Google
Uber dieses Buch
Dies ist ein digitales Exemplar eines Buches, das seit Generationen in den Regalen der Bibliotheken aufbewahrt wurde, bevor es von Google im
Rahmen eines Projekts, mit dem die Bücher dieser Welt online verfügbar gemacht werden sollen, sorgfältig gescannt wurde.
Das Buch hat das Urheberrecht überdauert und kann nun Öffentlich zugänglich gemacht werden. Ein öffentlich zugängliches Buch ist ein Buch,
das niemals Urheberrechten unterlag oder bei dem die Schutzfrist des Urheberrechts abgelaufen ist. Ob ein Buch öffentlich zugänglich ist, kann
von Land zu Land unterschiedlich sein. Öffentlich zugängliche Bücher sind unser Tor zur Vergangenheit und stellen ein geschichtliches, kulturelles
und wissenschaftliches Vermögen dar, das häufig nur schwierig zu entdecken ist.
Gebrauchsspuren, Anmerkungen und andere Randbemerkungen, die im Originalband enthalten sind, finden sich auch in dieser Datei — eine Erin-
nerung an die lange Reise, die das Buch vom Verleger zu einer Bibliothek und weiter zu Ihnen hinter sich gebracht hat.
Nutzungsrichtlinien
Google ist stolz, mit Bibliotheken in partnerschaftlicher Zusammenarbeit öffentlich zugängliches Material zu digitalisieren und einer breiten Masse
zugänglich zu machen. Öffentlich zugängliche Bücher gehören der Öffentlichkeit, und wir sind nur ihre Hüter. Nichtsdestotrotz ist diese
Arbeit kostspielig. Um diese Ressource weiterhin zur Verfügung stellen zu können, haben wir Schritte unternommen, um den Missbrauch durch
kommerzielle Parteien zu verhindern. Dazu gehören technische Einschränkungen für automatisierte Abfragen.
Wir bitten Sie um Einhaltung folgender Richtlinien:
+ Nutzung der Dateien zu nichtkommerziellen Zwecken Wir haben Google Buchsuche für Endanwender konzipiert und möchten, dass Sie diese
Dateien nur für persönliche, nichtkommerzielle Zwecke verwenden.
+ Keine automatisierten Abfragen Senden Sie keine automatisierten Abfragen irgendwelcher Art an das Google-System. Wenn Sie Recherchen
über maschinelle Übersetzung, optische Zeichenerkennung oder andere Bereiche durchführen, in denen der Zugang zu Text in großen Mengen
nützlich ist, wenden Sie sich bitte an uns. Wir fördern die Nutzung des öffentlich zugänglichen Materials für diese Zwecke und können Ihnen
unter Umständen helfen.
+ Beibehaltung von Google-Markenelementen Das "Wasserzeichen" von Google, das Sie in jeder Datei finden, ist wichtig zur Information über
dieses Projekt und hilft den Anwendern weiteres Material über Google Buchsuche zu finden. Bitte entfernen Sie das Wasserzeichen nicht.
+ Bewegen Sie sich innerhalb der Legalität Unabhängig von Ihrem Verwendungszweck müssen Sie sich Ihrer Verantwortung bewusst sein,
sicherzustellen, dass Ihre Nutzung legal ist. Gehen Sie nicht davon aus, dass ein Buch, das nach unserem Dafürhalten für Nutzer in den USA
öffentlich zugänglich ist, auch für Nutzer in anderen Ländern öffentlich zugänglich ist. Ob ein Buch noch dem Urheberrecht unterliegt, ist
von Land zu Land verschieden. Wir können keine Beratung leisten, ob eine bestimmte Nutzung eines bestimmten Buches gesetzlich zulässig
ist. Gehen Sie nicht davon aus, dass das Erscheinen eines Buchs in Google Buchsuche bedeutet, dass es in jeder Form und überall auf der
Welt verwendet werden kann. Eine Urheberrechtsverletzung kann schwerwiegende Folgen haben.
Über Google Buchsuche
Das Ziel von Google besteht darin, die weltweiten Informationen zu organisieren und allgemein nutzbar und zugänglich zu machen. Google
Buchsuche hilft Lesern dabei, die Bücher dieser Welt zu entdecken, und unterstützt Autoren und Verleger dabei, neue Zielgruppen zu erreichen.
Den gesamten Buchtext können Sie im Internet unter|http: //books.google.comldurchsuchen.
LIBRARY
UNIVERSITY OF CALIFORNIA
DAVIS
ZE „Google
diaze „Google
ae une
ZEITSCHRIFT
ETHNOLOGIE
Organ der Berliner Gesellschaft
für
Anthropologie, Ethnologie und Urgeschichte.
Dreiundvierzigster Jahrgang.
1911.
Mit 1 Tatel und 1 Kartenbeilage.
BERLIN.
BEHREND&C®.
Lb MARY
UNIVERSITY OF CALIFORNIA
DAVIS
Für den Inhalt der Abhandlangen und Vorträge
sind die Autoren allein verantwortlich.
Berliner Gesellschaft
fiir
Anthropologie, Ethnologie und Urgeschichte.
1911.
Vorstand, L Januar 1911.
Hans Virchow. . >» > 2 2 =. =. =. . +. +. Vorsitzender.
Kari von den Steinen - . . . =. =. . +... ) Stellvertreter des
Schuchhardt . .....2.2.22.2.. Vorsitzenden.
Traeger e, GeschäftsführenderSchriftf.
Sdkeland ........ +... . . Schatzmeister.
Ausschuss, 21. Januar 1911.
Friedel, Obmann, Ehrenreich, Götze, Maass, Minden, F. W. K. Miller, Seler,
Staudinger, C. Strauch,
Organ der Gesellschaft: Zeitschrift für Ethnologie. Redaktions-Kommission:
H. Virchow, Herausgeber, v. Luschan, Schuchhardt, K. v. d. Steinen, Traeger.
Bibliotheks-Kommission: Maass, Bibliothekar, Hahn, K. v. d. Steinen, Traeger.
Kustos der Photographien-Sammlung: Neuhauss.
Anthropologische Kommission: v. Luschan, Vorsitzender der Been
Bartels, Fritsch, v. Hansemann, Strauch, Virchow, Waldeyer.
Prihistorische Kommission: 0. Olshausen, Vorsitzender der Fachsitzungen,
Friedel, Goetze, Menzel, Hub. Schmidt, Schuchhardt.
Vermächtnisse.
Rudolf Virchow, Ehrenpräsident + 1902.
Max Bartels 1904. Wilhelm Joest 7 1897.
Adolf Bastian + 1905. Carl Künne 7 1898.
Ludwig Dittmer 7 1908. Emil Riebeck + 1835.
Gustav Götz + 1906. Heinrich Schliemann 7 1891.
Fedor Jagor 1900. William Schönlank 7 1898.
Zeitschrift für Ethnologie. Jahrg. 1911. Heft 1. A
(2) Mitglieder-Verzeichnis.
Goldene Medaille.
(Alfred Maass-Stiftung 1. Mai 1909.)
Albert Grünwedel 20. November 1909. Turfan-Expedition.
Ehrenmitglieder.
Andree, Richard, Dr., Professor (November 1909). München, Friedrichstr. 9.
Andrian - Werburg, Ferdinand, Freiherr von, Ministerialrat (Juli 1894). Aussee,
Steiermark. |
Montelius, Oscar, Dr. phil., Professor, Reichsantiquar (November 1909). Stockholm.
Ranke, Johannes, Dr., Professor (März 1895). München, Briennerstr. 25.
Sohweinfurth, Georg, Dr., Professor (Februar 1906). Schöneberg-Berlin, Kaiser
Friedrichstr. 8.
Uwarow, Gräfin, Präsident der Kaiserlich Russischen Archäologischen Gesellschaft
(Dezember 1889). Moskau.
Waldeyer, Wilhelm, Dr., Professor, Geh. Medizinalrat (November 1909). Berlin W. 62,
Lutherstr. 35.-
Korrespondierende Mitglieder,
mit Angabe des Jahres der Ernennung.
Anutschin, D., Dr., Professor, 1889. Moskau. | Brigham, William, T., A. M., A. A. S.
Aspelin, J. R., Dr., Staatsarchaeolog, 1874., Director of the Bernice Pauahi Bishop
Helsingfors, Finnland. Museum of Polynesian Ethnology and
Bamler, G., Missionar, 1911. Deutsch Neu-; Natural History, 1898. Honolulu, Ha-
Guinea, Insel Rook, Post Finschhafen. | waiian Islands.
Barnabel, F, Dr., Professore, Direttore | Burgess, J., L. L. D., C. I E., Director
del Museo nazionale Romano, 1894.; General of the Archacolog. Survey of
Rom, Ripetto 70. 3 p. India, 1887. Edinburgh, 22 Seton Place.
Baye, Baron Joseph de, 1890. Paris, | Capellini, G., Professor, Senator, 1871.
58 Avenue de la Grande armée. Bologna.
Beddoe, John, M. D., F. R. S., 1871.) Capistrano de Abreu, Dr. Joao, 1895. Rio
The Chantry, Bradford-on-Avon (Wilts) | de Janeiro, Brasilien, Rua D. Luisa 145.
England. i Capitan, Dr., Professor, 1904. Paris, Rue
Bellucci, Giuseppe, Dr., Professor, SC des Ursulines 5.
Perugia. Cartailhac, E., Professeur, Administrateurdu
Blumentritt, Ferdinand, Professor, 1900.; Musee, 1881. Toulouse, Ruedelachaine 5d.
Leitmeritz, Böhmen. Castelfranco, Pompeo, R. Ispettore degli
Boas, Franz, Dr. phil., Professor, 1899.) Scavi e Monumenti, 1883. Mailand,
New-York, Columbia University. Via Principe Umberto 5.
Bobrinskoy, Graf Alexis, Excellenz, 1905. 1 Chantre, Ernest, Professor, Faculté des
Smjela, Gouv. Kiew. Sciences de Lyon, Anthropologie. Sub-
Bonaparte, Roland, Prinz, 1885. Paris, | direktordes Museums fürNaturgeschichte,
22, Cours La Reine. 1881. Lyon, Quai Claude-Bernard.
Boule, Marcellin, Professor der Palaconto-| Dawkins, W. Boyd, Professor, M. A.,
logie, 1906. Paris. Muséum, Place Val-; F. R. S., 1877. Woodhurst, Jallowfield,
hubert 3. Manchester.
Korrespondierende Mitglieder.
Deniker, J., Dr., Bibliothécaire au Muséum,
1906. Paria, 8 Rue de Bouffon.
Dörpfeld, Wilh., Dr., Professor, erster Se-
kretär des Kaiserlich Deutschen Archäo-
logischen Instituts, 1903. Wilmersdorf-
Berlin, Uhlandstr. 137.
Dorsey, George A., Curator of Anthropology,
Field Museum, 1910. Chicago, U. S. A.
Dupont, Ed., Direktor des Kgl. natur-
geschichtlichen Museums, 1871. Brüssel.
Fewkes, J. Walter, 1900. Washington.
Flamand, G. B. M., Directeur Adjt du
Service géologique des Territoires du
Sud de l’Algerie, 1908. Algier-Mustapha,
Rue Barbes 6.
Flex, Oscar, Missionär, 1873. Karlsruhe.
Garson, J. G., M. D., 1889. London,
Royal College of Surgeons.
Gerlach, Dr. med, 1880. Hongkong.
Gross, V., Dr. med., 1880. Neuveville,
Schweiz.
Guimet, Emile, 1882. Leon,
Hackman, A., Dr., 1910. Helsingfors, Finskt
Museum. Fredsgatan 13.
Haddon, A. C., Sc. D., F. R. S. President
of the Anthropolog. Institute of Great
Britain and Ireland, 1903. Cambridge,
Inisfail, Hills Road.
Hampel, Josef, Dr., Professor, Hofrat, Kustos
am National-Museum, 1834. Budapest.
Hausmann, R., Professor, 1896. Dorpat,
Jurjef.
Heger, Franz, K. und K. Regierungsrat,
Direktor der Anthropologisch - Ethno-
graphischen Abteilung am K. K. Natur-
histor. Hofmuseum, 1893. Wien I,
Burgring 7.
Heierli, J., Dr. hon. c., Privat-Dozent,
1890. Zürich V.
Helbig, Wolfgang, Dr., Professor, 1883.
Rom, Villa Lante, Passeggiata Mar-
gherita.
Herman, Otto, Direktor der Ungarischen
Ornithologischen Centrale, 1906. Buda-
pest, VIII Jòzsefkörùt 65.
Herrmann, Anton, Dr. phil., Professor,
1889. Budapest I, Szent-Györgyutcza 2.
Hildebrand, Hans, Dr., Reichsantiquar,
1872. Stockholm.
Hirth, Fr, Dr., Professor, 1886. New-
York, Columbia University.
(3)
Kolmes, William H., Head Curator of the Unit.
States National Museum, Chief Bureau of
American Ethnology, 1903. Washington.
D. C.
Hörmann, Konstantin, Hofrat, Direktor des
Landes - Museums, 1894. Sarajevo,
Bosnien.
Hörnes, Moriz, Dr. phil., Professor, 1894.,
Wien ILI, Ungargasse 27.
Houtum - Schindler, A., General,
Teheran, Persien.
Jacques, Victor, Dr., Secrétaire de la Société
d’Anthrop., 1889. Brüssel, Rue de
Ruysbroeck 36.
Jhering, Hermann von,Dr., Professor, Director
do Museo zoologico, 1886. Sao Paulo,
Brasilien, Caixa do correio 190.
Kate, H. ten, Dr., 1886. Geuthod-Bellevue,
Canton Genf, Schweiz.
Kerg, H., Dr. phil., Professor, 1898. Leiden.
Keysser, Christian, Missionar, 1910. Finsch-
hafen, Bismarck-Archipel, Südsee.
Koganeil, R., Dr. med., Professor an der
Universität, 1904. Tokio.
Kolimana, J., Dr.med., Professor, 1887. Basel,
Birmannsgasse 8.
Lacerda, Dr., Professor,
National - Museums, 1889.
Janeiro. |
Lubbock, Sir John, Bart, M. P., 1871.
High Elms, Farnborough, Kent, Eng-
land.
Macalister, Professor, President Anthro-
pologica, Institute of Great Britain and
Ireland, 1893. Cambridge.
Man, Edward Horace, C. F. E., 1904.
St. Helens, Preston Park, Brighton,
England.
Manouvrier, L., Dr., Professor, 1904. Paris,
Rue de l’Ecole-de-Medecine 15.
Marchesetti, Carlo, Dr., Direktor des natur-
historischen Museums, 1887. Triest.
Martin, F. R., Dr. phil, Assistent am
archäologisch-historisch. Staatsmuseum,
1898. Stockholm, Gref-Magnigatan 3.
Mc Gee, A. N., Dr., Director Public Mu-
seum, 1903. St. Louis, Mo. Corner 3d
and Pine Sts.
Moore, Clarence B., 1906.
Pa. 1321 Locust Str.
Moreno, Don Francisco, Direktor des Natio-
A?
1878,
Direktor des
Rio de
‚Philadelphia
(4)
nal-Museums, La Plata, 1878. Buenos
Aires.
Morgan, J. de, 1897. Croissy sur Seine,
Nr. 1. Seine et Oise, Rue Dormeuil.
Morse, Edw. S., Dr., Professor, Direktor
der Peabody Academy of Science, 1889.
Salem, Mass., Nord-Amerika.
Morselli, Enrico, Dr. med., Professor, Di-
rettore della Clinica Psichiatrica della
R. Universita, 1881. Genua, via Assa-
rotti 46.
Mortillet, Adrien de, professeur a l’Ecole
d’anthropologie, 1907. Paris (14°),
10bis, Avenue Belle
Müller, Sophus, Dr., Direktor des National-
Museums, 1882. Kopenhagen.
Munro, Robert, M. A, M. D., L. L. D.
1894. Elmbank, Largs, Ayrshire, N. B.
Nieuwenhuis, A. W., Dr. Professor, 1910.
Leyden, Witte Singel 75.
Nordenskiöld, Freiherr Erland, Dr., 1910.
Stockholm, Drottningholmsvägn 8a.
'Noetling, Fritz, Dr. phil., Hofrat, 1894.
Hobart (Tasmanien), Australien, Beach-
holme, King Street, Sandy Bay.
Orsi, Paolo, Dr., Professor, Direttore del
Museo Nazionale, 1888. Siracusa.
Peñafiel, Antonio, Dr., Professor, 1891.
Mexico. D. F., Callejon de Betlemitas
Num. 8.
Petrie, W. M. Flinders, M. C. L., L. L. D.,
Edwards - Professor of Egyptology in
the University College, 1897. London
WC., Cowerstr.
Pigorini, Luigi, Professor, Direktor des prä-
historisch - ethnographischen Museums,
1871. Rom, Via Collegio Romano 27.
Pisko, Julius E., k. u. k. General-Konsul,
1895. Liverpool, J. u. R. Austro-Hun-
garian Consulate General.
Prosdocimi, Alessandro, Cav., Dr., Pro-
fessor, 1889. Este, Italien.
Putnam, F. W., Professor, Curator ot the
Peabody Muscum, Harvard University,
1903. Cambridge, Mass., U. S. America.
Radloff, W., Dr., Prof., Mitgl. d. Kais. Ak.
d. Wiss., 1884. St. Petersburg; Wassili
Ostrow, 7, Linie Nr. 2.
Reinach, Salomon, Conservateur du Musée
Mitglieder-Verzeichnis.
Retzius, Gustaf, Dr., Professor, 1882.
Stockholm, Drottninggatan 110.
Riedel, J. Gerard Friedr., Dr., 1871.
Batavia, Java, N.O.Indien, 138 Kramat,
Weltevreden.
Risley, Herbert H., K. C. I. E. C. S. I,
1895. South View, Hill Side, Wim-
bledon. England.
Rivett-Carnac, J. H., Colonel, Aide de
Camp of His Majesty the King, 1882.
Schloss Wildeck, Aargau, Schweiz.
Romiti, G., Prof., Dr., 1911. Pisa.
Roth, W., Dr., 1906. Pomeroon River,
British Guiana, South America.
Rutot, Aimé, Conservateur au Musée royal
d'histoire naturelle de Belgique, 1906.
Brüssel, Rue Vautier 31.
Salin, Bernhard, Dr., Direktor des Nor-
dischen Museums, 1908. Stockholm.
Salinas, Antonio, Professor, Direktor d.
National-Museums, 1883. Palermo.
Sarasin, Paul, Dr. phil, 1906. Basel,
Spitalstr. 22. `
Sarasin, Fritz, Dr. phil, 1906. Basel,
Spitalstr. 22.
Sergi, Giuseppe, Dr., Professor, Direktor d.
anthrop. Museums, 1891. Rom, Via
Collegio Romano 27.
Stahl, August, Dr. med., 1906. Bayamon,
Portorico.
Stieda, Ludw., Dr., Geh. Medizinalrat, Pro-
fessor, 1883. Königsberg i. Pr.
Studer, Theophil, Dr., Professor, 1885. Bern.
Stuers, Jonkheer Victor de, Meester,
Referendaris Chef der Afdeeling Kunsten
en Wetenschapen aan het Departement
van Binnenlandsche Zaken, 1900. Haag.
Szombathy, Josef, k. k. Regierungsrat,
Kustos a. k. k. naturhist. Hofmuseum,
1894. Wien I.
Toldt, K., Dr. Professor, k. k. Hofrat, 1906.
Wien I, Helferstorferstrasse 4.
Topinard, Paul, Dr., Professor, 1879. Paris,
Rue de Rennes 105.
Troll, Joseph, Dr., 1890.
Josefsgasse 10.
Truhelka, Ciro, Kustos am Bosnisch-
Hercegow. Landes-Museum, 1894. Sara-
jevo, Bosnien.
Wien va,
des Antiquités Nationales, Membre de; Tsuboi, S., Dr., Professor an der Uni-
l'Institut, 1904. St. Germain-en-Laye.
versität, 1904. Tokio.
Ordentliche Mitglieder. (5)
Tarner, Sir William, Professor der Anatomie,
1890. Edinburgh, 6 Eton Terrace.
Tylor, Edward, B., Professor der Anthro-
pologie, 1893. Linden. Wellington.
Somersett, England.
Vedel, E., Amtmann, Vizepräsident der
Königl. Gesellschaft für nordische Alter-
tumskunde, 1887. Sorö, Dänemark.
Verneau, R., Dr., Professor der Anthro-
pologie in Paris, 1906. Museum,
Rue de Baffon 61.
Watsen, Dr. med., Professor, 1898. Ade-
laide, Australien.
Weisbach, Augustin, Dr. med., General-
Stabsarzt, 1871. Graz, Steiermark,
Sparbersbachgasse 41.
Wieser, Ritter von Wiesenhort, Franz, Dr.
phil., Professor, Präsident d. Ferdinan-
deums, 1894. Innsbruck.
Wilson, Dr. med., Professor, 1898. Sydney,
Australien.
Zampa, Raffaello, Dr., Professor, 1891.
Perugia per Bosco, Villa S. Ubaldo.
Zwingmann, Georg, Dr., Med.-Inspektor,
1873. Kursk.
Ordentliche Mitglieder,
mit Angabe des Jahres der Aufnahme.
a) Immerwährende (nach § 14 der Statuten).
Ash, Julius, 1890, Berlin. + 1907.
Dresden-A., Gellertstr. 5.
Corning, Dr. med., 1891. Basel, Bundesstr. 17.
Ebreareich, Paul, Dr. med. et phil.,
Privatdozent, 1878. Berlin W.30, Heil-
bronner Strasse 4.
Frödin, Otto, Dr., 1909. Statens Historiska
Museum, Stockholm.
Hainauer, Oskar, 1887, Berlin. + 1894.
Joest, Wilh., Dr., Professor, 1880. Berlin.
7 1397.
Landau, Wilhelm, Freiherr von, Dr. phil.
1877, Berlin. + 1908.
Leusat, Duc de, Exzellenz, 1895. Paris,
Rue Dumont d'Urville 47.
| Neuhauss, Richard, Dr. med., Professor,
Caknhetm, O., Dr., Sanitätsrat, 1883..
1883. Gross-Lichterfelde I, Marien-
strasse 32.
Pelizaeus, W., 1902. Kairo, Egypten.
Riegler, C., Direktor, 1886. Stuttgart, Rothe-
waldstr. 27a.
Sarasin, Paul, Dr. phil., 1887. Basel, Spital-
strasse 22.
Sarasin, Fritz, Dr. phil., 1886. Basel, Spital-
strasse 22.
Schiemm, Julie, Fräulein, 1893. Berlin W. 10.
- Viktoriastr. 4a.
Seler, Cäcilie, Frau Professor, 1900.
Steglitz, Kaiser Wilhelmstr. 3.
Sokoloski, L., 1888, Wreschen. + 1891.
b) Jährlich zahlende (nach § 11 der Statuten).
Abel, Karl, Dr. med., 1887. Berlin W. 35,|Agahd, R., Dr., Realgymnasialdirektor,
Potsdamerstr. 122b.
Absolon, Karl, Dr. phil., Privatdozent,
Kustos am mährischen Landesmuseum,
1910. Brünn.
Adam, Leonhard, stud. iur. et cam., 1910.
Berlin W. 50, Ansbacherstr. 6.
Adioff, P., Dr. phil., Zahnarzt, 1910. Königs-
berg i. Pr., Weissgerberstr. 6/7.
Adolf Friedrich, Herzog zu Mecklenburg,
1909. Frankfurt a. O., Huttenstr. 8.
Ahrens, Dr. med., 1904. Berlin W.30, Motz-
strasse 53.
Akopianz, Senekerm ter stud. phil., 1911.
Gumuck-Klerne, z. Zt. Berlin NW. 7,
Bauhofstr. 2.
Albrecht, Gustav, Dr. phil., stadt. Biblio-
thekar, 1896. Charlottenburg 5, Wall-
strasse 51.
Hoheit, Dr. phil., 1901. Rabensteinfeld, | Albu, Dr. med., Professor, 1890. Berlin
Mecklenburg. |
NW. 6, Schiffbauerdamm 29.
(6) Mitglieder -Verzeichnis.
Aimgrist, Arnold, 1910. Waasa, Finnland. | Auerbach, Richard, Kaufmann, 1896. Wil-
Alten, Georg von, Generalleutnant z. D.,; mersdorf-Berlin, Nassauischestr. 1.
Exzellenz, 1908. Berlin W. 10, Matthäi-!Bab, Hans, Dr. med., prakt. Arzt, 1903.
kirchstr. 24. Wien IX, Alserstrasse 26, II bei
Altertumsverein, 1909. Haltern, Westf. Mathog.
Altertumsverein, 1895. Worms a. Rh. Baeiz, E. von, Dr. med., Geh. Hofrat, Pro-
Altrichter, Karl, Rechnungsrat, 1886. | fessor, 1901. Stuttgart, Neue Wein-
Nieder-Schönhausen b. Berlin, Blücher- | steige 33.
strasse 25. i Baldermann, Gustav, 1906. Miihrisch-Alt-
Ambrosetti, Juan B., Dr., Professor, Direk- | stadt, Nordmähren.
tor des ethnograph. und archäolog. Bartels, Anna, Frau Geh. Rat, 1904.
Museums der Universität, 1908. Buenos! Berlin NW. 40, Roonstr. 7.
Aires, Calle Santiago del Estero 1298. | Bartels, Paul, Dr. med., Privatdozent, 1893.
Amende, Ernst, Seminaroberlehrer, 1910. Berlin NW. 23, Schleswigerufer 12.
Altenburg, S.-A., Hohestr. 44. | Baumann-Seyd, Frau A., 1910. Hamburg,
Andrée, Landrichter Dr. jur., 1911. | Jordanstr. 36.
|
Berlin W. 62, Keithstr. 13. Baumgartner, Theodor, Ingenieur u. Kon-
Ankermann, Bernhard, Dr. phil., Kustos am, kordats-Geometer, 1910. Zürich-See-
Konig]. Museum für Völkerkunde, 1902.) bach.
Steglitz, Grunewaldstr. 26. Beccard, E.. Dr. phil., 1908. BerlinNW. 21,
Antze, Gustav, Dr. phil., Assistent am Mus.) Stromstr. 55.
f. Völkerkunde, 1906. Leipzig, Lampe- |Behla, Robert, Dr. med., Regierungs- und
strasse 13. | Geh. Medizinalrat, 1877. Charlotten-
Arbusow, Leonid, Dr., 1910. Sassenhof b.! burg 2, Grolmannstr. 32/33.
Riga (Russland), Tapetenstr. 2, 19 Quart. | Behlen, Heinr., Kgl. Forstmeister, 1895.
Armstrong, Edm. Clarence Rich., M.R.I.A.,| Haiger, Reg.-Bez. Wiesbaden.
F. S. A., Assistent Irish Antiquities | Behrend, Adolf, Verlags-Buchhändler, 1883.
Depart., National Museum, 1909. Dublin, | Berlin W. 8, Unter den Linden 10.
Eglinton Road 37. Bein, Willy, Dr., Regierungsrat, etats-
Arne, T., Dr., 1910. Staatens Historiske: mässiges Mitglied der Normaleichungs-
Museum, Stockholm. kommission, 190%. Berlin W. 15,
Arnhold, Eduard, Kaufmann, 1907. Berlin) Emserstr. 25.
W.10, Matthäikirchstr. 12. Belck, Waldemar, Dr. phil., 1893. Frank-
Arriens, Carl, Maler u. Illustrator, 190%.) fart a. Main, Baumweg 62.
Berlin W. 30, Speyererstr. 21. Benda, C., Dr. med., Professor, Privat-
Asche, Freiherr von, Geh. Kommerzienrat, | dozent, 1885. Berlin NW. 40, Kron-
1906. Bad Harzburg. prinzenufer 30.
Ascher, Hugo, Kaufmann, 1892. Berlin, Benignus, Siegfried, Dr. phil., 1910. Berlin
W. 50, Rankestr. 6. N. 24, Linienstr. 107.
Ascherson, P., Dr. phil. et med., Professor, | Benninghoven, Wilh., Dr., Professor, 1910.
Gch. Regierungsrat, 1869. Berlin W. 57,! Berlin NW. 21, Turmstr. 19.
Bülowstrasse 51. | Berendt, G., Dr. phil., Professor, Geh. Berg-
Aschoff, Albert, Dr. med., Sanitätsrat, 1594.; rat, 1875. Friedenau, Kaiserallee 120.
Berlin SW. 48, Friedrichstr. 1. Berger, Paul, Rentier, 1910. Merseburg.
Aschoff, L., Dr. med., Geh. Sanitätsrat, Berna, Ferdinand, cand. med. 1911. Berlin
1877. Berlin SW. 61, Bellealliance-| W. 30, Nollendorfstr. 7.
platz lla. Berner, Ulrich, stud. phil, 1908. Berlin
Ash, Frau Bertha, 1908. Berlin NW. 40,! NW. 5, Stephanstr. 4.
Alexanderufer 6. Bernhardt, M., Dr., Professor, Geh. Medizinal-
Asmus, Rudolf, Dr., med. prakt. Arzt, 1909.) rat, 1874. Berlin W. 8, Französische-
Teterow, Schwerin. | strasse 21.
Ordentliche Mitglieder. (7)
Beran, Gerhard, stud. phil., 1909. Frank-' Bockenheimer, Dr., Universitätsprofessor
furt a. O., Leipzigerstr. 25. und Privatdozent der Chirurgie, 1907.
Bertram, Stephanus, Arzt, 1906. Berlin N.58,' Charlottenburg 2, Kantstr. 10.
Lychenerstr. 119. Boerschmann, Ernst, Militär- Bauinspektor
Berwerth, Fritz, stud. phil., 1911. Wien, bei der Deutschen Gesandtschaft in
Schottengasse 3. Peking, 1910. Zurzeit Halensee, Küstri-
Bessel-Hagen, F., Dr., Professor der Chirar- | nerstr. 21. 7
gie, Direktor des Städt. Krankenhauses ` Bohls, J., Dr., 1898. Lehe, Hafenstr. 6.
Charlottenburg-Westend, 1909. Berlin | Bolle, Dr. med., 1903. Berlin N W., Alt-Moabit,
W.15, Kurfürstendamm 200. Meierei.
Bibliothek, Grossherzogliche, 1885. Neu- Bong, Verlagsbuchhändler, 1903. Berlin
|
Strelitz. _ W. 57, Potsdamerstr. 88.
Bibliothek, Stadt-, 1858. Stralsund. | Bordes, Otto, Dr., Zahnarzt, 1910. Berlin
Bibliothek, Universitäts-, 1900. Basel. W. 50, Nürnberger Str. 8.
Bibliothek, Universitäts-, 1891. Greifswald. ' Bormann, Alfred, Dr. med., Stabsarzt, 1897.
Bibliotkek, Universitäts-, 1896. Tübingen.| Marienwerder, Westpr., Kleine Herren-
Bibliothek, Königl. u. Universitäts-, 1909. strasse 4.
Königsberg i. Pr. Bornmüller, Joh., Dr. med., Arzt, 1908.
Bibliothek, Universitäts-, 1909. Leipzig. {| Berlin SO. 36, Lausitzerplatz 13.
Bibliothek, Universitäts-, Fundatiunea Uni-, Bosse, Chr., Geh. Regierungsrat, Ver-
versitara Carol I, 1909. Bucarest. waltungsdirektor der Kgl. Museen, 1910.
Bibliothek, Miihrische Landes-, 1910. Brünn. | Berlin W. 62, Landgrafenstr. 10.
Bibliethek, Landes- und Stadt-, 1910.) Bouchal, Leo, Dr. jur., 1898. Wien IV/1,
Düsseldorf, Friedrichsplatz 7. Schäffergasse 22.
Bibliothek, Kgl. Universitäts-, 1910. Kiel. Bracht, Eugen, Landschafts-Maler, Geh.
Bibliothek, Kgl. Bayerische Hof- und Staats-, Rat, Professor, 1883. Dresden A.,
1910. München. ' Franklinstrasse 3 B.
Bibliothek, Königl. öffentl. 1909. Dresden-N., | Brandenburg, Erich, Dr., 1905. Konstan-
Kaiser Wilhelmplatz 11. tinopel, Deutsche Post.
Bitharz, O., Ober- Bergrat a. D., 1910. | Brandt, von, K. deutscher Gesandter und |
Berlin W. 30, Haberlandstr. 7. bevollmächtigter Minister a. D., Wirkl.
Bindemann, Hermann, Dr. med., 1887. Berlin} Geheimer Rat, Exz., 1879. Weimar,
O. 34, Frankfurterallee 85. . Cranachstrasse 7.
Blasckenhorn, M., Dr. phil., Professor, Privat- | Brasch, Felix, Dr. med., 1895. Wannsee,
dozent, 1903. Halensee, Joachim- ' Alsenstr. 28.
Friedrichstr. 57. Brass, Emil, Konsul a. D., 1906. Berlin
Blasius, Wilhelm, Dr. phil., Geh. Hofrat, Pro-; W. 30, Goltzstr. 21.
fessor, 1578. Braunschweig, Gaussstr. 17, | Brauer, A., Dr., Professor, Direktor des
Blau, Frl. Margarete, 1911. Berlin-Marien-! Kgl. Zoologischen Museums, 1909.
felde, Adolfstr. 9, Pension Wulffert. Halensee, Westfälischestr. 62.
Biever. Georg, Dr. med., 1897. Tijucas, | Bredow, von, Rittmeister a. D., 1872. Berlin
Estado de Santa Catharina, Brasilien. | W. 62, Kleiststr. 19.
Blech, Iwan, Dr. med., 1893. Charlotten- | Breysig, Kurt, Dr., Prof. an der Universität
burg 2, Schliiterstr. 78. Berlin, 1904. Schlachtensee, Kurstr. 8.
Biuhm, Agnes, Dr., 1910. Berlin W. 50,|Brögger, Anton W., Dr. phil., Konservator
Speyererstr. 1. beim Museum zu Stavanger, 1910.
Blame, Erich, Dr. phil., wissenschaftlicher| Stavanger, Norwegen.
Hiilfsarbeiter am Kaiser Friedrich- | Broh, James, Dr. jur., Rechtsanwalt, 1910.
Museum, 1905. Posen. Berlin C. 25, Alexander-Platz 2.
Blementhal, Dr. med., Geh. Sanitätsrat, | Bruchmann, K., Dr. phil., 1878. Berlin SO. 16,
1850. Berlin W.10, Victoriastr. 31. Michaelkirchstr. 27.
(8)
Brückner, Erich, Dipl.-Ingenieur, Kgl.
Regierungsbauführer, 1906. Weissenfels
a. S., Naumburger Str. 13.
Brühl, Ludwig, Dr. med., Kustos am Kgl.
Institut f. Meereskunde 1910. Steglitz,
Peschkestr. 2.
Brüning, H. Enrique, 1905. Lambayeque,
via Puerto de Eten (Peru).
Brünn, Emma, Frau, 1909. Berlin W. 62,
Kurfürstenstr. 126.
Brunner, K., Dr. phil., Direktorial-
Assistent am Königl. Museum für Völker-
kunde, 1899. Steglitz, Belfortstr. 13a.
Buchholz, Rudolf, Kustos des Märkischen
Provinzial-Museuns, 1877. Berlin W. 50,
Rankestr. 2.
Buchner, Ernst, stud. med., 1910. Karlshorst,
Stühlingerstr. 18.
Burger, Friedr., Dr. jur., 1910. Paderborn,
Ikenberg 1. |
Busch, Friedr., Dr. med., Professor, Geh.
Medizinalrat, 1896. Berlin W. 15,
Fasanenstr. 52.
Buschan, G., Dr. med. et phil, Kaiserl.
Marine-Stabsarzt a. D., 1884. Stettin,
Friedrich-Karlstr. 7.
Buschke, A., Dr. med., Universitätsprofessor,
Dirigierender Arzt am Virchow-Kranken-
haus, 1898. Berlin W.50, Kurfürsten-
damm 243.
Busse, Herm., 1895. Woltersdorfer Schleuse
bei Erkner, Buchhorsterstr. 4.
Caro, Henry, Dr.med., 1903. Berlin SW. 29,
Bergmannstr. 110.
Carriere, Ludwig, cand. phil., 1910.
Charlottenburg 2, Knesebeckstr. 32.
Carthaus, Emil, Dr., 1911. Grunewald bei
Berlin, Gillstr. 2a I.
Castan, Eric, Kunstmaler, 190%.
W. 50, Kurfürstendamm 237.
Chotek, Karel, Dr., Professor, 1910. Prag-
Smichov, Närodopisne Museum Cesko-
slovanske.
Classen, Quirin, 1907.
Barbarossastr. 16.
Cieve, G. L., Pastor, 1903. Tandala, Bez.
Langenburg, via Dar-es-Salaam (Deutsch
Ost-Afrika) z. Zt. Friedenau, Friedrich
Wilhelm Platz 2.
Ceha, William, Dr. phil., 1903. Halensee,
Joachim-Friedrichstr. 55.
Berlin
Berlin W. 30,
Mitglieder-Verzeichnis.
Cohn, D., 1906. Berlin W. 62, Kurfürsten-
strasse 102.
Conwentz, Dr., Prof., Geh. Regierungsrat,
1911. Berlin-Schöneberg, Wartburgstr. 54.
Cosak, Harald, stud. phil., 1910. Wilmers-
dorf, Pfalzburger Str. 32.
Crahmer, Wilh., Volontär am
Museum f. Völkerkunde, 1908.
mersdorf, Uhlandstr. 108/109.
Cremer, Carl, Dr., Rechtsanwalt, 1911.
Hagen i. W., Bergstr. 93.
Crome, B., Dr. phil., Privatdozent, 1909.
Göttingen.
Czarnikow, E. C., Direktor, 1910. Küpper-
steg, Niederrhein.
Czekanowski, Jan, Dr., 1906. St. Petersburg,
Wasiljewskij Ostr. Anthrop. Ethnogr.
Museum der Kaiserlichen Akademie der
Wissenschaften.
Cummings, Byron, Dean of School of Arts
and Sciences, 1911. University of
Utah, z. Zt. Steglitz, Sachsenwaldsir. 25.
Danzel, Th. W., stud. cthnol., 1909. Leip-
zig, Inselstr. 13.
Dascalu, C., Professor, Lehrer d. Geschichte
am Gymnasium zu Romän (Rumänien),
1910. Z. Zt. Bonn, Rheinufer 10 (Hotel
Dissmann).
Davidsohn, H., Dr., Sanitätsrat,
Friedenau, Wiesbadenerstr. 3.
Deiss, F. W., Oberleutnant a. d. Unter-
offiziervorschule, 1909.
Demetrikiewicz, Wladimir, Dr., Univers.-
Professor für Prähistorie an der k. k.
Universität, 1905. Krakau, Smolensk-
Gasse 19.
Dempwolff, Dr. med., Oberstabsarzt in den
Schutztruppen, 1904. Berlin lagernd
Postamt W. 8.
Dieck, W., Dr. med., Professor, Abtlgs.-
Direktor am Zahniirztlichen Institut d.
Universität, 1910. Berlin W. 35, Pots-
damerstr. 113, Villa 3.
Dierbach, Carl, Dr. med., Sanitiitsrat, 1908.
Berlin C. 25, Alexanderstr. 50.
Diercks, Gustav, Dr. phil., 1888. Steglitz,
Humboldtstr. 2a.
Diergardt, Freiherr von, 1907.
heim b. Bonn a. Rh.
Dieseldorff, Erw. P., 1905.
temala.
Kgl.
Wil-
1372.
Burg Born-
Coban, Gua-
Ordentliche Mitglieder.
Diest, von, Generalleutnant z. D., Exzellenz, : Fabian, J,
1904. Daber, Kr. Naugard.
Diko, Fritz, Zahnarzt, 1910. Berlin W. 50,
Marburger Sir. 5.
Dill, Dr., Zahnarzt, 1911.
graben 47.
Dittmer, Georg, Gutsbesitzer, 1909. Strehlen
i, Schlesien.
Dittrich, Thekla, Frau Direktorin, 1909.
Berlin NW.21, Bremerstr. 70.
Domnick, Pfarrer, 1902. Pfaffendorf, Mark.
Dönhoff-Friedrichstein, Graf, 1586. Friedrich-
stein bei Löwenhagen, Ostpreussen.
Dénitz, Wilh., Dr., Prof., Geh. Medizinal-
rat, 1908, Steglitz, Lindenstr. 27.
Dorn, Hermann, stud. phil., 1910. Stuttgart,
Gutenbergstr. 4.
Dorr, R., Dr., Professor, 1910. Elbing,
Inn. Mühlendamm 34.
Drontschilow, Krum, stud. phil.,
Charlottenburg, Leibniz Str. 47.
Ebermaier, C., Geh. Ober-Regierungsrat,
vortrag. Rat im Reichs-Kolonialamt,
1910. Berlin W. 30, Freisingerstr. 3.
Ebert, Max, Dr. phil., 1906. Berlin SW. 11,
Möckernstr. 137.
Ehlers, Dr. med., 1800. Berlin W. 62,
Lüizowplatz 2.
Eichhorn, Aug., Dr.,
Rubensstr. 28.
Eiohhorn, Gustav, Dr., Konservator am
Germanischen Museum, 1905. Jena.
Eiseck, Ernst, Dr. med., 1910. Berlin SW.47,
Yorckstr. 10.
Elkan, Max, Kaufmann, 1903. BerlinNW.23,
Holsteinerufer 7.
Eisner, Friedr. Wilhelm, stud. med. dent.,
1910. Jauer, Goldbergerstr. 13.
Eltz, Rich , Rittergutsbesitzer, 1910. Wald-
hof, Kreis Riesenburg, Westpr.
Elven, Eduard, 1910. Urdingen a. Nieder-
rhein.
Engel, Hermann, Dr. med., Geh. Sanitätsrat,
1887. Berlin N.37, Schönhauserallee 172.
Eperjesy, Baron Albert von, K. und
K. Österr.-Ungar. Gesandter, Exzellenz,
1880. Schloss Wehrburg, Post Iisens
bei Launa a. Etsch, Südtirol.
Erdeljanovic, Jovan, Dr., Dozent an der
Universität, 1902. Belgrad, Serbien,
Kralja Milutina ulica 32.
1911.
1905. Friedenau,
Basel, Peters- |
(9)
Lehrer, 1911. Gardelegen,
Bornemannstr.
Falkenberg, Wilh., Dr. med., Oberarzt, 1903.
Lichtenberg b. Berlin, Herzbergstr. 79.
Falkenburger, Fritz, stud. med., 1911.
Berlin O. 27, Schicklerstr. 2.
Favreau, Paul, Dr. jur., Rechtsanwalt, 1903.
Königswinter.
Fechheimer, Frau Hedwig, 1910. Berlin W.30,
Haberlandstr. 12.
Fehlinger, Hans, Schriftsteller,
München 44, Prinz Ludwigshöhe.
Feist, Sigmund, Dr. phil., Direktor, 1909.
Berlin N. 54, Weinbergswey 13.
Fetzer, Chr., stud. phil. Charlottenburg,
1910. Schlüterstr. 63.
Feyerabend, Direktor des Kaiser Friedrich-
Museums, 1890. Görlitz, Hartmannstr. 16.
Fiedler, Eduard, Porträtmaler u. Zeichen-
lehrer, 1910. Charlottenburg 2, Schlüter-
strasse 4.
Filchner, Oberleutnant, 1906. Berlin W. 30.
Finckh, Carl, Dr., Berlin SO. 33, Cuvry-
strasse 2.
Fischer, Adolf, Professor, 1901. Cöln a. Rh.,
Hansaring, p. Adr. des Kunstgewerbe-
museums. i
Fischer, Eugen, Dr., Professor,
Freiburg i. Br. Turnseestr. 54.
Fleming, James, 1906. Mannheim, M. 5. 4.
Filedner, Karl, Dr. med., 1894. Monsheim
b. Worms.
Florschiitz, Dr. med., 1896. Gotha.
Foy, Willy, Dr., Direktor des Rauten-
strauch-Joest-Museum, 1902. (Stiidtisches
Museum für Völkerkunde), Cöln a. Rh.
Frankel, Bernhard, Dr., Professor, Geh. Medi-
zinalrat, 1871. Berlin W. 9, Lenné-
strasse 5.
Freund, G. A., Dr. phil., 1884. Berlin NW. 7,
Unter den Linden 69.
Friedel, Ernst, Geh. Regierungsrat, Stadt-
rat, 1872. Berlin NW. 52, Paulstr. 4,
Friedemann, Max, Dr. med., 1903. Zehlen-
dorf, Stubenrauchstr. 6.
Friedenthal, Hans, Dr., Privatdozent fiir
Physiologie, 1909. Nikolassee/Wannsce-
bahn, Prinz Friedrich Leopoldstr. 4.
Friedländer, Immanuel, Dr. phil, 1890.
Neapel, Vomero., Via Luigia Sanfelice.
Villa Hertha.
1910.
1909.
(10)
Friedlander, Julius, 1910. Berlin W. 62,
Lützowplatz 3.
Friedrichsen, Fritz, Dr. med., 1910.
Neuenahr.
Frisch, A., Druckereibesitzer, 1876. Berlin
W.35, Lützowstr. 66.
Fritsch, Gustav, Dr. med., Professor, Geh.
Medizinalrat, 1569. Gross-LichterfeldeO.,
Berlinerstr. 30.
Fritsch, K. E. O., Professor, 1888. Grune-
wald (Bezirk Berlin), Siemens-
strasse 41.
Frizzi, Ernst, Dr., 1908. Wien XIIT/10,
Speisingerstr. 17.
Frobenius, Leo, 1903. Halensee, Kurfürsten-
damm 127.
Fuchs, Rudolf, Dr., 1905. Charlottenburg,
Knescbeckstr. 88.
Fuchs, Albert, Herausgeber der Elsiiss.
Monatsschrift für Geschichte und Volks-
kunde, 1910. Zabern. |
Fühner, Hermann, Dr., 1901. Freiburg ı. Br.,
Karlsplatz 23.
Fülleborn, Dr. med., Professor, 1898. Ham-
burg 9, Institut für Schiffs- und Tropen-
krankheiten.
Futterer, Johanna, Frau Professor, 1908. | Goldschmidt,
Südende, Friedenauerstr. 4.
Bad.
Mitglieder -Verzeichnis.
1911. Reval. Sektion zur Erhaltung
einheimischer Altertümer.
Gesellschaft, historische, 1887. Bromberg,
Stadtbibliothek, Kaiserstrasse.
Geselischaft, Senckenbergische Natur-
forschende, 1911. Frankfurt-Main, Vik-
toria-Allee 7.
Gessner, Hans, Architekt, 1897.
W.62, Bayreutherstr. 11.
Giebeler, C., Ingenieur, 1905. Gross-Lichter-
felde O, Wilhelmplatz 8.
Glümer, von, Leutnant a. D. und Fabrik-
beamter, 1898. Essen (Ruhr), Albrecht-
strasse 14.
Goering, Dr., Ministerresident, 1910, Burg
Veldenstein bei Neuhaus a. d. Pegnitz.
Görke, Franz, Direktor, 1886. Berlin W.62,
Maassenstr. 32.
Götze, Alfred, Dr. Professor, Direktorial-Assi-
stent am Königl. Museum für Völker-
kunde, 1888. Gr. Lichterfelde-West,
Steglitzerstr. 42.
Goldammer, Franz, Stabsarzt, Dr.,
Berlin W. 30, Luitpoldstr. 38.
Goldschmidt,Oskar, Dr.jur., 1894. Schlachten-
see, Waldemarstr. 70. |
Hans, Dr.,
Berlin
108.
1907. Essen
a. d. Ruhr.
Gaedcke, Karl, 1893. Oberlehrer, Salz- | Goldschmidt, Artur, Dr., 1910. BerlinW.62,
wedel, Salzstr. 7.
Kurfürstenstr. 114.
Gähde, Dr., Stabsarzt an der Kaiser Wil- | Gotthelf, Carl, 1905. Berlin W. 35, Lützow-
helm-Akademie, 1911.
Scharnhorststr. 35.
Gaul, R., Dr., Sanitätsrat, 1910. Stolp i.P.,
Priisidentenstr. 2.
6aupp, Hans, Dr. med., Stabsarzt,
Bromberg, Elisabethmarkt 12.
Gelb, Adhemar, Dr. phil., 1911. Wilmers-
dorf, Nassauischestr. 31.
Berlin NW. 40,
1909.
Gelinsky, Ernst, Dr., Stabsarzt, 1900.
Deutsche Gesandtschaft, Peking.
Dengen, Dr. med., prakt. Arzt, 1911.
Berlin SW. 47, Grossbeerenstr. 68.
Gerhardt, Max, Dr. phil., 1906. Schöne-
berg b. Berlin, Prinz Georgstr. 4.
Gesellschaft, Anthropologische, 1900. Cöln,
Zugweg 44.
Gesellschaft, Deutsche Kolonial-, 1900,
(Abteilung Berlin-Charlottenburg), Berlin
AW. A0. Alsenstr. 10.
Gesellschaft, Estländische
strasse 60a.
Gottschalk, Sigismund, Prof. Dr. med.,
Privatdozent, 1886. Berlin W.35, Pots-
damerstr. 106.
Grabley, Dr., Paul, Chefarzt des Sanatori-
ums Woltersdorfer Schleuse, 1911.
Woltersdorfer Schleuse b. Erkner.
Graf, Georg Engelbert, Schriftsteller, 1910.
Steglitz, Peschkestr. 16.
Graebner, Fritz, Dr., 1904. Cöln (Rhein),
Rautenstrauch-Joest-Museum.
Gretzer, W., 1910. Hannover,
dorffstr. 8.
Grimm, Paul, 1907. Berlin SW. 11, Bern-
burgerstr. 30.
Grosse, Hermann, Lehrer, 1897.
NW. 87, Zwinglistr. 9.
Grossheim, Dr., Generalarzt a. D., 1905.
Berlin W. 50, Ansbacherstr. 28.
Eichen-
Berlin
Litterärische, | Grossmann, Louis, Rabbiner und Professor
Ordentliche Mitglieder. (11)
am Hebrew Union College, 1894. Cin- | Hansemann, David von, Dr. med., Professor,
cinnati, Ohio, America, 2212 Park Geh. Medizinalrat, Prosektor am
Avenue. | Rudolf Virchow- Krankenhause, 1886.
Grubauer, Albert, Dr., Zoologe, 1910. Grunewald (Bz. Berlin), Winklerstr. 27.
Tempelhof, Berlinerstr. 16. Hardenberg, Freiherr von, Majoratsherr in
Grubert, Dr. med., Sanitätsrat, 1889. Falken- Schlöben b. Roda, 1834. Sachsen-Alten-
berg, Pommern. | burg im Sommer (im Winter Karls-
Grünwedel, A., Dr., Professor, Direktor am ruhe, Stephanienstr. 46.)
Kgl. Museum für Völkerkunde, 1882. ' Hartmann, Georg, Dr., 1910. Rathstock,
Gross- Lichterfelde W., Albrechtstr. 8. ` Oderbruch.
Guebhard, A., Dr., Professeur agrégé à la Hartwich, Carl, Dr. phil., Professor, 1883.
Faculté de Médecine de Paris, 1909., Zürich (Schweiz), Polytechnikum.
St.-Vallier-de-Thiey, Alpes-Maritimes. ` Hattwich, Emil, Dr. med., Geheimer Sa-
Gudewill, John Carl, Rentner, 1901. Braun-, nitätsrat, 1850. Berlin NW. 40, Reichs-
schweig, Kaiser Wilhelmstr. 7. | tags-Ufer 3.
Günther, Carl, Photograph, 1881. Berlin Hauser, Otto, Archäolog, 190%. Basel,
W. 64, Behrenstr. 24. | Margaretenstr. 109.
Gunsett, Dr., A., 1911. Strassburg (Els.), Hausmann, Konrad von, General der
Hoher Steg 27. ' Kavallerie z. D., Exzellenz, 1909. Char-
Güterbock, Bruno, Dr. phil., 1885. Berlin lottenburg 2, Knesebeckstr. 74.
W. 30, Nollendorfplatz 1. | Hauthal, R., Dr., Professor, Direktor des
Guthknecht, Gustav, Professor, Maler, 1896.' Römer-Museums in Hildesheim, 1908.
Steglitz, Humboldstr. 13. Hildesheim.
Gutzmann, H., Dr. med., 1895. Berlin W. 35, | Havelburg, Dr., Arzt, 1907. Berlin W. 30,
Schönebergerufer 11. Martin Lutherstr. 9.
Haake, Dr. med., 1903. Braunschweig, | Heck, Dr. phil., Professor, Direktor des Zoo-
Friedrich Wilhelmstr. 7. logischen Gartens, 1889. Berlin W. 62,
J
Haberer, K. A., Dr., Professor, ZE Karfiirstendamm 9.
Regierungsarzt, 1905. Griesbach, Baden. | Hellborn, Ad., Dr. med., 1903. Steglitz,
Hagen, B., Dr., Hofrat, 1903. Frankfurt a.M., Ahornstr. 10.
Miquelstr. 5. Heilbronn, Alfred, 1910. Berlin-Grunewald,
Hagen, Joachim Otto v. d., 1904. Schmiede-, Teplitzerstr. 32.
berg bei Greifenberg (Uckermark). Heimann, Ernst A., Dr. med., 1903. Char-
Hagenbeck, Karl, Tierhändler, 1878.| lottenburg 2, Joachimsthalerstr. 5.
Stellingen (Bz. Hamburg.) Helbig, Georg, Wissenschaftl. Zeichner u.
Hahn, Eduard, Dr. phil., Privatdozent, 1888" Maler, 1897. Schöneberg-Berlin, Ross-
Berlin W. 30, Nollendorfstr. 31/32. bachstr. 5.
Hahn, Ida, Fräulein, 1910. Berlin W. 30, | Hellmann, Gustav, Dr. phil, Professor,
Nollendorfstr. 51/32. Gch. Regierungsrat, 1888. Berlin W. 10,
Hahne, Hans, Dr. med., Direktorialassistent Margaretenstr. 2/3.
am Provinzial-Mus., Privatdozent für | Hellmich, Max, Kgl. Landmesser, 1909.
prähistor. Archäologie a. d Kgl. techn. Breslau V, Brandenburgerstr. 25.
Hochschule, 1903. Hannover, Jäger-|Henius, Max, Dr. med., Arzt, 1909. Berlin
strasse 8. W. 30, Motzstr. 35.
Hake, Georg von, Ritierguts-Besitzer, 1007. Hennig, Paul, Rechtsanwalt, 1903. Berlin
Klein-Machnow bei Stahnsdorf (Kr.| SW. 11, Anhaltstr. 15.
Teltow). Hermann, Rudolf, Dr. phil, 1904. Berlin
Hambloch, Anton, Grubendirektor, 1910.) SW.11, Tempelhofer Ufer 32.
Andernach a. Rh. Hermes, Th., Ingenieur, 1911. Gmoien,
Handtmann, E., Prediger, 1880. Potsdam, , Schwerin.
Kronprinzenstr, 37. i Herold, Karl, 1907. Z. Zt. auf Reisen.
(12) Mitglieder-Verzeichnis.
Hertz, Wilh., Arzt, 1911. Charlottenburg 5, | Jacobi, Alfred, Dr., prakt. Zahnarzt, 1901,
Dernburgerstr. 23, Steglitz, Kuhligshof 1.
Herrmann, Wilh.,Eisenbahn-Ingenieur, 1903. |Jaoobl, Arnold, Dr., Professor, Museums-
Gr.-Lichterfelde-West, Moltkestr. 36. Direktor, 1907. Dresden A., Zoologisches
Heyl zu Hernsheim, Erwin, Freiherr von, Museum.
Dr., Legationssekretär, 1903.Wormsa.Rh. | Jacoby, G., 1907. Berlin W.15, Uhland-
Hindenburg, Dr., prakt. Arzt, 1905. Gross-| strasse 175.
beeren bei Berlin. Jaeger, Erwin, Dr. med., 1905. Leipzig,
Hirschberg, Julius, Dr. med., Professor, Ge-| Johannisplatz 1.
heimer Medizinalrat, 1880. Berlin NW.6, | Jaffé, Benno, Dr. phil., 1879. Berlin W. 62,
Schiffbauerdamm 26. Kurfürstenstr. 129.
Hobus, Felix, Pfarrer, 1902. Dechsel, Kr. | Jahn, Martin, stud. hist., 1911. Berlin N.28,
Landsberg a. W. Lortzingstr. 38.
Hiner, F., Zahnkünstler, 1890. Berlin W. 50, | Jannasch, R., Dr. jur. et phil., Professor,
Nachodstr. 2. Vorsitzender des Zentral-Vereins fiir
Hoerschelmann, Werner von, Dr. phil., 1909.| Handels-Geographie, 1896. Berlin W. 62,
Mexiko. Lutherstr. 5.
Hoffmann, Joh., Dr. phil., Oberlehrer am | Jansen, Hubert, Dr., 1909. Wilmersdorf-
Andreas-Realgymnasium, 1909. Berlin| Berlin, Hildegardstr. 19a.
NW. 52, Alt-Moabit 21. Jellinek, Morton, stud. phil, 1910. W. 8,
Hofmann, Cölestin, Lehrer, 1910. Rumberg, | U. d. Linden 29.
Nordböhmen, Jenny, Ernst, Rittergutsbesitzer, 1910.
Hofmeier, J., Dr. med., Geh. Sanitätsrat, I Berlin W. 30, Luitpoldstr. 20.
1902. Nikolassee (Wannseebahn), a. d. | Jentsch, Hugo, Dr. phil., Prof., 1875. Guben.
Rehwiese 25. lentzsch, Alfred, Dr., Professor, Geh. Berg-
Hofmeister, Hermann, Dr., 1909. Lübeck, rat, Kgl. Landesgeologe, 1909. Berlin
Lindenstr. 5. W. 50, Eislebenerstr. 14.
Hofschlaeger, Reinhard, Dr. med., Frauen- Jonghe, Ed. de, Dr. phil., Secrétaire au
arzt, 1910. Krefeld. Cabinet du ministre des Colonies, 1905.
Hoops, Joh., Dr. Professor, 1909. Heidel-| Brüssel, Rue St. Quentin 29.
berg, Klingenteichstr. 18. Kaempf, Georg, Justizrat, Rechtsanwalt und
Horn, O., Dr. med., Kreisarzt und Me-| Notar, 1905. Berlin W. 50, Rankestr. 5.
dizinalrat, 1887. Tondern. Kaetel, Joh., 1909. Berlin NO. 43, Georgen-
Hornbostel, Erich M. von, Dr., 1907.| kirchstr. 25.
Wilmersdorf, Kaiser-Allee 180. Kallius, E., Dr. med., Professor, Direktor
Hornbostel, Frau von, 1909. Wilmersdorf, | des anatom. Instituts der Universität,
Kaiserallee 180. 1909. Greifswald, Karlsplatz 15.
Hübner, Georg, 1907. Manáos, Estado de | Katz, Otto, Dr. med., 1896. Charlottenburg 1,
Amazonas, Nordbrasilien. Berlinerstr. 50.
Huguenel, E., Apotheker, 1904. Potsdam, | Kaufmann, Paul, Dr. med., Professor, 1900.
a e
Luisenstr. 53. Rom, Italien, Via Giovanni Lanza 178.
Huth, Erich F., Dr., Ingenieur, 1909.) Kaup, J., Dr., Privatdozent, 1910. Berlin
Berlin W. 30, Landshuterstr. 9. SW. 11, Dessauerstr. 14.
Huth, Walter, Oberstleutnant a. D., 1910. | Kay, Charles de, General-Konsul a D., 1895.
Charlottenburg 2, Knesebeckstr. 20/21.| New York, 413 West 23 St.
Institut, Kaiserlich Archäologisches, 1902. |Kiekebusch, Albert, Dr., 1906. Karlshorst
Berlin W. 50, Ansbacher Str. 46. (Bz. Berlin), Prinz Oskarstr. 7.
Institut, Königl. Archaeologisches, 1910. Kiessling, Max, Dr. phil., Assistent am Se-
Tübingen, Wilhelmstr. 9. minar für historische Geographie, 1903.
Israel-Kautz, cand. med., 1910. Wilmers-! Villa Muscoli presso Fiesole (Firenze)
dorf, Xanthener Str. 11. Italien.
Ordentliche Mitglieder.
Kind, Alfred, Dr., 1907. Zehlendorf bei
Berlin, Landhaus Daheim (Machnower
Strasse).
Kirchhoff, Xaver, Ingenieur, 1904. Friedenau,
Kirchstr. 28.
Kissenbertk, Wilhelm, Dr., 1907. Maranhão,
Brasilien, Consulado allemäo.
Klaar, W., Kaufmann, 1883. Berlin W. 35,
Karlsbad 3.
Klaatsch, Hermann, Dr. med., etatsmässiger
a.o. Professor der Anthropologie, Direktor
des Anthropologischen Instituts und der
Ethnographischen Sammlung, Kustos der
Sammlungen des Kgl. Anatomischen In-
stituts, 1900. Breslau XVI, Auenstr. 18.
Kiahre, Pfarrer, 1910. Halenbeck bei
Freyenstein.
Klapp, Rudolf, Dr.. Professor, 1910. Berlin
NW. 23, Klopstockstr. 4.
Kiasske, Waldemar, Dr. med., Arzt, 1908
Berlin N. 58, Dunckerstr. 9.
Kliatt, Berthold, Dr., I. Assistent am Zoolog.
Institut d. Kgl. Landwirtschaft). Hoch-
schule, 1910. Berlin C. 54, Sophien-
strasse 16.
Kiepp, Hans, 1911. Potsdam, Branden-
burger Str. 48. `
Koch, Max, Dr. med., 1900. Berlin S. 59,
Freiligrathstr. 8.
Koch, Frau Robert, Exzellenz, 1911. Berlin
W. 15, Kurfürstendamm 52.
Kech-Grinberg, Theodor, Dr. phil., Privat-
dozent, 1902. Freiburg i. Br., Loretto-
strasse 56.
Kohl, Sanitätsrat Dr., 1905. Worms.
Koehler, Bernhard, stud. phil., 1906. Berlin
W. 30, Eisenacherstr. 103, Atelierhaus.
Köhler, Julius, Dr., Sanitätsrat, 1909.
Berlin W. 50, Augsburgerstr. 57.
Köhler, Max, Architekt, 1910. Friedenau,
Friedrich Wilhelmplatz 6.
Körner, Franz, Grubenbesitzer, 1906. Berlin
NW. 23, Händelstr. 9.
Koetschau, Karl, Dr., Professor, Hofrat,
Direktor, Kaiser Friedrich- Museum,
Berlin, 1909.
Koibow, Fritz, Bildhauer, 1909. Radebeul
b. Dresden, Holweg 88.
Kolim, Hauptmann a. D., Generalsekretär
der Gesellschaft für Erdkunde, 1891.
Charlottenburg 2, Hardenbergstrasse 41.
(13)
Kollokowsky, Georg, Stadtverordneter, 1910.
Berlin W. 35, Steglitzerstr. 75. _ |
Konioki, Julius, Rentier, 1892. Berlin W. 15,
Kurfürstendamm 28.
Kopp, Hans Fr., cand. med.,
Friedenau, Rönnebergstr. 13.
Kossinna, Gustaf, Dr. phil., Professor, 1895.
Gross-Lichterfelde West, Karlstr. 10.
Kozierowski, Stanislaus von, Probst, 1908.
Skorzewo b. Posen.
Kraemer, Augustin, Prof. Dr., Generalober-
arzt, 1903. Berlin W. 50, Bamberger-
strasse 5.
Kraemer, Hans,
Corneliusstr. 2.
Krause, Eduard, Konservator am Kgl. Mu-
seum für Völkerkunde, 1876. Zehlendorf,
Wannseebahn, Goethestr. 41.
Krause, Max, 1911. Berlin S.42, Alexan-
drinenstr. 93/94. |
Krause, L., Archivsekretär, 1901. Rostock
(Mecklb.), St. Georgstr. 111.
Krause, Fritz, Dr. phil, Assistent am
Museum f. Völkerkunde, 1906. Leipzig,
Reichelstr. 3B.
Krause, Hans, Dr. phil., Realgymn.-Ober-
lehrer, 1909. Döbeln i. S., Thiele-
strasse 6.
Kretschmer, Konrad, Dr. phil., Professor,
1899. Charlottenburg 1, Eosanderstr. 30.
Kretschmer, Paul, Dr. phil., Professor, 1894.
Wien VUI, Florianigasse 23.
Krickeberg, Walter, stud. phil., 1905. Char-
lottenburg 5, Schlossstr! 16.
Kriegel, Friedr., Dr. med., 1903. Schöne-
berg bei Berlin, Apostel Paulusstr. 18.
Kroner, Moritz, Dr. med., Geh. Sanitätsrat,
1886. Berlin S. 42, Oranienstr. 143.
Kronthal, Karl, Dr. med., Sanitätsrat, 1890.
Berlin-Wilmersdorf, Güntzelstr. 7/8.
Kruse, W., Dr.med.,Professor, 1900. Königs-
berg i. Pr.
Kuczynski, Max H., stud. med.,
Freiburg (Breisgau), Rheinstr. 66.
Kühl, W. H., Buchhändler, 1905. Berlin
SW., Königgrätzerstr. 82.
Kunze, Johannes, Dr. phil., Oberlehrer
am Falk-Realgymnasium, 1907. Berlin
W. 30, An der Apostelkirche 12.
Kupka, Dr., Professor, 1903. Stendal, Fromm-
hagenstr. 14.
1910,
1907. Berlin W. 10.
1909.
(14)
Kurtz, F., Dr. phil, Professor, 1874.
Cordoba, p. A. Herren Mayer & Miiller,
Berlin N W. 7, Prinz Louis Ferdinandstr. 2.
Kiister, Ernst, Dr., Professor der Chirurgie,
Geh. Medizinalrat, Generalarzt, Mitglied
des Herrenhauses, 1908. Charlotten-
burg 4, Schlüterstrasse 32.
Kuttner, Ludwig, Kaufmann, 1891. Berlin
SW. 68, Ritterstr. 56.
Kuttner, Olga, Dr. phil., 1910. Berlin W. 15,
Kurfürstendamm 184.
Lachmann, Georg, Kaufmann, 1859. Berlin
W.10, Bendlerstr. 8.
Lachmann, Paul, Dr. phil., Fabrikbesitzer,
1889. Berlin W.10, Tiergartenstr. 3.
Lampe, W., Lehrer, 1910. Harriehausen
b. Gandersheim.
Landau, H., Bankier, 1876. Berlin W. 64,
Wilhelmstr. 71.
Langen, Baronin von, geb. Gräfin Schlieffen,
1910. Dresden-A. 26, Karcherallee 25.
Langenmayr, Paul, Justizrat, 1891. Pinne,
Prov. Posen.
Langerhans, Wilhelm, Landgerichtsrat, 1901.
Berlin W.15, Kaiserallee 221.
Lasch, Richard, Dr. med., 1904. Wien VIII,
Wickenburggasse 2.
Laschke, Alexander,
Oberbuchhalter, 1896. Berlin NW. 21,
Essenerstr. 16.
Lau, Max Ed., Dr. med., 1911.
Marienstr. 31.
Le Coq, Albert von, 1892. Halensee, Johann ,
Georgstr. 13.
Lehmann, Edvard DDr., O. Professor d.
Kais. Reichsbank-; Lippmann, Otto, stud. phil., 1911.
Berlin, .
Mit glieder-Verzeichnis.
gierungsrat, 1891.
strasse 8.
Lemke, Elisabeth, Fräulein, 1882. Berlin
W. 35, Genthinerstr. 33.
Stettin, Pölitzer-
Lennhoff, Rudolf, Professor, Dr., Arzt,
1907. Berlin SO. 16. Schmidtstr. 37.
Lennhoff, Julius, Fabrikbesitzer, 1908.
Berlin SO. 16, Schmidtstr. 37.
Levin, Moritz, Dr. phil., 1337. Berlin W.15,
Meierottostr. 10.
Levinstein, Walter, Dr. med., 1897. Schöne-
berg b. Berlin, Maison de Sante.
Lewitt, Dr. med., Arzt, 1905. Berlin SW. 48,
Friedrichstr. 16.
Liebermann, F. von, Dr. med., 1888. Berlin
W. 62, Kurfürstenstr. 8S.
Liebermann, F., Dr. phil., Professor, 1877.
Berlin W. 10, Bendlerstr. 10.
Lienau, Michael Martin, Leiter der vor-
geschichtl. Abteilung des Museums für
das Fürstentum Lüneburg, 1905. Lüne-
burg, Villa Waldesruh.
Lillenthal, Julius, Dr. med., 1910. Berlin
S. 14, Kommandantenstr. 50.
Lindenschmit, Professor, Dirigent des
Römisch-Germanisch. Central-Museums,
1894. Mainz.
Neu-
Babelsberg b. Berlin, Kaiserstr. 12.
Lissauer, A., Fräulein, 1910. Charlotten-
burg 4, Pestalozzistr. 88.
‚Loewenthal, John, stud. phil., 1909.
Berlin NW. 23, Klopstockstr. 23.
Lohmann, Ernst, Pastor, 1901. Freienwalde
a. d. O.
Theologie a. d. Universität Berlin, 1910. | Lorenz, Oberlehrer, 1910. Frankfurt (Oder),
Berlin W. 62, Kurfürstenstr. 112.
Halbe Stadt 17.
Lehmann-Haupt, Carl F., Dr. jur. et phil., Lorentzen, Dr. med., Arzt, 1910. Gevels-
Professor, 1886. Berlin W. 50, Marburger- |
strasse 6.
Lehmann, Joseph, Dr. phil., 1908.
lottenburg, Fasanenstr. 5.
Lehmann, Walter, Dr. med., 1901. Kustos
Char-
'Lüders, Carl, Apotheker, 1906.
berg i. W.
Luckmann, O., Oberlehrer, 1911. Spandau,
Hamburger Str. 112.
Blanken-
burg (Harz).
am Ethnogr. Museum, München, Kaul- Ludwig, H., Professor, Zeichenlehrer, 1894.
bachstr. 6la.
Lehmann - Nitsche, R., Dr. med. et phil.,
Professor, 1893. La Plata, Argentinien,
Mus. de La Plata.
Lehnerdt, Otto, Dr. med., Geh. Sanitätsrat,
1877. Berlin W. 9, Eichhornstr. 8.
Lemcke, Dr. phil., Professor, Gch. Re-'
Charlottenburg 5, Horstweg 13a.
Luschan, F. von, Dr. med. et phil., o. Pro-
fessor der Anthropologie, Geh. Reg.-Rat,
1885. Siidende, Oehlertstr. 26.
Lüthi, E., Gymnasiallehrer, Direktor der
schweizer. perman. Schulausstellung,
1910. Bern.
ee ` ge EEE EEE OTS ETT <TR EEE EL ET TTS EE,
Ordentliche Mitglieder. (15)
Lyceum, Naturwissenschaftl. Sammlungen |Matschie, Paul, Dr., Professor, Kustos am
des Kgl. Lyceums Dillingen, 1910. Zoolog. Museum, 1904. Berlin NW. 21,
Dillingen (Donau). | Bundesratsufer 5.
Maass, Alfred, Privatgelehrter, 1902. Maurer, Herman, Bureau-Vorsteher, 1896.
Berlin W.10, Tiergartenstr. 18c. Friedenau, Stubenrauchstr. 28/29.
Maas, Heinrich, Kaufmann, 1883. Berlin Mayet, Lucien, Dr. med., Dr. Sc., Charge
W. 10, Hildebrandsche Privatstr. 24. du cours d’Anthropologie a l’Universite
Maas, Julius, Kaufmann, 1883. Berlin W.10,! de Lyon, 1900. Lyon-Bellecour, Rue
Hildebrandsche Privatstr. 24. Emile Zola 15.
Mac Curdy, George Grant, Lecturer in | Mayntzhusen, Friedrich, 1907. Yaguarazapa
Anthropology and Curator of the An-| am Alto Parana, Paraguay.
thropol. Collection, Yale University, | Meisner, Dr. med., Generalarzt a. D., 1903.
1897. New Haven, Connecticut U. S.! Berlin W.50, Culmbacherstr. 14.
America, 237 Churchstreet. ; Mendelsohn - Bartholdy, Paul von, Bankier,
Madsen, Peter, Baumeister, 1859. Berlin] Königl. Dänischer General-Konsul, 1906.
N. 65, Müllerstr. 120. Berlin NW. 7, Sommerstr. 5.
Magnus, P., Dr. phil., Professor, Geh. | Mennung, A., Dr., Oberlehrer, 1905. Schöne-
Regierungsrat. 1870. Berlin W. 35,; beck (Elbe), Friedrichstr. 17.
Blumeshof 15. Menzel, Hans, Dr., Königl. Bezirksgeologe,
Magnus-Levy, Adolf, Dr. Professor, Privat-| 1905. Nikolassee-Berlin, Lückhoffstr. 1.
dozent f. Innere Medizin, 1909. Berlin | Messing, Otto, stellv. Direktor d. Deutsch-
NW. 6, Karlstr. 5B. Asiatischen Bank, 1905. Berlin W. 8,
Malachowski, R., Frau Reg.-Baumeister, Unter den Linden 31.
1911, Charlottenburg 5, Lietzensee- | Meyer, Alfred `G., Dr. phil., Professor,
ufer 11. ' Direktor des Luisenstädtischen Real-
Maltzan- Vidal, Freifrau, Agnes v., 1910. Gymnasiums, 1879. Berlin 8. 14,
Z. Zt. auf Reisen. | Sebastianstrasse 26.
Mandel, Helene, Frau Reg.-Baumeister, | Meyer, Friedrich, Dr., 1906. Tangermünde.
1911. Gr.-Lichterfelde-West, Dürer- | Meyer, Eduard, Dr., Professor, 1903. Gross-
strasse 23. Lichterfelde-West, Mommsenstr. 7/3.
Manger, Martin von, Dr. med., Arzt, 1908.) Meyer, Ernst, Pastor, 1904. Königsmark
Berlin N. 31, Bernauerstr. 17. | b. Osterburg in der Altmark.
Mankiewicz, Otto, Dr. med., 1896. Berlin Meyer, Ferdinand, Bankier, 1592. Frank-
W. 9., Potsdamerstr. 134. furt a M., Bockenheimer Landstr. 74.
Mansfeld, Dr. med., Stabsarzt, 1904.| Meyer, Hans, Dr. phil., Prof., Geh. Hofrat,
Dresden-A, Struvestr. 23. 1902. Leipzig-Reudnitz, Haydnstr. 20.
Marcinowski, J., Dr., 1909. Sanatorium | Meyer, J., Dr., Arzt, 1907. Halensec, Kur-
Haus Sielbeck, A. Uklei. fiirstendamm 109.
Marquordt, Fred., Bergingenieur, 1909.|Meyer, Herrmann, Dr. phil., Konsul, 1898.
Martin, A. E., Dr., Drot, Geh. Medizinalrat, | Leipzig, Bismarckstr. 9.
1877. Berlin W. 62, Keithstr. 14. Meyer, Bernhard, prakt. Arzt, 1910. Gerzen
Martin, Rudolf, Dr. med., Professor für. (Niederb.)
Anthropologie, 1894. Zürich IV, Neue Michaelis, Hermann, Bergwerksdircktor,
Beckenhofstrasse 16. 1906. Coblenz, Rheinzollstr. 10.
Martini, Erich, Dr., Professor, Marine- Michaelis, Hugo, Dr., 1908. Berlin W. 30,
Oberstabsarzt, 1905. Tsingtau, Deutsch- Luitpoldstr. 32. |
China. i Michelsson, Gustav, stud. med., 1910.
Maška, KarlJ., Oberrealschuldirektor, 1885. Dorpat, Teichstr. 9.
Teltsch, Mährer. ' Mielke, Rob., Zeichenlehrer u. Schriftsteller,
Matern, Karl Erich, Dr. med., Arzt, 1908., 1894. Berlin-Halensee, Karlsruher
Berlin NW. 87, Turmstr. 66. | Strasse 27.
(16) Mitglieder-Verzeichnis.
Milchner, R., Dr. med., 1898. Berlin NW. 7, | Museum, Griiflich Dzieduszyckisches, 1900.
Mittelstr. 18. Lemberg, Galizien.
Minden, Frau Direktor Franka, 1904. Berlin ' Museum, Städtisches, 1904. Dortmund.
W. 62, Kleiststr. 1. Museum, Grossherzogl. Germanisches, 1900.
Minden, Georg, Dr. jur, Direktor des; Jena.
Berliner Pfandbriefamts, 1885. Berlin Museum für Völkerkunde, 1888. Leipzig.
W. 62, Kleiststr. 1. Museum für Völkerkunde, 1903. Lübeck.
Miske, Kalman, Freiherr von, 1898. Köszeg | Museums-Gesellachaft Arnstadt i. Th., 1911.
(Günz), Ungarn. Vors. Geh. Schulrat Fritsch, Arnstadt
Möller, Armin, Kustos am städtischen | i. Th., Schönbrunnstr. 5. —
Museum, 1894. Weimar, Städt. Museum. | Museum, Provinzial-, 1859. Halle a. S.
Moliison, Theodor, Dr. med., Privatdozent Domstr. 5. Ä
und Assistent am Anthropol. Institut der ; Museum, städtisches, 1900. Braunschweig.
Universität Zürich, 1910. Zürich, | Museum, städtisches, 1897. Gera (Reuss j.L.).
Stockenstr. 47. Museum für Völkerkunde, 1885. Hamburg.
Moszkowski, Max, Dr. med., 1908. Grune- Museum, Landes-, Rudolfinum in Lai-
wald, Herthastr. 2a. bach, 1911.
Mühlpfordt, Arthur, stud. phil., 1909. Ber- Museum, städtisches, 1905. Halberstadt.
lin SW.61, Teltowerstr. 62. Museum, Provinzial-, 1908. Hannover.
Mühsam, Hans, Dr., 1907. Berlin W. 30,|Muzeum, Székely Nemzeti, 1910. Sepsis-
Maassenstr. 11. zentgyörgy, Ungarn.
Müller, F. W. K., Dr. phil., Professor, Mit- | Museum d. Comitates Vasvarmegyei, Prof.
glied der Kgl. Akademie der Wissen-; Gilbert von Neogrady, Altertums Ab-
schaften, Direktor am Kgl. Museum fiir; teilung, 1910. Szombathely, Ungarn,
Völkerkunde, 1902. Zehlendorf (Wann- Comitat Vas.
seebahn), Berlinerstr. 3. | Muskat, Gustav, Dr.med., 1901. Berlin W.9,
Müller, W., Dr., 1903. Kgl. Museum für: Potsdamerstr. 16.
Völkerkunde, Indische Abtg., Berlin Näbe, Max, 1906. Leipzig-Gohlis, Louisen-
W 62, Courbierestr. 5. | strasse 24.
Müller, Wilhelm, Landmesser, 1904. Gross- | Nachod, Oskar, Dr. phil., 1905. Grunewald
Lichterfelde-West, Steglitzer Str. 21D I.' (Bez. Berlin), Hagenstr. 57.
Mueller, Herbert, Dr. jur., 1907. Friedenau, | Naturwissenschaftl. Sammlungen des Kgl.
Odenwaldstr. 22. ı Lyzeums Dillingen, 1910. Dillingen a.
Müller, W., Dr. jur., 1909. Yokohama, | d. Donau.
Kaiserl. Deutsches Generalkonsulat. Naumann, Dr., Professor, 1905. Bautzen.
Müller, Paul, Dr., Gymnasial-Oberlehrer, | Neergaard, Dr., Inspektor am National-
1909. Friedeberg, Neumark. Museum, 1901. Kopenhagen.
Müller, Dr., Sanitätsrat, 1911, Berlin W.15, | Neuhaus, Aug., Dr., Assistent am German.
Kurfürstendamm 40. Nationalmuseum, 1910. Nürnberg,
Müller-Brauel, Hans, Schriftsteller u. Land-| Hallerstr. 5.
wirt, 1910. Zeven, Haus Sachsenheim. | Neumann, Alfred, Dr. med., Professor,
Müllerheim, Robert, Dr. med., Frauenarzt,' Arztl. Direktor der chirurg. Abteilung des
1906. Berlin W. 62, Burggrafenstr. 6.| städt. Krankenhauses im Friedrichs-
Münsterberg, Oscar, Dr. phil., 1896. Berlin ` hain, 1901. Berlin NO. 18, Landsberger
W. 35, Derfflingerstr. 3. Allee 159.
Minter, Friedr., Dr. med., Stabsarzt a. d. | Neumann, Oskar, Professor, 1896. Berlin N. 4,
Kaiser Wilhelm-Akademie, 1909. Ber-!' Zoolog. Museum, Invalidenstr. 42.
lin NW. 40, Scharnhorststr. 35. Nissen-Meyer, Oberstleutnant z. D., 1910.
Munk, Hermann, Dr. med., Professor, Geh.) Friedenau, Bismarckstr. 1.
Regierungsrat, 1569. Berlin W. IO. Nopcsa, Baron Franz, Dr., 1904. Ujarad,
Matthäikirchstr. 4. Temesmegye, Ungarn.
Egg Ce rn gp më wem, DE TI,
Ordentliche Mitglieder.
(17)
Oesten, Gustav, Zivil-Ingenieur, 1879. Berlin | Pfuhl, F., Dr. phil., Professor, 1877. Posen,
W. 66, Wilhelmstr. 51.
Bergstr. 10a.
Oishausen, Otto, Dr. phil., Professor, 1881. | Philip, P., Dr. med., 1896. Gr.-Lichterfelde-
Berlin W. 50, Kulmbacher Str. 7.
West III, Drakestr. 53.
Oiskausen, Franz, Dr., Legationsrat, 1907.! Picard, Hugo, stud. med., 1910. Konstanz,
Berlin W. 50, Kulmbacher Str. 7.
Oishausen, Waldemar, Dr., 1909. Berlin
NW. 23, Bachstr. 5.
Oppenheim, Max, Freiherr von, Dr. jar.,
Minister-Resident a. D., 1887. Aleppo,
Syrien, deutsches Konsulat.
Oppenheim, Paul, Dr. phil., Professor, 1896.
Gross-Lichterfelde-W., Sternstrasse 9.
Orth, A., Dr. phil., Professor, Geh. Reg.-Rat,
1876. Berlin W. 30, Zietenstr. 6b.
Orth, Joh., Dr. med., Professor, Geh. Me-
dizinalrat, 1903. Grunewald (Bez.Berlin),
Humboldtstr. 16.
Osberne, Wilhelm, Rittergutsbesitzer, 1880.
München, Kaulbachstr. 93.
Osten, v. d., Rittergutsbesitzer, 1911, Wisbu
bei Muddelmow, Kreis Regenwalde,
Pommern.
Outes, Felix F., Generalsekretär des La
Plata - Museums, 1907. La Plata,
Argentinien.
Paasohe, Hans, Kapitänleutnant a. D., 1910.
Charlottenburg-Westend, Reichstr. 5 im
Winter; Gut Waldfrieden bei Hochzeit,
NM., ım Sommer.
Paech, Fritz, Dr. jur., Amtsrichter, 1909.
Berlin W. 57, Steinmetzstr. 3.
Palliardi, Jaroslav, K. K. Notar, 1897.
Mährisch-Budwitz, Mähren.
Palm, Julius, Dr., Geh. Sanitätsrat, 1879.
Charlottenburg 2, Grolmanstr. 39.
Pape, Fritz, Bankdirektor, 1909. Berlin
S. 53, Lehninerstr. 1.
Passow, Dr. med., Professor, Geh. Medizinal-
rat, 1895. Charlottenburg 2, Uhlandstr. 2.
Pastor, Willy, Schriftsteller, 1906. Wilmers-
dorf b. Berlin, Gasteinerstr. 4—5.
Peiser, Felix, Dr., Professor, 1892. Königs-
berg i. Pr., Golz-Allee 11.
Peack, Albrecht, Dr., Geh. Regierungsrat,
Professor an der Universität, 1908.
Berlin W.15, Knesebeckstr. 48.
Pfeiffer, Ludwig, Dr., Geh. Medizinalrat,
1910. Weimar, Seminarstr.
Pfugmacher, E., Dr. med., Generalarzt a. D.,
1589. Potsdam, Auguststr. 38.
7.:itschrift für Ethnologie. Jahrg. 1911.
Heft 1.
Kreuzlingerstr. 68.
Pinkus, Felix, Dr. med., 1895. Berlin W.9,
Potsdamerstr. 7.
Pippow, Dr. med., Geh. Medizinalrat, 1878.
Wilmersdorf, Bregenzerstr. 3.
Planert, Wilh., Dr. phil., Fransecki Str. 3 IIT.
Piehn, Albert, Dr. Professor, Dirig. Arzt
der Innern Abtlg. des Städt. Kranken-
hauses am Urban. Berlin W. 62, Kleist-
strasse 22.
Plehn, Anna, Fräulein, 1910. Friedenau,
Wielandstr. 32.
Ploetz, Pauline, Dr. med., praktische Arztin,
1910. Berlin SW. 48, Wilhelmstr. 42.
Piötz, Alfr., Dr. med., 1903. München 23,
Clemensstr. 2.
Péoh, Rudolf, Dr. med., Privatdozent für
Anthropologie an der k. k. Universitit.
1901. Wien III, 3, Reisnerstr. 34.
Poll, Heinrich, Dr. med., 1896. Berlin
NW. 40, Hindersinstr. 3.
Ponfick, Dr., Professor, Geh. Medizinalrat,
1873. Breslau XVI, Novastr. 3.
Porawskl, Paul, Lehrer, 1909. Berlin NW. 52,
Alt-Moabit 17.
Poser und Gross-Naedlitz, Elsa v., Fräulein,
1910. Friedenau, Stierstr. 21.
Preuss, Eugen, Bankier, 1908.
NW. 23, Flensburgerstr. 2.
Preuss, K. Theodor, Dr. phil., Kustos am
Kgl. Museum für Völkerkunde, 1895.
Friedenau, Hähnelstr. 18.
Pröhl, F., Dr. med., Oberstabsarzt und Re-
gimentsarzt des 1. Garde-Feldartillerie-
Regiments, 1906. Berlin W. 15, Kur-
fürstendamm 37,
Prüfer, Friedrich, stud. ethnol.,
Leipzig, Emilienstr. 44.
Putjatin, Fürst Paul Arseniewitsch, 1902.
St. Petersburg, Perspektive Gresge 6.
Puydt, de, Marcel, 1911. Liege, 116
Boulevard de la Sauvenière.
Quente, Paul, Kunstmaler, 1909.
W. 62, Keithstr. 5.
Radlauer, Curt, Dr., 1909.
Traunsteinerstr. 3.
Berlin
1908.
Berlin
Berlin W. 30,
B
(18)
Mitglieder-Verzeichnis.
Ramsay, Hauptmann a. D., 1910. Halensee, | Ruge, Karl, Dr. med., Geh. Sanitätsrat,
Westfälischestr. 42.
Rathgen, F., Dr., Professor, 1905. Berlin
C.2, Kleine Präsidentenstr. 7.
Recho, O., Dr. phil., 1905. Hamburg 13.
Mus. für Völkerkunde.
Rehlen, W., Magistratsrat, 1910. Nürnberg,
Sulzbacherstr. 22.
Reich, Max, Dr. med., Professor, 1891.
Berlin W. 30, Motzstr. 85.
Relcher, Michael, cand. phil., 1910. Zürich,
Clausiusstr. 46.
Reinecke, Paul, Dr. phil, Kgl. General-
konservator im National-Museum. 1892.
München, Prinzregentenstr.
Reinhardt, Dr. phil., Professor, Geh.
Reg.-Rat, Direktor, 1870. Berlin W. 50,
Würzburger Str. 8.
Reitzenstein, Ferdinand, Freiherr von, 1908.
Dresden, Viktoriastr. 21.
Remak, E. J., Dr. med., Professor, Geh.
Medizinalrat, 1896. Berlin W. 9, Pots-
damerstr. 133.
Richter, Berth., Bankier, 1870. Berlin W. 9,
Königgrätzerstr. 4.
Richter, Johannes, stud. phil., 1909. Char-
lottenburg 4, Goethestr. 21.
Riedel, Bernh., Dr. med., Geh. Sanitatsrat,
1880. Berlin W. 62, Kalkreuthstr. 1.
Rieken, Käte, Frau Dr., 1909. Cottbus.
Professor, 1881. Berlin W.8, Jägerstr. 61.
Ruge, Ludwig, Dr., Rechtsanwalt, 1910.
Berlin W. 62, Burggrafenstr. 19.
Ruge, Anita, Frau, 1911. Berlin W. 62,
Burggrafenstr. 19.
Ruge, Paul, Dr., Medizinalrat, 1883. Berlin
W. 62, Keithstr. 5.
Runkwitz, Dr. med., General-Oberarzt der
Marine, 1893. Altenburg, S./A., Jo-
hannisstr. 16.
Ruprecht, Verlagsbuchhändler, 1903. Berlin
W. 57, Potsdamerstr. 88.
Sachs, Hans, Dr. med., prakt. Arzt. 1908.
Berlin N.58, Rodenbergstr. 1.
Samter, P., Dr. med., 1892. Berlin N. 58,
Schönhauserallee 45.
Sander, W., Dr. med., Geh. Medizinalrat,
Direktor, 1876. Dalldorf (Bz. Berlin).
Sander, L., Marine-Stabsarzt a. D., 1895.
Friedenau, Niedstr. 36.
Sarre, Friedrich, Dr., Professor,
Neubabelsberg, Kaiserstr. 39.
Sartorius-Preisnerk, F., 1910. Arlesheim
bei Basel.
Saude, Emil, Dr. phil., 1901.
burg ó, Potsdamerstr. 10.
Schäfer, Heinr., Dr., Professor, Direktor
b. d. Kgl. Museen, Kustos, 1909. Steg-
litz, Breite Str. 24.
1908.
Charlotten-
Rochlitz, Fritz, stud. phil, 1910. Berlin |Schatow, Hermann, 1909. Berlin W. 30,
W. 15, Kurfürstendamm 177.
Traunsteinerstr. 2.
` Roeber, Ernst, Professor, Historienmaler, | Scharrer, Viktor, 1899. Nürnberg, Deutsch-
1904. Bonn-Kessenich, Rosenburg im
Sommer, Berlin W. 10, Tiergartenstr. 17
im Winter.
Roesicke, Adolf, Dr., 1910. Berlin W. 9,
Vossstr. 9.
Rogatz, Hermann, Rektor, 1904. Gross-
Lichterfelde-Ost, Lorenzstr. 68.
Roemert, Georg, Dr. med., Arzt, 1908.
Berlin SW. 47, Grossbeerenstr. 28d.
Roheim, Géza, stud. phil., 1910. Budapest,
Hermina-ut. 35a.
Scheffelt, Ernst, Dr. phil, 1911.
herrenstr. 7.
Berlin
NW. 23, Flensburger Str. 12, IT 1.
Schenck, Adolf, Dr., Professor, 1906.
Halle a S., Schillerstr. 7.
| Scheuermann, W., Redakteur d. Deutschen
Tageszeitung, 1911. Gr. Lichterfelde O.,
Boninstr. 4.
Der Alfred, Prediger, Missions-Sekretär
a. D., 1903. Hamburg-Horn, Rennbahn-
strasse 119.
Rosenow, Dr., Spezialarzt für Hals-, Nasen- Schierstadt, Hans von, Rittergutsbesitzer,
und Ohrenleiden, 1904.
Uhlandstr. 159.
Rotter, Dr. med., Professor, dirigierender
Arztam St. Hedwigs-Krankenhause, 1399,
Geh. Med.-Rat. Berlin N. 24, Oranien-
burgerstr. 66.
Berlin W. 15,
1905. Alt-Baerbaum b. Pielburg.
Schiff, Friedrich, stud. med., 1910. Berlin
W. 66, Wilhelmstr. 94.
Schilling, Hermann, Dr. med., Geh. Sani-
tiitsrat, 1900. Berlin N 24, Friedrich-
strasse 109.
Ordentliche Mitglieder.
Schirmer, Alfred, Dr., Zahnarzt, 1911.
Berlin W. 15, Kurfürstendamm 204.
Schlaginhaufen, Otto, Dr., 1905. Kgl. Zoo-
logisches u. anthropol.-ethnogr. Museum,
Dresden-A., Zwinger, Dresden-A. 1,
Galeriestrasse 9 III.
Sehliz, Dr., Hofrat, 1900. Heilbronn a. N.
Schitehterer, Otto, Kaufmann, 1911. Wil-
mersdorf, Prinz-Regentenstr. 114.
Sebliter, Ernst, Kaufmann, 1910. Friedenau,
Saarstr. 5.
Schläter, Otto, Dr., Privatdozent, 1907.
Bonn, Loéstr. 31.
Schmidt, Frau Professor, 1906. Jena, Kaiser
Wilhelmstr. 3.
Schmidt, Hermann, Dr. med. Oberarzt an
der Berliner Städtischen Anstalt - für
Epileptische, 1911, Wuhlgarten b. Bies-
dorf.
Schmidt, Max, Dr. jur, Direktorial-
Assistent am Kgl. Museum für Völker-
kunde, 1900. Steglitz, Schildhornstr. 4.
Schmidt, Hubert, Dr. phil., Privatdozent,
Kustos am Kgl. Museum für Völkerkunde,
1901. Berlin W. 62, Bayreutherstr. 28.
Schmidt, Rob., Rud., Dr., Privatdozent,
1909. Tübingen, Geolog. Institut.
Schmidt, Erich, Professor Dr.,
Bromberg, Töpferstr. 20.
Schmidt, Johannes, Pastor, 1910. Ketzin
a. d. Harel.
Schneider, Amtsgerichtsrat, 1910. Spremberg.
Schaittger, Br., Assistent am National-
Museum, 1909. Stockholm.
Schoede, Hermann, 1905. Berlin W. 57,
Bülowstr. 40a.
Schöne, Richard, Dr. phil., Wirkl. Geh.
Rat, Exzellenz, 1882. Grunewald, Wan-
genheimstr. lo.
Schösichen, Walther, Dr., 1907. Friedenau.
Fregestr. 78.
Schötensack, Otto, Dr. phil., Universitäts-
professor, 1891. Heidelberg, Blumensir. 1.
Schéppe, W., Dr. Ing. 1911. Berlin O. 17,
Markgrafendamm 26.
Scholl, Arthur, Dr.med., 1899. Berlin NO, 18.
Straussbergerstr. 10.
Schreiber, Wittold, Dr., 1907. Lemberg,
(Galizien-Österreich), Kurkowagasse 45a.
Schröder, Aug., Verlagsbuchhändler, 1909.
Stuttgart, Cottastr. 56.
1909,
(19)
Schröder-Bensier, Gustav, Zahnarzt, 1904.
Cassel.
Schröder, Pastor, 1905. Hainichen b. Dorn-
burg a. Saale.
Schuchhardt, Carl, Dr., Professor, Direktor
am Königl. Museum f. Völkerkunde,
1908. Gr.-Lichterfelde-West, Brienzer-
strasse 5.
Schiitz, Wilhelm, Dr. med., Professor, Geh.
Regierungsrat, Rektor dertierärztl.Hoch-
schule, 1869. BerlinNW.6, Luisenstr. 56.
Schütz, L. H., Dr., 1909. Frankfurt a. M.,
Elsheimerstr. 4.
Schulte im Hofe, Dr. phil., 1905. BerlinSW.11,
Dessauerstr. 11.
Scbultze, Major, 1895. Allenstein, Bahn-
hofstr. 74.
Sohultze, Rentier, 1889. Charlottenburg 1
Berlinerstr. 87a.
Schaitze, Martin, Fahrenwalde b. Brüssow.
Schulze-Veltrup, Dr. phil., Professor, 1902.
Berlin NW. 23, Schleswiger Ufer 12.
Schuster, G., Dr. phil., Königl. Archivrat,
1902. Halensee, Halberstädter Strasse 2.
Schwabacher, Adolph, Bankier, 1886. Berlin
W 10, Hohenzollernstr. 20.
Schwalbe, Dr., Professor, 1905. Strassburg
(Els.), Schwarzwaldstr. 39.
Schwantes, G., Lehrer, 1909. Hamburg,
Brahmsallee 125.
Schweinitz, Graf Hans Hermann, Ober-
leutnant, 1894. Charlottenburg 2,
Koesebeckstr. 31.
Seger, H., Dr., Professor, Direktor a.
Schlesisch. Museum f. Kunstgew. u.
Altertümer, 1907. Breslau, Victoria-
strasse 117.
Seher, Carl, Dr. med., 1909. Gr.-Lichter-
felde-West, Steglitzerstr. 30.
Selenka, Frau Professor, 1904. München,
Leopoldstr. 9.
Seler, Eduard, Dr. phil., Professor, Mitglied
d. Kgl. Akademie d. Wissenschaften, Di-
rektor am Kgl. Museum für Völkerkunde,
1884. Steglitz, Kaiser Wilhelmstr. 3.
Sergi, Sergio, Dr., 1907. Rom,ViaFinanzel.
Sergiewska, Nadeschda, Frau Dr., 1910.
Moskau, Djewitschje Pole, Olsufjewskij
Per. 8 im Winter; im Sommer: Sysran
(Russland), Haus E. W. Pustoschkin,
Kasanskaja Str.
B*
(20)
Sieglin, W., Dr. phil., Professor, 1899.
Steglitz, Kaiser Wilhelmstr. 6.
Sieoke, Erich, Regierungsbauführer, 1909,
Berlin SW. 47, Grossbeerenstr. 69.
Sierakowski, Graf Adam, Dr. jur., 1869.
Waplitz bei Altmark, Westpreussen.
Silberstein, Adolf, Dr., 1906. Charlotten-
burg 2, Hardenbergstr. 12.
Simon, J., Dr. phil. hon. c., 1905. Berlin C.2,
Klosterstr. 30/84.
Simons, E. M., Dr., Frauenarzt,
Charlottenburg 4, Kantstr. 74.
Sökeland, Hermann, Fabrikant, Stadtverord-
neter, 1887. Berlin NW. 21, Stromstr. 56.
Sökelan, Marie, Frau, 1909. Berlin
NW. 21, Stromstr. 56.
Soenderop, Fritz, Dr., Kgl. Geologe, 1909.
Berlin NW. 21, Dortmunderstr. 2.
Solberg, Ole, Dr., Ethnographisches Mu-
seum, 1905. Kristiania, Norwegen.
Soldanski, H., stud. phil., 1910. Wilmers-
dorf, Güntzelstr. 22.
Solger, Friedr., Dr. phil., 1903. Berlin N. 39.
Reinickendorferstr. 2c.
Soltmann, Albrecht, Fabrikbesitzer, 1908,
Charlottenburg 5, Kaiserdamm 109.
Speiser, Felix, Dr. phil, pr. Adr. Dr.
P. Speiser, Freiestr. 31, 1908. Basel,
Langegasse 86.
Splegelberg, Erich, Dr. med., 1910, Berlin-
Charlottenburg W.15, Kurfürstendamm
203/204.
Spiegelberg, Frau, Louise, 1911. Berlin-
Charlottenburg W.15, Kurfürstendamm
203/204.
Staatsschule, höhere, 1892. Cuxhaven.
Stahr, Hermann, Dr. med., 1904. Prosektor
des Städtischen Krankenhauses, Kiel.
Staudinger, Paul, Privatgelehrter 1890.
Berlin W. 30, Nollendorfstr. 33.
Stechow, Dr., Generalarzt und Inspekteur
der 4. Sanitäts-Inspektion, etatsmäss.
Mitglied des wissenschaftl. Senates b d.
Kaiser Wilhelms-Akademie, 1881. Strass-
burg i. E., Ruprechtsauer Allee 24.
1904.
Steensby, H. P., Dr. phil, 1905. Kopen-
hagen, Upsalagade 6.
Steinen, Leonore von den, Frau, 1909.
Steglitz, Friedrichstr. 1.
Steinen, Karl von den, Dr. med. et phil.,
Professor, 1882. Steglitz, Friedrichstr. 1.
Mitglieder- Verzeichnis.
Steinen, Wilhelm von den, Kunstmaler,
1888. Gr.-Lichterfelde O., Augusta-
strasse 36.
Steinthal, Leop., Bankier, 1878. Steglitz,
Friedrichstr. 8.
Stephan, Gg., Miihlenbesitzer, 1894. Lichter-
felder Buschmühle bei Sallgast, Kr.
Luckau.
Sternbeck, Alfred, Dr. phil., Oberlehrer,
1910. Pankow, Hartwigstr. 32.
Steuber, Werner, Generaloberarzt u. Divi-
sionsarzt der 1. Garde-Division, 1910.
Charlottenburg 4. Dahlmannstr. 26.
Steudel, Hermann, Dr., a. o. Professor der
Physiologie, 1911. Charlottenburg 4,
Waitzstr. 1.
Stimming, Arzt, 1904. Gross-Wusterwitz bei
Brandenburg a. d. H.
Stocky, Albin, Ingenieur,
Bydzov-Bohmen.
Stcecker, Helene, Dr. phil., 1909. Friedenau,
Sentastr. 5.
Stoenner, Dr. phil., Direktorial-Assistent
a. Kgl. Museum f. Völkerkunde, 1908.
Gr. Lichterfelde-Ost, Goethestr. 20.
Stoller, J., Dr., Kgl. Geologe, 1911.
Berlin N. 4, Invalidenstr. 44.
Stolyhwo, K., 1907. Warschau, Krakowskie-
Przedmiescie 66.
Stramm, Dr., Postinspektor, 1911.
horst, Kais. Wilhelmstr. 8/9.
Strassmann, Paul, Dr. med., Professor, 1901.
Berlin NW. 40, Alexanderufer 1.
Stratz, Dr., Professor, 1902. Haag, Nieder-
lande, Dendelstraat 31.
Strauch, Curt, Dr. med., Privatdozent,
1896. Berlin NW. 6, Luisenplatz 9.
Strauch, Franz, Kontre-Admiral z. D., 1877.
Friedenau, Niedstr. 39.
Strebel, Hermann, Dr. phil. h. c., 1879.
Hamburg 23, Papenstr. 79.
Strunk, Heinrich, Dr., Corpsstabsapotheker,
1909. Berlin NW., Bochumerstr. 4.
Strutz, Kgl. Kreis- Bau-Inspektor, 1907.
Pillkallen (Ostpr.).
Stubenvoll, Hugo, Ingenieur, 1904. Vukovar
a. d. Donau, Österreich-Ungarn.
Stucken, Eduard, 1892. Berlin W. 62,
Burggrafenstr. 2a.
Stuhlmann, Dr. med., Geh. Regierungsrat,
1893. Hamburg 25, Claus Groth-Str. 74.
1911. Neu-
Karls-
Ordentliche Mitglieder.
(21)
Stummer, Alb., staatl. Weinbau-Assistent, | Verch, I.,, Fabrikbesitzer, 1909. Charlotten-
1910. Klosterneuburg b. Wien, Martin-
strasse 9.
Stempf, Joh., Zahnarzt, 1906. Sonders-
hausen, Richard Wagnerstr. 8.
burg 2, Leibnizstr. 104.
Verein, anthropologischer, 1895. Koburg,
Löwenstr. |
Verein, Museums-, 1907. Neubrandenburg.
Stee, Paul, Professor, 1910. Schöneberg, | Verein, Museums-, 1880. Lüneburg.
Post Friedenau, Hauptstr. 75.
Tafel, Albert, Dr. med., 1909. Charlotten-
burg 4, Schlüterstr. 35.
Tatarinoff, E., Dr., Professor, Direktor des
Verworn, Max, Dr., Professor, 1906.
Bonn, Nussallee 11.
Vierkandt, A., Dr., Privatdozent, 1903.
Gross-Lichterfelde O, Wilhelmstr. 22.
Historischen Museums, 1906, Solothurn. | Virchow, Hans, Dr. med., Professor, Geh.
Taubner, K., Dr. med., 1887. Hamburg,
Borsteler Chaussee 9.
Teutsch, Julius, Likör-Fabrikant, 1900. Kron-
stadt, Siebenbürgen, Rossmarkt 4.
Thede, E, Dr. med., 1910. Augustenburg,
Kr. Sonderburg.
Thiel, Ernst, Fabrikbesitzer, 1909. Friedenau,
Cranachstr. 19.
Thilenius, Georg, Dr. med., Professor,
Direktor des Museums für Völkerkunde.
General-Sekretär der Deutschen Anthro-
pologischen Gesellschaft, 1900. Ham-
burg 37, Abteistr. 16.
Thurswald, Richard, Dr., jur., 1901.
W. 50, Fürtherstr. 1.
Timann, F., Dr. med., Generalarzt und
Inspekteur der 4. San.-Insp., 1875.
Berlin W. 62, Keithstr. 5.
Titel, Max, Kaufmann, 1883. Berlin W. 10,
Kaiserin Augustastr. 57.
Torok, Aurel von, Dr. med., Professor, Di-
rektor des Anthropologischen Museums,
1554. Budapest.
Traeger, Paul, Dr. phil., 1899. Zehlendorf
(Wannseebahn), Burggrafenstr. 7.
Treutmann, Max, Dr. phil, 1909. Schöne-
berg-Berlin, Hauptstr. 139.
Troitzsch, Reinhold, Vorschullehrer am
Sophien-Realgymnasium, 1909. Berlin
N. 28, Granseeerstr. 7.
Uhlig, R., Dr. med., 1906. Zittau, Töpfer-
berg 18.
Umiauff, J. F. G., Naturalienhändler, 1879.
Hamburg, St. Pauli, Spielbudenplatz 8.
Unger, Ernst, Dr. med., 1903. Berlin W. 35,
Derfflingerstr. 21.
Urach, Karl, Fürst von, Graf von Würt-
temberg, 1892. Stuttgart, Neckarstr. 68.
Velde, Gustav, Dr. med., Ober-Stabsarzt.
1902. Charlottenburg 5, Schlossstr. 17.
Berlin
Medizinalrat, 1884. Berlin W. 62, Keith-
strasse 4.
Virchow, Lisbeth, Frau Geh.-Rat, 1909.
Berlin W. 62, Keithstr. 4.
Virchow, Rose, Frau Geh. Rat, 1907.
Berlin W. 9, Schellingstr. 10.
Virchow, Hanna, Fräulein, 1907. Berlin
W. 9, Schellingstr. 10.
Vizuete, P. Dr., 1910. Barcelona, Rambla
de Cataluna 50.
Voegler, Lehrer, 1909. Prieschka bei
Liebenwerda, Bez. Halle.
Voeltzkow, A. Dr., Professor, 1909.
Berlin W. 30, Luitpoldstr. 3.
Vogel, Max, Dr. med.. 1911. Basel,
Römergasse 34.
Vohsen, Ernst, Konsula. D., 184. ImWinter
Berlin W. 35, Genthiner Str.13c; im Som-
mer Caputh b. Potsdam, Villa Übersee.
Vorländer, H., 1871. Dresden, Parkstr. 2.
Vouga, Paul, Dr., Conservateur au Musee
archeologique de Neuchätel 1910. Neu-
chätel, Musee Historique.
Vula, Romulus, 1911. Hatszeg Hunyad,
Siebenbiirgen, Ungarn.
Wagenfiihr, Felix, Hauptmann, 1910. Berlin
W. 62, Martin Lutherstr. 79.
Wagner, Ludwig, Dr. med., Stabsarzt, 1910.
Westend b. Berlin, Nussbaum-Allee 14.
Wahl, H., DBergwerksbesitzer, 1393.
Berlin W. 10, Viktoriastr. 2.
Wahle, Ernst, stud. archaeol., 190). De-
litzsch, Bitterfelder Str. 25.
Walden, Edgar, 1903. Wissenschaftlicher
Hülfsarb. am Kgl. Mus. f. Völkerkunde.
Berlin-Steglitz, Forststr. 11.
Waldeyer, W., Dr. med., Professor, Geh.
Medizinalrat, Ständiger Sekretar d. Kgl.
Akademie der Wissenschaften, 1583.
Berlin W. 62, Lutherstr. 30.
(22)
Waldschmidt, Otto, Apotheker, 1910. Berlin
NW. 21, Turmstr. 19.
Waloker, Fritz, cand. geogr., 1910. Zehlen-
dorf, Gertraudstr. 10.
Warnekros, Ludwig, Dr., Professor, Geh.
Medizinalrat, 1908. Grunewald (Bez.
Berlin), Bismarckallee 14.
Weber, W., Rentier, 1881.
bei Erkner.
Wedding, Wilhelm, Rentier, 1910. Wilmers-
dorf, Hildegardstr. 19a.
Weeren, Julius, Dr. phil., Professor, Geh.
Regierungsrat, 1887. Niedersedlitz bei
Dresden.
Wegner, Fr., Rektor, 1892.
Mühlenstr. 50.
Freienbrink
Berlin O. 17,
Welnitz, F., Dr., Professor, 1903. Berlin
W. 57, Frobenstr. 23.
Weiss, M., Oberleutnant, 1909. Berlin
W. 30, Bayrischer Platz 13/14.
Weissenberg, S., Dr. med., 1895. Elisabeth-
grad, Süd-Russland.
Weisstein, Herm., Kgl. Kreis-Bauinspektor,
1882. Brieg (Bz. Breslau), Reussstr. 3.
Mitglieder-Verzeichnis.
Winckier, Hugo, Dr., Professor, 1892.
Wilmersdorf b. Berlin, Bingerstr. 79.
Winterstein, Pfarrer, 1910. Schollene bei
Rathenow.
Witt, N. H., 1908.
strasse 36.
Wolff, Frau Sanitätsrat Eva, 1910. Berlin
W. 50, Nürnberger Str. 64.
Weiff, Dr., Fritz, Stabsarzt an der Kaiser
Wannsee, Bismarck-
Wilhelm - Akademie, 1911. Berlin
NW. 40, Scharnhorststr. 35.
Wolff, M., Dr. med., Professor, Geh.
Medizinalrat, 1874. Berlin W. 35, Pots-
damerstr. 121a.
Wolff-Rolaw, Frau Therese, Dr. phil., 1906.
Berlin SW. 11, Königgrützer Str. 50 bei
Frau Buchmann.
Wolter, Carl A., 1893. Hamburg, Glocken-
giesserwall 1 II.
Wossidio, Dr. phil., Prof., Oberlehrer, 1900.
Waren, Mecklenburg-Schwerin.
Wüst, Ewald, Dr., Privatdozent für Gco-
logie u. Paläontologie, 1907. Halle a S.,
Am Kirchtor 3.
Wenslercki-Kwilecki, Graf, 1882. Karlshorst Zahn, Robert, Dr. phil, Kustos bei den
(Bz. Berlin).
Wentzky, Friedrich von, 1910. Heilbronn
a. N., Vielmathstr. 53.
Werner, Johannes, Direktor, 1908. Stolpi.P.
Westphal, Dr. med., Arzt, 1910. Anstalt
Wuhlgarten b. Biesdorf.
Wernert, Paul, stud. rer.
Tübingen, Geolog. Institut.
Wessnigk, Edgar, Referendar, 1911. Char-
lottenburg 2, Goethestr. 14.
Weule, Karl, Dr., Professor, Direktor des
Museums f. Völkerkunde, 1898. Leipzig.
Widemann, Wilhelm, Professor, 1901. Berlin
W.9, Schellingstr. 8.
Wiechei, Hugo, Ober-Baurat, 1880. Dres-
den-N., Wasserstr. 4, Bismarckplatz 14.
Wiegers, F., Dr., Königl. Bezirksgeologe,
1906. Berlin N. 4, Invalidenstr. 44.
Wieck, Otto A., Dr. med., Arzt, 1910.
Grunewald, Hubertusallee 25.
Wiese, Karl, 1900. Berlin NW. 21, Perle-
bergerstr, 40.
Wilke, Dr. med., Generaloberarzt, 1903.
Chemnitz, Heinrich-Beckstr. 56.
nat.. 1910.
Kgl. Museen, 1902. Berlin C.2, Lust-
garten, Kgl. Museen.
Zander, Kurt, Dr. jur., Geh. Regierungs-
rat, 1897. Berlin W. 62, Kurfürsten-
strasse 117.
Zechlin, Konrad, Apothekenbesitzer, 1893.
Salzwedel.
Zernik, Franz, Dr., 1907.
Uhlandstrasse 30.
Ziemann, H., Professor, Chefarzt in der
Schutztruppe für Kamerun und Med.
Referent, 1911. Berlin W. 30, Viktoria
Luise-Platz 11.
Zschiesche, Paul, Dr. med., Sanitätsrat,
1894. Erfurt, Walkmühlstr. 6a.
Zuelzer, Margarete, Dr. phil., Assistent a.
d. Kgl. Prüfungsanstalt f. Wasserver-
sorgung, 1909. Berlin W. 50, Nürn-
bergerstr. 70.
Zürn, RB. K. Distriktschef a. D., 1908.
Grunewald, Dunckerstr. 2.
Zürn, Paul, Generalmajor, Prüses des In-
genieurkomitees, 1910. Charlottenburg 4,
Berlin W. 15,
| Giesebrechtstr. 15.
Abgeschlossen am 31. März 1911 mit 7 Ehrenmitgliedern, 114 korrespondierenden und
787 ordentlichen, zusammen 908 Mitgliedern.
Ubersicht der unserer Gesellschaft durch Tausch, Ankauf oder
Geschenk zugegangenen periodischen Veröffentlichungen.
Das nachstehende Verzeichnis dient zugleich als Empfangsbestätigung der uns im letzten Jahre
zugegangenen Schriften.
Die mit * vermerkten Gesellschaften, deren Schriften wir nicht erhalten haben, bitten wir um
gefallige Nachlieferung der etwa erfolgten Publikationen ausschliesslich an die Adresse:
Anthropologische Gesellschaft, Berlin SW. 11, Königgrätzer Strasse 120.
Abgeschlossen am 1. Januar 1911.
I. Deutschland,
nach Städten alphabetisch geordnet.
1. Berlin-Leipzig. Archiv für Rassen- und Gesellschafts-Biologie einschliess-
lich Rassen- und Gesellschafts - Hygiene. Red. von A. Ploetz.
VI. Jahrg. Heft 6. VII. Jahrg. Heft 1—5. (Angekauft.)
2. Berlin. Amtliche Berichte aus den Königl. Kunstsammlungen. XXXI. Jahrg.
Nr. 4—12. XXXII. Jahrg. Nr. 1—5.
* 3. „ Veréffentlichungen aus dem Königlichen Museum für Völkerkunde.
4. „ Zeitschrift der Gesellschaft für Erdkunde. 1909. Nr. 10. 1910.
Nr. 1—10. 1911. Nr. J.
5. » Mitteilungen von Forschungsreisenden und Gelehrten aus den deutschen
Schutzgebieten. Bd. XXIII. Heft 1—5. Ergänzungsheft 3.
6. » Jahrbuch der Königl. Geologischen Landesanstalt. XXVII. 1906.
T. » Berliner Missions-Berichte. 1909. Nr. 4—12. 1910. Nr. 1—4. (Von
Frau Bartels.)
8. » Die Flamme. Zeitschrift zur Förderung der Feuerbestattung im In-
und Auslande. XXVI. Jahrg. 1910. Nr. 428—450. XXVIII. Jahrg.
1911. Nr. 451—452.
WË » Verwaltungsbericht über das Märkische Provinzial-Museum.
10. » Brandenburgia. Monatsblatt der Gesellschaft für Heimatskunde der
Provinz Brandenburg zu Berlin. XVIII. Jahrg. 1909. Nr. 7—12.
XIX. Jahrg. 1910. Nr. 1—6.
ZER » Brandenburgia. Archiv.
12. » Zeitschrift des Vereins für Volkskunde. XX. Jahrg. 1910. Heft 1—4.
13. » Deutsche Kolonial-Zeitung. XXVII. Jahrg. Nr. 2—53. XXVIII. Jahrg.
Nr. 1—4.
*14. » Mitteilungen der Deutschen Orient Gesellschaft, (Von Hrn. G. Minden.)
(2 4) Übersicht
*15. Berlin. Jahresbericht der Deutschen Orient-Gesellschaft. (Von Hrn. G. Minden.)
16. » Mitteilungen aus dem Museum für deutsche Volkskunde. Bd. III,
Heft 3.
» Die Denkmalpflege: Herausgegeben von der Schriftleitung des Central-
Blattes der Bau-Verwaltung. XII. Jahrg. 1910. 1—16. XIII. Jahrg.
1911. Nr. 1.
*18. » „Afrika“. Herausgegeben vom evangelischen Afrika-Verein. XVIL Jahrg.
1910. Heft 1—4. (Von Hrn. Alfr. Maass.)
19. » Korrespondenz-Blatt des Gesamtvereins der deutschen Geschichts- und
| Altertums-Vereine. 58. Jahrg. 1910. 1—12. (Angekauft.)
20. Berlin-Leipzig. Mitteilungen der Vorderasiatischen Gesellschaft. Jahrg. XIV.
Jahrg. 1909. Nr. 4. Jahrg. XV. 1910. Nr. 1—4. Jahrg. XVI. 1911.
Nr. 1. (Angekaufl.)
*21. Berlin. Helios. 26. Bd.
*22. » Societatum Litterae.
23. » Amerika, Süd- u. Mittel-. Halbmonatsschrift. Herausgegeben von
Dr. P. Traeger. 1909. Nr. 14—24. 1910. Nr. 1—24. 1911. Nr. 1.
*24. Berlin-Charlottenburg. Verhandl. der Deutschen Kolonial-Gesellschaft.
(Von Hrn. Minden.)
25. Berlin-Charlottenburg. Zeitschrift ftir Demographie und Statistik der
Juden. Jahrg. V. Nr. 12. Jahrg. VI. Nr. 1—12. Jahrg. VII. Nr. 1.
26. Berlin-Leipzig. Baessler- Archiv. Beiträge zur Völkerkunde, heraus-
gegeben aus den Mitteln des Baessler-Instituts unter Mitwirkung
der Dircktoren der Ethnologischen Abteilungen des Königl.
Museums für Völkerkunde in Berlin, redigiert von P. Ehren-
reich. B. G. Teubner. 1910. 4° Bd. I, 1—2. Beiheft 1.
27. Berlin-Stuttgart. Mitteilungen des Seminars für orientalische Sprachen.
Jahrg. XIIl. 1910.
28. Bonn. Jahrbücher des Vereins von Altertumsfreunden. Heft 118, 2—3. Heft
119, 1—3 nebst Bericht.
29. Brandenburg a. d H. Jahresberichte des Historischen Vereins. 41.—42.
30. Braunschweig. Archiv für Anthropologie. Neue Folge. Bd. IX. Heft 1/2,
3/4. (Von d. Herren Fr. Vieweg & Sohn.)
31. „ Globus. Illustrierte Zeitschrift für Länder- u. Völkerkunde. Bd. XCVII.
Nr. 1—24. Bd. XCVILI. Nr. 1—24. Von Herrn Andree München),
32. „ Zentralblatt für Anthropologie. XV. Jahrg. 1910. Heft 1—6. (An-
gekauft.)
33. Breslau. Schlesiens Vorzeit in Bild u. Schrift.
*34. Colmar (Elsass). Mitteilungen der Naturhistorischen Gesellschaft in Colmar.
*35. Cöln. Jahresbericht des Vereins zur Förderung des Städtischen Rauten-
strauch-Joest-Museum für Völkerkunde in Cöln.
36. Danzig. Bericht über die Verwaltung der naturhistorischen, archäologischen
und ethnologischen Sammlungen. XXX. Bericht. 1909.
"37. » . Schriften der Naturforschenden Gesellschaft.
38. Dresden. Sitzungsberichte und Abhandlungen der Naturwissenschaftlichen
Gesellschaft Isis.. Jahrg. 1909, Juli-Dez. Jahrg. 1910, Jan.-Juni.
*39. » Mitteilungen des Vereins für Erdkunde.
40. Dürkheim.. Mitteilungen der Pollichia. LXVI. Jahrg. 1909.
41. Erfurt. Mitteilungen des Vereins für die Geschichte und Altertumskunde
von Erfurt. Heft 50 u. 31. 1909/10.
42. Frankfurt a. M. Bericht der Römisch-Germanischen Kommission des
17.
70.
der periodischen Veröffentlichungen. (25)
Kaiserl. Archäologischen Instituts über die Fortschritte der Römisch-
Germanischen Forschung. 1908.
. Giessen. Mitteilungen des Oberhessischen Geschichtsvereins. Bd. XVII.
. Görlitz. Jahreshefte der Gesellschaft für Anthropologie und Urgeschichte
der Oberlausitz.
. Gotha. Dr. A. Petermanns Mitteilungen aus Justus Perthes’ Geogra-
phischer Anstalt. Bd. 56. 1910. Nr. 1—6. II. Halbbd. Heft
1--6. Bd. 57. 1911. Heft 1.
» Mitteilungen der Vereinigung für Gothaische Geschichte und Alter-
tumsforschung.
. Greifswald. Jahresberichte der Geographischen Gesellschaft.
„ Berichte der Gesellschaft für Völker- und Erdkunde zu Stettin.
. Guben. Mitteilungen der Niederlausitzer Gesellschaft für Anthropologie und
Urgeschichte. Bd. XI. Heft 1—4.
Halle a. S. Mitteilungen des Vereins für Erdkunde. 33. Jahrg. 109.
34. Jahrg. 1910.
„ Jahresschrift für die Vorgeschichte der sächsisch-thüringischen Länder.
Bd. 9. 1910.
Hamburg. Mitteilungen aus dem Museum für Völkerkunde.
. Hannover. Zeitschrift des Historischen Vereins für Niedersachsen. Jahre.
1910. Heft 1—4.
„ Jahrbuch des Provinzial-Museums zu Hannover. 1909—1910.
. Heidelberg. Neue Heidelberger Jahrbücher. Bd. XVI. Heft 2.
. Heilbronn. Berichte vom Historischen Verein Heilbronn.
. Jena. Jahresbericht über die Fortschritte und Leistungen auf dem Gebiete
der Sozialen Hygiene und Demographie. Herausg. v. A. Grotjahn
und F. Kriegel.
. Kassel. Zeitschrift des Vereins für Hessische Geschichte und Landeskunde.
Neue Folge. Bd. 34.
. Kiel. Mitteilungen des Anthropologischen Vereins in Schleswig-Holstein.
» Bericht des Schleswig-Holsteinischen Museums vaterländischer Alter-
tümer.
. Königsberg i. Pr. Sitzungsberichte der Altertums - Gesellschaft Prussia.
„ Schriften der Physikalisch-Okonomischen Gesellschaft. 50. Jahrg. 1909.
. Leipzig. Abhandlungen und Berichte des Königl. Zoologischen und Anthro-
pologisch-ethnographischen Museums zu Dresden. Bd. XII. 1908.
1—3.
„ Archiv, Orientalisches, Illustrierte Zeitschrift für Kunst, Kultur-
geschichte und Völkerkunde der Länder des Ostens. Heraus-
gegeben von Hugo Grothe. Jahrg. I. 1.
Archiv für Religionswissenschaft. Bd. XII. Heft 2-4. Bd. XIII.
Heft 1. (Von Frau Bartels.)
„ Mitteilungen aus dem Städtischen Museum für Völkerkunde.
„ Der Alte Orient, Gemeinverständliche Darstellungen. XI. Jahrg. Heft
2—4. XII. Jahrg. Heft 1—3. (Angekauft.)
„ Hessische Blätter für Volkskunde. Bd. IX. Heft 1—3.
„ Memnon, Zeitschrift für die Kunst- und Kultur-Geschichte des alten
Orients. 1909. Bd. III. Heft 3. (Herausg. v. Hrn. Prof. Frhr.
v. Lichtenberg.)
Jahrbuch des städtischen Museums für Völkerkunde zu Leipzig.
Bd. III. 1908/09.
(26)
Ubersicht
. Leipzig. Veröffentlichungen des städtischen Museums für Völkerkunde.
„ Vierteljahresberichte des wissenschaftl. human. Komitees. Fortsetz. d.
Monatsber. u. des Jahrbuchs für sexuelle Zwischenstufen. Jahrg. 1.
Heft 2—4. Jahrg. 2. Heft 1, 2. Herausgegeb. v. Dr. med.
Magnus Hirschfeld. (Angekauft.)
. Lötzen. Mitteilungen der Literarischen Gesellschaft Masovia. XVI. Jahrg.
Heft 16.
74. Magdeburg. Jahresberichte des Altmärkischen Vereins für vaterländische
75.
89.
97.
Wl
100.
Geschichte. 37. Jahresber.
„ Abhandlungen und Berichte aus dem Museum fiir Natur- und Heimat-
kunde und dem Naturwissenschaftlichen Verein in Magdeburg.
Bd. II, 1.
. Metz. Jahrbuch der Gesellschaft für Lothringische Geschichte und Alter-
tumskunde.
. München. Beiträge zur Anthropologie und Urgeschichte Bayerns.
„ Altbayerische Monatsschrift. IX. Jahrg. Heft 3—6.
„ Oberbayerisches Archiv. 54. Bd. Heft 3.
. Münster. Jahresberichte des Westfälischen Provinzial-Vereins für Wissen-
schaft und Kunst. 38. Jahresber. fiir 1909/10.
„ Zeitschrift für vaterländische Geschichte und Altertumskunde. Bd. 67.
2. Abteil.
Neu-Brandenburg. Jahresbericht über das Museum in Neu-Branden-
burg.
. Nürnberg. Mitteilungen aus dem Germanischen National-Museum. Jahrg. 1909.
„ Anzeiger des Germanischen National-Museums. Jahrg. 1909. Heft 4.
Jahrg. 1910. Heft 1—3.
„ Abhandlungen der Naturhistorischen Gesellschaft. Bd. XVII, 1.
„ Jahresbericht der Naturhistorischen Gesellschaft.
„ Mitteilungen der Naturhistorischen Gesellschaft.
. Oldenburg (im Grossherzogtum). Schriften des Oldenburger Vereins für
Altertumskunde und Landesgeschichte. Teil XXXVI.
Osnabrück. Mitteilungen des Historischen Vereins. Bd. XXXIV. 1909.
Register Bd. XVII—XXXII.
Posen. Historische Monatsblätter für die Provinz Posen. X. Jahrg. 1909.
XI. Jahrg. 1910. |
Zeitschrift der Historischen Gesellschaft für die Provinz Posen.
XXIV. Jahrg. 1909. XXV. Jahrg. 1910.
Roczniki towarzystwa Przyj. nauk Poznanskiego. Tom XXXI, XXXII,
XXXIV, XXXV.
n
D
. Prenzlau. Mitteilungen des Uckermärkischen Museums- und Geschichts-
Vereins. Bd. 1V. Heft 3.
Schwerin. Jahrbiicher und Jahresberichte des Vereins fiir Mecklenburgische
Geschichte und Altertumskunde. Jahrg. 75.
Speyer. Mitteilungen des Historischen Vereins der Pfalz.
. Stendal. Beiträge zur Geschichte, Landes- und Volkskunde der Altmark.
Bd. II. Titel u. Inh. Bd. II. Heft 1.
Stettin. Baltische Studien. Neue Folge. Bd. XIII.
Monatsblätter. Herausgegeben von der Gesellschaft für Pommersche
Geschichte und Altertumskunde. 1909. Nr. 1—12.
Stuttgart. Württemberg. Vierteljahrshefte für Landesgeschichte.
Fundberichte aus Schwaben. XVII. Jahrg. 1909.
”
H
113.
114.
*115.
*116.
117.
118.
*119.
120.
121.
*122.
123.
*124.
der periodischen Veröffentlichungen. (27)
. Stuttgart. Zeitschrift für Morphologie und Anthropologie. Bd. XII. Heft 3.
Bd. XINH. Heft 1—2.
» Zeitschrift für vergleichende Rechtswissenschaft. Bd. 1—22
(1878—1908). Bd. 23 (1909. Heft 1/2. 3. Bd. 24. Heft 1—3.
Bd. 25. Heft 1.
Thorn. Mitteilangen des Coppernicus-Vereins für Wissenschaft und Kunst.
Heft 17—18.
Trier. Westdeutsche Zeitschrift für Geschichte und Kunst. XXVIII. Jahrg.
Heft 4. XXIX. Jahrg. Heft 1—3.
» Korrespondenzblatt für Geschichte und Kunst. Jahrg. III. Nr. 1—6.
Jahrg. IV. Nr. 1.
Jahresberichte der Gesellschaft für nützliche Forschungen. N. F.
II. Jahrg. 1909.
”
. Wernigerode. Zeitschrift des Harz-Vereins für Geschichte und Altertums-
kunde.
. Wiesbaden. Annalen des Vereins für Nassauische Altertumskunde und
Geschichtsforschung. Bd. XXXIX. 1909.
Mitteilungen des Vereins für Nassauische Altertumskunde und Ge-
schichtsforschung. XIII. Jahrg. 1909/1910. Nr. 1—4.
n
. Wolfenbüttel. Braunschweigisches Magazin. Bd. XV. Jahrg. 1909.
Jahrbuch des Geschichtsvereins für das Herzogtum Braunschweig.
Jahrg. VIII. 1909.
Würzburg. Mannus, Zeitschrift für Vorgeschichte. Bd. Il. Heft 1—3.
Erganzungsb. I.
N
II. Europäisches Ausland.
Nach Ländern und Städten alphabetisch geordnet.
Belgien.
Brüssel. Bulletins de la Classe des Sciences, des Lettres et des Beaux-
Arts de Belgique. 1909. Nr. 9—12. 1910. No. 1—10.
Annuaire de l’Académie Royale des Sciences, des Lettres et des Beaux-
Arts de Belgique. 1910.
» Annales de Musée du Congo ... Ethnographie et Anthropologie.
» Bulletin et Mémoires de la Société d’Anthropologie.
Brüssel. Annales de la Société d’Archeologie. Tome XXIII. 1909. Liv. 3 u.4.
Tome XXIV. 1910. Liv. 1 u. 2.
Annuaire de la Société d’Archéologie. Tome XXI. 1910.
Bulletin de la Société Royale Belge de Géographie.
Bulletin des Musées Royaux des arts decoratifs et industriels.
Ze Série [Ie Année. No. 4—12. 2¢Série 3e Année No. 1—2.
(Von Frau Bartels.)
Lüttich. Bulletin de I’Institut archéologique Liégeois. Tome XXXIX. 1909.
H
H
7
Dänemark.
Kopenhagen. Mémoires de la Société Royale des Antiquaires du Nord.
1908/9. 1910.
Aarböger for nordisk Oldkyndighed og Historie. 1909. Bd. XXIV.
Heft 1—4.
Nordiske Fortidsminder, udgevne af det Kgl. Nordiske Oldskrift
Selskab.
N
9
(28)
*125.
126.
*127.
128.
Übersicht
Kopenhagen. Meddelelser om Danmarks Antropologi.
Reykjavik (Island). Arbok hins Islenzka fornleifafelag. 1909.
Finnland. R
Helsingfors. Finska Fornminnesföreningens Tidskrift.
>» Suomen Museo. Suomen Muinaismuisto- Yhdistyksen Kuukauslethi.
XVI. Jahrg. 1909.
(123—124 durch Hrn. Aspelin.)
Frankreich.
. Bordeaux. Actes de la Société Linneenne de Bordeaux. Tome LXII.
. Grenoble. Bulletins de la Société Dauphinoise d’Ethnologie et d’Anthro-
pologie. T. XV, 1908. No. 3 u. 4. T. XVI, 1909. No.1 u. 2.
. Lyon. Bulletin de la Société d’Anthropologie. Tome XXVIII, 1909.
» Archives du Museum d'Histoire Naturelle de Lyon. Tome X.
. Paris. L’Anthropologie. [Matériaux pour T’histoire de (homme, Revue
d’Anthropologie, Revue d’Ethnographie reunis.] 1909. Tome XX.
No. 5—6. 1910. Tome XXI. No. 1—5. (Von dem Verleger Hrn.
Masson.)
„ Le Tour du Monde. Jahrg. 1909. No.16—52. Jahrg. 1910. No.1—14.
„ A Travers le Monde. Jahrg. 1909. No.16—.2. Jahrg. 1910. No.1—14.
(134 u. 135 von Frau Bartels.)
» Bulletin de Correspondence Hellénique. Jahrg. 1910. XXXIV. 1—4.
» Mémoires de la Delegation Francaise en Perse. (V. M. J. de Morgan.)
» Journal de la Société des Américanistes de Paris. Nouvelle Serie.
N. S.-Tome V, No. 2.
» Bulletins et Mémoires de la Société d’Anthropologie. Tome IX, 1908.
Fasc. 6. Tome X. 1909. Fase. 1—2. 3. Tome XI, 1910.
Fasc. 1—2. ;
» Revue mensuelle de l’Ecole d’Anthropologie. Jahrg. XX. 1910.
Heft 1—12.
» Annales du Musée Guimet. Tome XXXII.
» Annales du Musée Guimet. (Bibliotheque d'études.) Tome XXXIII.
. Paris. Revue de histoire des religions.
» Revue des Etudes ethnographiques et sociologiques. 1909. No. 21—24.
1910. No. 1—10.
Griechenland.
. Athen. Acdriov 775 toropixys xar velo Eraipias rãs ‘EAAwoss. (Von der
Historischen und Ethnologischen Gesellschaft von Griechenland.)
Ipaxrıxa rìs èv Ava: Apyaiokoyinis ‘Eraipeias. 1909.
’Ebnmepis aoxaichoyxy. Jahrg. 1909. Heft 4. Jahrg. 1910. Heft 1—2.
’Erernpis Tlapvaccou.
Mitteilungen des Kaiserlich - deutschen Archäologischen Institutes.
Bd. XXXIV. 1909. Heft4. Bd. XXXV. 1910. Heft 1—3.
e Laographia 1909. Bd. I. Heft 1—4. 1910. Bd. Il. Heft 1—3.
Grossbritannien.
333 3
. Cambridge. Biometrika. Vol. VIL Part 3—4. (Angekauft.)
. Edinburgh. The Scottish Geographical Magazine. Vol. XXVI 1910.
No. 1—12. Vol. XXVII. No. 1.
» Proceedings of the Society of Antiquaries of Scotland. Vol. XLIII.
1908—1909.
160.
162.
*164.
*165.
166.
167,
168.
169.
170.
171.
172,
der periodischen Veröffentlichungen. (29)
London. Journal of the African society. Vol. IX. No. 34—36. Vol. X.
No. 37—38.
5. Liverpool. Journal of the Gypsy Lore Society. New-Series. Liverpool
Vol. III. 1909. No. 3—4. Vol. IV. 1910. No. 1—2.
. London. The Journal of the Anthropological Institute of Great Britain and
Ireland. Vol. XXXIX, 1909, July-Dec. Vol. XL, 1910, Jan.-June.
Man. (Angekauft.) Vol. X, 1910. No. 1—12. Vol. XI, 1911. No. 1.
bgi
. London. Journal of the african Society vol. IX. 34—36. X. 37.
Italien.
. Catania. Archivo storico per la Sicilia orientale. Anno V. Fasc. 3.
Anno VI. Fasc. 2—3. Anno VII. Fasc. 1—3.
Milano. Rivista archeologica della provincia e antica diocesi di Como.
Fasc. 59—61. Anno 1910.
. Florenz. Archivio per l’Antropologia e la Etnologia. 1909. Vol. XXXIX.
Fasc. 1—4. 1910. Vol. XL. Fasc. 1—2. (Von Hrn. P. Mante-
gazza.)
Bollettino di Publicazione Italiane. 1910. No. 109—120.
» Rivista Geografica Italiana. Vol.XVI. Fasc.10. Vol. XVII. Fasc. 1—10.
Neapel. Bollettino della Società Africana d'Italia.
Rivista mensile di Psichiatria forense, Antropologia criminale e scienze
affini.
Parma. Bullettino di Paletnologia Italiana. Serie IV. Tomo V. Anno XXXV.
No. 5—12. Serie IV. T. VI. Anno XXXVI. No. 1—9. (Von
Hrn. L. Pigorini in Rom.)
Rom. Atti della Società Romana di Antropologia. Vol. XV. Fasc. 2.—3.
Bullettino dell Istituto. Mitteilungen des Kaiserlich Deutschen Archäo-
logischen Instituts. Vol. XXIV. 1909. Fasc. 1—4. Vol. XXV.
1910. Fasc. 1—3.
> Atti della Reale Accademia dei Lincei. Vol. XVIII. 2° Sem.
Fasc. 12. Vol. XIX. 1° Sem. Fasc. 1—12. 2° Sem. Fasc. 1—12.
Rendiconti della Reale Accademia dei Lincei. Vol. XVIII. Fasc. 4—12.
Vol. XIX. Fasc. 1—8.
Notizie degli scavi di antichità. Vol. VI. Fasc. 9—12. Vol. VII.
Fasc. 1—6.
”
7
2
Luxemburg.
Luxemburg. Ons Hémecht. Organ des Vereins für Luxemburger Ge-
schichte, Literatur und Kunst. XVI. Jahrg. Heft 1—12.
Niederlande.
. Assen. Verslag van de Commissie van bestuur van het Prov. Museum
van Oudheden in Drenthe aan de gedeputeerde staten.
- "sa Gravenhage. Verslag van den Directeur van Rijks Ethnographisch
Museum te Leiden. 1908/1909.
Haag. Bijdragen tot de Taal-, Land- en Volkenkunde van Nederlandsch-
Indie. 1909. 7e volgr. IX, 3—4. 1910. 7° volgr. X. 1910.
8e volgr. I, 1—2.
. Leiden. Internationales Archiv für Ethnographie. Bd. XIX, Heft 4—6,
Suppl. Bd. XIX. Bd. XX, Heft 1 u. 2.
(30)
177.
*178.
179.
180.
181.
*182.
183.
184.
185.
186.
187.
188.
189.
*190.
191.
*192,
193.
194.
195.
196.
197.
198.
199.
200.
201.
"Ou.
203.
*204.
*205.
206.
207.
* 208.
Übersicht
Norwegen.
Bergen. Bergens Museums Aarsberetning. 1909. Heft 3. 1910. Heft 1—2.
Kristiania. Aarsberetning fra Foreningen til Norske Fortidsmindesmerkers
bevaring.
Aarsberetning fra Foreningen for Norsk Folkemuseum. XI—XV.
1905—1909.
Stavanger. Stavanger Museum, 1909. 20. aargang.
Trondhjem. Skrifter det kongelige Norske Videnskabers Selskabs. 1909.
n
Österreich- Ungarn.
Agram. Vjesnik hrvatskoga arkeologičkoga družtva.
Budapest. Anzeiger der ethnographischen Abteilung des Ungarischen
Nalional-Museums. Jahrg. V.
Budapest. Archaeologiai Ertesitö. XXX. Bd. 1910. No.1—5.
Ertesité, Muzeumi és Zonyrtari. Budapest 1907—1910. Bd. I—IV.
Hermannstadt Archiv des Vereins für Siebenbürgische Landeskunde.
Bd. XXXVI. Heft 3. Bd. XXXVII. Heft 1.
„ Jahresbericht des Vereins für Siebenbürgische Landeskunde. 1909.
Innsbruck. Zeitschrift des Ferdinandeums für Tirol und Vorarlberg.
Heft 54.
Krakau. Anzeiger der Akademie der Wissenschaften. Mathem.-naturwiss.
Klasse. Jahrg. 1909. Nr. 9—10. Jahrg. 1910. Nr. 1—10. Historisch-
philosophische Klasse. Jahrg. 1909. Nr. 9—10. Jahrg.1910. Nr. 1—8. |
Materialy antropologiczno-archeologiczne.
» Katalog literatury naukowej polskie). Tom. IX. 1909. Zesz. 3—4.
Laibach. Mitteilungen des Museal-Vereins für Krain.
Carniola, Mitteilungen des Musealvereins fiir Krain. Neue Folge
Letnik I. Zvezek 1—4.
(Ljubjani.) Izvestja muzejskega drustva za Kranjsko. Letnik XIX.
Sešit 1—6.
Lemberg. Chronik der Uckrainischen Ševčenko-Gesellschaft der Wissen-
schaften. Jahrg. 1908. Heft 3—4. Jahrg. 1909. Heft 1.
Sbirnik [ruthenisch]. Ethnographische Sammlung. T. XXVI. T. XXVIII.
Matériaux [ruthenisch] pour l'ethnologie ukraïno-ruthène. XI. und
XII. 1909.
Olmiitz. Časopis vlasteneckého Musejniho spolku Olomuckého. Ročnik XXVII.
Čislo 1—4. T.XXVIII Čislo 1.
Pravck. 1910. Nr. 1—4. Ustrédni list pro prachistorii u anthro-
pologii zemí Českých.
Prag. Památky archaeologické a místopisné. Dila XXIII. Sešit 7—8.
Dilu XXIV. Sešit 1.
Mitteilungen des Vereins für Geschichte der Deutschen in Böhmen.
XLVIII. Jahrg. No. 1—4.
Bericht der Lese- und Redchalle deutscher Studenten.
Cesky Lid. Ročnik XIX. 1909. Čislo 4—10. Ročnik XX. 1910.
Čislo 1—4.
Časopis Společnosti Přátel Starožnitností Českých.
Národopisný sbornik Českoslovanský.
Närodopisny Věstník Ceskoslovansky. Ročnik V. Čislo 1—10.
Bericht über das Museum des Königreichs Böhmen. Jahrg. 1909.
Salzburg: Jahresberichte des städtischen Museum Carolino-Augusteum.
H
9
D
N
N
3
3
der periodischen Veröffentlichungen. (31)
209. Teplitz. Tätigkeits-Bericht der Teplitzer Museums-Gesellschaft. Jahr-
gang 1907/1908. 1909/1910.
*210. Triest. Atti del Museo civico di storia naturale.
*211.
212.
2
Bollettino della Società Adriatica di Scienze naturali.
Wien. Abhandlungen der k. k. Geographischen Gesellschaft in Wien.
Bd. IX. 1910. Nr.1.
Anthropos. Internationale Zeitschrift für Völker- und Sprachenkunde.
Bd. V. Heft 1—6. Bd. VI. Heft1.
Annalen des k. k. Naturhistorischen Hofmuseums. Bd. XXIII. Nr.
3—4. Bd. XXIV. Nr. 1 u. 2.
Mitteilungen der Wiener Anthropologischen Gesellschaft. Bd. XXXX.
Heft 1—6.
Mitteilungen der prähistorischen Kommission der Kaiserl. Akademie
der Wissenschaften.
Jahrbuch der k. k. Zentral-Kommission zur Erforschung und Erhaltung
der Kunst- und historischen Denkmale.
Jahrbuch für Altertumskunde. Bd. III. 1909. Heft 1—4. Bd. IV.
1910. Heft 1—2.
Mitteilungen der k. k. Zentral-Kommission für Erforschung und Er-
haltung der Kunst- und historischen Denkmale. Bd. VIII. No.
10—12. Bd. IX. No. 2—9.
Abhandlungen der Kais. Königl. Geographischen Ges. Bd. VII.
Nr. 1—3. Bd. VIII. Nr. 1—2. Bd. IX. Nr. 1.
Mitteilungen der Kais. Königl. Geographen-Ges. Bd. 52, 12. Ba
53, No. 1—12.
Wissenschaftliche Mitteilungen aus Bosnien und der Herzegowina.
Herausgegeben von dem Bosnisch - Herzegowinischen Landes-
Museum in Sarajevo.
Zeitschrift für österreichische Volkskunde. XV. Jahrg. 1909. Heft
5—6. XVI. Jahrg. 1910. Heft 1—5.
Portugal.
Lissabon. O Archeologo Portuguez. Vol. XIV. No. 9—12.
Porto. Portugalia. Materiaes para o estudo do povo portuguez.
Russland.
. Dorpat. Sitzungsberichte d. gelehrten Estnischen Ges. 1909.
Verhandlungen der gelehrten Estn. Ges. XXII. Bd. Heft 2—3.
. Kasan. Mitteilungen der Gesellschaft für Archäologie, Geschichte und
Ethnographie.
. Moskau. Arbeiten der anthropologischen Abteilung. [Nachrichten der
Kaiserlichen Gesellschaft der Freunde der Naturwissenschaften.]
(Von Hm. Anutschin.)
[Russisch.] Denkschriften der Russischen geograph. Ges. AXAIV u.
XXXV.
„Erdkunde“. [Russisch.] Periodische Zeitschrift der geographischen
Abteilung der Kaiserl. Gesellschaft der Freunde der Naturkunde
Anthropologie und Ethnographie. 1910. 2 u. 3.
(32) Übersicht
252. Moskau. Rundschau, Ethnographische, [Russisch]. Herausgegeben von der
Ethnographischen Abteilung der Kaiserlichen Gesellschaft der
Liebhaber der Naturwissenschaft, Anthropologie und Ethnologie.
Herausgegeb. von W. F. Millera und N. A. Jantschuka. Vol.
20 und 21, Heft LXXVI—LXXXV. 1910. Nr. 1—2.
"2903. a Kawkas. [Russisch.] Materialien zur Archäologie des Kaukasus und
der östlichen Gouvernements Russlands.
*234. „ Journal [russisch], Russisches anthropologisches.
*235. St. Petersburg. Arbeiten der Anthropol. Gesellschaft der militär-medi-
zinischen Akademie.
236. „ Bulletin [russisch] de la Commission Imperiale Archeologique.
Liv. 25—33.
237. » [Russisch.] Denkschriften der K. Russ. Geogr. Ges. T.XXXIV-XXXV.
#9338. „ Jahrbuch der russischen anthropologischen Gesellschaft an der
Kais. St. Petersburger Universität.
*230. St. Petersburg. Matériaux [russisch] pour servir a l'archéologie de la
Russie. Liv. 32.
* 240, „ Compte rendu [russisch] de la Commission Impériale Archéologique.
*241. St. Petersburg. Bericht [russisch] der k. Russischen Geographischen
Gesellschaft.
*242. Riga. Mitteilungen aus der livländ. Geschichte. Bd. XX. Heft 3.
243. „ Sitzungsberichte der Gesellschaft für Geschichte und Altertumskunde der
Ostseeprovinzen Russlands. Jahrg. 1909.
"244. Warschau. Swiatowit.
Schweden.
*245. Stockholm. Antiqvarisk Tidskrift for Sverige.
240. » Fornvännen meddelanden fran K. Vitterhets Historie och Antikvitets-
akademien. 1909. Häftet 4—5. 1910. Häftet 1—4.
247. „ Fataburen fran Nordiska Museet: 1909. Häft 1—4.
*248. a Ymer.
249. „ Svenska Landsmälen. 1909. Heft 1—4.
250. Upsala. Le Monde Oriental. Vol. III. Fasc. 2—3. Vol. IV. Fasc. 1—3.
Schweiz.
251. Basel. Schweizerisches Archiv für Volkskunde XIII. Jahrg. Heft 4.
XIV. Jahrg. Heft 1—3.
252. Bern. Jahresbericht des historischen Museums pro 1909. (Von Herrn
Wiedmer-Stern.)
253. Neuchatel. Bulletin de la Socicté Neuchäteloise de Geographie. Tome XX.
1909—1910.
254. Zürich. Anzeiger für Schweizerische Altertumskunde. N. F. Bd. XI. 1909.
Heft 3—4. N. F. Bd. XII. 1910. Heft 1—2.
255. „ Jahresbericht des Schweizerischen Landesmuseums in Zürich.
XVIII. Jahresbericht. 1909.
256. » Jahresbericht der Geographisch - Ethnographischen Gesellschaft in
Zürich. 1909—1910. (Von Hrn. Heierli.)
» Mitteilungen der Antiquar. Ges. Bd. XXVII. Heft 2.
der periodischen Veröffentlichungen. (33)
III. Afrika.
. Cairo: The archaeological survey of Nubia-Bulletin. No. 5—6. (Vom
Generaldirektor des Departements.)
. Tunis. Revue Tunisienne, publice par le Comité de l'Institut de Carthage.
Année XVII. 1910. Nr. 79—84. Année XVII. 1911. Nr. 85.
IV. Amerika.
. Andover (Mass. U. S. A.) Bulletin, Department of Archacology Phillips
Academy.
. Austin. Transactions of the Texas Academy of Science. Vol. X.
Berkeley, California. Publications of the University of California, American
Archacology and Ethnology. Vol. V. No. 3-4. Vol. VII. No.
4—5. Vol. VIL. No. 5—6. Vol. IX. No. 1.
. Boston (Mass. U. S. A.). Proceedings of the Boston Soc. of Nat. History.
- Buenos-Aires. Anales del Museo National.
» Boletin de la Academia Nacional.
Buenos Aires. Revista del Museo de La Plata. T. XVI.
» Anales del Museo de La Plata.
Cambridge, Mass. Memoirs of the Peabody Museum of American Archacology
and Ethnology, Harvard University. Vol. IV. No. 3.
Archaeolog. and ethnolog. papers of the Peabody Museum. Vol. II.
”
Vol. IV. No. 3. Vol. VI. No. 1.
» Report of the Peabody Museum of American Archaeology and
Ethnology.
Caracas, El Musco Nacional, Organo oficial del Instituto del mismo notre.
1909, 8°,
Chicago. Publications of the Field Columbian Museum. Report Series.
Vol. II. Nr.4. Anthropological Series. Vol. VII. No.3.
Cincinnati. Annual report of the Cincinnati Museum Association. XXIX.
1909.
Colorado Springs, Col. Studies of the Colorado College. Publication,
Science Series. Publication, Language.
. Davenport. Proceedings of the Academy of Natural Sciences.
Lancaster, Memoirs of the American Anthropological Association.
Lima. Boletin de la Sociedad Geografica de Lima. Tom. XVIII. No. 4.
XIX. No. 1.
Lima-Perú. Revista Historica.
Madison. Collections of the State Historical Society of Wisconsin.
» Proceedings of the State Historical Society of Wisconsin. 54—57.
- Milwaukee. Annual Report of the Board of Trustees of the Public Museum
of the City of Milwaukee. 1905/1909.
. Montevideo. Anales del museo nacional de Montevideo. Tom. IV. Nr. 2.
3. New York. American Anthropologist. Vol. XI. 1909. Nr. 4.
Anthropological Papers of the American Mus. of Natural History.
Kl
Vol. IV. Part 1—2. Vol. V. Partl. Vol. VI. Part].
„ The American Museum of Natural History. Annual Report for 190%.
» Bulletin of the American Museum of Natural History. (V. d. M).
Memoirs of the American Museum of Natural History. (V. d. M.)
> Bulletin of the Archeological Institute of America. Vol. I.
Number 2—4. Vol. II. No. 1.
Zeitschrift für Ethnologie. Jahrg. 1911. Heft 1. ©
(34)
2x9.
290.
P20 1s
292,
293.
*294.
* 299.
296.
"297;
298.
72.
300.
301.
* 302.
* 303.
* 304,
300.
* 306.
307.
308,
v09.
310.
Übersicht
Norwood, Journal of american archaeology. Vol. XII. No.4. Vol. XIV.
No. 1—4.
Para (Brazil). Boletim do Museu Paraense. Vol. VI. 190%.
Philadelphia. Bulletin of the Free Museum of Science and Art, Dep. of Arch.
%
x”
n
a. Pal., Un. of Pennsylvania.
University of Pennsylvania the Museum Journal. Vol. I. 1—?.
Proceedings of the American Philosophical Society. Vol. XLVI.
1909. No. 193. Vol. XLIX. 1910. No. 194—196.
Transactions of the Department of Archaeology Free Museum of
Science.
Rio de Janeiro. Archivos do Museu Nacional.
Santiago de Chile. Boletin des Musco Nacional de Chile. Tomo Il. 1.
Sao Paulo. Revista do Muscu Paulista.
9
Revista da Sociedade scientifica de Sao Paulo. Vol. IV. 190%.
Toronto (Canada). Proceedings of the Canadian Institute.
Toronto (Canada). Transactions of the Canadian Institute. Vol. VIII.
Part. 4.
Washington (D. C., U.S. A.). Annual Report of the Smithsonian Institution.
Year 1908. 1909.
Annual Report of the Geological Survey.
Annual Report of the Bureau of Ethnology.
Special Papers of the Anthropological Society.
Bulletin of the Bureau of American Ethnology. Vol. 37. 45. 45.
Publications of the Bureau of American Ethnology of the Smiths. Inst.
Bulletin of the U. S. National Museum. No. 71--74.
Proceedings of the U. S. National Museum. Vol. 37.
V. Asien.
Batavia. Tijdschrift voor Indische Taal-, Land- en Volkenkunde. Deel LI
Afl.6. Deel LL Afl. 1—6.
Notulen van de Algemeene en Bestuursvergaderingen van het Bataviaasch
Genootschap van Kunsten en Wetenschappen. Deel XLVII. 1:09,
Afl. 1—4. Deel XLVIII. 1910. Afl. 1—2.
Verhandelingen van het Bataviaasch Genootschap van Kunsten en
Wetenschappen. Deel LVIIL 1—s.
J. A. van der Chijs, Dagh-Register.
Rapporten van de commissie in Nederlandsch - Indie 1907—1€05
v. oudheidkundig onderzoek op Java en Madoera.
Bombay. The Journal of the Anthropol. Soc. Vol. VIII. Nr. 5—7.
n
. Calcutta. Epigraphia Indica and Record of the Archaeological Survey of
Report ou the search for Sanskrit Mss. in the Bombay Presidency.
India.
A descriptive catalogue of Sanskrit Mss. in the Library of the Calcutta
Sanskrit College. 27. (Government of India.)
Report on the search of Sanskrit Mss. (Government of India.)
Notices of Sanskrit Mss. pbl. under orders of the Government of Bengal.
(Government of India.)
Proceedings of the Asiatic Soc. of Bengal.
Journal of the Asiatic Soc. of Bengal. Philological Series. Vol. 74.
Part 2—4.
338.
339.
*340.
34l.
342.
343.
344.
der periodischen Veröffentlichungen. (35)
2. Calcutta. Journal and Proccedings of theAsiatic Society of Bengal. Vol. IV.
No. 5—11.
. Memoirs of the Asiatic Soc. of Bengal. Vol. Tl. No. 5—9.
. Colombo. Journal of the Ceylon branch of the Royal Asiatic Society.
Vol. XXI. No. 62.
. Hanoi. Bulletin de l'Ecole Francaise d’Extreme-Orient. TomelX- No. 4.
Tome X. No. 1—2.
26. Kyoto. The Calendar, Imperial University of Japan.
‘. Madras. Bulletin of the Madras Government Museum.
„ Report on a search for Sanskrit and Tamil Mss. prepared under the
orders of the Government of Madras.
. Manila. Publications, Ethnological survey from the Department of the
„ Journal of Science. Vol IV. No.6. Vol. V. No. 1—5.
. Shanghai. Journal of the China Branch of the Royal Asiatic Society.
„ Der ferne Osten. (Angekautt.)
. Singapore. Journal of the Straits Branch of the Royal Asiatic Society
. Tokio. Mitt. d deutschen Ges. f. Natur- u. Völkerkunde Ost-Asiens. Bd. XII,
Teil 2.
„ Journal of the Anthropol. Soc. of Tokyo. Vol. XXIV. No. 282—283.
Vol. XXV. No. 254—294. Vol. XXVI No. 295—296.
„ Die Wahrheit, Erste Deutsche Zeitschrift in Japan.
. Wladivostok. Denkschriften der Gesellschaft für Erforschung des Amur-
Gebietes.
VI. Australien.
Adelaide. Memoirs of the Royal Society of South Australia. Vol. II. Part. 2.
» Transactions. of the Royal Society of South Australia. Vol. XXXIII.
Brisbane. Bulletin of North-Queensland Ethnography. (V. Hrn. W. Roth.)
Sydney. Report of the trustees of the Australian Museum. Year 1909—1910.
„ Records of the Australian Museum. Vol. VIT. No. 5. Vol. VIII. No. 1.
» Memoirs of the Australian Museum. Vol. IV. Part 12.
Science of man. Vol. XI. No. 7—12. Vol. XII. No. 1—3. Vol.
XIII. No. 4 u. 6.
VII. Polynesien.
5. Honolulu. Memoirs of the Bernice Pauahi Bishop Museum of Polynesian
Ethnology and Natural History. Vol. I. No. 4.
» Occasional papers of the Bernice Pauahi Bishop Museum of Polynesian
Ethnology and Natural History. Vol. IV. No. 4.
(d
L Abhandlungen und Vorträge.
Ein zweites Goldland Salomos').
Vorstudien zur Geschichte Westafrikas.
Von
Pfarrer Johannes Dahse.
Kapitel 1.
Ziel und Einfuhrartikel der Tharschischfahrt.
Wenn ich meinen Studien die Uberschrift gegeben habe „Ein zweites
Croldland Salomos“, so deute ich damit schon an, dass ich in erster Linie
nicht von dem berühmten Lande Ophir reden will, sondern eine neue
Hypothese zu begründen versuchen werde. Während nämlich die meisten
Forscher sämtliche auf Handelsfahrten Salomos bezügliche Stellen auf
Ophirfahrten beziehen, unterscheide ich mit Josephus?), Keil?), Guthe‘),
Oppert®) zweierlei Fahrten Salomos und lasse die einen nach Ophir, die
1) Verzeichnis der Abkürzungen: Allg. Hist.: Allgemeine Historie der
Reisen zu Wasser und zu Lande, Leipzig 1748. Arch. f. Rel.: Archiv für Religions-
wissenschaft. CB.: Burton and Cameron, To the Gold Coast for Gold. DGBL:
Deutsche Geographische Blätter. EB.: Encyclopaedia Britannica. EMM.: Evange-
lisches Missions-Magazin, Basel. GGM.: Geographi Graeci minores, Paris. MFDSch.:
Mitteilungen von Forschungsreisenden in den deutschen Schutzgebieten. NMG.:
Norddeutsche Missionsgesellschaft. PRE: Protestantische Realencyklopiidie. RGG.:
Religion in Geschichte und Gegenwart. WASk.: Ellis, West African Sketches.
WAY.: West African Yearbook. ZE.: Zeitschrift für Ethnologie. OLZ.: Orient.
Literaturzeitung.
Barth: Reisen und Entdeckungen in Nord- und Zentralafrika.
Bowdich: Mission from Cape Coast Castle to Ashantee, Neudruck 18753.
Connolly: „Social Life in Fanti-land“, Journal of the Anthrop. Inst. 26. 189%.
Christaller I: Dictionary of the Asante and Fante Language.
II: Grammar of the Asante and Fante: Language.
Dupuis: Journal of a Residence in Ashantee, London 1824.
2) Antiq. Ind VIII 7. 2 (181).
3) Keil, Über die Hiram-Salomonische Schiffahrt nach Ophir und Tharschisch,
Dorpat 1834.
4) In PRE? Bd. 14. „Ophir“, Bd. 17. „Schiffahrt“.
5) ,Tharshich und Ophir“, Berlin 1905.
Zeitschrift für Ethnologie. Jahrg. 1911. Heft 1. | 1
> Dahse:
andern nach einer anderen Gegend gehen. Von einer Ophirfahrt handeln
die Stellen 1. Kg 926.23 und 1. Kg. 10,1. 32. An der ersten Stelle heisst
es: „Auch Schiffe erbaute der König Salomo zu Ezeon Geber, das bei
Eloth am Ufer des Schilfmeeres im Lande Edom liegt. Und Hiram sandte
auf der Flotte Untertanen von sich — Schiffsleute, die mit dem Meere
vertraut waren — zusammen mit den Untertanen Salomos. Und sie ge-
langten nach Ophir und holten von dort Gold — 420 Talente — und
brachten es dem Könige Salomo.“ Im 10. Kapitel ist dann von dem Be-
such der Königin von Saba die Rede, die 120 Talente Gold, Spezereien
und Edelsteine bringt, und dann heisst es V. 11: „Aber auch die Schiffe
Hirams, die Gold aus Ophir geholt hatten, brachten eine grosse Menge
von Sandelholz und Edelsteinen mit.“ Der Parallelbericht der Chronik
zu 1. Kg..e-2s unterscheidet sich dadurch von dem älteren Bericht, dass
der Chronist den Hiram nicht nur seine Knechte, sondern seine Schiffe
nach Ezeon Geber schicken lässt, was zur Zeit des Chronisten sehr wohl
möglich war, da ein von Pharao Necho II. begonnener, von Darius I. voll-
endeter Kanal einen Wasserweg zwischen dem Roten und dem Mittel-
ländischen Meer eröffnet hatte. Der Irrtum der Chronik besteht nur
darin, dass der Chronist das, was zu seiner Zeit möglich war, in Salomos
Zeit verlegte. Wenn nun 1. Kg. 10,, darin mit der eben angeführten
Chronistenstelle übereinstimmt, dass hier auch von den Schiffen Hirams
die Rede ist, so braucht mit dieser Bezeichnung nicht gesagt zu sein,
dass Hiram seine Schiffe dorthin gesandt habe, was ja mit 1. Kg. 9,, in
Widerspruch stehen würde, sondern es kann damit nur ein Eigentumsrecht
Hirams an jenen Schiffen ausgedrückt sein. Was nun diese Ophirfahrt
anlangt, so ging sie von Ezeon Geber aus südwärts auf dem Roten Meer;
so denkt es sich auch der Chronist, wenn er die Schiffe Hirams vom
Mittelländischen Meer zum Roten gebracht werden lässt. Die Produkte
der Ophirfahrt sind drei: Gold, Sandelholz und Edelsteine.
Von einer zweiten Unternehmung Salomos und Hirams handelt nun
der Vers 1. Kg. 10,.: „Denn der König hatte Tharsisschiffe auf dem Meer
bei den Schiffen Hirams; alle drei Jahre einmal kamen die Tharsisschiffe
und brachten Gold, Silber, Elfenbein, Affen und Pfauen.“ Dass es sich
an dieser Stelle um eine andere Fahrt handelt, zeigt erstens der Ausdruck
Tharsisschiff, zweitens die Angabe über die Zeitdauer und Häufigkeit der
Fahrt, was beides bei der Ophirfahrt fehlt und drittens die von den Ophir-
produkten sich unterscheidenden Importartikel. Was zunächst den Aus-
druck Tharsisschiff anlangt, so bedeutet allerdings manchmal dieser Aus-
druck nur soviel wie „grosses Meerschiff“, wie man ganz ähnlich früher
im Deutschen von „Östindienfahrern“ redete. So ist es z. B. sicher der
Fall 1. Kg. 2245, vielleicht auch Jes. 2,, %48,. Auch wird in allen Über-
setzungen des A. T. Tharsis mehr oder minder häufig durch „Meer“
wiedergegeben, so von LXX. Jes. 244; Vulg. Jes. 23, 6 10. 34, 609, 6645,
Ezech. 27,;, 1. Kg. 224; Targum an allen Jesaias- und Kzechielstellen,
ausserdem Jona 1,, 4, Ja, llieronymus sagt sogar zu Jes. (ue dass die
Hebräer für Ozean das Appellativum „Tharschisch“ hätten. Aber diese
allgemeinere Bedeutung für Tharschischschiff ist doch erst aus der speziellen
Ein zweites Goldland Salomos. 3
entstanden, die der Chronist an unserer Stelle noch richtig zum Ausdruck
bringt, wenn er schreibt 2. Chr. 9,,: „Denn der König hatte Schiffe, die
mit den Leuten Hirams nach Tharschisch fuhren; alle drei Jahre einmal
kamen die Tharschischschiffe und brachten Gold, Silber, Elfenbein, Affen
und Pfauen.*“ Wie der Ausdruck ,Ostindienfahrer* für Ozeanfahrer erst
entstehen konnte, nachdem man nach Ostindien gefahren war, so konnte
auch unter Tharschischschiff erst dann allgemein „grosses Meerschiff“ ver-
standen werden, nachdem man Fahrten nach Tharschisch mit grossen
Schiffen gemacht hatte. Wir haben es also 1. Kg. 10.. mit Fahrten nach
Tharschisch zu tun, die durchs Mittelmeer gingen, da Jona sich in Joppe
einschiffte, als er nach Tharschisch flüchten wollte. Wo lag denn nun
dieses in 1. Kg. nur indirekt, in Chr. aber direkt als Ziel dieser Falırten
angegebene Tharschisch? Da es sich um eine Unternehmung, die drei
Jahre dauerte, handelt, kann es nicht, wie z. B. Josephus gemeint, das
cilicische Tarsus, die Geburtsstadt des Paulus, sein; es muss in weiter
Entfernung von Palästina liegen, wie die Zusammenstellung Jes. 66 ,, zeigt,
wo es unter den entferntesten Gegenden aufgezählt wird. Dass es bekannt
und berühmt war, zeigen Jes. 23 und Ezech. 37. An Produkten von
Tharschisch werden Ezech. 27,, Silber, Eisen, Zinn und Blei, Jer. 10,
Silber aufgezählt, ausserdem wird der Tharschischstein erwähnt Ex. 28,,,
3943, Ezech. 1,4, 109, 28,3, Cant. 5,, und Dan. 10,. Da es nun dem Ver-
fasser von 1. Kg. 10,,, wie der vorhergehende Vers („es war nichts von
Silber, denn in den Tagen Salomos ward das Silber für nichts geachtet“)
und Vers 27 („und der König machte, dass das Silber zu Jerusalem an
Menge den Steinen gleichkam“) zeigen, auf die Menge der Silbereinfuhr
ankam, so haben wir Tharschisch in einer Gegend zu suchen, die in jenen
Zeiten Silber ausführte.e Da kann dann aber nur die Landschaft für
Tharschisch in Betracht kommen, die ein Onomasticon vaticanum dafür
halt, wenn es sagt: Oaooeıs o Bon, Es ist das Gebiet des Baetis, des
heutigen Guadalquivir im südwestlichen Spanien, „dessen Quellen in
Silber wurzeln.“ Dort befand sich ja die den römischen und griechischen
Klassikern wohl bekannte phönizische Kolonie Tartessus, deren Hauptort
Gadir, das heutige Cadiz war. Von 1100—600 blühte dort eine alt-
phönizische Kolonie, dann setzten sich Griechen aus Phokaea dort fest,
was ım A. T. dadurch zum Ausdruck zu kommen scheint, dass Tharschisch
Gen. 10, zu Javan, den Griechen gerechnet wird. Von 500 an haben es
die Karthager, also die Punier in Besitz genommen, was sich im A. T.
wiederum dadurch kundgibt, dass LXX Ezech. 27,,. 25, 3845, Jes. 234. ¢ 10 14
Tharschisch durch Aaoyndumv = Karthago wiedergibt. Diese Landschaft
Tartessus ist nun aber das Silberland jener Zeiten. Berichtet uns doch
Plinius?), dass die Phönizier von ihrer ersten Fahrt nach Tharschisch so
viel Silber mitgebracht hätten, dass ihre Schiffe es nicht fassen konnten
und sie deswegen sich aus dem Silber Anker gemacht hätten. Silberne
1) PRE’ Bd. 12 „Metalle* S, 142; ebenso Diod. Sie. „Bibl. Hist. V 35. 56 und
Aristot. „Mirabilia* cap. 147.
d
4 Dahse:
Krippen und Weinfässer fand Hamilkar Barkas!) bei den Turdetaniern,
den Bewohnern von Tartessus. In Neukarthago, dem heutigen Karthagena,
arbeiteten nach Polybius?) 40000 Bergleute, die täglich 25 000 Drachmen
Silber für den römischen Staat gewannen. Nach diesem Silberland gingen
also die gemeinsamen Fahrten Hirams und Salomos auf dem Mittelländischen
Meer. Sie dauerten drei Jahre, welche Angabe so zu verstehen sein
wird, dass man im ersten Sommer hinfuhr, den zweiten zum Erwerb der
Produkte auf von dort unternommenen Falırten benutzte und im dritten
zurückkehrte. Im Winter ruhte natürlich die Schiffahrt. Auf der Hin-
und Rückfahrt wurden dann noch andere phönizische Faktoreien besucht,
die sich ja überall an den Küsten des Mittelmeers befanden. Zeit genug
dazu hatte man, da die direkte Fahrt von Palästina nach Tharschisch da-
mals nur etwa 30 Tage gedauert haben mae? Wir kommen nunmehr
zu den übrigen Produkten, die man von jenen Fahrten mit heimbrachte.
Da sich über dieselben ganz verschiedene Angaben in den verschiedenen
alten Übersetzungen finden, gebe ich zunächst den verschiedenen Wortlaut.
Im Hebräischen stimmt der Wortlaut der Chronistenstelle mit dem
von 1. Kg. überein, beide Male sind fünf Produkte genannt: Gold, Silber,
schenhobbim, kofim und tukkijim. In der griechischen Übersetzung haben
wir dagegen an den beiden Parallelstellen voneinander abweichende Über-
setzungen und an der Stelle 1. Kg. sogar in den verschiedenen Hand-
schriften ganz verschiedene Auffassungen. Es lesen nämlich 1. Kg. 10.
hinter yovoiov xai doyvotov die Handschriften B. und Genossen xai Aiden
topevt@my xal nelezytov, d. h. gravierte und behauene; 44. 74. 106. 120.
134. 144 xai Aidwy Toovevrar xai aehexntmy, d. h. gedrelite und behauene;
19. 82. 93. 108. 119. 245 xai Adem Tooevrar xai azekerıtarv, d.h. gravierte
und unbehauene Steine. Diese drei Auffassungen stimmen darin überein,
dass nur vier Produkte von dieser Handelsfahrt mitgebracht werden, ausser
Gold und Silber noch zwei Arten von Steinen. Auch die Chronistenstelle
zählt in der griechischen Übersetzung nur vier Produkte auf, nämlich
pvoiov xal doyvoiov xai Otto Zë option: zat adijzxor. Jedoch fügen die
Handschriften 19. 93. 108. 158, also die Rezension Lucians, noch xai
teyetu (Terjeiu, texzyu) und damit eine Transkription von Gap hinzu und
erklären dies im Text oder am Rande mit ogıyyor (og y& = Schimpanse!).
— Offenbar durch die griechische Übersetzung der Chronistenstelle ist in
eine Anzahl der griechischen Handschriften von 1. Kg. (so vor allem in
die mit der aldina-Bibelausgabe von 15:8 in Verbindung stehenden Hand-
schriften) der Zusatz zu ddortwy &egarrivar xai awdijzor hinter yovoiov
xai doyvoiov eingedrungen, so dass wir hier sechs Produkte aufgezählt
finden. Eine Aufzählung von fünf Produkten, also hinsichtlich der Zahl
Übereinstimmung mit dem Hebriier haben wir nur bei den Handschriften A
und 247, und zwar nur an der 1. Kénigestelle, wo diese beiden lesen
zorotov xal Agyvotovr xal ddorvtmy Èhepartirow za adizor xa tamov.
1; Strabo III 2. 14.
2) Nach Strabo IH 2. 10.
o) PRE. Bd. 17 S. 572.
Ein zweites Goldland Salomos. 5
Während in der Chronik die Handschriften 19. 93. 108. 158 DIN noch
als Affen deuten (also noch im 4. Jahrhundert nach Christus herrscht diese
Deutung!) finden wir beim Griechen nur mn den Handschriften A und 247
in 1. Kg. das hebräische Dan mit „Pfauen“ wiedergegeben! Dieselbe
Auffassung wie A 247 in 1. Kg. vertritt die Vulgata, indem sie 1. Kg.:
aurum et argentum et dentes elephantorum et simias et pavos und
Chr.: aurum et argentum et ebur et simias et pavos gibt. Dagegen geht
Josephus, der wie ich 1. Kg. 9% und 10, auf verschiedene Fahrten be-
zieht und der 1. Kg. 10,, auf dem tarsischen Meere stattfinden lässt, seine
eigenen Wege, indem er von dieser Tharschischfahrt: Gold, Silber, viel
Elfenbein, Äthiopier und Affen heimgebracht werden lässt. Diese merk-
würdige Übersetzung des Josephus zeigt uns, dass zu seiner Zeit für
EN noch nicht die Deutung „Pfauen“ bestand. Er las vielmehr D"2E
(vgl. 2. Chr. 12,3) = Athiopier und lässt also von dieser Handelsfahrt dem
Salomo Sklaven mitgebracht werden, gerade so wie zur selben Zeit Plinius
eine Aufzählung der Handelsartikel Thulas (in Ostafrika) mit „Affen und
Sklaven“ schliesst. Sachlich wäre gegen eine solche Deutung nichts
anzuführen, denn die Phönizier führten jaim Altertum den ausgedehntesten
Sklavenhandel, und schon die Ägypter haben von ihren Fahrten nach
Punt Zwerge als Sklaven mitgebracht. Ob aber diese Deutung sprach-
lich haltbar ist, wird das folgende zeigen. Soviel haben wir bisher fest-
gestellt, dass die lucianischen Handschriften in der Chronikastelle den
vierten Importartikel kofim mit zudıjzwv, den fünften tukkijim mit
opıyy@av wiedergeben, beides also als „Affen“ deuten, während die ursprüng-
liche LXX kofim und tukkijim durch den einen Sammelausdruck udnzwr
wiedergegeben hat?).
Über das dritte Produkt unserer Handelsfahrt herrscht bis heute
Übereinstimmung. Unter Grp versteht man allgemein „Elfenbein“,
trotzdem letzteres in der Regel durch }% allein, so in unserem Kapitel 10,,,
oder durch me Pm, Ezechiel 27,, wiedergegeben wird. Nun hat man aber
gerade aus dem Vorkommen dieses Wortes D°33¥ an unserer Stelle weit-
tragende Folgerungen gezogen. Man hat in den letzten Silben dieses
Wortes DS das Sanskritwort ibha finden wollen, das Elefant bedeutet
und daraus geschlossen, dass die Fahrt 1. Kg. 10,, nach Indien gegangen
1) Peters, Ophir 1908, S. 19.
2) Der ursprüngliche griechische Übersetzer der Chr. gibt häufig einen kürzeren
Text als der Hebräer, indem er Unverständliches auslässt I 15, II 20,,, bei Auf-
zählungen zusammenzieht I 16, oder ganz allgemein übersetzt II 13,,. Dagegen hält
Lucian, der Revisor der griechischen Bibel im 4. Jahrhundert n. Chr., wie an unserer
Stelle so auch sonst es für nötig, auch das zweite hebräische Wort noch besonders
wiederzugeben. Vergleiche für diese Eigentümlichkeit Lucians die sachlich gerade mit.
der in diesem Kapitel geführten Untersuchung in Berührung stehenden Ezechielstellen:
27,, karnoth schen vhobnim: vor odovras kep. + xéoara xai 22, 23. 48.51. 251.
27,, vrikmah ubuz: zoixılnara (+ soi Biooor 22. 36. 48. 51. 251) èx Oanarıs.
28,, tharschisch: vor ardoaza + xai Taxırdov 22. 23. 36. 42. 48. 51 231.
Durch diese beiderseitigen Eigentümlichkeiten der verschiedenen Übersetzer er-
klären sich in der Chronikastelle die verschiedenen Übertragungen von kofim und
tukkijim.
6 Dahse:
sein müsse, wofür auch die als „Pfauen“ verstandenen Dän sprachen.
Andere Sanskritforscher aber, wie z. B. Lassen, haben sich gegen den
Zusammenhang von ibha und D'27% erklärt. Was aber die Pfauen, „das
einzig sichere indische Produkt“, anlangt, so haben wir oben gesehen,
dass noch nicht einmal Josephus sie als Produkt unserer Handelsfahrt
kennt. Wegen dieser Unsicherheit können sie nicht als Beweis für Indien
herangezogen werden. Und noch weniger beweist das Elfenbein etwas
für dieses Ziel unserer Fahrt. Denn Elefanten werden schon von Hero-
dot 4,9, unter der Fauna Libyens aufgezählt, noch heute ist gerade das
Elfenbein Afrikas besonders hochgeschätzt, und es erstreckt sich das Ge-
biet des afrikanischen Elefanten heutzutage etwa bis zum 15° nordwärts.
Elfenbein könnte also ebensogut aus Afrika wie aus Indien gekommen
sein. Aber nun ist es überhaupt fraglich, ob in unserm Texte ursprüng-
lich ein Ausdruck für Elfenbein stand. Josephus muss statt DATE‘
etwa 737 jw gelesen haben, zu seiner Zeit war also die Lesart D377
noch unsicher. Zur Erklärung unserer Stelle hat man nuv ja Ezech. 27 ,;
herangezogen, wo als Produkte der fernen Länder DSM je MP auf-
gezählt werden. Aber wenn an dieser Stelle 0°33" nach dem Agyptischen
für Ebenholz erklärt wird, und man darnach auch an unserer Stelle
22271 jw „Elfenbein und Ebenholz“ zu lesen vorgeschlagen hat, so
scheint mir dies doch unsicher zu sein und vor allem spricht LXX so-
wohl Ezech. 27,5 wie an unserer Stelle gegen diese Deutung. Denn dort
zieht sie mit Recht 033m) zum letzten Teile des Satzes und übersetzt
es tois eisayouevors (Ayreöidovs Tote wiodovs cov), und an unserer Stelle
redet sie in 1. Kg. von Steinen und nicht von Holz. Als LXX-Lesart
haben wir ja für 1. Kg. 10,, festgestellt: Aidoı ropevtot (Tovrevroi) xai
aghexntoi (Aneltxıyroı). Es fragt sich nun, ob sich für diese griechische
Übersetzung nicht eine Emendation des jetzt verderbten hebräischen Textes
finden lässt. Da möchte ich vorschlagen statt:
Dam DEN DM
DDN O°) ONIN
Denn Ado führt auf DƏN, und bunte Steine von Tharschisch sind ja
hochberühmt. Bei rooevroi (ursprünglich durchbohrt) fällt einem die Stelle
Ezech. 28,, ein, wo 0°39) als „durchbohrte Arbeit“ gedeutet wird. Und
ebendieselbe Stelle wirft auch ein Licht auf das Dan d. h. DSA ein-
gefasste Arbeit, woran LXX mit ihrem zeiexıyroi zu denken scheint. Wie
kommt dann aber das }%” in unseren Text hinein? Da führen uns die
bunten Steine von Tharschisch weiter. Welche Farbe hat der schon oben
erwähnte Tharschischstein gehabt? Da sehen wir zunächst, wie die Über-
lieferung in der Wiedergabe des hebräischen Wortes WEN schwankt.
Abgesehen von den Stellen Kz. 1,,, Cant. 514, Daniel (Theod.) 10,1), wo wir
daooeis beim Griechen haben, finden wir in den griechischen Übersetzungen
drei verschiedene Bezeichnungen für diesen Edelstein zorodiWos Ex. 28 a,
39 5 Ez. Let Au. 3 und Dan. 10¢(Aq.), feiere Ex. 2829, Armenier, ebenso 39,5,
La 1yg (Sym.) 28,,, Lucian, ardoas ka 109, 2843.
1) Daniel (urspr. LAN) 10, dasasan:.
zu lesen:
Ein zweites Goldland Salomos. ri
Was nun zunächst die letztgenannte Stelle anlangt, so darf auf die
dortige Übertragung ävðoaë nicht zuviel Wert gelegt werden. Denn
Ez 28,, finden sich für die an dieser Stelle im Hebräischen aufgeführten
9 Edelsteine 12 Bezeichnungen, und zwar dieselben, die an den beiden
Exodusstellen für die dort beim Hebräer und beim Griechen genannten
12 Edelsteine gebraucht sind!). ğvðoa ist im Ex. = 9B), dagegen wie
wir sahen Ez. = GG. Daran kann ja nun nicht gezweifelt werden,
dass mit ärdoaS ein roter Edelstein gemeint ist: Rubin, Karfunkel oder
edler Granat?). Auch der als zweite Übertragung in Betracht kommende
Hyazinth-Zirkon ist in der Regel von gelblicher oder rötlicher (allerdings
auch brauner oder grüner) Farbe. Chrysolith aber, nach dem heutigen
Sprachgebrauch ein pistaciengrüner Stein, wurde nach Plinius im Alter-
tum in Spanien gefunden, und zwar von goldgelber Farbe®). Nach all
diesem dürfte unter WWAN ein gelber oder roter Edelstein zu verstehen
sein. Ich mache beiläufig darauf aufmerksam, dass sich in dem „Mineral-
reich in Bildern“ von Kurr auf Tafel III (Quarz) ein schöner gelbroter
Eisenkiese]l aus Spanien abgebildet findet, ohne damit sagen zu wollen,
dass der Tharschisch gerade ein solcher gewesen sei. Nun hat aber LXX
1. Kg. 10,, den Plural Aal togevtoi xal neiexnroi. Ausser den speziellen
Tharschischsteinen werden also noch andere von dorther gekommen sein
Welche könnten da in Betracht kommen? Da lesen wir Ez. 27,, im
Hebräischen bnaphek argaman vrikma wofür der Grieche hat ovdxtny xai
zorxiluara èx Oaooeis. Die beiden letzten Worte 2x Oagoeis stehen im
Griechischen für das im Hebräischen auf das vrikma folgende ubuz; LXX
hat also an Stelle des den Zusammenhang störenden Byssos, einen Länder-
namen gelesen, den sie mit ©aooeis in Verbindung bringt. Als Produkte
kommen dorther oraxın xai noıxiluara. Nun geben uns die Handschriften
XII 23. 62. 88. 147 die Auskunft, dass oraxınv für evapex steht. Kautzsch
übersetzt nur naphek argaman mit ,karfunkelroten Purpur“. Das führt uns
darauf, dass mit oraxın» ein roter Farbstoff, und zwar ein rotes Harz ge-
meint sein kann. Nun brachten aber die Phönizier von ihren Handels-
fahrten sowohl nach dem Osten (Sokotra) wie nach dem Westen das
„Drachenblut“ mit, das Harz des Drachenblutbaumes (Daemonorops Draco
oder Dracaena Draco), das bereits von Theophrast, Plinius und Diosco-
rides genannt wird. Ausser dem rötlich-gelben Tharschischstein brachten
die Tharschischfahrer also noch rotes Harz mit heim‘). Was endlich nun
noch den Ausdruck rikma Ez. 27,, aulangt, LXX zomiiuara, so können
an unserer Stelle darunter doch unmöglich bunte Gewänder verstanden
werden. rikma sind auch bunte Steine (1. Chr. 29,, wo LXX ausdrück-
lich übertragen Aidoı noixıloı). Da dürfen wir nun auch nicht vergessen,
1) Und zwar beim Griechen Ez. in derselben Reihenfolge wie Ex., während
beim Hebräer Ez. nicht bloss die Zahl, sondern auch die Anordnung eine andere ist.
2) PRE V 8.157.
3) PRE. V 8. 158.
4) Dass rote und blaue Farbstoffe nach Phönizien aus dem Westen kommen,
zeigt Ez. 27.. Auch wird Jer. 10, in ein und demselben Verse vom Tharschisch-
stein, vom Golde aus Uphas und von aN) PDs gesprochen.
8 | Dahse:
dass noch heute, wie schon im Altertum (Plinius) aus Almaden in Spanien
die schönsten Zinnoberkristalle kommen, die bekanntlich von kirschroter
bis karmoisinroter Farbe sind. Auch die können unter den Aidoı aehexntot
(kristallisiert) mit verstanden worden sein. Wenn so aber drei Arten
zörxiAuara von roter Farbe aus Spanien mitgebracht wurden, dann nimmt
es uns kein Wunder, wenn durch einen Leser, der darum wusste, zu der
Stelle 1. Kg. 10,,, als deren ursprünglichen Wortlaut wir Drëpp 0°35) DSN
angenommen haben, der erklärende Zusatz rap = rote zuerst an den Rand
und später in den Text kam. Als man dies dann später nicht mehr ver-
stand, hat man das JW auf Elfenbein gedeutet, das ja im selben Kapitel
1. Kg. 10,, vorkam. Wie unter den Aiödoı nelexnroi Kristalle verstanden
sein könnten, so unter den durchbohrten oder gravierten Steinen „Gemmen“.
Sind doch die alten Etrusker, deren Küste die Tharschischfahrer ohne
Zweifel berührt haben werden, wegen ihrer Gemmenschneidekunst all-
bekannt.
Es bleibt uns nun noch übrig, die Herkunft des Goldes von 1. Kg. 10.,
festzustellen. Da hat es nun im Altertum in Spanien Gold gegeben, wie
uns Strabo, Plinius, Pomponius Mela, Diodorus Siculus, Marcianus Hera-
cleota berichten!). Aber immer ist die Ausfuhr von Gold aus Iberien nur
geringfügig gewesen, und wie Plinius uns erzählt, haben z. B. auch die
Römer, als sie im Jahre 201 Hannibal besiegten, von den Karthagern,
denen Spanien gehörte, keinen Tribut in Gold, sondern in Silber ge-
fordert. Wenn wir nun eine Gegend finden, die reicher an Gold als
Tharschisch, und von Tharschisch aus in einem Sommer zu erreichen
war, wird von dorther das Gold der Tharschischfahrer stammen. Nun
gibt es an der westafrikanischen Küste zwei Goldgebiete, das eine, weniger
ergiebige, Senegambien mit seinen Hinterlandern Bambuk und Bure; das
andere die Goldküste samt den Aschantiländern. An der letzteren er-
strecken sich reiche goldführende Distrikte bis unmittelbar an die See;
dort hätten es also etwaige Expeditionen sehr einfach gehabt, ihr Gold
einzutauschen. Vielleicht lohnt es sich nachzuforschen, ob an dieser Gold-
küste irgendwelche Spuren darauf hindeuten, dass dort das Ziel der
_ Tharschischfahrer gewesen ist, das ihnen das ersehnte Gold bot.
Nun gibt es aber noch zwei Stellen im Alten Testament, die bisher
bei einer Untersuchung über Tharschisch wenig beachtet und die
doch gerade von besonderer Bedeutung sind. Jeremias 10, lesen wir näm-
lich von dem breitgehämmerten Silber, dass aus Tharschisch gebracht wird
und von dem Golde aus Uphas, und ebenso ist Daniel 10, von dem „feinen
Gold aus Uphas“ und 10, von dem Tharschischstein die Rede. Beide
Male ist Uphas und Tharschisch zusammen genannt, aber doch voneinander
unterschieden; ein Beweis dafür, dass Gold nicht aus Tharschisch, wohl
aber bei Gelegenheit der Tharschischfahrt mitgebracht wurde?). Wie
1) Oppert, Tharschisch und Ophir S. 8.
2) Infolge seiner falschen Auffassung des hebräischen Textes lässt der griechische
Übersetzer von Jeremias 10, von Tharschisch eine besondere Sorte Gold mitbringen
ato Mooeis Hse zovoiov Moral.
Ein zweites Goldfeld Salomos. 9
Fürst in seinem hebräischen Lexikon angibt, bedeutet nun aber IDR
soviel wie Goldküste. Denn W ist gleich aw: ` und 1 wechseln ja mit-
einander. Das bisher vergeblich gesuchte Land Uphas haben wir also in
der noch heute den Namen Goldküste führenden westafrikanischen Kolonie.
Dorther stammt, wie nun das folgende zeigen wird, auch das 1. Kg. 10,,
erwähnte Gold.
Kapitel 2.
Guinea als Goldland.
Guinea ist das Land, das durch nunmehr drei Jahrtausende als Gold-
land berühmt gewesen ist; haben wir doch für diese ganze Zeit die Zeug-
nisse der Schriftsteller dafür. Wenn Jeremias 10,, welche Stelle wahr-
scheinlich zur Zeit des Exils geschrieben ist, Tharschisch und Uphas, wie
wir sahen, zusammenstellt, so war in der Mitte des 6. vorchristlichen
Jahrhunderts Westafrikas Goldland in Westasien bekannt. Hundert Jahre
später um die Mitte des 5. Jahrhunderts erzählt uns Herodot von dem
stummen Goldhandel an der Westküste Afrikas 4,9. Dorthin ausserhalb
der Säulen des Herkules bringen die Karthager ihre Waren, legen sie an
der Küste nieder; ziehen sich auf ihre Schiffe zurück; unterdessen kommen
die Eingeborenen und legen Gold neben die Waren am Ufer nieder und
verschwinden. „Die Karthager aber gingen an das Land und sähen nach,
und wenn des Goldes genug wäre für die Waren, so nähmen sie es und
führen nach Hause: wäre es aber nicht genug, so gingen sie wieder an
Bord und warteten es ruhig ab. Dann kämen jene wieder und legten
noch immer etwas Gold zu, bis die Karthager zufrieden wären. Keiner
aber betrüge den andern.“ Ähnliches erlebte Apollonius von Thyana?)
im Jahre 70 p. Chr. an den Grenzen Ägyptens und Athiopiens; für die-
selbe Gegend bezeugt es Philostratus!) 200 p. Chr., für das Gebiet der
Sasu um 520 p. Chr. Kosmas Indicopleustes und im 15. Jahrhundert
Yacouti?) für das „Belad-at-Tibr“ und Cadamosto für den Goldhandel
von Melli. Nun soll freilich nach der Ansicht mancher Forscher (z. B.
Pietschmann) der von Herodot erwähnte stumme Handel noch inner-
halb des heutigen Marokko stattgefunden haben. Aber ausser dem
stummen Goldhandel berichtet uns der „Vater der Geschichte“ nun auch
noch von einer Insel Kúoavvıs 4,95, auf der von Mädchen aus dem Sumpfe
Gold gewonnen werde mit Federkielen, die mit Pech bestrichen wären.
Diese Insel kann aber nicht Cereina sein, sondern entweder das west-
afrikanische Aeovy oder die von Hanno am ‘Kozfoov Aégoas erwähnte
Insel. Auch Diodor 3;, kennt beim ‘Eoz£oov Kéoas die Aroavrıa don und
lässt in ihrer Nähe Hesperia, die Insel der Amazonen liegen, reich an
Früchten und Edelsteinen, und Aeschylos redet im Prometheus Avouevos
fr. II von dem beim Ocean liegenden, allnährenden See der Athiopen,
den er zaixox£oavvo»v nennt. Und wenn dann endlich noch Palaephatus
Incred. 33 die Krovaioı als oy0Ö0a yovoot bezeichnet, so steht nach alle-
1) Nouvean Journal Asiatique, Tom III S. 259.
2) Ebenda, S. 369.
10 Dahse:
diesem fest, dass man den Goldreichtum der westafrikanischen Küste auch
über Marokko hinaus im Altertum kannte. Wenn wir nun aber aus
jenen Zeiten nicht zahlreichere und genauere Nachrichten von einer Gold-
ausfuhr aus diesen Gegenden haben, so zeigt sich darin, wie erfolgreich
die Phönizier und Karthager in ihrem Bestreben gewesen sind, die Her-
kunft ihrer Handelsartikel möglichst zu verheimlichen. Ausdrücklich be-
richtet uns Strabo von solch einem Bestreben der alten Handelsleute,
wenn er sagt: „Die Punier allein machen diese Handelsfahrten von Gadir
aus, und verheimlichen allen die Fahrt.“ So nimmt es uns denn auclı
nicht wunder, wenn Ps. Skylax im 4. vorchristlichen Jahrhundert zahl-
reiche andere Handelsartikel, aber kein Gold in seinem Periplus dieser
Küste aufzählt. Er schreibt GGMI. S. 94 von dem Handel an der West-
küste Afrikas: „Sie verkaufen ihre Waren gegen Haute von Hirschen
und Löwen und Panthern und Elefanten, gegen Zähne und tägliche
Nahrung.“ — Die punischen Kaufleute bringen ihnen Salben, ägyptische
Steine, änoovs &aodxtovs?, attische Töpferwaren und Kannen, deren Muster
anı Kannenfest (in Athen) käuflich sind.“
Wenn Ptolemaeus dann im 2. nachchristlichen Jahrhundert an der
Westküste Afrikas die Hafenstädte Magnus portus und Periphosius portus
kennt, so muss auch ihm ein mit diesen Städten bestehender Seeverkehr
bekannt gewesen sein. Nach ihm hören wir aber nun für ein Jahrtausend
scheinbar nichts mehr von einem Seeverkehr mit unserer Gegend. Dafür
fliessen uns aber durch die Wüste Sahara reichliche Nachrichten über
mächtige und reiche Staaten zu, die sich südlich der Wüste befanden und
deren Goldreichtum das Gespräch der ganzen damals bekannten Welt
bildete, vor allem über das Reich von Ghana. Wie aber Leo Frobenius
auf seiner letzten Afrikareise festgestellt hat!), hat es schon vor dem
Reiche von Ghana im mittleren Westafrika ein Reich gegeben, von dem
eine Königsreihe von 74 Königen überliefert wird! Dessen Ursprung
ınuss also manche Jahrhunderte vor Christi Geburt gewesen sein. Denn
das auf jenes Reich folgende Königreich Ghana wurde in der oberen
Nigergegend ungefähr um 300 p. Chr. gegründet, und soll bis zur Ein-
führung des Islam 22 Herrscher gehabt haben. Wunderdinge werden von
dem König von Ghana berichtet. An seinem glänzenden Hofe schmückten
die Männer gleich den Frauen sich mit Hals- und Armbändern. Die
Sklaven trugen goldverzierte Degen und die Söhne der Edlen golddurch-
Hochtenes Haar. Ja, der König besass sogar nach Edrisi IT einen Gold-
block von 30 Ratl (= 75 Pfd.) aus einem einzigen Stück, der dann im
8. Jahrhundert von einem dortigen Prinzen veräussert worden ist. Im
Jahre 765°) wurde dann die noch heute blühende Stadt Djenni, die Stadt
der Goldschmiede, in der Nähe des Niger gegründet, dann das Reich
Ghana abgelöst von dem Reiche von Melli, von dessen Königen zehn
nacheinander die Pilgerfahrt nach Mekka machten, darunter Mensa Musa
1) ZE 1909 S. 102.
2) Barth gibt statt dessen 1045/44 an: IV N. 604.
Ein zweites Goldland Salomos. 11
1324 mit ungeheurem Gepränge!). Im Süden von diesen Reichen (dem
von Ghana und dem von Melli) kannte man nun damals das Land Wan-
sara, das bei den Arabern als Belad-at-Tebr gepriesen und hochberühmt
war wegen der grossen Mengen Goldes, die von dort kamen. Wie aber
Dupuis 1821 in Kumassi, der Hauptstadt Aschantis, mitgeteilt wurde,
gehörte gerade auch die Goldküste samt ihrem Hinterlande zu diesem
Wangara. Es mag noch erwähnt werden, dass auf der Katalanischen Erd-
karte von 1375 der Negerfürst Mussemelly abgebildet ist: Herr der Neger
von Guinea, der reichste und vornehmste Herr wegen der Menge Gold,
die man in seinem Lande sammelt.“ Auf derselben Karte ist auch ein
Tal Darha angegeben, „dadurch ziehen die Kaufleute, die nach dem
Lande der Neger von Guinea reisen“. Wenn so im letzten Viertel des
14. Jahrhunderts noch ein bekannter Karawanenhandel durch die Wüste
mit unserem Gebiete stattfand, so beginnt um dieselbe Zeit nun auch
wieder der Seeverkehr. Und zwar sind es die Franzosen, die bean-
spruchen, die ersten gewesen zu sein, die von Elmina an der Goldküste
Gold geholt haben. Es wird nämlich erzählt, dass die Normannen 1364?)
die Goldküste entdeckt haben und Barbot berichtet, dass 1383?) Kauf-
leute von Dieppe und Rouen bis Kommenda gekommen sein und ein
Fort zu Elmina gegründet haben sollen. Andere lassen 14134) ein nor-
mannisches Fort zu Elmina errichtet werden. Tatsache ist, dass in Elmina
um 1670 noch von einer französischen Bastion gesprochen wurde, dass
nach Aussage der Eingeborenen die Franzosen vor den Portugiesen dort
Handel getrieben und die Holländer, als sie Elmina in Besitz nahmen,
eine Jahreszahl 13.. gefunden haben sollen. Aus dem 15. Jahrhundert
wissen wir nun Genaueres über mehrere dorthin gegangene Expeditionen.
Zuerst, dass 1469 die Westküste Afrıkas bis hin nach Fernando Po von
dem Portugiesen Fernando Gomez befahren wurde. Als dessen Beauf-
tragte Joao de Santarem und Pedro de Escobar 1471 von ihrer Fahrt nach
S. Thome und Annoböm (entdeckt am 1. Januar 1471) zurückkehrten,
fanden sie einen ausgedehnten Goldhandel in Sama vor. Dieser Ort
Esiama ist aber ein Seehafen des an Gold reichen Gebietes von Wasa,
dessen Bewohner zuerst Gold entdeckt und einst über Aschanti geherrscht
haben sollen5). Wir haben in diesem Teile der Goldküste noch heute
Reste einer älteren Bevölkerung vor uns, die früher auch eine eigene
Sprache redeten. Dies ist insofern wichtig, als es beweist, dass nicht erst
von den Aschanti und Fanti, über deren Einwanderung hernach zu reden
sein wird, der Handel mit Gold begonnen wurde. — Dieser in Sama von
den Portugiesen entdeckte Goldhandel war die Veranlassung, dass König
Joao II. von Portugal 1481 Don Diego d’Azembuja mit 700 Mann nach
der Goldküste sandte. Als dieser zu dem Negerfürsten Karamansa, dem
König von Afutu, kam, wurden seine Erwartungen in betreff des dortigen
1) EMM. 1907 S. 120.
2) West African Yearbook 1902 S. 10,
3) CB. I S. 28.
4) WAY. 1902 S. 10.
5) Christaller II S. X.
12 Dahse:
Goldreichtums nicht getäuscht. Des Königs Arme und Beine waren mit
Goldplatten bedeckt, um seinen Hals hing eine goldene Kette und viele
Stränge Gold hingen von seinem Barte herab; ebenso war Haupthaar und
Bart der vornehmsten Schwarzen mit Gold geschmückt. Trotz des Wider-
spruchs von Karamansa baute d’Azembuja ein Fort St. Georg in „Oro de
la mina“, jetzt „Elmina“, in der Kingeborenensprache Odena genannt.
Von 1554 bis 1556 gingen dann die ersten englischen Expeditionen nach
unserer Küste. Auch sie wissen von dem grossen Goldreichtum dieser
Gegend zu erzählen. Von den Eingeborenen heisst es'): Many of them
especially their women are as it were laden with collars, bracelets, hoops
and chains either of gold, copper or ivory. Some also wear on their legs
great shackles of bright copper, which they think to be no less comely.
They likewise make use of collars, bracelets, garlands and girdles of
certain blue stones like beads. Some of their women wear on their bare
arms certain foresleeves, made of plates of beaten gold wire with a knot
or wreath like that which children make in rush rings. Es ist interessant,
diesen Bericht zu vergleichen mit dem, was 1902 über das Hinterland
der Elfenbeinküste?), das ja erst in jüngster Zeit den Europäern cr-
schlossen worden ist, berichtet wird: Throughout the land, there is not
a man, who does not wear certain golden jewels and on holidays the
women are literally covered with gold and certain chiefs wear collars
made entirely of very weighty nuggets. Of these latter one seeing
officers wear decorations got the idea into his head of wearing some
nuggets on his chest, weighing up to 6 ounces in the same way as deco-
rations are worn! Aus jenen Nachrichten von 1481 und 1554/56 geht nun
aber hervor, dass damals hier nicht nur Gold gewonnen wurde, sondern
dass auch die Goldschmiedekunst schon vor Ankunft der Europäer an
unserer Küste bekannt war. Besonders wird die feine Filigranarbeit
unserer Neger und das golddurchwirkte Zeug gerühmt?®). „Die Einwohner
von Wanki (zwischen Denkera und Aschanti) nämlich, so heisst es, wissen
die Kunst, feine Zeuge mit Gold zu wirken, welches sie dem Volke von
Akanni (Akem) verkaufen, das solche den Arabern, die dicht an dem
Niger wohnen oder auch den Leuten von Gago gegen Norden weiter ver-
kaufet.“
Es können hier nun nicht alle Arten von Goldschmuck, die dort her-
gestellt wurden und werden, einzeln aufgezählt werden. Unter den
Sachen, die die Eingeborenen für den einheimischen Gebrauch machen,
seien erwähnt vor allem die schweren Brust- und Kopfplatten von Fili-
granarbeit, einzeln bis 50 Lstrl. an Wert, die Darstellungen aller Arten
von Tieren, besonders als eins der am häufigsten vorkommenden ein-
heimischen Muster?) a snakes head and coil, und die verschiedensten Hals-,
Arm- und Beinringe. Dann die reich mit Gold versehenen ahenne°):
1) Ellis, History S. 2%.
2) West African Yearbook 1902 S., 162.
3) Allg. Hist. IV S. 107.
4) Connolly 8.149.
5) Christaller I S. 174.
Ein zweites Goldland Salomos. 13
d. h. the insignia of the king or chief consisting in the chair, the sword
and the ornaments (trinkets of gold and corals), ferner die weiteren Em-
bleme der Herrscher und Staaten: Goldene Schirme, Sonnen und Miitzen,
Musikinstrumente, Waffen und Jagdgeräte aller Art, auch silberne Pfeifen
mit Tonköpfen, die sehr an ägyptische Muster erinnern‘). Endlich für
den Fetischdienst bestimmte Gegenstände, vor allem die Fetischschwerter,
die man überall auch im Hinterlande unserer Togokolonie auf den Fetisch-
altären und in den Fetischhütten findet. Unter den Sachen, die an die
Europäer verkauft werden, waren zu Bosmans Zeit besonders die
goldenen und silbernen Hutschnüre berühmt wegen solch feiner Aus-
führung dat de Goud Smits. in Europa het beswaarlijk zouden namaken?).
Heutzutage sind es vor allem alle mögliche Arten Ringe, Kreuze.
Broschen, Ohrringe, Ketten (siehe .Abb. A und C), besonders auffallend
das Blumenkorbmuster und die grossen Flügeldecken eines Käfers in
Gold gefasst als Broschen, endlich die bekannten Zodiakusringe, deren
einzelne Sternbilderzeichen einzeln gearbeitet und auf den Goldreif auf-
gelötet werden. Als Sitze der Goldschmiede sind besonders berühmt
Akkra und Cape Coast, ferner Porto Seguro und in älterer Zeit auch
Elmina und Barrako3). Doch fehlt es wohl in keiner der goldführenden
Gegenden an Goldschmieden. In Tarkwa, inmitten von Wasa, hatten An-
fang der achtziger Jahre des vorigen Jahrhunderts solche an ver-
schiedenen Strassenecken ihren Sitz aufgeschlagen und anscheinend fort-
während zu tun‘).
Wenn nun Allg. Hist. IV S. 146 gesagt wird, dass die Schwarzen die
(toldschmiedekunst von den Franzosen, Portugiesen und Holländern ge-
lernt hätten, so haben wir schon gesehen, dass diese Schmiedekunst schon
vor der Europäer Zeit hier gebräuchlich war, was natürlich nicht aus-
schliesst, dass infolge der vielen europäischen Niederlassungen europäische
Einflüsse und Anregungen auch auf die einheimische Goldschmiedekunst
eingewirkt haben werden. Ist doch der Neger nach Kemp®) imstande,
exakte Kopien auch der feinsten europäischen Schmucksachen zu machen.
Dagegen ist schon 1874 von Wolsely und besonders 1900 von de la
Fosse darauf aufmerksam gemacht worden, dass viele an der Goldküste
jetzt einheimische Schmucksachen eine auffallende Ähnlichkeit mit .alt-
ägyptischem Schmucke haben. Gerade dadurch unterscheidet die Gold-
schmiedekunst unseres Gebietes sich von der Senegambiens, denn ähnlich
wie von der Goldküste wird auch aus Senegambien berichtet, dass unter
den dortigen Schmieden sehr geschicke Goldarbeiter sich befinden, die
mit sehr primitiven Werkzeugen Erzeugnisse von gutem Geschmack her-
zustellen wissen: Ringe, Schmetterlinge, Kreuze, Sterne, eingefasste Käfer-
1) „Vier Jahre in Asante“ von Gundert (Ramseyer und Kiihne’s Tagebücher)
S. 271.
2) Bosman, Beschreibung von Guinea I S. 125.
3) Allg. Hist. IV S. 44, 88.
4) Paul Dahse in DGBl. 1882 S. 89.
2) Nine Years at the G. C. S. 56.
14 Dahse:
decken, Ohrringe, Amulette und dergleichen. Hewett!) vergleicht ihre
Arbeit mit der berühmten Malteserarbeit und berichtet, dass die Joloffen
ihre Hauptweiber mit selbstverfertigten Schmucksachen überhäufen und
ER 10
Abb. A. 1 und 2 westafrikanische Holzstempel, Schlangenmotiv. 3 und 4 Gold-
broschen von der Goldküste, Negerarbeit. 5 MIZPAH-Ring unbekannter Herkunft.
6 MIZPAH-Ring aus Gold von der Goldkiste, (siehe Kap. 9 am Schluss). 7 und 8
goldene Ringe von der Goldküste, Negerarbeit. 9, 10, 11 Rückseite der Goldgewichte
Abb, CG Nr. 8, 6, 10.
dass sie ihre Gold- und Silber-Bijouterien oder reines Gold gegen Leder-
sachen der Mandingos verhandeln. Davon aber, dass die Goldindustrie
Senegambiens ägyptischen Mustern folge, ist bisher nichts bekannt ge-
Ein zweites Goldland Salomos. 15
worden. Doch finden sich auch bei ihnen die eben genannten Zodiakus-
ringe; nach dem Daheim 1909 Nr. 51 S. 32 konnte man auf der „Ila“ in
Frankfurt senegalesische Goldschmiede an der Arbeit dieser Ringe sehen;
über die Herkunft dieses Musters hernach. — An besonders interessanten
Einzelheiten der Goldschmiedekunst der Goldküste und ihres Hinterlandes
seien noch erwähnt: der Fussstuhl des Königs von Gyaman (Hauptstadt
Bontuku) mit einem Gewicht von 32 lbs.1), getragen auf den Schultern
zweier Männer, und desselben Königs Bett mit massiv goldenen Füssen?);
ferner die Symbole der Macht von Aschanti: die goldenen Äxte, der
goldene Stuhl und die Staatsschirme. Eine goldene Axt wurde beim
Friedensschlusse 1881 freiwillig den Engländern ausgeliefert?), während
zu Anfang desselben Jahres noch Aschantis Gesandte an den englischen
Gouverneur eine goldene Axt mit sich als Zeichen der Drohung geführt
hatten‘). Die 1900 verlangte Auslieferung des „goldenen Stuhles“5), der
während des Aschantikrieges von 1896 vergraben worden sein sollte,
führte zum letzten Aschantiaufstand. Von diesem Throne sagt Ramseyer®),
er sei ein wohl 400 Jahre alter Landesstuhl, mit Golddraht und -platten
so ausgebessert, dass man das Holz kaum sähe. Der grosse Staatsschirm,
Boamong = Schläger der Völker, war zu Ramseyer und Kühnes Zeit von
rotem und schwarzem Samt mit Goldlöwen auf der Spitze; er befindet
sich seit 1873 ım Kensington Museum. Von anderen solchen Staats-
schirmen berichtet uns Bowdich, der 1817 Kumassi besuchte; der
Aschantikönig sass wenigstens unter 100 Sonnenschirmen, wenn er Audienz
erteilte. Sie waren aus scharlachroten, gelben und den hellsten seidenen
Zeugen verfertigt und auf der Spitze mit Halbmonden, Pelikanen,
Elefanten, Fässern, Schwertern usf. von Gold geschmückt. Einige wenige
waren mit Leopardenhäuten überzogen und mit ausgestopften Tieren be-
setzt”). Wir haben den Sonnenschirm als Attribut königlicher Macht nun
aber nicht nur in Aschanti, sondern auch in anderen Königreichen unserer
Küste. In der Beschreibung der Krönung des Königs von Whyda®) ist
von solch einem reich geschmückten Sonnenschirm die Rede, „von dem
reichsten goldenen Stücke, die unterste Seite ist mit Gold eingefasst und
der Saum mit goldenen Franzen und Schnüren umgeben. Oben steht ein
Helm aus vergoldetem Holze in Lebensgrösse. Die Schirmstange ist
sechs Fuss hoch und vergoldet. Der Bediente dreht den Schirm ständig
zur Kühlung.“ Und beim 50 jährigen Jubelfest der Norddeutschen Mission
in Ho wird vom König von Gbedz gbe berichtet, dass neben ihm der
grosse Königsschirm aufgespannt war und dahinter sein Häuptlingsstab
sich befand. „Ausserdem sah man dort 15 grosse aufgespannte Königs-
1) African Times 1882 1. August.
2) CB. II S. 350.
3) Paul Dahse a. a. O. S. 98.
4) WAY. 1902 S. 5.
5) M. Schanz, Westafrika, S. 210.
6) „Vier Jahre in Asanti“, S. 99.
T) „Das Wissen“ 1910 S. 164.
8) „Sklavenküste“, Hirschberg 1798 S. 108.
16 Dahse:
schirme, die fast alle oben an den Spitzen Gestalten trugen, meistens aus
Holz geschnitzte Figuren: der eine trug einen Schiitzen im Anschlag, ein
anderer einen Leopard. Der Königsschirm von Amedschove trägt die
recht sinnigen Gestalten von Arbeitern auf dem Felde. Auf einem be-
merkte ich sogar einen Götzen.“!) Wie in dieser Beschreibung der
Häuptlingsstab von Gbedz gbe erwähnt wird, so ist noch ein Symbol der
Machthaber von der Goldküste der Erwähnung wert, nämlich der elfen-
beinerne goldbesetzte Stab von Elmina, der 1872 von dem letzten nieder-
ländischen Gouverneur an die Briten überreicht wurde, nachdem er schon
durch die Hände von 100 aufeinander folgenden Machthabern gegangen
war?). Häufig winden sich um solch einen Herrscherstab an unserer
Küste die sich kreuzenden Doppelschlangen.
Nach diesen Ausführungen über den Goldreichtum ist es ver-
ständlich, dass die Goldküste nach und nach von sämtlichen seefahrenden
Nationen aufgesucht und besetzt worden ist. Wie schon erwähnt,
wurde das erste portugiesische Fort 1481 zu Elmina errichtet, da
desem Volke durch die Demarkationslinie Papst Alexanders VI. die
neuen Entdeckungen in Afrika zugesprochen worden waren, und auch
an anderen Stellen setzten sich die Portugiesen fest und bauten eine
ganze Anzalıl Forts. Als aber Portugal 1581 bis 1640 spanische Provinz
war, wurden die portugiesischen Forts der Goldküste von den Holländern,
die sich ja von Spanien befreit hatten, als Feindesland angegriffen. 163%
kam Moritz von Nassau mit einer Flotte von Brasilien und vertrieb die
Portugiesen aus Elmina; 1642 fiel auch das Fort von Axim und damit die
letzte portugiesische Besitzung in die Hände der Holländer, die dadurch
in den Besitz einer Herrschaft gelangten, die sie mit grösster Rigorosität
zugunsten ihres Handelsmonopols ausgeübt haben. Während sich dies
vor allem im westlichen Teile der Goldküste abspielte, setzen sich im
östlichen Teile nahe bei Akkra in Christiansborg 1660 die Dänen fest,
die bis 1850 dort blieben und dann ihre Besitzungen an die Engländer
verkauften. Zwischen beiden liess 1682/85 der Grosse Kurfürst von
Brandenburg seine Forts ,,Gross-Friedrichsburg und Dorothea, Akkada
und Takkarary‘“ gründen, die aber schon 1720 an die Holländer über-
gingen. Die Engländer setzten sich nach verschiedenen kleineren Unter-
nehmungen vor allem von 1618 an an der Goldküste fest, gründeten dort
1624 Cormantine, kämpften 1665—67 mit den Holländern, denen sie 1667
Cape Coast nahmen. Jahrhunderte lang dauerte dann die Rivalitiit
zwischen beiden Nationen, 1867 wurde noch einmal ein Vertrag ge-
schlossen, durch den der Sweet River den englischen östlichen Teil der
Goldküste von dem westlichen holländischen Teile scheiden sollte, aber
schon 1871 gingen die letzten holländischen Besitzungen an die Engländer
über. Auch die Franzosen hatten einige Niederlassungen, vor allem im
westlichen Teile der Goldküste, um ihren seit 1560 begonnenen (bzw.
wiederbegonnenen) Handel zu schützen, sogar Schweden besetzte 1652
1) Monatsblatt der NMG. 1895 S. 12.
2) „Vier Jahre in Asanti“ S. 281.
Ein zweites Goldland Salomos. 17
bei Cape Coast den Carolusberg. Im ganzen belief sich die Zahl der
europäischen Forts an der Goldküste im 17. Jahrhundert auf etwa 2811.
Einige wenige derselben befanden sich auch im Innern des Landes, wie
das holländische Fort Ruyghaver, ein paar Tagereisen den Ankobrafluss
aufwärts, von dessen Besatzung noch heute an der Küste die Erzählung
umläuft, dass sie, als ihr die Bleikugeln ausgegangen, mit goldenen
Kugeln auf die Feinde geschossen haben sollen. Es war aber nicht
allein das Gold, dass die Weissen dorthin zog: Huc naves auro ferrum
ut magnete trahuntur (Medaille des Grossen Kurfürsten?), und auch nicht
bloss Elfenbein und Pfeffer, sondern vor allem der Sklavenhandel, den
die Portugiesen seit 1441 aus Afrika begonnen hatten. Von den Eng-
landern war Sir John Hawkins 1562 der erste?), der aus Westafrika
Sklaven ausfihrte. Auch Kurbrandenburg hielt sich nicht frei von jenem
Handel. In dem Oktroi für die brandenburgisch-afrikanische Kompagnie
vom Mai 1682 heisst es, dass es der Kompagnie erlaubt sei, ,,an der
afrikanischen Küste mit Pfeffer, Elefantenzähnen, Gold, Schlaven oder
was sonst daselbst zu negotiiren oder zu handeln verfallen möchte, ihre
Kommercien und freies Gewerbe zu treiben.“*%) Ja der Sklavenhandel
war sogar die Hauptsache: Ohne den Sklavenhandel auf Amerika kann
die Kompagnie nicht emergieren, schreibt Raule*). Und Friedrich
Wilhelm klagt, dass ein jeder der aus Guineagold geprägten afrikanischen
Schiffsdukaten ihm zwei gekostet habe. So überwog lange Zeit der
Sklavenhandel den Goldhandel. Trotzdem ist auch in jenen Zeiten die
Goldküste ein goldausführendes Land gewesen, ja eine zeitlang waren
viele der in Spanien und Portugal umlaufenden Münzen aus Guineagolde
geprägt. Während die erste englische Expedition 150 lbs davon mit heim-
gebracht®), exportierte Elmina allein am Anfang des 17. Jahrhunderts
3000 000 Z, 1816 war der Export auf 400 000 ! zurückgegangen und betrug
1866 sogar nur 120333 77). Von 1877 an begann man aber dort mit
europäisch eingerichteten Bergwerken; während des Transvaalkrieges be-
gaben sich dann viele Ingenieure von Südafrika nach unserer Küste.
Seitdem besteht dort ein regelrechter Goldbergwerksbetrieb.
Kapitel 3.
Die Staaten der Westküste.
Wir sahen im vorigen Kapitel, dass die Goldküste Westafrikas ein
uraltes Goldland ist. Da wird es interessant sein, zu untersuchen, welche
Geschichte dieses Land denn hinter sich hat, vor allem, was die eigenen
Bewohner des Landes über dessen Vergangenheit auszusagen wissen. Das
1) Siehe eine Liste bei Reindorf History of the Gold Coast S. 15 £.
2) „Das Wissen“ 1910 S. 120.
5) WAY. 1902 S. 2.
4) „Das Wissen“ 1910 S. 120.
5) A. a O. S. 132.
6) WAY. 1902 S. 2.
7) CB. UI S. 352/53.
Zeitschrift für Ethnologie. Jahrg. 1911. Heft 1.
to
18 Dahse:
Gebiet, das uns hier interessiert, zieht sich von den Bissagos-Inseln bis
zum Niger hin, es ist im wesentlichen das Gebiet der ehemaligen drei
Negerstaaten Aschanti, Dahome und Benin. Alle drei sind um die Wende
des letzten Jahrhunderts ihrer Selbständigkeit verlustig gegangen. In die
Hauptstadt Benins zogen 1897 die Engländer ein, die Franzosen haben
1893 das Reich Dahome vernichtet und sein letzter König ist in Algier
in der Verbannung gestorben, und Aschantis Hauptstadt Kumassi wurde
1900 nach einem letzten Aufstande der Eingeborenen endgültig von den
Engländern eingenommen und damit die Goldküste gegen unliebsame
Überraschungen aus dem Innern gesichert. Wie jene Staaten ungefähr
gleichzeitig untergegangen, so sind zwei von ihnen, nämlich Aschanti und
Dahome, auch ungefähr zu gleicher Zeit gegründet. Über diese beiden
Reiche findet sich nämlich in Barths geschichtlicher Tabelle!) die An-
gabe, dass um 1600 die Königreiche Assianti und Dahome anfangen,
mächtig zu werden. Besonders berühmte Könige waren Osai Tutu von
Aschanti 1700—1720, der das Joch des Königs von Denkera abschüttelte
und 1719 auch die dem Herrscher von Denkera gelieferten holländischen
Kanonen erbeutete, und Trudo von Dahome, ebenfalls am Anfange des
18. Jahrhunderts. Nun lässt sich aber ein Reich Dahome noch weiter
zurück verfolgen. Auf Karten des 15. Jahrhunderts finden wir nämlich
„Dauma“ verzeichnet, und auf solch ein älteres Reich Dahome weist die
Tradition hin, die Mary Kingsley erzählt, dass vor der Ankunft der
Weissen im 15. Jahrhundert ein Kampf zwischen Dahome und Benin
„seinem Vetter‘ stattgefunden habe, der für den letzteren schlecht ab-
gelaufen sei. Damals müsse Dahome sich von der Oberherrschaft Benins
befreit haben?). Vorher war’s in diesem Teil Westafrikas eine Friedens-
zeit und eine Erinnerung an solch eine goldene Zeit, die endete, als die
Europäer kamen, lebt noch heute nach Bastian?) in den Sagen Benins,
in Ardras Liedern, fort. Das war die Zeit, in der nach einstimmiger
Tradition das Reich von Benin, das älteste jener drei Reiche unseres Ge-
bietes, einen viel weiteren Umfang hatte als das kleine von den Eng-
ländern zerstörte Reich desselben Namens. Wie der Däne Römer 1760
berichtet®), soll auch die Goldküste einst ein Teil der westlichen Hälfte
des Kaiserreichs Benin gewesen sein und dieses Reich soll sich nach
Westen bis zum Gambia, ostwärts aber noch doppelt soweit als nach
Westen erstreckt haben. Da andere Traditionen, wie wir hernach sehen
werden, hierzu stimmen, so müssen wir annehmen, dass einst an der West-
küste Afrikas ein grosses mächtiges Reich bestanden hat, das noch mehr
umfasst hat, als das Gebiet der späteren drei Staaten: Aschanti, Dahome
und Benin. Es fragt sich nun, wie sich dieses Reich zu den anderen
grossen Staaten im Innern Westafrikas verhalten hat. Da hat es nun
ausser den schon erwähnten Reichen von Ghana und Melli noch zwei
1) IV. S. 664.
2) West African Studies S. 144.
3) Ethnol. in ihren geogr. Gesichtspunkten S. 65, 66,
4) Reindorf S.3.
Ein zweites Goldland Salomos. 19
Staaten im Innern Westafrikas gegeben, deren Einflüsse sich geltend
gemacht haben könnten. Nach Barth!) wurde nämlich bei Beginn des
7. Jahrhunderts am Niger das Reich Songhai gegründet von einer
Herrscherfamilie della stirpe di Libya, die von Osten gekommen ‘und in
ihren verschiedenen Zweigen bis 1492 dieses Reich regiert hat, in welchem
Jahre Askia?) als erster Einheimischer den Thron von Songhai bestieg
und das Reich zu höchster Blüte brachte. Dieses Reich von Songhai hat
aber in politischen und kommerziellen Beziehungen zum Süden gestanden.
Denn die Landschaft Gurma zwischen dem Beninreiche und dem Niger
im Norden ist von Songhai aus kolonisiert’). Wir hören von Kriegs-
zügen der Songhaiherrscher nach Gurma‘). Handelswege führten von
der alten Hauptstadt Songhais, von Kukia, durch Gurma bis nach San-
sanne Mangu im Hinterlande Togos5). Und umgekehrt erfahren wir von
Beziehungen der Küste Westafrikas zu diesem Reiche. Da heisst es von
Dahome, es habe Tribut bezahlt an das grosse Kaiserreich Zogho
(= Songhai®); nördlich von Dahome und Aschanti’) habe es kein anderes
mächtiges Reich gegeben, denn das der Ayos (der Leute von Zogho);
die Urheimat der Ewevölker wird nach einheimischer Tradition in irgend
eine Beziehung zu Ayo gesetzt®). Von Elmina an der Goldküste sandten
die Portugiesen 1534 eine Gesandtschaft nach Songhai?) mit reichen Ge-
schenken, darunter auch portugiesischen gottesdienstlichen Gegenständen,
die später von den Marokkanern bei der Eroberung von Gagho, der
zweiten Hauptstadt Songhais, und der Zerstörung dieses Reiches 1694
unter der Beute gefunden wurden. Bis nach Gagho kamen auch, wie schon er-
wähnt, durch den Handelsverkehr die golddurchwirkten Zeuge der Wanki.
Aus all diesen Nachrichten geht das hervor, dass Songhai auf die Küsten-
reiche Westafrikas mannigfach eingewirkt haben muss; dass Dahome
zeitweilig davon abhängig und Aschanti zu ihm in Beziehungen gestanden
hat. Davon aber, dass Benin von dem Songhaireich in irgend einer Ab-
hängigkeit geschwebt hätte oder davon beeinflusst wäre, erfahren wir
nichts, doch sandte es häufig Geschenke an den dortigen Königshof
(Dupuis S. LXV). Benins Verbindungen gingen vornehmlich nach einer
anderen Himmelsrichtung.
Ausser dem Reiche von Songhai muss aber nun noch das 2. Reich
aus dem Innern Westafrikas erwähnt werden, auf das man im letzten
Jahre besonders wieder aufmerksam gemacht wurde, als Leo Frobenius
aus der alten Hauptstadt desselben die alten Reichskleinodien seiner
1) IV 600.
2) Barth IV 623.
3) ıV 261.
4) IV 638, 648.
5) IV 574.
6) Dupuis 8. XLVII.
7) Datzel, Geschichte von Dahome, S. 11. Dupuis S. XLVI.
&) Spieth, Die Ewestiimme, S. Air
9) Barth 11 S. 637.
20 Dahse:
Kaiser mitbrachte!). Das ist das Reich von Mossi, westlich von Gurma.
Im Jahre 1489 erzählte der Joloffenprinz Bemoing?) in Portugal von dem
Volke der Mosen, östlich von Timbuktu, das in seinen Gebräuchen einige
Ähnlichkeit mit den Christen habe. Infolgedessen sandte Jao II. von Por-
tugal von Benin aus eine Gesandtschaft an den Herrscher von Mossi, in
dem er den Priesterkönig Johannes zu finden hoffte. Ausdrücklich wird
aber von den Mohammedanern immer betont, dass die Mossi Heiden
waren; Dupuis schreibt S. CVII von Anghoa, the capital of the heathen
kingdom of Mousee. Ungefähr 1329 hat dieser Stamm Timbuktu erobert,
aber es nur kurze Zeit gegen Melli behaupten kénnen*). Als sich dann
aus den südlichen Teilen von Melli im 16. Jahrhundert das Reich Man-
dingo mit der Hauptstadt Kong bildete, wurden die Bewohner von Mossi,
die Habes, die als tüchtige Handwerker, vor allem Schmiede, bekannt
waren, vertrieben. 1896 sind dann die Franzosen in die letzte Haupt-
stadt des ehemaligen Mossireiches Wagadugu eingezogen. Auch als Handels-
leute sind die Bewohner von Mossi weitbekannt. Barth berichtet‘), dass
auf dem Markt von Dore besonders ihre schönen Esel sehr gesucht waren
und dass sie besonders billige Baumwollstreifen zu Markte brächten. Koste
doch in ihrem Heimatlande z. B. ein gefärbtes Baumwollhemd nicht mehr
als 700—800 Muscheln. Nach Christaller®) brachten sie ausser Eseln
und Baumwolle auch Sklaven, Schafe, Geflügel und Schibutter auf den
Markt von Salaga.
Kapitel 4:
Kenntnis der Alten von Westafrika.
Nachdem wir so die Staaten Westafrikas kennen gelernt haben, fragt
es sich, von welcher Seite dieses ganze Westafrikanische Gebiet An-
regungen und Einflüsse höherer Kultur empfangen haben könnte. Da
richten sich zunächst unsere Blicke von selbst nach dem fernen Osten
Afrikas. Wäre es nicht möglich, dass Ägyptens oder Äthiopiens Einfluss
sich bis hierher erstreckt habe? Eine dahingehende Tradition wurde Barth
in Burrum erzählt®). Einst sei ein Pharao dorthin ins Gebiet des späteren
Reiches Songhai gekommen, dann aber zurückgekehrt. Barth hält diese
Sage für glaubhaft, da sie nicht an eine beriihmte, sondern an eine jetzt
zerstörte Stadt am Nigerbogen anknüpfe. Auch weist er auf Manches hin,
was auf ägyptische Einflüsse zurückgehen könnte; z. B. auf den Anbau
von Reis, der von Ägypten hierher verpflanzt sei; auf die Sorgfalt, die
man den Toten erweise; wenn jemand auswärts gestorben, wurde dessen
Leichnam mit Honig gefüllt, zurückgebracht?); auf die Kornmagazine am
Niger, die den ägyptischen Taubenhäusern nicht unähnlich wären®); auf
1) ZE. 1909 S. 764.
2) bei Barth IV 621 „Djolof-Prinz Bemoy“.
3) IV 615.
4) IV 208.
5) I 649.
6) V 194.
T) IV 435.
8) IV 256.
Ein zweites Goldland Salomos. 21
ägyptische Haartracht (Horuslocke) in Damerghu!), südlich von Agades
und anderes mehr. Leider scheinen ägyptische Nachrichten über solche
Züge nach dem fernen Westen ganz zu fehlen. Und auf den ersten Blick
erscheint uns heutzutage solch ein Zug durch die Wüste von Ägypten bis
zum Niger recht unwahrscheinlich. Aber es darf bei einer Beurteilung
dieser Frage nicht ausser acht gelassen werden, dass in alter Zeit der
Nil aller Wahrscheinlichkeit nach Nebenflüsse von der libyschen Wüste
her gehabt hat?). Darauf deuten mannigfache Sagen, die vor allem
romanhaft ausgeschmückt sind in der Schiffahrt der Kaufleute von
Jinnie nach Kairo (Jackson, account of Marocco p. 312?) oder in dem,
was Dupuis erzählt wurde, dass der Niger durch den Shady mit dem Nil
verbunden seit). Doch das alles sind Sagen und als solche für einen
Beweis der Verbindung des östlichen Afrikas mit dem westlichen belanglos.
Dagegen können wir nun auf eine bisher nicht beachtete Stelle aus der
Zeit vor Christi Geburt hinweisen, die Zeugnis davon ablegt, dass man
schon damals ganz genau den Weg durch Zentralafrika nach dem At-
lantischen Ozean kannte Sie findet sich in dem Buche der Jubiläen,
das die Abessinier noch heute in ihrer Bibel haben, das aber ursprünglich
hebräisch geschrieben war. Dort heisst es 8,, und „ von den Gegenden
um den Gichonfluss: „Südlich vom Wasser des Gichon an dem Ufer dieses
Flusses entlang gen Morgen, wo Sems Lande liegen, kommt man zum
Garten Eden 15 16, jenseit des Gichon gen Süden aber geht's durchs
Gebiet Hams zum ganzen Feuergebirge, zum Meere Atel, zum Meere
Mauk, welches das ist, worin alles, was hinabfährt, umkommt, und im
Norden an die Grenze von Qadir.“ Aus diesen Worten sehen wir, dass
der Weg von den östlichen Ländern Afrikas durch Innerafrika nach West-
afrıka bekannter gewesen ist, als man gewöhnlich annimmt. Wenn
Roscher schon 1857 nachgewiesen hat5), dass Ptolemäus in seiner Geo-
graphie Karten benutzte über zu seiner Zeit nicht mehr benutzte Kara-
wanenstrassen quer durch Afrika zum Niger und zu den Goldländern, so
sehen wir, dass schon der Verfasser des Jubiläenbuches diesen Weg quer
durch Afrika kennt. Denn wenn er diesen zentralafrikanischen Weg von
Osten nach Westen dahin beschreibt, dass man südlich vom Gichon (etwa
dem Bahr el Ghasal mit dem Nebenfluss Bahr el Arab, oder weiter nörd-
lich dem Wadi Malik) im Süden zuerst zum ganzen Feuergebirge, dann
zum Meere Atel, dann zum Meere Mauk und dann nordwärts nach Gadir
kommt, so verrät er einfach eine aufs höchste verblüffende genaue Kennt-
nis dieser Gegenden. Denn dass das Meer Atel der Atlantische Ozean
und zwar der Golf von Guinea ist, ist doch klar und deutlich. Zu der
Angabe über das Meer Mauk aber vergleiche man das griechische Sprich-
wort ta néoa I adeiowv ob neoara und Ps. Skylax: „Die Gegenden jenseit
1) II 28.
2) Lenz, Timbuktu Il 364.
3) Roscher Ptolemäus und die Handelsstrassen S. 61.
4) Dupuis S. XCIII.
5) a. a. O. S. 112/113.
29 Dahse:
der Insel Kerne sind nicht weiter fahrbar wegen der Scichtigkeit des
Meeres, wegen des Schlammes und wegen des Tanges!).“ Auch des Sa-
taspes Fahrzeug wurde ja im Meere festgehalten?) — alles Nachrichten
aus alter Zeit vom sogenannten Sargasso-Meer. Endlich kann nun aber
das ganze Feuergebirge, das man vom Osten her vor dem Meere Atel er-
reicht, kein anderes sein als das Kamerungebirge. Denn dieses ganze
Feuergebirge muss identisch sein mit dem Aen dynua der Alten, der von
des Anonymus Geographia compendiaria?) neben dem grossen Atlas als
höchster Berg Libyens erwähnt wird, von dem Mela III, sagt: mons altus,
ut Graeci vocant, dewv özıua perpetuis ignibus excelsus flagrat und Plinius
VI, a media eius (meridiani Aethiopiae lateris) parte imminens mari
mons aeternis ardet ignibus, Yewr öyyua dictus‘). An der ganzen West-
küste Afrikas stimmt nun aber zu der Beschreibung mons altus imminens
mari nur das Kamerungebirge. „Eine ganz ungewöhnliche Erscheinung
an der sonst flachen Westküste Afrikas taucht nnr an dieser Stelle ein
mächtiges Hochgebirge unmittelbar am Meeresgestade auf und erhebt sich
wie eine Weltpyramide mit seinem höchsten Gipfel (Mongo ma Loba Berg
Gottes?) bis zu 4070 m Höhe“:). Und dieses allein ist ein erloschener
Vulkan, denn mit den perpetuis ignibus sind nicht „Buschfeuer“, sondern
Vulkanausbrüche gemeint, wie denn auch noch am 26 /27. April 1909®)
hier Erdstösse stattfanden und Lavamassen herunterkamen. Und wenn
man nun bedenkt, dass diesem Gipfel gegenüber auf Fernando Po, nur
durch eine 20 Seemeilen breite Meeresstrasse getrennt, der Clarence Pic
sich bis zu 3000 m Höhe erhebt und wie ein zweiter Torpfeiler in die
Lüfte ragt”), dann können wir es verstehen, dass die Alten nicht nur am
Ende Europas, sondern auch an der Westküste Afrikas von einem „Atlas“
reden: musste doch jeden Seefahrer diese Gegend Libyens an die „Säulen“
des Herkules“ erinnern. So lässt ja, wie bekannt, Polybius zwischen dem
dev Oynua und dem promontorium Hesperium den Atlas liegen, 8 Stadien
von der Insel Cerne®) und Diodor?) kennt einen äthiopischen Atlas und
lässt bei ihm die Atlanten wohnen. Dort läge aber auch am Tritonfluss
die Insel Hesperia mit Mene, der heiligen Stadt der Aidiones tydvopayoı.
Wenn man aber auch hier ein Atlasgebirge kannte, so ist es nicht ver-
wunderlich, dass das, was von dem einen erzählt wurde, auf das andere
übertragen wurde. So schreibt Plinius von dem mauretanischen Atlas:
„Mitten aus dieser Sandwüste heraus soll er sich in den Himmel erheben,
rauh und starr, wo er sich zum Meeresgestade neigt, dem er den Namen
gegeben. Bei Tage erblicke man niemanden von den Bewohnern, alles
1) GGM. IS. 9.
2) Herodot IV 40.
3) GGM. II. 501.
+) GGM, IS. 13.
5) Steiner, Kamerun S. 8.
6) 95. Jahresbericht der Baseler Missionsgesellschaft S. XCVI.
7) Steiner, Kamerun S. 8.
$) Plinius V 1, VI 36, VI 199.
9) IIL 53 in GGM. IS. XXIX.
Ein zweites Goldland Salomos. 23
schweige nur aus Furcht vor der Einsamkeit; eine stille Andacht ergreife
die Gemüter der sich Nahenden und ausserdem Furcht vor dem über die
Wolken und bis in die Nähe des Mondes Ragenden. Derselbe glänze
nachts häufig von Feuern und werde erfüllt von der Pane und Satyrn
Ausgelassenheit und rausche von der Flöten und Pfeifen Getön und der
Cymbeln und Trommeln Getöse. Das erzählten berühmte Schriftsteller
ausser den dortigen Taten des Herkules und Perseus.“ Mit dieser Be-
schreibung wird uns nun aber nicht eiu Bild von dem Abschluss des
mittelländischen Meeres gegeben, sondern von unserer Gegend. Denn
vom äthiopischen #ewv öynua sagt Mela Illg: „Jenseit des Berges zieht
sich ein langer grüner Hügelzug hin an dem weiten Meeresgestade, von
wo man auf weite, unüberblickbare Gefilde schaut, der Pane und Satyrn
(Heimat). Über dieses Gebiet herrscht die glaubwürdige Meinung, dass
obwohl in diesen Gegenden keine Spur von Kultur ist, keine Wohnsitze
und Fussspuren, tiefe Einsamkeit bei Tage und noch tieferes Schweigen,
bei Nacht häufig Feuer glänzen und sich scheinbar weithinziehende Lager
zeigen, es ertönen Cymbeln und Trommeln und man hört Flöten lauter
tönen als Menschen?) Und wenn nun endlich Hanno, eben bevor er das
vor Hitze unzugängliche Land, wo „die grössten Feuerströme ins Meer
fielen, passiert, von der am Hesperu keras gelegenen Doppelinsel sagt:
„Nachdem wir gelandet, erblickten wir bei Tage nichts als Wald, bei
Nacht aber, viele brennende Feuer und hörten Flötenlaute und den Lärm
von Cymbeln und Trommeln und hundertstimmiges Geschrei; da ergriff
uns Furcht und die Wahrsager rieten, die Insel zu verlassen?), — so muss
man doch sagen, diese drei Schilderungen von Plinius, Mela und Hanno
stimmen so überein, dass ein und dieselbe Gegend damit gemeint sein
muss, nämlich nach Hanno eine dem Kamerungebirge = Gen dynua und
dem Clarence Pic=äthiopischer Atlas benachbarte Gegend, nicht weit
von der nach Marcian dann auch der inddgouos Aldıönav liegt, „wo wie
es feststeht der nach Süden rauschende Ozean ein Ende hat und im
übrigen unbekanntes Land nachfolgt“;?) meines Erachtens kann man nicht
deutlicher als Marcian es in den letzten Worten tut, die Kamerungegend,
von der an der Ozean nicht mehr nach Süden, sondern nach Westen
rauscht, beschreiben. Dann aber ist mit dem Vorhergehenden bewiesen,
dass, während zu einer gewissen Zeit die Welt der Alten bei den euro-
päischen Säulen des Herkules aufhörte, sie für die angeführten Geographen
bis in unsere Gegend reicht.
Dass aber Westafrika den Alten bekannt gewesen ist, bestätigen uns
nun weiter verschiedene griechische Sagen. Schon Homer verlegt
° Hàiúoov neöiov, wo Rhadamanthys, der Bruder des Minos regiert, in den
äussersten Westen. So hat man denn Rhadamanthys nach dem Ägyptischen
als Ra-amanthes, „König des Westens“, gedeutet*), und Elysion mit dem
1) GGM. I S. 11.
2) GGM. I S. 10ff.
3) ebenda S. 542.
4) Zoega nach Breusing, Nautik der Alten. II, 14.
24 Dahse:
Ägyptischen aalu, „das heilige Gefilde“, in Verbindung gebracht'). Ob
das sprachlich möglich ist, müssen andere entscheiden. Wenn nun aber
der nach Homer im Westen herrschende Rhadamanthys Bruder des Minos
von Kreta genannt wird, so liegt die Möglichkeit vor, dass ebenso gut
wie des Minos Reich jetzt auf Kreta wieder entdeckt ist, so auch im
fernsten Westen einst ein mächtiges Reich bestanden hat. Diese Ver-
mutung gewinnt an Wahrscheinlichkeit, wenn wir nun beachten, was eine
andere griechische Sage von dem Könige der westlichen Äthiopen berichtet.
Perseus kommt auf seinem Rückfiuge vom Atlas auch an die Küste
Äthiopiens zu dem Könige Kepheus, dem Bruder des Danaus und
Ägyptus, dessen Tochter Andromeda er rettet und im goldenen Königs-
palaste heiratet. Bemerkenswert erscheint mir in dieser Perseussage, dass
Kepheus dem Danaus und Ägyptus gleichgestellt wird. Daraus geht meines
Erachtens hervor, dass es in alter Zeit neben dem griechischen (Danaus)
und ägyptischen (Ägyptus) auch einen äthiopischen Kulturkreis gegeben
hat, der wegen seines Reichtums an Gold (goldener Palast des Kepheus)
berühmt war.
Nicht nur aber die Geographen, und nicht nur die griechische Sage,
auch die Geschichtsschreibung der Griechen kennt ein westliches König-
reich der Äthiopen. Nach der Schlacht von Pelusium 525 zieht Kambyses
nilaufwärts; er beabsichtigt gegen „die langlebigen Äthiopier’), die da
wohnen in Lybien, an dem südlichen Meer, zu Felde zu ziehen.“ Man
hat gemeint, dieses südliche Meer sei der indische Ozean; diese An-
schauung ist aber falsch. Denn nach den klaren Worten Herodots wohnen
die langlebigen Äthiopier im Westen. Es heisst nämlich 3,,,: „Gegen
Mittag hinunter nach Sonnenuntergang zu grenzt das äthiopische Land
am Ende der Welt. Es hat viel Gold und ungeheure Elefanten, und
allerlei wilde Bäume und Menschen, die sehr gross und schön sind und
sehr lange leben.“ Dieses Westafrika mit seinem wunderbaren Reichtum,
wo im Gefängnis alle Leute goldene Ketten trugen), und mit seinen
merkwürdigen Sitten und Gebräuchen war des Kambyses Ziel auf seinem
verunglückten Äthiopenzuge. Herodot berichtet noch 3,,: „Diese Äthiopier
aber, zu denen Kambyses sandte, sollen die grössten und schönsten von
allen Menschen sein, und man sagt, dass sie ganz andere Sitten und
Bräuche haben als alle andern Menschen, so z. B. über das Königreich:
Nämlich, wen sie für den grössten halten von ihren Bürgern und dessen
Kraft nach dem Masse der Grösse ist, der muss ihr König sein.“ Nach
dem Periplus Westafrikas von Ps. Skylax*) aber wohnen die „grössten
Äthiopier“ ununterbrochen von dort bis hin nach Ägypten“, und er sagt
von ihnen: „Es sind aber diese Äthiopen die grössten von allen Menschen,
die wir kennen; länger als vier Ellen, ja einige von ihnen sind auch
fünf Ellen lang, und sie tragen Kinnbärte und langes Haupthaar und sind
1) Lauth bei Autenrieth, Wörterbuch zu den homerischen Gedichten sub
’Hivovov.
2) Herodot lIJ, 17.
3) III, 23.
4) GGM. I, S. 94/95.
Ein zweites Goldland Salomos. 25
überhaupt die schönsten von allen Menschen. Und es herrscht über sie,
wer immer der grösste ist... .. Sie haben aber auch eine grosse Stadt,
bis zu welcher die Phönizier fahren.“ Vergleichen wir nun die letzte
Bemerkung mit dem, was wir oben aus Diodor angeführt haben, so kann
kein Zweifel daran sein, dass die zuletzt erwähnte, von den Phöniziern
besuchte Stadt identisch ist mit Mene, der heiligen Stadt der Aidiones
igdvogäayoı auf der Insel der Amazonen in der Nähe des Tritonflusses. Ist
aber der sogenannte Mongö ma Loba das ded öynua, und der Clarence Pic
der äthiopische Atlas, so muss der Tritonfluss der Niger sein, in
dessen Nähe aber Benin liegt, identisch mit Mene, der heiligen
Stadt der Äthiopier. Diese Aödones iydvopayor, wie Diodor sie nennt,
sollen nun aber von Westafrika bis nach Ägypten wohnen, oben hörten
wir von der in Westafrika umlaufenden Sage, dass das Reich von Benin
westlich sich bis zum Gambia, östlich aber noch doppelt so weit erstreckt
habe; jedenfalls geht aus diesen beiden Überlieferungen hervor, dass Benin
Beziehungen nach dem Osten gehabt hat.
Nun aber lässt Plinius') gegenüber dem Berge Atlas die Insel Atlantis
liegen, Polybius die Insel Cerne, Diodor die Insel Hesperia. Mit dieser
„Insel“ wird aber das Deltaland des Niger, das ja Fernando Po mit dem
äthiopischen Atlas gegenüberliegt, uud überhaupt das ganze Lagunen-
gebiet dieser westafrikanischen Küste gemeint sein. Nach Dupuis’)
konnte man von der Stadt Benin aus nach Westen bis zum Volta au der
Goldküste, und nach Osten bis hin nach Bonni und Calabar, ohne aufs
offene Meer zu müssen, durch die Lagunen und diese verbindende Fluss-
arme zu Schiffe kommen. Wer dies im Auge hat und Hannos Periplus
liest, in dem davon die Rede ist, dass die Expedition?) „zuerst am Abend-
horn“ eine Insel gefunden habe mit einem salzigen See, und in diesem
wieder eine Insel, und ebenso am „Südhorn“ eine Insel mit einem See,
worin wieder eine Insel sich befand, der kann gar nicht daran zweifeln,
dass Hanno bei seiner Fahrt an der westafrikanischen Küste diese
Lagunengegenden berührt haben muss. Liegt doch z. B. in der Togo-
lagune der Ort Anyako mit der Bremer Missionsstation auf solch einer
Laguneninsel, und ebenso weiter östlich in einer Lagune Lagos. Sehr
wohl konnten Hannos Leute die Küste Afrikas in diesen Gegenden, wenn
etwa östlich und westlich von ihrem Landungsplatz Buchten oder Flüsse
waren, für eine Insel halten und fanden in dem „salzigen See“, d. h. einer
Lagune, wiederum eine Insel. Wenn man nun wegen der von Hanno an-
gegebenen Entfernungen seine Fahrt nicht bis hierher, sondern nur bis
Sherboro gehen lässt, so vermag man auch dies Ergebnis nur durch eine
Konjektur des Textes zu erreichen, indem § 8 statt d’'o: dwdexa gelesen
wird. Aller Wahrscheinlichkeit nach ist Hannos griechischer Periplus
nur eine gekürzte Ausgabe des Originals‘). Dann darf man aber auf die
1) VI 36 in GGM. I 28.
2) Dupuis, S. LV.
3) GGM. I, S. 10 ff. ;
4) Angefertigt nach dem im Saturntempel zu Karthago aufgehängten Auszug.
26 Dahse:
Angaben der Entfernungen, die der Grieche uns gibt, gar nicht zu viel
Gewicht legen; die entscheidenden Gründe müssen die sachlichen Angaben
bieten, aber auch dabei ist nicht zu vergessen, dass die Küste Westafrikas
im Laufe der Jahrtausende Veränderungen erlitten hat: erzählen doch z. B.
die Leute von Axim an der Goldküste, dass der Marktplatz ihrer Stadt
jetzt von den Wellen des Meeres bedeckt sei. Nur das ist nach dein
oben ausgeführten sicher, dass unter dem veðr öynua das Kamerungebirge
zu verstehen und Hannos Fahrt demnach bis hierher gekommen ist, und
also auch das Lagunengebiet, „das Inselland“, passiert haben muss.
Ist aber dieses Inselland nun etwa wirklich das vielgesuchte alte At-
lantis, welche Vermutung meines Wissens zuerst Leo Frobenius 1909
in der ZE. geäussert hat? Auf der Insel Atlantis gebrauchte man nach
Solon eine Art Messing „jetzt nur noch dem Namen nach bekannt“ — in
Benin ist der Bronzeguss seit uralten Zeiten bekannt gewesen?) Liegt
Benin doch auch nicht allzu weit von dem westafrikanischen Zinnlande
entfernt. Bisher ist es noch immer eine offene Frage gewesen, woher in
der Bronzezeit der Orient sein Zinn erhalten hat. Nach Meyer”) kommt
Zinnbeimischung im Kupfer schon im alten Reiche Ägyptens vor. „Wo-
her das Zinn kommt, ist gänzlich unbekannt.“ Nach ihm können die
Zinngruben von England und Portugal hierfür ebensowenig in Betracht
kommen, wie die von Iran und Hinterindien. Und doch müsse ein leb-
hafter Handel mit Zinn durch die gesamte vorderasiatische-europäische
Welt gegangen sein. Ich denke, wir haben die Heimat dieses Zinns in
Afrika zu suchen. In dem Gebiet zwischen Tschadsee und Niger wird
seit alten Zeiten in dem Granit des Goragebirges Zinn gewonnen. Be-
sonders P. Staudinger hat in diesem Gebiete das Vorkommen von Zinn
einwandfrei nachgewiesen®). Aber nicht nur nördlich, sondern auch west-
lich von Benin kommt noch heutzutage der Zinnstein im Pegmatit vor.
Mein Vater hat Anfang der 80er Jahre in einer seit uralten Zeiten berg-
männisch ausgebeuteten Gegend der Goldküste reiche Zinnlager entdeckt,
über die näheres in den Sitzungsberichten der bayrischen Akademie der
Wissenschaften 1882 von Gümbel „Beiträge zur Geologie der Goldkiiste“
berichtet wurde‘). Leider bin ich nicht in der Lage, an dieser Stelle die
genauere Örtlichkeit anzugeben, da nicht mir allein dies „Geheimnis“ ge-
hört. Durch dieses Zinn der Goldküste und das von Sokoto erklärt sich
aber sowohl die Bronzekunst von Benin, wie meines Erachtens auch das
Vorkommen von Zinn in den alten Kulturreichen des Ostens. Wie oben
nachgewiesen, war der Weg durch Zentralafrika ja bekannt.
Nun stimmen aber noch verschiedene Punkte, die Plato bei seiner
Schilderung von Atlantis hervorhebt, gerade mit unserer westafrikanischen
Küste. Zuerst der Reichtum der dortigen Herrscher, „die so grossen
1) Hierauf macht Frobenius in ZE. 1909, S. 781,82 aufmerksam: ich verweise
auf das schon vorhin erwähnte Beiwort des Sees der Athiopen: yaixoxepavvos,
siche Kap. 2. |
2) Geschichte des Altertums I, § 225, 539.
g 3) ZE. 1897 (S. 97), 1902 S. 247, 1903 S. 430.
4) Vgl. auch CB. II, 366.
Ein zweites Goldland Salomos. 97
Reichtum besassen, wie er weder vorher jemals Herrscherfamilien zu
eigen gewesen ist, noch zukünftig leicht zu eigen sein wird“!). Ihr Land
wurde begrenzt von goldführenden Bergen, wem fallen dabei nicht die
Berge der Goldküste ein? Ausser dem Golde aber „war aus der Erde
gegrabeues Erz den damaligen Menschen dort am teuersten,“ mit Recht
hat schon Leo Frobenius auf diese Parallele zwischen Atlantis und
Benin aufmerksam gemacht. Aber auch Herodot?) kennt Leute, bei denen
advtwy 6 yalxos onavıwrraror xal tuumrarov?). Das sind die Athiopen, zu
denen Kambyses seine Gesandten schickt, womit wir eine weitere Be-
stätigung für unsere Vermutung haben, dass jene Äthiopen im fernen
Westen, in Westafrika gewohnt. Weiter aber gibt es auf Atlantis eine
Frucht mit hölzerner Schale zujuara xal Bowpata zav alelunaru gEowr?) —
die Kokosnuss. Wenn nach Reindorf*) diese auch erst 1843 durch die
von Jamaica nach der Goldküste wieder übergesiedelten westindischen
Neger gekommen sein soll, weshalb diese auch in der Ewesprache:
vevune — Europanuss heisst, so ist doch nach Christaller®) eine kleinere
Art derselben an unserer Küste einheimisch und nach Allg. Hist.) finde
man südwärts der „Sanaga“ (von Senegambien) unter den Palmen auch
Kokos, wenn auch nur wenige, an. Und wenn nun weiter die Fruchtbar-
keit von Atlantis so gerühmt wird, so vergleiche man damit, was von
Benin, von der Goldküste und Fernando Po berichtet wird. Letztere
Insel mit den schönsten Urwaldungen und dem fruchtbarsten Ackerbau
wurde gleich nach ihrer Wiederentdeckung durch die Europäer Ilha her-
mosa genannt. Von der Goldküste heisst es in der neuesten Beschreibung®):
„Alle tropischen Gewächse gedeihen hier unter dem Himmel eines ewigen
Sommers in üppiger Fülle. Verschiedene Arten von Palmen — vor allem
die Öl-, Kokos- und Raphiapalme — erheben da ihre stolzen Häupter,
Bananen und Pisang gewähren im Verein mit Jam, Mais und Maniok dem
Neger seine tägliche Nahrung. Erdbohnen, Mais, Kaffee und Zuckerrohr
reifen zu zweimaliger Jahresernte; Pfeilwurz und Reis wird in manchen
Gegenden des Gebirges gepflanzt; Indigo und Rizinus wachsen wild,
und vor allem gedeiht die Staude des Pfeffers, sowie die köstlichen
Frucht der Ananas und Guave. Baumwolle wird da und dort im Innern
gezogen und liefert reichen Ertrag. Duftende Orangen- und Limonen-
gruppen, dichtbelaubte Mangobäume und Tamarinden, die manches Dorf,
manchen einsamen Weiher umstehen, spenden goldige Früchte und
kühlenden Schatten. Die Wälder aber mit den gewaltigen Gebilden der
1) Critias 114 D.
2) III 23.
3) Hier hat Herodot zu der in Ägypten gehörten Kunde, die wir auch bei Plato
haben, dass Erz am geschätztesten sei, von sich aus das „am seltensten‘ hinzugefügt
und damit den ursprünglichen Sinn ins Gegenteil verkehrt.
4) Critias 115 B.
5) Hist of the Gold Coast, S. 209.
6) I, S. 296.
T) IT, S. 286.
8) Steiner, Die Basler Mission auf der Goldkiiste, S. 3.
28 Dahse:
Pflanzenwelt hegen eine Unzahl von Nutzhölzern und die feurigsten Ge-
würze, während der Schoss der Erdrinde das edle Metall des Goldes birgt
und die Flüsse Goldsand mit sich führen. Und selbst da, wo die Hand
des Menschen den Boden gar nicht baut, schiesst aus demselben ein Gras-
und Baumwuchs hervor, von dem man im nordischen Europa keine Vor-
stellung hat.“ Fürwahr, diese Fruchtbarkeit ist einer Atlantis würdig.
Und was hier die Eingeborenen auch ohne Europäer erreicht haben,
schreibt uns Dupuis von Benin!): „the land itself is so fertile and popu-
lous that it is usual to travel the day long amidst corn fields or planta-
tions, of which the tall and stunted palm, date, plantain, banana, yam,
cassada and some kinds of fruit trees besides, occupy the surface of many
acres, which are enclosed with mud walls or bramble to distinguish them
as private property.“ Und von dem Fischfang Benins heisst es: Infolge
der Lagunen they enjoy in security from the surf and the tempest the
most prolific inland fisheries known any where in Soudan —, wir befinden
uns ja, wie oben nachgewiesen, nach Diodor bei den Aldiones Iydvogayoı.
Wenn es nun endlich noch von Platos Atlantis heisst, es habe gereicht
bis Etrurien und bis Ägypten?), so kann an Beziehungen zum Niltal nach
dem, was hernach erwähnt werden wird, nicht mehr gezweifelt werden,
aber auch in der Angabe über Etrurien findet sich eine höchst wichtige
geschichtliche Erinnerung, über die unten Kapitel 9 zu reden sein wird.
Mit Recht hat unseres Erachtens Leo Frobenius in Westafrika Atlantis
wiedergefunden.
Kapitel 5:
Beziehungen Westafrikas zum Osten und Norden.
Wir haben gesehen, wie Westafrika ein den Alten bekanntes Land
gewesen ist, das man nicht nur auf dem Seewege aufgesucht, sondern
auch auf dem Landwege erreicht hat. Wird uns doch sogar die Ent-
fernung von Theben dorthin angegeben. Denn wenn Herodot?) von dieser
Hauptstadt Ägyptens 50 Tage bis nach dem Atlas rechnet, so kann damit
doch unmöglich das mauretanische Atlasgebirge gemeint sein, das be-
deutend weiter entfernt von Ägypten liegt, rechnet doch auch Herodot
von den Garamanten, die 30 Tage von Theben entfernt wohnen, bis zu
den Lotosessern nach Westen noch 30 Tage und ebenso weit ist es nach
der Karte noch von diesen bis nach Mauretanien. Vielmehr muss, wenn
Herodot 4,,, zehn Tage von den Garamanten die Ataranten wohnen
lässt; „die einzigen Menschen ohne Namen“, dies Volk identisch sein mit
den Bewohnern von Bornu, von denen Leo Afrikanus S. 494 sagt: „Sie
führen keine eigenen Namen nach der Weise der anderen Völker.“ Herodot
hat sich also in seiner Beschreibung von den Garamanten aus nach Süden
gewandt, die Karawanenstrasse entlang, die noch heute von Fezzan, dem
Wohnsitz der Garamanten, nach dem Tschad führt. Weitere zehn Tage
1) S. LIV.
2) Timaeus 25B., Critias 114 C.
3) IV 181—184 GGM I S. XXIX.
Ein zweites Goldland Salomos. 29
aber südwärts wohnen dann die Atalanten an dem Berge Atlas, von dem
die dortigen Bewohner sagen, er wäre die Säule des Himmels. Damit
kommen wir aber in das oben nachgewiesene Atlantis-Gebiet. Dass die
Angabe „zehn Tage“ auf Genauigkeit keinen Anspruch macht, zeigt
Herodot selbst 4,,,, nach welcher Stelle sich alle zehn Tage Salzbergwerke
und Menschen in der Wüste finden. Kennt so aber Herodot sogar die
Karawanenstrasse von Fezzan nach dem Tschad, dann gewinnt die von
Barth erwähnte Sage von einem nach Westafrika gehenden Heereszuge
eines Pharao sehr an Wahrscheinlichkeit. Ist diese Sage doch nun auch
nicht die einzigste Nachricht, die uns von Beziehungen Ägyptens nach
Westafrika zu berichten weiss.
Da berichtet der nach Schurtz!) im allgemeinen zuverlässige arabische
Reisende Zain el abidin, der im ersten Viertel des 19. Jahrhunderts
Wadai besuchte, von Ruinen, steinernen Sarkophagen und Resten eines
Sonnenkultus, die er in der Nähe der Hauptstadt Wadais entdeckt haben
will, wohl einen Ableger ägyptischer Kultur aus alter Zeit. Südlich von
Wadai liegt dann „Dar Runga“, wahrscheinlich identisch mit „Ruma“,
dem Lande der Goldschmiede, wo man das Gold in Bergen und wohl
bewässerten Distrikten fand?). Vielleicht ist damit das Vorkommen alt-
ägyptischer Mumienperlen in Mokoanghai, ungefähr am nördlichsten Punkt
des Uelle, ziemlich genau südlich von Wadai in Verbindung zu bringen?).
Von dem mitten nach Zentralafrika reichenden Einfluss Ägyptens gibt es
ja Spuren bei den Monbuttu und in Uganda. — Weiter nach Westen
führt uns eine andere Tradition.t) Der erste König von Kanem soll näm-
lich ein Araber und zwar ein Nachkomme der alten himjaritischen Königs-
familie gewesen sein. Von himjaritischen Beduinen der Sahara hört man
auch sonst. Es fehlte ja in Südarabien in den ersten christlichen Jahr-
hunderten nicht an Gründen, die zu einer Auswanderung veranlassen
konnten: Wirtschaftliche Bedrängnis und Übervölkerung des Landes ver-
anlasste damals eine Anzahl südarabischer Stämme auszuwandern®). Das
Meer haben die Himjariten ja nie gescheut und in den Kämpfen mit
Abessinien wird’s nicht an Gelegenheit gefehlt haben, durch Abessinien
hindurch nach dem Innern Afrikas zu kommen. Demnach können schon
vor der islamitischen Zeit Araber sich nach Afrika gewandt und Einfluss
unter den Stämmen der Sahara erlangt haben. — Dieser Tradition von
Kanem geht nun aber zur Seite eine andere, die im äussersten West-
afrika erzählt wird®). Der maurische Emir Mohamed Tarsyna el Lem-
touni fiel in einem Kampfe mit Stämmen aus dem Sudan, die in der
Nähe von Teklessyn wohnten und Araber waren, aber jüdischen Be-
kenntnisses. Da finden wir also in einer Gegend nicht weit vom Niger
arabische Juden wohnen. Noch heute zeigt sich ein jüdischer Typus bei
1) in Helmolts Weltgeschichte I 530.
2 Alfred Lock, Gold 1882 S.27 und Petermanns Mitteilungen 1889, S. 188.
3) ZE 1903 S. 796.
4) Helmolts Weltgeschichte I 525.
5) PRE. Bd. I Arabien S. 768.
6) le Chatelier, l'Islam dans l’Afrique occidentale S. 123.
30 Dahse:
den Beni Hassan am Senegal. Edrisi!) um 1150 gibt uns verschiedene
Nachrichten über diese Juden des westlichen Sudan. S. 4 redet er davon,
dass im Gebiete der Lamlam, wo die zwei Städte Mallel und Daw lägen,
jüdische Einwohner seien, die von den Bewohnern von Barisa, Silla,
Takrur und Ghana oft überfallen und als Sklaven fortgeschleppt würden.
Nach S. 35 gibt es dann noch ein Judenland Camnouria, westlich ans
Meer und östlich an die Wüste Nisar grenzend, durch welches Land die
Kaufleute ziehen, die nach Ghana und Wangara wollen; auch dieses Juden-
land hatte ehemals zwei blühende Städte, Camnouria und Naghira, und
seine Bewohner sind ebenfalls eine Beute ihrer Nachbarn. Wie diese
beiden Judenreiche sich zueinander verhalten (ob Doppelgänger, entstanden
durch falsche Benutzung der Quellen?) kann ich nicht entscheiden. Nur
soviel steht fest, dass einst nördlich vom westafrikanischen Negerlande
Juden gewohnt haben; das bezeugt auch Leo Africanus?), der S. 42 sagt:
„In der Folge (die Zeit lässt sich nicht genau angeben) kam die jüdische
Religion dorthin“; „das Judentum ist aber ganz ausgerottet worden“, vgl.
Edrisi: „Die Juden sind meist in Unglauben und Unwissenheit versunken.“
Von ihren Wohnsitzen berichtet Edrisi ferner noch, dass sie sich be-
finden sur les bords d’une rivière, qui se jette dans le Nile. Dapper?),
Beschreibung von Afrika S. 39, nennt sie uralte Eingeborene, welche „vor
Zeiten die Länder auf beiden Seiten des Flusses Niger bevolkten.* Nach
ihm S. 337 liegt das Land der Juden zwischen Bergen und grenzt nach
Süden an den Mittelstrich, nach Westen an Berge auf der Seite des König-
reiches Benin und im Norden an andere Berge, welche gegen Dauma und
Medra über liegen. Es gehört „unter das Gebiet der Abessinier“. Inter-
essant ist, dass die Existenz dieses Judenreiches uns nun aus dem Osten
Afrikas bestätigt wird, indem de Barros im Westen von Abessinien einen
jüdischen König „Negus Tederos“ kennt, von dessen Macht man grosse
Dinge erzählt®). In Kumassi hörte Dupuis), dass die Juden des Sudan
in viele grosse und kleine Stämme zerfielen, dass sie länger im Lande
seien als die mohammedanischen Araber und von Beruf Hirten, Händler
oder Kunsthandwerker. Man glaube, sie seien aus der Nachbarschaft von
Oberägypten gekommen, „während die Kinder Israel in der Gefangen-
schaft gehalten wären“. Dass Kunsthandwerk in unseren Gegenden auf
Juden zurückgeführt wird, hat zu verschiedenen Malen schon Paul Stau-
dinger betont. Zuerst machte er darauf aufmerksam, dass die Glas-
industrie von Nupe nur bei wenigen Familien bekannt sei, die aus dem
Osten gekommen und Juden gewesen sein sollen). Dann konnte er auf
die merkwürdige Ähnlichkeit der Erzeugnisse dieser Industrie mit denen
von Hebron in Palästina hinweisen”), Aber auch in der Goldschmiede-
1) Ausgabe von Dozy und de Goeje, Leyden 1866.
2) Ausgabe von Lorsbach, Herborn 1805.
3) Deutsche Ausgabe Amsterdam 1670.
4) Ausgabe von Soltau III 119,
5) 8. CVI.
6) ZE 1898 (S. 193).
7) ZE. 1906 S. 231.
Ein zweites Goldland Salomos. 31
kunst Afrikas machen sich jüdische Einflüsse bemerkbar: Wie noch heute
nach Schurtz!) in Yemen unter den Goldarbeitern viele Juden sind, so
befand sich im 16. Jahrhundert nach Leo Afrikanus?) in der Hauptstrasse
von Kairo eine Gegend, wo die Goldschmiede ihre Stelle hätten: „sie sind
Juden und setzen vıele Kostbarkeiten ab“. Derselbe berichtet aber auch
von Fes in Marokko3): Die meisten hiesigen Goldschmiede sind Juden,
sie arbeiten in Neu-Fes und bringen ihre Waren nach der Altstadt zum
Verkaufe. In Alt-Fes darf weder Gold noch Silber gemünzt werden, auch
darf kein Mohammedaner das Goldschmiedehandwerk treiben. Denn sie
sagen, es sei Wucher, wenn man Sachen von Gold oder Silber für teurere
Preise, als sie nach dem Gewichte haben müssten, verkaufe; die Regenten
erlauben es aber den Juden .... Ihre Menge hat, besonders seitdem
ihre Glaubensgenossen vom König von Spanien vertrieben worden sind,
so sehr zugenommen, dass sie sich nicht wohl zählen lässt) Da Leo
eben vorher von den jüdischen Goldschmieden gesprochen hat, dürfen wir
annehmen, dass sich unter diesen aus Spanien vertriebenen Juden auch
Goldschmiede befunden haben werden. Von Marokko aus zogen solche
dann auch nach dem Süden, denn nach Leo S. 452 sitzen auch an der
Strasse von Fes nach Timbuktu jüdische Goldschmiede. Wenn nun auch
nach de Barros bei der um des Goldes und der Sklaven willen nach
der Goldküste unter d’Azambuja 1481/2 unternommenen Expedition sich
neben 500 Mann Truppen auch 100 Handwerker befunden habent) und
nach Ritter) Juden dabei gewesen sind, so könnten auch an der Gold-
küste von dieser Seite her jüdische Einflüsse®) gewirkt haben; welche
Spuren man davon noch findet, wird hernach gezeigt werden. Hier kommt
es mir darauf an, auf den letzten Seiten bewiesen zu haben, dass schon
vor der islamitischen Einwanderung und ausser der himjaritischen von
Osten her auch eine jüdische nach Inner- und Westafrika aus der Gegend
von Oberägypten erfolgt ist. — Wie die Mohammedaner Westafrika und
Arabien in Verbindung bringen, mag folgende Sage’) zeigen: „Eine
weisse Araberfrau Mina sei von Mekka nach der Goldküste gewandert.
Als sie an den Platz kam, an welchem in Fasai Wasser aus dem Boden
kommt, hielt sie, um ihr Kind zu baden. Dann habe sie sich länger in
den Bergen aufgehalten und ihre Leute hätten die grosse Mauer (100 m
lang, manneshoch und 1 m dick, aus Felsblöcken aufgeschichtet) gebaut.
Nach ihr sei der Platz Amina benannt. Später sei sie über Tashi und
Salaga nach der Goldküste gewandert, wo noch Elmina nach ihr benannt
sein soll“. Dass noch heute die Handelsstrasse quer durch Afrika von
Arabern viel benutzt wird, ist bekannt. Vollblutaraber aus Dschidda sind
noch heutzutage in Salaga anzutreffen, wohin sie über Suakim, Wadai,
1) Das afrikanische Gewerbe S. 35.
2) S 520.
3) S 265.
A Ausgabe von Soltau I S. 60.
5) Ritter, Geschichte der Erdkunde S. 248f.
6) Verhdl. des Intern. Geographentages, Berlin 1899. Bd. I S. 59/61 Staudinger.
7) MFDsch XI 120.
32 Dahse:
Bornu, Sokoto kommen, um die Kolanüsse einzutauschen!). Von den
arabischen Geographen hat Leo Africanus am Anfang des 16. Jahrhunderts
selbst die 15 Königreiche durchzogen, die man damals auf dieser langen,
aber wie Leo?) sagt, sicheren Karawanenstrasse berührte; es sind von
Westen nach Osten: Walata, Ginea, Melli, Timbuktu, Gago, Guber,
Agadez, Cano, Casena, Zegzeg, Zanfara, Wangara, Bornu, Gaogao und
Nubien am Nil. Und damit kommen wir zu einem Reiche, siidlich von
Ägypten auf dem Wege, der von Yemen nach Westafrika führte, das viel-
leicht engere Beziehungen zu Westafrika gehabt hat. Das ist das alt-
äthiopische nubische Reich, das sich um 1100 v. Chr. von Ägypten un-
abhängig machte und lange Zeit eine grosse Rolle in Afrika gespielt hat.
Von seinen Königen hat Schabaka 750 ganz Ägypten unterworfen, und
Taharka 672 sogar versucht, Syrien zu unterjochen. Aber nicht bloss in
kriegerischer, sondern auch in kommerzieller Hinsicht war dieses Reich
von Bedeutung. Ist doch Meroe, seit 600 die Hauptstadt dieses Reiches,
ein Haupthandelsplatz gewesen, von dem nach Osten Handelsstrassen bis
nach Yemen, Indopersien und Babylonien führten?). Wie wenig es diesen
Nubiern an Reiselust gefehlt hat, zeigt der Eunuch der Königin Kandace
in der Apostelgeschichte; von ihrem Kampfesmut zeugt der Kampf der
Kandace, die mit vielen Myriaden Äthiopen andauernd Krieg führte gegen
Petronius, den römischen Befehlshaber Ägyptens. Sie herrschte aber über
die Gegenden, wo des Kambyses Heer von dem Sand und dem heftig
wehenden Südwind verschiittet ward‘). Der Nubier Kunstfertigkeit zeigt
der Goldschmuck einer dortigen Königin aus der Zeit um Christi Geburt,
der sich jetzt im Berliner und Münchener ägyptischen Museum befindet®).
Hat der Einfluss dieses Reiches sich aber nach Norden und Osten er-
streckt, so ist nicht einzusehen, warum vom altnubischen Reiche nicht
auch Verbindungsfäden nach Westen gereicht haben sollen. Denn die
Entfernung vom Berge Barkal z. B. nach dem mittelländischen Meer ist
ungefähr ebenso weit wie die von Nubien nach dem Tschad und bei
etwaigen Handelszügen nach dem Westen brauchte nicht einmal die eigent-
liche Wüste passiert zu werden, sondern der Weg ging südlich davon.
Schon unter dem ägyptischen Könige Merenre®) ist der Häuptling von
Amam (= Nubien) gegen die Libyer an der westlichen Ecke des Himmels
gezogen, und wenn mit diesen Libyern auch wohl Oasenbewohner nieht
allzu weit vom Niltal gemeint sein mögen, so werden spätere Unter-
nehmungen sich doch weiter erstreckt haben. Reicht doch z. B. das Tal
des Wadi Malik schon halb bis zum Tschad und konnte als Weg benutzt
werden. Nach Roscher geht nun aber aus den Angaben des Ptolemäus
klar hervor, dass er eine von Meroe ausgehende Karawanenstrasse durch
Zentralafrika kennt. Und Leo Afrikanus, der uns eben schon den Weg
1) MFDSch. II 83.
2) S. T.
3) Roscher, S. 44.
4) GGM. II S. 633.
5) RGG. „Äthiopien“ Sp. 217.
6) Meyer, Gesch. des Altertums $ 265,
Ein zweites Goldland Salomos. 33
von Nubien nach Westafrika beschrieben hat, berichtet uns nun auch von
einer kriegerischen Verwicklung, die sich vom Nillande bis nach West-
afrika hin bemerkbar macht. Denn zu seiner Zeit musste der König von
Bornu schleunigst von einem Kriegszuge gegen das Goldland Wangara
zurückkehren, weil sein eigenes Reich von Osten aus von dem Könige
von Gaogao, dem Nachbarn von Nubien, angegriffen wurde S. 492. Von
Gaogaos "Beziehungen zu Nubien zeugt aber der Umstand, dass seine Be-
wohner nach Leo S. 479 Christen waren.
Nun haben wir aber zwei voneinander anabhangies Traditionen, die
anscheinend Nubien und Westafrika in Verbindung setzen; zuerst den
Reisebericht eines spanischen Mönches'), in dem der Priester Johann und
der Goldfluss in Verbindung zueinander gebracht werden: Jenes Priesters
Reich ist Dongola, das christliche Nubien, und sein Wohnort Melli am
Goldfluss! In der Tat ist nun aber Nubien vom 6. Jahrhundert an ein
altchristliches theokratisches Reich gewesen, das erst im 15. Jahrhundert
durch die Araber gestiirzt wurde. Mit solch einem altchristlichen Reiche
im Osten (and das ist die zweite Tradition) hat nun aber Benin in Ver-
bindung gestanden. Denn der Gesandte des Königs von Benin, der 1486
mit Johann Alphons d’Aveiro nach Portugal kam, erzählte dort von einem
grossen Könige im Osten (die Entfernung wird verschieden angegeben:
20 Monatsreisen*) oder 250 Meilen?) oder 350 lieues*), dem jeder neue
König von Benin das Ableben seines Vorgängers anzeigen musste, worauf
er als Bestätigungszeichen Stab, Helm und Kreuz von Messing erhielt.
Ogane sei der Titel dieses Königs und er bleibe für die zu ihm
geschickten Abgesandten unsichtbar, nur einen Fuss strecke er hinter
einem seidenen Vorhang hervor. Von den Königen Nubiens aber
heisst es: „Die Athiopen verehren ihre Könige wie Götter und
sie sind eingeschlossen und ans Haus gebunden“ *). Und dafür, dass diese
Könige auch Macht besassen und weithin etwas zu sagen hatten, spricht
der Umstand, dass „zu Zeiten, wenn die Christen in Ägypten unter dem
allzu harten Druck der Mohammedaner zu leiden hatten, die christlichen
Herrscher Nubiens und Äthiopiens ihr Machtwort für die Glaubensbrüder
in die Wagschale warfen. Wenn sie mit Krieg drohten oder gar in Aus-
sicht stellten, dass sie Ägypten zur Wüste machen würden, indem sie das
segen- und lebenspendende Wasser des Nil in die Wüste leiten würden,
falls die Araber die Christen nicht schonten, dann gaben auch die fana-
tischen Mohammedaner klein bei®).“ — Freilich hat man ja nun später
den Priester Johann in dem abessinischen Negus Negesti wiedererkennen
wollen, weshalb die Portugiesen dorthin Gesandtschaften schickten. Aber
es ist nicht zu vergessen, dass ursprünglich „Äthiopien“ nicht Abessinien,
sondern Nubien ist. Und da wir in Nubien nun gerade einen Priesterstaat
(zuerst heidnisch, dann christlich) vor uns haben, und dies Land so viel
1) Kunstmann, Afrika, 1853, S. 24.
2) Soltau, S. 65.
3) Oppert; Der Presbyter Johannes, S. 7.
4) GGM. II, S. 634 in der Chrestomathie aus Strabo.
5) EMM. 1907, S. 32.
Zeitschrift für Ethnologie. Jahrg. 1911. Heft 1.
cs
34 Dahse:
näher nach Westen und am Ausgangspunkt der alten Karawanenstrasse
‚dorthin liegt, so suchen wir mit grösserem Rechte den Priesterkönig
Johann dort in Nubien, zumal über dessen Könige gerade berichtet wird,
dass sie eingeschlossen leben. Während man für die nubische Königin
den Titel Kandace kennt, ist meines Wissens der einheimische Titel des
Königs, dem dann Ogane entsprechen müsste, noch nicht bekannt. Zu
jener Belehnung mit Stab, Helm und Kreuz haben wir eine interessante
Analogie. Der König von Songhai erhielt beim Antritt als Moslim
Schwert, Ring und Koran von einem Emir el Mumenin, nach Barth?!)
offenbar aus Ägypten. Aus diesen Belehnungen aber geht hervor, dass
das mittlere Westafrika sich abhängig vom Osten gefühlt hat, von dem es
einen grossen Teil seiner Kultur erhalten. Lu
Nun hat man aber behauptet, dass auch das abessinische Reich ein
Träger und Ubermittler der Kultur für Westafrika gewesen sei. Darüber
hat schon vor 30 Jahren der englische Captain George Peacock die
Abhandlung geschrieben: The Guinea or Gold Coast of Africa, formerly
a colony of the Axumites, or ancient Abyssinians in the reign of king
Solomon, and the veritable Ophir of Scripture.“ Aber die Gründe, die er
fiir die in diesem Titel ausgesprochene Ansicht anftihrt, vor allem west-
afrikanische Namen, die an abessinische anklingen sollen, sind so nichts-
sagend und so wenig beweisend, dass hier nicht darauf eingegangen zu
werden braucht; schon Burton und Cameron haben sie in ihrem Werke
„To the Gold Coast for Gold“ widerlegt. Dagegen bedarf es hier kurz
der Untersuchung, wo die Goldexpeditionen des Königs von Axum nach
Sasu, die Peacock anführt und nach Westafrika gehen lässt, ihr Gold
geholt. Der Bericht des Kosmas Indicopleustes, auf den Peacock sich
beruft, lautet wörtlich®?): „Die Sasu genannte Landschaft liegt nahe dem
Ozean, wie auch der Ozean dem Weihrauchlande benachbart ist, und hat
viele Goldbergwerke. Ein ums andere Jahr schickt der König der Axu-
miten durch den Befehlshaber des Agaou-Landes dorthin besondere Leute
des Goldhandels wegen, denen sich auch viele andere Handelsleute an-
schliessen, so dass es über 500 Männer sind. Sie bringen aber dorthin
Rindvieh und Salz und Eisen.“ — Nachdem dann der stumme Handel
seschildert ist, wobei wir erfahren, dass die Eingeborenen das Gold in
Körnern bringen, die sie Zayyaoa nennen, heisst es von der Rückkehr:
„Bei der Rückkehr reisen sie geschlossen und bewaffnet, weil gewisse
Leute des Gebietes, das sie durchziehen müssen, sie bedrohen und ihnen
das Gold abzunehmen suchen. Bei solchem Verhalten machen sie die
Expedition in sechs Monaten hin und zurück; indem sie den Hinweg
langsamer reisen, vor allem wegen des Viehs, den Rückweg aber schneller,
damit nicht die Unwetter und Regengüsse sie auf dem Marsche über-
raschen. In jenen Gegenden ist nämlich die Quelle des Nilflusses und
zur Regenzeit strömen infolge der vielen Regengüsse zahlreiche Flüsse
aus ihm auf den Weg.“ So viel geht aus dieser Beschreibung hervor,
1) Barth IV, S. 605.
2) Ausgabe von Montfaucon, S. 139 f.
Ein zweites Goldland Salomos. 35
dass die Expeditionen nach Sasu nilaufwärts gingen in ein Gebiet, wo es
an Rindvieh, Salz und Eisen fehlte. Nun findet sich aber im Süden
Abessiniens am blauen Nilin Fazokli und ebenfalls in dem noch südlicher
gelegenen Reich Kaffa, der Heimat des Kaffees, Gold. Vielleicht dürfen
wir dort das Ziel der Sasu-Expeditionen suchen. Jedenfalls kann es nicht
Westafrika sein, da Sasu als der Weihrauchküste angrenzend, aber weit
von der ins Innere sich erstreckend geschildert wird, und da dorthin Salz
gebracht wird, was in Westafrika nicht nötig ist. Die Entfernung von
Axum nach Sasu ist weniger als von Axum nach Alexandrien, letztere
gibt er auf 60, erstere auf plus minus 50 Tagereisen an!). Übrigens
spricht Plinius*) auch von einem Berge Pangäus im Süden Athiopiens,
der goldführend sei und Agatharcides*) beschreibt uns den Bergbau-
betrieb Bischarins im Norden Abessiniens, wo ebenfalls reiche Goldlager
waren, die aber als Sasu nicht in Betracht kommen‘). Nach de Barros
III,,, wird auch im Westen Abessiniens Gold gefunden.
Ehe wir nun auf den von Peacock erwähnten Schlangenkult näher
eingehen, ist noch kurz ein anderer Weg zu betrachten, auf dem An-
regungen und Einflüsse höherer Kultur zu Lande in unser Gebiet von
der Westküste Afrikas eingedrungen sein könnten. Das ist der Weg von
der Nordküste Afrikas quer durch die Sahara. Die älteste griechische
Nachricht, die wir darüber haben, findet sich bei Herodot, der II}, von
den Nasamonen erzählt, dass sie durch die Wüste bis zu einer an einem
von Westen nach Osten fliessenden Strome gelegenen Stadt, die von
Schwarzen bevölkert gewesen, vorgedrungen seien, ohne Zweifel eine
Stadt am Niger. Aus karthagischer Zeit hören wir dann von den Reisen
des Mago°): Mago Carthaginiensis ter Africae deserta aquis carentia
peragravit sicca polenta victitans absque potu. Später sandten die Römer
ihre Heerführer auf Karawanenpfaden über die Sahara nach dem Sudan,
Gallus, Suetonius Paullinus, Septimius Flaccus, Balbus, Maternus. Uber
des letzteren Reise haben wir die spezielle Angabe, dass er vier Monate
gebraucht habe, um nach Agisymba zu kommen®). Unter Agisymba ist
an dieser Stelle keine Stadt (etwa Simbabwe in Siidafrika) zu verstehen,
sondern wie in der Geograph. Compend’). das Land benachbart den
Aldiones dvdownöpayoı, die am foayeia Baddoon wohnen, d. h. den Niam-
Niam, deren Wohnsitze sich bis znm Tschadsee erstreckt haben; wohnen
sie doch auch bei Edrisi S. 4 südlich von Ghana, also in diesen Gegen-
den. Aber hat man damals nun auch von Norden her wirklich schon
eine genauere Kenntnis der Länder südlich der Sahara gehabt? Da fällt
1) S. 188.
2) VII, 57.
3) Bei Lock, Gold S. 7.
4) Bemerkenswert ist aber, worauf mich Prof. v. Luschan aufmerksam gemacht,
dass abessinische und westafrikanische Dachhelme beinahe identisch sind, was auf
irgendwelche Beziehungen hinweist.
5) Nach Roscher S. 70
6) Ebenda S 92.
7) GGM. 11 8. 498.
36 Dahse:
das sehr ins Gewicht, was man gerade in diesem Jahre von Ruinen aus
alter Zeit in diesen Gegenden gehört hat. Da ging im Frühjahr die
Nachricht durch die Zeitungen, dass nach dem Journal officiel du Haut-
Senegal = Niger der Kommandant von Sinder auf einem Streifzuge im Nord-
osten von Air und an der Ostgrenze dieses Gebirgsmassivs merkwürdige
Altertümer aufgefunden habe. Nach Aussage der Tuareg soll hier vor
Jahrhunderten eine weisse Bevölkerung gesessen haben; übrigens eine
Aussage, die man schon früher ähnlich gehört hat, spricht doch schon
Ibn Batuta von weissen Christen, die Gasthäuser am Niger gehabt hatten*).
Die neuen Funde sind Grabdenkmäler, Inschriften und Zeichnungen,
Ruinen von Brunnen und Bauten, die davon zeugen sollen, dass dort
einst eine nichtrömische Bevölkerung ansässig gewesen sein müsse. Diese
Entdeckungen des Kommandanten von Sinder beweisen, dass die Oasen
der Sahara in früheren Zeiten kulturfähiger und bewohnter gewesen sind
als jetzt; dann wächst aber auch die Wahrscheinlichkeit, dass der Handels-
verkehr zwischen Nordafrika und den Gebieten südlich der Sahara aus-
gedehnter gewesen ist, als man sich denkt. Wie die zentralafrikanische
Karawanenstrasse vom oberen Nil zum Tschad seit Jahrtausenden nie auf-
gehört hat, ein Verbindungsweg von Osten nach Westen zu sein; so hat
auch stets eine Karawanenstrasse vom Norden nach dem Süden bestanden.
Wenn Leo Africanus?) sagt, dass erst im Jahre der Hedschra 380 (= 990)
der Verkehr mit dem Negerlande angeknüpft sei, so spricht dagegen
schon der Umstand, dass schon im Jahre der Hedschra 60 (= 679/80) in
Ghanata ein mohammedanisches Stadtviertel mit 12 Moscheen gewesen
sein soll®). Und Leo selbst lässt den Gründer der ältesten Songhai-
Dynastie bei Beginn der Hedschra aus Libyen nach Kukia kommen
und dasselbe zu seiner Hauptstadt machen. Diese Stadt bildete auf der
einen Seite den Anfang der ägyptischen Karawanenstrasse und es heisst
von ihr, dass sie der Haupthandelsplatz für das Gold des Negerlandes
war und als Gegenwert ausserdem mit Salz, Muscheln, Kupfer und Glas-
perlen handelte‘). Das Gold aber, das Kukia erhielt, kam von Sansanne
Mangu, der alten Mandingo-Niederlassung in unserer Togokolonie. Auch
von der zweiten Hauptstadt des Songhai-Reiches, von Gagho, wird be-
richtet, dass dort im Anfang des 16. Jahrhunderts der Goldhandel einen
schr bedeutenden Umfang erreicht habe und auch dorthin aus den
Aschantiländern gekommen sei. Ja noch zu Barths Zeiten ging ein Teil
des Goldes aus diesen Ländern nach Kano), und von den noch weiter
östlich gelegenen Gegenden berichtet schon 1517 Leo Afrikanus, dass der
König von Bornu sogar Hundeketten aus Gold gehabt habe, das aber aus
unseren Gegenden dortlin gekommen sein wird®). — Aber der Handel
1) Ritter, Gesch. der Erdkunde, 166 ff.
2) Barth IV S. 603.
3) 8. 601.
4) S. 607.
5) V 21 f.
6) Soetbeer, Ergiinzungsheft zu Petermanns Mitteilungen, Nr. 57 S. 44, und
Herborner Ausgabe S. 495.
Ein zweites Goldland Salomos. 37
Songhais ging auch direkt nach dem Norden, wo Agades noch heute die
Songhaisprache spricht. Dies wird dadurch bewiesen, dass im 10. Jahr-
hundert nach Abu Obeid in Agades verarbeitete Goldfäden aus den Ländern
der Schwarzen gegen bearbeitetes Kupfer, blau und rot gefärbte Stoffe
eingetauscht wurden!); dass schon frühe Tademekka?) (= es Suk) „das
Ebenbild von Mekka“ neun Tagereisen von Gagho und 40 von Gadames
als Handelsplatz eine Rolle spielte und dass noch 1892 in der Haupt-
stadt von Fezzan, in Murzuk*), dem Treffpunkt der transsaharanischen
Karawanenstrassen der Goldstaub der Aschantiländer als Münze diente.
Nach Mungo Park handelten die Bewohner von Fezzan sogar mit Kong‘).
Sehen wir uns nun danach um, woher die als Ausgangspunkte der Karawanen-
strassen bisher genannten Orte Sansanne Mangu und Kong ihr Gold er-
halten haben, so berichtet Nachtigal, dass von Bontuku, der Hauptstadt
von Giaman, die Karawanen mit Goldstaub über Salaga nach dem Innern
gehen). Nach Bontuku aber kommt, wie Christaller mitteilt, viel
Goldstaub von einem wilden Volke zu Lobi in Tausch gegen Kauris’).
Lobi aber bringt seinen Goldstaub auch nach Kong, wo es weder Eisen
noch Schmiede gibt und empfängt dafür Kupferbarren und Sklaven. Von
Kong aber geht das Gold nicht nur nach dem Osten, sondern auch nach
dem Westen nach Djenni in Tausch gegen Baumwollegewebe und
Pfeffer’). So sehen wir, die Hinterländer von Aschanti sind die Quellen
des Goldes.
Noch ein Punkt inbetreff des Goldhandels ist aber der Erwähnung
wert, da er an Ähnliches in Altägypten erinnert. Wie im alten Pharaonen-
lande kommt auch in einem Teile von Westafrika das Gold auf den
Markt in Gestalt von Ringen. So berichten Barth®) und Lenz’) von
Timbuktu und Dubois’) von Djenni. Da jedoch nach Timbuktu das
Gold nicht aus unserem Goldgebiet kommt, sondern dorthin aus Bambuk
oder Bure gebracht wird, so kommt jene Ringform des Goldes als etwaige
ägyptische Reminiszenz für unseren Goldbezirk nicht in Betracht. Das
Charakteristikum der Aschantiländer ist nicht der Goldring beim Gold-
handel, sondern der Goldstaub!!). Auf das zweite westafrikanische Gold-
gebiet, das von Bambuk und Bure, das eben erwähnt wurde, kann in
dieser Untersuchung nicht näher eingegangen werden; jenes liegt zwischen
Senegal und Gambia, dieses an der linken Seite des Dscholiba, also weit
entfernt vom Zentrum des westafrikanischen Kulturgebietes, das wir hier
1) Stüwe, Handelszüge der Araber, S. 116.
2) Barth V 1%.
3) „Ausland“ 1892 S. 6.
4) Travels in the interior of Africa S. 535.
5) Persönliche Mitteilung an meinen Vater.
6) I S. 646.
T) Globus, Band 60 S. 20/21.
8) V 22.
9) Timbuktu U 149/150.
10) Tombouctou S. 205.
11) Wie P Staudinger mir mitteilte, kommt manchmal auch hier der Gold-
ring vor.
38 Dalıse:
im Auge haben. Das Gold dieser Gebiete geht ausser nach Timbuktu
vor allem nach dem Westen. Es war im Jahre 1618, als die erste eng-
lische Kompagnie zur Erforschung dieses Gebietes gegründet wurde und
1623 erschien eine Beschreibung einer dahin unternommenen Expedition
unter dem Titel: Der Goldhandel oder eine Entdeckung des Flusses
Gambia und des Goldhandels der Ätbiopier von Richard Jobson. Viel-
leicht bietet eine Fortsetzung dieser Studien Gelegenheit, darauf einzu-
gehen. |
Kapitel 6.
Völkerverschiebungen in Westafrika.
Wie oben erwähnt, hat Peacock in dem in Westafrika herrschenden
Schlangenkult ausländische Einflüsse vermutet. Er ist nicht der erste,
der solche Vermutungen geäussert hat. Seitdem Europäer nach West-
afrika gekommen, hat immer der westafrikanische Schlangenkult in den
Reisebeschreibungen eine grosse Rolle gespielt. Schon 1485 weiss man
davon zu erzählen. In der Reisebeschreibung von Snelgrave 1727
heisst est): Die Bewohner von Whida gingen morgens und abends hin
Fetisch zu machen, d.h. ihrem vornehmsten Gotte, welches eine besondere
unschädliche Schlange ist, ein Opfer zu bringen und ihn zn bitten, dass
er ihre Feinde an dem Übergang über den Fluss verhindern solle. „Sie
haben auch eine alte Erzählung, dass die Anrufung der Schlange um
Beistand sie allemal von einem bevorstelienden grossen Elende befreit
hatte. Ungefähr um dieselbe Zeit machte Atkins 1721 seine Reise
nach Guinea, auch er erzählt von dem Schlangenkult und meint Allg.
Hist.?): Die salomonische Flotte, die von Ophir-Zophala ihr Gold geholt,
sei bis zur Goldküste geschifft und habe daselbst eine mündliche Sage
von der alten Schlange oder der feurigen Schlange, die Moses in der
Wüste aufgerichtet, hinterlassen. Er führt aber auch die Meinung anderer
an, dass der Schlangendienst von dem Nutzen der betreffenden Schlangen
hergekommen sein könnte. Auch in Aschanti gilt die Pythonschlange als
heilig. Ramseyer und Kühne?) fanden während ihres Transportes nach
Kumassi am Ende eines Aschantidorfes ein Fetischhaus, in dem ein kegel-
förmiger, weissgetünchter Erdhaufen die Begräbnisstätte einer Python-
schlange bezeichnete, mit einer Vertiefung oben, um dem Fetisch Palnı-
wein hineinzugiessen, während daneben eine geschnitzte Menschenfigur
mit Zeugkappe auf dem Kopf und Schwert in der Hand Wache hielt.
Aus unsern Gegenden ist, wie bekannt, der Voduismus mit den Negern
nach Mittelamerika gekommen und wird dort noch heute, z. B. in Surinam
geübt?) An und für sich ist solch ein Schlangenkult ja nichts be-
sonderes und um nichts merkwürdiger als irgend ein anderer Tierdienst.
1) Allg. Hist. III 545.
2) IV 348.
3) S. 57.
4) Westermann, Wörterbuch der Ewesprache S. 13* und P. Staudinger,
ZE. 1904 727.
Ein zweites Goldland Salomos. 39
Das Merkwürdige ist nun aber das, dass die Dächer der Städte Benins,
schon als die ersten Europäer 1485 davon hörten, mit ehernen Schlangen
bedeckt waren und dass das Schlangenmotiv in allen Kunstarbeiten unseres
Gebietes eiu immer wiederkehrendes Motiv bildet (siehe Abb. A Nr. 1, 2).
Nyendael!) sah in Benin oben auf einem Tor eine grosse kupferne
Schlange und fand Menschenköpfe in Kupfer gegossen. Und als 1897
die Engländer in Benin einzogen, da fanden sie ausser den anderen
wunderbaren Bronzestücken und Elfenbeinschnitzereien auch eine dieser
ehernen Schlangen auf einem der Häuser des Königs liegen. Errichtung
von ehernen Schlangen und dazu die oben erwähnte Sage, dass die An-
rufung der Schlange um Beistand allemal Hilfe gespendet habe — da
fällt einem doch unwillkürlich die Stelle des Alten Testament Numeri 21,
ein: „Da machte Mose eine eherne Schlange und richtete sie auf zum
Zeichen; und wenn jemanden eine Schlange biss, so sah er die eherne
Schlange an und blieb leben.“ Auf irgend eine Weise scheint hier eine
Jüdische Beeinflussung vorzuliegen. Da wir oben wahrscheinlich gemacht
haben, dass Benin zu Nubien Beziehungen gehabt hat, so dürfte auch
dieser Schlangenkult dorther stammen. Und da selıen wir nun, wie erstens
an der Grenze Nubiens schon im 6. und 5. vorchristlichen Jahrhundert
Juden sassen?), bei denen sich ein Dienst der Schlange erhalten haben
kann. Zweitens aber stand Nubien in jener Zeit in enger Beziehung zu
dem Amon von Theben?), in dessen Tempelbezirk nach Herodot II,
heilige Schlangen bestattet wurden®). Damit dürfte die Herkunft dieses
westafrikanischen Schlangenkultes aus Nubien als höchstwahrscheinlich
gelten.
Ausser der Schlangenverehrung gibt es in unserem Kulturgebiet aber
noch eine ganze Reihe Zeremonien, die mit jüdischen Ähnlichkeit haben.
Reindorf°) führt fünf Punkte solcher Art an, die man bei dem Ga-Volk
finden könne: 1. eine Art Taufe acht Tage nach der Geburt, 2. Benennung
der Kinder nach Grossvater, Grossmutter oder Vater und Erbrecht der
Kinder und nicht der Neffen, 3. Beschneidung, 4. Bestreichen der Pfosten
und Wände mit rotem Ton beim Herbstfeste und 5. Patriarchalisches
Regiment. Auch behauptet er, dass die Tracht des Hauptpriesters von
Accra Ähnlichkeit mit der des jüdischen Hohenpriesters habe®). Wilson?)
führt als jüdische Reminiszenzen noch weiter an: die Einteilung der
Stämme in Familien, wobei die Zwölfzahl häufig sei, nach Reindorf
und Ellis die Siebenzahl; ferner Verbot der Verwandtenheirat, Neumond-
fest, Trauergebräuche (das Scheren), Besessensein und Reinigungen; be-
1) Allg. Hist. IV 449.
2) RGG. I Spalte 100.
3) Spalte 216/17.
4) „In der Gegend um Theben gibt es heilige Schlangen, die den Menschen
nichts tun, ... diese begraben sie .... in dem Heiligtum des Zeus, denn diesem
Gotte sind sie heilig.“
5) S. 23/24,
6) 8. 6.
T) Westafrika S. 163.
40 Dahse:
sonders macht er darauf aufmerksam, dass bei den blutigen Opfern Altäre
und Pfosten besprengt würden. In der Allg. Hist.!) wird die Meinung
einiger Europäer angeführt, dass in Ardrah und Whida die Beschneidung
und Namengebung von den Juden herkämen, wie auch die Sitten, dass
die Neger den Mond verehren um die Zeit, wenn die Juden dieses Fest
begehen, dass sie ihres Bruders Weib heiraten und viele alttestament-
liche Namen hätten. Der Verfasser jenes Reiseberichtes ist der Ansicht,
dass das alles von den Mohammedanern stamme, mit denen Ardrah und
Whida handeln, während der Herausgeber des Sammelwerkes meint, es
käme manches wahrscheinlich von den Franzosen und Spaniern her. Khe
aber diese Frage, ob auch in diesen Punkten eine Abhängigkeit vom
Judentum vorliegen könne, erörtert werden kann, fragt es sich, ob denn
heute noch dieselben Volksstämme in unserem Gebiete sitzen wie vor
Jahrhunderten bzw. welche Verschiebung im Laufe der Zeit die Be-
völkerung unseres Gebietes erlitten hat.
Da haben wir oben schon gesehen, dass im westlichen Teile der Gold-
küste sich ein Rest älterer Bevölkerung erhalten hat, der teils Awowin
(in Asini, Amanahia [Apollonia], Awowin, Ahanta und Wasa), teils Obutu
(in Gomoa und Aguna) spricht?), beides wahrscheinlich Dialekte der
Guansprache, die ihr Hauptverbreitungsgebiet nach Christaller?) bei
Salaga und nach Westermann‘) von Kraty bis Ntschumru, in der Land-
schaft Nta-Gondja hat. An Besonderheiten aus diesem Teil der Gold-
kiiste ist erwähnenswert, dass man in Ahanta nach einer Woche von zehn
Tagen rechnet®), dass in Aguna jahrhundertelang Königinnen die
Herrschermacht inne hatten (1694 wird uns z. B. von einer solchen be-
richtet®) und dass Wyete, der erste König von Obutu eine Fülle von
Goldschmuck an seiner Person gehabt habe’). Diese älteste Bevölkerung
der Goldküste wurde von den Fantistämmen vorgefunden, als sie zusammen
mit den Aschantis und Giamans aus dem Norden (Takyiaman) in das
Gebiet eingezogen®). Besonders mit den Leuten von Asabu, östlich von
Elmina, hatten sie einen harten Kampf zu bestehen®). Die ursprüngliche
Heimat der Tschivölker (Fanti, Aschanti, Giaman) ist nun aber nicht
Takyiaman gewesen, sondern ein Gebiet jenseits Salaga!). Dafür sprechen
sprachliche, geschichtliche, kulturgeschichtliche Gründe. In der Fanti-
sprache gibt es viele Bezeichnungen für Pflanzen und Tiere, die in den
jetzigen Wohnsitzen der Fanti nicht, wohl aber in den nördlichen und
nordöstlichen Gegenden vorkommen. An solchen Tiernamen haben wir
1) Band INS 134/155.
2) Christaller I S. 664.
3) I S. XVII.
4) Wörterbuch S. 32”.
5) Ellis, the Yoruba-speaking people S. 143.
6) Allg. Hist. III S. 404.
7) Reindorf S. 4.
8) CB. II 324; Christaller I S. 646 African Times 1877 S. 27.
9) Reindorf 8.8.
10) Connolly, Social Life in Fanti Land S. 131.
Ein zweites Goldland Salomos, 4}
in Christallers Lexikon der Tschisprache: Das Pferd oponko, die Kuh
nantwi, den Elefant esono, den Löwen gyata. Gerade diese Tiere finden
sich aber nach Ramseyer!) in dem Steppenland im Norden, von dem
die Landschaft Nta mit den Städten Salaga und Daboya den wichtigsten
Teil bildet. Dort lebt man meist von Mais; Bananen und Jams sind un-
bekannt. Dort trifft man gelegentlich noch heute den Elefanten und
Löwen, und die Steppenbewohner, meist Mohammedaner, haben grosse
Herden von Schafen und Rindern, gute Pferde und Kamele. Nun
stammen aber auch die Eweer aus dem Norden?). Nach einer Ewe-Über-
lieferung?) sollen ihre Vorfahren mit den Tschiern und Aschantiern, nach
Kw. auch mit den Gaern, aus „Amedschowe“, dessen Lage man nicht
mehr kennt, „weit hinter Atakpame in der Richtung auf eine grosse
Wüste“ ausgewandert sein, weil sie sich die Tyrannei ihres grausamen
Königs, der sie zwang, mit Dornen und Kaktus vermischten Lehm zu
treten®), nicht länger gefallen lassen wollten. Es fragt sich nun, wer hat
ursprünglich nördlicher gewohnt, die Ewe- oder die Tschivölker? Darüber
lässt sich folgendes ermitteln.
Nach Christaller hat die Guansprache, die um Salaga gesprochen
wird, fast keine Berührungspunkte mit dem Ewe5), dagegen stehen Ewe
und Tschi sich nahe. Daraus folgt, dass von diesen beiden letztgenannten
Stämmen, die ursprünglich schon Nachbarn gewesen sind, die Tschi-
zwischen den Guan- und Ewestämmen ihren ursprünglichen Wohnsitz ge-
habt haben werden; dass die Guanbevölkerung das älteste Element dar-
stellt, wurde oben schon mitgeteilt; die Ewestämme müssen nun aber, da
sie am wenigsten mit den Guan gemeinsam gehabt haben, am weitesten
von ihnen gewohnt, also nördlicher als die Tschi ihren Wohnsitz gehabt
haben, wie die einheimische Überlieferung sagt, näher „der grossen
Wüste“. Nach der eigenen Überlieferung sind aber die Eweer nun auch
später zu einer höheren Kultur gekommen als die Tschi- und Gastärnme.
Denn den äusseren Glanz des Königtums haben sie bei den Aschantiern
gesehen) und die Aschantier bekamen ihn aus Denkera?). Von den
Tschiern lernten sie nach A. Y. das Trommeln und den Gesang®). Und
die Gaer, denen zuerst ein Europäer Flinten, Schwert, Messer und Hacke
gegeben und deren Gebrauch sowie überhaupt Ackerbestellung und
Häuserbau gezeigt, seien in all diesen Dingen ihre Lehrmeister ge-
worden®). Aus diesen Überlieferungen geht hervor, dass die Tschi- und
Gastämme eher eine höhere Kultur hatten als die Eweer. Einen weiteren
Beweis dafür gibt uns die Vergleichung der Sprachen dieser Stämme.
Während die Eweer für die meisten Metalle nur das eine Wort ga haben
1) S. 290 unter Seremu,
2) Spieth, Ewe-Stamme S. 10.
3) S. 2.
4) 8.4,
5) II S. XX.
6) Spieth, S. 94.
T) erst 1719 von Aschanti unterjocht Christaller I S. 638.
8) Spieth S. 96.
42 | Dalıse:
und durch Hinzufügung der Bezeichnung der Farbe die verschiedenen
Arten unterscheiden: ga dzé rotes Metall (Kupfer, Messing) ga yibo
schwarzes Metall (Eisen) ga gi weisses Metall (Zink, Zinn) und nur das
Blei mit einem besonderen Namen tsumi („Kot, Exkrement des Tons“)
bezeichnen, hat die Tschisprache für die verschiedenen Metallarten ver-
schiedene Namen awowa Kupfer, dade Eisen, sanya Zinn; die Tschi-
stämme scheinen also länger damit in Berührung gewesen zu sein. Gold
wird von beiden Sprachen mit demselben Worte sika bezeichnet, während
das Silber in Ewe klosalo, in Tschi dwete heisst. Beachtenswert ist, dass
beide Völker auch den Reis (Ewe: mo; Tschi: e-mo) und die Guitarre
(Ewe: sanku; Tschi: o-sanku) mit demselben Worte bezeichnen; de müssen
beides also wohl durch dieselben Kulturträger erhalten haben.
Nun hat es aber einst nördlich von Salaga ein grösseres Reich, be-
stehend aus den Landschaften Gondja und Dagomba, mit der Hauptstadt
Yendi gegeben, das durch seine Kunstfertigkeit hochberühmt wart).
Bowdich berichtet uns?) noch vor 100 Jahren, dass die Leute von Da-
gomba sogar die Aschantier in der Goldschmiedekunst übertroffen hätten.
Nach Dupuis war die Hauptstadt dieses Reiches hochberühmt wegen
ihres Reichtums und ihrer Erzeugnisse’). Und diesem Reiche benachbart
näher zum Niger hin, nordwestlich von Benin lag Borghu, dessen Haupt-
stadt Nikki‘) als Verarbeiterin des aus den heutigen Aschantilandern
kommenden Goldes weitbekannt war und endlich noch der Erwähnung
wert Rabba und Bida, die Städte von Nupe, nördlich von Benin, deren
Glasindustrie hervorragend war). Zu diesem Kulturbezirk, dessen Haupt-
ort Benin war, gehörten in ihren früheren Wohnsitzen auch schon die
Tschistämme, woraus sich ihre die Eweer übertreffende Kultur erklärt.
Ausser der Guan- und Tschisprache wird nun aber an der Goldküste
in ihrem östlichen Teile noch die Gasprache gesprochen, vor allem in
Accra. Nach einer einheimischen Tradition sollen die Gaer samt den
ebenfalls Ga sprechenden Adangmeern aus dem Osten in ihre jetzige
Heimat eingewandert sein, aus einem Lande Tetetutu oder Saıne zwischen
zwei breiten Strömen®). Danach haben sie jedenfalls einst östlich vom
Volta gesessen und westlich von Benin. Letzteres soll einst die Ober-
hoheit über diese Stämme gehabt haben, was in folgender Sage zum Aus-
druck kommt‘). Einst sei ein König Ayi Kuschi mit zwei Prinzen ge-
landet, von denen der eine über Accra, der andere über Akem berrschen
sollte. Nachdem er diesen das Schwert ausgehändigt, sei er wieder ab-
gefahren. Reindorf bringt diese Sage in Verbindung mit der Ober-
herrschaft Benins, dessen Herrscher jene Könige eingesetzt haben könne,
1) Dupuis 8. XLVIL u. XLIX.
2) S. 209.
3) S. XC.
4) S. LVIII u. CXIIf „Nikki is the great mint of Soudan south of the Niger
as Bornou is that of the north.
5) Staudinger in ZE 1898 (195) 1906 S. 251.
6) Reindorff S 6.
T) S. 4.
Ein zweites Goldland Salomos. 43
wie es ja Tatsache sei, dass einst die Könige von Lagos von Benin ein-
gesetzt wären, ein Beweis für die einst bedeutend grössere Ausdehnung
Benins. Auch macht Reindorf darauf aufmerksam!), dass die Insignien
des Königs von Akkra mit denen von Benin identisch seien und ebenso
die meisten religiösen Zeremonien, wie z. B. killing the sacrificial ani-
ınals with sharp stones instead of knives.
Nach dem bisher Dargelegten haben wir nun also in unserer heu-
tigen Togokolonie von Süden nach Norden in alter Zeit folgende Reihe
von Stämmen wohnen, die Gastämme, die Guanstämme und die Tschi-
stämme, ‚die alle drei das gemeinsam haben, dass sie nach Wochen von
sieben Tagen rechnen, während die Ewevölker ursprünglich die viertägige
Woche hatten?), die man jetzt noch ganz im Norden z. B. in Wangara
kenut*). Östlich in Yoruba*) und Benin®) hat die Woche fünf Tage, west-
lich bei den Ahantas, wie schon erwähnt, zehn Tage. Jene ursprüngliche
Reihenfolge der Stämme in unserer Togokolonie hat nun dadurch eine
Verschiebung erlitten, dass die Ewevölker aus den Nigergegenden, wo sie
in stark befestigten Städten gewohnt haben, vertrieben wurden. Sie
schoben die Tschistämme westlich nach Takyiman, drängten die Guan-
stämme zur Seite und trieben die Gastämme über den Volta. So wurde
in das ursprünglich so grosse Beninreich ein Keil gesprengt von Völker-
schaften, die auf einer niedrigeren Kulturstufe standen als die Bewohner
von Gross-Benin. Wie für die Tschistimme Takyiman, so war für die
Ewestämme Nodschie Zwischenstation®). Von letzteren trennten sich die
Fonstimme und zogen nach Dahome’); den am weitesten nach Westen
vorgedrungenen Teil der ersteren bilden die Agni in der Landschaft Baule
an der Elfenbeinküste, die um 1750 in ihr jetziges Wohngebiet, wo ehe-
dem die Gouros wohnten, einwanderten®). Hinter den Ewevölkern her
werden viele der Völkerschaften gewandert resp. getrieben sein, deren
Reste wir jetzt im Hinderlande Togos mit seinen zahlreichen kleinen
Sprachinseln finden. Um der Sklaverei im Norden zu entgehen, zog man
gen Süden und bot dort den weissen Sklavenhändlern willkommene Beute.
Ist unsere Hypothese von den ursprünglichen Sitzen der Ewe-, Tschi-,
Guan- und Gastämme richtig, so müssen sich bei den Ewevölkern weniger
Berührungspunkte mit Benin zeigen als bei den übrigen genannten
Stämmen. Dies ist aber in der Tat der Fall. Von der für Benin charak-
teristischen Schlangenverehrung finden wir im Ewegebiet nur da etwas,
wo Einflüsse von der Tschi- oder Yorubaseite stattgefunden haben, nicht
aber bei den eigentlichen Eweern. Wohl wird an der westlichsten Grenze
Togos in der Landschaft Avatime der Stadttro von Gadze in einer roten
1) S. 3.
2) Spieth, S. 311.
3) MFSch. XI S. 142.
4) Ellis, the Yoruba... 143.
5) Allg. Hist. IV S. 458.
6) Spieth, S. 2.
7) Spieth, S. 54*.
8) PAnthropologie 1900, S. 431ff. und Chatelier, l'Islam S. 72.
44 Dahse:
Schlange verehrt, der vor der Reissaatzeit und vor der Reisernte geopfert
wird!). Aber die Vorfahren der Avatimer sind von der westlichen Seite
des Voltagebietes?), aus dem jetzigen Gasprachgebiet in den Jahren
1680—90 nach Togo eingewandert. Damals sollen nach einer Sage die
Vorfahren des Volkes, naclidem sie auf den Bergen angekommen waren,
unwissentlich ihre Häupter auf eine Schlange gelegt haben, die ihnen aber
nichts zu leide tat. Daher wird jene rote giftige Schlange verehrt, wäh-
rend alle übrigen Schlangen getötet werden dürfen. Mit dieser Schlangen-
verehrung hat also das eigentliche Ewevolk nichts zu tun. Und wenn
nun weiter heutzutage in dem in Ewe so verbreiteten Yewekultus die
Verehrung der Schlange eine grosse Rolle spielt, so ist dieser Yewekult
in Ewe noch gar nicht alt?) und er wird von den Eingeborenen stets als
aus dem Osten, von Yoruba über Dahome, gekommen bezeichnet, dort
ist man „im Bauche der Schlange“ da wo me, wie Dahome gedeutet wird.
Aus Yoruba aber stammen nun auch, wie die Sprache beweist, die Leute,
unter denen auch noch der Schlangenkult im Togogebiet sehr verbreitet
ist, die Bewohner von Atakpame®). Bei ihnen herrscht eine Sage von
der Regenbogenschlange. Man erzählt sich in Atakpame, dass die schönen
blauen Perlen, die man in der Erde fände, die Exkremente der Regen-
bogenschlange seien, die zur Erde fallen, wenn die Regenbogenschlange
sich zum Himmel aufbäumt. Schon 1858 berichtet darüber der Bremer
Missionar Schlegel°), dass diese Regenbogenschlange besonders im Innern
des Ewelandes göttlich verehrt wird. Nach ihm erzählten die Eweer sich,
dass die feinen, wunderschönen roten, dunkelblauen und hellbraunen
Perlen, die aus dem Leibe der Riesenschlange herkommen, in Weda in
Dahome aus der Erde gegraben werden. Man sieht deutlich, auch dieser
Schlangenkult ist aus dem Osten gekommen.
Neben der Schlangenverehrung ist die Metallindustrie für Gross-Benin
charakteristisch. Da hat schon Klose, Togo S. 262, darauf hingewiesen,
dass sich in unserer Kolonie nur wenig Goldschmiede fänden, deren Arbeit
vielmehr von den Schwarzschmieden ausgeführt werden müsste. Wie ganz
anders bei den Ga- und Tschileuten und welche Kunstfertigkeit in Benin!
Dass in unserer Togokolonie seit alten Zeiten Eisen gewonnen wurde,
zeigen viele Spuren, vor allem die Hochöfen von Sandrokofi; nach der
Überlieferung der Eweer haben auch schon ihre Vorfahren Eisen ge-
wonnen und geschmiedet®). Ob sie diese Kunst mit aus ihrer ursprüng-
lichen Heimat gebracht, oder erst in der neuen Heimat gelernt haben,
muss dahin gestellt bleiben. Interessant ist, dass in Hinsicht des Schmiede-
fetisches Ga- und Ewestämme Berührungen zeigen. Bei Jen Gaern, die
zum Leidwesen Reindorfs’) heutzutage die Schmiedekunst nicht mehr
1) Missionsblatt d. N. M. 1889, Nr. 11 S. 105.
2) ebendaselbst 1910, Nr. 9 S. 98.
3) Westermann, Wörterbuch S. 31*.
4) Plehn, Beiträge zur Völkerkunde des Togogebictes S. 7.
5) Spieth S. At,
6) S. 90, 92, 94.
4) S. 272.
mm y A oe. — & Qe —— o TY arr, mm U mm. - Er SEEN, | «eee
rn
— yo
Ein zweites Goldland Salomos. 45
betreiben, sie früher aber eifrig geübt haben, heisst der Schmiedefetisch
Ligblö!); in der Ewesprache ist gbla der Anführer der jetzt nicht mehr
existierenden Schmiedekaste?) und Sogbla der Gott des Schmiedes?). Jeden-
falls haben die Eweer, falls sie etwas von der Kisengewinnung kannten,
ihre Kunst in den früheren Sitzen des Gastammes vervollkommnet und
von den älteren Bewohnern auch die Bezeichnung für den Oberschmied
übernommen. Dann sind noch zwei Punkte zu erwähnen, die die Eweer
in der neuen Heimat von den Gaern angenommen haben müssen. Erstens
die Beschneidung, die sich nicht bei den Nachbarn ihrer früheren Heimat,
bei den Tschi und auch nicht bei den heute im Hinterlande der Togo-
kolonie wohnenden*) Tappa, Ntschumuru, Gonya, Bron, Adele, Anyanga,
Tschautscho, Tschamba, Bassari, Semere, Sugu, Kabure und Sogba findet,
wohl aber bei den Ga. Und zweitens haben die Eweer die spitzen Dächer
ihrer Heimat®) gegen die Giebeldachhäuser der Küste, das Hauptmerkmal
des westafrikanischen Kulturkreises®) eingetauscht.
Es ist, denke ich, nunmehr zur Genüge nachgewiesen worden, dass
die Ewevölker ursprünglich nicht zu dem westafrikanischen Kulturkreis
gehört haben. Wann sind sie in ihn eingedrungen?. Bei Spieth heisst
es, dass die Ewestämme etwa vor 300—400 Jahren in ihr jetziges Gebiet
eingewandert seien’). Damit würde ungefähr eine Überlieferung der Ga-
stämme stimmen. Denn nach Reindorf hatte in Accra der vierte König
nach der Einwanderung des Gastammes: Mankpong Okai die Gewohnheit
im Wagen zu fahren, was Reindorf dem Einfluss der Portugiesen zu-
schreibt®). Nicht allzu lange vor deren Ankunft muss also die Wanderung
der Galeute über den Volta in ihr jetziges Gebiet infolge des Einbruches
der Ewevölker stattgefunden haben. Bis dahin waren die Ga-, Guan-
und Tschistämme Nachbarn von Yoruba und Benin und bildeten mit dem-
selben ein grosses Reich. Da ist es denn kein Wunder, dass in den ein-
zelnen Teilen dieses Reiches gleiche Erscheinungen fremder Kultur zu-
tage treten, wie in Benin selbst. Hat es ein Gross-Benin gegeben, so hat
Gross-Benin auch gleichmässig fremde Einwirkungen erhalten. Für den
Schlangenkult haben wir eben das Eindringen aus dem Osten, von Nubien
her, wahrscheinlich gemacht. Über die Industrie ward gleichfalls schon
die Überlieferung erwähnt, dass die Glasindustrie in Nupe auf Juden
zurückgeführt wird, die aus dem Osten gekommen sein sollen. Mit Recht
sagt unseres Erachtens aber Mary Kingsley®), dass das Volk, das von
seiner Industrie ins Land brachte, auch einige Spuren seiner Religion
hinterlassen haben wird. Wie heutzutage die Haussahändler die erfolg-
reichsten Verbreiter des Mohammedanismus sind, so ist es wahrscheinlich,
1) S. 264.
2) Westermann, Wörterbuch S. 177.
3) Spieth 8. 846, 860.
4) ZE 1905 S. 67.
9) Spieth S. X.
6) ZE 1905 S. 56.
7) S. 11%.
8) S. 13.
9) West Afr. Stud. S. 143.
46 Dahse:
dass in alten Zeiten auch auf religiösem Gebiet in unseren Gegenden die
Juden, deren Vordringen bis hierher keine Hypothese mehr, sondern Tat-
sache ist, Anregungen hinterlassen haben. Was aber nun gerade von den
angeführten Parallelen zum Judentum wirklich auf die Juden zurückgeht,
und was davon gerade auf die aus dem Osten gekommenen Juden zurück-
geführt werden darf, muss vorläufig noch unentschieden bleiben, da auch
noch auf anderem Wege Einflüsse solcher Art ins Land gekommen sind.
Nur darauf möchten wir mit Nachdruck hinweisen, dass die Anregungen,
die Gross-Benin auf dem Landwege erhalten hat, nicht von Norden, und
nicht von Westen, sondern von Osten ausgegangen sind. Wie umgekehrt
Westafrika auf den Osten eingewirkt haben könnte, wird unten angedeutet
werden, Wir kommen nun zu dem anderen Wege, auf dem fremde An-
regungen und Einflüsse auf unser westafrikanisches Gebiet eingewirkt
haben, das ist der Seeweg.
Kapitel 7.
Spuren uralten Seeverkehrs I: Die aggry-beads').
Wir haben oben in Kapitel 2 gesehen, dass die Goldküste seit alten
Zeiten ein berühmtes Goldland gewesen ist, wir haben dann die Staaten
Westafrikas kennen gelernt, haben untersucht, welche Kenntnis die Alten
von diesem Teile Afrikas hatten, sind den Beziehungen Westafrikas zum
Östen und Norden nachgegangen und haben endlich auf Grund sprach-
licher, geschichtlicher und kulturgeschichtlicher Momente die ursprüng-
liche Besiedelung unseres Gebietes festgestellt. Nun fragt es sich, welche
Beweise wir dafür haben, dass dieses Gebiet in uralter Zeit wirklich auch
schon zu Schiffe besucht worden ist. Man hat die Forderung aufgestellt,
dass nur ein solches Land Ophir sein könne, das sich durch archäo-
logische Funde dafür legitimiere. Ebenso ist erst dann unser Beweis,
dass die Goldküste ein zweites Goldland Salomos sei, geschlossen, wenn
direkte Funde bzw. Reminiszenzen aus dem Lande selbst den indirekten
Beweis ergänzen. Diese Funde sind nun aber vorhanden.
Der französische Forscher de la Fosse berichtet”), wie bei den
Aen in der Landschaft Baule im Hinterland der französischen Elfenbein-
küste (westlich von Aschanti) sich ein Perlenberg fände, in dem man
früher ganze Skelette gefunden habe, die an Hals, Arm und Fuss Perlen-
kolliers, Bronzeringe und Goldschmuck getragen hätten. Trotz der
eifrigen Durchwühlung des Bodens fände mau noch jetzt an der an-
gegebenen Stelle wie auch in den andern Bergen von Safwi sowie im
dortigen Flusse Tano Grabstätten, die merkwürdige Glasperlen enthielten.
Dass diese Glasperlen einen auswärtigen Ursprung haben, spricht sich in
einer bei den Baule herrschenden Sage aus, dass einst Himmelssöhne mit
weisser Haut, grossen Ohren, langen Haaren unter Sturm und Regen zur
Bestattung ihrer Toten mittels eines Kessels und einer Kette vom Himmel
1) So nenne ich im folgenden alle voreuropäischen Perlen, wie der
Sprachgebrauch schwankt, zeigt Anmerkung 3 auf Seite 49.
2) Y’Antlıropologie 1900 S. 677—690,
Ein zweites Goldland Salomos. 47
herabgestiegen seien. Die Königin Pokou habe diese Himmelssöhne ge-
fangen und von ihren Toten sollen die im Perlenberg gefundenen Gegen-
stände stammen. Wenn andere Eingeborene behaupten, diese Perlen
würden aus kostbaren Steinen im Bette des Flusses Tano gewonnen, so
erklärt sich diese Annahme daraus, dass frühere Gräber jetzt vom Tano-
flusse überflutet werden.. Gerade solche Perlen finden sich nun auch an
der englischen Goldküste, im deutschen Togogebiet und östlich bis hin
nach Benin im Nigerdelta; in unserm ganzen Kulturgebiet wird gewissen
Perlen eine besondere Bedeutung beigelegt. So heisst es in der Allg.
Hist. von den Leuten von Benin: Ihr vornehmstes Fest ıst das Korallen-
fest, das im Mai gefeiert wird!). Leider weiss der Gewährsmann nichts
über die Art dieses Festes, dagegen erfahren wir über die Korallen bzw.
Perlen von fast allen Reisenden Näheres. Als ım Jahre 1554 die
englische Expedition von John Lock die Goldküste besuchte, heisst es
von den Eingeborenen von Cape Coast: they likewise make use of
collars, bracelets, garlands and girdles of certains blue stones like
beads). „Blaue Steine“ dienten ihnen also als Schmuck. Uber den
Fundort dieser blauen Steine erfahren wir etwas von Dapper 1670, der
berichtet, dass europäische Kaufleute in Benin sog. Akori aufkaufen:
„Dieses blaue Koral, das man mit Tauchen aus dem Grunde holet — denn
es wachset eben wie ein anderes Koral auf einem steinichten Grunde im
Wasser (das ist Dappers irrtümliche Ansicht von der Entstehung dieser
Perlen) — und davon die Eingeborenen länglich runde Korallen zu
schleifen wissen, führen die Holländer an den Goldstrand und verhandeln
sie allda den Schwarzen, deren Frauen sie zur Zierde in den Haaren
tragen?).“ Von Benin kommen also diese blue beads: In Ardrah treiben
die Holländer, in Praja und Offra die Engländer mit ihnen ein ansehn-
liches Geschäft). Auch nach der Ansicht noch anderer Reisenden holt
man solche Perlen aus dem Wasser: Der Fluss Forcado soll eine Art
blaue, grüne oder schwarze Steine enthalten haben, die von den Negern
hochgehalten, als Korallen gebraucht und auch auf der Goldküste in
hohem Werte sind’). Aber auch an der Goldküste selbst gibt es Fund-
stätten dieser blue beads. Von der Gegend von Issini®) heisst es bei
Loyer, dass man dort einen grünlichblauen Edelstein, wie Glaskorallen
aussehend, fände. „Die dort wohnenden Kompasschwarzen zerbrechen
ihn in sehr kleine Stückchen, die sie mit dem Feuerstein sehr geschickt
durchbohren, an Gras reihen und alsdann den Veteres (weiter im Innern)
verkaufen, die sich ihrer anstatt des Geldes bedienen. Was Loyer hier
von der Bearbeitung dieser „Steine* durch die Kompasschwarzen sagt,
dürfte „halb Mär, halb mehr“ sein. Richtig wird sein, dass jene
Schwarzen grössere Perlen in kleinere zerbrochen haben können. Dass
1) IV S. 458.
2 Ellis, history S. 26 27.
3) Deutsche Ausgabe 4%.
4) Allg. Hist. IV 431.
5) S 479.
6) III S. 454. 457 f.
48 Dahse:
sie aber diese „Steine“ mit dem Feuerstein durchbohrt hätten, erscheint
doch sehr unwahrscheinlich, zumal die Baule, die wie die Bewohner von
Issini im Gebiet des Tanoflusses wohnen, ausdrücklich von einem aus-
ländischen Ursprung dieser Perlen zu erzählen wissen; doch vergleiche
die von mir später angeführte Mitteilung Staudingers. Noch weiter
nach Westen, bei den Krunegern, so erzählt uns Wilson!), stehen eben-
falls blaue Perlen, von der Goldküste gebracht, in hohem Werte, man
schätzt sie höher als Gold. Infolge der weiteren Erforschung der Binnen-
länder hat man nun auch weitere Fundstätten der blue beads im Innern
des Landes gefunden, auch damit wird die Ansicht widerlegt, dass diese
Perlen noch heute gleich den Korallen in den Flüssen wüchsen, von
den Schwarzen heraufgeholt, geschliffen und durchbohrt würden. Graf
Zech berichtet?), dass auf den Märkten Tschambas diese blassblauen
Perlen feilgeboten wurden und dass nach den Angaben der Eingeborenen
an vielen Stellen des Hinterlandes von Togo, nämlich in Tschamba, Pedji,
Sugu, Dagomba, Mungu und Kapre diese Perlen aus der Erde gegraben
wurden. Nach Klose?) werden sie auf dem Markte von Kete von den
Reichen gekauft, und ebenso von den Haussa in Akpande im Lande Bo
feilgehalten. Graf Zech meint, es sei wohl denkbar, dass diese Perlen
einer Bevölkerung angehört hätten, die infolge grösserer Völker-
verschiebungen aus jenen Gegenden verdrängt worden sei, und dass
dieselben seinerzeit bei Bestattungen den Toten mitgegeben worden
wären. Nach ihm werden sie auch bei den Basarileuten auf den Märkten
verkauft und dort, wie auch im Logbagebiet, als Schmuck um den Hals
getragen. Gegenüber den von Graf Zech angegebenen zahlreichen Fund-
stätten dieser Perlen betont Plehn*), dass diese mattblauen Röhren, die
ziemlich teuer bezahlt würden, nur aus Atakpame und Pessi stammen,
und meint, irgendwo auf einer jetzt verlassenen Kulturstätte seien wohl
grössere Massen dieser Perlen aufgehäuft, die früher dorthin importiert
oder dort hergestellt wurden; man könnte ja an alte Grabstätten denken.
Plehn erwähnt auch die Sage von der Regenbogenschlange; von dieser
dürfte es gelten, dass sie einen etwa auf Atakpame und Pessi be-
schränkten Verbreitungskreis gehabt hat, während mit seiner Ansicht von
der Verbreitung der Perlen selbst Graf Zech im Rechte sein dürfte.
Kurz gesagt, finden sich diese Perlen im ganzen Kulturgebiet von Gross-
Benin.
Zu der Sage von der Regenbogenschlange gibt Zündel®) an, dass
einheimische, mit Glasperlen handelnde Kaufleute das Volk dort glauben
machen, diese Perlen stammten von der Haut einer einzigen ungeheuer
grossen Schlange, welche ihre Haut während ihres Verweilens im Freien
abgeschuppt habe. Zur Entstehung dieser Sage wird der Umstand bei-
1) Westafrika S. 91.
2) MFSch. XI S. 129.
3) Togo S. 330. 454.
4) Beiträge S. 12.
5) Berl. Z. f. Erdk. 1877 S. 417,
Ein zweites Goldland Salomos, 49
getragen haben, dass diese Schmuckperlen, wie Merensky sagt, tief in
der Erde gefunden werden, wie Wirbel einer verwesten Schlange, d. h.
als wenn sie eine Schnur gewesen. Auch Christaller!) meint, dass die
hauptsächlich aus dem Lande Benin stammenden, an der Gold- uud
Sklavenküste hochgeschätzten, aus einer ein- oder mehrfarbigen porzellan-
artigen Masse bestehenden Korallen wahrscheinlich einst Toten mit ins
Grab gegeben und daher jetzt wie an eine inzwischen verweste Schnur
gereiht in der Erde gefunden werden. Nach Ellis?) ist die Regenbogen-
gottheit den Ewe- und Yorubaleuten gemeinsam; bei letzteren heisst die
grosse Schlange der Unterwelt Oshumare, bei den Eweleuten Anyiewo.
Sie kommt ans Tageslicht, um Wasser zu trinken, und geht wieder an
die Enden der Welt, wenn sie ihren Durst gelöscht hat. Von ihr stammen
die blue beads (= Popo beads) und die aggry beads?). Schon gelegent-
lich erwähnten wir, dass auch Perlen mit andern Farben in Ansehen
stehen. Steinemann?) unterscheidet drei Sorten, die bei Popo aus-
gegraben würden, die fleischrote zui, die himmelblaue kploti und die
hellbraune dzagba. Diese drei Sorten wurden auch 1858 von Schlegel
erwähnt, bei Westermann, Wörterbuch, werden auch diese drei Namen
genannt, zu gbloti und sui wird nichts über ihre Farbe bemerkt, dagegen
heisst es von adzagba: eine längliche, durchbohrte, in der Erde ge-
fundene Perle von schmutzig roter Farbe, sehr teuer. Bemerkenswert
ist, dass dzonu Perle, auch Zauberding bedeutet und dzagbato (von
dzagba) Zauberlied. Diese Perlen gelten den Eweern unter allen be-
weglichen Gütern neben Gold- und Silberschmuck als das Höchste.
Früher verschaffte sich ein reicher Mann, so erzählt der Eweer bei
Spieth5), sui (rote Perlen), adzagba (wertvolle gelbe Perlen) und gbloti
(blaue Perlen) [es werden also immer diese drei Sorten aufgezählt], und
sehr lange silberne und goldene Ketten; heute legen sie aber nicht mehr
so grossen Nachdruck darauf. Nach Steiner®) bilden diese Perlen auch
auf der Goldküste den wertvollsten Familienschatz’), der mit Gold auf-
gewogen wird, und sie werden von Familie auf Familie vererbt. Unter
diesen ahene (ahene pa, ahene panyin) sind nach Christaller auch an
der Goldküste die gelben (bota = kakawa) die kostbarsten, er nennt
noch eine rote Art (nenkyinema) und eine adiaba, die der bei den
Eweern adzagba genannten Art zu entsprechen scheint; andere Namen
sind bodom, nnyane, asen und teteaso. Für die Landschaft Baule nennt
de la Fosse die Namen der blauen („dies die eigentlichen und kost-
barsten“) ouorye, der transparenten ouorye nzonin, der grünen akpekpo,
1) „Afrikanische Sprachen“ 8. 41.
2) The Ewe speaking people 8.48, the Yoruba speaking people S. 81.
3) Wie Ellis unterscheidet Reindorf 8.17 die blue beads von den aggry
beads und bezeichnet mit letzterem Namen S.3 die mosaic beads; in früheren
Zeiten wurden die blauen besonders agori genannt.
4) ZE. 1885 S. 110.
5) 8. 116.
6) Persönliche Mitteilung.
7) Sieben Sklaven sind für eine bei einer Schlägerei zerbrochene Perle zu
zahlen. Bowdich S. 210.
Zeitschrift für Ethnologie. Jahrg. 1911. Heft 1. 4
50 Dahse:
der gelben amane aloko und der weiss und schwarzen mouwa. Nach
Ellis!) werden auch bei den Fantiern in der Landschaft Wasa, dem
reichen Golddistrikt, die dort gefundenen gelben am höchsten bewertet,
während die Leute von Amanahea?) die blau und gelben vorziehen.
Abb. B. 1 Negerfetischkamm mit alten und modernen Perlen, arabischen Münzen
und astronomischen Darstellungen (vgl. Kap. 9). 2 u. 3 hölzerne Haarnadeln, 2 mit
einer kleinen durch den Kopf gehenden Hand, 3 mit Landesstuhl an der Spitze.
Ellis sagt, dass Perlen vorkämen with the most delicate flowers and
leaves in the centre; the majority consist of various strata of different
colours so imperceptibly blended, that one cannot detect any join or
1) West African Sketches S. 118.
2) Bowdich 8. 210.
Ein zweites Goldland Salomos. 51
division. Ich selbst besitze einen grossen Negerholzkamm, der ausser
anderen ganz kleinen (modernen) Perlen und zwei Münzen mit arabischen
Schriftzeichen sechs jener alten Perlen an hervorragender Stelle als
Schmuck aufweist, und zwar zwei hellblaue, drei gelbe und eine von
grüner Grundfarbe mit gelben, geschweiften Linien, die einen blau-weiss-
roten Abschluss haben?). Wie dieser Holzkamm?) offenbar zu einem
Fetisch gehörte, so sind auch sonst diese Perlen von einem Nimbus um-
geben. Cabbalistic virtues are attributed to them, sagt Ellis’) von
ihnen. Wherever they are buried a smoke-like vapour emerges from the
ground. Zu welcher Anschauung Merensky bemerkt, dass „riechen“ von
den Eingeborenen die Prozedur genannt wird, vermöge deren er ver-
borgene Dinge auskundschaftet. Nach Schanz‘) gelten die Aggry-
Perlen allgemein als Zaubermittel und Medizin. To find an aggry bead
is considered a sure sign of a continuance of good fortune and the natives
believe, that these beads breed and multiply if buried in a particular sort
of sand). Bei den Aschantiern macht man ein Pulver von zermalmten
aggry beads und reibt damit Kinder ein, weil man glaubt, man be-
schleunige damit ihr Wachstum. Auch wenn man wissen will, ob jemand
die Wahrheit sagt, benutzt man die Perlen: man legt eine in eine Schale
voll Wasser, der betreffende nimmt einen Schluck davon und die Perle
in den Mund, indem er gleichzeitig die Macht der Perle anruft, ihn zu
töten, falls er lige. Auch sei hier noch die Anschauung in betreff
Anyi-ewo erwähnt, die Ellis uns mitteilt, that his excrement is believed
to have the power of transmuting grains of maize into cowries, whence
comes the notion commonly held by Europeans in West Africa, that
Anyi-ewo confers wealth on man®). Es ist erklarlich, dass man von so
hoch geschätzten und mit einem solchen Nimbus umgebenen Gegen-
standen auch Nachahmungen gemacht hat. Nach Ellis wurden solche in
England und Venedig fabriziert’), aber er bemerkt ausdriicklich, dass die
Eingeborenen sich durch solche Imitationen nicht täuschen lassen. Auch
Merensky®) erwahnt, dass die Schwarzen die Nachahmungen erkennen,
denn die alten Perlen leisten dem Feuer Widerstand, während die nach-
gemachten leicht schmelzen. Wie versucht wird, moderne europäische
Glasperlen in ground beads (so werden die aggry beads auch genanut) zu
verwandeln, beschreibt uns Graf Zech®): man reibt sie mit Sand ab oder
sucht ihnen auf andere kiinstliche Weise ein mattes, altes Aussehen zu
1) Von diesen sechs Perlen hält P. Staudinger, der beste Kenner der
afrikanischen Perlen, die gelbe und eine blaue fiir echt und die grüne für eine
nach altem Muster nachgemachte.
2) Siehe Abbildung B.
3) S. 118 f.
4) Westafrika S. 17.
5) Ellis, WASK. S. 119 f.
6) Ewe-speaking people S. 48.
7) WASK. S. 119.
8) ZE. 1882 (S. 543,5).
9) MFSch. XI S. 129.
re
52 Dahse:
geben. Aber die Käufer verstehen sich meistens sehr gut auf den
Unterschied: Sie halten beim Einkauf die auf eine Schnur gezogene
Perle gegen das Licht und sehen durch; sie sagen, man müsse die Schnur
ziemlich deutlich sehen können. Auch Plehn!) weist darauf hin, dass
die vielen neueren Glasperlen, die von Europa importiert werden
(nebenbei bemerkt, heisst nach Westermann die billige rote europäische
Perle anitsriwa und der Portugiese anitsriwayewu!), von den Kennern
scharf von den echten Atakpame-Perlen getrennt werden. Endlich ist
noch darauf hingewiesen worden, dass die Eingeborenen die falschen an
ihrer grösseren Schwere zu erkeunen vermögen (Isert bei Andree)?).
Es hat nirgends, selbst nicht in Venedig und nicht für grosse Opfer ge-
lingen wollen, die echten Perlen, namentlich in bezug auf die spezifische
Schwere genau nachzuahmen, so berichtet?) schon vor Jahrzehnten der
Hamburger Epffenhausen, und ein österreichisches Haus, das in Afrika
Nachahmungen einführen wollte, hat nach de la Fosse die Schwarzen
nicht täuschen können: le reflet et la transparence der echten Perlen
habe den imitierten gefehlt. Wenn so nach allseitigem Zeugnis die
nachgemachten Venediger Glasperlen scharf von den echten blue beads
und aggry beads unterschieden werden, so dürfen wir annehmen, dass die
echten nicht, wie Bastian?) und Schanz gemeint haben, venetianischen
Ursprungs sind. Wir müssen uns vielmehr nach einem andern Ursprungs-
land umsehen.
Freilich werden nun ja auch in Afrika selbst Perlen hergestellt.
P. Staudinger hat besonders auf die Achatperlen aufmerksam gemacht,
die aus dem Kirotaschigestein hergestellt werden und die ebenfalls sehr
beliebt sind. Auch zeigte er mir in seiner reichen Perlensammlung, in
der in unserem westafrikanischen Kulturkreise gefundene Glasperlen der
verschiedensten Art und verschiedensten Herkunft in den schönsten
Stücken vertreten sind, in Afrika selbst hergestellte Glasperlen, wodurch
die von mir oben angeführte Angabe Loyers von der „Perlen-
industrie“ der Kompasschwarzen eine gewisse Bestätigung erhalten würde.
Man muss also bei einer Bestimmung der Herkunft dieser Perlen vor-
sichtig sein. Für einen Teil derselben hat aber Andree, der sie von
den indianischen Perlen und dem sog. Palaugeld unterscheidet, mit seiner
Meinung recht, dass es aggry beads gibt, die nach Muster und Modell
altägyptisch sind. In der altägyptischen Sammlung des Louvre sowie in
der altcyprischen Sammlung von Cesnola fänden sich z. B. auf solchen
Perlen genau dieselben blau-weiss-roten Zickzacklinien wie bei diesen
aggry-Perlen. Auch macht Andree und ebenso Ellis‘) darauf auf-
merksam, dass in den Gräbern von Theben gerade solche Perlen ge-
funden seien und dass noch zur Römerzeit nach Strabo dort die Glas-
industrie blühte. Ferner hat Epffenhausen ganz ähnliche Perlen an
ägyptischen Mumien beobachtet. Endlich, und damit ist der Beweis
1) Beiträge S. 12.
2) ZE. 1555 S. 110.
Ə) Angeführt ZE. 1885 (S. 373 £.).
+) Ellis, history S.9—11.
Ein zweites Goldland Salomos. 53
geschlossen, hat man, wie de la Fosse mitteilt, durch chemische Analyse
auf der Sorbonne festgestellt, dass diese Perlen in Farbe und Art von
demselben Glase seien, wie die im alten Ägypten und Assyrien ge-
fundenen. Im British Museum kann man die mit der Etikette Egyptian
beads versehenen nicht von diesen aggrys unterscheiden. Nach alledem
dürfen wir mit Fug und Recht sagen, solche aggry beads sind
ägyptischen Ursprungs. Wie sind sie aber nach der Westküste Afrikas
gekommen?
In dem Führer durchs Londoner Museum of Practical Geology!)
werden in England gefundene Druidic beads beschrieben. Da heisst es:
these beads were called „Glain Neidyr“, from „glain“ pure and holy and
„neidyr“ a snake. It is curious to find these beads in the ancient British
tombs, in the graves of our Roman conquerors, in the tumuli of the
Anglo-Saxons and at the present day in the Ashantee district of Africa;
while a bead in all respects similar is made in Venice. Natürlich können
die glain neidyrs nicht erst von Venedig nach Britannien gekommen sein,
sondern miissen denselben Ursprung haben wie die aggrys von der Gold-
kiiste. Dafür spricht auch der Umstand, dass in England gerade so wie
in Westafrika jene Perlen mit einer Schlange in Verbindung gebracht
werden. In most parts of Wales and throughout all Scotland and in
Cornwall we find it a common opinion of the vulgar that about Midsummer
eve it is usual for snakes to meet in companies and by joining heads
together and hissing, a kind of bubble is formed like a ring about the
head of one of them, which the rest by continual hissing blow on till it
comes off at the tail and then it immediately hardens and resembles a
glass ring, which whoever finds shall prosper in all their undertakings.
The rings, which they suppose to be thus generated are called Gleinu
Nadroedh i. e gemmae anguinum; —- of a green colour usually, though
some of them are blue and others curiously waved with blue, red and
white. Schon Plinius weiss von solchem ovum anguinum in magna Galli-
arum fama zu berichten. Es kann nicht zufällig sein, dass im alten
Britannien wie in Westafrika Perlen und Schlange zueinander in Ver-
bindung gesetzt werden. Nun finden wir aber noch in einer dritten
Gegend ähnliches. Auch unter den Kaffernvölkern Siidostafrikas finden
wir nach Christaller?) dieselben Perlen wie an der Gold- und Sklaven-
küste bis heute hoch geschätzt. Und diese Kaffern kennen auch eine
Sage von der Regenbogenschlange. The Zulus have almost exactly the
same notion as the Ewe tribes, for they believe that the rainbow is a
snake and when it touches the earth they say it is drinking at a pool®).
Leider sagt uns Ellis dann nicht, ob in Siidostafrika diese Regenbogen-
schlange nun auch zu Glasperlen in Verbindung gesetzt wird. Wohl aber
erfabren wir durch Merensky*) von dort noch eine genaue Analogie zu den
westafrikanischen Perlen. Merensky fand diese Schmuckkorallen 1860
1) Ausgabe 1877 S. 160.
2) Afrikanische Sprachen S. 41.
3) Ellis, the Ewe speaking people S. 48.
4) ZE. 1882 S. (543—545).
54 Dahse:
bei den Basutos Nordtransvaals, wo sie von den regierenden Häuptlingen
und ihren Frauen getragen wurden. Sie dienten auch als Sühnegeld, und
von den 17 Arten war die gelbe und schwarze Sorte am meisten geschätzt.
Sie wurden im Lande Bonyae östlich von Sofala, im alten Monomotapa
gefunden. Freilich sollen diese südafrikanischen beads nun kleiner sein
als die agery beads und Merensky nimmt 1891 in ZE. 8.399 für sie
einen indischen Ursprung an. Nun werden natürlich auch aus Indien
Perlen nach Ostafrika gekommen sein), aber für ägyptischen Ursprung
solcher Perlen an der Ostküste Afrikas haben wir aus dem Altertum ein
direktes Zeugnis! Arrian erwähnt unter den Handelsgegenständen des
östlichen Äthiopiens „zahlreiche Arten von Glassfluss und anderer murrhina,
die in Theben hergestellt wird“. Was die verschiedene Grösse der west-
und südafrikanischen Perlen anlangt, so wird sie sich aus der verschiedenen
Zeit der Einfuhr erklären. Wie schnell wechselt doch gerade in Schmuck-
sachen noch heutzutage die Mode; auch in den Wildnissen Afrikas ist
eine Sucht nach beständigem Wechsel der Nouveautes noch heutzutage
bemerkbar, so wird es auch schon im Altertum gewesen sein. Nun aber
noch zur Analogie zu Westafrika. In Südafrika wird die teuerste Sorte
in Beziehung zum Golde gebracht, sie heisst dlama = Gold”); wir be-
finden uns dort ja in einem alten Goldlande. In Westafrika, in der Land-
schaft Bron, südwestlich von Salaga, werden die aggry-beads: sika-kun-
kurie = Goldeicheln genannt?); also auch dort in irgendeine Beziehung
zum Golde gesetzt. Dass eine solche Beziehung bestanden haben muss,
zeigt sich weiter darin, dass noch heute nach Ellis der Wert einer aggry-
Perle berechnet wird nach ihrem Gewicht in Goldstaub. Im Handel
werden sie nach Schanz ein- bis zweimal mit Gold aufgewogen. End-
lich weist auch der Umstand auf eine Beziehung zum Golde hin, dass sie
nach übereinstimmendem Zeugnis von Ellis und Merensky in den
reicheren Goldländern häufiger vorkommen als anderswo. An der Gold-
küste werden sie hauptsächlich in den Seestaaten, aber vor allem in dem
reichen Golddistrikt von Wasa gefunden?). Demnach müssen diese Perlen
als eine Bezahlung für Goldstaub ins Land gekommen sein. Dagegen
spricht auch nicht, dass sie in nicht goldproduzierenden Gegenden eben-
falls gefunden werden. Durch die Einfuhr für Gold kamen sie in den
Gebrauch der Eingeborenen des ganzen Kulturbezirkes, dessen Hauptstadt
Benin war, und man findet sie jetzt an den Bestattungsstätten der Gross-
Beniner.
Welches ist nun das Handel treibende Volk gewesen, das sie zur See
nach Westafrika, nach Britannien und nach Südostafrika gebracht hat.
Da können die Araber nicht in Betracht kommen, denn von einem Handel
der Araber mit Britannien kann ja keine Rede sein, übrigens scheint ja
Plinius das Vorkommen derselben in Britannien schon zu kennen. Und
1) P. Staudinger macht mich auf die darauf bezüglichen Angaben Dappers
aufmerksam.
2) Merensky in ZE. 1891 S. o99f.
3) ZE. 1882 S. (513—545).
4) Ellis, WASk. S. 118.
e "me WE, ee eas ament ° Eege — S
— ` ee OR EE LL _ emm, Fer
—
Ein zweites Goldland Salomos. 55
die Araber haben solche alten Perlen schon in Westafrika vor-
gefunden. Edrisi im 12. Jahrhundert sagt nämlich nach der Aufzählung
der Städte des Negerlandes Magzara (Oulil, Tacrour, Daw, Barisa, Moura)
und nach der Beschreibung der südlich von Barisa wohnenden Lamlam
von dem Schmuck all dieser Völker: Ils se parent d'ornements en cuivre,
de breloques, de colliers de verre, de pierres nommé „loâbos-chaikh“
(= bave de veillard) ou bâdzouc (bàdzaroun) et de diverses espèces de
faux onyx fabriqués avec du verre. Die Steine Sahel oder (yy dW
beschreibt er dann näher S. 34, wo er von dem westlichen Meere sagt:
Sur les rivages de cette mer on trouve la pierre dite „baht“ renommée
dans l'Afrique occidentale, où elle se vend à très haut prix; surtout dans
le pays des Lamtouna, qui prétendent que celui qui en est porteur réussit
dans toutes ses entreprises. On dit aussi, que cette pierre jouit de la
propriété de lier la langue. On y trouve encore un grand nombre d'autres
pierres de formes et de couleurs variées, Ou on recherche beaucoup et
qui passent de père en fils par héritage, attendu, dit-on, qu’elles s'emploient
avec succes dans le traitement de plusieurs maladies. Telles sont celles
que les femmes dont les mamelles sont malades suspendent sur leur sein
et qui encalment promptement la douleur; telles sont encore celles qui
facilitent les accouchements et celles au moyen des quelles en faisant un
signe à des femmes ou à des enfants on s'en fait suivre. Ils (les Lam-
touna) possèdent beaucoup de pierres semblables et sont renommés pour
les opérations magiques, qu’ils pratiquent à laide de ces pierres. Man
vergleiche mit diesem Aberglauben, was die Aschanti von den Aggri-beads
denken. Auch Kazwini Cr 1283) führt diese Steine an. Diese Nachrichten
beweisen erstens, dass die Araber nach dem Kulturbezirk von Benin ge-
kommen sind, daher ihre Kunde davon, zweitens, dass jene Steine vor der
arabischen Zeit dorthin gekommen, und nicht durch die Araber, zu deren
Zeit heissen sie schon bave de veillard. Vielmehr ist mit Recht ver-
mutet worden, dass die Phönizier jene Perlen als Tauschmittel gegen
Gold (bzw. gegen Zinn in Britannien) in die genannten Gegenden ge-
bracht haben. Dafür haben wir nämlich, soweit es Westafrika angeht,
ein direktes Zeugnis eines alten Schriftstellers, was bisher allen, die dar-
über Nachforschungen angestellt haben, entgangen ist. Die schon einige
Male herangezogene, fälschlich dem 500 v. Chr. lebenden Geographen
Skylax zugeschriebene Schrift über die Küsten des Mittel- und West-
meeres aus dem vierten vorchristl. Jahrhundert berichtet von dem Handel
der Phönizier (= Karthager) mit den Völkern der Westküste Afrikas
(vgl. oben Kap. 2) of de Dowixes Europa eioayovow aitois poor, Aidov
Alyvnatiav. Von diesen „ägyptischen Steinen“ finden wir noch heute
welche unter den westafrikanischen aggry-beads. Wenn jene Stelle nun
auch zunächst nur von den Karthagern redet, so werden ähnliche Perlen,
die auch bei Arrian als Aıdlas balis leiova yévy bezeichnet werden, doch
auch schon durch die alten Phönizier, die wie das folgende wahrschein-
lich machen wird, auch schon bis hierher gekommen sind und deren
Spuren die Karthager folgten, hier eingeführt worden sein. Zum Schlusse
noch ein Wort über den Namen dieser Perlen. Es könnte sein, dass sich
56 Dahse:
darin noch eine Erinnerung an die Semiten erhalten hätte. Wir haben
nämlich die verwandten Bezeichnungen: ouorye (Elfenbeinküste), koli (Ga),
und a-gori, akori dafür. Nun hat der rheinische Missionar Vedder in
seiner Schrift: Semitische Lehnworte in der Namasprache darauf hin-
gewiesen, dass bei den Nama die eingehandelte fremdländische Perlen-
schnur garas genannt wird; er bringt dieses Wort dann in Verbindung
mit dem semitischen Gig = Perlen, Hohelied 1,9. Sollte sich in dem
gori der Westküste Afrikas auch dieses semitische Wort erhalten haben?
Kapitel 8.
Spuren uralten Seeverkehrs II: H auf Goldgewichten.
Uber die „Masse und Gewichte in Afrika“ hat Kürchhoff in der
ZE. 1908 ausführlich gehandelt. Er gibt nach Lukas an, dass in Fezzan
als Goldgewichte zwei Arten Samenkörner dienten: Habbet ell Goret von
4 Gran und „Hahnenauge“ von Scharlachfarbe mit schwarzem Streifen,
aus Nigritien stammend. Ersteres wiegt ebensoviel wie ein „Karat“,
welche Bezeichnung ja ursprünglich den getrockneten Kern des Johannes-
brotes (Ceratonia) bedeutete und dann zum orientalischen Gold- und
Juwelengewicht wurde. Letzteres sind die Früchte des Abrus precatorius,
der Paternostererbse, die schon in alter Zeit zu Verzierungen und Schmuck-
sachen, später auch zu Rosenkranzperlen Verwendung fanden, aber auch
seit Jahrtausenden schon als Feingewicht dienten. Sie bilden nämlich als
Rati seit den wedischen Zeiten die Einheit des ostindischen Feingewichts
und werden ebenso noch heute an der westafrikanischen Goldküste und
ihrem Hinterland als Goldgewichte gebraucht, vgl. P. Staudinger, ZE.
1896 S. 224.
Schon 1675 erfahren wir von Müller!), dass das Gold an der Gold-
küste schon lange vor Ankunft der Europäer von den Eingeborenen ge-
wogen wurde, und zwar bediente man sich hierzu der Taku und Damba,
beides Hülsengewächse gleich den Erbsen, länglich rund, von roter,
schwarzer und weisser Farbe, ein Taku noch einmal so gross als ein
Damba. In der 30 Jahre später erschienenen Reise nach Guinea von
Bosman finden wir dann noch die genauere Angabe?), dass die kleinsten
Bohnen, die dambas, rot mit schwarz vermengt, die schwereren takoes aber
weiss mit schwarz gezeichnet, bisweilen auch ganz schwarz seien und
etwas mehr als 4 Stüver gelten, während die dambas ungefähr 2 Stüver
wert seien. In dem Lexikon der Tschi-Sprache von Christaller?) findet
sich eine grosse Liste von Goldgewichten, darunter auch die damna und
taku. Auch erfahren wir dort näheres über das in Bontuku: poussaba
genannte Gewicht, das gleich 1/, damna ist. Es heisst in der Tschi-
Sprache pesewa und ist the dark-blue seed of a Leguminous plant (climber).
Nach Burton und Cameron II S. 155 ist taku = carat seed; damna ist
1) „Die afrikanische Landschaft Fetu* S. 254.
2) I S. 85.
3) S. 636.
ae, CE ee EE ffe
ne EE
Or m —— mmm
E - Eee Be
Ein zweites Goldland Salomos. 57
die Goldgewichtsbezeichnung für die Paternostererbse. Seit wann diese
Samenkörner so gebraucht werden, und von wem dieser Gebrauch ein-
geführt wurde, lasse ich dahingestellt sein.
Auch im Nordwesten unseres Goldgebietes rechnet man beim Gold-
handel nach Bohnen. Mungo Park!) berichtet uns von den Mandingos am
Oberlauf des Niger, dass sie das Gold in kleinen Wagschalen wägen, die
sie stets mit sich herumführen. Sie machen bei dem Golde hinsichtlich
des Wertes keinen Unterschied zwischen Goldstaub und verarbeitetem
Golde, und als Gewichte dienen ihnen schwarze Bohnen. Näheres darüber
und besonders über das Verhältnis dieser schwarzen Bohnen zu den in
Jen südlicheren Gegenden gebrauchten Samenkernen kann ich nicht mit-
teilen, ebensowenig darüber, wie das in der Liste der Gewichte von
Djenni als geringstes Goldgewicht genannte Bonanakorn sich dazu ver-
hält. Jedenfalls ist es eine in Afrika weit verbreitete Sitte, Gold mit
Körnern zu wiegen. Durch die Araber ist dann die Bezeichnung in Ge-
brauch gekommen, die im ganzen südlichen Teil von Nordwestafrika jetzt
als Werteinheit gilt, der mitkal. Dupuis schreibt darüber’), dass der
mitskal eine dünne Goldmünze sei, die im 2. bis 3. Jahrhundert der
Hedschra über den Niger nach dem Süden eingeführt worden wäre. Es
gäbe noch welche dort, die in Damaskus, Bagdad, Mehedia, Marokko
geprägt seien und hochgeachtet würden. Und auch nach Barth?) ist es
eine Folge des Einflusses der Araber, dass das Gewicht des mitkal beim
Goldhandel eingeführt wurde; im Sudan seien verschiedene Arten des-
selben in Gebrauch, besonders die von Agades, dem früheren Haupt-
handelsplatz des Goldes, von Timbuktu und von Mangu, dem Mandingo-
handelsplatz im äussersten Norden unseres Togogebietes. In der Türkei
ist ja noch heute der mitskal ein Gewicht für Perlen, und so finden wir
denn auch bei Kürchhoff den mutgal als Gewicht für Perlen angegeben.
Letztere Namensform erinnert an die von Binger für Djenne ver-
zeichneten moutoukhal. Dieses Gewicht beträgt in Djenne 4,5 g, über-
haupt wird das Gewicht des mitkal in der Regel als etwas über 4 o
angeführt. — An der Goldküste aber rechnet man nun nicht nach mitkal;
dies beweist, dass diese Gewichtsbezeichnung sich von diesem alten Gold-
lande an Westafrikas Küste aus nicht verbreitet hat, sie ist von Norden
her, durch jenen arabischen Einfluss ins Hinterland gekommen.
Wie sich nun die Summe der Gewichtsstücke, die einen mitkal
bilden, in dem Hinterlande der französischen Elfenbeinküste zusammen-
setzt, erfahren wir, nach Kürchhoff, aus dem Werke von Binger:
Du Niger au Golfe de Guinée, wo es heisst): das Gold wird in Kong
nach mitkal gerechnet. In jedem Dorfe gibt es einen oder zwei Leute,
die eine Wage besitzen. Mit dieser wiegen sie für alle, die sie darum
angehen, und erhalten dafür einige Kauris. Die von ihnen benutzten
Gewichte sind nur ihnen bekannt; sie bestehen aus Kupfergewinden,
1) S. 358.
2) S. CXII.
3) V 22.
4) 1 309.
58 Dahse:
alten Wachspetschaften, Schliisseln, Ochsenzihnen usw. Jedes dieser alten
Eisen füllt eine grosse Büchse. Ähnlich ist es in Salaga. Auch dort
bedienen sich die Kaufleute mehr oder minder genauer Gewichte, die
hauptsächlich aus alten Eisen- oder Kupferstücken bestehen. Auch ich
besitze von der Goldküste solche Metallstücke, die als Goldgewichte dort
benutzt wurden. (Abb. C Nr. 5 u. 12.) Neben den Samenkernen, die
Abb. C. 1 und 2 goldene Ketten von der Goldküste, 3 und 4 goldene Knöpfe eben-
daher, von Negern gearbeitet, nur der Verschluss von 1 europäische Arbeit. 5—13
Aschanti-Goldgewichte: 6 dwowa, 7 suru. 8 amamfisuru, 9 borowofa, 10 nnomanu
(nsano), 11 = zwei nansua.
wir oben kennen gelernt haben, bilden nun solche Metallstiicke eine
zweite Art Goldgewichte. Aber man hat doch den Eindruck, als ob dies
nur Ersatzstiicke für wirkliche Gewichte seien, die die betreffenden
at Ee LL ZAO | L
DIgItIzed by MNI AA NAIN
` e m. mm emm m — mm ege, mg, mg == CU EE, Sy, Eee =
emm a ed
Ein zweites Goldland Salomos. ; 59
Wägemeister nicht in der Lage waren, sich zu beschaffen. Und in der
Tat haben wir nun auch noch eine dritte Art von Goldgewichten und
erfahren sogar Näheres über Herstellungsort und art, Schon Bosman’)
schreibt: Es gäbe Leute, die meinten, die Mohren hätten kein anderes
Gewicht als von Holz. Aber diese Leute irren, da alle ihre Gewichte
entweder aus Erz oder Zinn bestehen, die sie selbst gegossen haben, und
wiewohl sie die bei uns gewöhnlichen Abteilungen nicht in acht nehmen,
kommt es nichtsdestoweniger auf eins aus und ist ihre Rechnung allezeit
richtig. Von solchen speziell zum Wägen des Goldes hergestellten Ge-
wichten hören wir nun an den verschiedensten Stellen unseres Gebietes.
In dem Buche „Vier Jahre in Aschanti“, das uns die Gefangenschaft der
Missionare Ramseyer und Kühne in Kumassi schildert*), werden als
solche Gewichte Bronzestücke, von denen die grösseren Menschen- oder
Tierbilder oder irgend eine Szene des Aschantilebens darstellen, erwähnt.
Im Berliner Museum für Völkerkunde findet sich eine grossartige Samm-
lung derselben. Graf Zech berichtet?), dass er in Siade in einer
Fetischhütte eine kleine Goldwage mit Goldgewichten, wie sie in Aschanti
gebräuchlich, angetroffen habe. Nach Berlin sind solche aus dem Hinter-
lande unseres Togogebietes, und zwar aus Kete, und aus dem Hinterlande
der Goldküste, aus Salaga gekommen. Die einen von ihnen stellen Tiere
dar, z. B. Leopard mit Schildkröte in den Klauen, Büffelantilope, Fische,
Schlangen, kreuzweis übereinandergelegte Eidechsen usw. Andere stellen
Gegenstände dar, die eine symbolische Bedeutung haben: Schwerter,
Messer, Beile, gekrümmte Doppelschwerter usw. Jene aus Salaga nach
Berlin gekommenen hat ein flüchtiger Aschantiprinz dort angefertigt*).
Im Hinterland der Elfenbeinküste sind dieselben Gegenstände als Gold-
gewichte in Gebrauch und werden auch dort von den Eingeborenen her-
gestellt: Etranges petits bibelots (chains, tortues, pantheres, antilopes,
oiseaux, cavaliers etc.) aus Kupfer und Bronze. Diese dienen zum Ab-
wägen grösserer Quantitäten Goldstaubes, während bei kleineren Mengen
Goldes Gewichte aus Kupfer in einfacheren Formen (Rechtecke und
Kugeln) gebraucht werden). Die kleinen Goldgewichte, die ich besitze,
haben fast alle solche geometrische Formen, doch vergleiche auch den
interessanten kleinen Ambos mit Hammer (Abbildung C Nr. 11 u. 13).
Bei Kürchhoff wird nun ausdrücklich darauf hingewiesen, dass sich die
Eingeborenen der Elfenbeinküste bei anderen geschäftlichen Transaktionen
keiner Gewichte bedienen, sondern nur beim Verkauf von Goldstaub und
von Goldklumpen, sowie beim Abmessen der an die Häuptlinge als
Tribut abzuliefernden Menge Goldstaubs. Also gerade auch im Verkehr
der Eingeborenen untereinander sind diese Gewichtsstücke in Gebrauch.
Wenn wir oben gesehen haben, dass die Goldschmiedekunst in unseren
Gegenden schon vor Ankunft der Europäer blühte, werden auch diese
1) Bosman I S. 85.
2) S. 272.
3) MFDSch. Bd. XI S. 109.
4) ZE. 1896 S. (224).
5) de la Fosse in V Anthropologie 1 1900 S. 431 ff.
60 Dahse:
Goldgewichte nicht erst durch Europäer eingeführt sein, sind doch nach
Reichenow!) manchmal diese Goldgewichte aus Gold sehr zierlich
gearbeitet, also selbst ein Erzeugnis der dortigen Goldschmiedekunst.
Sowohl aber diese Goldgewichte aus Gold, wie die aus Bronze und
ebenso mancher Goldschmuck werden durch das sog. „verlorene Wachs-
verfahren“ hergestellt. So ist es bei den Aschantileuten, so bei den
Baule der Elfenbeinküste, so hat man auch in Benin die berühmten
Bronzen hergestellt. Das „verlorene Wachsverfahren* beim Metallguss
ist ein weiteres Charakteristikum von Gross-Benin. Interessant ist, dass
die Aschantier den Gebrauch der Gold- und Silbergewichte nicht aus
ihrer nördlichen Urheimat mitgebracht haben, sondern erst während
der Regierung von Opoku Ware (1731—1749) von dem König von
Takyiman Amo Yaw gelernt haben wollen? Takyiman war demnach
eher von der Kultur Benins berührt, als die aus dem Norden gekommenen
Aschanti. Im Süden Benins aber, an der Loangoküste, hat man eben-
falls nicht nur kunstvolle Bearbeitung der Metalle überhaupt, sondern
auch gerade dieses Giessen über die verlorene Form; mit Recht sieht
Staudinger?) darin einen Beweis dafür, dass auch die Loango zu dem
Reiche Benin in seiner Glanzzeit in Beziehungen gestanden haben müssen.
Nun wird uns aber gerade über das „verlorene Wachsverfahren“ eine
sehr interessante Notiz aus dem Altertum überliefert. Der König Sanherib
von Assyrien nämlich benutzte die Bewohner der Länder Kui, Cilicien,
Philistaea, Tyrus als Arbeiter bei seinen Palästen und berichtet in bezug
darauf: „In dem klugen Verstande, welchen mir der Herr der Weisheit,
Ea, gegeben hat, machte ich für die Kupferarbeiten, welche ich für den
Bedarf meiner Paläste in Ninive anzufertigen hatte, auf Befehl des Gottes
Formen aus Lehm und goss Bronze hinein.“ Während bis dahin die
Assyrer beim Giessen hölzerne Formen benutzten, führt er beim Metall-
guss das sog. verlorene Wachsverfahren ein, das er von den Phöniziern
erlernt hatte*)! Die Phönizier waren auch seine Lehrmeister im Metall-
guss, wie schon 3800 Jahre vorher zu Salomos Zeiten für Israel
(1. Kg. "Tel Ihre Metallindustrie war ja eine der berühmtesten jener
Zeiten und versorgte den ganzen Markt des vorderen Orients. Woher
mögen die Phönizier, deren eigenes Land so arm an Metallen ist, sie
gelernt haben?
Für die Herkunft unserer Goldgewichte kann ich auf drei Momente
hinweisen. Zuerst, dass es in ganz Afrika ausserhalb unseres Kultur-
gebietes nirgends ähnliche Gewichte, dagegen ganz ähnliche Goldgewichte
bei den alten Ägyptern und Assyrern gibt. Die assyrischen®) Gewichte
haben in der Regel die Form von liegenden Löwen, die babylonischen
1) Geogr. Universalbibliothek VS 22. Vgl. auch Bowdich S. 260. The Kings
scales ... ands weights were neatly made of the purest gold, that could be manu-
factured.
2) Reindorf S. 75.
3) ZE. 1908 S. 282.
4) ZE. 1908 S. 47.
5) ZE. 1889 S. 215 ff., 1891 S. 515 ff.
Ein zweites Goldland Salomos. 61
die von Schwimmvögeln, aber es finden sich auch Darstellungen von
Rindern, Schweinen, Antilopen u. del: die ägyptischen!) zeigen die
Gestalt von liegenden Stieren und die kleineren die Form von Stier-
köpfen und Steinziegeln (also rechteckig, wie die kleineren in Aschanti).
Bei den Altbabyloniern unterscheidet man die doppelt wiegenden „Minen
des Königs“ von den gewöhnlichen Gewichten, der Aschantikönig hatte
seine eigenen „Königsgewichte“, die schwerer waren als die andern’).
Die Gewichtsbezeichnung fand im Altertum?) durch Punkte statt, ebenso
auf den Aschantigoldgewichten®). Dies alles erweckt die Vermutung, jene
Aschantigoldgewichte seien auf ägyptischen Einfluss zurückzuführen. Jedoch
liegt der Sachverhalt verwickelter. Auf dem auf Abb. C, Nr. 10 abgebildeten
Goldgewicht sehen wir das bekannte Sauvastika-Zeichen, das sich auch
sonst häufig auf Aschantigoldgewichten findet. Nun kommt freilich dieses
symbolische Zeichen auch sonst in Afrika vor. Z. B. fand Weule°) es
in Mwiti an der Haustür des Häuptlings Nakaam in sauberer aus Elfen-
beinblättchen gefertigter Einlegearbeit. Dort war es etwas modern Ein-
geführtes, „ein Stern“ nach der Meinung des Hiuptlings, den, wie auch
andere dortige Ornamente, der Baumeister von der Ostküste Afrikas mit-
gebracht hatte. Und wenn man dann weiter dieses Zeichen bei einer
Basundifrau®) gefunden hat, so wohnen die Basundi ja in dem Hinter-
lande der Loangoküste, deren Zusammenhang mit dem alten Kulturgebiet
von Benin wir gerade eben beim „verlorenen Wachsverfahren“ erwähnt
haben. Der Punkt aber, auf dem zuerst in Afrika sich jenes Zeichen,
und zwar in ganz regulärer Form auf Bronze gefunden hat, ist ein Teil
von Gross-Benin, die Goldküste Nun wird in der Abhandlung von
Wilson über Swastika, Washington 1896 eingehend geschildert, wie fast
alle Varianten des Swastika-Zeichens während des Bronzezeitalters
in Gebrauch kamen; in Spanien und Portugal gehört es dem prähistorischen
Eisenzeitalter an. Nach Ohnefalsch-Richter ist dieses Zeichen einst
durch die Phönizier aus Indien über See eingeführt, da es sich in
alter Zeit nicht in Babylonien, Assyrien, Persien; und in Ägypten nur
auf fremder Importware und in späterer Zeit findet. Dagegen
überall, wohin die Phönizier kamen, führten sie es ein. So haben wir es
in Troja, Cypern, Karthago, Nordafrika, Etrurien usw.?). Interessant sind
nun auch die Symbole, die in Verbindung mit dem Sauvastika- oder dem
Swastika-Zeichen erscheinen. In Spanien und Portugal erscheint es in
Verbindung mit einer Ente; auf Hüttenurnen Etruriens d l! d oder in
Verbindung mit dem Zeichen ec: in Indien und in Troja in Verbindung
mit Sternen. Zu dem indischen 2 vergleiche man den abgebildeten
1) Peters, Ein Goldland des Altertums S. Out
2) Kiirchhoff, ZE. 1908 S. 118.
3) ZE. 1891 S. 530.
4) Siehe Abbildung A, Nr. 9, 10, 11.
5) Siehe Abbildung in seinem „Negerleben in Ostafrika“.
6) ZE. 1896 (S. 138).
7) Schliemann Ilios S. 396.
62 Dahse:
Negerfetischkamm (Abb. B), auf dem sich freilich nicht das Sauvastika-
Zeichen, wohl aber ähnliche Sterndarstellungen finden. Was nun die
Zeit anlangt, so sollen diese Symbole im 13. bis 12. vorchristl. Jahr-
hundert in Terremario, 11. bis 6. Jahrhundert in Villanova und Etrurien
in Gebrauch gewesen sein; nach italienischen Archäologen wird jener
Stuhl auf den etrurischen Hüttenurnen dem den Etruskern vorhergehenden
Volke und dem 12. bis 11. Jahrhundert zugeschrieben. Nach all diesem
möchte ich vermuten, dass auch in Westafrika das Sauvastika-Zeichen
durch die Phönizier eingeführt ist. Da hat nun aber v. Luschan die
Ansicht geäussert, dass dieses Zeichen in Westafrika selbst, und zwar
aus zwei sich kreuzenden Eidechsen, wie wir sie auf den abgebildeten
Kalebasse Nr. 1.
Kalebassen Nr. 2 und 3 sehen, entstanden sei. Diese Ansicht aber ist
wenig wahrscheinlich. Schon der Umstand, das dieses Sauvastika-Zeichen
in den vom Handel des Altertums beriihrten Gegenden sich gerade im
Bronzezeitalter findet, spricht dafür, dass es auch nach Aschanti zur Bronze-
zeit gekommen ist, wo wir ja das reguläre Zeichen noch heute gerade auf
der Bronze finden. Dann aber geben die zwei sich kreuzenden Eidechsen,
wenn sie stilisiert werden, in erster Linie nicht ein Sauvastika-Zeichen,
sondern die Figur, die wir auf Kalebasse Nr. 1 sehen. Demnach möchte ich
fiir Westafrika die Entstehung des Sauvastika-Zeichens aus den beiden
Eidechsen ablehnen und aus den angeführten Gründen das fertige Zeichen
nach Westafrika eingeführt sein lassen. Eine andere Frage ist es natür-
lich, ob etwa in seiner Urheimat jenes Zeichen aus den beiden Eidechsen
Ein zweites Goldland Salomos. 63
entstanden ist. Man hat ja verschiedene Hypothesen über die Entstehung
desselben aufgestellt. — Haben nun aber etwa die Phönizier mit dem
Sauvastika-Zeichen auch die Goldgewichte nach Westafrika gebracht. So
wenig ich mich schon jetzt für die Herkunft der Goldgewichte aus
Ägypten entscheiden möchte, so wenig für ihre Einfuhr durch die
Phénizier. Wir kommen jetzt zu dem Gewichtssystem der Aschanti-
gewichte.
Aus den Notizen meines Vaters, der 12 Jahre (1863—1869 und 1878
bis 1484) als Kaufmann und Bergwerksbetriebsdirektor an der Goldküste
gelebt hat, geht hervor, dass das mit dem mŒ versehene Goldgewicht, das
drei Punkte zeigt (siehe die Abbildung C Nr. 10 und Abbildung A
Nr. 11), einen Wert von '*/, und das mit dem Zeichen | versehene, das
vier Punkte hat, einen Wert von DL hat. Zieht man das erstere von
dem letzteren ab, so bekommt man als Wert für einen Punkt */,, d. h.
4sh. 2d. Das aber ist der Wert von einem ackie = dollar (siehe
Gundert, Vier Jahre in Aschanti, S. 273), der entweder zu 4 sh. 6 d.
oder 4 sh. 2 d. gerechnet wird. Somit heisst von den abgebildeten
Gewichten das
Abb. A Abb. C
Nr. 11 Nr. 10 mit 3 Punkten: nnomanu = 3 ackie = 24 taku
e „n 8, 4 e : amamfisuru= 4 ackie = 32 taku
„ 10 » 6, 7 w : dwowa = 7 ackie = 56 taku
Hier ist ein Ashanti-dwowa gemeint, das Akim-dwowa zählt 8 ackie,
siehe die Liste bei Christaller.
Ich habe nun schon vor Jahren durch einen Goldschmidt das Gewicht
meiner Stücke feststellen lassen, und es ergab sich :.* = 5, -| - = 8,
= 14 g. Mein -.--Gewicht ist, wie die Beschaffenheit des an-
seid: abgeschabten Stiickes beweist, nicht genau; es müsste lg mehr
wiegen, dann würde auch die Rechnung stimmen:.*-+-.-=-.--
oder 6+8= 14. Umgekehrt wiegt mein kleinstes Stück. mit einem
Punkt (siehe die Abbildung C Nr. 9) 2,2 g, also anscheinend 0,2 g zuviel.
Nun aber sind nicht nur die rechtwinkligen Gewichte mit Punkten
versehen, auch mein Ambos zeigt solche, und zwar zwei; es liegt demnach
eine andere Skala zugrunde. Mein Vater hat dies Gewicht gezeichnet
mit 16 $}, das ist aber in Akim das Gewicht niwowa mmienu, d. h.
2 dwowa Akimer Währung, oder nach Aschantirechnung 2 nansua. Damit
ist als Wert jedes Punktes auf dem Ambos 8 ackie = 1 nansua fest-
gestellt. Es wird sich nun empfehlen, im Berliner Museum nachzuforschen,
ob die dortigen Gewichte mit Puukten versehen sind, die zu den beiden
von mir jetzt nachgewiesenen Gewichtssystemen passen; vor allem werden
die rechteckigen zu untersuchen sein, wobei ich besonders auf die läng-
lichen Sauvastika-Gewichte aufmerksam mache. — Mein Vater hat nun
auch noch das Gewichtsstück (Abbildung C Nr. 7), das nicht mit
Punkten versehen ist, mit der Bezeichung 1 £ versehen. es wiegt 9 g.
Nach den mir vorliegenden Tabellen ist es anscheinend das Gewicht
suru = 4'/, ackie = 36 taku, das einen Wert von 1 £ 3 d. besitzt.
64 Dahse:
Es fragt sich nun, woher stammen diese Gewichtsbenennungen?
Während die Worte suru, nansua, dwowa der Tschisprache anzugehören
scheinen, muss das Wort ackie, das nach Gundert von den Kaufleuten
an der Küste gebraucht wird, wie schon die Form zeigt, ausländischer
Herkunft sein. Dafür zeugt auch schon seine Gleichstellung mit dem
dollar. Nun weist die dollar-Rechnung auf Spanien hin, wo ja die Pesos
auch dollar genannt wurden. Wie ein Peso früher in 8 Reales zerfiel,
so ein ackie in 8 taku. Das Wort ackie erinnert nach Burton und
Cameron II 155 an das arabische wukkah oder wukkiyah; vergleiche
auch das marokkanische Handelsgewicht uckie = '/,, ratel und die
marokkanische Münze uckie. Wenn sich auf spanischen (jüdischen oder
arabischen) Goldgewichten der Punkt als Wertbezeichnung für einen
dollar nachweisen lässt, würde dadurch die Frage nach der Herkunft
dieses Gewichtssystems gelöst sein. Wichtig erscheint mir nun aber, dass
sich die Punkte als Gewichtsbezeichnung auch auf dem Ambos, der doch
zu den Figurengewichten gehört, finden. Hier ist die Werteinheit
1 nansua (= 1 dwowa Akimer Währung) und wiegt 15,25 g, während ein
Ashanti-dwowa 14 g wiegt. Durch dieses von mir auf dem Ambos nach-
yvewiesene Gewichtssystem ist es bewiesen, dass die Asante-gold weights
mit Figurendarstellungen auch wirklich Gewichte sind. Der Zweifel, den
Meinhof darüber geäussert hat, ist also unberechtigt. Dass sich gleiche
Darstellungen wie die der Goldgewichte auf Schnitzereien aus Togo und
auf Beninsachen finden, worauf Meinhof hinweist!), ist längst bekannt.
Symbolische Zeichen und Memoria technica gibt es von der Elfenbeinküste
bis zum Niger in solcher Fülle, dass darüber in einer besonderen Arbeit
zu reden sein wird.
Kapitel 9.
Spuren uralten Seeverkehrs III: Astronomisches.
Wir kommen nunmehr zu einem dritten Beweise für die Beziehungen
der westafrikanischen Küste zur altorientalischen Kultur. Das Volk der
Baule im Hinterland der Elfenbeinküste, wo sich jener Perlenberg be-
findet, hat eine gewisse Sternkunde. Und zwar kennen sie unter anderem
den „Polarstern“ und seine Eigenschaft, den Norden anzuzeigen. Mit
Hilfe des „Grossen Bären“ verstehen sie seine Stellung zu finden und
orientieren sich danach. Wie de la Fosse schreibt”), sei das um so be-
merkenswerter, als der Polarstern dort sehr tief am Horizonte steht und
selten d’une facon nette zu sehen sei. Das merkwürdigste aber ist, dass
sie den Polarstern „den Wegweiser“ me ati nennen; man denkt unwill-
kürlich, dieser Name müsste durch Seefahrer dorthin gekommen sein.
Nun soll nach einer Notiz bei Movers?) der Polarstern im Altertum bei
den Phöniziern sehr angesehen gewesen sein und nach ihnen den Namen
Domtzn erhalten haben. Von Direktor Archenhold aber hörte ich, dass
1) Zeitschrift für Kolonialsprachen I S.73, Meinhof, Die moderne Sprach-
forschung in Afrika S. 119.
2) Anthropologie 1900 S. 431 ff.
3) Movers Phönizier I S. 531.
Ein zweites Goldland Salomos. 65
der Polarstern im Altertum noch keine Rolle gespielt habe, und noch
kein „Wegweiser“ gewesen sei. — Auch an der Goldkiiste') sind Sterne
bekannt; man kennt dort ebenso wie in unserer Kolonie Togo”) den
„Orion“, man kennt dort auch die ,Plejaden“ und nennt sie „die Henne
mit ihren Küchlein“. An das Erscheinen des letzteren Gestirns knüpft
sich in unserer Kolonie Togo in der Landschaft Avatime, deren Bewohner
ja von der Goldküste stammen, ein besonderes Fest?). Zweimal in jedem
Jahre wird ein besonderer Landesgotlesdienst gehalten, der je drei Wochen
umfasst, in den Monaten Juli und November. Vor der Reissaatzeit und
vor Beginn der Reisernte hat einer der Ältesten in Biakpa, dem Haupt-
fetischplatz, jeden Morgen in der Frühe aufzustehen und nach dem Stern-
bild der „Gluckhenne“ auszusehen. Erblickt er dies Sternbild im Norden,
so macht er dem Ayapo-Oberpriester seiner Stadt sofort die Mitteilung,
„die Gluckhenne ist erschienen“. Letzterer sendet augenblicklich eine
Botschaft zu allen Ayapopriestern, die diese Nachricht mit Freuden be-
grüssen. Ein ganz ähnliches Fest fand sich, wie Missionar Vedder mit-
teilt‘), bei den jetzt verschwundenen Kaphottentotten Südafrikas, auch
dort wurde das Erscheinen des Siebengestirns mit einem jährlichen Fest
gefeiert. — Auch bei den in Westafrika östlich von der Sklavenküste
wohnenden Yorubavölkern kennt man ein Sternbild die „Gluckhenne“.
Wenn Ellis) darunter die Milchstrasse verstanden wissen will, so wird
das eine irrtümliche Anschauung sein; auch hier wird der Name „Gluck-
henne“ die Plejaden anzeigen. Ist das doch der Jahrtausende alte Name
für dieses Sternbild; schon das Targum kennt den Namen „Glucke“ und
meint wahrscheinlich die Plejaden damit®). — Nun ist auch westlich von
unserem Gebiete, in der Landschaft Quoja am Vorgebirge Mesurado an
der heutigen Liberiaküste das Sternbild des Stieres bekannt, zu dem ja
die Plejaden gehören. Nach Allg. Diet") teilen die Quoja-Neger den
Tag nicht in Stunden, sondern erkennen nur, wenn es Mitternacht ist,
an den fünf Sternen, welche sie Monja Ding oder „des Herrn Sohn“
heissen, die ausser den Plejaden im Kopfe des Stieres erscheinen, also
an den Hyaden. Nach Littmann’) heisst bei den Abessiniern das Stern-
bild des Stieres Kema und ihr Sohn Ali.
Nun haben aber im Altertum die Plejaden und die Hyaden eine
wichtige Rolle gespielt®). Sie heissen die Schiffersterne Schol Arat 254,
die in Verbindung mit dem kühnen Seefahrer Atlas gebracht werden.
Der Frühuntergang der Plejaden (3. Nov.) bedeutete für die Mittelmeer-
länder das Ende der Schiffahrt und den Eintritt des Winters, daher die
1) Christaller I 210, 345.
2) MFSch. I 165. Westermann, Wörterbuch 274.
3) Monatsblatt d. Nordd. Miss. 1889 Nr. 11 S. 104,
4) Semit. Lehnworte in der Namasprache S. 34.
5) S. 83, 242.
6) PRE. XIX 8. 13 Zeile 34 f.
7) III 623.
8) Arch. f. Rel. 1908 8. 317.
9) Zum folgenden vgl. Roscher, Lexikon der Mythologie, ILI 2049 ft.
Zeitschrift für Ethnologie. Jahrg. 1911. Hett 1 A)
66 Dalise:
Unruhe von Hannibals Soldaten, die sich zu dieser Zeit (occidente jam
sidere Vergiliarum Liv. 21,,) noch in den Alpen befanden und von dem
- ersten Schneefall betroffen wurden. Auch in der Landwirtschaft richtete
man sich nach den Plejaden!). Ihr Wiedererscheinen vor Sonnenaufgang
ist das Zeichen, dass man die Sichel zur Ernte schleifen soll (Hesiod
384). Wenn aber Plejaden, Hyaden und Orion sich hinabneigen, soll der
Bauer an die Aussaat denken (ibid. 614 ff... Nach Theon v. Alexandrien
(um 380 p. Chr.) kündet der Frühaufgang der Plejaden in Ägypten den
Anfang der Hitze und Ernte an, ihr Niedergang in der Morgenzeit den
Anfang der Pflugzeit, der Spätaufgang die Kälte. Jupiter selbst hat
ihnen ihre Stelle angewiesen, damit sie den Sterblichen getreue Ver-
künder sein können der Veränderung der Jahreszeiten sowie des Auf-
gangs von Sommer und Winter (ad Arat. Phoen. 133)?). Wie in West-
afrika die Plejaden eine Rolle in der Landwirtschaft spielen, haben wir
schon oben gesehen. Aus Ostafrika aber berichtet Burton), Zanzibar.
von den Wasuahili, dass sie ihre Ackerbau-Jahreszeiten nach Sternen be-
rechnen, die sie Kilimia nennen. Kilimia appearing in tlıe East is a signal
for the agriculturist to prepare his land. Kilimia aber sind die Plejadent).
Endlich ist es nun aber bekannt, dass auf dem Schilde des Achill Jl.
XVIII 483 in dem mittelsten Kreise an erster Stelle die Plejaden zu sehen
waren:
néhov Täxauavra oediyyny te adjdovoar
fy ÖE Ta rrioeg nayta, Ta Toloavos Zoreg drot
Ilinuadas 9" Yadas te vote od vos “Soiovos
Aoxtov Pijy xai duagay éatxdjow xadéovot.
Die Plejaden haben nach diesem vielfaltigen Zeugnis der Alten fiir das
ganze Leben einer gewissen Zeit eine bedeutsame Rolle gespielt. Diese
Vormachtsstellung am Himmel hatten aber die Plejaden im „Stierzeit-
alter“, als die Sonne in der Frühlingstag- und -nachtgleiche im Stiere
stand, und zwar gegen Ende dieses Zeitraumes, da die Plejaden am
weitesten nach dem Sternbild des Widders zu stehen, also etwa um Aus-
gang des 2. Jahrtausends vor Christo; sie hatten sie noch zu Salomos
Zeit. —
Zu dem eben angeführten Schilde des Achill bemerkt Helbig5):
„Ich halte es nicht für unmöglich, dass einmal eine phönizische Schale
zutage kommt, deren mittlerer Kreis wie auf dem Schild mit einer Gruppe
von Himmelskörpern geschmückt ist. Diese Erwartung Helbigs ist bis
jetzt, soweit mir bekannt, hinsichtlich phönizischer Funde nicht eingetroffen,
wohl aber gibt es — westafrikanische Kalebassen mit solchen Darstellungen.
Mein Vater hat von der Westküste Afrikas zwei Kalebassen mitgebracht
l) Jeremias, Alter der babylon, Astronomie 2. Aufl. S. Si f.
2) E. Bunsen, Die Plejaden und der Tierkreis, S. 153.
3, Burton, Zanzibar, S. 176.
4) Bei den Masai zeigen die Plejaden ('n gokwa) durch ihr Wiedersichtbar-
werden im Westen den Beginn der nach ihnen benannten grossen Regenzeit an.
Weltall VI 192.
5) Das homerische Epos S. 415,
Ein zweites Goldland Salomos. 67.
(jetzt im Museum für Völkerkunde, Berlin), die Sterndarstellungen zeigen!)
(siehe Abbildung Kalebasse Nr. 2 u. 3). In der Mitte der einen sehen
wir, durch einen Kreis von den übrigen Bildern getrennt, zwei kreuzweis
übereinander liegende Eidechsen, Halbmond und Stern und eine Gruppe
von sieben Sternen. Ausserhalb dieses Kreises finden sich rund um die
Kalebasse herum, ausser Wellenlinien- und Vierblattornament, ein grosser
zwölfeckiger Stern = Sonne, gekrümmtes Doppelschwert, stilisierter Stier-
kopf, Pflanze, stilisierter Schmetterling, Schlüssel, Segelschiff mit englischer
Flagge, und ein Bild, das ich nicht zu deuten weiss; ferner ist infolge
späterer Schraffierung nicht mehr deutlich zu sehen: das einschneidige
lange Messer, das sich auch auf dem Fetischkamm findet, und der Stab mit
Kalebasse Nr. 2,
zwei sich darum windenden Schlangen, der aber fast wie eine Brille aus-
sieht. Während die Kalebasse Nr. 2 überall spitze Formen zeigt, was
sich besonders bei der Sonne, dem Stierkopf und dem Wellenlinien-
ornament bemerkbar macht, hat die andere, anscheinend bedeutend ältere
Kalebasse runde Formen. Wiederum haben wir in der Mitte die beiden
sich kreuzenden Eidechsen. Nun sind aber die Sternbilderdarstellungen
nicht durch einen Kreis von den übrigen Darstellungen abgetrennt, sondern
wechseln mit ihnen. Da sehen wir das sechsspeichige Sonnenrad (auch
auf dem Fetischkamm), Halbmond und Stern, Gruppe von sieben Sternen,
einen Mann mit viereckiger platter Mütze, der seinen einen Arm nach
1) Die Liicken auf den flächentreuen Zeichnungen kommen von der starken
Kriimmung der Schalen,
ZA
68 Dahse:
oben, den andern nach unten streckt, ferner gekriimmtes Doppelschwert,
stilisierter Stierkopf, Pflanze, stilisierter Schmetterling, Fetischstuhl,
Vogel, der sich den Schwanz rupft, Schlange, Krokodil, Antilope, hocken-
der Europäer und ein mir unverständliches Bild. Ornamentierung findet
sich auf dieser Kalebasse nicht, wohl aber Schraffierung. Auf dem Fetisch-
kamm sieht man ausser dem schon erwähnten Sonnenrad, Messer und
stilisiertem Stierkopf noch Halbmond mit fünf Sternen und quadratische
Ornamente, schachbrettähnlich (siehe Abb. B). — Es ist mir bisher nicht
gelungen, festzustellen, ob meine Kalebassen von der Gold- oder Sklaven-
küste stammen, auch habe ich bisher auf Kalebassen nichts Ähnliches
gesehen, wohl aber auf Beninsachen; sind es doch neben den Sterndar-
Kalebasse Nr. 3.
stellungen auch meistens unserm Kulturbezirk eigentümliche Symbole, die
wir auf diesen Kalebassen sehen: gekrümmtes Doppelschwert,. ein-
schneidiges Schwert, Fetischstuhl, Stierkopf, Schlangenstab. Was nun
aber die Sterndarstellungen: Sonne, Halbmond und Stern, und Sieben-
vestirn anlangt, so fällt einem sofort die auf den ersten Blick sehr über-
raschende Identität mit dem an babylonischen+Königsstelen, Grenzsteinen »
und Haustüren zu sehenden Symbol 7" "E: GE auf!). Sogar die Sonne
ist beiderwärts durch ein vier- oder sechsspeichiges Rad dargestellt; der
in Verbindung mit dem Halbmond stehende Stern ist natürlich Venus
(diese Verbindung findet sich in Nordafrika häufig auf punischen Grab-
steinen; bei den Yorubavölkern Westafrikas heisst die Venus „des Mondes.
1) Meyer, Gesch. des Altertums, X 427 8.027: Hommel, Gesch. des alten
Morgenlandes, 1895 S.42; RGG. I Sp. 871.
Ein zweites Goldland Salomos. 69
Hund“ wegen der treuen Begleitung, beim Ewevolk „Des Mondes Braut“)
und die sieben Sterne sind die Plejaden. Ich unterlasse es zur Zeit noch,
argend welche Folgerungen aus dieser Identität zu ziehen, mache nur auf
zweierlei aufmerksam. Zuerst, dass genau die ebengenannte westafrika-
nische und babylonische Darstellung sich auf dem tönernen Spinnwirtel
ilios Nr. 1969 findet und eine ähnliche Darstellung auf einem etruskischen
Spiegel!). Auf dieser Darstellung ist nach Grimme die Mannesgestalt
mit dem einen hocherhobenem Arm aller Wahrscheinlichkeit nach Orion,
er ist begleitet von Hund und Hase, über ihm sieht man eine Gruppe
von sieben grossen Sternen und einen kleinen und innerhalb dieser eine
Mondsichel. Nicht bloss nach Grimme, sondern auch nach andern
Forschern haben wir hier eine Darstellung des „Plejadenkampfes“ vor
uns. Dass Troja mit Etrurien zu den verschiedensten Zeiten in Ver-
bindung gestanden hat, steht nach vielen Funden, die man gemacht hat,
fest. Ed. Meyer schreibt in der neuesten Auflage seiner Geschichte des
Altertums S. 694, dass schon in den ältesten Gräbern Etruriens ganz
gleichartige Elemente sich finden, wie auf den anderen Gebieten der
trojanischen Kultur, woraus ein reger durch die See vermittelter Aus-
tausch, neben dem es an Kriegen und Umwälzungen nicht gefehlt haben
wird, folge. Für die sonstigen Beziehungen Etruriens nach dem Osten
mache ich nur auf vier charakteristische Punkte aufmerksam. Zuerst
auf das etruskische Weltjahr, über das Suidas sub Tvoonma berichtet’):
Der Demiurg habe der Welt zwölf Jahrtausende zum Lebensalter an-
beraumt und jedes Tausend unter die Herrschaft eines Tierkreiszeichens
gestellt. Sechs Jahrtausende habe die Schöpfung gedauert, sechs soll der
Bestand sein. Im ersten sei Himmel und Erde, im zweiten das Firmament,
im dritten Meer und Gewässer, dann die beiden grossen Lichter, die
Seelen der Tiere und zuletzt der Mensch geschaffen worden. Das sind
aber, wie uns allen bekannt, altorientalische Ideen. Nach Jeremias
zeigt 2. die systematische Hervorhebung der Zwölfzahl z. B. bei Stammes-
einteilungen Bekanntschaft der Etrusker mit altorientalischen Gedanken.
3. hat man in Vetulonia in Etrurien, wie Usener, Die Sintflutsagen,
S. 248—253 mitteilt, ein kleines Schiff aus Bronze gefunden, mit Dar-
stellungen verschiedenartigsten Getiers, dem Anschein nach durchweg
Haustiere, wie Hund, Ackerstier, Schweinefamilie, Schaf, Kalb oder Esel
und Gans. Nach Usener haben wir in diesem Funde eine Arche Noäh
im kleinen vor uns, sie trägt phönizischen Charakter an sich, ist aber
nicht phönizischer Import, sondern von einheimischem Handwerker fremd-
ländischer Vorlage nachgebildet, das betreffende Grab gehört dem 7. Jahr-
hundert v. Chr. an. Ein ähnliches Bronzeschiffchen wurde auch in Sar-
dinien gefunden. 4. kommen auf etruskischen Spiegeln Darstellungen
vor, die sich nach dem beigeschriebenen Namen Atunis zweifellos auf
Aphrodite und Adonis beziehen?).
1) Grimme, Das israelitische Pfingstfest und der Plejadenkult, Tafel II Nr. 7;
Roscher, Lexikon, III Sp. 1026.
2) Jeremias, Das alte Testament im Lichte des Alten Orients, 1. Aufl. S. 65.
3) PRE. XIX 8. 375 Zeile 2f.
vU Dahse:
Wie Etrurien aber nach Osten Beziehungen gehabt hat, so auch nach
Westafrika. Das wird unwiderleglich bewiesen durch den auf einer
pränestiner Schale dargestellten westafrikanischen Affen (Cynocephalus
sphinx, Mandrill)!). Weiter finden sich in Etrurien kleine Bronzefiguren,
völlig analog den Aschantigoldgewichten, die für den Hausgottesdienst
in Etrurien gebraucht wurden. In Etrurien und Westafrika haben wir
wie in Troja das -zeichen und das Stuhlmotiv. Die Hüttenurnen
Etruriens erinnern an das Giebeldachhaus Westafrikas. Wir haben beider-
wärts Perlen und durchbohrte Zylinder aus Glas als phönizische Einfuhr.
Bowdich schreibt von dem westafrikanischen sanko-Instrument?): the
Etruscan character of the carving is very surprising und Leo Frobenius
hat ZE.?) darauf aufmerksam gemacht, was der Vollständigkeit halber
hier auch herangezogen werden mag, dass die Ornamente Benins Ähnlich-
keit haben mit denen der — Langobarden. Nach all diesem kann nicht
daran gezweifelt werden, dass Etrurien mit Westafrika uralte Verbindungen
gehabt hat, die teils durch die Altphönizier vermittelt, teils aber wohl auch
selbst unterhalten wurden. Waren die Etrusker doch neben den Phöniziern
und Karthagern das bedeutendste Handelsvolk des Mittelmeers, das mit
den letzteren ja nach dem Zeugnis des Aristoteles Handelsverträge ab-
geschlossen hat. Dürfen wir nun aber überdies noch weitergehen und
annehmen, dass umgekehrt auch Westafrika nach Etrurien hinübergewirkt
hat? Was soll die Nachricht Platos bedeuten, dass Atlantis sich erstreckt
habe bis nach Etrurien und bis nach Ägypten???
Durch meine beiden Kalebassen wird nun auch ein neues Licht
geworfen auf einen merkwürdigen Holzteller, der in Rhodesia in
Südafrika gefunden worden ist, und der in der Mitte ein Krokodil
(meine Kalebassen haben, wie erwähnt, in der Mitte zwei ge-
kreuzte Eidechsen) und am Rande allerlei symbolische Zeichen
hat. Da haben wir Zeichen, die an den Tierkreis erinnern: Stier,
Zwillinge, Jungfrau?, Bogenschütze, Wassermann’; da sehen wir die
unter dem Namen „Dollos“ bekannten Wurfzauberhölzer der Kaffern;
da haben wir ausser anderen nicht mehr deut- und erkennbaren aber
auch Symbole, die wir eben in Westafrika kennen gelernt haben, nämlich
4 und Eidechse; und endlich Sonnenrad, Halbmond und Venus, Gruppe
von drei Sternen und eine nach Armhaltung und Kopfbedeckung ganz
und gar an den auf der einen Kalebasse dargestellten Mann erinnernde
Mannesgestalt; den man schon als Orion gedeutet hat (siehe Abb. 4).
P. Staudinger?) hat die Darstellungen auf dieser Holzschüssel einen
verdorbenen, mit negerischen Elementen vermischten Tierkreis genannt.
Er hat unseres Erachtens Recht. Symbolische Zeichen verschieden-
artigsten Ursprungs sind hier zu einem bunten Durcheinander vereinigt.
Wichtig für unsere Untersuchung ist, dass sich darunter auch astronomische
1) Helbig. Das homerische Epos.
2) Bowdich S&S. 261.
3) ZE. 1907 S. 3:30 ff.
4) ZE. 1906 S. 921.
- Ein zweites Goldland Salomos. ‘1
Symbole zeigen, die an westafrikanische erinnern. Wenn wir oben sahen,
dass sich in den beiden Goldländern West- und Südafrikas dieselben
Perlen fanden, so haben wir jetzt beiderwärts gleiche symboliche Zeichen
entdeckt.
Unter den westafrikanischen astronomischen Zeichen findet sich nun
auch, wie schon verschiedentlich bemerkt, die moderne Tierkreis-
darstellung, die man ja jetzt so häufig auch in Deutschland auf den
Goldringen aus Westafrika sieht. Bei den Baule werden diese Tierkreis-
zeichen auf Ringen nicht im Innern des Landes, sondern nur an der
ae i
a LO e dE ZO H ws a
Lk d, SP
Abb. 4.
Küste dargestellt, während das „verlorene Wachsverfahren“ überall geübt
wird. Demnach muss diese Darstellung des Tierkreises später als letzteres
dorthin gekommen sein, was ja auch schon daraus folgt, dass die jetzt
üblichen Zodiakusbilder erst seit dem 10. Jahrhundert!) auf Darstellungen
erscheinen. Ich hatte vermutet, dass diese Darstellung durch die am
Ende des 15. Jahrhunderts als Pflanzer nach der Goldküste versetzten
spanischen Juden?) dorthin gekommen sei, und war dazu veranlasst durch
einen von der Goldküste stammenden Ring, der die Inschrift trägt
1) EB. Bd. 24 S. 792.
2) Ritter, Gesch. d. Erdkunde 8. 248f. und Staudinger in Verhandlungen
des Intern. Geographentages, Berlin 1899, Bd. I, S. 59/61.
12 Dahse:
MIZPAH. Diese Vermutung wird mir durch eine gütige Mitteilung
P Staudingers bestätigt, dass MIZPAH-Ringe als jüdische Verlobungs-
ringe gelten (siehe Abb. A Nr. 5, 6). Nun hat aber M. Kirmes im Brief-
kasten des Sammler-Daheim 1909 Nr. 51 S. 32 darauf hingewiesen, dass
diese Tierkreisringe ursprünglich an der Ostküste Afrikas und in den
Teilen Innerafrikas, die von altersher mit dem Osten in Verbindung
standen, vorkamen. Auf persönliche Anfrage erfuhr ich von Professor
Kirmes noch, dass diese Darstellung wohl ursprünglich in Asien ent-
standen sei und dass es sehr alte Exemplare gäbe in Sammlungen von
Konstantinopel und Kairo. In der ZE. 1906 S. 884 wird die Anschauung
vertreten, dass der westafrikanische Tierkreis, der neuerdings auch in
Ostafrika nachgemacht werde, auf portugiesische Vorbilder zurückgehe.
Ich lasse die Entscheidung offen. Nur mache ich darauf aufmerksam.
dass nach einer von F. Brandes in London verfassten Zeitungsnotiz in
den „Bremer Nachrichten“ vom 16. September 1903 bei den alten Römern
bereits Zauberringe in Gebrauch waren, auf denen Sterne, der Kopf von
Anubis, ein menschlicher Fuss oder der Zodiakus abgebildet waren. Ich
habe nicht in Erfahrung bringen können, auf welche Quellen sich diese
Mitteilung stützt, und auch nicht, was für ein Tierkreis es war. Irgendwie
werden da die signa panthea in Betracht kommen, ob die Mithras-Religion
da hineinspielt!)?
Kapitel 10.
Sonstige Spuren phönizischer Westfahrten.
Ausser in Etrurien lassen sich nun aber auch noch an andern Stellen.
die auf dem Seewege nach Westafrika liegen, Spuren phönizischen Ein-
flusses nachweisen. Da will ich keinen Wert legen auf das, was man
sich im 16. Jahrhundert und schon vorher bei den Arabern von uralten
Bronze- und Steinbildern erzählte, die auf den Inseln ausserhalb der
Säulen des Herkules oder in der Nähe der letzteren sich befunden haben
sollen. So sollen bei Cadiz und auf den kanarischen Inseln Bronzeidole
gestanden haben, und auf der äussersten Insel der Azoren*) soll angeblich
ein grosses Steinbild, ein Mann zu Ross, der mit ausgestreckter Rechten
nach Nordwesten deutete, von den Entdeckern gefunden und nach Lissabon
gebracht worden sein. Das alles können mehr oder minder Fabeln sein.
Aber einen zwingenden Beweis für den Handel punischer Kaufleute
bilden doch nun die vielen punischen Münzen, die auf den Azoren, wie
Humboldt’) angibt, gefunden worden sind. Wie dieser Umstand
beweist, dass die Azoren den Puniern bekannt waren, so geht aus andern
Beweisstücken hervor, dass die alten Phönizier schon die Kanarischen
Inseln kannten. Denn bis zum Jahre 1868 stand in Orotava auf der
Hauptinsel Teneriffa*) ein uralter Drachenbaum, der nach den Schätzungen
der Botaniker auf ein Alter von mehreren Jahrtausenden zurückblicken
1) Vgl. den Tierkreis von Heddernheim bei Wiesbaden.
2) Peschel, Zeitalter der Entdeckungen 8. S1.
3) Kritische Untersuchungen I S. 455.
4) CB. I 141—145.
Ein zweites Goldland Salomos. 13
musste; schon die Conquistadores, die 1493 die Insel betraten, waren von
seinem Alter ergriffen. Von diesem Baume spricht Humboldt mit Ver-
wunderung und fragt: „Ist sein Dasein ein Beweis dafür, dass die Bewohner
der Kanarien einst mit asiatischen Völkern in Verkehr standen?“ Wir
können Humboldts Frage mit Breusing!) dahin beantworten, dass jener
Baum von den Phöniziern, die auf ihren östlichen Fahrten die Insel Sokotra
besuchten, wo die Drachenbäume in üppiger Fülle gedeihen, mitgenommen
und nach den westafrikanischen Inseln verpflanzt wurde. Haben wir doch
auf ägyptischen Denkmälern Abbildungen davon, wie Blumenkübel von
der Fahrt nach Punt mitgebracht wurden. Endlich hat man auch auf den
Kanarischen Inseln Perlen gefunden, die nur von auswärts eingeführt sein
können, vielleicht ebenfalls ein Beweis phönizischen Handele?)
Durch solche Funde wird nun das bestätigt, was uus bei den alten
Schriftstellern von phönizischen Kolonien ausserhalb der Säulen des
Herkules berichtet wird. Nach Strabo haben die Phönizier schon vor
Homer den besten Teil von Spanien und Afrika besetzt. Und er be-
richtet nach Eratosthenes (geb. 276), der als Vorsteher der alexandrinischen
Bibliothek und geborener Nordafrikaner und auch durch eigene Reisen
über die Vorzeit des phönizischen Afrikas die beste Kunde haben konnte,
dass in Nordwestafrika die Phönizier nicht weniger als 300 Städte gehabt
haben sollen, welche die Pharusier und Nigriten zerstört hätten. Wenn
man auch hinsichtlich der Zahl Bedenken gegen diese Angabe hat (und
doch vergleiche man damit die 30 Forts, die im 17. Jahrhundert die
europäischen Staaten bloss an der Goldküste hatten), so wird die Tat-
sache selbst, dass die Phönizier an der westafrikanischen Küste Kolonien
hatten, doch heutzutage von den Geographen als historisch angenommen.
Denn jener Bericht des Strabo erfährt eine bestätigende Beleuchtung
durch eine zweite Nachricht. Im Jahre 500 ungefähr erhielt der Karthager
Hanno von seiner Vaterstadt den Auftrag, mit einer Flotte von 60 Fünfzig-
ruderern eine Kolonisations- und Handelsexpedition an der Westküste
Afrikas zu unternehmen. Von der Beschreibung dieser Reise wurde
dann später auf Staatsbefehl ein Auszug gemacht und in dem Saturn-
tempel zu Karthago aufgestellt, von dem wir noch eine griechische Über-
setzung (JJ/eoınkovs) haben, deren Angaben oben schon verschiedentlich
herangezogen wurden. Aus Hannos Periplus geht nun aber hervor, dass
er sich bewusst war, nicht der erste zu sein, der jene Küsten besuchte.
Während er von einer Stadt ausdrücklich sagt, dass er sie dort neu
gegründet habe, nennt er andere Städte, die von seiner Expedition nur
neu besetzt wurden, ein Beweis dafür, dass zu seiner Zeit wohl noch
Überreste jener alten, von Eratosthenes und Strabo erwähnten Städte vor-
handen gewesen sein müssen. Diese Expedition des Hanno hat nun aber,
wie jetzt diejenigen annehmen, die die Westküste Afrikas aus eigener
Anschauung kennen, sich mindestens bis zum Kamerungebirge erstreckt;
dies ist, wie oben nachgewiesen, das Gen dynua des Periplus. Dass die
1) Nautik der Alten.
2) CB. I 126.
74 Dahse:
Fahrt auch an dem südlichen Ufer Westafrikas entlang gegangen, wird
dadurch bestätigt, dass Arrians Periplus!) sie 35 Tage gegen Sonnen-
aufgang, also ostwärts fahren lässt. |
Ich möchte in diesem Zusammenhange noch auf einen Artikel hin-
weisen, der in der „Wissensch. Beilage zur Münch. Allg. Ztg.* 1903
Nr. 118/9 erschienen ist. Dort erklärt Th. Zell, der schon in seinem
Buche „Polyphem = ein Gorilla“ die Anschauung vertreten hat, dass den
Irrfahrten des Odysseus Seefahrerabenteuer der Phönizier zugrunde lägen,
in bezug auf die Abenteuer des Odysseus bei Circe, dass dies die Krleb-
nisse eines Seefahrers am Hofe einer afrikanischen Königin seien:
Zähmung von Bestien, Frauenherrschaft, Kannibalismus, leichtes Heiraten
durch einen Fremdling, Vorliebe der Neger für Musik, Lebensweise und
Jagd des Kudu, der grösser als ein Edelhirsch, veränderter Stand der
Sonne, dies alles spräche für Afrika als Heimat der Circe. Dass auch
gerade in unseren Gegenden Königinnen geherrscht haben, zeigen die
beiden oben erwähnten Herrscherinnen, die Baulekönigin Pokou und die
von Aguna?). Zell steht mit seiner Grundanschauung von den Odyssee
nicht allein; Breusing lässt z. B. auch des Odysseus Irrfahrten sich bis
nach Westafrika erstrecken. Nach allem in dieser Untersuchung Aus-
geführten kann wohl die Ausdehnung der Reisen der Alten bis in unsere
Gegenden nicht mehr bestritten werden. Wir dürfen sie für die Alt-
phönizier annehmen auf Grund der symbolischen Zeichen. die in West-
afrika sich finden und im Alten Orient ihre Parallelen haben; wir
schreiben sie weiter den Karthagern zu wegen der Angaben in dem
Periplus des Hanno und des Ps. Skylax. Wir finden sie nun wiederum
zur Zeit der Römer. Denn Polybius?) machte Scipione Aemiliano res in
Africa gerente mit einer aufs beste ausgerüsteten Flotte eine Fahrt bis
in unsere Gegenden. Ja noch darüber hinaus. Denn nach einer Fahrt
von 10 Tagen und 10 Nächten über das Aen öyyua hinaus erreichte er
„als südlichsten Punkt das promontorium Hesperium, nicht identisch mit
dem “Eoaeoor z£oas des Hanno, sondern wohl gleich dem heutigen Kap
Lopez. Wir sahen schon oben, wie er zwischen diesem Vorgebirge und
dem ` de dynua den Atlas liegen lässt, den Clarence Pic auf Fernando
Po. — Und auch noch weiter sind die Alten gekommen oder vielmehr
sie haben diese Seite Afrikas auch von der Ostseite zur See erreicht.
Denn es braucht wohl nicht mehr ausdrücklich erwähnt zu werden, dass
durch die hier geführte Untersuchung auch die von Herodot berichtete
Umsegelung Afrikas durch die Phönizier zur Zeit des Pharao Necho, die
übrigens heute ja wohl allgemein als wirklich geschehen angenommen
wird, eine neue Bestätigung erhalten hat. Ist aber Westafrika so im
ganzen ersten vorchristlichen Jahrtausend zur See erreicht worden und,
wie wir oben in Kapitel 2 gesehen haben, in dieser ganzen Zeit auch
schon als Goldland berühmt gewesen, dann wird auch das von der
1) 43 ,,.
2) Was hier aber nur als Analogie, nicht als Beweis für eine Heimat der Circe
an der Groldküste angeführt sei!
3) Bei Göbel, Die Westküste Afrikas, S. 20.
Ein zweites Goldland Salomos. 73
Tharschischfahrt mitgebrachte Gold von hier stammen, und wir haben die
Goldküste und ihre Hinter- und Nebenländer mit Recht ein zweites Gold-
land Salomos genannt.
Kapitel 11.
Ablehnung anderer Vermutungen.
Es wird bekannt sein, dass die Goldkiiste schon von manchen, be-
sonders ausländischen Forschern für Ophir gehalten worden ist. Isert
schreibt wegen der aggry-beads'): „It is not improbable that in the
golden age of Egypt she had communication with the Gold Coast; indeed
it has been thought and perhaps not without some reason, that the Gold
Coast is the Ophir of Solomon.“ Atkins vertrat in seiner Reise nach
Guinea die Anschauung, dass Ophir gleich Sofala sei und dass man dann
umgeschifft sei zur Goldküste.e Nach Peacock?) war auch ein Dr. Doig,
formerly master of the Grammar School at Stirling, der Meinung, dass
die Goldküste das salomonische Ophir wäre, und er selbst schliesst sich
dessen Meinung an und lässt Salomos und Hirams Flotten von Ezeon
Geber aus zuerst durchs Rote Meer nach Adulis fahren, von dort mit
abessinischen oder sabäischen Herrschern Verbindungen anknüpfen, dann
um Afrika herum „die abessinischen Kolonien“ an der Goldküste auf-
suchen und endlich über Tharschisch nach Tyrus und Joppe zurück-
kehren. Ähnliche Anschauungen finden wir schon nach Cornelius de
Lapide bei Pinedas, lib. 4 de rebus Salomonis, der die Ophirfahrten
von Ezeon Geber um das Kap der Guten Hoffnung nach Tartessus, von dort
um Afrika nach Ostindien und dann zurück nach Ezeon Geber gehen
lässt. Nach Huetius?) war in jenen Zeiten Ophir der allgemeine Name
für die Ostküste Afrikas und speziell für Sofala, Tharschisch aber der
allgemeine Name für Westafrika und Spanien, speziell die Landschaft am
Guadalquivir. Auch dieser Forscher nimmt bei den Handelsfahrten
Salomos eine Umschiffung Afrikas an, und ebenso 50 Jahre später
Michaelis‘), der die Fahrten vom älanitischen Meerbusen nach Ophir
— Arabien gehen lässt, wo man für Silber, das andere Schiffe dorthin
gebracht, Gold aus Arabien selbst oder Indien eingetauscht habe und
dann über Tartessus heimgekehrt sei. Eine Modifikation letzterer An-
schauung in betreff des Zwischenhandels schlägt Roscher vor), der das
auf der zentralafrikanischen Karawanenstrasse vermutlich nach der Insel
Dahlak (Massaua) aus dem Westen gebrachte Gold dort von Ophirfahrern
abholen, sie dann nach Indien fahren, dort einen Teil des Goldes gegen
indische Waren umtauschen und dann mit dem westafrikanischen, auf
jenem Landwege erhaltenen Golde und mit indischen Produkten nach
Ezeon Geber zurückkehren lässt. Alle diese Anschauungen aber gehen
von der verkehrten Auffassung aus, dass alles im Alten Testament über
1) Bei Bowdich S. 218.9.
2) S. 8.
3) Histoire du commerce et de la navigation des anciens S. 50.
4) Spicilegium Geogr. Hebr. ext. 1769 S. 100.
5) S. 57, 58.
76 Dahse:
den Seehandel Salomos Berichtete auf ein und dieselben Handelsfahrten
sich beziehe, und sind daher zu kompliziert. Wie zu Anfang dieser
Untersuchung nachgewiesen, sind aber zweierlei Fahrten, eine Ost- und
eine Westfahrt zu unterscheiden, dann lösen sich alle Schwierigkeiten
ganz einfach und man kommt nicht zu solch umständlichem Handels-
verkehr, wie ihn Pinedas, Michaelis und Roscher schildern. .
Von denen nun aber, die eine Westfahrt annehmen, lässt Keil!) die
afrikanischen Produkte am wahrscheinlichsten an der nördlichen Küste
Afrikas noch innerhalb der Säulen eintauschen, dort habe es nicht bloss
Affen und Elefanten, sondern nach Eusthatius auch Pfauen gegeben; nach
Guthe?) kommt aber als Heimat der Waren der westliche Teil der Nord-
küste Afrikas in Betracht, er äussert sich nicht genauer über die Gegend.
Durch die nun aber gerade an der Goldküste und überhaupt im Kultur-
bezirk von Gross-Benin sich findenden Reminiszenzen an den Alten Orient
dürfte dieses Gebiet in erster Linie als Herkunftsort der afrikanischen
Produkte der Tharschischfahrt in Betracht kommen. Nicht unerwähnt mag
bleiben, dass Niebuhr in der OLZ. 1900 Sp. 69 die Deutung BSD als
Negersklaven vertreten hat und damit die westafrikanische Herkunft der
Schiffsladungen vollkommen klargestellt sein lässt. Ähnlich schon zur
Zeit des Cornelius a Lapide?) 1642 nonnulli putant (Ophir) fuisse An-
golam, in qua sunt Aethiopes, qui in mancipia adducti sunt Salomoni, uti
et hodie inde adducuntur in Hispaniam. Von westafrikanischen Sklaven
ist aber in dem urspriinglichen Texte, wie oben nachgewiesen, nicht die
Rede. Und auch nicht, wie ebenfalls nachgewiesen, von indischen Pro-
dukten, weshalb fiir uns die von Oppert vertretene Anschauung, dass
die Tharschischfahrten (Tharschisch gleich Meer überhaupt) nach Indien
gegangen sein sollten, unannehmbar ist.
Nun hat man aber behauptet, dass gerade auf den Kulturkreis von
Benin Indien eingewirkt haben müsse. Da wird ZE 1906 S. 983 auf die
alten Beziehungen von Goa zum portugiesischen Afrika hingewiesen; noch
1881 wären in Angola „viele“ Inder als Priester und Ärzte tätig ge-
wesen; wir hören von der Wanderung der Malaien quer durch Afrika von
1704 ab schon in einem Reisebericht der Allg. Hist. IV S. 378. Die
Beninkunst soll indischen Ursprungs sein und in besonders intimer Weise
sollen die Goldgewichte der Aschanti an indische Kunst erinnern, ebenda
S. 987: „Jeder, der sie zum erstenmal sieht, ohne zu wissen, woher sie
kamen, wird zunächst auf Indien raten und es wäre schon merkwürdig,
wenn dieser täuschenden Ähnlichkeit nicht etwas Wahres zugrunde läge.“
Merkwürdigerweise lässt dann aber der Vertreter dieser Anschauung
Messing und Bronze aus Europa, d. h. Portugal nach Benin kommen und
einen portugiesischen Kanonier den ersten Urheber sein S. 991. Nun soll
hier keineswegs geleugnet werden, dass auch auf Benin indische Einflüsse
eingewirkt haben können und auch wirklich eingewirkt haben, aber
1) a. a. O. S. 91.
2) PRE XVII S. 572.
5) zu 1. Kg. Has
Ein zweites Goldland Salomos. ran
zwischen der vorhistorischen Einwirkung Indiens, von der in ZE 1905
S. 54ff die Rede ist und der gelegentlichen Einwirkung, seitdem Afrika
und Indien den Portugiesen gehörte, liegt die Zeit der phönizischen,
etrurischen (?), karthagischen, griechischen und römischen Mittelmeer-
fahrten, die bis hierher gekommen sind, und die ihre Dokumente an der
Westküste Afrikas, wie nachgewiesen, niedergelegt haben. Und da mögen
zum Schlusse noch einige Einzelheiten erwähnt werden, die auf solche
Fahrten zurückgehen mögen. Da hat man an der Goldküste Überreste
einer antiken Bronzelampe gefunden’), da ist aus Dahome nach Frank-
reich eine tönerne Lampe gekommen, die wohl auf solche antike Muster
zurückgeht?), da hat man einen antiken Bronzekessel im Hinterland der
Elfenbeinküste bei den Baule entdeckt?) und dort auch einen seltsam
ornamentierten Pomadentopf aus Ton‘) — Ps. Skylax führt unter den
Handelsartikeln der Phönizier für die Westafrikaner an erster Stelle
utooy an!5) Und des Skylax Bericht zeigt uns auch, auf welchem Wege
griechische Ideen nach Westafrika gekommen sein können. Ausführlich
erwähnt er unter den Einfuhrartikeln: xtoauov “Attixoy xai yovs' Ta yao
aldouara Eoriv dma èv tois yoto tH ooti. Die yes aber sind das Kannen-
fest, der zweite Tag der grossen dreitägigen Frühlingsfeier im Monat
Anthesterion (Februar-März), ein Fest des Nyseischen Bacchus in Athen.
Mit diesen nach Westafrika aus Griechenland gekommenen Trinkgeschirren,
auf denen doch jedenfalls auch bildliche Darstellungen sich fanden, können
auch griechische Ideen dort ihren Einzug gehalten haben®).
Kapitel 12:
Wechselbeziehungen zwischen dem Westen, Osten und Süden Afrikas.
Nachdem wir so allseitig die Bedeutung des Handelsverkehrs zur
See mit unserem Gebiete gewürdigt, haben wir nun noch kurz zu-
sammenzufassen, was ausser dem schon Erwähnten wohl auf dem Land-
wege nach Westafrika gekommen sein kann. Da sahen wir oben schon,
wie der Schlangenkult, religiöse Anschauungen und mancherlei Industrie
zu Lande aus dem Osten in unsere Gegenden eingewandert sind. Ausser
dieser wahrscheinlich durch Nubien vermittelten Einwirkung ist nun be-
sonders aber noch die echtägyptische hervorzuheben. Darüber hat vor
allem de la Fosse gehandelt: Er findet bei den Baules die Häuser ähn-
lich denen der ärmeren Klassen Ägyptens; er behauptet, die Kleidung sei
dieselbe wie bei den niederen Ägyptern und ebenso der Färbeprozess bei
den gewebten- Stöffen, ferner die Sessel. -Auf die Ähnlichkeit des Gold-
schmuckes und der Goldgewichte wurde schon hingewiesen. Indem ich
1) Ellis, history S. 9.
2) ZE 1907 Fig. 26 S. 80.
3) de la Fosse in der Legende vom Perlenberg.
4) de la Fosse, Abbildung 1.
A Dazu kommen nun noch die soeben ron Leo Frobenius gemachten neuen
Funde im Gebiete des alten Atlantis.
6) Wie es scheint, hat es in Griechenland Trinkyeschirr mit Sternbilder-
darstellungen gegeben, siehe Stoll, Griech. Lyriker 11 S. 21 22.
TS Dalıse:
alles weitere, besonders das über die Religion von de la Fosse Aus-
geführte übergehe, mache ich nur auf das aufmerksam, was er über das
Paradeschwert sagt, weil das vielleicht einen Anhalt geben kann über
den Zeitpunkt einer ägyptischen Einwirkung. Die Ähnlichkeit des ge-
krümmten Aschantischwertes mit dem altägyptischen ist ja schon oft be-
tont worden, wie auch, dass letzteres zu dem Wurfmesser der Monbuttu
Beziehungen hat’). Besonders wird man da an Darstellungen aus der
12. ägyptischen Dynastie erinnert. Aus dieser Dynastie hatte aber z. B.
Sethos I in Lybien*) zu kämpfen. Von den Tonpfeifen der Aschanti, die
fast wie ägyptische aussehen, war oben schon die Rede. De la Fosse
führt auch Skulpturen, die an ägyptische erinnern, aus dem Gebiet der
Baules an und Rütimeier redet mehrmals in seinem Vortrag über „West-
afrikanische Steinidole“?) von beinahe ägyptischen Zügen derselben. Wenn
wir ferner sahen, dass in Westafrika der Sonnenschirm solch hohe Be-
deutung hat, so geht auch das wohl zweifellos auf ägyptische Einwirkung
zurück. Endlich wird auch der Webstuhl Westafrikas von Hartmann
mit dem ägyptischen in Verbindung gebracht‘), Wann alle diese Ein-
wirkungen von Ägypten ausgegangen sind und in welcher Weise, ob ledig-
lich durch Handelsverkehr oder durch Kriegszüge oder gar durch Wan-
derungen, müssen wir vorläufig dahingestellt sein lassen. Nur soviel ist
sicher, dass solche Beziehungen älter sind als die von Nubien aus-
gegangenen. Auch ist das nicht ausgeschlossen, dass in uralten Zeiten
West- und Zentralafrika die Gebenden und die Ägypter die Empfänger
waren!
Es ist bekannt, dass der Falke in Ägypten dem Horus heilig war;
in Edfu wurde dieser Sonnengott in jenem Vogel verehrt, wie überhaupt
die Sonnengötter mit Vorliebe Sperbergestalt annahmen. In Westafrika
ist der Geier ein heiliges Tier. In Yendi wird nach Barth den Geiern
Verehrung zuteil5), in Nupes Hauptstadt, Bida), wie auch in Salaga’)
fressen sie unangetastet die Abfälle auf den Strassen. Zu hunderten
fliegen die Raubvögel über Kumassi hin, alle unangetastet und als heilig
verehrt; die Falken (sansa) sogar zur königlichen Familie gerechnet§).
Und damit vergleiche man nun die in Nanatali in Südafrika von Bent
entdeckten steinernen Vögel. Hier liegen Erscheinungen vor, die die
Vermutung uralter Beziehungen der drei Gebiete zueinander erwecken.
Dass das historische Ägypten in diesem Punkte auf Südafrika eingewirkt
habe, erscheint uns unwahrscheinlich. Wenn wir daran denken, dass
Horus mit den Schmieden?) in Verbindung gebracht wird und die Schmiede-
~ mme
1) So schon Bastian 1878 S. 96 in ZE (cf. auch Hartmann, Völker Afrikas
S. 120: Frobenius Ursprung der afrikanischen Kulturen S. 202.)
2) Meyer, Gesch. des Altertums § 281.
3) 8. 202,
4) Hartmann, Völker Afrikas S. 159.
5) IV 574.
6) MFDSch. II 99.
1) ebenda I 160,
S) „Vier Jahre in Asante“ S. 150 Bowdich 8. 276
9) Lockyer S. 594,
Ein zweites Goldland Salomos. 79
kunst doch wohl im äquatorialen Afrika eine Urheimat hat!), so möchten
wir Zentral- und Westafrika als Ausgangspunkt von Völkerbewegungen
annehmen, die ihre Wellen bis hin nach Ägypten und andererseits bis
nach Südafrika geworfen haben. Das würde natürlich in eine Zeit zurück-
führen, die jenseit des ältesten, beglaubigten Datums?) der Weltgeschichte,
jenseit des Jahres 4241 v. Chr. liegt. Nicht ohne Bedeutung dürfte es
doch sein, dass de la Fosse immer darauf hinweisen kann, dass West-
afrika mit der Kultur der ärmeren Bevölkerung Ägyptens, d. h. der nicht
weiter fortgeschrittenen solch überraschende Ähnlichkeit hat. Man könnte
sich denken, dass in Ägypten eine Kultur zur Blüte gelangt ist, deren
Wiege in Zentral- und Westafrika gestanden hat. Schon Bastian?) hat
ja 1884 von dem zentralafrikanischen Typus gesprochen, der immer deut-
licher zutage träte und sich am nächsten an den ägyptischen Stil anlehnen
würde. Doch bleiben diese Zusammenhänge für die Zukunft noch näher
zu erforschen.
Nun haben wir schon mehrfach auf die Parallelen zwischen West-
und Südafrika hingewiesen: beiderwärts Perlen ausländischen Ursprungs,
die mit dem Golde in Verbindung gebracht werden, beiderwärts astro-
nomische Zeichen, die gleichen Ursprungs sein müssen, beiderwärts Steine
„las Geld der Alten“ (vgl. CB II S. 155, Daheim 1909/10 Nr. 2 S. 30;
an der Goldküste nach persönlicher Mitteilung Steiners genannt blamabii-
asika). Wie erklärt sich das alles? In den 1871 von Mauch wieder ent-
deckten Ruinen von Simbabwe in Südafrika haben wir ein Gebiet, das
von denselben Seefahrern besucht wurde, wie Westafrika. Nach letzterem
kamen sie durchs mittelländische, nach ersterem von Ezeon-Geber aus.
Dies ist Ophir, das eine Goldland Salomos, jenes Uphas, das zweite
Goldland Salomos, wie in vorliegender Untersuchung gezeigt worden ist.
1) v. Luschan, ZE. 1907 S. 381f.
2) Meyer, Gesch. d. Altertums § 19%.
3) Ethnologie in ihren geographischen und historischen Gesichtspunkten, S. Di,
Die syrischen Juden anthropologisch betrachtet.
Von
Dr. S. Weissenberg-Elisabethgrad.
Mit vier Photographien nach Aufnahmen des Verfassers.
Die geographische Lage sowie die Bodengestaltung Syriens und
Palästinas brachte es wohl mit sich, dass beide Länder seit uralter Zeit
in ihren Schicksalen eng miteinander verknüpft sind. Indem sie eigentlich
nur eine geographische Provinz bilden, sind die häufigen Kämpfe mit ab-
wechselndem Glücke verständlich, die meistens zu zeitweiligen Grenz-
verschiebungen unter den einzelnen nicht selten ephemeren Königreichen
führten. Im allgemeinen ist Syrien als das Land zu bezeichnen, wohin
die Juden in ihrem Zerstreuungsdrange vielleicht am frühesten gelangt
sind. Schon König David besiegte Damaskus und machte es sich durch
hinterlassene Besatzungen untertan, welcher Zustand aber nicht lange
dauerte (2. Sam. 8, 5 und 6). Nach der Teilung des jüdischen Reiches
war es hauptsächlich das Reich Israel, das häufig in Verwicklungen mit
Aram (Syrien) geriet. Nach der siegreichen Schlacht bei Afek, etwa in
der Mitte des 9. Jahrhunderts v. Chr., bekam der König von Israel Ahab
das Recht eine israelitische Kolonie in Damaskus anzulegen, wie es einige
Jahre zuvor auch der Aramäer Ben-Hadad für sich in Samaria erwirkt
hat (1. Kön. 20, 34).
Die winzigen Königtümer am Gestade des Mittelmeeres konnten aber
vor den mächtigen Reichen des Ostens nicht lange standhalten und sie
fielen bald unter das Joch Assyriens und dann Babyloniens. Seitdem kam
Judäa nur auf kurze Zeit unter den Makkabäern zur Selbständigkeit,
teilte aber im grossen und ganzen das Schicksal Syriens. Es lässt sich
vermuten, dass die häufigen politischen Wirren in Judäa dazu führten,
dass Unzufriedene im nächstgelegenen Damaskus Zuflucht suchten und
fanden. Jedenfalls ist aber nach Apostelgeschichte 9 zu schliessen, dass
schon zu Beginn der christlichen Ära zahlreiche Juden in Damaskus an-
sässig waren. Auch berichtet Jos. Flavius (Jüd. Krieg. II, 20, 2), dass
die Damaszener nach einer für die Römer unglücklichen Schlacht
10000 Juden ermordet haben.
Für das ganze Mittelalter haben wir sichere Nachweise dafür, dass
Syrien mehr oder weniger grosse jüdische Gemeinden beherbergt hat.
So spielten die Juden keine geringe Rolle in den Kämpfen zwischen den
Weissenberg: Die syrischen Juden anthropologisch betrachtet. 81
Persern und Byzantinern. Der bekannte jiidische Reisende des 12. Jahr-
hunderts, R. Benjamin von Tudela gibt an, dass zu seinerzeit in
Damaskus 3000 und in Aleppo 1500 jüdische Familien wohnten, von
denen viele reich und gelehrt waren. Ein anderer jüdischer Reisender
aus derselben Zeit, R. Petachja aus Regensburg, schätzt die jüdische
Bevölkerung von Damaskus auf 10000 Seelen.
Nach der Vertreibung der Juden aus Spanien (1492) liessen sich viele
Flüchtlinge in Syrien hauptsächlich in Damaskus und Aleppo nieder, wo
sie eigene Synagogen bauten. Sie haben sich allmählich ganz und gar
in der an Zahl überwiegenden und kulturell nicht tiefer stehenden älteren
Jüdischen Bevölkerung aufgelöst und nur einige Familien weisen noch
stolz auf ihre spanische Abstammung hin.
Zur besonderen Blüte gelangten die jüdischen Gemeinden Syriens im 16.
und 17. Jahrhundert, aus welcher Zeit viele hervorragende Rabbiner und
Gelehrte bekannt sind.
Die obige allzu kurze Schilderung der geschichtlichen Verhältnisse
lässt erkennen, dass Syrien eigentlich nie judenrein war und dass die
dortigen jüdischen Gemeinden auf eine ununterbrochene, Jahrtausende
lange Existenz Anspruch erheben dürfen. Es darf deshalb mit einem ge-
wissen Recht vorausgesetzt werden, dass sich unter der heutigen jüdischen
Bevölkerung Syriens noch Elemente aus dem grauen Altertum erhalten
haben, weshalb das Studium dieser Bevölkerung in mancher Beziehung,
hauptsächlich aber in anthropologischer von grossem Interesse wäre, um
so mehr als auch jetzt noch die syrischen Juden hauptsächlich in den
(irossstédten in kompakten Massen wohnen. So wird die jetzige jüdische
Einwohnerschaft von Aleppo und Damaskus auf je 10000 und die von
Beirut auf 5000 Seelen geschätzt. Ausserdem zählen noch viele kleinere
Städte jüdische Gemeinden und auch im Libanon sollen sich welche er-
halten haben.
Während meines Aufenthaltes in Palästina konnte ich auch Syrien
einen kurzen Besuch abstatten und es gelang mir 30 Damaszener Juden,
sowie zehn Juden und zehn Jüdinnen aus Aleppo anthropologisch zu
untersuchen. Im folgenden möchte ich die Untersuchungsresultate kurz
mitteilen und auf die sich ergebenden höchst bemerkenswerten Unter-
schiede im Bau beider Gruppen aufmerksam machen, um weitere
Forschungen in dieser Richtung anzuregen.
(Siehe Tabelle S. 82.)
In Tabelle I habe ich die von mir bestimmten Masse in ihren Mittel-
und Extremwerten zusammengestellt, um eine bessere Übersicht beim Ver-
gleich der verschiedenen Gruppen zu gewinnen.
Schon eine ganz oberflächliche Betrachtung lehrt, dass die Damaszener
Juden sich nach ihren Körpermerkmalen von den in Aleppo bedeutend
unterscheiden.
So sind die Damaszener Juden mit einer mittleren Körperhöhe
von 1663 mm über mittelhoch, während die von Aleppo mit einer solchen
von 1645 mm mittelhoch sind.
Zeitschrift für Ethnologie. Jahrg. 1911. Heft L 6
82 Weissenberg:
Tabelle I. Körpermasse der syrischen Juden.
Damaskus Aleppo
ee Se Gd Manner
Mass | Männer Frauen e?
. (Mittel Max. I -rem BN [sammen
| Min. Mite Max. || Min.
|
Mittal Max.
Körperlänge .
Klafterweite .
Kopfunfang .
Grésste Kopf-
länge. ...
Grösste Kopf-
breite ‘
Gesichtslänge .
Jochbreite . .
Nasenhöhe . .
~]
SU Lë
TS
SZ ZS
&
Nasenbreite
obere. ...
Gi
Nasenbreite
untere e e e
33 | 38
3
843} 91,2! 75,7 83,0. 92,0
Kopfindex . .| 73,5] 80,0) 88,1 e 80.9
Gesichtsindex | 81,7) 92,6) 102,3] 89,4 94,2 | 99,3, 81,9) 92,8) 102,4 92,6
Nasenindex. .I 50,8: 58,9: 69,2 521 Se 65,4 | 58,8 58,38 66,0 58,9
| | |
Der Kopf der Damaszener (grösste Kopflänge 185, grösste Kopf-
breite 148) ist mehr lang und schmal, der der Juden aus Aleppo (grösste
Kopflänge 179, grösste Kopfbreite 151) ist dagegen mehr kurz und breit.
Aus diesem verschiedenen Verhalten der Kopfdurchmesser resultiert
der verschieden grosse mittlere Kopfindex beider Gruppen, der um ganze
vier Einheiten differiert, indem er für Damaskus 80,0 und für Aleppo 84,3
beträgt.
Das Gesicht ist umgekehrt bei den Juden aus Aleppo, die eine Ge-
sichtslänge von 129 und eine Jochbreite von 137 hatten, etwas länger als
bei denen von Damaskus, deren entsprechende Masse 126 und 136 hoch
waren.
Dementsprechend ist auch der Gesichtsindex verschieden, indem
er für Aleppo 94,2 und für Damaskus 92,6 beträgt.
Den Gesichtsmassen entsprechend ist auch die Nase bei gleicher
oberer und unterer Breite bei den Damaszenern etwas kürzer als bei der
anderen Gruppe, was auch am Nasenindex, der bei den Damaszenern
um eine Einheit grösser ist (58,9 gegen 57,9), seinen Ausdruck findet.
Der auffallendste Unterschied zwischen den Juden von Damaskus und
denen von Aleppo besteht somit in der Kopfform, indem die ersteren
hart an der Grenze der Mesokephalie stehen, während die letzteren beinahe
hyperbrachykephal sind. Man könnte einwenden, dass dieser Unterschied
Die syrischen Juden anthropologisch betrachtet. 83
ein zufalliger sei, indem nur zehn Juden aus Aleppo gemessen wurden,
welche Zahl für irgend welche bindenden Schlüsse als unzureichend zu be-
trachten ist. Demgegenüber sei aber darauf hingewiesen, dass auch die
gemessenen zehn Jüdinnen aus Aleppo im Mittel einen stark aus-
gesprochen brachykephalen Kopf mit einem Index von 83,0 hatten.
Wird diese Erscheinung berücksichtigt, dann steigt die Kurzköpfigkeit
der Juden von Aleppo aus dem Bereiche des Zufälligen in den des Tat-
sächlichen. Übrigens spricht auch nach Tabelle II die Verteilung der
Kopfindices nach den gebräuchlichen Formen dafür, dass in Aleppo mehr
kürzere, in Damaskus mehr längliche Köpfe vorkommen. So liessen sich
in Damaskus keine Ultrabrachykephalen, dagegen echte Dolichokephale
feststellen, während in Aleppo umgekehrt keine langen, dagegen aber
extrem kurze Köpfe nicht selten anzutreffen waren.
Tabelle II. Kopfindex.
Aleppo
Damaskus Basen
Männer Frauen
Dolichokephal . . .. 2... 2.2.22 0.. —
Mesokephal. wg & sw AER 2
Brachykephal ...... 2200000 6
Hyperbrachykephal. .......... 1
Ultrabrachykephal ........... 1
Bevor wir auf die Ursachen dieser Erscheinung eingehen, wollen wir
noch kurz die beschreibenden Merkmale durchnehmen.
Die Gesichtsform war bei den Damaszenern in 13 Fällen oval, in 11
langoval, in 5 spitzoval und in 1 breitoval; ausserdem zeigten vier eine
leicht fliehende Stirn. Unter den Juden von Aleppo zeigten vier Manner
und sechs Frauen langovale, vier Manner und eine Frau ovale, zwei
Manner und eine Frau breitovale und endlich zwei Frauen spitzovale Ge-
sichter; ausserdem liessen sich bei drei Männern und einer Frau mehr
oder weniger vorstehende Jochbeine feststellen.
Messtabellen.
| Abkürzungen:
br. = breit, ger. = gerade, schw. = schwarz,
brn. = braun, J. = Jochbeine, sem. = semitisch,
d. = dunkel, h. = hell, sp. = spitz,
e. = etwas, L = lang, St. = Stirn,
fl. = fliehend, ov. = oval, v. = vorstehend.
Körperhöhe, Klafter und Kopfumfang in Zentimetern. Alle übrigen
Masse in Millimetern.
84 Weissenberg:
I. Juden aus
Gr. Kopf-|Gr. Kopf-| Kopf- |Gesichts-| Joch- | Gesichts- Obere
länge breite | index länge breite index -o
| | i
145 9310: 5
37} 905 ` 3I
45 89,7 3
36 | 934 37
87 ' 871038
36 | 9,6 | 34
37 87,6 32
40 886 33
35. 89,6 | 35
39 | 885 ; 30
32 ` 84 B
37 92,7 32
3 ` on | 3
m on 28
3T 12 | 30
33 | 865 ` Oe
3T "me "e
2 098,8 29
36 | 926 | 32
39 971 31
4 on 30 `
| 0.992 30
| 99 | 102,3 30
9 1014 | 28
| H 90,3 32
| 42 89,4 26
| 32 94,7 25
| 27 93,7 26
| 48 80,0 2.8 91,7 | 38
| au | 16,3 | 23 40 aa | 31
t
l
Bei 5, 19 und 24 Kopf hoch, hinten abgeplattet.
Was die Nasenform anbelangt, so war sie bei 14 Damaszenern ge-
rade, bei 11 ausgesprochen und bei 3 leicht semitisch, die übrigen zwei
hatten eiae Adlernase; eine Nase war auffallend breit. Von den Juden
aus Aleppo zeigten sechs Männer und fünf Frauen eine gerade, zwei
Männer und zwei Frauen eine echt semitische, zwei Frauen eine leicht
semitische und endlich zwei Männer und eine Frau eine Adlernase; bei
zwei Männern war die Nase ausserdem im ganzen gross.
Uber das Verhalten der Farben der Augen und der Haare belehrt
uns Tabelle III. Die Haarfarbe war meistens schwarz, hellbraun liess
Die syrischen Juden anthropologisch betrachtet. 85
Damaskus.
en | Nasen- | Nasen- Gesichts- | Nasen- Iris- | Haar- Farben-
breite höhe index form | form farbe | farbe typus
DEE te | |
Ay | vo 61,3 lov. St. e. fl.| e sem | hbrn. | schw. brünett
D 53 623 | spov. ger, | brn. | schw. a
Gs 5T | 649 ov ' ger. br. | hbrn. | dbrn. | S
35 5G 62,5 lov F gen ` JL pe | schw. |,
32 53 (0,4 ov. St. e fl. ger. | dbrn | schw. S
36 52 | 692 lov | ger. | grau ' dbm. | gemischt
DE | 55 61,8 ov ' sem. | brn. ' schw. brünett
33.5 63,6 Ispov eem, i grau ; ddbrn. | gemischt
32 5T | 6L lov sem. | dbrn. | schw. | brünett
393 VI 60.0 | ov ger. | brn | s Š
31 öl 60,8 OV. e. sem. : dbrn. e a
38 Ib 67,9 Ov. e. sem. | dbrn | s e
30 57 92,6 lov. sem. | hbrn. > e
29 392.558 , brov. ger. | brn S S
Sl at | 54,4 | Ispov. sem. Ä hbrn. ddbrn. =
mm GTB. ger. | hbrn dbrn. S
v2 | 59 54,2 ov. | sem hbrn. hbrn. R
RÉI 58 | DRG lov | Adler brn. dbrn. Se
34 53 GAL ov. ger , bm. schw. ;
3 t 61 557 lov. St. e. fl. sem. brn. schw. 2
32 58 55,2 lov. | e Adler | brn, — ddbrn. l
30 dO 54,5 lov gen | dbrn. ` schw. a
Al 08 06,4 | lov ger. | brn. schw. >
83 | 58 | 56,9 lov. St. e. fl. ger grau hbrn. | gemischt
DO | 87 59 | OV |! ger | dbrn. | schw. brünett
32 63 50,8 | ov i sem brn. ddbrn. s
3] 59 52,5 | Ispov. sem | dbrn. | schw. e
30 Ai 54,5 | spov. | sem | hbrn. schw. a
Do | 34 611 ; ov sem hbrn. `, schw. =
A) | 55 66.0 | ov | ger. | dbrn. ddbrn. e
sich nur bei zwei Damaszenern feststellen. Aber auch blondes Haar
scheint, wenn auch selten, vorzukommen, indem ich es in Damaskus unter
mehr als 200 Schiilern nur zweimal antraf. Dass unter den zehn unter-
suchten Jüdinnen eine blond war, ist wohl einem Zufall zuzuschreiben.
Den Haarfarben entsprechend, zeigte auch die Iris fast durchweg braune
Farbe, indem nur drei Männer aus Damaskus, und je ein Mann und eine
Frau aus Aleppo graue, sowie eine Frau blaue Augen hatten. Somit
waren die untersuchten Personen ihrem Farbentypus nach überwiegend
brünett, da nur etwa 10 pCt. gemischte Charaktere zeigten.
86 Weissenberg:
il.
A.
Körper: Kopf- | Kopf- | Kopf- | Kopf- Ge Joch- | Ge E
ES höhe ES umfang | linge ; breite | index Se breite on höhe
| | linge index
| |
1] 1665 | 745 | 53 182 | 144 | 791 | 126 | 182 95 57
2} uw | 79 35 | 9 | 58 |785 ml 38 993 66
3 59 65 4 77 4 | 870 , 29 37 942 GO
4 | 54 59,5 1,5 73 46 84,4 | 26 41 99,4 59
5 | 68 75 4 81 5 | 85.6 | 26 87 920] 54
el a 8 ! 8 | 7 55 | 912 ' 24 37 «90,5 | 52
el 64 | % | 7 | 9% | se | 35 43° 944] 5
8 | 625 | 66 3 73 53 | 88,4 | 35 39 | 97,1] 59
9 70 73,5 2 74 49 | 85,6 29 M | 96,3 | 54
10 | 56 635 | 15 73 47 | 85,0 24 1, 47, 56
B.
Ss Be, | ae D WE
IÍ 155 bi — 185 | 140 | 75,7 , 1% 126 92; 55
I| 48 49 = 63 50 | 92,0 4 | Qi | 819 | 52
HII] 525 | 54 = 83 50 | 82,0 22 | 21 | 100,8 : 52
IV] 51 45 | — 60 32 | 825 19 18 100,8 | 51
Vi 52 | 58 = G4 | 45 | 884 | 29 25 97,6; 52
VI} 525 59 i — 74 46 8839 12 9% | gn 47
VII} 45 40 — 70 40 ! 823 6 23 102,4 | 56
VIII} 5 | 55 me 73 4 ! 815 | 10 30 846 46
IX] 51 | 54 == 70 32 77,7 12 25 89,6 52
X| 59 64 = 71 43 | 88,6 16 30 | mä 50
Nr. 2 und 3 sollen aus Spanien stammen.
Uberblicken wir kurz die gewonnenen Resultate, so sehen wir, dass
die beiden jüdischen Gruppen, obgleich räumlich ziemlich eng beieinander
wohnend, doch auffallende physische Unterschiede aufweisen. Ausser der
verschiedenen Kopfform, worauf schon oben aufmerksam gemacht wurde,
lassen sich noch folgende bemerkenswerte Unterschiede feststellen: das
Gesicht der Juden von Aleppo, obgleich im allgemeinen länger als das
der Damaszener, zeigt doch nicht selten vorstehende Jochbeine, und auch
in der Form der Nase lässt sich insofern eine Differenz konstatieren, als
diese bei den Damaszenern viel häufiger die semitische Krümmung zeigt
als bei der anderen Gruppe.
Wenn auch der Zufall dem Anthropologen manchmal bös mitspielt,
so ist hier diesem Faktor kaum eine nennenswerte Bedeutung zu-
zuschreiben, da beide Geschlechter, worauf ich schon bei dem Kopfindex
hinwies, dieselben Besonderheiten zeigen. Es ist somit nach anderen
Ursachen mehr innerlicher Natur zu forschen, die die besagten Differenzen
Die stiechen Juden anthropologisch betrachtet. 87
Aleppo.
Juden.
0 bere , Untere Nasen- | Gesichts- | , Haar- Farben-
Nasen- | Nasen- | , Nasenform | Irisfarbe
breite breite index form | farbe | typus
SS SS Sees
29) 33 57,9 ov. J. e. v. | Adler hbrn. schw. brünett
35 35 53,0 ov. sem. gross brn. schw. 2
34 36 60,0 Ov. ger. hbrn. schw. 8
31 32 54,2 | brov. J. e. v.| Adler, gross grau | schw. | gemischt
30 34 63,0 Ov. ger. dbrn. schw. briinett
33 | 32 61,5 | brov. J. e. v. ger. dbrn. schw. Š
35 36 65,4 lov. ger. | brn. | ddbrn. a
28 3 52,5 ov. sem. | brn. ` schw. =
25 33 61,1 lov. ger. | brn schw 4
27 33 58,9 lov. ger. | brn schw | :
Jiidinnen.
| |
28 30 | 54,5 | lov. | ger. brn. schw. brünett
27 29 55,8 brov sem. dbrn dbrn ae
29 30 57,7 Ispov. ger. hblau blond | blond
28 29 56,9 lov. sem. dbrn schw | brünett
29 28 53,8 lov. | e. sem. dbrn, dbrn. | A
30 31 66,0 ov. ger. dbrn. ddbrn.
33 31 55,4 lov. e. sem. brn. | ddbrn bs
35 30 65,2 | spov. J. v. e. Adler dbrn. schw
30 32 61,5 lov. | ger. grau | schw | Be a
27 29 58,0 lov. ger. dbrn. | schw | briinett
l
Nr. 9 und 10 zeigten hohe, hinten abgeplattete Köpfe, bei 10 war der Kopf schief.
hervorgebracht haben, und glaube ich, solche nur in der verschiedenen
ethnischen Zusammensetzung der beiden Gruppen suchen zu müssen.
Meiner Meinung nach sind die Damaszener Juden als weniger gemischte,
dem Urtypus näherstehende Gruppe zu betrachten, während die von
Aleppo viel fremdes Blut besonders durch die grössere Zuwanderung der
spanischen Juden aufgenommen haben. So führten zwei Männer aus
letzterer Stadt ihren Ursprung auf Spanien zurück.
Nicht unerwähnt möchte ich lassen, dass unter den Gemessenen eine
gewisse Verunstaltung des Kopfes in Form einer deutlichen Abplattung
des Hinterhauptes sich bemerkbar machte, die entschieden zur im Mittel
resultierenden Kurzköpfigkeit das ihrige beitrug. Einen in solcher Weise
deformierten Kopf zeigten drei Damaszener sowie drei Aleppoer.
Unsere Untersuchung lehrt, wie wichtig es sei, die einzelnen Pro-
vinzen getrennt zu behandeln, denn nur dadurch kann man hoffen, ent-
weder die vorhandenen Besonderheiten zutage zu fördern oder die
88 Weissenberg:
Abb. la. Juden aus Damaskus.
Abb. 1b. Juden aus Damaskus.
Die syrischen Juden anthropologisch betrachtet.
Abb. 2b. Juden aus Aleppo.
90 Weissenberg: Die syrischen Juden anthropologisch betrachtet.
Tabelle III. Farbentypus.
Damaskus I-—— -~
Männer Frauen
BONG. ut an ra oe éi e E Ek
Bränn Ag. a des cee a A St Ln hs ce Eer SS
Blaz 5.2. 212 5 28 ee ee A
Farbentypus:
Briineltt an. Ze er aa pe
Blond! .. & era es et. ae er
pb ` ke
Identitäten zu beweisen. Die letzte Kolonne der Tabelle I bringt die für
beide Gruppen gemeinsam berechneten Mittelwerte, und ist daraus zu er-
sehen, wie der Zahlenüberschuss der Damaszener die Besonderheiten der
Aleppoer ganz und gar unterdrückt, indem die gemeinsamen Mittelwerte
mit denen für die Damaszener allein sich fast decken.
Die Ausrüstung eines Elefantenjigers der Baia nebst einigen
Bemerkungen über die Elefantenjagd in Kamerun.
Von
Carl Seyffert in Leipzig.
Dazu Anhang: Wortlaut und Übersetzung zweier zum Einlegen in Amulett-
kapseln bestimmter Schriftstiicke in arabischer Sprache.
Von
Prof. Dr. Hans Stumme in Leipzig.
(Mit 22 Figuren.)
Das Kgl. ethnographische Museum zu Dresden erwarb vor kurzem
von Herrn Oberleutnant v. Oertzen die Ausrüstung eines Elefantenjägers
der Baia.
Die Baia!) wohnen im französischen Kongogebiet; nur ein verhältnis-
mässig kleiner Teil des Stammes kommt, namentlich dem Flusslauf des
Kadei folgend, bis auf deutsches Gebiet. Ihre bedeutendsten Dörfer sind
Gubu, Gaza und Bertua, letzteres auf deutschem Boden. In ständigem
Verkehr mit handelstüchtigen Leuten, wie den Ngaundere, Tibati und
Haussa sind die Baia selber tüchtige Händler geworden, deren Wirkungs-
kreis sich bis nach Ngaundere im Norden, bis zu den Makkah im Süden
erstreckt, vor allem aber bis in das Gebiet der Wute im Westen. Einige
besonders Unternehmungslustige mögen wohl auch bis Bamum und in die
Gabaris-Gegend vordringen, aber soweit wie die von Sokoto kommenden
Haussahändler streifen sie doch nicht umher.
Als Durchzugsgäste sind die Baia bei den Eingeborenen hoch ge-
schätzt: sie gelten als Inhaber starker Medizinen und Amulette und als Her-
steller eines sehr wirksamen Giftes. Fast alle Giftspeere, die v. Oertzen
im Joko-Bezirk gefunden hat, hatten die Wute von den durchziehenden
Baia erworben. Daneben bedeutet ihr Erscheinen aber auch eine ganze
Reihe von Festtagen für die Eingeborenen. Sie gelten nämlich allgemein
als gute Jäger und betreiben die Jagd sogar mit einer gewissen Passion,
soweit sie ihnen Gewinn verspricht. Wo sie sich niederlassen, wird zuerst
das Grosswild, Elefant und Büffel, mit Pulver, Giftspeer und Pfeil ver-
folgt; unter dem geringeren Wilde räumen sie mit Netzen und Brenn-
1) Brussaux, Bull. de l'Afrique francaise. Nov. 1907. Reitzenstein, Längs
der Ostgrenze von Kamerun. Glob, 93, Bd. S. 229 ff.
92 Seyffert:
jagden auf. Hervorragende Jäger sind die Kaka, ein Baiastamm nord-
westlich von Mbismu gegen Gaza hin. Es wird erzählt, das die Bewohner
des grossen Kakadorfes Delele im Jahre 1905 300 Elefanten erlegt
hätten‘). Die in jagdlicher Beziehung scheinbar ungeordneten Verhält-
nisse unterliegen in Wirklichkeit ganz bestimmten Abmachungen, an denen
unter allen Umständen festgehalten wird. Jedes Dorf, jedes Gemeinwesen
besitzt seinen ziemlich festbegrenzten Jagdgrund. Will ein Fremder dort
jagen, so bedarf es dazu der Erlaubnis des, sagen wir, Jagdherrn, der als
Entschädigung für die erteilte Erlaubnis einen Teil der Beute, beim Ele-
fanten gewöhnlich einen Stosszahn erhält. Das Fleisch wird zu Freund-
schaftspreisen für etwas Pulver, Salz, Feldfrüchte, oder auch gegen Gummi
eingetauscht.
Da die Baia bei ihren Jagdzügen ganz skrupellos vorgehen und in
kurzer Zeit alles vorhandene Wild ausrotten, so hatte ihnen v. Oertzen
im Wute-Bezirk das Jagen verboten. Ein Mann hatte das Verbot über-
treten, er wurde zwei Tagemärsche nördlich von Joko angetroffen und er-
griffen. Mit vieler Mühe gelang es v. Oertzen, die Ausrüstung dieses
Jägers, die jetzt dem Dresdner Museum einverleibt ist, zu erwerben. Eine
solche Ausrüstung gilt dem Jäger höher als sein Leben. Ausser seinen
Waffen besitzt er einen wahren Schatz an allen möglichen Zaubermitteln.
Den Grundstock dieser Kostbarkeiten bilden einige von den Vätern er-
erbte Medizinen, alles übrige aber hat er auf seinen Wanderfahrten ge-
sammelt, zum Teil für teures Geld erstanden. Sie sind ihm unersetzlich,
ohne sie wird er auf der Jagd niemals mehr Erfolg haben. Aber ausser-
dem fällt er, wenn er diese Zaubermittel verliert, dem Spott seiner
Stammesgenossen anheim, wenn nicht gar ihrer Rache, da auch sie sich
durch den Verlust der Medizinen schwer geschädigt glauben; wird doch
dadurch die Jagdbeute in Zukunft stark beeinträchtigt werden.
Eine eigentliche Jägergilde, wie in Bornu, gibt es sonst in Kamerun
nicht. Die Neger sind im allgemeinen keine Jäger aus Passion, sie
schiessen den Elefanten nur seines Fleisches und seiner Zähne wegen.
Im Norden sind die Jäger nur wenig geachtet, man nennt sie kirri-mina
(kirri = Hund, also etwa Hundsfötter), im Gras- und Waldland dagegen
„„werden geschickte, kühne Klefantenjäger mit Stolz gezeigt“**). Der
Elefantenjäger steht sich bei seinem Berufe recht gut. Zwar muss er ge-
wöhnlich dem Häuptling, in dessen Gebiet er jagt, einen Zahn des er-
legten Tieres ablassen’), andrerseits aber erhält er unter allen Umständen
als Jagdtrophäe den Schwanz des Elefanten‘). Im Lande der Ekoi und
Keaka flechten sich die Frauen aus diesen Schwanzhaaren Ringe zu Hals-
schmucken, auf die sie Perlen reihen. Der Jäger erhält für zwei solcher
Haare 1 Brassrod = 25 Pfg. Da ein Schwanz 100—150 Haare hat.
1) Glob. 9, Bd. 1907, S. 12.
2) Hutter, Wanderungen und Forschungen ete. S. 472.
5) Passarge, Adamaua S. 300.
4) Mansfeld, Urwald-Dokumente, S. 70. Hutter, Wanderungen ete. S. 469.
Auch in Ostafrika nach Weule, Ergebnisse etc. S. 38.
Die Ausrüstung eines Elefantenjägers der Baia. 93
bringt ihm ein Elefant also etwa 25 M. ein!). Aber was kostet auch die
Ausrüstung dieses Jägers! An einem Gürtel um den Leib hängen die
Amulette und die Taschchen mit Zaubersprüchen so dicht, dass es aus-
sieht, als hätte der Jäger ein kurzes Röckchen an, um Ober- und Unter-
arme trägt er Ringe und Schnüre mit Zaubermitteln, um den Hals und
um die Beine, ja, sogar am Glied werden kleine Medizinen festgebunden’).
Und die klugen, schreibkundigen Haussa, die.die Zaubersprüche herstellten,
verstehen ihr Geschäft, sie lassen sich ihre Arbeit sehr teuer bezahlen,
und der Zauber übt seine Wirkung erst aus, wenn er vollständig be-
zahlt ist’). |
Sehen wir uns nun die Ausrüstung, die dieser Baia-Elefantenjäger
trug, genauer an.
1. Auf dem Kopfe trug er eine kappenartige Mütze (Abb. 1 Kat.
Dresden 24593) aus einem weitmaschigen Geflecht von einer braun-
gelben, gedrehten Bastschnur. Die Mütze schliesst sich der Kopfform an,
am untern Rande ist sie nach aussen umgeschlagen, dass ein schmaler
Rand entsteht, obenauf sitzt eine Kugel, in der das Geflecht zusammen-
läuft. Zwei einander gegenüberliegende Seiten sind mit kleinen Knötchen
verziert, zu denen die Enden der Flechtschnüre zusammengedreht sind.
Die beiden schmalen Seiten, die frei von solchen Knötchen sind, sind
dunkelbraun gefärbt. Verziert ist die Mütze mit Elefantenschwanz-
haaren, die mit einem einfachen Finger (= Anheftungs)knoten in die
Maschen eingeknüpft sind. Auf die Haare sind bunte Glasperlen
aufgereiht, und zwar weiss, hellblau, grün, rot, orange, schwarz.
Ähnliche Mützen werden auch bei Ekoi und Keaka getragen, zur Jagd
und zu grossen Festlichkeiten. Man nennt sie atscha-njonk (atscha
= Schwanz, njonk = Elefant)*).
2. An der linken Seite trug er an einem Girtel eine Pulverflasche
(Abb. 2. Kat. Dresden 24515). Sie besteht aus einem Flaschenkürbis
(Pulverkalabasse), der Boden ist mit einer Scheibe Messingblech be-
schlagen und mit einem schmalen, aufrechtstehenden Streifen Kupferblech
eingefasst. Der bauchige Teil ist mit Leguanhaut®) umkleidet und mit
6 doppelten Längsreihen von Messingnägeln veriert, Um den unteren
Teil des Halses herum gehen drei Stufen, deren Vorderflächen mit Kupfer-
blech, deren Oberflächen mit Messingblech umkleidet sind. Der obere
Teil des Halses ist mit Messingblech umgeben. Der Deckel besteht aus
einer grossen Scheibe von Messingblech — etwa ll cm Durchmesser —
an ihrer unteren Seite ist in der Mitte ein Zylinder von Eisenblech an-
gebracht, in den der Flaschenhals gerade hineinpasst. Am Bauche der
Flasche, sowie am Rande des Deckels befinden sich Ösen von Messing-
1) Mansfeld, Urwald-Dokumente, S.54 und 78.
2) Hutter, Wanderungen etc. S. 447.
3) Morgen, Durch Kamerun S 1%.
4) Mansfeld, Urwald-Dokumente S. 70 und 78.
5) Die Zoologica bestimmte mir in liebenswiirdigster Weise Herr Professor
Dr. Wandolleck, Direktorialassistent am Kgl. zoolog. Museum zu Dresden,
94 Seyffert:
draht, für die Aufhängeschnur bestimmt. Die ganze Flasche ist
12,5 em hoch.
3. Eine Flöte aus Antilopenhorn (Abb. 3. Kat. Dresden 24590),
19,7 cm lang. Sie wird bei der Treibjagd und bei Beschwörungen des
Wildes verwendet.
4. Eine Flöte aus Holz (Abb. 4. Kat. Dresden 24591). Der walzen-
förmige Körper verjüngt sich stark nach dem einen Ende zu und endet
in einem spitzeiförmigen, auf der einen Seite abgeschrägten Ansatz. In
der Mitte der abgeschrägten Fläche befindet sich das Mundloch. Ein
kleiner, runder, angeschnitzter Henkel, an dem die Flöte angehängt
wird, befindet sich nicht weit vom Schallloch. Die Flöte ist
18,2 cm lang.
Diese Flöte wird vor Beginn der Jagd zum Zusammenrufen der Jagd-
gesellschaft benutzt, ihr monotoner Ruf ertönt oft stundenlang.
Die Vermutung, dass wir es in Kamerun mit einem uralten Phallus-
kult zu tun haben, ist oft genug ausgesprochen worden’); vielleicht deutet
auch die Form dieser Flöte darauf hin.
5. Eine Doppelglocke (Abb. 5. Kat. Dresden 24 592). Zwei flache
eiserne Glocken, die eine 17 cm, die andere 17,8 cm lang, sind durch
einen eisernen, schön mit Rohr umflochtenen Handgriff miteinander ver-
bunden. Die Glocken werden mit einem Stäbchen oder auch mit der
Hand geschlagen und werden entweder zum Zusammenrufen der Jagd-
gesellschaft oder auch zum Lärmen bei der Treibjagd verwendet’).
6. Ein Fliegenwedel (Abb. 6. Kat. Dresden 24589), aus einem
Büffelschwanz bestehend. In der Mitte des Griffes ein spiralig aufgerollter
Kupferring.
Diese Büffelschwänze stehen sehr hoch im Werte, sie können nur von
sehr wohlhabenden, also tüchtigen Jägern erworben werden, und dienen
dazu, Fliegen und andere Insekten damit zu verscheuchen. Besonders
schlägt man sich beim Laufen damit die Beine.
7. Ein grosser Ring), am Oberarm getragen (Abb.7. Kat. Dresden
24561). Er besteht aus mehrfach geflochtenen, zusammengedrehten
starken Hanfstricken, die mit einem weichen rissigen Leder (vermutlich
Schaffell) überzogen sind.
8. 15 Armringe, an den Unterarmen und an den Fussgelenken ge-
tragen (Kat. Dresden 24 570—24 584). Sie bestehen aus weichem, bieg-
samem Holz oder sind aus einer Liane, aus Gras oder aus Hanfstricken
geflochten und mit Leder überzogen. Der Lederüberzug ist stets an der
Innenseite des Ringes zusammengenäht und mit einer harzigen Masse
bestrichen.
1) Hutter, Wanderungen etc. S. 296 und 447. Es sei auch an das noch zu
erwähnende Hochbinden des Gliedes vor Antritt der Elefantenjagd erinnert, sowie
an das schon erwähnte Befestigen von Amuletten an demselben.
2) Vgl. dazu das Gong „akangkang“ bei Mansfeld, Urwalddokumente,
S. 145, Abb. 112.
3) Armringe auch sonst in Afrika von Elefantenjiigeru als Amulette getragen.
z.B. Schomburgk, Wild und Wilde im Herzen von Afrika, S. 205.
Die Ausriistung eines Elefantenjiigers der Baia. 93
9. Drei glatte Armringe von Elfenbein (Kat. Dresden 24585— 24587).
10. Armring von Holz (Abb. 8. Kat. Dresden 24 569) aus einem
Stück geschnitzt, auf der Aussenseite mit drei Reihen von zinnernen
Nägeln beschlagen.
ll. Armring von der unter 8) beschriebenen Art (Abb. 9. Kat.
Dresden 24568), daran ein Amulett, bestehend aus einem langlichen
walzenförmigen Stück Holz, das mittels Sehne am Ringe befestigt ist.
Das Holz ist in der Längsrichtung durchbohrt, in dieser Röhre steckt ein
dünnes kleines Holzstäbchen.
12. Armring wie 11), daran eine mit Leder überzogene Schild-
krötenschale (Abb. 10. Kat. Dresden 24 562).
Die Schildkröte (hier wahrscheinlich Testudo ibera) spielt in Kamerun
eine Rolle beim „Fernzauber“. Der Medizinmann oder ein beliebiger
anderer, der von ihm die Macht dazu bekommen hat, kann einen Feind
oder einen Nebenbuhler in der Gestalt einer Schildkröte in seine Gewalt
bekommen. Diese kann er nun krank machen, ja er kann sie sogar
sterben lassen, und erreicht dadurch, dass auch der Feind krank wird
und schliesslich sogar stirbt. Lässt er das Tier wieder gesund werden,
so wird auch der Feind wieder gesund’), Nach Mansfeld?) wird am `
Crossfluss dem Gott Obashi, wenn eine Person erkrankt ist, eine Schild-
kröte geopfert. In den Märchen der westafrikanischen Neger spielt sie
die Rolle des Reinecke Fuchs’).
13. Armring wie Il, daran als Amulett ein kleines Antilopenhorn,
dessen Wurzel in Leder eingenäht ist (Kat Dresden 24 567).
Auch die Antilope spielt eine besondere Rolle in Kamerun. So gilt
sie bei den Fan-Leuten als Symbol der Schnelligkeit, die durch den Ge-
nuss ihres Fleisches auf den Jäger übertragen wird. Ebenso erwirbt der
Jäger durch den Genuss von Antilopenfleisch grosse Gewandtheit und
Körperkraft. Man führt dies auf den merkwürdigen Glauben zurück, dass
die Antilope Menschenfleisch fresse. Deshalb ist es auch den Frauen und
Kindern vielerorts verboten, Antilopenfleisch zu essen. Dieser sonderbare
Aberglauben ist nach v. Oertzens Beobachtungen darauf zurückzuführen,
dass die Antilopen, wenn es ihnen an Salz fehlt, bisweilen Knochen be-
nagen*). In Togo®) trägt der Jäger Antilopenhaare bei sich als Glücks-
bringer.
14. Armring wie 11), daran das ebenfalls unter 11) beschriebene
Amulett von Holz und ein kleines festverschlossenes Lederbeutelchen,
dessen Inhalt nicht bekannt ist (Kat. Dresden 24 566).
15. Armring wie 11), daran an einer Hanfschnur ein kleines
1) Plehn, Beobachtungen in Kamerun in Zeitschrift für Ethnologie 1904. S. 719.
2) Urwald-Dokumente S. 226.
3) Frobenius, Der schwarze Dekameron, S. 175 und bei anderen.
4) Bei allen Stämmen des Westens gilt „njaka“, die kleine Antilope, als be-
sonders klug und zauberkräftig: Frobenius, Der schwarze Dekameron, S. 212.
Im Kongogebiet spielt sie nach demselben Autor (S. 175) die Rolle des
Reinecke Fuchs.
5) Klose, Togo, S. 144.
96 Seyffert:
festverschlossenes Lederbeutelchen mit unbekanntem Inhalt (Kat.
Dresden 24 564).
16. Armring wie 15) (Kat. Dresden 24 563).
17. Armring wie 16), das Amulett ist mit einer Lederése am Ring
befestigt (Kat. Dresden 24 565).
Ausser diesen bisher beschriebenen Gegenständen trug der Baia
nun noch 25 Gehänge mit allen E EE Amuletten an sich, um
den Leib, um den Hals, an Ober- und Unterarmen und an den Beinen.
18. An einer starken geflochtenen Baumwollschnur, deren Anfang
und Ende ineinander geflochten sind, hängt ein kleines rechteckiges
Täschchen von Fell. (Abb. 11. Kat. Dresden 28001). Auf die Schnur
sind in der Mitte zwei längliche, blaugrüne Glasperlen aufgenäht.
Es handelt sich um das Fell der Servalgenette (Genetta servalina).
Die Negerinnen des Graslandes verfertigen ihre Anhängetäschehen häufig
aus dem Fell der Zibetkatze (Viverra civetta)'). _
19. Korantasche (Kat. Dresden 28002). Es ist eine rechteckige
kastenähnliche Ledertasche, ganz von der Form unsrer. Patronentaschen,
mit zwei übereinanderliegenden Deckeln. Der untere Deckel ist mit
Pressornamenten verziert, in den oberen, wie in die Vorderseite der
Tasche sind mit schmalen farbigen Lederstreifen Ornamente eingeflochten.
Zum Verschliessen dienen einmal zwei schmale Lederriemen, die über
dem unteren Deckel verknotet werden können, dann ein Lederriemen
mit ledernem Knopf am obern Deckel, der durch eine von Lederschnüren
geflochtene Öse am untern Rande der Tasche gezogen wird. Die Tasche
selbst hängt an einer sehr starken Doppelschnur von zusammengedrehtem
Baumwollstoff, der mit rotbraun und gelblich gefärbtem Baumwollgarn
umflochten ist. Am untern Ende sind die beiden Schnuren durcheinander-
geflochten, an ihren Enden haben sie grosse eiförmige Quasten als Ab-
schlüsse.
Diese Taschen werden in Tibati gefertigt.
Der Koran fehlt. Das Kgl. ethnogr. Museum zu Dresden besitzt in
der Sammlung des Herrn Lt. Lessel einen prächtigen, ganz vollständigen,
und zwar von nur einer Hand geschriebenen Koran aus Nord-
kamerun.
20. Ein längliches rechteckiges Ledertäschehen mit drei Abtei-
lungen (Kat. Dresden 28003). Die beiden vorderen haben einen gemein-
samen Deckel, der mit lila und roten Baumwollfäden bestickt ist. Der
Deckel des hinteren Abteils ist grösser als der der beiden vorderen, geht
über diesen hinweg und bildet zugleich den Deckel des ganzen Täsch-
chens. Es hängt an einer geflochtenen Hanfschnur und hat zum Schutz
ein Lederetui. Dieses ist an seinen beiden oberen Ecken durchlocht
und durch diese Löcher geht die Hanfschnur hindurch, so dass es ver-
schiebbar ist. Aus der Vorderseite sind sieben Sterne herausgeschnitten,
die Ausschnitte sind wieder mit Leder unterlegt. Der Inhalt der drei
Abteile des Taschchens ist folgender:
1) Hutter, Wanderungen etc., S. 475
Zeitschrift für Ethnologie. Bd. XLIII. Tafel I.
N
Seyffert: Die Ausrüstung eines Elefantenjiägers.
Gren „Google
Die Ausrüstung eines Elefantenjägers der Baia. 97
a) im hintersten Taschchen befinden sich:
a) em kleines Horn von einer Antilope mit ganz glatt abge-
schliffener Oberflache;
ß) drei kurze, runde Holzstäbchen, mit einem Baumwollfaden zu-
sammengebunden;
b) im mittleren Täschchen befinden sich:
a) ein Zahn;
B) eine verrostete Gewehrfeder (als Feuerstall);
c) im vorderen Täschchen befinden sich:
- a) ein scharfer Reisszahn, an der Wurzel durchlocht;
ß) ein kleiner Feuersteinsplitter; Ä
y) Zunder;
6) ein Fingerring von Zink.
Der ım mittleren Täschchen befindliche Zahn ist ein Schneidezahn,
aber so stark abgenutzt, dass seine Bestimmung nicht mehr möglich ist,
vielleicht ist er von Troglodytes niger(?). Die Gewehrfeder dient als
Feuerstahl'). Der grosse Reisszahn im vorderen Täschchen ist vom
Leoparden. Man trägt Leopardenzähne zur Stärkung der Körperkraft”),
ganz speziell der Potenz, an einer dünnen Schnur um die Hüften; sie
stehen ausserordentlich hoch im Preise. Im Grasland*) trägt man die
Zähne und die Klauen des Leoparden als Amulette um den Hals oder
auch in den langen Schopf am Kopfwirbel eingeflochten. Auch sonst
spielt der Leopard in Kamerun eine Rolle. Böse Geister hausen in
ihm, wie die Baken") glauben; nach Ansicht der Duala°) verlässt die
Seele bisweilen den menschlichen Leib auf einige Zeit und fährt in ein
Tier, besonders gern in einen Leopard. Im Crossflussgebiet ist er neben
andern Totemtier®).
Auch in Togo’) werden die Zähne dieses Tieres als Glücksbringer
getragen und in den dortigen Märchen tritt der Leopard häufig auf®).
In Ostafrika?) gelten die Panterklauen als ein Zaubermittel und in
einem angreifenden Panter soll der Geist eines verstorbenen Zauberers
hausen”®).
Der Zunder ist ein Präparat aus der Wolle des Bombaxbaumes
(alhauami). Nach Passarge!!) wird die Wolle über dem Feuer geröstet
so dass sie leicht anbrennt, dann zerzupft und mit etwas Butter durch-
gerieben. Zunder, Feuerstahl und der Feuersteinsplitter — kainkärra
wuta h. gehören zu jedem Haussafeuerzeug.
1) Passarge, Adamaua, S. 291, Abb. 157 ,,massa-bi wüta“.
2) Plehn, Beobachtungen etc. S. 720.
3) Hutter, Wanderungen etc. S. 474.
4) Seidel, Kamerun, S. 207.
5) Plehn, Beobachtungen etc. S. 723.
6) Mansfeld, Urwald-Dokumente, S. 220.
7) Klose, Togo, S. 144.
8) Frobenius, Der schwarze Dekameron, S. 250ff.
9) Matschi, Die Säugetiere Ostafrikas, S. 69.
10) Ebenda.
11) Adamaua, S. 291, Abb. 157.
Zeitschrift für Ethnologie. Jahrg. 1911. Heft 1.
-l
98 Seyffert:
91. An einer diinnen schwarzen, fiinffachen Lederschnur (Abb. 12.
Kat. Dresden 28 004) hangen: |
a) eine grosse, rechteckige, festverschlossene Ledertasche mit Press-
ornamenten auf der Vorderseite;
b) eine ebensolche Tasche;
c) eine kleine Lederkalabasse mit Röhrenhals und darüber ein an
den beiden Aufhängeriemchen verschiebbarer Deckel. Die obere
Hälfte des Bauchteiles ist mit schmalen Lederriemchen zierlich
umflochten, nach unten hängen Fransen von schmalen Lederriemen
und vier breitere Lederstreifen, auf ihren Oberseiten mit Ritz-
. ornamenten verziert. Darin findet sich noch ein Rest eines grauen
Pulvers, das sich nicht entzünden lässt').
d) ein kleiner Lederknopf mit lederner Öse, auf seiner Oberseite ist
ein Kreuz eingepresst. Durch die Ose ist eine schön geflochtene
' Baumwollschaur gezogen, mittels der der Knopf am Gehänge be-
festigt ist. Ein einfacher Knoten, mit ganz feinen, weissen Flaum-
federchen verziert, lässt die Schnur nicht durch die Öse gleiten.
ei ein Stück Wurzel?);
f) ein längliches, sehr hartes Stück Holz mit Rinde. Die innere
Holzseite ist ganz glatt poliert, in der Mitte der Aussenseite ist
ein ovales Stück aus der Rinde herausgeschnitten;
g) eine kleine hölzerne Flöte, wie die unter 4. beschriebene, nur ist
der vordere Ansatz rechteckig;
h) ein ledernes Nähbesteck nach der Art, wie wir es von den
nordischen Völkern, Lappen, Eskimo usw. kennen. Die Hülle ist
mit Schnitzmustern ornamentiert, das Innere mit Haaren gefüllt.
Vielleicht sind es Antilopenhaare, die, wie wir sahen, in Togo*)
der Jäger als Glücksbringer bei sich trägt; es ist aber anzunehmen,
dass sie nur als Polster für Nähnadeln dienen, wie wir bei Nr. 41
sehen werden; |
i) Scheide aus Leder mit einem Dolchmesser darin. Damit das
Messer nicht aus der Scheide fallen kann, ist eine besondere Vor-
richtung vorhanden: an dem Riemen, an dem die Scheide hängt,
ist ein kleiner schmaler Querriemen angebracht mit einem
ledernen Knopf an dem einen, einem Knopfloch an dem andern
Ende, zum Knöpfen um den Messergriff.
Die unter a) und b) erwähnten Taschchen werden von des Arabischen
mächtigen und schreibkundigen Haussa angefertigt. Sie enthalten auf
Papier geschriebene, zauberkräftige Koransprüche und werden besonders
im Kriege und auf der Jagd oft in ungeheuren Mengen auf dem Körper
getragen‘). (Vgl. dazu die folgende Nr. 22.)
1) Vgl die Antimonflaschen bei Ratzel, Wnde, Bd. II, S. 490, 522.
2) Die Direktion des Kgl. botan. Gartens in Dresden konnte die botanischen
Objekte leider nicht sicher bestimmen.
3) Klose, Togo, S. 141.
4) Bei den Wute z.B. nach Morgen, Durch Kamerun ete, S. 195, 206, 227; im
Grasland bei Hutter, Wanderungen ete. S. 447.
Zeitschrift für Ethnologie. Bd. XLIII. Tafel II
Seyffert: Die Ausrüstung eines Elefantenjägers.
Patten „Google
Die Ausrüstung eines Elefantenjägers der Baia. 99
22. An einer dünnen dreifachen Lederschnur (Abb. 13. Kat. Dresden
28005) werden die folgenden Amulette getragen:
a) vier rechteckige flache Ledertaschchen, fest verklebt, so dass der
Inhalt nicht festzustellen ist. Bei dreien davon sind die Vorder-
seiten ornamentiert, bei der einen mit bogenförmigen Press-
ornamenten.
Eines dieser Ledertäschchen wurde geöffnet. Es enthielt einen Bogen
starken Papiers, in ganz bestimmter Weise zusammengefaltet, in ver-
schiedene Felder geteilt und mit arabischer Schrift beschrieben. Über
den Inhalt des Schriftstiicks wird am Schlusse berichtet werden.
b) ein mit Hanfschnur fest umwickeltes Bündelchen, enthaltend ein
Stück Rinde, Holzstäbchen und Blätter, vermutlich von einer
Strophantusart;
c) ein rechteckiges, aus Gras geflochtenes Täschchen, darin drei
Stücke sehr hartes Holz. Auf der Vorderseite dieses Täschchens
sind noch zwei kleinere Täschchen befestigt;
a) das kleinere von weissem Fell, wahrscheinlich von einem un-
geborenen oder ganz neugeborenen Schaf;
ß) das grössere von Schlangenhaut, beide sind fest vernäht, so dass
ihr Inhalt nicht festzustellen ist;
e) ein halbkugeliger Ledergegenstand, an einem schmalen Leder-
riemen hängend.
23. Eine Lederschnur mit Öse, durch die das andere, freie Ende ge-
knotet ist (Kat. Dresden 28006). Daran hängen: |
a) ein Antilopenhorn, dessen Wurzel in eine Lederhülle eingenäht ist;
b) ein kleiner runder, festverschlossener Ledergegenstand;
c) ein länglich ovaler, festverschlossener Ledergegenstand.
24. An einer achtfachen, feingeflochtenen Lederschnur (Abb. 14 Kat.
Dresden 28007) werden folgende Amulette getragen:
a) ein kleines rechteckiges, aus Gras geflochtenes Täschchen, auf
dessen Vorderseite dreimal je zwei Holzröhrchen, wie längliche
Perlen, aufgenäht sind. Darin befinden sich:
a) ein längliches Stückchen Holz;
ß) getrocknete und zerpflückte Blätter;
b) ein rechteckiges Täschchen von Leder, dessen Vorderseite orna-
mentiert ist. Es ist fest verklebt, daher der Inhalt nicht fest-
zustellen;
c) ein ovales ledernes Doppeltäschchen von der Form der Feuerstein-
zeugtaschen, wie sie die Fulbe') tragen. Die Vorderseite ist
ornamentiert, an jedem Täschchen befindet sich unten ein schmaler
Lederriemen mit je zwei Kauris. In dem hintern Täschchen be-
finden sich:
a) ein flacher rechteckiger Gegenstand mit ganz dünner brauner Baum-
wollenschnur umwickelt und verschnürt;
f) ein kleiner Stein, in ein Blatt eingewickelt und verschnürt;
1) Passarge, Adamaua, S.291, Abb. lov.
100 Seyffert:
y) eine kleine Frucht;
ô) der halbe Unterkiefer einer EES
e) ein Stückchen Feuerstein;
¢) eine Anzahl kleiner Früchte;
n) Zunder;
d) eine doppelte Baumwollschnur, daran hängen:
a) drei runde, in der Mitte durchbohrte Holzscheihchen;
ß) ein länglich-rechteckiges, an einem Ende abgerundetes Stück
weiches Holz mit harter Rinde;
y) ein kleines schwarzes Antilopenhorn, das mit einer schwarzen
harzigen Masse ausgefüllt ist. Darin stecken Schwanzhaare der
Zibetkatze und Schwanzhaare der Stachelratte, die ein leises
Rascheln verursachen;
ô) ein ebensolches Horn, aber leer;
£) die Schuppe von einem Schuppentier.
Bei den Keaka!) tragen Männer und Frauen eine merkwürdige Frisur:
sie ahmen nämlich geradezu das Fell des Schuppentieres nach.
¢) ein kleines Leinwandbeutelchen, gefüllt mit ganz kleinen Kiesel-
steinen.
v. Oertzen beobachtete den vielgeübten Brauch, dem Magen des
wilden Perlhuhns*) Steine zu entnehmen und sorgsam aufzuheben.
n) ein feingeflochtenes, längliches Beutelchen, in dem zwei Stückchen
Holz stecken, deren Enden nach auswärts ähnlich „Gemskrickeln“
gebogen sind und aus dem Beutelchen hervorstehen. Die beiden
Hölzer sind von einander getrennt durch einen umgebogenen
Federkiel;
OI zwei längliche festverschlossene Lederhüllen ohne Inhalt, Messer-
scheiden ähnlich;
ı) ein kleines, von Gras geflochtenes Täschchen, mit Gras ange-
füllt, darin ein rechteckig zusammengefaltetes Blatt, das mit
Gras zusammengebunden ist.
25. An einem doppelten Lederriemen (Abb. 15 Kat. Dresden 28008)
hängt ein kleines Täschchen von feinstem Grasgeflecht. Quer über die
Tasche geht eine einfach geflochtene Doppelschnur, die sich am Rande
des Täschchens teilt und an jeder Seite einen Henkel bildet, wie bei
unsern Markttaschen. Darin befinden sich drei Medizinen:
a) ein rechteckig zusammengeschnürtes Blatt;
b) ein länglich-runder in Baumwollstoff fest verschlossener Gegen-
stand (wahrscheinlich von Holz), in der Mitte mit rötlicher Baum-
wollschnur umwunden;
c) wie das vorige, nur etwas kleiner, und unter die Umwicklung sind
zwei flache Holzstäbchen geschoben.
1) Mansfeld, Urwald-Dokumente, S. 58.
2) Im Crossflussgebiet gilt das Perlhuhn als Verkünder des Tages, es weckt
durch seinen Ruf alle Tiere des Waldes auf, Mansfeld, Urwald-Dokumente, S. 229.
Die Ausrüstung eines Elefantenjägers der Baia. 101
Interessant sind die Ledergehänge, an denen die Amulette befestigt
sind. Es sind in den meisten Fällen Hanfschnuren, die mit einer Leder-
hülle umgeben sind. An den Enden befinden sich runde Lederknöpfe.
Der eine von ihnen trägt einen dünnen, zu einer Schlinge zusammen-
gedrehten Riemen. Der Knopf des andern Riemen wird durch diese
Schlinge gesteckt und diese dann zusammengedreht. Oft finden wir aber
auch ganz prachtvoll geflochtene Lederriemem bei denen sich das Ge-
flecht wie Glieder einer Panzerkette aneinanderschliesst (z. B. 34. Abb. 16).
26. Eine einfache Lederschnur mit dem eben beschriebenen Ver-
schluss (Kat. Dresden 28010) ist in der Mitte zu einem einfachen Knoten
geschlungen. In diesen ist die Messinghülse einer europäischen Patrone
eingeknüpft, deren vorderes, offenes Ende in eine Lederumhüllung ein-
genäht ist.
27. An einem schön geflochtenen Lederriemen (Kat. Dresden 28011)
hängen sehr kleine flache rechteckige, festverschlossene Ledertäschchen.
Zwei von ihnen weisen Spuren von Press- und Ritzornamenten auf.
28. An einer Baumwollschnur (Kat. Dresden 28002) hängen 9 flache
rechteckige Ledertäschehen verschiedener Grösse, ihre Vorderseiten sind
ornamentiert. Sie sind fest verschlossen, so dass ihr Inhalt nicht fest-
zustellen ist.
29. Eine doppelte Lederschnur (Kat. Dresden 28013) ist in der
Mitte zu einem doppelten Knoten verschlungen. Daran hängt ein kleines
geflochtenes Beutelchen, darin sind kleine Knochenstückchen, vermutlich
von Vogelknochen.
30. Eine doppelte Lederschnur (Kat. Dresden 28014) ist in der Mitte
einfach geknotet.
31. Eine doppelte Lederschnur (Kat. Dresden 28015).
32. Eine doppelte Lederschnur, in der Mitte einfach geknotet (Kat.
Dresden 28016).
33. Eine doppelte Lederschnur, in der Mitte zu einem doppelten
Knoten verschlungen (Kat. Dresden 28017).
34. An einem doppelten, prachtvoll geflochtenen Lederriemen (Abb. 16
Kat. Dresden 23018) hängen:
a) 7 kleine flache, festverschlossene Ledertäschehen. 5 davon sind
fast quadratisch, eines von diesen hat in der Mitte der unteren
Kante eine I,ederöse, in der ein kupferner Ring hängt. Von
4 Stück sind die Vorderseiten mit Pressmustern verziert. 2 Stück
sind länglich rechteckig;
b) ein kleines schmales Lederetui. Darin ist ein gebogenes Stück
Holz fest eingefügt, das unten etwas heraussteht;
c) eine flache, nierenförmige Frucht?).
35. An einer dreifach geflochtenen Lederschnur (Abb. 17. Kat.
Dresden 28019) hängen:
a) ein von Gras geflochtenes, rechteckiges Täschchen mit langen
Henkeln von Baumwollstoff. Auf die Vorderseite sind aufgenäht:
1) Pusaetha (?).
102 Seyffert:
a) vier längliche sechkantige blaue Glasperlen in der Mitte;
ß) über die ganze sonstige Fläche kleine braune Holzstückchen.
und zwar einmal einfach zylindrisch und dann solche mit
schwarzen Dornen daran, Vogelkrallen ähnlich”).
Das Täschchen ist fest vernäht, so dass sein Inhalt nicht festzustellen
ist. Die beiden Henkel sind mit dem Tragriemen durch eine Strähne
lilagefärbten Baumwollgarns verbunden.
b) ein Antilopenhorn von etwa 16 cm Länge. Seine Oberfläche ist
ganz glatt geschabt, an der Spitze sind vier parallele Ringe ein-
geschnitten. Es ist noch zum Teil mit einem aromatisch riechen-
den Harze ausgefüllt (vgl. 24d y);
c) ein längliches Stück Holz;
d) zwei Wurzeln;
e) der Fruchtkolben einer Pflanze (kleine schwarze, stark aromatisch
duftende Früchte) in ein weitmaschiges Geflecht von Baumwoll-
garn eingeflochten;.
f) eine kleine Lederkalebasse mit verschiebbarem Deckel. Darin
Reste eines schwarzen Pulvers, das sich nicht entzünden lässt;
g) ein flaches, rechteckiges Ledertäschchen, fest verklebt, so dass
sein Inhalt nicht festzustellen ist;
h) an einer langen Baumwollschnur ein kleines quadratisches Täsch-
chen von Krokodilhaut. Seine Vorderseite ist verziert mit einer
kleinen weissen und zwei grösseren, durch hohes Alter gebräunten
Kauris, sowie mit zwei Leopardenkrallen. An den beiden unteren
` Ecken sind je zwei Büschel von Schwanzhaaren der Zibetkatze
befestigt. Da das Täschchen fest verschlossen ist, kann sein
Inhalt nicht bestimmt werden;
1) ein schmales Stückchen Kupfer von besonderer Form, das drei-
fach zusammengebogen ist. Die Ränder sind nach innen zu um-
gebogen, und in regelmässigen Zwischenräumen sind Stückchen
aus dem umgebogenen Rande herausgeschnitten, so dass sich regel-
miissig wiederholende Figuren entstehen.
36. Eine doppelte Lederschnur (Abb. 18 Kat. Dresden 28020) ist in
der Mitte zu einem zweifachen Knoten geschlungen. Daran hängt eine
runde Frucht.
87. Eine doppelte Lederschnur (Kat. Dresden 24596) ist in der
Mitte zu einem zweifachen Knoten geschlungen. Daran hängen zwei
kleine schwarze Antilopenhörner, beide mit den Wurzeln in Leder ein-
genäht.
38. Eine 27 cm lange lederne Messerscheide, am unteren Ende mit
einem ledernen Knopf verziert, ohne Messer, hat eine Öse aus geflochtener
Lederschnur und hängt damit an zwei Gehängen:
a) an einem einfachen Lederriemen;
b) an einem dreifachen Lederriemen, der in der Mitte zu einem ein-
fachen Knoten geschlungen ist (Kat. Dresden 24 597.)
1) Vielleicht von einer Liane (Dalbergia) (?).
Die Ausrüstung eines Elefantenjägers der Baia. 103
39. An einer doppelten Lederschnur (24 598), die zu einem einfachen
Knoten geschlungen ist, hängen:
a) ein kleines fllaches rechteckiges, festverschlossenes Ledertäschchen;
b) ein länglich-keulenförmiger, in ein Netz eingeflochtener Gegen-
stand unbestimmbarer Natur.
40. An einer geflochtenen Lederschnur (Kat. Dresden 24 599) hängt
ein ganz flaches Ledertäschchen, unten mit Lederfransen verziert. Die
lederne Hülle dazu, deren Oberseite reich mit Ritz- und Pressornamenten
verziert ist, hat an ihren beiden oberen Ecken je ein Loch, durch das
sie über die Lederschnur verschiebbar ist. Ohne jeden Inhalt.
41. An einer dünnen, vierfachen Lederschnur (Abb. 19 Kat. Dresden
28 009):
a) ein längliches Lederetui, in dem sich eine eiserne Pinzette be-
findet.
Sie dient zum Ausziehen der Haare, besonders der Barthaare,
das spitze Ende zum Ausbohren der Sandflöhe;')
b) ein Lederetui mit einer Schere europäischen Fabrikats; |
c) ein Nähetui von der schon beschriebenen Art (vgl. 21h), nur
doppelt. Darin Haare, wohl von einer Antilope, und 3 Nähnadeln
europäischen Fabrikats, mit Fadenresten;
d) ein ledernes Doppeltäschchen, die Vorderseite mit Ritzornamenten
verziert. An der Mitte der unteren Kante jedes Täschchens je
zwei Lederriemen, an denen jedesmal sechs grosse, schwarze
kugelige Glasperlen europäischen Ursprungs hängen. In dem
Täschchen befindet sich Zunder. Es ist wohl das übliche Feuer-
steinzeugtäschchen;
e) ein kleiner, aus zwei Hälften bestehender Lederbehälter, der eine
stark riechende Schmiere und zwei kleine Bäuschchen rohe Baum-
wolle enthält. Der Behälter ist etwa pflaumenférmig und hat an
dem oberen und unteren Ende je zwei lederne Strippen, durch
welche der schmale Aufhängeriemen hindurchgeht. Ist er fest an-
gezogen und oben durch einen verschiebbaren Lederknopf zu-
sammengeschnürt, so ist das Büchschen fest verschlossen.
Es handelt sich um ein Schminkbüchschen mit dem Sekret der Zibet-
katze, das besonders bei den Graslandnegerinnen als ein ausserordentlich be-
liebtes Parfüm gilt.) Um es stets zu haben, wird das Tier sogar ge-
halten.”) Dasselbe gilt für Bornu; dort reiben sich die Eingeborenen
das Drüsensekret unvermischt auf die Haut.*)
41. Ein kleines flaches, quadratisches Taschchen von Baumwollstoff
mit Indigo blau gefärbt.
Fs wurde geöffnet und enthielt ein in ganz besonderer Art zusammen-
gefaltetes und mit den Enden ineinandergesehobenes Papier, mit arabischen
1) „tschadde“ nach Ratzel, Völkerkunde, Bd. Il, S. 519.
2) Dominik, Vom Atlantik zum Tschadsee, S. 97.
3) Seidel, Kamerun S. 97.
4) A. Schultze, Das Sultanat Bornu usw. S. 65.
104 Seyffert:
Schriftzeichen beschrieben, (vgl. Abb. 24) über deren Bedeutung am
Schlusse berichtet werden soll.
42. Eine doppelte Lederschnur ist in der Mitte zu einem zweifachen
Knoten verschlungen (Abb. 20. Kat. Dresden 24 600), daran hängen:
a) ein rechteckiges, aus Gras geflochtenes Täschchen, das fest ver-
schlossen ist, so dass sein Inhalt nicht festgestellt werden kann;
b) ein kleines, schwarzes Antilopenhorn, bis zum Rande mit einer
harzigen Masse ausgefüllt (vgl. dazu 24d y);
c) ein eisernes, in Leder eingenähtes Amulett von der in Nord-
kamerun allgemein bekannten Form;
d) dasselbe Amulett, nur kleiner und ohne die Lederumhillung.
43. Zu allen diesen Geräten und Amuletten trug der Baia-Jäger das
allgemein gebräuchliche Feuersteingewehr,') und
44. die etwa '/, m langen Elefantenlanzen mit eiserner Spitze, die
aus dem Gewehr herausgeschossen werden. Unter anderen sind sie auch
von Passarge”*) beschrieben und abgebildet.
Im Anschluss an diese Beschreibung sei es verstattet, einige Be-
merkungen über die Elefantenjagd in Kamerun anzufügen.
Das Vorkommen des Elefanten in Afrika erstreckt sich etwa vom
17° n. Br. bis 21° s. Br., also vom Südrande der Sahara bis zu
einer Linie, die ungefähr mit dem Wendekreis des Steinbocks zusammen-
fällt. Dazu gibt es ausserdem am Südostrande der Kapkolonie, zwischen
Knysna und Grahamstown noch einige, besonders geschonte Herden.’)
Die Jagd auf Elefanten ist ausserordentlich lohnend, da das Elfenbein
noch immer hoch im Werte steht. Trotz aller Bestrebungen der Be-
hörden, die gänzliche Ausrottung der im Aussterben begriffenen Tiere zu
verhindern, wird die Jagd doch immer noch derartig betrieben, dass
Sachverständige eine nicht allzu ferne Vernichtung des Elefanten in
Afrika befürchten, um so mehr, als beim afrikanischen Elefanten, im
Gegensatz zum asiatischen, auch das weibliche Tier Stosszähne hat.‘)
Einen Begriff von dem Vernichtungskrieg, der gegen diese Dickhäuter
geführt wird, kann man sich machen, wenn man bei Hutter’) liest, dass
„„nach der Schätzung eines des berühmtesten Elfenbeinhändlers und
Kenners, Westendorp, jährlich an 60000 Elefanten das Leben lassen.
müssen, um der Nachfrage nach Elfenbein Genüge zu tun““. Um noch
einige Zahlen sprechen zu lassen, sei auch das Urteil eines zweiten Fach-
mannes, Schillings,*) angeführt, wonach auf dem Antwerpener Elfenbein-
markt von 1888—1902 allein 3212700 kg Elfenbein in Handel kamen,
1) Passarge, Adamaua, S. 800 u, a. m.
2) Adamaua, S. 305, fig. 164.
3) Matschi, Die Säugetiere von Ostafrika, S. 88.
4) siehe schon Schweinfurth, Im Herzen von Afrika S. 475.
5) „Kamerun“ in „Das überseeische Deutschland‘, S. 70.
6) Mit Blitzlicht und Biichse, S. 113, 121.
Die Ausrüstung eines Elefantenjägers der Baia. 105
im Jahre 1902 allein 322700 kg! Und ähnliche Zahlen gelten auch für
die übrigen hauptsächlichsten Elfenbeinhandelsplätze der Welt.
In Kamerun findet sich der Elefant noch häufig genug, besonders
im nordwestlichen, im südlichen und östlichen Teil der Kolonie.!) Er
ist nicht nur auf das Urwaldgebiet beschränkt, sondern kommt auch in
der Savannenregion vor. Wahrscheinlich gibt es in Kamerun mehrere
Varietäten, sogar im Urwaldgebiete selbst. So berichtet Passarge*)
dass Lottner (Deutsches Kolonialblatt 1900, S. 505.) „„bei der Station
Yaunde eine Varietät unterscheidet, die hellfarbig sei und einen spitzen
Schädel habe, die andere sei dunkelfarbig und habe einen breiten Schädel.“ “
Im Nordwesten soll der Elefant einer anderen Varietät angehören, als in
Südkamerun „„da er niedriger ist, breiten Kopf und dicke kurze Zähne
hat.““*) „,„In den nördlichen Adamauagegenden ist der Elefant freilich
durch die guten Waffen der Mohammedaner fast ausgerottet““*) in Nord-
Mabum dagegen „„gibt es so viele Elefanten, dass sie geradezu eine Land-
plage sind““;®) ebenso ist es im Ossidingebezirk,*) wo das Tier noch in
1200 m Höhe vorkommt, und aus dem Gebiet zwischen Sanaga- und
Njongmündung berichtet Frh. v. Stein zu Lausnitz’) „„von dem massen-
haften Auftreten von Elefanten. Die Tiere haben schon öfters Bakoko-
ansiedler zur Auswanderung und zur Aufgabe ihrer Anpflanzungen ge-
zwungen.““®)
Was den Export von Elfenbein aus Kamerun anlangt, so wurden in
Jahre 1893 allein aus dieser Kolonie 65 860 kg Elfenbein exportiert, das
sind für 755000 Mk. (etwa 740 Elefanten).*) Im Jahre 1906 war der
Export auf 904 733 Mk. gestiegen, 1907 sogar auf 1073 802 Mk.'°) Einen
nicht unbedeutenden Teil des Elfenbeins liefert der Haussahandel, der
sich stark entwickelt und bis zur Küste ausgedehnt hat; schon 1902
brachte die erste grosse Karawane für 10000 Mk. Elfenbein mit.'')
Betrachten wir nun die Methoden, die die Eingeborenen anwenden,
um das so beliebte Jagdwild in ihre Hände zu bekommen. Der Elefant
ist tatsächlich eine gesuchte und sehr begehrte Jagdbeute. Nicht nur das
Elfenbein ist es, das den Elefanten begehrenswert erscheinen lässt, sondern
vor allen Dingen das Fleisch, da auf lange Zeit hinaus sich die Möglichkeit
bietet, sich einmal ordentlich satt zu essen. Die Erlegung eines Elefanten
ruft stets grosse Freude hervor, und die Reisenden geben drastische
1) Seidel, Kamerun S. 92.
2) „Kamerun“ in Meyer, Das deutsche Kolonialreich, I S. 445.
3) Ebenda S. 447.
4) Seidel, Kamerun S. 92.
5) Hutter, Wanderungen, S. 460.
6) Mansfeld, Urwalddokumente, S. 72.
7) Die Njongexpedition 1904/05 in „Deutsches Kolonialblatt* 1907. XVIII. Jahrg.
8) Weniger optimistisch urteilt Dominik, Vom Atlantik zum Tschadsee, S. 248.
9) Seidel, Kamerun, S. 96.
10) Passarge, Kamerun, in Meyer, Das Deutsche Kolonialreich I, S. 530.
11) Passarge, Kamerun, in Meyer, Das deutsche Kolonialreich, I, S. 540.
106 Seyffert:
Schilderungen davon, wie schnell das riesige Wildpret zerwirkt und ver-
speist ist.)
Was nun die Jagdmethoden betrifft, so stellt man dem Elefanten mit
den für ganz Afrika gebräuchlichen Fallen und Gruben nach, oder
man stellt ihn und greift ihn direkt an. Um mit der ersten Art zu be-
ginnen, so haben die Tshinga*) am Mbam längs des Flussufers umfangreiche,
tiefe Gräben gezogen, in welche die Tiere hineinfallen; es gibt aber auch
schon eine ganz primitive Art von Fallen, die Morgen?) so beschreibt:
„„An den Stellen, wo der Elefant nach dem Wasser wechselte, gruben
sie ein etwa 1 m tiefes und '/, m breites Loch und bedeckten dasselbe
mit einer Matte, welche an den Rändern mit Steinen beschwert war. Au
dieser Matte wurde eine Liane befestigt, welche über einen darüber be-
findlichen Ast gezogen wurde. Am Ende dieser Liane hing ein starker,
nach unten zugespitzter und im Feuer gehärteter Baumklotz. Der Elefant
sollte nun beim Passieren dieser Stelle durch die Matte in die Grube
hineintreten, im selben Augenblick sollte alsdann die Liane reissen und
der zugespitzte Klotz dem Tier in den Nacken fahren.““ Dass diese
Art, Elefanten zu fangen, höchst problematisch ist, braucht wohl nicht
erst erläutert zu werden. Trotzdem behauptete Balinga, im letzten
Jahre zwei Elefanten auf diese Weise erlegt zu haben.““*)
Im Grasland legt man häufig Wildgruben an, etwa 4—5 m tief und
breit. Sie werden mit einem dünnen Pfahlrost bedeckt, auf den eine
Schicht von Erde, Laub und Gras gelegt wird, um dem Tiere die Grube
gänzlich zu verbergen. Auf der Sohle sind angespitzte Phähle cingerammt,
auf denen sich das Tier anspiesst.°)
Nicht eben viel waidgerechter ist die Jagd in dem Falle, wo rings
um eine äsende Herde eine Hürde errichtet wird. Morgen®) erzählt uns
1) Dominik, Kamerun, S. 168, Vom Atlantik zum Tschadsee, S. 249, und bei
anderen.
2) Morgen, Durch Kamerun von Süd nach Nord, S. 109.
3) daselbst.
4) Ähnlich die Elefantenfallen im Njassagebiet bei Weule, Ergebnisse usw.,
S. 90. Dort werden sie aber mit mehr Erfolg angewendet.
Die Anwendung der kurzen eisernen Elefantenspecre, wie sie in Ostafrika ge-
bräuchlich sind — ein Exemplar befindet sich im Dresdner Museum, — schildert
Schomburgk, Wild und Wilde im Herzen Afrikas, S. 79 und 80: „„Der Wechsel
der Tiere wurde genau ausgekundschaftet, und auf einem Baume, unter dem höchst-
wahrscheinlich die Tiere zur Triinke durchwechseln würden, fassten die Jäger
Posten. Sie waren mit einem grossen Speer bewaffnet, dessen eiserne Spitze un-
gefähr einen Meter lang war. Über der Spitze war ein schwerer Holzklotz an-
gebracht. Kamen nun die Elefanten unter dem Baum hindurch, so liess der Jäger
den Speer fallen, so dass er zwischen die Schulterblätter traf. Das Gewicht des
Holzklotzes trieb den Speer tief hinein. Rasend vor Schmerz stürzte das Tier
davon. Durch die Bewegungen drang der Speer immer tiefer ein, bis er ein edles
Organ traf oder aber der Blutverlust allein genügte, um den Elefanten zu téten.“*
5) Hutter, Wanderungen usw., S. 411. Derartige Fallen sind auch in Ost-
afrika gebräuchlich, z. B. am Kilimandjaro (Schillings, Mit Blitzlicht und Büchse,
S. 131.) Nicht mehr üblich sind sie im Südosten von Deutsch-Ostafrika nach Weule,
Ergebnisse usw., S. 40.
6) Durch Kamerun von Süd nach Nord, S. 156.
Die Ausrüstung eines Elefantenjägers der Baia. 107
eine solche Jagdszene. Man hatte mit grösster Schnelligkeit um die
Elefanten eine ganz provisorische Hürde errichtet aus ganz dünnem,
höchstens 1 m hohem Strauchwerk, das man bequem hätte mit dem Fusse
umstossen können. Es ist kaum verständlich, wie sich der Elefant, dieses
so kluge Tier, vom Menschen so leicht übertölpeln lässt. Es wäre ihm
eine Kleinigkeit, aus der Hürde auszubrechen, er tut das aber nicht,
sondern bleibt oft 14 Tage und noch länger darin, bis endlich die ganze
Herde den unzähligen auf sie abgegebenen Geschossen erlegen ist.
Morgen fragte einen Eingeborenen, wie das wohl käme, und erhielt
zur Antwort: „„Der Elefant ist ein so dummes Tier, dass er sich in einem
Käfig, den eine Fliege zerreissen kann, einfangen lässt.““
Eine ganz ähnliche Art der Elefantenjagd schildert Dominik!) von
den Mwelle. Man hatte um eine grössere Elefantenherde einen Zaun
von halbmannsdicken Stämmen, die in den Erdboden eingegraben waren,
errichtet und diese mit Lianen untereinander verbunden. Eine gewaltige
Volksmenge umstand die Hürde und scheuchte die Tiere, wenn sie die
Absicht zeigten, durchzubrechen, durch Lärm und Geschrei wieder zurück.
Ausserdem umschritten einige alte Medizinmänner das Gehege, die in den
Händen Elefantenschwänze trugen und den Zaun unter Beschwörungen
besprengten, um die Tiere an Ort und Stelle zu bannen. Dies geschieht.
wie v. Oertzen beobachtete, auch dadurch, dass die Medizinmänner, die
sich mit Elefantenkot beschmieren, Zaubermittel um die Herde herum
auf den Boden legen.”)
Neben diesen Jagdmethoden gibt es nun aber auch andere, die er-
heblich mehr Mut und Überlegung erfordern. Es gibt Jäger, die dem
gewaltigen Tier ganz allein zu Leibe gehen und dabei nur allzu oft in
höchste Lebensgefahr geraten, ja oft genug ihre Kühnheit mit dem Leben
bezahlen müssen. |
Für gewöhnlich schliessen sich mehrere Jäger zusammen, um auf
das grosse Wild eine regelrechte Treibjagd zu veranstalten; eine grosse
Menge Treiber werden dazu verwendet. Die Baia?) „„treiben die Tiere
durch Grasbrände, Schreien und Lärmen in die Enge; von dem Rauch
betäubt, durch den Spektakel eingeängstigt lassen sich die armen Tiere
dann ohne Widerstand tdten.““ Auch im Graslande*) kennt man eine Art
Kesseltreiben: Analog dem im Urwald üblichen Fenzen, d. h. Einzäunen,
brennt man die Tiere dort ein. Unter sorgfältigster Berücksichtigung
des herrschenden Windes, des Geländes usw. werden in der Richtung,
nach der das Wild abzugehen verspricht, Hunderte von Menschen auf-
gestellt, die langsam gegen die Schützenlinie in konkavem Bogen vor-
rücken oder auch das dürre Gras anzünden, so dass das Feuer und der
Rauch die Treiberdienste verrichten. Der Feuerring ist in der Regel
1) Kamerun. Sechs Kriegs- und Friedensjahre in deutschen Tropen, S. 241.
2) Dasselbe auch in Deutsch-Ostafrika nach Weule, Ergebnisse usw. S. 38/40.
3) Passarge, Adamaua, S. 25.
4) Hutter, Wanderungen usw., S. 472.
108 Seyffert:
nicht ganz geschlossen mit Riicksicht auf den Wind, an den Liicken sind
dann Treiber mit Lärminstrumenten und Waffen aufgestellt.1)
Weit gefährlicher ist es natürlich, wenn nur ein Einzelner den Ele-
fanten angreift. In früheren Zeiten, als noch keine Feuerwaffen im Lande
existierten, wurde das Tier mit dem Speer oder mit Pfeil und Bogen an-
gegriffen. Zur grösseren Wirksamkeit wurden die eisernen Spitzen ver-
. giftet, was auch heute noch geschieht. Denn wenn heute auch an Stelle
des Bogens das Vorderlader-Feuersteingewehr getreten ist, so wird im
allgemeinen doch nicht mit Kugeln geschossen, sondern mit vergifteten
Lanzen. Ihr Schaft ist etwa 50 cm lang und steckt so weit in dem Laufe,
dass nur die Spitze aus der Mündung hervorsieht. Der Lauf wird so voll
Pulver geladen, dass die Lanze, aus 20 Schritt Entfernung abgefeuert,
angeblich durch die Weichteile des Tieres hindurchgeht.*) Die Lanzen-
spitze ist vergiftet, bei den Wute*) z. B. mit einem starken, vegetabi-
lischen Gift, aus einer Pflanze gewonnen, die Mada genannt wird.*) Dieses
Gift tötet den Elefanten in etwa einer halben Stunde. Auch bei den Haussa
in Gari Maharba am Mao Deo wurden diese vergifteten Lanzen von Pas-
sarge’) gefunden. Die Kameruner Zwerge jagen wie v. Oertzen mehrfach
sah, den Elefanten mit Speeren aus Rotholz. Sie schleichen sich ganz dicht
an das Tier heran und stossen dann zu. Ihre Speerspitzen sind vergiftet.
Hat der Jäger von der Anwesenheit eines Elefanten gehört, so er-
hebt er sich vor Tagesgrauen, um seine Vorbereitungen für die Jagd zu
treffen. Wenn er alles Notwendige beisammen hat, entkleidet er sich,
soweit er überhaupt etwas an hat, das Glied wird hochgebunden‘), der
Körper vielfach mit einem Gemisch aus gestampftem Rotholz und trockener
Elefantenlosung eingerieben, um die menschliche Witterung abzuschwächen’”)
und der ganze Körper wird in der schon beschriebenen Weise mit den
Amuletten behängt. Hat der Jäger vor dem Elefantenfetisch, den es z. B.
im Ossidinge-Bezirk*) gibt, sein Opfer dargebracht, so macht er sich auf
die Spur des Tieres. Hat er sie gefunden, so folgt er ihr, stösst er auf
Losung, so fährt er mit den Zehen hinein, um zu prüfen, ob sie noch
warm ist’). Hat er nun endlich das Wild entdeckt, so schleicht er sich
1) nach v. Oertzens Angaben.
2) Passarge, Adamaua, S. 300.
3) Morgen, Durch Kamerun usw. S. 92.
4) Strophantus.
5) Adamaua, S. 300. Schillings, Mit Blitzlicht und Biichse, S. 131 erwähnt
von Ostafrika, dass ,,die Wanderobbo ihnen mit vergifteten Pfeilen nachstellen.
Einige pflegen auch vergiftete Stossspeere zu benutzen.““ Desgl. bei den Mushu-
kulumbwe: Schomburgk, Wild und Wilde, S. 80: „„schlichen sich die Jäger heran
und trieben ihm die Speere mit voller Wucht in die Weichteile. Manch älterer
Jüger hat aber hierbei seinen Tod gefunden.““
6) Hutter, Wanderungen usw., S. 447.
7) Die Wakua in Ostafrika „pflegen ihre Kleidungsstücke fast ganz abzulegen
und reiben sich den ganzen Körper, besonders aber die Achselhöhlen, mit Erde
intensiv ein“. (Schillings, Mit Blitzlicht und Biichse, S. 130.) Vgl. auch Weule
Ergebnisse usw. S. 38/40.
8) Mansfeld, Urwald-Dokumente, S. 221 ff.
9) Hutter, Wanderungen usw., S. 467. Zintgraff, Nordkamerun, S. 104.
Die Ausrüstung eines Elefantenjägers der Baia. 109
bis ın seine allernächste Nähe heran, denn er hat ja unter den vielen
Zaubern einen ganz besonders mächtigen, der ihn für den Elefanten un-
sichtbar macht!). Freilich kann inzwischen ein anderer Zauber entstehen,
der stärker ist, als dieser, und der kühne Jäger ist verloren, der Elefant
wird ihn töten. Hat er aber Waidmannsheil gehabt, hat er das Tier er-
legt, so schneidet er ihm zunächst die Schwanzspitze ab, die er als Jagd-
trophäe behalten darf, die einzige Jagdtrophäe, die der Neger überhaupt
kennt”), und bricht ihm die Zähne heraus; einen davon muss er gewöhn-
lich, wie wir sahen, seinem Jagdherrn abliefern®). Das Fleisch erhalten
die Bewohner des Jagdreviers zu ganz geringem Preise: für sie bedeutet,
wie oben schon erwähnt wurde, die Erlegung eines Elefanten den Beginn
zu einer ganzen Reihe von Freudenfesten.
Auch wenn das Tier tot ist, hat der Jäger noch mancherlei zu beob-
achten; so glaubt man z.B. nach Hutter‘), dass, wenn man einem er-
legten Elefanten eines seiner Ohren aufklappt, das Regen bringt.
Dass geschickte und kühne Elefantenjäger in hohem Ansehen stehen
und eine bevorzugte Stellung geniessen, wurde schon erwähnt, und kostet
ihnen ihr Beruf nicht das Leben, so werden sie reiche und angeseheen
Manner‘).
Der Elefant spielt im Leben der Neger eine grosse Rolle, und daher
ist es nicht zu verwundern, dass sich an ihn eine Menge Fabeln und
abergliubische Anschauungen anknüpfen. So herrscht im Graslande, wie
auch im Waldlande der sonderbare Glauben, dass sich irgend jemand in
einen Elefanten verwandeln kann. In dieser Verwandlung sucht er seinem
Feinde irgend welchen Schaden an Leib und Leben oder an seinem Eigen-
tum zuzufügen®). Freilich kann diese Macht der Familie des Zauberers
recht unangenehm werden. Bei den Nkossi’) z. B. herrscht der Aber-
glaube, dass die Seele den Körper noch bei Lebzeiten verlassen kann
und dann irgend ein grosses Tier, also auch den Elefanten, aufsucht.
1) Dr. Plehn, Beobachtungen usw., S. 719.
2) Mansfeld, Urwald-Dokumente, S.70. Auch nach Schomburgk, Wild und
Wilde, S. 203 am Bangweolo-See. Stanley, Durch den dunklen Weltteil Bd. II,
8. 280 usw.
3) Passarge, Adamaua, S. 306.
4) Wanderungen usw., 3.448. Siehe auch Schomburgk, Wild und Wilde,
S. 208: „zog aus dem Maule des Tieres etwas von den zuletzt zerkauten Blättern
hervor, bestrich damit sorgfältig seine Amulette und nahm etwas davon in den
Mund, kaute es einige Male durch und spuckte es dann dem Elefanten in den
Mund, hob alsdann den Wedel des Tieres in die Höhe, um ihm ebenfalls etwas in
den After zu spucken. Nun wird der Wedel abgetrennt, und feierlich geht der
stolze Jäger um den Elefanten und überschlägt ihn mit seinem eigenen Wedel,
ehe er ihn auf das Hinterteil des Tieres niederlegt.“
5) Schillings, Mit Blitzlicht und Büchse, 8. 159 erzählt aus Ostafrika: „Die
vewerbsmässigen schwarzen Jäger glauben vielfach, dass nach glücklicher Erlegung
von etwa 15 Elefanten sich eines Tages das Blatt zu Ungunsten des Jägers wenden
müsse. Sie ziehen es vor, von da ab nur noch „Elefantendaua“ (Zaubermedizin)
zu machen“. — Auch Schomburgk, Wild und Wilde, S. 203.
6) Hutter, Wanderungen usw, S. 446.
7) Plehn, Beobachtungen usw., 8.723.
110 Seyffert-Stumme:
Wird nun durch Zauber ermittelt, dass die Seele irgend eines Menschen
so gewandert ist, und haben gerade in dieser Zeit Elefanten in den Pflan-
zungen grösseren Schaden angerichtet, so wird die Familie desjenigen,
der in dem Elefanten war, zum Schadenersatz herangezogen. Stellen bei
demselben Volksstamm die Zauberer fest, dass ein Verstorbener Pleuren-
verwachsungen hat, so bedeutet das, dass seine Seele in einen Elefanten
überging!), Wie die Bakwiri*) glauben, hausen im Elefanten böse
Geister; sie haben daher eine grosse Scheu vor ihm.
Eine ganz besonders bedeutende Rolle spielt der Elefant im Ossidinge-
Bezirk. Hier ist er nämlich unter anderen Tieren Totemtier*). Er wird
trotzdem gejagt, wenn auch mit einiger Vorsicht. Ein jeder Ort hat
seinen Jilefantenfetisch‘), vor welchem vor Antritt der Jagd geopfert
werden muss. Der Jäger darf dies ja nicht unterlassen, da man aus
Erfahrung weiss, dass stets nur die Jäger von einem Elefanten ge-
tötet wurden, die dies Opfer unterlassen hatten. Derjenige aber, der
diese Pflicht erfüllte, kann sicher sein, dass sich ihm jeder Personen-
Elefant sofort dadurch kenntlich macht, dass er den einen Vorderfuss
hochhebt und vor das Gesicht hält. Sollte er versehentlich das Tier ver-
wunden, so wird auch die dazu gehörige Person krank. Da er aber wohl
weiss, dass er dann der Rache der Familie des Erkrankten anheimfallen
wird, hütet er sich schon davor, das Tier zu verletzen. Gehört der
Jäger selbst zum Elefanten-Totem, und trifft er gar etwa seinen eigenen
Totem-Elefanten, so werden sich beide ohne weiteres sofort erkennen
und einfach aneinander vorübergehen.*) Nach allem darf es nicht wundern,
dass auch in unzähligen Märchen und Erzählungen der Neger immer
wieder der Elefant auftritt als eine der volkstümlichsten Erscheinungen
der Tierwelt.®)
Im Anhang soll noch die Rede von zwei arabischen Amulettbriefen
sein, die den Täschchen unter Nr. 22a und 41f entnommen wurden.
Herr Prof. Dr. Hans Stumme in Leipzig, dem auch an dieser Stelle
für seine Mühe ein besonderer Dank ausgesprochen sei, hatte die grosse
Liebenswürdigkeit, die beiden Schriftstiicke zu transskribieren und zu
übersetzen.
Es handelt sich um zwei der auf S. 10 erwähnten Koransprüche, die
in kleine Ledertäschcehen eingenäht, von den Negern bei Jagd und Krieg
zum Schutze am Körper getragen werden. Der erste (Tafel III) soll „erretten
von allen Schrecknissen und Ungliicksfillen*, der zweite (Tafel IV) ist
geradezu als ein ,Schiess-Schutzbrief* bezeichnet.
Zum Schluss möchte ich Herrn Oberleutnant v. Oertzen für die
reichhaltigen und interessanten Mitteilungen, die er zum Thema zu machen
wusste, ganz besonderen Dank aussprechen!
1) Ebenda.
2) Seidel, Kamerun S. 207.
3) Mansfeld, Urwald-Dokumente, S. 221 ff.
4) Mansteld, Ebenda, S. 221 ff.
5) Mansfeld, Ebenda, S. 221 ff,
6) Stanley. Durch den dunklen Weltteil, Bd. I, S. 430 und an vielen anderen
Orten.
Zeitschrift für Ethnologie. Bd. XLIII. Tafel III.
Seyffert-Stumme: Die Ausrüstung eines Elefantenjägers.
hielten „Google
aaien „Google
Die Ausrüstung eines Elefantenjägers der Baia. 111
Anhang.
Wortlaut und Ubersetzung zweier augenscheinlich zum Einlegen in
Amulettkapseln bestimmter Schriftstücke in arabischer Sprache, im Maghreb
von Algieriern, Tunisern oder Tripolitanern geschrieben.
Von Professor Dr. Hans Stumme in Leipzig.
Tafel UI, auf grau-blauem Papier, 23 cm hoch, 17’/, cm breit.
(1.) Das Schriftstück eröffnet oben folgende Zeile:
plang de S29 lee A Am ‚she si ihe Br ae) SÉ nt
ech d er wd ` ae
bismi-llahi-rrahmani-rrahim(i), salla-llahu ‘ala sajjidina muhammad
wa alihi wasahbihi, wasallama tasliman; ja hajj, ja qajjüm! „Im Namen
Allahs, des Allbarmherzigen, des Erbarmers; Gott schütze unseren Herrn
Muhammad und seine Familie und seine Freunde, und gebe ihm voll-
ständiges Heil; o Lebendiger, o Ewiger!
(2.) Das Schriftstück schließt unten folgende Zeile:
Aen ab EE opt de le abt, alle a säi AR all
innahu kulluhu-lchairu min ‘indi-llahi, wallahu galibun ‘ala ’amrihi, fama-
kada gaira ba‘idin! „Siehe, alles Gute (kommt) von Allah, und Allah setzt
seine Sache durch, und er weilt nicht ferne.
(3.) Im Karree in der Mitte des Schriftstückes steht in acht Zeilen
(zum Karree siehe die Bemerkung zu 4!):
ud, Aal oye Kiel, vi Jä Il a Cle eu m > al
um's Le A cy us Ns
allahumma, ’aqdi hädjatı min alhadjat, min al-'adwab walma‘isa, min al‘abid
walima’, wakull Sai’ min al’asja’; amin! „O Gott, erfülle mein Verlangen,
meine Bedürfnisse alle, an Kleidern, Unterhalt, Sklaven und Sklavinnen,
und an allen Dingen; Amen!“
(4.) Mit Auseinanderziehungen (die auch hier in der arabischen Schrift
gekennzeichnet werden) läuft über das ganze Schriftstück weg von oben bis
unten in elf übereinanderstehenden (von rechts nach links laufenden Zeilen):
ho m. (a) allahumma, salli
Gye che (f) ‘ala sajjidinä
GW? (7) muhammad
sik (6) salatan
w Lu suis Lë) tundjina biha
o— 3 > ¿ya (6) min djami‘
MN FS} (7) al alten)
Oe Ale (9) wal’afat
ny) D) watugdi
a tic) LS) lana bihä
Eu —— > (yA (4) min djami‘
112 Seyffert-Stunime:
a „O Gott, schütze #unsern Herrn Muhammad (und durch ibn mache
wirksam) dein Gebet, «durch dessen Erhörung Du uns errettest ‘von
allen 7Schrecknissen und Unglücksfällen « «und durch dessen Erhörung
Du uns verschaffst Avon allen“ (fortgesetzt sub 5!).
Bemerkung: Statt AN Zeile a sollte ».—,Ut stehen. Aus dem
+ (dem Buchstaben m) in Zeile £ ist das Karree fabriziert worden!
(5.) Mit Auseinanderziehungen (hier markiert) läuft über das ganze
Schriftstück hinweg von links nach rechts, in elf nebeneinanderstehenden
Zeilen, die inhaltliche Fortsetzung und den Abschluss von dem sub 4
Gegebenen bildend, das Folgende:
wists} (a) alhädjät
2 GU hi e LÉI watutahbiruna bihä
Seed eg (y) min djamı
DELL nd (ô) assajji at
wy Uret g (E) watarfa‘una biha
i> rd N glei (CH ’a‘la addaradjat
i Kei, (7) watubliguna biha
All at LÉI aqsa algajat
Ne u ye (1) min djamı‘ alchairat
Bm l å (x) filhajat
wl of Az (4) waba‘da-Imamät!
a „Bedürfnissen fund d d. E. Du uns reinigst yvon allen ¢schlechten
Dingen «und d d. E. Du uns erhebst ¢zum Höchsten der Stufen und d.
d E. Du uns erreichen lässt das äußerste der UbermaBe ‘von allen
guten Dingen xim Leben ‘und nach dem Sterben!“
(6.) In den vier Ecken stehen, nach den äussersten Ecken des Papiers
geschrieben, die Namen der vier Hauptengel (deren letzter der Todes-
engel ist):
>> djubril „Gabriel“ (rechts oben),
Sear Kase mikail „Michael“ (links oben),
hast! Senf „Asräfil“ (links unten),
Jle ‘azraıl „Azrael“ (rechts unten).
(7.) Von innen nach aussen gerichtet stehen in den je zehn offenen
äußerstseitlichen Karrees die Epitheta Allahs:
pees! aldjabbär „der Allmächtige“,
jee} algahhär „der Allsiegreiche“,
pews almu‘izz „der Alle zu Ehren bringende‘,
Gë alhafiz „der Allbewahrer“.
Tafel IV, auf gelblichem Papier, 45 cm hoch, 331/, em breit.
(1.) Die Schrift in den Gängen zwischen den vier großen Recht-
ecken, die je einmal (einmal von oben nach unten, das andere Mal von
Zeitschrift für Ethnologie. Bd. XLIII. Tafel IV.
m wl int Bg awl ©
IR Healt el ké (CAS Seet
de Biel e VE |
ae j
R DH
D
r |
= ` (e
e, WW e
ez) ai pa H `
"E
rs mm " | TI me d e ee en
BESSER
SC (E
Seyffert-Stumme: Die Ausrüstung eines Klefantenjäwers
Bitzen „Google
aaie „Google
Die Ausrüstung eines Elefantenjägers der Baia. 113
rechts nach links) über das Papier läuft, von einer etwa eiförmigen Um-
schließung in der Mitte (zwischen > und en) unterbrochen, soll
wohl bedeuten:
Awe! SV Use ces > BSH ëch aw As,
rasd annısan di-lqarnain, hatta tawalla ‘arid almalik alhumam „Schieß-
Schutzbrief des Aulgarnein (4. ist ein sagenhafter Held; er wird auch
mit Alexander dem Großen identifiziert), (den er trug), als er gegen den
hehren König zog“.
Bemerkung: Es steht aber allerdings nicht ża \o, da, sondern
das eine Mal (bei der Schrift von rechts nach links) etwa os kat und
das andre Mal (bei der Schrift von oben nach unten) etwa , All?
über „x> jener Zeile steht dann auch noch „.,5 tammat „sie ist fertig
geworden“ (es ist unklar, was gemeint ist!).
(2.) In der ei- oder kreisférmigen Umschliessung des Zentrums steht
AS SKicie> ei baina djama‘atak kullhum „unter Deinem gesamten
Bekanntenkreise“. Zusammenhang ist mit dem sub 6 gegebenen =
muhabb „geliebt“ zu suchen.
(3.) Viermal in den Komplexen von je 16 Karrees stehen die Buch-
staben in der Reihenfolge des arabischen Alphabets, wie sie im Maghreb
üblich ist, oder aber wie die Buchstaben des arabischen Alphabets (über-
haupt) als Zahlenwerte geordnet zu werden pflegen:
(<-«) wer. wege rede. Doreen dd
(»->) ’b.dj.d.h.w.z.h.t.j.k.l.m.n.s.‘.fd
Zahlenwerte: 12.3.4.5.6.7.8.9.10.20.30.40. 50.90. 70. 880.
(4.) Von der Grenze des linken oberen Karreekomplexes ziehen sich
(zweimal) nach oben zu, schief auf dem Kopfe stehend, die Buchstaben
(die aber wohl, wie vorher, als Zahlenwerte aufzufassen sind) e 3 W l;
die ersten sechs Buchstaben stehen aber tiber einem Striche, der im ,
endigt.
(5.) Je 16mal im rechten oberen und in den beiden unteren Karrees,
bloß 14mal aber im linken oberen Karree, erblickt man die Kombination
> f zl (,8,’, h; Zahlenwert: 1, 60, 1, 5). Also wiederum eine
Zahlensymbolik.
(6.) In schiefem Rechteck steht in jedem der Komplexe von 16 Karrees,
in der Mitte: „=, muhabb „geliebt“. Dies gehört also augenscheinlich
zu 2!
Zeitschrift ffir Ethnologie. Jahrg. 1911. Heft 1. Ss
Sitzung vom 21. Januar 1911.
Vorträge:
Hr. David von Hansemann: Demonstration eines syphilitischen Schädels
aus Südamerika.
Hr. Richard Neuhauss: Deutsch-Neuguinea. Mit Lichtbildern.
Vorsitzender: Hr. Hans Virchow.
(1) Verstorben sind Herr Architekt Honzik, seit 1904, und Heır
Rentier Morwitz, seit 1892 Mitglieder der Gesellschaft.
(2) Die neuen Mitglieder sind unter der Dezembersitzung des vorigen
Jahres schon mit aufgeführt (s. vor. Jg. S. 988).
(3) Nach $ 30 der Statuten erfolgt die Walıl des Ausschusses für das
Jahr 1911. Sie ergibt die Wahl der Herren Ehrenreich, Friedel,
Goetze, Maass, Minden, F. W. K. Müller, Seler, Staudinger.
C. Strauch. Der Ausschuss tritt nach Schluss der Sitzung zusammen
und wählt zu seinem Obmann wiederum Hrn. Friedel.
(4) Von Herrn Max Friedemann ist eine Diskussionsbemerkung
zu dem Vortrage des Herrn Friedenthal über „Die Stellung des
Menschen im zoologischen System“ (vor. Jg. S. 989) eingegangen, welche
folgenden Wortlaut hat:
Der Herr Vortragende hat an der Hand eines grossen Tatsachen-
materials zu zeigen gesucht, dass der Huxleysche Pithecometrasatz zu
Recht besteht. Ich möchte es aber nicht unerwähnt lassen, dass wir
andererseits gezwungen sind, die Allgemeingiiltigkeit dieses Satzes ein-
zuschränken und zwar gilt dies für dasjenige Organ, das ja den Menschen
besonders auszeichnet, das Gehirn. Untersucht man die örtlichen Ver-
schiedenheiten der Grosshirnoberfläche mitZellfärbungen (Cytoarchitektonik)
und Markscheidenfärbungen (Myeloarchitektonik), so gelangt man dazu,
die Grosshirnoberfläche in eine mehr oder weniger grosse Anzahl
strukturell verschiedener Felder einzuteilen, denen mit Wahrscheinlich-
keit eine physiologische Bedeutung zukommt. Brodmann hat zuerst
systematisch die Grosshirnoberfläche der Säugetiere nach diesen Gesichts-
punkten untersucht und die Grundlage zu einer vergleichenden Morpho-
logie der Hirnrinde geschaffen. Dabei hat es sich nun herausgestellt,
dass die menschliche Hirnrinde ganz nach demselben Typus wie die der
übrigen Säugetiere gebaut ist und dass wiederum die Primaten (bzw.
Brandenburg: Höhlenwohnungen. 115
Mensch und Anthropoiden) eine Gruppe fiir sich innerhalb der Säugetiere
auch in bezug auf die Grosshirnrinde bilden. Trotz unverkennbarer
Übereinstimmungen lässt es sich aber bei einem Vergleich der Hirnkarte
des Menschen mit derjenigen der übrigen Affen nicht leugnen, dass dem
Menschen eine Sonderstellung innerhalb der Primaten zukommt. Seine
Grosshirnrinde zeigt eine so beträchtlich grössere Oberflächenentwicklung,
die strukturelle Differenzierung ist eine so viel weiter gehende, dass die
Unterschiede bei den einzelnen Affengattungen untereinander dagegen
gar nicht in Betracht kommen. Konnte doch O. Vogt neuerdings allein
im Stirnhirn des Menschen über 50 myeloarchitektonische Felder auf-
finden, eine Zahl, die von der Felderanzahl der gesamten Grosshirnober-
fläche der Affen noch nicht erreicht wird. Wenn nun auch bei einzelnen
Meuschenrassen (z. B. Javanen, Herero, Ägypter, Australier), wie wir
durch die Forschungen Elliot Smiths, Brodmanns und Flashmans
wissen, Anklänge an die Anthropoiden vorkommen, so lassen sich damit
die erwähnten übrigen Differenzen nicht aus der Welt schaften. Es zeigt
sich hier wieder, dass die verwandtschaftlichen Beziehungen im Tierreich
je nach dem Organ, das man als Untersuchungsobjekt wählt, in sehr ver-
schiedener Weise zum Ausdruck kommen können, und dass man nicht
ohne weiteres die Ergebnisse, die man bei einem Organ erzielt hat, auf
de Verhältnisse bei einem anderen übertragen darf.
Ich möchte auch zum Schluss nicht unerwähnt lassen, dass nicht nur
die Krallenaffen ein höheres relatives Hirngewicht als der Mensch be-
sitzen, sondern dass sich, wie das z. B. aus der ausführlichen Arbeit von
Wanecke zu ersehen ist, dieses höhere relative Gewicht auch in anderen
Säugetierklassen, sogar in den sogenannten niederen, beobachten lässt.
(5) Hr. E. Brandenburg hat aus EES? die im Bericht
der Dezembersitzung erwähnte Mitteilung über
Höhlenwohnungen
eingesendet.
Im vergangenen Jahre untersuchte ich zahlreiche Grotten, hauptsäch-
lich in Süd- Etrurien. Besonders kam dabei das Tibertal mit seinen
kleinen Seitentälern in Betracht. Am ergiebigsten war die Umgebung von
Civita Castellana (Falerii). Die Funde wurden in der Revue des Etudes
Ethnographiques usw., Nov.-Dez.-Nummer 1909, Paris, publiziert. Viele
dieser Grotten erwiesen sich genau wie solche, die ich in früheren Jahren
in Anatolien gefunden habe, als Wohnungen und Viehställe, charakteri-
siert durch Bänke, Kamine, Krippen, Wasserbehälter usw. (vgl. auch
Z. f. E. 1907, HI, S. 410f. und 1. c. 1908, UL S. 383ff.). Das allein frei-
lich würde Sech nicht genügen, um Beziehungen zwischen beiden Ländern
zu konstatieren, denn die Übereinstimmung der Anlagen liesse sich
zwanglos aus den gleichen Bedingungen, d.i. dem gleichen Material und
den gleichen Bedürfnissen des praktischen Lebens ableiten. Wir können
aber solche Beziehungen annehmen, d. h. eine Beeinflussung von Osten
her, wenn wir auch in beiden Gebieten sich gleichende Details finden bei
Q*
116 Brandenburg: Héhlenwohnungen.
Anlagen, die offenbar nicht zu praktischen, sondern allem Anschein nach
zu Kultzwecken gedient haben. Besonders sind es da Nischen (vgl. l. c.)
die zu keinem praktischen Gebrauch gedient haben können und hier wie
dort eine grosse Ähnlichkeit aufweisen. Man vergleiche z.B. Z. f. E. Le
S.386 Abb 8b mit R. E. E. S. 1l. c. Abb. 15, ferner Z. f. E. l.c. Abb. 9a
mit R. E. E. S. Le Abb. 16a, b u. A. In allen diesen Fällen handelt es
sich wohl um einen Kult der im Felsen wohnenden Berggottheit, sagen
wir der Kybele, der man gewissermassen in kleinen Nischen Imitationen
einer Höhle zum Wohnen schaffen und anweisen wullte.
Auch meine angefochtenen „Stufen“ (meine Theorie, dass es sich
um rudimentäre, „abgekürzte“* Sitzbilder einer Gottheit handelt, ent-
gegen den Reichelschen „Götterthronen“, vgl. O. L. Z. 1907/08, ist bis
jetzt als falsch usw. bezeichnet, aber innerhalb — ich konstatiere das aus-
drücklich — von vier Jahren, nachdem ich damit hervortrat, nirgends
widerlegt worden!) fand ich sicher in zwei Exemplaren. Mehrere andere
Fälle, wo ein praktischer Zweck nicht absolut auszuschliessen war, z. B.
bei Kastell S. Elia, habe ich absichtlich nicht erwähnt.
Die in Etrurien so häufigen mysteriösen engen Gänge, für die wohl
mehrere Erklärungen möglich sind, als etwa in einem Fall zur Flucht, ın
einem anderen als Wasserleitung usw., haben in Anatolien, allerdings
nicht zu oft, Gegenstücke: bei Sarikevi (vgl. Memnon I, 1), bei Arzlan-
Kaja, bei Düver (B. A. 06 S. 658) und bei Aiaiasin. Bei den beiden letzten
Gängen ist der „Fluchtzweck“ deutlich erkennbar, rätselhaft, wie auch
noch bei so vielen Gängen in Etrurien (vgl. auch R. E. E. S. Abb. 9a, b
bei Villa Spada, sowie Abb. 8) ist aber der Zweck des sich gabelnden
Ganges von Sarikevi.
Wir können also annehmen, dass zwischen Anatolien und Etrurien,
was die Grotten anbelangt, Beziehungen bestanden haben, denn es ist
nicht unwahrscheinlich, dass etwa ein Kult wie der einer Berggottheit
sich länger im Volke hielt und bei Wanderungen mitgebracht wurde. Vor-
läufig ist auch auf diesem Gebiet das Material noch etwas dürftig; es
stehen obige Ergebnisse aber durchaus nicht im Widerspruch mit denen
auf verwandten Gebicten, im Gegenteil ergänzen sie dieselben (vgl. auch
Basil Molestow, Introduction usw.). Auch hoffe ich später noch über
ähnliches in Süditalien berichten zu können.
Endlich möchte ich noch bei dieser Gelegenheit auf eine gewisse
Ähnlichkeit des Grundrisses des Mithräums von Aquincum (A. O. 12, III,
S.11) mit der merkwürdigen Kultstätte von Bajad (Z. f. E. 1. c. 08, III,
S. 388) hinweisen; vielleicht wird auf diesem Wege eine Erklärung mög-
lich sein.
Im Frühjahr 1910 konnte ich dann einige „Höhlen-Städte* im Süden
von Tripoli, in Djebel Garian besichtigen. Sie gehören in dieselbe Kate-
gorie, wie die von Träger (Z. f. E. 1906, S. 100ff.) in Matmata gefundenen.
Die Publikation ist in O. L. Z. in der Januarnummer erfolgt. Um einen
viereckigen Hof herum gruppiert liegen die einzelnen Kammern, 5 bis
6 m tief unter der Erdoberfläche. Es würde hier zu weit führen, die
„Bauform“ dieses Hofes, sein Verwandtschaftsverhältnis zum nordafrika-
Seler: Amerikanisten-Kongress. 117
nischen Patio usw. zu untersuchen. Träger glaubt, dass diese Art des
Wohnens von den Leuten gewählt sei, um sich besser verbergen und ver-
teidigen zu können. Ich glaube, dass das nicht der Hauptgrund war,
sondern dieser mehr in der leichten Bearbeitung des Materials, festem
Lehm, und dem Mangel an Holz zu suchen ist. Der Hauptwert dieser
Funde liegt aber darin, dass man hier noch eine vollkommen „troglody- -
tisch“ lebende Bevölkerung beobachten kann und so manche Aufklärung
über gewisse Details in prähistorischen Grotten erhält, deren Zweck
bisher nicht recht ersichtlich war (vgl. O. L. Z. 1. c.).
(6) Bericht des Hrn. Ed. Seler:
Über den Internationalen Amerikanisten-Kongress in Buenos Aires und
Mexico.
Mexico D. F., 2. Oktober 1910.
Aus Europa waren zu diesem Kongresse (17. bis 24. Mai) der General-
sekretär des vorigen Kongresses, Regierungsrat Heger aus Wien, Prof.
Cordier aus Paris, Prof. Mochi aus Florenz, Miss Adela C. Breton
(als Vertreterin des Royal Anthropological Institute in London), der
Direktorialassistent am Königlichen Museum für Völkerkunde Dr. Max
Schmidt und der Unterzeichnete erschienen; aus Nordamerika der
Gieologe Prof. Baily Willis und der Anthropologe Ales Hrdlička; aus
Brasilien der Direktor des Museums von Sao Paulo, der bekannte
Zoologe v. Ihering; aus Pert der Direktor des Museo Histórico Nacional
de Lima, Prof. Max Uhle; aus Chile der Historiker José Toribio
Medina, der Anthropologe Dr. Aureliano Oyarzun und der Linguist
Rudolf Lenz; aus Paraguay der Kolonialdirektor Mayntzhusen.
Argentinien hatte eine stattliche Zahl von Fachleuten und Interessenten
entsandt, von denen ich den Direktor des Museums von La Plata, Prof.
Samuel A. Lafone Quevedo, den Direktor des Nationalmuseums von
Buenos Aires, Dr. Florentino Ameghino, den Direktor und Begründer
des Museums der Facultad de Filosofia y Letras von Buenos Aires,
Prof. Juan B. Ambrosetti und seinen jungen Adlatus Salvador de
Benedetti, den Geographen Francisco B. Moreno, den Geologen
Santiago Roth, den Anthropologen Prof. Lehmann-Nitsche und den
ehemaligen Staatsminister Dr. Estorislao A. Zeballos hervorhebe. Als
Präsident fungierte der Dekan der Facultad de Filosofia y Letras,
Dr. Matienzo, als Generalsekretär Prof. Lehmann-Nitsche. Wie aus
der obigen Aufzählung zu ersehen ist, und auch im allgemeinen klar
hervortrat, war das deutsche und deutschsprechende Element auch diesmal
wieder in erfreulicher Weise am Kongresse vertreten.
Die Amerikanistenkongresse, international wie sie sind, pflegen doch
durch das Land, in dem sie abgehalten werden, ihre besondere Signatur
zu erhalten. In Argentinieu ist insbesondere nach zwei Richtungen hin
wissenschaftliche Arbeit geleistet worden. Unter der Führung des ver-
storbenen Burmeister hat sich die Forschung mit Macht darauf ge-
worfen, den wunderbaren Reichtum eigentümlicher Tierformen, den die
118 Seler:
geologischen Formationen des Landes bergen, zu sammeln und zu
studieren. Und indem man dann weiter die Gleichzeitigkeit menschlicher
Reste mit gewissen dieser Tierformen nachweisen zu können glaubte,
sind argentinische Gelehrte, vor allem Florentino Ameghino dazu
gelangt, das Alter des Menschen in Argentinien bis in Zeiten hinaufzu-
‘rücken, für die an anderen Punkten der Erde nirgends bisher die Existenz
des Menschen nachgewiesen ist. Ja ein vereinzelter Knochenfund hat in
neuerer Zeit Gelegenheit gegeben, für Argentinien eine neue Spezies,
den Homo neogaeus, eine Art Zwischenstufe oder Vorläufer des Menschen
zu konstruieren.
Diese Frage war auch für die Kongressisten offenbar von grösstem
Interesse, es kam aber nicht zu einer eingehenderen Diskussion, ge-
schweige denn zu einer Entscheidung. Florentino Ameghino selber
legte Steinwerkzeuge vor, die er dem Menschen der mittleren Pampas-
formation zuschrieb, und die nach ihm in der Weise hergestellt worden
seien, dass Rollkiesel mit einem ihrer Enden in die Höhlung eines
Quarzits gestellt und durch einen Schlag auf das obere Ende längs-
gespalten worden seien. Prof. v. Ihering hatte eine Karte ausgehängt,
auf der er einer ihm aus geographischen Studien erwachsenen Anschauung
Ausdruck gab, der, dass in alter Zeit Ostasien mit Südamerika irgendwie
in Verbindung gestanden habe, und dass später erst die Landbrücke
zwischen Nord- und Südamerika sich gebildet habe, und er schloss nun,
dass dieses Verhalten ein indirekter Beweis für die Ameghinosche
Theorie sein könne, dass das Alter des Menschen in Südamerika in un-
gleich frühere Zeiten zuriickreiche, als in Nordamerika. Das war aber
auch alles, was unter direkter Bezugnalime auf die Frage auf dem Kon-
gresse zur Sprache kam. Dagegen hatte, gerade zum Studium dieser
Frage, die Smithsonian Institution die Herren Willis und Hrdlicka
zum Kongress nach Buenos Aires entsandt. Die beiden Herren haben
nicht nur das von Ameghino und anderen gesammelte Material in den
Museen von Buenos Aires und La Plata eifrig studiert, sie haben auch
in Begleitung Ameghinos die Hauptfundstellen bei Mercedes in der
Pampa westlich von Argentinien und am Rio Negro in Patagonien be-
sucht, um über diese Frage ins klare zu kommen. Es scheint nun in
der Tat, wie ich vorläufigen privaten Mitteilungen entnehmen muss, dass
die Ameghinosche Deutung einer unbefangenen Prüfung der vorliegen-
den Tatsachen nicht standhält, und es wird wohl auch für Südamerika,
wie für Nordamerika gelten müssen, dass für die Existenz des Menschen
in der Tertiärzeit noch keine haltbaren Beweise beigebracht sind. — Neben
dieser Hauptfrage wurden auch die physischen Verhältnisse der tatsächlich
existierenden prähistorischen und historischen Rassen Amerikas eifrigst
diskutiert. Ein gewisses Aufsehen machte der Vortrag des Frl. Dillenius,
einer in Buenos Aires von deutschen Eltern geborenen jüngeren Dame,
einer Schülerin Lehmann-Nitsches, die nach der von P. Aigner an-
gegebenen Methode durch Studium des Scheitelbeins die ursprüngliche
Gestalt der verdrückten Schädel der Calehaqui-Gräber zu bestimmen ver-
sucht hatte und zu dem Resultat gelangt war, dass diese Schädel, die in
Amerikanisten-Kongress. 119
ihrer verdrückten Gestalt das Aussehen hyperbrachykephaler Schädel
haben, ursprünglich dolichokephal gewesen seien und dem sogenannten
paläoamerikanischen Typus angehört haben müssen.
Ein zweites Feld wissenschaftlicher Tätigkeit, auf welchem die Arbeit
der argentinischen Gelehrten in den letzten Jahrzehnten in besonders leb-
hafter Weise eingesetzt hat, ist die alte Kultur der Stämme, die im Nord-
westen Argentiniens in den Tälern der hohen Kordilleren und auf den
kalten, an Bolivien grenzenden Hochflächen wohnten, — der Diaguita
(oder, wie sie nach ihrem Hauptwohnorte auch genannt werden, Calchaqui),
der Atacama und der Humahuaca und anderer noch weniger erforschter
Stämme an den Grenzen von Chile. Diese Stämme, von denen man bis
dahin nicht viel mehr gewusst hatte, als dass sie in langen hartnäckigen
Kämpfen ihre Unabhängigkeit den spanischen Kolonisatoren gegenüber
zu verteidigen wussten, aber ihnen schliesslich doch erlagen, sind uns in
letzter Zeit dadurch näher gerückt worden, dass man ihre zumeist auf
strategisch gut gewählten Punkten angelegten Wohnplätze und ausge-
dehnte Grabfelder hat untersuchen können, die eine unglaubliche Fülle
von Gegenständen aus Ton, Stein, Kupfer und Bronze geliefert haben,
zum grossen Teil sehr eigenartigen Stils, mit Figuren von Menschen,
Schlangen, Straussen und mit merkwürdigen geometrischen oder
geometrisch gewordenen Ornamenten bemalt. Während wir in Berlin,
nach der kleinen, aber doch die Haupttypen gut zur Anschauung
bringenden Sammlung Dr. Max Uhles, {den Eindruck gehabt hatten,
dass wir es hier in der Hauptsache mit durchaus eigenartigen Halb-
kulturen zu tun ‚haben, — deren Eigenart ja auch in besonderen Ge-
bräuchen sich aussprach (Bestattung von neugeborenen Kindern und
Fötussen in grossen bemalten, in besonderen Grabplätzen vereinigten
Urnen), — während daneben uns nur die unverkennbaren Beeinflussungen
von Seiten der zivilisierten Stämme des peruanischen Hochlandes zu
denken gaben, ist die Forschung der argentinischen Gelehrten von Anfang
an nach einer anderen Richtung gegangen. Der belgische Anthropologe,
Dr. Ten Kate, der eine Zeitlang für das Museum von La Plata tätig
sewesen war, hatte die Kultur der Calchaqui-Stämme der der sogenannten
Pueblo-Indianer des Südwestens der Vereinigten Staaten von Nordamerika
vergleichen zu müssen geglaubt, — eine Ähnlichkeit, die anderen, und
so auch mir, aber mehr ein Produkt gleichartiger klimatischer Verhält-
nisse und gleicher Höhe des Kulturzustandes zu sein scheint. Die argen-
tinischen Gelehrten aber, Lafone Quevedo und vor allem Ambrosetti,
hatten damals auf das Vorhandensein einer Urrasse geschlossen, die in
gleicher Weise im Norden, wie im Süden Amerikas ihre Kultur entwickelt
hätte, und die der Vorläufer der höher entwickelten Kulturen, der peru-
auischen und anderer, gewesen sei. Diese Auffassung ist indes auch von
anderer, sehr beachtenswerter Seite, unter anderem auch von Erie
Boman, in seinem ausgezeichneten Werke über die Stämme der Anden-
region von Argentinien zurückgewiesen worden. Das Auftreten der
argentinischen Gelehrten auf dem Kongresse war denn auch ein der-
artiges, dass man den Eindruck hatte, dass sie selbst nunmehr diese Auf-
120 Seler:
fassung aufgäben. Sie begnügten sich, was gewiss im allgemeinen zu
loben ist, die tatsächlichen Verhältnisse klar zu legen. Carlos Bruch
beschrieb die Anlage der alten befestigten Städte der Region.
Ambrosetti und De Benedetti schilderten die Verhältnisse der alten
Ruine der Quebrada von Humahuaca, des uralten Verbindungsweges, der
von Bolivien nach Argentinien, bezw. von Peru über Bolivien und Argen-
tinien nach Chile führt, Verhältnisse, die sie in wiederholten Aus-
grabungskampagnen für das Museum der Facultad de Filosofia y Letras
eingehend studiert hatten, und Lafone Quevedo brachte eine neue
Deutung für gewisse kunstvoll geschnitzte Röhrchen, die in Gräbern der
Calchaqui-Region zusammen mit Bündeln von Kaktusstacheln gefunden
wurden, und die er als Miniaturblasrohre zum Schiessen vergifteter Pfeile
erklärt. Nach einer anderen Richtung erörterte Max Uhle das Problem
der Calchaqui-Kultur. Uhle hat bei seinen Ausgrabungen in Pachacamac
an der Küste von Peru den Nachweis erbracht, dass dort die Tiahuanaco-
Kultur und gewisse Schichten der Kultur der Küstenstämme der
Blütezeit des Incareiches vorausgehen, und er glaubt auf Grund gewisser
von ihm einerseits in der Chimu-Region, andererseits in den südlichen
Küstenstrichen von Nazca und Ica beobachteter Verhältnisse annehmen
zu können, dass sowohl die sehr eigenartige buntbemalte Keramik der
letzteren Fundstellen, wie die feinbemalten Gefässe der Chimu-Region
einer noch älteren Kultur als die Monumente von Tiahuanaco angehören,
— einer Kultur, die in der Zeit um oder vor Christi Geburt ansetzt.
Auf diese Weise unterscheidet er an der Küste von Perü in der Haupt-
sache_drei ihrem Inhalt und ihrem Ursprunge nach verschiedene und auch
zeitlich weit auseinanderliegende Kulturperioden. Demselben Schema
will Uhle nun aber auch das Material der prähistorischen Kulturen
Argentiniens einfügen, indem er von den Fundorten wie La Paya, wo
der Inca-Einfluss klar zutage liegt, zunächst die ältere eigentliche
Calchaqui-Kultur der Gräberfelder von Santa Maria, Amaicha usw. ab-
sondert, die der Tiahuanaca-Kultur in Perú und Bolivien vergleicht, und
als vor dieser liegend und einer besonderen Kulturperiode angehörig die
stilistisch abweichenden sogenannten drakonianischen Gefässe von Anda-
gala und anderen Fundorten annimmt. Das ist aber vorläufig eine durch
und durch hypothetische Konstruktion, deren Richtigkeit oder Zulässigkeit
erst durch die Auffindung von Überschichtungen oder andere ähnliche
tatsächliche Feststellungen erwiesen werden kann. — In den geogra-
phischen Verhältnissen liegt es endlich auch, dass auch für die altperu-
anische Kultur in Argentinien ein besonderes Interesse vorhanden ist.
Wird doch die Sprache der Inca auch heute noch in nicht unwesentlichen
Teilen der westlichen Distrikte gesprochen. Auf dem Kongresse wurden
indes von den Argentiniern selbst keine Arbeiten über dies Gebiet vor-
gelegt. Dr. Schmidt berichtete über seine Studien an den Geweben der
Gretzer’schen Sammlung des Königlichen Museums für Völkerkunde.
Der Unterzeichnete sprach über altperuanische Vasengemälde, die Typen
unterscheidend, die dem Gegenstande der Darstellung nach unter ihnen
sich erkennen lassen. Und Uhle erörterte die (ieschlechterverfassung
Amerikanisten-Kongress. 121
der Inca, nach der Liste in dem Werke Pedro Sarmiento de Gamboas,
das von Pietschmann in Göttingen aufgefunden und publiziert worden
ist. Uhle kommt dabei zu dem Schlusse, dass auch im Tale von Cuzco
chemals Aimara geherrscht haben müssen, — die Indianerbevölkerung,
die noch heute in kompakten Massen die Hochländer um den Titikaka-
See bewohnt, — und dass im Kampfe gegen diese die Khechua und ihre
Führer, die Inca, zur Macht gelangt seien. Zu sehr lebhaften Diskussionen
innerhalb und ausserhalb des Kongresses gab endlich ein Vortrag Anlass,
den Arthur Posnanski, ein in Bolivien ansässiger deutscher Ingenieur,
über die Monumente von Tiahuanaca hielt. In Bolivien ist man zum
Teil zu ganz exorbitanten Vorstellungen über das Alter dieser Monumente
gelangt, und Posnanski dachte diese Anschauungen zu rechtfertigen,
indem er die Tatsache. dass die Monumente von Tiahuanaca, insbesondere
das grosse Steinpfeilerviereck, nicht genau nach den Himmelsrichtungen
orientiert sind, als einen Beweis dafür in Anspruch nahm, dass zur Zeit
der Errichtung dieser Monumente die Erdachse eine andere Neigung
vehabt habe.
Gegenüber den prähistorischen, anthropologischen und archäologischen
Fragen, die eingehend erörtert wurden, kam die Ethnologie der lebenden
Indianer nur spärlich zum Wort. Prof. v. d. Steinen hatte ein hand-
schriftliches Unicum, eine Grammatik der Zamuco-Sprache, eingesandt, die
in dem Kongressbericht veröffentlicht werden wird. Lafone Quevedo
sprach tiber die Guaicuru- und die Chiquitosprache. Lehmann-Nitsche
legte Arbeiten des Rev. Theophilus Schmid über patagonische Sprachen
vor. Rudolf Lenz, der bekannte Erforscher der araukanischen Sprache
und des araukanischen Folklore, überreichte ein sorgfältig gearbeitetes,
höchst interessantes Werk über die indianischen Elemente in der heutigen
Sprache Chiles. Prof. v. Ihering sprach über die heutige Verteilung der
Indianerstämme Südbrasiliens, dabei die schwierige Frage berührend, wie
die noch vorhandenen Reste der alten Indianerbevölkerung vor Ver-
nichtung bewahrt und der europäischen Kultur gewonnen werden könnten.
Vojtech Frič, der eben von einer Reise zu den Chamacoco zurück-
vekehrt war und eine schöne und reiche Sammlung von Ethnographicis
dieses Stammes mitgebracht hatte, die zum Teil für das Petersburger
Museum bestimmt ist, sprach über Mythen und religiöse Vorstellungen der
von ihm besuchten Indianerstämme. Leider missbrauchte er wieder die
Redefreiheit, die ihm für seine Mitteilung gewährt war, zu einem mit dem
Gegenstande gar nicht in Verbindung stehenden, ganz unangebrachten und
in der Hauptsache völlig ungerechtfertigten Angriffe auf die Jesuiten und die
Missionen überhaupt. Herr Mayntzhusen endlich, ein deutscher Lands-
mann, der in Yaguarazapa am Alto Parana eine Kolonie eingerichtet hat
und sie verwaltet, hatte zwei interessante Sammlungen ausgestellt, — die
eine stammt von den Guayaki, einem Indianerstamme, der in den dichten
Wäldern des östlichen Paraguay umherzieht, jede Berührung mit den
Weissen und der europäischen Mischbevölkerung ängstlich meidend; die
zweite enthät die Ergebnisse von Ausgrabungen, die Herr Mayntzhusen
an alten Wohn- und Begräbnisplätzen der Guarani-Indianer veranstaltet
122 Seler:
hat. Beides sind wertvolle und seltene Sammlungen. Erfreulicherweise
hat sich Herr Mayntzhusen bereitfinden lassen, sie dem Königlichen
Museum für Völkerkunde zu überweisen.
Neben den Sitzungen und Vorträgen fanden Besichtigungen der Museen
und öffentlichen Institute statt. Das Museo Nacional de Buenos Aires, das
seinerzeit unter der Leitung Burmeisters stand, ist leider in gänzlich
ungenügenden Räumen und in einem so baufälligen Hause untergebracht,
dass man es nicht wagt, es für die Besichtigung durch ein grösseres
Publikum zu öffnen. Hier findet sich die erste Calchaqui-Sammlung, die
seinerzeit zum Verkauf kam, und die so gerechtes Aufsehen erregte. Die
Bronzegegenstände, Glocken, Reliefscheiben usw., die zu dieser Sammlung
gehören, erregten das besondere Interesse der Kongressisten. Buenos
Aires ist Bundeshauptstadt, und das Museum von Buenos Aires ist National-
museum. Der Landdistrikt von Buenos Aires bildet einen besonderen
Staat, dessen Hauptstadt La Plata ist. Hier ist eine Staatsuniversität er-
richtet worden und daneben befindet sich in einem Haine von Eichen-
und Eukalyptusbäumen ein neues, prächtiges Gebäude, das das Museum
des Staates Buenos Aires birgt. Dieses „Museo de la Plata“ ist von
Moreno gegründet worden; sein gegenwärtiger Leiter ist Samuel
Lafone Quevedo. Hier befindet sich neben anderen naturwissenschaft-
lichen Sammlungen eine prachtvolle Kollektion von den grossen vorwelt-
lichen Tieren des Landes, deren Kustos der deutsch - schweizerische
Gelehrte Santiago Roth ist; ferner eine sehr gute anthropologische
Sammlung, die Lehmann-Nitsche verwaltet; endlich eine archäologische
Sammlung, die unter der besonderen Obhut von Lafone Quevedo steht.
Das Hauptstück sind die Sammlungen aus der Calchaquiregion. Lafone
Quevedo, der in der Gegend von Andalgala begütert ist und regelmässig
einen Teil des Jahres dort zubringt, hat einen guten Teil dieser Samm-
lungen zusammengebracht; andere entstammen den sehr sorgfältigen Aus-
grabungen des verstorbenen Carlos Methfessel. Das Tagebuch Meth-
fessels, das von einer Fülle in grossem Massstabe ausgeführter
Zeichnungen begleitet ist und alle Daten über die gesammelten Gegenstände
enthält, wird von der Verwaltung des Museums veröffentlicht werden. In
dieser Sammlung gewinnt man erst den richtigen Massstab für die Be-
deutung der Calchaquikultur. Eine geradezu erdrückende Fülle eigen-
artiger Typen und besonderer Ornamente tritt einem hier entgegen und
man bedauerte nur, dass Musse und Zeit für ein eingehenderes Studium
fehlten. Ein drittes Museum ist das der Facultad de Filosofia y Letras in
Buenos Aires, das in den Kellerräumen der Facultad untergebracht ist.
Es enthält in der Hauptsache die Ergebnisse der von Ambrosetti und
De Benedetti im Auftrage der Facultad unternommenen Reisen und
Ausgrabungen. Besonders wichtig sind hier die aus den alten Wohn- und
Begräbnisplätzen der Quebrada von Humahuaca stammenden Funde
und eine kleine Sammlung von Gegenständen der Chacoindianer, die De
Benedetti unter den Indianern zusammenbringen konnte, die regelmässig
für die Zuckerhacienda der Provinz Tucuman geworben werden.
In Verbindung mit dem Kongresse waren endlich von dem leitenden
Amerikanisten-Kongress. 123
Komitee in Buenos Aires verschiedene Exkursionen in Aussicht genommen
worden, eine nach den Fällen am oberen Parana, eine andere nach der
archäologisch so interessanten Region der Calchaqui, eine dritte nach
Bolivien und Peru. Für die erste Exkursion fanden sich nur zwei Teil-
nehmer. Die zweite kam nicht zur Ausführung, da die nötigen Vor-
bereitungen nicht getroffen waren und die Exkursion selbst auch unver-
hältnismässig viel Zeit erfordert hätte Dagegen ermöglichte eine
Einladung, die von seiten der bolivianischen Regierung an den Kongress
ergangen war, deren Träger Herr Posnanski war, einer kleinen Zahl
von Teilnehmern, unter denen das deutschsprechende Element wiederum
beträchtlich überwog, die Reise nach Bolivien und Pert.
Wir besuchten zuerst die Städte Cordoba und Tucuman. Cordoba
besitzt eine Universität, an der schon seit einer Reihe von Jahren deutsche
Professoren wirken. Ein kleines Museum existiert in der Stadt, von einem
Geistlichen P. Geronimo D. Lavagua zusammengebracht, das neben
allerhand anderem auch eine Anzahl Gegenstände aus Ton und Stein ent-
halt, die von den Ureinwohnern der Gegend stammen, den unter dem
Namen Comechingones bekannten Indianern, die aber längst ausgestorben
oder in der Mischbevölkerung aufgegangen sind. In Tucuman hatte ein
Deutscher, Herr Rudolf Schreiter aus Chemnitz, von dem ich vor zwei
Jahren eine kleine Sammlung für das Berliner Museum erwarb, wieder
eine Anzahl Calchaquiurnen zusammengebracht, die Regierungsrat Heger
für das Wiener Museum erstand.
In La Quiaca, am Endpunkte der argentinischen Eisenbahn, zugleich
der Grenzstation gegen Bolivien, wurden wir von einem Abgesandten der
bolivianischen Regierung, Herrn Manuel E. Aramayo, empfangen und
erreichten unter seiner Führung nach dreiundeinhalbtägiger Wagenfahrt
auf einem neuen Wege, der von Tupiza über die Hochflächen am Süd-
fusse des Schneeberges Chorollque führt, den Salzsee von Uyuri und die
Eisenbahn, die Antofagasta an der Küste des Stillen Ozeans mit La Paz,
der Hauptstadt von Bolivien, verbindet. In Bolivien ist für die wissen-
schaftlichen Interessen seit einer Reihe von Jahren Herr Manuel Y.
Ballivian besonders tätig, — der Sprössling einer alteingesessenen
Familie, die den letzten Inca, Atauhuallpa unter ihren Ahnen zählt, die
aber auch in Spanien reich begütert ist. Herr Ballivian ist zurzeit Leiter
des Ackerbau- und Einwanderungsdepartements und ist Präsident der
Geographischen Gesellschaft. Er hat auch das Museum von La Paz ge-
gründet, in dem sich, neben einer schönen Sammlung von Mineralien des
Landes und anderen naturwissenschaftlichen Sammlungen, Gegenstände
von den noch lebenden Indianerstämmen Boliviens und Altertümer be-
finden. Unter den letzteren ist, neben Stein- und Tongegenständen aus
Tiahuanaco, eine Suite eigentümlicher, in ziemlich primitiver Art bemalter
Krüge und Becher aus der Gegend von Uyuri besonders bemerkenswert,
von denen ich mir die Haupttypen kopieren Konnte.
Der Hauptzweck unserer Exkursion nach Bolivien war natürlich der
Besuch der weltbekannten Ruinenstätte von Tiahuanaco. Daneben hatten
wir noch den Wunsch, die Inseln des Titikakasees und die Incabauten
124 Seler:
auf ihnen zu sehen und zu studieren. Die Monumente von Tiahuanaco
sind durch die Veröffentlichungen von Squier, von Stübel und Uhle und
neuerdings die der Mission francaise unter de Crequi-Montfort und Sene-
chal de La Grange bekannt genug. Die vielen Rätsel, die sie dem Be-
sucher aufgeben, sind darum noch nicht gelöst. Uns war es betrübend,
zu sehen, wie viel von dem, was noch vor wenigen Jahren vorhanden
war, zerstört worden ist. Der Besuch der Inseln des Titikakasees, die
als Geburtsstätten der Sonne und des Mondes auch in der Inca-Sage eine
grosse Rolle spielen, wurde uns durch das Entgegenkommen der perua-
nischen Regierung, die uns einen der kleineren auf dem See stationierten
Dampfer zur Verfügung stellte, ermöglicht. Der peruanischen Regierung
hatten wir es auch zu danken, dass wir in bequemer Weise die alte
Hauptstadt des Inca-Reiches, Cuzco, und einige Ruinen der Nachbarschaft,
der Feste Saxay huaman und des Inti huasana von Pisac besuchen konnten.
Von Sammlungen ist in Cuzco zurzeit nicht viel vorhanden. Die alte
Sammlung Centeno ist bekanntlich von Adolf Bastian für das Berliner
Museum erworben worden. Daneben gab es noch eine öffentliche Samm-
lung in der mit der Universität verbundenen öffentlichen Bibliothek von
Cuzco. Davon scheint aber der grösste Teil zerschlagen oder sonst
wie abhanden gekommen zu sein.
In Lima endete offiziell der für den Kongress von Buenos Aires ver-
anstaltete Ausflug. Infolge der langen Reisen und der unvermeidlichen
Aufenthalte war bis zu dem für den Kongress in Mexiko in Aussicht ge-
nommenen Termin nicht viel Zeit mehr übrig. Ich benutzte sie dazu,
soviel als irgend möglich von den Ruinen und Gräberfeldern der Küste
und den öffentlichen und privaten Sammlungen zu sehen. Als seinerzeit
Adolf Bastian die Sammlung Macedo für das Berliner Museum erwarb,
und dann der Inhalt des von Reiss und Stübel ausgebeuteten grossen
Gräberfeldes von Ancon auch unserem Museum zufloss, waren wir der
Meinung, dass wir die Haupttypen des archäologischen Materials der
peruanischen Küste in unserem Museum vereinigt hätten. Wie sehr wir
darin im Irrtum waren, zeigte sich, als vor einigen Jahren die grossen
Grabfelder der Gegend von Nazca und Ica aufgedeckt wurden. Wenn
man jetzt die Sammlung Gaffron in München, die Gretzersche Sammlung
im Königlichen Museum für Völkerkunde, die Sammlung des Museo
Historico Nacional in Lima und die verschiedenen Privatsammlungen in
Peru durchsieht, so findet man dort zu Hunderten jene buntbemalten und
veclatteten Gefässe mit den Ungeheuerfiguren, die ein Beil und einen
abgeschnittenen menschlichen Kopf ın der Hand halten — Stücke, von
denen wir in der Macedoschen Sammlung zwei oder drei gehabt und als
ganz seltene wunderbare Vorkommnisse betrachtet hatten. Und weiter,
sieht man unsere Sammlungen durch, so findet man Fundorte wie Chancay,
Recuay, Chimbote, Trujillo, Lambayeque durch Gefässe von ziemlich ein-
heitlichem Typus vertreten, während Ancon, Pachacamac eine grössere
Mannigfaltigkeit von Formen und Mustern aufweisen. Kommt man nun
aber an diese Fundorte selbst, und durchwandert man die riesigen Gräber-
felder, wo von Berufenen und Unberufenen seit Jahrzehnten der Boden
Amerikanisten-Kongress. 125
um und um gewühlt worden ist, so sieht man zwischen den Schiideln, den
bleichenden Knochen, den Haarschöpfen, den Fetzen von Mumieneinwick-
lungen usw., Scherben und ganze Gefässe von oft ganz ansehnlichen
Dimensionen und von bestimmtem Typus und mit bestimmter Verzierung,
die aber in unseren Sammlungen von diesen Fundorten nicht vorkommen,
einfach weil man nur die guten, die feingearbeiteten und verzierten und
ganzen Stücke gesammelt, die gröberen, grösseren und zerbrochenen
Stücke als wertlos liegen gelassen hat. Für das archäologische Bild der
betreffenden Lokalität sind aber die letzteren nicht minder wichtig als die
ersteren. Endlich hat sich in den letzten Jahren, und gerade auch durch
die Bemühungen Uhles, der in den ersten Jahren seines Direktorats
Mittel für Ausgrabungen zur Verfügung hatte, gezeigt, dass hier an der
Küste von Peru neben den Fundorten, die die bekannten Typen enthalten,
andere vorkommen, wo sich Reste von abweichenden, eigenartigem,
primitiverem Typus finden, und wo es auf der Hand liegt, dass ethnische
Verschiedenheit oder vielleicht auch eine ältere Kulturschicht anzunehmen
ist. Arequipa ist eine solche Lokalität, ferner die Muschelhügel bei Ancon
und einige der grossen Huacas in der Nähe von Lima, die Uhle aufge-
graben hat. Das sind wichtige Vorkommnisse, die aber in unseren
heimischen Sammlungen noch in keiner Weise vertreten sind. Aber auch,
was die bekannten und typischen Stücke betrifft, die feinbemalten Ge-
fässe von Chimbote, Trujillo, Chicama und anderen Fundorten, so ist die
Mannigfaltigkeit eine so grosse, die Produktivität der alten keramischen
Künstler (oder Künstlerinnen) eine so erstaunliche, dass man in jeder
neuen Sammlung wieder neues sieht. Und Sammlungen hat in Perú, man
möchte sagen, fast jeder wohlhabende Mensch. Von den Sammlungen, die
ich kennen gelernt habe, erwähne ich hier zunächst die des Museo
Historico Nacional in Lima. Man kann sagen, dass Dr. Uhle, der gegen-
wärtige Direktor, diese Sammlung in den wenigen Jahren, wo er Mittel
zur Verfügung hatte, neu geschaffen hat. Ein älterer Bestand existierte,
der war aber gering und ziemlich minderwertig. Und von den Haupt-
fundorten, Chimbote, Trujillo usw., besitzt auch jetzt das Museum herz-
lich wenig. Dagegen hat Uhle das Museum durch prachtvolle Samm-
lungen aus der Gegend von Nazca bereichert, die aus Gefässen, aus
Mumien, Stoffen und den mannigfaltigsten Grabbeigaben bestehen. Er
hat aus einer grossen Huaca unterhalb Lima eine Menge Riesengefässe,
allerdings zumeist in Scherben, von eigenartiger, primitiver, schwarz-weiss-
roter Bemalung gezogen. Er hat in einem Grabfelde bei der alten Stadt
Cajamarquilla oberhalb Lima besondere Arten der Bestattung und auch
wieder eine besondere Facies von Grabbeigaben gefunden. Er hat end-
lich auf der kahlen Felseninsel San Lorenzo, die den Hafen von Callao
auf der Südseite begrenzt, die Reste einer Fischerbevölkerung gefunden,
deren Grabausstattung einen ganz beachtenswerten Kulturstand zeigt.
Nach Abschluss meiner peruanischen Reisen und Studien habe ich,
um rechtzeitig zum Kongress in Mexiko zur Stelle zu sein, den Weg über
Panama und New Orleans genommen. Zu dem Kongresse, der vom 8.
bis 14. September stattfand, waren ausser mir von Europa wieder Re-
126 Seler:
gierungsrat Heger aus Wien, und mit ihm Dr. Lenz und Professor
Oberhummer, erschienen; aus Frankreich Dr. Capitan, der Inhaber
der Loubat-Professur am Collége de France, und mit ihm die Herren
Dr. Marcou und Falcoz; aus Spanien Professor Sanchez-Moguel; aus
den Vereinigten Staaten von Nordamerika Dr. Franz-Boas aus New York,
Herr Aleš Hidlicka aus Washington, George B.Gordon aus Philadelphia,
Dr. Alfred M. Tozzer aus Cambridge Mass., Dr. Roland B. Dixon u. a.
Zum Präsidenten des Kongresses wurde der Unterzeichnete gewählt. Als
Generalsekretär fungierte, da der ursprünglich in Aussicht genommene
interimistische Direktor des Nationalmuseums Lic. Genaro Gorcia eines
Trauerfalles halber verhindert war, Lic. Jose Romero. — Dem Kon-
gresse in Mexiko gab diesmal die verhältnismässig starke Beteiligung
der Nordamerikaner sein besonderes Gepräge. Dr. Franz Boas, der
Altmeister der indianischen Linguistik legte die ersten Bände des Hand-
buchs der indianischen Sprachen vor, das unter seiner Leitung heraus-
gegeben und von dem Smithsonian Institution in Washington veröffentlicht
wird. Dr. Tozzer, der seinerzeit mit Mitteln des Maya Exploration Fund
in Yukatan und Chiapas gereist ist, um die Maya-Sprache und den Maya-
Folklore zu studieren, sprach über die Formation des Maya-Verbums.
Herbert J. Spieden erörterte die Chronologie der grossen Relief-
skulpturen von Copan, Aleš Hidlicka gab einen ganz interessanten Be-
richt über einen vor wenigen Wochen von ihm (zum Teil im Verein mit
dem Unterzeichneten) unternommenen Besuch der peruanischen Grabfelder
und die Ergebnisse seiner dort vorgenommenen anthropologischen Studien.
Frau Zelia Nuttall, die zwar seit einigen Jahren ihren dauernden Wohn-
sitz in Mexiko (in dem alten Hause Pedro de Alvarado’s in Coyoacon)
hat, aber doch als Amerikanerin zu zählen ist, legte eine höchst inter-
essante Bilderschrift vor, die sie in dem mexikanischen Staatsarchiv auf-
gestöbert hat, die in Bildern und begleitendem Texte Aufschluss darüber
gibt, was unmittelbar nach der Eroberung der Stadt Mexiko mit den
grossen Idolen des Haupttempels, Uitzilopochtlis und anderer, — über
deren Verbleib man bisher absolut nichts wusste, — geschah. George
Grant Mac Curdy beschrieb ein interessantes Altertum, das in dem
Museum der Yale-University in New Haven sich befindet, auf dem, ähn-
lich wie auf dem grossen sogenannten Calendario Azteca, die gegenwärtige
und die vier prähistorischen Sonnen, die die Mexikaner annahmen, ab-
gebildet ist. Eine von Stansbury Hagar vorgelegte Arbeit über Tier-
kreissymbolismus in dem mexikanischen und dem Maya-Kalender beruht
meiner Überzeugung nach auf irrigen Voraussetzungen.
Was die europäischen Gelehrten betrifft, die an dem Kongresse teil-
nahmen, so legte Dr. Capitan drei Arbeiten vor. Eine beschreibt eine
Bilderschrift vom Jahre 1534, die denselben Charakter trägt, wie ver-
schiedene der Bilderschriften der Alexander von Humboldtschen Samım-
lung in Berlin, die ich als Klageschriften wegen unbezahlter Leistungen
und Tribute gedeutet habe, auf der aber diese ihre Bedeutung durch einen
begleitenden Text ausdrücklich bezeugt ist. Kine zweite Arbeit
Dr. Capitans behandelt ein Altertum, das sich in seinem Besitze be-
Amerikanisten-Kongress. 127
findet, und das eine zusammengerollte Schlange darstellt, wo aber ähn-
lich wie bei dem Kolossalbilde, den Couatlicue in Mexiko und bei ver-
schiedenen der sogenannten quauhxicalli oder Opferblutgefässe, die Unter-
oder Bodenseite des Monuments durch ein Reliefbild der Erdkröte
markiert ist. In einem dritten Vortrage sprach Dr. Capitan über die
abgeschnittenen Menschenköpfe auf den buntbemalten Gefässen von Nazca
in Peru. Ich konnte ihm bemerken, dass ich einen solchen Kopf in
natura als Geschenk Dr. Gaffrons dem Königlichen Museum für Völker-
kunde in Berlin übersenden konnte.
Ein Landsmann Dr. Capitans, Herr George Engerrand, der die
geologische Abteilung des Nationalmuseums von Mexiko leitet, legte ge-
schlagene Steine aus Concepcion im Staate Campeche vor, die, wie es
scheint, das älteste Zeugnis von der Existenz des Menschen auf der Halb-
insel Yukatan sind. Auch unsere deutschen Geologen, die für das In-
stituto Geologico Nacional Mexicano tätig sind, die Herren Waitz und
Wittich, hatten Vorträge über die mineralogischen altmexikanischen
Steinperlen des Nationalmuseums angekündigt, zogen diese aber zurück,
da ihnen, entgegen den Verfügungen des Ministers, die betreffenden Ob-
jekte nicht zur Untersuchung ausgeliefert worden waren. — Einen philo-
logischen Beitrag zu den amerikanischen Studien gab der Madrider Pro-
fessor Antonio Sanchez Moguel. Er erläuterte in längerem Vortrage
die Sprache der Briefe des Columbus, indem er nachwies, dass in ihr so-
wohl der längere Gebrauch der portugiesischen Sprache, wie die Idiotismen
des Dialekts von Andalusien zu erkennen seien. — Ich selbst beschränkte
mich diesmal auf eine kleine Mitteilung über die Formen der Hiero-
glyphen der Tageszeichen auf den Monumenten des Distrikts von Peten.
Unter den mexikanischen Teilnehmern des Kongresses waren, wie
gewöhnlich, die verschiedensten Berufsklassen vertreten, und eine sehr
mannigfaltige Reihe von Thematen wurde behandelt. Der frühere
Gouverneur des Staates Tamaulipas, Alejandro Prieto, sprach über die
Ethnologie und die Altertümer der südlichen Hälfte dieses nordöstlichsten
Staates der Republik. Die Doktoren Francisco A. Flores und
Alberto M. Carreno behandelten die Medizin der alten Mexikaner; der
Geistliche Vicente de P. Andrade die Überreste heidnischer Vor-
stellungen und heidnischer Gebräuche, die unter den heutigen Indianern
noch bestehen. Der Philologe Francisco Belmar sprach über die
Sprachen der sogenannten .nauatlakischen Gruppe Herr Marcos
E. Becerra sprach über den Zug des Cortes nach Honduras. Herr
Fernandez del Castillo über das von ihm aufgefundene Original-
manuskript des Testaments des Cortez. Herr Juan Martinez Herandez
behandelte den grossen Zyklon der Maya-Geschichte. Herr Abraham
Castellanos endlich, ein Schüler Rebsams, also nach deutscher Methode
ausgebildeter Pädagoge, der an der Normalschule tätig ist, der aber,
reiner indianischer (mixtekischer) Abkunft, das lebhafteste Interesse für
die Sprache, den Folklore und die Altertümer seines Volkes hat, legte
Photographien einer grossen aus der Mixteca stammenden Bildermalerei
128 v. Hansemann:
vor und suchte an ihr — allerdings in nicht sehr glücklicher Weise —
zu Feststellungen über die alte indianische Chronologie zu gelangen.
Im. grossen und ganzen muss man sagen, dass an dem Kongresse
von Mexiko, wenn auch grosse grundlegende Fragen nicht zur Erörterung
kamen, wenn auch, wie es eigentlich immer der Fall ist, mancherlei
Minderwertiges oder gar Schematisches mit unterlief, doch so viel Gutes
und Brauchbares, die Wissenschaft Förderndes zum Vorschein kam, dass
er mit Ehren neben seinen Vorgängern genannt werden kann.
Für den nächsten Kongress im Jahre 1912 lagen zwei Einladungen
vor, eine von der holländischen Regierung, eine andere von dem Royal
Anthropological Institute in London. Man entschied sich für die letztere
Einladung, beschloss aber Holland für den nächst nächsten europäischen
Kongress in Vorschlag zu bringen. |
Exkursionen wurden von dem Kongresse drei veranstaltet: eine in
der Kongresswoche selbst, an der alle Mitglieder teilnahmen, nach Teoti-
huacan, der alten prähistorischen Stadt im Norden des Tals von Mexiko;
zwei andere, an denen sich aber immer nur einzelne beteiligten, nach der
Pyramide von Xochicalco im Staate Morelos und nach den Ruinen von
Mitla bei Oaxaca.
(7) Hr. David von Hansemann demonstriert vor der Tages-
ordnung
„einen syphilitischen Schädel aus Südamerika‘.
Von Herrn Kunike wurde mir mitgeteilt, dass sich im Museum für
Völkerkunde ein präkolumbischer Schädel befindet, der mit grösster
Wahrscheinlichkeit syphilitische Veränderungen aufweist. Es wurde mir
die Bitte ausgesprochen, denselben in der Anthropologischen Gesellschaft
zu demonstrieren. Ich bin dieser Bitte um so lieber nachgekommen, als
der Schädel in der Tat von besonderem pathologischen Interesse ist.
Es handelt sich, wie Herr Dr. Preuss die Liebenswürdigkeit hatte
mir mitzuteilen, um den Schädel Katalog Nr. IC. 8877, Sammlung La
Valeta 1906 aus der amerikanischen Abteilung des Museums, und er
stammt aus den Calchaquitälern, Staat Salta in Argentinien. Herr
Dr. Preuss schreibt dazu, dass nähere Angaben über die Fundstätte
fehlen, so dass ein Urteil über das Alter nicht abzugeben ist. „Immer-
hin darf man der Angabe des Sammlers Glauben schenken, dass der
Schädel aus präkolumbischen Gräbern stammt, da auch die grosse von
ihm gekaufte Calchaquisammlung fast völlig ohne europäische Bei-
gaben ist.“
Ich will den Schädel hier natürlich nicht vom ethnographischen
Standpunkt aus betrachten, sondern lediglich vom pathologischen. Die
Veränderungen daran betreffen ganz vorzugsweise den Gesichtsschädel,
wie es die beifolgende Abbildung zeigt. Auf der Stirn sind eine grosse
Menge Knochennarben zu sehen, die zum grössten Teil glattrandig sind,
mit flachen wulstigen Verdickungen des Schädels in der Umgebung. Nur
auf der rechten Seite nach der Schläfe zu, über der Orbita, befindet sich
Syphilitischer Schädel. 129
eine frische Knochenulceration, die noch nicht in Heilung übergegangen
ist. Der Naseneingang ist in ein rundliches Loch verwandelt, und von
dem inneren Nasenknochen ist alles verloren gegangen, offenbar schon
während des Lebens des Individuums, denn die Knochenränder sind über-
all glatt vernarbt und zeigen keine Bruchstellen. Die Nasenbeine selbst
sind aber noch vorhanden. Sie lassen noch eine Andeutung der Mittel-
naht erkennen, sind aber im übrigen unter sich und mit der Nachbar-
schatt fest verwachsen. Der vordere Rand des Alveolarfortsatzes ist voll-
standig verschwunden, so dass der Gaumen stark verkiirzt erscheint.
Bei einer solchen Schädelaffektion können drei Dinge in Frage
kommen: 1. eine Geschwulst, 2. Tuberkulose und 3. Syphilis. Alle
übrigen durch eitrige Entzündung, Aktinnomykose, Erysipel und sonstige
ulzerative Prozesse hervorgebrachten Störungen sind hier mit Sicherheit
auszuschliessen.
Was nun zunächst die Geschwulstbildung betrifft, so macht dieselbe
niemals solche Narben mit hyperostotischen Rändern, wie sie hier vor-
handen sind. Entweder zerstören Geschwülste den Knochen glattrandig,
Zeitschrift für Ethnologie. Jahrg. 1911. Heft 1. d
130 Neuhauss:
ohne Hyperostose hervorzubringen, oder sie machen stachlige poröse
Exostosen. Was die Tuberkulose betrifft, so muss man hier zwei Dinge
unterscheiden, nämlich die gewöhnliche ulzeröse Hauttuberkulose und
tuberkulöse Periostitis einerseits und den Lupus andererseits. Die beiden
ersten Affektionen machen niemals Hyperostosen am Schädel, sondern
immer nur glatte Defekte, die auch glattrandig sind und ohne Verdickung
des Knochens ausheilen. Auch der Lupus pflegt keine Hyperostosen zu
machen. Jedoch komme ich auf die lupösen Veränderungen am Schädel
gleich noch zurück.
Die Syphilis ist nun, wie Vergleiche mit rezenten syphilitischen
Schädeln zeigen, in ganz ausgezeichneter Weise imstande, das zu machen,
was man hier am Stirnbein des Schädels sieht, frische Ulzerationen und
glattrandige Narben mit hyperostotischen Wülsten in der Umgebung. Es
kann also gar keinem Zweifel unterliegen, dass die Veränderung am
Stirnbein auf Syphilis zu beziehen ist. Was aber nicht ganz in das Bild
der Syphilis hineinpasst, das sind die Veränderungen an der Nase. Die
Syphilis hat ganz vorzugsweise die Gewohnheit, die Nasenbeine zu zerstören.
Aber sie zerstört nur äusserst selten die Innenknochen der Nase. ohne
die Nasenbeine selbst zu ergreifen. Wenn es sich hier also um einen
syphilitischen Prozess handelt, so würde er eine ganz ungewöhnliche
Form angenommeu haben. Dagegen ist der Lupus sehr wohl imstande,
eine solche Zerstörung in der Nase hervorzurufen; besonders diejenigen
Formen des Lupus, die an der Nasenschleimhaut selbst beginnen, machen
solche Zerstörungen der Nasenmuscheln und des Vomers, ohne Beteiligung
der Nasenbeine. Die Veränderung an der Nase würde also mehr für
Lupus sprechen, während diejenige an der Stirn für Syphilis charakte-
ristisch ist. Dass also der Schädel einem syphilitischen Individuum ange-
hörte, ist zweifellos, aber es besteht die Möglichkeit, dass ausser der
Syphilis auch Lupus vorhanden war, jedoch lässt sich diese Kombination,
die man ja gelegentlich beim Menschen findet, hier nicht mit absoluter
Sicherheit behaupten, da auch die gesamten Veränderungen auf syphiliti-
scher Basis, wenn auch nur ausnahmsweise, zustande konımen können.
(8) Hr. Richard Neuhauss hält unter Vorführung von 212 Licht-
bildern einen Vortrag über seine von 1908 — 1910 ausgeführte
l
Reise nach Deutsch - Neu - Guinea
(Kaiser Wilhelmsland). Er beginnt mit Besprechung einer Auswahl der
von ihm mitgebrachten ethnographischen Gegenstände, die im Saale aus-
gelegt sind. Wohl das bemerkenswerteste Stück, welches wir überbaupt
aus Neu-Guinea besitzen, ist eine kleine, aus überaus hartem grünen Ge-
stein gearbeitete Figur, die in ihrer Technik so hoch über allen aus Neu-
Guinea stammenden Steinarbeiten steht, dass wir kaum annehmen können,
die jetzt dort vorhandene Bevölkerung habe das Stück hergestellt. Gleich-
wohl ist die Darstellung rein papuanisch, und dasselbe grüne Gestein wird
am Huongolf gefunden, wo die kleine Steinfigur seit Menschengedenken
als Zaubermittel benutzt ist. Redner brachte in Erfahrung, dass ein ähn-
Deutsch-Neu-Guinea. 131
liches Stück vor Jahren durch die Frau eines Missionars nach Europa
gebracht sein soll. Er ist dabei, dies Stück ausfindig zu machen, und
hofft, dass hierdurch vielleicht Licht über das sehr seltsame kleine Kunst-
werk verbreitet wird. |
Unter den ausgestellten Gegenständen beanspruchen ferner ganz be-
sonderes Interesse die Sachen, welche Neuhauss vom Augustafluss mit-
brachte. An diesem gewaltigen Strome befindet sich ein Kulturzentrum,
welches für Neu-Guinea ganz einzigartig dasteht. Manche Verzierungen
erinnern an die Arbeiten der Maori. Die mit Ton übermodellierten, dann
sorgfältig bemalten und mit Haaren geschmückten Schädel übertreffen in
bezug auf Feinheit der Ausführung und auf lebenswahre Darstellung alles
ähnliche, was wir aus der Südsee kennen.
Leider ist dies in jeder Beziehung so überaus vielversprechende, weite
Ländergebiet von der Forschung bisher in geradezu sträflicher Weise ver-
nachlassigt. Man verausgabt Millionen zur Erforschung des Süd-- und
Nordpols, aber das für uns Deutsche weit wichtigere Stromgebiet des
Augustaflusses liegt für den Forscher jenseits von jeder Initiative. Un-
mittelbar nach der Besitznahme von Kaiser Wilhelmsland liess die Neu-
Guinea-Co. durch eine kleine Expedition den Strom befahren (1886). Man
konnte mit dem Seedampfer ungefähr 400 englische Meilen auf dem
Strome vordringen. Dann bekümmerte man sich 22 Jahre lang nicht im
ınindesten um diese herrliche Eingangspforte in ein gewaltig ausgedehntes
Ländergebiet. Erst als an den Küsten die Arbeiter-Anwerbungsverhält-
nisse immer schlechter wurden, dachte man wieder an den Augustafluss.
Eine von der Neu-Guinea-Co. unternommene Anwerbungsfahrt machte
Neuhauss mit. Allerdings konnte man wegen der Trockenzeit mit dem
grossen Seedampfer nur rund 200 Seemeilen auf dem Strome vordringen;
dies genügte aber, um die herrlichsten Schätze einzuheimsen.
Es bleibt eine Ehrenschuld für den Deutschen, das Versäumte sobald
wie möglich nachzuholen. Das Eis am Südpol wird auch nach 100 Jahren
noch genau an derselben Stelle liegen; auf dem Augustafluss ist vielleicht
schon nach fünf Jahren auf ethnologischem Gebiete nichts mehr zu holen.
Denn schon werfen die Amerikaner ihr Augenmerk auf diese herrliche
Fundgrube, und wenn eine einzige Expedition gründlich aufgeräumt und
Unmengen von modernen Messern und Beilen als Tauschwaren an die
dortigen Papua verteilt hat, ist es mit der alten Kunstfertigkeit vorbei.
Neu-Guinea liefert für diese betrübende Tatsache eine endlose Fülle von
Beispielen.
Zur gründlichen Durchforschung des Stromgebietes ist ein eigener,
flach gehender Heckraddampfer notwendig, dassen Kosten sich auf etwa
50000 M stellen. Weitere 50000 # sind für die Ausführung der Ex-
pedition erforderlich, so dass sich also mit rund 100 000 M ein grossartiger
Erfolg erzielen liesse. Das ist der vierzehnte Teil derjenigen Summe,
welche für die deutsche Südpolexpedition benötigt wird. Aber natürlich,
der Südpol liegt uns Deutschen viel näher, als die eigene Kolonie.
Während seines Aufenthaltes in Neu-Guinea richtete Neuhauss sein
Augenmerk darauf, möglichst viele Typenaufnahmen der verschiedenen
de
132 Neuhauss: Deutsch-Neu-Guinea.
Völkerstämme zu machen, um einiges Licht in diesen ungeheuren Wirr-
warr zu bringen. Unter den 1110 entwickelten Negativen, die Neuhauss
von seiner Reise mitbrachte, befinden sich rund 800 Typenaufnahmen,
die in fast lückenloser Reihe die Stämme von der holländischen bis zur
englischen Grenze veranschaulichen.
Unter den vom Vortragenden mit dem Projektionsapparat gezeigten
Bildern befanden sich u. a. die verschiedenartigsten Krankheiten (Lupus,
Lepra, Elephantiasis, Ovarialtumor usw,), ferner eine Penis-Amputation,
die wahrscheinlich ausgeführt wurde, um den Frauenverführer zu bestrafen,
schliesslich die ausgedehntesten und seltsamsten Narbenverzierungen,
Schmuck und Bekleidung mannigfaltigster Art. Gezeigt wurden weiterhin
Hausbauten aus fast allen Teilen des Landes, einige grossartige Brücken-
bauten und die verschiedenen Methoden der Bestattung. Unter den zahl-
reichen Kinderspielen verblüfft die exakte Ausführung der Schnurfiguren,
von denen Erwachsene und Kleine mit wenigen, geschickten Griffen eine
fast unbegrenzte Anzahl herzustellen vermögen.
Da das mit rund 1000 Abbildungen ausgestattete dreibändige Reise-
werk von Neuhauss voraussichtlich noch im J.aufe dieses Jahres er-
scheinen wird, so erübrigt es sich, auf den sonstigen Inhalt des Vortrages
an dieser Stelle ausführlicher einzugehen.
_ Ausserordentliche Sitzung vom 28. Januar 1911.
Vorträge:
Hr. Rich. Neuhauss: Kinematographische und phonographische Aufnahmen
aus Deutsch-Neuguinea.
Hr. Herbert Mueller: Über das taoistische Pantheon der Chinesen.
Vorsitzender: Hr. Hans Virchow.
(1) Vor der Tagesordnung legt auf Wunsch des Hrn. Dr. G. von
Buchwald in Neu-Strelitz Hr. Hans Virchow
das Fragment eines Schädels aus einem neolithischen Begräbnisplatze
vor. Die Fundstelle ist ein flacher Hügel im Revier der Försterei
Bannerbrück in Mecklenburg-Strelitz, welcher jetzt im Walde liegt, jedoch
Abb. 1. Fragment eines neolithischen Schädels von Bannerbriick,
von der rechten Seite,
in früheren Zeiten zu Ackerland gehörte. Leider hat weder eine genauere
Untersuchung, noch eine sachgemässe Bergung der Gegenstände statt-
gefunden. Der Hügel wurde nämlich von Forstarbeitern zum Zwecke der
Kiesgewinnung geöffnet und ausgebeutet. Der Förster hat einige der
zerschlagenen Knochenstücke und einige Scherben aufbewahren lassen.
134 Virchow-von Buchwald:
Abb. 2. Das Schädelfragment von Bannerbriick Abb. 3. Das Schädelfragment von Bannerbrüc
von unten, von oben.
Abb. 5. 2 Tonscherben von einem Gefäss aus dem Begräbnishügel
von Bannerbrück.
Neolithischer Schädel. 135
Nach seiner Angabe lagen die Schädel alle nach Süden und dicht neben-
einander; die Scherben fast einen Klafter davon.
Die Betrachtung der übersendeten Knochen zeigt, dass sämtliche
Schädel bei der Aufgrabung in Stücke zerschlagen sind und von den
einzelnen Schädeln nur wenig aufbewahrt worden ist, so dass sich gar
nicht einmal mit Sicherheit sagen lässt, wie viele Skelette vorhanden
waren. Am reichlichsten sind Stirnstücke und Hinterhauptstücke erhalten.
Den Stirnstiicken nach müsste man sechs, den Hinterhauptstücken nach
sieben Schädel zählen. Eines der letzteren ist von einem älteren Kinde.
Die Hinterhauptstücke zeigen zwei charakteristische Typen, einen mit
starkem Torus occipitalis, den anderen mit eleganter Protuberantia occi-
pitalis externa; jeder Typus in zwei Exemplaren.
Dasjenige Stiick nun, welches die Aufmerksamkeit des Hrn. von Buch-
wald fesselte, und um dessentwillen er die Vorlage wünschte, zeichnet
sich durch flache niedrige Stirn (Abb. 1) und grosse Stirnwülste mit ge-
Ca
/
N
Abb. 4. Sagittalkurve des Schädelfraginentes von Bannerbrück, mit Fortlassung
des unteren (verbogenen) Stückes.
räumigen Stirnhéhlen (Abb. 2) aus. Diese Kombination hatte Hrn.
von Buchwald veranlasst, an eine primitive Form zu denken. In der
Tat sah auch das Stirn- und Scheitelstück in der ursprünglichen Isolierung
sehr auffallend aus, wovon man sich noch jetzt an der Abb. 1 einen Be-
griff machen kann, wenn man die unteren (angesetzten) Stücke abdeckt.
Auch die Oberansicht, in welcher die schmale Form zum Ausdruck
kommt, ist beachtenswert (Abb. 3). Es haben sich jedoch gerade von
diesem Schädel einige Stücke hinzugefunden, und nach dem Ansetzen
dieser ist doch der Eindruck des ganz Ungewöhnlichen zum grossen Teil
geschwunden.
Leider sind an dem Schädelfragment die Nähte nicht erhalten, ins-
besondere auch nicht die Kranznaht, so dass eine völlig strenge Be-
ziehung des Stirnbeins auf andere Stirnbeine nicht möglich ist. Dagegen
gestattet das erhaltene Stück des Jochbogens eine hinreichend genaue
Orientierung auf den Horizont.
Zur Vervollständigung der Anschauung gebe ich auch die Median-
kurve (Abb. 4). Das unterste Stück musste dabei fortgelassen werden,
weil diese Teile seitlich verbogen sind.
136 Neuhauss:
Der Fund befindet sich im Besitze der Grossherzoglichen Bibliothek
in Neu-Strelitz.
Diskussion.
Hr. von Buchwald, der selber zu dieser Sitzung erschienen ist, legt
zwei Topfscherben vor, um die Art der Tonware zu zeigen (Abb. 5). Aus
den Schädeln glaubt er den Schluss ziehen zu dürfen, dass eine gemischte
Bevölkerung dort gelebt habe, und dass auch in den einzelnen Schädeln
die Merkmale ursprünglicher Rassen gemischt gewesen seien.
(2) Hr. Rich. Neuhauss:
Kinematographische und phonographische Aufnahmen
aus Deutsch-Neuguinea.
Hr. Neuhauss gibt eine Fortsetzung seines vor acht Tagen gehaltenen
Vortrages über Deutsch-Neu-Guinea. Hatte Redner damals ausschliess-
lich Einzelbilder (212 Diapositive) seinen Ausführungen zugrunde gelegt,
so wurden heute lediglich Bewegungsbilder (über 800 m kinematographi-
scher Aufnahmen) in Verbindung mit phonographischen Aufnahmen zur
Darstellung gebracht.
Das Entwickeln gewöhnlicher photographischer Platten in einem so
feuchtwarmen Klima wie Neu-Guinea ist keine Annehmlichkeit. Gleich-
wohl ist es zum Erzielen bester Resultate unerlässlich notwendig, das
Hervorrufen an Ort und Stelle vorzunehmen. Andernfalls würde die Zahl
der Fehlaufnahmen ins Unermessliche steigen. Bei kinematographischen
Aufnahmen liegen die Verhältnisse noch ganz besonders ungünstig: der
in den Tropen belichtete Film geht schon nach wenigen Wochen rapide
zurück und bekommt grosse Neigung zur Schleierbildung. Nach zwei
Monaten ist es überhaupt nicht mehr möglich, ein irgendwie brauchbares
Bild herauszuholen. Nun erfordert aber der Transport von Neu-Guinea
bis Europa rund zwei Monate. Dazu kommen die seltenen und schlechten
Verbindungen der entlegeneren Punkte der Insel. Die Aufnahmen, welche
Neuhauss dort fertigte, hätten durchschnittlich erst vier Monate nach der
Exposition in Europa eintreffen können. Neuhauss bereitete sich also
von vornherein darauf vor, die Aufnahmen an Ort und Stelle selbst zu
entwickeln. Von den 50 Films (zu je 20 m), die er dort entwickelte, ist
nicht ein einziger missraten. Sechs probeweise nach Europa gesandte
Films waren völlig unbrauchbar.
Das Hervorrufen der Films dort im Lande, ohne Dunkelkammer,
also nur zur Nachtzeit, mit einem Wasser, in dem die Bildschicht jeden
Augenblick zu schmelzen droht, stellt an die Kräfte und Ausdauer des
Reisenden fast übermenschliche Anforderungen. Redner versichert, dass
dies auf der Reise die einzige Arbeit war, der er sich körperlich mitunter
nicht mehr gewachsen fühlte.
Bevor Neuhauss den kinematographischen Apparat in Bewegung
setzte, besprach er kurz einige höchst bedeutsame Gegenstände, die ihm
am Tage vor der Sitzung zugegangen waren.
Deutsch-Neu-Gruinea. 137
Es handelt sich um die kleine Steinfigur und einige verwandte Stücke,
die Redner in der vorigen Sitzung erwähnte. Durch Vermittelung des
Missionars Flierl, des Seuiors der neuendettelsauer Mission, welcher seit
1886 fast ununterbrochen in Deutsch-Neu-Ciuinea wirkte, und der sich
unter den Gästen der heutigen Sitzung befindet, erhielt Redner die drei
kleinen Steingeräte, unter denen sich besonders eins durch ungemein feine
Durcharbeitung auszeichnet. Das Stück ist etwa 20 cm lang, wovon 10 em
auf den als hockende menschliche Figur behandelten Griff entfallen. Die
übrigen 10 em bilden eine löffelartige Rinne. Es kann keinem Zweifel
unterliegen, dass es sich um den steinernen Ersatz des heute von den
Papuas ganz allgemein gebrauchten Spatels aus Kasuarknochen handelt.
Natürlich können derartige steinerne Geräte
niemals allgemeiner verbreitet gewesen
sein, da die ausserordentliche Härte des
grünen Gesteins viele Jahre zur Herstellung
des Gerätes erforderte. Jedenfalls war es
das nur bei feierlichen Gelegenheiten be-
nutzte Werkzeug eines grossen Häuptlings.
Das Stück ist besonders dadurch inter-
essant, dass es über das vor acht Tagen
vorgelegte, von Neuhauss mitgebrachte
Stück volle Aufklärung gibt. Technik,
Gliedmassen der Figur und Gesichtszüge
sind bei beiden Stücken genau die gleichen.
Nur ist bei dem früher vorgelegten der
löffelförmige Ansatz abgebrochen. Man hat
dann die Bruchstelle aufs sorgfältigste ab-
‚geschliffen und das nunmehr seiner eigent-
lichen Bestimmung entzogene Instrument
zu Zwecken der Zauberei verwendet. —
Bei Vorführung der Bewegungsbilder
begann Neuhauss mit den von der Arbeit
heimkehrenden Männern und Weibern. IL nat. Grösse.
Letztere tragen die mit Feldfrüchten ge-
füllten, schweren Netztaschen an einem über den Kopf geschlungenen
Band. Bei einzelnen thront obenauf noch der jüngste Spréssling Die
Männer halten es für unter ihrer Würde, irgend etwas zu tragen, ab-
gesehen von ihren Waffen; man muss auf seiner Hut und für einen un-
vorhergesehenen Überfall gerüstet sein.
Es folgten Kriegsspiele von Kindern und Scheinkämpfe von Er-
wachsenen. Dergleichen Scheinkämpfe werden bei Festlichkeiten veran-
staltet, auch bei ernsten Streitigkeiten im Dorfe, wobei man sich aber hütet,
den Gegner zu verletzen, damit nicht die Blutrache in ihre Rechte tritt.
Dann folgte eine sehr lange Reihe verschiedenartigster Tänze aus
dem Innenlande und von der Küste. Zum Teil wurden diese Vor-
führungen mit phonographisch aufgenommenen Gesängen begleitet.
Hieran schloss sich die Darstellung einer Reihe der verschieden-
artigsten Beschäftigungen, wie Palmklettern, Kochen von Bananen und
138 Neuhauss: Deutseh-Neu-Guinea.
Fischbrut, Bereitung von Sago, Fischen in der Lagune, Fahren mit grossen
und kleinen Booten, Niederschlagen des Urwaldes, Betelkauen, Tabak-
rauchen, Essen, Überschreiten eines wilden Bergstromes auf schwankender
Tianenbrücke, Mimik beim Rufen und Lachen usw.
Der letzte Teil der einstündigen Vorführung wurde eingeleitet durch
das Herstellen von Kuchen aus Kokus uud Tarobrei. Wir sehen die Ein-
geborenen die Kokusnüsse zerreiben, den Rahm auspressen und den Brei
sorgfältig mischen. Die Mischung wird in Bananenblätter geschüttet und
das Ganze verschnürt. 50 bis 100 derartige Pakete bilden das Ergebnis
der Tagesarbeit. Mittlerweile haben andere Leute einen grossen Holz-
stoss entzündet, der über einer mit Steinen ausgepflasterten Grube er-
richtet ist. Der Holzstoss ist niedergebrannt, die Steine sind zur Rotglut
erhitzt und man macht sich daran, die Grube sorgfältig zu reinigen. Zuerst
werden die Kohlenreste mit Bambuszangen entfernt, dann wird die Grube
mit grünen Zweigen ausgefegt. Zum Schluss packt man die Bananenblatt-
Pakete in die heisse Grube und bedeckt das Ganze mit heissen Steinen
und grünem TLaubwerk. Nach 24 Stunden ist der Kuchen durchgebackeu.
Darauf führte Redner verschiedenartige Spiele vor: Schaukeln der
Kinder und Erwachsenen, Kreiselspiel und Abnehmen von Fäden. In
letzterem sind die Schwarzen ungemeiu geschickt nnd wir sehen die
kunstvollsten Figuren vor unseren Augen entstehen.
Ein über 100 m langer Film veranschaulicht die Töpferei am Huon-
golf (Laukanu). Vom Einweichen und Kneten des Tons bis zum Brennen
sehen wir alle Stadien des entstehenden Topfes vor uns. Den Schluss
der Vorführungen bildeten drei verschiedene Methodeu des Feuermachens.
Bemerkenswert ist, dass bei der von den Inland-Kai geübten Methode
schon nach etwa 10 Sekunden dicker Qualm emporschlägt. —
Nebst einem Flötenliede und den Tönen der Balumspfeifen führte
Neuhauss mit dem Phonographen auch noch einige Proben der Trommel-
sprache vor. letztere ist ungemein gut ausgebildet, so dass sich die
Leute die verschiedenartigsten Meldungen auf weite Entfernungen hin
telegraphieren können. Nur ein Beispiel sei angeführt: Plötzlich ist ein
Mann im Dorfe gestorben und seine auf dem weit entfernten Felde be-
findliche Frau soll herbeigeholt werden. Man trommelt also auf der
grossen Signaltrommel: I = Anrufsignal. II = Signal, dass eine Frau ge-
meint ist. II] = Todessignal. IV = Tanztakt des gestorbenen Mannes.
Nun weiss unter den zahlreichen auf dem Felde beschäftigten
Frauen diejenige, welche den Tanztakt ihres Mannes hörte, dass ihr das
Signal gilt und dass ihr Mann gestorben ist.
Höchst überraschend hierbei ist, dass jeder Mann im Dorfe seinen
eigenen Tanztakt hat.
Auch das Einladungssignal zu einem grossen Festschmause bekamen
wir zu hören: Es enthielt für die Festteilnehmer die Meldung, dass es
Hundefleisch uud Schweinefleisch zu essen vibt.
(5) Hr. Herbert Müller:
Uber das taoistische Pantheon der Chinesen.
Der Aufsatz wird später erscheinen.
Sitzung vom 18. Februar 1911.
Vortriige:
Hr. Karl Schuchhardt: Götterkult und Ahnenkult. Mit Lichtbildern.
Hr. Ernst Börschmann: Ein vorgeschichtlicher Fund aus China (Provinz
Schantung) Mit Lichtbildern.
Vorsitzender: Hr. Hans Virchow.
(1) Neue Mitglieder:
Hr. Seminaroberlehrer Ernst Amende, Altenburg,
Frl. Margarete Blau, Marienfelde,
Estländische Litterärische Gesellschaft, Reval,
Hr. stud. med. Fritz Falkenburger, Berlin,
Hr. stud. hist. Martin Jahn, Berlin,
Hr. Dr. med. Max Lau, Berlin,
Fr. Regierungsbaumeister Helene Mandel, Gross-Lichterfelde,
Hr. Sanitätsrat Dr. Müller, Berlin,
Hr. Dr. phil. Wilhelm Planert, Berlin,
Hr. Dr. phil. Ernst Scheffelt, Berlin,
Hr. Dr. med. Erich Spiegelberg, Berlin,
Hr. Ingenieur Albin Stocky, Neu-Bydiov,
Hr. Dr. med. Max Vogel, Basel.
(2) Vorstand und Ausschuss haben beschlossen, die Herren Professor
Romiti in Pisa und Missionar Bamler in Deutsch-Neuguinea, Insel
Rook. zu korrespondierenden Mitgliedern zu erwählen.
(3) Hr. Generalstabsarzt a. D. Weisbach in Graz ist seitens des
Vorstandes zu seinem 50 jährigen Doktorjubiläum beglückwünscht worden
und hat ein Dankschreiben geschickt.
(4) Am 3. Februar ist die Amtliche Stelle für Naturdenkmalpflege
eröffnet worden, wobei die Gesellschaft durch den Vorsitzenden vertreten
war. Der Direktor der neuen Anstalt, Hr. Geh. Regierungsrat Conwentz,
entwickelte bei dieser Gelegenheit in einer längeren Ansprache die Ziele
und Aufgaben der Anstalt, die Mittel zur Erreichung dieser Ziele und
die Beziehungen zu staatlichen und städtischen Behörden, Korporationen
und Privatbesitzern.
140 Staudinger:
(5) Eingegangen ist die Einladung zum VII. Congres prehistorique de
France, welcher am 6. bis 12. August in Nimes unter dem Vorsitz des
Hrn. Armand Vire stattfinden wird.
(6) Hr. Rich. Neuhauss legt
1028 photographische Aufnahmen
von seiner Reise in Deutsch-Neuguinea, auf 134 Tafeln in 6 Mappen ge-
ordnet vor, welche einen Überblick über sämtliche Völkerschaften des
venannten Gebietes geben, und macht dieselben der Gesellschaft zum
Geschenk.
(7) Hr. Curt Strauch legt vor der Tagesordnung die bei einer ge-
richtlichen Obduktion am gleichen Nachmittag herausgenommenen
Geschlechtsteile eines Zwitters
vor. Die (von einem plötzlichen Tode überraschte) Person hatte als Frau
gelebt, jedoch einen ansehnlichen Bartwuchs von männlichem Typus be-
sessen. Es fanden sich Labien und eine lange und dicke, an ein männ-
liches Glied erinnernde Klitoris. Der Uterus war ungewöhnlich klein.
Die Geschlechtsdrüsen waren bis dahin nicht aufgefunden worden.
(8) Hr. P. Staudinger legt vor der Tagesordnung
Funde und Abbildungen von Felszeichnungen aus den alten Gold-
gebieten von Portugiesisch-Südostafrika
vor.
Vor beinahe zwei Jahren trat der durch seine Reisen und geogra-
phischen Aufnahmen in unserer Kolonie Deutsch-Ostafrika bereits gut
bekannte Kapitän J. Spring eine neue Forschungsreise nach Portugiesisch-
Südostafrika an, die sich hauptsächlich in dem Gebiete der alten Gold-
minen bewegte. Wenn auch der Hauptzweck seiner Expedition die geo-
graphische Aufnahme und Erkundung sein sollte, so bat ich Herrn Spring
in Rücksicht auf meine langjährigen Forschungen auf diesem Gebiete,
sein Augenmerk neben ethnographischem Sammeln allgemeiner Art auf
folgende Spezialpunkte zu richten: 1. Auf das Vorkommen alter Glas-
und Steinperlen bei den Eingeborenen, 2. auf alle alten Bronze-. Eisen-
oder gar Goldgerite, namentlich aber Steinwerkzeuge und Waffen,
seien sie auch der primitivsten Art, 3. auf etwaige Inschriften an Felsen
und alten Bauten. Herr Kapitän Spring hatte nun meinen Wunsch nicht
vergessen und mir eine Anzahl interessanter älterer und neuer Gilas- und
Muschelperlen, vorgeschichtliche Funde, die er zum grossen Teil selbst
bei seinen Ausgrabungen machte, sowie Photographien von Felszeich-
nungen, „sogenannten Inschriften“, vor ungefähr Jahresfrist mitgebracht,
wofür ich ihm im Interesse der Wissenschaft auch an dieser Stelle meinen
besten Dank ausspreche. Auf die Glasperlen kann ich heute nicht ein-
sehen, sie zeigen zum Teil Typen, die auch in andern Gegenden Afrikas
zeichnungen aus dem Sahara-
Afrikanische Felszeichnungen. 141
mit alten Berührungen sich finden, sondern ich komme gleich auf die
Felszeichnungen, resp. Kritzelungen zu sprechen, welche Herr Spring
für Inschriften hielt, die aber keinerlei Form von Buchstaben haben und
die man daher nicht als Schriftzeichen ansehen kann. Indessen etwas
Besonderes ist doch bei den zunächst gezeigten zwei Photographien, welche
Herr Spring in Tschikoloni in der Landschaft Manu von Felsen aufnahm
zu bemerken (Abb. 1 u. 2).
IX Sen na, 5 |
E re Ji hi
BA ge
Abb. A
Recht ähnliche Felszeichnungen bildet Desplagnes in seinem für
die Kenntnis der Prähistorie usw. von Afrika so wichtigen Werke: Le
plateau Central-Nigérien unter Abb. 86 ab und auch auf einer der Photo-
graphien oder Zeichnungen, die Frobenius von seiner Reise aus dem
französischen Sudan mitbrachte, glaube ich ebenfalls einige derartige
Zeichnungen gesehen zu haben. Auf so manche Ähnlichkeit der Fels-
und daran anstossenden südlichen Gebiet
142 Staudinger:
mit südafrikanischen habe ich schon früher hingedeutet. In Tschikoloni
hat tibrigens Herr Wiese aus Tschifumbasi, derselbe Herr, dem wir direkt
und zuerst indirekt durch Schweinfurth Berichte und Felszeichnunven,
resp. Abbildungen sogenannter Inschriften verdanken, auch Ausgrabungen
vorgenommen.
Ich komme nun zu einer Felszeichnung, die Spring bei Katzombo
in der Landschaft Tschipeta abnahm (Abb. 3). Um diese „Inschrift“
photographieren zu können, musste er erst Figuren von Menschen und
Tieren (also wohl sogenannte Buschmannszeichnungen?) abwaschen lassen,
die anscheinend mit einem roten, weichen Stein, von welchem er mir
ein Stückchen mitbrachte, auf den Felsen gemalt waren. Die Über-
malungen waren leicht abwaschbar, während die hier gezeigten Zeichen
unverwischt blieben, also zu einer vanz anderen, viel früheren Zeit und
wohl auch von einem andern Volke gemacht waren.
Auch hier kann man keine eigentlichen Buchstaben herausfinden,
aber sie zeigen doch einen andern Charakter, als die vorher gebrachten
und gehen vielleicht über eine planlose Kritzelei hinaus, und es ist nicht
absolut von der Hand zu weisen, dass einige Marken und Zeichen eine
gewisse Bedeutung hatten, die vielleicht den Arbeitern in den Gold-
bergwerken oder sonst eingewanderten Leuten verständlich war. Nament-
lich möchte ich die, worunter ich ein a, b und c gesetzt habe, eventuell
auch noch einige andere dafür ansprechen. Aber als Inschriften im Sinne
des Wortes kann man diese Felsbemalungen nicht ansehen. Eher kann man
die von Herrn C. Wiese aufsefundenen Zeichnungen, von denen die eine,
sehr interessante, auf S. 538 des Jahrgangs 1896 abgebildet ist, als solche an-
sprechen, sie würde aber mehr unter die Gruppe der Hieroglyphen fallen.
Es bleibt also für die alten Goldbezirke in Sül-, resp. Südostafrika. wo so viele
alte Minengänge und eine Anzahl noch unerklärter Bauten gefunden sind,
nur die Schlichtersche Inschrift. Ich erwähnte (dieselbe auf a 917 im
Jahrgang 1906 unserer Zeitschrift, allerdings damals mit dem Bemerken,
dass sie mir nicht zu Gesicht gekommen sei. Jedoch bald darauf wurde
ich in liebenswürdiger Weise von Herrn Andree-München und besonders
F.E.Peiser-Königsberg darauf aufmerksam gemacht, dass die von dem leider
zu früh gestorbenen Dr. Schlichter in Inyanga gefundene Inschrift ab-
gebildet wurde, und zwar im 1. Jahrgang der von Peiser herausgegebenen
Orientalischen Literatur-Zeitung und unter dem Titel „Die erste Inschrift
aus den alten Ruinenstätten Südafrikas“ von C. F. Seybold, Tübingen,
besprochen worden ist. Leider konnte mir dieser Herr sonst keine
näheren Angaben darüber machen, da Schlichter sehr bald nach seiner
Entdeckung starb.
Ich gebe hiermit (Abb. 4) eine Kopie der fünf Zeichen. Leider sind
es ja nur fünf, und mit fünf Buchstaben (als solche möchte man sie doch
wohl bezeichnen, wenn man sie nicht als eine eigentümliche Bilderschrift
ansehen will) lässt sich wenig machen. Schlichter fand den Stein in
einem Torbogen horizontal eingesetzt und er schreibt an Professor
Seybold, dass er nicht wisse, welche Seite die obere oder die untere sei.
Ich sollte meinen, dass so wie Seybold die Inschrift wiedergibt. die Lage
Afrikanische Felszeichnungen. 143
richtig ist, denn ein gleichschenkliges Dreieck als Buchstabenzeichen wird
man doch nicht mit der Spitze nach unten abbilden. Dieses, sowie die
Stellung der beiden letzten Zeichen spricht auch gegen die auf S. 261 in
Nr. 8 desselben Jahrganges von W. M. Müller geäusserte Möglichkeit der
vertikalen Richtung der Schriftzeichen. Wohl kann es aber fraglich sein,
wenn der Stein nachträglich eingesetzt, d. h. also die Inschrift nicht an
Ort und Stelle gemacht wurde, ob die Richtung von vorn nach hinten
richtig ist, d. h. ob die Buchstaben von rechts nach links oder umgekehrt
zu lesen sind. Auf die Ausführungen von W. M. Müller, ob man es mit
einer vorlybischen Schrift zu tun habe, und die interessanten Auslassungen
der Redaktion kann ich hier nicht eingehen. Die Annahme Müllers
aber, dass man doch nicht an eine Verbindung der so entfernten Gegenden
(Lybien und Südafrika) denken dürfe, ist für mich persönlich und wohl
für manchen anderen auch nicht hindernd; wir wissen noch nicht, welche
Wanderungen vom Norden nach dem Süden von Afrika stattgefunden
haben, und die Möglichkeit der Beeinflussung desselben durch auf dem
Landweg gekommene Einwanderer, liegt (ganz abgesehen von den von
der Küste, also auf dem Seeweg eingedrungenen) vor. Auch andere nıeiner
Bekannten, darunter ein grosser Schrift-
gelehrter, vermochten diese Zeichen nicht IN ER _)
zu entziffern, es sollen ähnliche primitive
Buchstaben auch bei asiatischen Völker-
schaften vorkommen. Kürzlich hat einer Abb. 4.
meiner Bekannten das Dreieck und den
vierten Buchstaben als gewisse bildliche Darstellungen aus dem Sexualleben
gedeutet, aber dann würden die anderen Zeichen nicht erklärt sein, und
es bleibt also auch eine gewagte Hypothese.
Ich komme nun zu den Stücken, welche Herr Spring teilweise unter
dem „Inschriftfelsen“ ausgrub, oder in den alten Minengängen fand. Ein Teil
der Gegenstände ist nach Springs Angaben in einer Tiefe von 5—6m
in Tschikoloni (Landschaft Manu), ein anderer in 3 m Tiefe in Katzombo
(Landschaft Tschigela) gefunden worden. Es sind zunächst eine Anzahl
von Pfeilspitzen, Messerchen, Kratzern, Kernstücken aus Quarz resp. Berg-
_ krystall, wie sie an verschiedenen Stellen in Südafrika auftreten und wie
sie teilweise von Randall Macıver, mit dessen Ansichten über das Alter
der Ruinen von Zimbabwe etc. ich nicht übereinstimme, in seinem Werke:
Mediaeval Rhodesia auf Tafel XII. abgebildet sind. Das grösste der mir
überbrachten in einem Minengange gefundenen Stücke aus Urgestein, das
als „Schraper“ bezeichnet wurde, zeigte keine deutlichen Spuren der Be-
arbeitung, kommt daher vorläufig nicht in Betracht. Von derselben Stelle
wie der letzterwähnte Gegenstand stammt auch der durchbohrte runde
Stein, ein Steinhammer, wie er dort genannt wird (Abb. 5). Wir kennen
diese durchbohrten, runden, oft beinahe kugeligen Steine aus Südafrika,
wo sie von den Buschleuten zum Beschweren der Grabstöcke benutzt
werden, womit sie hauptsächlich eine kleine Zwiebel, ontjes, aus der Erde
graben. Selbst gemacht haben sie die Buschleute wohl auch früher in
alten Zeiten nicht und ihr ursprünglicher Zweck war wahrscheinlich ein
144 Staudinger:
anderer Aber auch in Ostafrika östlich der Seen sind diese Zeugen aus
der Vorzeit, deren Herkunft den Negern natürlich unbekannt ist, gefunden
worden. Es ist möglich, dass die Steine als Waffen, d. h. als Keulenköpfe
gebraucht wurden. So erhielt ich neulich aus Basel eine Anfrage, ob ich
mit Leder bekleidete Steinkeulen aus Englisch-Ostafrika (Viktoria Nyanza-
gegend) kenne. Es mag sich eben jemand mit einem solchen Stein eine
Waffe gemacht haben, vielleicht waren solche früher bei einigen Stämmen
überhaupt allgemeiner. Hingegen hier in den Landschaften der alten
troldbergwerke werden sie wohl nicht mit Unrecht als Hämmer, richtiger
„Zerklopfer* bezeichnet. Sie treten in grossen Mengen dort auf. Das
vorliegende Stück macht ganz den Eindruck, dass es zum Zerklopfen be-
nutzt worden ist. Es wiegt etwa 2 Pfund und hat einen Durchmesser von
etwa 10 cm.
Spring erhielt eine recht interessante Mitteilung von einem genauen
Kenner des Landes. einem Ingenieur van (iracht, über die Ruinen in
Se
Abb. A. Abb. 6. Abb. 7.
Maschonaland. bei denen dieser vier Bauperioden unterscheidet. Viel-
leicht kann ich ein anderes Mal auf die Aufzeichnungen zurückkommen.
Über dieWerkzeuge in Ophir (dieser Name hat sich natürlich bei vielen jetzt
für die genannte Gegend eingebürgert) äussert sich van G. dahin, dass ausser
eisernen auch Steinwerkzeuge viel gebraucht wurden. Als letztere gibt
er Hammer, Beile, Keile und Schraper an und schreibt, dass das
Gewicht der Hammer zwischen "1. und 50 Pfund variiere. Die letzteren
wären also ungemein grosse und schwere Stücke! Die Durchbohrung des
vorliegenden Hammers ist gut.
Als einen wohl noch sehr wenig bekannten Gegenstand muss ich
Ihnen den vorliegenden bearbeiteten Stein (Abb. 6) vorweisen. Die
Oberfläche und Unterflache sind eben, die vier Seitenflächen zeigen
aber geringe Vertiefungen zum bessern Festhalten mit den Fingern.
Das Stück liegt sehr gut in der Hand und wurde wahrscheinlich zum
Zerpochen des goldführenden Gesteins benutzt. Der Reisende grub es
in Katzombo in der Landschaft Tschipeta aus. Es ist sehr handlich und
man kann es gut mit den Fingern umfassen. Ein kleinerer, weit roherer
Klopfer aus Quarz wurde in Tschifumbasi gefunden. Es sollen noch
Cioldspuren daran gewesen sein, ebenso wie man ja in den Schmelz-
Prähistorische afrikanische Funde. 145
tiegeln dort noch mitunter Gold findet. In den Felsen am Flusse treten
inuldenartige Vertiefungen auf, wo das schon in kleinere Stücke zer-
schlagene erzführende Gestein zerklopft und mit Flusswasser ausge-
schlemmt wurde. Auf noch zwei andere unscheinbare Steine möchte ich
Ihre Aufmerksamkeit lenken. Der eine ist ein ovaler auf einer Seite
flacher und ganz glatter Kiesel, wie sie in Flussgeröllen usw. liegen. Auch
er wurde ausgegraben, doch dienen ähnliche noch heute zum Polieren der
Töpfe und heissen Kulundu. Ein kleiner runder Stein, dessen Benutzung
man deutlich sieht, soll zum Einschlagen von Zeichnungen in den Felsen
benutzt sein.
Aus den alten Minengängen in Manu stammt auch dieser (Abb. 7)
Kegel aus gebranntem Lehm, der an der Basis eine runde Vertiefung
besitzt. Er wurde mir als „Gussform“ bezeichnet. Es ist nicht ganz be-
stimmt, wozu er gedient hat. Vergeblich sah ich mich nach ähnlichen
LN
e
r
e
e
e e,
or A x
e. e e Eë gë gg gg E fr
Abb. 8 u. 9.
Stiicken um. In Lindau im Museum fand ich ein solches nicht gar zu
verschiedenes prähistorisches Objekt, das man als Gewicht für einen
Webstuhl ansah. Ich halte diese Bestimmung für fraglich und in diesem
Falle kommt die Vermutung nicht in Betracht. Vielleicht war es das
Kernstück zu irgend einer Gussform.
Drei Topfscherben erhielt ich ebenfalls aus Manu. Ich zeige Ihnen
hiermit zwei mit gut erkennbarem Verzierungsmuster. (Abb. 8 und 9).
Eine Altersbestimmung ist schwer möglich. Ähnliche Ornamente sieht
man auch in Europa bei prähistorischen Gefässen und vielleicht auch jetzt
noch in Afrika.
Ich gehe nun zu den Metallfunden über. Da ist eine sehr gut er-
haltene und schön ausgeschmiedete Pfeilspitze, die in Tschiwesi in der
Landschaft Tschipete ausgegraben wurde. Sie ist ohne Rost! Unter Um-
ständen kann sich ja auch Eisen im Boden gut halten. In nicht so
gutem Zustande befindet sich das Bruchstück eines dünnen eisernen
Armringes.
Von Herrn Wiese rühren Perlen aus Bronze oder Kupfer her; sie
Zeitschrift für Ethnologie. Jahrg. 1911. Heft 1. 10
146 Staudinger:
wurden im Mazoeriver, einem Nebenfluss des Luenja, der sich in den
Zambesi ergiesst, von Goldwiischern gefunden, da sie sich in den Wasch-
kästen festgesetzt hatten. Auch Goldperlen sollen dort noch vorkommen.
Von derselben Stelle stammen kupferne oder bronzene Häkchen mit
konischem Kopf, d.h. als Häkchen erscheinen sie jetzt, wahrscheinlich
sind es aber Ziernägel, welche in Leder oder dünnes Holz geschlagen
waren und deren Spitze dann umgeschlagen wurde. Das Leder oder
Holz verfaulte und die Nägel blieben übrig. Ein paar Ohrringe, welche
ich vorlege, zeigen ein feines, an indische, bzw. arabische Formen er-
innerndes Muster, sie können älter sein, mögen aber auch noch heute von
den Eingeborenen getragen werden. Es ist sehr bedauerlich, dass von
den feinen aufgefundenen Goldarbeiten so wenig nach Europa und nach
Deutschland wohl gar nichts gekommen ist, und so viel ich weiss, noch
nichts davon richtig abgebildet und beschrieben wurde. Der frühere
(toldreichtum dieser Gegenden ist als sehr bedeutend anzusehen, selbst
Eisen soll mit Gold verziert worden sein; bei den Skeletten fand man
öfters Goldschmuck, aber die Funde scheinen nicht in die richtigen Hände
gelangt zu sein.
Mau hat versucht das gewonnene Gold nach den abgebauten Gängen
der Minen an den ungemein zahlreichen Stellen zu berechnen und ist
auf grosse Summen gekommen. Spring stellte fest, dass die Grenzen
des alten Goldgebietes noch über den Zambesi nördlich hinausgehen,
weiter nordöstlich in Katanga haben wir die grossen Kupferlager, die
auch schon seit alten Zeiten von Eingeborenen abgebaut wurden, mehr
südwärts in Transvaal sehr viel Eisen und auch Kupfer. Selbst Zinnlager
hat man dort entdeckt. Vielleicht sind auch diese schon im Altertum
ausgebeutet worden. Ich verdanke ferner Herrn Spring die Grundrisse
verschiedener Gehöfte mit Wohnhäusern und Sklavenkasernen, die teilweise
sich noch im Besitze der Nachkommen der früher eingewanderten Portu-
siesen befinden, die sich natürlich mit den Eingeborenen vermischten.
Ein anderes im Grundriss abgezeichnetes viereckiges Gebände ist vielleicht
wesentlich älter.
(9) Derselbe spricht vor der Tagesordnung über das
Bruchstück eines westafrikanischen Riesensteinbeiles.
Von Südafrika wende ich mich nach der Goldküstenkolonie inı Westen
des dunklen Erdteiles, also einem Gebiete, wo ebenfalls schon in grauer
Vorzeit das glänzende Metall gewonnen wurde und deshalb eine gewisse
Kultur bestand. Aber was ich Ihnen heute zeige, soll nur eine Ergänzung
der früheren Demonstration eines riesigen 55 cm langen Steinbeiles aus
der Landschaft Akem sein. Damals blieb die Frage offen, ob es sich um
ein Gebrauchswerkzeug oder wirkliche Waffe oder nur um ein Zere-
monialgerät handle. Dr. Fisch-Aburi, dem auch dieses etwa halb so
grosse Bruchstück gehörte (es ist nun nach dem Baseler Museum über-
gegangen, wo der sehr eifrige Professor Rütimeyer für Afrika wirkt),
meint, dass an einem neuerdings aufgefundenen ähnlich grossen Stück
Zinnschmelzen afrikanischer Eingeborener. 147
Spuren der Benutzung zu sehen seien und neigt zur Ansicht, dass derartige
Beile wohl zum Bearbeiten weicher Hölzer (z. B. wie desjenigen des dort
vorkommenden Seidenwollbaumes (Ertodendron anfractuosum) gut benutzt
werden konnten. Grosse steinerne Gebrauchsbeile oder Hacken scheint
es an verschiedenen Stellen in Westafrika gegeben zu haben. Die Frage
des Zweckes bei dem vorliegenden Stücke ist noch nicht ganz geklärt.
Im übrigen verweise ich auf meine Ausführungen in der Zeitschrift
Bd. 40, 5. 809—813.
(10) Derselbe spricht vor der Tagesordnung über das
Zinnschmelzen afrikanischer Eingeborener.
Nun gelange ich zur letzten meiner heutigen Vorlagen, die aus einem
weiter im Innern gelegenen Gebiet stammt, nämlich Zinnstäben aus
Bautschi, sowie der Skizze eines Zinnschmelzofens.
Über diese hochwichtige Tatsache, dass Zinn in Innerwestafrika von
den Eingeborenen verhüttet und dann als Rohzinn weiter verhandelt
wurde, um von anderen KEingeborenen verarbeitet zu werden, habe ich Ihnen
schon früher berichtet und Ihnen auch schon Zinnstäbe vorgelegt, die ich
mir vor etwa zehn Jahren auf eine mühevolle Weise durch den sich da-
mals in Akkra aufhaltenden G. A. Krause verschaffen liess, der Haussa-
händler mit der Besorgung der Stäbchen beauftragte, welche aus einer Ent-
fernung von 1200 bis 1500 km herbeigeholt werden mussten. Aber heute
bin ich in der glücklichen Lage, Ihnen Zinnstäbe vorzuführen, die ich
einem Herrn verdanke, welcher sie selbst, nachdem er das Ausschmelzen
der Erze beobachtet hatte, an Ort und Stelle von den Eingeborenen er-
warb. Ich hatte Herrn Hanns Vischer, Direktor des Erziehungswesens
in Nord-Nigerien, bekannt durch seine Reise von Tripolis durch die
Wüste nach dem mittleren Sudan, eine kleine Wunschliste übersandt
für Beobachtungen bzw. Sammlungen in dem Gebiete seines Wirkungs-
Kreises, die sich in erster Linie auf alte Glas- und Steinperlen, Steinzeit-
und alte Bronzefunde bezog, und auch um die genauere Erkundung der
Zinnverhüttung durch die Eingeborenen, sowie einer vorläufig noch nicht
erledigten, damit unmittelbar zusammenhängenden Frage gebeten. Ich
war schon vor 19 oder 20 Jahren durch das häufige Auftreten von
zinnernen Verzierungen auf Pfeifen, Messerscheiden usw. auf die Ver-
mutung gekommen, dass die Eingeborenen in Westafrika selbst an irgend-
einer Stelle Zinn gewinnen müssten, und ein Jahr darauf wurde auch durch
einen Bericht von Macdonald bestätigt, dass am Benué englische Agenten
yon Eingeborenen das Metall aufkauften. Ich wartete aber mit der Ver-
öffentlichung darüber noch drei bis vier Jahre, bis ich genauere Nach-
richten hatte, und der Übersichtlichkeit wegen gebe ich hiermit an, wo
einige der kurzen Bemerkungen von mir über diesen Punkt zu finden
sind. 1. In den Verhandlungen unserer Gesellschaft für A. E. u. U. Bd. 29,
1897, S..97; Bd. 34, 1902, S. 247; 2. in der Deutschen Kolonialzeitung,
Jahrgang 1899, S. 34; 1902, S. 238; 3. in den Verhandlungen des Inter-
nationalen Geographenkongresses 1899, Bd. 1, S. 60.
10*
148 Staudinger:
Ich bin nun Herrn Vischer zu ganz besonderem Danke verpflichtet,
dass er sich noch kurz vor seiner Reise nach Europa die Mühe der Be-
obachtung machte, denn bald wird die Zinnschmelzerei der Eingeborenen
wohl aufhören. Seit einer Anzahl von Jahren sind nämlich englische
Zinnminengesellschaften in den Nigerbenueländern gegründet worden, und
die Industrie der Europäer wird die der Schwarzen verdrängen.
Der Zinnschmelzofen lag in Riruwei in Bautschi. Gerhard Rohlfs,
der hochverdiente Afrikaforscher, erwähnt in seinem Werke über seine
grosse Reise einen Ort Rirue in Sokoto (der Name ist wohl identisch mit
dem ebenangeführten), von wo Zinn kommen solle, aber die Nachricht
77 f AAR e Geer Lf Ze /
LAN H W hh. N NN 0 — > AAAAAA A KIT, e WELLL
(GME SWAY e LE NUNG
d Fr AAA IN JR PERS NN N WM? k 07 , A a HS EP, Le
= DIL: NEID WEN} Ws, WY, NM Me 7% I E
- (#7 dem KAN vu f = >
Nf GR Le Ni NE, ` N W DR bk IE: GC
N NRAN RR EN N Za Ne >
\ NAD) ay P54 e HR NEN LF;
CW At 7/417 \ RN (Y Uy Sy Sc
SANS WAVY Y = Ae x Wul Ms at e vs 4 Ze
NN EN AL RA A d Au PIS \ at 4 e \\\\)1 D `
e WSA e S ARAON Be E UN,
ZS NONA T, e: A - BSS) te IE IN x Së rer ANS
Af hp JAKE TN As Wë A BA H TOT n bs ae 2 ` PS NSS ~
Ly, GEH RUND Sr Zune | Og A MEIDEN
Ee al BR Des ee NZ EIN I
CA “ich (HG TAAN SC ec, Sé oa BI ALL)
GEN A Sal
de Á bai
A a e K WI e
7 Ir GG
[> ey A
Wéi TANS oe ary a WE
ee ee
`
"A
D e . _ < :
at ns
5 s ‘
d ay La? ~~
ke SES >) ae at 5
Abb. 10.
war recht unbestimmt und wurde von den meisten Lesern des Buches
übersehen, ebenso wie auch die Notiz aus dem alten, vor etwa 240 Jahren
erschienenen Sammelwerk Dappers, wo man Zinn bereits als ein Aus-
fuhrprodukt einer Landschaft der Westküste von Afrika genannt findet.
Wir werden bald in einer sehr interessanten Arbeit von Herrn Pfarrer
Dahse noch einen anderen Punkt in Westafrika kennen lernen, wo Zinn-
erze auftreten. Es ist nun möglich, dass noch andere Zinnfundstellen in
der Gegend, vielleicht auch mit demselben Namen Rirue oder Riruwei
vorhanden waren, denn die Zinnschmelzer wurden verschiedentlich ver-
trieben. Ich gebe zunächst die nach der Skizze von Vischer von Wil-
helm v. d. Steinens Meisterhand umgezeichnete Abbildung des Zinn-
schmelzofens, und lasse den Bericht, den mir Herr Vischer von Afrika
mit der Schreibmaschine geschrieben sandte, wörtlich folgen und füge nur
einige Fussnoten und kurze Erklärungen als Anmerkungen hinzu.
Zinnschmelzen afrikanischer Eingeborener. 149
Notizen über das Zinnschmelzen der Eingeborenen in Riruei
(Riuwei) Bautschi, Province Northern Nigeria.
Geographisch: Riruwei, auch Liruwei') genannt und geschrieben, be-
findet sich in der westlichen Ecke der Provinz Bautschi, ungefähr halb-
wegs zwischen Bautschi?) (Yakuba) und Zaria (Saria). 40 Am nördlich
von diesem Riruwei liegt ein zweites Riruwei, von den Eingeborenen
auch Riruwei Kano genannt. Diese beiden kleinen Städte sind von
Hügeln und Felsen ungeben.
Geschichtlich: Die Leute vom südlichen oder Bautschi Riruwei kamen
vor ungefähr 50 Jahren von dem nördlichen Orte. Nach langen Kämpfen
zwischen Kano und Ningi, in welchen die Riruwei Leute als Kano-Bürger
auf der Seite Kanos fochten, yvaben die Leute schliesslich die nördliche
Stadt auf und kamen nach Süden in das Gebiet von Bautschi, um hier
ihre Zinnindustrie weiter zu treiben, oft gestört durch beständige Fehden.
Im nördlichen Riruwei zeigt man mitten in der ummauerten Stadt, hinter
dem Hause des Häuptlings einen tiefen Schacht. Hier sagen die Leute
gruben die Ureinwohner von Riruwei, Heiden, nach Zinn. Die Kano-Leute
hatten diese vertrieben und nalımen den Handel und das Schmelzen von
Zinn für sich, jedoch gruben sie nie selbst nach dem Metall. Die wilden
Heidenstämme von den benachbarten Hügeln, oder die Viehzucht treibenden
Fulani brachten die Zinnerde zu den Schmelzöfen von Riruwei, um dafür
Geld oder Tauschwaren zu empfangen. Brauchte man Geld in die Haus-
haltung für neue Kleider oder dergleichen, so ging man die Flüsse oder
Bäche entlang, sammelte dort die angeschwemmte Erde und trug sie,
nachdem sie ausgewaschen war, nach Riruwei. Die Riruwei-Leute sind,
wie gesagt, Kano-Bürger und haben bis zur Stunde alle ihre Häuser in
Kano. Die umwohnenden Heiden sind Sangawa. Die Riruwei-Leute
wurden verdrängt aus ihrer nördlichen Stadt durch die Ningi, im Osten,
vor 50 Jahren. Später wurden die Ningi endgültig von Riruwei ge-
schlagen, die Zinnindustrie wurde aber in der alten Stadt nicht wieder
aufgenommen.
Handel: Es scheint mir zweifelhaft, ob Zinn früher je von hier über
die Grenzen Afrıkas kam. Dagegen bin ich überzeugt, dass durch die
Haussa-Händler Zinn von hier bis an den Nil und nach Ashanti und
Benin, nach Timbuktu und selbst bis Tripoli exportiert wurde. Später
kauften die Faktoreien am Binue die Zinnstäbchen und heute arbeitet
eine ganze Reihe von Gesellschaften mit einem Kapital von zwei Millionen
Pfund an der Eröffnung und Bearbeitung von Zinnminen.
1) R. u. L. wird bei den Haussa, wie bei vielen Afrikanern häufig ver-
wechselt bzw. von Ungebildeten falsch ausgesprochen.
2) Bautschi oder Garun Jakuba-n-Bautschi ist die Hauptstadt des gleich-
namigen Reiches, d h. einer Provinz von Sokoto. Seine Grenzen erstrecken sich
bis über den Benin hinaus. Die Stadt soll nach Berichten von Rohlfs damals
sehr bevölkert gewesen sein. Nur ein Teil der Bewohner sind muhammedanische
Haussa bzw. Fulla, die meisten der Bewohner sind noch freie oder unterworfene
Heiden, Gari h. = Stadt, also eigentlich Gari-n-Jakubu.
150 Staudinger:
Schmelzprozess der Eingeborenen (Haussas) in Riruwei: Die Zinn-
erde wurde längs den Bächen zusammengetragen und von den Leuten
selbst gewaschen. (Haussa-Name: Kuza).
Dann wurde die Erde, d. h. die Stücklein Cassiterit im Holzmörser
(turmi) zerstossen. Darauf mit etwas Wasser vermischt zu einem Teig ge-
macht und in kleinen Klössen aufs Feuer gelegt. War das so heraus-
geschmolzene Metall nicht gut, so
wurde es abermals in Mörsern zer-
stossen!) und geschmolzen. Dann
kam das Zinn in einem irdenen
Topf, (kasko) Abb. 11, (der Topf
wird anscheinend im zerbrochenen
Zustand benutzt), nochmals übers
Feuer und wurde von da, wenn
flüssig, mit einem Gurken löffel”),
Abb. 11 u 12. Abb. 12, ausgeschöpft und in die
Form gegossen. Als Stäbchen war
es dann bereit für den Export. Die Form war aus Asche mit Wasser
zu einem Teig geknetet und auf einen länglichen Haufen geschichtet.
Die Oberfläche war schräg abgeflacht und dann wurden eine Anzahl Gras-
halme in gleichen Abständen darauf gelegt. Die Grashalme wurden dann
wiederum mit Erde zugedeckt. Wenn beinahe trocken, wurden die Gras-
halme herausgezogen. Oben wurde eine Rinne freigelassen, und in diese
Rinne wurde dann das flüssige Zinn gegossen’), Abb. 13.
Der Schmelzofen, siehe S. 148. Aus Lehm gebaut und gegen 2'/, bis
3 Fuss vom Boden. Der Mann rechts hat zu seiner Rechten einen Haufen
feuchter Zinnerde, die er in kleinen Klössen auf das Feuer legt. Die
zwei Männer links arbeiten an je zwei aus Ziegenfell genähten Blasebälgen,
die abwechselnd ausgedehnt und zusammengedrückt werden. Dies muss
1) Hier ist vielleicht die Zinnschlacke bzw. das angeröstete Erz gemeint.
Schon richtig ausgeschmolzenes Zinn kann man wegen seiner Zähigkeit nicht
mehr zerstossen, höchstens mit Beilen zerhacken.
2) Es ist ein aus einem Flaschenkürbiss (Lagenaria) gemachter Löffel gemeint;
einen solchen Naturlöffel nennen die Haussa lude, während der geschnitzte, dem
unsrigen ähnliche Löffel tschokalli heisst. Man sollte nun annehmen, dass ein
solcher Kürbisslöffel schnell durch das geschmolzene Zinn verbrannt würde, aber
vielleicht wird er feucht erhalten, und dann hält ein solcher Löffel doch wohl
kürzere Zeit.
9) Die Zinnstäbe, welche ich sowohl durch Krause bzw. die Haussa erhielt,
als auch später von englisch deutscher Seite hatten genau dieselbe Form.
Zinnschnielzen afrikanischer Eingeborener. 151
äusserst geschwind gemacht werden, um die Luft durch die Höhlung bis
in den eigentlichen Schmelzofen zu stossen. Diese zwei Leute werden
daher beständig abgelöst. Ist genug Erde vorhanden, so geht das
Schmelzen Tag und Nacht fort. Der Schmelzofen, oder der Schmelz-
kamin ist von unten bis oben mit Holzkohle gefüllt. Das geschmolzene
Zinn wird in einer Höhlung ungefähr drei Fuss vom Ofen angesammelt.
Ob irgendwelche Säuren!) von den Eingeborenen gebraucht werden,
konnte ich nicht erfahren. Ich schreibe hier genau nieder, was mir die
Leute in Riruwei, wo ich das Schmelzen beobachtete, sagten.
Riruwei, August 1910. Hanns Vischer.
Der Schmelzofen ist nach dem Grundriss (Abb. 14) und einer andern
Zeichnung zu urteilen, anscheinend von einer Rohr- oder Grashiitte um-
geben. Ich unterliess deren Wiedergabe, da mir ihre Konstruktion nach der
Zeichnung nicht ganz klar ist. Der Ofen ist wesentlich niedriger und roher
im Bau als die Eisenhochöfen, namentlich
aber verschieden von denjenigen besonders
gut für afrikanische Verhältnisse hergestellten,
die ich Ihnen in der Abbildung aus dem
J.emaireschen Werke gelegentlich der Er-
örterung über die Eisenindustrie zeigte (vgl.
unsere Zeitschrift Jahrgang 1909, S. 101/4)
oder gar von den Öfen zum Kupferschmelzen
in Katanga, über die ich. seit längerer Zeit
Angaben und Skizzen besitze. Es liegt eben i
auch keine Notwendigkeit für die Eiu-
geborenen vor, höhere oder kunstvollere Öfen
zu bauen, da ja Zinn bekanntlich bei einer
weit niedrigeren Temperatur als Eisen schmilzt. Weshalb die Leute nun
in so schmalen, grashalmdünnen Formen das Erz giessen, erscheint nicht
ohne weiteres verständlich. Vielleicht geschieht es, um es leichter zur
Folie zu schlagen, d. h. breit verhämmern zu können. Als jetzigen Preis,
der wohl durch die englischen Faktoreien beeinflusst ist, gibt Vischer
für etwa 100 Stäbchen im Gewicht von etwa 1 Pfd. à 500 g 1 Schilling
= 1200 Kauri an. Das Wertverhältnis von Kauri zum Bargelde schwankt
natürlich je nach der Gegend.
Das wäre also für ein Stäbchen à 5 g Gewicht im Durchschnitt
‚1 Pf., also nach europäischen Verhältnissen nicht zu billig, vielleicht wird
aber der Preis nicht in bar, sondern in Waren gezahlt. Bei den Angaben
über den Handel möchte ich bemerken, dass es eben früher nicht bekannt
war, dass Zinn doch über die Grenzen Afrikas kam. Ob es durch Haussa
vertriebenes Zinn war, ist natürlich fraglich, ebenso aber auch, ob sie es
nach Timbuktu brachten, wohin zur Zeit meines Aufenthaltes im Haussa-
land keine direkte Verbindung mehr von dort aus bestand; einen Handel
mit gewissen Produkten vermittelten die Tuareggs. Auch der Export
Abb. 14.
1) Säuren sind für den Schmelzprozess nicht nötig.
152 Staudinger: Zinnschmelzen.
nach Tripolis dürfte aus verschiedenen Gründen nicht praktisch sein. Ein
Handelsplatz der Nigergesellschaft für Zinn am Benu& war Lau. Welches
grosses Interesse und welche Wichtigkeit die Feststellung hat, dass Zinn
schon seit Hunderten, vermutlich auch schon Tausenden von Jahren in
Westafrika gewonnen wurde und dass auch in Südafrika bei den alten
Goldbergwerken, d.h. nicht zu weit davon, ebenfalls Zinn auftritt, soll nur
angedeutet werden. Vielleicht wird die Frage, woher .die Leute im Alter-
tum einen Teil des Zinnes erhielten, in nicht zu ferner Zeit geklärt.
Ich möchte nun, da wir einmal das Altertum erwähnt haben, kurz
mit einigen Worten auf die jetzt durch alle Zeitungen gehenden Nach-
richten über Funde des Herrn Leo Frobenius und die Entdeckung des
sogenannten Atlantis zurückkommen. Atlantis in dieser jetzt genannten
Lesart ist nur ein Schlagwort, wie es mitunter auch in Verlegenheit von
dem verschwundenen Erdteil Lemurien gebraucht wird.
Dass an der Westküste von Afrika, z. B. Goldküste, Aschanti, Da-
homey, Benin usw. und im Innern eine gewisse alte Kultur gewesen ist
und diese Länder von fremden Völkern berührt wurden, haben diejenigen,
die sich darum kümmerten, schon längst geglaubt und vermutet. Auch
Orte in Yoruba und Nupe gehören dazu, wie ich des öfteren in Gegenwart
von Herrn Frobenius besprach. Wenn nun der Name unseres Altmeister
Bastian neulich in der Weise erwähnt wurde, dass man auf irgend eine
Gleichgültigkeit oder Unterlassungssünde seinerseits für jenes Gebiet, resp.
für Benin und Yoruba schliessen konnte, so möchte ich hier ausdrücklich
feststellen, dass Bastian schon vor 24 Jahren, bald als ich von meiner
innerafrikanischen Reise zurückgekehrt war, auf die Wichtigkeit und
Notwendigkeit der Erforschung gewisser Städte in Yoruba hinwies und
mich für eine Reise dorthin zu gewinnen suchte. Aus damals leicht er-
klärlichen Gründen ging es nicht. Ehe man nun zu einem Urteil über
die Wichtigkeit der Funde kommt, muss man sie sehen, namentlich den
erwähnten Poseidonkopf!) und die Fayencen. Von der Giesskunst der
Yoruba berichtete ich vor Jahresfrist gelegentlich eines besonderen Falles.
Auf die Glasindustrie der Nupe wies ich schon früher hin. Die Granit-
säulen bei Ifé usw. sind bereits von den Engländern beschrieben und ab-
gebildet (Elgee und Denett). Letzterer glaubt, dass sie von in Portugal
zu Handwerkern erzovenen Negern gemacht seien. Ich habe hier zwar eine
Kopie, aber man kann daraus nichts Endgültiges entscheiden; man müsste
namentlich den viereckig beschlagenen Stein, der auch in „Nigerian
Studies* abgebildet ist, sehen; es ist möglich, dass die runde Säule und
der eckige Stein von ganz andern Meistern stammen als die steinerne Naclı-
bildung eines Elefantenzahnes und eine eigentümliche konische Säule, bei
der viele an den Phalluskult denken werden. Ein steinerner Stuhl aus
Ife, sowie rohe Skulpturen, nicht sehr entfernt von der Gruppe der durch
Rütimeyer beschriebenen Köpfe aus der Sherbrogegend, sind ebenfalls
1) Nach der Niederschrift dieser Zeilen bekam ich Kenntnis von der im
„Burlington Magazine, London“ erschienenen Veröffentlichung über die genannten
Gegenstände. Nach der Abbildung hat der von den Eingeborenen verehrte Kopf
ganz das Aussehen der Beninköptfe.
Börschmann: Vorgeschichtlicher Fund aus China. 153
bereits abgebildet. Ich kann nur nochmals auf die epochemachenden
Steinzeitfunde der Franzosen ın den letzten Jahren hinweisen, so z. B.
auch auf die von Flamand beschriebenen sogenannten Eulenkopfsteine
aus der Zentralsahara, deren Abbildung man mit dem in unserem Museum
befindlichen Gesichtspfeilerstein aus Old Calabar vergleiche. Wichtig
wären Funde von Fayencen, obgleich diese ja nicht so alt zu sein brauchen.
Ich kenne nur zwei Beninköpfe aus Steingut, resp. gebranntem Ton der
Abbildung nach. Also wir müssen abwarten, was neues gefunden ist.
Hoffentlich bringt es neue Beweise längst vermuteter Beziehungen.
(11) Hr. Karl Schuchhardt spricht über
Götterkult und Ahnenkult.
Der Inhalt des Vortrages ist in dem Aufsatz „Stonehenge“ in der
Prähistor. Ztschr. II. Bd. 1910 S. 331—340 ausführlich wiedergegeben.
(12) Hr. Ernst Börschmann:
Ein vorgeschichtlicher Fund aus China (Provinz Schantung).
Die Ostasiatische Abteilung des Museums für Völkerkunde ist vor
einiger Zeit in den Besitz eines glasierten Tontopfes gelangt, der ein
besonderes Interesse verdient durch die Umstände, unter denen er auf-
gefunden wurde. Denn diese sichern ihm ein hohes Alter von einer be-
stimmten unteren Grenze, nämlich 500 v. Chr. Das ist für chinesische
Verhältnisse ganz ausserordentlich. Soweit bisher bekannt, ist es der
einzige Fund eines unbestritten hohen Alters, und es rechtfertigt
sich «deshalb, dass wir uns eingehender mit diesem Topfe befassen.
Einige Worte mögen vorausgeschickt werden über die chinesische
Archäologie oder, wie wir sie einstweilen noch nennen müssen „Vorge-
schichte‘ und über die Bedeutung alter Funde für die chinesische
Altertumsforschung überhaupt. Mehr noch, als auf anderen Gebieten
der Archäologie, sind hier einigermassen datierte Fundstücke aus früher
Zeit von der grössten Wichtigkeit, um einige Klarheit zu bringen in das
Chaos der Anschauungen und Theorien über frühgeschichtliche Formen.
China bietet uns das merkwürdige Bild, dass eine fest umschriebene, ge-
sicherte Geschichte vorhanden ist, mindestens seit dem Jahre 800 v. Chr.,
dass aber fast keine wirklich beglaubigten Überreste in die Zeit vor
Christi Geburt zurückreichen. Allenfalls noch einige Baudenkmäler. Das
Grabdenkmal auf dem Siao tang shan in Shantung wird in das erste
Jahrhundert v. Chr. gesetzt, die Steintrommeln in dem Konfuziustempel
in Peking in das 7. Jahrhundert, die Inschrifttafel des Kaisers Yü auf
denı Heng shan in Hunan gar in das 10. Jahrhundert. Sind das aber
bereits grosse Fragezeichen, so verliert man völlig den Boden unter den
Füssen bei der kunstgeschichtlichen Wertung der zahlreichen Bronzen
und Tongefässe, die bisher immer unter dem Sammelnamen „Han-Zeit“
(200 v. bis 200 n. Chr.) zusammengefasst wurden, soweit sie nicht unter
der ehrwürdigen Flagge der Chou- (1100-200 v. Chr.) oder gar der
154 Börschmann:
Shang-Dynastie (1800—1100 v. Chr.) segeln auf dem Meere der chinesi-
schen Altertumskunde. Ist man in der Lage, zwei gleiche Stücke gegen-
einander zu halten, wie z. B. die bekannten Bronzekannen in den beiden
Abteilungen des Ostasiatischen Museums in Berlin, die beide „alt“ sein
sollen, so springen derinassen grosse Verschiedenheiten in die Augen,
dass ganze Epochen zwischen ihrer Herstellung zu liegen scheinen. Ein
Beweis für die Unsicherheit des Urteils auf diesem Gebiet, aber auch für
die Notwendigkeit eines Fortschrittes in der Erkenntnis. Natürlich gibt
es unter den altchinesischen Bronzen und Tonwaren, die jetzt unsere
Museen zu füllen beginnen, auch viele wirklich alten Stücke. Indessen
die Schwierigkeit liegt darin, sie unter der Menge der übrigen herauszu-
finden und sie zu sondern von den übrigen, die in jüngster Zeit als
Nachahmungen älterer Formen hergestellt wurden.
Es könnte eine Unterscheidung allein nach der Technik, der Linien-
führung und der Ornamentik in Frage kommen. Indessen eine solche
Unterscheidung ohne die Hilfe von äusseren Datierungen erscheint auf
dem Gebiete chinesischer Kunst unmöglich für uns, denen ein ähnliches
Unterfangen bei unseren eigenen alten Kunstwerken Misserfolge genug
eingebracht hat noch bis in die jüngste Zeit. Und wenn es gar unter-
nommen worden ist, wie z. B. von W. von Hoerschelmann in seiner
„Entwicklung der altchinesischen Ornamentik“, aus den vagen chinesischen
Zeichnungen alter Gefässornamente in späteren chinesischen Druckwerken
so etwas wie eine Systematik, ja sogar eine geschichtliche Entwicklung
der alten Kunst aufzustellen, so erscheint das zum mindesten verfrüht.
Ausserdem stimmt die ganze altbeliebte These nicht von dem Aufsteigen
vom geometrischen zum stilisierten Tier- und Pflanzenmuster und endlich
zu den realistischen Formen einer „freien“ und mehr entwickelten Kunst.
Vielmehr ging der Realismus stets der Stilisierung voran. Doch das nur
nebenbei. Ks soll durch diese Bemerkung nur darauf hingewiesen werden,
in welchem Dunkel man noch tappt und wie wichtig es ist, da Licht
hineinzubringen.
Und dieses Licht muss kommen. Wenn vorher auf den fast gänzlichen
Mangel an alten Monumenten in China hingewiesen wurde, ein Mangel,
der vielerlei Ursachen hat geschichtlicher, technischer und allyemein
kultureller Natur, so macht eine Gruppe von Denkmälern eine Ausnahme.
Das sind die Gräber, von denen im ganzen Lande eine reiche Zahl noch
aus uralter Zeit erhalten ist, mitsamt ihrer Tradition. Um nur em
Beispiel zu nennen — das Grab des Konfuzius in Shantung ist sicherlich
noch das wirklich alte vom Jahre 480 v. Chr. Aus dieser Unzahl von
Gräbern haben wir in der kommenden Zeit ungemein wertvolle Funde
zu erwarten. Einstweilen verbietet es den Chinesen noch ihr Gefühl, die
Gräber zu öffnen. Aber die moderne Zeit wird hier bald eine Änderung
bringen. Unser Wissensdrang macht nicht Halt vor der heiligen Tradition
einer ehrwürdigen Kultur und wird sie vernichten helfen. Schon hat der
geschäftskluge Chinese hier und dort angefangen, den Bann zu durch-
brechen. Schon sind in den letzten Jahren zahlreich Gräberfunde zu uns
vekommen. Aber, wie es nun einmal in der Art des Chinesen liegt,
Vorgeschichtlicher Fund aus China, 155
ausnahmslos ohne Datierung, geschweige denn mit einem Fundbericht.
Dass ein Europäer bei der heimlichen Ausgrabung etwa zugegen sein
könnte, ist natürlich gänzlich ausgeschlossen. Und nun hat man hier zwar
eine Menge neuer Formen, aber keinen Anhalt für die Zeitbestimmung.
Für die,Wissenschaft liegt eine gewisse Gefahr in dieser Überschwemmung
durch eine Unzahl gänzlich neuer Formen, ohne dass man imstande ist,
sie in eine kunstgeschichtliche Verbindung zu bringen.
Der vorliegende Fund, der glasierte Tontopf, stammt nicht aus
einem Grabe, sondern er ist zufällig gemacht worden (s. Abb. 2).
P. Erlemann, der Baumeister der Steyler Mission in der bedeutenden
Präfekturstadt Tsiningchow in Shantung am Kaiserkanal, stiess beim
Graben eines Brunnens in 5 m Tiefe auf zwei alte Kupfermünzen, deren
Herstellungszeit Hr. Dr. Herbert Müller auf etwa 1000 n. Chr. bestimmt
hat, alsdann durchgrub er eine homogene, zähe Lehmschicht, die keine
Spuren einer früheren Bewegung zeigte, traf jetzt auf schwarzen Boden
und in ihm, in einer weiteren Tiefe von 1 m, also in einer gesamten
Tiefe von 7 m, auf den Topf. Er erkannte sofort die Bedeutung
des Fundes und hatte die Liebenswiirdigkeit, folgenden Fundbericht
abzufassen:
Zining, 11. November 1907.
P. P.
Den tausendjährigen Topf gebe ich mit, nebst zwei Kupfermünzen,
welche letztere allerdings über der gestern bereits von mir angegebenen
starken Lehmschicht, etwa bei Aufhören der Schuttlagen, ungefähr in
einer Tiefe von 4'/, bis 5m gefunden wurden. Der Topf wurde aber,
wie ich gestern bereits angab, auf etwa 7 m Tiefe und zwar unter der
l m starken, zähen Lehmschicht etwa 1m tief in dem schwarzen, mit
Muscheln und Schneckenhäuschen stark durchsetzten Boden — der offenbar
mit dem Niederschlag der Zining benachbarten Seen genau gleich ist und
sicher wohl denselben Ursprung hat — unter meinen Augen gefunden
und ausgehoben. Wenn ich nicht selbst zugegen gewesen wäre, als man
den Topf fand und aushob, so würde ich nach der Art und Erhaltung
seiner Glasur durchaus nicht glauben, dass er in solcher Tiefe gefunden
sei, und daher wohl sicher älter ist als die Stadt Zining und der feste
Boden innerhalb der umliegenden Seen. Die dicke Lehmschicht über
dem Fundorte des Topfes lässt auch nicht leicht die Annahme zu, dass
er allmählich in diese Tiefe hinabgesunken sei; ergo:
P P.
Die Persönlichkeit des Hrn. Pater, der zugleich Techniker ist und
zahlreiche grosse und schöne Bauten für die Steyler Mission in jener
Gegend teilweise unter recht schwierigen Gründungsverhältnissen aus-
geführt hat, lässt es ohne weiteres als sicher annehmen, dass kein
Beobachtungsfehler bei der Grabung vorgekommen ist, besonders was die
homogene Lehmschicht betrifft. Bevor aber darauf der Schluss der
Datierung aufgebaut wird, mag der Topf selbst beschrieben werden
(vgl. Abb. 1).
156 Börschmann:
Der Topf ist hergestellt aus einem hartgebrannten, dichten, wenig
porösen Ton von chamottegelber Farbe und hat eine Höhe etwa von
10 cm und einen grössten Durchmesser etwa von 12cm, wiegt trocken
etwa 550g (spez. Gew. 2,11). Er ist auf der Töpferscheibe gefertigt.
Der Boden zeigt innerhalb der Vertiefung inmitten des kräftigen Boden-
ringes die spitze Nabe. Die Linienführung des Modellhölzchens ist
sichtbar an den spiralförmig, aber sehr flach nach oben ansteigenden vier
bis fünf Streifen, durch die eine Aufteilung der gebauchten Fläche erfolgt
ist. Die einzige Verzierung bilden die beiden kleinen, flachgerillten
Öhre, die in die Winkel zwischen den straffen Halsring und den Körper
Abb. 1. Der glasierte Tontopf aus Tsi ning chow.
eingeklebt sind und als Gegensatz die kräftig gedrungene Form des
Topfes erhöht zur Geltung bringen.
Geradezu auffallend ist die Glasur. Der Topf ist mit der Öffnung
bis etwa zu seiner Hälfte hineingetaucht worden in die Glasurmasse, die
sich dann beim Umdrehen nach unten verdickt hat und an einigen Stellen
in Tropfen herniedergeflossen ist. Die Farbe der Glasur ist ganz eigen-
artig, nämlich chokoladenbraun und zeigt einen violett-metallischen Glanz.
Dieser metallische Ton ist offenbar durch das lange Lagern im Seeboden
entstanden — was andererseits wieder die Ursache für die gute Erhaltung
ist — und erscheint als Ansatz zu einem ausgesprochenen Irisieren.
Ausserordentlich wichtig ist die Feststellung, dass man bereits 500 v. Chr.
in China eine solche schöne Glasur herzustellen verstand.
Der blossen Form nach könnte der Topf fast als modernes Er-
zeugnis angesprochen werden, wenn nicht die gedrungene, in sich be-
Vorgeschichtlicher Fund aus China. 157
schlossene kräftige Linie des Umrisses als hervorragende Eigenart in die
Augen fiele. Diese Linie verrät den Charakter der altchinesischen Zeit
mit ihrer monumentalen Kunst, wie sie in den Reliefs der Han-Gräber ın
Shantung andeutungsweise uns überliefert ist. Doch soll diese Erkenntnis
des Stiles allein aus der Linie heraus nicht etwa als bestimmtes Kriterium
gelten, sondern nur auf den Zusammenhang hinweisen, in dem selbst die
einfachsten Äusserungen des Kunsthandwerks mit dem künstlerischen
Gesamtinhalt ihrer Zeit stehen.
Mia hsiang Aarten. [Shanlung): Dining chow (Shantung)
Wu liang sze, Fundslelle eines alten Tönlonfes
Pfeiler des Man-Grabes aus d- 7. Beim Dohren eines Drunnens
143 n Chr- gefunden durch PErlemann.
Jeizige Gela ndehöhe yon
f /Siningchow
Schufflagen der alten
Siedelungen von
nz
’ Tsing
o
Wahrscheinliche Gelände 5,90
hohe ımJahre WnC
1
V gé 8
Fundamen PFiefe
unbokannt
Fundort der 2 Kupnferkäsch:
Zahe Lehmschicht-
I. Fundort des Jonlop/es:
hl > - 2 Schwarzer Boden , slark
- durchse?z# mil Muscheln
und Schneckenhäuschen:
e so km-
Abb. 2. Pfeiler des Han-Grabes und Fundstelle des Tontopfes.
Die Datierung nun, die im vorigen mit der Zahl 500 v. Chr. vorweg-
genommen ist, wird ermöglicht durch eine Betrachtung der geologischen
Verhältnisse der grossen, sogenannten gelben Ebene. Diese Ebene nimmt
den ganzen Nordosten Chinas ein und verdankt ihr Werden und Ver-
ändern in erster Linie dem Hoang ho. Dieser Strom, die „Sorge Chinas“,
hat in den letzten 2500 Jahren nicht weniger als siebenmal seine
Mündung verlegt, dabei Hunderttausenden von Menschen den Untergang
bereitet und immer von neuem alle Kultur zerstört, aber gerade durch
seine beständigen Wanderungen und die Ablagerungen von Löss die
grosse Ebene allmählich aufgehöht. Seit Richthofen es mit aller
158 Börschmann:
Schärfe ausgesprochen, ist es allgemein bekannt, dass das Gebiet des
Unterlaufes des Hoang ho in früheren geologischen Zeiten aus einer
grossen Kette von zum Teil abflusslosen Seen bestand. Durch die all-
mähliche Aufhöhung der Ebene infolge der ständigen Überschwemmungen
des Hoang ho verschwanden diese Seen, zum Teil noch in historischer
Zeit, ja heute ist der Prozess noch nicht abgeschlossen, aber die Über-
bleibsel sind noch erkennbar in einer Kette von flachen Seen, die sich
von Peking und Tientsin im Norden nach dem Süden bis zum Yangtse
hinziehen. In diesem Linienzuge liegt auch der Kaiserkanal und Tsi
ning chow selbst (s. Kartenskizze auf Abb. 2).
Abb. 3. Altes Baudenkmal: Han-Grab.
Für die Aufhöhung der Ebene hat man bisher kein genaues Mass er-
mitteln können. Man wusste nur, dass es sich um eine beträchtliche
Höhe handele, aber um welche, konnte man nicht angeben. Hierbei
kommt uns aber jetzt ein altes Baudenkmal zu Hilfe, nämlich ein Han-
Grab, dessen Grabpfeiler heute in einem tief ausgehobenen, weiten Loche
stehen und genau datiert sind, nämlich aus dem Jahre 147 n. Chr. (s.
Abb. 3). Es ist der Grabpfeiler von Wu liang sze, jenem kleinen
Häuschen, das etwa 30 km südwestlich von Tsi ning liegt und durch die
in ihm aufbewahrten, vielfach veröffentlichten Han-Reliefs berühmt ge-
worden ist. Das Grabmal liest in der Nähe einer Anzahl von heraus-
ragenden Bergkuppen inmitten der flachen Ebene, die gerade dort so flach
ist wie ein Teller. Deshalb war es mir möglich, genau den Unterschied
ëmm, A, EE EE mn e mmm, AS E ` L o
Vorgeschichtlicher Fund aus China. 159
zu messen zwischen der Höhe des Pfeilersockels, gleichbedeutend mit dem
alten Gelände von 147 n. Chr. und der Höhe des heutigen Geländes.
Der Unterschied beträgt 3 m und bedeutet die gesamte Aufhöhung inner-
halb des verflossenen Zeitraumes von 1800 Jahren. Danach berechnet sich
der Zeitraum, der erforderlich ist für die Aufhöhung von 1 m auf
600 Jahre. Diese Masszahl kann man verwerten für die Zeitbestimmung
des Topfes von Tsi ning.
Die Volksüberlieferung lässt die Stadt erbaut sein auf der Fläche
eines früheren, ausgetrockneten Sees. Das deckt sich mit den geologischen
Verhältnissen und mit dem Bohrprofil von 6m Tiefe ab (s. Abb. 2).
Man muss vermuten, dass zu jener Zeit, bevor die Ablagerung der Lehm-
schicht begonnen hatte, der Topf verloren ging, vielleicht von einen
Boote aus, und 1 m in den Morast einsank. Dann kam eine 600jahrige
Periode der Überschwemmungen und führte zur Ablagerung der 1m
starken Lehmschicht, die jene untere Schicht abschloss. Auf jener Lehm-
schicht wurde die Stadt Tsining gegründet, wie es Grabungen an anderen
Orten der Stadt übereinstimmend beweisen, und zwar, nach der Geschichte
und der Überlieferung, etwa um Christi Geburt. Die genaue Zeit ver-
mochte ich nicht festzustellen, aber ich möchte vorsichtig annehmen,
100 n. Chr. Jedenfalls taucht der Name der Stadt zum ersten Male in
der Han-Dynastie auf. Seit jener Zeit hat sich die Stadt durch die
Schuttablagerungen beständig erhöht, nach Art aller chinesischer Städte
und jetzt eine Höhe von 5 m erreicht über ihrer ursprünglichen
Gründungsebene.
Zieht man von der Zeit der Gründung, 100 n. Chr., die oben er-
mittelten 600 Jahre ab, so kommt man, vorsichtig gerechnet, als unterste
Grenze auf den Zeitpunkt von 500 v. Chr., an dem die Lehmschicht be-
gann, den Topf zu überdecken. Mindestens also aus dieser Zeit stammt
der Topf selbst.
In der Annahme gerade von 600 Jahren für 1m Lehmschicht scheint
eine gewisse Unbestimmtheit des Schlusses zu liegen. Und es wird sich
das Mass ja natürlich ändern nach den jeweiligen örtlichen Bedingungen.
Indessen glaube ich es nach meinen sonstigen Beobachtungen im Gebiet
des Hoang ho auch für Tsi ning als ein vorsichtiges Mittelmass annehmen
und in die Beweisführung einstellen zu dürfen.
Zum Schluss mag noch auf die Wichtigkeit hingewiesen werden, die
der gelben Ebene beizumessen ist für künftige Funde aus Gräbern, deren
Kuppen, oft gerade noch erkennnbar, ein wenig über das jetzige Gelände
herausragen. Es liegen da in Tiefen von 3—5 m und darüber ganze
Kulturschichten begraben, die uns vielleicht schon in naher Zeit die über-
raschendsten Aufschlüsse geben werden über die Formenwelt des
chinesischen Altertums.
Diskussion.
Hr. Herbert Müller: Ich ınuss es mir versagen, auf die hier an-
geregte Frage der chinesischen Archäologie bzw. Prähistorie im allge-
meinen einzugehen. Eine kurze Bemerkung zu den von dem Herrn Vor-
160 Diskussion.
redner so genannten ‘Sphinxen’ möge aber auch zu dieser Stunde noch
erlaubt sein. Es sind diese auf den ersten Blick allerdings an die liegende
Sphinxfigur erinnernden kleinen Tonstatuetten nichts anderes als Miniatur-
nachbildungen von Kopfstützen. Die Kopfstütze ist in Ostasien uralt und
allgemein verbreitet. Sie kommt in den verschiedensten Formen vor,
meist aus Holz, Bambusgeflecht oder als Kissen. Doch wurde und wird
noch heute vielfach Ton oder Porzellan zu solchen Kopfstützen verwandt.
Ein Stück aus der Sammlung Pander im Museum für Völkerkunde ist ein
genaues Gegenstück zu diesen ‘Sphinxen’. Es zeigt einen in derselben
Weise auf Knieen und Ellenbogen liegenden Knaben, der ein flaches Ge-
fäss zwischen seinen Armen hält und ist mit einer blaugrünen Glasur be-
deckt. Ähnliche Stücke sind auch sonst bekannt. Manchmal sind der-
artige Kopfstützen als Gefässe ausgebildet, die warmes Wasser aufnehmen
können und dienen dann zugleich als Wärmer.
Derartige Miniaturwiedergaben von Gebrauchsgegenständen in alten
Gräbern zu finden, braucht nicht zu überraschen. In der chinesischen
Literatur ist solcher Ersatz der wirklichen Gebrauchsgegenstände durch
kleinere Nachbildungen schon aus früher Zeit überliefert. Ein Gesetz
vom Jahre 696 machte diesen Brauch obligatorisch.
Prähistorische Fachsitzung vom 2. März 191.
Vorträge:
Hr. Hubert Schmidt: Zur Bedeutung der Kammmuster.
Hr. Quente: Ein neues langobardisches Urnenfeld aus dem 3. Jahrhundert n. Chr
zu Dahlhausen, Priegnitz.
Hr. Willy Pastor: Stonehenge. Mit Lichtbildern.
Vorsitzender: Hr. O. Olshausen.
(1) Herr Hubert Schmidt gibt vor der Tagesordnung einen neuen
Beitrag zur
Bedeutung der Kammmuster
(einreihige und Doppelkämme), die er in einem Vortrage auf dem Kölner
Anthropologen-Kongress'") behandelt hat, um die Beziehungen des alt-
Abb. 1.
ägäischen Kulturkreises zu Mitteleuropa zu beleuchten. Der Doppel-
kamm, der als Bilderschriftzeichen des 18. oder 17. Jahrhunderts v. Chr.
Geb. auf dem Diskos von Phaistos (Kreta) erscheint und auf die älteren
Grundformen zurückgeführt werden kann, wie sie in der Keramik von
Tordos am Marosflusse (Siebenbürgen) in einer grossen Reihe von
schriftartigen Zeichen oder Marken”) neben der ihr eigentümlichen Orna-
mentik sich finden, lässt sich in rein ornamentaler Bedeutung auch auf
der steinzeitlichen Keramik Thessaliens nachweisen. Das fragliche Ge-
1) Korresp.-Bl. d. dtsch.-anthrop. Ges. 1910, Nr. 9-12, 8,125 f.
2) Zeitschr. f. Ethnol, 1903, S. 457 ff., Abb. 38—41.
Zeitschrift für Ethnologie. Jahrg. 1911. Heft 1. 11
162 Hub. Schmidt: Kammmiuster.
fässfragment gehört zu der von Tsuntas!) auf Taf. 16 bis 19 veröffent-
lichten Keramik mit eingeritzten Verzierungen aus der „zweiten Periode“
seines Steinalters in Dimini und Sesklo; es hat die Form der zierlichen
Amphoren, wie sie Taf. 16,1 und 17,1 bei Tsuntas abgebildet sind, und
zeigt entsprechend den Bildformen von Tordos den Doppelkamm mit je
vier Zinken und einem doppelstrichigen Mittelgliede auf dem Gefäss-
bauche in mehreren Reihen untereinander eingeritzt. (Abb. 1). Eine Be-
stätigung der Behauptung eines Zusammenhanges des thessalischen Neo-
lithikums mit der Tordosgruppe in den unteren Donauländern bieten
andere Ornamentmotive derselben thessalischen Keramik. Sie könnten
zum Teil wenigstens auch als kammartige Motive angesehen werden, sind
aber im Zusammenhange betrachtet, Kombinationen von sich schneidenden
Vertikalen und Horizontalen. Sie werden entweder entsprechend dem
Doppelkamm, in freilich weniger regelmässigen Reihen, auf dem Gefäss-
bauche verteilt (Taf. 16, 1) oder treten als Füllmuster in schrägen Bändern
auf (Taf. 17,3,9; 18,2; 19,11). Dieselben Formen finden wir nun unter
den schriftartigen Zeichen von Tordos, teils einzeln und allein, teils in
Verbindung mit anderen Strichkombinationen (vgl. Ztschr. f. Ethnol. 1903,
dE EE SS
Abb. 2. Abb. 3.
S. 457, Abb. 38 a.a. O.; 39k.). Von der in Ritztechnik verzierten Keramik
Thessaliens ist aber die bemalte nicht zu trennen, wie der Geist der
Ornamentik im allgemeinen beweist; so finden wir das H- Motiv als Fill-
muster auch aufgemalt auf einem Gefässfragment der Gruppe B 3a (Taf. 20, 3
bei Tsuntas). Wir haben also zwei Gruppen von Mustern zu unter-
scheiden: Strichmuster als willkürliche Linienkombinationen und Kamm-
formen als konkrete Darstellungen. Beide bringen die Diminigruppe
Thessaliens und die Tordosgruppe der unteren Donauländer in einen
engeren Zusammenhang; dieselben Formen werden hier als schriftartige
Zeichen, dort als ornamentale Gebilde verwendet. Der Doppelkamm zieht
in diesen Kreis weiterhin auch die Insel Kreta hinein, so dass wir Thessa-
lien gewissermassen als Brücke zwischen dem unteren Donaugebiete und
Kreta betrachten können.
Die beifolgenden Vergleichstabellen (Abb. 2 und 3) veranschaulichen
diese Zusammenhänge in schematischer Form und fügen das Beispiel von
Polada (Italien) hinzu. Jedenfalls wäre so die Tordosgruppe als Aus-
gangspunkt für Beziehungen oder Verbindungen irgend welcher Art nach
dem ost- und zentralmittelländischen Kreis zu betrachten. Was das Ägäum
betrifft, so hat man unter allgemeiner Zustimmung die neolithische bemalte
Keramik in einen Zusammenhang mit der donau - balkanländischen ge-
—
IX Tsuntas, Jr mooiorarzaı azooadsrıs Auajprion zai Yioziov 1908.
Diskussion. 1 63
bracht. In diesen Kreis von Analogien lassen sich also auch die schrift-
artigen Zeichen weniger im künstlerischen als im intellektuellen Sinne
einreihen. In Kreta aber treten solche, man kann sagen, nordischen
Elemente im Zusammenhange mit Schriftformen auf, die von der ein-
heimischen, für die Entwicklung der minoischen Palastkultur massgebend
gewesenen Bilderschrift abweichen. Hätten sie für die Entwicklung dieser
südlichsten der ägäischen Inseln eine Bedeutung gehabt, so müssten unter
den kretischen Funden noch andere Analogien zu finden sein, die auf den
Norden weisen. In der Tat glaubt der Vortragende solche auch zu kennen
und will bei nächster Gelegenheit darüber Mitteilung machen. Über die
Probleme der Schriftzeichen soll ausführlicher an anderer Stelle gehandelt
werden.
(2) Hr. Quente spricht über einen
langobardischen Urnenfriedhof bei Dahlhausen, Kr. Westpriegnitz,
wo er eine grosse Anzahl Brandgräber mit Beigaben an Nadeln und
Fibeln aufgedeckt hat und eine zeitliche Entwicklung des Friedhofs von
Norden nach Süden glaubt annehmen zu dürfen. Der Vortrag wird aus-
führlich in der Präh. Ztschr. Bd. III, 1911, erscheinen.
Diskussion.
Hr. Kiekebusch: Die Ausgrabungen bei Dahlhausen sind ja nach
allem, was wir gehört haben, in guten Händen. Über gewisse Dinge —
„Opferstein“, Männer- und Frauenfriedhof, ethnologische Schlüsse — wird
sich erst reden lassen, wenn der ausführliche Bericht vorliegt. Ich möchte
nur darauf aufmerksam machen, dass die Frage, wo die älteren und wo
die jüngeren Gräber lagen, von äusserster Wichtigkeit ist und sich unter
Umständen doch noch entscheiden lässt an der Hand namentlich auch des
keramischen Materials. Vielleicht gelingt es auch hier — wie ich es beim
Friedhofe von Darzau getan habe) — ungefähr die Grösse der zum Fried-
hofe gehörigen Ansiedlung zu berechnen.
(3) Herr Willy Pastor hält den angekündigten Vortrag über
Stonehenge.
Stonehenge hat für unsere Vorgeschichte eine Bedeutung wie kein
anderes Monument. Bis vor wenigen Jahren war es der Prähistorie nicht
gelungen, über die sogenannte relative Chronologie hinauszukommen.
Man sprach freilich auch von einer absoluten Chronologie. Aber die
runden, abgerundeten Zahlen, die man unter dieser Bezeichnung buchte,
hatten als Stützpunkte doch selber nur strittige Zeitbestimmungen. Der
D Einfluss der rom. Kultur usw., Stuttgart 1908, S.7S ff. Vgl H. Delbrück:
Geschichte der Kriegskunst. 2. Aufl. If. Teil. Berlin 1909. S.o u. S. IS f.
11*
164 Pastor:
Untersuchung des Stonehengemonumentes haben wir es zu verdanken,
wenn hier seit einigen Jahren endlich Wandel geschaffen werden konnte.
Die Astronomen Penrose und Lockyer kamen übereinstimmend zu dem
Ergebnis, dass Stonehenge in seiner jetzigen Gestalt 1680 v. Chr. angelegt
worden sei. Beide waren, um das zu wiederholen, nicht Prähistoriker,
aber Montelius konnte ihre Gründe bei seiner Nachprüfung nur gut-
heissen. Weitere Bestätigungen fand diese Ansicht in der Volkskunde,
und selbst an einem literarischen Zeugnis fehlte es nicht. Hekatäos
von Abdera spricht, laut Diodor, von einem „merkwürdigen Tempel von
kreisrunder Form“, der auf der Hyperboreerinsel gegenüber dem Kelten-
lande liege und dem Apollo heilig sei.
Bei dieser Gelegenheit wollen wir auch gleich aufräumen mit dem
alten Vorurteil, dass der europäische Norden in vorchristlicher Zeit min-
destens nach dem vorliegenden philologischen Material keine Tempel ge-
habt hätte. Das ist ein Irrtum, selbst dann, wenn man sich auf Tacitus
beschränken will. Allerdings betont Tacitus in der „Germania“, die Ger-
manen hätten keine Tempel. Trotzdem entschläpft ihm bei Nennung der
Nerthus das Wort „Templum“. In seinen späteren Geschichtswerken zeigt
er sich dann noch besser orientiert. Er spricht vom Tempelbau der
Tanfana, der von Germanicus dem Erdboden gleichgemacht wurde, und
ferner davon, dass die Trophäen der Varusschlacht, die zum Teil dann
wieder nach Rom kamen, auf die Tempel der verschiedenen Völkerschaften
verteilt waren. l
Zurück zu Stonehenge. Als einen Sonnentempel hatten alle sachlichen
Überlieferungen dieses Heiligtum genommen. Vorübergehend hatte ja
allerdings die seit Worsaae so beliebte Grabhypothese wie alle anderen
Megalithen so auch Stonehenge als Grab ansprechen können. Genauer
begründet wurde das Urteil aber nicht. Nun schien mit der Entdeckung
Penrose-Lockyers die Bestimmung Stonehenges als eines Sonnentempels
endlich gesichert. Mehr als das: die Vorgeschichte hatte hier das erste
absolute Datum. Der so lange gesuchte feste Punkt war endlich ge-
wounen, an dem man sich verankern konnte.
Unter diesen Umständen war es wohl nicht nur mir eine grosse Über-
raschung, als ich vor Jahresfrist in der Anthropologischen Gesellschaft über
Megalithen sprach, in der Diskussion von Herrn Schuchhardt die Be-
hauptung zu hören, Stonehenge sei kein Tempel, sondern ein Grab. Die
Behauptung war so umfassend, dass sie in der kurzen Zeit, die der Dis-
kussion an jenem Abend noch zugemessen war, irgendwie erschöpfend
nicht mehr behandelt werden konnte. Die Beweismomente, die Herr
Schuchhardt damals andeutete, waren:
1. Der bisher als Altar angesprochene Mittelstein sollte nur als Grab-
platte gedeutet werden können.
2. Die ganze Anlage müsse früher in einem Rundhügel gesteckt
haben, dessen Erdmassen man später abgetragen und fortgeschafft
habe.
3. Stonehenge habe, was bei einem Tempel doch unmöglich sei,
keinen Zugang.
Stonehenge. 165
Wenige Wochen nach jener Sitzung hatte ich die Freude, von Herrn
Schuchhardt aufgefordert zu werden, mich ihm anf einer Reise nach
Stonehenge anzuschliessen. Eine solche gemeinsame Expedition war aller-
dings, da wir von so verschiedenen Voraussetzungen ausgingen, die beste
Gewahr fir eine unparteiische Beobachtung und die Klärung der ganzen
Streitfrage.
| Am Nachmittag des 15. September standen wir dann in der Ruine
von Stonehenge. Wenn es für mich persönlich noch eines Beweises be-
durft hätte, dass Stonehenge nur ein Sonnentempel sein könne, so war er
durch diesen Besuch geliefert. Das Heiligtum hat nicht einen, sondern
dreissig Zugänge; der ganze äussere Kreis ist, wie ein älterer Autor sich
gut ausdrückt, ein einziger Kranz von Portalen. Wenn dieser dreissig-
torize Tempel keinen Zugang hatte, dann hatte ihn auch kein antiker .
Peripteros. Zudem war das nach Osten, in der Richtung der Tempel-
strasse gelegene Tor ein wenig erweitert, und die Pfeiler zeigten hier
seitlich einen geraderen Schnitt. In einem Hügel konnte die Anlage
niemals gelegen haben. Von den ungeheuren Erdmassen, die hier abzu-
tragen waren, hätten irgend welche Spuren sich erhalten. Was die um-
liegenden Hügel anlangte, so hätten sie mindestens dreimal so hoch sein
müssen, wenn sie, wie Herr Schuchhardt das angenommen hatte, eine
Stonehenge ähnliche Steinsetzung bergen sollten. Schliesslich konnte das
Ganze vor der postulierten Zuschüttung auch nicht mit irgend einer Holz-
konstruktion überdacht gewesen sein, da die Trilithen des zweiten und
höchsten Kreises (was ja übrigens von Anfang an bekannt war) von un- |
gleicher Höhe waren, und damit keine Stützpunkte für eine Eindachung
boten.
Alle bis zu jenem Tage für die Grabhypothese vorgebrachten Gründe
waren somit erledigt. Ks fragte sich nun, welche positiven Anhalte für
die Tempeldeutung da seien. Zunächst war hinzuweisen auf das schon
Bekannte: die Volksüberlieferungen, die in Sitte und Sage gleich bestimmt
waren, die strenge Orientierung des Schlacht- und Astronomsteines, die
heilige Strasse, in die die Umwallung des Schutzringes auslief. Aber
noch etwas anderes kam hinzu: die Deutung der fünf Trilithen um den
Altarstein, deren Sinn mir aus keiner der vielen Abbildungen klar ge-
worden war, und der mir offenbar schien im Anblick der Wirklichkeit
selbst. Auf diesen Punkt komme ich noch zurück. Genug, dass auch
Herr Schuchhardt, dem ich meine Beobachtung gleich mitteilte, zu-
stimmte und der Ansicht war, meine Deutung sei geeignet, die letzten
Bedenken zu zerstreuen. Ja zwei wesentliche literarische Bestätigungen
meiner Ansicht habe ich Herrn Schuchhardt zu verdanken.
Das war im September. Im Oktober sahen die Dinge leider wieder
anders aus. Herr Schuchhardt -hatte in London einen Ausgrabungs-
bericht gelesen, nach dem innerhalb Stonehenges in sechs Fuss Tiefe einige
Holzkohlenreste und Gefässscherben gefunden worden waren. Dieser Fund
bestiminte ihn, von der Tempeldeutung wieder abzusehen und zur Grab-
hypothese zurückzukehren. Die Möglichkeit einer gauz unwesentlichen
Beisetzung, die doch eigentlich recht nahe lag bei der Kümmerlichkeit
166 Pastor:
des Fundes und bei der Pracht des Tempels, sollte nicht gelten’). Der
Fund war nicht unter dem von Herrn Schuchhardt als Grabplatte an-
gesprochenen Mittelstein gemacht worden. Danach hielt er diesen nun
weder für eine Altar- noch eine Grabplatte, sondern eine umgestürzte
Stele. Die beiden Orientierungssteine draussen sollten die Reste zweier
vewaltiger Steinringe sein, die seltsamerweise bis auf diese beiden Reste
verschwunden waren, während alles andere noch da war; über den Um-
stand, dass ihre Orientierung mit der heiligen Strasse ebenso gut zusammen-
eing wie mit der Volksüberlieferung, sollte man sich hinwegsetzen können
als einen blossen Zufall. In den letzten Monaten hat Herr Schuchhardt
freilich auch diese Deutung wieder aufgegeben, und nun nimmt er die
beiden Aussensteine gleichfalls für Grabstelen.
Die beste Widerlegung ist noch immer die positive Darstellung. In
Erkenntnis dieses Satzes möchte ich hier von jeglicher Debatte absehen
und ganz einfach bestimmen: welcher engeren Gruppe von Steinsetzungen
gliedert das Stonehengemonument sich an? Die Antwort gibt ein Blick
auf den Grundriss: um ein besonders markiertes Zentrum her lagern sich
vier konzentrische Kreise. Das ist ein sehr weitverbreiteter Typus, dessen
einfachste Form die sogenannten Walls of Troie darstellen. Die
Trojawälle weisen zugleich auf die Herkunft der Grundanlage aus dem
Sonnenkult”).
Aber der Grundriss von Stonehenge zeigt doch einige selır wesentliche
Unterschiede, die vor allen Dingen erklärt sein wollen. Zunächst sind die
ersten beiden Kreise (vom Mittelpunkt aus) nicht geschlossen; sondern
nach der Tempelstrasse zu offen gelassen, so dass zwei hufeisenförmige
(Gebilde entstehen. Und auch weiter sind die vier Kreise durchaus nicht
wie in allen übrigen Fällen gleichwertig behandelt. Der äusserste hat
als blosser Umfassungsring alle eigene Bedeutung eingebüsst. Der ihm
zunächst liegende, und ebenso der innerste Ring sind aus vergleichsweise
so niedrigen Steinsäulen gebildet, dass diese beiden Ringe fast wie ata-
vistische Organe anmuten. Während hier alles nachlässiger behandelt ist,
finden wir den zweiten Ring in einer Weise künstlerisch betont, der unter
allen Megalithen ohne jedes Beispiel dasteht. Dieser zweite Ring um-
fasst die fünf mächtigen Trilithen; der höchste erhebt sich hinter dem
Mittelstein, während die beiden Paare nach vorn zu sich abstufen. Auf
diese fünf Trilithen hin ist die ganze Anlage gebaut, ihr zuliebe wurde
alles andere umgeformt. Folgerecht muss jeder Deutungversuch
ausgehen vom Trilithenring, und jeder Deutungsversuch unzu-
reichend bleiben, der mit diesen Trilithen nichts anzufangen
weiss.
Ich hoffe, es wird nicht als allzu unwissenschaftlich empfunden, wenn
ich einfach erzähle, wie ich zu der Deutung kam, die, wie ich glaube,
1) Was die Beisetzungsfrage anlangt, so verweise ich einstweilen auf das. was
ich hierüber im 6, Heft, Jahrgang 1910 dieser Zeitschrift sagte.
2) Die Typen der Megalithen im Allgemeinen und dieser konzentrischen An-
lagen im Besonderen habe ich entwicklungsgeschichtlich so oft behandelt, dass
sich Weiteres darüber hier wohl vor der Hand erübrigt.
Stonehenge. 167
dieses ganze Trilithenrätsel löst. Als ich an jenem 15. September in den
Umfassungsring von Stonehenge trat und zum Innenraum hinübersah, löste
dieser Eindruck eine merkwürdige Erinnerung in mir aus. Ich musste
an eine Kirche zurückdenken, die ich als Schulknabe regelmässig be-
sucht hatte. Es stand da hinter dem Altar eine Christusgestalt, an Grösse
alles andere überragend, und rechts und links von ihr, den Altar huf-
eisenförmig umschliessend, je zwei Apostel. Die ganze Anlage der
Christenkirche schien mir mit der in diesem Heidentempel so seltsanı
verwandt, dass es mir kein Zweifel mehr war, worin das Rätsel der fünf
Stonehengetrilithen lag: dieser Tempel war fünf Gottheiten geweiht, unter
denen eine durch den gewaltigsten Trilithen, den unmittelbar hinter dem
Altar, als Hauptgottheit klar ausgezeichnet war. Die Gottheiten selbst
konnten natürlich in Trilithen nicht nachgebildet sein, wohl aber war es
im höchsten Grade wahrscheinlich, dass in diesen Trilithen Leerthrone
geschaffen waren, auf denen man sich die Gottheiten bei den heiligen
Handlungen gegenwärtig dachte.
Was Leerthrone sind, hat Herr Schuchhardt, der als erster nach
Reichel diese Frage ernstlich behandelte, mehrfach hier auseinander-
gesetzt. Man wird zugeben müssen, dass die Vorstellung einer gewissen
Grösse nicht entbehrt, sich auf solch einem Trilith eine unsichtbare Gott-
heit in jener wuchtig stilisierten Art zu denken, wie sie der nor-
dischen Kunst noch tief ins zweite nachchristliche Jahrtausend hinein bei
monumentalen Werken eigentümlich war. Diese Vorstellung steht an
Kraft und Monumentalität in Nichts den altägyptischen granitenen Königs-
statuen nach.
Die erste Bestätigung dafür, dass die fünf Stonehengetrilithen in der
Tat als Götterleerthrone zu deuten seien, wurde mir, wie gesagt, von
Herrn Schuchhardt selbst. Er machte mich auf zwei Stellen eines
Werkes über Stonehenge von Edgar Barcley aufmerksam. An der einen
ist nach alten Autoren berichtet, dass die Kelten fünf Gottheiten verehrten.
An der anderen ist ein vierkant zugehauener Menhir aus der Bretagne mit
Bildern der Gottheiten selbst wiedergegeben (die eine der Seiten trägt,
um die Fünfzahl voll zu machen!) zwei Götterbilder).. Beim Suchen in
der Literatur fand ich eine weitere Bestätigung in Krauses „Tuiskoland“.
Krause berichtet, dass. in alten Schriften Trilithen mehrfach unter der
Bezeichnung „Fanum Mercoris* und unter Namen wie Markore, Mar-
kole erwähnt werden. Dieser Markor, latinisiert Mercurius, war nach
Tacitus (Germania IX) die oberste Gottheit der Germanen. Von 'ihm
scheint also die Sitte des Trilithen als eines Leerthones dann auch auf
kleinere Gottheiten übergegangen zu sein.
1) Es bedarf noch genauerer Untersuchung, was es mit dieser „keltischen“
Fiinfgottheit auf sich habe. Im Britischen Museum verweilten Herr Schuchhardt
und ich länger beim bildnerischen Schmuck einer buddhistischen Stupe von Ama-
ravati. Eines der Reliefs zeigt einen Altar, umstanden von fünf Säulen, deren
mittlere durch besondere Grösse ausgezeichnet ist, genau in der Rangordnung von
Stonehenge.
168 Pastor:
Die Einsicht, dass die Trilithen als Götterleerthrone zu deuten sind,
dürfte von einiger Bedeutung sein für die Erkenntnis der Megalithen über-
haupt. Die wissenschaftliche Bearbeitung der Megalithen liegt ja noch
sehr im argen, und eigentlich hält man im herkömmlichen Schema nur
drei Gruppen auseinander. Was man nicht als einen Menhir oder als
einen Cromlech deuten kann, sieht man als einen Dolmen an. Die Dolmen
selbst hat man dann in einer ähnlich summarischen Art früher ausschliess-
lich als Altäre, und später ausschliesslich als Gräber genommen. Auch
an dieser Stelle habe ich darauf hingewiesen, wie weder die eine noch
die andere Deutung in dieser Ausschliesslichkeit zu Recht besteht, und
wie man den zeitlich früheren Typus des Altar- von dem späteren des
Grabdolmen unterscheiden müsse. Aber noch ein dritter Typus ist, wie
wir jetzt sehen, vom Gros der Dolmen abzugliedern: Dolmen, die nur als
Götterleerthrone in Betracht kommen. Und zu ihnen möchte ich ausser
den Markore-Trilithen auch die (in den Handbüchern gleichfalls als Dolmen
geführten) Bilithen rechnen’).
Zum Schluss seien mir noch zwei Bemerkungen allgemeinerer Art
gestattet. Ich ging aus von der grossen Bedeutung, die Stonehenge für
die Wissenschaft gerade in letzter Zeit gewonnen hat. So schön hier alles
ineinanderfasst, was Volkskunde, Prähistorie und Astronomie überein-
stimmend aussagen, würden wir uns selbstverständlich — es ist eigentlich
ein Gemeinplatz, das auszusprechen — nicht einen Augenblick besinnen.
alles fahren zu lassen, sobald ein hinreichend starker Grund vorliegt, jene
übereinstimmenden Aussagen zu beanstanden. Es fragt sich, ob ein solcher
Grund beigebracht worden ist: und diese Frage glaube ich unbedingt ver-
neinen zu müssen. |
Zunächst ist noch einmal das folkloristische Zeugnis zu erwähnen.
Das Zusammenarbeiten von Volkskunde und Prähistorie ist bisher beiden
Wissenschaften gleich gut bekommen. Nun soll bei Stonehenge plötzlich
eines der unzweideutigsten volkskundlichen Zeugnisse, der Frühgang am
Mittsommertag, für den Prähistoriker wertlos sein. Weshalb? Weil
Stonehenge sicher über 3000 Jahre alt ist, und jene Sitte möglicherweise
nur wenige Jahrhunderte alt sein könnte. Die Möglichkeit eines solchen
geringeren Alters wäre ja nicht ausgeschlossen. Aber wenn nun alle
anderen Zeugnisse so ausgezeichnet mit dem volkskundlichen überein-
stimmen, dann ist es doch mehr als gewagt, eine solche vage Möglichkeit
ohne die Spur eines positiven Beweises behaupten zu wollen. Nicht uns
kann die Aufgabe zufallen, neue Beweise für das hohe Alter jener Volks-
sitte zu geben, sondern Sache der Gegenpartei ist es, das geringere Alter
zu erweisen. Solange das nicht geschieht, wird man es uns nicht ver-
denken, wenn wir dieses „Argument“ von vorneherein ausschalten.
Der zweite Einwand geht aus von der, wie behauptet wird, un-
genauen Orientierung anderer Monumente mit vorgelagerter heiliger
1) Genaueres über diese Typen bringt mein Essay „Bild und Altar im nor-
dischen Sonnenkult*, „Tägliche Rundschau“, Jahrgang 1911, Unterhaltungsbeilage
Nr. 46, 47 und 49).
Stonehenge. 169
Strasse. Von diesen anderen Monumenten wurde bisher noch keines pra-
historisch nachgeprüft. Aber selbst, wenn es sich bewahrheiten sollte, dass
die Orientierung hier nicht stimmt, so ist damit noch nicht die Spur eines
Beweises erbracht. Bewiesen ware damit nur das eine, dass in den anderen
Fallen gedankenloser Formalismus wurde, was bei Stonehenge noch Plan
und Leben zeigt.
Wie leicht die Geer sakraler Baukunst in Vergessenheit
geraten, möchte ich erläutern an einem ganz anderen Beispiel, auf das
mich Herr von Unruh aufmerksam macht. In der Architekturabteilung
der Grossen Berliner Kunstausstellung war vor drei Jahren der Entwurf
für einen Kirchenbau zu sehen, dessen Architektur auf das 12. bis 14. Jahr-
hundert schliessen liess, und dessen Chorseite mit Apsis in voll auf-
fallendem Abendsonnenschein gemalt war. Man würde dem Architekten
wohl etwas ganz Neues gesagt haben, wenn man ihn auf das Unmögliche
einer solchen Phantasiebeleuchtung hingewiesen hätte mit der Bemerkung,
dass jede alte Kirche von Ost nach West steht, Türme nach Westen,
Altar mit Chor nach Osten. Die alten Grundgedanken sind eben in Ver-
vessenheit geraten, und seit dem Anfang des 19. Jahrhunderts baut man
Kirchen planlos meist so, wie man gerade Platz hat. Sicher wird auch
das wieder einmal anders werden. Man wird wieder Sinn bekommen für
die Schönheit des altgermanischen (nicht christlich-orientalischen!) Ge-
dankens, dass die Gemeinde vor dem Hochaltar die Stellung mit dem
Gesicht der aufgehenden Sonne zu haben soll, so dass in der Frühmesse
die Sonnenstrahlen durch die Chorfenster Hochaltar nnd Priester um-
spielen.
So auch liegen die Dinge bei Stonehenge. Wenn sich bei anderen
Monumenten, die zeitlich noch voraufliegen können, die Unrichtigkeit der
Orientierung erweist, so liegt die Erklärung doch nicht weit. Wir wissen
ja auch aus anderen Zeugnissen, wie gegen Ende der jüngeren Steinzeit
der aus dem Süden heraufkommende Totenkult die Kerngedanken des
uralten Sonnenkultus mehr und mehr verwischte. In der älteren Bronze-
zeit erst erlebte der Sonnenkult wieder eine glänzende Renaissance, und
der Wechsel in der Bestattungsart zeigt, wie jetzt die Macht des Toten-
kultus gebrochen war. Ihren gewaltigsten Ausdruck fand diese wieder-
erstandene nordische Weltanschauung in dem Wunderwerk von Stone-
henge, dessen Bedeutung als die eines Tempels wohl, wie die Trilithen
zeigen, durch neue Beweise erhärtet, nicht aber mehr erschüttert werden
kann.
Diskussion.
Hr. Schuchhardt: Ich bin zu der Anschauung, dass Stonehenge ein
monumentaler Grabbau sei, gekommen, als ich 1905 erkannt hatte, wie
schon unsere norddeutschen Megalithgräber ansehnliche architektonische
Gebilde gewesen sind (s. diese Ztschr. 1908, S. 813 ff.) und wie auch
unsere Rundhügel vielfach in Holz gebaute Schacht oder auch Kuppelgräber
enthalten haben (Präh. Ztschr. I 1909, S. 374 ff. Holwerda). Wie man sich
dabei das ursprüngliche Aussehen von Stonehenge zu denken habe, konnte
170 Diskussion.
nur durch eine genaue Untersuchung des Denkmals festgestellt werden,
und ich habe daher in diesem sekundären Punkte meine ursprünglichen
Vermutungen nachher korrigiert.
Um den Charakter von Stonehenge wissenschaftlich festzustellen,
wird man meines Erachtens fragen: Was ist in dem Denkmal gefunden?
Gibt es ähnliche Denkmäler und was ist in ihnen gefunden? In welche
Zeit gehören somit diese Denkmäler, und kann es sich in ihr bei uns
schon um „Sonnentempel“ handeln? Herr Pastor stellt aber keine dieser
Fragen. Vielmehr geht er bei seiner Beurteilung von lauter modernen
Dingen aus und überträgt sie ohne weiteres auf die Zeit vor fast
4000 Jahren: so dass heute das Volk zu Stonehenge wallfahrte, um am
Mittsommertage die Sonne aufgehen zu sehen, dass in neuerer Zeit in
Kirchen und Domen allgemein bestattet worden sei, dass er aus seiner
Konfirmandenstunde ein Christusbild mit je zwei Aposteln links und rechts
vor Augen habe als (Gegenstück zu den fünf Göt!erthronen bei Stone-
henge. Er glaubt auch diese Rückschlüsse für bindend halten zu dürfen,
bis die Gegenpartei ihre Unzulässigkeit erweise. Das wäre nun hier gar
nicht allzu schwer. In allen Chroniken des Mittelalters (von 1130 an)
wird Stonehenge als Grab betrachtet, es hat damals also sicher niemand
daran gedacht, hier die Sonne zu beobachten; erst 1723 hat Stukeley
seine „Orientierung“ entdeckt und es hat sich offenbar erst von da an,
also, wie so vielfach, auf Grund gelehrter Spekulation die Volkssitte ent-
wickelt. Ebenso ist der Rückschluss von dem Bestatten in gotischen
Domen unzulässig. Man soll mir ein einziges antikes Heiligtum nach-
weisen, das zugleich als Bestattungsplatz gedient hätte!
Die Hauptsache bleibt, dass einerseits die Theorie der Orientierung
nach der Erbauungszeit durch Lockyers Berechnungen selbst unmöglich
geworden ist, andererseits über 200 Stonehenge verwandter Anlagen heute
nachweisbar sind, die, wo nur immer sorgfältig in ihnen gegraben wurde,
sich stets als Gräber erwiesen haben. Für das Erstere führe ich an:
Lockyer hat für drei Anlagen, die gerade durch Ausgrabungen als
gleichzeitig um 2000 vor Chr. entstanden erwiesen sind, Stonehenge,
Stripple Stones in Cornwall und Criechie in Aberdeenshire, nach ihrer
jeweiligen Orientierung als Erbauungszeiten berechnet: 1680 vor Chr.,
1250 v. Chr., 600 vor. Chr. Wenn die Orientierung so fehlweist, ist sie
eben keine Orientierung.
Zum anderen aber sind ullein in Aberdeenshire 175 Steinkreise wie
Criechie vorhanden, die, wie Mr. Ritchie berichtet (bei Lockyer S. 385
Anm.), bei jeder ordentlichen Untersuchung das Grab geliefert haben.
Ausserdem hat aber kein (ieringerer als unser verelirter und höchst zu-
verlässiger Lissauer schon 1874 20 solcher Anlagen in Westpreussen aus-
segraben und sie ebenfalls Stück für Stück als Gräber erwiesen
(Lissauer: Die Prähist. Alt. Westpreussens S. 31, 42).
Wenn nun in Stonehenge selbst die deutlichen Anzeichen eines
Schachtgrabes gefunden sind, wenn in seiner Umgebung die „Diskus-
sräber“ zeigen, dass die rund umhegte Fläche dieselben Schachtgräber
birgt wie der runde Hügel und dass beide Grabformen gleichzeitig sind,
Diskussion, 171
wenn damit das umhegte Rund von Stonebenge seine klassische Parallele
erhält in dem Gräberrund von Mykenä, das ebenfalls Schachtgräber mit
Stelen aufweist, so ergibt sich, dass wir in allen Fällen Grabanlagen vor
uns haben und dass die Einzelsteine, die innerhalb der Umwallung von
Stonehenge stehen oder liegen, Stelen von Schachtgräbern sind, die sich
‘ebenso wie die kleinen Hügelgräber in die grosse Anlage hineingeflüchtet
haben.
Für alles weitere verweise ich auf meinen umfassenden Aufsatz
„Stonehenge“, der in der Präh. Ztschr. erscheinen wird'), und bemerke
nur noch, dass der Sonnentempel der Hyperboreer bei Diodor nach dem
Originaltext nicht „rund“ (xvxłociðijs), sondern kugelförmig (oqarooedis)
war, also ein reines Phantasiegebilde nach der Lehre des „hyper-
boreeischen“ Phythagoras, dass die Idealform aller Dinge die Kugelform
sei. Und ferner bemerke ich, dass für die Germanen Tacitus allgemeine
Bemerkung: sie verehrten die Götter nicht in geschlossenen Räumen,
(Germ.) massgebend ist und die gelegentliche Erwähnung eines Templum
der Tamfana (Ann. I. 51) oder der Nerthus (Germ. 40) nur eine Ent-
gleisung, ein zu speziell gewählter Ausdruck für „Heiligtum“. Da noch
bei der Irminsul der Sachsen, die Karl d. Gr. zerstört, von keinem Tempel
die Rede ist, hat es gewiss auch vorher in jenen Gegenden keinen ge-
geben.
Hr. Kiekebusch: Meiner Ansicht nach ist die Frage nach der Be-
deutung des Denkmals von Stonehenge auch jetzt noch nicht völlig ge-
klärt. Wohl aber haben die Herren Schuchhardt und Pastor zweifel-
los das grosse Verdienst, durch gründliche Behandlung die Frage ihrer
Lösung näher gebracht zu haben. Die Betrachtung des Denkmals von
zwei ganz verschiedenen Standpunkten aus ist ebenso wie die gemeinsame
Reise der beiden Herren zur Besichtigung au Ort und Stelle für die
Beurteilung überaus fruchtbar geworden. Beide Herren gehen sicher in-
sofern zu weit, als sie auch nicht einmal die schwerwiegendsten Gründe
der gegnerischen Ansicht gelten lassen wollen. Durch die von beiden
Seiten geübte einseitige Betonung bzw. Widerlegung der Gründe, die für
ein Grab oder für einen Sonnentempel sprechen, ist aber die wahre Be-.
deutung jedes einzelnen Grundes grell beleuchtet worden.
Hr. Schuchhardt hat — was ihn nur ehren kann — rückhaltlos
erklärt, dass er seine frühere Meinung, das Steindenkmal wäre von einem
Hügel überwölbt gewesen, nach der Besichtigung der Steine habe auf-
geben müssen. Damit ist aber eine Hauptstütze der Grabtheorie zu-
sammengesunken. Auch an der Erklärung der beiden Steine — des
„astronomischen“ und des „Schlachtsteines* — als Reste zweier weiterer
Kreise hält Sch. nicht unbedingt fest. Dass der „Altarstein“ eine Grab-
stele gewesen ist, liegt durchaus im Bereiche der Möglichkeit. Es kommt
darauf an, ob der ,Altarstein* unten behauen oder unbehauen ist; das
kann aber nur durch eine Ausgrabung entschieden werden. Ist damit
1) Inzwischen erschienen ist. Bd. Il, 1910, S. 292 - 340.
172 Diskussion.
nicht — und auch nicht mit der Heranziehung gefundener Brandreste —
der Nachweis gelungen, dass Stonehenge unbedingt ein Grab ist, so steht
durch Schuchhardts Auseinandersetzungen fest, dass Stonehenge zu
Gräbern in Beziehung steht. Eine gewisse Ähnlichkeit mit dem mykeni-
schen Gräberrund ist tatsächlich unverkennbar, und ebenso entscheidend
ist das Vorkommen von den beim Bau von Stonehenge abgesplitterten
Steinbruchstücken in benachbarten Gräbern. Auch die Erörterungen über
die Chronologie sind stichhaltig. Sehr interessant war Schuchhardts
Exkurs über die Beziehungen des Nordens zum Süden, auf die ja bisher
viel zu wenig Gewicht gelegt worden ist. Wenn Hr. Schuchhardt aber
nachweist, dass die Nachrichten der Alten über den äussersten Norden in
der Tat einen reellen Hintergrund haben, dann darf er nicht einzig uud
allein den Wert gerade der Stelle bezweifeln, die seiner Theorie unbequem
wird. Wenn wir aus den diirftigen Bemerkungen alter Schriftsteller ent-
nehmen kénnen, dass die Bewohner des Nordens fiir Sonnenanbeter ge-
halten wurden, so ist das eine, wenn auch nicht entscheidende, so doch
auch nicht kurzer Hand beiseite zu schiebende Stütze fiir die Ansicht,
dass der Sonnendienst im religiösen Leben des Nordens eine hervor-
ragende Rolle spielte. Die Forschung hat sich auch mit diesen Fragen
bisher zu wenig beschäftigt. Auch heute müssen wir natürlich mit
grösster Vorsicht und streng kritisch an diese Fragen herangehen, aber
die V-orgeschichtsforschung braucht sich nicht mehr vor dem Verdachte
eines gewissen Dilettantismus zu fürchten. Wer da glaubt, dass die Vor-
geschichte für die Lösung derartiger Probleme gar keine Anhaltspunkte
bietet, ist eben im Irrtum. Kein Geringerer als O. Montelius hat auch
neuerdings diese Dinge mit vollem Rechte und mit ausgezeichnetem Er-
folge behandelt.
Von den Gründen des Herrn Pastor kommen einige — z.B. der
Vergleich der drei höchsten Trilithen mit drei Figuren in einer christ-
lichen Kirche — für mich überhaupt nicht in Betracht. Auch bei Er-
wähnung und Heranziehung der Germanen muss kritisch verfahren werden.
Zwei Gründe Pastors sind aber unbedingt nicht von der Hand zu weisen.
Wenn die Astronomen — ohne von archäologischer Chronologie irgend
eine Ahnung zu haben, die Erbauung des Denkmals in das Jahr 1680
setzten und wir aus archäologischen Gründen fast genau dieselbe Zeit an-
zunehmen gezwungen sind, so dürfen wir die Grundlagen der astronomi-
schen Berechnung nicht ohne zwingende Gründe als falsch bezeichnen,
selbst wenn die Berechnung der Erbauungszeit anderer Denkmäler, die
nicht nach der Sonne orientiert sind, weniger sicher ist.
Der zweite von Hrn. Pastor angeführte Grund darf erst recht nicht
als unwesentlich oder gar völlig belanglos abgetan werden. Die noch
heute zur Zeit der Sommersonnenwende bei Stonehenge gefeierten Volks-
feste können sehr wohl auf so alte Zeiten zurückgehen. Für die hier in
Betracht kommenden Vorgänge hat das Volk ein gutes Gedächtnis. Ich
erinnere nur an die Sage vom Seddiner Königsgrabe, die sich durch drei
Jahrtausende hindurch und über zweimaligen Bevölkerungswechsel hinweg
in voller Treue erhalten hat. — Entschieden ist die Stonehengefrage noch
Diskussion. 173
nicht. Mir will es scheinen, als ob Stonehenge doch auch irgend welche
Beziehungen zur Sonne gehabt habe, ob nun gerade als Kultstätte, das
ist eine andere Frage.
Auf jeden Fall haben wir Ursache, Hrn. Schuchhardt und Hrn.
Pastor fir die vielfachen Anregungen, die sie uns geboten haben, dank-
bar zu sein.
Hr. Schuchbardt: Hr. Kiekebusch hat mich missverstanden, wenn
er meint, ich hatte von den Hyperboreern — als Sonnenanbeter — nur so-
weit gesprochen als meiner Theorie bequem sei. Dass sie alle die Sonne
als Gottheit verehrten, mag schon sein, die Griechen betrachteten sie aber
als lauter berufsmässige Sonnenanbeter und sprachen von ganzen Ort-
schaften von Lautenspielern, weil sie alle Hyperboreer, die zu ihnen
kamen, sich so betätigen sahen. Deshalb habe ich gesagt, es sei ähnlich,
als wenn heute die Eingeborenen von Zentralafrika oder Zentralbrasilien
uns Deutsche als ein ganzes Volk von Forschungsreisenden ansehen wollten.
Hr. Hubert Schmidt möchte die lebhafte Debatte auf einen
Ruhepunkt bringen und bemerkt, man habe Tatsachen von Deutungen zu
unterscheiden. Tatsachen sind bedingt durch eine strenge Analyse der
Formen. In dieser Hinsicht sind sie noch nicht genügend geklärt, um
eine Grundlage für sichere Deutungen abzugeben. Was ım besonderen
das von dem Vortragenden beigebrachte Material betrifft, so werden ver-
schiedenartige Dinge zusammengestellt, die nicht zusammen gehören.
Steinkreise allein genügen nicht zu ihrer Verknüpfung. Der Typus Stone-
henge ist zu unterscheiden von anderen Steinkreisen, in deren Mittel-
punkt ein Megalithgrab einerseits oder ein Menhir andererseits steht.
Das gilt auch von den Trilithen. Diejenigen Trilithen, die vereinzelt sich
finden und mit den Bilithen zusammen gehen, haben einen tischförmigen
Aufsatz und lassen sich mit Recht in Beziehung zu göttlichen Ideen
bringen. Anders sind die Trilithen am Stonehenge, deren Auflage in
einem Architrav besteht; sie sind nichts anderes, als der äussere Kreis
von Steinpfeilern, die durch Architrave verbunden sind, stellen also den
durchbrochenen Pfeilerkreis im Innern dar und mögen ihre Erklärung
in den architektonischen Verhältnissen der Anlage finden. Bevor nicht
eine Sonderung der Typen von Megalithbauten durchgeführt ist, sollte
man sich auf Deutungen und Zweckbestimmungen derselben nicht ein-
lassen oder wenigstens die nötige Vorsicht walten lassen.
lll. Literarische Besprechungen.
Hartland, Edwin, Sidney F. S. A. Primitive paternity the myth of
Supernatural Birtlı in Relation to the History of the family. London
David Nutt. 1909. 2 vol. 325 und 328 pag.
Der Verfasser, der sich vor Jahren durch sein dreibändiges Werk über die
Perseusmythe bekannt machte, bringt in dem vorliegenden Buche eine umfang-
reiche Arbeit über die Ursprünge der Vaterschaft und die übernatürliche
Schwängerung. Schon seit langem konnte man annehmen, dass es einmal eine
Zeit gegeben haben müsse, in der der uns so selbstverständlich dünkende Vorgang
der Schwängerung nicht erkannt wurde und man andere mystische Erklärungen
dafür suchte, aus denen beispielsweise unser Storchmärchen entsprang. Das dart
uns nicht wundern, wenn man bedenkt, dass primitives Denken sich nicht einmal
die Entstehung des Körperschattens erklären konnte und darin ein eigenes Wesen,
den Folgegeist, sah. Aber trotz der Vermutungen kam der Stein erst richtig ins
Rollen, als die Arbeiten von Roth (Ethnological Studies among the North-West-
Austral Queensland Aborigines, Brisbane — London 18%), Spencer-Gillen (The
native tribes of Central Australia London 1899 und The northern tribes of Central
Australia, London 1904), Howitt (The native tribes of S.-E. Australia, London 1904),
v. Gennep (Mythes et legendes d'Australia, Paris 1905), besonders aber Strehlow,
die Aranda- und Loritja-Stämme, bearbeitet von Mor. Frhr. v. Leonhardi
(Veröff. des Frkf. Völkerk.-Museums, Frankfurt 1908—1910 Teil I-III) erschienen.
Aus ihnen ergab sich, dass es heute noch Stämme gibt, denen der Gang der Be-
fruchtung nicht klar ist. Hartland zieht in seinem Werke die Konsequenzen.
lst es nicht bekannt, dass der Mann der Verursacher ist, dann ist er auch mit dem
Kinde nicht verwandt und dieses folgt so einzig und allein dem Stamme der
Mutter, ein Zustand, der ebenfalls längst bekannt war und seit Backofen mit
„Mutterrecht“ bezeichnet wird. Hartland gibt ihm aber hier erst die eigentliche
Grundlage. Die Erbfolge im Stamme des Vaters ist also nicht ursprünglich, sie
muss geworden sein. Das sind im grossen die Gedanken, die das Buch leiten.
Hartland bringt ein gewaltiges Belegmaterial bei, das in sieben Kapitel gegliedert
wird. Zunächst wird ein Überblick über jene Erzählungen gegeben, die eine über-
natürliche Schwängerung schildern. Die Geburt erscheint als Resultat von Essen
und Trinken, als Folge bestimmter Gerüche oder Berührungen. Das folgende
Kapitel zeigt die Zaubergebräuche, durch die man Kinder erlangen zu können
meint, so durch Gebrauch pflanzlicher, tierischer und mineralischer Substanzen.
durch Reifezeremonien usw. Man muss also geglaubt haben, dass Schwangerschaft
durch andere Momente als den geschlechtlichen Verkehr verursacht wird. Kapitel
zeigt uns die Geburt als eine Manifestation einer Person, die bereits früher existiert
hat. Hier geht der Autor vielleicht etwas weit, bringt aber eine Menge guten
Materials bei. Dem „Mutterrechte“ ist das folgende Kapitel gewidmet, wobei aller-
dings eigentlich nur die sogenannte „Mutterfolge“ behandelt wird, aber ebenso, wie
bei der folgenden Schilderung der Entstehung des Vaterrechts, wesentlich neue
Literarische Besprechungen. 175
Momente nicht beigebracht werden. Der Eifersucht wird in einem folgenden
Kapitel ein grösserer Einfluss auf die Durchführung vaterrechtlicher Beziehung zu-
geschrieben. Das Gesamtresultat, zu dem der Verfasser kommt, ist also der Schluss,
dass die Idee der Vaterschaft von den ersten Menschen nicht erfasst wurde und
dass die Ursache der Geburt noch jetzt mehr oder weniger ein Geheimnis für ver-
schiedene Völker tiefstehender Kultur ist. Im wesentlichen ist dies die gleiche
Ansicht, die genau zur selben Zeit in dieser Zeitschrift (1909 Heft V S. 644) unab-
hängig vom Referenten und in „Folklore“ 1909 geäussert wurde.
Sie hat bedingten Widerspruch erfahren, und für die Stellungnahme zu Hart-
lands Arbeit ist in erster Linie die Kritik, die Frhr. v. Leonhardi der Arbeit
des Referenten widmete, von Interesse. In einem Briefe an den Referenten gibt
Leonhardi, der Herausgeber der Aufzeichnungen Strehlows, die Richtigkeit der
Grundthese zu, hat aber Bedenken gegen die Hereinziehung der heutigen An-
schauungen der australischen Völker zum Beweis für die Vorstellungen der Urzeit.
An sich tut es dabei nichts zur Sache, ob die Australier von heute eben in das
Geheimnis von Cohabitatio und Conceptio eingedrungen sind, wenn es nur Tat-
sache bleibt, dass die Zeit ihrer Unkenntnis soeben erst vergangen ist. Und das
ist durch die neueste Mitteilung Strehlows im 3. Heft der Veröffentlichungen des
Frankfurter Museums 1910 S. X ausser Zweifel gestellt Strehlow berichtet da,
dass die alten Männer den jungen Leuten nach wie vor das orthodoxe ratapa-
Dogma lehren, obwohl sie selbst — oder doch einige von ilınen — heute zu einer
rationelleren Auffassung gekommen sind, diese aber verheimlichen, damit ihr An-
sehen nicht leidet. Wenn Leonhardi an gleicher Stelle (5. Heft S. XI) sagt, dass
Referent sich über die von ihm selbst zugegebene Tatsache, die erste Kenntnis des
wahren Zusammenhangs müsse an den Haustieren beobachtet sein, zu leicht hin-
wegsetze, so ist das nicht richtig. Eine solche Erkenntnis war nur an den Haus-
tieren zu machen und eigentlich nur im Stadium des Nomadentums, dem die
Australier im vollen Sinne des Wortes nicht angehört haben. Damit ist also für
die Gegner nichts gewonnen. Ja, sie schaffen selbst das beste Material bei für
die Anschauung, dass die Australier auch jetzt noch teilweise den Vorgang der
Schwängerung nicht richtig erfassen. Strehlow, wie Leonhardi selbst schreibt,
beeinflusst durch die Lektüre der entgegenstehenden Ausführungen des Pater
Schmidt, glaubt ihm entgegenzukommen, wenn er nachträglich feststellt, dass
Spencer und Gillen (Nat. trib. S. 265) Recht gehabt hätten, wenn sie äusserten,
dass die cohabitatio eine Art Vorbereitung der Mutter zur Empfängnis eines Kindes
sei. Der Coitus müsse die Gebärmutter des Weibes erweitern, damit der ratapa
eindringen könne; ohne vorhergehenden Coitus sei die (Gebärmutter eine ver-
schlössene, eine ilba worranta. Damit ist aber gerade die Ansicht Hartlands
und des Referenten bestätigt, denn das Kind wird so vollständig von aussen auf
übernatürlichem Weg empfangen. Der Coitus trägt zum Werdeprozess gar nichts
bei, er erleichtert nur den Eingang. Schliesslich läuft die Ansicht vieler Eskimo,
dass das männliche Sperma zur Ernährung des Embryo diene, auf das gleiche
hinaus. Leonhardi, der auch den Balınen des Pater Schmidt wenigstens teil-
weise gefolgt ist, gerät dann auch in eine Sackgasse. Er muss (S. XI im 3. Heft)
natürlich schreiben: „Unklar bleiben mir nach wie vor die Angaben Strehlows
über die Beziehung des Essens von Speisen und der Kinderempfiingnis. Diese
Vorstellungen passen nicht, recht zu der sonstigen ratapa-Lehre.* Sie passen im
Gegenteil eben sehr gut. Geht der ratapa, wie die Australier glauben, von Pflanzen
aus, dann ist natürlich das Essen von Vegetabilien der einfachste Weg, auf dem er
in den Leib der Mutter wandert. Es ist eine ähnliche Ideenassoziation wie die,
nach der die Kannibalen glauben, durch das Essen von Menschenfleisch der Fähig-
keiten des Aufgegessenen teilhaftig zu werden. Selbstverständlich glaubt man
nicht von jeder pflanzlichen Nahrung befruchtet zu werden, genau so, wie der
Volksglaube nicht jeden Baum für einen Seelenbaum und jeden Brunnen für einen
Kinderbrunnen hält. Wir dürfen von primitiven Völkern nicht verlangen, «dass
sie sich eines lückenlosen, logischen Denkens befleissigen. So hat die Arbeit des
176 Literarische Besprechungen.
PaterSchmidt, die seinem von vornherein feststehenden Ergebnis eine nachträgliche
Beweisführung sein sollte, zwar eine kleine Verwirrung hervorgerufen. die auch
Leonhardi und selbst Strehlow etwas beeinflusste, eine Entkräftung der
Resultate Hartlands und des Referenten war sie aber ebensowenig, wie sein
Pygmäenwerk, in dem er die dauernde Monogamie als ursprüngliche Geschlechts-
verbindung bezeichnet, weil sie bei vielen niederen Jägervölkern besteht, eine An-
sicht, die er übrigens Grosses „Formen der Familie“ entlehnt hat. Beide Autoren
vergessen, dass ein primitives Volk, das durch missliche Verhältnisse auf einer
tiefen Kulturstufe stehen geblieben ist, in einzelnen kulturellen Erscheinungen eine
separate Entwicklung nehmen kann. Bei ihnen ist die Monogamie eine Ver-
armungserscheinung, nicht der Rest des Urzustandes, den die höheren Jäger in
manchen Punkten besser bewalırt haben. Man kann also auch nicht schliessen:
weil viele der primitivsten unserer Völker heute monogam leben, ist Monogamie
ursprünglich und mithin müssen auch die primitivsten Menschen den Zusammen-
hang von Cohabitatio und Conceptio erkannt haben. Dieser Schluss ist falsch. weil
die Voraussetzung falsch ist. Es bleibt also auch nach dieser Seite hin die durch
ein gewaltiges Material gestützte Anschauung Hartlands und des Referenten auf-
recht. Ferd. Frhr. v. Reitzenstein.
Castes and Tribes of Southern India by Edgar Thurston C. L E.
assisted by K. Rangacharı M. A, Government Press, Madras 1909,
7 vols.
Ein siebenbändiges, reich illustriertes Sanımelwerk kurz anzuzeigen, ist keine
ganz leichte Aufgabe. Das uns vorliegende Werk, welches wohl den Abschluss
der langjährigen verdienstvollen Bemühungen um die Ethnographie Südindiens
Edgar Thurstons (now retired) während seiner Amtstätigkeit in Indien darstellt,
ist in der für solche Arbeiten zunächst noch besten Form, der eines Lexikons, er-
schienen. Soweit wir in Europa die Quellen kontrollieren können, sind die früher
in den Bulletins des Madras Government Museums erschienenen Materialien,
zum Teil mit denselben Bildern, manchmal vermehrt, manchmal gekürzt. zum
Neuabdruck gelangt. Schon 1906 hatte E. Thurston dieselben Materialien zu
einem vergleichend gearbeiteten Buche: „Ethnographic Notes“ verwendet,
einem Buche, bei dessen Benutzung der Mangel eines Index sehr empfunden wird.
Über die Verwendung des Stoffes vergleiche man z.B. Art. Nayar mit Bull. LT 3,
IV 3, 143 ff., oder Art. Paraiyan mit Bull. V 2, 58—91. Ethn. N. 487 ff, oder Art.
Kordh mit Bull. IV 1, 51—534, Etlın. N, 510—519., 504-507, 155 f, 10-13 usw.
Für die ungemein zahlreichen und wichtigen anderen Materialien aus ver-
schiedenen Lokalberichten, welche uns hier nicht zugänglich sind, ist es unmöglich,
die Quellen nachzuprüfen. Bei der Schwierigkeit, diese Literatur in Europa zu er: .
langen, haben sich die Herausgeber ein ausserordentliches Verdienst erworben. da-
durch, dass sie uns eine wahre Hochflut des interessantesten Materials auf einmal
bandlich zugänglich gemacht haben.
Die Art der Entstehung des Buches schliesst eine Eigenart ein, welche ich
erwähnen muss. Es ist dies die Ungleichheit in der Orthographie der Namen
und die ungenaue Wiedergabe derselben, indem di? für die Bedeutungsbestimmung
der indischen Namen so wichtigen Cerebrallaute nirgends bezeichnet sind. Die
Namen der Kasten und Stämme werden bald in der Basisform, bald in der Singular-
form (so in den meisten Fällen), bald in der Pluralform angegeben. Es sind dies
Kleinigkeiten für den mit den Drävida-Sprachen nur einigermassen vertrauten
Leser, sie können aber zu bösen Fallen werden, wenn jemand ohne jegliche
Kenntnis einer indischen Sprache das Buch benutzt. 'TTamil-Transskriptionen von
Sanskritnamen sind nur selten als solche bezeichnet, so ist z. B. der mehrfach vor-
kommende Dämon Kantakaranan niemand anders als Ghantakarna usw.
mme EE EE, - EEEE y O E N N EO E E E E E Gg OOO
e —
ne, 4, En
Literarische Besprechungen. 177
Aus der ungeheuren Masse von Artikeln heben sich eine Reihe grisserer AL-
handlungen heraus. Man wird bei der Lektüre gut tun, mit diesen grösseren Ab-
schnitten zu beginnen und die zusammengehörigen nacheinander aufzusuchen. So
gehört zusammen: Badaga I 63—124, Toda VII 116-167, Kota IV 3—31 und Irular
II 372-391 oder Kondh III 356 - 415, Savara VI 304—347 oder Kallan III 58—91,
Maravan V 22-48 und Agamudaiyan I 5 ff., ferner: Izhava II 392—418, Tiyan VII
36—116, Billava I 243ff,, Halepaikaru II 320ff., ferner Holeya II 329—351,
Paraiyan VI 77-139, Cheruman II 45 ff, Thanda Pulayan VII 19 ff.
Ganz enorm reich ist das mythologische Material sowohl in bezug auf die
Kulte der Aboriginer (Grämadevatäs, Teufelsdienst, I 17, 157, 251, II 251, 346, IIl
192, IV 4, 37, 97, V 68, 141 ff., 390, VI 30, 135, 139, 141, 206, 230, 374, VII 69, 321
usw.) als auch für die aufgepfropfte Hindümythologie. Es ist im höchsten Grade
interessant, zu beobachten, wie die Hindü-Götter, die Sippe Sivas, die Helden des
Mahabharata und Ramayana, ferner Parasurama, der brahmanische Kultivator von
Kürala (Malabar) mit den alten Göttern in Ausgleich gebracht werden Da ich
hoffe, an einer anderen Stelle einen ausführlichen Bericht geben zu können, gehe
ich hier nicht weiter auf dies glänzende Material ein. Nur möchte ich noch er-
wihnen, dass auch die Geschichte der südindischen Tempel und besonders die
Darstellung der Feste (Schwingfest, sog. Carkh-püjä, Tam. cetil III 45, Pongal II
375, III 89, 213, IV 429, VI 9, 279, VII 201 usw) durch reiche Notizen bekannter
werden, ferner die Heiratsgebräuche, das Erbrecht der verschiedenen Kasten und
Kastenlosen und die Geschichte der Stämme selbst.
Von sonstigen Notizen, welche besonders Ethnographen interessieren, hebe ich
hervor: die Erwähnung von Puppenspielen mit Stoffen aus dem Rämäyana und
den Püränas s. v. Thakur VII 19, von Ledermarionetten (bewegliche Lederfiguren)
mit ähnlichen. Stoffen HI 293, über heilige Fische I 120, Hahnenkämpfe I, 156 f.,
Blasrohre IV, 128. Interessant ist das zusammengebrachte Material über die selt-
same Sitte der Mütter der Morasukaste, vor der Ohrbohrzeremonie, d. h. vor der
Verheiratung der ältesten Tochter im Tempel des Bhairava das erste Glied zweier
Finger (des dritten und vierten Fingers) sich abhacken zu lassen, vgl. z. S. Journ. of the
Anthrop. Soc. of Bombay 1449 ff., mitAbbildungen, ferner die aus Buchanan wieder
reproduzierte Notiz von der Freilassung gefangener Vögel bei Beginn der Durgi-
püja in Kalkutta VI 263, eine Sitte, welche offenbar ein Rest aus buddhistischer
Zeit ist, und endlich die drollige Geschichte von dem doppelten Sektenzeichen
eines klugen Hucavan IV 197, der sich die Tempelkundschaft beider Mürgas, der
Saivas und der Vaignavas dadurch sicherte, dass er sich das Tilaka der Saivas auf
die Stirne und das der Vaisnavas auf den Bauch malte. Die beispiellose Liberalität,
mit der das Werk von der Regierung an alle Interessenten frei versandt wurde,
verdient unsern lebhaftesten Dank. Grünwedel.
-Wörter und Sachen. Kulturhistorische Zeitschrift für Sprach- und
Sachforschung. Herausgegeben von R. Meringer, W. Meyer-
Lübke, J.J. Mikkola, R. Much, M. Murko. Band I. Heidelberg,
Carl Winters Universitätsbuchhandlung. 262 S. 4° mit 175 Ab-
bildungen und 2 Karten.
Der Titel dieser neuen Zeitschrift, deren Ankündigung an dieser Stelle durch
mehr als einen bösen Zufall so weit hinaus verschleppt ist, enthält ja das Pro-
gramm in so gedrängter Kürze, dass es keines Wortes der Erläuterung bedart.
Weil nun aber bekanntlich auch das beste Programm einer neuen Zeitschrift
nur dann den Erfolg verbürgt, wenn sie wirklich die verdiente Verbreitung findet,
hatte ich es mir schon lange zur Pflicht gemacht, den Mitgliedern unserer Gesell-
schaft eine Übersicht über den Inhalt des ersten Bandes zu geben, und sie weiteren
Kreisen über unsere Mitglieder hinaus recht warm zu empfehlen.
Zeitschrift für Ethnologie. Jahrg. 1911. Heft 1. 12
178 Literarische Besprechungen.
Die Namen der fiinf Herausgeber sind in philologischen Kreisen ja recht gut
bekannt und die Energie und Umsicht Meringers gibt uns die beste Aussicht
auf ein weiteres Gelingen des immerhin schwierigen Unternehmens. Aber der
Inhalt des ersten Bandes biirgt uns auch dafiir, dass das ganze, ausgedehnte Ge-
biet und der unerschöpfliche Reichtum an Beziehungen zwischen Philologie,
Archäologie und allen Grenzgebieten in der neuen Zeitschrift ausgiebig zu Geltung
kommen werden, wenn auch zunächst noch eine streng genommen prähistorische
Arbeit fehlt.
Dass die neue Zeitschrift nicht davor zurückschreckt, die weitgehendsten
Theorien unserer jüngsten Forscher, wenn sie nur anregend wirken, aufzunehmen.
beweist Pesslers ja freilich geradezu programmatische Arbeit: „Ethno-gesgraphische
Wellen des Sachsentunis“, während einige philologische Arbeiten Indisches und
Slawisches heranziehen, und Meyer-Lübckes interessante Arbeit über das
romanische „Bast“, die alte Erklärung des Ausdrucks Bastard als Sattelkind auf-
hebt, ohne freilich schon eine genügende neue Auslegung dafür zu geben, denn die
Bedeutung von Bast = Stock, frz. Baton, führt uns in ejn ausserordentlich viel-
gestaltiges und vieldeutiges Gebiet, lässt uns aber ohne Entscheidung.
Ein ebenso wichtiges, wie doch nur durch eine ausserordentlich ausgebreitete
sachliche Kenntnis zu bezwingendes Thema behandelt Strzygowski: „Der sigma-
förmige Tisch und der älteste Typus des Refektoriums“ in einer Arbeit von
10 Seiten und 112 z. T. grossen Abbildungen, die aus den ältesten christlichen
Zeiten bis zum Bauriss des Klosters St. Gallen führt; während Bünker das
‚Bauernhaus in der Gegend von Köflach mit 47 Textabbildungen behandelt.
Natürlich fehlen einige rein sprachliche Arbeiten nicht, von denen eine kleine
Arbeit von R. Much über Holz und Mensch ein schwieriges Thema kühn und ent-
schlossen packt, aber die entscheidende Bedeutung von Wörter und Sachen
liegt doch in den beiden grossen Abhandlungen, der von Meringer, die Keule,
Stampfe, Hammer usw. als Zerkleinerungs- bzw. Mahlgeräte behandelt (25 Seiten
mit 35 Abbildungen), und von W. Meyer-Lübke, Wien: Zur Geschichte der
Dreschgeräte (34 Seiten, 40 Abbildungen und 1 Karte). Diese Aufsätze behandeln
zwei ausserordentlich wichtige Gegenstände des wirtschaftlichen Lebens in Bild
und Wort mit so ausgezeichneter Sachkunde, dass wir uns wohl Glück dazu
wünschen können, eine so lang erwünschte Fachzeitschrift in so ausgezeichneten
Händen zu wissen. Ed. Hahn.
Iyer, Anantha Krishna, The Cochin Tribes and Castes, Vol. I. Madras,
1909. London: Luzac & Co. XXX und 366 Seiten.
Der Verfasser behandelt folgende Kasten, deren Namen ich hier in korrekter
Schreibung!) wiedergebe: Von den Jungle-Stämmen die Kader, Nättu-Malayer,
Konga-Malayer oder Malaéer, Villu-Véder, Näyädi-mär und Ulläder; von den Feld-
arbeitern die Parayer, Pulayer bzw. Tserumer, Véttuver, Kätter?. (Kudaver?) und
_ Kanakker; ferner die Bettlerkaste der Pulluver; von Teufelstänzern die Véler; die
als Barbiere und Schirmmnacher fungierenden Päner; die Vilkuruppanmär: die als
Kaniyär bezeichneten Sterndeuter bzw. Schirmmacher; die Fischerkasten der Vajer:
Kadal-Arayer und Mukkuver; die Palmzapferkaste der Ilaver (Tiyer, T&tyaver,
Tséyor, Tsöyer); endlich die Handwerkerkaste der Kammiler, zu denen die Zimmer-
leute (Maraläri- -mär), Maurer (Kallasari- -mir)3 Grobschmiede. (Koller),. Metallarbeiter
(MiSari-mar), Goldschmiede (Tattir) und Lederarbeiter (Tölkoller) gerechnet
werden.
1) Eine solche ist wegen der vielen gleichlautenden oder doch ganz ähnlichen
Kastennamen usw. unerlässlich.
Literarische Besprechungen. 179
Das Werk ist mit guten Illustrationen versehen und bringt ausführliche An-
gaben über Tradition, Dorfanlage, Ehe, Erbfolge, Religion, Beschäftigung, Kleidung,
Schmuck usw. Die Vernachlässigung der sprachlichen Seite und die damit zu-
sammenhängende ungenaue Transkription aller möglichen Namen lässt den Leser
über manche Probleme nicht ins Klare kommen. Auch vermisst man spezielle
Abbildungen ethnographischer Gegenstände. Andrerseits enthält das Buch jedoch
eine so grosse Menge unschätzbaren Materials, dass man dem Autor von Herzen
dankbar ist und gern über die kleinen Lücken hinwegsieht. Hoffentlich lässt er
dieser Publikation den angekündigten zweiten Band bald nachfolgen.
Hinsichtlich der Jungle-Stämme sowie der dem Buche beigegebenen Ein-
leitung, die aus der Feder A. H. Keanes stammt, dürften folgende Bemerkungen
am Platze sein: Je besser und umfangreicher das Material zur südindischen Ethno-
graphie wird, desto mehr Wahrscheinlichkeit verleiht es der Annahme einer vor-
dravidischen bzw. vorkolarischen Bevölkerung. Dieselbe ist pygmoid, dunkelfarbig,
dolichokephal und platyrhin: das Haar ist wellig oder kraus (eine Tatsache, die
vielleicht bei besserer Kenntnis eine Zweiteilung der Urbevölkerung gestatten wird).
Hierhin gehören besonders die Pulayer!) in Malabar, Cochin und ‘Travancore
(Körperhöhe 150,5 - 153 im Durchschnitt), die Känikkärer in den Bergen von Süd-
Travancore (155,2—158,7), die Näyädi-mär in Siid-Malabar und Cochin (153), die
Paniyer in Malabar (Wynad) mit 157,4 Kérperh., die TSerumer in Süd-Malabar (156,6
bie 157,5), die Kader in den Anaimalai (157,7), die Yenädivarı in den Telugu
sprechenden Distrikten der Madras Prisidentschaft mit Ausnahme von Bellary, die
Paliyer in Tinnevelly und Madura (150,9), die Bettada-Kurubaru in Mysore, die
Mala-Vider in Travancore (154,2) und last not least die Felsen-Veddahs (richtiger
Wäddö) in den Badulla bzw. Nilgala-Bergen Ceylons (153,8— 157,6).
Welche Stellung in dieser Hinsicht die DZuäng oder Datun in Dhenkanal und
Keonjhar (Durchschnitt unter 152,5) und Santäl in Manbhum?) einnehmen, lässt
sich vor der Hand noch nicht angeben. Die Körpergrösse geht bei den Pulayer
bis 143,1 herunter, bei den Mala-Véder bis 140,8. Die hier angeführten Stämme
haben alle ohne Unterschied ihre eigene Sprache längst verloren und sprechen
heute ein dravidisches Idiom bzw. Sinhalesisch; ihr Stammesname ist ganz
sekundär (Käder = Jungle-Bewohner, VüJer = Jäger usw.). Nicht selten bemerkt dieser
‘oder jener (rewährsmann, dass diese Autochthonen eine eigentümliche Aussprache
besässen, ein Gemisch von Tamil und Malayälanı redeten, und ähnliches mehr. Da
natürlich die ursprüngliche Sprache obiger Stämme nicht mit Stumpf und Stiel
ausgerottet sein kann, so wären ausführliche Lexika der betreffenden Idiome von
der allergrössten Wichtigkeit.
Möge diese Notiz auch den Autor dieses Buches dazu veranlassen, den Jungle-
Stämmen sowohl in ethnographischer als auch linguistischer Beziehung seine be-
sondere Aufmerksamkeit zuzuwenden. Wilhelm Planert.
1) Vgl. Jagor-Koerbin, Messungen an lebenden Indiern. Zeitschr. f. Ethn.
1819. E. Thurston, Castes and Tribes of Southern India. Madras, 1909. Vol. I
bis VII. Risley, The People of India. Caleutta, 1908. E. Schmidt, Beiträge
zur Anthropologie Stidindiens, Archiv für Anthrop. Neue Folge, Band IX, Heft 1
und 2.
2) Der im Berliner Museum für Völkerkunde befindliche Abguss eines Santäl
tiber den lebenden Körper geformt) ist etwa 150 cm hoch.
180 l Literarische Besprechungen.
Ethnographische Beiträge zur Germanisch-Slawischen Altertumskunde von
K. Rhamm. Zweite Abteilung, zweiter Teil, Germanische Altertümer
aus der slawisch-finnischen Urhöimat. Erstes Buch: Die altslawische
Wohnung. Braunschweig, Kommissions-Verlag von Fr. Vieweg 1910,
X und 431 S. 8°.
Früchte einer fast vierzigjährigen, intensiven Sammler- und Forscherarbeit sind
in diesen „Beiträgen“ niedergelegt, die sich würdig den vorausgegangenen Beiträgen,
speziell dem Riesenbande über die urzeitlichen Bauernhöfe im germanisch-slawischen
Waldgebiet (von 1908), anreihen. Allerdings befand sich der Verfasser bei der Aus-
arbeitung dieses Bandes in einer wesentlich ungünstigeren Lage; beruhte nämlich
der vorige Band auf eigener Anschauung, gewonnen durch langjähriges Durch-
streifen deutsch-slawischer Gegenden von der Eider bis zur Save, so ist bei diesem
Bande der Verfasser ausschliesslich von Anderen abhängig gewesen. Er kennt
nicht mehr aus eigener Anschauung die russischen und polnischen Gegenden und
Bauten und ist bloss auf die sehr zerstreute und öfters versagende Literatur des
Gegenstandes (die er mit erstaunlicher Sorgfalt zusammengebracht hat), angewiesen;
daher wird sein Material lückenhaft und sind sogar Missverständnisse nicht aus-
geschlossen, namentlich ein verhängnisvoller Irrtum unterläuft ihm auf S. 129: die
Angabe dort bezieht sich gar nicht auf die Stuben, wie Verfasser meint, sondern
auf die Bauernhäuser selbst und ihre gegenseitige Lage: Das russische izba, das
Stube und Haus bedeutet, täuschte den Verfasser. Trotzdem bleibt das Werk
äusserst verdienstvoll, ist es doch der erste Versuch überhaupt (nicht nur in deutscher
Sprache), das slawische Bauernhaus nach allen seinen Typen darzustellen und zu
erklären. Freilich geht bei dieser Erklärung der Verfasser vom grossrussischen
Bauernhaus aus; ihm hat stets „das grossrussische Haus von allen slawischen
Bauten der alten Heimat die meisten Reste des Altertums bewahrt“ (II, 1, 216), und
andererseits sind „bei den Grossrussen die Anklänge an die germanischen Vorbilder
in den Bauten am kenntlichsten erhalten“ (409); diese „germanischen Vorbilder“
bei den Slawen zu erweisen, ist ein Hauptzweck seiner Arbeit, der meiner Ansicht
nach gar nicht erreicht ist oder höchstens nur für grossrussische Verhältnisse
einigermassen .passt.
Wohl beruft sich der Verfasser hierbei auf wirkliche und noch viel öfters auf
vermeintliche Lehnwörter des Slawischen aus dem Germanischen, da ja die Namen
mit den Sachen zu wandern pflegen, aber das beweist bei der bekannten „Xeno-
manie“ der Slawen gar nichts. Die Slaven pflegen nämlich schon im frühesten
Mittelalter Bezeichnungen der eigenen Sprache aufzugeben, sie ohne Grund und Not
durch fremde, germanische oder orientalische, zu ersetzen; wer darauf Schlüsse
baut, muss folgerecht den Slawen z.B. die Milch erst durch Germanen bekannt
werden lassen, da ja alle Slawen nur den einen germanischen Ausdruck für Milch
besitzen. Die eigene Terminologie der Slawen für den gesamten Hausbau ist jedoch
eine sehr reiche und selbständige; man vergleiche hierfür die Termini dom, dvor
chatupa, trém (das ja nicht aus dem Griechischen entlehnt ist), chram, kosSta,
jata, klétr, sénr, u.a.; dass sie noch dazu aus dem Deutschen chyz (Haus), und
istuba (Stube, falls dies nicht aus dem Romanischen zu ihnen gekommen ist),
entlehnt haben, besagt somit nichts. Übrigens haben sie istuba nur in der Be-
deutung „Badestube* übernommen und erst später ist istuba auch ,Wohnstube-
überall geworden; die ältesten einheimischen Quellen brauchen istuba als Bade-
stube (z. B. der sog. Nestor, d.i. die altruss. Chronik; man vgl. auch in Christians,
des Böhmen Wenzelslegende aus dem Ende des X. Jahrh. die Wendung: in asso
balneo quod populari lingua stuba vocatur): das Wort ist aus der Bad- in die
Wohnstube gewandert, weil gerade die Hausnamen in steter Umformung begriffen
sind. Man vergleiche nur, was alles aus trém, chyz, oder kosta geworden ist,
konnte doch z.B. chyz (deutsch hus) in einem und demselben Dialekte in zwei
erundverschiedene Wörter auseinandergehen, in his Keller, Gaden und in hiša
Wohnstube; in Wollin 1125 war stuba nicht mehr Badestube, wie wir es aus den
Literarische Besprechungen. 181
Biographen Otto v. Bambergs wissen. Aus der Entlehnung von istuba folgern
zu wollen, dass der Slave die Badestube oder gar Wohnstube von den Germanen
bekommen hätte, geht schon darum nicht an, weil er daneben einheimische Aus-
drücke für das Bad (Dampfbad) seit jeher hatte, bania und taznia, die aus dem
Germanischen (bad-stube, lang-stube), oder aus dem Romanischen (balneum, bain
usw.) herleiten zu wollen, ganz vergebene Mühe ist, sind dies doch klare, ur-
slawische Bildungen. Und eben so muss ich eine ganze Reihe anderer Ent-
lehnungen des Verfassers entschieden abweisen; die Übereinstimmung von deiftsch
parc Schober, mit slaw. borg (brog usw.) das ist äusserliche zufällige Laut-
vleichheit, wie die von bania-bagno, Auge-avyy) u.a. Ebensowenig stammt russ.
&utan Vorratskammer aus altnord. kylna; das Wort lässt sich aus einheimischen
Sprachgut ohne weiteres deuten, wenn es nicht aus irgend einer orientalischen
Sippe stammt, eben so wenig ist poln. wyrko = Werk usw.
Ich bezweifle aber überhaupt, ob es richtig ist, von dem grossrussischen Wolin-
haus als dem altertümlichsten auszugehen. Die klimatischen Verhältnisse: der
ausserordentliche Holzreichtum; das altnordische Beispiel, doch erst von der
Warigerzeit her, da Nordmannen Russland beherrschten: die Wohlhabenheit und
grössere Selbständigkeit des nordgrossrussischen Bauern haben eine Entwicklung
begünstigt, die sich gerade von der altslavischen sehr entfernt. Was beweist z. B.
der Umstand, dass dem Grossrussen heute (und so schon seit Jahrhunderten), der
Gebrauch des offenen Feuerherdes (wofür er nur die peč, den Backofen, kennt)
völlig fremd geworden ist, für uralte Verhältnisse? Die Behauptung (S. 94), „dass
die letzte auf wissenschaftlichem Wege zu erschliessende Wohnung, die altslawische
istuba, denn weiter kommen wir nicht zurück, nur den Ofen, nie den Herd gehabt
hat“, ist für mich, sowohl was die istuba (eine verhältnismässig junge Entlehnung.
etwa wie chyz', als was den Ofen anbelangt, unannehmbar.
Ich habe absichtlich meine völlige Abweichung von den Grundanschauungen
des Verfassers hervorgekehrt, um seinen beschreibenden und resumierenden Aus-
führungen desto gerechter werden zu können. Namentlich der ganze erste und zu-
gleich Hauptteil des Bandes, „Das Wohnhaus der russischen Slawen und seine ver-
schiedenartige Einrichtung“ (S. 1—298) ist für den deutschen wie für den slavischen
Ethnographen nicht hoch genug einzuschätzen, wegen des zum ersten Male in dieser
Vollständigkeit und Ubersichtlichke zusammengebrachten Materials, das durch
viele Zeichnungen anschaulich gemacht wird. Es wird zuerst das nordrussiche
Hofhaus, das höhere oder niedere Stockhaus (d.h. auf einem Unterbau, Erdgeschoss
aufgeführt), charakterisiert, sowohl der Einbau von Haus und Hof unter einen
Dache wie der Zwiebau (mit seitlicher Verbindung von Haus und Hof). Das zweite
Kapitel (S. 71 ff.) zeigt das Wachstum des russischen Hauses von seiner Urzelle,
der istuba, an; der Name ist falsch, an der Sache wird damit nichts geändert.
Im dritten Kapitel wird die izba des grossrussischen Stockhauses nach allen ihren
Bestandteilen (Ofen, Verschlag, Schlafstätten u. dgl.) genau erläutert; das vierte
Kapitel bespricht die izba des Niederhauses, von dem als dem älteren ich aus-
gegangen wäre; Verfasser muss mit Vereinfachungen der altslawischen Wohnung in
Zeiten unstäten Wanderns rechnen, während nach allen Analogien der umgekehrte
Vorgang von vornherein ungleich wahrscheinlicher ist; hier werden das Wohnhaus
der Kleinrussen, Polen, Böhmen, Südslawen erörtert. Zuletzt wird das Strohdach
und dessen Technik eingehend behandelt.
Der zweite Abschnitt, „das altslawische Wohnhaus und sein germanischer
Hintergrund“ (301 ff.), gipfelt in der Behauptung (311), „dass die altslawische
Wohnung mit allem, was in ihr niet- und nagelfest ist, nicht auf eigenem Grunde
ruht, sondern auf einer Nachahmung germanischer Wohnungsverhältnisse* usw.,
was durch eine Reihe von Entlehnungen erwiesen werden soll. Wenn ich vom
izba selbst absehe, das allerdings entlehnt ist, woraus jedoch nichts besonderes zu
folgern ist, zumal die altnordische stofa (= Wohnstube, als unmittelbare Quelle von
slaw. stuba dass.), gar keinen Ofen besitzt, der ja das eigentliche Merkmal der
izba ausmachen soll, so sind die anderen Entlehnungen und die daraus gezogenen
182 Literarische Besprechungen.
Schlüsse irrig; nur für ganz lokale, nordgrossrussische Einrichtungen (solnysz,
golbiec) hat Verfasser das Richtige getroffen. Die Annahme einer alten Schlaf-
bühne im urslav. Hause, wobei natürlich wieder Sache und Name aus dem germ.
entlehnt wären, wird einfach durch die Angabe des Dlugoz, des ausgezeichneten
Kenners poln. Volkstums im XV. Jahıh., widerlegt, wonach ausdrücklich die alten
Polen (auf keinem pol = Bühne, sondern) auf der Erde geschlafen haben. Ich betone
nochmals, die sachlichen Ausführungen des Verfassers lassen nichts zu wünschen
übrig, desto mehr dafür die sprachlichen; sein etymologisches Rüstzeug ist ein ganz
loses; desto erfreulicher, belehrender und von bleibendem Werte sind die tatsäch-
lichen, zum ersten Male in dieser Vollständigkeit über ein riesengrosses Terrain
(das ganze slawische Osteuropa, oft mit Berücksichtigung namentlich der Finnen)
gegebenen Ausführungen zu bewillkommnen; ein völlig brach liegendes Feld ist
zum erstenmal von kundiger Hand erschlossen. In der ausserordentlich reichen
Literatur des Verfassers vermisste ich nur das, leider durch den Tod seines Ver-
fassers unterbrochene Wörterbuch von Z. Gloger (Budownictwo derewne w dawnej
Pohce, altpolnische Holzbauten, 2 Bde., Warschau, 1907 und 1909, mit ausser-
ordentlich zahlreichen Abbildungen) und Mohtowskis Werk tiber polnische Volks-
kunst (Holzbau u. ä.). A. Brückner.
Thonner, Franz, Vom Kongo zum Ubangi, 1168. 8° mit Textbildern,
114 Lichtdrucktafeln und 3 Karten, Berlin, Dietrich Reimer (Ernst
Vohsen).
Der Verfasser hat bereits im Jahre 1896 eine kurze Reise nach dem Kongo-
staate unternommen und darüber ein Buch: „Im afrikanischen Urwalde“ veröffent-
licht. Lag der Hauptwert desselben damals in den schönen Abbildungen, so kann
man dieses auch wiederum von dem vorliegenden Werke sagen. 114 Tafeln zu
63 S. ebenfalls noch mit Bildern versehenen Textes der eigentlichen Reise gibt schon
den Schwerpunkt an. Die Reise war nur von kurzer Dauer, etwa 3 Monate im In-
lande, sie bertihrte aber das namentlich für den Ethnologen so interessante Gebiet
von Itimbiri zum Ubangi. Der Reisende hat fleissig gearbeitet. Der Flora des
Landes hat er ebenso, wie bei der ersten Reise sein Hauptaugenmerk gewidmet.
Aber auch die Ethnographie und Linguistik kommt nicht zu kurz. Er bringt
Wörterverzeichnisse aus den Sprachen der Bangala, Budja, Mobenge, Mong-
wandi, Yakoma, Sango, Banziri, Gobu, Banza, Bonduru, Bwaka, Mondjembo,
Wgombe, Lubala; natürlich sind dies zum Teil untereinander ganz nahe verwandte
Stämme.
Er führt in einem anderen Abschnitt Gesichtstätowierung, Kleidung, Lage
und Bauart der Hütten, Sprache, Zahlwörter, der Bangala, Ngombe, Ababua,
Mandja, Bwaka, Banda, Sango, Mondunga an. Er nennt diese Gruppen und führt
von diesen wiederum verschiedene Stämme auf, z.B. von Bangala5, Mongala 5.
Sango 4 usw.
Die meistens sehr schönen Lichtdrucktafeln werden genau beschrieben. Die
Tafeln zeigen Landschaften, Häuser, Eingeborene und Ethnographika (namentlich
Waffen). Die Eingeborenen sind gruppenweis, nicht in Einzelbildern vom anthro-
pologischen (tesichtspunkt aus aufgenommen worden; das letztere wäre für den
Anthropologen besser. Namentlich unter Berücksichtigung des Umstandes, dass
die Eigenart der Bevölkerung durch die Aufrichtung der europäischen Herr-
schaft und den damit bedingten starken Verkehr usw. sich vielfach schon ver-
wischt hat und noch mehr verloren gehen wird, haben diese Abbildungen und
kurzen Beschreibungen ihren guten Wert für den Forscher. Der schlichte Reise-
bericht macht einen zuverlässigen Eindruck. Die Verhältnisse beurteilt der Ver-
fasser ruhig. Die bekannte rührige Verlagsanstalt hat das Buch vorzüglich aus-
gestattet. Es kann also gut empfohlen werden. P. Staudinger.
Literarische Besprechungen. 183
Johnson, J. P. Geological and archaeological notes on Orangia, Longmans,
Green & Co., London 1910, 8° 102 S. mit 45 Abb. Preis 10%.
Der Verfasser, ein junger Geologe von zweifellos ungewöhnlicher Begabung,
veröffentlicht unter diesem Titel eine Anzahl von kurzen Abhandlungen, die sich
auf das Gebiet des früheren Oranje-Freistaats beziehen. Auf die Abhandlungen
geologischen Inhalts und auf eine kurze Notiz über „Farming Prospects* brauche
ich hier nicht einzugehen. Hingegen möchte ich an dieser Stelle auf die sehr wert-
vollen Kapitel über prähistoriche Kieselmanufakte und über Buschmann-Petro-
glyphen und -Malereien ganz besonders aufmerksam machen. Der Verfasser hat
schon 1905 auf einem Vortrage vor der British Association in Johannesburg eine
Anzahl sehr merkwürdiger kleiner Kieselmanufakte gezeigt, die damals allgemeines
Staunen erregten. Sie haben meist die Form von Schabern, sind aber so klein,
dass sie häufig nur die Grösse eines Fingernagels erreichen. Er bezeichnet sie als
-Piemy-implements“, natürlich nur wegen ihrer Kleinheit und ohne jede Spur eines
4;edankens an Pygmien, was freilich einen deutschen Kollegen nicht gehindert hat,
ähnliche kleine Manufakte als „Pygmäen-Werkzeuge“ zu bezeichnen. Verfasse
hält diese Stücke für prähistorisch und spricht von ,Solutric Sites“, bildet aber
auch grosse, schöne Stücke vom St.-Acheul-Typus ab. Über den Zweck jener ganz
kleinen Werkzeuge ist natürlich nichts Sicheres bekannt; vielleicht haben sie zum
Einritzen von Verzierungen auf Strausseneiern gedient, jedenfalls sind sie mehr-
fach zugleich mit Bruchstücken von verzierten Strausseneischalen gefunden worden.
Ganz gleichartige kleine Werkzeuge sind übrigens kürzlich auch aus Deutsch-Süd-
west-Afrika bekannt geworden. Ihr Entdecker, Dr. H. Peyer, hat eine Anzahl als
Geschenk an das Berliner Museum eingesandt.
Unter den von Johnson reproduzierten Buschmann-Malereien ist besonders
eine bemerkenswert, die eine Anzahl von Leuten darstellt, die Grabstöcke mit.
Steinkugeln tragen. v.Luschan.
T. de Arauzadi. A propósito de algunos °/, lapones y castellanos. —
Buscapie de zortzicos y ruedas. Paris (Geuthner, Champion) 1910,
16 S.
In der europäischen Volksmusik haben sich vielfach Rhythmen erhalten, die
in der Kunstmusik nur gelegentlich als Pikanterien gebraucht werden. Bekannt ist.
die Häufigkeit fünfteiliger Taktarten in slavischen Volksliedern. Von „Taktarten“
muss die Rede sein, weil innerhalb einer fünfzeitigen Gruppe sehr verschiedene
Rhythmen möglich sind: nicht nur die Einteilungen nach 3+2 oder 2+3, sondern
auch noch innerhalb dieser mannigfache Akzentverteilungen. Das Studium der
Varianten einer Melodie ist in dieser Hinsicht lehrreich: der °/,-Takt mag einem
® Takt verwandt sein, dessen erste oder zweite Hälfte verkürzt erscheint, oder
einem ?/,-Takt mit einer Triole im ersten oder zweiten Viertel usw. — Verfasser er-
läntert diese Unterschiede durch die Gegenüberstellung von lappischen und kasti-
lischen Melodien: die einen sind der Sammlung von A. Launis (Lappische Juoigos-
Melodien, Helsingfors 1908), die andern der von Olmeda (Folk-lore de Castilla 6
Cancionero popular de Burgos, 1903) entnommen. Besonders in der Provinz Soria
finden sich, neben Melodien im °/,- und ?/,-Takt, ältere im ®/,-Takt. Von den kasti-
lischen Tanzliedern sind die zortzicos durch Betonung des 2. und 4. Achtels,
die auch meist punktiert sind, charakterisiert, die ruedas (Rundtänze) durch Be-
tonung des 1., 2. und 4. Achtels. Die Fünfzeitigkeit ist durch die Tanzschritte be-
dingt: wie natürlich dieser Rhythmus den Leuten ist, beweist ein Fall, dass bei der
Übernahme einer französischen Operettenmelodie der originale 7/,-Takt durch
Dehnung bzw, Auflösung des 1. Achtels in 9, verändert wurde. In manchen kasti-
lischen Tanzliedern kompliziert sich der Rhythmus durch zwischen die ® Takte
184 Literarische Besprechungen.
eingeschaltete 3/, oder Triolen, in andern wechseln die Taktarten (7/,+9/,+3/,, USW.).
Es ist möglich, dass sich die °/,-Rhythmen von den Basken aus über Nordspanien
verbreitet haben. (Auch viele Ortsnamen in Kastilien sind baskischen Ursprungs).
Die erste der beiden von Ch. Bordes (La tradition au pays basque, 1899) aufge-
zeichneten Melodien, die Verfasser anführt, zeigt auch eine auffallende Ährlichkeit
mit Olmedas rueda Nr. 15.
Es wäre nach Ansicht des Referenten sehr zu wünschen, dass auch die
spanischen Folkloristen sich beim Sammeln von Volksmelodien des Phonographien
bedienten. Nicht nur die tonalen, auch die rhythmischen Verhältnisse sind nur
an Phonogrammen mit absoluter, objektiver Sicherheit festzulegen. Und gerade die
spanische Volksmusik bietet noch viele musikethnologische Probleme. Nur um
eines anzudeuten: Der in Afrika weitverbreitete Wechsel von °/, und fl, findet sich `
auch vielfach in spanischen Weisen. Vielleicht berichtet Verfasser einmal auch
iiber diesen merkwürdigen Rhythmus. E. v. Hornbostel.
10.
11.
IV. Eingänge für die Bibliothek.)
. Giuffrida Ruggeri, V., La quistione dei pigmei e le variazioni morfologiche dei
Gruppi etnici. Firenze 1910. 8°. (Aus: Archivio per l’Antrop. e la Etnol.
vol. XL.) |
. Tatarinoff, E., Eine prähistorische Ansiedelung im Rinthel (Gem. Trimbach, Kt.
Solothurn) o O. u. J. 8° (Aus: Anzeiger f. schweiz. Altertumskunde.
N. F, XII.)
. Goldenweiser, A. A., Totemism, an analytical study. o. O. 1910. 8°. (Aus:
Journ. of Amer. Folk-Lore, vol. XXIII.)
. Czekanowski, Jan., [Polnisch] Badania w miedzyrzeczu Nilu i Kongo. Kraków
1910. 8°. (Aus: Akad. Umiejetnosci Ser. IIL Tom 9.)
9. Friedel, Ernst und Mielke, Robert, Landeskunde der Provinz Brandenburg,
Bd. I u. If. Berlin: D. Reimer (E. Vohsen) 1909—1910.
. Weissenberg, S., Der jüdische Typus. Braunschweig: F. Vieweg & Sohn 1910.
4°. (Aus: Globus Bd. XCVII).
. Weissenberg, S., und Grunwald, Max, Josef und seine Brüder. Wien 1910.
8°. (Aus: Mittel, zur jiid. Volkskunde 13. Jhrg.)
. Weissenberg, S., Hundert Fehlgeburten, ihre Ursachen und Folgen. Leipzig-
Berlin: B. G. Teubner 1910. 8°. (Aus: Archiv f. Rassen- u. Gesellsch.-
Biolog. 7. Jhrg.)
. Fuhse, F., Beiträge zur Braunschweiger Volkskunde. Braunschweig: J. Krampe
1911. 4°.
Sera, G. L., Sul significato della platicefalia con speciale considerazione della
razza di Neanderthal. Firenze 1910. 8°. (Aus: Arch. per l’Antrop. e la
Etnol. vol. XL e vol. XLT).
Hausmann, R., Prähistorische Archäologie von Estland, Livland, Kurland
Dorpat 1910. 8°. (Aus: Balt. Landeskunde Riga.)
Nr. 1—11 Verfasser.
. Ailio, Julius, Übersicht der steinzeitlichen Wohnplatzfunde in Finnland, Helsing-
fors: Akad. Buchhandlung 1909. 4". (Akadem. Abhandl.)
. Mansikka, V. J., Über russische Zauberformeln mit Berücksichtigung der Blut-
und Verrenkungssegen. Helsingfors 1909. 8°. (Akad. Abhandl.)
Brummer, O. J., Uber die Bannungsorte der finnischen Zauberlieder. Helsing-
fors. 1908. 8°. (Akad. Abhandl.)
A. Schück, Henrick, Studier i Beowulfsagan. Upsala 1909. 8°. (Dissert.)
. Johannsson, Karl Ferdinand, Solfageln i Indien, en religionshistorisk-mytologisk
studie. Upsala 1910. 8°. (Dissert.)
— a
1) Die Titel der eingesandten Bücher und Sonder-Abdriicke werden regelmässig
hier veröffentlicht, Besprechung der geeigneten Schriften vorbehalten. Rücksendung
unverlangter Schriften findet nicht statt.
186 Eingänge fiir die Bibliothek.
17.
18.
19.
23.
Ekholm, Gunnar, Upplands stenålder. Upsala 1909. 8° (Aus: Upplands
Fornminnesförenings Tidskr. H. XXVI).
Ambrosiani, Sune, Odinskultens härkomst. Stockholm: J. Cederquist 1907. 8°
Schnittger, Bror, Forhistoriska Flintgrufvor och Kulturlager vid Kvarnby och
S. Sallerup i Skane. Stockholm 1910. 8° (Akad. Abhandl.)
Nr. 12—19 Kol. Universitdtsbibliothek Upsala.
. Giles, Herbert A., A chinese biographical Dictionary. London: B. Quaritsch
Shanghai Yokohama: Kelly & Walsh 1898 8",
. Ahmad Shah, Pictures of Tibetan life. Benares: E. J. Lazarus & Co.
1906. 8°.
Nr. 20—21. Anna Lissauer-Stiftung.
. Frobenius, Leo, Kulturtypen aus dem Westsudan. Gotha: J. Perthes 1910.
8°. (Aus: Petermanns Mittel Ergänzungsheft 166).
Angekauft.
Führer, Illustrierter, durch die prähistorische Abteilung. Städtisches Museum
für Völkerkunde zu Leipzig. Leipzig 1910. 8°.
Direktion des Museums,
. Andreas, F. C., Bruchstiicke einer Pehlewi-Obersetzung der Psalmen aus der
Sassanidenzeit. o. O. 1910. 8°. (Aus: Sitzungsber. d. Kgl.-Preuss. Akad.
der Wissensch. XLI Sitzung d philos. hist. Cl.)
Hr. v. Le Coq.
. Gates, William E., Commentary upon the Maya-Tzental Perez Codex with a
concluding note upon the linguistic problem of the Maya Glyphs. Cam-
bridge Mass. 1910, 8° (Aus: Papers of the Peabody Museum vol VI.)
Peabody Museum.
. Rutot, A., Note sur l’existence des couches a Rongeurs arctiques dans les
cavernes de la Belgique. Bruxelles 1910. 8°. (Aus: Bull. de l’Acad. royale
de Belgique (Classe des scienc.)
, Rutot, A., Les nouvelles fouilles a la caverne de Fond-de-Foret. Seraing 1910.
8°. (Aus: Bull. des Chercheurs de la Wallonie.)
28. Rutot, A., Sur la découverte de corbicula fluminalis a Hofstade. Bruxelles
1910. 8°. (Aus: Bull. de l'Acad. roy. de Belgique.)
Nr. 26-28 Musée Royal d’Ilist. Natur, de Belgique.
. Hartman, C. V., Eric Boman antiquités de la region Andine de la Republique
Argentine et du desert d’Atacama. Stockholm 1909. 8°.
. Hartman, C. V., Sextonde internationella Amerikanist-Kongressen Stockholm
1909. 8°.
. Hartman, C. V., Some features of Costa Rican Archeology. Wien: A. Hartleben
1909. 8°. (Aus: XVI. Internat. Amerikanisten-Kongr.)
32. Antze, Gustav, Einige Bemerkungen zu den Kugelbogen im Städtischen Museum
für Völkerkunde zu Leipzig. Leipzig: R. Voigtländer 1910. 8° (Aus:
Jahrb. des Städt. Mus. f. Völkerk. zu Leipzig Bd. Ill.)
Nr. 29—32 Hr. Weinitz.
. Samter, Ernst, Geburt, Hochzeit und Tod. Beiträge zur vergleichenden Volks-
kunde. Leipzig und Berlin: B. G. Teubner 1911. 8°.
. Parker, H., Village folk-tales of Ceylon vol. I London: Luzac & Co. 1910. 8°.
. Moorehead, Warren K., The Stone Age in North America vol. I-II.
Boston and New York: Houghton Mifflin Company 1910. SE
Nr. 38-55 Verleger.
6. Outes, Felix F, y Calos Bruch Texto explicativo de los ae murales
SE veyas razas Argentinas* Buenos Aires 1910. 8%. Dazu sechs grosse
Tafeln.
. Wenzl, Joseph, Das Hiigelgriiberfeld bei Eching und Dietersheim, Bez.-Amt
Freising. o. O. 1905. 4°. (Aus: Altbayer. Monatschr.)
35. Wenzl, Joseph, Hügelgräberfriedhof und Strassenzug aus der älteren Bronzezeit
in der Riegerau, Bez.-Amt Freising. 0, 0.1911. 4°. (Aus: Altbayer Monatschr.)
Nr. 386—38 Verfasser.
41,
49.
Eingänge für die Bibliothek. 187
. Tyer, L. K., Anantha Krishna, The Cochin Tribes and Castes, vol. I. Madras:
Higginbotham & Co London: Luzac & Co. 1909. 8°.
AnnaLissauer-Stiftung.
. Moore, Clarence B., Antiquities of the St. Francis, White, and Black Rivers,
Arkansas. Part Iand Il. Philadelphia: P. C. Stockhausen 1910 4°. (Aus:
Jour. of the Acad. of Nat. Scienc. of Philadelphia vol. XIV 1. Bd.)
Schlaginhaufen, O., Ein anthropologischer Querschnitt im Südosten von
Neu-Mecklenburg. Braunschweig: F. Vieweg & Sohn 1910. 4°. (Aus:
Korrespond.-Bl. d. Deutsch. Gesellsch. f. Anthrop, Ethnol. u. Urgesch.
XLI. Jg.)
. Le Coq, A. von, Chuastuanift, ein Sündenbekenntnis der manichäischen Audi-
tores. Gefunden in Turfan (Chinesisch-Turkistan). Berlin: Kgl. Akad.
der Wissenschaften 1911. 4%. (Aus: Anhang z. d. Abhandl, d. Kgl. Preuss.
Akad. d. Wissensch. v. Jahre 1910.)
. Guébhard, A. Supplement à la notice presses et moulins à huile primitifs.
Le Mans 1910. 8". (Aus: Bull. de la Soc Préhist. de France T. VII.)
. Guebhard, Adrien, Sur une spécialité céramique méconnue de l’arrondisse-
ment d'Uzès avant l'histoire. Le Mans 1910. 8°. (Aus: Congr. Soc. sav.
de Provence, II. sess. Arles 190%.)
». Labrador, P José Sanchez, El Paraguay católico Tomo I—II. Buenos Aires
1910. 2 Bde.
»% Boas, Franz, Introduction. Washington 1910. 8°. (Aus: Handbook of amer.
ind. languag. [Bull 40].)
. Boas, Franz, Tsimshian an illustrative sketch. Washington 1910. 8° (Aus:
Handbook of amer. ind. languag. [Bull. 40].)
. Boas, Franz, Kwakiutl an illustrative sketch. Washington 1910. 8% (Aus:
Handbook of amer. ind. languag. [Bull. 40].)
Boas, Franz, Chinook an illustrative sketch. Washington 1910. 8° (Aus:
Handbook of amer. ind. languag. [Bull. 40].)
. Dixon, Roland B., The Chimariko indians and language. Berkeley 1910. 8°.
(Aus: Univers. of California Publicat. ... vol. V.)
. Fowke, Gerard, Antiquities of Central and South-Eastern Missouri. Washington
1910. 8°. (Aus: Smithson. Jnst. Bur. of amer, Ethnology Bull. 37).
. Müller, Ernst W., Ein Fund aus der jüngeren Steinzeit vom Körba’er Teich
bei Dahme (Mark). Berlin-Spandau: Selbstverlag 1908. 4°.
. Raschid Tahssin Böy, Die Geisteskrankheiten und die Psychiatrie in der
Türkei. Berlin 1910. 8° (Aus: IV. Int. Kongr. z. Fürsorge f. Geistes-
kranke.)
. Breuil, H, Mobiliers funéraires de l'âge du Bronze, conservés au musee de
Fribourg. o O. u. J. X". (Aus: II Jahresber. d. Schweiz. Gesellsch. f.
Urgesch.)
. Breuil, Le gisement aurignacien de Gorge d’Enfer et les silex solutreens qui
lui étaient attribués. o. O. u.J. 8°.
. Breuil, H, Sur la présence d'eolithes a la base de l’eocene parisien. Paris:
Masson et Cie. 1910. 8°. (Aus: l’Anthropologie T. XXI.)
. Breuil, H., Bibliographie 1899—1910. Fribourg 1910. 8°. j
. Cartailhac, E, et H. Breuil, Les peintures et gravures murales des cavernes
pyrénéennes. Paris: Masson et Cie 1910 Bn (Aus: l’Anthropologie
T. XXI.)
. Lundberg, Oskar, Smörkullen och andra ortnamn på Smör —. Om nordiska
kultorter. Stockholm 1910. 8". (Aus: Fataburen.)
. Koch-Grünberg. Theodor, Die Miränya (Rio Yapurá. Amazonas). o. O. 1910
8° (Aus: Zeitschr. f. Ethnol.)
;j1. Schmidt, Rob. Rud, Die spätpaläolithischen Bestattungen der Ofnet. Beitrag
zur Paläovethnologie des Azilien-Tardenoisien. Würzburg: C. Kabitzsch o. J.
8’. (Aus: Mannus, Zeitschr. f. Vorgesch. I. Ergbd.)
62.
63.
64.
6.
66.
188 Eingänge für die Bibliothek.
Schmidt, Rob. Rud., Die diluvial-prähistorische Sammlung Deutscher Funde
in Tübingen. Würzburg: C. Kabitzsch o. J. 8° (Aus: Mannus, Zeitschr.
f. Vorgesch.)
Schmidt, Rob. Rud., Der Sirgenstein und die diluvialen Kulturstätten Württen-
bergs. Stuttgart: E. Schweizerbart 1910. 8°.
Schmidt, Rob. Rud., Zur Stratigraphie der Wildscheuer. 0.0. 1910. 8°. (Aus
Prähist. Zeitschr. Bd. IT.)
Schmidt, R. R.. und P. Wernert, Die archäologischen Einschlüsse der Löss-
station Achenheim (Elsass) und die paläolithischen Kulturen des Rhein-
tallösses. o. O. 1910. 8°. (Aus: Prähist. Zeitschr. Bd. II.)
Schmidt, Rob. Rud., Die paläolithischen Kulturen und die Klimaschwankungen
in Deutschland nach dem Maximum der letzten Eiszeit. Braunschweig:
F. Vieweg & Sohn 1910. 8”. (Aus: Korresp.-Bl. d. Deutsch. Gesellsch.
f. Anthrop., Ethnol. u. Urgesch. XLI. Jhrg.)
. Brandenburg, E., Die Troglodyten des Djebel Garian. Leipzig: J. C. Hinrichs
1911. 4°. (Aus: Orientalistische Literaturzeit. 14. Jhry.)
. Mehlis, C., Eine Prunkwaffe der Vorzeit. Berlin 1911. 4°. (Aus: Korre-
spondenzbl. d. Gesamtver. d. deutsch. Gesch. u. Altertumsver.)
. Friederici, Georg, Die geographische Verbreitung des Blasrohres in Amerika.
o. O. 1911. 4° (Aus: Dr. A. Petermanns Geogr. Mitt. I 1911.)
. Rivet, P., Recherches sur le prognathisme. Paris: Masson et Cie. 1909. 8°.
(Aus: l’Anthropologie T. XX.)
. Beuchat, H., et P. Rivet, Affinités des langues du sud de la Colombie et du
nord de l’Equateur (groupes Paniquita, Coconuco et Barbacoa\. Louvain:
J. B. Istas 1910. 8". (Aus: Le Museon.)
Nr. 40—11 Verfasser.
. Krause, Ernst (Carus Sterne), Tuisko-Land der arischen Stämme und Götter
Urheimat. .. . Glogau: C. Flemming 1891. 8°.
. Krause, Ernst (Carus Sterne), Die Trojaburgen Nordeuropas, ihr Zusammen-
hang mit der indogermanischen Trojasage von der entführten und ge-
fangenen Sonnenfrau... Nebst einem Vorwort über den deutschen Ge-
lehrtendünkel. Glogau: C. Flemming 1893. S“.
Nr. 72—73 Professor Lissauer-Stiftung.
. Haddon, Kathleen, Cat’s cradles from many lands. London: Longmans, Green
and Co. 1911. 8°.
. Krämer, Hans, Der Mensch und die Erde. 7. Band. Berlin-Leipzie, Wien,
Stuttgart: Deutsches Verlagshaus Bong & Co. o. J. 4°,
Nr. 14-75 Verleger.
. Bugge, Sophus, Der Runenstein von Rök in Östergötland, Schweden. Nach
dem Tode des Verfassers herausgegeben von der K. Akademie der schönen
Wissenschaften, Geschichte und Altertumskunde durch Magnus Olsen unter
Mitwirkung und mit Beiträgen von Axel Olrik und Erik Brate. Stockholm
1910. 8°. Kgl. Akademie Stockholm.
. Calendar, The, 2569 - 70 (1909—1910). Imperial University of Tokyo . . . Tokyo
Biennially by the University. o JL 8° Universität.
7s. Densmore, Frances, Chippewa music. Washington 1910. 8°. (Aus: Smithson.
Inst. Bur. of amer. Ethnolog. Bull. 45.) Smithson. Inst.
. Gross, Karl, Die Spiele der Menschen. Jena: G. Fischer 1899. 8° Professor
Lissauer-Stiftung.
. Reise, Zur Erinnerung an die, des Prinzen Waldemar von Preussen nach
Indien in den Jahren 1844—1846. Vorwort von Alexander von Humboldt.
Bd. I u. II. Berlin 1853. gr: 2".
Nr. 19—50 Prof. Lissauer-Stiftung.
. Kazarow, Cawril, Quelques observations sur la question de la nationalite des
anciens Macedoniens. Paris: E. Leroux 1910. 8°. (Aus: Rev. des etud.
grecques Tom. XXIII).
S2.
wei
$9.
d L
‘M1,
gi.
Eingänge fiir die Bibliothek. 159
Hoffmann-Krayer, E., Cysatiana. Volkskundliches aus dem Kanton Luzern
um die Wende des 16. Jahrhunderts. Nach der Schrift von R. Brand-
stetter im Auszug mitgeteilt. o. O. 1910. 8". (Aus: Schweiz. Archiv f.
Volkskde. Bd. XIV.)
Nr. 81—82 Verfasser.
. Sobotta, J., Die neuesten Ergebnisse der Paläontologie des Menschen und das
Abstammungsproblem der heutigen Menschenrassen. Würzburg: C. Ka-
bitzsch 1911. 8° (Aus: Verhandl. der phys. med. Gesellsch. N. F. Bd. XLI)
Angekauft.
. Mae Curdy, George Grant, Recent discoveries bearing on the antiquity of
man in Europe. Washington 1910. 8° (Aus: Smithson. Rep. for 1909.)
. Mac Curdy, George Grant, Anthropology at the Winnipeg meeting of the
British Association. o. O. 1900. 8°. (Aus: Amer. Anthrop. vol. II.)
. Mac Curdy, George Grant, Anthropology at the Boston meeting, with procee-
dings of the American Anthropological Association. Lancaster Pa., U.S. A.
1910. 8° (Aus: Amer, Anthrop. vol. XII.)
7. Frassetto F., Relazione intorno all’ „Atlante antropologico dell’ Italia“...
Firenze 1910. 8°. (Aus: Arch. per l’Antrop. e la Etnol. vol. XL.)
Uhlenbeck, C. C., Original Blackfoot texts from the southern Peigans Black-
foot Reservation Teton County Montana with the help of Joseph Tatsey.
Amsterdam: J. Müller 1911. 8". (Aus: Verhandl. der Konink. Akad. van
Westensch. te Amsterdam.)
Hahn, E. Die Entstehung der Bodenwirtschaft. Bologna: N. Zanichelli.
London: Williams and Norgate. Paris: F. Alcan. Leipzig: W. Engelmann
1911. 8°. (Aus: „Scientia“ Riv. di Scienza Vol. IX.)
Erdeljanovic, Jovan, [Serbisch] Die Zahl der Serben und Kroaten. Belgrad
1911. 8°. (Aus: Glasnik.)
Rutot, A., Note complémentaire sur l’authenticite des ossements humains
quaternaires de Grenelle et de Clichy. — Note sur les nouvelles trouvailles
de squelettes humains quaternaires dans le Périgord. Bruxelles 1910. 3”.
(Aus: Bull. de la Soc. Belge de Géolog. .. . Tom. XXIV.)
2, Rutot, A, Un homme de science peut—il, raisonnablement, admettre
l'existence des industries primitives, dites ¢olithiques? Paris o. J. 8°. (Aus:
Bulletins et Mem. de la Soc. d’Anthrop. de Paris.)
. Friederici, Georg, Pidgin-Englisch in Deutsch-Neuguinea. Berlin: D. Reimer
(E. Vohsen) 1911. 8". (Aus: Kol. Rundschau.)
. Sarasin, Paul, Über die Fehlerquellen in der Beurteilung der Eolithen. Basel
1911. 8°. (Aus: Verhandl. d. Naturforsch. Gesellsch. in Basel Bd. XXII.)
. Gupte, Rai Bahadur B. A., A Prabhu Marriage... With a chapter on
some Curiosities of Marriage Customs in India. Calcuta 1911. 8° (Aus:
Ethnogr. Surv. of India )
n» Demetrykiewicz, Wladimir, Altertiimliche steinerne Statuen, sog. „Baby“
(Steinmütterchen, Becherstatuen) in Asien und Europa und ihr Verhältnis
zur slavischen Mythologie. Krakau 1911. 8". (Aus: Bull, de l’Acad. des
Scienc. de Cracovie .. . 1910.)
Uhlenbeck, C. C., Geslachts- en Persoonsnamen der Peigans. Amsterdanı:
J. Müller 1911. 8° (Aus: Versl. en Mededeel. d. Koninkl. Akad. van
Westensch., Afdeel. Letterkde. 4R. Deel XI.)
. Haberlandt, M., Zur Kritik der Lehre von den Kulturschichten und Kultur-
kreisen. 0. O. 1911. 4°. (Aus: Dr. A. Petermanns Mitteil. I.)
. Outes, Félix F., u. Carlos Bruch, Los Aborigenes de Ja República Argen-
tina... Buenos Aires: Angel Estrada y Cia 1910. 8°.
. Friederici, Georg, Ein Beitrag zur Kenntnis der Tuamotu-Inseln. Leipzig
1910. 8°, (Aus: Mitteil. d. Ver. f. Erdkde.)
. Lehmann, Walter, Der Kalender der Quiche-Indianer Guatemalas ... Wien:
Verlag der Mechitharisten-Buchdruckerei 1911. 4". (Aus: Anthropos
Bd. VI.)
190 Eingänge für die Bibliothek.
102. Meyer, Hans, Über die Erforschung der deutschen Schutzgebiete durch die
landeskundliche Kommission des Reichskolonialamtes. o. O. u J. 8°
103. Meyer, Hans, Wilhelm Reiß. Leipzig 1910. Hu. (Aus: Mitteil. der Gesellsch.
f. Erdkde. z. Leipzig.)
104. Queraltó, Aspecto social de la lucha contra la tuberculosis, Barcelona
1910, 8°.
Nr. 81-104 Verfasser.
105. Stuhlmann, F., Entwicklung und Aussichten der europäischen Pflanzungen
in unseren tropischen Kolonien. Berlin 1910. 8% (Aus: Verhandl. des
Deutsch. Kolonialkongr.)
Zentralstelle des Hamburg. Kolonialinstitut.
106. Torii, R. Etudes Anthropologiyues. Les Aborigenes de Formose, Tokyo:
University 1910. 8° (Aus: Journ. of the College of Science vol. XXVIII.)
Kaiserl. Universität Tokyo.
107. Travaux, de la Section numismatique et archéologique du Musée National
de Transylvanie a Kolozsvár (Hongrie). Kolozsvár 1911. 8".
Museum.
108. Jhering, H. von, Residuos da idade de pedra, na cultura actual do Brazil.
S. Paulo 1905. 8° (Aus: Revista do Inst. Hist. de S. Paulo vol. IX.)
Ed. Hahn.
109. Webster’s Complete Dictionary of the English Language... New Edition of
1880. London: Georg Bell & Sons... 1889. 4°.
Hr. Ehrenreich.
110, Encyclopaedia of Religion and Ethics edited by James Hastings with the
assistance of John A. Selbie. Vol. I—III. Edinburgh T. & T. Clark New
York: Ch. Scribner’s Sons. 1908—1910. 4°.
Angekauft. |
ill. Publications of the Egyptian Department of the University Museum of
Pennsylvania. Oxford 1909—1910. 4°. 4 Bde.
Univ. Museum.
112. Talens, J. P., Een en ander over het Talaoetsch ... medegedeeld door N.
Adriani. Batavia: Albrecht & Co. ‘sHage: M Nijhoff 1911. 4° (Aus:
Verband, van het Bat Genootsch. v. K. e. W. Deel LIX.)
Batav. Genootsch. vr. K. e W.
113. Frazer, J.G, The Golden bough, a study in magic and religion. Third Edition
Vol. I—II. London: Macmillan and Co. 1911. 8°, 2 Bde.
A. Behrend,
114. Pehmler, J. Ed., Die preußische Beamten- und Militär-Herrschaft und der
polnische Aufstand im Großherzogtum Posen im Jahre 1848. Zweite Auf-
lage. Krakau: J K. Zupanski & K. J. Heumann 1886. 8°.
Akademti Uniejetnoxci Krakow,
115. Pawlowsky, J, Deutsch - Russisches und Russisch - Deutsches Wörterbuch,
Dritte... Auflage Riga: N. Kymmel. Leipzig: C. F. Fleischer 1902. 4°.
2 Bde.
116. Krauss, Friedrich 8. Beiwerke zum Studium der Anthropophyteia.
Bd. I—IH 1. Leipzig: Deutsche Verlagsaktiengesellschaft 1909—1911. 3 Bde.
117. Aigremont, Fuß- und Schuh-Symbolik und — Erotik ... Mit einem Geleit-
wort von Dr. Friedrich S. Krauss. Leipzig: Deutsche Verlags- Aktien.
Gesellschaft 1909. 8°.
118. Groos, Karl, Die Spiele der Tiere. Zweite umgearb. Auflage. Jena: G. Fischer
1907. 8".
119. Sonnerat, Voyage aux Indes Orientales et a la Chine... Paris: Chez
Fauteur, Froule, Nyon, Barrois. 1182. 8°. 3 Bde.
120. Frobenius, Leo, Der schwarze Dekameron, Belege und Aktenstücke über
Liebe, Witz und Heldentum in Innerafrika. Berlin: Vita, Deutsches
Verlagshaus. o. J. 8°,
121.
128.
129.
Eingänge für die Bibliothek. l 191
Glas, George, The history of the discovery and conquest of the Canary
Islands: .. . With an Enquiry into the Origin of the Ancient Inhabitants.
To which is added a Description of the Canary Islands, including the
Modern History of the Inhabitants, ... London MDCCLXIV. 4°.
. Mendelssohn, Sidney, Mendelsohn’s South African Bilbliography ... with a
descriptive introduction by J. D. Colcin ... Vol. I—II London: Kegan
Paul, Trench, Triibner & Co. Ltd. 1910. 2 Bde.
. Johnston, Harry. George Grenfell and the Congo ... Vol. I—II London:
Hutchinson & Co. 1908, 4°. 2 Bde.
. Hall, R N., and W. G. Neal, The ancient ruins of Rhodesia (Mononıotapae
imperium). Second edition. London: Methuen & Co 1904. 4°.
. Dennys, N. B, The Folk—lore of China and its affinities with that of the
aryan and semitic races. London: Trübner & Co. Hongkong: „China Mail“
office 1876. 8".
Nr. 110-120 Professor Lissauer-Stiftung.
. Kropp, Philipp, Latenezeitliche Funde an der keltisch-germanischen Völker-
grenze zwischen Saale und Weißer Elster. Würzburg: C. Kabitzsch
(A. Stuber’s Verlag) 1911. 8°. (Aus: Forsch. z. Früh- u. Vorgesch. Europa’s.)
. Weissenberg, S, Das Wachstum des Menschen nach Alter, Geschlecht und
Rasse. Stuttgart: Strecker & Schröder 1911. 3°. (Aus: Stud. u. Forsch.
z. Mensch.- u Völkerkde. VIII.)
Photographen-Apparat. Pößneck i. Thür.: H. Schneider Nachf. o J. 8".
(Aus: lllustr. Hausbibl. ... Bd. XV.)
Wundt, Wilhelm, Probleme der Völkerpsychologie, Leipzig: E. Wiegandt
1911. 8°.
Nr. 126—129 Verleger.
(Abgeschlossen am 18, Februar 1911).
L Abhandlungen und Vorträge.
Die Li auf Hainan und ihre Beziehungen zum asiatischen
Kontinent.
Von
Walter Strzoda (Soochow)?).
Die Insel Hainan. Die den Golf von Tungking im Osten ab-
schliessende Insel Hainan gehört zur chinesischen Provinz Kuang-tung
(Kanton) und wird nur durch einen schmalen Meeresarm vom Kontinente
getrennt, der hier in die Halbinsel Lei-chou ausläuft.
Mit ihren 36 200 gim entspricht sie an Grösse etwa den Inseln For-
mosa und Ceylon.
Die ersten geschichtlichen Nachrichten tiber Hainan datieren aus der
Zeit der Früheren Han-Dynastie (206 v: Chr. bis 25 n. Chr.).
1) Der Verfasser der nachstehenden Abhandlung hielt in der Sitzung der
Anthropologischen Gesellschaft vom 25. Juni des vergangenen Jahres einen Vortrag
über das gleiche Thema. Da er sich wenige Tage darauf nach China begab, war
es ihm nicht mehr möglich, seine Ergebnisse längerer Studien im Kgl. Museum für
Völkerkunde zu Berlin noch in Europa zum Drucke vorzubereiten. Dankenswerter-
weise hat er — in einer neuen und interessanten Umgebung — die in seinem Vor-
trage naturgemäss zum Teil nur angedeuteten Untersuchungen zu Ende geführt und
ein umfangreiches Manuskript eingesandt. Die Raumverhältnisse der Zeitschrift
gestatten es leider nicht, es in extenso wiederzugeben. Ich habe daher, da mir der
Verfasser den Auftrag der Herausgabe und Drucküberwachung seiner fleissigen
Arbeit, die zu interessanten Ergebnissen führt, gegeben hat, mit seiner im voraus
erteilten Einwilligung einige Kürzungen vornehmen müssen. Insbesondere verboten
die Umstände die Wiedergabe seiner einleitenden Ausführungen, deren Inhalt aber
für das Verständnis des Ganzen derartig wichtig ist, dass ich ihn hier kurz zu-
sammenfassen möchte,
Uber der ältesten Geschichte Chinas schwebt noch immer ein undurchdring-
liches Dunkel. Wir wissen nur so viel, dass im dritten vorchristlichen Jahrtausend
ein gesittetes Volk von Ackerbauern sich vom Norden oder Nordwesten her in das
obere Huang-ho-Tal hineinschob und dort, wo der Fen- und der Wei-Fluss in den
Gelben Strom einmünden, zuerst einen fester organisierten kleinen Staat bildete,
die Keimzelle des gewaltigen Chinesischen Reiches. Sehr langsam drang dieser
Staat weiter vor, und besonders der Süden blieb noch lange, bis weit in das zweite
Jahrtausend vor unserer Zeitrechnung hinein, dem Norden unbekannt. Der Yang-
Zeitschrift für Ethnologie. Jahrg. 1911. Heft 2. 13
194 Strzoda:
Die damals notwendig gewordene Expedition aus Nordchina, welche
im Jahre 111 v. Chr. unter General Lu Po-té in Nan-Yüeh erschien,
setzte 110 v. Chr. tiber die Hainan-Strasse und nahm die Insel in Besitz,
auf welcher das Chu-yai- („Perlenküste*) und Tan-erh-chün errichtet
wurden. (Die Einteilung Chinas in 36 chün rührt von Shi Huang-Ti her).
Unter den mannigfaltigen politischen Umwandlungen ist besonders die
aus der Zeit der Mongolen (Yüan-) Dynastie (1280—1368) insofern be-
deutungsvoll, als nach der Eroberung Chinas durch Khubilai-Khan im
Jahre 1278 die Insel mit der Provinz Kuang-hsi und dem westlichen
Teile von Kuang-tung zum ‘Hai-nan... Hai-pei-tao’ zusammengelegt wurde,
und der erste Teil dieses Namen ‘Hainan’ sich als Bezeichnung der Insel
allgemein eingebürgert hat. ` `
Den Chinesen allerdings mehr unter dem Namen K‘iung-chou-fu be-
kannt — nachdem sie im Jahre 1370 zu Beginn der Ming-Dynastie (1368
bis 1644) zu einer Präfektur erhoben war — stand sie noch gegen Ende
des 19. Jahrhunderts unter der Verwaltung eines Abteilungsintendanten
von Lei-chou- und K‘iung-chou-fu, dem ein Brigadegeneral (Ch‘en-t‘ai)
beigegeben war:
tzé-kiang bildete etwa die südlichste Grenze auch noch der Macht der Chou-
Dynastie (1122—255 a. Chr... Aber auch in Shantung hielt sich noch bis in das
dritte Jahrhundert vor Christus hinein ein unabhängiger Volksstamm der Lai. Die
eigentliche Eroberung des Südens begann erst unter dem Einiger Chinas, dem
Kaiser Shi-Huang-ti der Ch‘in (Ts‘in-) Dynastie (221 - 206). Im Jahre 220 überschritt
sein Feldherr Tu Huei den Yang-tze-kiang, aber erst dessen Nachfolger Jen Nao
konnte wirklich einen Teil der südlichen Länder als Provinz Nan-hai („am süd-
lichen Meer“) seinem Staate einverleiben. Diese wie andere Eroberungen waren
zwar zunächst nicht von langer Dauer, es bildeten sich neue unabhängige Staaten,
aber der endliche Sieg blieb doch den Kulturschöpfern des Nordens. Nur ein Teil
der im Laufe der Jahrtausende eroberten Länder ist aber auch wirklich innerlich
an das Reich angegliedert. Noch leben in den Nordprovinzen selbst anders ge-
artete und zum Teil auch anders sprechende kleine Völkerschaften zwischen den
eigentlichen Chinesen, im Süden aber und im Westen sind ganze grosse Distrikte,
Dreivierteile mancher Provinzen bis zum heutigen Tage Aboriginerland geblieben.
Mit grosser Vorsicht suchen die Chinesen, so lange es irgend möglich ist, auch nur
den Anschein äusseren Eingreifens zu vermeiden. Die Folge davon ist, dass die
Durchyuerung dieser Gebiete nur mit einem besonderen Passe und unter bestimmten
Kautelen möglich ist. Als weitere Folge empfindet die Wissenschaft manche
schmerzliche Lücke in den Kenntnissen von den Ureinwohnern Chinas, und es
können noch viele Jahrzehnte vergehen, bis diese Lücken einigermassen ausgefüllt
sind, wenn sich nicht die Möglichkeit ungestörter Forschung erst zu spät bietet.
Weniger streng verboten und ungefährlicher ist die Erforschung der der süd-
chinesischen Küste vorgelagerten Insel Hainan, auf der wir eine Anzahl Aboriginer-
stämme in zum Teil noch sehr primitiven Verhältnissen lebend antreffen. Ihre an
sich schon interessante Erforschung gewinnt erhöhtes Interesse eben darum, weil an
die Erforschung der Aboriginer des kontinentalen Chinas bis jetzt noch nicht in
grösserem Massstabe gegangen werden konnte. Vorwegnelimend sei bemerkt, dass
die grosse Mehrzahl der Kennzeichen, besonders die linguistischen, die Li (Loi oder
K‘lai) von Hainan in die nächste Nachbarschaft der Tai-Völker Indochinas stellt,
während Beziehungen zu dem tibeto-birmanischen Kreis sich nicht nachweisen
lassen. Im übrigen steht für die in dieser Arbeit niedergelegten Anschauungen der
Herr Verfasser allein ein. Herbert Mueller.
Die Li auf Hainan. 195
Die Bevélkerung der Insel wird allgemein in drei Gruppen ein-
geteilt, die einen Aussenring, einen Innenring und das Innere bewohnen.
Den Aussenring bilden die chinesischen Niederlassungen, in denen höclıst-
wahrscheinlich auch Nachkommen von Mohammedanern zu finden sind; den
Innenring hat eine etwas gemischte Bevölkerung inne, von der später aus-
führlicher die Rede sein wird; und das Innere bewohnt die einheimische
Urbevölkerung, welche in den bewaldeten Höhen und Tälern des Central-
bergsystems der Insel (Wu-chih-shan oder „Fünffingergebirge“) ein bis
heut im grossen ganzen unabhängiges Dasein führt.
Über nachweisbare Spuren nicht unbedeutender mohammedanischer An-
siedlungen in früheren Zeiten gibt Hirth interessante Details („die Insel
Hainan nach Chao Ju-kua“ (in der Bastian-Festschrift).
Im Osten der Stadt Wan-an im südwestlichen Teile der Insel stand
ein dem Kapitän Tu-kang geheiligter Tempel, wo vorüberfahrende Schiffer
zu opfern pflegten. Die spätere Bezeichnung: „Tempel des fremden
Gottes“ und der Umstand, dass kein Schweinefleisch geopfert wurde, deuten
auf frühere mohammedanisch-arabische Beziehungen. Dass schon in jener
Zeit eine mohammedanische Kolonie im Süden der Insel ansässig war, wird
durch einen Bericht der Chronik von K‘iung-chou-fu im T“u-shu_ chi-
ch‘éng Cap. 1380: Feng-su-k‘ao p. 8 wahrscheinlich gemacht, wo von den
Sitten und Gewohnheiten der Bevölkerung von Ai (Ngai-chou) die Rede
ist. „Was an fremden Sitten hier zu finden ist, fällt mit denen des
Volkes in Cochin-China zusammen.“ Unter der Sung- und Yüan-Dynastie
durch Aufstände von dort nach Hainan vertrieben, liessen sie sich an der
Küste in Fan-ts‘un und Fan-p‘u („Fremdendorf, Fremdenufer“), auch in
San-ya, nieder. Die San-ya-Li des 17. Jahrhunderts in Yü-lin-kan z. B.
gehören zu diesen Leuten. Dafür spricht auch der häufige Familienname
P‘u, den Hirth mit Abu (Vater) zusammenbringt. Sie essen kein
Schweinefleisch, kennen keine Ahnenopfer und halten Gottesdienste unter
Ablesen heiliger Gesänge, sind aber sonst in ihrer Lebensweise fast ganz
Chinesen geworden.
Wie überall die Nähe der Zivilisation neue Wünsche und Bedürfnisse
bei wilden Völkerschaften erregt und so einen Tauschverkehr zwischen
diesen und den Ansiedlern in die Wege leitet, so entstand auch hier im
Laufe der Zeit eine zwischen Chinesen und der Ürbevölkerung ver-
mittelnde Rasse von teilweise einheimischer Abkunft, die, wahrscheinlich
ein Amalgam von Lois und in früheren Zeiten auf kriegerischen Ex-
peditionen vom Festlande aus Kuang-hsi und Kuei-chou herübergekommenen
Bergstämmen darstellend, in grossem Masse chinesische Sitten annahm,
die Oberhoheit Chinas anerkannte und sich zu einem unentbehrlichen
Mittelglied zwischen Chinesen und Eingebornen herausgebildet hat, indem
sie vortrefflich mit beiden zu fraternisieren versteht. (Du Halde be-
hauptet allerdings das Gegenteil, im Widerspruch mit anderen Autoren.)
Hierher gehört auch, was Parker in seiner Arbeit: „The Old Thai
or Shan Empire of Western Yünnan“ berichtet, dass nämlich nach der
Versicherung eines Muong-Häuptlings ein Mr. Taupin, welcher ein ganzes
Jahr unter den Laos herumgereist war, erzählte, er sei durch Gegenden
Zi
196 Strzoda:
gekommen, in denen man von der Auswanderung eines grossen Teils der
(an Ort und Stelle „Li“ genannten!) Laos nach Hainan sprach.
Es sind das die Shu (oder „reifen“, zivilisierten) Loi, wie sie der
Chinese nennt, im Gegensatz zu den Shéng (oder „wilden“, unkultivierten)
Loi des Innern.
Der Name Li wurde in der chinesischen Literatur vor und seit der
Zeit der Späteren Han-Dynastie mit zwei verschiedenen Charakteren ge-
schrieben, deren Lautwert: li, im Kantonesischen (das neben dem Annami-
tischen die alte Aussprache am besten konserviert hat): lai dem Namen
nahe gekommen sein muss, den sich die wilden Stämme beilegten. Als
Variationen desselben kommen vor: Moi, Bian, Klai, Lakia (Kia , Familie‘),
Lai, La, Loi, Lao, Dli und Li.
Die unsichere Etymologie wenigstens des zweiten Charakters in der
Bedeutung „schwarzhaarig“, „die Massen“, — mit dem ursprünglich die
Hügelketten auf der Insel bezeichnet gewesen sein sollen —, spricht jeden-
falls dafür, dass er erst in jenen Tagen und nur zu dem Zwecke der
Wiedergabe des Lautes erfunden worden ist. Das erste Zeichen ist
nicht weniger farblos und bedeutet: „Leute vom Lande“, „ungebildet“,
„niedrig“.
Ihre eigene Kosmogonie und Mythologie weist nach Cochin-
China. Die Chinesen haben uns eine Legende über die Abstammung der
Insulaner, allerdings in verschiedenen Variationen, überliefert, wonach auf
dem „Li-Mutter-Gebirge“*, dem Li-mu-shan (Loi-ma-lia) aus einem Ei
— nach anderer Überlieferung aus einem Schlangenei —, durch Blitz und
Donnerschlag oder auf natürliche Weise ein schönes Weib entstanden sei,
das sich nach langer Einsamkeit mit einem Kräuter oder wohlriechende
Hölzer suchenden Einsiedler aus Cochin-China vermählt habe. (Nach
Sandal-Wood ist das Ei vom Gott des Donners nur auf dem Gipfel des
höchsten Berges niedergelegt worden.)
Einer andern Version zufolge soll gar dem Ei ein Hund entsprungen
sein, in den sich eine Prinzessin — ebenfalls aus Cochin-China — ver-
liebte, und diese seien die Stammeltern der Li gewesen. Eine dunkle
Reminiszenz vielleicht an die für viele Tai-Shan-Völker charakteristische
gynäkokratische Verfassung und eine frühere gemeinsame Abstammung.
Friedrich Hirth in „The Peninsula of Lei-chou* (China Review 2,
1873—1874) erwähnt bei einer Beschreibung des Donnergott-Tempels auf
dem Ying-pang-Hügel in Lei-chou, dass einer der den Lei-Kung um-
gebenden himmlischen Generale einen runden, weissen Gegenstand aus
gipsartiger Masse in den Händen halte, und dass der Donnergott aus
einem Ei gekommen sein soll. Weiter werden u. a. die Bilder des Lei-
Kung („Herzog Donner“) und der Tien-Ma („Mutter Blitz“) erwähnt.
Das erinnert sofort an jene Loi-Sage von dem seltsamen Ursprung ihrer
Stammutter.
Nun bedeutet Lei-chou wörtlich die Donnerprovinz, und diese Be-
zeichnung wird nach Hirth, in Übereinstimmung mit den chinesischen
Topographen, auf die tatsächlich ungewöhnlich grosse Anzahl heftiger Ge-
witter In dieser Provinz zurückgeführt. Es wäre ausser Yünnan aber das
Die Li auf Hainan. 197
einzige Beispiel in der politisch-geographischen Nomenklatur der Chinesen,
dass sie ein Gebiet nach seinen meteorologischen Eigenschaften benannt
hätten. Vielmehr glaube ich, dass die Silbe Lei in Lei-chou nichts
anderes ist, als der missverstandene und späterhin falsch geschriebene
Name eines ursprünglich hier angesessenen Stammes, als dessen Zweig
die hainanesischen Insulaner anzusehen sind; ein Name, der, wie wir
wissen, auch Loi, Lai, Lä, Li und Lao ausgesprochen werden kann und
ohnehin auf die Lao-Stämme Hinterindiens hinweist. Die Konsequenzen,
welche sich aus dieser Annahme für die ursprüngliche Bedeutung der heut-
zutage als Lei-Kung verehrten Gottheit ergeben, bedürfen in diesem Zu-
sammenhange keiner weiteren Details.
Ist meine Annahme richtig, so hat es jedenfalls viel Wahrscheinlich-
keit für sich, dass der eine Teil einer den Süden Chinas einnehmenden
Urbevélkerung auf seiner Flucht vor den eindringenden Chinesen nach
Hinterindien zog, der andere — wenn er es überhaupt nicht schon vorher
getan hatte — über die enge Hainanstrasse nach der nahen Insel setzte,
wo er seine Eigenart besser bewahren konnte, als es seinen zurück-
gebliebenen Stammesgenossen möglich war.
Diese scheinen zu einem erheblichen Grade in den Chinesen anf-
gegangen zu sein — soweit die Provinz Kuangtung in Betracht kommt —;
doch nicht so völlig, dass das „Kuang-tung t‘ung-chih“ oder die „Allge-
meinen Annalen der Provinz Kuangtung“* im Kapitel „Sitten und Bräuche
von Lei-chou* neben den zwei hier zur Sung-Zeit gesprochenen Dialekten:
dem Kuan-yü (der „Beamtensprache*) und dem K‘o-yü (der „Fremden-
sprache“) nicht auch noch das Li-yü: die Sprache der Li, erwähnte.
Es gibt nach Henry etwa 15—16 Li-Stämme auf der Insel, welche
unter bestimmten Namen bekannt sind und in Kleidung, Sprache und
Gewohnheiten mehr oder weniger voneinander abweichen, aber alle zu
einer gleichartigen Rasse gehören, unter der gegenseitige freundschaftliche
Beziehungen die Regel sind.
Versuche, aus ihrem Namen (La, Lai, Loi, Lao, Moi, K‘lai und B‘lai)
durch Interpolierung eines M ein M‘lai und Malai zu konstruieren, und
Schlüsse auf eine malayische Abkunft zu ziehen, sind nicht ernst zu
nehmen. (Mit grösseren Rechte könnte man nach diesem Verfahren auf
eine Verwandtschaft mit hinterindischen Stämmen oder mit den Laka-Lolo
in Ssech‘uan schliessen!)
Die K‘lai von Nychou im südlichen Teil von Hainan sind allerdings
grosse, starkknochige und dunkle Gestalten, welche mit ihren betelnuss-
gefärbten Lippen den Singapore-Malayen nahekommen. Stark hervor-
springende Backenknochen, buschige Augenbrauen und horizontal liegende
Augen sind diesen Li eigentümlich, und einige haben sehr grosse Köpfe.
— Wenn auch Calder in „Notes on Hainan and its Aborigines“ (China
Review 1882—1883) berichtet, dass in Fung-Ka ziemlich viel malayisch
gesprochen wird, so ist diese Erscheinung eher auf den starken Seeverkehr
dieses Hafens mit Singapore zurückzuführen.
Äussere Erscheinung der Li. Im übrigen finden sich grosse,
starke Männer und Frauen mit hübschen Gesichtern und hellem Teint
198 | Strzoda:
von Lung-kun, an der Ostküste, südwärts und in der Gegend von Ta-Man-
Tin; eine hellere Hautfarbe, fast weisse Kinder in Kwai-fung; über den
Norden und Osten der Insel verstreut sehr hässliche, kleine Individuen
von rötlicher Hautfarbe — womit offenbar Shu- (oder Miao-) Li gemeint
sind —; ein kleiner, leicht gefärbter Menschenschlag in T‘aip‘ing im Innern
der Insel und noch kleinere, dunklere Li in Ling-shui und Yü-lin-kan.
Swinhoe berichtet in „Narrative of an exploring visit to Hainan“
von Li-Typen aus Ling-mun mit flachen, eher schon zu nennenden Gesichts-
zügen!), leicht schräg geschlitzten Augen, bronzener Gesichtsfarbe und
vorspringender Nase.
Bei einem Individuum des Lao-Kwang-Stammes und bei einem Lao
aus Tan-chou, welche er als einzige Vertreter ihrer Stämme zu Gesicht
bekam, waren die hohe, schlanke Figur von fast frauenhafter Erscheinung
(— „eine feine Rasse von starkem, bisweilen etwas weiblichem Körper-
bau“ sagt Sandal-Wood —) und ein oft kindisches, albernes Betragen
besonders auffallend.
Die Verschiedenartigkeit in diesen ebenso allgemeinen wie dürftigen
Angaben über die anatomischen Eigentümlichkeiten der Stämme gestattet
kaum, ein auch nur einigermassen sicheres Urteil über die Rassenzugehörig-
keit zu fällen.
Geistige Eigenschaften. Nicht weniger geteilt sind die Ansichten
über die Bewertung der Li in psychologischer Beziehung.
Sehr gerühmt wird von dem amerikanischen Missionar Henry ilre
grosse Gastfreundlichkeit. Diese und ihr milder, gütiger Charakter werden
von sämtlichen Reisenden, welche die Gebiete der Laos, Shans, Muongs u. a.
in Hinterindien und Südwest-China bereist haben, einmütig als ein be-
sonderes Charakteristikum der Gemütsart dieser Völker anerkannt. Frei
von vielen abergläubischen Ansichten und Gewohnheiten der Chinesen
— fährt der amerikanische Missionar fort — seien sie freundlich und ge-
lehrig, ohne freilich in den ihnen offenstehenden chinesischen Schulen
allzuhäufig den ersten literarischen Grad eines Hsin-ts‘ai zu erreichen.
Ihr Benehmen gegen die Chinesen sei immer das eines unabhängigen
Volkes gewesen, welches sich gegen seine Unterdrücker wehrt. Die Be-
schuldigung der Feigheit und Furchtsamkeit sei kaum aufrechtzuerhalten
und habe seinen Grund wohl nur in der schlechteren Bewaffnung mit
Pfeil und Bogen, während die Chinesen über Feuerwaffen verfügten,
hinterlistig seien und mit Verrat und Bestechung arbeiteten.
Davon ist vieles gewiss richtig. Auch Sandal-Wood bestätigt diese
Ansicht in „The Capture of a Lee Stockade“ (China Review 19, 1891),
wo er von dem höchst unrühmlichen Verhalten der Chinesen bei der Er-
stürmung einer Li-Palisadenstellung bei Sa-malı berichtet, die nur durch
eine englische Kanone gelang. Trotzdem schufen aber erst später ver-
räterische Aktionen der chinesischen Behörden, deren Willkür die
meisten Rebellionen zuzuschreiben sind, einen leidlich friedlichen Zustand.
1) Welche sich nicht immer von der Struktur chinesischer Gesichter unter-
schieden.
- 0 un
Die Li auf Hainan. 199
Nach Du Halde unternahmen sie von Zeit zu Zeit Einfälle in
chinesisches Gebiet, die indessen an ihrer Feigheit und Disziplinlosigkeit
scheitern. Fünf Chinesen seien imstande, hundert Li durch ihren blossen
Anblick in die Flucht zu schlagen.
Swinhoe konstatierte in Ling-shui an der Südostküste bei einer
spasshaften Inszenierung eines Angriffes den völligen Mangel an persön-
lichem Mut und — im Innern der Insel — sehr grossen Respekt vor den
Mandarinen und ihm selbst. Die ihm vorgeführten Li in Ling-mun baten
erschreckt um ihr Leben, während die chinesisch gekleideten Miao-Li viel
kecker und selbstbewusster auftraten.
Die K‘lai von Ny-chou haben ein scheues, nervöses Betragen Fremden
gegenüber und versuchen, ohne Neugier zu zeigen, jeder Beobachtung aus
dem Wege zu gehen. Im übrigen wird ihnen von chinesischer Seite —
eine mit Glossen versehene Karte von Hainan und die Chronik von
K‘iung-shan-hsien kommen hier in Betracht — ein heftiger, jähzorniger,
aber aufrichtiger Charakter zugesprochen. Ihre Wildheit sei eine natür-
liche, durch Sitten und Bräuche genährte. Ein Wort könne sie — ohne
Rücksicht auf Verwandtschaft usw. — zu heller Wut entflammen,. doch
liessen sie sich ebenso schnell wieder durch ihre Frauen besänftigen.
Ihnen weit überlegen in diesen Beziehungen sind die schön gewachsenen!)
Hügelbewohner von Formosa. Nicht Furcht, sondern das tödliche Klima
kann die Tatsache erklären, dass noch nicht ganz Hainan unter chinesischer
Herrschaft steht.
Verfassung. In einige 16 Stämme geschieden, leben die Li unter
ihren eigenen Häuptlingen zusammen, welche den chinesischen Behörden
mehr oder weniger oder gar nicht verantwortlich sind. Von einer voll-
ständigen Unterwerfung, die von den Chinesen oft in Anspruch genommen
wird, kann jedenfalls keine Rede sein, da sie zum grössten Teil noch weit
davon entfernt sind, sich die Köpfe zu rasieren oder Hosen zu tragen.
In Ny-chou?) bildet jene Anerkennung einer gewissen Verantwortlich-
keit das einzige Unterscheidungsmerkmal zwischen diesen Li und den
wilden Stämmen, mit denen sie in engen Beziehungen leben.
Die Häuptlingswürde vererbt sich vom Vater auf den ältesten Sohn
und beim Tode des Gatten — wahrscheinlich wenn keine Kinder da sind,
oder solange ihre Minderjährigkeit währt — in bemerkenswerter Weise
auf die Witwe.
Auch die Ureinwohner von Lei-chou kannten nach dem Kuang-tung
t‘ung-chih (Hirth: The Peninsula of Lei-chou) die Häuptlingsnachfolge
vom Vater auf den Sohn, vor welchem, selbst wenn noch ein Kind, sich
sogar Oheime beugen mussten, ein den Shan-Stämmen im Gegensatz
zu den moral-philosophischen Ansichten der Chinesen ‘eigentiimliches
Charakteristikum.
Öffentliche Lasten kommen bei den Li in Form von Abgaben und
Diensten, in Verbindung miteinander oder getrennt, vor.
1) malayischen.
2) (= Ai-chou).
200 Strzoda;
Eine andere Erscheinung des öffentlichen Lebens sind Kornspeicher,
die neben jedem Dorfe stehen und ausser Cerealien auch anderes Gemein-
gut enthalten.
Ähnliche Speicher stehen, wie Edouard Diguet in: „Etude de la
langue Tai‘ erwähnt, auch neben jedem, oft die Bewohnerschaft eines
ganzen Dorfes beherbergenden Pfahlhause der Tai oder Shan Hinter-
indiens.
Körperdeformationen. Die Etymologie des Namens eines der
beiden chün, in die Hainan in ältester Zeit eingeteilt wurde: Tan-Erh-
chün (wörtlich: „herunterhängende Ohren“), weist auf die Tatsache hin,
dass auch auf dieser Insel das Oberhaupt der eingeborenen Stämme sich
durch seine langgezogenen, bis auf die Schultern reichenden Ohrläppchen
von den gewöhnlichen Sterblichen unterschied, und beweist die Existenz
einer gewissen staatlichen und gesellschaftlichen Organisation der Stämme
unter einem Oberhaupt schon in den ältesten Zeiten. Dafür, dass diese
Tradition sich im Volksbewusstsein noch erhalten hat, spricht ein von
Swinhoe berichteter, in neuerer Zeit unternommener Versuch der Li,
einen Kaiser aufzustellen, der aber wegen seiner allzuhohen Anspriiche
bald wieder abgesetzt wurde („Narratire of an Exploring Visit to
Hainan‘).
Wichtiger ist, was uns E. H. Parker in einer: „The Old Thai or
Shan Empire of Western Yünnan“ (China Review 20, 1892—1893, S. 337)
überschriebenen Arbeit erzählt, wonach die frühesten chinesischen Be-
schreibungen berichten, dass die Ai-Lao!) ihre Nasen zu durchbohren und
ihre Ohren zu dehnen pflegten — je höher der Rang, desto grösser die
Dehnung —, so dass das Ohr bisweilen die Schulter erreichte. An anderer
Stelle („The Early Laos and China“, ibid. 19, 1891) ist gar gesagt, dass
die Ohren gewöhnlicher Leute schon bis dahin, die der Könige sogar
noch 3 Zoll hinter die Schultern gereicht hätten.
Erstere Sitte werde nicht mehr geübt bei den modernen Shans, den
Nachkommen jener Ai-Laos, wohl aber noch die letztere, chinesisch: tan-
oder li-erh genannte, in bescheidenen Umfange und sei auch in Mogonk
(Birma) noch beobachtet worden. (Gehören die Kuanghsi- und birmanischen
Shan mit den Loi und Siamesen zu einer Einheit, wie die Prüfung einer
Wortliste der zwei letzteren Sprachen durch einen birmanischen Shan-
Gelehrten in Bhamo und ihr Vergleich mit einer Liste von To-jen-Worten
(Kuanghsi) bewiesen haben soll, so gewinnt das vorher Gesagte an Be-
deutung.)
Die meisten Shans und viele Birmanen tragen auch heute noch schön-
geformte Röhren oder Zylinder in den Ohrläppcheu, und die Kawas, ein
in der Nähe von Meng-Liem in Stid-Yéinnan ansässiver Stamm (bei dem
beide Geschlechter gewöhnlich ein lächerlich kleines Lendentuch und nur,
wenn sie zum Markte gehen, ein Tuch hemdartig um den Leib tragen
sollen) fallen besonders durch ungeheure Ohrringe auf. Von hier bis
1) Die interessante Geschichte der Ai-Lao, die Hr. Strzoda dargestellt und an
dieser Stelle eingefügt hatte, muss aus Raummangel fortbleiben. H. M.
Die Li auf Hainan. 20}
Indien ist nur ein Schritt, und wir erinnern uns sofort der an Buddha-
figuren üblichen, überaus langen Ohren.
Des Zusammenhangs wegen sei hier auch noch verwandter Bräuche der
Ai-Laos Erwähnung getan, dieD.J.Mac Gowan in „Gynaecocracies in Eastern
Asia etc.“ beschreibt: Ohr- und Nasenringe von Gold, Silber oder Kupfer
waren beliebte Schmucksachen. Der König der Ai-Lao trug einen Ring
an jedem Nasenloch, der bis unter die Unterlippe hing. Daran war je
ein seidener Strick befestigt, den Diener hielten, wenn sie den Herrscher
führten. Dieser sinnige Brauch: „Leading by the nose“ oder an der
Nase führen“, war hier eins der staatserhaltenden Vorrechte des Königs.
Edelleute trugen goldene Nadeln, welche horizontal durch die Nasenflügel
gestossen waren.
Was zunächst die eigentümlicheSitte der Nasendurchbohrung u.ä.be-
trifft, so findet sich in dem Berichte von T.W. Kingsmill in „Notes and
Queries“ der China Rev. 24 die hainanesische Sitte, sich die Zunge zu durch-
bohren, erwähnt. Danach sind auf dieser Insel und in Lei-chou noch
einige abergläubische Gebräuche in Übung, welche nach Ansicht des Ver-
fassers aus Fu-kien gekommen sein sollen. Der wildeste ist der „sui-
liah“ genannte: Je nach der Örtlichkeit verschieden, ist sein gemeinsames
und wesentliches Merkmal die Durchstossung der Wange, Zunge, oder
sonst eines Gesichtsteiles (also auch der Nase!) mit einem eisernen Draht.
Der Verfasser beobachtete selbst während der Feier des (seburtstages des
Kriegsgottes in Hoi-how die häufige Vornahme dieser schmerzhaften Pro-
zedur. Während der Fahrt des Götterwagens vom Tempel stieg ein Mann
hinter dem Idol auf die Plattform, wo ihm ein Priester einen scharfen,
stählernen, 5—6 Fuss langen Draht in Form eines Bleistiftes durch die
Zunge, das Ohr oder die Wange stiess. Darauf trug man ihn in den
Tempel, wo er dem Gotte ein Opfer darzubringen hatte und von dem
Draht befreit wurde. Diese Szene wiederholte sich wohl über 20 mal.
Man glaubt, dass diese Opfer übermenschliche Kräfte erhalten, dass sie
z. B. einen Knoten in den Stahl schlingen könnten, mit dem sie gestochen
wurden, und dass sie unter dem besonderen Schutze des Gottes stehen.
Nach meiner Ansicht scheint es sich hier um nichts anderes als den
den Ar Laos vertrauten ancestralen Brauch zu handeln, dessen ursprüng-
licher Zweck und Sinn mit dem Vordringen chinesischer Kultur allmählich
in Vergessenheit geraten, missverstanden und mit dem chinesischen Gott
des Krieges und der Tapferkeit in Zusammenhang gebracht worden ist.
Am weitesten verbreitet und von fast allen Stämmen geübt ist das
Tätowieren, eine Sitte, die unter anderen auch den Völkerschaften vom
Malayischen Archipel bis hinauf zu den Ainos auf Yezo eigentümlich ist
oder war!). Es muss aber hervorgehoben werden, dass das Tätowieren
auf Hainan allein Vorrecht der Frauen, und zwar der verheirateten Frauen
ist, während auf Formosa sich zwar auch Männer tätowieren, die Zeich-
1) Die Sung-Geographie und Ma Tuan-Lin berichten von einem sog. Wen-shen
Königreich, 1000 li nordöstlich von Japan gelegen, dessen Bewohner sich tätowieren
sollen.
202 - Strzoda:
nungen der Frauen aber komplizierter sind als die des starken Ge-
schlechtes. Insekten: Schmetterlinge und Motten; Blumen und Gräser;
Linien und Muster, die mit der Gegend wechseln, müssen herhalten, in
blauen Konturen Stirn, Wangen, Kinn und Arme, Hände und Beine,
Brust und Rücken, meistens aber das Gesicht zu verschönern. In Yu-lin-
kan und Ny-chou (Ai-chou) sind es z.B. eine Reihe von runden Punkten
zwischen zwei Linien, welche von den Augen herunter und quer über das
Kinn laufen.
Dabei soll diese Prozedur, deren Spuren nicht immer dauerhaft sind
und vor dem Alter verschwinden, nach der Versicherung einiger
Reisenden die Schönheit der Frauen keineswegs beeinträchtigen. — Es
ist nun durchaus nicht notwendig, die Aboriginer von Hainan wegen
dieses weitverzweigten Brauches mit den Malayen in einen Topf zu
werfen.
Finden wir doch bei D. F. Mac Gowan in „Gynaecocracies in Eastern
Asia etc.“ (China Review 19) die Vermutung ausgesprochen, dass fast alle
aboriginären Stämme Chinas das Tätowieren geübt haben, in Che-kiang
noch in der Han-Zeit; in Korea sogar noch später, und ın Japan soll es
noch heutzutage nicht ungewöhnlich sein. Es sei ein Merkmal, die Rassen,
welche vom Nordwesten nach China kamen (Chinesen und Mongolen),
von denen zu unterscheiden, welche von der See her und vom Süd-
westen, aus dem malayischen Archipel und Indochina einwanderten.
Nach Parker (The Early Laes and China) schnitten sich die Männer das
Ai-Lao-Stammes Elefanten und Drachen in die Haut und eine noch gegen
Ende des 18. Jahrhunderts P‘u-J genannte Grenzbevélkerung von Birma
und Yünnan ist wahrscheinlich mit einer in den T‘ang-shu erwähnten
Rasse gleichen Namens identisch, welche sich das Gesicht tätowiert und
es mit schwarzem oder dunklem Pigment gefärbt haben soll.
Sitten und Gebräuche. Im Frühling halten sie, wie Bowra in
der Übersetzung der Chronik von K‘iung-shan-hsien mitteilt, ein grosses
Fest ab, wobei die Männer und Frauen benachbarter Niederlassungen in
festlichen Gewändern, Hand in Hand, herumspringen und singen, das ist
die beste Heiratsgelegenheit. Die Eltern haben keine Macht, sich der
Wahl des Kindes zu widersetzen, und Rücksichten auf Namensgleichheit
sind unbekannt. Entsprechend heisst es bei Hirth, in „The Peninsula
of Lei-chou* (China Rev. 2, 1873—74): Jedes Jahr zurzeit des Laternen-
festes, , Yiian-hsiao*, im Februar oder März, kommen Männer und Frauen
von fern und nah zusammen, „den Rattan“ zu schlagen, d. h. sich zu
treffen und nach dem oder der Künftigen Ausschau zu halten.
Diese Bräuche — fährt Bowra fort — sind den unter den wilden
oder Sheng-Li in Übung befindlichen ähnlich:
An schönen Frühlingsabenden singen und spielen die jungen Leute
von 16—17 Jahren, beiderlei Geschlechts, miteinander, indem sie über
sich selbst verfügen, ohne dass die Eltern bei der Wahl mitzusprechen
hätten.
Die Sitte erinnert lebhaft an eine Reihe von Tai-Shan-Stännmen auf
dem Kontinent:
Die Li auf Hainan. 203
Bei den Hsi-hsi (Westfluss) Miao ziehen gleichfalls die jungen
Männer (mit Weidenfléten!), die jungen Mädchen (mit dem nötigen
Proviant) ins Freie hinaus, um miteinander zu singen, zu spielen, und sich
nach Neigung zu paaren, worauf nach der Geburt eines Kindes die Ehe
endgültig geschlossen wird.
Ähnliche freie Sitten herrschen bei den K‘a-meng-ku-yang Miao-tse.
Die Pai-chung-chia Miao-tse feiern zu Anfang des Frühlings das Mond-
fest, wobei die junge, ledige Generation sich um die Hüften fasst, und
zum Klange einer Trommel tanzt und allerlei Scherz treibt, während die
Eltern dabeisitzen, ohne dem Treiben Einhalt zu tun.
Um zu den Li zurückzukehren, so erfolgt, wenn alles zwischen den
Verlobten klar ist, der Austausch der Hochzeitsgeschenke (Kleidungs-
stücke, Wein und besonders Vieh) seitens der Eltern, bei dem eigen-
tümliche Feierlichkeiten beobachtet werden sollen.
Am Tage der Hochzeit folgt der Bräutigam dem Vermittler(?) in das
Haus der Braut, welche auf Befehl der Eltern ihr Haupt bedeckt, das
Kleid löst und zu ihm, hinausgeht, um auf seinem Rücken in ihr neues
Heim getragen zu werden. Nach Calder: „Notes on Hainan and its
aborigines“ bringt der Vater die Braut zur Hütte ihres künftigen Mannes,
wo sie nach dem unter freiem Himmel stattfindenden Hochzeitsschmaus
von der Mutter zu der Tür der Kammer geführt und dem Bräutigam
übergeben wird.
Bleibt die Frau kinderlos, wird sie zurückgeschickt, und beim Tode
des Mannes geht sie ins Eigentum des nächsten Bruders über!). Be-
merkenswert ist, dass die Familie des Bräutigams das Muster schenkt,
nach dem das Gesicht der nunmehr zur Treue dem Mann ihrer Wahl
gegenüber verpflichteten jungen Frau tätowiert wird.
Im Süden der Insel (Yü-lin-kan) werden die Hochzeiten mit ähnlichen
Ergötzlichkeiten gefeiert, und Betelnussgeschenke gegeben. Der Gatte
tritt hier aber noch in die Familie der Frau ein, die seine einzige bleibt.
Vom grössten Interesse sind in diesem Zusammenhange die Aus-
führungen Edouard Diguets in „Etude de la langue Tai“:
Die Eltern haben bei der Verlobung nichts zu sagen, nur die W ahl
der Kinder zn ratifizieren. Das Herz gibt den Ausschlag. Die jungen
Leute ziehen am 15. und 80. des zweiten und am 5., 10., 15., 20., 25. und
30. des dritten Monats aus nach einer berühmten Grotte im Tal von
Nghia-lô, wo sie sich finden. Hat der junge Mann darauf um die Hand
seiner Angebeteten angehalten, sendet sein Vater die Geschenke. Die
Verlobungszeit beträgt sechs Monate bis drei Jahre. Der Verkehr vor der
Hochzeit ist. frei, doch ist bei vorzeitiger Schwängerung eine Strafe an
das Ortsoberhaupt — und umgekehrt an die Gemeinde, wenn dieses der
1) Bei derartigen freudigen Anlässen wird an manchen Orten ein Hahn ge-
schlachtet. Das ganze Dorf feiert mit und ergötzt sich nach dem Schmause an
Trommel- und Glockenmusik. „Alle wichtigen Anlässe, gute wie schlechte, sind
überhaupt ein Anlass, Schweine, Schafe oder Ochsen zu schlachten, wozu Freunde
und Verwandte eingeladen werden,“ sagt Hirth in der schon erwähnten Arbeit
über Lei-chou.
204 Strzoda:
Schuldige ist — zu zahlen. Die Hochzeit wird bei den Eltern des
Mädchens gefeiert, fällt aber zu Lasten des Vaters des Mannes. Das
ganze Dorf ist eingeladen, und der Schmaus dauert 2—3 Tage.
Mit den Heiratsgebräuchen der Li eng verbunden ist der Tanz.
Swinhoe sagt, dass ihre Art zu tanzen, mit der der Pepo oder Shu-Fan
auf Formosa genau übereinstimmt, ist aber vorsichtig genug, diese Tat-
sache als eine vielleicht rein zufällige Erscheinung zu erklären, da von
einer Auswanderung von Bergstännmen aus China nach Formosa nichts
bekannt sei, vielmehr die Ansicht vorherrsche, dass die Insel von den
Philippinen aus bevölkert worden ist. (Die andere Möglichkeit einer
malayischen Einwanderung auf die Insel Hainan zieht er gar nicht in
Betracht.)
Männer und Frauen bilden einen unterbrochenen Kreis derart, dass
die Männer auf der einen, die Frauen auf der anderen Seite stehen.
Jede Person kreuzt vorn die Arme über der Brust, so dass die linke
Hand die rechte der rechtsstehenden Person erfasst und umgekehrt. Die
Männer führen den Gesang nnd die Frauen folgen. Wie sie singen, wird
der Kreis, indem jeder zwei Schritt vorwärts und zwei Schritt rückwärts
tut, bald enger, bald weiter. :
Ein Mann in der Mitte mit einem Weingefäss in der Hand, sorgt für
die lustige Gesellschaft, deren Freude immer ausgelassener wird, und
welche in Frühlingsnächten oft noch die Morgendämmerung beisammen-
sieht.
Es bedarf nach dem Vorhergegangenen nicht der Erwähnung, dass
auch in dieser Beziehung eine unverkennbare Übereinstimmung — wenn
nicht in den Details des Tanzes, so doch in den begleitenden Neben-
umständen!) herrscht.
Ausser der schon erwähnten Reminiszenz an das Mutterrecht findet
sich an derartigen Symptomen für das primitive Entwicklungsstadium eines
Volkes nur noch die Blutrache auf Hainan, welche ein heiliger Brauch
ist und für den Vater, Grossvater und Freund mehrere Generationen
dauert. |
Doch kannte man nach chinesischen Quellen des 12. und 13. Jahr-
hunderts zu dieser Zeit schon das Kompositionssystem oder die friedliche
Beilegung des Streites.
Der Tod der Eltern und anderer naher Verwandter wird nicht laut
beklagt oder beweint; es ist Sitte, rohe Nahrung zu sich zu nehmen.
Auch die K‘a-möng-ku-yang Miao-Tze enthalten sich beim Tode eines
Verwandten jedes Ausdrucks ihres Schmerzes. Sie lobpreisen vielmehr
den Abgeschiedenen in Liedern und Scherzen und beschliessen den Tag
mit dem üblichen Mahle. Wenn aber im nächsten Jahre der Ruf eines
bestimmten Vogels ertönt, so brechen sie in Klagen aus, indem sie rufen:
„Die Vögel sind zurückgekehrt, aber unser teurer Tote ist nicht wieder-
gekommen!“
1) Auf Hainan wie bei den zum Vergleich herangezogenen Stämmen des Fest-
landes.
Die Li auf Hainan. 205
Als Sarge dienen ausgehöhlte Baumstimme, und die Beerdigung, bei
der Vieh geopfert zu werden pflegt, findet in der Weise statt, dass dem
Leichenzuge ein Mann vorangeht, der von Zeit zu Zeit ein Ei auf die
Erde fallen lässt. Die Stelle, wo es beim Aufschlagen nicht zerplatzt,
wird für geeignet und von guter Vorbedeutung gehalten. Dort findet
dann, nachdem der Tote beigesetzt worden ist, ein Leichenschmaus statt
und werden Totenwachen gehalten.
Am 49. und 65. Tage nach dem Tode versammeln sie sich wieder am
Grabe zu einem anderen Feste.
Bei Krankheiten werden — nach chinesischen Berichten — den
bösen Geistern Ochsen geopfert. Derselbe Gedanke findet sich auch bei
den Pai-ou-tse Miao-Tze, welche zu den Geistern ihrer Verstorbenen beten;
und bei den Man, welche — nach dem Sung-Shih — dem Kranken keine
Medizin geben, sondern die Bronzepauke schlagen, dabei den Geistern ein
Stück Vieh opfernd
Bei Chao Ju-kua ist dasselbe auch von den Li gesagt, nur mit der
Erweiterung, dass sich niemand der Schwelle des Kranken nähern darf.
Die Weissagekunst ist den Li nach einer chinesischen Quelle un-
bekannt. Sie bestimmen aber die Zukunft aus den Füssen eines ge-
schlachteten Huhnes, dessen Knochen und Erzeugnisse überhaupt eine
wichtige Rolle im Haushalt und Leben der Li zu spielen scheinen.
Tracht. Unter den mannigfaltigen Haartrachten ist die häufigste
und charakteristischste die, das Haar in einem nach oben geschlungenen
Knoten, der bisweilen mit weissem oder rotem Band unterbunden ist, als
formlose Masse oder zu einem Horn gedreht, auf dem Scheitel zu tragen,
und zwar allein oder in Gesellschaft eines zweiten kleineren Haarknopfes
dahinter.
Bisweilen kompliziert sich die Geschichte ein wenig, wie z. B. in
Yü-lin-kan, wo zu dem in Windungen zusammengedrehten oder einfach ge-
schlungenen Knopf auf dem Scheitel die Haare des Hinterkopfes in ein,
zwei Schwänzchen auf einer oder auf beiden Seiten emporgeführt und
dort mit silberbeschlagenen, gewöhnlich aus Affenbein hergestellten Nadeln
befestigt werden.
Einfacher ist die Art, die Henry beobachtet hat, das Haar von der
Stirn zurückzubinden und mit einem Kamm aufzustecken. Oder man
dreht es zusammen und legt es rings um den unrasierten Kopf, wie in
Yai-(Ngai-) chou.
Dagegen scheiteln die Frauen der Stämme, die Swinhoe in „Abo-
rigines of Hainan“ beschreibt, sofern sie verheiratet sind, ihr Haar in der
Mitte und befestigen es in einem grossen Knoten auf dem Hinterkopf;
bisweilen lassen sie es lose herumhängen wie in Yü-lin-kan?).
Daneben findet sich bei den Frauen von Tan-chou, und besonders
unter den dortigen Fischerfrauen, eine besondere Art, das Haar zu
tragen.
Ein weisser Streifen aus ungebleichter Baumwolle wird durch das
1) Oder vereinigen es zu einem Knoten auf dem Rücken.
206 ` Strzoda:
Stirnhaar gezogen und hinten unter einem ungeheuren chignonartigen Haar-
knoten, der mit vielen Haarnadeln durchstochen ist, zusammengebunden.
Nicht weniger interessant ist endlich auch eine von Du Halde be-
schriebene Frisur: Männer und Frauen tragen das Haar durch einen Ring
an die Stirn gedrückt. |
Allen diesen Haartrachten gemeinsam ist ein das Haar zusammen-
haltendes Tuch oder Seidenzeug, welches die Stelle eines Turbans vertritt.
Je nach Gegend und ‚Geschlecht variiert es in Farbe und Schnitt und ist
bald weiss, rot oder blau, bald einfach befranst oder bestickt. Nicht
selten wird diese turbanförmige Krönung des Kopfes durch helle Stroh-
oder Rattanhüte ersetzt, welche unter dem Kinn festgebunden werden.
Ihre Form ist verschieden; sie sind meistens klein, doch finden sich im
nördlichen wie südlichen Teil der Insel auch Typen mit spitzen Köpfen
und breiten Krempen, an denen lange, einfarbige, meist blaue Fransen
hängen.
Verwandte Haartrachten unter den Shan-Stännmen des chinesischen
und hinterindischen Kontinents finden sich bei den Frauen der Pu-Yüan
Shan wie bei den Tai in Nan-pien-hsin-chai und Hsiao-ho-kuan (Fred.
W. Carey: „Journeys in the Chinese Shan States“ in The Geographical
Journal 15), deren Kopfbedeckung aus einem bisweilen mit Goldfäden
bestickten Tuchhut oder Turban besteht.
Ferner sagt Mac Gowan bei der Schilderung der äusseren Er-
scheinung der Ché-kiang-Miao-tzc, dass ihr Haar in Form eines Bogens
über der Stirn steht, von dem in der Regel ein Silberschmuck herab-
hängt.
Und endlich findet sich auch bei G. Dumontier (The Black River
of Upper Tonquin and Mount Ba-Vi, Chine Rev. 19, 1891) der Turban
als übliche Kopfbedeckung!) wiederholt erwähnt, mit dem Unter-
schiede, dass er, gewöhnlich aus blauem Tuch bestehend, nach Art der
neapolitanischen Bauerntracht auf dem Kopfe liegt, ihn nicht um-
schliesst.
Die Kleidung der Insulaner besteht bei Männern aus zwei Schurz-
lappen, aus meistens schwarzem, braunem oder tintenblauem, auch mehr-
farbigem, seltener weissem ungebleichten Baumwolltuch, welche, je nach
Stamm und Gegend bald breiter, bald schmäler, auf der Vorder- und
Rückseite die Hüften bis zu den Knien in der Weise bedecken, dass ihr
Verbindungsstück an die linke Hüfte zu liegen kommt die rechte dagegen
freibleibt, um beim Spannen des Bogens nicht hinderlich zu sein. Diese
leichte Art ihrer Bekleidung, welche stellenweise auch mit dem „malayischen“
Sarong abwechselt, erinnert an die der Bewohner des südlichen Formosa.
Das Gewebe ist grob und hart, dabei äusserst dauerhaft und meist in
Linien- und Punktmotiven — bei blauem Grundton — weiss, bei weissem
(rundton — blau — gemustert.
In Yü-lin-kan ist es ein Lappen, der zwischen den Beinen hindurch-
seführt und vorn und hinten an einer Hüftschnur befestigt wird.
1) der Man — Frauen.
Die Li auf Hainan. 207
Als Besonderheit findet sich in der Übersetzung der K‘iung-shan-hsien
Chronik von Bowra ein Kleidungsstück der Shu-Li erwähnt, welches aus
einem baumwollenen, mit einem für den Kopf bestimmten Loch in der
Mitte versehenen Umhang ohne Ärmel besteht. Dazu werden auf dem
Kopfe bestickte Tücher und sechseckige Rattanhüte getragen.
Eine eigentümliche Mischung chinesischer und einheimischer Tracht
stellt die Kleidung der Li in Ling-mun im Innern der Insel dar, wo die
chinesiche Jacke zum einheimischen Vorder- und Hinterschurz ge-
tragen wird.
Das wichtigste Bekleidungsstück der Frauen ist noch immer ein von
den Hüften bis zu den Knien, selten tiefer, reichendes, zylindrisches und
enges Hemd aus meist schwarzem oder tiefblauem, auch buntem Baum-
wollzeug, das stark an den malayischen Sarong erinnert, aber etwas kürzer
als dieser ist.
Gleichwohl scheint die chinesische Kleidung seit kurzem Anhängerinnen
unter ihnen zu finden.
Doch unterscheiden sich die Frauen von den Männern besonders
durch eine Art Leibchen oder knappe Jacke, mit engen, kurzen Ärmeln,
aus denselben Stoffen, welche an den Rock anschliesst. Vorder- und
Rückseite sind mit lebhaft bunten Stickereien in zum Teil geschmack-
vollen Ornamenten und angenehmer Farbenwirkung bedeckt und je nach
Dorf und Clan verschieden. Neben der häufigen Anwendung des Mäanders
und anderer geometrischer Muster, welche nicht immer symmetrisch an-
gebracht sind, findet sich auch das wahrscheinlich einheimische Motiv
eines stark stilisierten tanzenden Mannes.
Zum Verschluss dienen — neben der Verschnürung und mit farbigen
Wollfäden durchwebten Perlzieratgürteln — grosse Bleirosetten, in deren
schlüssellochartige Öffnungen gegenüberliegende löffelförmige Zäpfchen
hineinpassen.
Ein Vergleich mit den Kostümen konkinentaler Shan-Stämme ergibt
ausser einer Reihe von Übereinstimmungeu auch die Tatsache, dass das
Kleidungsstück der Li, welches allgemein als malayischer Sarong an-
gesprochen wird, nicht unbedingt malayisch zu sein braucht. Es müsste
denn sein, dass auch diese Stämme in ihrer Kleidung malayischen Ein-
fliissen unterlegen sind.
So tragen die Frauen der am Oberlauf des Schwarzen Flusses
(Song-Bo) in Tonking lebenden Man neben einer allerdings besonderen
Tunika und einem bis zu den Knien reichenden, sehr eng sitzenden Paar
Hosen ein Bruststück, mit schmalen, weissen Schnüren und Schlingen und
einer Reihe von dünnen Zinnknöpfen verziert. Nacken, Ärmel und
Ränder der Hosen und Tunika sind mit Svastika-Zeichen bestickt, und
ein grosses Ornament wie ein lateinisches Kreuz an der Spitze eines
Dreiecks schmückt die Rückenseite in weisser, schwarzer oder roter
Stickerei, je nach dem Stamm.
Ferner tragen die Frauen der Akkas — einer nach Fred. W. Carey
(A Trip to the Chin. Shan Tribes) von den Shan unterworfenen und
wahrscheinlich zu den Lolos gehörigen Rasse ohne eigene Sprache mehr —
208 ) Strzoda:
einen sehr kurzen, engen, bis zu den Knien reichenden Rock und ein
offenes Jacket mit gesticktem Schniirleib; die Pa-i Shan-Frauen ein
langes, bis an die Fussgelenke reichendes Hemd mit vielfarbigen Rändern
und gleichfalls ein enges Jacket oder Schnürleibchen, welches, neben
einem Paar weisser, kurzer Kniehosen auch den Frauen der Pu-Yüan Shan
eigentümlich ist und hier stets offen getragen wird. Ein schwarzer
Schnürleib ist die Mode bei den Shan-Frauen in Nan-pien-hsin-chai und
Hsiao-ho-kuan, und!) nach Dumontier bei den Muong, einer im oberen
Tonking dominierenden Shan-Rasse.
Aus dem Vorhergehenden ergibt sich also jedenfalls mit einiger
Wahrscheinlichkeit die Gemeinsamkeit des Turbans, des sog malayischen
Sarong und des kurzen engärmeligen Jackets hüben wie drüben, d. h. bei
Stämmen, die anerkanntermassen zu der Tai-Shan-Familie gehören, und
solchen, bei denen diese Zugehörigkeit zweifelhaft erscheint.
Als Schmucksachen dienen 1 Zoll lange Stücke aus Hirschhorn,
welche in die Ohren (d. h. wahrscheinlich: durch die Ohrläppchen) gesteckt
werden. Diese, sowie grosse Ringe aus Kupfer und Messing, welche bis
auf die Schultern reichen, dürften wohl als Überbleibsel des uralten
Brauches angesprochen werden, der bei der Etymologie des Namens Tan-
erh eingehender beschrieben worden ist. Nach Berichten Du Haldes
tragen beide Geschlechter auch Ohrringe aus Gold- oder Silberblech in
rundgelegter Birnenform, die vielleicht chinesischen Ursprungs sind. Dazu
kommen grosse Halsringe aus weissen und blauen, auf Draht gezogenen
Glasperlen, von denen oft zwanzig und mehr auf einem Halse zu sehen
sind, oder Ringe aus dünnem, 2—3 cm breitem Silberblech. Kämme von
schmaler, hoher, keilarticer Form zeigen auf dem Rücken feine Reth-
flechterei in Rhombenmustern, während ihre Enden mit Blei eingefasst
sind, und viereckige, spitz zulaufende Haarpfeile aus Affenbein sind zum
Teil mit einem rechtwinkligen Linienmuster, das sich aus kleinen, schwarzen
Kreisen mit Punkten in ihrer Mitte zusammensetzt, verziert. Daneben
gibt es Nadeln aus Silber, Kupfer und Zinn.
Wohnart. Die Li wohnen in Dörfern, die meistens in der Nähe
von fliessendem Wasser gebaut sind, wie es auch bei den Niederlassungen
der Miao-tzé der Fall ist.
Oft läuft ein aus Bambusstangen errichteter Zaun um die An-
siedelung, welcher an der Stelle, wo der Weg ihn kreuzt, niedriger wird.
Um das Übersteigen dort zu erleichtern, ist an der Aussen- und Innen-
seite des Zaunes eine zweistufige Bambusleiter oder ein roh eingekerbter
Holzstamm angebracht. Dergleichen roh hergestellte und beiderseitig an
die Umhegung gestellte Stufenbalken sind auch auf Feldern zu sehen;
sie nehmen die Stelle der Tür ein, verhindern das Ausbrechen der Haus-
tiere und schützen zugleich gegen die wilden Tiere, Haus und Herde,
da Vich stellenweise in nicht unbeträchtlichem Masse gezüchtet wird.
1) Ein kurzer Unterrock (sic), der bis zu den Knien reicht, mit einer die
Hüften gerade bedeckenden Tunika und einem mehrfach gefalteten Bruststück.
Die Li auf Hainan. 209
In einem der grösseren Dörfer mit Namen Loi-han wurde an einem
Tore eine sinnreiche Federvorrichtung, bestehend aus einem bogen-
förmigen, elastischen Stück Holz, beobachtet, welche das Tor zuschlug
und schloss, sobald der Druck der Hand aufhörte.
Die Häuser der Li sind hinsichtlich ihrer Bauart je nach Gegend ver-
verschieden. In Choi- (oder Chio (?)-) tung z. B. bestehen ihre Wände
aus Bambusflechtwerk und sind innen wie aussen mit Erde beworfen.
Das Dach ist mit Stroh gedeckt. Strohbedeckte Hütten, ohne Wände,
deren Dach auf jeder Seite bis zur Erde reicht, sind die Regel in Yü-lin-
kan, in Ny-chou, und die Chronik von K‘iung-shan-hsien beschreibt die
Wohnungen der Li als „in Gestalt umgestürzter Becken aus zusammen-
gelestem Gras gebaut.“ „Oben befänden sich die Wohnräume für die
Menschen, darunter die Ställe für das Vieh und die Schweine.“
Nach einer anderen chinesischen Quelle (Karte von Hainan mit An-
gabe der Städte und wichtigsten Plätze; mit kleinen Illustrationen — dar-
stellend Pflanzen, Tiere und Insulaner bei ihrer Beschäftigung — und
begleitendem Text) sind die Häuser der Li lang und hoch und haben
Bootsform, je eine Tür an der Schmalseite und in der Mitte ein zweites
Stockwerk, in dem sie wohnen, während die unteren Räume für die
Schweine bestimmt sind. Calder endlich behauptet, dass jeder Li zwei
Hütten zu haben scheint, eine für sich und seine Waffen, die andere für
Frau und Familie. Damit sind vielleicht die Stämme gemeint, bei denen
noch das Mutterrecht in Geltung ist. |
Bemerkenswert ist aber, dass, je tiefer man in das Innere vordringt,
die Bauart der Häuser immer reiner den Typ eines malayischen Pfahl-
hauses wiederzugeben scheint. Die Wohnungen in Huang-a und Tau-ta
nämlich sind wesentlich verschieden von denen im bereits erwähnten Chio-
tung und in Pi-sui, Orte, die beide im südwestlichen Teile der Insel
liegen. Sie sind hier auf Pfählen in 1'/, bis 2 Fuss Höhe über dem Boden
errichtet, haben Wände und Dielen aus Bambusgeflecht — derart, dass
zwei Lagen fingerdicker Stangen im rechten Winkel übereinander gelegt
werden —, Strohdächer und ein zweites Stockwerk für die Bewohner.
Schweinen und anderen Haustieren ist der Raum darunter zugewiesen.
Die Herde bestehen aus viereckigen Einschnitten in die Erde, die mit
Lehm verkleidet sind, oder, was das gewöhnliche ist, aus „gespaltenen
Bambusstäben“.
Die Frage ist nun, ob das Haus der Li wirklich auf ein malayisches
Vorbild zurückgeht oder, ob wir es auf Hainan mit einem Typ zu tun
haben, der sich selbständig entwickelt hat oder auch vom Festlande her
gekommen sein kann.
Dass Pfahlhäuser ähnlichen Typs auf dem malayischen Archipel die
Regel sind, beweist noch lange nicht, dass in dieser Beziehung tatsächlich
ein Zusammenhang zwischen Malayen und Li besteht, geschweige denn,
dass die Li selbst Malayen sind, wie es von vielen behauptet wird; denn
es ist Tatsache: eine ganz heterogene Rasse, wie die Shan- und Thai-
Stämme des südwestlichen China und Hinterindiens, baut Häuser in dem-
selben oder ähnlichem Stil.
Zeitschrift für Ethnologie. Jahrg. 1911. Hett 2 14
210 l Strzoda:
Ob und inwieweit auch hier malayische Einflüsse anzunehmen sind,
ist allerdings eine andere Frage.
Zunächst sagt Edouard Diguet in „Etude de la langue Tai“, dass
das Haus der Tai stets auf Bambuspfeilern in Mannshöhe über dem Boden
errichtet ist, Bootsform hat, sehr gross, oft 75 m lang und 25 m breit ist,
so dass oft 12 Familien Platz haben und unten die Haustiere: Pferde,
Büffel, Schweine usw. beherbergt. Daneben befände sich ein kleiner
Speicher.
Nach den Ausführungen G. Dumontiers in der China Review 19,
1891 bestehen die Dörfer der Muong, der wichtigsten Rasse am Song-Bo
oder Schwarzen Flusse im oberen Tonking — deren Bezeichnung „Muong“
kein Rassename, sondern das Äquivalent für das annamitische chäu und
das siamesische chao ist — nur aus 10— 20 Häusern, welche auf Pfeilern
in Höhe von etwa 7 Fuss erbaut sind. Leitern dienen zum Aufstieg, und
das Untergeschoss ist der Aufenthalt für Schweine usw. Die Häuser
stehen isoliert und ihr Boden ist, weil aus Bambus hergestellt, sehr
elastisch. Gewöhnlich sind sie nur ein grosser Raum mit einer manns-
hohen Abteilung von Bambusmatten (etwa ein Viertel des Ganzen) für
die Frauen. Das zweite Viertel desselben Endes ist der Feuerplatz, der
viereckig und 7—8 Fuss lang ist. Der Herd besteht aus langen, flachen
Steinen, die auf der Bambusdiele liegen, worüber dann noch eine dicke
Schicht Asche gebreitet wird. Ein Balken an der Decke dient als
»whatnot“ zum Aufhängen allerhand Geräte; auch die Wiege, ein langer,
flacher Korb aus Bambus hängt an der Decke genau so wie bei den Li,
deren Babys in weidengeflochtenen, mit drei Stricken an den Balken der
Hütte aufgehängten Schwingen ruhen.
Eine dritte Abteilung vorn, mit Holz ausgelegt, ist das Ehrenzimmer
für Besuche und Gäste, denen stets der beste Empfang zuteil wird.
Pfahlhäuser aus Bambus, in der Ebene, nahe an fliessendem Wasser
liegend und einzelne Gehöfte bildend oder zu kleinen Dörfern gruppiert,
finden sich endlich auch im Gebiete der Sip-song-pan-na oder „12 Staaten“
(nämlich: Meng-Wang, Cheng-Tung, Pu-Teng, Wu-Tei, Meng-Wu, Liu-
Shun, I-Bang, I-Wu, Méng-La, Meng-Lung, Meng-Cheh und Meng-Ah),
deren Bewohner, grésstenteils Shans, von den Franzosen Lü oder Tai
genannt werden, während ihr chinesischer Name Pai-I oder T‘u-Chia
lautet.
Waffen und Jagd. Der Li, in erster Linie Jäger und Holzschnitzer,
führt stets ein hirschfängerartiges Messer bei sich, welches am Gürtel in
einem kleinen, hohen Körbehen hinter der Hüfte getragen wird, wie der
Muong vom Berge Ba-Vi am Schwarzen Fluss nie ohne einen kurzen
Säbel (!) in hölzerner Scheide zu sehen ist.
Ihre Lieblingswaffe ist der Speer, mit dem sie auf über 100 Schritt
Entfernung, ohne zu fehlen, auf Vögel und Tiere schiessen. Die Wurf-
speere haben verschieden geformte eiserne Spitzen; die Bogen, aus hartem
Holz hergestellt, sind mit Bambusstreifen bespannt, und die vergifteten
Bambuspfeile, meist mit eiserner, knöcherner oder feuergehärteter (Holz-)
Spitze oder einseitig herausgeschnittenem Widerhaken versehen, haben
Die Li auf Hainan. 211
keine Schwungfedern, sondern nur ein herzförmiges Stück Blatt, welches
durch einen am Schaftende befindlichen Schlitz gezwängt wird. Jedes
Jahr im Dezember sollen sie in Scharen auf die Jagd ausziehen und so
gute Schützen sein, dass neun von zehn Schüssen immer treffen. Des-
gleichen heisst es, dass ihr Gehör und die Fähigkeit, sich geräuschlos an
das Wild heranzuschleichen, zu einem hohen Grade entwickelt sind.
Allerdings wird das von anderen Reisenden wieder bestritten, welche
ihnen eine besondere Geschicklichkeit in der Handhabung von Pfeil und
Bogen absprechen. Nach der oben gegebenen Beschreibung der Pfeile
hat es einige Wahrscheinlichkeit für sich, dass derartige Geschosse auf
weite Entfernungen nicht gerade fliegen können. Ihre Taktik ist infolge-
dessen die, sich ganz nah an das Ziel heranzuschleichen, ehe sie schiessen.
Das getroffene Wild wird dann so lange verfolgt, bis sich die Wirkung
des Giftes zeigt. — Da die Li ferner weder Netze noch andere Fisch-
fanggeräte haben, werden auch Fische mit Pfeilen geschossen; die Kon-
servierung mit Salz soll ihnen schon bekannt sein.
Der Köcher besteht aus einem dicken Bambusrohr mit dichtschliessen-
dem Lederdeckel in Form einer hohen Mütze, und zwei kleineren, durch
Bastschnüre an seiner Seite befestigten Röhrchen.
Ackerbau. Wo auf der Insel, wahrscheinlich von Miao- oder Shu-
Li, Ackerbau betrieben wird — und es ist besonders das nördliche flachere
Vorland, das sich dazu eignet —, findet die Aussaat erst während der
Regenzeit statt. Dabei wird das Pflügen des Bodens durch das Vieh be-
sorgt, welches, in Herden freigelassen, das Wasser und den Boden zu einer
dicken Masse zerstampft, in die das Korn gesät wird. Eine vorzügliche
Ernte soll bei diesem Verfahren erzielt werden.
Auch das Abbrennen und ein rascher Wechsel der Felder und kul-
tivierten Hügelseiten kommt vor und erinnert lebhaft an die Praxis einer
Reihe von Shan-Stämmen auf dem Festlande.
Die Hainan Miao. Vierzig Meilen von der Westküste Hainans,
sagt Fr. P. Gilman (China Rev. 19), in den Vorbergen zwischen Chinesen
und Loi, wohnen viele Miao, Miao-Loi genannt, welche behaupten, vor
200 Jahren von Ko-chou auf dem Kontinente!) gekommen zu sein, und in
grossem Masse Sprache und Sitten beibehalten haben, welche sich auch
von denen der Loi unterscheiden. Sie zeigen den Bekannten den Ver-
trag über ihre Rechte, ein angebliches Dekret des „ersten Kaisers Pan-
ku, datiert Jahr 1%, welches ihnen Steuerfreiheit, freie Bebauung der
Hügel, Heirat untereinander und Schutz durch die Lokalbehörden garantierte.
Auch sollen sie angehalten sein, den „Schöpfer“ zu verehren. Ihre Frauen
haben mehr die ererbten Traditionen bewahrt. Das kommt besonders in
der Kleidung zum Ausdruck, welche aus einer blauen Jacke mit engen
Ärmeln, bis zu den Knien reichend und einem engeren Gewande darunter,
von derselben Länge, besteht. Das Haar wird einfach nach oben gelegt
und mit einem bestickten blauen Tuch bedeckt. Ihre Bebauungsinethode
ist sonderbar: sie brennen eine Hügelseite ab und säen und ernten und
1) Nordöstlich von Leichou.
14 *
212 Strzoda:
im nächsten Jahre eine andere. Daher haben sie weder feste Nieder-
lassungen noch feste Häuser, weil bei dieser Wirtschaftsmethode der
Boden schnell unbrauchbar wird. Ihre Dörfer bestehen aus zehn bis
dreissig Familien.
Mit diesen Miao-Loi identisch sind wahrscheinlich die von Du-
moutier erwähnten Meo-Stämme im Tale des Schwarzen Flusses, welche
aus Kuei-chou gekommen sein sollen und sich nach ihrer Kleidung in drei
Familien scheiden: die Back Moo, Hach Méo und Höng-Meo. Weil den
Man ähnlich, werden sie auch Man-Meo genannt. Sie bewohnen die
Spitzen der Berge, verbrennen die Toten und sollen durch vornehme
Muong-Familien ins Land gebracht worden sein, um die Bevölkerung zu
vermehren. Ihre Ansiedlungen lagen um Hong-Hoa, Thuy-Vi und Van-
Ban und erstreckten sich bis zur Yün-nan-Grenze und bis nach Kuanghsi
hinein. Zunichst hatten sie beträchtliche Privilegien, Steuerfreiheit, kosten-
losen Landbesitz, und auch sie kultivierten den Boden sehr primitiv. Zu
hohe Bedrückung führte später zu Aufständen, in denen mehr als 70 pÜt.
der Bevölkerung unterging.
Ferner üben die tonkinesischen Man und Muong — welch letztere
allerdings auch den Boden mit einem mit lang zugespitzter und im Feuer
gehärteter Spitze versehenen Bambuspflug pfliigen — und eine Anzahl
Miao-tze in China diese einfache Art der Bodenbestellung durch Ab-
brennen mit dem System des Felderwechsels, der meist alle drei Jahre
stattfindet und eine Veränderung des Wohnortes nach sich zieht.
Hausgeräte sind äusserst primitiv. Steinmörser fehlen, so dass der
Reis in hölzernen zerstossen werden muss, wozu drei bis vier Mann er-
forderlich sein sollen. Überhaupt finden sich Schüsseln mit Deckeln,
Näpfe und dergleichen in sehr roher Ausführung häufiger aus Holz als
aus dem sehr leicht zerbrechlichen Tépfermaterial. Kugelférmige Koch-
töpfe mit zwei dicken llenkelösen haben einen schrägen Rand und
konischen, durchlochten Deckel. Zu erwähnen sind ferner an Rethfasern
hängende Wasserbehälter, Näpfe und Schöpfkellen, sämtlich aus einem
Stück Bambus hergestellt; aus drei dornenbesetzten Leisten zusammen-
geschlagene Reibhölzer für Rettiche; pferdeschweifartige Handfeger aus
Rethfasern und eine äusserst primitive Lampe, deren Bambusholzunter-
satz in einem nach Art unserer Rohrklopfer geflochtenen Rethreifen hängt.
Die Pfeifen bestehen aus einem gekrümmten Kloben Holz mit enger
Durchbohrung, in den am längeren, geraden Ende ein Bambusröhrchen
eingeführt wird. Eine etwas sorgfältigere Ausführung in Brandmalerei
und eingeritzten Pfeilschaft- und Rhombenmustern zeigt eine Flöte im
Museum für Völkerkunde. Ebenda befindet sich auch eine interessante,
fassformige Trommel mit einem Hirschgeweih an beweglichem Zapfen als
ITandhabe und einem hölzernen Schligel. Der längliche Körper ist an
beiden Enden mit starkem Rindsleder bespannt, welches mehrere Reihen
viereckiger Holznägel straff halten. Verwendung finden sie — wie wir
gesehen haben — bei Festlichkeiten, Tänzen und Geisteranrufungen oder
-vertreibungen sowie vor den Häusern der Häuptlinge.
Ob sie in irgendeiner Beziehung zu den mysteriösen Bronzetrommeln
Die Li auf Hainan, 213
(T‘ung ku, Man-ku) stehen, die im Süden Chinas, auf Hainan, in Hinter-
indien und auf dem Ostindischen Archipel vorkommen, ist schwer zu
sagen?).
Im „Ch‘i-Man-ts‘ung-hsiao“ wird erwähnt, dass man bei Ma-yang.
(Provinz Hu-nan) eine Bronzetrommel aus dem Flussbett gegraben habe»
die einer grossen Glocke oder einem länglichen Fass ähnlich gewesen
sei, 36 Buckel (wie die alten chinesischen Bronzeglocken) gehabt hätte
und dass an anderen Orten Bronzetrommeln häufig gefunden worden seien.
Diese Beschreibung passt nicht schlecht auf die erwähnte hölzerne
Li-Trommel, zumal, wenn man mit einiger Phantasie die immerhin
auffallenden dicken, hervorstehenden Köpfe einiger drei, vier Reihen von
Holznägeln mit den Buckeln der alten „fassförmigen“ Glocken in Ver-
bindung bringt.
Wir hätten in diesem Falle also eine der traditionellen Form ent-
sprechende hölzerne Nachahmung des zweiten Typs alter T‘ung-ku
vor uns. |
Ein einfacher Webstuhl, welcher bei den Li gebräuchlich ist,
nımmt insofern etwas mehr Interesse in Anspruch, als die Baumwolle am
Ende des 14. Jahrhunderts gerade von einer Bewohnerin Hainans, mit
Namen Huang Tao-po, in die Yangtzé-Gebiete eingeführt worden sein
soll, zu einer Zeit, als sich ihre Kultur, obwohl schon 800 Jahre früher
bekannt, unter der Mongolen-Dynastie intensiver von Chinesisch-Turkestan
aus über Nord-China zu verbreiten begann. Die Tatsache aber, dass auch
Cochin-China lange vor jener Zeit ihren Anbau pflegte, in Verbindung
mit der wahrscheinlichen Annahme ihrer Einführung aus dem isolierten
Hainan würde gleichfalls auf einen früheren Zusammenhang hainanesischer
und hinterindischer Tai-Shan-Stämme deuten.
Die einzige Art Baumwolle, welche bei ihnen wächst, blüht ım
Frühling und reift im Sommer und wird von den Frauen mit der Hand
und einem Fuss zu Fäden zusammengedreht und für den Webstuhl
präpariert. |
Eine eigentliche Schrift besitzen die Ureinwohner Hainans nicht
Sie bedienen sich zur ,brieflichen* Verständigung gewisser Kerbzeichen
auf Holz und Pfeilen, welche der Adressat versteht, und das ist insofern
bemerkenswert, als in den Sui-Shu oder Büchern der Sui-Dynastie (589—618)
von den Man gesagt wird, dass sie als Schrift das Kerbholz gebrauchten
(Hirth, Bastian-Festschrift). |
Eine Schriftprobe aus dem Tempel eines Dorfes, nahe Yü-lin-kan,
welche von einem „Medizinmanne“ geschrieben sein soll und von Calder
in „Notes on Hainan and its aborigines“ (China Review 1882—83) als ein
Gemisch von Chinesisch und Malayisch hingestellt wird, erweist sich mir
als sehr chinesisch und der unbeholfene Versuch eines des Schreibens
unkundigen Eingeborenen, die Charaktere: „der Himmel ist weit“ zu
kopieren, welche ich auf hainanesischen Teppichen wiederholt gesehen
habe.
1) Nähere Ausführungen über die Trommelfrage müssen aus Raummangel
fortfallen. H. AL
214 Strzoda:
Zeichen fiir Zahlen und die Vorstellung von Zeit und Raum fehlen
ihnen gleichfalls nach Ansicht desselben Autors.
Die Sprache der Li und ihre Beziehungen zu kontinentalen
Sprachen’). Der zuverlässigste Wegweiser nach der Urheimat unserer
Insulaner ist vielleicht die Sprache, welche sorgfältig von einer Fülle
fremdartiger Sprachen und Dialekte zu sondern ist.
Nichts mit dem Idiom der ureingesessenen Li zu tun hat zunächst
das sog. Hainanesische, die lingua franca der Insel, welche sogar von den
Li in ausgedehntem Masse, besonders aber im Osten und Süden der Insel,
gesprochen und auf allen Marktplätzen verstanden wird (Fr. P. Gilman):
ein südchinesischer, mit dem Kantonesischen verwandter Dialekt. Es
folgen der Swatau- und Amoy-Dialekt, welche an der Nordostküste bis
Ka-chek 6 Meilen inlandwärts gesprochen werden; doch ist bereits
16 (engl) Meilen in westlicher Richtung von Hoi-hou an der Nordküste
der Insel im Li-Dorf Ti-dae fast gar kein Chinesisch mehr in Übung, und
die Dialekte von Tam-chou (nicht weit von der südlichen Nordwestküste)
und Ling-shui (Lingtui), an der Südostküste, sind dort unverständlich
(Parker: The Li aborigines of K‘tiungshan, China Review 19).
Andere chinesische Mundarten werden neben den Miao-tze-Dörfern des
Siidwestens und an der Kiiste gesprochen, wie das reine Kantonesisch, das
Hakka und eine Art Mandarin-Chinesisch.
Die Dialekte von Tam-chou — vgl. Reihe X der Sprachtabelle —,
dem Verbannungsort des berühmten chinesischen Dichters und Staats-
mannes Su-Tung-Po, und von Lim-Ko — vgl. Reihe XI —, welche von-
1) Die Sprachtabelle, die diesen Abschnitt begleitet, war von Hrn. Strzoda
bedeutend umfassender angelegt. Ich habe aber geglaubt, eine gewisse Beschränkung
eintreten lassen zu müssen — nicht nur aus äusserlichen Gründen, um die Über-
sichtlichkeit zu erhöhen, sondern auch aus inneren. Die Aufnahmen hainanesischer
Sprachen, die bisher veröffentlicht worden sind, sind von sehr verschiedenem Werte.
Ganz ausschalten musste ich die von Calder herrührenden Aufnahmen aus Jü-lin-
kan, Nga-lung und Samah, alles drei südhainanesische Sprachen. Es ist mir un-
möglich gewesen, festzustellen, welche Lautwerte Calder mit seinen Transkriptionen
verbindet. Ausserdem scheint er bei den Zahlen zum Teil die Numerative und
wohl noch ein Substantiv mit aufgeschrieben zu haben, so dass solche Monstrositäten
die Folge sind, wie bei einer Aufnahme aus Jü-lin-kan: 1 kom-chec hum, 2 lo (dlo)
hum, 3 sa- (sauh-) hum usf. Die Calderschen Aufnahmen sind in der Tabelle
also unberücksichtigt geblieben. Die von Swinhoe (abgekürzt Sw.), Jeremiassen
(J.) und Parker (P.) aufgenommenen Listen wurden durchgesehen und ihre Ortho-
graphie vereinheitlicht. Es ist das zwar ein gewagter Schritt, doch tat ich ihn erst
nach reiflicher Überlegung und nachdem ich die Überzeugung gewonnen hatte,
dass sich aus dem Material feststellen lasse, welche Laute gemeint seien. Die
Vokale sind wie im Deutschen, die Konsonanten wie im Englischen auszusprechen,
ao, ou, ou ei usw. sind als Diphtonge zu sprechen. Aus der grossen Reihe der von
Hrn. Strzoda zum Vergleich herangezogenen Sprachen des asiatischen Kontinentes
habe ich eine Miao-tze — [nach Edkins = Ed.] und zwei Jao-Sprachen [nach
Souchieres = Sou] ausgewählt, sowie das Siamesische und Annamitische, andere
Sprachen sind in den Anmerkungen benutzt. Für das Siamesische wählte ich die
Transkription von Pallegoix, für das Annamitische die von Taberd. Im Texte
sind Änderungen der Transkriptionen nicht durchzuführen gewesen.
Herbert Mueller.
Die Li auf Hainan. 215
einander abweichen, sind ohne Zweifel die am stärksten vom Chinesischen
beeinflussten (obwohl sie von der in Frage kommenden Bevölkerung selbst
für aboriginal(!) gehalten werden), und zwar der erstere mehr vom
Mandarin, der letztere vom Hainanesischen. Im Süden, Westen und Innern
finden sich die aboriginären Sprachen, nach Fr. P. Gilman etwa östlich
von der vom Leng-ang-Fluss gebildeten Teilungslinie, welcher bei Hoi-hou
in die Hainanstrasse mündet, während die westlich davon gesprochenen
Mundarten von ihm als dem Siamesischen und anderen Abarten der Tai-
Sprachenfamilie angehörig noch besonders aufgeführt werden.
Frd. Hirth in der bereits zitierten Arbeit „die Insel Hainan nach
Chao Ju-Kua berichtet, dass sechs Sprachen auf Hainan gesprochen werden
sollen.
Ob darunter nur aboriginäre Dialekte des Li-yü oder auch andere
Sprachen zu verstehen sind, ist nicht ganz klar.
Die von einigen Schriftstellern wie Sandal-Wood in „Capture of a
Lee Stockade‘, Taintor und Calder in „Notes on Hainan and its
aborigines“, von Henry und auch Swinhoe (an einer Stelle) vertretene
Ansicht, die Ureinwohner der Insel seien malayischen Ursprungs oder
«doch noch mit ihnen verwandt, ist unhaltbar.
Das in der Sprache der (malayischen) Shu-Fan (Pepo) und anderer
formosanischer Stämme so häufige R zeigt keine Ähnlichkeit mit dem der
Lis. Ihrer Sprache fehlt ferner das für Japan und Formosa gleich wichtige
R als Anfangskonsonant.
Diese Tatsache, der zum grössten Teil monosyllabe Charakter und
das jeder Klasse von Substantiven eigentümliche Zählwort sind durchaus
Erscheinungen der chinesischen Sprachenfamilie und veranlassten
Swinhoe später, den Loi-Dialekten bündig ihren Platz hier anzuweisen.
Die sprachlichen Unterschiede zwischen den einzelnen Stämmen der
Li selbst sind nur dialektischer Art und bei einer Rasse ohne eigene
Schrift und Literatur, die ein unwegsames gebirgiges Land bewohnt, leicht
erklärlich. In Formosa dagegen sprechen benachbarte Stämme sogar ver-
schiedene Sprachen, eine Erscheinung, die entweder auf das Vorhanden-
sein verschiedener Rassen oder darauf zurückzuführen ist, dass lange
Zeitläufe zwischen den einzelnen Kolonisationsperioden lagen und die
durch die Natur des Landes begünstigte Isolierung lange genug dauerte,
einen durchgreifenden Wandel in allem zu schaffen. — Neben den nur
dialektischen Variationen, die jedenfalls nicht so weit auseinandergehen
wie auf Formosa oder in China, zeigen, wie Swinhoe feststellt, die
Idiome der vier weit auseinander wohnenden Shu- und Sheng-Li-Stämme:
der Lakia von Lingmun im Innern; der Lai von Yülinkan (-kong) an
der Südküste; der K‘lai von Nychou (Ngai-chou) und der Lao-kwang von
Hoi-tow (vgl. Sprachtabelle) bisweilen eine auffallende Übereinstimmung.
Noch deutlicher wird diese Tatsache durch meine vergleichende Sprach-
liste, auf welcher 13 Stämme mit einem mehr oder weniger umfangreichen
Wortschatze vertreten sind.
Auch Jeremiassen in „Loi Aborigines and their speech“ sagt: „Alle
Loi-Dialekte stimmen mehr oder weniger miteinander überein. Alle sind
216 Strzoda:
sie urspriinglich dasselbe. Aber die Vermehrung der Bevélkerung, die
sie zwang, neue Wohnsitze zu suchen, mit der isolierenden Unwegsamkeit
und Abgeschlossenheit des bergigen Landes taten das ihrige, die „Stämme“
zu schaffen und die Verwirrung unter ihnen zu vermehren. Ihre friihere
einheitliche Sprache ist korrumpiert durch das Hainanesische, das Mandarin
und die Miao-tze-Dialekte.
Es muss zugegeben werden, dass auch hier — unter den Li-Dialekten!
— grosse Differenzen vorhanden sind; aber eine Verständigung zwischen
den einzelnen Stämmen ist nicht absolut ausgeschlossen.
Nimmt man daher mit den Chinesen als feststehend an, dass die Shu-
Li oder Miao-Li vom chinesischen Kontinente herübergekommene Miao-tze
sind, so müsste nach Swinhoe dasselbe für die wilden (Sheng-) Li
postuliert werden.
Die sprachlichen Unterschiede zwischen ihnen sind nun aber nach
einer von Swinhoe aufgestellten Tabelle der von den vier oben er-
wähnten Stämmen gesprochenen Dialekte so bedeutend, dass sie diesen
Schluss auf die Herkunft der Sheng-Li kaum gestatten, da überhaupt nur
die Zahl 5 in beiden übereinstimmt und 1, 2, 10 und 100 in den Miao-Li-
Sprachen wohl chinesisch sind.
Josef Edkins glaubt einen ziemlich deutlichen Zusammenhang
zwischen den Sprachen der Miao-tzé aus Kus-chou und denen der Aboriginer
von Hainan konstatieren zu können, und nimmt an, da z.B. das. Wort
für Wasser „nam“ sowohl auf Hainan wie in Siam (Menam) vorkommt,
bei den Miao-tzé in Kuei-chou aber fehlt, dass der Li-Dialekt. Hainans in
der Mitte zwischen den ursprünglichen Dialekten Siams und denen der
wilden Völker im südwestlichen China steht. In seinen Bemerkungen
zur Swinhoe-Liste sagt er: die Chinesen nennen die Völker, die wir
mit dem Namen Lao bezeichnen, Lo, ein Name, der in der gewöhnlichen
Bezeichnung für Siam (Hsien-Lo) enthalten ist. So nennen die
Könige von Siam sich selbst Beherrscher der Laos und die birmanischen
Kaiser Beherrscher der Mon und Talaing (chin.: Mien-Tien). Der Name
Li oder Lakia usw. auf Hainan ist wahrscheinlich identisch mit dem der
Kolo oder Lolo(?) genannten Aboriginer der Provinz Kuei-chou und
ebenso mit dem Wort Jiao in Siam. |
Wenn Edkins am Ende seiner Ansführungen die Hoffnung aussprach,
dass es sich in nicht zu ferner Zukunft zeigen würde, dass auch die Li-
Dialekte mit denen der Miao-tzé Kuang-sis verwandt sind, so befand | er
sich ohne Zweifel auf der richtigen Spur.
Meiner Ansicht nach empfiehlt es sich aber, die Dialekte der Miao-
Li auf Hainan bei der Frage nach der Bestimmung der ursprünglichen
Li-Sprache nicht zu sehr in den Vordergrund treten zu lassen, da sie
vielleicht stärker vom Chinesischen beeinflusst worden sind als die anderer
Shan-Stämme auf dem Festlande.
Inwieweit diesem Standpunkt bei der Aufstellung der Sprachliste
Rechnung getragen worden ist, ist allerdings schwer zu sagen, da nicht in
jedem Falle in den Beriöhlen mit Sicherheit zu erkennen war, ob die
wilden oder zivilisierten Li (Sheng-, Shu-Li) gemeint waren. |
Die Li auf Hainan. 217
Vor allen Dingen möchte ich aber der Vermutung Ausdruck geben,
dass die den Li verwandten Stämme weiter südlich zu suchen sind, als es
gewöhnlich angenommen wird. Denn es liegt nahe, dass die heutigen
Bewohner der südlichsten Teile Chinas, also auch Hainans und Indo-
chinas (Siams usw.) zur Zeit der chinesischen Invasion zunächst an der
Reihe waren, den eigentlichen chinesischen Kontinent zu verlassen, wo
sie bis dahin als Einheit zusammengelebt haben mochten, während die
heutigen Bewohner der südwestlichen Provinzen Chinas damals weit höher
im Norden gewohnt haben und vielleicht in manchen Beziehungen ver-
schieden von jenen gewesen sein können.
Parker konstatiert dementsprechend in einem bereits erwähnten
Aufsatz, dass 20 von 300, und zwar monosyllaben, Worten der Ti-dae Li
reines Siamesisch oder Muong sind nnd ebenso viele zusammengesetzte
Worte diese Verwandtschaft in einer Silbe wenigstens zeigen. Eine un-
leugbare Tai-Shan-Verwandtschaft stellt auch Terrien de Lacouperie
fest, trotzdem er zugibt, dass die Sprache nicht rein ist und Spuren anderer
Einflüsse zeigt.
Das folgende ist ein Versuch diese Behauptungen auf eine breitere
Basis zu stellen und, wenn möglich, den endgültigen Beweis für diese
Verwandtschaft zu liefern.
Aus der vergleichenden Sprachtabelle, auf welcher die Dialekte oder
Sprachen einer grösseren Zahl von Stämmen Hainans und des benach-
barten Kontinents mit Namens- und — soweit möglich — Ortsangabe ver-
treten sind, ergibt sich zunächst allgemein, dass in einigen Kolumnen
70 pCt., in den übrigen der 13 verschiedenen Li-Dialekte aber ungefähr
50 pCt. unverkennbar Tai-Shan-Worte sind.
Am auffallendsten tritt diese Verwandtschaft zutage bei den K‘iung-
shan-Li (Kheng-toa-Loi), Reihe XII, welche als Shu-Li gelten, eine Er-
scheinung, auf welche auch E. H. Parker in Vol. XIX 6 der China Review
aufmerksam macht, wo er zu beweisen sucht, dass zum mindesten diese
Li von den Siamesen abstammen müssten.
Carl C. Jeremiassen nimmt in gleicher Weise in seiner Ab-
handlung „Loi aborigines of Hainan and their speech“ (China Review
20, p. 296) Siam oder West-Annam als Heimat der Li in Anspruch, sich
dabei auf ihre allgemeine Erscheinung und_ ihre Sitten stiitzend, die er
jedenfalls sehr gut gekannt hat.
Alle Li-Dialekte — vielleicht mit Ausnahme des von Tam-chou —
haben weiter dieselben grammatischen Besonderheiten in der Konstruktion
der Sprache wie die siamesische Grammatik zum Beispiel.
So folgt das Adjektivum meist dem Hauptwort und als charakteristisches
Merkmal der Genetiv ohne ein ihn vermittelndes Bindeglied dem Wort,
von dem er abhängt, wenn freilich auch die entgegengesetzte Reihenfolge
vorzukommen scheint:
Einige Beispiele:
218 Strzoda:
Hainan: Tai-Shan-Stämme (Kontinent):
1. nam dam: schwarzes Wasser. nam dam: schw. Wasser (Siam.).
ma-lek hau-shit: schönes Mäd- am yang: reines Wasser (Man-
chen. Dialekt).
(Hier steht sogar das offenbar chinesische Adjektivum: hao-se (hau-
shit) dem Substantivum nach.)
slög phaman: Knabe. dek-phu-zai: Knabe (Siam.),
2. bet(hit) nam: die Wasser- tô pête namme: Wildente (Diguet,
(Wild-)ente. Rh. 24).
de-yen: der Tabaksbeutel. Xe pet: Entenei (Dumontier).
(Trotz der chinesischen Laute: me-nam: . Mutter der Gewässer
dai (de) und yen schantaistische (Siam.).
Wortstellung.) |
Terrien de Lacouperie gibt allerdings nur die Verbindung: Gene-
tiv + Hauptwort und nicht die: Hauptwort + Genetiv als ideologischen
Index an, worunter er Formeln für 14 Möglichkeiten der Wortfolge ver-
steht, in welcher Gedanken in verschiedenen Sprachen ausgedrückt
werden müssen und können, um ein und denselben Sinn zu geben.
Die vierte, ihm nicht bekannte Formel, welche die gegenseitige
Stellung von Subjekt und Verb betrifft, ist einfach gegeben:
Das Subjekt steht vor dem Verb, wie aus folgenden Originalsätzen
Swinhoes hervorgeht, welche gleichzeitig die Stellung des Adverbs ver-
anschaulichen:
1. Mow-poo kun-ka külä chan?
Habt(?) Ihr gegessen Reis oder nicht?
2. Ho tun mow elen:
Ich sehe(?) dich gut.
3. Vatney ho lat mow:
Jetzt ich sehe dich (ihn?).
Pailuo ho lat-mow:
Gestern ich sah dich (ihn?).
Batho ho lai mow:
Morgen ich sehe dich (ihn?).
4. Pehiny chin moo-én: das ist gut.
Pehiny chin kého clen: das ist besser.
Pčhiny clen: das ist am besten.
Die Stellung des Objekts hinter dem Verb, sowie die auch dem
Chinesischen eigentümliche Erscheinung, ein Transitivum nie ohne ein
allgemeines Objekt zu gebrauchen, illustrieren die folgenden Beispiele:
Hainan: Tai-Shan-Stämme (Kontinent):
l. Ok-ja: Rauch trinken (rauchen). kin ja: Rauch essen (rauchen)
(Siam.).
2. k‘an-ka: Reis essen. kin khao: Reis essen (Siam.).
3. nga bum, nga bam a bak: den Mund öffnen (Siam.).
ga-bom, la-bom oa
bom
öffne den
Mund.
Die Li auf Hainan. 219
Khoe kha, offenbar chinesisch, khoe bik dagegen ist halb chinesisch,
halb siamesisch, wobei der erste Bestandteil: khoe auffallenderweise auch
mit dem Dumoutierschen Shan-Wort „khay“: öffnen, identisch wäre.
Hainan: Siamesisch:
4. Gö blong phat ban.
Bay blong
Bög-ta-blong nach Hause
Bui (bat) blong gehen.
Boe-lun
Zusanımenhänge bestehen ferner zwischen folgenden Reihen:
Hainan: Tai-Shan-Stämme (Kontinent):
Mo tha-slai-bou Mo ki lai pi: Wie alt bist du?
Mög-tai-bo (Dumoutier).
Tai fut bo Wie alt bist Mung bay ro (Dumoutier).
Mo tha phi-bou du?
Soe da pho
Mo ki liau tui |
Grössere Verschiedenheit herrscht unter den Zahlwörtern.
Ein auf Grund einer Vermutung Terrien de Lacouperies an-
gestellter Vergleich der Li-Zahlwörter mit denen einiger formosanischer
Stämme („Vocabulaire du dialecte Tayal“ par M. Guerin im Bulletin de
la Societe de Geographie, 15, 16, 1868) hat auch nicht die geringste Spur
einer Ähnlichkeit ergeben.
Ebensowenig lässt sich ein Zusammenhang mit den Zahlwörtern der
Lolo oder Kolo, eines Zweiges der Tibeto-birmanischen Familie der Kun-
lun-Sprachgruppe herstellen, der von Siid-Sz¢-ch‘uan bis zu den Shan-
Stämmen in Süd-Yün-nan reicht.
Sie lauten:
1 = Tsz oder Chi
2 = N (chines.)
3 , = Su (Souu)
4 . = Erh, Li
5 . = Ngu (chines.)
6 .= Fo, Hu, Ku
7 . = Shih (chines.)
Brenn nenn. = Ohie, hei
OF o wel & u a 2k & eae (chines.)
10... 2 2 nn en 20.2. = Teei, cke
Die meisten Li-Numeralia — ich erinnere an Formen wie:
Sög, moh, Kuhe . . a el
Tow, Slau, Tau, = es Lë E Sou, Chau,
Ban-moh . . SEENEN,
Ts‘o, Sao, Sah, Sanh, Shi; Thao Re, & ae ër we 4
Tum, Tom, Töm, Nom, Lom, Thom, Lowm. . zs 6
T‘o, Thou, Si-too, Thwoh, Touh, Tow (vgl. Zahl 2!), T'o = 7
220 Strzoda:
Doo, Doh (ef. Zahl 2), Louh, Luhe, Douh, Gow,
Khou, O, Gou . .
Fan, Fag, Fow, Pow, Hühe, Pout, Fai ;
Lindan: Fut, Poo-tit, Moun, Tweit, Powat, Foo-üt,
Tob, Tap. . . . . ; su s SO
sind Rätsel und lassen sich GC unterbringen: Ganz erheblich
erschwert wird die Identifizierung durch die Verschiedenartigkeit der
Transkriptionen in der Wiedergabe der fremden Laute.
Mit wenigen Ausnahmen und Veränderungen setzen sich die meisten
Zehner bis 20 aus dem Wort für 10 und einem folgenden Einer — wie
im Chinesischen zusammen. Die Lautwerte: a für 1 und i für 2 kommen
sowohl bei den Miao-Li den Man Tonkings, im Siamesischen und bei
anderen Shan-Stämmen, wie in der kantonesischen Umgangssprache und
im Hakka vor und 10 heisst entsprechend siap, tchap, sap, sh'p und sip,
während das bô für „3“ in allen diesen Dialekten annamitisch zu sein
scheint.
Ein wichtiges Argument für die Verwandtschaft mit den Tai-Shan-
Sprachen ist aber wieder der ausgedehnte Gebrauch von Numerativen oder
Klassenwörtern, wie z. B.:
8
9
Dow Kö ao . . . . . . . 2 Männer (ao: der Mann)
Tao chun wan ao . . . H S
Tao chun ao... . . . . 2
Tao lang tat. . . . . .. 2 Vögel (auch long!)
Chith tun chi . .... 1 Baum (auch tu-un transkribiert)
Chith poon shai. .....1 ,
Tow moon tek . . . . . . 2 Pfeile
E vare vat .. . 1 Bogen usf.
Diese Numerative (Kö, Ge la, tun, poon, vare usw.) lassen sich
wegen der Unzulänglichkeit der Vokabulare leider nicht mit entsprechen-
den Worten der Shan-Stämme des Festlandes identifizieren.
Entsprechende Klassenwörter hier sind:
1. Das „tou“ der T‘u-jen im Osten und Zentrum von Kuei-chou bis
in das westliche Kuang-hsi hinein; das „teou“ und „tou“ der Pan-Yao eben-
dort; das der Pan-i-shan-tze oder Mo-Yao an der tonkinesischen
Grenze; das „to“ der Chung-chia-tze; das „to, to, tu, fu“ der Lao-Shan-
Stimme, und a „tot, tua“ des EE e
So heisst in der angegebenen Reihenfolge der Hund: .. . tou ma,
teow klow, ... tow Dog, ... to mà, ...td (tu) ma und... tou
(tuu) ma. Es ist ein Klassenwort, das für alle lebenden Tiere gebraucht
wird. |
2. Das Numerativ für Menschen ist bei den T‘u-jen „ong“ (-ong-hon),
bei den Siamesen „onk“ (ning onk khon: 1 Mensch).
3. Allgemein für Gegenstände wird „an“ gebraucht: z.B.
. an-moy die Hand,
. an-ten der Fuss,
, . an-loun das Haus und
. an-tu die Tür.
Die Li auf Hainan. 221
Die Bezeichnungen fir Hund und Pferd unterscheiden sich in allen
Tai-Shan-Dialekten nur phonetisch. Dieselbe — auch dem Chinesischen
eigentümliche — Erscheinung einsilbiger Sprachen findet sich gleichfalls
auf Hainan in den Dialekten von Lim-ko und Kheng-toa, wo das Pferd:
ma und der Hund: ma heisst, während in den übrigen Idiomen die Unter-
scheidung in da und ka eingetreten ist.
Die Bildung des Maskulinums durch Vorsetzung der Silbe pha endlich
spricht nicht weniger deutlich, da der Hahn z. B. in fast allen Li-Dialekten
pha-khai und im Siamesischen phü-khai heisst.
Terrien de Lacouperie stellte die Behauptung auf, dass die Tai-
Shan-Sprachenformation sich in historischen Zeiten entwickelt hat aus der
Vermischung von südlichen, zum grössten Teil dem Mön- (Man-)Typ an-
gehörigen Sprachen mit dem Chinesischen, und zwar den alten Formen
des Mandarin, welche ein Drittel ihres gesamten Sprachschatzes aus-
machen.
Ein Blick auf die beigefügte Sprachtafel wird die Richtigkeit dieser
Behauptung ergeben; denn der, — wenn auch weniger im Siamesischen,
das durch das Kambodjanische und Indische stark beeinflusst worden ist —
so doch in anderen Tai-Shan-Sprachen des Kontinents und besonders
auch Hainans enthaltene Prozentsatz von chinesischen Worten ist ganz
erheblich.
Sie brauchen nicht immer so offen ihren Ursprung zu verraten, wie
z. B. ka-mun: die Tür; hob, hap, ok: trinken; mien: das Gesicht; ap, ab, deb
(a): die Ente; yen, in: der Tabak: mok: der Baum; douh, dauh: der
Kopf u. a. m.
IIAX nns wupu ung Do
HAX
TAX ony md and od
"AX 219 vid 197d nd
"AIX nl DY buns und
IX ny od. wd vod
TIX ynys, DIU y 27 |»
IX yo, vbu, 2 UN y
x ao, obu, buvy un,
3 "XI wo? vQ ovs na
S TWA 1103 oq 08 nf
2 JIA 10} vq SE nf
"Al wo od ons nf
"A un? od opys nf
“AI wou Dut ons ns
I wo vq | 208 ns
II quo} Dé os ns
I un vd 0,8} $ ns}
|
ZEN
222
bes
VK
VK
‘Jet TOYNUWIDA nz Zunıdsın
aayoeıdg-rourstı
‘nog `
‘nog `
PH `
ag `
I.
np
poo
poo
poo
poo
‘MG
‘Mg
“AQ
po
poo
mg
—
‘trayovaida
I[-UO19-Suenyg
(03-10)
(noyo-1e5N) met 9
(uvy-uy-np) mt
(qag sasur c) VY] no,J-LL,
' (anur-Surp) rt n0,3-1,],
(unw-Surf) G-A)
IDYORISIUN[I
NOYIBICG 19VJUIUYUOJ PUN AQYOSISOULUIVY Ooatta0g t. OPUdyII0]3.10A
SSRP ‘yoynopeg y
yosnrwmeuuy | “TAX
gosisomeig | TAX
` `oe OW | TAX
" oeg Wd | “AX
` 927}-08INÑ | AIX
oq ƏYƏISISƏIUIƏJPNG
"FON
Iort 804-uayy
IT]
- TETO
I] uəryo-oĽisH
org egs-teg
uenee- N
neute]]-S
II
Er II.
aydsısaureuıe]
| !
TITAX (20y nonu | pu Lamm | Lon
223
TAX
TAX doys,
"AX dəyə
"AIX Ws
TWX au duu, 2 dus, dnu,
TIX do},
S ‘IX obu Wi, gm (P
a X 206U 901, 0 99x | oi,
S ‘XI bos mJ ny
Z WIA | ae md | bo anf | anf
2 HA mu anf | anf
H "UA yuy nd oi uni
A yr,yo m vp | nny
"AI oy nd o yınd
WI om yng o anf ang
H ons nj o anf mJ
I op und vn) | * und ui | und o
NOS
Now
Pol
uau2gide-A0out
bb
Oe EE
` 10T Got-SuaUN
eat
"PT noyo-uvy,
ost
= = o DR ke d
` VT waryo-suengs
* (4409-107)
(noyd-IBöN) TEL]
* (uey-ur-nA) ter]
9S c) Uy no, -LL
` (unu-3urg) vI n0,-
` " (anw-Sur]) -eT
Mayovidg aydsısougursy
əsyuueuuy
` YOSISIULBIG
" "opt oN
' opt wd
WË
Lou aYostsaulypapnue
ueue H-N
usuv H-S
uvuwH-'o
"TIIAX
"TTAX
‘TAX
"AX
"AIX
WINX
Strzoda:
224
ppu
enue,
op
(2P
uobu,
Ds
DS
Ds
vys buos
DYS uns
Ds
vs
DS
DYI N
eony
nnp unbu zow
DNY unyd
nip u
nip 20h
00% 3]
a ony WP Ze
ORY
ovy UFRS e
yoy-noy, | Us 70,
yno)s uab
0a ud
noa wub v)
oob
ny mi vom
ODP y
oy yof zus yol
70078 yo! urbu
(‚un/ ubu oi
dog | 0001
ung pou
ak Di Gi
na "Të4 ‘op suByg "DA (a — ay
LAG
wad v,
vad 208.
wd 71, dnıy> wu,
dor bu,
1209 3%
yang 70,
uva bos
buvoa
una yıyd
sin] om
pn} om
nnd op
uva
una
UDA m und ov}
001 06
nomu wy
uayasıdg-ısursıloqy elasisauryopng
nog `
nog °
‘Pal
‘MG °
d
T
eoo
f
poo
np
mg `
ag
‘Bg o’
T
eoo
ag °
* I0 voi-2pa1g
"VI oy-wrf
" DI noyo-uvy,
IT u9ıy9-oeısH
" rpeys-teg
` Uy uaryo-suenys
(M0}-10}7)
` (noya-1esN) wY
` ` (uey-u-na) ert
" Cqen 13u C) IT no,y-LL
‘(unw-ur]) CT no,}-1]L,
* (unw-3urj) eg gt
-uoyosıdg ayostsaueuleyy
:(uvu-ung UL) BI DA (T
yosııneuuy
ueuteH-N
(EI ON?
meurt 7
225
Die Li auf Hainan.
mu ced BA (g — mum ‘uy geg IRA (6 — ns tat DAD
‘udyouidg oyostseuvulBy
3,9,0) | bups bugnu | ua fo ss ts sot os se te gpsyiweuuy | AX
u un ynd ynun e e e e e e . . . . e e è e YOSIsoUuIVIG "ITAX
Mg’ rennen ot om | TAX
Mg teren eet WI As
uvd ay "PH e . ce er. at ie . e e 2 2Z}-0LI "AIX
uoyowıdg-ıaurdtioqy oyostsauryopng
(,Anz wën" " TON ‘TIX
(, u2) yog buol d "+ " TOT BO}-SUDYY TIX
way | wan yoq bug | °F "I oy-u] IX
(9 |38 Dën, 90,4, 2,7 | T © FI MOP- ueue H-'N =
nays | uvf wog my Ip "rr" " VY wetyo-ovisy XI
uays bun wog GG d Ge " Uy Bys-leg THA
unyo | unf wog 10,4 | C ' "rt deryo-suengg TIA
wod ma Tue rr: " -(&09-10H) TA
wod une ma Poms "` Ron) HLA | gg] A
weu | my PMG "rr" "` (aey-upna) met “AT
uays | uv uoy ma Ip * Cqog 3u ¢) rt N0,3-1,], OU
unyo | uvj og my Ip" © *(unut-Surq) 1] 107-15, ¢ ueuep-Q| I
uvd | 30,3 AS "rr "` (anw-Jur]) ery-e] ‘I
|
ee eel ee a —-+ - E
4491801 | IUO oäunz
uez | gen Ë |
Heft 2.
Zeitschrift für Ethnologie Jahrg. 1911
Strzoda:
226
TAX wD unu
"TAX no? UOU
S AN no? wou
AIX
THX
TIX WDU
"IX upu
X In),
"WI wou
THA MDR
TIA wou
TA
A
V AI mou
II WDU
Tl WDU
I uvu
10ne J wm D
u,0y)
apg "wu
ODS-UIYS
ODS Jay
YOY
yoy
ung YoY
70,7 ug
709,7 uvo
79,4 ONG
29,3
|
70,
yo,y buang
yo,y buang
70,3
bow
(,no,d-vbu
buoat
bunb
buoaz
bow a
bow-a
own)
‘unayd-va :[ssn[y wojor um] sous, Daf — ‘npyo-uoyd :usys un (I
ovys
una
nous,
DD
noa
OY UO)
(194 wa
e Li H e e e e Li e e H Li
Mog ee
me ee
qosıyruvuuy
` OSISI ULIG
-oeg of
ovy urd
gi oe
usyovidgs -laulsi10qy aqosisaulryopng
wg ee e rte
tor] got-Z0auat
" VT out
Vy noyo-uey,
VT uoalyd-orIsH
"I Bys-teg
"rr" "TI ueryo-saenys
(40}-10})
(noyo-1e3N) LY |
` (uey-un-na) met |
T "Coop Josulg ¢) VI no-
£ ` © "Lonmg-Surt vy no,J}-L]L
` (unul-sury) eıy-e] |
d
r
f
Te
D
l
A
OT
‘usyovidg oydsısousureyy
ueney-N
ueue H-S
227
Die Li auf Hainan.
buy | dma 2,nyu
uanp upa upa m
un) bun) uva
1048 uoa op
D8 uoa uoa
buvo) bu, zobu, | uo, zobu,
bumbu uva uva nos
mu buva | buna vs
uvbu uva UDA 008
uva op
uva y2
buonp
uobu una uva nos
d'H uva uva nos
(uvu ua ot Da | ung pe
puom Sul | euuo0g
lte
buobu n}
buo) wou
vf moi
vf w
oJ 0)
[ewwıp
|
|
ap ung
epiq
‘bua "Lei DA (T
yosruBuuy
; ` YOSISOUIBIG
nog ` opt op
nog ovg usg
PA ’ 2z}-081 W
‘ueyovidg-iaursi10qy əqyosisouryopug
ERRET ry-orny
d tor 80}-Sugyy
P ` VY oy-u
mn te e pt Hesper DEEN
KR 78: I] uaiyo-o8ısf
P
f
vy eys-ı8
* 17 uoıyd-Zuenyg
Mg (409-104)
"AG ` (moqo-re3N GL iewes
GW ` (UBY-UTT-N 4) te]
P "(oan aodurg ¢) IT noy-LL |
pb © > (unw-Zurg) vy 00,17,
. * (unUl-Zuly) Bry-8T
eut! 27
‘usyovidg oyqosisouvulepy
Strzoda:
208
302
uazout
228
00)
ODL
00) 903
0D) qv}
007 9D}
on) dn
UDU
noq
noq
od
hump
uaup
noy
mbu,
Guoibu
buvibu
uvbu
‘usyovidg aydasısouwuiey]
yosıpıweuuy | JITAX
d " yosisowVlyg | "IIAN
"nog ` i ` o8 OW | TAX
Nog ovy ued | “AX
PH e e . e e e e . e e e 927-081 "AIX
uayarıdg-ıaulsılaoqy SydsısauLyd9png
üg -> 8 + FOR ‘THX
d ” 10T Goi-Suag UX
d "rr oy-wig IX
d IT noyo-uvy, ueuwH-'N A
T vg ualyd-oeıs XI
d PT vus-ı8J UTA
T If uatyd-ouBnyg HA
d Zonge Ya
“g (noyo-1vSN) WLM | vemept-e | A
“MG ` (UBY-UT]-NA) te] Al
P "Coop aadung ¢) VI NOA-LL au
d ‘(unu-Surq) vy noy- } WU]
Mg : (unw-Zurf) ert I
Die Li auf Hainan.
‘bun)-vf :1-8q ‘Bunj-vj met ‘buop-nyd :weyg um uodunpfig uoyaruyg IP Gi :Hwuumssppmung "OO WM (I
YPP
171
bon, op 20
gou nf bugs
uvu od
buvu vf bojs
uvu v,d boy
uvu v,d bos
uvu v,d boss
UDUL 09 oi
101
you 39
buou 303
puy
pu
op unu n}
OD unu n}
uau soy
op unu
ww Du
of wu
uobu wu
unp bo,
buop q
D'nei 309
ov,y od
uvu vd
uvu v,d
unp bo,
299.329
0,y wd
DIS M
ou (bute nf
unu n}
unu n
unu
uoy bua | uoy buny
bum,y op | mu buoy,
Dp buoy ın],
buor 50,2; wo
buop od
buog boyo| wmbu
oD
op om
on
buolq 60,2 | worbu
buog oi | wmbu
op DY
uuem {ouuo
yosryuweuuy | "DAX
` uäeieomgetg | “ITAX
nog "op ON | 'IAX
nog ovx usd | “AX
PA 927-8 | “AIX
usyqovidg- our sI10qy eyostsaurgopng
AS ir] kor IX
d "IOr] 807-2ugyy "US
c ` VY oy-wry IX
TE ee x
u vg uəryə-ovısH XI
c "GT Bys-Itq THA
P ` rt uelyo-Zuenyg "DA
Mg (07-107) TA
Q e
AS (noyo-@2N) EM | uemep-g | A
Ag - (uey-uıf-nA) WI | “AJ
pp "Coop 2u G) IT 00,3-L7, THI
d © © "Cunmt-Sort) VI n0,3-L, uvutsH-Of u
MG (unw-Zur]) erg-grt I
‘usyovidg eydsıseugutren
Strzoda:
230
‘YOU = ops “yoıfauygu = mx (1
WAX 4 HO sss qosypweauy | "IIIAX
TIAX | sou duou | (uor wd | npow | oyd | morte es sees ss ss yostsowvig | DAS
TAX tlp of 0D} nog . . . . 3 i . ý 7 . 5 . S Oh om TAX
“AX | bi SS EE e
| uoydsıdg-ıaurdtioqy ayosisautyopne
‘THX waa vf | wg rr" ` Topp THX
TIX 9] DU d "ir" " TOT got-Zpaug | IIX
IX yo) Buay o} | au | nu ou | oQ 9u | yQ ww yg Ir "rr" rt ott IX
x op oy | wu Dip gow buo n) | L£ rr" TI noya-avy, N "x
"XI buvoa v,d | buo) pd ol md 00,4 v,d r u IT ualyd-ovısyJ ` ‘YI
TIA DU od huou oy md Du ing 0,409 boys rT : g : S vy =] LITA
TIA Buoa 25) 29 vd anf boy f " "GL uonpd-Suenyg WA
IA oh wd | of 10,2 ‘MS "rr" " (804-104) TA
"A wd n,d “AS °° (nogo-185 yy) guid uewerfsg | A
“AI ius n,d “MS TT" " "` (eyup) mt l “Al
UI ob ap 2q cod | o,yıog op bos | "f° (gay 3u ¢) rt Doihl 1
I Bunoy Bun,y| 69,4 19 od |/o,yıwg] ov bops| 'p ` © (unul-Sury) IT no,- ULUIVTT-"O | C
I buovy AS ° ° + (unw-Surg) ery-e'y] d
buoh 2 ud 2q owd 0993
‘usyoeidg aydsısaueurey]
a910Sunf 1010418 ToYnmM | 1078A uI pL
Jephig | Jephig
231
Die Li auf Hainan.
uoy (Q — ‘UOUN 19po Ooega
‘TAX
HAX
TAX
99, NY any
(„DE qne
-0VU-ODU ‘-ony
uəyonyvI at, vq, |
‘uosnusula = qns (Q — ‘UYU! I9POo udssea =
21,7 (p — "Gogo 19po uassa = out (g — ‘udyUI = 0 (Z — '„andoıq, ‘UIP! Ovh Zum = [Yom (I
20, ny} unu aya e 8 e e © «© © «« «© -« R yosıuweuy "IIIAX
ol ons buou ons yd . 8 8 E ONE © © © © «8 © ‘a YISIsOUIvIG TAX
Mog st ot ttt tt tt + tong op | TAX
‘nog ` a a ; ovg wq | ‘AX
00,3 mg ee azy-ourq | “ATX
| uayosıdg-ıeurStloqy ayosisautyopng
| Gae ri Wie ` Tp-oem THX
| d "000000107 804-Supuy TIX
ur, wan am It" "mt tan IX
u, buou Ä 208) d "rr" IT noyo-uey, noer X
nl buvob boy Pr" T uergd-oeis i d
us 97.229 buou wg Ir" l NG Wa KMA) THA
of u0,7 1909 Poog DT ueryo-suengg UA
oh ZT Së a (403-10}) TA
oul “MS "` (mop-w3N) eLg | vougtt-@ A
nt “MS TT" "` (aey-a-nX) wI Al
nt bol T "Caen aodurg G) rt 004-17, DI
ni ` buvoy bua (a ‘(anul-surq) vy DOLL | UBUIvH-"O j| II
(of buo ny Ag ` > tt (anw-Surg]) eıy-er] I
Teyovidg eyəsısəuvurwvH
ee omg u —
| sajsamqog ae oT >_>
0103/8
gioun!
Strzoda:
232
'unuĝ = wu ‘snounsy = 107 (T
‘sıoy
"IIIAX ot ‘Ano 1,09 UD 2,09 of soft ee ooe ee ss yosııweuauv | 'IIIAX
TIAX Giu uo) opyy usy youd opyy OCH gps | UAX
TAX smog ttt oe op | TAX
“AX Mg cc tt ttt tt ox mal AN
“AIX -onu-ovu ‘-ony Dy een ong-osrp | AIX
‘usyoRidg-19oUIsIIOqGY eyostIseuryopug
TIX doy Dm u AG "rr" IT-OBIM "IX
TIX EE 0,3} uoy d °° * " jot got-zZ0eg TIX
IX We ze rr "rt etmmt IX
X you UD] 01,4, Po ° et Ol Ol F nogo-uey, Veure N X
'XI SE Se C ° > 7 O l HI Wëtbt-opmn Al
i 22 9) INN at keet THA
TIA 2 no] FT" " "` VY aeryo-suunyg DA
"IA DA 00) "Mei . e e . e (440}-10}7) TA
A yok vu o} no) ‘MS "TT" (moyo-W3N) BLY | ueurep--g | A
Ang yn) ag TT" "` t (g-un a) mert ) “AI
II EE T "Coop Sug G) rt noatt ‘Ill
D2 pa T ` © Qamw-Sarg) ry noir URHO | CI
py ung AS ` > | " (anwm-durg) s-e] I
uoydeıdg oyosrsouvurs H
wneg uoss9 SIO 700408 | yor ‘soy |
233
Die Li auf Hainan.
THAX
‘WAX
TAX
“AX
AIX
opu 949 Ga qu pb
ou | („pw mut red wy
mu 709 wy
now (‚vu ou 929 103
nou ODY, | 2Y9-N,2-4Y/9 qv soy
ovr Dé | noq gv 80,4
mu 2. bug ‘329 | 1,4
oniu 27 noq 229 80,7
nuu 20 009 #29 32,7
mu 29 ong 920 20,9
ezywy | puny UIOMYIEG | opd uyny
way
you
you
70149
20}
908
20}
ap. d
20}
70}
20}
20}
#0}
j03oA
‘nog
og ee
"ue
Dia sep asso aoıy yony (g — 'Isstay vy uaupeudg-ueu-I8H Usp UT JSUOS gogo PUBIYRM ‘PLIJ INJ VME yo Wap WE W|styuspy (I
yosyiweuuy
ISISIUBIG
` op op
op uwd
` ` 924-081
'UƏIyIgIdQ-IIUISIIOQY ayostsautyopug
"E
(ot goi-Suousg
WE E aa
Ir] Noyd-uBy,
Lé 2019979815
‘EL SUR ed
"rr" "IT aIyo-duenyg
d
l
f
f
f
e . (103-10H)
GIN (noyo-te3N) EL
“MS "TT" " " (ogg-0t0Al wT
T "Coen dug G) VI no4-LL
‘(unw-Zur]) VI n0,3-1,,
MS TT" | (unw-Zurg) s-e
UBUIB]I-"C
uruteH-'N
l
|
ugus H-O
0ou2gide oyostsouvureyy
yuy
TAX
TAX
TAX
Strzoda:
234
TAX on Gm wd nhu eer ` ostsouruig | HAX
mon tot tt th tt tt "oe opt | TAX
mog cs cot tt tt tt es ong ung | AX
DET o azy- | ATX
uəyovaıdg-səurfraoqy Oy»sısauryapng
OT AT TIX
d" " jot pot-Zuaug ‘WX
obu 09 mhu n]-Du TI TI Om IX
og 20,4 2 Buagnobu| £ rr" TT noW-ußy, Heu A
buoya au ol you foot 5 tO WY uerqo-ovrsyy ) ‘XI
buos} nu-wy-o,d ne ou PoC Fe ttt WA KM VS) THEA
wm? ay you nt o It uonp-Zuenyg IA
| “MS "rr ` (M04-10H) IA
|
|
IX ai?
X uos)
Al 7Dp
THA YPP
THA UDU
MS 0 (nogo-w3N) LY ae
ag "` (uey-u-n a) mt "UA
D, you T "Coen ISu €) rt n04- | WW
Buoy you pr" Canu-sarq) ry no- g WureH-D| yy
AS "mr" "` (unw-Durg) GI I
‘uayovidg ayostsauvuirpy
11 20}
TIIAX Ve hu ap Km | ee KA | ROL AA
H 27
|
|
ITEM uazjes yoıs | EOS GEO EI
ony E | |
Die Li auf Hainan.
op upu
buap
buna-ons
buv,n]
bun) yoq
bun)
buna
nob
*
buvu
bum,
Zap 3
buns
0044
ynd,
əv, d,
00,4
00,4
00,4
00,4
00,4
Dy
24
Di
uva
noa
noa
wa
yasıyıuzuuy
` YOSISOUIBIG
' opt ON
ovg uvg
92}-OBI
usayavıdg-ıaurstıloqy eyostsaulyopng
nog °
nog
Dy
‘Mg
d
dE
dE
poof
pote
po
‘Mg
‘Mg ot
‘Mg
7
Mg
rot
tory goi-Zuag et
"I og-wr]
IT nNoyo-uvy,
I] uU9aly9-oBısy
` TI 8ys-18d
` VI uelyo-dusnyg
(409-104)
(noyd-183N) LY
* (uey-u-uA) ver]
T "Caen Iosu ¢) rt u0,3-1,],
‚(unw-Surg) rt no-t,
` (unw-Zur]) eet
‘usyovidg eyosisoueUleyy
UBUIB}T-"N
uBUIB}]-"S
geg
DIAX
TAX
TAX
Strzoda: Die Li auf Hainan.
236
TAX
TAX
TAX
"AX
“AIX
IX
WX
IX
m ‘mw nor
ORL
vr‘
4yaayyos
wo ayu
ong
342131
yuvb ‘buvu
SH
JOMYI8
"rr" "` yosTuvaUy
"rr " OSIS3WBIG
ee opt ON
ovy ued
21-01
Fro
Lory 2oJ-Zu2yy
VI oy-u
toto t t "IT noyo-ueL,
If Got -ogtet
CT 8ys-teg
` IT uaıyd-Zuenyg
(403-10H)
(noyə-te3N) LY
` (uey-ut-R A) te
(qap 2u ¢) VI not
"Copnmt-Sutt) ry no,}-1,], ¢ WEH O
` (unw-Zurp) e-e
uvue H-'N
uBUIeT]-"S
‘usyovidg oyosisauvulepyy
Uber Kinderspielzeug.
Von
Dr. Karutz-Lübeck.
Vor einiger Zeit hat Nordenskiöld in dieser Zeitschrift!) einen
interessanten Artikel über „Spiele und Spielsachen im Gran Chaco und
in Nordamerika“ veröffentlicht. Die Äbnlichkeit zwischen diesen „aus-
gezeichneten anthropogeographischen Leitfossilien* im Norden und Süden
beweist ihm „dass wir im Chaco einen Kulturkreis haben, der gewisse
Sachen aus einer Zeit bewahrt hat, wo der kulturelle Austausch zwischen
Nord- und Südamerika ein sehr bedeutender gewesen ist. Die Spiele
Ble. Dee müssen als Überbleibsel aus jener Zeit betrachtet werden“.
Ich ziehe die Richtigkeit der gefolgerten Tatsache, d.h. den Zu-
sammenhang zwischen Nord- und Südamerika nicht in Zweifel, aber ich
glaube, dass der Übereinstimmung der Spielzeuge keine Beweiskraft zu-
kommt.
Von den verschiedenen dort erwähnten nehme ich nur zwei heraus,
den „bean-shooter* und den „buzz“. Jene „Flinte“ besteht aus einem
Stück Rohr und einem Bügel, der darin mit dem einen Ende in einer
Durchbohrung festsitzt, mit dem anderen in einem Längsschlitz federt.
Man drückt dieses Ende gegen den hinteren Rand des Schlitzes, legt ein
Projektil (im Chaco Fruchtkerne) davor, lässt los, und das zurückfedernde
Bügelende schleudert das Geschoss aus dem Rohr heraus. Nordenskiöld
hält es für wahrscheinlich, dass die Flinte rein indianischen Ursprungs
und nicht wie Culin meint, von den Weissen gekommen ist. Meines Er-
achtens mit Recht, sie dürfte indianischen Ursprungs sein — in Amerika.
Die Kinder der brasilianischen Waldstämme haben sich mit ihr gewiss
vergnügt und geübt, lange bevor ein Weisser den Fuss auf den Boden
der neuen Welt gesetzt hat, in ihrem vertrauten Verkehr mit der Natur
längst selbst probiert und entdeckt, was europäische Freunde ihnen doch
wohl erst vor recht kurzer Zeit hätten vormachen können. Die Dauer
unseres friedlichen Einflusses reicht wohl aus, um die Übertragung auf
Nordamerika, nicht aber, um sie auf das Innere von Südamerika zu er-
klären.
1) Bd. 42 S. 427.
938 Karutz:
Ausserdem ist dasselbe Stiick von den verschiedenen Teilen Afrikas
belegt. Weule!) hat ein Kindergewehr von den Makonde mitgebracht,
das denselben Mechanismus zeigt, wenn auch kompliziert durch die Ver-
bindung mit einem zweiten Typ afrikanischer Kinderflinten; es ist aber
nicht zweifelhaft, dass sein Fund eine spätere Kombination darstellt, und
dass die Makonde-Jungen den Bügel allein ebenfalls haben. Von West-
afrika besitzt das Lübecker Museum für Völkerkunde drei analoge Stücke,
zwei aus Togo und eins aus dem Pangwe-Gebiet; ihr Prinzip ist das
Abb. 2. Kindergewehr aus);
Lübeck.
Abb. 1. Kindergewehr aus Togo.
OG SEH A
Abb. 3. „Zunzui“ (= Geriiusch machen wie der Wind), Togo.
Abb. 4. ,Zunzui* aus Togo.
Abb. 5. Knallbüchsen aus Togo.
gleiche, ein federnder Biigel, der beim Zuriickschnellen das Geschoss aus
dem Lumen eines Rohres treibt. Bei den Togo-Gewehren stimmt die
Form auch im einzelnen mit der amerikanischen und der ostafrikanischen
überein, insofern der Schlitz, in dem das federnde Ende des Bügels spielt,
durch die ganze Dicke des Rohres geht, und das festsitzende Ende des
Bügels in einer eigenen Durchbohrung der massiven Rohrwand ein-
gelassen ist (Abb. 1). Das Pangwe-Exemplar weicht in dieser Beziehung
ab, das Rohr ist nicht zu einem Schlitz ausgeschnitten, sondern nur durch
Wegnahme der halben Wandung in eine Hohlrinne verwandelt, und das
feste Ende des Bügels sitzt nicht in einer getrennten Durchbohrung,
1) Mitteilungen aus den Deutschen Schutzgebieten, Ergänzungsheft 1908,
Tafel 27 und Seite 92.
Cher Kinderspielzeug. 239
sondern in dem Lumen des Rohres unterhalb des Ausschnittes. Es sitzt
fest dadurch, dass der Biigel am unteren Rande dieses Ausschnittes recht-
winklig umgeknickt ist!). Dieselbe Formvariante, die für das Prinzip
ohne Bedeutung ist, haben die kleinen Gewehre, die unsere norddeutschen
Jungen noch heute sich anfertigen (Abb. 2).
Das zweite der Nordenskiöldschen Spielzeuge, das ich hier er-
wähnen wollte, ist die für eine Schnur ohne Ende doppelt durchbohrte
Scheibe, die beim Drehen der Schnur selbst in Rotation gerät und einen
summenden Ton gibt. Ebendasselbe Spielzeug hat das Lübecker
Museum von Togo und zwar als gezähntes Rad (auch die amerikanischen
Scheiben sind nach der Abbildung des genannten Artikels am Rande ge-
zähnt) (Abb. 3), sowie als rechteckige Holzplättchen (Abb. 4); wir haben
es von den Pangwe als länglichen Splitter von der Rinde des Raphia-
stengels, von den Kirgisen als ein Paar Schafknéchel?); Koch-Grün-
berg?) beschreibt es von seinen südamerikanischen Indianern als zwei an
Schnüren befestigte leere Fruchtschalen, Hajnel*) aus Ungarn, in drei
Formen, als Knopf, als Holz und als Knöchelchen („beim Schweine-
schlachten“). Man darf also wohl von einer universalen Verbreitung des
Spielzeugs sprechen, dessen Vorkommen nichts über Völkerzusanımen-
hänge aussagt.
Kurz möchte ich ein Drittes hier anreihen, das nicht von Norden-
skiöld, wohl aber von Koch-Grünberg erwähnt ist, und dessen ameri-
kanische Provenienz — wie bei den vorigen zwei — in afrikanischen
Stücken unseres Museums Analoga findet, die Knallbüchse. Sie besteht
in Brasilien®) aus einem Stück Ambauva-Rohr und einem glatten Stab,
der Pfropfen aus gekauter Holzrinde herausstösst. In Afrika hat sie
Widenmann®) als ,Zimmerpistole* bei den Dschaggakindern gesehen, das
Lübecker Museum besitzt sie von den Pangwe aus einem ausgehöhlten
Kassavestengel mit Ladestock aus Holz, der einen Pfropfen aus den Fasern
von Plantenblattscheiden treibt, und von Togo (Abb. 5). Aus Europa ist
sie uns Allen von der Kinderzeit her in guter Erinnerung.
1) Vgl. das Ende des Jahres erscheinende Werk über die Lübecker Pangwe-
Expedition.
2) Vgl. mein Buch „Unter Kirgisen und Turkmenen“, Leipzig, Klinkhardt
& Biermann, 1911. S. 92 und Fig. 16.
3) Zwei Jahre unter den Indianern, I S. 274.
4) Anzeiger der Ethnographischen Abteilung des Ungarischen Nationalmuseums,
V, 1910. 8.32 und Fig. 2.
5) L.c. I. 119.
6) Kilimandscharo-Bevölkerung, Erg.-Heft 129 v. Peterm. Mitteilungen. S. 81.
Uber einige altertümliche afrikanische Waffen und Geräte
und deren Beziehungen zur Prähistorie!).
Von
L. Rütimeyer (Basel).
In der modernen Völkerkunde herrscht bekanntlich, vor allem veran-
lasst durch die Arbeiten von Frobenius, Ankermann, Gräbner, Foy
und anderer das Bestreben, ähnlich wie ın der Prähistorie einzelne
Kulturschichten und deren gegenseitige Beziehungen zu konstruieren
und in denselben gewisse Leitartefakte*) hervorzuheben. Diese Leit-
artefakte kann man gewissermassen als Relikte oder geologisch gesprochen
als Leitfossilien von Sedimenten einzelner Kulturwellen oder auch ganzer
Kulturströme ansehen, Sedimente von Strömen, die sich durch ganze
Weltteile oder grosse Teile derselben ergossen haben, und die sich
in heute allerdings vielfach gestörter Lagerung neben- und übereinander
schichteten. In der Konstruierung solcher Kulturschichten ist gewiss
zurzeit noch manches hypothetisch und wird durch neue Funde und
Anschauungen späterer Modifikation und anderer Deutung bedürfen. Die
hier massgebenden Methoden, einerseits die statistische, welche die
Dokumente menschlicher Ergologie, die Objekte der materiellen Kultur
geographisch feststellt, und die neuerdings als wichtige Ergänzung hinzu-
tretende vergleichend biologische, welche den organischen Zusammen-
hang und namentlich auch die Entwicklung und Umbildung der Kultur-
formen und der ihnen entsprechenden Völkerwellen erforschen will, lassen
aber doch heute schon gewisse Umrisse von kulturgeschichtlichen Zonen
und Querprofile durch Kulturschichten erkennen.
Jedenfalls gewährt es einen grossen Reiz, solchen Leitartefakten
zunächst in statistisch-geographischer Weise nachzugehen und sie in die
ihnen zukommenden Kulturschichten unter grösseren Gesichtspunkten
wenigstens „theoretisch“ einzuordnen. Hier besteht auch der intimste
Zusammenhang mit der Prähistorie, die uns ja auch bei der grössten
Ergiebigkeit ihrer Fundgruben niemals ein vollständiges Bild der Kultur-
entwicklung der Menschheit geben kann, da eine Menge der wichtigsten
Zeugen ihrer Ergologie wegen der Vergänglichkeit des Materials uns
nicht mehr erhalten geblieben ist. Wie auch Schurtz?) betont, geben
1) Nach einem in der Jahresversammlung der Schweiz. Gesellschaft für Ur-
geschichte am 30. Oktober 1910 in Basel gehaltenen Vortrag.
2) Den bezeichnenden Ausdruck „Leitartefakte* verdanken wir P. Sarasin.
Siehe „Zur Einführung in das prähist. Kabinett der Sammlung für Völkerkunde
im Basler Museum“. Basel 1906, p. 34.
3) H. Schurtz, Urgeschichte der Kultur, p. 363.
_
Altertümliche afrikanische Geräte und Priihistorie. 241
die prähistorischen Steingeräte allein oft ein falsches Bild prähistorischer
Kultur, da der Stein vielfach nur als Verstärkung hölzerner Geräte
diente. Hier tritt nun eben die Völkerkunde, Ethnographie und Ethno-
logie, in die Lücke und lehrt uns an Hand ihres Materiales bei noch
heute lebenden und gewissermassen in natürlicher Lagerung ihrer ver-
schiedenen Kulturelemente noch verharrenden Naturvölkern, aber auch
bei Halb-Naturvölkern und bis in die Untergründe der hohen Kultur-
völker hinein, die allgemeine menschliche Kulturentwicklung von den
niedersten Anfängen zu höheren Zielen verstehen.
So mögen hier einige im Besitze der Basler Sammlung für Völker-
kunde befindliche derartige ergologische afrikanische Dokumente, die
offenbar sehr alten allgemein menschlichen Kulturschichten angehören,
kurz aufgeführt werden, zunächst in statistisch-geographischer Weise.
Bei einzelnen möge auch versucht werden, sie vergleichend biologisch
den ihnen zukommenden Kulturhorizonten zuzuweisen.
Ich möchte dabei im allgemeinen ausdrücklich das erste Moment, die
statistisch-geographische Konstatierung des Materiales in erster Linie
betonen. Denn die Resultate einer unter diesem Gesichtswinkel aus-
geführten Kleinarbeit werden ihre tatsächliche Bedeutung für eine
theoretisch biologische Einordnung auch behalten, wenn sich in den
grossen Zügen der heutigen und spätern ethnologischen Wissenschaft neue
Gruppierungen des Tatsachenmaterials als notwendig erweisen sollten.
Auch ist der Streit zwischen der Erklärung einer geographisch-statistisch
festgelegten Ergologie durch Kulturwanderung oder durch autochthone
Entstehung, Konvergenz usw. noch keineswegs durch definitiven Sieg der
einen oder andern Anschauungsweise ausgetragen (es werden wohl beide
unter bestimmten Umständen zu Recht bestehen wenn auch der ersteren
meiner Ansicht nach die weit vorwiegende Bedeutung zukommt) und
mahnt zur Vorsicht in der Deutung der tatsächlichen Befunde.
Zunächst seien, ich folge hier vor allem den Aufstellungen der ein-
gangs erwähnten Autoren, speziell denjenigen von Foy, einige dieser
ältesten ethnographischen Kulturschichten kurz skizziert.
Als ältesten Kulturbesitz der Menschheit bezeichnet Foy!) Steinwerk-
zeuge, Schlagstöcke zum Werfen und Parieren, einfache Holzspeere,
Grabstöcke, Felltaschen, Fellumhänge, Feuerbohrer, Körbe, Windschirme.
Repräsentiert wurde unter den bis in die Neuzeit noch lebenden Natur-
völkern diese älteste Schichte durch die leider ausgestorbenen oder aus-
gerotteten Tasmanier, deren verfrühtes Verschwinden vom Schauplatz des
Völkerlebens gar nicht genug bedauert werden kann, da sie, lebten sie
noch in ihrer früheren Weise heute, den modernen Wissenschaften der
Prähistorie und Völkerkunde unendlich viel zu sagen hätten.
Eine weitere Vervollkommnung und Differenzierung dieser Urkultur
brachte eine Ausbildung des Schlag-, Wurf- und Parierstockes, der mit
Le 9)
Knauf versehen war, zu den verschiedenen Keulenformen, dem Bumerang
1) W. Foy, Führer durch das Rautenstrauch-Joest-Museum der Stadt Cöln,
3. Auflage, p. 25. Cöln 1910.
Zeitschrift für Ethnologie. Jahrg. 1911. Heft 2. 16
242 L. Riitimeyer:
und Parierschild, der dann allmählich in den Breitschild übergeht. Der
Holzspeer erhielt eine Spitze aus anderem, hirterem Material, aus Stein
oder Knochen.
Wir finden diese Kulturschichte gegenwartig in ihren Leitartefakten
vor allem in Australien vertreten 1).
Um nun nach Afrika zurtickzukehren, dem die zu beschreibenden
Objekte angehören, so werden auf diesem Weltteil von Ankermann’)
nicht weniger als sechs Kulturschichten unterschieden, von denen hier nur
die allerälteste erwähnt werden soll, die von Frobenius nigritische ge-
nannte, deren Ergologie den ältesten australischen Kulturschichten, der
Urkultur der Tasmanier und der ältesten australischen Schichte, der
sogenannten Bumerang-Kultur entspricht. Die Relikte dieser nigritischen
Schichte ziehen sich nach Foy vor allem in einem Streifen vom blauen
Nil durch die nördlichen Kongogebiete nach Südafrika hin. Die von den
genannten Autoren aufgedeckten afrikanisch-australischen Beziehungen
innerhalb der nigritischen Schichte rechtfertigen es meiner Ansicht nach,
einige der im folgenden zu erwähnenden Objekte derselben einzureihen.
1. Afrikanische Speere mit Knochenspitzen.
Im Jahre 1908 brachte uns Herr Dr. A. David von Basel von einer
Reise zum weissen Nil vier Speere mit (drei weitere nahm sein Be-
gleiter an sich), die er in Faschoda von Schilluks erworben hatte. Es
war sofort klar, dass es sich hier um seltene Stücke handelte, die, soweit
eine Durchsicht der Literatur erkennen liess, noch ethnographische Nova
darstellten. Ich habe diese Stücke im Jahresbericht der Sammlung für
Völkerkunde damals kurz beschrieben®). Wie ich später durch Herrn
Staudinger erfuhr und mich beim Besuche der grossen deutschen ethno-
graphischen Sammlungen selbst überzeugen konnte, besitzt oder besass
wenigstens damals nur das Museum von Stuttgart drei solcher Speere,
während sie sonst unbekannt zu sein schienen. Auch in der Fundgrube
für die typische Ergologie der Gebiete am oberen weissen Nil, in den
Artes africanae von Schweinfurth, sind sie nicht angeführt; überdies
versicherte mir dieser so überaus kompetente Kenner der dortigen Stämme
persönlich, er hätte in den von ihm bereisten Ländern niemals von
solchen Speeren gehört; es musste somit ihre Provenienz eine andere
und die Speere nur sekundär zu jenen Schilluk in Faschoda gelangt
sein. In der Tat teilte mir der leider viel zu früh verstorbene Vorsteher
der Stuttgarter ethnographischen Sammlung, Herr Graf e Linden, mit,
dass seine drei Speere von den Jambo, die am Gelo, einem Nebenrlusse
des Sobat, wohnen, also von einem äthiopischen Stamme im Südwesten
Abessiniens herstammen. Die Knochenspitzen, die nach im Stuttgarter
Naturalienkabinet gemachten Untersuchungen aus Rölhrenknochen der
Giraffe bestehen, haben bei den Stuttgarter Exemplaren laut einer brief-
1) F. Gräbner, Kulturkreise in Ozeanien. Zeitschrift für Ethnologie 1905
2) B. Ankermann, Kulturkreise und Kulturschichten in Afrika, 1. ec.
1905 p. 8.
% Verhandlungen der naturf. Gesellschaft in Basel. Bd. XX p. 89, 1909.
Altertiimliche afrikanische Geräte und Prähistorie. 243
lichen Mitteilung, die ich der Freundlichkeit des Herrn v. Linden ver-
dankte, eine Länge von 22, 25 und 45 cm; bei unseren vier Exemplaren
ist dieselbe je etwa 48 cm lang und die kantige,
lange, scharfe Spitze ebenfalls wahrscheinlich aus der
Tibia der Giraffe gefertigt. Die Spitze ist durch Leder-
verbindung auf dem geraden Speerschaft befestigt. Von
weiteren Exemplaren dieser jedenfalls recht seltenen
Stücke nenne ich vier uns von der ethnographischen
Handlung von Oldham in London zum Kaufe offerierte
Exemplare, bei denen die Knochenspitzen eine Länge
von 11 bis 24 englische Zoll hatten und endlich drei
weitere nach Aussage von Herrn Dr. David im Besitze
eines englischen Arztes in Chartum befindliche. Leider
vermag keiner dieser Gewährsmänner, auch Herr Dr.
David nicht, genau zu sagen, woher die Speere
ursprünglich stammen.
2. „Adium“, Speere mit Spitzen aus Antilopenhorn.
Ein weiteres im klassischen Erdteil der Eisenkultur,
die ja wohl lange schon vor Europa in Afrika ein-
gedrungen ist, auffallendes Beispiel eines Reliktes aus
älteren Kulturschichten sind Lanzen mit Antilopen-
hörnern als Spitzen anzuführen. Da ich dieselben aus
dem Werke von Ratzel!) kannte, hatte ich Herrn
Dr. David vor seiner Reise in die Nilländer gebeten,
womöglich mir solche Lanzen mitzubringen, und es war
ihm auch möglich gewesen im Distrikt Tonga bei den
dortigen Schilluk drei solcher, auch dort eher seltener
Stücke zu erwerbev. Diese Lanzen bestehen aus teil-
weise mit Quirlen aus Ziegenhaar am unteren Schaft-
ende geschmückten einfachen Holzschäften, an deren
oberem Ende ein gerades Antilopenhorn angebracht
und durch eine lederne Umwicklung befestigt ist. Die
Länge der Hörner beträgt 33-53 cm, diejenige der
Lanzen 174—225 cm.
Von grossem Interesse ist hier eine Notiz des
Herodot VII 69, deren Angabe ich Herrn Dr. P.
Sarasin verdanke. Herodot sagt dort bei der Be-
schreibung der Musterung und Zählung des persischen
Heeres bei Dareiskos 481 a. Chr., wie die Hilfstruppen
aus Äthiopien Speere führten, „darauf war zugespitztes
Antilopenhorn gemacht, das diente statt der Spitze, sie
führten auch beschlagene Keulen“. Im gleichen Zu-
1 2
Abb. 1. Speer mit
Knochenspitze.
Abb. 2. „Adium“,
Speer der Schilluk
mit Spitze aus Anti-
lopenhorn.
sammenhange werden auch die mit Steinspitzen versehenen Pfeile dieser
Athiopier genannt, die P. Sarasin in seiner Arbeit über die ägyptische
1) Ratzel, Völkerkunde 1895, Bd. II p, 263.
16*
244 L. Riitimeyer:
Prähistorie und das Dreiperiodensystem erwähnt!). Dass diese Athiopier
Neger waren, geht aus der weiteren Angabe Herodots hervor, dass sie
oberhalb Agyptens wohnten und das wolligste Haar von allen Menschen
hatten. Es spricht da nichts gegen die Annahme, dass es Schilluk oder
verwandte nilotische Stämme waren, die im Persischen Heere gegen
Griechenland geführt wurden.
In dieser Lanze mit Antilopenspitze haben wir also ein wohl be-
glaubigtes historisches Relikt einer sehr altertümlichen afrikanischen Waffe;
doch sind ja diese 2400 nachgewiesenen Jahre ein Nichts, wenn wir an das
wirkliche Alter dieser ehrwürdigen Speere mit Spitzen aus Antilopenhorn und
Giraffenknochen denken, deren Ursprung ja wohl sicher weit hinter die
Metallzeit Afrikas zurückreicht. Wir gehen wohl kaum fehl, wenn wir
diese Waffen der uralten nigritischen Kulturschichte zuweisen. Hierfür
spricht auch die Art ihres Vorkommens in den Gegenden am oberen Nil.
Wie schon erwähnt, gibt Foy?) an, dass in Afrika die Spuren der
ältesten Kulturkomplexe (entsprechend der australischen Urkultur und
Bumerangkultur) sich ganz besonders in einem Streifen am oberen Nil
nach Südafrika hinunterziehen und namentlich an beiden Endpunkten kon-
zentriert vorkommen.
Eine direkte europäische prähistorische Parallele zu diesen Speeren
mit Knochen- oder Hornspitzen haben wir in den dem späteren Magdalenien
angehörigen und in Frankreich mehrfach gefundenen Speerspitzen aus
Knochen oder Horn von Rentier oder Hirsch zu erblicken, wie drei
solcher gerade neuerdings (September 1910) bei der durch die Herren
F. Sartorius und F. Sarasin durchgeführten Ausgrabung einer Höhle
in Arlesheim bei Basel zum Vorschein kamen. Es ist dies eine Fund-
stelle, die sich nach dem Urteil kompetenter Kenner als dem Übergang
des Paläolithicum zum Mesolithicum, speziell den Azylien angehörig, aus-
gewiesen hat.
Ob in Afrika heute noch Lanzen mit Steinspitzen vorkommen, wie
das in Australien noch der Fall ist, ist unbekannt; absolut undenkbar
wäre es nicht, dass noch solche zum Vorschein kämen ebensogut wie die
bis dahin unbekannten mit Knochenspitzen. Pfeile mit Steinspitzen?®)
sind neben solchen mit Knochenspitzen noch bei den Buschmännern ge-
bräuchlich, also am südlichen Endpunkte jenes genannten Streifens mit
Spuren der nigritischen Kulturschichte.
3. Afrikanische Wurfhölzer, Wurfkeulen und Bumerangs.
a) Wurfhölzer von Darfor und vom Kongo.
Weitere diesem Kulturhorizont und überhaupt dem ältesten allge-
meinen menschlichen Kulturgut zukommende Urwaffen sind Wurfstöcke
und ihre sekundären Differenzierungen in Wurfkeulen verschiedener
1) P. Sarasin, Die ägyptische Praehistorie und das Dreiperiodensystem. Ver-
handlungen der naturforschenden Gesellschaft in Basel, Bd. XXI 1910 p. 261.
2) L. c. p. 182.
3) Vgl. British Museum, Handbook to the ethnographical Collections p. 214
fig. 188. . ,
— a - EEE „öl „SEE
Altertümliche afrikanische Geräte und Prähistorie. 245
Formen und Wurfhölzer oder Bumerangs. Eine dem australischen Bume-
rang sehr nahestehende Form eines Wurfholzes, die auch dem alten
Ägypten bekannt ist, wird heute noch in den oberen Nilländern gebraucht
zur Jagd auf Vögel und kleineres Wild. Unser Exemplar haben wir
durch Tausch erworben von der im Berner Museum befindlichen Samm-
lung Zurbuchen (1881), es stammt aus Darfor. Eine direkte zentral-
europäische Parallele
zu demselben bildet
das Wurfholz aus dem
der Kupferzeit ange-
hörenden Pfahlbau
von Sutz am Bieler
See, welches die
Berner prähistorische
Sammlung besitzt,
und von dem wir Abb. 3. Bumerang aus Darfor.
einen Gipsabguss der Abb. 4. Wurfholz aus dem Pfahlbau Sutz (Bieler See)
Freundlichkeit des
Herrn Direktor Wiedmer zu ver-
danken haben. Soviel mir bekannt,
ist dieses interessante Stück ein
Unikum aus der Zeit der Pfahl-
bauten, wenigstens für die Schweiz.
Von Interesse ist ferner eine
kleine Sammlung hölzerner Waffen,
die unser Museum besitzt, ent-
stammend einer in den 1890er
Jahren von Herrn Woog, einem
Angestellten des Kongostaates mit-
gebrachten Sammlung. Herr Woog
war damals, wie er mir mehrmals
persönlich des bestimmtesten ver-
sicherte, als erster Europäer im
Jahre 1894/95 zu den Issenghe
der oberen Maringa gekommen,
einem Stamm, der damals nur Abb.5. Hölzerne Sichelkeulen der Issenghe.
Holzwaffen hatte Laut Aussage
meines Gewährsmannes ist die Maringagegend bis zum Lomami sehr
arm an Eisen, und dieses spielte damals eine Hauptrolle als Handels-
und Tauschobjekt. Diese Waffen sind teilweise offenbar Wurfhölzer
verschiedener Form, vor allem Sichelkeulen, also eine Art von diffe-
renziertem Bumerang und wohl die Vorbilder der eisernen Sichel-
schwerter und Wurfmesser, wie sie aus dem Kassai- und Kongogebiet,
den Mombuttu usw. zur Genüge bekannt sind. Auffallend ist nur, dass
bei diesen Holzwaffen, worunter sich auch keulenartige Prügel und eine
eigentümliche Form von Holzschwertern befindet, auch eine hölzerne
246 L. Rütimeyer:
Lanze ist, die eine Nachbildung der gewöhnlichen eisernen Kongolanzen
zu sein scheint.
Es erhebt sich nun die Frage, wie kommen diese Stämme der oberen
Maringa zu ausschliesslichen Holzwaffen? Sind sie zu erklären durch Ver-
armung, wodurch jene Leute es nicht mehr vermochten, von auswärts
Eisen zu beziehen, und so zur Anfertigung nur hölzerner Waffen genötigt
waren oder erklärt sich diese Erscheinung aus einem grossen Konser-
vatismus, wonach die Holzwaffen Relikte aus einer vormetallischen „Holz-
zeit“ wären?“ Für letztere Auffassung spricht die Form dieser
hölzernen Sichelkeulen, die auch nach Foy?) Bestandteile der
ältesten Kulturschichten sind und jenem mehrfach genannten
Urwaldgebiete angehören.
Dass wir in diesen Holzwaffen, speziell den Sichelkeulen
wohl sicher die Vorbilder der späteren eisernen für Afrika so
typischen Wurfmesser haben, dafür spricht sich auch Schurtz?)
aus in seiner vortrefflichen Abhandlung über die Wurfmesser der
Neger. Er sagt dort: „ist doch überhaupt die Frage zu erwägen,
ob nicht die meisten der gekrümmten, säbelartigen Waffen, deren
auch Afrika eine grosse Zahl aufweist, auf aus Holz gefertigte
Vorbilder hinweisen. Das Holz als Vorgänger des Eisens dürfte
in dem zum Teil steinarmen Afrika, wo man oft, wenn man über-
haupt Kulturformen als „Zeiten“ bezeichnen will, eher von einer
Holzzeit als von einer Steinzeit reden dürfte, der grössten Beach-
tung wert sein.“ Als Schurtz dies im Jahre 1889 schrieb, waren
allerdings die Dokumente der afrikanischen Steinzeit noch unbe-
kannt, vielleicht auch die Holzwaffen aus dem Kongogebiet. Durch
deren materiellen Nachweis hat aber seine Ansicht zweifellos
Recht erhalten. Ä
Die Holzlanze allerdings, vielleicht auch das Holzschwert?)
unserer Sammlung ist wohl nur als Nachahmung von Eisenwaffen
der Nachbarstämme in Holz anzusehen, wohl erklärlich bei einem
in der Holzzeit oder Holzmanufaktur lebenden eisenarmen Stamme,
der eben bei dem ungeheuren ergologischen Konservatismus der
Neger auch bei Nachahmung anderer Waffen sich an das ihm
Abb. 6. : : :
Holz. vertraute Arbeitsmaterial des Holzes hielt.
schwert Diese Holznachahmungen bilden dann eine Parallele zu den
der von Frobenius?) beschriebenen teilweise prachtvoll geschnitzten
Issenghe.Holzmessern vom Kassai, „die eben beweisen, wie nahe hier noch
Holz- und Eisengeräte verwandt sind.“
Die direkten Vorbilder späterer Eisenwaffen, unsere Sichelkeulen oder
Wurfhölzer und ähnliche in der Literatur beschriebenen Holzwaffen
kommen, wie auch Frobenius) erwähnt, im Kerne des Kongobeckens
1) L. c. p. 182.
2) Schurtz, Das Wurfmesser der Neger, Leiden 1889, p. 4.
3) Vgl. Ankermann, l. c. p. 60.
4) Frobenius, der Ursprung der afrikanischen Kulturen, 1898, p. 95.
5) L. c. p. 99.
Altertiimliche afrikanische Geräte und Prähistorie. 247
nicht so sehr selten vor; er bildet auch drei solcher Holzkeulen, wie er
sie nennt, aus dem Berliner Museum ab. Sie sind aber nach seiner
eigenen Definition eher als Wurfhölzer denn als Keulen zu bezeichnen;
dass es Wurfwaffen sind, scheint mir, wenn auch Frobenius das nicht
ausdrücklich erwähnt, wenigstens für zwei derselben wohl zweifellos. Sie
stammen vom oberen Tschuapa, also aus der Nachbarschaft der Maringa;
er spricht sie an als zurückzuführen auf das Wurfholz, ein Jagdgerät oder
eine Waffe echt nigritischen Ursprungs. Aus dieser Urform entwickelten
sich nicht nur diese afrikanischen Holzwaffen, sondern auch die Messer
und insbesondere die vielgestaltigen eisernen Wurfmesser.
b) Wurfkeulen aus Nigeria und Nordafrika.
Frobenius!) unterscheidet in seinen afrikanischen Kulturen scharf
zwischen Wurfkeule, einem Stock mit terminalem Knauf und kreisförmigem
Durchschnitt und dem Wurfholz, einer mehr platten, meist gekrümmten
Waffe oder Jagdgerät mit streifenförmigem Querschnitt. Im allgemeinen
ist nach ihm die Wurfkeule für die Südhälfte des Kontinentes, wo sie bei
Kaffern, Ovambos usw. in Form des Kirri eine grosse Rolle spielt,
typisch, während das Wurfholz der Nordhälfte zukommt.
Im Sudan unterscheidet Ankermann?), wenn von der modernen
arabischen Kultur abgesehen wird, unter den ursprünglichen Heiden-
völkern zwei Gebiete, deren Grenze etwa mit derjenigen zwischen Bornu
und den Haussaländern zusammenfällt.
Die östliche Provinz hat das Wurfholz und Wurfeisen, während die
westliche dafür den Bogen hat. Wir verdanken nun einer schönen
Schenkung des verdienten Gönners unserer Sammlung, des Herrn Hanns
Vischer, gegenwärtig Direktor des Erziehungswesens in Nord-Nigeria,
unter anderem einige Wurfkeulen, die von den Heidenstämmen der
Murchison Ranges in Nord-Nigeria herrühren und, soweit ich sehe, ein
neues Gebiet für diese uralten Waffen der nigritischen Kulturschichte
nachweisen. Sie sind auch deshalb von Interesse, weil sie nur bei den
alteingesessenen Heidenstämmen auf den genannten Bergen (Murchison
Ranges, Montoil) vorkommen. Die eine dieser Waffen, die, wie Vischer
mir persönlich mitteilte, in einer von ihm mitgemachten kriegerischen
Expedition gegen jene Stämme tatsächlich als Kriegs- und Wurfwaffe
vielfach gebraucht wurde, ist eine richtige Wurfkeule. An einem geraden
Stocke ist ein etwas zugespitzter Knauf angeschnitzt. Die Länge der Wurf-
keule beträgt 67 cm. Eine hübsche europäisch-prähistorische Parallele zu
diesen Wurfkeulen hat ganz neuerdings P. Sarasin nachgewiesen, indem
er eine solche Wurfkeule von ungefähr derselben Form in einem Holz-
artefakt eines Pfahlbaues von Wauwyl (Kanton Luzern) erblickt. Das
Stück ist 43 cm lang, allerdings etwas defekt an Knauf und Stiel, so dass
einige Verbindungen durch Pechmasse hergestellt werden mussten. Das
948 L. Riitimeyer:
Stiick ist aber unverkennbar ein Analogon zu unserer Wurfwaffe, nur ist
der Knauf abgerundet, beim afrikanischen Gegenstiick zugespitzt.
Also in der neolithischen Pfahlbaukultur von Wauwyl finden wir die
Wurfkeule von Nigeria wieder, im Kupferpfahlbau von Sulz das Wurf-
holz von Darfor und das ihm völlig analoge von Altägypten, beides Zeugen
uralten menschlichen Kulturgutes.
b a Abb. 9.
Abb. 7. „Matraque“,
a) Wurfkeule aus Nigeria, ‚Wurfkeule
b) Wurfkeule aus einem neolithischen Abb. 8, der Araber
Pfahlbau von Wauwyl(KantonLuzern). Wurfholz aus Nigeria. und Berber.
Von Interesse war mir, ganz neuerdings unter den Beständen der
ethnographischen Sammlung in Stuttgart eine der Wurfkeule von Wauwyl
sehr ähnliche Wurfkeule vom Lachland River, Süd-Ost-Australien, zu
sehen. Der Keulenknauf ist in Form einer etwas facettierten Kugel an
den Stiel angeschnitzt. Die offenbar seltene Waffe besteht aus hartem,
dunklem Holze.
Das Wurfholz von Nigeria ist nach der Definition von Frobenius
unbedingt als Wurfkeule zu bezeichnen, obschon es der Nordhälfte des
Altertümliche afrikanische Geräte und Prihistorie. 249
Kontinentes angehért. Die andere von Vischer mitgebrachte Wurfholz-
form (Abb. 9), sah er nicht als Kriegswaffe verwendet, sondern sie diente
zur Jagd auf kleinere Tiere und ist gleicher Provenienz wie die Wurfkeule.
An dem 77 cm langen Stiick befindet sich an einem Stiel eine Art
leicht gekriimmter hölzerner Schneide zugeschnitzt und es ist somit das
Objekt mit seinem elliptischen Querschnitt eher als eigeutliches Wurfholz
im engeren Sinne zu bezeichnen. Es stammt aus Yergum, Murchison
Ranges.
Von weiteren Vorkommen von Holzwaffen in Westafrika berichtet
Frobenius') von Wurfhölzern an der Goldküste und aus Senegambien.
Diese dürften vielleicht dem letztgenannten von Nigeria entsprechen.
Aus Nordafrika ist nach Frobenius von solchen hölzernen Wurfwaffen
nichts bekannt, nur von Schlagkeulen.
Es fiel mir nun auf einer im Frühjahr 1910 unternommenen Reise
nach Süd-Algerien, speziell in das Süd-Oranais, nach Colomb Bechar,
Beni Ounif, Figuig und Ain Sefra auf, dass die dortigen Berbermänner
einen eigentümlichen Stock mit sich führen, Matraque genannt, von rundem
Querschnitt C., 75cm lang und mit terminalem Knauf, bei dessen Anblick
mir sofort die Vermutung aufstieg, es möchte sich hier um ein altes
Wurfholz, bzw. eine Wurfkeule handeln. Genauere Nachfragen bei
Augenzeugen, französischen Offizieren und Lehrern bestätigte denn auch,
dass wir es hier mit einer typischen Wurfkeule zu tun haben, die heute
noch vielfach als solche gebraucht wird, und zwar von Berbern und
Arabern. So sind Hirten imstande, auf 20 m und weiter Hasen mit der
Matraque zu treffen, ja zu Pferde im Galopp, wurde mir erzählt, erreichten
sie auf weite Distanzen mit dem Wurf ihrer Matraques mit Sicherheit ihr
Ziel, kleineres Wild und Vögel. Neben den gewöhnlichen roh gearbeiteten
Matraques werden auch speziell in Figuig hübsche mit Kerbschnitt ver-
zierte Exemplare mehr als Spielerei und Schmuckstücke verfertigt und
den Fremden verkauft. Ich sah hier auch säbelförmige Exemplare; ob
wir wohl in dieser Form ein altes Pendant zur Wurfkeule, ein ursprüng-
liches Wurfholz erblicken können?
Wir hätten also hier in Nordafrika eine typische Wurfkeule noch er-
halten, über deren ursprüngliche Herkunft ich mir allerdings kein sicheres
Urteil erlaube. Es scheint mir aber doch denkbar, dass wir es hier mit
einem alten Relikt afrikanischen Kulturgutes zu tun haben könnten, viel-
leicht ebenfalls den nigritischen Schichten angehörend, wenn auch jetzt
nicht mehr auf nigritischem Boden befindlich. Wir dürfen vielleicht um
so mehr eine solche Annahme wagen, als ja, je länger je mehr viele
Anzeichen dafür sprechen, dass die älteste Bevölkerung von Nordafrika
bis zum Meer eine negroide war. Speziell auch der Fund von Skeletten
mit ausgesprochen negroider Schädelbildung in der Grotte du Polygone
bei Oran durch Pallary und Doumergue in der Schichte des sog.
ibero-mauretanien, einer unserem Mesolithikum, denı Tardenoisien unge-
fähr entsprechenden Schichte, könnte für eine solche Annahme sprechen.
1) L. c. p. 102.
250 L. Rütimeyer:
Auch heute bedienen sich übrigens neben den Arabern und Berbern
auch noch Neger für gewisse (kultische?) Zwecke der Matraque, wie ich
einer schriftlichen Mitteilung des Herrn Pallary an mich entnehme: „j’ai
vu dans le Mzab a Ghardaia exécuter une danse des matraques par des
negres: cela a lieu la nuit, aux flambeaux; les negres forment un cercle
et chantent, ils tournent et du temps a autre choquent leurs matraques
en cadence. C’est d'un effet tres original.“
Übrigens würden diese Wurfkeulen, auch wenn sie von den späteren
asiatischen oder mediterran-europäischen Einwanderern (Berber, Araber)
mitgebracht worden wären und hier konserviert blieben, einer alten Kultur-
schicht angehören. Gegenwärtig kommt die Matraque nach meinen eigenen
Beobachtungen und nach Mitteilungen des Herrn Pallary verbreitet vor
im Departement Oran und südlich bis nach Figuig, in Marokko soll sie
nach Pallary nicht gebräuchlich sein, doch wurde mir in der Gegend
von Udschda, Nordost-Marokko erzählt, dass sie heute noch vielfach als
Jagdgerät benutzt wird. Sie soll nach Pallary bei arabischen Stämmen
besonders verbreitet sein, aber auch bei solchen die stark mit Berberblut
durchsetzt sind.
Eine weitere nordafrikanische Parallele zu dieser Matraque hätten
wir auch in der Wurfkeule der Tuaregs oder Teda; leider besitzt unsere
Sammlung kein Exemplar davon.
Schliesslich möge noch erwähnt werden, dass Frobenius’) in seiner
Tabelle über die Verwandtschaft der Wurfhölzer aller Weltteile, wobei
für die in Europa fehlende Urform die theoretisch konstruierte Waffe,
welche dem geschleuderten steinernen Streithammer des Thor voran-
gegangen ist, als Urform eingesetzt wird, nun diese Lücke ausfüllen
könnte. Diese Urform ist zurzeit im Wurfholz von Sutz und in der Wurf-
keule von Wauwyl, diesen uralten Formen neolithischer Holzwaffen für die
europäische Prähistorie nachgewiesen.
4. Steinkeulen der Ja-Luo.
In neuester Zeit konnte unsere Sammlung drei Keulen erwerben, die
auch einer uralten Kulturschichte angehören, die wohl sicher der Schichte
der sog. Urkultur, bzw. der nigritischen Kultur zuzurechnen ist. Die
Stücke können deshalb sowohl ihrer „Idee“ nach, als auch, wie wir sehen
werden, ihrem Materiale nach als eigentliche prähistorische, vielleicht paläo-
lithische Relikte angesehen werden, die heute noch in Gebrauch sind.
Da diese Objekte, soweit ich sehe, auch in der Literatur noch nicht
figurieren und ethnographische Nova zu sein scheinen, mögen sie deshalb
etwas genauer beschrieben werden.
Die Keulen stammen von den Ja-Luo, einem nilotischen Stamme in
der Umgebung von Kavirondo am Viktoria Nyanza. Sie haben die auf-
fallende Eigentümlichkeit, dass sie noch erhaltene afrikanische echte Stein-
waffen sind, indem ihre Knäufe aus einem harten kristallinischen, granit-
artigen Steine bestehen. Sie haben einen 41—49 cm langen stabförmigen
1) L. Frobenius, Weltgeschichte des Krieges p. 247.
Altertümliche afrikanische Geräte und Prähistorie. 251
Griff aus einem etwa kleinfingerdicken entrindeten, mehr oder weniger
geraden Zweigstücke, dem vorn der in seiner Umhüllung zitronenförmig
gestaltete steinerne Knauf aufgesetzt ist. Dieser ist etwa 9cm lang, mit
einem grössten Umfang von 18—21 cm. Die Befestigung des letzteren
geschieht, wie schon angedeutet, durch ein Stück enthaartes Fell, welches
teilweise noch Reste der Behaarung erkennen lässt, den Knauf überzieht
und als eine Art lederne Hülle noch einige Zentimeter weit auf den Griff
übergeht. Eine etwas irreguläre Naht hält das Lederstück zusammen.
Da mich nun die genauere Art der Be-
festigung des Steinknaufs interessierte —
Merker!) sagt von den alten Holzkeulen
der Masai auch, dass sie aus zwei Teilen
bestanden, aus einem kugeligen Kopf, in
welchen durch ein zentrales Bohrloch der
stockartige Stiel gesteckt war — und zu-
dem die Frage vor allem von Interesse
erschien, ob etwa auch der Stein selbst
prähistorisch bzw. der afrikanischen Stein
zeit angehörig sei, entschloss ich mich,
eines der seltenen Stücke zu öffnen und
eine „Sektion“ desselben vorzunehmen.
Hierbei ergab sich, dass nach Trennung
der Naht und nach Entfernung der ledernen
Hülle, eine Art von Gitterwerk aus straff
um einen dadurch festgehaltenen körnigen
dunklen Stein gespannten longitudinalen
Baststreifen erschien; zur weiteren Ver-
stärkung diente eine zirkulär angelegte
dünnere Bastschnur, beides zog zum oberen
Ende des Stieles hinab und wurde dort
durch dichte zirkuläre Baststreifen fest-
gehalten, die oben am Ende des Holz-
griffes eine Art von kleinen Becherchen
bildete, welches dem unteren Pol des Stein- EE EE ded E
knaufes zum Lager diente. Der Knauf pei a der Stein (prähistorischer Klopf-
war also durch diese Bastverschnürung und hammer) herausgenommen.
den straffen Lederiiberzug fest am Stiel
fixiert. Die genaue Untersuchung des Steines ergab nun, wie schon
erwähnt, ein schweres, hartes, dunkles, granitartiges Gestein, der untere
Pol zeigt Reste von Rotfarbung. Bei näherem Zusehen ergab sich,
dass wir es zweifellos mit einem prähistorischen Stein zu tun haben.
Es ist ein zweifelloser sog. Klopfhammer, wie wir solche in der euro-
päischen Steinzeit vom ältesten Paläolithikum bis ins Neolithikum reich-
lich finden. Auf zwei Seiten zeigte der Stein glatte, spiegelnde, offen-
bar durch Handpolitur geglättete, unregelmässig rundliche Flächen von
1) Merker, Die Masai, 1904, p. 129.
252 l L. Rütimeyer:
2,5—3 cm Durchmesser, während dazwischen ein breiter Gürtel von
körnigem Aussehen die Schlagmarken des Klopfhammers aufweist. Herr
Dr. P. Sarasın, der auch das Stück zu untersuchen die Güte hatte,
hat dasselbe unbedingt als steinzeitliches Artefakt anerkannt. Dasselbe
ist auch zahlreichen Klopfhämmern unserer prähistorischen Sammlung,
die aus dem Chelléen bis zum Neolithikum stammen, durchaus analog
gebildet, abgesehen von Grössenunterschieden und solchen der Farbe und
Art des Steines. Der grösste Umfang des Klopfhammers beträgt 19 cm.
Eine genauere Angabe, welchem Abschnitt der afrikanischen Steinzeit
dieses Stück angehört, ist natürlich unmöglich, die Hauptsache ist, dass
das Stück ein echtes prähistorisches Relikt ist. — Es wurde wohl zweifel-
los vor ungezählten Jahrtausenden als Klopfhammer benutzt, wie die reich-
lichen Schlagnarben beweisen, es ist ein „Protolith“ und wurde dann von
diesem Primitivgeräte, indem
statt des menschlichen Armes
ein Holzstiel angesetzt wurde,
zur Keule, sei es nun zur
Wurf- oder Schlagkeule, auch
so noch einer uralten mensch-
lichen Kulturschichte ange-
hérend. Die interessanten
Stücke — ob freilich die
anderen auch prähistorische
Steinknäufe enthalten, kann
ich nicht angeben, da ich sie
Abb. lla. b. a Klopfhammer als Knauf der > oh Les
Ges j vorerst nicht „sezieren“ will
Steinkeule der Ja-Luo. b Klopfhammer aus dem ` :
neolithischen Pfahlbau Gerlafingen am Bieler — werfen auch ein Licht auf
See. die prähistorischen Klopf-
hämmer selbst und ihre frü-
here Benutzung. Der Gedanke liegt wohl sehr nahe, dass manche der-
selben auch als Steinknäufe von Keulen benutzt wurden, nur lässt sich
das wegen der Vergänglichkeit des Materiales der Bindung und des Griffes
nicht mehr nachweisen, während bei einer Menge anderer mit Einkerbun-
gen versehener Steinknäufe, prähistorischer und heute noch gebräuchlicher
(Ozeanien, Nordamerika), ihre Bedeutung als Keulensteine, die durch
Bindung an einen Griff befestigt werden, sofort klar erhellt.
Unser Stein in seiner Eigenschaft als früherer Klopfhammer und
späterer Keulenstein, der, wenn er reden könnte, über ungeheure Zeit-
räume menschlicher Kulturentwicklung berichten könnte, ist so recht eine
Illustration zu den Ausführungen von P. Sarasin’), wenn er sagt: „ich
glaube, dass das erste Steingerät ein aufgelesener gerundeter Rollstein
war, und dass dieser das einfachste Mittel abgab, den Arm zum Hammer
und zur Keule zu machen. Er diente zum Aufschlagen und Zerquetschen
harter Gegenstände und zur Wehr, im letzteren Fall ebensowohl als Keule
wie als Wurfstein. Diesen Stein, welcher durch gewohnten Gebrauch eine
b a
1) P. Sarasin, Uber die Fehlerquellen in der Beurteilung der Eolithen. Ver-
handlungen der Naturforschenden Ges. in Basel, Band XXII, Heft 1, 1911, p. 20.
Altertümliche afrikanische Geräte und Prähistorie. 253
körnige Schlagflache zeigen muss, neune ich den Protolithen, und ich -
finde ihn in der gesamten Prähistorie vom Chelléen bis zum Neolithikum,
wo er als Klopfhammer dient, ja in gewissen Formen bis zur Gegenwart
im Gebrauch zähe beibehalten.“
Es ist bedauerlich, dass es nicht möglich war, etwas zu erfahren über
den heutigen Gebrauch der Steinkeulen. Dass es seltene Stücke sind,
erscheint sicher, wenigstens finden sie sich im grossen Reservoir für
afrıkanische Ergologie, im Berliner Museum für Völkerkunde nicht vor,
wie ich der freundlichen Mitteilung der Frau Professor Futterer entnehme,
die auf mein Ansuchen die Güte hatte, sich in den dortigen Beständen
nach solchen Keulen umzusehen.
Ich kann also nicht sagen, ob die Keulen als Kriegswaffen oder Wurf-
waffen bei der Jagd gebraucht wurden. Vielleicht dienten sie bei ihrer
Schwere auch, wie dies Merker für die heutigen Keulen der Masai aus-
führt, zum Zerschlagen von Knochen, wobei sie ja ihrer uralten Aufgabe
als Klopfhämmer wieder gerecht würden. Sehr wohl möglich wäre auch,
dass sie, wie wir dies bei prähistorischen Relikten öfters sehen, ich er-
innere nur an die in Westafrika und dem Sudan zu Fetischzwecken
vielfach verwendeten prähistorischen Steinbeile, zu gewissen kultischen
oder Zeremoniengebräuchen dienen, vielleicht auch nur als Auszeichnung,
etwa wie die bekannten Keulen aus Rhinozeroshorn, die der Sprecher der
Krieger im Masai Kraal?) bei seinen gestenreichen Reden gebraucht, um
seinen einzelnen Worten Nachdruck zu geben. Jedenfalls wäre es von
Interesse, näheres über ihren heutigen Gebrauch zu erfahren.
Bei diesen Steinkeulen befand sich auch eine Holzkeule der Ja-Luo
von ähnlicher Form. Das aus einem Stück harten braunen Holzes ge-
schnitzte Objekt ist 58 cm lang und hat vorn einen 9 cm langen zitronen-
förmigen, mit seichten Längsrillen versehenen Knauf. Das Stück gleicht
sehr dem Kirri der Ovambos.
Wie schon erwähnt, sind meines Wissens solche Steinkeulen als
echte prähistorische Relikte aus Afrika nicht bekannt. Sie sind natürlich
nicht zu verwechseln mit jenen wohlbekannten Grabstöcken der Busch-
männer?) und der Gallaländer, wo ein Stein in Form eines Keulenknaufes
mit zentraler Durchlochung dem Stock als Beschwerung aufgesetzt wird.
Auch diese Steine sind wohl meist von prähistorischer Provenienz, sie
können aber schon, wenigstens zum Teil. wegen ihrer Grösse, Form und
Schwere (faust- bis doppeltfaustgross und durchlocht), keine ursprünglichen
Klopfhämmer oder Protolithen sein. Es würde sich jedenfalls empfehlen,
dieselben einer genauen prähistorischen Analyse zu unterziehen. Gehören
sie der afrikanischen Steinzeit an, so waren es wohl meist auch ungefüge
Keulensteine, ähnlich manchen analogen ozeanischen.*)
1) Merker, l. c. p. 85.
2) Vel British Museum, handbook to the Ethnographical Collections, London
1910, p. 212, fig. 186.
3) Vgl. auch Staudinger, Prähist. afrikan. Funde, diese Zeitschrift 1911,
254 | L. Rütimeyer:
5. Stockschilde der Dinka und Schilluk, Faustschild vom Senegal.
In der Sammlung David befanden sich auch fünf Stockschilde der
Dinka und Schilluk, die Herr Dr. David auf meine Veranlassung am
oberen Nil erwarb. Da dieselben durchaus in unser Kapitel gehören
und zwei davon eine von der gewöhnlichen abweichende Form zeigen,
mögen sie hier aufgeführt werden. Diese Stockschilde vom oberen Nil,
„Quer“ genannt!) (Schweinfurth!) schreibt „Kuerr*), sind, wie
Frobenius?) ausführt, eine urafrikanische Schutzwaffe und gehören eben-
falls der nigritischen Kulturschichte an. Sie müssen schon deshalb, wie
Frobenius weiter sagt, sehr alte Waffen sein, weil diese Stock- und
Parierschilde gegen Speerwurf und Pfeile wenig
nützen, „sie gehören einer früheren Kriegsform an,
derjenigen des Knüppels, sei es des geworfenen,
sei es des geschwungenen.* Aus ihnen ent-
wickelten sich die Fellschilde.
Die Stockschilde lehnen sich ganz direkt an
australische Formen an und sind sicher deshalb
der nigritischen Kultur zuzuweisen. Unsere drei
Stücke haben die bekannte, schon von Schwein-
furth abgebildete Form, auf der hinteren Seite
des mit einem zentralen Knauf versehenen Schildes
ist eine Handhabe eingeschnitzt, und diese ganze
Seite mit einer Längsrille versehen. Die Länge
dieser drei Schilde beträgt 89, 104 und 135 em.
Nun finden sich neben diesen bekannten Formen
| noch zwei interessante Stockschilde, welche von
Dr. A. David, der je ein Stück bei den Dinka
(Bor) und den Schilluk (Tonga) erwarb, als Schlaf-
Abb. 12au.b. a „Quer“, hölzer oder Nackenstützen bezeichnet wurden. Das
Stockschild und Schlaf- yon den Schilluk stammende Stück hat aber be-
S ere zeichnenderweise den Namen Quer, wie die ande-
australien. (Nach Fro- Yen Parierschilde, während dasjenige der Dinka
benius.) »loj* heisst. Beides sind ganz zweifellos alte
Stock- oder Parierschilde, deren Bedeutung jetzt
vergessen sein mag. Ihre Länge beträgt 68—75 cm, ihr Umfang etwa 30 cm.
Ähnliche australische Schilde, nur bedeutend breiter, sind auch bekannt;
nun finde ich aber bei Frobenius?) einen Schild aus Westaustralien ab-
vebildet, der in seiner Form ganz jener unserer nilotischen Stockschilder
entspricht. Letztere sind aus leichtem llolze, walzenförmig mit abgerundeten
Enden und zeigen in der Mitte einen Handgriff eingesenkt, ganz genau wie
bei jenem australischen Schild. Eine wirkliche Nackenstütze aus demselben
Holze gefertigt, aber ohne Handgriff, nur in Form einer rohen Walze,
wurde ebenfalls mitgebracht. Ihr Name ist Aded. Dass die dortigen
1) Schweinfurth, Artes afric., Tab. I, fig. 13—15.
2) L. e. p. 34. 36, 38.
3) L. c. p. 49.
Altertiimliche afrikanische Geräte und Prähistorie. 255
Schilluk und Dinka die ursprüngliche Bedeutung dieses Objektes ver-
gessen haben, ist nicht allzu verwunderlich, wenn man bedenkt, dass
einige jener uns auch von Herrn David mitgebrachte Dinka-Bogen von
asiatischer Form, von denen Frobenius?) ebenfalls eine Abbildung gibt
und die sich auszeichnen durch ihre spiralig umgebogenen Enden und be-
sonders dadurch, dass das ganze Bogenholz mit einem Eisenband um-
wickelt ist, als „Tanzstäbe“ bezeichnet waren. Er sah sie (ohne Sehne)
tatsächlich auch nur als solche verwendet, und war ganz verwundert, dass
dies Bogen sein sollten. Hier war eben auch, wie offenbar bei jenen
Kopfstützen die ursprüngliche Bedeutung vergessen worden. Die völlige
Analogie dieser walzenförmigen Parierschilde mit jenem westaustralischen
Schild reiht die ersteren um so sicherer in die nigritische Kulturschichte ein.
Ein weiterer eigentümlicher Schild unserer Sammlung gehört aller-
dings nicht dem nigritischen Kulturbesitz an, mag aber hier auch Er-
wähnung finden, da er wohl sicher entwicklungsgeschichtlich eine alte
Form des Schildes repräsentiert. Es ist ein kleiner hölzerner Rundschild,
ein Faustschild von 18 cm Durchmesser. Er ist gewölbt kreisförmig, mit
Buckel und Rand, ohne Randwulst versehen, der Griff ist aus Holz, auf
der Innenseite ausgeschnitzt. Das Stück stammt aus Senegambien. Es’
stellt also wohl eine Urform des laut Frobenius nach Afrika im-
portierten asiatischen Rundschildes dar, und eben aus Holz gefertigt,
während der genannte Autor 1898 noch sagen konnte, dass solche sonst
ledernen Rundschilde „gemeiniglich gepresst, stets aber in Afrika aus
Leder hergestellt sind‘“2). Er fügt hinzu, dass die Rundschilde vor-
kommen von Senegambien bis nach Abessinien, also längs der afrikanischen
Nordachse. |
6. Steinstössel aus der Sahara.
Gegenüber den oben erwähnten, grösstenteils der nigritischen Ur-
schichte angehörenden Objekten, dieser Relikten, wo wohl die ergologische
Idee, nicht aber (mit Ausnahme der Steinkeule) das Material selbst aus
uralter vorhistorischer Zeit stammt, möge noch ein anderes, einer jüngeren
Schichte angehöriges Stück genannt werden, welches mit Wahrscheinlichkeit
als solches materiell neolithischer Provenienz ist und heute noch gebraucht
wird.
Es ist dies ein Stössel, eine Art Mörserkeule aus hartem schwarzem
Stein, wie mir von mineralogischer Seite mitgeteilt wurde, von Ophit,
einem basaltischen Ergussgestein. Über die genaue Provenienz lässt
sich natürlich nichts aussagen, doch finden wir solche Eruptivgänge in
der westlichen Sahara zwischen Tschad und Marokko. Ich erwarb das
Objekt in der südwestmarokkanischen Oase Figuig im April 1910 von
einem Berber, welcher das Gerät mit einem Körbchen Dattelkernen, die
er damit zerstossen wollte, bei sich trug. Der Stössel, aus einem Stück
harten Gesteins gearbeitet, besteht aus einem Handgriff und einem unten
halbkuglig verdickten Ende mit vielen Gebrauchsnarben. Ich zeigte das
1) L. c. p. 61.
2) L. c. p. 54.
256 L. Rtitimeyer:
interessante Objekt, von dem sofort feststand, dass die heutigen Berber
ein solches nicht herstellen kénnten, einem der kompetentesten Kenner
der nordafrikanischen Prahistorie, Herrn Paul Pallary in Oran, der
dasselbe als wahrscheinlich aus neolithischer Zeit stammend bezeichnete
und mich auf eine betreffende Stelle im Werke von Gautier!) verwies,
ın der ähnliche, sicher neolithische Geräte beschrieben werden.
Gautier führt dort aus, wie aus vielen Gegenden der Sahara, Uargla,
Taudeni, Igidi usw. reichliche Funde aus neolithischer Zeit gemacht
wurden, welche Geräte zum Mahlen des Getreides dienten. Vor
allem sind es zylindrische, ellipsenférmige oder runde rouleaux écraseurs,
wie er sie nennt, die in einem innen polierten, entsprechenden Steinnapf
gerollt das Getreidekorn zermalmen.
Diese écraseurs, welche sich aus neolithischer Zeit auch in Spanien
finden, waren nach Gautier die Vorläufer der jetzt allgemein gebräuch-
lichen nordafrikanischen Steinmühlen, bestehend aus zwei Steinstücken, die
mittelst einer zentralen Achse aus Holz oder Eisen umeinander bewegt
werden. Die neolithischen Ecraseurs sind aber heute noch
stellenweise im Gebrauch bei den Tuaregs des Air. Einen
letzten Repräsentanten dieses neolithischen Gerätes sieht
Gautier noch in einer heute äusserst selten gewordenen
Art von Steindiskus, der dazu dient, die Dattelkerne zu
zermalmen, so dass der genannte Autor von diesen uralten,
der Mehlbereitung dienenden Steingeräten sagt: „Dans
l'Afrique mineure le matériel (a moudre le grain) appartient
à un passé très lointain, quon exhume péniblement. Au
Abb. 13 © Sahara et au Soudan il est actuel.“ Neben diesen
Steinstössel aus écraseurs sind nun auch aus derselben neolithischen Zeit
Figuig. stammende Stössel, pilons, aus Stein gefunden worden.
So hat Gautier selbst einen solchen keulenförmigen
Stössel von 50 cm Länge in der Gegend von Uargla gefunden, so
auch Foureau reichliche rouleaux écraseurs und meules dormantes
nachweisslich sicher neolithischer Lagerung. Ferner beschreibt er aus
Tanesruft aus dem Gebiete der Hoggar Tuareg einen steinernen Stössel,
der nur zum Stossen und Quetschen, nicht aber als rouleau benutzt
werden konnte. Da nun im Aïr wie bei den Stämmen der Susu,
Malinke, Bamane?) im Nigergebiet das Getreide, wie bei den Negern
üblich, zuerst in einem Holzmörser mit einem hölzernen Stössel zer-
quetscht wird, bevor es von den Frauen in Näpfen mit den rouleaux
ecraseurs oder den gewöhnlichen Steinmühlen zu feinem Mehl verarbeitet
wird, so haben wir hier zweifellos in unserem Stössel ein solches steinernes
Instrument zu sehen, um so mehr, als es, wie ich mich selbst überzeugen
konnte, noch heute zum Zerquetschen der Dattelkerne gebraucht wird.
Gautier?) nimmt an, dass ein solches Geräte „nous reporte a une periode
1) Gautier, Sahara algérien, Tome I Paris 1908, p. 130.
2) Desplagues, Le plateau Central nigerien planche XXI, pag. 37.
3) L. c. pag. 132,
Altertiimliche afrikanische Geräte und Prihistorie. 257
aujourd’hui close, ou tout le matériel a moudre était lithique depuis le
pilon jusqu’au rouleau“ und weiter „l'usage du materiel a moudre neoli-
thique est partiellement disparu, mais il s’est maintenu partiellement“.
Auch Desplagues erzählt uns, wie im Zentralplateau des Niger-
bogens sich zahlreiche Mihlsteine in den alten neolithischen Stationen
finden die bei gewissen Stämmen, die sich als Descendenten der Urein-
wohner betrachten, heute noch im Gebrauch stehen, während die Ab-
kömmlinge der späteren Eroberer, die Bambaras, Malinkes und Fulbe,
sich ausschliesslich hölzerner Mörser und Stössel bedienen zum Zer-
quetschen der Getreidekörner.
Es ist mir allerdings nicht gelungen, in der mir zugänglichen Literatur
einen sicher neolithischen Stössel von gleicher Form und Grösse wie der
vorliegende nachzuweisen. Desplagnes!) bildet einige „broyeurs“ von
ähnlicher Form, aber in Doppelbildung ab, wobei an jedem Ende des
Steingriffes ein Knauf angebracht ist. Doch ist ja denkbar, dass die
Formen gewechselt haben, und wenn unser Stössel, wie es ein so yor-
züglicher Kenner der Prähistorie der Sahara
wie Pallary als wahrscheinlich betrachtet,
neolithisch ist, so würde seine Wanderung
aus irgend einem neolithischen Atelier des
Nigergebietes oder der Zentral-Sahara bis
nach Figuig durchaus keine Schwierig-
keiten machen. Unter allen Umständen
ist es durchaus ausgeschlossen, dass das Bs Gan b
Stiick in absehbarer Zeit an Ort und Stelle Abb. 14. a Versteinerter Seeigel aus
angefertigt wurde, es ist zweifellos von Kano, als Amulett getragen.
sehr hohem Alter. Ist dem so, so hätten b Seeigel aus neolithischer Lage-
. 8 SÉ rung aus Vorburg bei Delsberg.
wir wie dort bei jenen von Desplagnes
beschriebenen neolithischen, heute noch gebrauchten Mühlsteinen im
Plateau des Niger auch hier ein prähistorisches Gerät, welches sich nicht
nur als survival in seiner ergologischen Idee erhalten, sondern auch aktuell
als Objekt seinen Gebrauch durch Jahrtausende bewahrt hat, wieder ein
Dokument des denkbar engsten Zusammenhanges von Prähistorie und
Ethnographie.
7. Versteinerte Seeigel als Amulette.
Ebenfalls eine direkte prähistorische-ethnographische Parallele ergeben
vier versteinerte, in der Mitte durchlochte Seeigel, welche wir Herrn
Erziehungsdirektor H. Vischer in Kano verdanken. Die Stücke wurden
nach seiner Angabe in der Umgebung von Kano gefunden und dem dortigen
Residenten von Eingeborenen überbracht. Sie wurden von Männern und
Frauen am Halse als Amulett getragen, und zwar jedes Stück einzeln.
Eins der Exemplare ist gut konserviert, drei ziemlich abgeschliffen.
Ähnliche Fundstücke liefert uns die Prähistorie. So besitzt unsere
Sammlung in Basel zwei durchlochte, offenbar als Gehänge getragene ver-
1) L. c. Pl. XVI, fig. 31, pag. 32 bis.
Zeitschrift für Ethnologie. Jahrg. 1911. Heft 2. 17
258 L. Rütimeyer:
steinerte Seeigel von Vorburg bei Delsberg und von Hochwald aus neoli-
thischer Zeit. Auch Heierli!) erwähnt in seinem Werke einen als Ge-
hänge getragenen durchlochten Ammonit, durchbohrte Seeigel und Rhyn-
chonellen. Wir gehen wohl kaum irre, wenn wir annehmen, dass jene
prähistorischen, in der Steinzeit getragenen Seeigel ebensogut Amulette
waren, wie die heute in der Umgebung von Kano getragenen. Auch bei
den alten Arabern und mohammedanischen Negern Nordafrikas hatten,
wie Doutté?) in seinem vortrefflichen Buche über Magie und Religion
in Nordafrika ausführt, Muscheln eine bestimmte Beziehung zu magischen
Kräften: „ils garnissaient les idoles anciennes et on les portait comme
amalettes. Celui qui portait des coquillages noirs sur le mollet était
réputé à labri du mauvais oeil“; die Wahrsagerinnen südlich von Mogador
schliessen in Schachteln gewisse versteinerte Terebrateln ein, die sie an-
geblich zum Sprechen bringen usw., kurz es vereint auch hier wieder bei
diesem einfachen kultischen Schmuckstück ein uraltes geistiges Band
graue Vorzeit mit der Gegenwart als Beweis der Konstanz so mancher
menschlichen Vorstellungen in den
verschiedensten Zeiten und Milieus.
8. Gefässe der Ababde aus Speck-
E stein.
Eine letzte Gruppe altertümlicher
Geräte führt uus nicht in die Tiefen
der Prähistorie zurück, doch immer-
hin, wie dies Schweinfurth§) aus-
Abb. 15. Holzschale der Ababde. geführt hat, in die ersten Anfänge
der ägyptischen Geschichte. Dieser
Autor beschreibt und bildet ab steinerne Kochgeräte der Ababde, die er
schon im Jahre 1864 gesehen und 1897, da sie in der Literatur kaum
bekannt waren, näher beschrieben hat. Ich habe auf diese Gefässe in
anderem Zusammenhange aufmerksam gemacht‘). Herr Dr. F. Sarasin,
den ich gebeten hatte, auf seiner Reise nach Oberägypten sich nach diesen
originellen Steintöpfen umzusehen, brachte für unsere Sammlung sechs
Stücke mit, die er in einem Lager der Ababde nahe Assuan, wo sie als
Kochtöpfe verwendet wurden, erwerben konnte. Dabei war noch ein
Holzbecher, der mit seinem Ausguss und ganzen Form durchaus einem
der Steinbecher gleich und gewissermassen als dessen Vorbild angesehen
werden kann.
Die Steingefässe sind, genau wie sie Schweinfurth beschreibt,
schalen-, napf- und schüsselförmige Gefässe aus schieferfarbigem Speck-
1) J. Heierli, Urgeschichte der Schweiz, p. 164.
2) E. Doutté, Magie et Religion dans l’Afrique du Nord, Alger 1909, p. 82
und 394,
3) G. Schweinfurth, Über den Ursprung der Ägypter, Zeitschrift für Ethno-
logie 1897, p. 272 ff.
4) L. Rütimeyer, Über westafrikanische Steinidole. Internat. Archiv für
Ethnographie, Bd. XIV, 1901, p. 209.
Altertiimliche afrikanische Geräte und Prihistorie. 259
stein (Steatit), rund oder oval, innen fast zylindrisch, mit 1—2 cm dicken
Wandungen, 4—16 cm hoch, mit einer obern Öffnung von 8—19 cm Durch-
messer. Einige sind roh geschnitzt, andere aber sehr sorgfältig gearbeitet
und geglättet.
Die Mehrzahl ist mit zwei seitlichen, kurzen Henkeln versehen, und
besitzt einen schnabelförmigen Ausguss wie das Holzgefäss Abb. 15. Das
Gestein stammt aus dem ‚„Etbai“, aus den östlichen Wüsten von Ober-
ägypten und Nubien und steht auch zwischen Qossér und Qeneh an.
Schweinfurth führt nun in höchst interessanter Weise aus, dass diese
seit Jahrtausenden in gleich dürftigen Verhältnissen lebenden . Hamiten
hier gewissermassen in atavistischer Gewöhnung noch an einer Manufaktur
festhalten, die aus der prähistorischen Steinzeit stammt. Diese heutigen
Talkschiefergefässe sind nach seiner Auffassung entartete Rückbildungs-
formen der bekannten, alten, in den Gräbern der Negada-Periode, die
zum Teil noch als neolithisch anzusehen ist, gefundenen Steingefässe.
a b c
Abb. 16.
Steintöpfe der Ababde.
Letztere sind ja allerdings meist aus harten Gesteinsarten, teilweise in
technisch bewundernswerter Vollendung gearbeitet, es war mir aber doch
von grossem Interesse von einem so vorzüglichen Kenner Altägyptens wie
Herr Professor Naville, dem ich die Ababde-Gefässe zeigen konnte, zu
hören, dass eines derselben (b) in der Form durchaus gewissen Negada-
gefässen entspreche. Auch (c) erinnerte mich einigermassen an Negada-
formen, die ich im ägyptischen Museum von Berlin gesehen hatte.
Dieses zähe Festhalten an der mihsamen Herstellung von steinernen
Kochtöpfen, die die Ababde weit einfacher, um billiges Geld bei ihren
reichlichen Verkehr mit Assuan, einem Zentrum «der Töpferei, auf dem
dortigen Markt sich holen könnten, erhält noch eine weitere Illustration
durch die Herstellung zahlloser kleiner Tabakpfeifen aus Speckstein,
welche die gleichen Stämme seit Einführung des Tabaks in ihre Gegend
vor etwa 2'/, Jahrhunderten statt der technisch ja viel leichter herzu-
stellenden Tonpfeifen verfertigen und fast ausschliesslich brauchen. Auch
von diesen, von Schweinfurth beschriebenen Pfeifen verdanken wir
einige Exemplare Herrn Dr. F. Sarasin. Man sieht aus diesen Bei-
spielen, wie ganz ausserordentlich zähe von afrikanischen Stämmen ge-
wisse Beziehungen und technische Gepflogenheiten — auch die süd-
17 *
960 L. Rütimeyer: Altertiimliche afrikanische Geräte und Prähistorie.
afrikanischen mundspitzenartigen Tabakpfeifen aus Speckstein gehören
wohl hierher — Gepflogenheiten, zu denen der Anstoss vor vielen Jahr-
tausenden einst gegeben wurde, festgehalten werden.
Das Interesse solcher oft unscheinbarer ethnographischer Sammlungs-
objekte, wie der in den obigen Ausführungen geschilderten, scheint mir
vor alleın darin zu liegen, dass sie nachweisen, wie in Afrika von dem
noch vor relativ kurzer Zeit eine Steinzeit geleugnet wurde, noch vielfach
die Beziehungen zwischen Prähistorie und Gegenwart in der Ergologie
des Menschen ausserordentlich intim sind. Die Fäden führen von
manchen heutigen Objekten des täglichen Gebrauches gerade und lückenlos
hinunter in die ältesten Kulturschichten, in die entlegensten prähistorischen
Untergründe und Zeiträume bis zur Wurzel menschlicher Tätigkeit über-
haupt, eine Tatsache, die ja übrigens auch bei uns in Europa unter der
oft dünnen Lavadecke unserer Kultur, unter der noch vielfach materiell
und ideell die Vorgeschichte glüht, mannigfache Analogien findet.
Daneben scheint mir aber speziell der Hinweis nicht unwichtig, dass
einige der hier besprochenen Objekte (Lanzen aus Knochen und Horn-
spitzen, Steinkeulen und walzenförmige Parierschilde, hölzerne Wurf-
keulen und Bumerangs) als teilweise neue Glieder die bisher bekannten
Bande, welche die nigritischen Kulturschichten von Afrika einerseits und
der altaustralischen Kultur andererseits zusammenhalten, zu verstärken ge-
eignet sind.
Musik und Tänze der grönländischen Eskimos und die
Verwandtschaft der Musik der Polareskimos mit der der
Indianer').
Von
Christian Leden. (Christiania).
Mit 5 Abbildungen und 8 Notenbeispielen.
Im Frühling des Jahres 1909 reiste ich mit dem Polarforscher Knud
Rasmussen nach Grönland, um die west- und nordgrönländischen
Eskimos zu besuchen und ihren primitiven Kulturbesitz, besonders ihre
Musik, zu studieren, zu welchem Zweck mir eine dänische öffentliche
Unterstützung zuteil wurde.
Mein Arbeitsfeld erstreckte sich wesentlich auf den Umanakdistrikt
in Dänisch-Grönland, wo ich in Ikerasak und besonders in Umanatsiak
noch Eskimos von ursprünglicher Kultur antraf, ferner auf die Polareskimos
am Kap York und der North-Star-Bucht. Bei diesen Polareskimos, die
bis dahin frei vom Einfluss der Missionare geblieben waren und ihre alte
Kultur vollstandig bewahrt hatten, machte ich eine reiche musikethno-
logische Beute.
Die Eskimos in den südlichen Kolonien von Dänisch-Grönland haben
schon lingst das meiste von ihrer alten Kultur und besonders ihre alten
Lieder vergessen. Bat ich sie um ein Lied, so gaben sie mir europäische
Gassenhauer und Operettenmelodien, die sie natürlich etwas verkehrt
sangen, zum Besten, oder sie sangen in schleppendem Tempo einige
geistliche Lieder, die sie von den Missionaren gelernt hatten.
Im vergangenen Sommer (1910) unternahm ich mit Hilfe einer Unter-
` stützung Sr. Majestät des Königs von Norwegen eine zweite Grönlandreise,
und zwar nach Angmagsalik an der Ostküste. In diesem Eskimodorf wohnen
die meisten Ostgrönländer. Sie sind erst seit 25 Jahren von Weissen
beeinflusst, daher traf ich noch eine ganze Anzahl prachtvoller Menschen
von der alten Kultur, und es gelang mir, auch eine Reihe Original-
Eskimolieder phonographisch zu fixieren, und die mit denselben ver-
bundenen Trommeltänze mit dem Kinematographen aufzunehmen.”)
1) Nachtrag zur Dezember-Sitzung des vorigen Jahres (s. Jahrgang 1910 S 994),
2) Die Resultate meiner beiden Grönlandreisen wollte ich eigentlich schon
diesen Winter publizieren, aber da mein Reisegenosse Knud Rasmussen, mit
dem ich den Vertrag gemacht hatte, zusammen mit ihm ein gemeinsames Werk
über unsere Forschungen in Grönland zu veröffentlichen, wieder nach Grönland ge-
fahren ist, muss ich mit einer grösseren Publikation noch bis zu seiner Rückkehr
warten. Ich kann deshalb jetzt nur eine vorläufige Skizze der Musik und Tänze
der grönländischen Eskimos geben.
262 Chr. Leden:
Die musikalischen Ausserungsmittel der Eskimos beschränken sich
auf ihre Singstimme und eine Trommel; sie wissen auch nichts von
mehrstimmiger oder harmonischer Musik, sondern singen immer unisono.
Ihre musikalischen Leistungen zeigen aber doch bei näherer Beob-
achtung, sowohl was den oft komplizierten Rhythmus, als auch die Technik
des Melodiebaues und der Vortragsweise betrifft, schon eine vorgeschrittene
künstlerische Entwicklung. Sie haben eine Menge kleine rhythmische und
tonale Nuancen, die unsere europäische Musik gar nicht kennt, auf welche
die Eskimos aber sehr viel Gewicht legen. Es ist anfangs überaus
Abb. 1. Eskimoische Sänger aus Umanatsiak, Westgrönland, (versammelt beim
Zelt des Verfassers, in der Mitte Knud Rasmussen). Phot. von Chr. Leden.
schwer für unser europäisches Ohr, die Feinheiten dieser eigentüm-
lichen Musikäusserungen zu erfassen, und es ist oft mit Schwierigkeiten
verbunden, selbst nach dem Phonographen und mit Hilfe von Metronom
und Tonmesser ihre Gesänge niederzuschreiben. Unsere Notenschrift
reicht hierzu natürlich lange nicht aus, und man muss sich noch anderer
Zeichen bedienen, um die für uns ungewohnten Intervalle und die eigen-
artige Vortragsart einigermassen genau wiederzugeben.
Wie bei anderen primitiven Völkern ist auch bei den grönländischen
Eskimos die Musik eng verbunden mit dem Tanz. Ihr Tanz ist eine Art
Bauchtanz, der aus einigen sonderbaren, ziemlich primitiven Bewegungen
besteht. Paartänze gibt es nicht bei ihnen, nur Solotänze. In diesen
Tänzen können die verschiedensten Stimmungen ausgedrückt werden, doch
drücken sie meistens Freude oder erotische Gefühle aus. Manchmal
—
Musik und Tänze der grönländischen Eskimos. 263
können auch diese Tänze sehr ernster Art sein, z. B. wenn der eine Eskimo
den anderen zu einem Duell auf Bauch- oder Trommeltanz herausfordert.
Bei diesem Duell singen die beiden Gegner abwechselnd Spottlieder
aufeinander. Diese Lieder sind teilweise im voraus gedichtet, werden zu-
weilen jedoch auch improvisiert. In einem solchen Duell gilt es, alle
Fehler und Mängel des Widersachers und alles, was er verbrochen hat,
Abb. 2. Polareskimo-Sänger aus der North-Star-Bucht (76° 32 Min. nördl. Breite).
Rechts der Geisterbeschwörer Masaitsiak, links seine Frau, in der Mitte der Geister-
beschwörer Ajorsalik. Phot von Chr. Leden.
hervorzuheben und ihn überhaupt so lächerlich als möglich zu machen.
Derjenige von beiden, dem es am besten gelingt, die Zuhörer durch
seine Witze und Anklagen zum Lachen zu bringen, ist dann Sieger.
Diesen Trommeltanz gibt es in Grönland nur noch an der Ostküste und
bei den Polareskimos. Leider haben die Missionare an der Westküste die
Tänze ganz ausgerottet. In Umanatsiak an der Westküste Grönlands
existiert wohl auch noch etwas Ähnliches, als Überrest der alten Kultur,
aber die Einwohner von Umanatsiak sind sehr vorsichtig mit dem Trom-
meltanz und wagen nur in den langen Winternächten sich damit zu
264 Chr. Leden:
amüsieren, oder sonst, wenn sie sicher sind, dass niemand in der Nähe
ist, der den alten Tänzen und Gebräuchen feindlich gesinnt sein könnte.
Tanzt und singt der Eskimo, so schlägt er gewöhnlich die Trommel
dazu. Die Trommel wird jedoch nicht immer im Takt mit Gesang und
Tanz geschlagen, sondern oft scheinbar ganz unregelmässig und zu-
weilen in anderen Taktarten. Es kommt z. B. vor, dass eine Gesang-
vorführung in 4/, Takt von Trommelschlägen
in %/, Takt begleitet wird. Oft kehrt auch in
der Trommelbegleitung ein bestimmtes rhyth-
misches Motiv wieder, ohne Rücksicht auf
den Gesang und Tanz zu nehmen.
Die Trommel der Eskimos besteht aus
einem kleinen Knochen- oder Treibholz-
rahmen, auf dessen einer Seite ein Stück
Darmhaut aufgespannt ist und wird mit einem
Knochen oder Holzsplitter geschlagen, jedoch
nicht auf das Trommelfell selbst, sondern
auf die unbespannte Seite des Trommel-
rahmens. Hierbei entsteht ein nicht sehr
starker, aber eigentümlich mystischer Klang.
Bei den Geisterbeschwörungen der Angakut
oder Zauberer wird denn auch die Trommel
immer angewendet.
Die Eskimos pflegen möglichst wenige
Töne in ihren Gesängen zu gebrauchen, und
bei den Polareskimos gilt es sogar als ein
Zeichen von Unbeholfenheit und Unbegabt-
heit, viele Töne ın einem Liede zu benutzen.
Da ich gern die Meinung der Eskimos über
die europäische Musik hören wollte, trug ich
einmal ein sehr berühmtes Lied eines unserer
grössten neueren Komponisten einem der
besten Polareskimosänger vor. — Da lachte
aber der alte Eskimo mitleidig, indem er sagte:
So viele Töne und keine bessere Musik!
Bei den Polareskimos komponiert jeder
selbst seine Lieder und jeder Eskimo besitzt
seine eigene Weise — oft mehrere — die er nur selbst singt. Ausser-
dem haben sie jedoch auch eine Anzahl Lieder, die sie von ihren Vor-
vätern, besonders von den Angakut, ererbt haben.
Die Polareskimos haben eigentlich keine Texte zu ihren Melodien,
sondern sie wiederholen fortwährend dieselben sinnlosen Silben: Aj-jai-ja
immer und immer wieder. Zuweilen unterbrechen sie die leitende Melodie
und sprechen ein oft improvisiertes Rezitativ.
Dagegen haben die Eskimos an der Westküste von Dänisch-Grönland
meistens Texte zu ihren Liedern.
Der Inhalt dieser Texte ist verschiedenartig. Sie haben Scherz- und
Abb. 3. Tanzende Eskimofrau
aus Umanatsiak, Westgrönland.
Phot. von Chr. Leden.
Musik und Tänze der grönländischen Eskimos. 265
Spottlieder, z. B. das Lied von den Hosen einer Frau, und Liebeslieder,
z. B. das Lied vom „Spielkamerad“, in welchem ein junges Mädchen von
den Liebkosungen ihres Liebsten singt und diese in sehr grellen Farben
bis zu dem sexuellen Akt schildert.
Ferner haben sie Schauspiellieder und verschiedene Tier- und Vogel-
pantomimen, wie z. B. Kugsassuak (was „Schaukelschweif“ bedeutet) und
die „Sturmvogel“-Pantomime, in welcher sie beim Tanzen die Be-
wegung dieses Vogels nachahmen.
In einem Lied, dessen Text wahrscheinlich aus der Zeit der ersten
Missionare stammt, singen sie von
der Zeit, da sie noch guter Dinge
waren und sich auf ilıre eigene heid-
nische Weise ergötzen durften.
Auch die ostgrönländischen Es-
kimos haben meistens Texte zu ihren
Liedern, und zwar ebenso mannig-
facher Art, wie die an der Westküste.
Das nachstehende Notenbeispiel
ist das schon erwähnte Schauspiel-
lied „Kugsassuak“ (Schaukelschweif),
welches von Arkalu, einem alten
Eskimo aus Umanatsiak in Dänisch-
\West-Grönland gesungen wurde. Der
Text, der für die Auffassung der Es-
kimos scherzhaft ist, lautet in Über-
setzung: „Der grosse Schaukelschweif
ist aus seinem Nest herausgekommen,
Viutiuvi utiu* usw. Die letzten
Laute sollen den Gesang des Vogels
nachalımen und während des Singens
der sinnlosen Worte „aja ja-a-ja ja“
Pan oe ur ner Abb. 4. Bauch- und Trommeltanz-Duell
gungen des Vogelschweifes in komi- a EE Ostgrönland;
schen Bewegungen mit seinem Hinter- Phat. ton Che Loder
teil nach.
1. „Kugsassuak“ (Schaukelschweif).')
Eskimolied aus Umanatsiak in Westgrönland.
Kug-sas-su - ak i- ni- mi - nik a - nig- dla - ka-ak vi- u-
See
SSS
1) Zeichenerklärung s. S. 269/270.
Du- ei u - tju-a- ja ja-a- ja - ja usw.
266 Chr. Leden:
Das nächste Notenbeispiel (No. 2) stammt von der North-Star-Bucht
und wurde von der Polareskimofrau Tukuminguak gesungen. Es unter-
scheidet sich von dem vorigen Lied sowohl, was die Struktur des Melodie-
baues, als auch die Vortragsart betrifft. Es wird mit Trommelschlägen,
aber in einer anderen Taktart als der Gesang, begleitet.
2. Polareskimolied.’)
(Von der North-Star- Bay.)
M. M. „= 160
>
=
Unregelmässige Trommelbegleitung
|
e a wn — ll ———
— mn
RW
Mn — —— Suse Same Ze.
| SE = =!
Abb. A. Eskimotrommel. a= Trommelstock. b= Trommel aus Westgrénland.
c = Trommelstock. d = Trommel von der North-Star-Bucht (Nordgrönland).
Photographie nach den vom Verfasser mitgebrachten Sammlungen im Museum
für Völkerkunde, Berlin.
Charakteristisch für die Musik der Polareskimos ist in ihrem Melodie-
bau Hinabgehen auf einen tieferen Ton am Schluss einer Strophe und
längeres Verweilen auf einem tiefen Ton zwischen jedem Vers. In der
1) In Beispiel Nr. 2 werden die Trommelschläge, die zu Anfang in "/,-Takt
gehen, nachher scheinbar unregelmässig und so undeutlich, dass es mir nicht möglich
gewesen ist, dieselben genau zu verzeichnen.
Musik und Tänze der grönländischen Eskimos. 267
Vortragsweise wird man besonders ihr Glissando und ihren kräftigen An-
satz auf den höheren Tönen zu Beginn der Motive bemerken, ausserdem
das Decrescendo und Piano auf den tieferen Tönen am Schluss einer
Strophe. In diesen Punkten unterscheidet sich die Musik der Polareskimos
von derjenigen der Dänisch-Grönländischen Eskimos, aber nähert sich
derjenigen der nordamerikanischen Indianer.
In folgendem Lied (No. 3) des Polareskimo-Angakok (Geister-
beschwörer) Masaitsiak von der North-Star-Bucht tritt die Abweichung
von der Musik der Dänisch-Grönländischen Eskimos und die Annäherung an
die Musik der Indianer noch deutlicher hervor. Die Melodie fängt auch hier
in höherer Lage an und gebt dann am Schluss jeder Strophe allmählich
nach unten, bis sie endlich längere Zeit auf einem tieferen Ton verweilt.
Ferner ist auch die starke Exspiration auf den höheren Ténen, sowie das
Glissando und am Ende einer Strophe das Decrescendo und Piano, wie
man sich durch Anhören der Phonogramme überzeugen kann, typisch
sowohl für die Polareskimoweisen als auch für die Gesänge der Indianer.
3. Polareskimolied.
M. M. d = 160
g > = > —
b —e-F-0— 9 — E EE E RR EE
ma 4 — 0 — 0 E ei SC es Ze “_s —y-
J Ze =
> - > > ~ = N
# EE
E EE SE
—_/—-v — ø -$ - Zn e o -0 — 0 ~o! Est. de, deeg ~-=-
e —— e ec e 2 1 —
l “ee ~~
b bh mm Tee,
EE N
RR NRF RE REN ES e EE
EE e o°'—o—
= =
eS er m SEES ae
Sr — e — 4-4 — 8- SC EE KR Soe
= Seier “a ET —
= a
N 4
IN SR SE Denn NN:
Kees EE
Wenn wir die nachfolgenden Beispiele von Indianerliedern (No. 4, 5)
betrachten, so werden wir hier die besprochenen Eigentümlichkeiten der
Polareskimomusik wiederfinden.
4. Pawnee-Indianerlied.
Aufgezeichnet von Edwin S. Tracy. Aus: A. C. Fletcher, The Hako: A Pawnee
Ceremony, 22. Ann, Rep. Bureau Amer. Etlınol. 1904, S. 39.
M. M. g= 126
268 Chr. Leden:
$— = Zu m zog oe co
u SC eg = as =} Ita tr arao been =
EE ee ee ee ee
~~
5. Indianerlied vom Thompson-River.
Aus: OQ. Abraham und E. N. v. Hornbostel, Phonographierte Indianermelodien
aus British Columbia, Boas Anniversary Volume, New York 1906. S. 458. Nr. 11.
M. M. ¢ = 160
ee EE, | — SS
HE EE nr JEE ar IE a =t-] usw.
EE SE = Se
Natürlich haben die verschiedenen Indianerstämme in ihrer Musik auch
Eigentümlichkeiten, worin sie sich wieder von einander unterscheiden.
Ich habe aber bei dieser Gelegenheit die typischen Kennzeichen der In-
dianermusik in sozusagen gröberen Umrissen angedeutet, nur um zu
zeigen, dass, was die Indianerstämme in ihrer Musik gemeinsam haben,
auch mit der Musik der Polareskimos verwandt ist.
Die Lieder der ostgrönländischen Eskimos, wovon folgendes Beispiel
(No. 6) eine Probe gibt, zeigen dagegen, ebensowenig wie die westgrön-
ländischen Gesänge, eine Verwandtschaft mit der Indianermusik.
6. Eskimolied von Kap Dan in Ostgrönland.
M. M. ¢ = 192
LEE A E E Ee E EE GE
E E KEE EE E EE EE E EE
Pë Ee he
— 1 E keng geg — +77 SE TI hl
— emm
SE E ER See EE nn: EE a SS IA m
EE E SE E == Rh = =
DEI ZIEHEN — HI ZINN - -< KE e
Ë Q 4S jl a E ~ 4 Eis „rn n
4, E En er ee mS
u REES
Een EE HEA
NR E 44.709 an
e —= >
Ve Se
BEE EE EE SE
EE SE EE EE
(7) Lé <
NI
Um so mehr zeigt das jetzt folgende Polareskimo-Phonogramm (No. 7)
eine unverkennbare Verwandtschaft mit Indianerliedern. Sowohl was die
ganze Struktur des Melodiebaues, als auch die Eigentümlichkeiten der
Vortragsart betrifft. |
Musik und Tiinze der grénliindischen Eskimos, 269
7. Polareskimolied.
M. M. J=132
EE SE E
ër EE =i ea
———* Fe — weg ——
peer SE =: Er Br: =
a
Zuletzt wollen wir noch ein Lied von den Hopi-Indianern zum
Vergleich heranziehen (No. 8). Auch hier ist die Verwandtschaft mit der
Musik der Polareskimos, trotz der grossen Entfernung dieser beiden
Völkerstämme, ganz entschieden vorhanden.
8. Hopi-Indianerlied.
Aus: Benjamin Ives Gilman, Hopi Songs, Amer. Journ. Archaeol. and Ethnol.
Vol. V. 8.201. Nach dem subjektiven Eindruck Gilmans wiedergegeben.
pe ie ea
kad ae aca eee Sec
SE
Es zeigt sich also eine so nahe Verwandtschaft zwischen der Musik
der Polareskimos und derjenigen der Indianer, dass man eine gemeinsame
Quelle annehmen muss. Und da bis jetzt noch nichts wirklich Stich-
haltiges über die Abstammung der Eskimos bekannt ist, dürfte es wohl
von Interesse sein, die Musik der Kanadischen Eskimo- und der nörd-
lichsten Indianerstämme einer gründlichen Untersuchung zu unterwerfen.
Erklärung der in den Notenbeispielen angewandten diakritischen
Zeichen.
-+ kleine Erhöhung
— kleine Vertiefung \ bis zu einem Viertelton,
n _ :
(8) Tonhöhe einigermassen bestimmbar,
N unbestimmbare Ton-Höhe,
Glissando,
270 Chr. Leden: Musik und Tänze der grönländischen Eskimos.
~~ Verlängerung der Zeitdauer eines einzelnen Tones,
w Verkiirzug der Zeitdauer eines einzelnen Tones,
-= Accentuierung eines einzelnen Tones,
gg d
P e Portamento,
ad
Mittelding zwischen Portamento und Legato.
we
ve
N. B. Diese Zeichen sind, mit Ausnahme des letzten, aus O. Abraham
und E. M. v. Hornbostel, Vorschläge für die Transskription exotischer
Melodien, Sammelb. d. Intern. Musikgesellschaft, XI. 1909, genommen.
Was die Vorzeichen betrifft, so sind nur diejenigen, die wirklich vorkommen,
angegeben, da die eskimoische Musik nichts mit unserer Tonleiter zu tun hat. So
hat das erste Notenbeispiel als Vorzeichen nur 5 und as, Notenbeispiel Nr.6 ò und
des, Nr. 3 gis und dis.
ll. Verhandlungen,
Anthropologische Fachsitzung vom 18. März 1911.
Vorträge:
Hr. G. Fritsch: Über Verwertung von Rassenmerkmalen für allgemeine Ver-
gleichungen.
Hr. R. Neullauss: Über die Pygmiien in Deutsch-Neuguinea.
Hr. F. von Luschan: Zur Stellung der Tasmanier im anthropologischen
System.
Vorsitzender Hr. von Luschan.
(1) Hr. v. Luschan legt einen Schädel eines sehr grossen männlichen
Gorilla vor, der zu einem im Besitz von J. F. H. Umlauff in Hamburg
befindlichen Skelett und Balg gehört.
Der Schädel ist durch ganz extreme Schiefheit des Gesichtes aus-
gezeichnet, die anscheinend auf eine in frūher Jugend erlittene Ver-
letzung des rechten Kiefergelenkes zurückzuführen ist.
(2) Hr. v. Luschan demonstriert eine Haarprobe von einem Tasmanier,
die er 1878 in London hatte erwerben können. Das Haar hat un-
verkennbar die spiraligen Löckchen der Melanesier und unterscheidet sich
durchaus von irgend welchen Australier-Haaren.
(3) Hr. H. Virchow demonstriert eine Tätowierte, welche gegen-
wärtig in Castans Panoptikum gezeigt wird. Es ist ein deutsches Mädchen,
welches in Hamburg durch einen englischen Tätowierer geschmückt ist.
Die Figuren nehmen den Hals und den oberen Teil der Brüste, die Arme
und Beine ein und zeichnen sich durch grosse Eleganz der Zeichnung,
Vollständigkeit der Füllung, Mannigfaltigkeit und Lebhaftigkeit der Farben
und dabei einen weichen samtigen Ton der letzteren aus, wofür aller-
dings die über ein gesundes Fettpolster ausgespannte Haut eine gute
Grundlage abgibt. Von Farben sieht man ein sehr leuchtendes Rot, ein
nach Orange neigendes Gelb, Grün, Blau und Schwarz, das Schwarz
deutlich vom Blau zu unterscheiden. Über die Natur der Farben vermag
der Impresario keine Angaben zu machen. Die Punktierung wurde mittels
eines durch Elektrizität betriebenen Apparates ausgeführt.
272 Fritsch:
Hr. v. Luschan bemerkt zu den Erklärungen des Impresario, dass er
nicht den Eindruck habe, als seien für die verschiedenen Abstufungen
von Hellblau gegen fast schwarz erscheinendes Dunkelblau irgend ver-
schiedene Farbstoffe angewandt worden. Bei allen diesen Abstufungen
handle es sich ganz gleichmässig immer nur um schwarze Kohle, die
entweder in der Form von Russ oder von Tusche oder etwa von Schiess-
pulver in das Gewebe der Cutis gebracht sei. Die bläuliche Farbe sei
immer nur auf Interferenz durch trübe Medien zurückzuführen und sie
erscheine naturgemäss um so heller, je kleiner und spärlicher die schwarzen
Kohlenpartikelchen in der betreffenden Hautpartie seien.
(4) Hr. Fritsch spricht über:
Verwertung von Rassenmerkmalen für allgemeine Vergleichungen.
Die neuere Forschung wendet sich mit erhöhtem Interesse ver-
gleichenden Rassestudien zu, was gewiss mit grosser Freude zu begrüssen
ist, doch darf man davon bleibende Ergebnisse wohl nur erwarten, wenn
die Untersuchungen auf einer einigermassen sicheren Grundlage aufgebaut
werden. Ein grosser Teil der Forscher bevorzugt augenblicklich bei der
Betrachtung des Gegenstandes physiologische und psychologische Gesichts-
punkte und kommt dabei zu vielfach widersprechenden Anschauungen,
deren sichere Begründung in dem einen oder anderen Sinne ausgeschlossen
erscheint.
Man darf behaupten, dass die morphologische Grundlage, von
der billigerweise ausgegangen werden sollte, stark vernachlässigt wird,
und dadurch eine grosse Unsicherheit in die Abgrenzung der Begriffe
hineingebracht worden ist; es scheint dringend erforderlich, darüber eine
bessere Verständigung zu erzielen, wozu die nachfolgenden Ausführungen
beitragen sollen.
Man hat zunächst die Frage aufzuwerfen: Was haben wir uns unter
dem ursprünglich doch unzweifelhaft morphologischen Begriff „Rasse“ zu
denken, und müssen wir dazu auf die Anschauungen zurückgreifen, welche
herrschend waren, als man den Begriff wissenschaftlich feststellte.
In dieser vordarwinischen Zeit, als die Systematik noch unerschüttertes
Vertrauen in ihre „guten Arten“ hatte, fasste man als solche bekanntlich
Lebewesen zusammen, welche miteinander in wesentlichen Merkmalen
übereinstimmten und dieselben konstant auf ihre Nachkommen
weiter vererbten; die ungehinderte fruchtbare Kreuzung untereinander
war die beste Probe auf die Zusammengehörigkeit.
Individuengruppen, welche sich von anderen nahestehenden Formen
durch wichtige, vielleicht sogar sehr auffallende Merkmale unterschieden,
die aber nicht konstant fortgeerbt wurden, sondern unberechen-
baren Abänderungen, besonders durch Rückschlag unter-
lagen, nannte man Rassen. Somit ergibt sich von selbst, dass die
Abgrenzung von Rassen eine Untereinteilung der feststehenden Arten
darstellte, und die angenommene oder erwiesene Unbeständigkeit der
Merkmale das charakteristische Unterscheidungsmoment bildete.
Verwertung von Rassenmerkmalen. 273
Nachdem Darwin durch sein Werk „Die Entstehung der Arten“ die
Unmöglichkeit nachgewiesen hatte, die bisherige Anschauung der Systematik
über die Ewigkeit der Art festzuhalten, sondern sie als etwas allmählich
Entstandenes nachwies, fiel der Hauptunterschied zwischen den Begriffen
Art und Rasse, von denen der letztere gerade durch die Unbeständigkeit
der Merkmale charakterisiert sein sollte. Es erscheint mir daher logisch
unmöglich, wie es seinerzeit Kollmann zu beweisen versucht hat, zwar
die Arten als etwas Gewordenes anzusehen, aber gleichzeitig an die
Ewigkeit der Rasse zu glauben. Die eigentümliche Anschauung ist wohl
so zu erklären, dass der Autor dem beständigen Kampf zwischen der
Konstanz und Divergenz der Charaktere, wie ihn die Verhältnisse
der natürlichen Zuchtwahl mit sich bringen, nicht genügend Rechnung
getragen hat: Die Merkmale scheinen unveränderlich, die Rassen als
Träger derselben „ewig“, wenn sich die Bedingungen der natürlichen
Zuchtwahl gleichbleibt (Konstanz der Charaktere), sie gehen sofort Ab-
änderungen ein und zeigen schwankendes Verhalten, wenn diese Be-
dingungen schwanken (Divergenz der Charaktere). |
Es ergibt sich aus dem soeben Angeführten, dass wir nicht berechtigt
sind, bei Rassemerkmalen, auch wenn sie noch so auffallend sind, eine
gesicherte Konstanz anzunehmen, sondern dass wir uns auf unsicheres
Auftreten gefasst machen müssen. Dieser bedauerliche, aber doch selbst-
verständliche Übelstand findet sich auf allen Gebieten der menschlichen
Rassenvergleichung nachweislich vor, sei es, dass es sich um die Merk-
male des Schädels, des Skelettes überhaupt, um die Hautfarbe, Bildung
der Augen oder der Haare handelt. Sieht man darin einen Hinderungs-
grund Rassen abzugrenzen, so sollte man auf solche Vergleichungen von
vornherein verzichten, und offenbar haben sich viele Autoren bis in die
neueste Zeit dadurch abschrecken lassen.
Als vor einer Reihe von Jahren der berühmte englische Forscher
Richard Owen in meiner Gegenwart von befreundeter Seite befragt
wurde: Ob er denn nun einen menschlichen Schädel nach seinen Merk-
malen unterscheiden könnte? antwortete er mit schmerzlichem Lächeln:
„Als ich nur über Hunderte bestimmter Schädel blickte, glaubte ich es
zu können, als es aber Tausende wurden, musste ich die Unterscheidung
aufgeben.“ Er hatte offenbar der bei einem riesigen Material unver-
meidlichen Divergenz der Charaktere nicht gebührend Rechnung ge-
tragen. |
Aber auch die modernste Richtung unserer anthropologischen Forschung
wirkt aus dem gleichen Grunde lähmend auf eine verständige Rassen-
vergleichung ein, zu der eine freie Auffassung der Form absolut un-
erlässlich ist. Ich möchte diese, in ihrer Weise sehr verdienstliche
Richtung die „hyperexacte“ nennen; auf sie passt aber Mephistos Aus-
spruch:
„Wer etwas Lebendiges will erkennen und beschreiben, sucht erst den
Geist herauszutreiben. Haben die Teile in der Hand, fehlt leider nur
das geistige Band.“ Schon Heraklit der Dunkle stellte bekanntlich den
Satz auf: ndrra oei! (Alles fliesst!), was in besonders hervorragendem
Zeitschrift für Ethnologie. Jahrg. 1911. Heft 2. 18
274 Fritsch:
Masse von der lebendigen Form gilt. Die Natur ist kein Rechenexempel,
sie lässt sich nicht durch mathematische Konstruktionen und algebraische
Formeln festlegen, sondern sprengt diese Fesseln durch das Gesetz der
freien Variabilität, welches sich noch stets jeder Berechnung ent-
zogen hat.
Oft genug gewinnt der Forscher, welcher sich verständnissinnig in eine
organische Form versenkt, Einblicke in ihr Wesen und ihre Besonderheit,
Abb. 1. Längsschnitt durch den Haarboden vom Scheitel eines Chinesen.
welche sich durch die exakteste Messung nicht feststellen lassen. Das
souveräne Misstrauen, welches die Hyperexakten den Darstellungen morpho-
logisch geschulter Forscher entgegenbringen, ist daher unberechtigt und
wirkt nicht fördernd, sondern lähmend auf den Fortschritt unserer Wissen-
schaft. Der Morphologe erfasst das Wesen der ihm gegenübertretenden
Form, er registriert die auftauchenden Besonderheiten und wird versuchen
sie mit dem ursprünglichen Bilde in Übereinstimmung zu setzen; aber
auch wenn dies im einzelnen Falle nicht gelingen sollte, wird er deshalb
a
Verwertung von Rassenmerkmalen. 275
noch keine Veranlassung in der Abweichung sehen, seine Vorstellung von
dem typischen Bilde des Gegenstandes fallen zu lassen.
Ebenso wie Richard Owen haben auch neuere Autoren, gestützt
auf unvermutete Abweichungen der Schädelformen, die ganze Kraniologie
zu diskreditieren versucht, in welcher sie die ganz unberechtigterweise
geforderte Konstanz nicht finden konnten. Von anderen Gebieten ist es
besonders die Ausbildung der Rassenmerkmale des menschlichen Haupt-
haares, deren Bedeutung zur Kennzeichnung verschiedener Völkerstämme
mit Achselzucken abgelehnt wird, obgleich zahlreiche Autoren, darunter
ich selbst, seit drei Jahrzehnten bemüht gewesen sind, den grossen Wert
Abb. 2. Längsschnitt durch den Haarboden vom Scheitel eines Hottentotten.
der Haarbildung für Rassenvergleichungen festzustellen. Unsere Be-
miihungen haben nur den tragikomischen Erfolg gehabt, dass wir ge-
Jegentlich, z. B. von Buschan!) zitiert werden als Autoritäten gegen die
Möglichkeit einer solchen Verwertung der Merkmale; nur weil
eine von uns gar nicht behauptete Konstanz im Auftreten der Besonder-
heiten fehlt, wird eine unterscheidende Vergleichung überhaupt für un-
tunlich erklärt. Dabei weiss ich gar kein wissenschaftliches Gebiet zu
nennen, wo eine präzis gestellte, wissenschaftliche Frage an das Unter-
suchungsmaterial dem Forscher so klare, übersichtliche Antworten gäbe.
‚Solche unberechtigte Diskreditierung der zu erwartenden Resultate ist
wohl zum Teil der Grund gewesen, dass dies schöne, leicht zu behandelnde
1) Menschenkunde S. 109.
18*
276 Fritsch:
Gebiet der Anthropologie bis auf den heutigen Tag so wenig Bearbeiter
gefunden hat, was ich mit einiger Genugtuung bestätige, da ich selbst
wegen zu grosser Lückenhaftigkeit des Materials meine in den achtziger
Jahren des vorigen Jahrhunderts begonnenen Arbeiten betrübten Herzens
vertagen musste.
Dass durch meine Weltreise ergänzte Material gibt mir die Möglich-
keit einer übersichtlichen Darstellung der Verhältnisse, welche demnächst
in einem umfangreichen Tafelwerk veröffentlicht werden sollen.
Das grosse Interesse, welches die Untersuchungen des menschlichen
Haares erfahrungsgemäss in weiten Kreisen finden, veranlasst mich aber
Abb. 3. Oberflächlicher Flachschnitt durch die Kopfhaut eines Chinesen.
auch vor dem Forum der anthropologischen Gesellschaft die Haupt-
ergebnisse in einer Reihe von Projektionsbildern vorzuführen, welche
hoffentlich den Beweis liefern werden, dass die Haarvergleichungen in
der menschlichen Rassenkunde doch kein leerer Wahn sind. An dieser
Stelle freilich muss ich mich damit begnügen, durch ein paar Proben den
Massstab dafür festzulegen.
Zwei Beispiele, welche ich in bezug auf die Ausbildung des Haupt-
haares als die Grenzen der Menschheit zu bezeichnen pflege, dürften be-
sonders geeignet sein, um die geradezu überraschenden Abweichungen,
zwischen denen natürlich unendlich viele graduelle Unterschiede Platz
finden, zur Anschauung zu bringen. Die beiden Abb. 1 und 2, Haarboden
vom Scheitel eines Chinesen, parallel zu den austretenden Haaren durch-
schnitten und ein entsprechendes Bild vom Scheitel einer Hottentottin
I IO | gr" mp mmm eure u d'r TTT EE, ge em IE D y a
mmm
Verwertung von Rassenmerkmalen. 277
werden auch ohne nähere Erklärung den Beweis liefern, dass die in Frage
kommenden Merkmale so eingreifend sind, wie kaum ein anderes körper-
liches Merkmal. So schwerwiegende Unterschiede als unwesentlich für
eine Rassenvergleichung anzusehen, dürfte selbst einem Hyperexacten
gegen den Strich gehen.
Da die Bemängelung der Haarvergleichungen sich an erster Stelle
gegen die Haarquerschnitte richtete, so folgen hier als Beispiele
noch zwei Flachschnitte der Kopfhaut, welche die Haare wesentlich genau
im Querschnitt zeigen. Offenbar unterliegt die Anfertigung richtiger
Querschnitte gewissen Schwierigkeiten, und mangelhafte Beurteilung der
Abb. 4. Oberflichlicher Flachschnitt durch die Kopfhaut eines Hottentotten,
gewonnenen Bilder hat wohl häufig zu der auch bei Buschan vorhandenen
naiven Anschauung Veranlassung gegeben, dass bei jeder Rasse alle
möglichen Querschnittsformen vorkämen, wenn auch nicht in
gleicher Häufigkeit; ganz peremptorisch wird erklärt: „Diese Tatsache
genügt nicht, um darauf Rassenunterschiede aufzubauen.“ Ich
bedauere, gestützt auf ein sehr umfangreiches Material in dieser Hinsicht
anderer Meinung zu sein.
Die Hauptschwierigkeit bei der Herstellung der Haarquerschnitte
beruht in der grossen Widerstandsfähigkeit des Objektes gegen das vor-
dringende Messer; kann das Haar auch nur wenig ausweichen, so stellt
es sich zur Schneide in einem grösseren oder kleineren Winkel, und man
erhält Schrägschnitte anstatt richtiger Querschnitte. Gleichwohl sollte auch
in solchem Falle ein erfahrener Mikroskopiker sich nicht täuschen lassen,
278 Fritsch: Verwertung von Rassenmerkmalen.
da ein genaues Studium am schrägen Haardurchschnitt zwei etwas gegen-
einander verschobene Querschnittbilder zeigen muss, welche durch kurze,
gerade Seitenlinien miteinander verbunden sind, je nach der Dicke des
Schnittes.
Feste, straffe Haare von erheblicher Dicke, wie das Chinesen- und
Japanerhaar, lassen sich natürlich schwieriger schneiden als dünnere und
weichere; für die angeführten Volksstämme kommt aber auch die notorische,
mannigfache Vermischung in Betracht, welche eine Trübung der Rassen-
merkmale bewirken kann. So erklärt sich wohl zum Teil das absprechende
Urteil, welches seinerzeit Hilgendorf und neuerdings Bälz über die
Verwertung von Haarquerschnitten als Rassenmerkmal gefällt haben.
Hilgendorfs Präparate waren ausserdem nicht einwandsfrei, da die nur in
Celloidin eingebetteten Präparate beim Schneiden in dem Einbettungs-
material zu wenig Widerstand fanden. Wie Bälz zu der ihm von
Buschan in den Mund gelegten Äusserung gekommen ist, das Barthaar,
welches ausserordentlich unregelmässig gebildet ist und meist kantige
Querschnitte aufweist, eigene sich eher zu solchen Vergleichungen wie das
Haupthaar, ist mir unverständlich.
Man vergleiche, um sich ein Urteil über die Sachlage zu bilden, die
beigefügten Abb. 3 und 4, von denen 3 einen ganz oberflächlichen Flach-
schnitt der Chinesenkopfhaut, 4 einen solchen der Hottentottin darstellt.
Trotz der bemerkenswerten Unterschiede und Unregelmässigkeit der Haar-
querschnitte in Abb. 3 wird man doch kaum leugnen können, dass die
dürftigen, in typischer Form nierenförmigen Querschnitte des Hotten-
tottenhaares ein Mass von Abweichung zeigen, welches ein Forscher, der
ohne Voreingenommenheit an die Untersuchung herantritt, unmöglich über-
sehen kann. |
Wem derartige Unterschiede nicht genügen, beweist nur seinen
Mangel an morphologischem Blick; er sollte dann nach meiner Über-
zeugung seine Hände von Rassenvergleichungen lassen.
Was hier an zwei typischen Beispielen gezeigt wurde, gilt in ähn-
licher Weise von einer langen Reihe entsprechender Präparate, aus denen
eine Auswahl im Projektionsbilde vorgeführt wird, während sie tunlichst
bald in grösserer Vollständigkeit als Atlas veröffentlicht werden sollen.
Mit Rücksicht auf diese Veröffentlichung mögen die mancherlei
anderen Besonderheiten des Haarbodens, welche die Vergleichung der
Bilder als Kassenmerkmale erkennen lässt, hier unberücksichtigt bleiben.
Nur auf einen Punkt möchte ich noch hinweisen, weil derselbe ein Mittel
veranschaulicht, die Schwierigkeit der Herstellung richtiger Querschnitte
zu mildern und gleichzeitig den Überblick über die anderen Gewebs-
elemente der Kopfhaut zu erleichtern.
Wenn man nämlich einen Haarboden vor sich hat, in welchem
ziemlich gestreckt verlaufende Haare unter einem erkennbaren Winkel
eingepflanzt sind, so kann man die Schnittrichtung senkrecht auf die
Achse der schrägstehenden Haare wählen, und erhält so bei richtiger Wahl
nicht nur genaue Querschnitte, sondern die verschiedenen Schichten der Kopf-
haut von der Epidermis bis hinunter zum Unterhautzellgewebe folgen sich
Diskussion. 279
naturgemäss mehr oder weniger dicht wegen der schrägen Schnittrichtung,
so dass ein Gesichtsfeld sie zu umfassen vermag.
Auch solche Präparate wurden zur Vergleichung in grösserer Anzahl
angefertigt und zum Teil photographisch abgebildet.
Die Untersuchungen auf dem Gebiet der Haarbildung, ebenso wie
auf anderen Gebieten der Körperbildung des Menschen können inbetreff
der Rassenunterscheidung zu keinen befriedigenden Ergebnissen führen,
wenn man sich in seinem Urteil durch die selbstverständlichen, gelegent-
lichen Abweichungen beirren lässt; auch die pedantische Durchführung
von Durchschnittsberechnungen möglichst langer Reihen, zu denen un-
vermeidlich der Verlängerung wegen manches zweifelhafte Material hinzu-
gezogen wird, ist nicht geeignet eine tiefere Einsicht zu gewähren, weil
jeder Durchschnitt mit Notwendigkeit die charakteristischen
Merkmale abschwächt.
Zu einem brauchbaren Ergebnis wird der Forscher bei den Rassen-
vergleichungen nur gelangen, wenn es ihm gelingt, aus möglichst umfang-
reichem Material durch vorurteilslose Betrachtung die typische Form des
Untersuchungsobjektes herauszuschälen. Freilich wird ein solches Er-
gebnis stets einen mehr oder weniger subjektiven Charakter tragen, aber
es erscheint dann wenigstens in einer greifbaren Gestalt, und schliesst die
Möglichkeit einer Verständigung bzw. einer Korrektur durch eingehende
Vergleichung mit den Resultaten anderer, auf gleicher Basis stehender
Forscher nicht aus.
Diskussion.
Hr. Hans Friedenthal fragt an, ob die natürliche Länge des
Papua- und Tasmanienhaares bekannt sei. Krauses Haar pflegt durch-
schnittlich bedeutend kürzer zu sein als borstiges und straffes Haar.
Soweit seine bisherigen Untersuchungen reichen, sind Papua- und Neger-
haare zur Zeit des natürlichen Haarausfalles gleich lang. Das Vorkommen
spiralgekrausten Haares ist geographisch streng lokalisiert, indem heute
ausserhalb Afrikas und den Inseln des stillen Ozeans keine Menschenrasse
mit spiralgekrausten Haaren mehr gefunden wird. Ebenso streng lokalisiert
ist der Verbreitungsbezirk von extrem straffem Haar. Mehr als drei
Urhaartypen können wir heute nicht unterscheiden, jeder Typus umfasst
aber somatisch sehr verschiedene Menschenrassen, wie das Vorkommen
der Spiralkrausung bei Togonegern, Papua und Buschmann beweist.
Hr. P. Staudinger: Auf Anfrage des Hrn. Friedenthal wegen
Länge des Haares bei den Negeru möchte ich nur kurz bemerken, dass
man in vielen Gegenden, resp. bei vielen Stämmen deshalb selten längeres
Haar beobachten kann, weil die Neger es rasieren oder durch Schneiden
sehr kurz halten. Aber auch in solchen Gegenden, wo dies üblich ist,
findet man mitunter Individuen mit längerem Haar. So erinnere ich mich
mehrerer Fälle gelegentlich meiner Reise im Innern der Haussaländer,
wo ich einige Männer mit verwildertem, weit vom Kopf abstehendem
Haar, das auch eine helle rötlichere Färbung hatte, sah. Ob die letztere
280 Neuhauss:
künstlich hergestellt war, konnte ich nicht untersuchen. Dass wiederum
bei einigen Stämmen Männer oder Frauen künstliche Haarfrisuren mit
längeren, steifen, abstehenden Zöpfen haben, ist bekannt. Selbstver-
ständlich spreche ich nur von Negern, nicht den eingewanderten anderen
Völkerschaften.
Hr. Moszkowski: Ich möchte Hrn. Friedenthal darauf aufmerksam
machen, dass wir auch ausserhalb des afrıkanischen und ozeanischen
Gebiets echte autochthone Negritos kennen, nämlich im Innern der
malayischen Halbinsel (die Semangs), früher wahrscheinlich auch im
Innern Sumatras und dann auf den Philippinen. Ausserdem besitzen die
Urmalayen welliges Haar, und nur an den Küsten der Insel des malayi-
schen Archipels sitzt eine Mischbevölkerung, die neben andern mongoloiden
Eigenschaften auch das schwarze, straffe Mongolenhaar besitzt.
Hr. v. Luschan: Die von Hrn. Friedenthal bemerkte grosse
Ähnlichkeit der Haare von Togoleuten mit denen von Buschmännern scheint
nicht weiter verwunderlich. Die Stämme an der Küste von Ober-Guinea
stehen ja auch in sehr vielen anderen Beziehungen den primitiven
afrikanischen Typen ungleich näher, als etwa die Bantu redenden Stämme,
von denen jetzt fast allgemein angenommen wird, dass sie sich erst
unter fremdem, also doch wohl unter hamitischem Einfluss aus primitiveren
Typen entwickelt haben.
(5) Hr. Neuhauss spricht unter Vorlage ` von zahlreichen Photo-
graphien, Gipsabgüssen und Haarproben
über die Pygmäen in Deutsch-Neuguinea und über das Haar der
Papua.
Das Hauptzentrum der Pygmäen befindet sich in der Umgegend
des Sattelberges nahe bei Finschhafen. Wahrscheinlich drängten die
einwandernden imelanesischen Jabim die zwerghafte Urbevölkerung von
der Küste in die Berge zurück. Nördlich von Finschhafen, in der
Umgebung von Kap König Wilhelm, wo die klippenreiche Steilküste keine
geeigneten Wohnplätze für die seefahrenden Jabim bietet, findet man auch
unmittelbar am Meere unter den dort ansässigen Papuas zahlreiche Pyg-
mäen. In den übrigen Teilen des Landes, am Huongolf, ferner in der
Umgebung von Friedrich-Wilhelmshafen und von Dallmannshafen fand
Redner nur vereinzelte Pygmien.
Wenn die Pygmäen auch keine besondere. in die Augen fallende
Gesichtsbildung haben, so zeigen sie doch eine Reihe von Merkmalen,
mit deren Hilfe man sie, ganz abgesehen von dem zwerghaften Wuchse,
mit Leichtigkeit von den übrigen Papuas unterscheiden kann. Hierher
gehört in erster Linie der gedrungene Körperbau: ein langer, kräftig ge-
bauter Rumpf und kurze, kräftige Extremitäten. Schon durch dieses
Merkmal kann man den Pygmien, ganz ohne Rücksicht auf seine Körper-
grösse, ohne weiteres von dem schlanken, hageren Papua unterscheiden.
Pygmäen in Deutsch-Neuguinea. 281
Die obere Grenze des Pygmäenwuchses liegt bei Männern bei unge-
fähr 150 cm, bei Weibern (die im allgemeinen viel kleiner sind als
Männer) bei 140 cm Körperhöhe. Die kleinsten vom Redner gemessenen
Männer haben 135,5 cm, die kleinsten Frauen 131,5 cm Körperhöhe.
Ein weiteres Merkmal ist die grössere Breite des Schädels. Bei
260 Papuas, bei denen Redner Körpermessungen vornahm, beträgt der
Längenbreitenindex des Schädels durchschnittlich 76,8 cm, bei 32 Pyg-
mäen dagegen 78,8cm. DBerücksichtigt man nur die in der Umgebung
des Sattelberges wohnenden Pygmäen, so stellt sich der Durchschnitt
sogar auf 79,7 cm. Dabei finden sich unter den Pygmäenköpfen in bezug
auf den Längenbreitenindex einige ungewöhnlich hohe Zahlen: 83,1 cm;
83,4 cm; 84,6cm. Wenn man, wo sich im übrigen Lande vereinzelt
Zwergwuchs findet, über die Pygmäennatur (d. h. über Zwergwuchs als
Rassen-Eigentümlichkeit) nicht ganz im Klaren ist, wird man in erster
Linie die Breite des Schädels berücksichtigen müssen.
Ein weiteres Merkmal der Pygmäen ist das kurze, breite Ohr und
das Fehlen des Ohrläppchens, ferner der ungewöhnlich kleine, zierliche
Fuss und die kleine Hand. Durch Demonstration von Gipsabgüssen
konnte Redner dies in augenfälliger Weise erläutern.
Ein weiteres Rassenmerkmal ist, worauf zuerst Prof. v. Luschan an
der Hand der von Neuhauss mitgebrachten Photographien und Gipsab-
güsse aufmerksam machte, die Konvexität der ganzen Oberlippenpartie,
die sich auch bei den afrikanischen Pygmäen findet.
Im Gegensatze zu den afrikanischen Pygmäen, die in dem ungeheuer
grossen Lande in Wälder und Wüsten zurückgedrängt wurden, wo sie
sich in verhältnismässiger Reinheit und mit eigener Sprache erhielten,
sind die Pygmäen in dem kleinen Neuguinea in der übrigen Bevölkerung
vollkommen aufgegangen. Dass wir in einzelnen Gebietsteilen trotzdem
einen ziemlich hohen Prozentsatz ausgeprägter Pygmäen finden (in der
Umgebung des Sattelberges etwa 3 bis 4%), haben wir lediglich der
ausserordentlich grossen Neigung zu Rückschlägen zu verdanken. Ledig-
lich durch diese in ganz Neuguinea vertretene Neigung lässt sich z. B.
auch das häufige Auftreten von schlichtem Haar und das vom Redner am
Huongolf beobachtete Vorkommen von mongolischem Gesichtsschnitt mit
Mongolenfaite erklären.
Dass der Zwergwuchs in Neuguinea eine rein zufällige Erscheinung
sei, muss mit grösster Entschiedenheit in Abrede gestellt werden. Ganz
abgesehen von den oben angeführten spezifischen Merkmalen ist hierbei
auch entscheidend, dass die Pygmäen in Sagen und Erzählungen eine
Rolle spielen.
Ebenso entschieden muss die Ansicht bekämpft werden, dass es sich
bei den Pygmäen generell um Kümmerwuchs handelt. Kümmerwuchs ist
in Neuguinea, zumal im Innenlande, durchaus nicht selten, und es dürfte
wohl besonders das Fehlen von Salz im Innenlande hierbei eine mass-
gebende Rolle spielen. Aber das Endergebnis sind niemals Pygmäen,
sondern Zwerge mit kurzem Rumpf und dünnen, langen Gliedmassen.
Auch dies belegte Redner durch ein drastisches Beispiel aus der grossen
282 Neuhauss:
Zahl der von ihm gefertigten photographischen Aufnahmen. Mit Worten
wird man Zweifler schwer überzeugen. Aber das Bild einer durch
Nahrungsmangel klein gebliebenen Jammergestalt neben dem ebenso
kleinen, kräftigen, gedrungen gebauten Pygmäen muss jeden Zweifel
über die Gründe des Zwergwuchses (auf der einen Seite Nahrungsmangel,
auf der anderen Seite Rasseneigentümlichkeit) ausschliessen.
Im zweiten Teile seines Vortrages sprach Neuhauss über das Haar
des Papua und gab zuerst an der Hand zahlreicher Lichtbilder einen
Überblick über die grosse Verschiedenartigkeit der Haartracht. Vom voll-
ständig rasierten Kopfe des jungen Mädchens bis zur gewaltigen Haar-
perrücke des Warapu- und Sissanu-Mannes wurden im Bilde alle Uber-
gänge vorgeführt. Sehr bemerkenswert sind die bis tief auf den Rücken
herabhängenden Lockensträhnen der Kaiwa (Innenland am Huongolf).
Da es sich um enge Spiralwindungen handelt, so müsste das einzelne
Haar von der Wurzel bis zur Spitze mindestens eine Länge von 2 »n
haben. Redner konnte aber in diesen Strāhnen (ebenso wie in den
grossen Sissanu-Perrücken) niemals Haare entdecken, die länger sind als
20 cm. Das ausfallende Haar bleibt dank der Spiralwindungen und des
überreichlichen Schmutzes an den übrigen Haaren hängen und durch den
stetigen Nachwuchs erhalten die Strähnen und Perrücken schliesslich eine
so ungewöhnliche Länge. Ohne Bilder auf die verschiedenen Haartrachten
näher einzugehen wäre zwecklos. In dem voraussichtlich im Herbste
d. J. erscheinenden Reisewerke werden all diese Dinge abgebildet sein.
Hierauf gine Neuhauss auf die Form und Farbe des Haares über.
Während spiralige Kräuselung der Grundtypus ist, findet man durchaus
nicht selten welliges oder sogar ganz schlichtes Haar, zweifellos als Rück-
schlag auf früher stattgehabte Vermischungen mit schlichthaarigen Rassen.
Wann und mit wem diese Vermischungen stattfanden — niemand weiss
es, und es ist völlig zwecklos, hierüber Theorien aufzustellen, bevor wir
nicht eine weit umfangreichere Materialkenntnis haben. Leider ist die
Neigung zu theoretisieren um so grösser, je geringer die faktischen Kennt-
nisse sind. Redner gesteht ein, dass auch er, als er zwei Monate im
Lande war, alles ganz genau wusste. Als er nach beinahe zweijährigem
Aufenthalte das Land verliess, wusste er, dass er gar nichts weiss.
Noch weit auffallender als die Gestalt des Haares ist die Farbe des-
selben. Für den Theoretiker gilt es natürlich als ausgemacht, dass der
Papua pechschwarzes, spiralig gekräuseltes Negerhaar hat. Das bisher
vorliegende Photographiematerial scheint dies vollständig zu bestätigen.
Das vom Redner aus Neuguinea mitgebrachte Haarmaterial verteilt
sich auf rund 30 ganze Perrücken oder wenigstens umfangreiche Teile
derselben und auf 50 Einzelproben. Während die erste Gruppe durch-
weg von älteren Individuen herstammt, zum mindesten von solchen, welche
die Mannbarkeit längst erreicht haben, wurden bei den 50 Einzelproben
vorwiegend junge Individuen, etwa bis zun 16. Lebensjahre, also bis zum
Eintritt der Geschlechtsreife, berücksichtigt. Dass bei vorrückenden
Jahren das Haar bei allen Menschen stark nachdunkelt, ist eine so be-
kannte Tatsache, dass es sich nicht verlohnt, hierüber ein Wort zu verlieren.
Haar der Papua. | 283
Man muss daher bei Untersuchung der Haarfarbe in bezug auf ihre Verwend-
barkeit als Rassenmerkmal vorwiegend jugendliche Individuen benutzen.
Um nicht arg getäuscht zu werden, ist natürlich die grösste Auf-
merksamkeit auf künstliche Haarfärbung zu richten. In erster Linie
kommt Ausbleichen durch Kalk und durch Meerwasser in Betracht. Was
das Meerwasser anbelangt, so ist Berührung mit demselben bei den zahl-
reichen Haarproben, welche Redner aus dem Innenlande mitbrachte,
gänzlich ausgeschlossen. Auch bei den von der Küste stammenden Haar-
proben hat Ausbleichen durch Meerwasser nicht stattgefunden, denn
einerseits haben, abgesehen von den Bewohnern der Tami-Inseln, viele
Kinder grosse Scheu vor dem Meere, andererseits müsste das durch
Meerwasser ausgebleichte Haar ziemlich gleichmässig hell sein, was, wie
wir später sehen werden, nicht der Fall ist.
Behandlung des Haares mit Kalk ist in Englisch-Neuguinea sehr ver-
breitet, in Deutsch-Neuguinea recht selten. Redner sah während seines
fast zweijährigen Aufenthaltes in Deutsch-Neuguinea niemals einen Papua
mit gekalkten Haaren, ausgenommen einige wenige, aus den britischen
Gebietsteilen stammende Arbeiter. Bei allen Haarproben, die Redner
mitbrachte, ist Kalkbehandlung mit absolutester Sicherheit ausge-
schlossen. Redner hat dıe in Frage kommenden Individuen zum grossen
Teil monatelang vor Augen gehabt; ausserdem wurde in allen Fällen
durch die der Landessprache kundigen Missionare genau nachgeforscht,
ob vielleicht früher Kalkbehandlung stattfand. Übrigens ist die durch
Kalk herbeigeführte Entfärbung unverkennbar: es resultiert hierbei ein
fahles Graugelb, welches himmelweit verschieden ist von dem für junge
Papuas so charakteristischen dunkelen Rotblond.
Von sonstigen Haarfärbungen kommt ausser der Schwarzfärbung, von
der wir später sprechen werden, nur noch das Röteln in Betracht, das zu
irgendwelchen Verwechselungen keine Veranlassung geben kann. Um
jede Spur von Rötel und sonstigem aufgetragenen Schmutz zu entfernen,
hat Redner die von ihm mitgebrachten Haarproben sorgfältig gereinigt.
Wenn ein Haarkundiger die vorgelegten Proben durchmustert, ohne
irgend etwas über deren Herkunft zu wissen, wird er der Sache ziemlich
ratlos gegenüberstehen, auf keinen Fall aber auf Neuguinea schliessen;
am wahrscheinlichsten wird er sie für Proben rotblonder Semiten halten.
Auf das Vorkommen von blondem Haar wies u. a. B. Hagen hin
in seinem Buche „Unter den Papuas“ (Wiesbaden 1899). Auf S. 158
schreibt derselbe in bezug auf das Papuahaar: „Die natürliche Farbe des-
selben war schwarzbraun, doch kam auch blond als Ausnahme vor, und
dass dies natürlich und nicht etwa eine durch die beliebte Kalkeinreibung
hervorgebrachte Erscheinung war, konnte man daraus ersehen, dass auch
das übrige Körperhaar, das nicht mit Kalk behandelt wird, hellblond war.“
In bezug auf die Bismarckinsulaner schreibt dann B. Hagen auf der-
selben Seite: „Das Kopfhaar zeigt häufiger als bei den anderen
Abteilungen ein rötliches Blond.“
B. Hagen kannte aus eigener Anschauung von Neuguinea die Um-
gebung der Astrolabe-Bai. Redner lernte Deutsch-Neuguinea von der
284 | Neuhauss: Haar der Papua
holländischen bis zur englischen Grenze kennen und machte mehrere Vor-
stösse tief in das Innere hinein. Hierbei konnte er feststellen, dass das
Rotblond überall vorkommt, also ein ausgeprägtes Rassenmerkmal ist.
Rotblondes Haar findet sich bei jugendlichen Individuen der Regel
nach nicht gleichmässig über den Kopf verteilt, sondern in zwei Zonen
von Dreiecksform rechts und links vom Scheitel derart angeordnet, dass
die Basis des Dreiecks in der Schläfengegend, die Spitze oben am Hinter-
kopfe liegt. In den übrigen Abschnitten ist das Kopfhaar erheblich
dunkler, aber keineswegs schwarz.
Auch in den hellsten Kopfpartien pflegt längeres Haar in den oberen
Abschnitten wesentlich heller zu sein, als nahe der Kopfhaut.
Neben diesen Zonen mit hellem Haar, welches sich in manchen
Gegenden bei mehr als 50% der heranwachsenden Jugend zeigt, kommt
viel seltener allgemein rotblondes Haar vor. Das Dorf Wasa am Abhange
des Sattelberges, unweit von Finschhafen, ist ein Zentrum für derartige
Behaarung. Hier lebten 1909 mehrere Individuen, alte und junge, mit
durchaus rotblondem Haar. Bei einem vom Redner photographierten
Knaben aus diesem Dorfe ist das hellrotblonde Kopfhaar schlicht und der
ganze Körper ist ınit einem auffallend langen, gelbrötlichen Wollhaar
(Lanugo) bedeckt. Reichliches Vorkommen von rötlichem Wollhaar auf
dem ganzen Körper ist bei Papuakindern sehr verbreitet, aber bei ge-
nanntem Knaben aus dem Dorfe Wasa ist die Entwickelung dieses
Haares derart stark, dass der Knabe aussieht, als wäre er mit einem kurz-
haarigen Pelz bekleidet. Dass dort am Sattelberge auch das Haupt-
zentrum der Pygmäenbevölkerung ist, bleibt vielleicht nur ein zufälliges
Zusammentreffen.
Aus genanntem Dorfe Wasa wurden vor Jahren zwei Frauen an
Jabim unten an der Küste bei Finschhafen verheiratet. Als Nachkommen
dieser Frauen sah Redner zwei Kinder (Geschwister) mit gleichmässig
über den ganzen Kopf verteiltem hellrotblonden Haar und ferner einen
älteren Mann mit rötlichblondem Haupthaar und rotblondem Bart!
Letzteres ist bei den Papuas eine ausserordentliche Seltenheit. Jedenfalls
legen auch diese Fälle Zeugnis dafür ab, mit wie grosser Zähigkeit Rück-
schläge in frühere Generationen bei den Papuas stattfinden.
Einen vollständigen Albino, einen etwa 15jahrigen Knaben, unter-
suchte und photographierte Redner in Bukana am Huongolf. Das Haar
desselben ist ganz pigmentlos.
Häufiger als völlige Albinos sind Individuen, die in Haut und Haaren
einen erheblichen Teil ihres Pigmentes behielten; man wird dieselben am
besten als Halbalbinos bezeichnen. Ihre Hautfarbe entspricht etwa Nr. 2]
der v. Luschanschen Farbentafel. Das gesamte Haar ist hell rotblond.
Betrachtet man gegenüber der Jugendbehaarung das Haar älterer
Individuen, so macht dasselbe, verschwindende Ausnahmen abgerechnet,
allerdings den Eindruck, wie wir das Papuahaar in Bilderbüchern zu sehen
gewohnt sind. Bei genauerem Zusehen ist es aber durchaus nicht tief-
schwarz; vielmehr handelt es sich um ein fahles Braunschwarz. Einen
wie grossen Anteil an dem Gesamteindruck Schmutz, Farbe und sonstige
Zutaten haben, ist nicht immer leicht festzustellen.
Diskussion. 285
Im Anfange seiner Neuguinea-Laufbahn war Redner eines Tages
hocherfreut, endlich den Urtypus des negritischen Papuahaares, ein tiefes
Blauschwarz, gefunden zu haben. Der Mann hatte sich zu einem bevor-
stehenden Tanzvergnügen sein Haar schwarz gefärbt, was bei verliebten
Papua ein sehr beliebtes Verschönerungsmittel ist.
Bei vorrückendem Alter ergraut das Haar und kann schliesslich
schneeweiss werden, bei Männern sowohl wie bei Frauen. Bei Frauen
sind weisse Haare allerdings sehr selten, graue anscheinend auch seltener
wie bei Männern. Bei ihnen ergraut derjenige Streifen, welcher beim
Tragen der Lasten unter dem Kopfbande liegt, wesentlich früher als der
übrige Teil des Kopfes. Da Männer niemals Lasten tragen, so fehlt bei
ihnen diese Erscheinung. Offenbar handelt es sich bei dem frühzeitigen
Ergrauen dieses Streifens um Druckatrophie. Natürlich entspricht dieser
Streifen genau dem Eindruck, den jeder weibliche Papuaschädel zeigt
und der eine unbeabsichtigte, künstliche Schädeldeformation darstellt.
Bei Männern ist Altersglatze recht verbreitet. Allerdings wird die-
selbe der Regel nach durch eine Perrücke oder durch eine Fellmütze
verdeckt. Bei Frauen sah Redner niemals eine ausgesprochene Alters-
glatze; ob dieselbe vorkommt, wagt er nicht zu entscheiden.
Während aus den schönen Untersuchungen von Gustav Fritsch sich
eine grosse Ähnlichkeit ergibt zwischen dem Bau des Haarbodens eines
afrikanischen Negers und demjenigen eines Papua, scheint das häufige
Vorkommen des blonden Elementes bei letzterer Rasse eine unüberbrück-
bare Kluft zu bilden zwischen Afrika und Neuguinea. Vielleicht wird
weitere Forschung auch diese Brücke schlagen helfen. Aber viel Arbeit
muss hier noch geleistet werden, viel ernste Arbeit und recht wenig
reklamehaftes Trommelgerassel, welches jetzt auch in bezug auf Neu-
guinea sich einzubürgern beginnt.
Diskussion.
Hr. Moszkowski: Ich kann Hrn. Neuhauss nur bestätigen, dass
auch ich an der Mündung des Mamberamo und besonders auf Biak, einer
der Schouteninseln, sehr häufig rötliches Haar gefunden habe. Es ist ja
bekannt, dass die Eingeborenen gern ihr Haar mit Kalk und tanah mera
rot färben. In den Fällen aber, von denen ich hier sprechen will, ist
jede künstliche Färbung ausgeschlossen. Die mächtige Mähne, die das
Haupt der Küstenbewohner von Niederländisch-Nordostneuguinea umgibt,
hat in sehr vielen Fällen im durchfallenden Licht einen deutlich rötlichen
Schimmer. Ich habe aber Leute gesehen, deren Haar auch im auffallen-
den Licht deutlich rot war. Sobald ich freilich wirklich ins Innere ge-
kommen bin, d. h. etwa 250 bis 300 km Wasserlinie von der Küste ent--
fernt, habe ich bei vielen hunderten von Eingeborenen, die ich gesehen
habe, immer nur das typische schwarze melanesische Haar gefunden.
Was nun die Pygmäenfrage betrifft, so meine ich, dass wir mit dem
Ausdruck Pygmäen gar nicht vorsichtig genug sein können. Ich glaube,
dass wir nur dann von Pygmäen zu sprechen das Recht haben, wenn in
einem Stamm das Grössenmittel unter 150 cm liegt, nicht aber, wenn
286 Diskussion.
sich in demselben Stamm eine so kleine Minderheit von kleinwiichsigen
Leuten findet, wahrend der Rest von normalem Wuchse ist, besonders
wenn, wie in diesem Falle, .sich die sogenannten Pygmäen in ihrem
sonstigen Habitus gar nicht von ihren Stammesgenossen unterscheiden.
Hr. v. Luschan: Ich würde es nicht für richtig halten, im Sinne von
Hrn. Moszkowski von Pygmäen nur dann zu sprechen, wenn in einem
ganzen Stamm „dass Grössenmittel unter 150 cm liegt“. Das schiene mir
eine gefährliche und schädliche Übertreibung des Prinzips des arith-
metischen Mittels. Eine solche Übertreibung hat doch schon wahrlich oft
genug zu einer vollständigen Verschleierung des tatsächlichen Befundes
geführt. Natürlich mag es Fälle geben, in denen einzelne kleinwüchsige
Leute in irgend einem ganz einheitlichen Stamme einfach an der untersten
Grenze der physiologischen Variationsbreite stehen, aber das scheint mir
für die von Hrn. Neuhauss als Pygmäen entdeckten Kai vollständig
ausgeschlossen und ebenso für eine Anzahl von anderen exzessiv
kleinen Leuten, die uns in den letzten Jahren aus der Südsee bekannt
geworden sind. Ich schliesse mich also der Auffassung von Hrn. Neu-
hauss durchaus an und verweise gleichzeitig auf meine Mitteilungen in
der Sitzung vom 1. Juli 1910, Z. f. E., Bd. 42, p. 939 ff.
Ich glaube also, dass es bei dieser Frage nicht im geringsten auf
irgendwelche Mittelzahlen ankommt, sondern ich denke, dass man von
Pygmäen dann wird reden dürfen, wenn bei einer grösseren Anzahl von
Leuten neben geringer Körperhöhe auch andere Eigenschaften gefunden
werden, die wir bei in sich geschlossenen und einwandfrei anerkannten
Pygmäenstämmen als ihnen typisch zukommend erkannt haben.
Der im Verhältnis zu der geringen Gesamthöhe sehr lange Rumpf,
die an die Proportionen von kleinen Kindern erinnernde extreme Kürze
der unteren Extremitäten, die sehr kurzen und breiten Ohren, das oft
schlecht entwickelte oder ganz fehlende Ohrläppchen, die im Medianprofil
konvexe Bildung der Oberlippe im Bereiche des Philtrums, die flaum-
artige Behaarung des Körpers und ähnliche Erscheinungen würden ja,
wenn sie sich ganz vereinzelt fänden, natürlich auch auf „Zufall“, viel-
leicht auf Konvergenz zu beziehen sein, wenn sie aber nebeneinander bei
einer grösseren Anzahl von ganz kleinen Leuten zur Beobachtung
kommen, ist die Wahrscheinlichkeit, dass es sich um wirkliche Pygmäen
oder um Nachkommen von solchen handelt, doch eine sehr grosse und sie
muss als um so grösser bezeichnet werden, je grösser der Prozentsatz so
beschaffener Leute in einer sonst höher und anders gestalteten Ge-
sellschaft ist.
Neben der Mischung von Rasseneigenschaften wird man eben immer
noch mit dem Gesetz der Entmischung zu rechnen haben und also
Individuen mit mehr oder weniger reinen Rasseneigenschaften auch in
einer somatisch stark und durch viele Generationen vermischten Ge-
sellschaft erwarten können.
Hr. Fritsch: In bezug auf Behaarung, glaube ich, dass wir vor-
läufig noch nicht Rassen diagnosticieren können, sondern nur drei Haar-
von Luschan: Tasmanier. 287
typen unterscheiden, welche auf der Erde geographisch fixierte Herkunfts-
örter angeben. Die Ähnlichkeit der Haare verschiedener Menschenrassen
desselben Haartypus ist oft erstaunlich gross. Namentlich Togoneger,
Buschmann und Papua zeigen ähnlichen Haartypus, sind aber in der
üblichen Bezeichnung nicht als Menschen einer und derselben Rasse zu
bezeichnen.
(6) Hr. v. Luschan:
Zur Stellung der Tasmanier im anthropologischen System.
Zwar sind für den Inhalt der Abhandlungen in dieser Zeitschrift die
Autoren allein verantwortlich, es scheint mir aber doch richtig, die
S. 175ff. des 42. Bandes dieser Zeitschrift abgedruckte Arbeit von
Herbert Basedow „Der Tasmanier-Schädel ein Insular-Typus“ nicht
ganz ohne formellen Widerspruch zu lassen.
Herr Basedow ist ein junger Mann von ausgezeichneten Fähig-
keiten, den ich sehr hochschätze, der sich bereits vielfach um die Völker-
kunde von Neu-Holland verdient gemacht hat und von dem die Ethno-
graphie wohl auch in Zukunft noch viel zu erwarten hat; hingegen ist er
auf dem Gebiete der physischen Anthropologie ein vollständiger Outsider,
so dass seine oben erwähnte anthropologische Arbeit mich zu meinem
aufrichtigen Bedauern an das grosse Werk von G. A. Koeze, Crania
ethnica philippinica, erinnert, über das ich im Zentralblatt für Anthro-
pologie, 1905, 5. 347ff. berichtet habe. Ich habe es damals für meine
Pflicht gehalten, klar und eindeutig den Wunsch auszusprechen, dass Ge-
lehrte, welche sich mit craniometrischen Arbeiten beschäftigen wollen,
sich nicht als Autodidakten an eine solche Sache heranwagen möchten.
Auch die Arbeit von Herrn Basedow würde die grosse und ehrliche
Mühe, die er an sie gewandt hat, sehr viel besser lohnen, wenn er sich
bei seinen Messungen an die alten und bewährten Methoden gehalten
hätte, statt neue Techniken zu ersinnen. So kommt es, dass ein nicht
ganz kleiner Teil seiner Masse nur unter sich, aber nicht mit denen
anderer Autoren zu vergleichen ist.
Den kubischen Inhalt bestimmt er mit Senfkörnern, aber ohne Be-
nutzung von Kontrollschädeln, so dass seine Zahlen naturgemäss nicht ein-
wandfrei sind; ebenso misst er die grösste Länge des Schädels vom
Ophryon (!) bis zu dem in sagittaler Ebene entferntesten Punkte am Oceiput,
also mit Ausschluss der Supraorbital-Wülste; seine Masse erscheinen
dadurch sehr wesentlich kleiner als wie die der anderen Autoren.
Den Winkel zwischen Körper und aufsteigendem Ast des Unterkiefers
misst er, indem er „die Achsen beider auf einer Projektionszeichnung zu
bestimmen sucht.* Dabei erwähnt er ausdrücklich, dass Klaatsch diesen
Winkel messe, indem er eine basale und eine Ramus-Tangente einführe
Dieser „Klaatsch’sche Winkel“ gebe aber nicht den eigentlichen
„Angulus-Winkel“ an, da er abhängig von der Entwicklung der vor-
springenden Punkte sei. Man könnte darüber zweierlei Meinung sein,
ob es nicht vielleicht gerade erst recht auch auf diese vorspringenden
SEL von Luschan:
Punkte ankäme, aber jedenfalls ist dieses alte Verfahren nicht nur seit
Jahrzehnten ganz allgemein verbreitet, sondern auch sehr exakt und
objektiv zuverlässig, während jeder Versuch, Achsen einzuzeichnen, ein
ganz subjektives, schwankendes Element in die Technik einführen würde.
Wie wenig Herr Basedow in anthropologischen Dingen Bescheid
weiss, kann man u. a. daraus ersehen, dass er alle überzähligen Naht-
knochen glattweg als „Epypterica“ (noch dazu mit „y“!) bezeichnet
und in einer eine ganze Seite füllenden Tabelle das Vorkommen solcher
„Epypterica“ in der Kranznaht, in der Pfeilnaht, in der Lambda-Naht —
überhaupt in jeder einzelnen Naht des Schädels zur Darstellung bringt.
Aber es liegt mir unendlich fern, ihm aus dieser Unvertrautheit mit der
Sache einen Vorwurf machen zu wollen! Es schien mir nur nötig, den
Umfang seiner anthropologischen Vorbildung festzustellen, weil die souveräne
Sicherheit, mit der er die Ergebnisse seiner Untersuchung vorbringt,
Unkundige zu täuschen imstande ist. Die Frage aber, um die es sich
handelt, ist an sich so wichtig, dass es nicht gleichgültig ist, wenn Ver-
mutungen als Tatsachen hingestellt werden.
B. vergleicht im ganzen 126 Schädel von Australiern und 36 von
Tasmaniern und kommt zu dem Schlusse, dass der Tasmanier ursprünglich
„ein echter Australier-Typus“ gewesen sei; „dieses geht unwiderleglich
aus den vorhergehenden anthropologischen Betrachtungen hervor, aber
auch ethnologisch, geologisch und geographisch findet man diese Annahme
nur bestätigt. Auf welchen Umwegen müsste melanesisches, polynesisches
oder gar negroides Element gerade nach Tasmanien gelangt sein.“ Weiter
heisst es am Schlusse der Arbeit: „Das interessante (aber jedenfalls nicht
gegen die Gesetze der Natur strebende) des Tasmaniers ist, dass er gleich
anthropologisch wie ethnologisch-kulturell betrachtet, durch die Abtrennung
Tasmaniens vom Festland in einer so verhältnismässig kurzen geologischen
Periode, sich durch seine Abkapselung einige oberflächliche Charakteristika
erworben hat, die zu den verschiedensten Hypothesen schon Veranlassung
gegeben haben. Der Tasmanier war ein insularer „Typus des echten
Australiers.“
Wie das aber zugehen konnte, wie durch die Abtrennung Tasmaniens
vom Festland die Schädel breiter und die Haare krauser geworden sein sollen,
wird freilich nicht gesagt. An sich scheint mir eine derartige Beeinflussung
fixierter Typen durch die Umwelt in hohem Grade unwahrscheinlich; aber
es gibt ja auch Autoren, die annehmen, dass der Aufenthalt im Gebirge
die Schädel kurz, breit und hoch machen könne.
Inzwischen bin ich persönlich der Ansicht, dass die Tasmanier echte
Melanesier waren und dass man sie mit anderen Melanesiern vergleichen
müsste, nicht mit Australiern. Dies scheint mir sowohl aus der Betrachtung
der Schädel als auch aus dem Studium der Haare zwingend hervorzugehen.
Gewiss kann ab und zu einmal auch australisches Haar, sei es durch
melanesische Blutmischung, sei es im Bereiche physiologischer Variations-
breite, etwas stark gekräuselt erscheinen — aber es wird niemals jene
spiralen Locken zeigen, die für das Melanesierhaar und für das der
Tasmanier so überaus charakteristisch sind.
Tasmanier. 289
Natürlich wird man dabei immer im Auge behalten müssen, dass
Neu-Holländer und Melanesier irgendwie zusammengehören und von ge-
aneinsamen Voreltern abstammen. Was sie jetzt trennt, beruht jeder
Wahrscheinlichkeit nach auf späten Eirrwerbungen. Gegenwärtig steht
freilich nicht mit voller Sicherheit fest, wie die gemeinsame Stammform
beschaffen war. Wegen der Ähnlichkeit der Australier mit den dunklen
Südostasiaten (Toala, Wäddah, viele Inder usw.) ist allerdings mit einiger
Wahrscheinlichkeit anzunehmen, dass die australische Form die ältere, die
melanesische die jüngere ist. Wo, wann und unter welchen Einflüssen
die jedenfalls sehr lange Zeiträume bedingende Umformung vor sich ge-
gangen ist, wird vielleicht mit zunehmender Einsicht in die tatsächlichen
Verhältnisse der Gegenwart einstmals noch erschlossen werden können,
ist aber heute noch unbekannt.
Ich denke an die Möglichkeit, dass die spirale Haarform zuerst bei
Pygmäen entstanden ist und vielleicht sogar irgendwie mechanisch mit
dem Zwergwuchs zusammenhängt. Einmal entstanden, würde sie dann
auch, durch Blutmischung mehr oder weniger abgeschwächt, auf andere
Gruppen übergegangen sein. In solcher Art könnte man vielleicht be-
greifen, dass die Haare der Melanesier häufig um so weniger spiralgerollt
sind oder um einen um so grösseren Radius spiralgerollt erscheinen, je
weiter sich diese Leute auch sonst von dem allgemeinen Typus der
Pygmäen entfernen.
Vermutlich wird es aber zunächst der vergleichenden Sprach-
forschung beschieden sein, Licht in diese jetzt noch sehr dunklen Zu-
sammenhänge zu werfen. Gerade deshalb aber scheint es mir jetzt
doppelt nötig, auf dem Gebiete der physischen Anthropologie keine
schiefen Meinungen aufkommen zu lassen. Ich bin unendlich weit davon
entfernt, mich für uffehlbar zu halten, aber es scheint mir in hohem
Grade gefährlich, gerade jetzt, wo die Linguisten anfangen, sich mit den
uns überkommenen Sprachresten der Tasmanier ernsthaft zu beschäftigen,
in einer anthropologischen Arbeit den Zusammenhang der Tasmanier mit
den Australiern als gesichert hinzustellen, ohne dabei auf die grosse
Masse der anderen dunklen Oceanier mit krausem und spiralgerolltem
Haar Rücksicht zu nehmen.
Ich bin im übrigen voll Bewunderung für Herrn Basedow und
schätze ihn wegen seiner ethnographischen Arbeiten und wegen seiner
jugendfrischen Energie. Ich weiss auch, dass ihm so gut wie irgend
jemandem allein nur an der Feststellung von Tatsachen und an der best-
möglichen Erforschung der grossen und kleinen Zusammenhänge gelegen
ist. Ich hoffe deshalb auch, dass er es mir nicht persönlich übel nehmen
‘wird, wenn ich meinen sachlichen Bedenken gegen seine anthropologische
‚Arbeit schroffen Ausdruck zu geben für meine Pflicht gehalten habe.
Diese Arbeit halte ich für eine Entgleisung, aber für eine Entgleisung,
wie sie auch dem intelligentesten Forscher nicht erspart bleiben kann,
wenn er sich mit unzureichenden Mitteln auf ein ihm fremdes und noch
“dazu so schwieriges Gebiet wagt.
Zeitschrift für Ethnologie. Jahrg. 1911. Heft 2, 19
Sitzung vom 25. Marz 191l.
Vortriige:
Hr. Augustin Krämer-Bannow: Die Hamburger Siidsee-Expedition 1909/10
nach den Karolinen. Mit Lichtbildern und kinematographischen Vor-
führungen.
Hr. K. Th. Preuss: Die Opferblutschale der alten Mexikaner, erläutert durch
die heutigen Cora-Indianer. Mit Lichtbildern.
Vorsitzender: Hr. Hans Virchow.
(1) Die Gesellschaft hat 2 Mitglieder durch den Tod verloren: den
ordentlichen Honorarprofessor an der Universität Berlin, Herrn Geh. Med.-
Rat Professor Dr. A. Lucae, Mitglied seit 1883, und den Kustos bei den
Königl. Museen, Herrn Dr. L. Messerschmidt, Mitglied seit 1903. `
(2) Neue Mitglieder:
Hr. stud. phil. Senekerim ter Akopians Gumuch-Khane z. Zt.
in Berlin.
Hr. Landrichter Dr. jur. Andree, Berlin.
Hr. cand. med. Ferd. Berna, Berlin.
Hr. Byron Cummings, Dean of School of Arts and Sciences an der
University of Utah, z. Zt. in Steglitz.
Hr. Dr. Gähde, Stabsarzt an der Kaiser Wilhelms-Akademie in Berlin.
Hr. Dr. Paul Grabley, Chefarzt des Sanatoriums Woltersdorfer
Schleuse.
lir. Dr. A. Gunsett, Arzt in Strassburg i. E.
Frl. Anıta Kocherthaler, Berlin.
Fr. Reg.-Baumeister R. Malachowski, Charlottenburg.
Hr. Dr. Alfred Schirmer, Zahnarzt, Berlin.
Hr. Dr. ing. W. Schöppe, Berlin.
Fr. Spiegelberg, Berlin.
Hr. Dr. Hermann Steudel, a.o. Professor der Physiologie, Char-
lottenburg.
Hr. Postinspektor Dr. Schramm, Karlshorst.
Hr. Dr. Fritz Wolff, Stabsarzt an der Kaiser-Wilhelms-Akademie
in Berlin.
Hr. Professor H. Ziemann, Chefarzt in der Schutztruppe für Ka-
merun.
Sitzung vom 25, März. 291
(3) Von Herrn Professor Romiti in Pisa ist ein Dankschreiben ein-
gelaufen für seine Ernennung zum Korrespondierenden Mitgliede.
(4) Manuskripte sind eingegangen von Hrn. Carl Seyffert: Die
Ausrüstung eines Elefantenjägers der Baia nebst einigen Bemerkungen
über die Elefantenjagd in Kamerun (abgedruckt S. 91 bis 113); von Hrn.
Karutz: Über Kinderspielzeug (abgedruckt S. 237 bis 239).
(5) Die Einladung zur diesjährigen (42.) Versammlung der Deutschen
Anthropologischen Gesellschaft, welche zugleich die 5. gemeinsame Ver-
sammlung der Deutschen und Wiener Anthropologischen Gesellschaft,
sein wird, ist eingegangen. Dieselbe wird vom 6. bis 9. August zu
Heilbronn stattfinden und wird mit dem Besuch von Stuttgart und Tübingen
und mit Ausflügen nach der Schwäbischen Alb vom 10. bis 15. August
verbunden sein.
(6) Am 14. März hat eine Sondervorstellung der in Castans Panop-
tikum weilenden Samoaner-Truppe für die Mitglieder der Anthropologischen
Gesellschaft stattgefunden. Dieselbe war vorbereitet und von Erläuterungen
begleitet durch Herrn Professor Krämer. Das Nationalgetrink Kawa
wurde von einem der Mädchen hergestellt und den Gästen dargeboten;
darauf wurden mehrere Tänze mit Gesangsbegleitung vorgeführt.
(7) Vor der Tagesordnung berichtet Hr. Hans Virchow über das
Ergebnis der Untersuchung der einen Mamma des in der Sitzung vom
18. Februar besprochenen Zwitters (s. S. 140). Die Brustgegend war
flach und der Fettkörper nicht voluminöser, als er sich an männlichen
Brüsten findet. An Stelle des Drüsenkörpers fand sich nur eine schlecht
abgegrenzte Bindegewebsmasse von 10 mm Durchmesser. Auch die
Warze ist nicht grösser, als man sie an männlichen Brüsten findet. Es
liegen also keine Anhaltspunkte vor, um dieser Mamma die Merkmale
einer weiblichen zuzusprechen.
(8)Hr.Klaatsch:Gegenüber der abfälligen Kritik die Hr. von Luschan
an der Arbeit meines Schülers und Freundes Dr. H. Basedow geübt hat,
halte ich mich für verpflichtet, hier öffentlich auszusprechen, dass die
Redaktion der Zeitschrift für Ethnologie auf meine Empfehlung und Ver-
antwortung hin die betreffende Publikation aufgenommen hat. Zur Klar-
stellung des Tatbestandes sei hervorgehoben, dass Dr. Basedow während
seines dreijährigen Aufenthaltes in Deutschland drei Semester hindurch
in Breslau Medizin studiert hat und in dieser Zeit mein Zuhörer und
Schüler war, dass er aber die betreffende Arbeit sich selbständig bezüglich
des Themas gestellt und unabhängig von mir ausgeführt hat. Dies erhellt
ja deutlich aus den beträchtlichen Abweichungen in manchen Punkten der
Methodik von meinen Prinzipien. Ich denke in diesen Dingen sehr liberal
und habe ihm die ganz bewussten (keineswegs aus Autodidaktentum ent-
springenden) Abweichungen ebensowenig verargt, wie seine vom nationalen
Standpunkt aus verständliche Anlehnung an die Methoden englischer
19*
292 Klaatsch: Bemerkung zur anthropologischen Fachsitzung.
Craniologen. Meine Aufgabe erkannte ich lediglich darin, seine mir über-
sandten Niederschriften zu kritisieren und ihn möglichst vor „Eutgleisun-
gen“ zu schützen. Dass ich diese Kritik sehr scharf angewendet habe,
wird Basedow mir gern zugestehen; er hat auf meine Veranlassung
manchen Passus der ursprünglichen Abfassung bedeutend geändert, manchen
ganz fortgelassen. Die letzte Niederschrift konnte ich nicht mehr einsehen,
da Herrn Basedow sehr viel an schnellem Abdruck lag, aus äusseren
Gründen. Auf seine Versicherung, dass er die von mir monierten Punkte
geändert habe, glaubte ich berechtigt zu sein, die Arbeit zur Aufnahme
in die Zeitschrift zu empfehlen, da ich die gründliche Sicherung tatsäch-
lichen Materials als Garantie für den Wert dieser fleissigen Untersuchung
ansehen konnte, ganz abgesehen von den persönlichen Meinungen und der
Fassung der Ergebnisse, die zum Teil nur eine Bestätigung der Ansichten
früherer Autoren und auch der von mir schon längst vorgetragenen An-
schauungen waren.
Auf Meinungsdifferenzen beruht ja der Fortschritt der Wissenschaft,
und aus solchen ergibt sich noch kein Anlass zu einer so schroffen Ab-
urteilung, wie sie Herr von Luschan im Interesse der Sache für seine
Pflicht zu halten scheint. Über den Wert der Linguistik für die Anthro-
pologie kann man wahrhaftig recht verschiedener Meinung sein und die
Theorie des Zusammenhangs von „spiraler Haarform“ mit Pygmäentum
in ihrer Bedeutung für die Anthropologie der Tasmanier bedarf einer
Begründung, auf die man recht gespannt sein darf. Jedoch will ich in
der Erwiderung bezüglich des Themas selbst meinem Freunde Basedow
nicht vorgreifen, dem es ja an Selbständigkeit und Energie auch darin
nicht fehlen wird. Ich muss nur meinen Freund schützen vor dem falschen
Eindruck, den vielleicht der Passus in der Kritik des Herrn von Luschan
bezüglich der „Epypterica“ bei solchen, die Basedows Arbeit nicht kennen,
hervorrufen könnte.
Eine genauere Prüfung der betreffenden Stelle in der Publikation
von Basedow, pag. 191, zeigt ohne weiteres, dass hier lediglich ein
Lapsus der Feder und ein Druckfehler vorliegt. Den Ausdruck „Epyp-
terica braucht Basedow nur einmal, sonst spricht er immer von Schalt-
knochen. An der betreffenden Stelle soll es scheinbar heissen „von Epip-
terica und anderen Schaltknochen*. Denn dass ihm die Bedeutung des
betreffenden Wortes ganz genau bekannt war, geht aus der Stelle auf der
vorhergehenden Seite 190 hervor, wo er von den Schaltknochen sagt:
„Am häufigsten treten sie in der Lambdoidea und am Alisphenoid“
usw. „auf“, und bei dem Worte Alisphenoid die Anmerkung macht „am
sogenannten Pterion Brocas“.
Die Tabelle, auf der er pag. 192 eine Übersicht über die Schalt-
knochen gibt, trägt keine Überschrift, und nirgends findet sich eine Stelle,
die eine Auslegung in dem Sinne gestattete, dass Basedow Schaltknochen
in der Kranznaht, Pfeilnaht oder Lambda-Naht als „Epypterica“ bezeichne’).
1) Dr. Basedow hat in Breslau seinen philosophischen, in Göttingen seinen
medizinischen Doktor gemacht; die anthropologische Gesellschaft in Göttingen hat
Preuss: Mexikanische Opferblutschale. 293
(9) Hr. Aug. Krämer hält den angekündigten Vortrag:
Die Hamburger Südsee-Expedition 1909/10 nach den Karolinen.
(10) Hr. K. Th. Preuss hält den angekündigten Vortrag
Die Opferblutschale der alten Mexikaner erläutert nach den Angaben
der Cora-Indianer.
Wenn man einen Volksstamm verstehen will, so ist die altbewährte
philologische Forschungsmethode die, möglichst viel und möglichst
gesicherte Tatsachen über das Volk zusammenzubringen und sie zu-
einander in Beziehung zu setzen. Das muss selbstverständlich auch in der
Völkerkunde die grundlegende Methode bleiben. Nur ist es gerade der
Völkerkunde besonders eindringlich geworden, dass vieles gewandert und
daher nur lose mit dem Kulturgut des betreffenden Stammes verknüpft
sein kann. Durch eine solche Überlegung wird leicht ein unberechtigter
Pessimismus hervorgerufen, der für die Forschung üble Folgen zeitigen
kann. Denn man könnte nun den Schwerpunkt der Forschung mit schein-
barem Recht in die Vergleichung legen, und auf diese Weise würde der
Mangel an eingehenden Nachrichten, der sich so wie so in der Völker-
kunde fast bei jedem einzelnen Volksstamme bemerkbar macht, weniger
fühlbar werden. Man würde weniger danach streben, diesem Mangel ab-
zuhelfen, bis ein allgemeiner Zusammenbruch des ethnologischen Baues
zu spät den unzureichenden Unterbau erkennen lässt.
Diesem in die Ferne schweifenden Pessimismus, der in Ermangelung
exakter Forschung auf kleinem Gebiet sensationelle Zusammenhänge
zwischen weit entlegenen Ländern und Völkern aufzuweisen sucht, soll
hier an einem Beispiel gezeigt werden, eine wie geheimnisvolle Durch-
dringung von Kulturelementen zwischen nahe wohnenden Völkern festzu-
stellen ist, wenn eingehende Studien vorliegen, und wie ein solches In-
einandergreifen von Kulturelementen die beste Gewähr dafür bietet, dass
kompakte Kultureinheiten bestehen, die sich in der Weise nicht in der
Welt wiederholen. Mögen nun auch genug Erscheinungen übrig bleiben,
die sich aus einem solchen Kulturkreis nicht erklären lassen, so fordert
es doch die besonnene Forschung, dass wir ihnen erst in zweiter Linie
unsere Aufmerksamkeit widmen. Wir dürfen allenfalls ihrer psychologi-
schen Eigenart durch Vergleichung nachgehen, um dadurch Fingerzeige
für die Möglichkeit der Entwicklung innerhalb des betreffenden Kultur-
kreises zu gewinnen, wir dürfen sie aber nicht als Beweise von Wande-
rungen nehmen, gewissermassen als Kristallisationskerne für die weitere
Forschung überhaupt. Selbst wenn wir der Meinung wären, dass die
Ähnlichkeit durch Wanderung zu erklären ist, dürfen wir das nicht. Es
würde chronisches Siechtum des noch so unscheinbaren Pflänzchens
ihn zum korrespondierenden Mitglied ernannt. Nach neuester brieflicher Mitteilung
von Anfang Mai ist Dr. Basedow nun zum Chief-Protector und Chief Medical-
Inspector der gesamten Eingeborenen Australiens ernannt worden, eine Stellung,
die nicht von einer der Kolonien, sondern vom gesamten Commonwealth geschaffen
worden ist. |
994 Preuss:
„Ethnologie“ zur Folge haben. Bewahre uns daher der Himmel vor den
Vergleichern, namentlich vor denen, die nur vergleichen: Ohne ein ganz
allmahliches, viele Menschenalter erforderndes Vorriicken von Kulturkreis
zu Kulturkreis lassen sich dauernde Ergebnisse nicht schaffen, sondern
nur Meinungen, die der Mode unterworfen sind, und die der Diskussion
nur deshalb bedürfen, um die in dieser Methode der Ethnologie drohende
Gefahr vor Augen zu führen.
Der mexikanische Kulturkreis, auf den ich hier zu sprechen kommen
will, ist keineswegs ein feststehender, in seinen Grenzen und Aus-
strahlungen bestimmter Bezirk, sondern ein unbestimmtes Gebiet mit
handgreiflichen Kulturbeziehungen, die an die alten Mexikaner als den
am besten bekannten Teil angegliedert werden. Zu diesem Kulturkreis
gehören eine Menge sprachlich völlig fremder Völker, ausser den Nahua-
Stämmen z. B. die Tarasca, Zapoteken, Mixteken und Maya. Aber wir
sehen bei ihnen denselben Kalender, wir sehen ähnliche Gottheiten und
Feste. Die Federschlange ‚Quetzalcouatl reicht als Kukulcan und Kucu-
matz weit ins Mayagebiet hinein und gleich ihr die merkwürdige Sage
von Tollan, Tezcatlipoca findet sich als Hurakan in den Quichemythen.
Selbst solche merkwürdigen Sitten wie das Hautabziehen der Opfer, wie
es an mexikanischen Festen geübt wurde, und das Bekleiden anderer
mit der abgezogenen Haut wurde nach der Relacion de Michoacan unter
den Tarasca geübt!). Auch auf dem Gebiet der Soziologie, der Kunst
und Gerätekunde finden sich viele Übereinstimmungen. Leider liegen
aber über alle diese Völker mit Ausnahme der Mexikaner so wenig Nach-
richten vor, dass nirgends klar zu erkennen ist, wie weit die Überein-
stimmungen und wie weit die Verschiedenheiten reichen. Selbst in der
Religion fehlt auch im Maya-Gebiet so sehr mythisches Material, dass
ein Verständnis für die Götterwelt nicht gewonnen werden kann. Sogar
den eingehenden Untersuchungen Tozzers über die Religion des Maya-
volkes der Lacandone?) fehlen die Mythen, für die auch in dem übrigen
Zentralamerika wenig neues Material zu erwarten ist, da es besonders viel
Zeit erfordert, die Mythen in den Ursprachen zu erhalten.
Die einzigen Stämme, die heute eingehend studiert sind und am
ersten mit den Mexikanern, namentlich in religiöser Beziehung, verglichen
werden können, sind die Cora und Huichol im Territorium Tepie und
dem Staate Guadalajara in der Sierra Madre occidental, deren Sprachen
unter sich verwandt sind und auch mit der Nahua-Sprache in entfernter
Verwandtschaft stehen. Schon vor einem Jahre hatte ich die Ehre, hier
über die Übereinstimmung der religiösen Anschauungen dieser Stämme mit
denen der alten Mexikanern zu berichten®). Auf jene Ausführungen wird
hier der Kürze halber mehrfach Bezug genommen werden. Ferner ist die
Übereinstimmung eines der Feste der Cora, des Festes des Erwachens
—
1) Relacion de la Provincia de Michuacan Morelia S. 292
2) Tozzer A Comparative Study of the Mayas and the Lacandones.
New York 1907.
3) Zeitschr. f. Ethnol. 1910 S. 793.
a re ve e,
Mexikanische Opferblutschale. 295
(xisireame)!) mit den altmexikanischen Festen des kleinen und grossen
Wachens (tocoztontli und ueitocoztli) auf dem XVI. Amerikanisten-Kon-
gresse zu Wien von mir nachgewiesen’). Heute will ich an einem kon-
kreten Beispiel zeigen, dass nicht nur eine äusserliche Überein-
stimmung besteht, wie sie durch Übertragung zustande kommen kann,
sondern eine Übereinstimmung in den Grundlagen des Denkens, die
schwerlich übernommen sein kann, sondern eher einer Urverwandtschaft
zugeschrieben werden muss. Der sogenannten Opferblutschale (quauhxicalli)
der Mexikaner entspricht nämlich einerseits die auf dem Festaltar der Cora
stehende Kürbisschale in der Darstellung, die sie im Innern enthält,
andererseits erklären die Erläuterungen, die die Cora mir dazu gaben,
Abb. 1. Opferblutschale (quauhxicalli) der Mexikaner aus poliertem Stein,
von oben gesehen. Königl. Museum für Völkerkunde, Berlin IV Ca 1.
Etwa !/, nat. Grösse.
und die in allen Einzelheiten im Anschauungskreise der Mexikaner liegen,
auch die Bedeutung der Figur in der Opferblutschale.
Über diese ist bereits von Eduard Seler an zwei Stellen in seinen
Gesammelten Abhandlungen I S. 704 und 712 gehandelt worden, aus denen
ich das Folgende wiederhole: es stellt z. B. in der kostbaren Steinschale des
Berliner Museums der obere Rand ausgerissene Herzen plastisch dar, die
Aussenseite Adlerfedern, das Innere das Bild der Sonne mit dem Zeichen
der Sonne 4 olin (oder auch olin allein vgl. Abb. 3d), die Unterseite die
sogenannte Erdkröte, d.h. ein hockendes Ungeheuer, das auf den Hinter-
1) x=ch in ach, x=chinich, 5=sch, v=w in Wasser, w = englisch w, au
bezeichnet den Diphtong, eine „ unter einem Vokal bezeichnet die flüchtige Aus-
sprache, ’ ist der dynamische Akzent, ‘ der Saltillo.
2) Verhandlungen S. 489.
996 Preuss:
beinen kauert, dem Beschauer den Riicken zukehrt und den weit zuriick-
gebogenen Rachen aufsperrt, in dem ein Opfermesser steckt. Es ist die
Personifikation der Erde (Abb. 1). In diese Opferblutschale wurde das
Herz gelegt, nachdem es zur Sonne emporgehoben wear"), Die ent-
sprechende Kürbisschale der Cora wird heute überhaupt nicht zur Auf-
nahme blutiger Opfer gebraucht, sondern enthält ausser einer Darstellung
aus Wachsstreifen, in die Glasperlen gedrückt sind und einer Art Guirlande
ringsherum (Abb. 2) auf der Innenseite ungesponnene Baumwolle, die
Wolken und Wasser bedeutet, Blumen und anderes. Doch wird berichtet,
dass bei der Eroberung des Cora-Landes 1722 ein mit dem Bilde der
d
>.. O05 è A 8
EM:
Abb.2. Kürbisschale (tuša) auf dem Altar der Cora des Dorfes Jesus Maria,
von oben gesehen. Berliner Museum. Etwa !/, nat. Gr.
Sonne geschmücktes Steingefäss aus dem Hauptheiligtum auf der Mesa de
Nayarit nach Mexiko gebracht sei, und dieser Schale sei monatlich ein
Kind geopfert worden?). Ob Menschenopfer früher vorgekommen sind,
kann heute nicht mehr festgestellt werden. Die Menschenopfer in Mexiko
stellten die Götter selbst dar, und bei den Huichol werden noch heute
Hirsche in Vertretung der Götter geopfert, so dass die Ideen, die zu der
Opferung führten, dieselben sind. Jedenfalls aber glaube ich, dass die
erwähnte Steinschale mit dem Bilde der Sonne das Prototyp der heutigen
1) Wie das Herausreissen des Herzens mit Hilfe eines Steinmessers anatomisch
vor sich ging, ist jüngst von L. Pfeiffer in Weimar nach praktischen Versuchen
überzeugend dargelegt worden, Korrespondenz-Blätter des Allgemeinen ärztlichen
Vereins von Thüringen 1911.
2) „Gaceta de Mexico“ Nr.2 Februar 1722 bei Seler, Gesammelte Abhand-
lungen III, S. 355.
Mexikanische Opferblutschale. 297
Kirbisschale auf dem Altar war, denn wir werden sehen, dass auch das
Gebilde innerhalb der Schale ebenso als Sonne bzw. Lichthimmel mit
dem Olin-Zeichen darin aufzufassen ist, wie die Darstellung in der alt-
mexikanischen Opferblutschale.
Die Zeichnung der Altarschale scheint nicht in allen Dérfern bzw.
Ranchos dieselbe zu sein — denn auch die Ranchos haben ihre eigenen
Feste, soweit noch der Hausherr die Gesänge kann oder sich ein anderer
Sänger für das Fest gewinnen lässt. Sehen durfte ich die Schale nicht,
aber der Häuptling (gobernador) von Jesus Maria Matias Canare fertigte
mir eine Nachbildung (Abb. 2) und der Cora Jacinto Silverio entwarf eine
Zeichnung davon (Abb. 3a). Alle Cora aber waren darüber einig, dass
die Kürbisschale den Festplatz und zugleich die Welt bedeute. Jacinto
Silverio gab auch Parallelerklärungen, indem er bei jedem Teil auf die
Welt und den Festplatz Bezug nahm. Ich reihe sie nebeneinander auf:
Die Welt.
1. Der Rand der Welt bzw. die
ganze Welt oder ihre Gestalt.
Der Festplatz.
1. Der Rand des Festplatzes bzw.
die ganze Kürbisschale, die die
Welt bedeutet.
Man tanzt zwischen dem Ende
der Welt und der Mauer der
Götter, zwischen dem Sänger und
dem Altar.
2. Die zwölf Bögen dienen den | 2.
Göttern als Mauer nahe dem
Ende oder Rande der Welt.
3. Die vier Weltrichtungen, der | 3.
Aufenthaltsort der Götter.
Die zwölf Alten, soviel wie die
ersten Bewohner der Welt.
Der Mittelpunkt der Welt, wo
unser Vater, die Sonne, wohnt.
Die vier Richtungen des Fest-
platzes, wo die Götter wohnen
und die Huldigungen von seiten
ihrer Söhne empfangen.
. Die Alten des Dorfes, der Dorf-
häuptling mit den Angesehensten.
. Das Feuer, das die Sonne dar-
stellt und den Mittelpunkt des
Platzes anzeigt.
Dazu ist zu bemerken, dass in Wirklichkeit die Leiter der Zere-
monien, die „Alten und Denker“ (ivaxsi timuakas) um das Mittelfeuer
sitzen, jedoch nicht gerade in der Zahl von zwölf, dass davor mit dem
Gesicht nach Osten sich der Sänger befindet und ganz im Osten der Altar
steht, der nach dieser Beschreibung und ebenso nach den Gesängen und
Angaben den östlichen Rand der Welt bilde. Denn zwischen dem
Sänger und dem Altar, zwischen den zwölf Bögen, der „Mauer der Götter“
und dem Rande der Welt geht der Tanz vor sich, der die Hauptzeremonie
bildet und sich unmittelbar um das Feuer und den Sänger bewegt.
Die Erklärungen des Matias Canare zu seiner Nachbildung der Dar-
stellung in der Kürbisschale aus Perlen auf Wachs (Abb. 2 und 3b)
nahmen dagegen auf die Bedeutung als Festplatz gar nicht Bezug, obwohl
er sie auch als Festplatz hinstellte. Es ist ein Weltbild, in dem die vier
dargestellten Richtungen Osten (1—3), Westen (4—6), die Unterwelt
(7—9) und den Himmel (10-12) bezeichnen sollen, und zwar liegt, wenn
298 Preuss:
Sen CDS
O)
ARC
| e
diy
Iw
j
Abb. 3. Darstellungen in Schalen der Cora (ab) und in Opferblutschalen der
Mexikaner (cde) a) Nach einer Zeichnung von Jacinto Silverio. b) Schema aus
Abb. 1. c) Der sogenannte Kalenderstein des Museo Nacional de Mexico, nach
Photographie. d) Wiener Hofmuseum, nach Seler, Abhandlungen II, S. 713,
Abb. 2. e) Museo Nacional, Mexico nach-Peñafiel) Monumentos II p. 305.
Mexikanische Opferblutschale. 299
wir Osten nach unserer Gewohnheit nach rechts orientieren, Westen links,
die Unterwelt am oberen Rande und der Himmel am unteren. Die diese
vier Richtungen teilenden, am Ende gegabelten Stränge werden nicht als
besondere Richtungen, sondern als Blumen bezeichnet, die zu je einem
der in den gezeichneten vier Weltrichtungen wohnenden Götter gehören.
Auch werden die „Blumen“ nicht fortlaufend der nächstliegenden Richtungs-
gottheit zugeteilt, sondern die zu beiden Seiten des Westens liegenden
zweiteilig gegabelten „Blumen“ gehören dem Osten (13) und dem Westen
(14), die zu beiden Seiten des Ostens gelegenen „Blumen“ mit je vier
Enden gehören ihrer Lage entsprechend der Unterwelt (15) und dem
Himmel (16).
Matias Canare bezeichnete die Richtungen nicht mit ihren Namen,
sondern mit den Namen der Götter, die in ihnen wohnen. Es sind Tahas
„unser älterer Bruder“, der Morgenstern (Osten), Tatex Näsisa „unsere
Mutter der Mais“, zugleich Erd- und Mondgöttin, deren Wohnsitz stets
im Westen angegeben wird, Tatex tahete vakan „unsere Mutter, die unter
uns (d. h. in der Unterwelt) lebt“ und Tayáu „unser Vater die Sonne
(Himmel). In der Mitte aber ist der Aufenthalt von Tatéx „unserer
Mutter“, worunter in den Gesängen stets die mit Näsisa identische Erd-
und Mondgöttin zu verstehen ist. Wie die Blumen (Susu) den vier ge-
nannten Richtungsgottheiten zugeschrieben werden, so beziehen sich die
Deutungen der Einzelheiten in den vier Weltgegenden ebenfalls nur auf
ihre Person. Die auslaufenden Perlenschnüre 1, 4, 7, 10 sind ent-
sprechend ihre Wege (huye), auf denen sie wandeln, z. B. tahäs huyarä
usw. Beim Sonnengott sagte Matias statt dessen tayau wikäxra „unser
Vater steigt herab“. Die schräge zu jedem Wege gerichteten beiden
Perlenketten (2, 5, 8, 11) sind die Hände bzw. Arme der Gottheiten:
tahas moaxkara usw. Die gebogenen Figuren, von denen die „Wege“
und „Arme“ ausgehen, sind die „Kronen“ der Gottheiten: tahas kuruneara
usw. Auf ihnen ist je etwas ungesponnene Baumwolle nebst Federchen
des Amazonenpapageis (Amazona autumnalis) aufgeklebt, die zusammen
Mais bedeuten. Endlich sind die sechzehn Perlenbögen anı Rande, deren
Zahl aber vom Verfertiger willkürlich gewählt sein soll, „der Aufenthalt
der Haustiere und Menschen“.
Besonders interessant ist auf diesen Bögen die Reihenfolge der auf-
geklebten Perlen. Es müssen nämlich auf jedem Bogen die Farben rot,
grün, blau, gelb, schwarz und weiss aufeinander folgen, und diese Farben
müssen überhaupt in der Darstellung der Kürbisschale vorhanden sein.
Man wird daher nicht in der Annahme fehlgehen, dass diese sechs Farben
den sechs Richtungen entsprechen sollen und zwar der gewöhnlichen
Reihenfolge der Richtungen in den Gesängen: Osten (rot), Westen (grün),
Norden (blau), Süden (gelb), unten (schwarz), oben (weiss). DBerück-
sichtigt man die strikte Einhaltung der Sechszahl in bezug auf die Perlen-
farben der Bögen, wo die genaue Aufeinanderfolge doch ganz gleichgültig
sein müsste, so ist man geneigt, Jacinto Silverios Zwölfzahl der Bögen und
die Zwölfzahl der Alten, die ums Feuer sitzen, davon abzuleiten.
300 Preuss:
Dass einmal die Sonne bzw. das Feuer, das andere Mal die Erd-
und Mondgöttin Tatéx im Mittelpunkt der Welt angegeben ist, entspricht
ganz den mexikanischen Verhältnissen, die ich vor einem Jahre hier aus-
einandergesetzt habe (a.a.0.). Die Sonne hat den Beinamen Adler
(Kuölreabe), der eigentlich der Lichthimmel ist. Und von diesem er-
zählen die Cora, dass er bei Sonnenuntergang, wenn das Feuer auf dem
Festplatz entzündet wird, als das Feuer erscheint, nackt und noch nicht
fliigge, dass ihm dann gegen Morgen die Federn wachsen und er mit dem
Anbruch des Tages gen Himmel fliegt. Die Sonne und das Feuer sind
bei den Cora noch eins, während es bei den Huichol und bei den Mexi-
kanern einen besonderen Feuergott gibt. Dieser wohnt bei den letzteren
im Nabel der Erde (tlalxicco) und gleich ihm ist die Erd- und Mond-
göttin Teteoinnan dort vorhanden, da sie tlalli iyollo „Herz der Erde“
genannt wird, und einer anderen entsprechenden Göttin, Quaxolotl Chan-
tico wird als Aufenthalt ebenfalls tlalxicco „Am Nabel der Erde“, die
Mitte der Welt, angegeben. Letztere Göttin wird zugleich als Feuer-
göttin bezeichnet, was sich daraus erklärt, dass die Gestirngottheiten
sämtlich zugleich das Feuer vorstellen. Es ist also so, wie es von den
Cora für die Mitte der Altarschale angegeben ist. Es mag auch noch
zum Verständnis wiederholt werden, dass in Mexiko und bei den Cora
die Mondgöttinnen deshalb zugleich Erd- und Unterweltsgéttinen sind,
weil die Unterwelt, die zudem bis zur Erdoberfläche heraufreicht, und
der Nachthimmel, den sie repräsentieren, einander gleichgesetzt werden.
In der Unterwelt befindet sich alles, was hier auf Erden erscheint und
ebenso kommt es von den Orten der Fruchtbarkeit am Nachthimmel
herab. Auf diese Weise steht auch die Mond- und Erdgöttin Tatéx, die
im Westen residiert, der Unterweltsgöttin Tetewan (téte „unten“) sehr
nahe, obwohl beide als getrennte Gottheiten genannt werden.
Fassen wir nun die Erklärung, die die Cora von ihrer Schale ge-
geben haben, nach ihrem Werte zusammen, so haben wir als primären
Gehalt die Einteilung der Welt in einen östlichen und westlichen Teil
dargestellt durch die Attribute des Morgensterns und der Mondgöttin, die
Zeichnung der oberen und unteren Region in den Attributen der Sonne
bzw. des Lichthimmels und der Unterweltgöttin und die Mitte als Feuer
bzw. Sonne und als Erdgöttin. Dagegen ist die Deutung der den Göttern
zugehörigen Einzelheiten oder Attribute als Krone, Weg, Arme und Blume
ohne Wert und offenbar sekundär, ebenso wie die Erklärung der Perlen-
bögen am Rande als Mauer der Götter bzw. als Ort, wo die Menschen
und Haustiere wohnen.
Wenden wir uns nun zu der entsprechenden Darstellung in der
mexikanischen Opferblutschale, dem Sonnenbilde mit dem Zeichen 4 olin
darin, an dessen Stelle auch das blosse Olin in der Sonne steht (Abb. 3d).
Die verschiedenen Typen der Olin-Zeichen in den Bilderschriften sind in
Abb. 4 zusammengestellt. Eine Erklärung zu ihnen ist nicht überliefert.
Wir sehen aber besonders aus den Formen 4g—k und aus de, wie
ähnlich sie dem inneren Teil der Cora-Schale sind. Denn da haben wir
besonders die vier sich kreuzenden „Blumen“ mit einem Kreise in der
Mexikanische Opferblutschale. 301
Mitte und in 4h vier gleiche halbrunde Auswiichse, die dem Osten,
Westen, (oben) und (unten) entsprechen würden, während in 4 g nur
zwei Rundungen nach Osten und Westen vorhanden sind und
(oben) und (unten) durch Sonnenstrahlen, wie man sie in fast allen
Sonnenbildern findet (vgl. Abb. 3c—e) zum Ausdruck gebracht sind.
Diese Formen 4g—k des Olin sind aber nicht der Anfang der Ent-
wicklung. Am ursprünglichsten sind die Formen 4a und b, da sie einen
besonders ausgesprochenen Charakter zeigen. In 4a ist der Morgenstern
Quetzalcouatl (rechts) und eine Göttin verschlungen, gewissermassen in-
einander gehakt und das lineare Schema dazu wäre 4b. Abb. 4a stellt
also die Ost- und Westhälfte der Welt in dem Morgenstern und der
Abb. 4. Das Olin-Zeichen. a) Codex Aubin 13. b) Cod. Borgia 10. c) Cod. Borbo-
nicus 14. d) Cod. Aub. 14. e) Cod. Borgia 71. f) Wiener Codex. g) Cod. Vati-
canus 3738,27. h) Sahagun-Ms. der Bibl. Nazionale Florenz nach Seler, Humboldt-
bilderschriften S. 10 Fig.12. i) k) Personennamen Olin. Personenregister der Orte
Uexotzinco und Xaltepetlapan: Manuscrit mexicain III der Bibl. Nationale, Paris,
nach Seler a. a. O. S. 10 Fig. 12.
Göttin dar, ganz wie in der Cora-Schale, und Himmel und Unterwelt fällt
in die Öffnung, die die beiden Gestalten zwischen sich lassen. Abb. 4b
zeigt diesen Kreis deutlicher. Und die beiden Felder sind hier durch
ihre Farben rot und blau bemerkenswert, die den Farben rot und grün
für Osten und Westen bei den Cora einigermassen entsprechen. Diese
Farben rot und blau bzw. griin finden sich überhaupt fast immer bei den
Olin-Zeichen im Codex-Borgia (Abb. 4b und e), Vaticanus Nr. 3773,
Feyervary-Mayer und Bologna.
Weshalb sich die Mexikaner gerade in dieser Weise die Vereinigung
des Ostens und Westens der Welt gedacht haben, ist freilich schwer zu
sagen. Es scheint, dass die beiden Hauptgesichtspunkte, die zu der Form
geführt haben, die waren: Wie vereinigt man Osten und Westen in
302 Preuss:
Gestalt der beiden die Ost- und Westhälfte darstellenden Gottheiten in
der Weise, dass die durch das Feuer charakterisierte Mitte zum Ausdruck
kommt? Die Lösung geschah auf die einzig mögliche Weise der Abb. 4a.
Dagegen darf man wegen der Stellung der Beine nicht an eine Coitus-
stellung in der Abbildung denken.
Der Kreis in der Mitte der Flächendarstellung der östlichen und west-
lichen Welthäfte ist eigentlich viel richtiger zur Kennzeichnung der oberen
und unteren Region verwandt, als wenn Himmel und Unterwelt noch
gesondert in derselben Ebene zum Ausdruck gebracht wären. Um deut-
licher auszudrücken, dass hier in der Mitte das Feuer, die Sonne wohnt,
ist dann noch ein Auge als Symbol des Lichtes in den Kreis gezeichnet
worden (Abb. 1, 3d, 4c, d, g), und auf dem Sonnenbild des sogenannten
Kalendersteins im Museo Nacional de Mexico (Abb. 3c), der eine Riesen-
Opferblutschale vorstellt, befindet sich sogar der Kopf des Sonnengottes
in der Mitte des Olin-Zeichens, Um den Kreis in der Mitte des Olin-
Zeichens (Abb. 3e) sieht man die bekannte Darstellung des Mondes
bzw. des Nasenmondes (yacametztli) gelegt, des bekannten Schmuckes in
der Nasenscheidewand vieler nächtlicher Gestalten. Da müssen wir an die
Erklärung der Cora-Schale denken, dass in der Mitte die Erd- und Mond-
göttin wohnt, die wegen des feurigen Gestirns, das sie vertritt, zugleich,
wie erwähnt, eine Art Feuergöttin ist.
Weiter fühlte man sich veranlasst, auch das Ausstrahlen des Feuers
nach der oberen und unteren Region darzustellen, wo oben der Licht-
himmel, unten die feurigen Nachtgestirne zuhause sind. Dazu wurden
Strahlen von dem mittleren Kreise aus nach oben und unten angelegt.
Das konnte aber nur geschehen, indem die verschlingenden Bögen oben
und unten senkrecht durchteilt und auseinandergeschoben wurden. Auf
diese Weise entstand das Olin-Zeichen Abb. 4c, und diese Form blieb
natürlich nun auch, wenn die Strahlen der Einfachheit halber weggelassen
wurden (Abb. 4d, e). Durch Schematisierung kamen dann die Formen
Abb. 4g—k und das besonders einfache Olin in der Mitte des Sonnen-
bildes Abb. 3e zustande, in denen besonders die schräge auf- und abwärts
ragenden Äste ausgestaltet wurden, die in der Cora-Schale als Blumen
erklärt wurden.
Diese Schale hat dann noch die besondere Eigentümlichkeit, dass
die obere und untere Region in gleicher Weise durch je einen nach oben
bzw. unten offenen Bogen mit umgebogenen Enden gekennzeichnet wird,
der natürlich nicht willkürlich gewählt ist, sondern in dem wir unschwer
die schon erwähnte gewöhnliche Darstellung des Mondes bzw. der Sterne
in den mexikanischen Bilderschriften erkennen (Abb. 3e). Der Mond-
und Erdgöttin ist also die Rolle zugefallen, sowohl den Himmel wie die
Unterwelt zu bezeichnen, wie ja von ihr auch gesagt wurde, dass sie in
der Mitte der Welt sitzt. Diese Göttin repräsentiert, wie in meiner
früheren Abhandlung erörtert wurde, sowohl Nachthimmel wie die mit
ihm identische Unterwelt bzw. das Feuer der Gestirne darin. Die ge-
wöhnliche Auffassung der Cora ist aber, dass der Himmel vom Licht-
himmel, dem Adler, bzw. von der Sonne; die Unterwelt von der Unter-
Mexikanische Opferblutschale. 303
weltsgöttin Tétewan personifiziert wird, wie es auch in der Erklärung der
Schale mitgeteilt wurde.
Nun sind wir so weit, auch die Perlenbögen rings um die Cora-
Schale in Angriff zu nehmen. Diese als „Mauer der Götter“ oder als
„Ort, wo die Menschen und Haustiere wohnen“ zu erklären, würde be-
friedigen, wenn die Form nicht eine so seltsame wäre. Wenn die Welt
von den Göttern eingenommen wird, so müssen doch irgendwo die
Menschen und Haustiere untergebracht werden. Nun heisst es aber, wie
erwähnt, dass die von der Mesa de Nayarit 1722 mitgenommene Steinschale
das Bild der Sonne gezeigt habe, wie die Opferblutschale der Mexikaner
sie trägt. Die Bögen müssen also die Sonnenstrahlen sein, die das sonstige
Weltbild umschlossen, ganz ebenso wie die Sonne das Olin-Zeichen in
sich enthält. Und wir werden auch durch Vergleich mit den an der Basis
eingerollten Sonnenstrahlen der mexikanischen Sonnen (Abb. 3 c, d, e) sehr
wohl erkennen, dass die Perlenbögen der Cora-Schale eine fortlaufende
Kette von Sonnenstrahlen der Form nach sein können’).
Wie Olin in der ostwestlichen Erstreckung doch nur ein flächen-
haftes Erdbild darstellt, das in Nacht getaucht oder von der Sonne be-
strahlt sein kann, auf das sich der Nachthimmel oder der Lichthimmel
herabgesenkt hat, so ist hier in den Opferblutschalen das letztere, die
Einschliessung der ganzen Erde durch den Lichthimmel, als Abschluss
gewählt. Eine solche Erklärung erhält in der Darstellung des Kalender-
steins (Abb. 3c) eine besondere Beleuchtung. Dort ist nämlich nicht nur
der auf die Erde herabgesenkte Lichthimmel in der Sonne und dem Olin- `
zeichen dargestellt, sondern auch die ringsum daranstossende und aus der
Unterwelt heraufquellende Nacht in Gestalt zweier Federschlangen, die
sie im Osten und Westen umlagern und aus deren einander zugekehrten
Rachen zwei Gesichter mit menschlichen Zügen herausschauen. Die
beiden Schlangen stellen, wie es die Gesänge der Cora dartun und in
meinem früheren Vortrag erörtert wurde, die nächtliche Wasserschlange
dar, die im Westen wohnend den Himmel in der Nacht überzieht und
des Morgens von dem Morgenstern getötet und von dem Adler, dem
Lichthimmel, verzehrt wird.
Olin bedeutet „Bewegung“, was für die Bedeutung als Welt oder
Erde nur den Sinn haben kann, dass sie eins gedacht ist mit den als
Göttern angesehenen kreisenden Gestirnen, die das Weltall ausmachen,
während die Eigenschaft der Erde, dass sie sich gelegentlich im Erdbeben
schüttelt, wohl kaum zur Bezeichnung des Weltalls als Olin Anlass ge-
geben haben kann, obwohl das Olin-Zeichen in den historischen Bilder-
schriften gelegentlich zur Bezeichnung von Erdbeben gebraucht ist. Dass
diese Erklärung des Olin-Zeichens als Bewegung richtig ist, geht auch
daraus hervor, dass der Patrongott des Tageszeichens olin Xolotl als Herr
1) Es ist zu bemerken, dass die Bögen am Rande der Opferblutschale 3d von
der Aussenwand des Gefässes ins Innere hereinragen und nichts mit der Darstellung
der Sonne im Innern zu tun haben. Diese Bögen stellen den oberen Rand der
auf der Aussenseite angebrachten Federn dar. |
304 Preuss:
des Ballspielplatzes bezeichnet wird, und dieser Ballspielplatz bedeutet
ebenfalls das Weltall, auf dem die Sonne und übrigen Gestirne als Bälle
kreisen, ist also dasselbe wie das Olin-Zeichen.
Damit wäre das mir in diesem Vortrag gesteckte Ziel erreicht. Aber
ich kann nicht umhin, wenigstens einige der Folgerungen, die sich an die
Erklärung des Olin-Zeichens für die Deutung der mexikanischen Bilder-
schriften knüpfen, schon hier kurz hervorzuheben. Da ist zunächst der
eben erwähnte Ballspielplatz. Diese Ballspielplätze (Abb. 5) sind immer
so angeordnet gefunden, dass die T-förmig erweiterten Enden im Norden
und Süden, die durchlochten Steine in der Höhe der Seitenmauern, durch
die der Ball fliegen sollte, im Osten und Westen liegen. Bedeutet nun
das Fliegen des Balles das Kreisen der Sonne und der Gestirne durch
den Ost- und Westpunkt, so sind die göttlichen Spieler, die an den er-
weiterten Enden im Norden und Süden stehen, nicht dort, sondern in der
oberen und unteren Region stehend anzunehmen, ganz wie beim Olin-
Zeichen. Vgl. Abb. 4f. Ist die Ost- und Westhälfte genau ostwestlich
gegeben, so muss die obere und untere Region in der Nordsüdrichtung
liegen. Bestätigt wird dieser Schluss da-
durch, dass die Ballspielplätze der Bilder-
schriften sehr häufig durch einen Längs-
strich in zwei Hälften geteilt sind und in
den so gebildeten beiden Feldern je eine
besondere Farbe aufweisen. Ferner ist in
Abb. 5. Ballspielplatz (tlachtli) demselben Sinne bemerkenswert, dass in
Aubinsches Tonalamatl 19. einzelnen Fällen statt der beiden durch-
"la d. Orig.-Gr. lochten Steine im Osten und Westen, die
also den Ein- und Ausgang der Unterwelt
darstellen, nur ein Kreis in der Mitte des Platzes gezeichnet ist (Abb. 5),
der die geschilderte Mitte der Welt vorstellen muss, durch den senkrecht
zur Ebene die Richtung zum Himmel und zur Unterwelt geht. Man muss
sich in der Tat diese Mitte als eine Art Verbindung zwischen Himmel und
Unterwelt vorstellen, in derselben Weise wie der Weg der Gestirne für den
Naturmenschen die Verbindung zwischen beidem im Osten und Westen
dartut. Eine solche Auffassung wird z. B. durch die Beschreibung des
Ballspielplatzes nahe gelegt, die Tezzoomoc Historia ecclesiastica Kap. 1
gibt. Dort lässt der Sonnengott Uitzilopochtli einen Ballspielplatz anlegen
und darin in der Mitte ein Loch graben, das etwas grösser ist als der
Ball, also statt der beiden durchlochten Steine im Osten und Westen
steht. Aus ihm heraus dehnt sich nun eine Wasserfläche, die Nacht aus,
die Uitzilopochtli schliesslich als aufgehende Sonne zum Abfluss bringt!).
Eine zweite Anknüpfung an die Opferblutschale ergibt sich bei der
Betrachtung eines anderen Symbols der Bilderhandschriften, nämlich des
in einem Kreise oder Halbkreise angeordneten Zeichens Sonne — Nacht.
In den kleineren Opferblutschalen ist, wie erwähnt, nicht nur im Innern
die vom Lichthimmel bzw. der Sonne überflutete Welt dargestellt, sondern
1) Vgl. meinen früheren Vortrag, diese Zeitschr. 1910 S. 798.
Mexikanische Opferblutschale. 305
auch auf der Unterseite die Unterwelt in Gestalt der sogenannten Erd-
kröte, obwohl auch schon im Olin-Zeichen des Sonnenbildes selbst die
untere Region angedeutet ist. Auf diese Weise wird noch deutlicher,
dass die Schale die Welt darstellt, nämlich innen die Oberwelt, den
Himmel, die Sonne, und unten die Unterwelt, die Nacht.
„Sonne — Nacht“ bedeutet also die Mitte der Welt, die Verbindung
zwischen der oberen und unteren Region. Das wird bestätigt durch das
Vorkommen des Zeichens über dem Haupte des Tlaloc der Mitte Codex
Borgia 27, wo die andern vier Tlalocgestalten des Ostens, Westens,
Nordens und Südens es nicht haben. Und dann sind vor allem die vier-
hundert Pulquegötter damit versehen, die den Halbmond in der Nasen-
Abb. 6. Pulquegott. Codex Magliabecchiano 57. */, d. Orig.-Gr.
scheidewand tragen, und die Pulquegöttin Mayauel, die mit ihren vier-
hundert Brüsten den Nachthimmel repräsentiert. Diesen Pulquegottheiten
ist das Zeichen Sonne Nacht offenbar deshalb besonders eigen, weil
denen, die Pulque trinken, der Tod vor allem vor Augen steht, nämlich
den über 70 Jahre alten Leuten und den Kriegern, während den übrigen
das Pulquetrinken verboten war und sogar mitunter die Todesstrafe darauf
stand. Die Pulquegötter waren daher Patrone des Todes, des Hinab-
stürzens in die Nacht, in die Unterwelt, wo die Toten zu Sternen
wurden.
Deshalb haben auch die Pulquegötter eine höchst merkwürdige Ge-
sichts- und Schildbemalung (Abb. 6), nämlich je ein dunkles Feld an
den Seiten und in der Mitte von oben nach unten einen blutroten, an den
Zeitschrift für Ethnologie. Jahrg. 1911. Heft 2. 20
306 Preuss: Mexikanische Opferblutschale.
Enden sich verbreiternden Streifen, in dessen Mitte der gelbe Mond ge-
zeichnet ist. Dieser Mond erinnert sofort an die Mondzeichnung in der
Mitte des Olin-Zeichens Abb. 4e, an die Monddarstellungen zur Bezeichnung
von Himmel und Unterwelt in der Cora-Schale und an die Angabe, dass
in der Mitte der Schale die Mond- und Erdgéttin wohnt. Die Bemalung
der Pulquegötter ist also so zu verstehen, dass die beiden dunklen Felder
die mit Nacht bedeckte Ost- und Westhälfte der Welt mit den gelben
Flecken als Sternen darin, der rote Streifen in der Mitte die feurige
Mitte bedeutet, in der sich der Feuergott und das Feuer der Sonne und
der Gestirne befindet. Das Zeichen Sonne—Nacht sowie die an den
Seiten schwarze, in der Mitte rote Gesichtsbemalung findet sich bekanntlich
(Codex Borgia 62) auch bei dem Windgott und Morgenstern Quetzal-
couatl, der überhaupt in der Tracht vieles mit den Pulquegöttern ge-
meinsam hat. Bei den Cora ist ja auch der Morgenstern Hätsikan der
Gott des Weines.
Endlich sei auf die blutrote mit Sternaugen besetzte Schlange auf-
merksam gemacht, die im Codex Borgia 66 neben der Erd- und Mond-
göttin Teteoinnan an Stelle der beiden als olin verschlungenen Gestalten
des Aubinschen Tonalamatls (Abb. 4a) steht. Diese Schlange ist nämlich
sehr häufig die Begleiterin dieser Göttin, befindet sich im zerrissenen
Zustand neben Xolotl, dem Gott des Ballspielplatzes (Codex Borgia 65)
und überhaupt da, wo es sich um Opfertod der Sterngötter handelt, z. B.
auf dem Ballspielplatz Codex Borgia 21, ferner 19 usw. Es scheint, dass
diese besondere Schlange ebenfalls zu dem Feuer der Region der Mitte,
zu der Verbindung von Himmel und Unterwelt in der Mitte der Welt
in Beziehung steht.
Freilich wäre es sehr viel besser, wenn wir über diese Figuren der
Bilderschriften wenigstens bescheidene Angaben der Mexikaner hätten.
Dann hätten wir doch einen festen Anhaltspunkt und brauchten nicht
Vermutungen nachgehen, die nur durch den blossen Zusammenhang der
Figuren gestützt werden. An diesem einen Beispiel der Opferblutschale
können wir sehen, wie sehr uns erklärende Angaben der Eingeborenen
helfen. Wie unendlich viel bleibt aber noch übrig, wo Erklärungen so
überwiegend Kombinationen darstellen, dass es kaum lohnt, darüber Ver-
mutungen zu äussern.
Sitzung vom 29. April 1911.
Vorträge:
Hr. Emil Carthaus: Ergebnisse der Ausgrabungen in der Veledahöhle bei
Velmede a. d. Ruhr. Mit Lichtbildern.
Hr. Max Moszkowski: Die Stämme am Flusslaufe des Mamberamo in
Holländisch - Neu- Guinea und auf den vorliegenden Inseln. Mit Licht-
bildern. |
Vorsitzender: Hr. Hans Virchow.
(1) Neue Mitglieder:
Hr. Fritz Berwerth, stud. phil., Wien,
Hr. Dr. Emil Carthaus, Geologe, Halensee,
Hr. Dr. Dill, Zahnarzt, Basel,
Hr. Dr. Gensen, Arzt, Berlin,
Hr. Dr. Wilh. Hertz, Arzt, Charlottenburg,
Hr. Max Krause, Berlin,
Hr. Dr. phil. Otto Lipmann, Neubabelsberg,
Hr. O. Luckmann, Oberlehrer, Spandau,
Museums- Gesellschaft Arnstadt in Thüringen,
Hr. Dr. Ernst Scheffelt, Berlin,
Hr. Otto Schlüchterer, Wilmersdorf,
Hr. Dr. J. Stoller, Kgl. Geologe, Berlin.
(2) Hr. Seler ist zum Direktor des Internationalen Archäologischen
Institutes in Mexiko für das erste Jahr des Bestehens dieses Institutes
ernannt. Das Institut ist gegründet für amerikanische Altertums- und
Völkerkunde; es wird von den Vereinigten Staaten von Nordamerika und
von verschiedenen europäischen Staaten, darunter auch Preussen, unter-
stützt. |
(3) Hr. Otto Schlaginhaufen hat die Professur für Anthropologie
an der Universität Zürich erhalten.
(4) Von unserem Mitgliede Hrn. Dr. Felix Speiser erhalten wir
einige
Mitteilungen von den Neuen Hebriden.
Noumea, 8. März 1911.
„Ich stehe vor der Rückkehr nach den Neuen Hebriden, nachdem ich
mich in Noumea einige Wochen aufgehalten habe, teils uin die Regenzeit
in den Neuen Hebriden einigermassen zu umgehen, hauptsächlich aber,
am mit Herrn Dr. Fritz Sarasın zusammenzutreffen.
Ə()*
308 Sitzung vom 29. April.
Nach Überwindung langweiliger Hindernisse — es waren hauptsäch-
lich Diener- und Transportfragen — konnte ich nach Verlust von zwei
Monaten meine Arbeit aufnehmen. Ich begann in Espiritu Santo, der
grössten und nördlichsten Insel der Gruppe, und habe dort im Osten eine
sehr gross gewachsene Bevölkerung gefunden, die jedoch bald völlig aus-
gestorben sein wird. Neben vielen Photographien und Messungen konnte
ich eine gute Anzahl Schädel und Skeletteile erwerben.
Meine zweite Station war in Die Ba, Esp. S. Von dort machte ich
eine Reise südlich ins Innere, in das Grenzgebiet der östlichen Rasse
und einer sehr kleinwiichsigen Bergrasse (Mittel der Männer etwa 1520 cm),
die im ganzen Gebirge von West Santo zu finden ist. Sie ist aber schon
vermischt, und ich habe auf mehrfachen Durchquerungen des Gebirges
kein reinblütiges Dorf mehr finden können. Von dieser höchst inter-
essanten Bevölkerung habe ich viele Messungen, ziemlich viel Photo-
graphien, aber leider keine Schädel. Diese Rasse ist es, die die ge-
fiederten Pfeile herstellt; sie dürfte auch mit der Töpferei in Verbindung
gebracht werden, wie solche in zwei Dörfern, aber in jedem nach einem
anderen System, betrieben wird.
Überall an der Küste fand ich dann noch fremde Typen, die wohl
auf Mischung mit polynesischen Elementen zurückzuführen sind, wie denn
überhaupt die Inselnatur des Archipels eine Rassenmischung ungemein
begünstigt, eine Mischung, die vielerorts sehr weit vorgeschritten ist und
meine Arbeit sehr erschweren wird.
Ich habe ferner noch von der Südküste der Insel aus mehrere Ex-
kursionen ins Innere unternommen, die aber wenig Neues zeigten.
Dann war das Jahr zu Ende. Ich gedenke jetzt die anderen Inseln:
Epi, Ambrym, Arba usw. zu besuchen und Mallicollo auf später zu ver-
sparen. Vielleicht stattet mir gegen Ende des Jahres Dr. Fritz Sarasın
einen Besuch ab und wir könnten dann selbander die interessante Insel
durchstreifen.
Ich beschränke meine Studien auf Anthropologie und Ergologie, und
lasse Sprachen und abstrakte Fragen beiseite. Es wird in diesen Gebieten
von den Missionaren ziemlich fleissig gearbeitet, ich könnte nicht Ähn-
liches leisten.“
(5) Das Unterrichtsministerium hat wiederum der Gesellschaft
gütigst eine Unterstützung von 1500 A für das laufende Jahr bewilligt,
wofür an dieser Stelle verbindlichst gedankt sei.
(6) Es liegt eine Anzeige des 16. Orientalistenkongresses vor, welcher
in Athen von 7. bis zum 14. April 1912 stattfinden soll.
(7) Hr. O. Hauser berichtet in einem Briefe
Über die Ergebnisse seiner vorjährigen Ausgrabungen.
JLaaugerie Haute, Les Eyzies, 6. April 1911.
„Die Ausgrabungsarbeiten auf meinen paläolithischen Stationen fanden
im vergangenen Jahre mit Mitte November ihren Abschluss; etwa
Hauser: Ausgrabungen. 309
810 Arbeitstage waren nötig zum Aufschluss der neuen Niederlassung
La Rochette, Station 50, bei St. Leon sur Vezere und zur Fortsetzung der
Grabungen in den Solutreenschichten von Badegoule (Station 54), im
Acheulleen von Le Moustier und in der Magdalenienhalbhöhle von
Longueroche.
Trotz der Ungunst der Witterungsverhältnisse, wodurch die Arbeiten
zuın Teil recht sehr erschwert wurden, blieben die Studienergebnisse sehr
zufriedenstellend.
La Rochette, mit seinem fast 150 m langen abri sous rouche, schien
ursprünglich nur eine Aurignacienniederlassung zu sein; als ich dann
aber zur genaueren Festlegung der stratigraphischen Verhältnisse unter
der Aurignaciensohle Sondierungen vornehmen liess, traten zu meiner
Freude in einem tiefer liegenden Horizont reine Mousterienartefakte zu-
tage und unter diesem, steril getrennt, ein in seinen Werkzeugtypen herr-
liches Acheulleen; wir haben somit hier Superpositionen von drei reinlich
getrennten Epochen. Ähnlich wie auf La Micoque 1908 arbeite ich nun
seit Wochen daran auch für La Rochette ein grosses Profil blosszulegen,
das etwa 25 m lang und etwa 6—7 m hoch werden wird. Hier dürften
in wenigen Wochen die Ablagerungen des Acheulleen, des Mousterien und
des Aurignacien (dieses eventuell in zwei Phasen) deutlich gesondert zu
sehen sein.
Das Jahr 1910 brachte mir ausser dem schönen Solutreen-Inventar
auch die Fragmente eines Kinderschädels auf Badegoule, in Le Moustier
(44) ein menschliches Calottenbruchstück, auf La Rochette (im Aurignacien)
mehrere isolierte menschliche Zähne und einige sehr gut erhaltene mensch-
liche Extremitätenknochen.
‘Durch einen glücklichen Zufall konnten im vergangenen Jahre die
Landgüter de Lachapoulie und Leyssalles, d. h. die ganze Laugerie inter-
mediaire und Laugerie haute, diese beiden letzten und bedeutendsten
klassischen Stätten des Paläolithikums zu meinem Ausgrabungsgebiet hin-
zuerworben werden. Damit wird es nun möglich sein, der Frage über
die Stratigraphie des Solutreen volle Klarheit zu geben. — Wohl hatte
die Erwerbung dieser Grundstücke einen Sturm gegen meine ganze Arbeit
zur Folge; der Unterstaatssekretär der Schönen Künste erliess gegen
mich ein dreimonatliches Grabungsverbot auf meinem eigenen Grund und
Boden, ein „ballon d’essai“, der den glücklichen Erfolg hatte, noch immer
weitere Kreise für die Prähistorie zu interessieren. Im übrigen habe ich
mich offiziell mit dem Regierungsvertreter geeinigt und besteht für die
ruhige Weiterführung meiner Arbeiten kein Hindernis. Der Gesetzentwurf
betr.. die Ausgrabungen wird in der heute bestehenden Gestalt niemals
angenommen werden können, weil er sowohl den Interessen aller fran-
zösischen gelehrten Gesellschaften entgegensteht, als auch, in Frankreich
niemals mögliche, Eingriffe in die Rechte der Grundeigentümer im Gefolge
haben würde.
Im Juli 1910 löste sich in der Laugerie intermédiaire der etwa 850 chm
mächtige Felsblock los, der unmittelbar bei der Laugerie haute über den
Solutreenschichten lag; er wälzte sich gegen die Strasse hin und liess uns
310 Seler:
nun einen Blick werfen auf einen abri-Vorplatz, der seit dem Solutréen
nicht nur von keines Menschen Hand mehr berihrt, sondern der selbst
nicht mal von Humus überdeckt worden ist, weil während der Besiedelungs-
zeit der grosse Block sich auf den Platz stürzte, wo kurz vorher die
_ Höhlenbewohner ihre Tierknochen aufgeschlagen und ihre Knochenwerk-
zeuge hergerichtet hatten. Neben Silexmanufakten liegen da, natürlich
gequetscht, alle möglichen Tierabfälle, gebrochene Knochenspitzen,
„poinçons“ usw.; wir konnten alles so von der Stelle zusammenlesen, wie
wenn der Werkplatz erst tagszuvor von Paläolithikern verlassen worden
wäre!
Im Juli dieses Jahres erscheint mein „Führer“ durch das Tal der
Vézère: „Le Périgord Préhistorique“ mit einer Topographie aller seit
1859 gegrabenen Stationen, mit einem Übersichtsplan über die Besiedelung
des Tales (60 Stationen), mit Schnitten und Profilen und einem Literatur-
verzeichnis über die speziell das Vezeretal behandelnden Publikationen.
Diese kleine Arbeit wird jedem Touristen in der Dordogne willkommen
sein und ihm die Übersicht über die Siedelungsverhältnisse in prähistori-
scher Zeit wesentlich erleichtern.
1910 hatte ich die Freude, zahlreiche deutsche Gelehrte hier be-
grüssen und führen zu dürfen und ich hoffe, dass Viele auch in diesem
Jahre meine Arbeiten zu besichtigen kommen möchten. Ich gestatte mir,
ganz speziell die Herren der Berliner Anthropologischen Gesellschaft zu
einem Besuche des Dordognetales zu ermuntern.“
(8) Manuskripte sind eingegangen von Herrn Walter Strzoda: „Die
Li auf Hainan und ihre Beziehungen zum asiatischen Kontinent“ (ab-
gedruckt S. 193 bis 236); Herrn L. Rütimeyer: „Über einige altertüm-
liche afrikranische Waffen und Geräte und deren Beziehungen zur Prä-
historie“ (abgedruckt S. 240 bis 260); Herrn Christian Leden: „Musik
und Tänze der grönländischen Eskimos und die Verwandschaft der Musik
der Polareskimos mit der der Indianer“ (abgedruckt S. 261 bis 270).
Herrn Fritz Nötling: „Beiträge zur Kenntnis der archäolithischen Kultur
der Tasmanier“.
(9) Hr. Eduard Seler sendet einen
Brief aus Mexico.
Monte Cristo am R. Usumacinta 28. März 1911.
Nach beinahe dreiwöchentlichem Aufenthalt in den Ruinen von
Palenque, während dessen weder Briefe mich erreichten — Schuld
allerdings des Geschäftshauses, dem wir Auftrag gegeben hatten, sie uns
nachzusenden —, noch Nachrichten von der Aussenwelt zu uns kamen —
ich glaube, die Revolution nimmt zu, und die Mächte denken daran, sich
einzumischen —, sitzen wir hier in Monte Cristo, auf den Dampfer
wartend, der uns flussabwärts nach Frontera und zurück nach der Haupt-
stadt Mexico bringen soll. Denn auch über die Dampferabfahrten war,
obwohl eine Art Postdienst besteht, in denı 12 Leguas entfernten Dörfchen
Ruinen von Palenque. all
Santo Domingo de Palenque nichts Sicheres zu erfahren, und ist schliesslich
auch hier in Monte Cristo nicht mit Sicherheit in Erfahrung zu bringen.
Aber Langeweile und Ärger treten zurück gegenüber der nachwirkenden
Freude, dass ich endlich einen lang gehegten Traum meines Leben ver-
wirklichen konnte, und dem Vielen und Schönen, was wir gesehen, und
dem Vielen, was wir erreicht haben.
Der Ausflug zu den Ruinen war als erste Exkursion der Internationalen
Schule für Amerikanische Altertums- und Volkskunde gedacht, deren
Leitung für das erste Jahr ich provisorisch übernehmen nıusste, obwohl
die endgültige Entscheidung meiner Regierung noch ausstand. Es nahmen
an ihr, ausser mir und meiner Frau, noch Dr. W. von Hörschelmann,
der erste Stipendiat der preussischen Regierung für diese Schule, ferner
Fräulein Ramirez-Castaneda, die von der Columbia Unviversity das
Stipendium für dieses Jahr bekommen hat, und einer der Alumnen des
Nationalmuseums, Herr Porfirio Aguirre, teil. Wir hatten uns in
einem der beiden Mittelkorridore des Palastes installiert, und der intelligente
und für das Wohl der Ruinen nach besten Kräften sorgende Subinspektor,
Herr Benito La Croix, der schon mit Maudslay während der ganzen
Zeit von dessen Aufenthalt zusammengearbeitet hat, war uns nicht nur
ein liebenswürdiger Führer, sondern hatte auch, in durchaus ausreichender
Weise, die Sorge für unsere Verpflegung usw. übernommen.
Die erste Empfindung, die der Anblick dieser Ruinen in dem Be-
schauer auslöst, ist die des Bedauerns über ihren traurigen Erhaltungs-
zustand. Und zwar hat hier, wie immer, der Mensch zerstörender gewirkt,
als die tropische Natur. Es ist gewiss richtig, dass die Wurzeln der
Urwaldbäume die Mauern der Gewölbe und die Wände zersprengen, aber
sie halten auch die Trümmer wie mit gewaltigen Klammeru zusammen,
und der tiefe Schatten des Urwalds schützt vor der Ansiedlung neuer,
Sprengkolonnen in den Boden sendender Gewächse und vor den schäd-
lichen Wirkungen der Temperaturschwankungen. Es ist sehr wahr-
scheinlich, dass die Bauwerke von Palenque in ihrem bildnerischen
Schmuck noch ziemlich intakt waren, als um die Mitte des achtzehnten
Jahrhunderts die Ruinen von einer Abteilung Spanier von der Laguna de
Carmen entdeckt wurden. Aber da kam in den achtziger Jahren des
achtzehnten Jahrhunderts der Kapitän Antonio del Rio mit einer Ab-
teilung Dragoner und im Auftrage der Mediocia de Guatemala, die
Ruinen, von denen der Regierung berichtet worden war, zu untersuchen,
und er begann damit „rein“ (limpio) zu machen, d.h. die Bäume zu
fällen und das Holz, nachdem es in der Sonne getrocknet, in Brand zu
setzen. Und durch diesen gewaltigen Brand zersprangen die kostbaren
Stuckornamente, die Figuren, Symbole und Hieroglyphen, die die Flächen
der Wände und der Pfeiler bedeckten, so dass wir an den traurigen Resten
heute nur noch ahnen können, welche Schönheit hier zugrunde ging. Und
nicht genug damit, überall in den Tempelzellen und den wichtigeren der
Korridore brach er den Boden auf, um nach Schätzen zu suchen. In den
Korridoren des Palastes hat Maudslay den Boden wieder herstellen
lassen, aber vor den Altarplatten der fünf berühmten Tempel und in den
312 Seler:
Fussböden der andern Häuser gähnen noch überall die gewaltigen Löcher,
von den Bruchstücken der. Fussbodenplatten in unordentlichen Haufen
umgeben. Die verschiedenen Expeditionen, die hinterher gekommen sind,
haben den Hochwald bis auf einzelne gewaltige Exemplare, von der Haupt-
masse der Ruinen entfernt. Aber das Gestrüpp der Bruchfelder, das in
wenigen Jahren zu doppelter Mannshöhe emporwächst, hat seine Stelle
eingenommen. Und die Seiten der Pyramiden und der Terrassen, die
Höhe und die flachen Prismen der Dächer sind heute von einer licht-
grünen Vegetation bedeckt, die die Formen verdeckt, und durch die man
erst mit dem Machete sich den Weg bahnen muss. Gewaltig und ernst
erhebt sich dahinter, die Höhen emporziehend, der Wald dunkelgrün,
in verschiedenen Schattierungen, aber aufgehellt durch die mit gelben,
roten, weissen Blüten überschütteten Kronen verschiedener Waldbäume,
die gerade jetzt, in der kurzen Zeit der Trockenheit, ihre Blütenfülle
entwickeln —, ein Bild von unbeschreiblicher Schönheit.
Wir begannen damit, die Anlage und den Bau der verschiedenen
Gebäude, die ja durch Stephens, durch die schöne Arbeit von Holmes
und die grossartige Publikation Maudslays bekannt genug sind, ein-
gehend zu studieren, dabei auch auf Einzelheiten Gewicht legend, wie die
Schnurlöcher an den Türen, dem oberen Rande der Wände und dem
unteren Rande der Dächer, die offenbar für Vorhänge und Wand-
bekleidungen gedacht sind. Mit besonderer Sorgfalt studierten wir den
sogenannten Palast, einen Komplex verschiedener und wohl auch aus
verschiedenen Zeiten stammender Bauwerke. Ein besonderer und wesent-
licher Teil dieses Komplexes ist das Subterrarium, das die ganze Süd-
seite der Palastterrasse einnimmt, und zu dem drei lange, nahe dem Ein-
gange winklig gebrochene Gänge hinabführen. — Von den grossen Altar-
platten von Palenque, vom Sonnentempel, den beiden Kreuztempeln, dem
Inschriftentempel oder Templo de las leyes, wie er hier genannt wird,
und anderen besitzen wir durch Desire Charnay Abgiisse. Aber wir
sind eifrig bemüht gewesen, auch von den kleineren Reliefen, den Hiero-
glyphenplatten usw. Abklatsche zu machen, und es ist uns sogar gelungen,
von den interessanten Reliefen, die die Torbögen der Eingänge in das
Subterrarium schmücken —, Reliefe, die niemals abgeklatscht, noch ge-
zeichnet worden sind —, zwei der schönsten und besterhaltenen ab-
zuklatschen. Eine Kiste mit etwa 30 Abklatschen ist gepackt und zur
Versendung bereit. Eine besondere Freude wurde uns in einem Bauwerke
des Palastkomplexes, das etwas niedriger als die andern gelegen ist, und
wohl zu den ältesten Bauten des Palastes gehört. Es ist ein von Norden
nach Süden sich erstreckender Doppelkorridor. In dem östlichen der
beiden Korridore befindet sich an der Innenseite der Nord- oder Eingangs-
wand das Himmelsschild mit den beiden Drachen- oder Ah bolon tz’acab-
Köpfen an den Enden, das eine Parallele zu der Hauptdarstellung auf
der berühmten Cedrela-Holzplatte von Tikal bilde. In dem westlichen
der beiden Korridore führt an dem Südende der erste der drei Eingänge
in das Subterrarium hinab. Auf der Innen- und der westlichen Aussen-
wand dieses Korridors bemerkten wir Reste von Malereien. Deutlich
Ruinen von Palenque. 313
waren auf einem Stiicke des Karniesses, der sich unmittelbar unter der
unteren Gewölbkante der Innenwand hinzieht, Hieroglyphen im Stile der
Dresdener Handschrift. Bei vorsichtiger Untersuchung ergab sich, dass an
der ganzen Innenwand dieses Gemaches verschiedene Stuckschichten über-
einander lagerten, deren jede eine besondere Bemalung trug —, eine
Tatsache, die übrigens schon Stephens aufgefallen ist. Es sind zum
mindesten drei verschiedene bemalte Schichten nachzuweisen: — eine.
tiefste, mit bunten Ornamenten, von der ich gleich sprechen werde, eine
zweite Schicht, die rote Wandbemalung mit schwarzen Ornamentlinien
und einzelnen grossen, farbigen Symbolen zeigt, und eine jüngste Schicht,
auf der, wie es scheint, ausschliesslich Hieroglyphen im Stile der Dresdner
Handschrift, zum Teil auf blauem Fond, von roten Linien eingefasst, wie
auf den Blättern 61 und 69 der Dresdener Handschrift, zur Dekoration
verwendet waren. Von diesen drei Schichten scheinen die beiden jüngeren
Abb. 1. Abb. 2.
auf der Aussenwand nur partiell vertreten zu sein, z. B. die jüngste, die
Hieroglyphenschicht, nur auf der Innenseite der Türwände und einem
schmalen Streifen ausserhalb jederseits des Türeingangs; die zweite
vielleicht nur durch eine gleichmässige dünne rote Wandbemalung. Jeden-
falls bekamen wir auf der Aussenseite beim vorsichtigen Entfernen der
mit grüner Algenvegetation bedeckten äussern Schicht gleich die Malereien
zu sehen, die auf den Innenwänden die tiefste Schicht unter der roten
und der Hieroglyphenbemalung bildete, und die glücklicherweise an einer
Stelle der Innenwand durch natürliches Abbröckeln freigelegt worden war.
In kurzer Zeit gelang es uns, auf der Aussenwand vier lange, über die
ganze Wand sich erstreckende Horizontalreihen von je 20 in bunter
Malerei ausgeführten Ornamentbildern freizulegen. Diese Ornamentbilder,
die also den ältesten bis jetzt bekannten Palenque-Stil zeigen, stellen
Blumen, oder Kombination einer Blume mit einem Auge oder mit anderen
figürlichen Elementen dar, eine Dekoration, die offenbar in engster Be-
ziehung zu dem Zwecke dieses Gebäudes und vielleicht auch dem des
Subterrariums, zu dem man durch dieses Gebäude gelangt, stehen. Jch
gebe hier zwei der einfachsten dieser Bilder wieder.
314 Seler:
Mit diesen Reihen von Ornamentbildern waren an der Aussenwand
ein, an der Innenwand zwei Friese verbunden, die in fortlaufenden Reihen
das Ornament zeigen, das ich hier in dem dritten Bilde wiedergebe —,
das bekannte Symbol des Auges, mit einer Pupille, einer Augenbraue
oben und unten und einem roten Conjunctiva-Fleck, infolgedessen sowohl
in dem rechten wie in dem linken Augenwinkel.
Ich hatte glücklicherweise eine Quantität Pauspapier mitgenommen
und habe alle Haupttypen dieser Ornamentbilder in natürlicher Grösse
(etwa 30 cm) und in Farben kopieren können. Es sind gegen 24 Bilder.
Dazu vier Bilder von dem Friese der Innen- und der Aussenwand und
Pausen von den Hieroglyphen der jüngsten Schicht, auf dem Karniesse
der Innenwand und auf der Aussenwand zur Seite des Türeingangs, wo
eine Sinter-(Stalaktiten-)Schicht —, sonst der ärgste Feind der Reliefe
und Malereien —, eine Partie der Hieroglyphensäule geschützt hatte. Ich
glaube, dass man mit diesen in kurzer Zeit erlangten Resultaten zufrieden
sein kann, und dass mit dieser ersten
. Exkursion die Internationale Schule
für amerikanische Altertums- und
Volkskunde sich ganz gut einge-
führt hat.
Auf dem Herwege haben wir von
Vera-Cruz aus, noch die Ruinen der
alten Totonaken-Hauptstadt Cempo-
allan besucht. Und auch dieser Aus-
flug war nicht ohne Ergebnisse. Von
der ganzen Anlage hat im Jahre 1890
Francisco del Paso y Troncoso
im Auftrage der mexikanischen Re-
gierung und von einer Kompagnie Pioniere unterstützt, eine genaue
Aufnahme gemacht. Aber dieser Plan ist ziemlich unbekannt geblieben.
Mir waren schon in der Publikation Strebels in den Verhandlungen «er
Hamburgischen Wissenschaftlichen Gesellschaft die eigentümlichen
Malereien aufgefallen, die der eine dieser Tempel zeigte, der in Kassetten
der Innen- und der Aussenwand mit in Mörtel eingesetzten tönernen
Schädeln dekoriert war (eine Variation der bekannten Sternhimmel-
verzierung der mexikanischen Bauwerke), und der deshalb unter den
Leuten der Nachbarschaft als der „templo des las caritas“ bekannt ist.
Jetzt konnte ich konstatieren, dass dieser Tempel, dessen Fassade
nach Osten gerichtet ist, ringsum an den Innen- und Aussenwänden, unter
den Kassetten mit den Tonschädeln, mit Bildern geschmückt ist, die ab-
wechselnd das Symbol des Mondes und eine eigentümliche Figur zeigen
die im Zentrum ein grosses, von einem roten Ringe umgebenes Auge
trägt, — ein Auge, das sich aber bei näherer Betrachtung als das Schläfen-
loch des mexikanischen Schädelbildes entpuppt, und das der Sitte, die
Schädel der Geopferten auf Querstangen zu reihen, seinen Ursprung
verdankt. Nur in der Mitte der ganzen Reihe alternierender Bilder, genau in
der Mitte der Hinterseite des Tempels, ist ein schönes Sonnenbild zu sehen.
Ruinen von Palenque. | 315
Das Bild des Mondes zeigt den gelben Nasenring, mit blauer
Farbe (Wasser) gefüllt, darin aber statt des Kaninchens das
Bild eines Steinmessers, ein Mondbild, das aus dem Codex
Nuttall und anderen Handschriften wohl- bekannt ist. Es unter-
liegt mir keinem Zweifel, dass dieser nach Osten gerichtete und mit
Schädeln geschmückte Tempel ein Tempel des Mondes war.
Von Frontera aus haben wir die im Urwalde vergrabenen Ruinen
einer alten Stadt besucht, von der bisher nur durch den verstorbenen
Dr. Berendt, d. h. durch Brinton, der die Notiz darüber in Berendts
hinterlassenen Papieren fand, weiteren Kreisen etwas bekannt geworden
ist. Die Bauten bestehen hier ausschliesslich aus Erde. Denn in dem
ganzen Mündungsgebiet des Rio de Grijalva und Ummacinta ist weit und
breit kein Stein zu finden. Aber den in bestimmte Formen gebrachten
Erdbauten hat man durch Überkleidung mit einem harten Mörtel Festigkeit
und Formbeständigkeit gegeben.
Hier in der Nähe werden auch verschiedene Dinge gefunden. Wir
sahen einen schönen Tonbecher yukatekischer Form; Perlen und Figürchen
aus jadeitähnlichem Stein, und aus dem eine Tagereise flussabwärts ge-
legenen Jonuta sind Tonfigürchen und das schönste Maya-Relief, das ich
kenne —, es befindet sich jetzt im Nationalmuseun in Mexico — bekannt
geworden. Aber die Verbindung mittels der nur alle zehn Tage regel-
mässig gehenden Flussdampfer ist zu unsicher, so dass wir, da die Zeit
drängt, wohl gleich bis Frontera hinunter und von dort mit dem ersten
Dampfer nach Vera-Cruz und Mexico zurückgehen werden.
(10) Hr. Emil Carthaus hält den angekündigten Vortrag
Ergebnisse der Ausgrabungen in der Veledahöhle bei Velmede a. d. Ruhr.
Der Vortrag wird in der Prähistorischen Zeitschrift erscheinen.
(11) Hr. Max Moszkowski hält den angekündigten Vortrag
die Völkerstämme am Mamberamo in Holländisch-Neuguinea und auf
| den vorgelagerten Inseln.
Ich habe Ihnen über eine Expedition zu berichten, die ich im vorigen
Jahre nach Holländisch-Neuguinea zur Erforschung des Stromlaufes des
Mamberamo und seiner Bewohner unternommen habe. Die Expedition
ist geschehen im Auftrage der Baessler Stiftung, die ein Drittel der Kosten
getragen hat, und mit hochherziger Unterstützung der Herren Robert
und Franz von Mendelssohn, denen ich auch an dieser Stelle meinen
tiefgefühltesten Dank aussprechen möchte. Des weiteren habe ich zu
danken Herrn Paul Staudinger, für seine weitgehende moralische
Unterstützung und freundliche Empfehlung; Sr. Exzellenz Baron Gevers,
dem niederländischen Gesandten in Berlin, Sr. Exzellenz dem Herrn
Generalgouverneur von Niederländisch-Indien, dem Herrn Residenten
von Ternate und ganz besonders dem Herrn Assistent-Residenten von
Hollandisch-Nord-Neuguinea in Manokuari, Herrn van Osterzee. Nicht
316 Moszkowski:
minder gebührt mein Dank Herrn van Koestfeld, dem Kommandanten
des Gouvernements-Dampfschiffs Pelikan, dem Herrn Kontrolleur Schmidt
in Manokuari und dem verdienten Leiter der Utrechter Missionsgesell-
schaft zu Doreh, Herrn van Hasselt, sowie endlich dem Norddeutschen
Lloyd und Kapitän Minsen vom R. P. D. Manila.
Ich bitte mir einige geographische Vorbemerkungen zu gestatten.
Der Mamberamo, der grösste Strom von Niederländisch-Nord-Neuguinea
mündet unter 137° 50° östlicher Länge, 1° 26° südlicher Breite bei Kap
d'Urville in den Grossen Ozean. Bis zum Jahre 1910 war vom Mamberamo
nur der Unterlauf bis zu den Stromschnellen im van Rees-Gebirge
bekannt. Die Aufnahme des Oberlaufes bis zum Zentralgebirge ist im
Jahre 1910 zuerst von einer holländischen Militérexpedition unter
Franssen-Herderschee und dann unabhängig davon, ohne deren Resultate
zu kennen, und noch weiter stromaufwärts von mir gemacht worden. Der
Mamberamo entspringt mit wahrscheinlich drei Quellfliissen aus dem
Schneegebirge Neuguineas. Der östlichste, der Ostfluss, kommt mit zieni-
licher Sicherheit von der Wilhelminenspitze; die von der Grenzexpedition
geäusserte Ansicht, er könne im Zusammenhang mit dem von der Grenz-
expedition entdeckten sogenannten Kehrumflusse in Verbindung stehen, ist
sicherlich falsch, wie ich dies bei anderer Gelegenheit des näheren ausführen
werde. Der zweite Quellfluss, der Südfluss, kommt aus der Umgebung der
Karstenspitze, der dritte, der Westfluss, harrt noch seiner Entdeckung. Der
Mamberamo, oder vielmehr der Südfluss, fliesst erst etwa 75 km innerhalb
des Zentralgebirges in ungefähr südnördlicher Richtung, wendet sich dann
nach Westen, dabei die einzelnen Ketten des Zentralgebirges dicht an
ihrem Fusse begleitend, um schliesslich an der Einmündungsstelle des
Ostflusses wieder nach Norden abzubiegen. Er durchbricht dann das van
Rees-Gebirge auf eine Strecke von 60 km, bildet hier zuerst die von mir
sogenannten Baessler-Schnellen, wo er in seiner ganzen, ungefähr 125 hm
betragenden Breite über etwa 23 Treppen herunterstürzt, windet sich dann
zwischen den steilen Wänden des von ihm durchgesägten Gebirges, überall
zahlreiche kleine Stromschnellen bildend, hindurch, bildet dann die so-
genannten Edi-Schnellen, nach dem Kriegsschiff Edi, das sie zuerst ver-
messen hat, so genannt. Dies ist der mächtigste Schnellenkomplex des
Mamberamo, und hier bin ich, wie Ihnen wahrscheinlich bekannt sein
wird, auf der Bergfahrt gescheitert, und habe dabei meine sämtlichen
Effekten, Waffen und Ausrüstung verloren, und im wahrsten Sinne des
Wortes nur das nackte Leben gerettet. Einige Kilometer weiter nördlich,
bildet er den dritten und letzten Schnellenkomplex, die sogenannten
Marineschnellen. Von hier aus bis zu der etwa 26 km nördlich liegenden
Havik-Insel, bildet der Fluss noch eine Menge kleinerer Schnellen,
dann verbreitert er sich allmählich, die Berge werden niedriger, und
endlich tritt er in die grosse Küstenebene, die seinen Uuterlauf be-
gleitet, ein. Sowohl diese Küstenebene, wie die zwischen Zentralgebirge
und van Rees-Gebirge befindliche Ebene sind alluvialen Ursprungs und
in ihrem Charakter ziemlich gleich. Auf das hügelige Vorland mit Hoch-
wald folgt eine Zone, die ich Pandanazeen-Zone nennen möchte, weil im
wem
KE
TA, eee, ee ee e, eee Oe
Völkerstämme in Holländisch-Neuguinea. 317
Strandwald hier Pandanazeen vorherrschen. Wenn man etwa 100 m land-
einwärts geht, beginnt sofort dichter, reichlich mit Sagopalmen bestandener
Sumpf. Mit den Pandanazeen wechseln sich ab, grosse mit wildem Zucker-
rohr bewachsene Strecken. Die Mangroven-Zone beginnt 30 km südlich
der Mündung. Am Meeresufer selbst ist der charakteristischste Baum
die zierliche Strandkasuarine. Bezeichnend für den ganzen Stromlauf des
Mamberamo ist sein ausserordentlicher Reichtum an Sagopalmen. Was.
die Erschliessung des Mamberamo bis jetzt so sehr schwierig gemacht
hat, sind vor allen Dingen die dort herrschenden Krankheiten; nach
Ausspruch eines holländischen Gelehrten ist der Mamberamo durch eine
Schranke von Beri-Beri und Malaria gesperrt.
Auch die grosse holländische Expedition, von der ich Ihnen eben
erzählte, ist durch eine furchtbare Epidemie von Beri-Beri und Malaria,
von der fast sämtliche Teilnehmer an der Expedition mit Ausschluss
der mitgeführten Papuas ergriffen wurden, schwer geschädigt, und zur
Umkehr genötigt worden. Wie Sie wissen, ist es mir gelungen durch
eine Reihe prophylaktischer Massnahmen meine kleine erst aus sieben,
später aus zehn Mann bestehende Expedition sowohl vor der Beri-Beri,
wie vor der Malaria vollständig zu bewahren, so dass ich während meines
achtmonatlichen Aufenthalts am Mamberamo nicht einen Mann verloren
sondern alle Teilnehmer wieder heil und gesund in ihre Heimat zurück-
geführt habe. Das zweite Hindernis ist die Ernährungsfrage. Es ist mir
währeud eines grossen Teils der Expedition möglich gewesen, vom Lande,
also von den Gartenfrüchten der Eingeborenen und vom eingetauschten
Sago und der Jagd zu leben. Es war dies nur möglich, infolge der
Kleinheit der Expedition und dadurch, dass ich scheinbar gut verstanden
habe, mir das Vertrauen und die Sympathien der Eingeborenen zu er-
werben, so dass ich stets in lebhaftester Fühlung mit ihnen bleiben
konnte.
Die Stämme am Flusslauf des Mamberamo müssen scharf in zwei
grosse Kategorien geteilt werden, die natürlich unter sich wieder in eine
Reihe von Unterklassen zerfallen. Es sind dies erstens die Küsten-
stimme, und zweitens die Inlandstämme. Beide sind sowohl anthropo-
logisch wie ethnologisch bisher unerforscht, die Inlandstämme überhaupt
gänzlich unbekannt gewesen. Die Küstenstämme sind zum grossen Teil
erst in den letzten Jahrzehnten nach dem Mamberamo eingewandert. Sie
stammen von den Inseln im Norden der Geelvink-Bai, besonders den
Schouten-Inseln und den Padeido-Inseln. Augenblicklich sitzen letztere
direkt in der Mündung des Mamberamo und nennen ihr Dorf auch
Padeido oder Paraido, d und r wird bei den Leuten ja häufig verwechselt.
Die Leute zeichnen sich aus vor allen Dingen durch ihre kolossale Haar-
mahne, die in den mannigfachsten Frisuren aufgesteckt wird. Es ist
sehr interessant, dass diese Haare durchaus nicht immer den ulotrichen
Charakter haben, wie wir das bei Papuahaaren gewohnt sind. Es kommen
besonders bei diesen Leuten auf den Biak und Padeido sehr häufig Haare
vor, die ihrer Form nach direkt an das cymotriche Haar der Wedda-
Stämme erinnern, und das ist nicht der einzige Anklang mit den Wild-
318 Moszkowski:
stämmen Hinterasiens, die man bei den Inselbewohnern der Geelvinkbai
und an der Mamberamo-Mündung findet. Hierfür spricht ferner der
ausserordentlich zierliche, geradezu grazile Knochenbau, kleine Hände
und Füsse, die verhältnismässig kurzen Extremitäten, im Vergleich zum
Oberkörper und die Kleinwüchsigkeit — nur wenig Leute sind über 156
ein grosser Prozentsatz unter 150 gross —, auch die für die Wildstimme
charakteristische konvexe Oberlippe findet man hin und wieder. Die
Sprache der Küstenstämme gehört zum malaio-polynesischen Sprachstamm.
Aus allen diesen Gründen neige ich
zu der Annahme, dass die Inselwelt der
Geelvinkbai ursprünglich von prä-
malaiischen Wildstämmen, nach Art der
Wedda, Sakai, Senoi und Toala be-
wohnt worden sind, und dass die heutige
Bevölkerung ein Resultat der Kreuzung
zwischen diesen Wildstämmen und zu-
gewanderten melanesischen Stämmen
ist. An der Westküste der Geelvinkbai,
wie in ganz Nordwest-Neuguinea über-
haupt, kommt dazu ganz zweifellos noch
eine spätere echt malaiische Zu-
wanderung.
Ich darf dabei gleich ein paar Worte
über die Sprachen einfügen. Die ver-
breitetste Sprache an den Küsten der
Geelvinkbai, gewissermassen das dortige
Französisch, dasvon allen Inselbewohnern
verstanden wird, ist das Numfor, so
genannt nach der Insel Numfor. Südlich
davon, bis herunter zur Südküste, am
Mac Kluer-Golf wird windessi gesprochen.
Die Insel Jappen hat ihren eigenen
Abb. 1. Séréni (Padeaido-Inseln). nile ;
Wedda-Typ. Auf den Schouten-Inseln, in der
westlichen Hälfte wird numfor ge-
sprochen, auf der Insel Biak ein eigener Dialekt, ebenso auf den Padeido-
Inseln. Die Inlandstämme sprechen davon gänzlich verschiedene, wahr-
scheinlich echte Papuasprachen.
Die Farbe der Haare ist schwarz, doch schimmern sie beim durch-
scheinenden Licht oft rötlich. Das rote Pigment ist ja, wie wir schon
lange wissen, dem brünetten Typus viel verwandter als dem blonden (rot-
blondes Haar der Juden). Bei einigen Individuen tritt sogar das schwarze
Pigment zugunsten des roten soweit zurück, dass das Haar direkt rot
erscheint. Rote Haarfarbe entspricht offenbar sehr dem Schönheitsideal
der Inselstämme, denn sie rufen rotes Haar oft auch künstlich durch
Kalk, sowie durch Färben mit einer in der Nähe der Humboldts-Bai
gefundenen roten Erde — tanahmera — hervor. Das schwarze Pigment
af.
...
Snaeexennngnnzttff Ff
E
wc?
I
=
. -
>
E d
,
L
Ei
D
E
>
e
H
D
H
>
-=
H
D
H
D
>
e
e
o
Völkerstämme in Hollindisch-Neuguinea. 319
pflegt beim Ergrauen der Haare eher zu verschwinden als das rote, und
so habe ich oft Männer gefunden, deren Barthaar von derselben schmutzig-
gelben Farbe war, wie wir dies häufig bei ergrauenden rotblonden
Europäern sehen. Kahlköpfige Individuen habe ich bei Leuten mit rein
melanesischem Haar recht häufig, bei Leuten mit der grossen Mähne,
meiner Erinnerung nach, eigentlich niemals gesehen.
Grauköpfige Männer sieht man
ziemlich häufig, grauhaarige Frauen
seltener. Das kommt daher, dass
die Frauen durchschnittlich, aus
leicht begreiflichen Gründen, früher
sterben wie die Männer.
Bart kommt bei den Papuas
der Küste in schon verhältnis-
mässig jungen Jahren zum Vor-
schein. Die Barttracht ist bei den
verschiedenen Stämmen ganz ver-
schieden. Während z. B. Leute
von Sowek und Biak sehr gern
Schnurrbart und oft auch eine
Fliege tragen, pflegen die Paraido-
Leute sich zu rasieren und jedes
Messer, was man ihnen gibt, wird
erst darauf geprüft, ob es gut
rasiert. Das Rasieren erstreckt
sich übrigens nicht nur auf das
Gesicht, sondern auch die übrigen
Körperhaare, allerdings mit Aus-
nahme der Schamhaare, werden
gern abrasiert. Ursprünglich ist
die Behaarung der Papuas nämlich
eine recht erhebliche und nur durch
die Sitte des Rasierens wird man
oft getäuscht.
Die Stirn ist ausserordentlich
hoch, 50 und sogar 60mm sind keine Abb. 2. Merongai (Kerudu).
Seltenheit. Die Kopflänge schwankt
zwischen 180 und 200, die Breite zwischen 140 und 150, die Ohrhöhe um
120 herum, der durchschnittliche Schädelindex ist etwa 76. Das Gesicht
ist schmal, Jochbogenbreite 136—140, Unterkiefer etwa 95. Die Nase
der Küstenstämme ist verhältnismässig schmal. Im Durchschnitt ist die
Breite 2—3 cm, die Höhe etwa 2. Der Nasenrücken ist oft scharf und
hakenförmig gekrümmt. Die Lippen sind schmal, die Unterlippe etwas
aufgeworfen. Die Muskulatur der Küstenbevölkerung ist verhältnismässig
schwach entwickelt, besonders die Wadenmuskulatur ist fast gar nicht
vorhanden.
Die Augen liegen sehr tief, die Arcus superciliares sind sehr stark ent-
320 Moszkowski:
wickelt und meist mit sehr buschigen kräftigen Augenbrauen versehen.
Die Farbe der Augen ist braun, dunkelbraune Augen sind an der Küste
sehr selten, dagegen findet man verhältnismässig häufig hellbraune Augen.
Bei sehr vielen Individuen habe ich einen schmalen blauen Ring um die
Iris ganz deutlich erkennen können. Die Konjunktiva ist oft ganz leicht
gelblich.
Die Hautfarbe variiert ausserordentlich stark, doch ist sie an der
Küste ganz erheblich heller wie bei der Binnenbevölkerung. Bei den
Leuten auf Biak habe ich hin und wieder geradezu hellrote Leute ge-
sehen.
Küsten- und Inlandstämmen gemeinsam ist die ausserordentlich
blühende Phantasie und das starke Temperament. Ich habe in meinem
ganzen Leben noch nicht soviel Lügen gehört wie in Neuguinea, und
zwar haben die Leute meist gar nicht das Bewusstsein, dass sie lügen.
Ihre ungezügelte, durch keinerlei äussere oder innere Hemmungen ge-
regelte Phantasie hebt sie über alles Mass und Ziel hinaus. Alles ist
ungeheuer gross, ungeheuer viel. Sie sprechen mit Händen und Füssen,
mit Hals und Kopf, mit dem ganzen Körper. Werfen sich auf die Erde,
um anzuzeigen, dass einer tot ist, klopfen laut schallend auf die Stelle,
wo sie das Schwein oder den Kasuar getroffen haben; auch bei ganz
gleichgültigen Dingen sprechen sie laut und erregt, so dass man die
Hälfte ihrer Erzählungen aus den Gesten verstehen kann. Die Sprache
hat einen rauhen, heiseren Klang, ganz ähnlich wie ich das bei den
Wedda in Ceylon beobachtet habe. Gewöhnlich erzählt einer, und dann
wiederholen die andern genau dieselben Worte in genau demselben Tonfall,
mit genau denselben Gesten ein oder mehrere Male. Sie versprechen
Gott und die Welt, halten ihre Versprechungen aber nie. Ausserordentlich
entwickelt ist der musikalische Sinn. Sie singen sehr viel, fast zu jeder
Arbeit, auch zum Rudern, mit sehr hübscher wohllautender Stimme, und
sind ausserordentlich befähigt, europäische Melodien nachzusingen. So ist
es gekommen, dass beispielsweise in Doreh die einheimischen Melodien
fast ganz verdrängt worden sind und man überall nichts anderes hört
wie — deutsche Volkslieder. Auch die gegenseitige Verständigung auf
grosse Entfernungen geschieht musikalisch. Die von der erfolgreichen
Jagd zurückkehrenden Leute teilen ihre Jagdbeute schon weit draussen
im Walde durch einen ganz bestimmten Gesang mit, ebenso wird die
Ankunft von Freunden oder Feinden durch ganz bestimmte Gesangs-
strophen vermittelt. Wenn ich mich z. B. im Binnenlande einem Dorfe
näherte, so stiessen meine Begleiter stets ganz bestimmte Laute aus. An
Musikinstrumenten besitzt die Küste nur Trommeln von Sanduhr- oder
Kesselpaukenform, die mit Haifisch oder Leguanhaut bespannt sind und
vor dem Gebrauch am Feuer angewärmt werden müssen, und Maul-
trommeln.
Geradezu verblüfft hat mich die kolossale Intelligenz und das starke
aetiologische Bedürfnis der Papua. Die Leute sind von einer Wiss-
begierde, die erstaunlich ist. Sie trieben mit mir mindestens so ein-
gehende ethnologische Studien wie ich mit ihnen. Es fragte mich z. B.
Völkerstämme in Holländisch-Neuguinea. 321
einer, woraus Schokolade gemacht wird, woher die Rohstoffe bezogen
werden. Wer die Schokolade macht, ob Männer oder Frauen.
Auch für die europäischen Sprachen zeigten sie grosses Interesse
und eine bemerkenswerte Befähigung, vorgesprochene Worte richtig nach-
zusprechen. Sie merkten auch schon nach kurzer Zeit, was ich von ihnen
wissen wollte, und als wir zum Schluss sehr befreundet waren, machten
sie mich ganz von selbst auf ihre Sitten und Gebräuche, ihre täglichen
Verrichtungen aufmerksam. Zuerst freilich waren sie recht scheu und
misstrauisch. Bei allem was ich tat, oder was ich ihnen zu essen gab,
fürchteten sie, dass ich irgend eine Zauberei treiben wollte, an der sie
sterben müssten. Irgendeine unvorsichtige Bemerkung, oft aber auch
Dinge, über die ich mir gar keine Rechenschaft geben konnte, hielten sie
manchmal tagelang von meinem Lager fern. In sehr starkem Wider-
spruch zu ihrer sonstigen Intelligenz steht ihr geringer Zahlenreichtum.
Die Leute von Paraido konnten nur bis 10 zählen, die von Pauwi, ein
Stamm etwas weiter landeinwärts, sogar nur bis fünf. Dabei werden
immer die Finger und die Hände mitbenutzt, und selbst bei Zahlen, für
die sie ein Zahlwort haben, wurde immer die entsprechende Anzahl von
Fingern gezeigt. Ob sie subtrahieren können, weiss ich nicht, addiert
wird 1+1-+1-+ 1. Im Binnenlande gebrauchen einige Stämme die
Namen der Finger als Zahlworte, andere haben ein Vierersystem, im
Zentralgebirge endlich zeigen die Leute statt der Zahlen einfach soviel
Finger.
Die Kleidung der Küstenstämme besteht bei den Männern in einer
Gürtelschnur, aus den Stengeln eines rankenden Farrnkrautes oder aus
dünnem Rotan, und daran befestigt ein Schamschurz aus Bananenbast,
der zwischen den Beinen durchgezogen und hinten wieder in den Gürtel
gesteckt wird. Die Frauen tragen Schamtücher aus europäischen Stoffen.
Als Schmuck tragen sie strohgeflochtene Oberarmbänder, oder solche aus
Tridacna, Halsketten aus Glasperlen oder Muscheln, sehr häufig Schärpen
aus Pflanzenfasern, die mit kleinen weissen Muscheln benäht sind, Ohrringe
aus Muscheln oder Schildpatt, und zwar nicht nur in den Ohrlappchen,
sondern auch oft, namentlich die Frauen, am ganzen äusseren Ohrrand bis
oben hinauf. Ohrpflöcke habe ich bei den Küstenstämmen nicht gefunden.
Ihr wichtigster Schmuck ist der Nasenpflock, mit dem irgendwelche aber-
gläubischen Vorstellungen verknüpft sein müssen, die ich aber leider nicht
habe herausbringen können. Weniger an der Küste, aber ganz besonders
im Innern mag kein Eingeborener ohne Nasenpflock sein, ich glaube das
ist ihnen genau so unangenehm, wie wenn unsereins in Hemdsärmeln in
Gesellschaft erscheinen sollte. Wenigstens habe ich oft gesehen, dass die
Leute, wenn sie mir einen Nasenpflock eingetauscht hatten, sich sofort
den ersten besten Gegenstand den sie fanden, und wenn es ein zusammen-
gedrehtes Stück Papier war, in die Nasenscheidewand steckten.
Im Haar tragen sie einen Kamm, der aber sicher nur sekundär zum
Schmuck geworden ist, primär dient er zum Kratzen, denn Läuse gehören
zum Primitivmenschen, wie Seife zum Kulturmenschen.
Ein Gebrauch, der nur an der Küste, niemals im Innern herrscht, ist
Zeitschrift für Ethnologie. Jahrg. 1911. Heft 2. d
322 Moszkowski:
die Tätowierung; sowohl Männer wie Frauen tätowieren sich. Die Tatuage
wird auf Gesicht, Stirn und Brust, hin und wieder auch auf dem Arm
und dem Rücken angebracht. Die Tätowierung geschieht auf die übliche
Weise, das Muster wird mit Fischgräten angelegt und dann mit Russ oder
in manchen Fällen auch mit blauer Farbe eingerieben. Die Tatuage
beginnt nicht vor dem 10. Lebensjahre, während die Durchbohrung von
Nasen und Ohrknorpel oft schon im ersten Lebensjahre vorgenommen
wird. Die eingeritzten Ornamente sollen das Bild eines Fisches dar-
stellen. Es ist natürlich ausserordentlich stark stilisiert und nur noch am
Fischschwanz zu erkennen. Ich besitze indessen ein Paar Muschelohrringe,
auf denen eine kleine Zeichnung eingeritzt ist, die einen Fischfang vor-
stellen soll. Auf dieser lässt sich sehr gut erkennen, dass es wirklich
das Bild eines Fisches, wie ihn die .Eingeborenen zu zeichnen pflegen,
ist, das als Urbild für die Tätowierung gedient hat. Mit diesem Fisch
hat es seine eigene Bewandtnis.
Nach dem Glauben der Küstenbewohner stammt nämlich das ge-
samte Menschengeschlecht von einem grossen Fisch ab, der im Meere
haust und darum, erzählte mir mein Freund Merongai, sagen die Eltern
ihren Kindern, wenn sie 10 Jahr alt sind, nun musst du dir dieses Bild
eingraben lassen, denn das ist dein Urgrossvater, und der muss wissen,
dass du zu ihm gehörst. Ausser diesem allgemeinen Stammvater des
Menschengeschlechtes, besitzen bei den Küstenpapua aber die einzelnen
Familien noch ihre privaten Stammviter, die sie sich ebenfalls hin und wieder
einzutätowieren pflegen. Als solche Totemtiere gelten Krokodil, Kasuar,
Königsfischer usw. Natürlich sind diese Totemtiere den betreffenden
Mitgliedern der Familie heilig, und dürfen nicht gegessen werden, sonst
schwillt der Bauch an, die Haare fallen aus und der Betreffende muss
sterben. Denn diese Tiere sind in früheren Zeiten die älteren Brüder
des Menschen gewesen, sagt Merongai.
Das Totem wird so gehandhabt, dass sowohl Leute, die demselben
Totem angehören, als Leute von verschiedenen Totems sich heiraten
dürfen. Die Kinder pflegen merkwürdigerweise beide Totems zu erben,
und hier wird wohl mit einer der Gründe zu suchen sein, der bei den
höheren Völkern nach und nach zu den bekannten, durch das Totem be-
dingten Heiratsbeschränkungen geführt hat. Wenn ein Jüngling ein
Mädchen heiraten will, so muss er es zuerst der Mutter sagen; kann er
den nötigen Kaufpreis erlegen, so ist die Sache gut, die Heirat kann
vollzogen werden. Der Kaufpreis besteht aus Messern, Tüchern, Schüsseln,
und vor allen Dingen Tabak, der unter die Eltern und Verwandten der
Braut verteilt wird. Die Hochzeit wird mit oft tagelang währenden
Schmausereien und Tänzen gefeiert. In Doreh wird dann die Braut von
einem Verwandten in das Haus des Bräutigams getragen. Dann folgen
zehn Tobiasnächte. In Sowek wird die erste Nacht im rumbekoar (altes
Haus) verbracht.
Gehören die Brautleute verschiedenen Stämmen an, so verbringen sie
das erste Jahr im Stammdorfe des Mannes Wird dann ein Kind ge-
boren, so kommen die Verwandten der Frau, besuchen das junge Paar
Völkerstämme in Holländisch-Neuguinea. 323
und bringen dem Kinde Geschenke. Dann werden dem Kind Nase und
Ohren durchbohrt; Schmausereien und Tänze beschliessen auch dieses
Fest. Wenn das Kind entwöhnt ist, kehrt die Frau häufig in ihr Stamm-
dorf zurück, manchmal nimmt sie ihr Kind mit, hin und wieder bleibt
sie aber auch noch einige Jahre bei dem Manne. Kurz bevor das
Kind mannbar wird, muss es zum Stamme der Mutter zurückgebracht
werden, zu dem es unter allen Umständen gehört, und dessen Tracht es
auch Zeit seines Lebens trägt, selbst wenn es, was häufig vorkommt, als
erwachsener Mann wieder zum Stamme des Vaters zurückkehrt. Es
lassen sich also bei den Küsten-Papua, und übrigens noch weit aus-
geprägter im Innern, die ersten Anfänge des Maternats, wie ich sie bereits
früher postuliert habe, ganz einwandsfrei feststellen.
Ebenso ist ja fast alle fahrende Habe, mit Ausnahme der Waffen,
Eigentum der Frau, so weit man bei Papua überhaupt von Eigentum
reden kann. Ks herrscht nämlich bei den Papua, sowohl an der Küste
wie im Inland, Kommunisınus insoweit, als an allem Eigentum, das sich
innerhalb des Stammes vorfindet, alle Stammesangehörigen Nutzniessungs-
recht haben. Man darf sich des Messers, der Glasperlen, des Amuletts
eines anderen zur Benutzung bedienen, aber das Verfügungs- und Ver-
äusserungsrecht steht nur dem eigentlichen Besitzer zu, und das sind eben
meistens die Frauen. Was den Frauen eine ganz besonders einflussreiche
Stellung zusichert, ist, dass sie das wichtigste Nahrungsmittel der Papuas,
den Sago, bereiten und darüber Verfügung haben, so dass sie im wahrsten
Sinne des Wortes, den Männern, die nicht parieren wollen, den Brotkorb
höher hängen können. Als Reaktion gegen diese Tyrannei der Frauen
haben sich die Männer zu Gesellschaften und Klubs zusammengetan, die
ihren Mittelpunkt im Männerhause finden. Über dieses Männerhaus werde
ich bei Gelegenheit der Besprechung der Inlandstämme noch mehreres
mitteilen.
An der Mamberamomündung ist es ziemlich in Verfall geraten, hier
schlafen Männer und Frauen allgemein durcheinander. Die Häuser stehen
auf ziemlich hohen Pfählen, haben Wände aus Baumrinde, und dienen
oft mehreren Familien zum Aufenthaltsort. Dann ist für jede Familie
eine Tür, und geradeüber davon ein Herd vorhanden. Vor einer Reihe
von Häusern befindet sich gewöhnlich eine grosse Plattform, zu der aber
‚keine Leiter vom Wasser aus führt.
In Doreh und auf den Schouten-Inseln werden die Kinder oft schon
ganz früh miteinander verlobt. Die Braut wird dann gewöhnlich in der
Familie des Bräutigams, dieser in der Familie der Braut erzogen, doch ist
‘es streng verboten, dass Braut und Bräutigam sich während der Ver-
Jobungszeit zu Gesicht bekommen. Schwiegerscheu dagegen existiert nicht,
doch darf man weder den Namen seiner Schwiegereltern, noch den seines
.‚Schwagers aussprechen, ein Tabu, das sehr streng gehalten wird. Weniger
‚streng nimmt man es mit dem Verbot, den eigenen Namen auszusprechen.
Ich habe da gar keine bestimmte Regel finden können. Manche scheuten
sich ihren Namen auszusprechen, manche taten es ohne jedes Bedenken,
-oft sogar aus freien Stücken, um sich vorzustellen.
2lr
324 Moszkowski:
Ist wie gesagt die Tätowierung ausschliesslich Sitte bei den Küsten-
stämmen, so ist die Sitte sich Schmucknarben auf dem Körper anzu-
bringen, bis weit ins Innere hinein verbreitet. Die Narben werden mit
glühender Kohle eingebrannt, bei den Küstenstämmen hübsch regel-
mässig, bei den Inlandstämmen unregelmässig, über den ganzen Körper
verbreitet. |
Ich glaube, dass diese Sitte daher stammt, dass die Leute sehr stolz
auf die Narben sind, die sie bei der Schweinejagd davongetragen haben.
Abb. 3. Frau aus Pauwi.
Je mehr Narben einer hat, ein desto mutigerer Jäger ist er. Wenigstens
habe ich über jede Narbe, die einer von meinen schwarzen Freunden bei einer
wirklichen Schweinejagd davongetragen hat, endlose Erzählungen mit an-
hören müssen. Ausser diesen bohnenförmigen Narben werden öfters auch
sowohl an der Küste wie im Innern grosse strichförmige Brandnarben quer
über die Brust gezogen. Beschneidung findet man weder an der Küste
noch im Innern.
Die Religion der Küstenstämme kennt sowohl ein gutes wie ein
böses Prinzip. Ihr guter Gott oder vielmehr die gute Göttin ist der
Vollmond, Bimbajo genannt, der Halbmond ist ihr Schiff, der Abendstern
ihr Hund. Wenn der Vollmond aufgeht, pflegt man die Hände zu ihm
zu erheben und zu beten: Bimbajo, gib uns alles Gute, alles Schlechte
Völkerstämme in Holländisch-Neuguinea. 325
aber deinem Hunde. Wenn die Papuafrau Sago schlägt, so sagt sie:
Bimbajo für uns den Sago und den Abfall für deinen Hund usw. Der
Gemahl der Bimbajo ist Mangossi; ob dies der Sonnengott sein soll, kann
ich nicht mit Sicherheit sagen, vielleicht ist es auch eine Personifikation
des Himmels. Zu Mangossi gehen die Toten. Er versieht sie mit Speise
und Trank, und bei ihm sitzen sie dann in der Hockerstellung im Zeichen
seligster Ruhe. Im allgemeinen kümmern sich die Toten um ihre Nach-
kommen nicht, nur darf man das Gebot der Blutrache nicht vergessen.
Wer z.B. im Gebiete eines mit Blutschuld beladenen Stammes Speise
oder Trank annımmt, ist der Rache seiner Vorfahren verfallen, bekommt
einen dicken Bauch und stirbt. Daher kommt es, dass an der Küste die Leute
so sehr scheu sind, ausserhalb ihres Heimatsdorfes zu schlafen, denn fast
jeder Stamm steht mit dem Nachbarstamm in Fehde und Feindschaft.
Es herrscht nämlich unter der Bevölkerung, an der Mündung des Mambe-
ramo und überhaupt an der ganzen Geelvinkbai, auch heute noch in sehr
erheblichem Masse der Sport der Kopfjägerei. Die Totengebrauche sind
bei den verschiedenen Stämmen verschieden. In den Arfakbergen werden
die Toten in der Hütte aufgehängt und im Rauche getrocknet. Der
herabfliessende Saft wird in Bambusgefässen aufgefangen. Dann werden
diejenigen Leute, die man im Verdacht hat am Tode des Betreffenden
schuld zu sein, zu einer Totenfestlichkeit eingeladen, und müssen diesen
Leichensaft trinken. Derjenige, dem dabei übel wird, und der brechen
muss, ist der schuldige Zauberer und wird getötet. Die trockenen
Mumien werden in hohlen Bäumen auf den höchsten Bergen beigesetzt.
In Windessi, Biak und den übrigen Inseln werden im Kampfe ge-
fallene Feinde in den Wald geworfen und liegen gelassen bis sie ver-
fault sind, dann werden die Schädel geholt und entweder im Hause auf-
bewahrt oder wie in Numfor und Sowek auf grossen Schädelstätten.
Stammesangehörige werden auf den zahlreichen Koralleninselchen, von
denen die dortige Gegend wimmelt, ausgesetzt. Es hat dies seinen Grund
darin, dass auf diesen Koralleninseln weder Schweine noch Hunde sind,
die die Leichname verschleppen. Darüber geht in Windessi eine sehr
schöne Sage.
Als vor grauen Jahren die Vorväter der heutigen Einwohner von
fern hergesegelt kamen, kamen die Kronentauben auf sie zugeflogen und
sagten ihnen, ihr müsst eure Toten auf die kleinen Inseln legen, dort
werden sie von den Leguanen gehegt und gepflegt und ihre Seelen zu
Mangossi geleitet werden, und weil es die Kronentauben gewesen sind,
die diese Nachricht gebracht haben, essen verschiedene Familien in Win-
dessi noch heute keine Kronentauben.
Die Stämme an der Mamberamomündung bahren ihre Leichen in
kleinen Schiffchen, auf hohen Gerüsten, die sie mit bunten Tüchern
schmücken, in der Nähe ihrer Dörfer auf. Solange bis das Fleisch
verwest ist, dauert die Reise der Seele zu Mangossi. Da diese Reise
sehr lange währt, wird den Toten Speise und Trank, sowie ein Teil ihrer
persönlichen Habe, Schalen, Schüsseln, Schlafmatte, Wasserkrug, Pfeil
und Bogen usw. an das Gerüst gehängt. Ist die Leiche total verwest,
326 Moszkowski:
nimmt man den Schädel herunter. Es wird nun eine kleine, sehr niedrige,
etwa 30cm hohe Hütte im Walde gebaut und der Schädel auf diese
Hütte gelegt. Die übrigen Knochen lässt man liegen. Wenn der Schädel
abgenommen wird, wird ein grosser Totenschmaus veranstaltet. Um den
Schädel selbst kümmert man sich dann nicht mehr sehr viel. Höchstens
die Frauen zeigen einige Anhänglichkeit an diese Reliquie. Dagegen
schnitzt man sich nunmehr den sogenannten Korvar, eine Figur in Hocker-
stellung, in welche die Seele des Verstorbenen von Zeit zu Zeit einfahren
und den Nachkommen ihren Willen verkündigen oder auch die Zukunft
vorausagen kann. Zu dem Zweck ergreifen, an der Mamberamo-
mündung wenigstens, die Frauen die Korvars und klopfen sie sich auf
die Kniee. Aus den Klopftönen können sie dann den Willen des Toten
erkennen. In Doreh und Mansinam wurde mir erzählt, dass die Frauen
hier mit den Korvars in der Hand zu Trommelklang tanzen, bis sie in
einen Trance ähnlichen Zustand verfallen. Dies würde vollkommen dem
entsprechen, was wir yon den ‚ähnlichen Gebräuchen im malaiischen
Archipel kennen. Ich hatte vor einigen Jahren Gelegenheit Ihnen eine
solche Tanzszene ausführlich zu erzählen. In Doreh und Mansinam habe
ich übrigens noch andere absolut malaiische Zeremonien gesehen. So
baut man z. B., wenn eine Frau zum erstenmal auf Reisen geht, ein
kleines Gerüst innerhalb des Hauses, dessen Pfähle mit buntgefärbten
Strohstreifen umwickelt sind. Auf dieses Gerüst stellt man eine kleine
Pyramide aus dem gleichen Material, über deren Spitze ein Vogel schwebt.
Das ist natürlich nichts anderes als die Balai Semengat (das Seelenhaus),
wie ich sie in meinem Buche über Sumatra veröffentlicht habe, und sie
dient auch genau denselben Zwecken, sie soll eine Heimatstätte für die Seele
der Frau sein, wenn diese träumenderweise nachts auf Wanderung geht.
Das böse Prinzip wird durch einen bösen Geist verkörpert, der im
Westen Suängir, an der Mamberamo-Mündung Sinompi heisst. Der sitzt
unter den Stelzwurzeln der Pandanazeen im tiefen Walde und heult dort.
Ist jemand krank, so tätowiert man sich ein Bild des Sinompi auf die
Brust, in anderen Gegenden werden diesem bösen Geist Opfer gebracht.
Man hängt Schalen mit Sago oder Glasperlen, auch wohl Pfeil und Bogen
an den Bäumen des Flussufers auf und daneben einen Apparat wie ich
ihn Ihnen hier zeige. Eine kleine Figur stellt die Seele des Kranken
dar. Diese vielen Stäbe hier unten heissen: wir zahlen für die Seele des
Kranken die und die Gegenstände. Ich habe diese Figur zuerst total
missverstanden und ihre Bedeutung ist mir zuerst klar geworden als mir
der Assistent-Resident von Manokuari, Herr van Osterzee, einen ähn-
lichen Brief, wie ich mich ausdrücken möchte, an ihn zeigte. Da war in
einer Gegend, wo er sich Feuerholz für seinen Dampfer bestellt hatte,
ein Mann ermordet worden; als er nun hinkam, fand er das Holz fein
säuberlich aufgestapelt und daneben hing eine kleine menschliche Figur
aus Holz, mit einen Pfeil durch den Hals, an diese war ein Stückchen
Feuerholz angebunden und dann auch wieder eine ganze Menge solcher
Stäbe. Das hiess: Hier ist ein Mann ermordet worden, wir sind weg-
gelaufen, wollt ihr das Holz, so müsst ihr es bezahlen.
Völkerstämme in Holländisch-Neuguinea. 327
Soweit mir bekannt, sind dies die ersten Proben einer papuanischen
Schriftsprache. Eine andere habe ich gleichfalls an der Mamberamo-
mündung gefunden. Da hatte ein Mann aus Kerudu seinem Schwager
eine Schnur mit einer Anzahl Knoten geschickt, d. h. löse jeden Tag
einen Knoten, wenn alle Knoten aufgelöst sind, komme ich zu dir.
Eine der merkwürdigsten religiösen Ideen, die ich bei den Papua
gefunden. habe, ist aber der Glaube an den Manseren Koreri, es ist dies
eine alte Kulturheroensage, die überall bei den Küstenstämmen ver-
breitet und ganz sicher älter ist als das Auftreten der ersten Missionare.
Vor grauen Zeiten lebte einmal ein Mann, der mit übernatürlichen
und göttlichen Kräften ausgestattet war. Er hat den Papua Gesetze und
Rechte gegeben und auch das Männerhaus gegründet. Weil aber die
Papua seinen Geboten nach und nach untreu wurden, verschwand er
eines Tages, doch geht die Sage, dass er einmal wiederkommen würde,
und dann würde sich alles erneuern. Darum heisst er auch der Manseren
Koreri, d. h. der Gott, bei dessen Wiederkehr sich alles häuten wird.
Es ist ganz verständlich, dass bei dem elenden, von wirklichen und ein-
gebildeten Gefahren umringten Leben der Papua die allen Menschen
tief eingewurzelte Sehnsucht nach Erlösung ganz besonders stark ist, und
sich zu dieser Messiasidee verdichtet hat. Ich glaube, dass darum auch
kein geeigneteres Feld für die Tätigkeit der Missionare vorhanden ist, als
Neuguinea. Der ganze christliche Wunderglaube sagt dem mit reicher
Phantasie begabten Papua ganz besonders zu, während ihm z. B. der grob-
sinnlich-materialistische Islam nichts zu geben vermag, so dass in Neu-
guinea trotz Jahrhunderte langer Propaganda der Islam nie festen Fuss
zu fassen vermochte.
Nun kommt etwas sehr Merkwürdiges: Die Papua konnten natürlich
nicht begreifen, was so viele Europäer am Mamberamo zu suchen hatten.
Erst war die grosse holländische Expedition dagewesen, kaum war die
fort, kam meine Expedition, da musste doch irgend etwas besonderes
dahinter stecken. Und so geschah es, dass sich nach und nach an der
ganzen Küste bis herüber nach Manokuari der Glaube verbreitete, der
Manseren Koreri wäre wiedergekommen und hielte sich am Mamberamo
auf. Und da kamen denn von allen Küsten und Inseln die Leutchen auf
ihren grossen seegehenden Prauen übers Meer gefahren, um den Manseren
Koreri zu suchen. Wie das so geht, kam ich denn schliesslich in den
Geruch selbst der Manseren Koreri zu sein. Ich hatte ein paar Leuten
wegen Bauchschmerzen Opium gegeben, ein paar anderen Ricinusöl,
beides mit durchschlagendem Erfolge, hatte ein paar scheussliche Bein-
wunden, die die Leute sehr gequält hatten, durch sachgemässe Behandlung
in kurzer Zeit zur Heilung gebracht, was bei der kolossalen Heilhaut der
Papua kein grosses Kunststück war, daraus war natürlich bald die Sage
entstanden, ich könnte Tote zum Leben erwecken, aus Sand Gold machen,
und was dergleichen angenehme Künste mehr sind. Unter den vielen
Besuchern, die auf dieses Gerücht hin zu mir gewallt waren, befand sich
auch der Korano von Mokmer mit seinen Leuten. Ich hatte inzwischen
die Küste verlassen, und hatte mein Hauptquartier am Nordabhang des
328 Moszkowski :
Van Rees-Gebirges schon im Bereich der eigentlichen Inlandstämme ver-
legt, da war dann der brave alte Herr mit seinen Leuten die 250 km
stromaufwarts gefahren und lockte mich unter falschen Vorspiegelungen
wieder an die Küste. Es war in der Vollmondwoche des Juli, eine Zeit,
die den Küsten-Papuas ganz besonders heilig, weil sie die Hochzeitszeit
von Bimbajo und Mangossi sein soll. In diesen Vollmondnächten ist
Bimbajo daher besonders gnädig und geneigt, die Bitten ihrer Anhänger zu
erfüllen.
Die Anrufung der Bimbajo geschieht durch Lieder und Tänze. Auch
die Mokmer-Leute hatten sich vorgenommen in meiner Gegenwart, die
sie natürlich für besonders glückverheissend ansahen, ein grosses Tanzfest zu
Abb. 4. Leute aus Mokmer (Insel Biak).
feiern. Die Papua haben einen ausserordentlich ausgeprägten tbeatralischen
Sinn, und sehr viel Verständnis für effektvolle Aufmachung. Mein Haus
an der Küste stand direkt an der Mündung, die Mokmer-Leute kampierten
einige Kilometer weiter stromaufwärts. Nachdem sie in ihren Lager-
plätzen ein grosses Schweineessen veranstaltet hatten, kamen sie in ihrem
grossen Seeschiff bei aufgehendem Vollmond, laut singend, den Fluss
heruntergefahren, eine Auffahrt, die wirklich einen ausserordentlich
feierlichen und tiefen Eindruck auf mich machte. Dann wurden vor
meinem Hause am Strand grosse Feuer angezündet. Die Zuschauer,
Leute aus Paraido, Kerudu, Kaipuri, Jobi, Sowek, Saonek, Sarmi, Samberi
gruppierten sich längs meines Hauses. In die Mitte stellte sich ein Mann,
der den Gong schlug. Dann fassten sie sich zu zwei und zwei an den
Händen und gingen, aber weder im Schritt noch im Takt, laut singend
um das Feuer, ziemlich langsam in entgegengesetzter Uhrzeigerrichtung.
Völkerstämme in Holländisch-Neuguinea. 329
Von Zeit zu Zeit verfiel einer, hinten ausschlagend, in Laufschritt, pfiff
auch wohl und stiess zischende Laute zwischen den Zähnen aus. Um
11'/, war Esspause. Ich hatte Reis und Erbsen aufgetischt, um 12,30
ging es wieder los. Bald wurde der Tanz wilder, die Paare verfielen im
Laufschritt, einzelne traten aus, andere wieder ein, an der Spitze trugen
die Leute in den äusseren Händen grosse Stöcke und hatten einen Dritten
in die Mitte genommen. Wenn der Gesang einmal verstummte, begann
gleich wieder einer und sofort fiel der ganze Chor ein. Der Tanz ist jetzt
ganz im Laufschritt, Oberkörper vorgebeugt, die Kniee gebogen, elastisch
in den Sprunggelenken, federnd nach hinten ausschlagend. Von Zeit zu
Zeit tanzt ein Paar einen kurzen Rundtanz im Polkaschritt, einer von
den Vortänzern tanzt wohl auch rückwärts. Da sie keine Trommeln
haben, ergreifen sie Kloben weichen Holzes, die herumliegen und schlagen
darauf. Immer wilder und heisser wurden Tanz und Gesang. Die Masse
ist förmlich berauscht. Ich hole Mauser und Browning, die Sache kann
unbedingt gefährlich werden. Indessen sah es schlimmer aus als es war,
denn als ich um 4 Uhr morgens erklärte, dass mein Bedarf nunmehr
gedeckt wäre, und mich zurückzog, fuhren auch die Papua ohne weiteres
nach Hause.
Wie mir später der Assistent-Resident von Manokuari erzählte, ist
der Korano von Mokmer bis vor kurzem als einer der gefährlichsten
Banditen und Seeräuber, dem schon mancher Europäer zum Opfer ge-
fallen ist, bekannt gewesen. Zu mir war er sehr nett, hat mir sogar als
er hörte, dass mir der Tabak ausgegangen war, Tabak geschenkt, dabei
hat der Tabak bei den Papuas ungefähr den Wert von Diamant-Shares.
Bei diesen Tänzen in den Vollmondnächten des Juli werden auch
die Amulette geweiht. Seit langer Zeit sind diese geschnitzten Holz-
stäbchen, welche von den Küsten-Papua um den Hals, mit Vorliebe auf
dem Rücken getragen werden, bekannt. Man weiss auch, dass sie gegen
allerhand Schädigungen gut sein sollen und ihren Träger vor Leid und
Gefahren zu bewahren im Stande sind. Bis jetzt ist man über die
spezielle Bestimmung der einzelnen Amulette im Unklaren gewesen. Wie
ich bereits in meinem Brief aus Neu-Guinea an Sie mitgeteilt habe, ist
die Schnitzerei dieser Amulette gänzlich gleichgültig. Ein Amulett das
gegen Speerwurf gut ist, kann genau so aussehen wie eins gegen Krank-
heiten, und ein einfaches und ungeschnitztes Stück Holz kann grösseren
Wert haben, als eine wunderschöne Schnitzerei. Es kommt eben ganz
darauf an, wofür das Amulet bei den Tänzen geweiht worden ist, und ob
es sich bewährt hat. Wichtiger ist schon das Material, aus dem das Amulett
geschnitzt ist, besonderen Wert soll ein Baum haben, der in den Gebirgen
der Insel Biak wächst. Ich will gleich hinzufügen, dass im Binnenlande
diese Amulette gänzlich unbekannt sind. Von sonstigen Zaubermitteln
möchte ich Ihnen hier noch diese Holzbretter zeigen. Man legt auf diese
ein Stückchen Holzkohle, das man anzündet, und über dieses Holzkohlen-
feuer einen Pandanus-Blattstreifen, der auf ein kleines Stück Holz aufgerollt
ist. Aus der Art und Weise wie das Blatt sich beim Verkohlen kräuselt,
erkennt man ob der Plan, den man vor hat, Erfolg oder nicht haben
330 Moszkowski:
wird. Dies Orakel wird besonders befragt, wenn man einen Mord
vor hat.
Wir kommen jetzt zur Ergologie der Küstenbewohner. Sie sind, wie
sich das ja bei ihren Wohnorten auf Inseln von selbst versteht, vor allen
Dingen Seefahrer, gleich geschickt als Kaufleute wie als Krieger und See-
räuber. Auf ihren grossen, mit schönen Schnitzereien verzierten See-
schiffen führen sie weite Expeditionen aus. Sie sind es, die das ganze
Hinterland des Mamberamo mit europäischen Erzeugnissen wie Messer,
Stoffe usw. versorgen. In Biak und in Doreh wird auch selbst etwas
Schmiedekunst verstanden. Ich habe tief im Zentralgebirge kleine messer-
artige Instrumente gefunden, die deutlich die Stempel biakscher Fabri-
kation getragen haben. Dagegen tauschen die Küstenvölker im Inlande
vor allem Bogen und Pfeile ein. Bogen und Pfeile werden nur im Inlande,
besonders von den Bewohnern des van Rees-Gebirges verfertigt.
Die Küstenpapua sind, wie übrigens auch ihre Stammesgenossen, im
Inlande ausserordentlich geschickte und passionierte Handelsleute. Wenn
sie mir z. B. irgendwelche Ethnologica verkaufen wollten, besonders solche,
die keinen grossen Wert hatten, dann boten sie dieselben nicht etwa an,
sondern stellten sie vor sich hin, oder hingen sie um und kokettierten
gewissermassen damit, brachten auch niemals alles was sie zum Verkauf
hatten auf einmal an, sondern immer nur Stück für Stück in der gewissen
Überzeugung, dass sie im Einzelverkauf die Sachen vorteilhafter los
werden könnten als beim Engroshandel. Natürlich brachten sie auch immer
die wertloseren Sachen zuerst und erst später die wertvolleren. Auf der
andern Seite ist es einem Papua nicht möglich ein Stück, das zu ver-
kaufen er sich einmal vorgenommen hat, wieder mit nach Haus zu nehmen.
Oft brachten sie mir irgendwelche Gegenstände und forderten exorbitante
Preise dafür, und wenn ich dann ablehnte sie zu kaufen, so gingen sie
nach und nach mit ihren Preisen herunter, bis sie sie mir schliesslich für
ein Butterbrot abgaben. Kreditwesen ist natürlich ganz unbekannt, zumal
ja auch kein Geldverkehr vorhanden ist.
Ausser durch Schiffahrt und Handel erwerben sich die Küstenpapua
den Unterhalt durch Jagd und Fischfang. Die Fische werden mit Netzen
und Reusen gefangen, auch mit Pfeilen geschossen und gespeert.
Die Jagd auf Schweine und Kasuare wird mit Pfeil und Bogen be-
trieben. Neu-Guinea ist das Land, wo man so recht sehen kann, ein wie
unendlich nützlicher Diener der Hund dem Menschen ist. Ohne Hunde
könnte ein Papua wahrscheinlich kaum jemals ein Schwein oder einen
Kasuar erlegen. Ich habe manche Jagd mitgemacht und oft genug
Gelegenheit gehabt, den Mut und die Ausdauer dieser kleinen unschein-
baren Köter zu bewundern. Ein einziger Hund ist im Stande ein mittel-
grosses Schwein zu stellen. Mit dem Kasuar freilich wird ein Hund
nicht fertig. Drei bis vier Hunde mindestens sind dafür nötig, und oft
genug wird ein Hund durch der Sporentritt eines Kasuars getötet. Es
ist nämlich ganz unglaublich, was für eine Kraft solch ein Kasuar in
seinen Beinen hat. Ich habe selbst gesehen wie ein Kasuar aus dem
Stand 1,50 m und höher gesprungen ist.
Völkerstämme in Holländisch-Neuguinea. 331
Die Papuahunde zeichnen sich übrigens dadurch aus, dass sie nicht
bellen können wie unsere Hunde, sondern nur heulen, dagegen ist der
Standlaut derselbe wie bei uns. Die Hunde wohnen zusammen mit ihren
Herren in den Hütten, wo sie meist in der warmen Asche des Herdes
liegen. Im übrigen sind sie genau so faul und genau so schmutzig und
wimmeln genau so von Ungeziefer wie ihre Herren; Herren ist eigentlich
nicht der richtige Ausdruck, da auch die Hunde meist Eigentum der
Frauen sind. Eine merkwürdige Eigenschaft haben sie: Zu ganz be-
stimmten, aber von Tag zu Tag wechselnden Tag- oder Nachtzeiten be-
ginnen sie auf einmal ohne jede erkennbare Ursache fürchterlich an zu
heulen. D. h. ein Köter fängt an, und dann fällt mit einem Male der
ganze volle Chor ein, ein Lied zum steinerweichen, das jeden Nichi-Papua
rasend machen muss. Gefüttert werden die Hunde übrigens reichlich,
trotzdem aber schlecht behandelt und mit Steinwürfen und Fusstritten
regaliert. Sehr schwer ist es nach einer Jagd die Hunde wieder einzu-
fangen. Ich habe oft gesehen, wie Papuas stundenlang nachher mit ihren
Booten die Ufer entlang gefahren sind und die Hunde gelockt haben.
maries—es— es— es.
Die Zubereitung der Jagdbeute geschieht so, dass die Jager zuerst
mal das erlegte Wild unter sich verteilen, und dabei gebtihrt demjenigen
der den Fangschuss getan hat die Lendenpartie, demjenigen der das Wild
zum Boot tragt der Kopf. Dann werden Roste aus Holz gebaut, die Federn
resp. die Haare abgesengt und das Fleisch auf den Rosten geräuchert,
kleinere Vögel und Säugetiere werden einfach mit Haut und Haaren ins
Feuer geworfen und gebraten. Fische werden gleichfalls geräuchert,
Salz ist den Stämmen am Mamberamo vollständig unbekannt.
Gesalzene Sachen, die ich ihnen zu essen geben wollte, haben sie mit
Abscheu zurückgewiesen. Das physiologische Salzbedürfnis wird eben
dadurch befriedigt, dass die Speisen halb verkohlt gegessen werden. Die
Inselbewohner auf Biak und die Leute von Doreh kennen dagegen natür-
lich das Salz.
Das Hauptnahrungsmittel ist aber der Sago. In der Küste wird der
Sago meist in Form eines Sagobreis, der sogenannten Papedda gegessen.
Zum Herausfischen des Breis aus der Schüssel dienen kleine Essstäbchen.
Eine andere Zubereitung des Sagos ist das Rösten zwischen zwei Steinen
oder nachdem er in Bananenblätter eingewickelt worden ist. Über die Her-
kunft des Sago geht die Sage, dass ein Mann von den Quellen des Meeres
gekommen wäre und in jedem Dorfe ein Mädchen zur Frau begehrt habe;
erhielt er eine Gattin, so lehrte er dieser die Sagobereitung, wo er keine
Gattin bekam, lernten die Völker auch den Sago nicht kennen. Nachdem
er dies eine Zeitlang getrieben hatte, verschwand er wieder woher er ge-
kommen war. Der ausserordentliche Reichtum des Mamberamo an Sago
hat zu der Sage geführt, dass an seinen Quellen ein Dorf wäre, neben
dem drei Sagobäume stünden, diese aber würden nicht gefällt, um den
Sago zu gewinnen, sondern man schnitte sich jeden Tag den Sago aus
dem lebenden Baum heraus und in der Nacht wüchse wieder neuer Sago.
332 Moszkowski:
Feuer wird entweder gerieben, oder aber durch Anstreichen eines Porzellan-
stückchens an Bambus erzeugt.
Unter den kleinwüchsigen mähnenumwallten Leuten in Paraido war
mir ein Mann aufgefallen, der sich durch grossen Körperbau, besonders
durch lange Beine und kleingelocktes Haar, ausgezeichnet hatte Er
wohnte auch abseits von den übrigen Leuten. Diesen Typus bekam ich
häufiger zu Gesicht, als ich das 25km stromaufwärtsliegende Pauwi auf-
suchte. Die Einwohner dieses Dorfes bestanden aus zwei recht ungleichen
Elementen. Die eine Hälfte ähnelte dem Gros der Küstenbewohner, die
andere dem eben erwähnten Manne. Nach längerem Aufenthalt bei den
Pauwileuten erfuhr ich denn auch, dass die eigentlichen, aus dem Innern
stammenden Pauwileute sich mit einem andern Stamm, den Bossumassin
von der Küste, vermengt hatten. Es war dies so geschehen, dass eine
Anzahl Pauwimänner nach Bossumassin und eine Anzahl Bossumassin-
Männer nach Pauwi gezogen und sich mit den dortigen Frauen vermählt
hatten. Die Kinder aus diesen Ehen gehörten zum Stamm der Mutter
und sprachen dessen Sprache. Diese selben Pauwileute, die mich in der
freundlichsten Weise aufgenommen, mir ein Haus gebaut und sich in
jeder Weise als gute Gastfreunde erwiesen hatten, haben im Januar d. J.
ein scheussliches Verbrechen begangen: Eine Anzahl Schiffbrüchiger,
vermutlich Palau-Leute — also deutsche Schutzbefohlene — waren durch
den Nord-West-Monsum zu ihnen verschlagen und anfänglich ganz gut
aufgenommen worden. In der Nacht aber wurden drei der Flüchtlinge
ermordet, während es dem Rest gelang in den Busch zu flüchten. An
der ganzen Geelvinkbai gilt es eben allgemein als religiöses Gebot Schiff-
brüchige zu erschlagen, denn man fürchtet die Rache des Wori, des
grossen Fisches, der im Meere haust, und dem man seine Opfer nicht
entreissen darf. Ähnliche Sitten haben ja bis vor noch gar nicht so langer
Zeit auch an unsern Küsten bestanden. Von den Pauwileuten wurden
wir weiter stromaufwärts zu ihren Nachbarn, den Koassa Kamboi Ramboi
gebracht.
Diese gehören nun bereits zu den eigentlichen, bis jetzt wohl gänzlich
unbekannten Inlandstämmen, ethnologisch charakterisiert als Angehörige
des Bogenkulturkreises, anthropologisch durch ihr von den Küsten-
bewohnern gänzlich verschiedenes Aussore. Die Koassa Kamboi Ramboi
bewohnen den Nordabhang des van Rees-Gebirges, von dort aus machen
sie während der Regenzeit Vorstösse nach der Küste zu. Ihre letzte
Niederlassung stromabwärts befindet sich etwa 100 4m Wasserlinie von der
Küste entfernt. Während der Trockenzeit halten sie sich im van Rees-
Gebirge und in dessen Vorland auf. Hier treiben sie — d. h. die Frauen —
etwas Gartenbau. Yams, Taro, Bananen, Zuckerrohr, Kokospalmen werden
von ihnen angepflanzt. In der Regenzeit verlassen sie diese Wohnsitze
im Gebirge und leben dann in den unteren Partien des Flusses mehr vom
Fischfang. Es wird nämlich während des Nord-Ost-Monsums, also der
Trockenzeit, sehr viel Salzwasser in den Mamberamo hereingetrieben, und
dann verschwinden natürlich die Flussfische und ziehen sich in die Gebirgs-
Völkerstämme in Holländisch-Neuguinea. 333
gegenden zurück, daher lohnt der Aufenthalt am unteren Mamberamo nur
zur Regenzeit.
Die Wanderung von den weiter stromabwärts gelegenen Nieder-
lassungen nach dem Gebirge und zurück geschieht gewöhnlich so, dass
die einzelnen Leute familienweise ihre gesamte Fahrhabe auf die Boote
verladen und sich auf die Reise begeben, dann begibt man sich zum
nächsten Dorf, bleibt dort wieder drei bis vier Tage, dann weiter zum
nächsten u. s. w. Mehr wie einen Tag hintereinander pflegt man nicht
zu rudern. Der Auszug des gesamten Stammes von der Küste zum Gebirge
und vom Gebirge zur Küste umfasst etwa einen Zeitraum von 8 bis 14
Tagen. Die äusseren Antriebe zum Beginn der Wanderungen sind wohl
in erster Linie Nahrungssorgen. Der Fischfang lohnt sich nicht mehr, es
finden sich keine schlagreifen Sagobäume in der Nähe, Schweine und
Kasuare sind durch zu häufige Jagden vergrämt u.s.f. In zweiter Linie
aber sind auch hygienische und abergläubische Gründe dafür massgebend.
Falls Stammesangehörige sterben, verlässt man sofort das Dorf. Ferner,
je länger man an einem Orte bleibt, desto mehr vermehren sich Moskitos
und anderes Ungeziefer. In Samberi z. B., dem am weitesten stromabwärts
gelegenen Dorfe der Koassa Kamboi Ramboi, sagten mir die Leute: Sobatti
(Gastfreund), hier gibt es zuviel Mücken, wir ziehen ins Gebirge, komm
mit. — Bereits im nächsten, eine Tagereise stromaufwärts liegenden
Dorfe gab es erheblich weniger Mücken, aber als wir drei Tage dort ge-
blieben waren, stellten sich diese ungebetenen Gäste in so grosser Zahl
ein, dass wir mit unsern Gastfreunden schleunigst weiter flüchteten. Ganz
ähnliche Erfahrungen -machte ich späterhin im Gebiet des mittleren
Mamberamo, jenseits des van Rees-Gebirges. Hier waren zur Trockenzeit
die Ufer dicht von Menschen bevölkert, während die Moskitoplage
eine nur geringe war. Drei Monate später, als ich desselben Weges
flussabwärts zog, waren die zahlreichen Niederlassungen vollständig ver-
ödet. Dagegen wurden wir allnächtlich, sofort nach Sonnenuntergang, von
wahren Wolken von Moskitos eingehüllt, so dass jegliches Verweilen ausser-
halb des Moskitonetzes, oder gar eine nächtliche Fahrt, wie ich sie einmal
gemacht habe, zu einer furchtbaren Qual wurde. Aber auch anderes Un-
geziefer, besonders Kakerlaken vermehren sich während der Anwesenheit
von Menschen an einem Platz sehr stark, so dass die Wanderungen direkt
einer Lüftung und Desinfektion gleichkommen.
Anthropologisch gehören die Stämme vom Nordabhange des van Rees-
Gebirges bis zum Nordabhange des Zentralgebirges offenbar eng zusammen.
Kulturell muss man die noch im Steinzeitalter befindlichen Stämme im
Zentralgebirge am Südfluss und am mittleren Mamberamo — die Tori
und die Sidjuai — von den Borumessu und Koassa Kanıboi Ramboi, die
sich eiserner Werkzeuge bedienen, unterscheiden, doch lässt sich nach-
_ weisen, dass auch kulturell ein ursprünglicher Zusammenhang zwischen
den verhältnissmässig am höchsten kultivierten Borumessu und Koassa
Kamboi Ramboi einerseits und den Tori, Südfluss- und Zentral-Gebirgs-
stämmen andrerseits besteht, wogegen die Sidjuai ein kulturell fremdes
Element darzustellen scheinen. Diese sind wahrscheinlich den Ostfluss
334 Moszkowski:
heraufgekommen und stammen also aus den östlichen Partien des Schnee-
gebirges.
Die Inlandstämme von Holländisch-Neu-Guinea zeichnen sich aus
durch einen grossen kräftigen Körperbau. Die mittlere Grösse ist un-
gefähr 160 bis 162cm, doch sind Körperhöhen von 170cm und darüber
keine Seltenheit. Im Vergleich zu den Küstenstämmen fällt besonders
die Länge der Beine im Verhältnis zum Oberkörper auf. Besonders ein
Stamm am mittleren Mamberamo, in der Nähe der Südflussmündung,
zeichnet sich durch lange untere Extremitäten aus, sodass wir diesen
Leuten, die in sehr sumpfigen Gegenden hausen, geradezu den Namen
Sumpfriesen gegeben haben. Es war ein höchst ergötzlicher Anblick, diese
Abb. 5. Männer aus Taua (Koassa Kamboi-Ramboi).
langbeinigen Kerle in den Sümpfen herumpatschen zu sehen wie die
Stérche. Die Muskulatur der Inlandstämme ist ausserordentlich kräftig
entwickelt, namentlich die Brustmuskulatur und die Muskulatur der Arme.
Die mächtige Mähne, die wir bei den Küstenstämmen kennen gelernt,
fehlt ım Inland. Die Koassa Kamboi Ramboi und ihre Nachbarn, die
Borumessu tragen diese eigentümliche Frisur die Sie hier sehen. Die
Haare werden auf einem Rotangestell aufgewickelt, das spiralig um den
Kopf gelegt wird. Im Verein mit dem Bauchpanzer aus Rotanschnüren
und dem Brustgehänge, das Sie hier sehen, ergibt diese Frisur eine treff-
liche Bogenschützenrüstung. Die weiter südwärts wohnenden Stämme
tragen diese komplizierte Frisur nicht mehr. Gewöhnlich scheren diese
sich die Haare kurz und lassen nur auf dem Schopfe einen Büschel
längerer Haare stehen, andere scheren nur den Vorderkopf kurz und ver-
filzen die übrigen Haare zu zehn oder zwölf lockenähnlichen Gebilden,
ja einige hängen sich auch falsche Locken an, falls das eigene Haar nicht
Völkerstämme in Holländisch-Neuguinea. 335
ausreicht. Bei den Koassa Kamboi Ramboi und den Borumessu pflegen
sich die jüngeren Leute glatt zu rasieren, während die älteren Leute sehr
häufig Vollbärte tragen. Diese älteren Leute tragen dann auch nicht
mehr die Frisur, für die übrigens beide Stämme dasselbe Wort gebrauchen
wie für unsere europäischen Hüte. Bei den Sidjuai, Tori, Südfluss- und
Zentralgebirgsstämmen ist Rasieren nicht üblich, hier sieht man auch
jüngere Leute meist mit Vollbärten. Der Grund ist ganz klar der, dass
hier die Messer fehlen. Immerhin babe ich doch sehr häufig in den
Taschen auch von Angehörigen dieser
Stämme kleine Epilationsinstrumente in
Gestalt einer Muschel gefunden, so dass
wahrscheinlich von Zeit zu Zeit, vermutlich
zu den Festen, die Bart- und Körperhaare
entfernt werden dürften. Von Kopf-
messungen habe ich natürlich bei diesen
Leuten von vornherein abgesehen. Die
Gesichter, obgleich immer noch schmal,
sind doch breiter wie an der Küste. Joch-
bogenbreite ist etwa 140—145, die Nase ist
sehr breit, 4 bis 5: 1,5 mm.
Die Augen sind meist dunkelbraun,
auch im Inland wird sehr häufig der blaue
Irisring getroffen, die Hautfarbe ist er-
heblich dunkler als bei den Küstenstämmen.
Kahlköpfigkeit bei älteren Leuten ist recht
häufig. Bei den Stämmen am oberen
Mamberamo und am Südfluss tragen die
kahlköpfigen alten Leute Perrücken aus
Kasuarhaaren, und genau in derselben
Weise wie sich bei uns im 17. Jahrhundert
aus der Schutzperrücke die Schmuck-
perrücke entwickelt hat, hat sich auch bei
den Papuas aus der Kasuarperrücke, die
die kahlköpfigen alten Herren tragen, ein Abb. 6. Abusso
Schmuck entwickelt, der von den stutzer- (Koassa Kamboi-Ramboi).
haften jungen Leuten getragen wird.
Unter dieser Kasuarkrause werden von den Borumessu und Koassa
Kamboi Ramboi um die Stirn sehr häufig noch Bänder aus Muscheln und
Perlenbänder, die sie von der Küste eintauschen, oder aufgereihte Rotan-
früchte getragen. Sehr beliebt ist ferner ein Stirnschmuck aus gespaltenen
Eberzähnen, den man von den Koassa Kamboi Ramboi ab bis ins Zentral-
gebirge hinein, vorfindet, und der ursprünglich wohl auch den Zweck
gehabt hat, die Stirne gegen Pfeilschüsse zu schützen. Ausser dem eben
beschriebenen Bauchpanzer tragen die Koassa Kamboi Ramboi und die
Borumessu einen Lappen aus europäischem Tuch oder Baumrinde vor den
Geschlechtsteilen herunterhängend, er wird nicht zwischen den Beinen
durchgezogen. Auch weiter im Hinterlande wird dieser Schamlappen
836 E Moszkowski:
als einziges Kleidungsstück getragen, aber auch dieser fehlt zuweilen
noch, so dass sie dann nur mit ein paar Schnüren um die Hüften
bekleidet herumlaufen. Die Frauen tragen Lendentiicher aus Baumbast.
Der rechte, bzw. der linke Arm wird sehr häufig mit einer grossen Menge
von Armbändern aus Schweinsleder geschmückt, doch ist dies wohl
weniger ein Schmuck, als ein Schutz des betreffenden Armes gegen die
zurückschnellende Bogensehne.
Je nachdem diese Armbänder an der linken oder an der rechten
Hand getragen werden, kann man erkennen, ob der Träger Rechtser oder
Linkser ist. Das Verhältnis von rechtshändigen zu linkshändigen Individuen
ist nach meinen Beobachtungen etwa gleich. Die genaue Statistik, die ich
darüber angestellt habe, ist mir leider verloren gegangen. Gewöhnlich
tragen die Inland-Papua in einem Ohr eine Büchse aus Holz oder
Bambus, in der sie Tabak aufzubewahren pflegen. Sie sind ausser-
ordentlich starke, leidenschaftliche Raucher. Merkwürdigerweise bauen
die Koassa Kamboi Ramboi keinen Tabak an, während die weiter land-
einwärts wohnenden Borumessu, Tori und Südflussstämme dies tun; die
Zentralgebirgsstämme kennen den Tabak nicht und haben die Zigaretten,
die ich ihnen gab, nach dem ersten Zuge mit Abscheu weggeworfen.
Betel wird gleichfalls sehr stark gekaut, ist aber schon am Südfluss un-
bekannt.
Die Koassa Kamboi Ramboi und Borumessu tragen in der Nasen-
scheidewand meist ein kleines gebogenes Stückchen Porzellan oder Glas-
fluss, meist alte Tassenhenkel, ausserdem aber pflegen sie sich noch die
Nasenflügel zu durchbohren und eine Gabel aus Kasuarknochen, manche
aber auch Haarnadeln oder Nägel, durchzustecken.
Weiter im Inlande fehlt häufig der quere Nasenpflock, dagegen
haben sowohl Männer wie Frauen die Nasenflügel durchbohrt und tragen
Pflöcke aus Kasuar- oder Schweinsknochen darin, die sie oft auch übers
Kreuz stecken. Während die Koassa und Borumessu viel Glasperlen als
Schmuck tragen, sieht man diese Verzierungen im weiteren Inlande nur
sehr selten.
Ihr Schmuckbedürfnis befriedigen diese Leute, indem sie Stückchen
Knochen oder Krokodilzähne an den Gürtel und um den Hals hängen,
häufig sah ich auch Schärpen, die aus zusammengerollten Blättern be-
standen, die auf Bastfäden aufgereiht waren.
Wie Sie hier sehen, tragen die Koassa und Borumessu im Gürtel
hinten eine Art Schwanz, meist aus Blättern der Sagopalme gefertigt.
Weiter im Inland findet man diesen Schwanz nicht mehr, doch habe ich
in sehr vielen Hütten ganz ähnliche Schwänze gefunden, die aber aus
Kasuarfedern gefertigt waren und nur bei grossen Tanzfesten getragen
werden.
Es ist also auch hier wieder das Staatskleid im Wandel der Zeiten
zum Alltagskleid geworden. Die Koassa und Borumessu besitzen reichlich
Hauer und Messer; je weiter man ins Innere kommt, desto mehr treten
die eisernen Werkzeuge gegen solche aus Stein und Knochen zurück, doch
habe ich bis ins Zentralgebirge hinein, wie gesagt, kleine meisselartig
Völkerstämme in Holländisch-Neuguinea. 337
geformte Stückchen Eisen gefunden, die roh angeschärft waren und die
zum Verfertigen der Pfeile dienten. Irgendwelche Schnitzereien habe ich
weder bei den Koassa Kamboi Ramboi noch bei den andern Inland-
stimmen gefunden, trotzdem ich monatelang in den Hütten der Leute
gelebt und Hunderte von Hiitten bis in ihren letzten Winkel durchsucht
habe. Nur ihre Pfeile und die Obrtaschen werden mit Mustern verziert,
die mit den Zahnen der Unterkiefer einer Baumratte eingeritzt werden.
Da ich andere Reliquien wie Haare von Verstorbenen, Unterkiefer, die
mit Bastfäden zierlich umwunden und mit Tragbändern versehen waren,
also gelegentlich getragen wurden, Schädel, Tanzschmuck aus bunten
Kronentaubenfedern usw. reichlich gefunden habe, so möchte ich die
Behauptung aufstellen, dass den Inlandstämmen am Mamberamo der reiche
Kunstsinn, der die Bewohner des Augustaflusses auszeichnet, vollständig
abgeht.
Auch die täglichen Gebrauchsgegenstände sind sehr roh, besonders
bei den tief im Inland befindlichen Stämmen, die ja über keine eisernen
Werkzeuge verfügen. Die Koassa Kamboi Ramboi und die Borumessu haben
noch sehr gute Boote, sie haben die Kunst des Bootbauens ganz zweifel-
los von den Küstenstämmen gelernt, denn sowie man das van Rees-Gebirge
überschritten hat, also eine Zone erreicht, in welcher der Einfluss der Küsten-
stämme nur noch ein sehr indirekter sein kann, weil ja die Strom-
schnellen am van Rees-Gebirge eine absolute, für die Küstenvölker nicht
überschreitbare Barre bilden, findet man einen ganz anderen Typ von
Booten. Grosse Baumstämme werden mit Feuer und der Steinaxt aus-
geliöhlt, sonst aber nicht weiter bearbeite. Am hinteren Ende lässt man
eine Wand stehen, um Abschluss nach hinten zu bilden, und vorn wird
ein roher Sitz zurecht gehauen; auf diesem sitzt ein Manu, der mit einem
sehr roh gearbeiteten Schaufelruder das Fahrzeug vorwärts rudert und
steuert, ein oder zwei Männer helfen ihm mit langen Stossstangen. Ausser
den Booten sieht man auch sehr viel einfache, nur aus vier bis fünf
Stämmen bestehende Flésse. Im Südfluss kennt man Ruder über-
haupt nicht. Das Boot wird hier nur mit Stangen vorwärts gestossen.
Nur hin und wieder habe ich, und auch nur im Unterlauf, gesehen,
dass Männer sich aus halben Bambusrohren so eine Art Ruder zurecht
gemacht haben. Am oberen Südfluss sind die Boote noch elender. Hier
versteht man offenbar die Kunst, vorn und hinten eine Wand stehen zu
lassen, noch nicht. Die Boote sind da einfache hohle Baumstämme, die
vorn und hinten mit Lehm abgedichtet werden. Auf einem solch elenden
Fahrzeug habe ich selbst 5—600 km im Innern Neuguineas zurückgelegt.
Im Zentralgebirge selbst endlich ist dies Boot vollständig unbekannt.
Diese Löcher hier, die bei all diesen Einbäumen an den beiden Flanken
angebracht sind, sollen wohl dazu dienen, dass das Wasser, wenn die
Boote vollregnen oder vollschlagen, rasch wieder abfliessen kann.
Tätowierung fehlt, wie gesagt, ganz, dagegen pflegen sich jenseits
des van Rees-Gebirges sowohl Männer wie Frauen mit Russ zu bemalen
und zwar sowohl das Gesicht wie die Brust. Bei den Stämmen im Zentral-
gebirge gilt die Bemalung mit weisser Farbe als Zeichen des Friedens.
Zeitschrift für Ethnologie. Jahrg. 1911 Heft 2. 22
338 Moszkowski:
Einmal erwartete uns ein Zentralgebirgsmann, in dieser Weise bemalt,
mit bunten Blättern geschmückt, vor seinem Dorfe, dabei tanzte er fort-
während von einem Bein aufs andere, rollte die Fäuste umeinander und
schrie dazu in einemfort wau wau wau. Gewöhnlich allerdings waren
es nicht die Männer, die uns empfingen, sondern die Frauen, während
das tapfere Mannsvolk, hinter den Weibern verborgen, im Schilfe stand
und zitterte. Erst wenn ich dann auch meinerseits anfing wau wau wau
zu schreien und die Hände übereinander zu rollen, kamen auch die Männer
hervor.
Abb. 7. Pémari (Koassa Kamboi-Ramboi).
Die Rolle, welche die Frauen im Innern spielen, ist überhaupt eine
noch bedeutendere als bei den Küstenstämmen. Herr im Hause ist meist
die Schwiegermutter, welche auch den Tauschhandel leitete und uns oft
genug die Preise verdorben hat. Sehr charakteristisch für die Inland-
stämme ist es, dass das Leben von Mann und Frau fast vollständig
getrennt ist.
Schon bei den Koassa Kamboi Ramboi schlafen die Frauen in andern
Häusern als die Männer. Die Häuser der Männer stehen auf niedrigen
Pfählen und haben meist keine Wände; die Frauenhäuser sind ebenfalls
Pfahlbauten, viel kleiner, etwa 2 m im Quadrat, und ebenso hoch, dabei
bis zu einer Höhe von 1,50 m mit Wänden auf allen vier Seiten ver-
Völkerstämme in Holländisch-Neuguinea. 339
sehen, so dass die Frauen zwischen Dach und Wand hindurchkriechen
müssen. Sowohl die Männer- wie die Frauenhäuser haben ihre eigenen
Herde zu beiden Seiten des Hauses. Bei den Borumessu, Tori und
Südflussstämmen schlafen die Frauen unter dem Hause, wo sich auch der
Herd befindet, die Männer oben. Im Zentralgebirge selbst und bei den
'Sidjuai schlafen Männer und Frauen zusammen. Die Kohabitation darf
nicht im Hause ausgeübt werden, sondern nur im Walde, gewöhnlich in
den frühen Morgenstunden. Jungverheiratete Paare pflegen die ersten
Zeiten ihrer Ehe im Busch zuzubringen. Polygamie ist häufig, aber nicht
die Regel. Sie sind recht eifersüchtig, dabei aber doch sehr erpicht auf
die Frauen der andern. So war z. B. die erste Frage der Koassa, als ich
aus dem Zentralgebirge zurückkam, wie mir die Frauen der Tori dort
gefallen hätten. Scheidung ist recht häufig, und zwar ist es dann meistens
die Frau, die den Mann verlässt, um einem anderen, kräftigeren zu
folgen.
Auch in der Nahrungsaufnahme besteht ein grosser Unterschied
zwischen Mann und Frau. Die Papedda, der Sagobrei, wird am oberen
Mamberamo schon von den Borumessu an aufwärts nur von Frauen
gegessen. Für einen Mann gilt es als Schande Sagobrei zu essen. Die
Männer essen den Sago entweder roh oder im Feuer geröstet. Schwein
und Kasuar gelten als Männerspeise, Kronentauben als spezielle Frauen-
speise. Feuer wird jenseits des Zentral-Gebirges mittels einer Art Feuer-
sage, d. h. einer um ein Stück Holz gewundenen Bastschnur gemacht.
Geheiratet wird von den Männern verhältnismässig spät. Die un-
verheirateten Männer leben zusammen im Mannerhaus. Der Ursprung
des Männerhauses ist offenbar in gewiesen Emanzipationsbestrebungen der
Manner von der Tyrannei der Frauen zu suchen. Eine ganz direkte Folge
‚dieser Bestrebungen ist es, dass in den Männerhäusern die schlimmsten
~Orgien homosexueller Art gefeiert werden. Schamgefühl in dieser Be-
‘ziehung scheinen die Papua überhaupt nicht zu kennen. Es wurde in
unserer Gegenwart nicht nur in der abscheulichsten Weise gezotet, drei-
‘viertel der Unterhaltung der Papua besteht aus Zoten, sondern auch
homosexuelle Akte direkt markiert und gegenseitige Masturbation be-
trieben. Wenn ich versuchte Worterlisten bei irgend einem Stamm auf-
zunehmen, so wurde mir meist schon nach den ersten drei, vier Worten
in sehr handgreiflicher Weise das Wort für Penis, und oft auch für
Vagina und Cohabitation mitgeteilt. Ich möchte hierbei daran erinnern,
«dass es ja schon schon seit längerer Zeit bekannt ist, dass die Männer-
häuser bei den Küstenstämmen mit unzüchtigen Schnitzereien verziert
-sind. Leider sind die Pfeiler des berühmten Männerhauses der Rumsram
-zu Doreh, von dem Wallace berichtet, verloren gegangen oder befinden
-sich doch irgendwo in einem Speicher zu Leyden wohl verborgen. Ich
‚habe hier einen Pfeiler von einem Jünglingshause in Wandammen er-
‘werben können, der ja auch eine deutliche Sprache spricht, und den ich
die Herren nachher anzusehen bitte. Der Eintritt ins Männerhaus erfolgt
angefahr mit dem 10. Lebensjahre. Es wird dabei ein grosses Fest ge-
feiert, das ich anzusehen Gelegenheit hatte.
22*
340 Moszkowski:
Am Tage vorher miissen alle Frauen und Kinder das Dorf verlassen.
Die Novizen werden in das Mannerhaus gebracht, wo sie aber nach der
Sage noch blind sind und nicht sehen. Dann ertönt am Morgen kurz vor
Sonnenaufgang, die heilige Bambusflöte. Ein Gerät, das ängstlich vor den
Frauen gehütet werden muss, denn wenn die Frauen es sehen, oder gar
seinen Ton hören dann brausen die Wasser des Mamberamo auf, über-
schwemmen das Land und verschlingen alles Lebendige. Die Novizen
aber werden, wenn sie die heilige Flöte hören, sofort sehend und können
das Heiligtum des Männerhauses erkennen. Den Beschluss des Festes
macht ein grosses Festessen, bei dem aber nur Schweine und Kasuare
gegessen werden dürfen, und danach müssen die Schädel und die Bein-
knochen ins Feuer geworfen und verbrannt werden. Der Glaube an eine
Sündflut, wie ich sie Ihnen eben erzählt habe, spielt auch sonst in den
Sagen der Inlandstämme eine gewisse Rolle, wie aus beifolgender hübschen
Sage hervorgeht: Vor Zeiten lebte auf dem Naumoni ein Mann, Frauen
gab es nicht, der pflanzte Pisangs und daraus wurden Männer. Da kam
eines Tages eine Frau (woher?) und heiratete den Mann. Und nach °/,
Jahren genas sie eines Kindes. Der Mann aber ging tagsüber auf die
Jagd und tötete die Kasuare und Schweine und Rau-Raus (Kängeruhs)
und Kronentauben, soviel er fand. Das verdross die Tiere und sie be-
schlossen sich zu rächen. Eines Tages als der Mann wieder auf der Jagd
war, kamen die Tiere und fanden die Frau mit dem Kind an der Brust
schlafend. Da töteten sie das Kind und die Frau packte ein grosser
Kasuar am Gürtel und schleppte sie fort. Als nun der Mann nach Hause
kam, fand er seine Frau nicht vor. Da klagte er und weinte. Dann
aber schliff er sein Messer und ging seine Frau zu suchen. Von allen
seinen Hunden aber folgte ihm nur einer (Nekar). Da kam er an ein
kleines Flüsschen Bagudja. Da hörte er die Schweine und Kasuare und
Rau-Raus und Kronentauben tanzen und trommeln und singen. Seine
Frau aber hörte er klagen und der Kasuar hielt sie am Gürtel und tanzte-
mit ihr. Die Rau-Raus aber standen am Wasser und soffen. Auf diese-
stürzte sich der Hund. — Sagten die Rau-Raus, was denn, wir sind doch
Freunde! Schöne Freunde das sagte der Hund — ich werde Euch alle-
fressen. Und frass die Rau-Raus bis er sich ganz kugelrund gefressen
hatte, dann soff er und ging nach Hause schlafen. War der Mann nun
ganz allein. Da nahm er seinen Bogen, legte einen Pfeil auf, und schoss.
den grossen Kasuar, der die Frau am Gürtel hielt, aufs Blatt, dass er
-hinfiel und gleich tot war. Da lag aber ein grosser Baum, der sperrte
das Flüsschen Bajadja ab und eine dicke Liane hielt ihn am Ufer fest.
Nahm der Mann seinen Parang und schlug die Liane mitten durch, der
Baum fiel ins Wasser, und nun brauste der Mamberamo auf, gewaltige
Wassermassen stürzten in das Flüsschen hinein und überschwemmten weit
und breit das Land. Die Schweine und Kasuare und Kronentauben wollten
fliehen, aber immer höher und höher stieg die Flut. Da kamen sie auf
den Berg Vanessa, aber die Wasser überschwemmten auch diesen und so
‚mussten sie alle sterben, nur ein Schwein, ein Kasuar, ein Rau-Rau, eine
Kronentaube entrannen dem Verhängnis und von denen stammen die
Völkerstämme in Holländisch-Neuguinea.
341
heutigen Tiere ab. Auf dem Vanessa liegen heute noch die Knochen
herum. Der Mann aber bestieg seine Prau und fuhr wohlgemut mit seiner
pies
E Tr
e,
af
Er
dr AN
wä
di AA
Abb. 8. Borumessu-Mann.
-
Frau nach Hause und wurde der Stammvater des heutigen Menschen-
geschlechtes.
342 Moszkowski: Völkerstämme in Holländisch-Neuguinea.
Dieses Männerhausfest wird offenbar von allen Stämmen bis ins
Zentralgebirge hinein gefeiert. Bei den Tori bin ich mitten in ein solches
Fest hineingeschneit. Fast am südlichsten Punkt meiner Reise habe ich
ein Haus gefunden, vor dem ein grosser Haufen verbrannter Schweine-
und Kasuarknochen lag, ein Zeichen, dass hier ein Männerhausfest statt-
gefunden haben musste. Sonst habe ich über die Religion der Inland-
stämme nicht viel herausbringen können. Sie stellen sich vor, dass alle
Berge, Steine, Pflanzen, überhaupt die gesamte umgebende Natur belebt
ist. Wenn es donnert, so ist ein Berg in der Nähe böse, wenn jemand
ertrinkt, ist der Fluss erzürnt u. s.f. Ihre Toten pflegen sie auf hohen
Gerüsten im Walde, oft auch in der Nähe des Dorfes aufzubahren, wo
man sie liegen lässt bis das Gerüst zusammenstürzt. Die Geister der
Verstorbenen scheinen sie zu fürchten, da ein Dorf sofort verlassen wird,
wenn ein Todesfall eintritt. Witwen tragen zum Zeichen der Trauer
verschiedenartigen Kopfschmuck. Irgendwelche Behandlung von Krank-
heiten scheinen sie, nach dem was ich gesehen habe, nicht zu kennen.
Fieberkranke lieben es, sich in die Sonne zu legen und sich braten zu
lassen. Im allgemeinen gelten Kranke als verzaubert. Um gesund zu
werden, muss man den Zauberer finden, töten und essen. Menschenfleisch
wird nicht gebraten wie anderes Fleisch, sondern zwischen gespaltenem
Bambus oder Baumrinde in kleinen Stücken gekocht und dann mit einem
Gemüse von Farrnkräutern verspeist.
Über den Charakter der Inlandstämme kann ich eigentlich nur das
Beste berichten. Meine Erfahrungen sind hier diametral denen entgegen-
gesetzt, die man sonst mit Papua gemacht hat. Wohl erschien, wenn
ich mich einem Dorfe näherte, die gesamte Mannschaft, bis an die Zähne
bewaffnet am Ufer, schrie und tobte, schwang die Waffen, liess die Sehnen
der Bogen erklingen und forderte uns auf uns wegzuscheren. Da ich es
aber bei meiner unzureichenden Bewaffnung auf ein Gefecht nicht an-
kommen lassen konnte, war ich in diesen Fällen jedesmal ruhig auf sie
zugefahren und hatte ihnen meine sehr begehrenswerten Tauschartikel
gezeigt, ohne auch meinerseits zu den Waffen zu greifen, nach der alten
Regel, dass man einen bissigen Hund am ehesten damit beruhigt, dass
man sich nicht vor ihm fürchtet, sondern auf ihn zugeht und ihn streichelt.
Das hat denn auch immer Erfolg gehabt, und sobald die Leute von unserer
Harmlosigkeit und Friedfertigkeit überzeugt waren, haben sie ihre an-
fängliche Scheu und Wildheit bald abgelegt. — Es kam dazu, dass ich
mich von vornherein bemüht hatte, die am Ufer des Mamberamo ge-
sprochenen Sprachen kennen zu lernen, sodass ich mit den Leuten meist
in ihrer eigenen Sprache verkehren konnte. Wenn wir dann zum zweiten
Mal ın dasselbe Dorf kamen, dann hiess es nicht mehr: dola dola, mach’
dass du wegkommst, sondern dolachi, dolachi, du tarido — geh nicht weg,
geh nicht weg, bleib bei uns. Ich hatte in den Vorbergen des Zentral-
gebirges zwei meiner Jungens verloren, die sich im Walde verirrt hatten,
und in demselben Inner-Neu-Guinea, von dem es heisst, dass ein Ein-
geborener 100 Schritt von seinem Dorfe entfernt schon nicht mehr sicher
ist getötet zu werden, sind diese beiden Jungens überall von den Papua
Diskussion. 343
in liebenswürdigster Weise aufgenommen worden. Die Leute haben ihnen
Boote, Nahrung, Feuer und sogar Tabak gegeben. Und ich selbst, der
ich nur mit einem einzigen Papua die 300 km vom Zentralgebirge bis zu
den Stromschnellen habe zurücklegen müssen, bin nicht ein einziges Mal
in Gefahr gewesen, sondern bin überall auf das freundlichste aufgenommen
worden. Als ich einmal in einer Hütte übernachtete, besuchten mich -
zehn Papua und schwammen zu dem Zweck quer durch den Strom, dann
wollten sie in derselben Hütte schlafen, wie ich, was mir aus begreiflichen
Gründen natürlich nicht passte. Da genügte ein einfacher, in ent-
schiedenem Tone gegebener Befehl, ohne dass ich zu den Waffen ge-
griffen hätte, sie zu bewegen die Hütte zu verlassen und mir das Feld
zu räumen.
So kann ich mich rühmen 2000 km im Innern des verrufensten Landes
zurückgelegt zu haben, mit einer lächerlich kleinen Macht, ohne jemals
ın ein Gefecht verwickelt zu werden, und wenn ich auf etwas stolz bin,
so ist es das Bewusstsein, dass meine Expedition keinem Menschen, weder
einem meiner Begleiter, noch einem Papua das Leben gekostet hat.
Diskussion.
Hr. Neuhauss: Die vom Herrn Vorredner vorgeführten Papuas mit
den gewaltigen Haarperrücken aus dem Mündungsgebiete des Mamberamo
sind durch eine Reihe guter Aufnahmen seit ziemlich langer Zeit be-
kannt. Diejenigen Typen mit dem welligen bis lockigen Haar stellen
durchaus keine Sonderklasse von Papuas dar, sondern sind, worauf schon
der Gesichtsschnitt unzweideutig hinweist, durch Mischung von papuani-
schem und malaiischem Blut entstanden. Der Einfluss der Malaien ist in
jenen Gegenden seit langen Jahren ausserordentlich gross und macht sich
bis in das deutsche Gebiet hinein geltend. Die vom Herrn Vorredner
weiter im Innern aufgenommenen Typen sind an Zahl zu geringfügig,
als dass man über die Stellung dieser Völkerschaften ein Urteil abgeben
könnte. Ausserdem ist ein Teil der Bilder technisch zu unvollkommen
und zu stark retuschiert. Ich warne davor, aus einem vereinzelten Papua-
bilde einen Schluss auf die Körper- und Gesichtsbildung ziehen zu wollen.
Wenn Sie die von mir aus Deutsch-Neuguinea mitgebrachten 800 Papua-
typen, die sich hier oben in der Bibliothek unserer Gesellschaft befinden,
durchmustern, so werden Sie immer wieder sehen, dass in demselben,
engbegrenzten Stamme in bezug auf Körper- und Gesichtsbildung die
allergrössten Variationen auftreten.
Es wäre nun zur Klassifizierung dieser weiter im Inneren am Mambe-
ramo wohnenden Stämme ausserordentlich wichtig, wenn es sich mit
Sicherheit feststellen liesse, ob die Sprache dieser Leute melanesisch oder
papuanisch ist. Der Herr Vorredner behauptete vorher mit grosser Be-
stimmtheit, die Sprache sei papuanisch. Ich glaube ihm dies nicht so
ohne weiteres, wenn er uns hierfür nicht strikte Beweise liefert. Wir
finden nämlich, dass in Neuguinea die grösseren Ströme häufig die Ein-
fallspforten für eine melanesische Bevölkerung sind. Wie Sie wissen,
sind die melanesischen und papuanischen Sprachen streng geschieden.
344 Diskussion.
Die eine derselben verändert das Zeitwort durch Präfixe, die andere durch
Suffixe, bei der einen fehlen vereinzelte Buchstaben, die andre hat be-
sondere Verbalformen für Bedingungssätze usw. Im allgemeinen sind die
papuanischen Sprachen in bezug auf Grammatik und Wortschatz weit
komplizierter als die melanesischen. Ich bitte also den Herrn Vorredner,
uns in erster Linie in diesem Punkte Aufklärung zu geben, da er doch,
wie er uns mitteilte, mit den Leuten in ihren Sprachen verkehrte.
Was nun die religiösen Vorstellungen und Sagen anbelangt, so ist es
dem Europäer, der sich nur wenige Monate im Lande aufhält, unmöglich,
hier wirklich Authentisches in Erfahrung zu bringen. Der Papua hat viel
zu grosse Angst vor der Rache der ihn allerwärts umschwärmenden
Geister, als dass er irgend etwas verraten würde. Dabei ist er aber ein
sehr höflicher Mann und erzählt, soweit die Schwierigkeiten der Sprache
dies zulassen, dem ihn ausfragenden Europäer alles was er hören will;
nur verrät er nichts von seinen eigentlichen, altväterischen Überlieferungen.
Ferner hat er grosse Neigung, allerhand Modernes mit einem papuanischen
Mäntelchen zu umhängen und als alte Anschauungen auszugeben. Erst
nach jahrelangen Bemühungen, wenn der alte Glauben bereits ins Wanken
gebracht ist, wird es den Missionaren möglich, Verborgenes aus dem
Papua herauszuholen. In dem soeben ausgegebenen dritten Bande meines
Reisewerkes finden Sie all diese Verhältnisse eingehend erörtert. Am
verschlossensten ist der Papua dort, wo die Mission überhaupt noch nicht
mit ihm in Berührung kam. Das habe ich, als ich monatelang unter den
Sissanuleuten, nahe der holländischen Grenze lebte, zur Genüge erfahren.
Die vom Herrn Vorredner uns mitgeteilte Messiassage und die Sint-
flutsage gehören zweifellos zu den mit einem papuanischen Mäntelchen
umhängten biblischen Erzählungen. Die an der Küste stationierten
Missionare haben ihren schwarzen Schülern diese Geschichten vorgetragen,
und von Papuamund zu Papuamund sind sie, natürlich mit den nötigen
Abänderungen, bis tief ins Innere gelangt. Überflutungssagen gibt es in
Neuguinea überall, zumal dort durch die gewaltigen Erdbeben bis in die
neueste Zeit hinein mächtige Überflutungen stattfanden. Aber die uns
hier mitgeteilte Sintflutsage erinnert durch den Umstand, dass von jedem
Getier ein Exemplar übrig bleibt, doch allzu lebhaft an die Bibel.
Wegen der vorgeschrittenen Zeit kann ich auf verschiedene andere
Punkte des Vortrages nicht mehr eingehen. Ich möchte nur noch kurz
erwähnen, dass das Tragen von Schnurrbärten und „Fliegen“ keine
ursprüngliche papuanische Sitte ist. Vielmehr haben dies die Papua den
Europäern und Malaien nachgeahmt. Auch die Schwarztätowierung ist
importiert.
Hr. W. Müller: Zur Frage der von Herrn Dr. M. festgestellten
„echten“ Papuasprachen möchte ich folgendes konstatieren. Vor einigen
Tagen fragte mich Herr Dr. M., ob ich ihm einen Bearbeiter seines
papuanischen Sprachmaterials zu nennen wisse. Auf meine Frage, worin
denn dieses Material bestehe, erklärte Herr Dr. M., dass es sich aus-
schliesslich um Vokabularien handle. Meinem Einwand, dass bei
Diskussion, 345
papuanischen Sprachen im Gegensatze zu den melanesischen nur die
Grammatik zur Beurteilung ihrer Stellung zu verwerten sei, begegnete
Herr Dr. M. mit der Erklärung, dass seine Papuasprachen eine Gram-
matik nicht besässen. Ich erwiderte ihm, dass solche Sprachen selbstver-
standlich ein Unding seien, worauf ich zur Antwort erhielt, wie ich das
behaupten könne, ich sei doch in jenem Teil Neuguineas gar nicht ge-
wesen.
Hr. Moszkowski: Herr Neuhauss rennt mit den ersten zwei
Dritteln seiner Entgegnung offene Türen ein. Ich habe zu wiederholten
Malen erwähnt, dass in NW.-Neuguinea ein starker malayischer Einschlag
vorwaltet, sowohl kulturell wie anthropologisch. Gänzlich verkehrt ist
aber die Annahme, dass die zahlreichen Typen mit welligem Haar, die
z. B. auf Biak zu finden sind, etwa auf rezenten malayischen Einfluss
zurückzuführen wären. Hier liegt, wie ich schon im Vortrag ausgeführt
habe, offenbar eine uralte Vermischung prämalayischen Blutes mit
melanesischem vor. Das gleiche gilt auch von den cymotrichen Typen,
die Neuhauss nach seiner eigenen Angabe in Deutsch-Neuguinea ge-
funden hat.
Der blaue Irisring ist „natürlich“ kein arcus senilis, sondern etwas
ganz anderes, was Herr Neuhauss in dem Martinschen Buche: „Die
Inlandstämme der malayischen Halbinsel“ nachlesen mag.
Dass Herr Neuhauss selbst keinerlei Sagen aus den von ihm be-
reisten Gebieten mitgebracht hat, „obwohl er viel länger dort war“ als
ich, beweist eigentlich wenig gegen mich. Ks ist ganz natürlich, dass,
wenn man unter dem Schutz der Missionare reist und nur in solche
Gebiete kommt, die unter dem Einfluss der Missionstätigkeit stehen, man
zwar alle nur wünschenswerte Sicherheit für Leib und Leben hat, aber
dafür andere Forschungshindernisse in Kauf nehmen muss. Wo die
Missionare walten, deren Tätigkeit ich nicht etwa unterschätze, ist der
Eingeborene scheu und misstrauisch, traut sich nicht aus sich heraus.
Wenn man aber das Glück hat, in gänzlich unberührte Gebiete zu
kommen, wo man den Weissen noch nicht kennt und nicht scheut, da
kann man zwar eventuell einige Gefahr laufen, hat dann dafür aber auch
die Chance, das Vertrauen der im Grunde naiven und harmlosen Wilden
zu gewinnen. Und ebenso wie ich nicht gespeert und nicht gebraten
worden bin, ist es mir eben auch gelungen, über das Seelenleben meiner
schwarzen Gastfreunde dieses und jenes auszukundschaften. Im übrigen
ist die Sage vom Manseren Koreri verbürgt älter als das Auftreten der
ersten Missionare in NW.-Neuguinea und ausserdem eine geradezu
typische Kulturheroensage. Nicht minder typisch ist die Sintflutsage,
speziell in ihrer Verbindung mit der Jagd.
Herr Neuhauss zweifelt ferner an, dass die Typen, die ich Ihnen
als Inlandstämme gezeigt habe, wirklich echte Inlandpapuas sind. Nun,
den geradezu krassen Unterschied gegen die Typen der Küste kann wohl
keiner leugnen, die längeren Beine, die kolossale Muskulatur und die
breiteren Gesichter sind eben da und lassen sich nicht wegdiskutieren.
346 Diskussion.
Und schliesslich, wo sollten sich denn Inlandpapuas finden, wenn nicht im
Innern? Und dass ich im Innern Neuguineas war, etwa fünfmal’) weiter
von der Küste entfernt, als Herr Neuhauss je gekommen ist, tiefer als
je ein Europäer vor mir, das kann doch auch Herr Neuhauss nicht
leugnen! Und was sollten es denn sonst für Leute sein? Malayen und
Melanesen gehen nicht über 60 km lange Stromschnellen hinaus.
Herr Neuhauss versuchte mir endlich auf linguistischem Gebiet
Fallen zu stellen. Ich bin kein Linguist und habe auch nie prätendiert
einer zu sein. Aufs schärfste aber protestiere ich gegen die merkwürdige
Art und Weise, in der Herr Neuhauss versucht, um seine Verdienste in
ein helleres Licht zu setzen, die ehrliche und mühevolle Arbeit eines
anderen herunterzusetzen und zu verkleinern.
Herrn Müller gegenüber habe ich allerdings erklärt, dass die von
mir aufgenommenen Sprachen keine Grammatik hätten, denn z. B. dola
heisst gehe weg, ich gehe weg, du gehst weg u. s. f£ Ob es aber Sitte
ist, Privatgespräche ohne Not in die Diskussion zu tragen, möchte ich
füglich bestreiten.
Hr. W. Müller: Ich wünsche nur festzustellen, dass Herr Dr. M. in
Gegenwart von Zeugen selbst den Wunsch geäussert hat, ich möge ihn
interpellieren, da ihm daran gelegen sei, mir Öffentlich Rede und Antwort
zu stehen.
1) (Anmerkung bei der Korrektur) Auf meiner Inlandreise westlich vom
Sattelberge gelangte ich bis zu einem Punkte, der von der Küste in Luftlinie
60 Kilometer, auf meiner zweiten Markham-Reise bis zu einem Punkte, der von
der Mündung in Luftlinie 70 Kilometer, auf der Augustafluss-Reise bis zu einem
Punkt, der von der Mündung in Luftlinie 130 Kilometer entfernt liegt. 5x 130
macht 650. Ganz Neu-Guinea ist aber an der Stelle, wo Dr. Moszkowski reiste,
nur rund 400 Kilometer breit. Neuhauss.
Prahistorische Fachsitzung vom Il. Mai 1911.
Vortrige:
Hr. Hermann Busse: Neue und ältere Ausgrabungen von vorgeschichtlichen
Einzelfunden, Gräberfunden und Wohnplätzen bei Woltersdorf, Kreis Nieder-
Barnim. Mit Lichtbildern.
Hr. Hans Menzel: Die geologische Entwicklungsgeschichte der älteren Post-
glacialzeit im nördlichen Europa und ihre Beziehungen zur Prähistorie.
Vorsitzender: Hr. Otto Olshausen.
(1) Hr. Kiekebusch hat durch Postkarte aus Niedergörsdorf bei
Jüterbog mitgeteilt, dass in dortiger Gegend, auf dem Dennewitzer
Schlachtfelde, beim Chausseebau ein Gräberfeld mit ältesten Buckelurnen
angeschnitten sei, welches aber auch schon Eisen aufwiese, vor allem grosse
Mengen von Eisenschlacken in mit Lehm ausgekleideten Gruben. An der-
selben Stelle, in Niedergörsdorf selbst an der Dorfstrasse, fand er den
Grundriss eines Bauernhauses mit Stallung aus der Zeit der frühesten
deutschen Eroberung nach Vertreibung der Wenden (13. und 14. Jahr-
hundert) mit Herdraum und zwei Kammern, den Herd aus Feldsteinen.
Endlich traf er einen Burgwall aus vorwendischer Zeit, der jedoch im
frühesten Mittelalter schon verfallen war.
(2) Hr. Busse hält den angekündigten Vortrag
Neue und ältere Ausgrabungen von vorgeschichtlichen Einzelfunden,
Gräberfunden und Wohnplätzen bei Woltersdorf, Kreis Nieder-Barnim.
Der ausführliche Bericht wird ım 3. Heft der Zeitschrift erscheinen.
(3) Hr. Hans Menzel hält den angekündigten Vortrag
Die geologische Entwicklungsgeschichte der älteren Postglacialzeit im
nördlichen Europa und ihre Beziehungen zur Prähistorie.
Sitzung vom 20. Mai 191.
Vortriige:
Hr. Otto Messing: Uber die chinesische Staatsreligion und ihren Kultus. Mit
Lichtbildern.
Hr. Hans Virchow: Über die Weichteile des Chinesinnenfusses, Mit Licht-
bildern.
Vorsitzender: Hr. Hans Virchow.
(1) Verstorben Hr. Baumeister Peter Madsen in Berlin, Mitglied
seit 1889.
(2) Neu aufgenommen sind:
Hr. Regierungsrat Drescher in Frankfurt a. M.
Hr. Professor F. Förster in Bretten in Baden.
Krainisches Landesmuseum Rudolfinum in Laibach.
Hr. Rittergutsbesitzer v. d Osten, Wisbu bei Muddelmow in Pommern.
Hr. Direktor Marcel de Puydt in Liege, Belgien.
Hr. Dr. Hermann Schmidt, Wuhlgarten bei Biesdorf.
Hr. Romulus Vuia in Hatzeg Hunyad in Ungarn.
Hr. Dr. Paul Ziegenhagen in Danzig.
(3) Der Verband der Vereine für Volkskunde wird eine Delegierten-
versammlung in Einbeck abhalten. Hr. Sökeland wird gebeten werden
dabei die Gesellschaft zu vertreten.
(4) Ein interaationaler Rassenkongress (First universal Races Congress)
soll in London vom 26. bis 29. Juli stattfinden. Hr. von Luschan wird
dabei die Gesellschaft vertreten.
(5) Ein Ausflug soll im Juni, am 24. und 25., stattfinden, worüber
näheres noch mitgeteilt werden wird.
(6) Hr. Otto Messing hält den angekündigten Vortrag:
Über die chinesische Staatsreligion und ihren Kultus.
Nächst der Sprache ist es die Religion und deren Kultus in erster
Linie, die wir verstehen müssen, um den Charakter ihrer Träger ver-
Messing: Chinesische Staatsreligion. 349
stehen, um einen wahren Einblick in die Seele eines Volkes tun zu
können. |
Beide, Sprache und Religion, sind in China die ältesten Zeugen be-
stehender Kultur; das mittlere und nördliche China, die Ursitze chine-
sischer Gesittung, sind zugleich Heimat des edelsten Dialektes, und die
religiösen Ideen haben in China ebensowenig einen übernatürlichen Ur-
sprung wie in anderen Religionen, sie wurzeln im grauesten Altertum der
Geschichte, greifen sogar auf die Prähistorie des Landes zurück. Sie mit
einem dieser ehrwürdigen ältesten Kulturfaktoren des chinesischen Staates,
der sog. „Staatsreligion* und mit ihrem Kultus bekannt zu machen, ist
meine Absicht.
Es liegt dabei nicht in meinen Intentionen über diese Darstellung
hinauszugreifen, für die Probleme egene Lösungen zu bieten oder Fol-
gerungen aus eigener Machtvollkommenheit zu ziehen; nur das allgemeine
Interesse zur Sache lässt mich zu Ihnen über ein Thema sprechen, dessen
Tiefe bei weitem noch nicht durch die wissenschaftlichen Untersuchungen
der Sinologen ergründet ist.
Gleich dem Schauplatz der Weltgeschichte im Westen hat sich auch
der im Osten des Kontinents in der nördlich gemässigten Zone abgespielt,
der Typus und Charakter des Volkes sich auch hier dem Naturtypus der
Lokalitäten angepasst und im Laufe der weltgeschichtlichen Entwickelung
bis auf unsere Tage behauptet.
Wie und ob überhaupt eine Einwanderung der Bewohner des heutigen
Chinas erfolgt ist, liegt ausserhalb unseres Themas. Tatsache ist, dass die
Chinesen bei ihrem ersten Erscheinen in der Geschichte sich in der Ge-
gend der heutigen Provinz Shansi befinden, in einem Gebiet welches durch
die östliche Hälfte der heutigen Provinz Shensi, den Westen von Chihli
und Shantung und den nördlichen Teil der Provinz Honan begrenzt wird.
Die Hauptstadt war Yang Hsia, in der Nähe des heutigen Taikang Hsien
in Honan, 34° nördl. Br., 114,54° östl. L.
Wie uns ein Blick auf die Karte zeigt, war es die mittlere Talebene
der Huangho, des Gelben Flusses, nachdem er den Weiho in sich auf-
genommen, und nachdem beide Flüsse das Hochgebirge durchbrochen
haben und in die grosse Tiefebene getreten sind, welche bestimmt war,
den Mittelpunkt chinesischer Kultur, den Kern des Reiches in seiner noch
unaufgeschlossenen Selbständigkeit zu bilden.
Infolge der Regelmässigkeit der Jahreszeiten wurde das Volk seit
Beginn seiner Existenz auf den Ackerbau, oder vielmehr Gartenbau, als
erstes Prinzip seiner Tätigkeit verwiesen; die ältesten Berichte erwähnen
bereits die Begriffe des Grundeigentums und die sich darauf beziehenden
Rechtsverhältnisse.
Wir finden ferner schon in den ältesten Zeiten die Anfänge einer
Schriftsprache, die sich im Wechsel der Zeit, wie mitten im Gewirr der
lebenden Dialekte stets als einheitliches Ganzes repräsentiert. Die als
Ausdruck der Sprache gestalteten Zeichen dienten in erster Linie als
Mittel zur Staatsordnung, sie galten von jeher bis heutigen Tages noch
als etwas Heiliges.
850 Messing:
Seit den ältesten Zeiten bis zum Ende des zweiten Jahrhunderts v. u. Z.,
als der sich zum erstenmal in der Geschichte ti „Kaiser“ nennende be-
rühmte und berüchtigte Herrscher Shi huangti die Dynastie der Tsin, 255
bis 206 v. u. Z., gegründet und die Nachkommen der „Hundertfamilien“,
unter seinem Szepter zu einem grossen Gemeinwesen, der Basis des
heutigen China, vereint hatte bis zu dieser Zeit hielt sich das Volk von
den umwohnenden Völkern abgeschlossen, auf eigenem Boden der inneren
Entwicklung zugewandt, einen seiner Rasse eigentümlichen Typus der
Zivilisation entfaltend, den eine besondere kontinentale Sesshaftigkeit,
dem Handel und der Schiffahrt oder einer kolonisatorischen Ausdehnung
abgeneigt, charakterisiert, bei der nicht das Individuum als solches,
sondern die patriarchalisch kommunistische Familie zur Geltung kam,
und das Familienpatriarchat zum gesellschaftlichen Patriarchat mit dem
Fürsten an der Spitze wurde. Das Individuum war nur ein Glied des
Volkes, der Sippe, sofern es mit der Rasse durch das Band der Bluts-
verwandtschaft verknüpft war.
Die chinesischen Urkunden, aus denen wir die Kenntnisse des Alter-
tums und somit auch die = religiösen Zustände der alten Zeiten
schöpfen, sind dia
5 kanonischen Biicher, die Wu King,
und die
4 klassischen Bücher, die Sze Shu,
zusammen die 9 den Chinesen heiligen Bücher.
Von den Wu-king, es sind dies das Yi-king oder kanonische Buch
der Wandlungen, das Shu-king, das kanonische Buch der Urkunden,
das Shi-king, das kanonische Buch der Lieder, das Liki, die Auf-
zeichnung über die Riten, das Chun tsiu, Frühling und Herbst, die
Chronik des Staates Lu, interessieren uns hauptsächlich das Shu-king,
Shi-king und das Li-ki, während die Sze shu einer späteren Kultur-
epoche angehören und aus der nach-Confuzianischen Zeit stammen.
Diese 5 kanonischen Bücher liegen ihrer zeitlichen Entstehung nach weit
auseinander. Während das Yi-king, eins der ältesten Denkmäler des
chinesischen Schriftentums, aber das dunkelste und am schwersten ver-
ständliche Produkt der gesamten Literatur, wohl zu Anfang der Chou-
Dynastie, also im 12. Jahrhundert v. u. Z, entstanden, datiert das Liki,
in der vorliegenden Fassung, erst aus dem zweiten Jahrhundert nach unserer
Zeitrechnung. Allerdings rühren die meisten der darin aufgenommenen
Texte aus einer sehr viel älteren Zeit her. Das Chun tsiu, die Chronik
des Staates Lu von 722—481 v. u. Z, ist das einzige Buch, dessen Ver-
fasser wir genau kennen, es ist Kung; anscheinend ein Werk seiner
eigenen Hand, religionswissenschaftlich aber von geringer Bedeutung.
Das Shi-king überliefert uns Gedichte, die wohl der ältesten Periode
der chinesischen Geschichte angehören, und die nach dem Berichte Sze
ma tsiens, dem alte und gute Quellen zu Gebote standen, von Kung aus
3000 alten Liedern gesammelt und der Nachwelt überliefert wurden. Das
Shu-king beginnt in bescheidener Weise mit chronologischen Auf-
zeichnungen über die Regierung des Häuptlings, oder wie er bei den
Chinesische Staatsreligion. 351
Chinesen seit alters bis auf den heutigen Tag genannt wird „Kaiser“
Yao, ungefähr 2400, und endet mit Herzog Mu des Fürstentums Tsin,
ungefähr 627 v. u. Z., umfasst also einen Zeitraum von 1600 Jahren. Es
zerfällt in zwei an innerem Wert nicht gleichen Hälften, von denen die
erste meist aus Aufzeichnungen älterer Überlieferungen besteht, und das
was wir heute haben, ist der Rest der teils bei der Bücherverbrennung
Tsin Shi huangtis übrig geblieben, teils durch mündliche Traditionen
gerettet worden ist. Diese sämtlichen Bücher sind aber keineswegs
religiöse Urkunden, nicht gleich den Literaturen anderer Kulturvölker des
Altertums ausschliesslich religiösen Inhaltes. Die chinesischen Historiker
haben überhaupt nicht in unserem Sinne Geschichte geschrieben, sie haben
nur in prosaischer Weise chronologisch eine Menge historischer Tatsachen
in ihren Werken erwähnt und angehäuft und in deren Angaben sich
allerdings als sehr zuverlässig erwiesen, sie haben sich aber nicht der Ar-
beit unterzogen, Tatsachen auf ihre Ursachen und Wirkungen hin zu
prüfen, und so finden wir auch den Glaubensinhalt der altchinesischen
Religion in diesen kanonischen Büchern nur in allgemeinen Umrissen
wiedergegeben. Angaben über das bei den Opfern zur Verwendung ge-
langende Material und über das Ritual der Opfer selbst fehlen gänzlich.
Das Shu enthält hauptsächlich Reden, Ermahnungen, kurze Aussprüche
der alten Herrscher in „lapidarer Kürze“, wie Grube es ausdrückt, die
meist mit den Worten beginnen:
„wenn wir die alte Geschichte zu Rate ziehen, so finden wir...“,
sie greifen also auf die weite Vergangenheit zurück. Den sich aus den
alten Überlieferungen ergebenden Mangel haben wir uns aus dem Ent-
wicklungsgang der Staatsreligion seit der Chou-Dynastie, also seit der
Zeit, wo die Geschichte uns durch Überlieferungen nahezu oder ganz sicher
verbürgt ist und aus den Aufzeichnungen späterer Dynastien bis auf die
gegenwärtige der Tsing, wie sie im grossen Staatshandbuch, dem Ta Tsing
hoei tien, niedergelegt sind, zu ergänzen.
Die Berichte jener alten legendenhaften und halbgeschichtlichen Zeit
überliefern die religiöse Anschauung als eine primitive Gottesverehrung,
verbunden mit einem Naturkultus. Als Shun, einer der legendenhaften
Herrscher, den Thron bestieg, opferte er dem „Shangti“, dem „erhabenen
Herrscher“, den sechs Verehrungwürdigen, den Bergen, Flüssen und den
hundert Geistern. Gleichzeitig und in engem Zusammenhange mit diesem
Kultus finden wir die Einrichtung der Ahnenverehrung.
Diese Verehrung des „Shangti“, des höchsten Herrschers bildet die
ursprüngliche chinesische Staats- oder Reichsreligion, sie ist die Religion
des Staates, des Reiches, d. h. des chinesischen Staates, des chinesischen
Reiches, Shen ° tao * tsiao*, die „Lehre des obersten wahren Geistes“.
Sie steht als solche in keinem nachweisbar historischen Zusammenhange
mit der anderer Kulturvölker.
Wie der religiöse Zustand des Volkes in seinen alten Zeiten im All-
gemeinen war, lässt sich natürlich heute nicht mehr feststellen; der Kultus
aber war wahrscheinlich schon damals, was er heute ist, eine religiöse
Zeremonie der regierenden Klassen, an deren Spitze als einziger Hohe-
352 Messing:
Priester der Kaiser, als Sohn des Himmels, Tien-tsze, Repräsentant und
Mittler zwischen dem höchsten Herrscher und dem Volke, d. h. ausschliesslich
dem chinesischen Volke stand, welches als solches der Zeremonie als stummer
Zuschauer beiwohnte.
In seinen wesentlichen Formen hat sich der Kultus unter allen
Dynastien, wie sie im Laufe der Zeit einander gefolgt sind, aufrecht-
erhalten. Ist es allerdings Gebrauch gewesen bei Antritt einer neuen
Dynastie neue Vorschriften über die Handhabung religiöser Gebräuche zu
erlassen, so erheischte doch das Interesse der aufeinander folgenden
Dynastien stets in sehr weitgehendem Masse die alten Gebräuche fort-
zusetzen und an der geheiligten religiösen Überlieferung festzuhalten, um
mit der neuen Dynastie dem Volke das Bild eines hilfsbereiten Schützers
in Zeiten der Not vor Augen zu führen, mit dem Volksinstinkt zu
rechnen, und somit in dem konservativen Element durch den steten Hin-
weis auf die Verknüpfung mit den fernsten Vorgängen in der Heiligkeit
der Tradition der Zusammengehörigkeit der chinesischen Rasse zu beharren.
Wenn aber das Liki ausdrücklich erwähnt, dass Neuerungen und
Änderungen seit den ältesten Zeiten vorgenommen wurden, so ist es
ausserdem klar, dass jede neue Dynastie es in ihrem Interesse hielt, die
Zeremonie feierlicher und wirkungsvoller zu gestalten, die wir uns in den
ältesten Zeiten unter primitivsten Lebensbedingungen nicht anders als im
höchsten Grade einfach vorzustellen haben.
Als Resultat der Wandlungen der Anschauungen, wie sie im Laufe
der Jahrtausende stattgefunden haben und in der religiösen Auffassung
zum Ausdruck gelangen, können wir anführen, dass den uns überkommenen
Überlieferungen nach die älteste vorgeschichtliche, halbmythische
Zeit, d. 1. 2500—1200 v. u. Z. rein monotheistisch war, die sich seit der
Chou-Periode, mit der wir auf halbgeschichtlichen und wirklich
geschichtlichen Boden zu stehen kommen, in eine dualistische — Himmel
und Erde — umwandelte, und sich in einer dritten Periode seit dem
6. Jahrhundert v. u. Z. bis auf den heutigen Tag zu einer materialistischen
oder vielmehr agnostischen, mit einem leisen Anklang monotheistischer
Auffassung gestaltete. Die wesentliche Änderung der philosophischen
Weltanschauung unter der Chou-Dynastie musste allerdings auch eine
durchgreifende Änderung des Zeremoniells nötig machen.
Aber seit der von Kublai Khan gegründeten mongolischen (Yuän)
Dynastie 1280—1368 u. Z. sind keine wesentlichen Änderungen des Kultus
eingetreten, wie er heute noch unter der jetzigen Dynastie, im Ta Tsing
hoei tien, im ,Staatshandbuch der grossen Tsing“ niedergelegt zur Aus-
führung gelangt. Fand diese alte Staatsreligion, als solche weiterbestehend,
in der Lehre des Kung ihre Weiterentwicklung und ihren Abschluss, so
gaben Überlieferungen einer vermutlich von altersher bestehenden anderen
Volksreligion, die jedoch durch die ältesten Literaturdenkmäler, soweit
sie uns überkommen, nicht belegt ist, sich aber mehr an die Traditionen
der Shang-Dynastie 1766 — 1122 v. u. Z. der Vorgängerin der Chou-
Dynastie gehalten zu haben scheint, die Grundlage für den späteren
Taoismus, dem wiederum in dem 5. und 4. Jahrhundert v. u. Z. die ersten
Chinesische Staatsreligion. 353
tiber Land eindringenden Nachrichten der Hindulehre mit ihren charak-
teristischen Eigenschaften der ländlichen Abgeschlossenheit und des
Asketismus ein markantes Gepräge gegeben haben, der aber nicht auf
den Taoteking der Laotsze als Quelle zurückzuführen ist.
Aus dieser zweifachen Abzweigung, der Lehre des Confuzius, in den
9 kanonischen Biichern wurzelnd, dem Taoismus, aus einem alten Volks-
glauben hervorgegangen, denen sich als dritte Lehre, der zu Anfang u. Z.
in China eingeführte Buddhismus hinzugesellte, entwickelte sich der zum
Terminus technicus gewordene Begriff der „drei Lehren“ San chiao‘;
diese drei Lehren, von denen wiederum namentlich Buddhismus und
Taoismus in der chinesischen Welt eine starke Wechselwirkung auf ein-
ander ausgeübt haben, bilden in krassester Form des Geister-, Spuk- und
Aberglaubens, die animistische Volksreligion des heutigen Chinas.
Der alte chinesische Religionskultus der Verehrung des Shangti
nimmt keine persönliche Offenbarung an, er kennt keinen besonderen
Priesterstand, obgleich gerade unter den obwaltenden Verhältnissen die
für Jahrhunderte lange vollkommene Isolierung und Fernhaltung aller
fremdartigen störenden Einflüsse von dem Geiste des Volkes, dem Empor-
kommen und Erblühen der — ich bediene mich dabei der Worte Köppens —
yin jedem Boden, unter jedem Klima und unter den verschiedensten Ver-
haltnissen gedeihenden Pflanze“ der Hierarchie besonders günstig gewesen
wäre; der alte chinesische Religionskultus kennt keine Bilder — für eine
bildliche Darstellung des Gottheitsbegriffes ist in der Staatsreligion nie
ein Bedürfnis gewesen — er kennt keine Tempel, kein Dogma, und ist
trotzdem ein strengen Zeremonien unterworfener Kultus, reich an Schau-
gepränge. Auch geschahen im alten China keine Wunder! Shangti ist
ferner nicht mit schöpferischer Kraft bekleidet, er ist nicht „Gott“ im
Sinne der Juden, Christen und Mohammedaner, der im Anfang den Himmel
und die Erde schuf, und im Hinblick auf diese Funktionen des biblischen
Gottes erscheint eine Übersetzung des Wortes „Gott“ mit „Shangti“
nicht möglich.
Die ursprüngliche Auffassung einer Weltschöpfung war, dass alle
Dinge aus sich selbst kamen, ihre Erzeugung eine spontane war. Die
Philosophie lässt aus einer Einheit die dualen Mächte, Yang und Yin, das
männliche und weibliche Prinzip der Natur, und aus diesen die Dinge
hervorgehen; aber die Mythologie, die übrigens bei den Chinesen nur eine
geringe Rolle spielt, setzt dafür Pankoo ein, das erste Individuum in
Zwerggestalt und in Bärenfell gekleidet, welches die Herkulesarbeit voll-
brachte, das Chaos zu formen, welches ihn hervorgebracht, und die Erde
auszumeisseln, damit sie ihm einen Aufenthalt gäbe. — Und als Beweis
dafür, dass das China des Altertums dasselbe schon war, wie es heute ist,
heisst es weiter:
„Die Insekten an seinem Körper wurden zu Menschen.“
Was haben wir nun unter Shangti zu verstehen?
In allen Klassikern finden wir die konstante Bezeichnung ti, shangti,
huang shangti. Die chinesischen Lexika erklären „ti“ als rechtsprechen,
herrschen, also, da das Chinesische keiner Flexion und keiner Wortformung
Zeitschrift für Ethnologie. Jahrg. 1911. Heft 2. 23
354 Messing:
fähig ist, das Wort als solches nur Begriffswert hat, — auch Richter,
Herrscher, Lord, ,Shangti* heisst daher oberster Herrscher oder Richter,
huang shangti, Grosser oder Erhabener Herr — Herrscher —.
Dem Volke war er von jeher ein Geist voller Erhabenheit, ein
lebendes, denkendes Wesen, allwissend, allmächtig, allgegenwärtig, ihm
aber menschliche Züge zu geben, eine anthropomorphe Vorstellung sich
von ihm zu machen, dazu hat sich die Phantasie der Chinesen, wie erwähnt,
nie verstiegen. Die einschlägige Literatur bietet hierzu nur vereinzelte
Belege, die Vorstellung einer von ihm ausgehenden Natur- und Welt-
ordnung war überwiegend; ebenso kommt nur in einem Gebet eines
Kaisers der Ming-Periode ein augenfälliger, auf eine schöpferische Eigen-
schaft des Shangti hinweisender Passus vor. Das Gebet lautet in der
Übersetzung ungefähr wie folgt:
„Zu Anfang war ein grosses Chaos, farblos ohne Form, in seiner
Mitte zeigte sich weder Form noch Klang. Du, o erhabener Geist tratest
in Erscheinung in Deinem Reiche, und das erste was Du tatest war,
Reines vom Unreinen zu trennen, Du schufst den Himmel, Du schufst
die Erde, Du schufst den Menschen. Alle Dinge erhielten ihr Leben mit
der Kraft sich fortzupflanzen.“
Im Glauben an diesen obersten Herrscher „Shangti“, sind die Ordnung
der Natur und der Hergang der Begebenheiten der Ausdruck des göttlichen
Gesetzes; durch ihn gelangen Könige zur Herrschaft, und Fürsten zur
Gewalt, also ein wahres „Gottesgnadentum“. Er setzt sie ein und setzt
sie ab. Die Könige sind seine Minister, von ihm eingesetzt zum Schutz
und zur Führung des Volkes sind sie die Ausführenden seines Willens
und seiner Pläne. Seine Augen ruhen auf ihnen, Billigung oder Miss-
billigung, Lohn oder Strafe wartet ihrer, je nach ihren Taten oder
Leistungen. Von ihm kommt Wohl und Wehe, Gedeihen und Unglück,
ohne Ansehen der Person; durch ausserordentliche Phänomene, wie Über-
schwemmungen, Dürre, Erdbeben gibt Shangti zu erkennen, dass die
Harmonie zwischen den 3 Grundwesen (san tsai), der Welt nämlich, dem
Himmel, dem Menschen und der Erde gestört ist; der sündige Mensch
und namentlich der Fürst muss dann in sich gehen, durch Reue und
Besserung den Himmel wieder zu versöhnen, die Ordnung wieder herzu-
stellen suchen. Wer Gutes tut, ist seines Segens sicher, der Schlechte
seiner Verdammnis. Der lasterhafte Tyrann wird durch ihn nieder-
geschmettert, der Würdigste auf den Thron erhoben. Gegen seinen
Richterspruch gibt es keine Berufung und kein Entfliehen, ausser durch
Reue und Besserung; gnädig zu den Guten ist er, erbarmungslos zu den
Schlechten. Er leitet und beschützt den guten Herrscher.
Wir sehen also, wie im alten Judentum besteht auch in der Staats-
religion Chinas das intimste Verhältnis zwischen der Gottheit und ihrem
Volke; Shangti ist auch hier der Gott „seines Volkes“, er ist das oberste
Mitglied des Gemeinwesens, er lebt innerhalb und mit der sozialen Ein-
heit, er ist der Ausdruck derselben; eine Auffassung, die die Chinesen
seit ihrem ersten Auftauchen in der Geschichte bis auf den heutigen Tag
sich bewahrt haben.
Chinesische Staatsreligion. 355
Aber ebenso häufig wie den Ausdruck Shangti finden wir in den
Klassikern für den Namen des höchsten Wesen, vielleicht noch häufiger,
Dien K Himmel, shang t‘ien, hoher, höchster Himmel, huang Gen, er- .
habener Himmel, hao Dien grosser, mächtiger Himmel; Gen gebildet aus
dem Klassenzeichen 37, X, ta gross, und darüber — die alle Menschen
überragende und leitende Macht, deren Sinnbild das Fundament, deren
Herrschaft auch das Grösste, den Menschen, unter sich halt. Ein würdiges
Element des Gottbegriffes! „Himmel“ ist vorzugsweise der Ausdruck bei
den alten Chinesen für den Gottesgedanken, die einzige erhabene
Gottesgewalt; er kommt im Shu king fast auf jeder Seite vor, wobei
Himmel und Shangti abwechselnd gebraucht werden. Oft begegnet man
beiden in ein und demselben Satz. Was von Shangti an einer Stelle ge-
sagt wird, heisst an einer anderen vom Himmel. Es scheint also kein
Unterschied zwischen beiden Ausdrücken zu bestehen. Ein Kommentator,
Chu Hsi, berühmter Philosoph 1130—1200 u. Z., der Sung-Dynastie 960
bis 1260 u. Z. sagt: „Himmel ist Gott, und Gott ist Himmel“, aber er
resumiert, dass, „wenn in dem Gedanken Macht und Weltordnung be-
sonders zum Ausdruck kommen soll, der Name Shangti gebraucht wird,
ist jedoch der Begriff des Schutzes, der Pflege und des Gedeihens hervor-
zuheben, dann heisst es der „Himmel““. Der Himmel bringt die Mensch-
heit hervor, flösst ihnen Leidenschaften ein, zieht für sie gute und weise
Herrscher heran, er erwählt die Besten des Volkes und macht sie zu
Königen, er bestimmt Fall und Aufschwung der Menschen; Reiche, Könige
und Minister sind nur des Himmels Diener. Das Auge des Himmels ist
stetig auf den Herrscher gerichtet und vermerkt Gutes und Böses. Vor
ihm gibt es keine Günstlinge, Tugend allein unterstützt er. Dem Bösen
entzieht er seinen Schutz und gibt den Thron einem Würdigeren. Der
Himmel ist allwissend und überall und ein Vorbild den weisen Königen.
Er ist allmächtig, niemand kann seinem Willen widerstehen; der Mensch
ist nichts vor dem grossen Himmel. Seine Majestät ist erhaben, ihm wird
von allen Menschen gehuldigt. Der Himmel liebt das Volk, er hat mit
den Armen und denen, die im Elend sind Erbarmen. Er ist der Rächer
böser Taten. Der Himmel hört und sieht, wie das Volk hört und sieht.
Das sind in kurzen Skizzen Übersetzungen aus dem Shu king über
den Himmel.
Und das Shi king sagt: „des hohen Himmels Wirkungsweise ist
ohne Geruch und Lant.“ Der Ausdruck dieser Wirkung des Himmels,
„ohne Geruch und Laut“, die nichtsdestoweniger alles in der Welt ent-
stehen lässt, ist die Bestimmung, die Fügung des Himmels, das Leben
des Menschen geradezu.
Beweisen diese Stellen deutlich, dass die Chinesen des Altertums unter
dem Begriff „Himmel“ neben seiner Eigenschaft als Aufenthaltsort der
Kaiser und Könige nach ihrem Tode und in derselben Metapher wie in
europäischen Sprachen eine lebende, denkende, allwissende, allmächtige
und allgegenwärtige Macht verstanden, eine Macht, von der auch die All-
gewalt über den Menschen und sein Schicksal ausgeht, so ist doch
23*
356 Messing:
daran festzuhalten, dass der Ausdruck t‘ien, Himmel, ursprünglich nur das
Himmelszelt, welches die Erde umgibt, an dem man die regelmässigen
Bewegungen der Gestirne beobachtet, welches die Jahreszeiten und die
meteorologischen Erscheinungen hervorzubringen scheint, bedeutet, und
dass die chinesische Sprache für die wirkliche wie die metaphorische Be-
deutung nur den einen Ausdruck t‘ien hat, überhaupt je gehabt hat.
T‘ién-ti, Himmel und Erde, stehen sich auch nach chinesischen Begriffen
in wirklicher und übertragener Bedeutung gegenüber, und wie dem
Himmel, so wird mit Beginn der Chou-Dynastie auch in der Staatsreligion
der „Erde“ als koordinierter Kraft eine in gleichem Masse göttliche Attri-
bute besitzende Gewalt zugesprochen, es wird sogar auch in Verbindung mit
Shangti hit selbst ti 4f, Erde, genannt; dagegen weiss die alte chinesische
Reichsreligion ebensowenig wie das Alte Testament von einem Gegensatz
zwischen Himmel und Hölle, als Aufenthaltsort nach dem Tode zur Be-
lohnung oder Bestrafung guten oder bösen Lebenswandels oder von einem
Paradies in biblischer Auffassung. Der grosse König Wu, Gründer der
Chou-Dynastie, spricht zu den versammelten Edlen, denen er seinen
Willen, den Tyrann Chou hsie zu bekämpfen, kundgab, vom Himmel und
Erde als „Vater und Mutter aller Dinge“. Als dann der Kampf vorüber
war und Wu eine Art Krönungsrede hielt, ruft eraus: „dem grossen Himmel
und der Herrscherin Erde“ von seinem Plan Kenntnis gegeben zu haben.
Ausser dem Shangti, dem obersten Herrscher — (Gen dem Himmel
— und ti der Erde —, werden auch den Geistern des Himmels und der
Erde, denen des Landes, der Feldfrüchte, der Berge und Flüsse in der
chinesischen Staatsreligion göttliche Verehrung erwiesen. Nicht, dass die
göttliche Verehrung den Bergen und Strömen, den Feldfrüchten als solchen
zuteil wurde, sie galt den Geistern, von deren Wesen man allerdings keine
klare Vorstellung hatte, von denen man aber das ganze Weltall beseelt
glaubte, die man selbst für unsichtbar, aber durch ihre Kraft alles be-
wirkend, in ihren Funktionen eher für ausübende Organe des himmlischen
Geistes, Vermittler zwischen dem Menschen und dem Himmel hielt.
Im allgemeinen spielen die Geister im Shu-king eine untergeordnete
Rolle und der Stellen, wo sie erwähnt werden, sind nicht viele.
Zu diesen Naturgeistern des Himmels und der Erde kommt aber noch
die Kategorie der menschlichen Geister hinzu, — dem Glauben an die
Fortdauer abgeschiedener Menschenseelen, der zweifelsohne bestand, ent-
sprungen. Alle nehmen sie Anteil an menschlichen Dingen, auf die sie
einwirken, weshalb denn auch ihre Gunst durch Opfer gesucht, sie ange-
rufen und ihnen alle Vorgänge des persönlichen und Familienlebens an-
gezeigt, die menschlichen Geister namentlich aber durch besondere Zere-
monien sofort nach dem Eintritt des Todes des betreffenden Angehörigen
zurückgerufen werden.
Die Verehrung der Geister der Verstorbenen, der Ahnen, tzu? tsung!,
entspringt den besten Prinzipien menschlicher Natur. Der Ahnenkultus,
seinem Wesen nach auf die Träger eines gleichen Geschlechtsnamens be-
schränkt, hat keine Staatsgemeinschaft, sondern nur Geschlechts- oder
Stammesgenossenschaft zur Voraussetzung. Es scheint daher, da er bereits
Chinesische Staatsreligion. 357
in den ältesten Schriften, dem Shu-king und Shi-king als etwas Bestehen-
des, als ein Kultus mit Tempeln, vorgeschriebenen Riten Erwähnung ge-
tan wird, dass er seinen Ursprung in der frühesten, gleichsam prähisto-
rischen Entwicklungsphase des chinesischen religiösen Glaubens hat, und
bereits der eingangs erwähnten, patriarchalisch kommunistischen An-
schauung und Entwickelung des Volkscharakters als Basis diente.
Der Ahnenkultus bildet in der Tat seit alters her die eigentliche
„Religion“ des chinesischen Volkes, und die halbmythischen Kaiser Yao
und Shun, die bis auf den heutigen Tag dem Fürsten und Volk als
Herrscherideale gelten, sind es, die in den alten Überlieferungen des
Shu-king als erste Träger des Ahnenkultus handelnd vorgeführt werden.
Es war im Ahnentempel, als, diesen Überlieferungen nach, Yao dem
Shun die Zügel der Regierung übergab, und als Shun von seiner ersten
Rundfahrt im Reich zurückkehrte, ging er zum Tempel des „edlen Ahnen“
und opferte einen Stier. Als Yao nach Jahren starb, ging Shun nach dem
Tempel des „vollendeten Ahnen“, um ihm seine Thronbesteigung anzu-
zeigen. Er setzte darauf einen Religionsminister ein, der „Leiter des
Ahnentempel“ genannt wurde, womit die Bedeutung der Ahnenverehrung
in jenen alten Zeiten kundgegeben wird.
Die Stelle im Shu-king lautet: „Der Kaiser Shun sagte: ‚Du, Meister
der vier Berge, sage mir, ist hier jemand, der die Leitung der drei re-
ligiösen Zeremonien übernehmen kann?‘ Alle im Hofe Versammelten
riefen: ‚Das kann nur Baron Jr Der Kaiser sprach: ‚Du Baron J sollst
der Leiter des Ahnentempels sein. Von Morgen bis Abend musst du
deinen Pflichten obliegen, sei aufrichtig, halte dich rein‘.“
Die drei religiösen Zeremonien sind den Dienst zu verrichten für die
Geister des Himmels, (Gen shen’, für die Geister der Erde ti chi? und
für die Geister der Verstorbenen jen kuei‘.
Über das Ritual beim Ahnenkultus gibt das Liki eingehendste Vor-
schriften, ausserdem enthält das Shu und das Shi jene ergänzende Infor-
mationen. Im Altertum musste bei der Zeremonie der Darbringung des
Opfers der Ahne, dem das Opfer galt, persönlich vertreten sein. Dieser
persönliche Vertreter — durch Friedrich Rückerts Übersetzung des
Shiking ist die Benennung „Der Totenknabe“, in die deutsche sinologische
Literatur übergegangen — musste ein direkter Nachkomme des Ahnen,
und ein Sohn des das Opfer vollziehenden Herrschers sein. Während der
Zeremonie stellte dieser Vertreter, Shi D „Leiche“ genannt, den Ver-
storbenen dar, und wurde als ob er selbst gestorben angesehen. Er
bildete den Vermittler zwischen dem Verstorbenen und den Leid-
tragenden, deren Petitionen für den Verstorbenen er entgegennahm, und
dessen Erwiderungen er den Leidtragenden, die das Opfer darbrachten,
überbrachte. Diese altehrwürdige Sitte wurde seit der Tsin-Dynastie im
3. Jahrhundert v. u. Z. abgeschafft, es traten an ihre Stelle die Ahnentafeln,
Shen chu oder Shen chu pai, als Repräsentanten des Geistes des Ver-
storbenen, der wenigstens für die Dauer der Opferdarbringung als in der
Tafel weilend gedacht wurde. Jede Familie hat ihren Schrein für ihre
Vorfahren, aber es gibt nur einen Ahnentempel für das regierende
358 Messing:
Herrscherhaus, welcher unmittelbar dem regierenden Souverän untersteht.
Dies ist der „grosse Tempel“ tai miao.
Der Ahnentempel ist seit prähistorischen Zeiten ein ganz wesentliches
Hilfsmittel souveräner Macht gewesen. Die Dynastie und somit die
Familie eines gestürzten Herrschers hatte ihr Ende erreicht, denn die
öffentlichen Opfer konnten von einem entthronten Herrscher nicht mehr
dargebracht werden. Als Zeichen seiner Macht errichtete dagegen der
neue Herrscher einen Tempel für die Ahnen seiner eigenen Vorfahren,
durch deren Verdienste er zur Regierung gelangt war und denen, als
Vorfahren seiner Dynastie, er nunmehr opferte. Die hervorragende Wich-
tigkeit die man, nächst der Verehrung des Shangti dem Ahnenkultus
innerhalb der Staatsreligion beilegte, beweist, dass der Minister dem die
Gesamtleitung oben genannter 3 Zeremonien, d. i. die Opfer für die Geister
des Himmels, der Erde und der Abgeschiedenen übertragen war, „Leiter
des Ahnentempels“ genannt wurde, und es ist bis auf die heutigen Tage
noch eine Ehrenbenennung für den Präsidenten des Li pu gewesen,
ta tsung po, d. h. Chef des Ahnentempels zu sein.
Wie ein katholischer Dom seine Kapellen, Nischen und Altäre, so
hat auch ein chinesischer Ahnentempel seine verschiedenen Abteile, und
zwar waren es unter der Shang Dynastie 7 Schreine; unter den Chou
wurden zwei hinzugefügt für die Gründer der Dynastie: Wen Wang und
Wu Wang. Ersterer erhielt einen Schrein im Nordwesten, letzterer im
Nordosten. Bei jedem Wechsel der Dynastie änderte sich natürlich das
Bild, und die Ahnen der alten Dynastie mussten denen der neuen den
Platz räumen. |
Hinter dem Miao ist an jeder Seite ein Chao, den Ahnen des
Gründers der Dynastie dediziert, dahinter das Tan für weiter zurück-
liegende Ahnen und dann das Shan für noch entferntere Vorfahren.
Hinter dem Shan waren die Kuei, die namenlosen Vorfahren. Gelegent-
lich des Todes des vorigen Kaisers Kuang Hsü erschien für die Auf-
stellung der Kaiserlichen Seelentafeln nachfolgendes Edikt, welches die
Verhältnisse unter der jetzigen Dynastie klarstellen dürfte. Das Edikt
lautet:
Kaiserliches Edikt.
Die für den Ahnentempel Unserer Dynastie geltenden Normen werden
wohl überlegt und in Ehrfurcht befolgt. In der ersten Halle stehen die
Seelentafeln Seiner Majestät des verewigten ersten Kaisers Tai-tsu Kao-
huang-ti (1616—1627) und der folgenden sieben Generationen alle nach
Süden gerichtet. *)
Die Seelentafeln Seiner Majestät des verewigten Kaisers Hsüan-tsung
Cheng-huang-ti (Tao Kuang 1821—1851) und der ihm folgenden drei
Generationen?)
1) Das sind: Tai Tsu = Tien ming, Tien tsung, Tsung tê, Shun chih, Kang
hsi, Yung ching, Kien lung, Kia king.
2) Das sind: Tao kuang, Hsien féng, Tung chih, Kuang bet,
Chinesische Staatsreligion. 359
stehen alle zu beiden Seiten nach Osten und Westen gerichtet. Das
stimmt eigentlich nicht mit dem Worte des Altertums überein. dass Rechts
gegen Norden und Links gegen Süden schauen soll. Ihre Majestäten die
verewigten Kaiser Mu-tsung I-huang-ti (Tung Chih 1862—1875) und
Te-tsung Ching-huang-ti (Kuang Hsü 1875—1908) sind als Sprossen der-
selben Generation ohne Leibeserben verstorben. Da gilt es nach dem
Worte des Meisters Chu der Sung-Dynastie (Chu Hsi siehe oben S. 355)
zu handeln, welcher sagt: „Die Aufstellung der Seelentafeln muss rechts
und links erfolgen und es dürfen bei der Aufstellung keine Rangunter-
schiede gemacht werden“. Die Riten sind aus dem entstanden, was recht
ist, wie Tai (Tai Te im 2. Jahrhundert n. Ch.) in seinem Werke über die
Riten anschaulich schildert, und dürfen nicht eigenmächtig geändert
werden, weil Stellen der kanonischen Bücher sich widersprechen.
Das Grosssekretariat hat uns jetzt das Zeremoniell für die Aufstellung
der Allerhöchsten Seelentafeln vorgelegt und darin vorgeschlagen, die
Tafel Seiner Majestät des verewigten Kaisers Te-tsung Ching-huang-ti in
der zweiten Halle des Ahnentempels in der fünften Nische hinter dem
zweiten Pfeiler im Westen und in der ersten Halle im Westen die
Tafel Seiner Majestät des verewigten Kaisers Wentsung Hsien-huang-ti
(Hsien Feng 1851—1862) aufzustellen, so dass die im Westen ehrfurchts-
voll niedergestellten Seelentafeln nach Osten blicken und so zur Genüge
bekundet wird, dass Seine Majestät der verewigte Kaiser derselben
Generation angehörte wie sein Adoptivvater. Da so die Wünsche aller
Unserer im Himmel weilenden heiligen Ahnen erfüllt werden, soll dieser
Vorschlag Norm sein.
„Die Aufstellung der Seelentafel im Tempel Hsin-feng-tien soll in
derselben Weise geschehen, damit die Opfer richtig erfolgen und Unsere
kindliche Pietät bekundet wird. Das einzuhaltende Zeremoniell soll die
zuständige Behörde ehrerbietig ausarbeiten“.
In beiden ältesten Quellen, dem Shu king und Shi king, handelt es
sich stets nur um fürstliche Ahnen, und das Volk, die grosse Masse, spielt
auch hier keine Rolle.
Dass das Shu nnd das Shi nie von der Masse des Volkes spricht,
darf aber nicht Wunder nehmen, denn die Schicksale fast jeden Volkes
in der ersten Zeit seiner Entwicklung werden mehr oder weniger aus-
schliesslich durch Charaktere und Taten seiner Herrscher bestimmt; die
Geschichte der Häupter ist zugleich die der Gesamtheit, und so führen
auch hier die alten Herrscher, deren Ratgeber und Grosswürdenträger,
allein das Wort. Aber die grossen Ritualwerke, vor allem das Liki, sagen
ausdrücklich, dass auch in alten Zeiten das niedere Volk den Manen seiner
verstorbenen Vorfahren regelmässig Opfer darbrachte.
In alten Zeiten bestand ein enger Zusammennang der Verehrung der
kaiserlichen Ahnen mit den Göttern des Bodens, ursprünglich Lokal-
Gottheiten; vor dem Antlitz der Ahnen, d. h. vor den Alınentafeln wurden
von dem Herrscher Belohnungen, angesichts der Götter, d. h. der Tafeln
der Geister des Grund und Bodens, Todesstrafen erteilt.
360 Messing:
Ferner war es in jenen alten Zeiten auch Brauch, dass der Fürst
bei seinen Rundfahrten in den verschiedenen Teilen seines Reiches, be-
sonders aber, wenn er in den Krieg zog, einen kleinen Wagen, in dem
die Tafeln seiner Ahnen und solche der Götter des Grund und Bodens
verwahrt waren, mit sich führte. Der Fürst hatte so seine Ahnen stets
um sich, er erfreute sich stets des Bewusstseins unter ihrem Schutze zu
stehen, und hatte Gelegenheit, ihnen so oft es die Vorschrift erheischte,
Verehrung zuteil werden zu lassen. Der Kaiser wollte die Verantwortung
in wichtigen Angelegenheiten nicht auf sich allein nehmen, er wollte
Strafen und Belohnungen erteilen in Verbindung mit diesen unsichtbaren
Kräften, deren Tafeln er zu diesem Zwecke mit sich führte und mit ihrer
Zustimmung. Dass Belohnungen vor den Ahnentafeln, Strafen vor den
Tafeln der Schutzgottheiten des Bodens erteilt wurden, birgt wieder die
dualistische Natur chinesischer Gottesverehrung in der chinesischen Philo-
sophie in sich, deren wir bereits oben gedachten. Der Ahnentempel ist
zur linken Hand, d. h. nach Osten zu gelegen, das ist Yang, die mächtigere
der dualen Mächte, während der Altar der Götter des Grund und Bodens
rechts gelegen ist, oder nach Westen, d. i. Yin, die untergeordnete duale
Macht. Links nnd rechts wurden natürlich von dem Palast des Kaisers
aus bestimmt, der nach Süden zu gelegen, so dass links Ost, rechts West
war. Im Ahnentempel, Tai Miao, sind die Tafeln an der nördlichen Seite nach
Süden zugewandt aufgestellt, so dass der die Verehrung Verrichtende von
Süden herankommt und nach Norden sich vor den Tafeln niederwirft.
Beim Altar der Götter des Bodens sind dagegen die Tafeln vom Süden
nach Norden zu angebracht und der Anbetende, von Norden kommend,
wirft sich gen Süden nieder.
Der Ahnentempel, den Platz des höheren Prinzips Yang einnehmend,
ist somit der Platz für Belohnungen, denen demnach in der Staats-
verwaltung ein höherer Rang zugesprochen wird, während der Altar des
Gottes des Bodens als untergeordnetes Prinzip Yin der Platz für Strafen
war, letztere somit in der Staatsmaschine als von untergeordneter Be-
deutung angesehen werden.
Die Geister der Ahnen der Kaiser nahmen schon sehr früh, wenn
überhaupt nicht von Anbeginn, einen höheren Rang ein; sie waren při
wei, d. h. sie wurden zusammen mit Shangti und dem Himmel verehrt,
sie waren „Tafelgenossen“ d. h. ihre Ahnentafeln wurden bei den Opfern
beim Sommer- und Wintersolstitium zusammen aufgestellt.
Diese Sitte ist für mehr oder weniger 243 Kaiser von den 24 Dynastien
der chinesischen Geschichte in Anwendung gekommen und zu allen diesen
Kaisern sind während der Dauer ihrer Dynastie, als pei wei Gebete
emporgestiegen, sie hatten im Rang gleiche Ahnentafeln mit Shangti inne.
Nach dem Fall einer Dynastie, deren Kaiser von der neuen Dynastie nicht
mehr derartige göttliche Verehrung zuteil wurde, waren es nur einige von
ihnen, die noch beim vorigen Kaiser Kuang hsü in dem ti wang miao, dem
„Tempel der Kaiser und Könige“, dieses Vorrecht genossen, gleichsam, als ob
sie nicht der Verdammnis einer vergangenen Dynastie anheimgefallen wären.
Im westlichen Teil der sog. Tartarenstadt Pekings befindet sich dieser
Chinesische Staatsreligion. 361
Tempel mit Schreinen für 188 Kaiser und Könige und 79 berühmte
Minister vergangener Dynastien.
Die verstorbenen Kaiser wurden von den hohen Beamten, die ihnen
bei Lebzeiten gedient hatten, umgeben geglaubt, die sich an den ihren
Souverinen dargebrachten Opfern gemeinsam erfreuten; es spiegelte sich
so Rang und Reihenfolge der niederen Welt wieder in dem Staats-Ahnen-
kultus, ein Abglanz des kaiserlichen Staates in der oberen Welt. Der
gestaltlosen Macht des höchsten Herrschers und des Himmels gegenüber
blieb alles Menschliche menschlich und natürlich.
Dies sind im allgemeinen die Grundzüge der Ahnenverehrung, wie
sie dem Shu king entnommen, ausführlicher aber, und für jeden einzelnen
Fall bestimmt, im Buch der Riten, dem Liki, enthalten sind.
Dem Gefühl der Zugehörigkeit zu den übermenschlichen Mächten,
den Naturkräften, und der ganzen Abhängigkeit von ihnen Ausdruck zu
geben, mit diesen Mächten in Verbindung zu treten, die durch wissentlich
oder unwissentlich begangene Fehler gestörte Verbindung wieder her-
zustellen, jene ursprüngliche Form der Gottesverehrung, wie wir sie im
. Shu king zum Ausdruck gelangt finden, führt uns zur Betrachtung der
Handlungen, die mit dem Namen Kultus, in ihrer Urform als Opfer und
Gebet, in Erscheinung treten.
Die Chinesen des Altertums hatten gewisse feststehende Gebete, sie
kannten jedoch nicht die stete Wiederholung gewisser heiliger Worte,
ich erinnere dabei an das „Nama amitabbha“ und das „Omitöfoo“ der
Buddhisten, an das „Allah il allah!“ „Im Namen Allahs, des Erbarmers
des Barmherzigen“, die Einleitungsworte der Suren des Koräns, an das
Ave Maria und das Rosenkranzbeten der Katholiken Auch suchten sie
nicht aus solchen Wiederholungen einen besonderen Einfluss auf die
Gottheit auszuüben, sie besonders gnädig zu stimmen, oder den Betenden
von besonderer Ehrerbietung erfüllt hinstellen zu wollen. Nach dem
Chou li, dem Buch der Riten der Chou-Dynastie, gab es mehrere Beamte
für das Gebet, an der Spitze stand der Grossbeter (ta tshuh), dessen Auf-
gabe es war, gewisse Gebete zu verrichten. Die Gebete trugen im Alter-
tum den Charakter freier Gebete, man betete zum Himmel, zu den ver-
schiedenen Geistern und den Ahnen. Die mit Gebeten verbundenen,
dem Himmel dargebrachten feierlichen Opfer waren aber dem Kaiser
allein vorbehalten, dem Himmel für seine Wohltaten zu danken, Wünsche
und Bitten an ihn zu richten, stand Jedem frei.
Der Zweck des Opfers ist, die Gottheit zu „informieren“, ihr, den
Ahnen oder den Geistern Kenntnis zu geben von den Vorgängen des
Reiches oder des Einzelnen, wobei der Opfernde die Stellung eines der
Gottheit, den Ahnen oder den Geistern Subordinierten einnimmt.
Alle Gebete sind Bitt- oder Dankgebete, von Sühnopfern sowie
Bussgebeten wissen wenigstens die Chinesen der späteren Zeit nichts.
Der Chinese ist nicht in Sünde geboren, er weiss von keiner Erbsünde;
der Mensch ist von Natur aus gut, nur unter dem Druck der Verhältnisse
kann er schlecht werden.
Kann man die Gebete wie die Opfer in solche teilen, die zu be-
362 Messing:
stimmten feststehenden Zeiten stattfinden, wie Bittgebete vor, und Dank-
gebete nach der Ernte, und in solche, die bei besonderer Veranlassung,
Thronbesteigung, Beginn oder gliickliches Ende eines Krieges, stattfinden,
so kann man doch im allgemeinen sagen, dass alle Gebete auf ein
irdisches Wohlergehen, Gesundheit, langes Leben, reichliche Ernte, hohes
Alter, Erhaltung der Herrschaft, wie die Wünsche der Chinesen über-
haupt nur auf Weltliches gerichtet sind. Ebenso lag den dargebrachten
Opfern nicht ein symbolischer Gedanke, nicht der Gedanke der Entrichtung
eines Tributes der Busse oder Sühne zugrunde, sondern der eines Banketts,
wie ja eins der Charaktere für „Opfer“ überhaupt in der Übersetzung
„ein Bankett geben“ lautet. Was Delitzsch!) von der altisraelitischen
und babylonischen Religion sagt, findet ebenso Anwendung auf die
chinesische Staatsreligion, es waren Religionen des Diesseits, wie dort
so auch hier hat alles Dichten und Trachten des Menschen ausschliesslich
das irdische Leben zum Inhalt. Opfer, namentlich der Ahnen, gilt aber
den Chinesen für eine heilige Pflicht, und ein Beweis dafür, dass der
Opferdienst stets ein ausgedehnter gewesen ist, ist die grosse Anzahl der
Schriftzeichen für Opfer, deren die chinesische Sprache hat. |
Die Machtstellung und der Rang der Geister, denen das für be-
sondere Zwecke mit einem besonderen Namen belegte Opfer galt, einer-
seits, andererseits der Rang und die Machtstellung der Opfernden, waren
die massgebenden Faktoren für das Opfer.
Das Liki nennt vier grosse Opfer: 1. das Kiao, d. i. die „Grenze“,
2. das grosse Hsiang, 3. die drei Hsien, 4. das eine Hsien.
Das Kiao gilt dem Shangti und wurde im Altertum an der Grenze
des Reiches dem obersten Herrscher, Shangti, dargebracht, das grosse
Hsiang, ta Hsiang findet alle drei Jahre im Ahnentempel statt, die Hsien-
Opfer gelten den Geistern.
In dem Liki heisst es ferner: „Der Himmelssohn opfert dem Himmel
und der Erde, den berühmten Bergen und grossen Strömen des Reiches.
Die fünf heiligen Berge (das sind der Tai shan, der Berg des Gedeihens,
im Osten, Hua shan, Blumenberg im Westen, Heng shan im Süden
(Hunan), Heng shan, Berg des Ausharrens in Chihli, und Shun shan in
Honan), behandelt er dabei wie die höchsten Würdenträger des Reiches;
die vier heiligen Ströme (das sind: der Yangtsze, Huangho, Wei und Tsi,
wie Lehnsfürsten“.
Der Himmelssohn und die Lelmnsfürsten opferten ferner den Manen
derer, die ihren (d. h. des Himmelssohnes und des Lehnsfürsten) Staat
ursprünglich inne gehabt hatten, und denen, die niemand hatten, der
dem Ahnenopfer vorstand, d. h. die keine lebenden Nachkommen mehr
hatten.
Der Himmelssohn brachte im Frühjahr den Ahnen gesonderte Opfer
dar, im Sommer, Herbst und Winter gemeinsame Opfer; d. h. im ersten
Fall wurde den Ahnen einzeln geopfert, im zweiten Falle wurden sämt-
1) Friedrich Delitzsch, Das Land ohne Heimkehr, die Gedanken der
Babvlonier-Assyrer über Tod und Jenseits.
Chinesische Staatsreligion. 363
liche Ahnentafeln in den Tempel des Urahn geschafft, wo der Kaiser
allen gemeinsam opferte.
Das höchste Opfer Kiao, das Himmelsopfer, welches auf dem Himmels-
altar und ausschliesslich vom Kaiser in eigener Person ausgeführt wird,
ist aus vorgeschichtlicher Zeit herübergekommen, es ist eine Opfer-
zeremonie, deren Ursprung und eigentliche Bedeutung den Chinesen voll-
kommen entschwunden ist, aber ein Fest hehrer Freude, wobei jegliches
Zeichen der Trauer, jegliche Wehklage bei strengen Strafen in weitem
Umkreise verboten ist, denn alles, was mit einem Toten im weitesten
Sinne in Zusammenhang steht, ist Unglück bringend. Seit altersher ist
——— nn
i J hy :
~~! ay Sa] `
— | kees
zu m.
$ x
C E $
3
' i :
‘
> =
KK
D A Fr ze
ES A = |
7 N wa
a — p d E
Abb. 1. Der Himmelstempel Chi Nien Tien, Peking.
es stets die Hauptstadt gewesen, in deren südliche Vorstadt die ent-
sprechenden Anlagen gelegen sind und seit dem Jahre 1421, als der dritte
Kaiser der Ming-Dynastie Nanking verliess und Peking zur Hauptstadt
machte, hier in der Chinesenstadt, die sich im Süden an die Tartaren-
Stadt anschliesst der Ort der heiligen Handlung. (Abb. 5, S. 369). Der
Komplex misst 1750 m im Umfang, ist zweifach von Mauern umschlossen,
zwischen denen ein Hain herrlicher Zypressen sich erstreckt, und zerfällt in
zwei Tele, der nördliche mit dem sog. Himmelstempel, der Chiku Tan,
der Altar für das Gebet um Getreide, oder wie er offiziell mit Namen belegt
wird, Chi Nien Tien, d. h. der Tempel für ein glückliches Jahr (Abb. 1),
und der südliche, der Yuen kiu, „der runde Hügel“, mit dem Himmels-
364 Messing:
altar, dem Tien-Tan (Abb. 2). Das Gebäude des Himmelstempels ist
reich mit kostbarem Schnitzwerk versehen, im Aussern in seiner einzigen
Symetrie der Proportionen ein wunderbares Bauwerk; ein magisches Licht
durchflutet durch blaue Glasjalousien sein Inneres. In schweigender Ma-
jestät in der Tat ein heiliger Ort.
Der Tempel wurde vom Kaiser Chien Lung, dem 5. Kaiser der jetzigen
Dynastie errichtet, und nachdem das Gebäude im Jahre 1889 nieder-
gebrannt war, neuerdings genau nach den alten Plänen wieder aufgebaut.
Wie das einfallende Licht azurblau, so ist während der Zeremonie im
Innern alles blau, die Opfergeräte sind von blauem Porzellan, die bei der
Zeremonie Beteiligten sind in blaue Brokatgewänder gekleidet; soll doch
der irdische Tempel einen Widerschein des Himmelsgewölbes geben,
wo dem Himmel göttliche Verehrung auf Erde erwiesen wird.
Farbensymbolismus ist ein besonderer Charakter des chinesischen
Ritus. Beim Tempel der Erde ist alles erdfarben, gelb, beim Tempel der
Ki eege Se, i Sr
) d toler Beer wis
Abb. 2. Der Himmelsaltar Tien-Tan, Peking.
Sonne rot, beim Tempel des Mondes weiss, oder vielmehr ein fahles grau-
blau, yüeh pai „Mondschein weiss“.
Der Tien-tan, das den Chinesen allerheiligste Bauwerk, besteht aus
drei runden offenen Marmorterrassen mit Balustraden und 4 Haupttreppen
an den 4 Kardinalpunkten, den Himmelsrichtungen, auf denen man zu der
obersten Terrasse emporsteigt. Die Dimensionen sind: Höhe 27, Durch-
messer der Terrassen 210, 150 und 90 Fuss. Die Treppen haben je 9 Stufen,
auf der obersten Plattform bilden Marmorsteine 9 konzentrische Kreise,
9 Himmel darstellend, wobei sich die Zahl der verwandten Steine in pro-
portionalem Verhältnis vervielfältigt bis im äussersten Kreis die Zalıl 81
erreicht wird, wie überhaupt alles auf die Zahl 9, die Lieblingsnummer
der Zahlenphilosophie, oder deren Mehrheit hinauslauft *).
Wenn der Kaiser sich bei der Opferzeremonie in der Mitte des Altars
niederwirft, umgeben von der sich dreifach abstufenden Terrasse, deren
(Geländer und in der Ferne vom Horizont, scheint er in der Tat im
1) Einen ausführlichen Grundriss hat Boerschmann in seinem Vortrag
„Architektur- und Kulturstudien in China“ gegeben. Seite 403 unserer Zeitschrift,
Jahrg. 1910.
—— ni
Chinesische Staatsreligion. 365
Mittelpunkt des Weltalls dem Himmel seine Huldigung darzubringen, vor
dem, und vor dem nur allein, er sich beugt.
Die heiligen Tafeln werden neben dem Altar in einem Gebäude mit
rundem Dach und blauglasierten Ziegeln, der sog. „Kaiserlichen blauen
Kammer“ aufbewahrt (Abb. 3), der Ofen für sämtliche Brandopfer befindet
sich in Pfeilschussweite südöstlich vom Altar, von aussen mit grünen
Ziegeln bekleidet. Die Stiere und andere Opfertiere, welche für die Opfer zur
Verwendung gelangen, werden in den Parkanlagen gehalten. Als Opfer-
tiere gelten nur solche, die den Menschen als Nahrung dienen. Das
geweihte Fleisch wird nach dem alten Ritual zugerichtet, in eigenen zu
|
>
a, WM
pyr” SA
N
e in N
Se
Abb. 3. Tempel „die blaue Kammer“ in dem Komplex des Himmelstempels, Peking.
diesem Zwecke gebauten Küchen, denen sich besondere Schlachthäuser
und Zubehör, wie Lagerräume für Gemüse, Früchte, Korn und Wein an-
schliessen. Nach dem Ta Tsing hoei tien untersteht das Himmelsopfer
dem Ministerium der Zeremonien, der Riten, früher Lipu jetzt Min-
chengpu, Ministerium des Innern geheissen, und speziell dem Opfer-
Departement, und zwar enthält das Staatshandbuch ein besonderes Kapitel
über das
„erste grosse Opfer“,
worüber zwei wesentliche Bestimmungen bestehen; die erste ist, dass ein
Kalbbulle von durchaus gleicher Farbe, ohne jeglichen Fleck, geopfert
wird, eine Bestimmung die allgemein im Kultus der alten Kulturvölker für
die Opfer sich wiederfindet, z. B. bei den alten Israeliten (Leviticus 1, 3);
366 Messing:
die zweite ist, das Opfer als Brandopfer auf einem Altar unter freiem
Himmel darzubringen.
Diese beiden Verordnungen gelten heute noch wie vor 4000 Jahren,
zu Zeiten der Yao und Shun. Bei der Opferzeremonie ist auf der
obersten Terrasse des Altars (Abb. 4)!) das Tablet unter einem Schutz-
Pe ug
i ` a
Ba EEN Kä
e D eng We x
Bag DCH i
Es e "u Kä \
Es eg We Ka
; / i PN Se \
/ \
/ / 1 ker N \
4 1 ; 2 gd x u 4 1 T
e g j ? 2 5 : a i
S f 26 7 3 A -— E J}
| i P ër oN D it if |
Ë = E7 be 9 5 8 22 E 1
8 : 29 ` i 10 24: i Ya
+1 > G 30 DB ae 7 S
Abb. 4. Linearzeichnung des Himmelsaltars mit Positionsangabe des Kaisers, der
hohen Beamten, der Opfergegenstände usw.
(Nach John Ross, The Original Religion of China.)
dach aufgestellt, nach Süden gerichtet (1), mit der ehrfurchtsvollen In-
schrift:
Huang-t‘ien Shang-ti
was früher mit:
„dem erhabenen himmlischen obersten Herrscher“
1) Nachstehende Zahlenangaben (1—46) nehmen auf diese Abbildung bezug.
Chinesische Staatsreligion. 367
übersetzt wurde, aber im dualistischen Sinne zergliedert, eine Über-
setzung mit:
Huang-t'ien — dem erhabenen Himmel
„und“
Shang-ti — dem obersten Herrscher
zulässt.
Auf derselben Plattform stehen die Tabletten der fünf Kaiser der
Dynastie ebenfalls unter blauem Schutzdach, rechts und links, nach Osten
und Westen gerichtet (2). — Es sind dies die Kaiser: Taitsu, Taitsung,
Shunchih, Kanghsi, Yungchéng; die als p‘ei wei der Zeremonie gedacht
werden.
Die zu opfernden Gegenstände sind vor jedem Tablett aufgestellt. Es
sind dies für Shangti
1 Szepter aus blauem Jade, 12 Stück Seide, 1 Kalb,
ferner ist aufgestellt:
1 Dreifuss mit den Schalen für das zubereitete Fleisch der Opfer-
tiere, Rinder und Schweine, Fische, Wild, Hasen, Gemüse,
Bambusknospen mit Oel angerichtet; 1 Tischplatte; 2 kuei
(Hohlmass, aussen rund, viereckig inmitten), 2 Arten kleiner
Hirse enthaltend; 2 fu (Hohlmass, innen rund, viereckig aussen),
Reis und grosse Hirse enthaltend; 12 pien (Hohlmasse aussen
rund, viereckig inmitten); 12 tiu, sie enthielten die Produkte
der 4 Jahreszeiten, die des Landes und des Wassers,
diese Hohlmasse waren innen vergoldet, um die Harmonie darzulegen,
ferner
l tsun für Wein; 3 chiao, Gefässe für Wein; 1 Weihrauchgefäss,
Weihrauch in allen Religionen: „ein Tribut für Götter und für
die Sterblichen ein Gift“! 6 Lampen; 1 Kalbbulle für das
Brandopfer.
Für jeden der Kaiser wird geopfert und vor den Tafeln niedergelegt
und aufgestellt:
1 Stück Seide, 1 Kalb, 1 Dreifuss, 2 kuei, 2 fu, 12 p‘ien, 12 tiu,
1 tsun, 3 chiao, 1 Weihrauchgefäss, 4 Lampen.
(3) Gebetplatz mit dem Tisch, auf dem das geschriebene Gebet liegt.
(4) tsun — Weingefäss.
(5) Platz, von dem aus der Vorleser das Gebet abliest.
(6) lei — Weihrauchgefässe.
(7) Kaiserliche Garde.
(8—12) Plätze für bei dem Opfer tätige hohe Beamte.
(13) Zensoren.
(14) die Kwangiu, Beamte, die dem Kaiser Fleisch und Getränke
darreichen.
(15) Beamte.
(16) Beamte des Ministeriums der Riten.
Auf der zweiten Terrasse stehen die Schreine der Sonne (21), des Ge-
stirns des grossen Wagens (22), der fünf Planeten (23), der 28 Konstella-
tionen (24) und einen für sämtliche Sterne (25) auf der Ostseite; auf der
368 | Messing:
Westseite die Tabletten des Mondgeistes (26), der Wolken (27), des
Regens (28), Windes (29) und Donners (30).
(17) Platz für den Kaiser.
(18) dem Kaiser assistirende Beamte.
(19, 20) Beamte.
Dritte Terrasse:
(31) Platz der Prinzen.
(32) Platz der Zensoren.
(33) Platz des Ministeriums der Riten.
(34—39) Platz verschiedener Beamten und Diener.
(40) Platz der Sänger.
(41) liao — Ofen für das Brandopfer für Seide usw.
(42) Platz der hierzu Angestellten.
(43) der grosse Altar für das Brandopfer des Stieres.
(44) Ausblick.
(45) Führer.
(46) Opferbeannte.
Vor den Tabletten der Sonne und des Mondes liegen je:
1 Stück Seide; 1 junger Stier; 1 Dreifuss; 1 Tafel mit den Opfer-
schalen; 2 fu, 2 kuei, 10 pien, 10 tiu, 2 tsun, 3 Chiao,
20 Opferschalen; 1 Weihrauchgefäss, 2 Lampen,
vor denen der Geister der Sterne: 11 Stück Seide, der Wolken, Regen,
Wind, Donner 4 Stück Seide, 1 Stier, 1 Schaf, 1 Schwein, 1 Platte,
2 Goldplatten, 2 fu, 2 kuei, 10 pien, 10 tiu, 1 tsun, 3 chiao, 30 Tassen,
1 Weihrauchgefäss, 2 Lampen, 1 Korb mit Jade und Seide.
Während vor dem Schrein des Shangti 6 Lampen, vor denen der
kaiserlichen Ahnen 4 Lampen, vor denen der Geister der Sonne und des
Mondes, der Sterne, Wolken, Regen, Winde, des Donners nur je 2 Lampen
aufgestellt sind, so scheint durch die Anzahl der Lampen die Würde be-
sonders dokumentiert zu werden.
Das rohe Fleisch liegt auf einen Anrichtetisch (tsu), und verschiedene
Gefässe (tsun) sind mit Wein angefillt. Am Tage vor dem das Opfer
stattfindet, spielen die Musikanten unter dem Tan ein Stück die „Cen-
trale Harmonie“, am kaiserlichen Palast werden Fahnen und Standarten
rechts und links aufgestellt, die Reihenfolge des Aufzuges und die Escorte
für den Kaiser wird am Südtor der Hauptstadt durch Maueranschlag be-
kannt gegeben.
Am Tage vor dem Opfer, zwei Stunden vor Mittag, begibt sich der
Tai-chang-ching, der Präsident des Opferhofes, nach dem Chien-ching-
Tor des kaiserlichen Palastes, um den Kaiser ehrerbietigst aufzufordern,
nach der Halle des Fastens, dem Chai-kung, (Abb. 5a) sich zu begeben. Der
Kaiser besteigt eine Sänfte und begibt sich mit grossem Gefolge und unter
Geläute der Glocken des Mittagstores (Wumen) und des Chai-kung nach dem
Altar (Abb. 5), den er durch das Westtor betritt, und von dem aus er
durch die Toröffnung linker Hand des Uhao-heng-Tores (5 des Planes)
vom Tsan-Yin und dem Opferpräsidenten, dem Tai-chang-ching, auf dem
heiligen Weg (6 des Planes) nach der „kaiserlichen blauen Kanımer“
Chinesische Staatsreligion. 369
(Abb. 3) geführt wird, wo er vor den Tabletten dem Shangti und den
Kaisern Weihrauch opfert und die Zeremonie der „drei Kniebeugen* und
der neun Kotows verrichtet. Opferbeamte zweiten Grades verrichten zu
gleicher Zeit gleiche Opfer und Zeremonien des Sichniederwerfens auf der
zweiten Terrasse. Der Kaiser inspiziert die Schreine auf der obersten
Plattform, die Weihgefässe und das Fleisch der Opfertiere und verlässt
den Altar durch die Tore linker Hand der inneren und äusseren Um-
fassungsmauern (D. E.) auf dem heiligen Weg, um sich zu Wagen nach
dem Chai-kung zu begeben.
EE Tempe
AUT A IL
MIM, N
e E eer En; en Ze an ET a
— — ;,
—— mn -
—— e
~
Abb. 5. Komplex des Himmelstempels (Chi nientien) — nördlicher Teil)
und der Himmelsaltar (Tien tan) — siidlicher Teil des Planes.
Nachdem er daselbst die Nacht unter Gebet und Schweigen zugebracht
hat, legt er sich in früher Morgenstunde die Opfergewänder an, auf denen
Sonne, Mond, Sterne, Drachen mit fünffacher Klaue (für gewöhnlich wird
der Drache mit vierfacher Klaue dargestellt) als Embleme des Himmels
gestickt sind, sein Haupt bedeckt eine Art Krone, von der zwölf Perlen-
schnüre herabhängen. Unter dem Geläute der Glocke der Halle des
Fastens verlässt er diese und begibt sich, von den Zeremonienmeistern
geleitet, nach dem grossen Zelt. Inzwischen holt der Präsident des
Ministeriums der Riten die Tafeln des Shangti und der fünf Kaiser aus
der blauen Kammer, und stellt sie auf der obersten Plattform unter dem
blauen Schutzdach auf. Der Opferpräsident ladet den Kaiser ein, die
Zeitschrift für Ethnologiv. Jahrg. 1911. Hett 2. 24
370 Messing:
Zeremonie der „drei Neunen“ zu verrichten. Der Kaiser verlässt das
„grosse Zelt“, wäscht sich Gesicht und Hände und besteigt, begleitet von
den hohen Beamten, durch die Tore linker Hand der äusseren und inneren
Umfassungsmauer, auf der „Mittagstreppe“ den Altar bis zur zweiten Platt-
form, wo er vor dem Betplatz, das „gelbe Zelt“ genannt, stehen bleibt
(Plan 4, 17). Der Opferpräsident, die assistierenden Beamten des Ministe-
riums der Riten und vier der assistierenden Unterbeamten betreten durch die
rechten Tore den Betplatz und nehmen an den Stufen Platz. Zeremonien-
meister geleiten die Prinzen und die Peilaw, welche mit dem Opfer be-
schäftigt sind, nach dem Platz oberhalb der Stiegen der dritten, untersten
Plattform, die Peitszu und Herzöge unterhalb der Stiegen und andere hohe
Beamten ausserhalb der Plattform. Sie stehen ihrem Range nach rechts
und links ausserhalb des Tores, alle mit dem Gesicht nach Norden ge-
richtet. Der Leiter der Zeremonien, die Musiker und Tänzer nehmen
ihren angewiesenen Platz ein.
Der Kaiser beobachtet von diesem Betplatze auf der zweiten Terrasse
das dem Shangti dargebrachte Brandopfer; die diensttuenden Beamten
nähern sich dem Kaiser mit Weihrauchgefässen, Musik ertönt, mit einem
Stück der „höchste Frieden* zu Ehren Gottes; Sänger begleiten mit Gesang.
Ein Beamter bittet den Kaiser, die oberste Plattform zu besteigen,
führt ihn auf die Höhe des Altars und lässt ihn gegenüber dem Tablett
des Shangti Platz nehmen (Plan 4, 3).
Beamte reichen dem Kaiser knieend Weihrauch, ein Zeremonien-
meister fordert den Kaiser auf zu knieen; der Kaiser kniet nieder, dann
wird der Kaiser aufgefordert Weihrauch zu opfern. Der Kaiser opfert
zunächst grosses starkes, dann gewöhnliche Weihrauchstäbchen, dreimal,
dann erhebt er sich und führt dieselbe Zeremonie vor den Tabletten der
Kaiser aus.
In dieser Form der Darreichung der Speisen vor den verschiedenen
Tafeln durch den Kaiser, während zu Füssen des Altars von Tänzern in
grosser Zahl langsamen Schrittes ein elegischer Tanz ausgeführt wird,
verläuft die heilige Handlung. Wenn der Gesang zu Ende, ruft ein
Herold von der oberen Terrasse mit lauter Stimme: „Reiche den Becher
des Segens und Fleisch der Glückseligkeit.“ Darauf wird Becher und
Fleisch dem Kaiser dargereicht, dieser kostet vom Wein und reicht ihn
zurück. Darauf wirft sich der Kaiser dreimal nieder, berührt mit der
Stirn neunmal den Boden, um seinen Dank für Wein und Fleisch zum
Ausdruck zu bringen. Die versammelten Prinzen und Noblen tun das
gleiche. Eine Stimme ruft: „Entferne die Speisen“, Musiker spielen ge-
eignete Weisen und ein Gesang, „Gesang des glorreichen Friedens“, ertönt.
Das Tablett des Shangti wird wieder zu der Ahnenkapelle im Norden des
Altars zurückgebracht. Ein Rufer spricht die Worte: „Bringt das Gebet,
den Weihrauch, die Seide und das Fleisch weg und schafft es ehrfurchtsvoll
nach dem Tai-tan.“ Dies ist der alte klassische Name des Altars für
Brandopfer (Plan 4, 41). Der Name besteht noch, doch ist aus dem
Altar seit vielen Jahrhunderten ein Ofen geworden.
Wenn nun Rauch und Flammen im Dunkel der Nacht zum Himmel
n a ÁI
Chinesische Staatsreligion. 371
emporsteigen und der Geruch des von den Flammen verzehrten Fleisches
sich nach allen Seiten hin bemerkbar macht, ist der Teil der Zeremonie
eingetreten, der „das Blicken nach den Flammen“, „wanglio“, genannt
wird. Der Rufer schreit: „Schaut nach dem Verbrennen.“ Musik ertönt
und der Kaiser schreitet nach einer bestimmten Stelle (Plan 4, 44), um
das Brandopfer (Plan 4, 43) zu beobachten. Der Rauch und die Flammen
des Brandopfers gelten den Geistern des Himmels, während mit dem ver-
brannten Blut und den schwelenden Haaren der Opfertiere sich die Geister
der Erde begnügen müssen.
Mit dem Verbrennen der Gebetstafel, der Seide, der Speisen und des
Bullen für Shangti in dem grünen Ofen und den entsprechenden Gegen-
ständen für die kaiserlichen Ahnen in einem Kohlenbecken, endet die
Zeremonie, und der Kaiser kehrt nach seinem Palast zurück.
Abb. 6. Blick auf den Altar der Erde (im Hintergrunde), Peking.
Die Tageszeit, zu welcher die Opferzeremonien stattfinden, ist, dem
Kultus entsprechend, verschieden; auf dem Südaltar findet sie um Mitter-
nacht statt, zur ersten Stunde des Tages, an dem die Sonne am niedrigsten
steht, am Wintersolstitium. Diese Periode — man teilte den Tag in zwölf
Perioden von je zwei Stunden ein — heisst tze. Das Frühlingsopfer, um
chinesisch Neujahr herum, wird bei Tagesanbruch dargebracht. Der Sonne
wird auf dem Altar der Sonne um 4 Uhr morgens, dem Mond auf dem
Altar des Mondes um 10 Uhr abends geopfert. Die Festsetzung der Opfer
steht den Astrologen zu, und die Festsetzung eines Opfers, an dem der
Kaiser teilnimmt, geschieht selbstverständlich nur unter strenger Beob-
achtung der Übereinstimmung der geheimen Naturgesetze, welche man
in den Zyklen der Astrologie niedergelegt glaubt.
Der Charakter der kaiserlichen Verehrung auf dem Altar der Erde
(Abb. 6) ist im Grunde genommen derselbe, wie auf dem Altar des Himmels,
wieer ja auch in früheren Zeiten als ein Kultus vereint war. Jetzt ist er ein
d
372 Messing:
zeitlich und räumlich getrennter Kultus; und an Stelle der Geister der
Sterne, der Sonne und des Mondes treten die Geister der Berge, Flüsse
und Seen.
Der Altar der Erde, Ti-Tan (Abb. 7), im Norden ausserhalb der Stadt-
mauern gelegen, erhebt sich auf zwei viereckigen Terrassen, denn der Himmel
CD
GLEE
Abb. 7. Linearzeichnung des Altars der Erde, Peking.
ist rund, die Erde viereckig ua chinesischer Anschauung, acht Treppen
führen hinauf. Die obere Terrasse ist 60 Fuss im Umfang und 6,2 Fuss
hoch, die untere 106 Fuss im Umfang und 6 Fuss hoch. Er ist ohne Dach,
dem Frost und Tau, dem Wind und Regen und allen Einflüssen der
Witterung vom Himmel und Erde ausgesetzt; nur Stufen und Steine in
gerader Zahl sind verwendet; mit gelben Ziegeln ist die Umfassungs-
Chinesische Staatsreligion. 373
mauer bedacht. Ausserhalb des Nordtores, ein wenig nach Westen, ist
eine Grube, in der die Tafel des verlesenen Gebetes und die dem Erd-
geist geweihte Seide, ebenso die den Ahnen des Kaisers zu gleicher Zeit
geopferte Seide vergraben wird.
Der Geist der Erde ist ausser dem Geist des Himmels der einzige,
zu dem der Kaiser sich als „Untertan“ bekennt. Die Farbe des zu
opfernden Jades ist gelb, das Gebet ist auf ein gelbes Tablett ge-
schrieben. Das Vergraben von Seide findet nur für den Geist der Erde
statt, während die Opfer für die Kaiser, deren Tafeln auf dem Altar mit
dem des Geistes der Erde zusammen stehen, wie auf dem Himmelsaltar
in einem Kohlenbecken verbrannt werden. Die Musikinstrumente sind
für den Erdgeist dieselben wie für den Himmelsgeist. Die bei der Musik
verwendete Glocke ist vergoldet, um die gelbe Farbe wiederzugeben.
Musiker und Tänzer tragen aber anstatt blaue, schwarze, mit Goldfiguren
bestickte Roben; blau ist die Farbe beim Kultus des Himmels. „Huang“
heisst gelb und braun, die Farbe der Erde des nördlichen Chinas, doch
schwarz ist die Farbe des Nordens; der Altar der Erde ist der Nordaltar,
pei-tan, daher die schwarze Kleidung der Tänzer und Musikanten.
Wird die Opferzeremonie unter Leitung eines Beamten oder eines
Prinzen von Geblüt ausgeführt, wie z. B. jetzt zurzeit der Minderjährig-
keit des Kaisers Hsuan-tung, so wird die Zeremonie unter Weglassung
von Einzelheiten vereinfacht, was klar beweist, dass nur dem Kaiser,
kraft seiner Stellung, der Charakter eines Hohenpriesters beigelegt wird.
Die Tempel der Sonne im Osten und des Mondes im Westen liegen
ebenfalle ausserhalb der Stadt.
Ich bin hier am Schluss meines Vortrages angelangt und will meine
Mitteilungen auf den Kultus beschränken, wie er aus dem Altertum auf
die Gegenwart überkommen ist.
Dank dem Umstande, der von altersher geradezu instinktiven Ab-
neigung gegen alles Fremde, so dass, wie eingangs erwähnt, das Volk
sich von den umwohnenden Völkern abgeschlossen, auf eigenem Boden
der inneren Entwicklung zugewandt hat, ist sein Land nie der Tummel-
platz fremder Gottesbegriffe geworden ın dem Masse wie andere alte
Kulturländer, Persien, Griechenland, Rom; trotz des späteren Eindringens
des Buddhismus hat es doch seinen religiösen Individualismus, gegenüber
einem religiösen Kosmopolitismus, zu bewahren gewusst.
Die Entwicklung der Religionen hat allerdings einen breiten Boden
analoger Vorstellungen und verwandter Glaubensformen geschaffen, welche
wir als allgemeine, dem menschlichen Geiste eigene Grundvorstellungen des
religiösen Begriffes zu betrachten haben, und so darf es nicht wunder-
nehmen, wenn wir gemeinsam in China und im Westen solche
finden, die als Basis aller orientalischen Religionen gelten müssen.
‘Je mehr uns die Literatur Chinas eröffnet und bekanntgegeben
wird, desto mehr werden die Schwierigkeiten, die sich jeden Nichtsino-
logen beim Studium chinesischer Verhältnisse entgegenstellen, gehoben,
und die Wege geebnet, um die Religionsanschauungen mehr als seither
möglich, in das Gebiet der vergleichenden Religionswissenschaft zu ziehen,
374 Messing: Chinesische Staatsreligion.
und so ist wohl auch die eingangs erwähnte Annahme, dass wir es bei
der alten Staatsreligion mit einer Religion zu tun haben, die nachweis-
bar in keinem Zusammenhang mit der anderer alter Kulturvölker stünde
zu modifizieren. Denn wenn wir auf Schritt und Tritt Gleichartigkeiten
des religiösen Kultus zwischen räumlich nalıe stehenden Völkern begegnen,
so muss das wohl in erster Linie auf eine innere Verwandtschaft der
Völker selbst zurückzuführen sein, und nicht auf eine Gleichartigkeit des
Gedaukenganges der Menschheit überhaupt.
Und solche Übereinstimmungen finden wir bei diesem chinesischen
Staatskultus in weitestem Umfange und in prägnanter Weise. Ich möchte
z. B. nur an den wandernden Götterthron, den heiligen Wagen des Zeus
erinnern, von dem Herodot, Kapitel 7, 40 berichtet.
Als Xerxes gegen Griechenland aufbrach, führte er einen solchen
Wagen mit sich; der Sonnengott auf dem fahrenden Thron geleitet un-
sichtbar gegenwärtig als oberster Heerführer den König und sein Volk in
den Kampf, ebenso wie den Sohn des Himmels die Ahnentafeln und die
der Götter des Bodens bei den Rundfahrten des Herrschers im Lande,
von dem wir oben gehört. Allgemein ist, dass den Naturgottheiten bei
allen Völkern nicht in Tempeln geopfert wurde, sondern an der Stätte
ihres Seins und Wirkens auf freien Altären in freier Natur, unterm Auge
des Universums.
Dem Shangti, dem Himmel, der Erde und den Naturgeistern wurde
analog den entsprechenden Gottheiten der Assyrer, Babylonier, Perser,
Griechen und Römer auf Altären Speise- und Trankopfer. dargebracht;
für die Ahnen ist die Stätte ihres Seins. das Haus, daher für sie der
Tempel, d. h. die Ahnenhalle.
Der Überblick, den ich Ihnen zu geben versucht habe, ist nur ein
allgemein referierender und sollte nur ein solcher sein. Ich habe die
besten Männer der Wissenschaft sprechen lassen, Tatsachen und Er-
scheinungen, welche diese aufhäuften, aneinandergereilit, ihre Resultate,
die aus dem Material folgten, vorgebracht. Was wir aber demselben ent-
nommen haben, ist der erhabene, moralische Ton des alten chinesischen
Kultus, der seinem reinen Inhalte, seiner Ausdrucksweise und seiner Art
der Darstellung nach weit höher als der Kultus irgend eines der alten
Kulturvölker steht. In den Gebeten und Aussprüchen der alten Herrscher,
wie sie die Literatur uns bietet, von denen ich Ihnen nur wenig Proben
habe geben können, wird nicht rohe Tapferkeit, nicht einmal Weisheit
vepriesen, nein, nur die Tugend, Vortrefflichkeit in höchster, reinster
Auffassung des Wortes, eine erhabene Auffassung, würdige Leitmotive!
Die Götter des alten Kultus bleiben wohl ganz auf der Stufe des
nationalen Polytheismus, doch sie sind alle rein und keusch, weder einen
Bachus, noch eine Venus, nicht einen einzigen religiösen Akt aus-
schweifenden oder obscönen Charakters finden wir.
Die Begriffe der dualistischen Auffassung, Yin und Yang, waren den
Chinesen keine populären Götter, nur philosophische Theorie oder physi-
kalische Tatsachen. Sie wurden in elegischster Form verherrlicht; wie
Virchow: Uber die Weichteile des Chinesinnenfusses. 375
z. B. „die Sonne ist der reine Ausdruck des männlichen Prinzips, der
Mond ist der Ausdruck des weiblichen Prinzips in der Natur“.
Shih tshe yang ching yue tshé yin ching.
Erst buddhistischen Einflüssen, dem einzigen fremden Kulturelement,
das bisher dauernd in China festen Fuss gefasst hat, ist es vorbehalten
gewesen, die in alten Zeiten unbekannten Einrichtungen: Priestertum,
Göttertempel und Bilderkulte einzuführen. Die für die Geschichte des
Volkes so ausschlaggebenden Verhältnisse, die seine Nationalität so ganz
und gar bewahrt, die Menschenmassen seit der Dämmerung der Geschichte
an der gleichen Scholle festgehalten, sie gelenkt, geregelt, stets mit neuen
Lebenskräften versehen, sie so vor dem Schicksal anderer Kulturvölker,
vor dem Anheimfallen an das universelle Gesetz, des zeitigen Hinsterbens
geschützt haben, basieren zunächst auf der Homogenität der Masse, auf
die der Rasse innewohnenden reproduktiven Kraft, ihrer Anpassungsfähig-
k-it an die verschiedenen Lebensverhältnisse; Homogenität, reproduktive
Kraft und Anpassungsfähigkeit fanden aber eine Stütze in der alten, dem
Volke eigenen Auffassung des religiösens Gedankens der allwaltenden
Naturkräfte des obersten Herrschers und der Himmelsgewalt. Dieser
Gedanke in einer dem Volke heiligen Literatur niedergelegt, ist von
Kung des weiteren ausgearbeitet, Gemeingut des ganzen chinesischen
Volkes geworden, und während seiner tausendjährigen Existenz Leiter
seines Schicksals geblieben. Die chinesische Staatsreligion basiert seit
den ersten Zeiten erwachender Kultur auf dem System, auf welchem alle
Religionen aufgebaut sind, jenem System, welches Kant mit den Worten
kennzeichnet:
Es ıst nur eine Religion, aber es gibt verschiedene Arten des Glaubens,
verschiedene Formen der sinnlichen Vorstellungsart des göttlichen
Willens, um ihm Einfluss auf die Gemüter zu verschaffen.
(7) Hr. Hans Virchow hält den angekündigten Vortrag:
Über die Weichteile des Chinesinnenfusses.
Vortragender hatte vor einigen Jahren durch Hrn. Professor Max
Reich die beiden Füsse einer 63jährigen, an Flecktyphus verstorbenen
Chinesin erhalten mit den unteren Enden der Unterschenkel. Dieselben
waren in starkem Spiritus gut in ihrer Form gehärtet. An einem dieser
Füsse wurden die Weichteile, wobei es insbesondere auf die Muskeln an-
kam, aufs Genaueste durchpräpariert; in jeder Phase der Präparation
Photographie, Zeichnung und Protokoll gewonnen. Das Ergebnis hinsicht-
lich der Muskeln ist, dass diese zwar in ihrem Volum verringert und auch
der veränderten Fussform entsprechend verkürzt sind, dass aber ihre Sub-
stanz von guter, gesunder Beschaffenheit ist und alle Bestandteile bis in
so feine Einzelheiten hinein erhalten sind, dass nur der Geübte es auf-
zufassen vermag.
Eine ausführliche Veröffentlichung, in welcher auch das nach Form
zusammengesetzte Skelett des Fusses Berücksichtigung finden soll, wird an
anderem Orte erfolgen.
lll. Literarische Besprechungen.
H. Parker: Village folktales of Ceylon. Vol.I. London, Luzac 1910.
Die Sammlung umfasst, wie zu erwarten ist, Erzählungen verschiedensten
Charakters. Neben einfachen Tierfabeln und Volksschwänken von echt indischem
Humor, finden sich Natur- und Kunstmärchen, iu denen zahlreiche Motive unserer
Volksmärchen wiederklingen, ferner aber auch echt mythische Materialien. Vieles
ist anderen indischen Märchensammlungen aus Kaschmir, Panjab, Südindien, anderes
den buddhistischen Jätakas entlehnt. In den Hinweisungen auf diese Quellen sowie
die in Afrika und Europa auftretenden Varianten liegt der besondere Wert der
Arbeit.
Für die vergleichende Märchen- und Mythenforschung seien folgende Erzählungen
als bedeutsam hervorgehoben: Nr. 4 Die Glasprinzessin, mit Mondmotiven. Nr. 6
mit einer neuen Variante des Niemandmotivs, Nr. 12 ein Menschenfressermärchen
mit neuer Variante der „magischen Flucht“, Nr. 15 mit Anklängen an Grimm
KHM. 60, Nr. 13 erinnert in einzelnen Zügen an Schneewittchen und Melusine (Mond-
motive). Nr. 48 beweist die Identität der Motive „Augenraub“, „Speise wegnehmen“
und „In die Zisterne werfen“.
Als interessante Analogien zu europäischen Stoffen seien erwähnt Nr. 18 „Kaiser
und Abt“ und Nr. 25 mit Zügen des Gangs nach dem Eisenhammer. Unter den
Schwänken befindet sich eine Variante der von den drei Freiern und der wieder-
belebten Braut aus der Vetälapaficavimsatikä, auf deren sicher entlehnte afrika-
nische Parallelen hingewiesen wird.
Die Einleitung gibt eine gute Darstellung des ceylonesischen Dorflebens.
P. Ehrenreich.
Wörter und Sachen, Bd. II, Heidelberg, C. Winters Universitätsbuch-
handlung, 1910 u. 1911, 40.
Wie dem ersten Bande möchte ich auch dem zweiten dieser wertvollen Zeit-
schrift ein paar Geleitworte mitgeben, um die Kreise unserer Gesellschaft auf diese
Publikation aufmerksam zu machen, die das für uns alle erstrebenswerte Ziel ver-
folgt, die Sprachforschung und Sachforschung zu vereinen und die Philologie aus
ihrem Sondergebiet heraus in lebhaftere Fühlung mit allen den andern Zweigen
der Forschung und der Technik zu bringen. Das kann ja nur zur Förderung der
Wissenschaft im ganzen beitragen, wird sicher aber auch für die philologische
Forschung die wertvollsten Anregungen geben und zur Klärung des hier gärenden
Mostes in bester Art beitragen können und müssen; liegen hier doch die schwierigsten
sachlichen Fragen auf den weitesten Gebieten überall zutage. |
Denn, wenn auch sicher „durch die Sprachwissenschaft urgeschichtliche und
geschichtliche Vorgänge beglaubigt werden können“, (Kapp, Grundlinien einer
Philosophie der Technik. Braunschweig 1877, 8° 8.47), so ist doch Kossinna sehr
Literarische Besprechungen. 377
berechtigt „vor übereilten Folgerungen aus der Sprachforschung“ zu warnen
(Correspondenzbl. der deutschen anthrop. Ges., Bd.34, 1902, S. 161‘, denn „noch
heute spielt die Verwechselung von Rasse und Sprache eine unerfreuliche Rolle*
(Hirt, Indogermanen, Strassburg 1907, 8° (II) S. 555) in der Literatur, und das wird
kaum so bald verschwinden, namentlich überall da nicht, wo wie so oft, Archäologie
und Wortforschung nationalistischen Zwecken der verschiedensten Art dienen
müssen, auch wenn wir mit Kretschmer [Einleitung in die Geschichte der
griechischen Sprache (Göttingen 18%, 8° 8.21) anerkennen, dass „die Voraussetzung,
dass die Verbreitung des Wortes nur innerhalb eines ungeteilten, einheitlichen Ur-
'volkes vor sich gehen konnte, durch die gesamte Sprachgeschichte widerlegt“ wird.
Zunächst bedarf es ja noch einer gründlichen Erörterung und Klärung der Grund-
prinzipien und vielfach vielleicht auch noch einer Umarbeitung der allgemein zu
grunde gelegten Fundamentalauffassungen und der Forschungsmethoden hüben und
drüben.
Was lässt sich z.B. aus den Ortsnamen alles machen oder auch nicht machen,
wenn für ein bekanntes, im Mittelalter wichtiges Städtchen in Schottland so ganz
verschiedene Namenformen nebeneinander auftreten können, wie Jedburgh, Jedhart
und Jedworth mit allen nur denkbaren Variationen! Und dabei beweist uns doch
das liburnische Städtchen Ortpla, dessen Ruinen noch heute so heissen, dass der
Name durch alle möglichen Veränderungen der (Bevölkerung? und der) Sprache
am Orte haften kann. Wenn es einer der grundlegenden Sätze der Philologie ist,
dass „ein Wort in keinem Falle in gleicher Bedeutung durch mehrere Sprachen
geht“ (Hirt, Indogermanen (I) S. 344), wie steht dazu die Tatsache, dass das Wort
Busa für Bier aus den Zeiten Hammurabis sich einmal am Orte bis in unsere
Zeiten erhalten hat und dass es zugleich nach Indien, Nubien, Serbien und Ru-
mänien wandern konnte, immer in derselben Bedeutung als eine Bezeichnung für
Bier und dass es sogar bis ins mittelalterliche Deutschland gekommen ist; Buse,
. eine Bierart in Osnabrück (Schranka, Das Buch vom Biere, Frankfurt a. O., 1886
(I) S. 60). Auf der andern Seite, was soll der Wirtschaftsforscher mit einer Gleichung
machen: Rechen = Harke, Rogus = Scheiterhaufen, goyos = Getreidescheune? (Hirt,
S. 683) oder mit der Mitteilung, der Speer wäre die Hauptwaffe der Ackerbauer?
(S.678). So interessant es ist, wenn Schrader, Reallexikon S.580/581, Hehn,
Kulturpflanzen und Haustiere, 6. Aufl., S. 510, meint, Netz und Nessel zusammen-
bringen zu dürfen, so können wir doch nichts damit machen, wenn, wie es immer
noch geschieht, unser deutsches Kohl mit lateinisch Caulis zusammengebra cht wird,
denn Caulis ist doch der Stengel und der wird beim Kohl ja doch nicht ge-
gessen, höchstens bei der sehr späten Form des Kohlrabi. Und müssen wir nicht
wenigstens versuchen, hinter das Verhältnis von Kopfkohl und Blattkohl zu kommen,
zu dem der für Norddeutschland so wichtige Grünkohl und wichtige Abarten älterer
Zeit gehören? Muss denn Butter immer noch lateinisch sein, obgleich die Römer
die Butter kaum gebrauchten und die griechische Etymologie Sov rvgow = Kuhkäse
doch ein Schlag ins Gesicht der Sachforschung ist!? So wird es auch nicht an-
gängig sein, auf Grund indogermanischer Theorien die Ansichten der Zoologen über
die Verbreitung des Aales im Schwarzen Meere korrigieren zu wollen (Deutsche Lit.-
Ztg. 1906, Nr. 7, Spalte 435). Wir müssen doch anerkennen und dann gelten lassen,
dass die Sprache allein nicht viel entscheiden kann, wenn nach Hoops (Waldbäume
und Kulturpflanzen im germanischen Altertum, Strassburg 1905, 8°, S. 119) eine
ununterbrochene Reihe von Namen die Eiche mit der Föhre in Verbindung setzt,
und wenn die Eibe das Wurzelwort für ihren deutschen Namen litauisch mit dem
Faulbaum, slawisch mit der Weide teilt. Der Hollunder wird nicht von den Polen
zu den Litauern gekommen sein, auch wenn der litauische Name wirklich von ihnen
entlehnt ist und dass unser Wort Bogen von biegen abgeleitet ist, bedeutet nicht etwa,
dass die Sache bei uns erst aufkam, als schon deutsch gesprochen wurde. Wenn
Schrader meint, er könne Europäer und asiatische Arier sprachlich danach scheiden,
ob ihnen das Salz bekannt sei oder nicht, so möchte ich doch diese Unter-
scheidung für zu weitgehend halten. Lapicque, L’Anthropologie, t. VII, 1896, 8%,
378 Literarische Besprechungen.
S. 43/45 erklärte freilich Jäger und Nomaden, die er noch als Wirtschaftsform hinter-
einander stellte, brauchten beide kein Salz. Für die Türken stimmt das aber jeden-
falls nicht, denn nach ihrer Stammsage erfand Jlak, einer ihrer Urpatriarchen, den
Genuss des Salzes, als ihm sein Hammelbraten auf den Boden fiel, aus dem das
Salz ausgeblüht war. Das Vorkommen von Salz nimmt ja auch nicht etwa ab,
wenn man aus den russischen Steppen gegen den asiatischen Kontinent vordringt,
und die indischen Arier hatten bei dem Einbruch in das Fünf- Stromland erst noch
die bekannte Saltrange zu überschreiten.
Ich sage das alles nicht. um nur zu kritisieren und es besser wissen zu wollen,
vielleicht freilich, um ein wenig zu warnen, jedenfalls aber als Sach- und Wirtschafts-
forscher, der den grössten Wert auf die gemeinschaftliche Arbeit mit den Philo-
logen legt; ich will nicht etwa die angezogenen Autoren mit den angeblich „ety-
mologischen* Phantasien eines Mucke zusammenbringen, der findet, die Kraft des
Herkules wird in seiner „Keule“ repräsentiert, welche den „kul“torischen Ackerbau
kennzeichnet (Urgeschichte des Ackerbaus und der Viehzucht, Greifswald 1808, 8°,
315) und S.255, in 5'/, Zeilen Hag zu Hagen = Stier; Wall zu Wallach = Pferd;
Pferch zu Pferd, park zu parafredus stellt und Ross als Pferdename ebenfalls von
einer Verbindung des Wortstammes mit einern Worte für Geflecht ableitet. Aber
wie soll ich z. B. einen Kritiker den Sachforschern zurechnen, der es in einer Be-
sprechung „unverständlich“ findet, „warum der Vergesellschaftung von Zugtier und
Pflug solche Bedeutung beigemessen wird, und warum die Erfindung des Wagens
der des Pfluges vorangegangen sein muss?“ (Ztschrft. f. Sozialwissenschaft VII, 1904,
8°, S. 29.) Wer solche Fragen so obenhin anfasst, der sollte doch nicht mitgerechnet
werden. Aber freilich ist mir auch kaum für die Sachkunde geholfen, wenn ich
von Schrader gelegentlich erfahren muss, dass die Einführung des Wagens „eine
durch die Not gebotene Erfindung“ wäre! Und überhaupt muss ich gegen die Wort-
forschung entschieden Protest erheben, wenn sie meint, Rind und Wagen wäre als
Urbesitz der Indogermanen, also als sehr alt, anzuschen. Der Besitz auch nur eines
Transporttieres, wie des Rindes an dem als Transportgerät so wichtigen Wagen,
musste notwendig den Völkern, die sie zuerst erwarben, eine ausserordentliche Be-
wegungsfähigkeit geben und damit auch eine ausserordentliche Ausdehnunegsfähig-
keit und andererseits eine ausserordentliche Verkehrsmöglichkeit in sich, so dass
dadurch der Sonderung der Sprachgruppen, die doch die Sprachgeschichte
voraussetzen muss, notwendig sehr stark entgegengewirkt worden wäre! Für mich
fängt ja auch Rind und Wagen ganz erheblich viel später an, wie für die Sprach-
forscher. Übrigens hätten längst die Erörterungen eines Technikers, Forestier
(La Roue, Etude paléotechnologique, Paris 1900, 8°) die Anschauungen beseitigen
müssen, der Wagen habe als primitives Gerät und daher mit dem Scheibenrade an-
gefangen, weil in einigen zurückgeblicbenen Gegenden im späteren Altertum wirk-
lich Scheibenräder auftreten, die wir ja gelegentlich auch heute noch vorfinden.
Gerade die Sachforschung weist doch immer wieder mit Deutlichkeit darauf bin,
dass die scheinbar einfachste Lösung nicht immer die richtigste ist; Vorstellungen,
wie sie immer sich noch finden: in den alten Zeiten müsse notwendig alles primitiv
gewesen sein, und die Urmenschen seien selır einfache Leute gewesen, müssten all-
mählich doch durch den Anschauungsunterricht in unseren Museen gründlichst
widerlegt worden sein.
Unter den Abhandlungen des zweiten Bandes von „Wörter und Sachen“ gehen
zwei grössere auf eine Anregung Strzygowskis zurück, die er im ersten Bande
gab, wenn Mucke das Grab als Tisch und Richard Hartmann den tischförmigen
Grabstein behandelt. Sonst hebe im ersten Hefte noch eine fleissige und umfassende
Abhandlung von Behagel über die deutschen Weilerorte hervor, die nur eine Karte
schmerzlich vermissen lässt, denn das Kartenbild lässt sich doch durch die klarsten
Auseinandersetzungen nicht ersetzen. Bei dem Aufsatz von Friedr. Kaufmann
über die altdeutschen Genossenschaften bin ich ganz besonders auf die Fortsetzung
gespannt, die die Hansa und verwandte Genossenschaften und die Jungmannschaft
bringen wird, wie ich hoffe; denn das sind Verbände, wie sie uns jetzt ganz be-
Literarische Besprechungen. 379
sonders interessieren, der eine fiir die Geschichte des Mittelalters, der andere fiir
die allermodernsten Bestrebungen des Fortbildungsunterrichts.
Aus den kleinen Artikeln möchte ich noch die Gleichstellung von Mond und
Kahn für Altindien von Bloch hervorheben, die mir sehr wertvoll ist. Dagegen
möchte ich darauf hinweisen, dass die Gleichstellung von Schlitten und Schlitt-
schuh von Kalima in Helsingfors für das Finnisch-ugrische und Slawische nicht
ganz plausibel ist, denn sachlich stellt der lappische Rennschlitten, im Gegensatz
zu dem des Eskimo immer noch einen Kahn dar, der nicht auf zwei Kufen läuft,
sondern auf einem Kiel; das ist für die selbständige Entstehung der Verwertung
des Rens und seine Verwendung als Zugtier wichtig. Dass nun gar das finnische
riihi = Darrgerüst für Getreiderige aus dem finnisch-ugrischen Sprachstanım für
das litauische, lettische, russische, schwedische und das deutsche der
Ostseeprovinzen entlehnt sein soll, das entspricht denn doch der ganzen
Auffassung vom Ackerbau und seiner Geschichte ein bischen wenig; aber solche
Anregungen sind ja auch dann wertvoll, wenn sie den Widerspruch hervorrufen.
Aber ich kann meine Besprechung nicht schliessen, ohne gerade in bezug auf
diese so schöne und so wertvolle Publikation den Wunsch nach einer ganz ähr-
lichen Zeitschrift aus dem Gebiete der Ethnologie und der ethnologischen Kultur-
geschichte Ausdruck zu geben. Zu guter Letzt möchte ich auch noch einmal her-
vorheben und in diesem Sinne die Zeitschrift für alle Kreise unserer Gesell-
schaft bestens empfehlen, dass mir am aussichtsreichsten nicht ein scharfer Kampf
entgegenstehender Richtungen zu sein scheint, sondern ein Zusammenwirken aller
Wissenschaften im Sinne der schönen Worte Ratzels: „die Möglichkeit des Erfolges
aller Forschungen über Völkerursprung sehen wir nur in der Teilung der Arbeit:
Rasse-, Sprachen- und Kulturforschung mögen getrennt marschieren: sie werden
nur so am gemeinsamen Ziele einst zusammentreffen* (Kleine Schriften, München
906, 8°, IL S. 585). , Ed. Hahn.
Weissenberg, Dr. S. Das Wachstum des Menschen nach Alter,
Geschlecht und Rasse, mit 60 Zahlen- und 22 graphischen Tabellen
und 2 Tafeln. 222 S. 8°. Stuttgart, Strecker & Schröder. 1911.
(Geheftet 6 M.)
Im Rahmen der „Studien und Forschungen zur Menschen- und Völkerkunde“,
in dem uns die riihrigen Stuttgarter Verleger schon manche wertvolle und zeit-
gemässe Studie dargeboten, ist jetzt als VIIL. Heft eine Untersuchung über mensch-
liche Wachstumsverhiltnisse erschienen. Der Verfasser, den Fachgenossen schon
durch eine frühere Studie über die siidrussischen Juden und durch einen lebhaften
Meinungsaustausch über methodologische Fragen bekannt, hat in mehrjähriger
Arbeit über 4000 südrussische Juden gemessen und sein Material von fast 50 000
Zahlen in zahlreichen Tabellen und Kurventafeln übersichtlich gruppiert.
Es liegt jetzt eine nicht nur ungemein fleissige, sondern auch sicher sehr
wertvolle Studie vor uns, deren offenkundiger Nutzen anerkannt werden muss,
auch wenn man die Messungsmethode des Verfassers nicht gerade für die zweck-
mässigste hält.
Die Arbeit beginnt mit einem Kapitel über fötale Kérpermasse. Da sind
13 Föten von 42 bis 340 mm Körperlänge genau gemessen und nach allen Richtungen
miteinander verglichen. Aus den vielen lehrreichen Ergebnissen sei hier nur her-
vorgehoben, wie ganz ausserordentlich kurz die Beine menschlicher Embryonen in
den ersten Monaten des intrauterinalen Lebens sind. So beträgt die Sitzhöhe bei
einem Embryo von rund 40 mm Körperlänge volle 90% der Gesamtlänge, bei einem
von 20 mm Länge noch 75%, bei einem von 250mm aber nur noch 68%, so dass im
sechsten Monate fast schon die Verhältnisse des Neugeborenen erreicht sind, bei
dem die Sitzhöhe etwa 67% der Körperlänge beträgt.
380 Literarische Besprechungen.
Der zweite Abschnitt handelt über die Körperproportionen des Neugeborenen.
Ihm liegen Messungen an 15 Knaben und 14 Mädchen aus dem Berliner patholo-
gischen Institut zugrunde, ein älteres Material, das noch aus der Zeit von R. Virchow
stammt. Es ist an sich spärlich und vermutlich auch im einzelnen kümmerlich im
Vergleiche mit lebenden und gesunden Kindern — aber es gibt zurzeit kaum ein
besseres Material, auch nicht der Zahl nach. Ebenso wird man sich wohl auch in
Zukunft meist auf Messungen von Leichen Neugeborener beschränken müssen, da
das Messen an Lebenden mit zu grossen Schwierigkeiten verknüpft ist. Ich würde
es aber für sehr wünschenswert halten, dass bald grössere Mengen von Neugeborenen
in verschiedenen Ländern nach einer einheitlichen und einwandfreien Methode ge-
messen würden.
Im dritten Abschnitt werden die Körperproportionen des Erwachsenen be-
handelt; die Untersuchungen basieren hier auf Messungen von 500 Männern und
300 Frauen, also auf einem so grossen Material als es nur irgend wünschenswert ist
— soweit südrussische Juden in Frage kommen. Wenn aber jemand aus diesen Zahlen
auch auf die Verhältnisse bei anderen Europäern schliessen würde, dürfte er ver-
mutlich nicht selten irregehen; Verf. scheint zwar anzunehmen, dass seine Messungen
etwa denen am Durchschnitts-Europäer entsprechen, weil die mittlere Körperhöhe
seiner Juden mit 165 cm der „mittleren“ europäischen gleicht. Aber die Masse des
mittleren Europäers würden uns sehr viel weniger interessieren als etwa die Masse
des mittleren Schotten und die des mittleren Sizilianers. Ich bebe das hervor,
weil solche Messungen bisher noch fast völlig fehlen. Man kann nur hoffen, dass
W.’s Beispiel bald in sehr vielen Ländern Nachfolger findet. Erst dann wird man
wirklich etwas über „das Wachstum des Menschen“ wissen; deshalb meine ich
aber auch, dass W. in der Wahl des Titels für sein Buch nicht ganz glücklich ge-
wesen ist.
Im einzelnen interessieren im dritten Kapitel besonders die relativen Zahlen
von Mann und Weib; W. bemüht sich, da vielleicht sekundäre Geschlechtsunter-
schiede nachzuweisen, wo einzelne seiner Vorgänger nur einfache Grössenunter-
schiede angenommen hatten. Dass überhaupt die Frauen kleiner sind als die
Männer, braucht nicht erst durch Messungen nachgewiesen zu werden, aber es ist
wichtig, zu wissen, dass Sitzhöhe und Rumpflänge der Frau relativ grösser sind als
die des Mannes, während ihre Beinlänge, ihre Armlänge und ihre Klafterbreite
relativ kürzer sind. Relativ grösser scheint auch der Kopfumfang der Frau zu sein,
doch geht aus dem Buche nicht hervor, auf welchem Materiale diese Angabe des
Verfassers beruht; an sich sollte man vermuten, dass sie auf der Messung seiner
WA) erwachsenen Frauen basiert ist, aber in der Einleitung gibt W. ausdrücklich
an, dass er „wegen der störenden Frisuren den Kopfumfang nur am Manne ge-
messen“ habe. Nun gibt er den mittleren Kopfumfang der Männer mit 550, den der
Frauen (welcher?) mit 536 mm an, oder auf die Körperhöhe gleich 1000 bezogen: 334
für die Männer und 349 für die Frauen. Sehr interessant ist hier der Vergleich
mit den betreffenden Zahlen von Quetelet, absolut 564 und 538 mm, relativ 335
und 840.
Das einzige Mass, das bei der Frau auch absolut grösser ist als beim Manne,
ist die Hiiftbreite. W. gibt da für seine Juden allerdings ganz enorme Masse:
217 mm beim Mann, 281 mm bei der Frau (Quetelet hat da nur 236 und 237 mm),
Dem entsprechend gehen auch die relativen Masse da sehr weit auseinander. Die
Körperlänge gleich 1000 gesetzt, haben Wa Juden eine Beckenbreite von 168, die
Frauen von 183, während bei Quetelet dieselben Zahlen nur 140 und 150 betragen.
Noch sehr viel geringer würden sie natürlich bei Engländern der höheren Stände
und erst recht bei Afrikanern ausfallen.
Das den grössten Teil des Buches einnehmende vierte Kapitel behandelt das
Wachstum während der Entwicklungsperiode. Es ist wohl der wichtigste Abschnitt
der ganzen Arbeit und mit grosser Sorgfalt und Umsicht durchgeführt. Das Material
beginnt mit Kindern von zwei Jahren und ist von Jahr zu Jahr in Gruppen geteilt
Sehr anerkennenswert ist, dass tatsächlich nur solche Kinder ausgewählt wurden,
Literarische Besprechungen. 381
deren Alter nahe an volle Jahre herankam. So wurden als zweijährig nur gezählt
Kinder mit 2 Jahren + 2 Monaten, ebenso die dreijährigen; als vierjährig die mit
4 Jahren + 3 Monaten usw. Für die vielen interessanten Einzelheiten dieses Kapitels
verweise ich auf das Original; ebenso für die anderen Abschnitte des Buches, unter
denen ich hier nur den über Zwerg- und Riesenwuchs noch besonders hervor-
heben will.
Sehr erfreulich ist W.’s schroffe Ablehnung von Stratz, dessen Versuch, mit
einem Modulus zu arbeiten, er als ganz verfehlt und in das Gebiet der ,sportativen®
Anthropometrie gehörig, bezeichnet. Das Wort ist unschön, aber dem Sinne nach
sicher zutreffend. Hingegen geht er sicher sehr viel zu weit, wenn er der ver-
dienstvollen Arbeit von Sarah Teumin „jeden wissenschaftlichen Wert ab-
spricht“.
Bei aller Anerkennung, die ich dem verdienstvollen Buche W.’s gerne zolle,
kann ich aber ein schweres Bedenken nicht unterdrücken; es betrifft seine Mess-
technik. Dass er an den direkt genommenen Massen festhält und am Lebenden
jede Projektion und alle aus solchen berechneten Masse verwirft, ist Ansichtssache.
In Zukunft wird man sich da vielleicht nach der Majorität der Fachgenossen richten,
weil man die Einheit der Methode für richtiger halten wird, als das eigensinnige
Festhalten an Einzelheiten, wenn auch diese vielleicht richtiger oder logischer sein
sollten, als die von der Mehrheit gewählten. Aber man sollte auf Masse verzichten,
die an sich schwierig oder unsicher zu ermitteln sind und man sollte in der Technik
jedes einzelnen Masses auf die Erreichung möglichst grosser Genauigkeit mehr
Gewicht legen als auf irgend andere wirkliche oder scheinbare Vorteile.
W. misst „ohne Schuhe, bei strammer Haltung, in leichten Unterkleidern* und
bestimmt folgende Masse:
Körperhöhe, Kopf in der deutschen Horizontalen.
Klafterbreite, Arme stark gestreckt.
Sitzhöhe, vom Scheitel bis zur Sitzfläche.
Rumpflänge, von der oberen Fläche des Akromion bis zur Sitzfläche.
Armlänge, vom Akromionrand bis zur Spitze des mittleren Fingers.
Beinlänge, vom oberen Rande des grossen Trochanters bis zum Fussboden.
Handlänge, von der tiefsten Falte am Handgelenke bis zur Spitze des
ınittleren Fingers.
8. Fusslänge, von dem am meisten nach hinten vorspringenden Punkte der
Ferse bis zur Spitze der längsten Zehe.
9. Schulterbreite, von einem Akromionrande zum anderen.
10. Hüftbreite, Diameter cristarum, zwischen den am meisten abstehenden
Punkten der Beckenschaufel.
11. Kopfumfang in horizontaler Richtung.
12. Brustumfang, vorne, beim Mann etwas unterhalb der Brustwarzen, beim
Weib oberhalb der Brüste, hinten unterhalb der Schulterblätter.
13. Körpergewicht.
14. Hubkraft.
15. Druckkraft.
Für 1, 3 und 4 wurde ein aus Holz kontruierter Anthropometer gebraucht; für
2 diente ein graduierter, hinten angelegter Holzstab, dessen eines Ende sich gegen
irgendeinen festen Stützpunkt stemmte; 5, 6, 7, 11 und 12 wurden mit dem Band-
masse bestimmt; 8 mit einem Tischlerwinkelmass; 9 und 10 mit einem Taster-
zirkel.“
W. verschmäht also das von der überwiegenden Mehrheit der Fachgenossen be-
nutzte einheitliche Instrumentarium und weicht auch sonst in seiner Technik von
uns anderen mehrfach ab. So vermeidet er jede Benützung des Symphysenrandes.
Das letztere wird man verstehen und für sein Material wohl auch billigen können.
Seine Art, die Rumpflänge zu bestimmen, ist unter diesen Umständen sogar als
besonders geschickt zu bezeichnen. Hingegen scheint es mir prinzipiell verfehlt,
5,6 und 7 mit dem Bandmasse zu messen; ebenso nehme ich Anstoss an der Be-
kb
in
38? Literarische Besprechungen.
nützung des grossen Trochanters zur Bestimmung der Beinlänge. Nach meiner per-
sönlichen Erfahrung — ich messe seit 40 und unterrichte im Messen seit 29 Jahren
— ist es bei einigermassen kräftigen Leuten sehr oft unmöglich, den oberen Rand
des grossen Rollhügels auch nur mit dem geringen Grade von Genauigkeit abzu-
tasten, der für Messungen am Lebenden als unerlässlich bezeichnet werden muss,
Noch gibt es keine einheitliche Technik für die Kérpermessung; vielleicht ge-
lingt es in diesem Jahre, sie in Heilbronn zu schaffen. Gerade das Buch von W,
zeigt wieder von neuem, wie dringend erwünscht ein wenigstens für die Haupt-
masse einheitliches Verfahren sein würde
Inzwischen kann ich nicht ohne Freude feststellen, dass W. in dem neuen
Buche in allen Tabellen die Zahlen wieder ganz ausschreibt. In seiner sonst sehr
wertvollen Arbeit über die jemenitischen Juden (Z. f. E. 41 S. 323) hatte er, einem
Beispiele von Iwanowsky folgend, es konsequent durchgeführt, in sämtlichen
Tabellen die „eigentlich ganz überflüssigen“ ersten Ziffern wegzulassen; er schrieb
damals für eine Kopflänge von 189 mm einfach 89, für eine Körperhöhe von 164 cm
einfach 64, für einen Kopfumfang von 58 cm einfach 8 nur — „um Raum, Zeit und
somit auch Geld zu ersparen.“ Er ist von dieser sehr übel angebrachten Sparsam-
keit jetzt freiwillig zurückgekommen, und so ist zu hoffen, dass er allmählich auch
in seiner Messtechnik sich den westlichen Kollegen mehr und mehr annähern wird.
v. Luschan.
Erwiderung auf die Besprechung meines Buches „Die altslavische Woh-
nung“ durch A. Brückner (vgl. diese Zeitschrift S. 180—182).
Die Bemerkung Brückners, dass bei der Fremdwörtersucht der Slaven (mehr
als bei den Germanen und Finnen?) die slavischen Lehnwörter für die Entlehnung
der Dinge gar nichts bedeuten, berührt mich nicht, da ich als Ethnograph von den
Sachen ausgehe und erst durch augenfällige Übereinstimmungen in den Einrich-
tungen hüben und drüben auf die Heransiehung der Lehnwörter geführt bin. Wenn
Brückner behauptet, dass banja und &ulan ohne Schwierigkeit aus einheimischem
Sprachgute erklärt werden können, so hat bis jetzt kein Slavist an eine derartige
Möglichkeit gedacht. Dass banja bei den Slaven von jeher die Bedeutung der
Badstube gehabt hat, ist ja auch meine Ansicht. In diesem Falle aber kann bei
demselben Stamme, z. B. den Grossrussen, istuba von Anfang an nur die Wohn-
stube bedeutet haben, und damit ist die Anlehnung an die skandinavische stofa
gegeben. Die Behauptung Brückners, dass die älteste russische Chronik istuba
in der Bedeutung der Badstube kenne, bezieht sich offenbar auf die Stelle (Miklo-
sich, Chronica Nestoris, S. 32, mein Buch, S. 317, Anm. 1), in der die Grossfürstin
Olga den Abgesandten der Drewljanen in Kiew ein Bad bereiten lässt (um %90).
Aber in jener Zeit gab es in Kiew bei den Poljanen ebensowenig Badstuben, wie
heutzutage, denn nach der Legende des heiligen Andreas traf dieser auf seiner Reise
nach Norden die Badstube erst oben am Ilmensee. Es blieb also nichts übrig, als
eine gewöhnliche Stube, istupka, so oder so, für diesen Zweck herzurichten. Und in
zwei späteren Stellen gebraucht derselbe Nestor unzweifelhaft istuba für die Wohn-
stube. In der einen (Nest. S. 141, anno 1095) wird dem Fürsten der Prolowzer,
Itlar, eine istubika angewiesen, um dort zu schlafen und zu frühstücken. Und im
folgenden Jahre wird unweit Kiew in der istuba die peč erwähnt, ein Wort, das
nie für den Steinofen der Badstube gebraucht wird (Nestor, S. 165, 6, mein Buch
S. 331, Anm. 1). Was noch die von Brückner angezogene Wendung der Wenzels-
legenden (Ende des 10. Jahrh.) anlangt: „in cesso balneo, quod populariter lingua
istuba vocatur“, so kann ich in stuba keine Vertretung eines tschechischen izba
sehen; der Verfasser will sich mit dem Ausdruck „pop. ling.“ entschuldigen, dass
er zum besseren Verständnis zu dem gut lateinischen in asso balneo das aus dem
(emeindeutschen in das Vulgärlatein übergerangene stuba fügt. Nun will ja Br.
Literarische Besprechungen. 383
selbst in einer um 1125 in Wollin erwähnten stupa (= izba?) die Wohnstube finden,
während nach dem (von Br. nicht angezogenen) Berichte des arabischen Reisenden
Ibrahim Ibn Jakub noch zu Ende des ersten Jahrtausends bei den westlichen
Slaven itba die Badstube gewesen sein soll (jeder Ethnograph weiss, wie sehr Rei-
sende, die der Landessprache nicht kundig sind, sich Missverstindnissen ausgesetzt
sehen). Wenn das richtig ist, so mtisste im Laufe des ersten Jahrhunderts unseres
Jahrtausends auf der ungeheuren, dünn bevölkerten, öfters durch pfadlose Wild-
nisse unterbrochenen Strecke von der Mündung der Oder bis zum Schwarzen
Meere, die istuba sich aus der Badstube zur Wohnstube entwickelt haben, und
zwar zu einer Wohnstube mit ganz besonderer, überall gleicher Einrichtung, niim-
lich mit der der peč’. Ich habe dargetan (mein Buch S. 170 ff., S. 181 bis 183), dass
auf der ganzen Strecke von der Ostsee bis zur Adria, überall wo Slaven und
Deutsche zusammenstossen, die Slaven in der Wohnstube den Backofen haben, oder
doch den Stubenofen zum Brotbacken benützen (Slovenen), wogegen das im inneren
Deutschland nirgends der Fall ist; ferner (S. 96 bis 98), dass auf derselben
Strecke die mannigfachsten Übergänge zwischen der slavischen Gewohnheit, im
Ofen selbst in Töpfen mittels der Ofengabel zu kochen und dem deutschen Brauch,
im Kessel am offenen Feuer, nachzuweisen sind; endlich (S. 97 unten), dass im ganzen
östlichen Deutschland der Brauch herrscht, Winters im Kachelofen mit der Ofengabel
in Töpfen zu kochen, eine Einrichtung, die nur von den Slaven angenommen sein
kann, da sie weiterhin nach Westen zu, desgleichen in Niedersachsen und Skandi-
navien, vollständig unbekannt ist. Diese Tatsachen sind unwiderleglich und können
in ihrern Zusammenhange nicht anders verstanden werden, als dass die Slaven die
istüba mit der peč von vornherein aus der alten Heimat in diese Gegenden ge-
bracht, aber nicht erst an Ort und Stelle unter ganz verschiedenen Einflüssen und
ohne jeden inneren Zusammenhang der Stämme entwickelt haben.
K. Rhamm.
én
=]
10.
IV. Eingänge für die Bibliothek.”
. Brühl, Gustav, Die Kulturvölker Alt-Amerikas. New York, Cincinnati, St. Louis.
Benziger Bros., 1875—1887. 8°.
. Dessauer, Friedrich, und Paul C. Franze, Die Physik im Dienste der Medizin
mit besonderer Berücksichtigung der Strahlungen. Kempten u. München:
J. Kösel 1906. 8° (Aus: Sammlung Kösel Bd. 9.)
. Franze, Paul C., Uber die Gültigkeit naturwissenschaftlicher Erkenntnis und
über die Entwicklung der Erkenntnis überhaupt. o O. u. J. 8°. (Aus:
Philos. Wochenschr. Bd. 7 u. 8.
. Schweinfurth, G, und L. Levin, Beiträge zur Topographie und Geochemie
des ägyptischen Natron-Thals. Berlin 1898. 8°. (Aus: Zeitschr. f. Erdkde.
Bd. XXXIIL.) i
. Lewin, L., Über eine angebliche Carbolsäurevergiftung. Leipzig: G. Thieme
1898. 8°. (Aus: Deutsch. Med. Wochenschr. 1898.)
. Lewin, L, Über eigentümliche Quecksilber-Anwendungen. Berlin 1899. 8°.
(Aus: Berl. klin. Wochenschr. 1899.)
. Lewin, L., Über die Fruchtabtreibung. Berlin 1899. 8°. (Aus: Berliner klin.
Wochenschr. 1899.)
. Lewin, L, und M. Brenning, Die Fruchtabtreibung durch Gifte und andere
Mittel. Berlin: A. Hirschwald 1899. 8".
. Lewin, L., Über einige biologische Eigenschaften des Phenylhydrazins und `
einen grünen Blutfarbstoff. München: R. Oldenbourg 1901. 8°. (Aus:
Zeitschr. f. Biolog. Bd. XLII.)
Lewin. Louis, Sur une substance colorante verte extraite du sang des animaux
empoisonnés par la phenylhydrazine. Paris: Ganthier-Villars 1901. 8".
(Aus: Comptes Rendus des Séances de l’Acad. des Sciences.)
. Offner, Max, Das Gedächtnis ... Berlin: Reuther & Reichard 1909. 8°.
Nr. 1—11 Hr. Grünwedel.
. Schrader, O, Die Indogermanen. Leipzig: Quelle & Meyer 1911. 8°. (Aus:
Wissenschaft und Bildung Bd. 77.)
. Weber, Friedrich, Beiträge zur Charakteristik der älteren Geschichtsschreiber
über Spanisch-Amerika. Leipzig: R. Voigtländers Verlag 1911. 8°.
. Volz, Walter, Reise durch das Hinterland von Liberia 1906—1907. Nach
seinen Tagebüchern bearbeitet von Dr. Rudolf Zeller. Bern: A. Francke
1911. 8°.
. Bloch, Iwan, Der Ursprung der Syphilis.... I. Jena: G. Fischer 1901. 8°.
1) Die Titel der eingesandten Bücher und Sonder-Abdrücke werden regelmässig
hier veröffentlicht, Besprechung der geeigneten Schriften vorbehalten. Rücksendung
unverlangter Schriften findet nicht statt.
16.
23.
24.
20.
31.
33.
34.
Eingänge für die Bibliothek. 385
Hodson, T. C., The Naga Tribes of Manipur. London: Macmillan and C.
1911. 8°.
Nr. 12—16 Verleger.
. Catalogue, A descriptive of the Sanskrit manuscripts in the government
oriental manuscripts library, Madras by M. Rangacharya, M. A., Rao Ba-
hadur, vol. IIL-grammar, lexicography and prosody, Madras 1906. 8°.
. Catalogue... vol. IV first part: Itihasa and puräna. Madras 1907. 8°.
. Catalogue... vol. IV, second part: Upapuränas and sthalamähätmyas. Madras
1908. 8°.
. Catalogue... vol. V.-Dharma-sästra. Madras 1909. 8°.
. Catalogue... vol. VI.-Dharma-sästra (continuet). Madras 1909. 8°.
. Catalogue... vol. VIIL-Arthasästra, Kamasästra, and systems of indian
philosophy-Nyaya, Madras 1910. 8°.
Catalogue ... vol. IX-Systems of indian philosophy: Vaisésika, yoga
mimäamsä and védanta-advaita philosophy. Madras 1910. 8°.
Nr. 11-23 Superintendent Gov. Press.
Hoernes, M., Kunsthistorische Übersicht aus dem V. Bande der österreichischen
Kunsttopographie (Bezirk Horn). 0.0. u.J. 4% (Aus: K K. Zentral-
Komm. f. Kunst- u. hist. Denkmale.)
. Carus, Paul, Philosophy as a science ... Chicago: The Open Court Publishing
Company. 1909. 8°%
. Puydt, Marcel de, Ville de Liege Musée Archéologique Maison Curtius . . . Section
préhistorique. Liege o J. 8°.
. Puydt, Marcel de, Notes sur une partie de cräne humain trouvee dans le
Limon d'une Grotte pres de Pepinster. Quatre instruments néolithiques
perforés, des silex taillés paraissant quaternaires trouvés a Sainte-Gertrude.
Un vase néolithique de Tourinne. Bruxelles 1884. 8°. (Aus: Bull. de la
Soc. d’anthrop. de Bruxelles tome XIII.)
. Puydt, Marcel de, Au sujet de poignards de l’äge de la pierre et de quelques
silex taillés trouvés a Epinois, canton de Binche, province de Hainaut
(Belgique). Bruxelles 1900. 8° (Aus: Communication faite a la Soc.
d’Anthrop. de Bruxelles.)
Puydt, Marcel de, Fonds de cabanes néolithiques de la Hesbaye. Le village
des tombes compte rendu de fouilles exécutées a Omal par M. M. E. Davin-
Rigot et Marcel de Puydt, en 1900-1901. Bruxelles 1902. 8° (Aus:
Communication faite a la Soc. d’Anthrop. de Bruxelles.)
. Puydt, Marcel de, Antiquités préhistoriques trouvées sur le territoire de la
Ville de Liege, haches du type acheuléen de Visé et de Waremme,
Bruxelles 1903. 8°. (Aus: Communication faite a la Soc. d’Anthrop. de
Bruxelles.)
Puydt, Marcel de, Fonds de cabanes néolithiques du Niva et de Bassenge.
Compte rendu de fouilles exécutées par M. M. Davin-Rigot et M. de Puydt
a les Waleffes. Bruxelles 1904. 8°. (Aus: Communication faite a la Soc.
d’Anthrop. de Bruxelles.)
32. Puydt, Marcel de, Habitations de l’äge du bronze en Hesbaye. Compte rendu
de fouilles pratiquées, en 1905, avec M. M. Davin-Rigot et Herman Davin,
à Lens Saint-Servais, provinze de Liege. Bruxelles 1907. 8% (Aus:
Communication faite a la Soc. d’Anthrop. de Bruxelles.)
Puydt, Marcel de, Fonds de cabanes de la Hesbaye. Groupe du Grandchamp.
Compte rendu de fouilles exécutées, en 1907, avec M. M. Davin-Rigot et
Herman Davin, commune de les Waleffes. Bruxelles 1909. 8°. (Aus:
Communication faite à la Soc. d’Anthrop. de Bruxelles.)
Puydt, Marcel de, Les emplacements d’habitations protohistoriques de la
Bruyère de Neerhaeren (commune de Reckheim). Bruxelles 1909. 8°. (Aus:
Communication faite 4 la Soc. d’Anthrop. de Bruxelles.)
Zeitschrift für Ethnologie. Jahrg. 1911. Heft 2. 25
386 Eingänge für die Bibliothek.
35.
46.
47,
48.
49
50.
51.
Puydt, Marcel de, Le fond de cahane néolithique découvert a Liege sous la
place Saint-Lambert. Liege 1909. 8°. (Aus: Compte-rendu du Congr. de
la Federation archeol. et hist. de Belgique XXI sess.)
, Puydt, Marcel de, Notice. Station néolithigue de Sainte-Gertrude (Limbourg
néerlandais). Ateliers néolithiques de Sainte-Gertrude et de Ryckholt.
Collections préhistoriques déposées au Musée Curtius. Liége 1910. 8°.
(Aus: XLI. allgem. Versamml. in Cöln.)
. Boas, Franz, Changes in bodily form of descendants of immigrants. Washington
1911. 8°. (Aus: The Immigration Commission.)
. Neergaard, Carl, Un amas de débris provenant d'une fonderie du récent Age
du bronze. Copenhague 1910. 8°. (Aus: Mém. de la Soc. Roy. des Antiqu.
du Nord.)
. Viollier, D., Essai sur les rites funéraires en Suisse des origines a la conquete
romaine étude, sur les moeurs et les croyances des populations pre-
historiques. Paris: E. Leroux 1911. 8° (Aus: Biblioth. de l’Ecole des
hautes études vol. 24.)
. Le Coq, A. v., Dr. Steins turkish khuastuanift from Tun-Huang ... 0.0.1911.
8° (Aus: Journ. of the Royal Asiatic. Soc.)
. Lehmann-Nitsche, Robert, Europäische Märchen unter den argentinischen
Araukanern. o. O. u. J. 8°. (Aus XIV. Amerikanisten-Kongress.)
2. Lehmann-Nitsche, Robert, Schädeltypen und Rassenschädel. Braunschweig
1906. 4°. (Aus: Arch. f. Anthrop. N.F. Bd. V.)
. Lehmann-Nitsche, Robert, Dibujos primitivos . . . La Plata 1909. 8°. (Aus:
Tirada especial de Univers. Nac. de la Plata.)
. Lehmann-Nitsche, R., Clavas cefalomorfas de piedra procedentes de Chile
y de la Argentina. Buenos Aires 1909. 4°. (Aus: Rev. del Mus. de la
Plata tomo XVI (2. serie tom. MI.)
. Lehmann-Nitsche, R, Hachas y placas para ceremonias procedentes de
Patagonia. Buenos Aires 1909. 4°. (Aus: Rev. del Mus. de la Plata tomo
XVI (2. serie tom. IIL.)
Lehmann-Nitsche, R, Zu den Anthropophyteia aus Alt-Peru. Leipzig:
Deutsche Verlagaktiengesellschaft 1909. 8° (Aus: ANOPQITOSYTEIA
Bd. VI.)
Lehmann-Nitsche, Robert, Homo sapiens und Homo neogaeus aus der
argentinischen Pampasformation. Wien: A. Hartlebens Verlag 1909. 8°.
(Aus: Verhandl. d. AVI. Internat. Amerikanisten-Kongr.)
Lehmann-Nitsche, Robert, Homo sapiens und Homo neogaeus aus der
argentinischen Pampasformation. Jena: G. Fischer 1909. 4° (Aus: Natur-
wissenschaftl. Wochenschr. N. F. VIII. Bd.)
Lehmann-Nitsche, R., Programa del Curso libre de Paleoantropologia Año
' 1904. La Plata 1909. 8°. (Aus: Facultad de filosofia y letras de la Univers.
de Buenos Aires.)
Lehmann-Nitsche, Robert, El hombre fosil pampeano La Paz, Bolivia 1910.
4°, (Aus: Bol. de la Oficina nac. de estadistica.)
. Lehmann-Nitsche, Robert, Vocabulario Chorote 6 Solote (Chaco occidental’.
Buenos Aires 1910. 4°. (Aus: Rev. del Mus. de la Plata tomo XVIII.
2. serie tomo IV.)
2. Lehmann-Nitsche, Robert, Programa del curso de antropologia año
1905—1907 u. 1910. Buenos Aires 1905—1910. 8°. (Aus: Facultad de
filosofia y letras de la Univ. de Buenos Aires) 4 Hefte.
. Lehmann-Nitsche, R., Programa de curso libre del antropologia año 1903.
La Plata 1909. 8° (Aus: Facultad de filosofia y letras de la Univ. de
Buenos Aires.)
Torres, Luis Maria, El Totemismo su origen, significado, efectos y superviven-
clas. Buenos Aires 1911. 4°. (Aus: Anales del Mus. Nac. de Buenos Aires.
Tom. XX. Ser. 3t. XIIL)
Ov.
56.
61.
62.
63.
Eingänge fiir die Bibliothek. 387
Sera, G. L., Sull’ uomo fossile sud-americano. Firenze 1911. 8°. (Aus: Moni-
tore See Ital. anno XXII.)
Buschan, G., Literatur iiber die Landes- und Volkskunde Pommes für die
Jahre 1908 und 1909 unter Mitwirkung von G. Enderlein, A. Hahn, L. Sauer
und E. Walter. Greifswald 1911. 8". (Aus: Ihresber d. Gesellsch. f.
Völker- und Erdkde. z. Stettin).
. Wichmann, H., Die deutsch-niederländische Grenzkommission in Neuguinea.
Gotha: J. Perthes 1911. 4°. (Aus: Dr. A. Petermanns Geogr. Mitteil. 1911).
. Pöch, Rudolf, Bericht über meine Reisen nach Südafrika 1907—1909. Wien
1908/1909. 8°. (Aus: Akad. Anz. d. kaiserl. Akad. d. Wissensch. Nr. VI.)
. Pöch, Rudolf, Das Photographieren auf anthropologischen Forschungsreisen.
Wien: K. k. Photographische Gesellschaft 1910. 8°. (Aus: Photogr.
Korrespondenz Nr. 594)
. Pöch, Rudolf, Meine beiden Kalahari-Reisen 1908 und 1909, Berlin 1911. 8°.
(hive: Zeitschr. d. Gesellsch. f. Erdkde.)
Verlagskatalog von Friedr. Vieweg & Sohn in Braunschweig. Herausgegeben
aus Anlass des hundertjiihrigen Bestehens der Firma in Braunschweig
1799 April 1899. Braunschweig 1899. 8°.
Verlagskatalog von Friedr. Vieweg & Sohn in Braunschweig 1186-1911. Her-
ausgegeben aus Anlass des hundertfünfundzwanzigjährigen Bestehens der
Firma, gegründet April 1786. Braunschweig 1911. 8°
Roberti, Giacomo, L’eta neolitica nel Trentino. Trento 1909 8°, (Aus: Rivista
tridentino 1909.)
. Roberti, Giacomo, Appunti di paletnologia Trentina. Parma 1910. 8°. (Aus:
Bull. di paletnolog. ital. Anno XXXV.)
. Roberti, Giacomo, Inventario degli oggetti litici del Trentino. Trento 1910.
8". (Aus: Supplemento di Pro Cultura Anno I.)
. Roberti, Giacomo, Scavi della „Pro Cultura“ o. O. 1911. 8”. (Aus: Rivista
Pro Cultura Anno 1911.)
. Roberti, Giacomo, Le nuove scoperte della Stazione neolitica a Mont’ Athans
di Mori o O. u. J. 8° (Aus: Pro Cultura I.)
. Roth, Walter E., Some technological notes from the Pomeroon District, British
Guiana. Loddon: Royal Anthrop. lnst. of Great Britain and Ireland 1910.
4°, (Aus: Journ. of the Royal Anthrop. Inst. Vol. XL.)
. Hollis, A. C., Vocabulary of english words & sentences translated into six
isn or dialects, viz.: o O. u. J. 8°.
, Koch-Grünberg, Theodor, ‚Aruak-Sprachen Nordwestbrasiliens und der an-
grenzenden Gebiete. Wien: Anthropologische Gesellschaft 1911. 4°. (Aus:
Bd. XLI (d. dritten Folge Bd. XI) d. Mitteil. d. Anthrop. Gesellsch. in Wien.)
Nr. 24—70 Verfasser.
. The onus Court a monthly Magazine devoted to the Science of Religion, the
Religion of Science, and the Extension of the Religions Parliament Idea
founded by Edward C. Hegeler. Chicago: The Open Court Publishing
Company. London: Kegan Paul, Trench, Triibner & Co. Ltd. 1911. 8°.
Hr, P. Carus.
. Düben, G. von, Crania Lapponica opus posthumum auctore. With a preface `
by professor Gustaf Retzius edited by Prof. C. G. Santesson. Holmiae
MCMX. Jena: G. Fischer 1909. 2°
Hr. Santesson.
. Bosman, William, A New and Accurate Description of the Coast of Guinea,
divided into the Gold, the Slave, and the Jvory Coasts. London 1705. 8°.
Professor Lissauer-Stiftung.
. Guimet, Emile, Les chretiens et l’empire romain. Le malentendu entre les
Chrétiens et le Gouvernement Paris: Editions de la Nouvelle Revue 1909:
8°. (Aus: La Nouv. Rev.)
Musée Guimet.
388 Eingänge für die Bibliothek.
82
83
. Guimet, Emile, Lucien de Samosate, philosophe. Paris: Editions de la Nouvelle
Revue 1910. 8°. (Aus: Nouv. Revue.)
Musée Guimet.
. Journal, The Sarawak Museum. Sarawak 1911. 8% Vol. I, 1.
Curator des Museums.
. Volkskunde Leipzig: O. R. Reisland 1911. 8° (Aus: Jhrsber. über die Erschein.
auf dem Geb. d germ. Philolog. 31. Jhrg)
Gesellsch. f. deutsche Philologie.
. Freimark, Hans, Das Sexualleben der Afrikaner. Leipzig: Leipziger Verlag
G. m. b. H. o. J. 8° (Aus: Sexualleben der Naturvölker Bd. II.)
Professor Lissauer-Stiftung.
. Topinard, Paul, L’Anthropologie. Paris: Schleicher Frères o. J. 8°.
Professor Lissauer-Stiftung.
. Weimann, E., Lebensbeschreibung des Prinzen und der Prinzessin Colibri.
Berlin 1857. 8°.
Hr. Virchow.
. Prusse occidentale, Carte archéologique de la, (Ancienne Province polonaise)
et des parties contigues du Grand Duché de Posen d’apres les recherches
de Godefroy Ossowski (1875—1878) par les soms et aux frais de Sigismond
Dzialowski. Paris 1880. gr. 2°.
Frau Geh. Rat Virchow.
Rathgen, F., Uber einige antike Mörtel. Berlin: Chem. Laboratorium f. Ton-
industrie und Tonindustrie-Ztg. . . . 1911. 8% (Aus: Tonindustrie-Ztg.
Jahrg. 1911.)
. Pittard, Eugene, L’indice cephalique chez les Tsiganes de la péninsule des
Balkans (1261 individus des deux sexes). Lyon 1904. 8° Aus: Soc.
d’Anthrop. de Lyon 1904.)
84. Pittard, E., Le plus ancien outillage humain en os connu jusqu, à ce jour
| 85.
86.
87.
88.
89.
93.
94.
(période moustérien). Köln 1907. 4°. (Aus: Bericht über die Prähist. Vers.
1907 ... in Köln).
Pittard, Eugène, Ossements utilisés (diaphyses) de la période moustérienne
station des Rebiéres (Ourbiéres) Dordogne. Paris: F. Alcan 1908. 8"
(Aus: Rev. de l’École d’Anthrop. 18. Année.)
Pittard, Eugène, Anthropologie de la Roumanie. Étude de 50 crânes roumains
déposés au Monastère de Varatic (Moldavie). Bucarest 1910. 4° (Aus:
Bull. de la Soc. des Scienc. de Bucarest-Roumianie, An. XIX.)
Pittard, Eugene, Découvertes préhistoriques dans la Dordogne. Une nouvelle
station moustérienne (note préliminaire). Genève: R. Burkhardt 1910. 8°.
(Aus: Globe Tome XLIX.)
Pittard, Eugène, Contribution a l’&tude anthropologique des Serbes du royaume
de Serbie. Paris: F. Alcan 1910. 8°. (Aus: Rev. de l'École d’Anthrop.
20. Année.)
Pittard, Eugène, Comparaisons sexuelles dans une série de 795 crânes de
brachycephales alpins Lyon: H. Georg. Paris: Masson et Cie., 1910. 8°.
(Aus: Bull. de la Soc. d’Anthrop. de Lyon, tome 28.)
Pittard, Eugène, L’indice nasal et le développement des dimensions du nez en
fonction de la taille chez 1266 Tziganes des deux sexes. Paris: F. Alcan
1911. 8° (Aus: Rev. anthrop. 21 année)
. Favraud, A., Une cachette de haches en bronze à Sauzelle Ile d'Oléron.
(Charente-Inférieure) Angoulème: Constantin MDCCCXI. 8°.
92. Roth, Walter E., North Queensland ethnography. o. O. 1910. 8°. (Aus: Records
of the Austral, Mus. vol. VIII.)
Haberlandt, M., Antwort auf vorstehende Erwiderungen. 0. O. 1911. 8°.
(Aus: Dr. A. Petermanns geogr. Mitteil. I.)
Baye, Le Baron de, Les casques de l'époque barbare (second mémoire).
Paris 1911. 8°. (Aus: Mémoires de la Soc. nat. des Antiquaires de France
t. LXX.)
95.
96.
97.
98.
99.
100.
101.
102.
103.
104.
105.
106.
107.
108.
109.
110.
111.
112.
113.
Eingänge für die Bibliothek. | 398
Debenedetti, Salv., Noticia sobre un cementerio indigena de Baradero.
Buenos Aires 1911. 8°. (Aus: Revista de la Univers. Tomo XIII.)
Bellucci, Giuseppe, Ornamenti personali in argento rinvenuti nella necro poli
di Norcia (Umbria) (2° periodo dell’ eta del ferro), Roma 1911. 8°.
Preuss, K. Th., 1 Religionen der Naturvölker Amerikas 1906-1909. Leipzig:
B. G. Teubner 1911. 8° (Aus: Arch. f. Religionsw. 14 Bd.)
Huttern, Johann, Die siebente Erdenwelt in Zeit, Sprache und Schrift.
Leipzig: Zürich IV, Selbstverlag des Verfassers, Universitätsstr. 80. 1911. 8°
Bertholon, Etude comparée sur des cranes de Carthaginois d’il y a 2400 ans
et de Tunisois contemporains. Tunis 1911. 8°. (Aus: Revue Tun.)
Herman, Otto, Vortrag gehalten in der Sitzung der Kommission für Höhlen-
forschung der ungarischen geologischen Gesellschaft am 6. Feber 1911.
Budapest 1911. 8°. (Aus: Mittel der Höhlenforschungskommiss. der ung.
geolog. Gesellsch. Jahrg. 1911.)
Morselli, Enrico, Etnologia et Etnografia. Firenze 1911. 8°. (Aus: Arch. per
l’Antrop. e la Etnol. vol. XLI.)
Mac Curdy, George Grant, An Aztec „Calendar Stone“ in Yale University
Museum. Lancaster Pa., U.S.A. 1911. 8°. (Aus: Amer. Anthropologist
(N.S), vol. XII).
Mac Curdy, George Grant, Seventeenth International Congress of Americanists,
second Session-City, of Mexico. Lancaster Pa., U.S.A. 1911. 8° (Aus:
Amer. Anthropologist (N.S.), vol. XII.)
Goerke, Franz, Länderkunde. Berlin: Union, Deutsche Verlagsgesellschaft.
o. O. 8° (Aus: Angewandte Photogr. in Wissensch. u. Techn.)
Alsberg, Moritz, Tropismen und Lebensvorgänge. Leipzig: J. A. Barth 1910.
8°. (Aus: „Neue Weltanschauung“.)
Alsberg, Moritz, Die geistige Entwicklung bei Tier und Mensch im Lichte
der neueren Forschung. Hildburghausen: Thüringische Verlagsanstalt.
o. J. 8° (Aus: Politisch-anthropolog. Revue IX. Jahrg.)
Stolyhwo, Kazimierz, [Polnisch] Wsprawie człowieka kopalnego i jego
poprzednikow w Argentynie, oraz Sprawozdanie z delegacyi na Kongres
naukowy miedzynarodowy amerykanski w Buenos Aires w 1910 roku...
Warszawa 1911. 8”. (Aus: Ber. u. Sitz. d. Gelehrt. Ges. Jhrg. IV.)
Stolyhwo, Kazimierz, [Polnisch] Poszukiwania archeologiczne w Zameczku w
Radomskiem. Warszawa 1911. 8° (Aus: Ber. u. Sitz. d. Gelehrt. Ges.
Jhrg. 1V.)
Stotyhwo, K., [Polnisch] Sprawozdanie ze stanu i działolnosci pracowni antro-
pologicznej przy Muzeum przemysłu i rolnictwa w Warszawie w Roku 1910.
Warszawa 1911. 8°. (Aus: Compt. Rend. du Laboratoire Anthrop. pres
„Museum Przemysłu i Rolnictwa“ à Varsovie.)
Iwanowski, A. A., [Russisch] Die Bevölkerung der Erdkugel, Versuch einer
anthropologischen Klassifikation. Moskau 1911. 4° (Aus: Nachr. d.
Kaiserl. Gesellsch. d. Freunde d. Naturkunde . .. Tome XXVII.)
Boas, Franz, Curso de Antropologia general. Mexico 1911. 8°. (Aus: Univers.
Nac. de Mexico . . . Seccion.)
Stuhlmann, Franz, Handwerk und Industrie in Ostafrika, kulturgeschichtliche
Betrachtungen nebst einem Anhang: die Gewinnung des Eisens bei den —
Nyamwezi von R. Stern. Hamburg: L. Friederichsen & Co. (Dr. L. und
R. Friederichsen) 1910. 4°. (Aus: Abhandl. des Hamburg. Kolonialinst.
Bd. I).
Nr. 82—112 Verfasser.
Petrie, W.M. Flinders, Ernest Mackay and Gerald Wainwright, Meydum
and Memphis (III). London: School of Archaeology in Egypt and
B. Quaritch 1910. 4° (Aus: British School of Archaeology in Egypt and
egyptian research account sixteenth year 1910.)
Angekauft.
390
114.
115.
116.
117.
118.
119.
120.
121.
122,
123.
125.
124.
Eingänge für die Bibliothek.
Petrie, W. M. F, E. B. Knobel, W. W. Midgley, J. G. Milne, and
M. A. Murray, Historical studies. London: School of Archaeology in
Egypt and B. Quaritch 1911. 4°. (Aus: British School of Archaeology in
Egypt Studies. Vol. II.)
Angekauft.
Spicyn, A., [Russisch] Archaeologische SE S. Petersburg: R. Golike
u. A. Vilborg 1910. 8°.
Commission imp. archaeol.
Jahresbericht, XIX, des Museums für Völkerkunde zu Lübeck. Berichtsjahr
1910. Lübeck 1911. 8°.
Mus. f. Völkerkunde.
Nanjio, Bunyiu, A catalogue of the chinese translation of the Buddhist
Tripitaka the sacred canon of the Buddhists in China and Japan...
Oxford: MDCCCUXAXNIIL 4°
Professor Lissauer-Stiftung.
Chavannes, Edouard, Cinq cents contes et apologues extraits du Tripitaka
chinois ... Tome IJ—III. Paris: Leroux 1910—11. 4° 3 Bde.:
Professor Lissauer-Stiftung. |
A. W., Mammuthknochen in den Miiggelsbergen. Berlin 1877. 2° (Aus:
National-Ztg. 30. Jahrg.)
Hr. Virchow.
Report, First annual, Canadian Folk-Lore Society. Toronto 1911. 8°.
Canad. F.-L. Soc.
Putnam, Charles E., Elephant pipes and inscribed tablets in the Museum of
the Academy of Natural Sciences Davenport, Jowa. Dawenport, Jowa 1885. 8°.
Hr. von Le Coq.
Chavannes, Ed., Bulletin critique. o. O. 1911. 8° (Aus: T’oung-Pao.)
Hr. Chavannes.
Selenka, Emil, Menschenaffen (Anthropomorphae) Studien über Entwicklung
und Schädelbau. Zehnte Lieferung. Über die Richtung der Haare bei den
Affenembryonen nebst allgemeinen Erörterungen über die Ursachen der
Haarrichtungen von G.Schwalbe. Wiesbaden: C. W. Kreidels Verlag 1911. 4°.
Angekauft.
. Kauffmann, Oscar, Aus Indiens Dschungeln, Erlebnisse und Forschungen.
Bd. I—II. Leipzig: Klinkhardt und Bierman 1911. 8° 2 Bde.
Verleger.
Graebner, F., Methode der Ethnologie. Mit einem Vorwort des Herausgebers
W. Foy. Heidelberg: C. Winters Universitätsbuchhandlung 1911. 8°. (Aus:
Kulturgeschichtliche Biblioth. 1. Reihe 1.)
Verleger.
1 Westermann, Diedrich, Die Sprache der Haussa in Zentralafrika, Berlin:
D. Reimer (E.Vohsen) 1911. 8°. (Aus: Deutsche Kolonialsprachen. Bd. IIL.)
Verleger.
. Chavannes, Edouard, Le T'ai Chan essai de monographie d'un culte chinois,
appendice le dieu du sol dans la Chine antique.
Paris: E. Leroux 1910. 8% (Aus: Annales du Musée Guimet tom, XXI.)
Professor Lissauer-Stiftung.
. Frazer, J. G., The Golden bough, a study in magic an religion. Third Edition.
Part. I. The Magic Art and the Evolution of Kings. London: Macmillan
and Co. 1911. 2 vol.
Part. II. Taboo and the Perils of the Soul. London: Macmillan and Co.
1911. 8°. 1 vol.
Verleger.
Hough, Walter, The Hoffmann Philip Abyssinian ethnological Collection.
Washington 1911. 8% (Aus: Proceed. of the U. S. Nat. Mus. vol. 40.)
U. S. Nat. Mus.
130.
142.
143.
144.
145.
146.
147.
148.
149.
150.
Eingänge für die Bibliothek, 391
Bericht des Burzenländer sächsischen Museums in Kronstadt 1908—1910.
o. O. u. J. 8°.
Museum.
. Buttel-Reppen, H. v., Aus dem Werdegang der Menschheit. Der Urmensch
vor und während der Eiszeit in Europa: G. Fischer 1911. 8°.
Verleger.
2. Friedenthal, Albert, Das Weib im Leben der Völker I—II. Berlin: Verlags-
anstalt für Literatur und Kunst 1910. 4°. 2 Bde.
. Morse, Edward S., Review of Frank H. Chalfant’s early chinese writing. o. O.
1906. 4°. (Aus: Science, N. S, vol. XXIV).
Morse, Edward S., Chinese Pottery of the Han Dynasty. By Berthold Laufer,
Leyden: E. G. Brill 1909. 8° (Aus: Amer. Anthropologist vol. 12).
. Posnansky, Arthur, El clima del altiplano y la extension del lago Titicaca
con relaciòn à Tihuanacu en èpocas prehistoricas ... La Paz (Bolivia)
1911. 8°.
. Erdeljanovič, Jovan, [Serbisch] Uber den Piper-Stamm. Belgrad 1911. 8°
(Aus: XVII. Bd. der ,Ethnogr. Berichte“ der serbisch. Königl. Akad.)
. Giuffrida-Ruggeri, V, Per una sistemazione del tipo di Cro-Magnon e una
rara anomalia (ossificazione nello spazio suturale coronale) Firenze 1911.
8°. (Aus: Arch. per. l’Antrop. e la Etnol. vol. XLI).
. Rutot, A, Le Préhistorique dans l'Europe Centrale ... Malines 1911. 8°.
(Aus: Mém. du Xlle Congr. d’Archéol. et d’Hist. 1911.)
. Sergi, Giuseppe, Sul diprothomo platensis, Amechino. Roma 1911. Hi (Aus:
Riv. di Antrop. Vol. XVI). bg
. Aranzady, D Telesforo de, Antropologia y etnologia del pais vasco-navarro.
Barcelona: A. Martin 1911. 8°.
. Virchow, Hans, Das Verhalten des Navikulare bei Flexionsbewegungen der
Hand. Berlin: Urban & Schwarzenberg 1911. 8°. (Aus: Med. Klinik 1911).
Kobert, R., Über das älteste in Deutschland befindliche echte Papier. Berlin
1911. 4° (Aus: „Der Papier-Fabrikant“.) |
Nr. 132—142 Verfasser.
Spiess, Karl, Die deutschen Volkstrachten. Leipzig: B. G. Teubner 1911. 8",
(Aus: Natur u. Geisteswelt Bd. 342).
Neuhauss, R., Deutsch Neu-Guinea Bd. III. Beiträge der Missionare Keysser,
Stolz, Zahn, Lehner, Bamler, herausgegeben mit Unterstützung des Baessler-
Instituts in Berlin. Berlin: D. Reimer (E. Vohsen) 1911. 8".
W olf-Czapek, K. W., Angewandte Photographie in Wissenschaft und Technik.
Berlin: Union, Deutschs Verlagsgesellschaft 1911. 8”.
Leyen, Friedrich von der, Das Märchen, Leipzig: Quelle & Meyer 1911. 8".
(Aus: Wissenschaft u. Bildung . .. Bd. 96).
Nr. 143 - 146 Verleger.
Catalogue, A descriptive, of the Sanskrit manuscripts in the Government
oriental Manuscripts Library, Madras by M. Rangäcärya, M. A. Rao Bahadur
... Vol. X. — Systems of indian philosophy — Dvaita — Védanta,
Visistädvaita — Vēdānta and Saivä — Vēdānta. Madras 1911. 8°.
Gov. Press. Madras.
Hrdliéka, Ales, Some results of recent anthropological exploration in Peru.
Washington: Smithsonian Institut. 1911. 8°. Aus: Smithsonian Miscell.
Collect. vol. 56).
Smithson. Institut.
Führer durch die Sammlungen des Nordiska Museet Stockholm, herausgegeben
durch Sune Ambrosiani. Stockholm 1911. 8°.
Museum,
Frobenius, Leo, Auf dem Wege nach Atlantis, herausgegeben von Herman
Frobenius. Berlin-Charlottenburg: Vita, Deutsches Verlagshaus o. J. 8”.
Herausgeber.
32 Eingänge für die Bibliothek.
151. Parent, Aubert, Beiträge zur solothurnischen Altertumskunde. o. O. 1911.
8°, (Aus: „Soloth. Tagblatt“ 1911.)
Tatarinoff.
152. Archivio per la Etnografia e la Psicologia della Lunigiana fondato e diretto
da G: Sittoni e da G. Podenzana. Spezia 1911 8°.
Achir.
(Abgeschlossen am 15. Juli 1911).
L Abhandlungen und Vorträge.
Uber das taoistische Pantheon der Chinesen, seine Grund-
lagen und seine historische Entwickelung.
Von
Herbert Mueller.
Vorbemerkung. Uber das taoistische Pantheon sprach ich in einem
kurzen Vortrage am 28. Januar 1911. Ich musste mich darauf beschränken,
die Hauptprobleme zu formulieren, und gab im übrigen lediglich eine Er-
klärung der gleichzeitig ausgestellten Bilder und Statuen. Das gleiche
Thema kann ich an dieser Stelle wesentlich anders behandeln, kann weiter
ausgreifen und mehr Material heranziehen. Mit Recht aber bleibt als
Überschrift bestehen: „Über das taoistische Pantheon“; denn eine syste-
matische Darstellung dieser fast unübersehbaren Götterwelt, ihrer Grund-
lagen und ihrer historischen Entwickelung ist heute — und wohl noch
auf lange Zeit hinaus — unmöglich: das Gebiet ist gross und die Zahl
der Vorarbeiten ist gering’). Ich muss mich bescheiden, das eine und
das andere zu diesem Thema zu sagen, und wenn ich nichtsdestoweniger
eine gewisse systematische Anordnung dieser Wissensfragmente versucht
habe, so leitete mich dabei die Überzeugung, dass es manchmal besser ist,
zu irren, als gar nichts zu tun. Man möge bedenken, .dass es eben nur
ein Versuch ist, der zu weiteren Arbeiten auf dem behandelten Gebiete
anregen und zugleich eine Einleitung bilden soll.
Einleitung.
Definition. Den Ausdruck ,taoistisches Pantheon‘ gebrauchen wir
für die Gesamtheit von Gestalten, die in China rituelle Verehrung ge-
niessen, sofern sich diese Verehrung nicht beschränkt auf die Kreise der
Familie, der buddhistischen oder der lamaistischen Kirche. Wir setzen
Die in diesem Aufsatz verwandten chinesischen Zeichen wurden dankenswerter
Weise von der Reichsdruckerei zur Verfügung gestellt.
1) Als bemerkenswert sind zu nennen: Ch. de Harlez, Shen-sien-shu, Le
Livre des Esprits et des Immortels, Bruxelles 1893, basierend im wesentlichen auf
dem chinesischen Werke eines Konvertiten; Popoff, Le Pantheon Chinois (russ.),
St. Petersburg 1907. Vereinzelt findet sich mancher interessante Beitrag in den
auf Asien bezüglichen Zeitschriften und in den allgemeinen Werken über chine-
sisches Religionswesen von de Groot, Grube u. a.
Zeitschrift für Ethnologie. Jalırg. 1911. Heft 3 u. 4. 26
394 Herbert Mueller:
also diesen Ausdruck als terminus technicus in Gegensatz zum ,Familien-
Pantheon‘, das die Seelen der abgeschiedenen Vorfahren einer bestimmten
Familie umfasst, zum ‚Pantheon des Buddhismus‘*) und zum ,lamaistischen
Pantheon"), deren beider Umfang durch eine dogmatische Literatur mit
grösserer oder geringerer Schärfe umschrieben wird. Es handelt sich
demnach um den Götterhimmel des eigentlichen chinesischen Volksglaubens
im weitesten Sinne’), in dem selbst Figuren der drei anderen Pantheia
einen Platz gefunden haben, ohne dass dadurch die prinzipiell (wenigstens
im Verhältnis zum buddhistischen und lamaistischen Pantheon) vorhandene
Gegensätzlichkeit aufgehoben würde. Wir charakterisieren dieses Volks-
pantheon als ‚taoistisch‘, weil das ‚Tao‘ richtunggebend für das ganze
innere Leben des chinesischen Volkes ist.
Tao‘). Das Wort ‚Tao‘ bedeutet „Weg, Richtung“, und das ihm ent-
sprechende Zeichen H ist zusammengesetzt aus % „gehen“ und E
„Kopf“. Aus dieser graphischen Kombination lassen sich bereits gewisse
Schlüsse auf die innere Bedeutung des Wortes ziehen. Die europäischem
Wort- und Gedankenschatz entnommenen Worte „Norm, Kanon, :Logos,
Vernunftprinzip, Weltordnung“ sind nur Annäherungen an den chinesischen
Begriff. Besser lässt man das Wort ‚Tao‘ uniibersetzt. Seinen Inhalt
völlig klarzumachen, müsste man alle Stellen der alten Literatur sammeln,
in denen es in metaphysischem Sinne gebraucht wird. Es sind deren
schon in den von Konfuzius der Nachwelt überlieferten fünf klassischen.
Werken, Wu-king, nicht wenige. Ein Beispiel mag einem anderen Werke,
dem Lun-yü, entnommen werden, da es Konfuzius’ eigenem Munde ent-
stammt, der vom Weisen sagt: „Gibt es unter dem Himmel Tao, so lässt
er sich blicken; gibt es kein Tao, so verbirgt er sich.“ Einen Schlüssel
zum Verständnis bietet uns eine Stelle aus dem Yi-king (I-luan). Sie
lautet: „Ein Yin und ein Yang, das heisst Tao. Das Tao des Himmels,
das heisst der Einklang von Yin und Yang. Das Tao der Erde, das heisst
der Einklang des Zarten und des Harten. Das Tao im Menschen, das
heisst der Einklang von Menschenliebe und Gerechtigkeit.“ Das Tao ist
die Harmonie, in der Welt wie im Einzelwesen, im Makrokosmos und im
Mikrokosmos: es ist das rechte Verhältnis von Yin und Yang, den Dual-
kräften, die, aus dem Ungetrennten entstanden, untrennbar den Lauf der
Welt regieren.
1) Über das buddhistische Pantheon, wie es sich in Ostasien entwickelt hat,
ist heute noch die umfassendste Arbeit: J. Hoffmann, Das Buddha-Pantheon von
Nippon, Buts zô dsui, Leyden 1851.
2) Hierüber vgl. E. Pander, Das lamaistische Pantheon, ZfE. 1889; Pander-
Grünwedel, Das Pantheon des Tschangtscha Hutuktu, Veröffentl. des Museums.
für Völkerkunde, Berlin, vol. 1, 1880; Grünwedel, Die Mythologie des Buddhismus
in Tibet und der Mongolei, Leipzig 1900; Waddel, The Buddhism of Tibet,
London 1895.
3) Diesem Taoismus als Volksglauben schreiben wir auch den sogenannten
Staatskult zu, da er auf denselben Ideen beruht; doch soll er hier ausser Betracht.
bleiben, um einer von anderer Seite angekündigten Arbeit nicht vorzugreifen.
4) In den chinesischen Worten sind die Konsonanten wie im Englischen, die
Vukale wie im Deutschen auszusprechen.
Das taoistische Pantheon der Chinesen. 395
Dualismus. ‚Yin‘ Ka ist die nach Norden gerichtete Schattenseite
des Berges, , Yang‘ B seine nach Siiden blickende Sonnenseite. Yin ist
die Nacht, das Dunkle, Tiefe, Weibliche; Yang der Tag, das Helle, Hohe,
Männliche. In den Angeln Yin und Yang dreht sich um die Tao-Achse
die ganze Welt, darin ist das gesamte Denken der Chinesen gebunden.
Dieser Dualismus scheint wohl dem altpersischen Dualismus verwandt, wie
er sich im Zoroastrismus und Manichäismus dokumentiert, und ist doch
von ihm unterschieden. Es fehlt als Wesentlichstes die anthropomorphe
Gestaltung der beiden Prinzipien und ihre schroffe Kampfstellung zuein-
auder, die nach persischer Lehre mit dem endlichen Siege des Lichtes
enden soll: Yin und Yang aber sind gleichgeordnet, gleichberechtigt.
Nicht der Sieg des Einen und der Untergang des andern wird erstrebt,
sondern ein richtig abgewogenes Verhältnis beider, eben das Tao. In der
Praxis der Dämonologie allerdings werden hier wie dort die Träger des
Lichtes gegen die der Finsternis aufgerufen, und darum ist es wohl ver-
ständlich, dass in China zwar Verwechselungen der zoroastrischen und
manichäischen Priester mit Taoisten vorkamen, dass die Manichäer sich
aber, wie es scheint, in ihren chinesischen Werken nie der Worte Yin
und Yang zur Bezeichnung der Dualkräfte bedienten, sondern diese
HI ming „Helle“ (man. rösan) und Dë an „Finsternis“ (man. tar)
nannten.
Kosmogonie. Aus dem ursprünglichen Chaos spalteten sich Yın
und Yang. Das Helle und Leichte, das Yang stieg nach oben und bildete
den Himmel (tien X), das Dunkle und Schwere sank nach unten und
bildete die Erde (ti HB). Als sich aus der gegenseitigen Vermischung
von Yin und Yang die fünf Elemente aussonderten, entstand zugleich auch
auf der Erde der Mensch (jen)'). Die Zwei (Yin und Yang) bilden im
Vereine das Urprinzip (t‘ai-ki A Ak). Himmel, Erde und Mensch sind
die drei Mächte (san ts‘ai =7). Eins, zwei, drei (und fünf) sind die
heiligen Zahlen erster Ordnung. Lao-tzé sagt im Tao-te-king: „Aus der
Eins entsteht die Zwei, aus der Zwei die Drei, und aus der Drei ent-
stehen die zehntausend Dinge“ °’).
1) Vgl. W. Grube, Taoistischer Schépfungsmythus nach dem Shen-sien-kien,
in der Bastian-Festschrift, Berlin 1896, S. 445 —482.
2) Die Zahlenmystik spielt eine grosse Rolle im religiösen Leben, doch kann
hier nicht näher darauf eingegangen werden. Erwähnt möge nur die dadurch ge-
förderte Gleichsetzung der verschiedensten Dinge sein, wie in folgender Tabelle:
Die fünf
Die fünf Die fünf Die fünf atmosph. Die fünf Die fünf Die fünf
Elemente Planeten Richtungen Er- Farben Öffnungen Gewächse
scheinungen
Holz Jupiter Osten Regen Blau Augen Mais
Metall Venus Westen Gut Wetter Weiss Nase Hanf
Feuer Mars Süden Hitze Rot Ohren Hirse
Wasser ~ Merkur Norden Kälte Schwarz Öffnungen Bohnen
Erde Saturn Zentrum Wind Gelb Mund Reis
20 *
396 Herbert Mueller:
Seelenlehre'). Die beiden Kräfte Yin und Yang sind aber nicht
nur die Komponenten des Makrokosmos, sie sind wirkend auch im Mikro-
kosmos, im Menschen. Das Yang bildet die immaterielle Seele des
Menschen (shen), die als ‚hun‘ im Lebenden tätig ist und als ‚ming‘
(„Glanz“) nach seinem Tode zum Himmel emporsteigt. Das Yin bildet
die materielle Seele (kuei), die als ‚p‘o‘ im Lebenden wirkt und nach
dem Tode in die Erde zurückkehrt. Spätere Philosophen unterscheiden
noch weitere Seelen, teilen die immaterielle Seele in drei, die materielle
Seele in sieben, andere sprechen selbst von hundert Seelen, indem sie die
Lebenskraft in den einzelnen Gliedern und Organen des Menschen indi-
vidualiter lokalisieren. Das, worauf es hier ankommt, ist aber der ge-
waltige Gedanke von der Gleichsetzung des Menschen mit der wen der
eine wie die andere aus a. beiden Elementen bestehend.
Die Entwickelung des Pantheons.
Die alte Religion. Die in den einleitenden Abschnitten dar-
gelegten Ideen bilden von jeher die philosophische Grundstimmung des
chinesischen Volkes, und aus ihr entwickelten sich die eigentlich religiösen
Vorstellungen. Konfuzianischen Schriften entnahmen wir oben Beispiele
für die Auffassung des ‚Tao‘, die von Konfuzius (551—478 a. Chr.) ge-
sammelten Werke lassen uns auch einen Blick in das religiöse Leben
seiner und selbst früherer Zeiten tun; denn wenn sie in ihrer Fassung
zum grössten Teile auch nicht älter sind als rund das Jahr 500 v. Chr.,
so enthalten sie doch einzelne Bestandteile und vor allem Ideen weit
höheren Alters. Zwar sind diese Schriften nicht gerade reich an religions-
geschichtlichem Materiale selbst, aber sie bieten uns doch genügend Anhalt
zu der Annahme, dass die Elemente der heutigen Volksreligion auch da-
mals schon vorhanden waren, nur reiner und schärfer voneinander ge-
schieden: das Vertrauen zu einem höchsten Wesen, dem Tien
„Himmel“ oder Shang-ti „Höchsten Herrn“, wie es auch heute noch, nur
dumpfer und weniger klar, dem religiösen Fühlen der Chinesen zugrunde
liegt; der Naturkult, der sich auf Sonne und Mond, die „Sechs Ehr-
würdigen“ (Gesner), auf Berge und Ströme erstreckte, und der Ahnen-
kult. Von einer ausgebildeten Kosmogonie, „Mythologie und ähnlichen
Ergebnissen metaphysischer Spekulation erfahren wir nichts. Und auch
aus den persönlicher gehaltenen Schriften der konfuzianischen Zeit, wie
dem reizvollen Lun-yü, das uns ein lebendiges Bild von Konfuzius und
seiner sokratischen Methode des Lehrens gibt, ersehen wir nur das Eine,
wie ruhig das religiöse Leben damals gewesen sein muss und wie auf das
Praktische gerichtet und diesseitig im Grunde das ganze Denken jener
Zeit sich selbst in ihren am stärksten weiter wirkenden Persönlichkeiten
offenbart. Konfuzius selbst, der an den zeremoniellen Opfern und dem
Ahnenkult tätigen Anteil nahm, lehnte jedes Gespräch ab, das übersinn-
liche Gegenstände berührte. Seine Ethik baut sich ganz auf dieser Welt
1) Vgl. hierzu die ausgezeichnete Darstellung bei de Groot, Religious System
of China, vol. 4, Leiden 1901.
AE, EREECHEN
| = == (0.20 SD 0% fo eg —ı
Das taoistische Pantheon der Chinesen. 397
auf und rechnet mit keinem Lohn und keiner Strafe in einer andern
Welt. Konfuzius selber aber hat ein Werk den späteren Geschlechtern
gerettet, das — wohl aus grauer Vorzeit stammend — ganz anderen
e Ee Wan eet,
ger
HE Sei e
Kali WANS NS Wisi
=
OS
f
YEN PI SEDINI EDO VS Ne 4
bassde
E TA
AY EREE
f
+A TIA
t $i fe
A7 Re
G
awn
=>
Abb. 1. Wan-shih-shih-piao „Gedenktafel des Meisters der 10000 Geschlechter”:
Konfuzius (K‘ung-fu-tzé) umgeben von seinen 16 Haupt-Schülern. Nach einem
Relief in Kiü-fou.
Charakters ist, als alle seine anderen Schriften, das Yi-king, ein Monument
ältester, auf dem Dualismus bauender Philosophie. Konfuzius empfand
eine tiefe Ehrfurcht vor ihm; ein rührend-resignierter Ausspruch des alten
Moralisten ist uns überliefert: „Wäre ich jung, so begänne ich mit dem
Studium des Yi.“
398 Herbert Mueller:
Das Yi-king Ae Das Yi-king, das „Buch der Wandlungen“,
enthält 64 Hexagramme, bestehend aus je acht gebrochenen oder un-
gebrochenen Linien, und diese 64 Hexagramme gehen wieder zurück auf
acht Trigramme, die pa-kua AA þ, die aus je drei solcher Linien be-
stehen. Die Bedeutung und Geschichte dieses eigenartigen Werkes ist
völlig in das Dunkel gehüllt, und nur Legenden berichten darüber. Sie
führen die Pa-kua zurück auf Fu-hi, der für den Begründer der mensch-
lichen Kultur gilt, nachdem Jahrtausende hindurch halbgöttliche Wesen
die Welt regiert hatten. Das Li-tai Shén-sien-t‘ung-kien erzählt von ihm
und seiner Schwester Niü-kua das Folgende.
Chu-ying hatte zwei Kinder, Fu-hi und Niü-kua. Ersterer
hatte einen Schlangenkörper und Menschenkopf mit hervor-
stehenden Zähnen und Hörnern gleich einem Ochsen und runde
Augen. Seine Mutter ging mit ihm 16 Monate (nach anderer
Quelle zwölf Jabre) schwanger. Nach weiteren drei Monaten
gebar sie Niü-kua. Diese hatte fleischerne Hörner auf dem Kopfe
und ihr ganzer Körper glich einer Schnecke; darum nennt man
sie auch Niü-wa („weibliche Schnecke“). Chu-ying wohnte in
einem dichten Walde und hatte ein Nest in einem Baume.
Fu-hi gewann die Herrschaft über das noch wilde Volk, das
bis dahin wohl seine Mütter kannte, nicht aber seine Väter, ohne
Schan sich paarte, rohes Fleisch genoss und sich in Blätter hüllte.
Fu-hi sah, dass es nicht so leicht war, das Volk zu regieren,
wenn es sich auch vorläufig noch ruhig verhielt. Er dachte an
das hohe Alter seiner Mutter und die jungen Jahre seiner Schwester
und machte sich auf den Weg, um sie abzuholen. Seine heilige
Mutter lebte ruhig und selbstbeschaulich im Walde, mit Niü-kua
zusammen untersuchte und verstand sie das Tao. An diesem
Tage aber war Niü-kua in das Gebirge gegangen, um Holz und
Wasser für ihre Mutter zu holen. Fu-hi begrüsste knieend die
heilige Mutter und erklärte ihr, er sei gekommen, um sie zu sich
zu holen und von nun an für sie zu sorgen. Als er erfuhr, dass
Niü-kua ausgegangen sei, ging auch er in die Berge, um sie auf-
zusuchen. Er sah Wolken und Berge wie in alter Zeit und in
Gedanken an die alte Heimat versunken suchte er umher nach
seiner Schwester. Da kam Niü-kua mit einer Holzlast auf dem
Rücken daher. Nachdem sie sich begrüsst hatten, frug Niü-kua:
„Bruder, du warst lange fern von uns, wie ist es dir ergangen?“
Fu-hi zeichnete anstatt einer Antwort die Pa-kua in den Sand
und frug: „Kennst du das?“ Niti-kua betrachtete sie und sprach:
„Darin liegt das menschliche Prinzip der Gerechtigkeit. Wenn
man es aber in seinen Einzelheiten prüft, so ist es doch lediglich
das Prinzip von Yin und Yang!“ Fu-hi war darob hoch erfreut
und zog nun mit Mutter und Schwester in seine Hauptstadt
Wan-k ‘iu.
Das taoistische Pantheon der Chinesen, 399
Die acht Trigramme der Pa-kua setzen sich zusammen aus gebrochenen
und ungebrochenen Linien. Mit dem Yin-Yang-Symbol zusammen bilden
sie die T‘ai-ki-t‘u A eR lø]. Die Linie
Linie —— sc Yin-i, wobei f% i eigentlich die „Haltung des Menschen“
oder auch „Prinzip“ bedeutet. Das männliche Prinzip Yang entspricht
also darin der ungeraden, das weibliche Prinzip Yin der geraden Zahl, so
dass sich mit der Pa-kua-Theorie auch die Zahlenmystik verbindet. Aus
den Pa-kua die 64 Hexagramme des Yi-king geformt zu haben, wird dem
Vater des Begründers der Chou-Dynastie, dem Wen-wang (starb 1135 a.
Chr. n.), zugeschrieben, der das Yi-king verfasst haben soll, als er in
heisst Yang-i, die
Abb. 2. Metallspiegel der T‘ang-Zeit mit symbolischem Dekor, den Namen der 28
Mondhäuser, den 12 Tieren des Zodiacus, den Pa-kua und den 4 Tieren, die die
| 4 Weltgegenden symbolisieren.
Gefangenschaft des lasterhaften letzten Herrschers der Yin- (oder Shang-)
Dynastie, Chou-wang, in Yu-li sass. Auf Einzelheiten, und vor allem auf
die an die einzelnen Hexagramme geknüpften dunklen Deutungen braucht
bier nicht näher eingegangen zu werden. Betont sei nur noch einmal der
Charakter dieses Werkes als eines ehrwürdigen Dokumentes einer auf
dualistischer Grundlage aufgebauten Philosophie, die selber wieder ihre
Wurzeln in ursprünglichem Schamanentum haben mag.
Dieselbe Philosophie wird nach anderer, mehr ethischer Richtung ent-
wickelt im Tao-te-king, dem Buch vom ‚rechten Weg und der rechten
Tugend‘, vom ‚Logos und der Tugend‘, von der ‚Vorsehung und der Gnade‘
oder wie ıman seinen Titel sonst noch übersetzt hat. Es enthält meist
aphoristische Aussprüche, die Lao-tze zt zugeschrieben werden. Ob
Lao-tze nun wirklich eine historische Persönlichkeit und als solcher ein
400 Herbert Mueller:
älterer Zeitgenosse des Konfuzius war (604 a. Chr. geboren und ein Alter
von mehr als 100 Jahren erreichend), oder ob ‚Lao-tze‘ gar kein Eigen-
name ist und vielmehr übersetzt werden muss mit ‚die alten Philosophen‘,
deren Gedanken das Tao-té-king wiedergibt, das sind Fragen, die schlüssig
nicht zu beantworten sind. In China selbst ist kaum je an der Historizität
Lao-tze’s gezweifelt worden.
Lao-tze. Die historischen Nachrichten über Lao-tzé sind gering an
Zahl und geben der Legende übergenug Raum. Lao-tze’s eigentlicher
oe Name soll Li-érh gewesen sein. Es wird
bi Ä E — überliefert, dass er Archivbeamter im Chou-
Se = | ` Staate war, diesem aber schliesslich den
Rücken kehrte, um zum Grenzpasse im
Westen hinauszuziehen. Dem Grenzkomman-
danten Yin-hi hinterliess er auf seinen Wunsch
das Tao-té-king — und ward nicht mehr ge-
sehen. Das Volk nimmt den Namen Lao-tzé
wörtlich und sagt: ‚Lao‘ heisst „alt“ und
‚tze‘ heisst „Kind“, Lao-tze also „altes Kind“,
und begründet das in folgender Legende —
von den verschiedenen Versionen gebe ich
hier eine noch unbekannte wieder, die ich
meinem früheren Lehrer Hsüeh-Shen ver-
danke:
v
BAH (
e
e
o
@
Pr Pe Sea Fa
Lao-tze’s Mutter war 81 Jahre alt
und hatte noch keine Kinder geboren,
da empfing sie durch einen Sonnen-
strahl und ging weitere 81 Jahre
schwanger. Eines Tages hörte sie
eine Stimme fragen: „Mutter, hat der
Himmel noch einen Riss?“ Mit Er-
Abb. 3. Lao-tze mit dem Yin- staunen nahm sie wahr, dass es das
Yang-Symbol in den Händen, Kind unter ihrem Herzen war, das
auf dem Lotosthron (Padmä-
Pakt
Sana) eitzend: Nachdem Tai. so sprach. Sie antwortete: „Ja, der
yang - tien - tzé - siao - tsai- yen- Himmel hat noch einen Riss!“ Nach
shuo-kin-chen-fa-kieh. einiger Zeit tat das Kind dieselbe
Frage und erhielt dieselbe Antwort.
Das wiederholte sich viele Male, bis endlich die Mutter des
ewigen Gefrages müde wurde und sagte: „Jetzt ist der Himmel
ganz!“ Da öffnete sich ihre Hüfte, als sie gerade unter einem
Pflaumenbaum im Garten stand, und heraus sprang ein Kind mit
weissen Haaren, ein kleiner Greis, Lao-tze, ‚das alte Kind‘. Da
er unter einem Pflaumenbaum geboren war, nannte man ihn
Li-érh, den ,Pflaumenbaum-Sohn‘. Als Lao-tze nun aber sah, dass
die Antwort seiner Mutter nicht der Wirklichkeit entsprach, trieb
er Niti-kua an, den Schaden wieder gutzumachen.
Über die der Niü-kua damit zugefallene Aufgabe erzählt die Legende
nach dem Li-tai Shen-sien-t‘ung-kien das Folgende.
Das taoistische Pantheon der Chinesen. 401
Nach Fu-hi’s Tode wurde Niü-kua, die sich schon vorher
durch viele Reformen verdient gemacht hatte (sie begründete u. a.
die exogame Ehe, die durch die Tätigkeit eines Ehevermittlers
abgeschlossen werden musste), von den hohen Beamten zur Herr-
scherin ausgerufen. Unter dem niederen Volke gab es daraufhin
einen Aufstand und zugleich entstand eine grosse Uberschwemmung.
Niü-kua gebrauchte ihre Wunderkräfte, machte ein Gerüst
aus Holz und setzte es auf vier Schildkröten als Füsse im Norden,
Süden, Osten und Westen. Das war der Palast des Himmels,
und die Wasser vermochten ihn nicht umzustossen. Kung-kung |
(ein wegen seiner Ubeltaten verbannter ehemaliger Minister
Fu-hi’s, der die Rebellion gegen Niü-kua geleitet hatte) stiess
mit seinem Kopfe gegen die südliche Himmelssäule, die umfiel
und zerbrach. Die Leute konnten nicht mehr in jene Gegenden
reisen, die Sonne wagte sich nicht mehr hin, es wehte ständig
ein :kalter Wind und es fiel ein Tränenregen. Als nun das Volk
sich bittend an Niü-kua wandte, überlegte diese, dass, wenn die
. . ursprüngliche Kraft verloren geht, man sie mit feurigen Steinen
wieder herstellen köme. Sie ging mit allen Menschen zum Bambus-
berge und liess die zahlreich dort herumliegenden Steine auf dem
Gipfel sammeln. Sie verteilte sie gemäss den fünf Richtungen
und schichtete rings um sie viel. Holz auf, das sie, als sich im
SW. ein Wind erhob, anzündete, so dass alles verbrannte. Einen
Knaben und ein Mädchen liess sie mit grossen Fächern Wind
fächeln. Das Holz verhalf zu einem guten Brande, und es brannte
sieben Tage. Die Luft war von den fünf Farben erfüllt, wie ein
Faden stieg der fünffarbige Rauch in die Höhe. Nun drang der
Hauch des Yang in den NW. hinein, wohin er bis dahin nicht
kommen konnte, das Yin schwand dahin, und die Himmelsdecke
zeigte wieder ihr altes Bild. |
Taoismus. Die Philosophie des Tao-te-king kann hier füglich un-
behandelt bleiben: sie spricht vom Entstehen des Sein aus dem Nichtsein,
von dem Tao als dem Untätig-Wirkenden und folgert für das ethische
Leben das Axiom des Wu-wei, des Nichthandelns, des Geschehenlassens.
Die Sprache ist schön und dunkel, und auch darin gleicht dieses Werk
dem Yi-king, dass es mannigfache Deutungen zulässt. Wie die christliche
Mystik an die Offenbarung Johannis mit Vorliebe anknüpft, so die chine-
sische Mystik an das Yi-king und das Tao-te-king. Die praktische Moral-
philosophie eines Konfuzius konnte tiefer angelegten Naturen nichts bieten,
hier aber, im Tao-te-king und im Yi-king, waren die Quellen gegeben,
aus denen sich der von konfuzianischer Ethik ungestillte metaphysische
Durst befriedigen konnte. Hier fand jede Art Mystizismus, Alchymie und
Makrobiotik, Magie und Prophetentum einen Anknüpfungspunkt. Die ent-
scheidende Entwicklung wird meist in das zweite vorchristliche Jahrhun-
dert gelegt, doch wissen wir herzlich wenig davon. Man pflegt zu sagen:
damals erfolgte die Umbildung vom philosophischen zum religiösen Taois-
mus, aber richtiger drückt man es wohl aus: der alte Volksglaube, aus
402 Herbert Mueller:
dem sich der Taoismus des Lao-tzé.zu einer hohen Philosophie entwickelt
hatte, nahm diese wieder in sich auf.
Den sekundären Taoismus, der sich so herausbildete, nennen die Fran-
zosen gerne Taosseismus. Tao-sze oder Tao-shih nennt man den Meister
des Tao, ihn, der das Tao in seiner Vollkommenheit erlangt hat und in
diesem Besitze zugleich die Macht über die dem Tao unterworfene Materie
hat. Dass dem so ist, wird schon in den ältesten Schriften der taoistischen
Literatur angedeutet, eine Hauptrolle spielt es bei Liu-ngan (oder Huai-
nan-tzé, der König des Staates Huai-nan war und 122 a. Chr. durch Selbst-
‘mord endete), den Grube als ander Wegscheide von ,philosophischem‘ und
„religiößsem‘ Taoismus stehend ansieht. Damals, unter der Han-Dynastie,
war die goldene Zeit des Taoismus.
Taoismus der Han-Zeit. Im Jahre 246: v. Chr. hatte der Fürst von
Ts‘in, Shih-huang-ti, die verrottete Chou-Dynastie gestürzt und in wenigen
Jahrzehnten gelang es ihm, alle die zahlreichen Vasallenstaaten, die sich
unter den Chou gebildet hatten, zu einem gewaltigen Reiche zusammen-
zufassen. Der verderblichen Entwicklung, die der Staat unter der letzten
Dynastie durchgemacht hatte, glaubte der Kaiser nicht entschiedener Ein-
halt gebieten zu können, als wenn er das, was er als ihre Grundlage an-
nahm, den Konfuzianismus zerstöre. .So erfolgte die berüchtigte Bücher-
verbrennung vom Jahre 213. Nur das Yi-king sollte ausgenommen bleiben
von allen Schriften, die der antiquarische Eifer des Konfuzius gesammelt `
hatte. Der Mystizismus war am Hofe der Ts‘in- Dynastie die regierende
geistige Macht, Alchymisten verlockten zu abenteuerlichen Expeditionen,
die: nach den P‘eng-lai-Inseln auf Suche nach dem Kraute der Unsterblich-
keit (ling-chih) gingen und nie wiederkehrten. Der kurzlebigen-Dynastie
der Ten folgten schon 206 a. Chr. die Han-Kaiser, die zwar die Schriften
des Konfuzius wieder sammeln liessen und zum ersten Male 196 a. Chr. an
seinem Grabe opferten, die im übrigen aber den Tao-shih und Fang-shih
(Zauberern) denselben bevorzugten Platz einräumten, den diese schon
unter der vorigen Dynastie einnahmen. Es erscheint mir charakteristisch,
dass erst auf Bronzespiegeln der Han-Dynastie die Pa-kua auftauchen,
während meines Wissens nur auf einem einzigen Bronzegefäss einer
früheren Zeit die chinesischen Archäologen eines dieser mystischen Zeichen
gefunden haben wollen‘).
Unter den Han zum ersten Male finden wir Darstellungen von
göttlichen Wesen. Bis dahin war überhaupt — nach den uns über-
kommenen Zeugen der Chou- und früherer Zeit zu urteilen — die Dar-
stellung menschenähnlicher (Gestalten nicht üblich. Jetzt aber wurde
es Brauch, wie uns (teilweise datierte) Funde aus der Provinz
Shan-tung beweisen, Grabkammern auf den Innenseiten mit Reliefs zu
1) Vgl. Po-ku-t‘u-lu, vol. IX, p. 16.
Das fragliche Zeichen = = = sieht einem der Pa-kua kaum ähnlich und ist
‘wohl eher ein altes Zeichen oder eine Eigentumsmarke.
Das taoistische Pantheon der Chinesen. 403
Taoistische Darstellungen auf den Reliefs von Wu-liang-tzi,
ca. 147 p. Chr. n.
a...»
re cia
> tenang Adhliuchi u sas
= pia > >
ors
Abb. 4. Gestirn-Gottheit im Siebengestirn, cf. Ed. Chavannes, Mission archéologique
dans la Chine Septentrionale (Paris 1909), Nr. 133, pl. LXIX.
SATE Sie ie wh
Enj Abadek "foi p Im
3 sën me ari pw Ae
aver’
Abb. 5. Wind- und Wolken - Götter, cf. Ed. Chavannes, Mission archéol., Nr. 134,
pl. LXX.
Abb. 6. Meeres-Götter, cf. Ed. Chavannes, Mission archéol., Nr. 130, pl. LXVI.
404 Herbert Mueller:
schmiicken'). Unter anderen offenbar traditionellen Darstellungen finden
wir gewisse Götterfiguren des öfteren wiederkehrend: Fu-hi und Niü-kua,
eine Gestirngottheit, im Siebengestirn (dem „Grossen Wagen!“) sitzend,
den Donnergott mit seinen Trommeln in einem Wagen, eine andere
Himmelsgottheit in von Drachen gestreckten Laufes über Wolken dahin-
gerissenem Gefährt, eine Gottheit des Meeres, von Karpfen getragen und
von auf Fischen reitenden niederen Gottheiten umgeben. Niedere Gott-
heiten blicken aus jeder Welle, umschweben die Wagen der Fürsten, jede
Wolke nimmt die Gestalt eines göttlichen Wesens an. Die höheren Gott-
heiten sind Kaisern gleich gekleidet, die niederen sind oft von grotesker
Form und vielfach geflügelt, reiten auf Fischen, Tieren, Drachen, Ein-
hörnern. Oft meint man eine Illustration zu einer Stelle aus Huai-nan-
tze‘s Werk vor sich zu sehen. Leider enthalten diese Reliefs*) keinerlei
Beischriften, und ihre Deutung ist sehr unsicher. Jedenfalls sehen wir
die Beseelung der gesamten Natur hier klar ausgeprägt vor uns. Auffällig
ist nur dieses plötzliche Erscheinen von künstlerisch durchweg hoch-
stehenden Götterdarstellungen, denen gegenüber man sich angesichts
des ornamentalen Schmuckes der älteren Bronzen fast in eine andere Welt
versetzt fühlt. Ob hierin und überhaupt in dem anscheinend plötzlichen
Auftauchen des exoterischen Taoismus der Einfluss fremder Kulturen
(Indien? Persien?) zu erkennen ist, mit denen das neu erstarkte und unter
den Han ganz wesentlich vergrösserte Reich in Berührung trat, muss noch
dahingestellt bleiben.
Der T‘ien-shih KR Ém. Unter den Anachoreten, die — an sich eine
in China alteinheimische Erscheinung — unter den Han-Kaisern an Zahl
bedeutend zunahmen, gelang es einem, sich eine besondere Stellung zu
schaffen: Chang-tao-ling.
Seine Mutter hatte einst einen Traum: der Geist des Polar-
sternes gab ihr ein duftendes Kraut, Heng-wei-ts‘ao. Als sie er-
wachte, dufteten ihre Kleider und das ganze Haus danach. Darauf
ward sie schwanger und gebar den Chang-tao-ling auf dem Berge
T‘ien-mu-shan (Provinz Che-kiang). Er war über neun Fuss hoch,
hatte eine breite Stirne, dreieckige Augen und grüne Pupillen;
seine Arme reichten bis unter seine Kniee; in der Ruhe glich er
einem Drachen, in der Bewegung einem Tiger. Verschiedene
Aufforderungen, an den kaiserlichen Hof zu kommen, lehnte er ab
und blieb in seinen Bergen, wo er eine Art Freistaat begründete.
Als er eines Tages an der Herstellung des Drachen -Tiger- Elixiers
arbeitete, besuchte ihn ein Geist und teilte ihm mit, dass in einem
alten Steinhause auf einem Berge sich die Schriften der ältesten
1) Vgl. vor allem die Abbildungen im 1. Bande von Chavannes, Mission
archeologique en China, Paris 1909. Drei Originalsteine und eine Säule befinden
sich durch den Sammeleifer Prof. Ad. Fischers im Berliner Museum für Völkerkunde.
2) Die hierher gehörigen Abbildungen 4 bis 6 sind dem Kin-shih-so entnommen,
da die Abklatsche der Originalsteine in letzter Zeit mehrfach publiziert worden
sind. Es wird manchem interessant sein, die chinesischen Holzschnitte mit den
bei Chavannes a. a. O. zu findenden Abklatschen zu vergleichen.
Das taoistische Pantheon der Chinesen, 409
drei Kaiser (Fu-hi, Shen-nung und Huang-ti) befänden, sowie ein
liturgisches Buch. Chang-tao-ling ging hin, grub nach und fand
die Bücher. Mit Hilfe der in ihnen enthaltenen Lehren konnte
er fliegen, in der Ferne Gesprochenes hören und seinen Körper
verlassen nach Gutdünken, während das sonst nach chinesischer
Anschauung nur ohne das Zutun des Menschen im Traume vor-
kommen kann. Er erhielt noch Unterricht von einer Göttin, und
nach 1000 Tagen war er imstande, zwischen den Sternen zu lust-
wandeln. Er begann einen Kampf mit dem Fürst der Dämonen,
Abb. 7. Chang-tao-ling, der erste Abb. 8. Amulett (fu), mit dem.
T'ien-shih, in einem mit dem Pa-kua Stempel des T‘ien-shih. Weissgelbe
© geschmückten Gewand. Seide mit schwarzer Schrift und
l roten Stempeln.
spaltete Berge und Meere und befahl dem Wind und dem Donner.
Er besiegte und vertrieb die Dämonen. Viele Gottheiten, die
Sünden begangen hatten, kamen herbei, bezeigten ihm ihre Ver-
ehrung und baten um Verzeihung. Auf dem Lung-hu-shan gelang
es ihm endlich, den Stein der Weisen zu entdecken, das Lebens-
elixier (zu seiner Bereitung dient Zinnober, das eine grosse Rolle
in der chinesischen wie in jeder Alchymie spielt!), er genoss etwas
davon und stieg im Alter von 123 Jahren zum Himmel empor.
Nach anderer Quelle erschien ihm auf dem Berge Yang-ping-shan
der ‚Höchste Herr‘ Shang-ti selbst, übergab ihm drei Tafeln aus Jade
406 F Herbert Mueller:
(Yü-shih), ein doppeltes Schwert zur Ausrottung der bösen Geister und
das magische Siegel B FY Ah H HI Yang-p‘ing-chih-tu-kung-yin und
machte ihn dadurch zum KÉ T‘ien-shih „Himmelsmeister“. Das Amt
des T‘ien-shih ist erblich in der Familie des Chang-tao-ling seit nunmehr
2000 Jahren. Sein Nachkomme in der 61. oder 62. Generation lebt heute
noch als T‘ien-shih, Oberexorzist und in gewissem Sinne auch Haupt der
Taoisten, auf dem Berge Lung-hu-shan in der Provinz Kiang-si. An jedem
Ersten des neuen Mondes besuchen ihn dort, so sagt man, die Götter,
Halbgötter und Genien und bringen ihm ihre Glückwünsche dar. Die
wichtigste Rolle spielt er als Exorzist (mit seinem Siegel gestempelte
Amulette sind besonders wirksam) und im Zusammenwirken mit dem
chinesischen Staate bei der Ernennung und Beförderung von Göttern.
Diese letztere Funktion des T‘ien-shih wird uns noch an anderer Stelle
beschäftigen.
Buddhismus. Der Buddhismus, begründet durch den Säkya-Prinzen
Siddhartha Gautama Sakyamuni, den Buddha (geboren in Kapilavastu, an
der indisch-nepalesischen Grenze, gestorben zu Kusinagara 477 a. Chr.n.),
kam wahrscheinlich schon in vorchristlicher Zeit nach China. Von Be-
deutung aber wurde er erst, als im Jahre 62 unserer Zeitrechnung der
Kaiser Ming-ti der späteren Han-Dynastie — nach der Legende durch
einen Traum dazu bestimmt — eine Gesandtschaft nach Indien oder doch
in das Reich der Indo-Skythen schickte, um Schriften und Priester des
Buddhismus in sein Reich zu bringen. Der Buddhismus, der auf diesem
Wege nach Ostasien kam, hatte bereits in Nordwest-Indien unter dem
Patronat der Indoskythen-Könige eine wesentliche Umbildung erfahren und
hatte, angeregt wohl durch einen in den griechisch-baktrischen Königreichen
erhaltenen Ausläufer der griechischen Kunst (vgl. die gräco-buddhistischen
Skulpturen aus Gandhära!), sich einen ganzen Götterhimmel mit Buddhas,
Bodhisattvas, Devas, Nagas und anderen, zum Teil dem hinduistischen
Pantheon entnommenen Gestalten geschaffen. Dieser als Mahayana
(‚grosses Fahrzeug‘, chinesisch ta-sheng A JÆ) oder nördlicher Buddhismus
von dem Hinayäna (‚kleines Fahrzeug‘, chinesisch siao-sheng Ah FE) oder
südlichen Buddhismus geschieden, war es also, der nach China kam und
auf die Ausgestaltung auch des taoistischen Pantheons um so stärker ein-
wirken musste, als bisher, wie wir gesehen, dieses noch keine fest um-
rissenen individuellen Gestalten geschaffen hatte. So finden wir denn im
taoistischen Pantheon eine ganze Reihe von buddhistischen Erscheinungen,
und wenn wohl auch hinter mancher von ihnen sich eine alte chinesische
Gottheit verbirgt, so ist doch der Fall durchaus nicht selten, dass nicht
nur die äussere Form, sondern auch der Inhalt einer Gestalt des
buddhistischen Pantheons in das taoistische übernommen wurde. Beispiele
dafür werden wir weiter unten kennen lernen. Erwähnt aber mag hier
schon sein, dass insbesondere die Höllendarstellungen der Taoisten fast
unabgeändert den buddhistischen entlehnt sind.
Durch die in den folgenden Jahrhunderten in Nord-China Staaten be-
Das taoistische Pantheon der Chinesen, 407
gründenden Fürsten fremder, meist türkischer, tungusischer und tibetischer
Nationalität erheblich gefördert, erlebte der Buddhismus in China eine
schnelle und hohe Blüte. Von der T‘ang-Dynastie, die das Reich im
Jahre 618 wieder einigte und zum höchsten Gipfel der Macht führte, bald
patronisiert, bald verfolgt, erlitt der Buddhismus einen jähen Absturz erst
im Zeitalter der Sung (960-1279), als durch die Schriften eines Shou-
yung, Chou-tun-i und insbesondere eines Chu-hi eine völlige Wiedergeburt
der alten Moralphilosophie auf Grund der von Konfuzius überlieferten alt-
chinesisehen Ideen erfolgte, andererseits aber auch der Taoismus zeitweise
wieder Terrain gewann. Seitdem hat der Buddhismus keine Rolle mehr
in China spielen können.
Fremde Religionen. Begünstigt war der Buddhismus besonders
worden durch das rege religiöse Interesse zur Zeit der T‘ang, als innerhalb
ganz kurzer Zeit vier fremde Religionen ihren Einzug in China hielten:
der Manichäismus wahrscheinlich im 6., vielleicht schon im 4. Jahrhundert,
621 das Zoroastertum, 628 [?] der Islam und 635 das Christentum in Form
des Nestorianismus. Dieses plötzliche Eindringen :der fremden Missionare
erklärt sich wohl aus den politischen und wirtschaftlichen Verhältnissen.
Vorher in viele kleine Staaten zerrissen, konnte erst nach der Einigung
unter den T‘ang China wieder daran denken, auf die alten Eroberungen
der Han-Kaiser in Turkistan zurückzugreifen. Dort hatte sich inzwischen
ein’Vorgang abgespielt, der uns in seinen Einzelheiten zwar nicht bekannt
ist, den man sich aber — glaube ich — etwa folgendermassen vorstellen
kann. Unter den Sassaniden hatte die persische Macht eine grosse Aus-
dehnung: erfahren: überallhin drangen iranische Stämme und haben uns
selbst in der Nordmongolei ein Denkmal ihrer Sprache’) hinterlassen.
Vor sich her warfen sie die Sektierer, die schwer. verfolgten Manichäer
und die Nestorianer, deren Lage ebenfalls eine sehr unsichere war, wenn sie
auch zeitweise von den Sassaniden recht freundlich behandelt wurden. Beide
waren froh, wenigstens in den Aussenprovinzen unbehelligt leben zu dürfen,
und dann betätigten sie sich wohl auch — eine bei Sektierern oft bemerkte
Eigentümlichkeit — gerne als Pioniere des Handels. Kaum öffnete sich
ihnen das bis dahin verschlossene Reich im fernen Osten, so stürzten sie
geradezu hinein, und es will mir charakteristisch erscheinen, dass die
Manichäer, die zeitweise bis aufs Blut gepeinigt wurden, die schwerer in
ihrer Heimat Verfolgten, es waren, die sich als erste und noch zur Zeit
innerer Unruhen nach China wagten, während die Christen, die sich mit
den Sassaniden besser standen, erst die Stabilisierung der Macht der
T‘ang-Kaiser abwarten konnten, ehe sie sich in China selbst niederliessen.
Es ist wohl anzunehmen, dass, als erst das Schwert des Islam über Persien
hinfuhr, die nun tödlich verfolgten Religionen in erhöhtem Masse eine
Zuflucht in China suchten. Zum Manichäismus und Christenstum gesellte
sich nun auch das Zoroastertum, starb doch auch der letzte Prinz der
Sassaniden im Asyl beim Kaiser von China.
1) Nämlich die die Einführung des Manichäismus bei den Uiguren erzählende
Inschrift von Kara Balgassun, deren iranischen Charakter F. W. K. Müller in
den Sitzungsberichten der Akademie 1909, S. 726 ff. nachgewiesen hat.
408 Herbert Mueller:
Persische Einflüsse Man wird sich daran gewöhnen müssen,
Persien als einen höheren Kulturfaktor in die Entwicklung des Ostens
wie des Westens einzustellen, als das bisher geschehen ist. Wenn man
allerdings Beziehungen Chinas zu den alten mesopotamischen Kulturen
konstruieren will (wie das u. a. Terrien de Lacouperie getan hat), so sind
das bestenfalls geistreiche Phantasien; noch fehlen uns alle Beweise für
eine solche Spekulation. Die Verbindung Chinas mit dem mittelalterlichen
Persien der Sassaniden- und wohl auch schon der Arsaciden-Dynastie lässt
sich hingegen schlechterdings nicht mehr ableugnen. Wie weit dieser Ein-
fluss gegangen ist, ist allerdings eine Frage, die vorläufig — hauptsächlich
mangels Kenntnis der sassanidischen Kultur — noch unbeantwortet bleiben
muss. Uns interessieren in diesem Zusammenhange auch nur die Zu-
sammenhänge auf religiösem Gebiet. Dass persische Ideen auch auf die
Ausbildung des Mahäyäna-Buddhismus in Nordwestindien eingewirkt haben,
haben Rhys Davids, Eitel und Grünwedel bereits betont, insbesondere
hat man zoroastrische Vorstellungen in der Theorie von den Dhyäni-
buddhas und Dhyänibodhisattvas und in der vorherrschenden Stellung des
Amitäbha-Buddha („Buddha des unermesslichen Glanzes*) erkennen und
den Maitreya-Kult (des kommenden Buddhas) in Parallele mit der Lehre
Mani‘s vom Paraklet setzen wollen. Diese Vermutungen haben eine starke
Stütze durch die Auffindung manichäischer Literatur in Chinesisch-Tur-
kistan seitens der preussischen Turfan-Expeditionen gefunden. Diese, von
Prof. F. W. K. Müller als solche nachgewiesene manichäische Literatur
zeugt von einem ausserordentlich nahen Verhältnis zwischen Manichäis-
mus und Buddhismus. Manichäismus und vielleicht auch schon Zoroa-
strismus haben aber auch zu dem Taoismus Chinas Beziehungen ge-
habt. Dafür ist ein Beweis ein chinesisches Werk, das Lao-tze-hua-hu-
king, FH HARK das „Buch von der Bekehrung der Hu (= Türken)
durch Lao-tzé*. Dieses Werk gibt ein erstes Beispiel für manichäisch-
taoistische Beziehungen und verdient daher besondere Beachtung.
Manichäisch-taoistisches. Lao-tz@ kehrte, wie oben S. 400 nach
den chinesischen Berichten wiedergegeben, dem Staate Chou den Rücken
und zog zu einem Passe, dessen Kommandant Yin-hi ihn noch zur Abfassung
des Tao-te-king bewog, hinaus gen Westen und ward nicht mehr gesehen.
In späterer Zeit verbreitete sich der Glaube von allerlei Wundertaten, die
Lao-tzé nach Verlassen Chinas im fernen Westen vollbracht haben sollte,
und zu einer Zeit, die wir nicht genau bestimmen können, entstand ein
Buch, in dem diese Taten Lao-tzé‘s in der Fremde erzählt wurden, eben
das Hua-hu-king. Von diesem Buche waren bis vor kurzem nur wenige
Sätze bekannt, die sich in anderen Werken zitiert fanden. Der reiche
Fund einer mittelalterlichen Bibliothek in Tun-huang (Prov. Kan-su), der von
den bekannten Gelehrten M. A. Stein und Paul Pelliot ausgebeutet wurde,
hat unter anderen Schätzen auch grössere Fragmente dieses interessanten
Werkes ergeben. Sie sind bisher lediglich im! chinesischen Original
in Peking in der Arbeit Tun-huang Shih-shih-i-shu Au JD. AZ ME
veröffentlicht worden, und bestehen demnach leider nur aus Fragmenten
Das taoistische Pantheon der Chinesen. 409
des ersten Kapitels und dem vollständigen zehnten Kapitel. Den Haupt-
inhalt des Hua-hu-king und Bilder dazu, die vielleicht auf eine
illustrierte Ausgabe dieses Werkes zurückgehen, finden wir aber auch in
einem bisher unbekannt gebliebenen Werke, das ich in den ostasiatischen
Sammlungen des Kgl. Museums für Völkerkunde in Berlin fand. Es ist
uns überliefert, dass zur Zeit der Mongolen-Dynastie in China ein von
den Taoisten sehr verbreitetes Buch den Unwillen der Buddhisten heraus-
forderte, so dass diese sich beim Kaiser beschwerten mit der Folge, dass
es zu einem Religionsgespräch kam, bei dem beide Parteien zu gunsten
des Konfuzianismus recht schlecht abschnitten. Dieses Werk wird in der
Geschichte jener Zeit, den Yüan-shih, erwähnt unter dem Titel: Lao-kiün-
hua-hu-ch‘eng-fo-king EZ MH AH HK HE HK und es wird folgendermassen
beschrieben: „es enthält 81 Bilder von Bekehrungen (hua-t‘u) und ist
ziemlich verbreitet, der Text dazu aber ist gemein, oberflächlich, falsch
tind erdichtet, und das in der Absicht, die buddhistische Lehre verächtlich
Abb. 9. Die Geburt Lao-tze's. Nach dem Pa-shih-i-hua-t‘u-shuo.
zu machen und die eigene Lehre zu erhöhen“. Es ist kaum daran zu
zweifeln, dass dieses Buch auf das Hua-ku-king zurückging, und es selber
oder ein ihm nachgebildetes Werk liegt in dem, äusserlich einem
buddbistischen Sutra sehr ähnlichen zweibändigen Buche des Museums
vor. Dieses, 1598 gedruckt, enthält in dem unteren von zwei horizontal
geschiedenen Teilen das Tao-té-king mit Kommentar, in dem oberen aber
81 Abschnitte mit je einem Bilde unter dem Gesamttitel:
Kin-k‘üeh-hüan-yüan-t‘ai-shang-lao-kiün-pa-shi-i-hua-t‘u-shuo.
iid ICT LAE At — fe lel it
. Eine ganze Reihe dieser Abschnitte lassen sich ohne weiteres mit solchen
des Hua-hu-king identifizieren, soweit dieses aus seinen Fragmenten und
Zitaten bekannt ist. Noch auffälliger ist aber, wie genau die Bilder zu dem
Texte des Hua-hu-king passen, während der neben ihnen stehende Text
bedeutend kürzer und meist weniger passend ist. Ein Beispiel mag
genügen, das hier von besonderem Interesse ist, als es die Geburt von
Lao-tzé in genauer Anlehnung an die buddhistische Legende von der
Geburt Gautama Sakyamuni‘s erzählt. Ich gebe die beiden Texte des
Zeitschrift für Ethnologie. Jahrg. 1911. Heft 3 u. 4. 27
410
Herbert Mueller:
Hua-hu-king und des Pa-shih-i-hua-t‘u-shuo nebeneinander, vgl. dazu
das Bild auf der vorigen Seite.
Hua-hu-king.
Einst unter dem Könige der Yin-
Dynastie Yang-kia verliess T‘ai-shang
lao-kiün das Gebiet des ewigen Tao
und als Reittier benutzend eine
Wolke des dreifachen Hauches ritt
er in Gestalt eines Sonnenessenz-
Tropfens .... 9 Leuchten (?) und
trat in Yü-niü-hüan-miao ein durch
den Mund, machte sie so auf wunder-
bare Weise schwanger und wurde
Mensch. Im Jahre keng-ch‘en, am
15. Tage des 2. Monates wurde er
in Po geboren. Neun Drachen spieen
Wasser, das sich in neun Brunnen
verwandelte. Damals schon hatte
T‘ai-shang-lao-kitin weisses Haupt-
und Barthaar. Er konnte sogleich
gehen, und jeder Schritt liess einen
Lotos aufspriessen, im ganzen neun
an der Zahl. Mit der Linken zeigt
er zum Himmel, mit der Rechten
zurErde und sprach zu den Menschen: .
„Im Himmel und auf Erden bin
ich der einzige Verehrungswürdige
(tsun Fo) usw.“
Pa-shih-i-hua-t‘u-shuo.
Unter dem 18. (! 16.) Könige der
Yin-Dynastie Yang-kia bezog Lao
kiin im Jahre keng-shen (= 1381
a. Chr.) den Leib der Chen-miao-yü-
nii. Als sie am Tage schlief,
schluckte sie Sonnenessenz in Ge-
stalt einer fünffarbigen Perle. So
wurde sie schwanger, und nach 81
Jahren, unter dem 22. (! 18.) Könige
Wuting im Jahre keng-ch‘en (=1301)
im 2. Monat am 15. Tage sprang,
als die heilige Mutter gerade etwas
von einem Baume pflücken wollte,
aus ihrer rechten Seite Lao-tze
hervor.
Im ersten Buche des Hua-hu-king (p. 5r. der Pekinger Ausgabe) wird
nun eine sehr merkwürdige Geschichte von Lao-tzé erzählt, wie er im
Reiche Su-lin als Mär Mant (chin. KM IE) geboren wird, und dieselbe
wird in dem Pa-shih-i-hua-t‘u-shuo als 42. der 81 Geschichten erzählt.
Im Hua-hu-king heisst es:
Nach 450 Jahren verliess ich (d. h. Lao-tzé) auf dem in eigenem
Glanze erstrahlenden Tao-Hauch die Grenze des ewigen Tao und
begab mich im Fluge zur Grenze von Si-na-yü in das Reich Su-
lin und wurde dort im Königsschlosse als Kronprinz geboren. Ich
verliess meine Familie und trat in den Pfad ein, nannte mich Mär
Mani und drehte das grosse Rad des Gesetzes usw.
Das Pa-shih-i-hua-t‘u-shuo fasst sich bedeutend kürzer und verbindet
damit zugleich eine andere Erzählung. Es sagt:
T‘ai-shang-lao-kiün kam nach Ma-kieh-kuo [Magadha]. Er
erschien mit einer leeren Kanne in der Hand (Maitreya-Typ!),
um den König zu bekehren. Er begründete die Fou-t‘u-Lehre,
er wird Ts‘ing-tsing-Fo.genannt und hiess Mär Mant. Er hiess
Ch‘a-li, P‘o-lo-men und andere seiner Lehre folgen.
Le En en
Das taoistische Pantheon der Chinesen. 411
Daran, dass also Beziehungen zwischen Manichäern und Taoisten
bestanden haben, ist kaum zu bezweifeln. Welcher Art sie waren und
wie sie weiter gewirkt haben, etwa auf die Ausbildung der Göttertypen,
das sind Fragen, die bei dem lückenhaften Zustande des Materials auch
nur vermutungsweise kaum zu beantworten sind. Man wird jedenfalls
diese Beziehungen nicht aus den Augen verlieren dürfen.
Die monotheistischen Religionen. Weniger wahrscheinlich ist
es, dass die drei monotheistischen Re-
ligionen, Christentum, Judentum und Islam
direkt auf die religiösen Verhältnisse in
China eingewirkt haben. Die Annahme,
dass der Apostel Thomas ausser Indien
auch China bekehrt habe, hat heute kaum
noch Vertreter. Zum ersten Male kam das
Christentum mit nestorianischen Mönchen,
die von O-lo-pen geführt wurden, im Jahre
635 nach China, wie uns das berühmte
nestorianische Denkmal von Si-ngan-fu
(errichtet 781) erzählt. Der erste nestoria-
nische Metropolit wurde unter dem Patri-
archen Saliba Zacha (714—718) ordiniert.
Als letzte nestorianische Metropoliten für
China werden uns Joannes (ordiniert a
Graec. 1801 = 1490 p. Chr. n.), Jacobus
und Josephus genannt. Ob diese aber
noch in China gelebt haben, ist fraglich,
‘da Jacobus einen Brief aus Calecut mit-
unterschrieben hat und von Josephus be-
sonders hervorgehoben wird, dass er gleich-
zeitig auch Metropolit von Indien war.
Längst waren aber auch schon katholische
Priester nach China gelangt, und 1299
schon errichtete Joannis de Monte Corvino
in „Cambaliech“ (Khanbalik = Peking)
eine christlich-katholische Kirche. Von
einem Einflusse des Christentums jener
früheren Zeit auf die Gestaltung der chine-
sischen Religion ist nur wenig zu bemerken. Allein die Gestalt der
Kuan-yin, dieser lieblichsten Figur des buddhistischen wie des taoistischen
Pantheons in China, geht aller Wahrscheinlichkeit nach auf ein christ-
liches Vorbild zurück: auf die Mutter Maria. Nach dieser Gestalt wohl
deutete man die (männliche) Avalokitesvara-Gestalt des indisch-buddhi-
stischen Pantheons in einer dem chinesischen Familiensinne kongenialen
Weise um und schuf damit die populärste Gottheit im ganzen fernen Osten.
Dass noch weitere Beeinflussungen stattgefunden haben, ist wohl möglich,
ist uns doch sogar bekannt, dass die Übersetzung eines buddhistischen Sutras
aus dem Türkischen die gemeinschaftliche Arbeit eines ausKabul stammenden
97 x
Abb, 10. Kuan-yin mit dem Kind.
412 Herbert Mueller:
Mönches Prajna und eines nestorianischen Priesters Adam ist. Bis nach
Japan reichende Einflüsse nestorianischen Christentumes auf die Bildung
buddhistischer Sekten hat Rev. Lloyd kürzlich nachzuweisen versucht.
Der Islam kam wohl im Jahre 628, also bereits sechs Jahre nach der
Hedschra, nach China, und er hat sich im Laufe der Jahrhunderte dort
auch eine ansehnliche Anhängerschaft von einigen Millionen geschaffen,
von irgend einem Einflusse dieser Religion und ebenso des Judentums,
das anscheinend erst einige Jahrhunderte später in China auftauchte, kann
aber gar nicht gesprochen werden.
Die weitere Entwicklung. Der verschiedenen fremden Elemente,
die, wie wir in den letzten Abschnitten gesehen haben, so im Verlaufe
einiger Jahrhunderte in China eindrangen, ist das Chinesentum durchaus
Herr geworden. Nichts ist übernommen worden, was nicht den im chine-
sischen Geiste vorhandenen Anlagen entsprach, und alles hat eine Umbil-
‘dung und Umdeutung nach den von uns im ersten Teile geschilderten
philosophischen und religiösen Grundgedanken erfahren. Der Staat hat,
nur in kurzen Zeitspannen darin schwankend, mit fester Hand die Zügel
geführt und sie jedesmal scharf angezogen, wenn irgendwo sich religiöse
Bestrebungen in einer Form zeigten, die dem Staate hätten gefährlich
werden können. Da nun der Staat nach konfuzianischen Grundsätzen ge-
‚leitet wird, hat man ein gewisses Recht, von Religionsverfolgungen durch
— +.
den Konfuzianismus zu sprechen. Nicht aber ist es eine Religion, die
‘andere Religionen unduldsam verfolgt, sondern eine Staatsidee, die alle
‚Religionen sich unterordnen will. Den einzelnen Religionen gegenüber
ist der Staat schon seit Ende der T‘ang - Dynastie, noch ausgesprochener
unter den Yüan-, Ming- und Ts‘ing-Dynastien, also seit fast 1000 Jahren,
stets durchaus indifferent gewesen, mit nicht zu verkennender Verachtung
der „törichten Masse, die immer noch an Geister und an ein Jenseits ge-
glaubt hat“, wie sich der Kaiser Tao-kuang vor noch nicht 100 Jahren
ausdrückte. Der Staat ist es auch gewesen, der eine feste Organisation
eines Klerus, sei es des buddhistischen oder des taoistischen, zu verhindern
gewusst hat, und aus solchem Bestreben sind wohl auch die grossen Ver-
folgungen der Buddhisten (und Manichäer) im Jahre 873 und kleinere Ver-
folgzungen dieser wie auch der Taoisten in jedem Jahrhundert zu erklären.
Eine Ausnalıme macht nur der Lamaismus, dessen ganze Organisation sich
zum Teil sogar unter dem Einflusse der chinesischen Regierung aus-
gebildet hat und die begünstigt wurde, weil sie geeignet schien, die
kriegerischen Tibeter und Mongolen gefügiger zu machen, und ausser
diesen Barbaren (nach chinesischer Auffassung) gehört ja niemand in
China dem Lamaismus an. So sehen wir alle Religionen in China vom
Staate geduldet, solange sie an seinen Grundfesten nicht zu rütteln wagen.
Wie es sich zu den einzelnen Religionen stellen will, bleibt dem Volke
selbst überlassen, und wie es sich zu ihnen stellt, erscheint unseren
Empfinden recht befremdend.
Die heutigen religiösen Verhältnisse. Von den eigenartigen
religiösen Verhältnissen, wie sie sich auf der Basis der in den ersten
beiden Teilen geschilderten religiös - philosophischen Grundstimmung in
Das taoistische Pantheon der Chinesen. 413
der geschichtlichen Entwicklung herausgebildet haben und sich uns heute
zeigen, ist es sehr schwer, sich und anderen ein klares Bild zu machen.
Die Religionsstatistiken beschränken sich meist darauf, die 400 Millionen
Chinesen mit Ausnahme von 10 bis 30 Millionen Mohammedanern dem
Buddhismus zuzurechnen und geben damit zugleich ein durchaus falsches
Bild von dem Buddhismus als Weltreligion. „Buddhist“ oder „Taoist“
nennt sich in China nur der professionelle Buddhist bzw. Taoist, mit
anderen Worten: der Priester. Als |
Konfuzianist bezeichnet sich jeder
Chinese von einiger Bildung, will da-
mit aber nichts anderes sagen, als
dass er in den konfuzianischen Ideen
erzogen ist und sie als Richtschnur
im praktischen Leben anerkennt, ohne
damit aber zugleich über seine
Stellung zum Übersinnlichen präjudi-
zieren zu wollen. Nur der mohamme-
danische oder der christliche Chinese
kann sein Glaubensbekenntnis mit
einem Worte ablegen. Und doch
ist der Chinese durchaus nicht un-
religiös. Es ist ein bekanntes Wort:
„Auf den Himmel uns stützend, essen
wir unsern Reis‘, das gerne versinn-
bildlicht wird durch einen reisessenden
Mann, der sich mit einem Arme auf
N
At
Ë
Zt
s
&
ay
web
Ké
=
oat
TE
43
J-
ty
E
mz W
A
}
E
das Riesenzeichen tien „Himmel“
N a
stiizt. Es ist allgemeine Uberzeugung,
dass eine höhere Macht die Ge-
schicke der Welt lenkt, und mit den
Worten: „es ist T‘ien-ming (der
Befehl des Himmels)!“ fügt sich der
Chinese ebenso ruhig in sein Schicksal
wie der Mohammedaner, der vom
Fatum oder von Allahs Willen spricht,
und wie der fromme Psalmist, der up. 11. „Auf den Himmel uns stützend,
sagt: „Gott hat es gegeben, Gott hat essen wir unsern Reis!“ Nach einem
es genommen, der Wille Gottes sei Relief in Si-ngan-fu.
gelobt!“ Aber den einzelnen Reli- |
gionsformen gegenüber verhält sich der Chinese gleicherweise gleichgültig
oder wohlwollend. Mit Recht hat man sagen können: der Chinese wird
als Taoist geboren (denn ein taoistischer Astrolog stellt ihm das Horoskop),
er lebt als Konfuzianist (denn die konfuzianische Ethik beherrscht die
ganze Erziehung und das Leben) und er stirbt als Buddhist (denn nur
die ärmste Familie versagt sich gezwungenermassen die Zuziehung
buddhistischer Priester zu den Exequien). „Die drei Religionen sind eine“,
ist ein oft gehörtes und oft illustriertes Wort.
E A3
KEE
ET,
y
H br
$ Bb
S
$h} EKAA KEE
Gel KE
2 D A
HAP?
6 a8
EE:
Ee
414 Herbert Mueller:
Sehr charakteristisch ist auch der Besuch der Tempel; derselbe
Chinese besucht sowohl buddhistische als auch taoistische Tempel, ja selbst
christliche Kirchen werden sehr häufig von Nichtchristen besucht, wenn
sich die glückliche Erfüllung eines dort getanen Gebetes unter den Leuten
verbreitet. Ein solcher Fall, in dem dieses grösseren Umfang annahm,
ist aus Singapore bekannt geworden.
Am schärfsten aber tritt der fast synkretistisch zu nennende Charakter
der chinesischen Religionsverhältnisse in den Tempeln selbst in Erschei-
nung. Es gibt wohl nicht sehr viele Tempel, die nur buddhistische oder rein
taoistische Gottheiten enthalten. Herr Regierungsbaumeister E. Börsch-
mann hat auf seinen dreijährigen Reisen in ganz China — meines Wissens
als Erster — darauf sein Augenmerk gerichtet und sehr wertvolle Götter-
listen aus Tempelu der verschiedensten Gegenden mit heimgebracht. Es
ist zu hoffen, dass dieses Material bald veröffentlicht wird. Inzwischen
hat Herr Börschmann sich in liebenswürdigster Weise dazu bereit er-
klärt, in einem Anhange zu dieser Arbeit einige konkrete Beispiele der
gegenseitigen Durchdringung der drei Religionen zu geben, und hat mir
auch sonst Einblick in sein reiches Material gestattet.
Besondere Beachtung verdient es, dass in den Tempeln auf dem
O-mi-shan, dem heiligen Berge der Buddhisten, ebenso taoistische Gott-
heiten einen Platz gefunden haben, wie umgekehrt auf dem taoistischen
Berge Heng-shan buddhistische Gottheiten. Es sind fast immer dieselben
Figuren, die von dem einen Pantheon aus dem anderen übernommen
werden: die buddhistischen Gottheiten Kuan-yin (= Avalokitesvara), Mi-
lo-fo (= Maitreya) und Ti-ts‘ang-wang (= Kshitigarbha); sowie die vier
Ta-t‘ien-wang (Mahadevaraja, Lokapala „Welthüter“); die taoistischen Gott-
heiten: Kuan-ti oder Lao-ye (der Gott der Virtus), Wen-ch‘ang (der Gott
der Literatur), sein Gegenstück K‘uei-sing, Ts‘ai-shen (der Reichtums-
gott) u.a. mehr. In den meisten Tempeln befinden sich in der ersten
Halle in der Richtung des Eingangs zwei einander den Rücken
b | zukehrende Figuren, vgl. die nebenstehende Skizze. An der mit
m b bezeichneten Stelle steht immer Wei-t‘o (= Veda), eine bud-
dhistische Gottheit; die andere Stelle, a, aber wird entweder von
= einer buddhistischen Figur, dem Mi-lo-fo oder Tsieh-yin-fo ein-
A genommen, oder aber von einer taoistischen, etwa Lao-ye, Ts‘ai-
shen, K‘uei-sing oder Pai-yiin-tsu-shih.
Im übrigen verweise ich auf den Beitrag von Herrn Börschmann,
in dem man eine Reihe interessanter Beispiele für solche Vereinigungen
von Figuren verschiedener Religionssysteme in einem Tempel finden wird.
Charakteristisch sind auch solche Verbindungen buddhistischer und
taoistischer Gestalten in derpopulär-religiösen Literatur der Chinesen. Ein Bei-
spiel dafür sei dem Yü-li, ‚Edelsteinbericht‘, einem der verbreitetsten Erzeug-
nisse dieser Gattung der chinesischen Literatur entnommen. Von europäischer
Seite ist, charakteristischer Weise, dieses Buch bereits als buddhistisch wie
auch als taoistisch bezeichnet worden. In der Einleitung wird zunächst die
Anschauung der Konfuzianisten zurückgewiesen, dass die Seele, gebildet aus
den beiden Dualkräften Yin und Yang, sich nach dem Tode in ihre Bestandteile
un
Das taoistische Pantheon der Chinesen, 415
auflise. Den Konfuzianisten gegenüber, die so sprechen, wird Konfuzius
selbst gestellt, der doch das Yi-king der Welt überliefert habe, jenes merk-
würdige mystische Werk, das leider nur so oft missverstanden werde.
Betrachte man aber dessen Inhalt richtig, so komme man zu ganz anderen
Ergebnissen als die gewöhnliche konfuzianische Schule. Um deren Miss-
verständnissen zu begegnen, sei der Welt das Yü-li gegeben worden, das
auf die ewige Wahrheit von dem Fortleben der Seele als solcher und von
der Vergeltung nach dem Tode hinweisen solle. Yü-huang-shang-ti, der
oberste der taoistischen Götter, habe die Korrekturen gelesen und zur
Durchsicht einer späteren Ausgabe gar eine
Konferenz der Götter und Genien einberufen. Ki
Das Buch beginnt mit den Worten: „Yü-ti FUN
(d. i. Yü-huang shang-ti) will, dass alle
Menschen beiden Geschlechtes ihre Sünden
bereuen, auf dass er ihnen vergebe. Der
oberste Herr der Unterwelt ist Ti-ts‘ang-
wang.“ ‘Ti-ts‘ang-wang aber ist niemand
anders als der Bodhisattva Kshitigarbha, also
eine Figur des buddhistischen Pantheons. So
sehen wir schon in der Einleitung und in
GE
Y
d
(og
den ersten Worten dieses Buches Konfuzia- | (oe wes
nismus, Taoismus und Buddhismus in engem Zi FUN NS
Vereine. Das Buch selber schildert dann. pu? N S e
nacheinander die zehn Höllen mit dem ganzen N eer, Y d
Inventar buddhistischer Héllen und e dazu Ce © ER,
eine Reihe von Historien und Anekdoten, > SB +
die die Vergeltung nach dem Tode näher U ILS) E
illustrieren sollen. Eine dieser Anekdoten RPA a
ist so charakteristisch für die volkstümliche N aan GG
Anschauung von dem Verhältnisse der Re- | de YG vb
ligionen zueinander, dass ich sie hier wieder-
geben möchte. ae eal ae
Kin buddhistischer Priester kam EE
zufällig in den Besitz eines Exem- shou-kin-chen-fa-kich.
plares des Yü-li und fand darin die
für falsch singende Priester angedrohten Strafen. Er ging mit dem
Buche zu einem taoistischem Amtsbruder und beide gerieten bei dem
blossen Gedanken an eine solche Strafe in grosse Erregung und be-
fürchteten von einer weiteren Verbreitung dieses gefährlichen Buches
Schaden für ihr Ansehen und ihr Einkommen. Sie beschlossen, dem
beizeiten vorzubeugen. Der Buddhist kehrte in sein Dorf zurück
und erzählte überall herum, es würde demnächst in seinen Tempel
ein Taoist kommen, der Geister beschwören und mit ihrer Hilfe die
Zukunft befragen könnte. Am festgesetzten Tage versammelte
sich eine grosse Menge im Tempel. Der Taoist, der sich der
Verabredung gemäss eingefunden hatte, verfiel in einen natürlich
nur vorgespiegelten Trancezustand und schrieb auf eine Frage des
Abh.12. Ti-ts‘ang-wang (Kshiti-
416 | Herbert Mueller:
Buddhisten auf ein sandbestreutes Brett: „Erstens ehret die
taoistische Religion, zweitens achtet den buddhistischen Klerus,
und wir geben euch einen Freipass zum ewigen Leben. Die
buddhistischen Priester können euch leichten Durchgang durch
die Höllen verschaffen und eine Wiedergeburt im westlichen Para-
dies usw.“ mit dem Schlusse: „Wer das Yü-li vernichtet, erwirbt:
sich besonderes Verdienst.“ Kaum ward dieses aber verkündet, so
erschien eine Deputation der wahren Geister, rettete das Ansehen
des Yü-lı und verkündete den betrügerischen Priestern baldigen
Lohn ihrer schlechten Tat. Und wirklich starben sie bald darauf
einen qualvollen Tod.
Ich glaube, dass mit diesen Beispielen wohl zur Genüge die Eigenart
der religiösen Verhältnisse in China charakterisiert ist. Buddhismus und
Taoismus schliessen einander eben gar nicht aus, bestehen nicht nur
Abb. 13. Opfer eines Shih-kung, taoistischen Priesters, vor Yü-huang shang-ti.
Komposition nach buddhistischem Schema. Nach dem Kao-shang-yü-huang-pen-hing-
tsi-king.
nebeneinander, sondern in enger Verbindung miteinander, so dass
es weiter nicht verwunderlich ist, dass für das gemeine Volk ein rechter
Unterschied kaum noch besteht.
Das taoistische Pantheon in seiner heutigen Gestalt.
Quellen. In gedrängter Kürze haben wir die äusseren Geschicke des
religidsen Leben Chinas an unserem Ange vorüberziehen lassen. Wir
stehen nun am Ende der Entwicklung und müssen jetzt den Versuch
wagen, uns ein geschlossenes Bild von dem Götterhimmel, der das Resultat
dieser Entwicklung ist, zu machen. Das aber hat grosse Schwierigkeiten.
Denn wo sind die Quellen, aus denen wir authentische Kunde von den
Göttergestalten schöpfen könnten? a
Die Vorbedingung authentischer Quellen ist die Existenz einer reli-
giösen Autorität. Diese aber ist für den Taoismus, für den chinesischen
Volksglauben, nicht gegeben. Ein fest organisierter Klerus ist nicht vor-
handen. Es gibt zwei Arten taoistischer Priester: Laienpriester (wu-shih,
Das taoistische Pantheon der Chinesen, 417
shih-kung usw.), die irgend einem bürgerlichen Berufe angehören, ver-
heiratet sind und nur zu gottesdienstlichen Zwecken ein besonderes
Priestergewand anlegen, und mönchisch lebende Priester (im Volksmunde
Mao-shan-tao-jen ,Haarberg-Taoisten* oder Ch‘u-kia-tao-jen „aus der
Familie ausgeschiedene Taoisten“ genannt), die in Klostergemeinschaft
oder einzeln als Tempelpriester oder als Einsiedler im Gebirge leben.
Es scheint, soweit man nach den gerade hierüber sehr spärlichen Angaben
urteilen kann, als ob nur die Mönch-Priester eine gewisse Organisation
hätten und zu einem allerdings auch nur lose organisierten Klerus mit
dem T‘ien-shih an der Spitze zusammengeschlossen seien. Ebenso und
mit aus diesem Grunde existiert auch keine dogmatische Literatur. Früher
mag es anders gewesen sein (und viele Gründe lassen das annehmen),
heute aber: kann man weder von einem eigentlichen Klerus noch von
einem Dogma sprechen. In jedem Tempel finden wir andere Götter
oder doch die Götter in anderer Kombination. Jedes taoistische Buch
gibt uns ein anderes Pantheon, über die gleichen Gestalten eine andere
Legende. Selbst über solche Punkte, die uns die wesentlichsten scheinen,
herrscht nicht die geringste Übereinstimmung. Zu erklären wird das wohl
einmal sein daraus, dass verschiedene Überlieferungen verschiedener
Schulen vorhanden sind. Noch aber wissen wir von diesen nichts. Dann
aber ist diese Erscheinung auch zu erklären aus der schon dargelegten
Interesselosigkeit der Chinesen für die äussere Gestaltung religiöser Ideen
und aus ihrer Abneigung gegenüber dem Dogmatismus. Mögen wir die Gründe
auch nicht erkennen, das Resultat ist jedenfalls das, dass man mit grösserem
Rechte wohl von einer Anzahl von Pantheia sprechen könnte, als von
einem Pantheon. Wenn wir das letztere tun, so müssen wir uns darüber
klar sein, dass wir es sind, die die Einzelheiten zu einem Ganzen zu-
sammenfassen, nicht die Chinesen. Nur eine Klasse göttlich verehrter
Wesen ist in ihrer Zusammensetzung genauer bestimmt: dio deifizierten
Heroen. Ehe wir aber diesen uns zuwenden können, müssen wir eine
Einteilung der Götter und Genien nach einem gewissen Schema ver-
suchen. |
Klassifizierung der Götter. Ein chinesisches Schema kann zu
einer solchen Klassifizierung nicht benutzt werden. Es fehlt im Chine-
sischen überhaupt eine feststehende Terminologie auf diesem Gebiete. Wir
finden als Bezeichnungen für Gestalten des Pantheons: Shang-ti „oberster
Herrscher“, Tsien „Himmel, Gott“ (= sanskr. deva), T‘ien-tsun „Ehr-
würdiger im Himmel“ (= sanskr. devajyeshtha), Tao-kiün „Tao-Fürst“,
Tao-jen oder Tao-shih „Taoist“, Fa-shih „Meister des Gesetzes“ [Dharmapati],
Li-shih „Meister der Kraft“, Shen „Geist“, Bien „Geist“ (dieses Zeichen fili
besteht aus den Zeichen für „Mensch“ und für „Berg“, bezeichnet also
zunächst einen Einsiedler) und vieles andere mehr. Eine anscheinend
schon alte, vielleicht aber auch auf ein buddhistisches Vorbild zurück-
gehende chinesische Einteilung gibt folgendes Schema: 1. T‘ien-sien „Gott-
heiten des Himmels“, 2. Shen-sien „Gottheiten der Geisterwelt“, 3. Ti-
sien „Gottheiten der Erde“, 4. Jen-sien „Gottheiten der Menschenwelt“,
418 Herbert Mueller:
5. Kuei-sien „Gottheiten der Dämonenwelt“'). Dieses Schema hat aller-
dings nun den Nachteil, dass wir nichts tiber die Verteilung der ver-
schiedenen Göttergestalten auf die einzelnen Klassen erfahren, und darum
ist es auch für eine von uns vorzunehmende Klassifizierung nicht geeigneter
als irgend eines sonst aufzustellende. Einen gewissen Einblick gewährt
es immerhin.
Ein ganz brauchbares Schema hat Ch. de Harlez in seinem schon
erwähnten Buche aufgestellt. Er teilt die Gestalten des Pantheons in
folgende fünf Gruppen ein: 1. Etres divins, 2. Esprits originaires, c'est-à-
dire ayant en cette nature des leur origine, 3. Immortels élevés à ce rang
par les Tao-she ou les bouddhistes, et que l’on honore d’un culte public,
4. Immortels veneres par le peuple ou les Tao-she sans culte spécial,
5. Saints du bouddhisme honorés en Chine. Leider aber verlässt der
Verfasser dieses Schema gleich wieder und ordnet das Pantheon nach
folgenden Gesichtspunkten: 1. Les étres divins ou divinisés, 2. Les
Immortels, 3. Les Saints, 4. Les dieux et venerables du bouddhisme.
Jedes der gegebenen Schemata hat gewisse Vorziige, keines aber der-
artige, dass sie seine unbedingte Annahme rechtfertigen könnten. Die
Schwierigkeiten einer solchen Klassifikation sind auch nicht gering, zumal
wir uns kaum auf chinesische Vorarbeiten stützen können. Der Versuch,
eine Klassifikation nach historischen und qualifikatorischen Momenten vor-
zunehmen, gab folgendes vorläufige Resultat:
1. Naturgottheiten, ursprünglich und zu einem Teile auch heute noch
unverbunden mit anthropomorphen Vorstellungen, heute im Staatskult
verehrt.
Himmel (Huang-t‘ien-shang-ti), Erde (Hou-t‘u huang-ti-k‘i),
Sonne (Ji, Ta-ming), Mond (Yüe, Yeh-ming), die fünf Planeten
(Wu-sing: Venus, Jupiter, Merkur, Mars, Saturn) und der Zodiacus
(sing-ch‘en, wenn dieses nicht die Gesamtheit der Sterne bedeutet).
Während der Kult dieser Gottheiten für die ältesten Zeiten ge-
sichert ist, wird des Kultes einzelner Gestirne erst in späterer Zeit
Erwähnung getan, so wird der Kult des Pei-t‘ou (Ursus major)
und Nan-t‘ou (eine der 28 Stationen, Mondhäuser, umfassend sechs
Sterne des Sagittarius) zum ersten Male unter der Ts‘in-Dynastie
erwähnt (221 a. Chr. n.).
Ferner Wind (Feng-shih, Feng-po), Regen (Yü-shih), Wolken
(Yün-chung-kiün, zur Han-Zeit erwähnt).”)
Endlich die heiligen Berge, unter denen fünf besonders her-
vortreten (Wu-yo, als älteste Kultstätte gilt der T‘ai-shan in
Shan-tung).
1) Die Übersetzungen dieser termini sind recht frei, insbesondere ist Sien hier
mit „Gottheit“ wiedergegeben worden, um einen möglichst indifferenten Ausdruck
für das hier ausnahmsweise als Oberbegriff gebrauchte Wort zu haben.
2) Es verdient besonders hervorgehoben zu werden, dass es gerade „Wind® und
„Regen“ sind — also Faktoren, von denen das ackerbauende Volk abhängig ist —,
die uns zuerst von allen Naturerscheinungen in anthropomorpher Auffassung er-
scheinen: Féng-shih „Wind-Meister“. Yü-shih ,Regen-Meister*, so schon im Chou-h,
dem Ritualbuch der Chou-Dynastie.
ae EE, en ET «ee ee y fen — eg EE
Das taoistische Pantheon der Chinesen. 419
2. Personifikationen von Ideen, deren Ursprung wahrscheinlich in der
taoistischen Literatur zu suchen ist.
T‘ai-yi („grosse Einheit“, Kult zuerst im Jahre 116 a. Chr. n. er-
wähnt), T‘ai-ki („grosses Prinzip“, oft mit dem vorstehenden gleich-
gesetzt), Yüan-shih („ursprünglicher Anfang“), Ling-pao („Wunder-
barer Schatz“) und endlos viele der Art mehr. Meistens werden diesen
Namen ehrende Bezeichnungen hinzugesetzt, wie wir einige schon
oben kennen gelernt haben, so sagt man: T‘ai-yi chen-jen (= der
Heilige T‘ai-yi), Ling-pao ta-fa-shih (= der grosse Gesetzes-
meister Ling-pao), Yüan-shih t‘ien-tsun (= der Himmelsgeehrte
Yüan-shih) u. s. f.
3. Deifikationen prä- oder protohistorischer Persönlichkeiten. Die
Deifikation erfolgte zu einer nicht bestimmbaren Zeit, grössten-
teils wohl nur in der Literatur.
Die mythischen Kaiser (Wu-ti, der Kult anderer Wu-ti, der
Regenten der fünf Planeten, der fünf Elemente usw. wurde zur
Ts‘in-Zeit eingeführt, später aber aufgehoben), nämlich: T‘ai-hao
oder Fu-hi, Yen-ti oder Shen-nung, Huang-ti oder Hien-yüan,
Shao-hao oder Kin-t‘ien, Chuan-hü oder Kao-yang. Jeder dieser
Kaiser gilt als der Erfinder gewisser Kulturgüter, so Shen-nung,
der am meisten verehrte, als Erfinder des Ackerbaues. |
Ferner die 365 in der nicht historischen Deifikation des
Kiang-shang (Kiang-tze-ya, Kiang-t‘ai-kung) zu Göttern erhobenen
Helden. Darüber wird weiter unten noch mehr zu sagen sein.
Endlich auch Gestalten ‘reiner Phantasie, wie: Si-wang-mu
(„die königliche Mutter des Westens“), Tung-wang-kung („der
königliche Fürst des Ostens“), Shou-sing, der Gott des langen
Lebens usw.
Hierher gehört schliesslich das ganze Heer taoistischer Ein-
siedler, die einst in Bergen gelebt haben und in die Unsterblich-
keit eingegangen sein sollen: Am bekanntesten unter ihnen sind die
Pa-sien („acht Genien“), nämlich: Chung-li-k‘üan, Chung-kuo,
Lü-tung-pin, Ts‘ao-kuo-k‘iu, Li-t‘ieh-kuai, Han-siang-tze, Lan-
ts‘ai-ho, Ho-sien-ku, zu. einer Achtheit erst unter der Mongolen-
Dynastie zusammengefasst, seitdem aber sehr populär und in den
verschiedensten Materialien immer wieder dargestellt.
4. Deifikationen aus historischer Zeit. Diese stellen das bei weitern
grösste Kontingent zum chinesischen Pantheon und gerade unter
ihnen finden sich die populärsten Gottheiten.
Der bekannteste der Götter dieser Kategorie ist wohl: Kuan-ti,
gestorben 219, kanonisiert 1116, der Schutzpatron der jetzt re-
gierenden Dynastie. Während nur sehr wenigen Gestalten aus den
ersten drei Kategorien eigene "Tempel errichtet sind, sind den
Göttern dieser Gruppe unzählige grosse und kleine Tempel geweiht,
und von ihnen finden sich dementsprechend auch die zahlreichsten
bildlichen Darstellungen. Sie werden uns im folgenden noch be-
schäftigen.
420
Herbert Mueller: `
5. Gestalten des buddhistischen Pantheons, die in das chinesische
übergegangen sind.
scheiden:
GR
3
d'Ee
Te SRS SERS
LEER
d Sie BEST
E
Wa
“
ch
THe Su
sall
t
FE
31 239 SIPS DE lh
z
EB
&
$
SAS Die TAG cult Sole e
SRE
‘ he
f
=
Ka
E
e mg
DS Fe BER Pe Ce
H SA ANEAN FA
YW Sn | AI
EE D
IR
la?
d
dr
Selten
| SHED HR
a
=
BE YA:
EE
e
SEN
a
Go Seca
=
FÜR
d
AR
Unter ihnen sind zwei Gruppen zu unter-
a) Ursprünglich dem Brah-
manismus angehörige
Géttergestalten. Fan-
tien (Brahma), Yen-lo
(Yama), Ji-shen (Surya)
Yüeh-shen (Soma), die
vier Mahäräjas (sze-ta-
t‘ien-wang) u. a. m.
ép, b) Eigentlich buddhistische
At Gestalten. Buddhas:
Jan-teng-fo (Dipaü-
kara Buddha), O-mi-
t‘o-fo (Amitabha Bud-
dha), Bodhisattvas: Kuan-
yin (Kuan - shih - yin
p‘u-sa, eine interessante
Umdeutung des Avalo-
kitesvara Bodhisattva in
das Weibliche), Mi-lo-fo
(Maitreya Bodhisattva),
P‘u-hien p‘u-sa (Sa-
mantabhadra Bodhi-
sattva), Wen-shu p‘u-sa
(Manjusri Bodhisattva).
Populär sind auch die
16 Arhats (Lo-han),
Schüler des Buddha Sa-
kyamuni, deren Zahl zu
18, .und selbst zu 500,
erweitert ist. Erwähnt
sind nur diejenigen Ge-
stalten, die auch über
den engeren Kreis des
chinesischen Buddhis-
L mus hinaus gedrungen
sind.
Abb. 14. Pai-shou-t‘u, Tafel mit 100 Formen
des Zeichens fiir shou „langes Leben“. In der
Mitte: Shou-Sing, der Gott des langen Lebens te
und die Pa-sien. Nach einem Relief in Si- Volke verehrten Göttern übrig,
ngan-fu. die neun Göttinnen (kiu-
niang-niang) zum Beispiel,
u.a., deren Zugehörigkeit zu keiner der fünf Gruppen nachweisbar ist. Bs
ist wohl aber anzunehmen, dass dieser Nachweis uns nur durch Fehlen der
Überlieferung in diesen Fällen unmöglich gemacht wird. Immerhin mag
Schliesslich bleibt noch
eine ganze Anzahl von im
Das taoistische Pantheon der Chinesen. 491
sich in einzelnen Gestalten eine alte Lokalgottheit erhalten haben. Das
hier gegebene Schema ist, wie ich selbst fühle, höchst unbefriedigend.
Hoffentlich gelingt es bald, ein besseres zu finden.
Feng-shen. ,Belehnen mit der Götterwürde“ (feng-shen) ist der
technische Ausdruck für die Deifikation. Zugrunde zu liegen scheint eine
Abb. 15. ‘Kuan-shih-yin p‘u-sa (Kuan-yin, Avalokitesvara Bodhisattva) mit dem
Jade-, Gold- und Drachen-Siegel.
Idee, die in etwas an die buddhistische Lehre vom Karma erinnert: die
an der Substanz des Guten, dem Yang, überreichen Seelen hochverdienter
Menschen sind den Seelen anderer so überlegen, dass es ein Unrecht
wäre, wollte man ihre Verehrung allein ihrer eigenen Familie überlassen
und ihren Segen damit zugleich auf diese beschränken. Sie sind gewisser-
422 Herbert Mueller:
massen durch die Grösse ihres Verdienstes um das Ganze Gemeingut des
Volkes geworden, und dieses muss darum auch die Möglichkeit haben,
sie verehren zu dürfen. Ob ihr Verdienst aber ausreicht, die Ausdehnung
ihres Kultes von der Familie auf das Volk zu rechtfertigen, darüber muss
eine höhere Instanz entscheiden. Diese Instanz ist der Kaiser, der als
„Himmelssohn“ (t‘ien-tze) Vollzieher des „himmlischen Willen“ (tien-
ming) auf Erden ist. Wenn in einem Bezirke, der oft unter Über-
schwemmungen zu leiden hat, ein Mandarin tätig gewesen ist, der sich
um die Abwendung solch schadenbringender Ereignisse bemüht hat, so
wendet sich nach seinem Tode oder auch schon, wenn er versetzt wird,
das Volk durch Vermittelung der lokalen Behörden an den Kaiser mit der
Bitte, die Errichtung eines Tempels für diesen verdienten Mann und seinen
Kult gestatten zu wollen, und hofft, so auch fürder sich den guten Einfluss
des Verelhrrten sichern zu können. Nach Prüfung des Gesuches im Kultus-
ministerium (Li-pu) erfolgt dann der kaiserliche Bescheid, der jedoch im
Falle der Genehmigung meist auch den Bezirk umschreibt, innerhalb
dessen der Kult gestattet wird. Nicht immer aber lässt Pietät diesen
Brauch sympathisch erscheinen, es gibt auch zahlreiche Fälle, in denen
nur krasser Aberglaube der Beweggrund des Gesuches ist, so, wenn die
Genehmigung ersucht wird für den Kult einer Schlange, Schildkröte, eines
Brunnens, eines von irgend Jemand angeblich gesehenen Schemen.
Solche Gesuche werden oft eingereicht und oft genehmigt. Jeder Ort
ist auf diese Weise in den mehr oder minder ausschliesslichen Besitz ge-
wisser Lokalgottheiten, „Stadtgötter xar’ e&oynv“ gekommen. Wenn man
heute von Stadtgöttern spricht, meint man allerdings meistens die Ge-
samtheit der überhaupt im Haupttempel einer Stadt vereinigten Götter.
Diesen Göttern aber werden auch, wenn die Fürbitte erfolgreich war,
Titel und Rangerhöhungen gewährt, ja, es scheint, als wenn ein ganz be-
stimmter Turnus stattfände. Jedes Jahr reicht der T‘ien-shih dem Kultus-
ministerium eine Liste ein, die seine Vorschläge hinsichtlich der Ver-
änderungen im Range der Götter und neuer Ernennung von solchen ent-
hält. Auch hier findet wieder eine Prüfung statt, und schliesslich erfolgt
der kaiserliche Bescheid. Über die Einzelheiten dieser ganzen Vorgänge
sind wir bis heute durchaus noch nicht genügend und vor allem nicht
nach authentischen Quellen unterrichtet; es scheint jedoch, als ob im
ganzen ein Vergleich mit dem Verfahren der katholischen Kirche bei
Heilig- bzw. Seligsprechung — bei aller im Wesen beider Religionen be-
gründeten Verschiedenheiten — möglich wäre: hier wie dort ein processus
canonicus, hier wie dort eine für die ganze Welt geltende Canonisatio und
eine für eine bestimmte Gegend geltende Beatificatio. Man tut vielleicht
auch der chinesischen Religion unrecht, wenn man in allen diesen Fällen
immer von „Göttern“ spricht, aber zum mindesten hat man die Ent-
schuldigung, dass die Haltung des Volkes diesen Gestalten gegenüber
— ob sie nun als Götter gemeint sind oder nur als Heilige und Für-
sprecher bei Shang-ti — ihre Auffassung als göttlich nahe legt.
Wann diese Sitte der Deifikation aufgekommen ist, lässt sich nicht
sagen. Nach Ansicht des Volkes datiert sie von uralter Zeit her und ist
Das taoistische Pantheon der Chinesen, 423
stets geübt worden. Drei grosse Götterernennungen aber werden besonders
unterschieden: die erste fand statt unter dem mythischen Kaiser Huang-ti
(= Hien-yüan), die zweite am Beginne der Chou-Dynastie, im Jahre
1122 a. Chr. n., durch Kiang-shang, die dritte unter dem ersten Kaiser
der Ming-Dynastie im 14. Jahrhundert. Die grösste Rolle spielt die
mittlere dieser drei Götterernennungen, ihr ist auch ein Werk gewidmet,
das wir als eine Hauptquelle für die Kenntnis des chinesischen Pantheons
betrachten müssen : das Feng-shen-yen-yi $f jill ği 3%. „Die Erzählungen
von derBelehnung mit derGötterwürde“, oder, wie man denTitel auch wieder-
geben könnte, „die Metamorphosen der Götter.“ Dieser mythologisch-
historische Roman von recht beträchtlichem Umfange (100 Kapitel) ist
wahrscheinlich in der Mingzeit entstanden, und es ist nicht zu viel be-
hauptet, wenn man sagt, dass der Durchschnittschinese aus ihm haupt-
sächlich seine Kenntnisse von dem Pantheon schöpft. Darstellungen
gerade der hierin genannten Götter sind ausserordentlich häufig, und selbst
aus dem abgelegenen Kan-su von Dr. Tafel mitgebrachte „500 Stadtgötter
von Lan-chou-fu“ sind zum grossen Teile nichts anderes, als Figuren
dieses Feng-shen-yen-yi.
Das Pantheon des Feng-shen-yen-yi. Zwei Kategorien göttlicher
Wesen heben sich in ihm klar voneinander ab: Gottheiten, die uns schon
am Anfange der Handlung als solche entgegentreten, und Gottheiten, die
in der Handlung selbst noch gewöhnliche Sterbliche sind und erst am
Schlusse und nach ihrem Tode zu göttlichem Range erhoben werden.
Die Gottheiten der ersten Kategorie staffeln sich nun in folgender Weise:
Hung-kiün fa-shih
oder Lao-tsu.
Er hat drei grosse Schüler?):
Lao-tzé Yüan-shih t‘ien-tsun T‘ung-t‘ien kiao-chu
ohne Schüler, mit nur hat zwölf Schüler, die hat eine grosse Anzahl
einem Begleiter: Yüan- selber wieder viele von Schülern.
t‘ou. Schüler haben.
Die ersten beiden der drei Schüler Hung-kiün fa-shih‘s folgen der ortho-
dozen Lehre, T‘ung-t‘ien kiao-chu aber hat sich von ihr abgewandt und
verbreitet unter seinen Anhängern heterodoxe Lehren. Worin Orthodoxie
und Heterodoxie liegen, tritt nicht zutage: beide Lehren beschäftigen sich
in praxi mit allen nur erdenkbaren Zaubern. Bemerkenswert sind unter
den Schülern des Yüan-shih t‘ien-tsun die buddhistischen Gestalten, wie
z. B. Jan-teng tao-jen („der Taoist Dipankara“!), Wen-shu-kuang-fa
t‘ien-tsun (= Manjusri), P‘u-hien chen-jen (= Samantabhadra). Ebenfalls
als Gottlieiten von Anfang an treten uns Naturgötter entgegen, wie
Drachenkönige der Gewässer, und ein ganzes Heer von Tiergespensten:
Fuchsdämon, Fasanengeist, Skorpionendämon usw. Diese stehen an sich
1) Diese drei bilden die taoistische Trias der San-tsiing („drei Reinen“), meist
aber werden folgende, etwas abweichend, genannt; 1. Yüan-shih t‘ien-tsun. 2. Ling-
pao t‘en-tsun, (hier als Ling-pao ta-fa-shih unter den Schülern Yüan-shih’s ge-
nannt), 3. T’ai-shang lao-kiün (= Lao-tze).
424 Herbert Mueller:
auf keiner der beiden sich feindlich gegenüberstehenden Seiten der
orthodoxen und der heterodoxen Lehre. ni |
Der Inhalt des Romanes ist nun kurz folgender:
Chou-wang, der letzte Kaiser der Shang- oder Yin-Dynastie
(regierte bis 1123 a. Chr. n.) liess sich verleiten, an die Wand
eines der Niü-kua (s. o. S. 398) geweihten Tempels ein Gedicht
zu schreiben, das die Schönheit in einer sie beleidigenden Weise
pries. Um sich zu rächen, beschloss die erzürnte Göttin, den
König samt seinem ganzen Hause zu stürzen. Sie befahl einem
tausendjährigen Fuchsgeiste, sich in ein Mädchen zu verwandeln,
in Su Ta-ki, die Tochter eines Lehnsfürsten, die zur Nebengemahlin
des Kaisers bestimmt war. So geschah es. Ta-ki, deren eigener
Geist auf dem Wege zur Hauptstadt ihren Körper verlassen und
durch den Fuchsgeist ersetzt worden war, verleitete den Kaiser
zu den übermütigsten Taten und zu den scheusslichsten Greueln.
Überall kam es zu Aufständen, bis sich die Unzufriedenen um
den Fürsten des Lehnsstaates Chou sammelten. Die Götter selbst
griffen in den Streit ein. Lao-tze und Yüan-slıih t‘ien-tsun standen
mit ihren Geisterscharen auf der Seite der neuen Dynastie Chou,
T‘ung-t‘ien kiao-chu auf der Seite der alten Dynastie, bis der
oberste Lehrer der Götter, Hung-kiün selbst, eingriff und T‘ung-
Dien kiao-chu wegen des bewiesenen Ungehorsams zu weiterer
Belehrung wieder zu sich rief. Nun ging es mit der Yin-Dynastie
gänzlich zu Ende. Wu-wang von Chou siegte und begründete
eine neue Dynastie. Die drei Religionsfürsten aber hatten schon
lange vorher alles bestimmt und auch festgesetzt, dass alle die
Helden, die sich in den Kämpfen auszeichneten, sei es auf welcher
Seite es sei, zu Göttern ernannt werden sollten. Die „Tafel der
Götterernennungen“, feng-shen-pan, war von ihnen aufgestellt und
dem Kiang Tze-ya (heute meist Kiang-tai-kung genannt) über-
geben worden. Dieser, der den ganzen Kampf auf seiten der Chou
leitete, bestieg nach dessen Beendigung einen hohen Berg, ver-
sammelte die Geister der im Kampfe gefallenen Helden um sich,
ernannte sie zu Göttern und gab jedem ein bestimmtes Amt und
einen Sitz auf einem Gestirn. Im ganzen waren es 365 Götter,
die so diese Würde erlangten.
Die von Kiang-t‘ai-kung auf göttlichem Befehl mit der Götter-
würde belehnten Helden verteilen sich auf eine Reihe von
Gruppen, so gibt es unter ihnen: 24 Donnergötter, 6 Feuergötter,
6 Pockengötter mit je einem Oberhaupte. Die Göttin Kin-ling-
sheng-mu wurde zur Tou-mu („Scheffelmutter“, sonst Marici-
deva) gemacht und an die Spitze des Heeres der 84000 Sterne
gestellt. Dann folgen grosse Scharen von Sterngöttern, unter
denen hervorzuheben sind die 28 Mondhäuser (siu, sanskr. nakshatra).
Es folgen weiter die Geister der fünf heiligen Berge (wu yo),
Reichtumsgötter usw. Nur zwei der Götter seien ausführlicher
geschildert.
Das taoistische Pantheon der Chinesen. 425
Eine der auffallendsten Erscheinungen aus dem Figurenkreise des
Feng-shen-yen-yi ist Yang Jen (kanonisiert als Kia-tzé t‘ai-sui chi shen).
Er war einer der treuen Minister und Warner des Chou-wang, erlitt fiir
seine Warnungen aber die furchtbare Qual, dass ihm beide Augen aus-
gerissen wurden. Aber der ,wahrhafte First des Tao und der Tugend
der blauen Leere“ (Ts‘ing-hü tao-te chen-kiün) entrückte ihn auf seinen
Berg. Er befahl seinem dienenden Knaben Po-yün t‘ung-tze zwei Körner
vom Stein der Weisen in die Augenhöhlen Yang Jen’s zu legen. Dann
Abb. 16. Yang Jen. Nach einer Zeichnung aus den ,500 Stadtgöttern von Lan-
chou-fu*. Sig. Dr. Tafel
blies der Heilige ihm den ursprünglichen wahrhaften Odem ins Gesicht
und rief ihm zu, sich zu erheben. Da wuchsen aus dessen Augenhöhlen
zwei Hände hervor, auf deren inneren Flächen sich je ein Auge befand.
In dieser Form finden wir Yang Jen oft dargestellt, wie auf nebenstehender
Zeichnung aus den „500 Stadtgöttern von Lan-chou-fu“.
In Feng-shen-yen-yi finden wir auch die Legende von Lei-chen-tzé,
dessen Bild oft auf dem Schlussblatte taoistischer Schriften zu finden ist,
wo buddhistische Sutras ein Bild des Wei-t‘o (= sanskr. Veda) zeigen.
Er war ein Sohn des Wen-wang und wurde von Yün-chung-
tzé auf dem Chung-nan-shan im Tao unterrichtet. Als die Zeit
Zeitschrift für Ethnologie Jahrg. 1911. Heft 3 u. 4. D9
426 Herbert Mueller:
herangekommen war, wo er seinem Vater von Nutzen werden
sollte, gab ihm sein Lehrer den Auftrag, im Garten nach den
Abb. 17. Lei-chen-tzé. Schlussbild im T‘ai-shang-
tao-te-king-chu-sien.
Waffen zu suchen, mit
denen er seinem Vater bei-
stehen könnte. Lei-chen-tze
begab sich dorthin, fand
aber nichts waffenähnliches,
zwei Aprikosen aber reizten
ihn, er pflückte sie und
ass sie auf. Da hörte er
plötzlich ein Geräusch
unterhalb derlinken Rippen,
und ein Flügel wuchs dort
hervor. Während er, halb
ohnmächtig vor Schreck,
versuchte, ihn mit beiden
Händen zu fassen und her-
auszureissen, wuchs ihm
auch auf der rechten Seite
ein Flügel hervor und auch
sein Gesicht veränderte
sich: die Nase wölbte sich
vor, das Antlitz färbte sich
graublau, die Haare wurden
rot, die Augen traten her-
vor, Stosszähne schoben
sich schräg zwischen den
Lippen heraus und sein
Leib wuchs bis zu einer
Höhe von zwei Klaftern.
Das waren die Waffen, die
ihm die Götter schenkten.
Als ein Beispiel der dunklen
taoistischen Sprache sei das
Gedicht angeführt, mit dem
Yün-chung-tze den so ver-
wandelten Lei-chen-tze be-
grüsste:
Die beiden Aprikosen
werden das Reich be-
ruhigen,
Ein goldener Stab
festigt Himmel und
Erde,
Die beiden) Fittiche „Donner“ und „Wind“ erfreuen die
Vorfahren
Und bringen durch tausenderlei Umwandlungen die Nach-
kommenschaft hervor,
Das taoistische Pantheon der Chinesen. 427
Die Augen, goldenen Scheiben gleich, durchdringen die Unterwelt.
Die Haare gleichen kurzgeschorenem Purpurgrase.
In die Geheimlehre der Wahrhaften Unsterblichen eingeweiht,
Erlangte er einen nimmer dunkelnden Diamantleib!
Hunderte solcher Legenden sind im Feng-shen-yen-yi vereinigt und
machen es zu einer wahren Fundgrube für Forschungen auf diesem
Gebiet. Der leider zu früh verstorbene ausgezeichnete Gelehrte, Prof.
Wilhelm Grube, hat die Übersetzung dieses Werkes, dessen Wert er
immer wieder hervorhob, begonnen. Die von mir besorgte Ausgabe des
hinterlassenen Werkes wird in zwei Bänden von etwa je 350 Seiten 4° im
Verlage von Brill (Leiden) demnächst erscheinen.
Literatur-Pantheia. Sol- `
cher Pantheia wie das Feng-
shen-yen-yi liesse sich eine
ganze Anzahl aus den ver-
schiedensten Werken der chi-
nesischen Literatur zusammen-
stellen. Eine derartige Arbeit
würde zweifellos ihren Wert für
die Religionswissenschaft und
die chinesische Kulturgeschichte
haben. In diesen Rahmen ist
sie aber unmöglich hineinzu-
passen. Doch seien wenigstens
einige der Hauptquellen ge-
nannt. Eine der wichtigsten ist
wohl das Li-tai Shen-sien-t‘ung-
kien von Sü-tao, das im Jahre
1700 veröffentlicht wurde unter
Approbation des T'ien-shih
Chang-ki-tsung (Lung-hu-shan
Chang ta-chen-jen) und des
Abb. 18. Ta-tu-tzé Mi-lo-fo (Maitreya Bodhi-
: sattva), der „Dickbauch-Buddha“, auch mit
Pao-shan Huang Chang-lun sien- einem buddhistischen Mönch identifiziert und
sheng und das in 22 Büchern dann P‘u-t‘ai Ho-shang genannt. Porzellanfigur.
die Legenden einer grossen Zahl
göttlicher Wesen enthält. Ein gleichnamiges älteres Werk von Sieh
Ta-hün (1640 erschienen) enthält in 60 Büchern ein noch vielleicht
reichhaltigeres Material. Eine ganz besonders reiche Quelle ist, wie
für so vieles andere auch für das chinesische Pantheon die bekannte
Riesen-Encyclopädie Ku-kin-t‘u-shu-tsi-ch‘eng. Besonders sei auf eine
darin enthaltene Rangtafel taoistischer Götter hingewiesen, die im
221. K‘üan des Abschnittes Shen-i-tien enthalten ist und den Titel Chen-
ling-wei-ye-t'u trägt. Sie gibt den genauen Platz an, der jeder der
genannten Gottheiten im Yü-ts‘ing-san-yüan-kung zukommt. Daran knüpft
sich die Überlieferung, dass T‘ai-shang-lao-kiün auf der Wolken-Terasse
(yün-t‘ai) die genaue Kenntnis der Rangtafel der Götter (kuan-t‘u) erfuhr
und sie durch 41 Generationen weitergab bis auf Lin T‘ung-yüan, der
28°
428 Herbert Mueller: Das taoistische Pantheon der Chinesen.
wohl gleichzusetzen ist mit Lin Ling-su, einem berühmten, zum Taoismus
übergetretenen buddhistischen Mönch zur Zeit des Sung-Kaisers Hui-tsung,
dem die Ausbildung des Pantheons zugeschrieben wird und auf dessen
Einfluss unter anderem auch die Autorisation des Kultes des Yü-huang-
shang-ti 1116 erfolgte. |
Bedeutsamer noch ist die Untersuchung der Pantheia bestimmter
Gebiete. Nur für Amoy ist diese Arbeit bisher geleistet worden, in dem
bekannten Werke J. J. M. de Groots „Les fetes annuellement célébrés
à Emoy“. Für Peking findet sich wertvolles Material in dem Wilhelm
Grubeschen Werke „Pekinger Volksbräuche“ und sonst an verschiedenen
Stellen verstreut. Das aber ist auch sozusagen alles, was bisher auf diesem
Gebiete geleistet ist. Das Material, das noch der Bearbeitung harrt, ist ausser-
ordentlich umfangreich. Wiedergabe von chinesischen Literaturquellen
und Beschreibung einzelner Kultobjekte, die ihren Weg in europäische
Sammlungen gefunden haben, genügen dabei allerdings nicht: persönliche
Anschauung und Beobachtung des realen Lebens sind unentbehrliche Vor-
bedingungen fruchtbringender Arbeit auf diesem Gebiet. Da sie mir noch
nicht zu Gebote stehen, verzichte ich, näher darauf einzugehen.
Schluss. Die Aufgabe, die ich mir hier gestellt hatte, war: einen
kurzen Überblick über Vorbedingungen, Entwicklung und heutige Gestalt
des Pantheons der chinesischen Volksreligion zu geben. In dem engen
Rahmen eines Zeitschriften-Aufsatzes und bei dem sehr fragmentarischen
Zustand unseres Wissens auf diesem Gebiete, konnte ich grösstenteils
nur Andeutungen machen, von denen ich hoffe, dass sie auch zugleich
Anregungen werden möchten zu eigenen Arbeiten auf diesem sehr ver-
nachlässigten Felde für alle, die dazu Gelegenheit haben.
Anhang.
Einige Beispiele für die gegenseitige Durchdringung der drei
chinesischen Religionen.
Von
Ernst Boerschmann.
Der Chinese hat die verschiedenen Seiten seines religiösen Empfindens
und Bedürfnisses in drei feste Formeln gebracht, nämlich in die san-kiao,
die „drei Religionen“, den Taoismus, den Konfuzianismus und den Bud-
dhismus. Zwar ist diese Einteilung nicht erschöpfend, bietet z. B. nicht
Raum für die Einordnung des Staatskultus und der Ahnenverehrung,
gibt jedoch immerhin das Hauptgerippe für nähere Betrachtungen. Die
Chinesen selbst unterscheiden jene drei Richtungen im allgemeinen scharf
durch den Aufbau der Tempel und in diesen durch die Anordnung der
Gottheiten.
Wie nun aber die drei Religionen nicht etwa nur äusserlich neben-
einander bestehen, sondern gemeinsam im chinesischen Denken wurzeln,
dessen Teile sie nur darstellen, so fühlt der Chinese zuweilen das Be-
dürfnis nach einer Synthese, nach einer Vereinigung der verschiedenen
Richtungen. Diese. Einheit bringt er zum sichtbaren Ausdruck einmal
durch Tempelinschriften, die Bezug nehmen auf die oft und gerne auch
mündlich von den Priestern zitierte Gleichheit der drei, wie überhaupt
aller Religionen. Nur die Formen sind verschieden, pflegen sie wahrhaft
tolerant zu sagen, im Grunde glauben alle Menschen dasselbe. Dann aber
verkörpern in den Tempeln die Götterfiguren selbst jene Einheit. Laotsze,
der als Stifter des an sich viel älteren Taoismus gilt, Buddha und Kon-
fuzius thronen dann friedlich nebeneinander. Es gibt kaum einen Bezirk
oder Kreis, in dem nicht wenigstens ein derartiger Tempel sich findet.
Als Beispiel diene der Grundriss eines Tempels, den ich auf meinen
Reisen durch China im Norden der Provinz Sze-ch‘uan antraf. Er liegt
zwischen den beiden Städten Mien-chou und Lo-kiang-hien an der grossen
Heerstrasse, die von der Provinz Shen-si nach Ch‘eng-tu-fu, der Hauptstadt
von Szö-ch‘uan, führt. Er krönt eine kleine Bergkuppe und ragt merkbar
empor über das weite hügelige Gelände. Ausnahmsweise ist er ganz aus
Werkstein erbaut, selbst die Pfeiler sind aus Stein, und deshalb wird er
Shih-miao, Steintempel, genannt. Die beiden Teile des Tempels gruppieren
sich um die beiden Höfe I und II, deren Lichtraum durch die weit aus-
ladenden Dächer auf das geringste Mass gebracht ist. Den ersten Hof
430 E. Boerschmann:
umgeben abgeschlossene Wohnungen, der zweite Hof bildet den Teil einer
offenen Halle, wie sie in Szé-ch‘uan und im mittleren und siidlichen China
sich oft als Hauptbestandteil der Tempel findet. Die Anordnung der
Götter, die in der erwähnten Dreieinigkeit gipfelt, zeigt ein merkwürdiges
Durcheinander der drei Religionen.
Über dem Eingang, in einem kleinen Turmaufbau, thront K‘uei-sing
(Kwei sing), der Gott der Literatur, der in dem Siebengestirn, dem grossen
Bären, wohnt. Er ist eine echt
a
Ñ 5 e é taoistische Gottheit, die aber
eek © ~ a 2 d naturgemäss dem Konfuzius nahe
Sas afk a x à 9 Sn steht und in der Nebenerschei-
ase SST o Y ie A e nung als Wen-ch‘ang (s. unten)
zea Sov a he Pe. eS mit Vorliebe einen Turm- oder
eigenen Tempelbau im Südosten
der Konfuziustempel zu erhalten
pflegt. Rücken an Rücken mit
ihm steht Wei-t‘o, der Beschützer
des Buddhismus, und blickt ins
Tempelinnere gegen den Doppel-
altar. In diesem Altar thront
als Hauptgottheit des vorderen
Tempelteiles Ch‘uan-chu, der
Herr von Sze-ch‘uan. Es ist das
Li-ping, der berühmte Ingenieur,
der um Christi Geburt durch
seine Regulierung des Min-
Flusses bei Kuan-hien den Grund
legte zu der grossen Frucht-
barkeit der Ebene von Ch‘eng-
tu-fu, und der jetzt überall in
Sze-ch‘uan als Gottheit verehrt
wird. Bei derartigen Erhebungen
historischer Persönlichkeiten zu
zn Wr AAAS
Chuan chia
Hof Í
TS Gottheiten gehen Taoismus und
wer Sng . e
[rım Turmaufdau) Ahnenverehrung eine gewisse
Abb. 19. Steinstempel im Bezirk Lo-kiang- Verbindung mit einander ein.
Wohnungen
Wohnungen
hien, Prov. Sze-ch‘uan. Rücken an Rücken mit ihm
thront Kuan-yin, die buddhisti-
sche, im Grunde aber echt chinesische Göttin der Barmherzigkeit, und
blickt gegen die Trias in der Mitte der Götterreihe. Indem sie hier als
Spiegel der höchsten Göttlichkeit der Drei angeordnet ist, lässt sie die
Liebe und Barmherzigkeit ebenso sehr als den Grundzug jeder Religion
erscheinen, wie sonst, wenn sie in rein buddhistischen Tempeln an der
Rückseite der buddhistischen Trias thront und ebenfalls jene Eigenschaften
als untrennbaren Bestandteil der Lehre, als ihre Kehrseite, offenbart.
Die Trias selbst zeigt in einem gemeinsamen Altar Buddha in der
Mitte zwischen Konfuzius und Lao-tzé. An Konfuzius schliessen sich an
Durchdringung der drei chinesischen Religionen. 431
zwei Altäre mit je zwei Figuren. Zuerst Ma-wang und Niu-wang, die
Könige der Pferde und der Büffel, dieser Tiere, die für Krieg, Verkehr
und Reisbau von der grössten Bedeutung sind. Dann Lao-ye, der Gott
der tüchtigen Lebensführung, gemeinhin der Kriegsgott genannt, mit Wen-
ch‘ang, dem Gott der Literatur und der Literaten, einer anderen Erscheinung
des K‘uei-sing. Diese beiden erschöpfen als die Zweiheit Wen und Wu,
Zivil und Militär, den Begriff des öffentlichen Lebens in China. (s. Z. f. E.
1910, S. 424.)
Nach der anderen Seite folgt zunächst ein Altar mit drei Gottheiten,
nämlich dem Huo-shen, dem Feuergott, in der Mitte zwischen den beiden
Wu yuo (ren:
g GG
Wohn -
Geister der fünf
heiligen Berge.
; S ;
©
s
a
á
Abb. 20. Een vom ër
Tie fo sze,
Tempel des eisernen Buddha.
BEE zz eng Byte E EE e OK ÜBEL.
o A Schrein
72 Tou lien
12 Zu lien
aeae 2200 AAAA
|
Abb. 21. Bergtempel vom Heng-shan.
Reichtumsgöttern Wen- und Wu-ts‘ai-shen, die Erfolg bescheren bei
Tüchtigkeit in Angelegenheiten des Geistes und der Tatkraft, entsprechend
der vorhin genannten Zweiheit Zivil und Militär. Diese Doppelerscheinung
des Ts‘ai-shen, der gewöhnlich in einer Figur als Einheit dargestellt wird,
trifft man wiederholt in Tempeln an. Wen, Literatur, nimmt dann stets
den bevorzugten Platz im Osten ein, wie hier, während Wu, die nur
praktische Tatkraft, auf dem zweiten Platz im Westen sitzt. Dass der
Huo-shen, der gefürchtete Gott des Feuers und der Dürre, seinen Platz
zwischen den beiden Reichtumsgöttern gefunden hat, geschieht um ihm zu
schmeicheln und ihn zu bannen in seinem unheilvollen Wirken. In dem
Altar der äussersten westlichen Ecke deuten drei weibliche Gottheiten auf
das Familienleben hin als Gegenstück zu dem östlichsten Altar, in dem
432 E. Boerschmann:
durch Wen und Wu (Lao-ye) das öffentliche Leben verkörpert war. Es
sind das die folgenden niang-niang, Göttinnen: Sung-tsze, die kinder-
bringende, Tou-chen, die Beschützerin der Kinder vor Pocken, und eine
dritte Shan-shen (?), die ich nicht genau zu bestimmen vermochte und
als das Berggeist-Fräulein bezeichnen muss.
Die Gruppierung der Trias und der anderen zahlreichen Gottheiten
zeigt dank der axialen Anordnung und dank des gebundenen Systems des
Tempels schon äusserlich, dann aber durch die logische Verbindung der
religiösen Gedanken auch innerlich den wohltuenden Rhythmus chinesischer
Komposition.
Abb. 22. Tempel des eisernen Buddha auf dem Heng-shan. Hauptaltar mit dem
Berggeist und seiner Frau
Das besprochene Beispiel bot das Bild der friedlichen Vereinigung
der drei Religionen. An anderen Stellen nimmt die Durchdringung der
verschiedenen Richtungen fast den Charakter eines Kampfes an, in dem
eine von ihnen die Oberhand zu gewinnen trachtet. Meist ist es der
Buddhismus, dem sein religiöser Inhalt und ein ausgebildeter, sinnlich
eindrucksvoller Kultus den Sieg verleihen über den mehr philosophischen
Taoismus und den abstrakten, ethisch-sozialen Konfuzianismus. Dieser
Vorgang fällt besonders an zwei heiligen Stätten auf, nämlich auf dem
O mi shan, dem heiligen buddhistischen Berge des Westens, geweiht dem
P‘u-hien p‘u-sa, und auf dem Heng-shan, dem altchinesischen, südlichen
heiligen Berge.
Auf dem O-mi-shan ist der Prozess nahezu abgeschlossen. Der Sieg
des Buddhismus ist schon seit geraumer Zeit vollkommen. Allerdings sind
. E o y
Durchdringung der drei chinesischen Religionen. 433
die taoistischen Elemente des altchinesischen Naturgottesdienstes noch
zahlreich und fast jeder Tempel weist solche Erinnerungen auf in Gestalt
von Götterstatuen, Bildern, Zaubertafeln und Inschriften, die erkennen
lassen, dass der Berg schon in grauer Vorzeit ein Heiligtum gewesen ist.
Indessen alle diese Dinge treten jetzt durchaus zurück gegen den sieg-
haften Glanz Buddhas, und überall in den Tempeln thront auf dem Haupt-
altar der P‘u-hien oder die buddhistische Trias.
Mitten in dem Kampfe der beiden Religionen befinden wir uns aber
in der Provinz Hu-nan auf dem Heng-shan, der noch als einer der fünf
heiligen altchinesischen Berge gilt. Und doch dringt hier der Buddhismus
mit Macht vor. Das Hauptheiligtum am Fusse des Berges wird von
buddhistischen Priestern verwaltet, die taoistischen Mönche sind in einen
kleineren Nebentempel verdrängt, und in allen den zahllosen kleinen und
grossen Tempeln bis zur Spitze des Berges macht sich buddhistischer
Einfluss geltend. Zwar gibt es noch einige
kleinere Wegkapellen, die frei von diesem
Einfluss sind, z. B. die Wu-yüo-tien, eine
Durchgangshalle, die mit einem Altar für
die Geister der fünf heiligen Berge ver-
bunden ist. Aber gerade die Haupttempel
sind buddhistisch geworden, die taoistischen E
Gottheiten sind auf den zweiten oder gar wandschrein im Tempel
dritten Platz gerückt und die buddhistischen Tie fo sze mi? den
Priester haben den Kult an sich gerissen. 9 Lohan und 72 Tau lren.
Der Tempel des eisernen Buddha, Abb. 23.
T‘ie-fo-szé, auf halber Höhe des Berges .
gelegen, zeigt im Hauptaltar O-mi-t‘o-fo, Amitäbha, mit zahlreichen
anderen buddhistischen Gottheiten. Vor ihm, in der Mitte, thront der
taoistische Yü-huang, der Edelsteinkaiser, die irdische, mehr persönliche
und volkstümliche Erscheinungsform des höchsten Gottes Shang-ti. Zu
seinen Seiten im Osten der Geist des südlichen Berges, Nan-yüo-shen-kung,
mit seiner Frau, der shen mu, auf dem westlichen, dem weiblichen Prinzip
gebührenden Platz. In derselben Halle steht an den Seitenwänden je ein
zweistöckiger hölzerner Altarschrein, der hinter dem verglasten Rahmwerk
in seinem Innern folgende Figuren birgt. Im unteren Teil die neun
Jünger Buddhas, Lo-han, also zusammen in beiden Schreinen achtzehn,
und im oberen Teile zwölf Tsu-t‘ien, also zusammen vierundzwanzig. Es
ist mir nicht gelungen, diese Tsu-t‘ien, oder auch Chu-t‘ien, wie ich sie
zuweilen aussprechen hörte, zu identifizieren, zumal mir niemand ihre
Zeichen niederzuschreiben vermochte. Aber sie finden sich nicht selten.
Besonders in Sze-ch‘uan stehen sie oft in lebensgrossen Gestalten in den
Tempelhallen, entweder allein, oder, wie hier, mit den achtzehn Lo-han
vereinigt. Ihre Attribute sind vorwiegend taoistisch. Es liegt nahe, diese
24 Tsu-t‘ien mit der chinesischen Einteilung des Jahres nach Sonnen-
abschnitten und mit der Einteilung des Tages in Verbindung zu bringen.
Jedenfalls dürften sie kaum buddhistischer Herkunft sein. Ihre gewöhn-
434 E. Boerschmann:
Abb. 24. Drei Figuren der 24 Tsu-t‘ien aus dem Tempel Wan-nien-szé auf dem
O-mi-shan.
Shang féng sze,
der Hauptiempel unlerhalb der Spitze des Berges.
Italue Nan
re?
yuo shen l:
Le =
-7 eines Ahles
| Vo O mi, Shih
Zahl to | Ata
EE
| fo \ Jo \ fo
N
MM hs
12 Tsu lien
ASSN,
9 Lohan 12 Tsu lien
9 Lohan
f
E
f
EZ
f
Ké
Z
Z
EZ
/
G
f
Ye
Z
N
£
|
|
l
l
>
2 immels
honige
Abb. 25. Bergtempel vom Heng-shan.
mmm, EEE see ee
i o — mme
Durchdringung der drei chinesischen Religionen. 435
liche Darstellung zeigt das beigegebene Bild, SES aus dem gréssten Tempel
vom O-mi-shan stammt.
Die gleichen Tsu-t‘ien finden sich nun in dem Tempel Shang-feng-sze,
der unmittelbar unterhalb der Spitze des Berges liegt und nächst dem in
der Ebene der grösste ist. In ihm hat der Buddhismus völlig gesiegt.
Den Eingang bewachen die vier Himmelskönige, Wei-t‘o blickt gegen die
Haupthalle. Nur an die Stelle des rituellen Mi-lo-fo, des Dickbauch-
Buddha, ist Lao-ye, der Kriegsgott, getreten. Den Hauptplatz in der
grossen Halle nimmt die buddhistische Trias ein, O-mi-t‘o-fo, Shih-kia-fo
und Yo-shih-fo, an den Querwänden sitzen auf einem durchgehenden
Postament die 2°9=18 Lo-han und anschliessend stehen die 2°12= 24
Tsu-t‘ien. Der Nan-yüo-shen-ti, der eigentliche Herrschergeist des süd-
lichen Berges, ist entthront von seinem bevorzugten Platz und in eine
hintere kleine Halle verwiesen, die allerdings noch in der Achse liegt.
In einem Seitenraum ist die Statue eines früheren Abtes untergebracht.
Durch derartige Bildnisse von verdienten Priestern wird sowohl in
taoistische, wie besonders in buddhistische Tempel der Begriff des Ahnen-
kultus hineingetragen.
Im Rahmen dieser kurzen Mitteilung, die ich hier auf Ersuchen des
Herrn Dr. Herb. Mueller mache als Ergänzung zu seiner Abhandlung über
das taoistische Pantheon der Chinesen, sollten nur einige exakte Beispiele
gegeben werden zu jenem interessanten Kapitel, der Verschmelzung der
Religionen in China. Gerade die Stätten, an denen sie gemeinsam auf-
treten, ermöglichen eine Analyse und vermögen uns genaue Auskunft zu
geben über die Stellung und den Wert der einzelnen Richtungen.
Neue und ältere Ausgrabungen von vorgeschichtlichen
Einzelfuuden, Gräberfeldern und Wohnplätzen bei Wolters-
dorf, Kreis Nieder-Barnim.
Von
Hermann Busse.
Von Berlin etwa 22 km entfernt liest im Südosten des Kreises
Nieder-Barnim an der Schlesischen Eisenbahn die Vorortstation Erkner
und von Erkner 2,5 km nördlich, an der Nordspitze des Flakensees das
Dorf Woltersdorf. In einer Urkunde vom Jahre 1319 werden alle Dörfer,
die zum Schlosse Köpnick gehörten, aufgeführt und unter diesen wird
Woltersdorf als Slavisch Waltersdorf geschichtlich zum ersten Male erwähnt.
Im Corpus Bonorum des Magistrats der Königlichen Residentzien Berlin,
beschrieben vom Syndikus Christoph Benjamin Wackenrode, vom 12. No-
vember 1771, herausgegeben mit den Schriften des Vereins für die
Geschichte Berlins 1888 von F. Brose heisst es: Das Rittergut Walters-
dorf hat vormals dem Heinz Wagenschütz zu Pinnow gehört, welcher es laut
Kaufbriefes vom grünen Donnerstag 1487 mit allen Rechten und Gerechtig-
keiten, Unterthanen, Einkünften, Holzungen, Weinbergen, Fischereien,
Wiesenwachs, Mastung pp. an den Bürgermeister und Rath in Berlin für
150 Schock Märkischer Groschen verkauft und ist der Kauf gleich darauf
Montags in den heiligen Ostern von Sr. Churfürstl. Durchlaucht Markgraf
Johann confirmiret. Es liegt drei Meilen von Berlin und eine Meile vom
Königl. Amt Rüdersdorf auf einem sandigen Boden usw. usw. — Die
Stadt Berlin hat das Rittergut 1859 für 62050 Thaler an den Kaufmann
Israel Wolff wieder. verkauft. Woltersdorf hat also der Stadt Berlin
372 Jahre als Eigentum gehört. Der Forstbestand war 1771 noch 1254 Morgen.
Während das Gut mit seinen Äckern immer verpachtet wurde, bewirt-
schaftete die Stadt Berlin die Forst selbst.
Die heutige Gemeinde Woltersdorf besteht aus folgenden Ortsteilen:
1. dem alten Dorf, das in einer länglichen Rundung von Westen nach
Osten aufgebaut ist. In der Mitte steht die Kirche und Schule. 2. dem
ehemaligen Gutsbezirk, am Flakensee und an der Rüdersdorfer Chaussee
gelegen. Der alte Rittersitz befand sich auf dem Terrain des heutigen
Schloss-Restaurants am Flakensee. 3. dem Stolp, das sind die Häuser,
die zwischen dem Bauernsee und dem Stolpgraben, an der Chaussee und
dem Kalksee liegen. Der Bergrücken zwischen der Strasse und dem
Kalksee wird gleichfalls „der Stolp* genannt. 4. dem Werder, der sich
H. Busse: Ausgrabungen bei Woltersdorf. 437
zwischen dem Bauern-, Kalk- und Flakensee erhebt. 5. dem Kietz,
zwischen dem Stolp und der Schleuse, am Westufer des Kanals, der den
Kalksee mit dem Flakensee verbindet. 6. der Schleuse, dazu gehören
die Häuser auf dem Schleusenberg und die östlich am Kanal liegen, auch
die Mühle, jetzt Restaurant und Elektrizitätswerk. Dieser Ortsteil gehörte
früher zum Rüdersdorfer Heidebezirk I. 7. aus mehreren Villenkolonien,
die auf den ehemaligen Guts- und Bauern -Äckern, nordwestlich vom
Dorfe angelegt sind und die den Gesamtnamen Schönblick führen. — Die
Abb. 1. Fundkarte. \__, Gräberfelder. DJ Wohnplätze. © Einzelfunde.
1 : 25 000.
weitere Umgegend von Woltersdorf ist meist bewaldet, nur der Nord-
westen ist ohne Wald und seit früher Zeit beackert worden. Im Osten
liegt die grosse Rüdersdorfer Forst, 30000 Morgen umfassend, mit den
Kranichsbergen als grösste Erhebungen, im Westen und Südwesten die
Köpnicker Forst mit den Eich-, Sprint-, Grenz- und Piittbergen. Beide
Kgl. Forsten werden durch eine Talrinne getrennt, in der die Gewässer
vom Ober-Barnim nach der Spree abfliessen und die auf ihrem Laufe den
Stienitz-, Stolp-, Kalk-, Flaken- und Dämeritz-See bilden.
438 | H. Busse:
Vom wirtschaftlichen und strategischen Standpunkte aus betrachtet ist
diese Gegend durchaus geeignet und wie geschaffen, selbst schon in vor-
geschichtlichen Zeiten den Menschen zu veranlassen, sich hier nieder-
zulassen. Es war alles vorhanden, was sie zu ihrem Unterhalte und zu
ihren Siedelungen nötig hatten. Die Wälder lieferten das Wild, in den
Seen gab es reichlich Fische zur Nahrung. Steine und Holz boten das
Material zum Hüttenbau, zu Waffen, Wirtschafts- und Gebrauchsgegen-
ständen. In den Bergen findet sich vielfach Ton zu ihren verschiedenen
Gefässen. Und in der Tat müssen wir aus nachstehendem schliessen,
dass das Land von der Steinzeit an in fast allen vorgeschichtlichen Perioden
bis zur geschichtlichen Zeit und dann noch weiter bis heute bewohnt
gewesen ist. Wenn auch vermutlich in früherer Zeit so mancher ältere
SUN A Nose
EN WS
iat
OM
` eo © Se, tyre =
Pee
————
A EEE em >
<
Abb, 2. 1:2, Abb. 3. 1: 2.
o
Fund zerstért und verworfen sein mag, so haben die letzten Jahrzehnte
eine ungeahnte Fille von Kulturresten aus verschiedenen Zeiten ans
Tageslicht gebracht, und es sind Anzeichen vorhanden, dass sich in der
Zukunft noch mehr finden werden. Es sind bekannt (siehe Abb. 1. Fundkarte):
Einzelfunde.
1. Ein durchlochtes Steinbeil, bei Anlage eines Rigolkamms am Mühlen-
weg im Jagen 232 der Kgl. Forst gefunden in der Nähe von zwei alten
Schanzen, bei denen auch gehauene und geschwärzte Steine lagen.
2. Ein Steinbeil, Feuerstein-Manufacte und Tonscherben am Stolp-
graben "3.
8. Eine Steinaxt, durchlocht, vom Stolp *).
4. Kin Steinbeil, aus sehr hartem Granit, 1908 im Garten des Herrn
Schramm, am Abhang des Sprintberges gefunden. Es ist grau und schwarz
gesprenkelt, die Kanten gerundet, die Flächen geglättet. Die Schneide
ist schräg. Gewicht 390 g. Siehe Abb. 2.
1) Abb. in den Nachr. ii. d. A. 1899, S. 25.
2) Abb. in den Nachr. ii. d. A. 1904, S. 89,
Ausgrabungen bei Woltersdorf. 439
5. Ein Steinbeil aus Feuerstein, im Garten des Herrn Hiller, in der
Nähe des Sprintberges 1908 gefunden. Im Besitz des Eigentümers. Die
Farbe istbraungelb, glatt poliert. Siehe Abb. 3.
6. Feuerstein-Manufacte, bei den Eiswerken, am Westufer des Aus-
flusses des Flakensees gefunden ').
Nachträglich habe ich hier noch diverse Male solche Manufacte ge-
funden, auch Tonscherben und im vorigen Jahr, jedoch etwas entfernt von
der alten Fundstelle, ein Steinbeil. Dies spitznackige Beil ist ein Pracht-
stück seiner Art und zeigt wenig Spuren von Gebrauch. Es ist auf allen
seinen Flächen sauber geglättet, die Kanten überall abgerundet. Die
Schneide ist noch ziemlich scharf. Die Unterseite ist flach, die Oberseite
erhaben und mit zwei schwachen Längs-
Fazetten versehen. Die Farbe ist grau
und ein wenig heller gesprenkelt. Ganz
kleine Vertiefungen auf den Flächen
lassen das Stück vor der Glattung als
einen Geröllstein erscheinen. Gewicht
230 g. Siehe Abb. 4.
Durch diesen Fund wird die Fund-
stelle noch merklicher als neolithische
charakterisiert, obgleich die Beziehung
des Beils zu den Manufacten aus Feuer- N
stein augenscheinlich keine direkte ist.
7. Feuerstein-Manufacte vom Wer-
der”). 8. Feuerstein-Manufacte vom
Kranichsberg. 9. Eine grosse gerauhte
Urne, beim Bau eines Hauses auf der
Maienhöhe, etwas westlich vom Sprint-
berg ausgegraben, leider ist sie zer-
schlagen worden. In der Nähe am Ab-
hang fand ich schon viel früher zahl-
reiche Tonscherben, die mit diesem Abb. 4. 1:2.
Funde in Zusammenhang stehen könnten.
10. Slavische Gefässteile vom Kietz*). 11. Ein Steinbeil vom Sprint-
berg ‘).
Die Fundstiicke 2, 4, 6, 8 und 9 befinden sich in meiner Sammlung.
WII he
~
siS
Hiii
UE
BAA pl Zet
e" ee
- ur
ul
Il
d
Sid eg ef
por we
Lët
|
|
d
Hi
E
Ce
~ $ woe
Soo
oe 8 p
> Ze KEE N `
Soe NARs
nu
EL
EE,
|
|
A
\
il
Ce
e
gig hig Fe
+ $
Im
i} | | f
Fr
Le
Lei
y
| IN
A
A)
Wi
SE
Ba ech `
Ti
Gräberfelder (s. Fundkarte S. 437):
Das Gräberfeld am Stolp aus der Römischen Kaiserzeit ^).
Nördlich vom Bauernsee auf dem südlichen Ausläufer des Stolps
wurde 1885 das Restaurant „Interlaken“ erbaut und dabei ein grosser
1) Abgebildet in den Nachr. ti. d. A. 1899, S. 23.
2) Im Mark. Prov. Museum unter Nr. 11 569.
3) Mark. Prov. Museum Nr, 11 938—41.
4) Im Mark. Prov. Museum Nr. 16 562.
5) Siehe Nachr. ti. d. A. 1899, S. 24.
440 H. Busse:
Garten terrassenförmig angelegt. Beim Rigolen fanden sich in der Erde
schwarze Gruben mit Knochen, Kohlen, Topfstücke und diverse verrostete
Eisengegenstände, darunter Messer, Ringe, Nadeln, Perlen, Hammer usw.
Die Sachen sind leider aus Unkenntnis zerstreut worden. Erst der Eigen-
tümer des Nachbargrundstücks, auf welchem die gleichen Erscheinungen
sich vorfanden, schenkte diesen alten Funden mehr Aufmerksamkeit und
konnte demnach Verschiedenes ins Märk. Pr. Museum gelangen, und zwar
eine Urne (Nr. 16400), ein Spinnwirtel (16401), ein Eisenmesser und
diverse Fragmente aus Eisen (16277) und verschiedene Gefässreste
(16 275—6, 16 379).
Höchst bedauerlich ist, dass dieses wichtige Gräberfeld der Wissen-
schaft verloren gegangen ist.
Das Gräberfeld auf dem Rédenberg.
In nächster Nähe südöstlich vom vorigen Fundort zwischen dem
Bauern- und Kalksee, wird die Erhöhung „auf der Réthe* oder der
Rödenberg geheissen. Unter der Berliner Herrschaft war der Stolp, der
Werder, sowie auch der Rödenberg mit grossen Eichen und Kiefern be-
wachsen. In den sechsziger Jahren des vorigen Jahrhunderts wurde der
Wald gerodet, das Land parzelliert und über den Rödenberg die Kalksee-
strasse geführt. Beim Ausgraben der Baumwurzeln sollen nesterweise
viel Töpfe, mit Knochen gefüllt, sichtbar gewesen sein. Sie wurden
unbeachtet bei Seite geworfen und zertrümmert. Beim Bau des Hauses
Kalkseestrasse 39 kamen mehrere grössere und kleinere Urnen zum Vor-
schein. Im Vorgarten sowohl wie auch im Hintergarten, nach dem
Bauernsee zu, finden sich in jedem Jahre beim Graben viele Gefässteile.
Das Märk. Pr. Museum besitzt Urnenreste von hier unter Nr. 11814. In
meinen Besitz gelangten der untere Teil eines grösseren Doppelkonus
und die Stücke eines gerauhten einhenkligen Topfes mit breiten flachen
Vertikal-Furchen. Das wenige Topfmaterial kann chronologisch nicht mit
Sicherheit besimmt werden, es scheint jedoch höchst wahrscheinlich der
Jüngeren Bronzezeit anzugehören.
Das Gräberfeld auf dem Sprintberg.
Auf der Generalstabskarte sind die Sprintberge nicht verzeichnet, im
Volksmunde jedoch allgemein bekannt. Sie sind vom Dorfe Woltersdorf
l km westlich gelegen und nach zwei Quellen, Springen oder Sprinten,
so genannt. Letztere lagen am Nord- und Südabhange des Berges und
sind bei der Aufforstung und beim Strassenbau zugeschüttet. In den
beiden Jagen der heutigen Kel. Forst 220 und 216, die mit etwa
25jährigen Kiefern bewachsen sind, auf dem dazwischenliegenden Gestell e
und auf dem nördlich am Walde angrenzenden Acker befindet sich ein
weit ausgedehntes Gräberfeld der jüngeren Bronzezeit. Das Jagen 220
scheint die meisten Gräber zu enthalten. Früher gehörte das bergige
Terrain zum Rittergut und wurde teilweise beackert. Im Jahre 1881 sind
vom Förster Köppen die ersten Urnen gefunden worden, daraufhin unter-
nahm das Märk. Pr.-Museum zwei Grabungen, deren Erfolg ein zerstörtes
——- 7 Ee
Ausgrabungen bei Woltersdorf. | 441
Grab, ein Grab mit sieben Gefässen und ein Steinbeil war. Die Herren
Prediger Bethge und Lamprecht und einige Lehrer aus Woltersdorf
fanden wiederholt Gefässe und Bronzesachen. Ins Märk. Pr.-Museum ge-
langten: Ein Buckelkrug, eine grosse Urne mit kantigem Bauch, ein kurz-
halsiger Topf ohne Henkel Nrn. (11555 bis 11558), eine Rassel mit Stiel
(11573), diverse Gefässreste und zwei Ringe aus Bronzedraht (17 932), ein
Ring aus Bronzeblech (17 931), eine runde Rassel, ein schräg gefurchter
(tordiert) Halsring mit umgebogenen Enden (17933) und zwei kleine
Schalen, darin ganz kleine Knochen von einem Kinde und ein kleiner
Bronzering. —
In der Schule und im Gemeindebureau befinden sich: 1. Zwei
konische Tassen, die eine mit Horizontalriefen und zwei schrägen Riefen-
gruppen, rechts und links vom Henkel. 2. Fünf Krugtassen mit einge-
wölbtem Boden, die eine mit vertikalen Bauchrippen, drei andere mit
parallelen, schrägen Furchen auf dem Bauche und eine mit Ansatz von
ansa lunata. 3. Ein grosser Doppelkonus mit drei Horizontalriefen
4. Eine Schüssel mit schräg gefurchtem Rande. 5. Ein kleines tonnen-
förmiges Gefäss mit zwei kleinen Ösen und Horizontalriefen, darin kleine
Knochen und ein kleiner Spiralring, bedeckt mit einer Schale. 6. Ein
kleiner Becher mit eingewölbter Seitenfläche und Horizontalriefen über
dem Boden. 7. Ein Krugtopf mit schrägen, breiten Bauchfurchen. 8. Ein
zweihenkliger Topf mit vier Dellen auf dem Bauche. 9. Eine kleine
Schale. 10. Ein gerauhter, henkelloser Topf mit Knochen und bedeckt
von einem einfachen, grösseren Topfe. 11. Ein kleines Terrinchen mit
zwei kleinen Ösen und schrägen Riefengruppen auf dem Bauche.
Meine Untersuchungen am Sprintberge führte ich verschiedentliche
Male, meistens auf dem angrenzenden Acker aus, und sie waren hier ver-
hältnismässig wenig erfolgreich. Anscheinend sind die flachgelegenen
Gräber vom Pfluge zerrissen und die tiefer liegenden von Baumwurzeln
und grösseren Steinen zerstört. Das Ergebnis war: ein grosser Doppel-
konus, von einer Schüssel mit breitem Rande bedeckt, eine konische
Tasse, ein Krugtopf mit horizontalen Halsriefen, eine grosse Terrine mit
unregelmässig gerieften Unterteil, eine Krugtasse, ein gegossener Bronze-
ring und diverse Gefässteile. Einen grösseren Erfolg hatte ich an der
Waldgrenze. Hier lagen, ziemlich flach, zwei Gräber, deren Gefässe von
den Steinen zerdrückt waren. Die Stücke gehörten zu folgenden Ge-
fässen: Doppelkonus mit vier Horizontalriefen, war gedeckt von einer
Schüssel mit schräg gefurchtem Rande. Diese Urne stand in einer grossen
Terrine, die wiederum mit einer grossen Schüssel gedeckt war, deren
Rand sich nach innen schräg abflachte. Krugtopf mit schräg gefurchtem
Bauche. Krugtopf mit sparrenförmig gegeneinander stehenden Riefen-
gruppen. Krugtasse mit eingewölbter Standfläche und drei horizontalen
Halsfurchen. Zwei kleinere Schalen mit eingewölbtem Boden. Nicht
weit von diesen beiden Grüften fand sich ein grosses unangerührtes Grab,
das ich ganz systematisch ausgraben konnte, da sämtliche Gefässe noch
an ihrem ursprünglichen Ort standen. Das Grab enthielt 20 Gefässe, von
denen zwei grössere den Leichenbrand von zwei Erwachsenen und zwei
Zeitschrift für Ethnologie. Jahrg. 1911. Heft 8 u. 4. 29
442 H. Busse:
kleinere den von zwei Kindern bargen. Einige Gefässe konnten unbe-
schädigt der Erde entnommen werden, andere wurden wieder zusammen-
gesetzt. Das Grab lag etwa 50 bis 60 cm unter der Oberfläche, es war
120 cm lang und 80 cm breit und mit Steinen gedeckt und umstellt. Die
Basis betrug 90 cm, kleine Wurzeln wuchsen schon durch einzelne Töpfe.
(S. Abb. 5 u. 6.)
Der Inhalt des Grabes bestand aus: Einer terrinenförmigen Urne mit
zwei grossen Henkeln. Der Oberteil ist geglättet, unten gerauht. H. 30,
W. 32, M. 29, B. 13cm. Zwischen den grün gefärbten Schädelstücken
lag ein kleines, rundes Stück Bronze, auf dem Leichenbrand eine Schale
mit breitem Henkel. Bedeckt war die Urne mit einer Schüssel, deren
Rand nach innen herumgebogen und schräg gefurcht war. Einem ein-
fachen, henkellosen, gerauhten Topf mit wenig eingezogenem Halse.
Unter dem Rande befinden sich sechs rundliche Höcker oder Warzen.
Abb. 5. 9 Gefässe aus einem Grabe auf dem Sprintberge bei Woltersdorf.
H. 16, W. 16, M. 16, B.9 cm. Einem Napf mit scharf abgesetztem Halse
und breitem, ausgelegtem Rande. H.6, M.15cm. Einer kleinen Schale
mit eingewölbtem Boden. H.5, M. 15, B. 4 cm. Hierin der Leichenbrand
eines Kindes, zwischen diesem eine kleine Spirale und ein Ringelchen
von Bronze. Bedeckt war die Schale von einer kleinen Schüssel mit
breitem Rande und niedrigem Fuss. H.5, M. 18 cm. Einer Schale mit.
flachem Boden. M. 15 cm. Einem Doppelkonus, mit Leichenbrand gefüllt.
H. 26, W. 32, M. 24, B. 10cm. Der obere Teil war wenig eingewölbt,
der untere ausgewölbt. Im Leichenbrand fand sich ein kleiner Ring,
ebenso der Kopf und Stücke einer Nadel. Bedeckt war die Urne von
einer Schüssel ınit breitem Rande, auf demselben zwei horizontale
Furchen. Die Urne stand in einer grossen Terrine mit gerauhtem Unter-
teil und konischem Halse. Auf dem Bauche acht schräge Rippen, da-
zwischen kleine, aufgesetzte Buckel. H. 36, W. 45, M. 35, B. 12cm. Diese
Terrine war gedeckt von einer Schüssel mit etwas nach innen gebogenem.
Rande, der schräg abgeflacht ist. H. 8,5, M. 36, B. 10 cm. Dabeistehend ein
vasenförmiger Topf, H. 14, W. 13, M. 14, B. 7cm, darin die Knochen eines
Kindes, auch ein Bronzeröhrchen. Der Leichenbrand war gedeckt mit.
’
|
Ausgrabungen bei Woltersdorf. 443
dem Unterteil eines zerbrochenen Topfes. Einem Krugtopf mit breitem
Henkel und eingewölbtem Boden. H. 8,5, W. 12, M. 10, B. 4 cm. Einem
kleinen eimerförmigen Topfe mit zwei Ösen. H. 8,5, M. 9,5, W. 9, B. 9 cm.
Zwischen den Ösen vier und über dem Boden fünf horizontale Furchen
und zwischen diesen Bändern sechs schräg stehende Furchengruppen.
Einem Kruge mit eingewölbter Standfliche. Auf dem Bauche vier scharf-
kantige Kreise, in jedem derselben eine kantige Leiste, auf dem Henkel
ein Langsgrat. H 13, W. 14, M. 11cm. Einer kleinen Schale mit einge-
wölbtem Boden und breitem, grossen Henkel. H. 3, M. 8cm. Einem
eimerförmigen Topf mit zwei kleinen Ösen, Seitenwände ein wenig aus-
gewölbt. Zwischen den Ösen und über dem Boden horizontale Riefen-
bander. H. 9,5, W. 10, M. 10 cm.
Einem kleinen Doppelkonus mit
scharfer Bauchkante und zwei klei-
nen Henkeln. Unter letzteren vier
Horizontalriefen, auf diesen schräg
gegen die Henkel stehende Riefen-
gruppen, auch zwei Figuren, je
aus drei konzentrischen Halbkreisen
bestehend. H. 9, M. 10,5 cm. Einer
sehr weitbauchigen Terrine mit
verhältnismässig engem, konischen
Halse, an dem zwei fast recht-
winklige Henkel sitzen und der F d
mit einem Bande aus horizontalen
Riefen geschmückt ist. Auf dem
Bauche sind vier Figuren ange-
bracht, die aus einer kleiuen Delle
im Mittelpunkte und drei scharf-
kantigen, plastischen, konzen-
trischen Kreisen bestehen. Unter
jedem Henkel befinden sich drei
runde Grübchen. H.18 bis 19, W. 32, M. 11, B. 8 cm.
Eine planmässige Ausgrabung in der Königl. Forst auf dem Sprint-
berge könnte noch manches Überraschende bieten, diese müsste doch bald
ausgeführt werden, denn die Bäume wachsen von Jahr zu Jahr, ihre
Wurzeln werden immer stärker und zerstören die Gräber mehr und mehr,
hiergegen schützt kein Gesetz.
Abb. 6. Bronze-Funde aus einem Grabe
auf dem Sprintberge.
Das Gräberfeld an der Klein-Schönebecker Grenze.
Diese Grenze erreicht man vom Dorfe Woltersdorf 2 km nordwestlich
auf der Strasse nach Klein-Schönebeck. 210 m westlich von dem Wege
wird die Grenze durch einen teilweise mit Birken bepflanzten Graben im
rechten Winkel gekennzeichuet. Das Gräberfeld begiunt 25 m westlich
von der Spitze des winkligen Grabens und zieht sich etwa 72 bis 75 m
in seiner Breite am Grenzgraben entlang. Nach Süden dehnt es sich in
297
444 H. Busse:
gleicher Breite 54 m bis zu dem neuen Koloniewege aus, überschreitet
diesen 16 m breiten Weg und endet, etwas schmaler werdend, auf dem
Acker der anderen Wegseite. Der Flächeninhalt dieser Nekropole beträgt
7000 bis 8000 gm, also ungefähr drei Morgen. Da sich jedoch das Gräber-
feld auch nördlich der Grenze auf Klein-Schönebecker Acker hinüberzieht
und dieser Teil von mir nicht untersucht werden konnte, würde diese
Fläche noch hinzukommen. Das ganze Terrain ist seit undenklichen
Zeiten beackert worden, jetzt wird es zu einer Villenkolonie parzelliert.
Unter der Ackerkrume befindet sich eine 50 bis 120 cm graue Sandschicht,
darunter eine 10 bis 20 cm starke Kiesschicht, sodann folgt Lehm. Die
Oberfläche muss früher, nach verschiedenen Beobachtungen, hügelig oder
wellig gewesen sein, daher die ungleiche heutige Tiefe der Sandschicht,
auch die verschiedene Tiefe der eingebetteten Gräber. Während eine
grosse Anzahl derselben sehr flach lagen, so dass einige gänzlich, andere
nur zum Teil vom Pfluge zerstört worden sind, fanden sich viele in ihrer
ursprünglichen Lage, gänzlich unberührt, tief unter der heutigen Ober-
fläche. Die früheren Besitzer und Pächter der in Betracht kommenden
Ackerfelder gaben mir in uneigennütziger Weise die Erlaubnis zur Unter-
suchung. Als ich meine Arbeiten beendet hatte und nur noch kleine
Nachprüfungen vornehmen wollte, erhielt das ganze Terrain einen neuen
Besitzer, der jede weitere Grabung untersagte, mit der Begründung, die
einzelnen Parzellen wären weniger gut zu verkaufen, wenn es bekannt
würde, dass sich hier ein alter Kirchhof befunden habe. Es war demnach
die höchste Zeit zu der Untersuchung des Feldes gewesen. Zu bedauern
ist, dass die Untersuchung des Ackers auf der Klein-Schönebecker Seite
unterblieben ist, obgleich ich hierzu die Erlaubnis des Besitzers hatte,
überliess ich diese Arbeit auf Wunsch dem Königlichen Museum.
Nachdem ich das Gräberfeld selbst entdeckt hatte, kam mir zustatten,
dass ich dasselbe bei der verhältnismässig nicht allzu weiten Entfernung
von meiner Wohnung stets im Auge behalten und je nach der Bestellung
des Ackers die Grabungen ausführen konnte. Diese liessen sich nicht
hintereinander bewerkstelligen. Im Herbst 1903 fand ich. auf dem oben
erwähnten, soeben neu angelegten Koloniewege die ersten vorgeschicht-
lichen Tonscherben. Der die Wegearbeit leitende Schachtmeister be-
stätigte meine Mutmassung über zerstörte Gräber insofern, als nach seiner
Aussage in einer erhöhten Stelle des neuen Weges, beim Abkarren der-
selben zwischen Steinpackungen viele zerdrückte Töpfe, teilweise mit
Knochen gefüllt, sich vorgefunden hätten. Rechts und links vom Wege
stand Roggen, und nachdem dieser geerntet, wurden die Felder sofort
wieder umgepflügt und besät. Erst nach Schluss der Ernte im nächsten
Jahre gelang es mir, die ersten Gräber zu finden und 26 davon auszu-
graben. Eine Fortsetzung der Arbeit konnte erst wieder im nächsten
Herbst stattfinden, und da nunmehr das Feld unbeackert blieb,
liessen sich die Untersuchungen ohne weitere Unterbrechungen aus-
führen und im Jahre 1907 beenden. Bei der Arbeit half mir bisweilen
nur meine Frau, sonst verzichtete ich auf jede weitere Hilfe. Demnach
konnte ich mit aller Ruhe den Inhalt der Gräber sorgfältig untersuchen
Ausgrabungen bei Woltersdorf. 445
und Ergebnisse feststellen, die auf anderen Urnenfeldern bisher wohl
kaum beobachtet worden sind.*) Die täglich gewonnenen Funde wurden
des Abends im Rucksack und in Tüchern heimgetragen. Nur mitunter,
wenn die Ausbeute eine gar zu reichliche wurde, oder wenn es regnete,
musste ein Teil derselben an einem gesicherten Orte auf dem Felde
zurückbleiben, und so geschah es einmal, dass sich Liebhaber fanden, die
mir einige Schüsseln ausführten. Nach meinen bisherigen Erfahrungen
ist das Gräberfeld jetzt gänzlich auf der Woltersdorfer Seite ausgegraben.
Fuss für Fuss wurde das Terrain abgestochen. Mehrere Meter entfernt
von den angegebenen Grenzen fanden sich in der Erde keine Grabspuren
mehr, nur in der nächsten Nähe der Grenze nach Klein-Schönebeck wurde
mir von den Wurzeln der Birken ein Halt geboten, da die Bäume nicht
gefällt werden dürfen. Nach der Beendigung der Spatenarbeit auf dem
Felde erforderte die Reinigung und das Zusammensetzen der Gefässe längere
Zeit. Das Gesamtresultat der Untersuchung besteht aus 96 Gräbern, die
568 Tongefässe und die Reste von 136 verbrannten Leichen enthielten.
In den Urnen, dieses sind die Gefässe mit Leichenbrand, lagen 19 Ringe
und mehrere Fragmente aus Bronze. Von den Gefässen waren äusserst
wenig ganz vollständig erhalten, es gelang jedoch etwa 180 zu rekon-
struieren, ausser diesen lassen viele grössere und kleinere Gefässteile
ganz deutlich ihre ursprünglichen Formen und Ornamente erkennen. Bei
54 Gefässen war die Form nicht mehr sicher festzustellen, alle übrigen
wurden auf dem Felde so gut als möglich skizziert. 13 Gräber blieben
wegen ihres total zerrissenen Zustandes ununtersucht.
Von den Gräbern sah man auf der Oberfläche des Ackers ausser
zerstreut liegenden Gefässscherben nicht die geringste Andeutung. Erst
unter der Kulturschicht kamen diese zum Vorschein, teils schon in ihrem
oberen Teile vom Pfluge zerrissen, teils in unangerührtem Zustande.
Regelmässige Reihen liessen sich nicht feststellen, sie lagen scheinbar
planlos durcheinander, oftmals in Gruppen, nur 2 bis 3 m voneinander
entfernt, dann wiederum einzelne in Abständen von 5 bis 6 m. Die Basis
betrug von der Oberfläche des Ackers 50 bis 140 cm. Die Grabanlagen
sind höchstwahrscheinlich ursprünglich mit einer einfachen, kleineren oder
grösseren rundlichen, horizontalen Steinpflasterung gekennzeichnet ge-
wesen, die bei einigen Gräbern schon vom Pfluge zerstört, bei anderen
zum grossen Teile herabgesunken war. Vollständig erhaltene Pflasterungen
1) Das von Hugo Schumann und A. Mieck im Jahre 1901 veröffentlichte
Gräberfeld bei Oderberg-Bralitz, das in vieler Hinsicht dem Woltersdorfer sehr
verwandt ist, wird als eins der best ausgegrabenen Urnenfelder angesehen. Leider
sind jedoch dort sehr viele Gefässscherben ohne Ornament nicht genügend be-
achtet und verworfen worden, und ist es demnach erklärlich, dass z. B. nur drei
kleine Schalen und eine Henkelschale erwähnt werden. (Dies sind zwei Gefäss-
formen, die sehr selten Ornamente aufweisen) Ferner sind eine Anzahl Gräber
aufgeführt, aus denen nur von der Urne die Rede ist, eine Bedeckung derselben,
auch das Vorkommen von Beigefässen darin wird übergangen. Auch sind viel zu
wenig Deckschüsseln konstatiert. Wenn das Gesammelte auch recht anschaulich
veröffentlicht worden ist, wird vieles unbeobachtet geblieben sein. Hier waren bei
den Ausgrabungen viel zu viel Hände tätig.
446 H. Busse:
befanden sich noch auf den Gräbern Nr. 42, 48, 49, 52, 60, 64, 66, 78,
84, 95. Unter den Decksteinen lagen meistens schon zerstreut liegende
Tonscherben, vielleicht von absichtlich darauf geworfenen Opfergefässen.
Auf dem Boden der Grube sah man häufig eine weisse Sandschicht. Die
Urnen standen gewöhnlich auf einer Steinplatte, sie waren, von sehr
wenigen Ausnahmen abgesehen, stets mit einer Schüssel bedeckt. Die
Beigefässe standen ohne Steinplatte und ohne Bedeckung seitwärts oder
ringsherum um die Urne, häufig auch mit ihrer Mündung nach unten.
Kleinere Beigefässe lagen in mehreren Fällen mit ihrer Öffnung an der
Urne, einige Male auch in derselben auf dem Leichenbrand. Vielfach
waren die Gefässe bis zu der oberen Pflasterung mit Steinen umlegt wie
bei den Gräbern Nr. 40, 52, 53, 66, 77, 78, 89, 90. Bei wenigen Gräbern
stand die Urne ohne Steinplatte im Sande. In Nr. 53 und 77 fand sich
der Leichenbrand ohne Urne in die Erde geschüttet, aber umlegt mit
einem Steinkranze und bedeckt mit einer Schüssel. In diesen beiden
Gräbern war die Erde schwärzlich, und lässt sich annehmen, dass die
Färbung von einem verwesten, nicht aus Ton geformten Behälter herrührt.
Es bleibt zweifelhaft, ob nach der Beisetzung die Gruben sofort mit Erde
zugeschüttet worden sind, und weiterhin ist fraglich, ob die Beigefässe,
wenn auch mit vergänglichem Material, bedeckt gewesen sind. Ersteres
ist wohl sicher anzunehmen, da sonst die horizontale Pflasterung nicht gut
ausgeführt werden konnte, oder man müsste sich darunter eine Holz-
bedeckung denken. Jedenfalls haben sich nicht die geringsten Spuren
einer solchen vorgefunden. Ungelöst bleibt auch die umgestülpte Lage
vieler Beigefässe, und die Frage, ob und womit die Beigefässe gefüllt
gewesen sind. Selbst die kleinsten Reste einer eventuellen Füllung
wurden nicht konstatiert. Der Leichenbrand befand sich in sämtlichen
Urnen äusserst systematisch und peinlich gewissenhaft geschichtet. Oben-
auf in der Urne sah man die Schädelstücke liegen, darunter die Hals-
wirbel, seitwärts die Gelenkkugeln der beiden Arme, sodann folgen die
Teile der unteren Gliedmassen. Die Beigaben aus Bronze lagen immer
unter den Schädelstücken. Eisen wurde nicht gefunden. Bei der wieder-
kehrenden Durchsicht des Leichenbrandes liessen sich von der Beschaffen-
heit und der Grösse der einzelnen Knochenteile annähernd sichere Schlüsse
ziehen auf das Alter und die Grösse der verbrannten Leichen.
66 Gräber enthielten nur je eine Bestattung, 22 je zwei, und zwar
die Gräber 1, 5, 7, 11, 12, 17, 20, 28, 34, 3b, 38, 42, 43, 46, 52, 60, 77,
84, 86, 88, 90 und 96. Je drei Bestattungen wiesen sechs Gräber auf,
Nr. 9, 16, 32, 33, 49 und 78. In zwei Gräbern fanden sich sogar je vier
Beisetzungen, und zwar in 66 von zwei Erwachsenen und zwei Kindern,
und in 91 von einem Erwachsenen, einem Jugendlichen und zwei Kindern.
Der Leichenbrand stammte von 101 erwachsenen nnd 18 jugendlichen
Personen, sowie von 17 Kindern, zusammen von 136 Verbrannten. Nach
Prozenten waren es 74% Erwachsene, 13% Jugendliche und 13% Kinder.
Von den Erwachsenen sind 48 beigesetzt gewesen in Urnen von Form
eines Doppelkonus, 39 in terrinenförmigen Gefässen und 7 in gerauhten
‚schlichten Töpfen, 11, 13, 17, 36, 37, 55 und 66. Zwei in niedrigen, zwei-
Ausgrabungen bei Woltersdorf. 447
henkligen Töpfen, 21 und 94, einer im Krug, 32, einer in einer Urne
von nicht festgestellter Form und drei ohne Urne.
Von den Jugendlichen waren bestattet neun in kleinen Terrinen,
Grab 9, 32, 36, 49, 62, 78, 83, 90 und 91, einer in einer Vase, Grab 9,
zwei in kleinen Doppelkonen, Grab 34 und 38, zwei in Krügen,
Grab 54 und 56, zwei in Schüsseln, Grab 57 und 84, einer im Pokal,
Grab 67, und einer in einem zweihenkligem Topf, Grab 78. Von den
17 Kindern waren beigesetzt sieben in kleinen Schalen, die sämtlich
gleiche Schalen als Bedeckung hatten, Grab 16, 18, 26, 66, 86, 90 und 91,
zwei in unbestimmten Gefässen, Grab 1 und 5, sechs in Tassen, Grab 31,
33, 43, 46, 91 und 10, eines im Becher, Grab 60, und eines im kleinen
Doppelkonus, Grab 66. — Dreizehn Urnen, die höchstwahrscheinlich die
Überreste von Standespersonen enthielten, standen in grösseren Behältern
von terrinenförmiger Gestalt, die gleichfalls mit Schüsseln gedeckt waren.
Die Anzahl der Gefässe in den einzelnen Gräbern war eine sehr
verschiedene.
In 1 Grabe befand sich nur 1 Gefäss
11 Gräbern je 2 Gefässe
N ” N
” 13 ” x” ky ” 3 ”
n 11 ” D n N 4 ”
ky 18 kd ” ” ” 5 ”
” 12 ” ” ” ” 6 N
” 6 ” N N D T ”
” 7 2 ” ” N 8 ”
» 1 Grabe 5 » a H 5
„ 7 Gräbern e » a 10 S
s 4 y » » » ll e
» 1 Grabe 5 DM, 3
„ 2 Gräbern S A Së 5
und , 1 Grabe e sogar 33 S
Die Gefässe. Die meisten grösseren Gefässe, auch viele kleinere
sind aus grober, mit Steingrus vermischter Tonmasse hergestellt. Andere
dagegen, namentlich die kleinen zierlicheren, bestehen aus feinem, hart
gebranntem Ton, der mit klein gestossenem Granit vermengt ist. Alle
Gefässe scheinen mit ganz einfachen Hilfsmitteln, aus freier Hand ge-
fertigt zu sein. Eine grössere Anzahl derselben präsentieren sich als
vollendete Kunstgegenstände und zeugen von überaus grosser Geschicklich-
keit ihrer Hersteller.
Die Farbe der Gefässe ist keine bestimmte, sie hängt meistens von
der Färbung des Tons ab, aber auch von dem Grade des Brennens.
Einige Gefässe erscheinen grau, auch schwärzlich, andere gelblich, wieder
andere ziegelrot, wenige sind aschgrau, die meisten jedoch braun. Man
muss hierbei auch die Einwirkungen und die Beschaffenheit der Erde, in
der die Gefässe so lange Zeit gelegen haben, in Betracht ziehen, und in-
folgedessen wird sich häufig die ursprüngliche Farbe verändert haben.
Jedenfalls besassen viele Gefässe einen glänzenden gefärbten Überzug,
448 H. Busse:
der bei einer grossen Anzahl sich vorzüglich erhalten, wiederum bei
anderen sich abgelöst hat und vergangen ist.
Die Gefässformen sind annähernd dieselben, wie sie sich auf den
bisher bekannt gewordenen Urnenfeldern Mittel- und Ost-Deutschlands
aus der Bronzezeit vorgefunden haben. Vorwiegend lokale Formen fielen
mir nicht auf. Unvertreten sind die eigenartigen Formen der Gefässe
aus der sogenannten Blütezeit des Lausitzer Typus, auch fehlen die
schwarzen Gefässe, wie sie in Posen, Schlesien und in der Lausitz vor-
kommen. Vom Feuer verzogene und teilweise angeschmolzene Gefässe
fanden sich mehrmals vor.
Die Henkel sind teils in die Gefässwand eingezapft, teils nur auf-
gesetzt, im letzteren Falle jedoch am Ansatz verstärkt. Die mit
Leichenbrand gefüllten Gefässe waren in den meisten Fällen henkellos,
die Schüsseln hatten dagegen sämtlich, abgesehen von wenigen Ausnahmen,
einen Henkel.
Nach ihren äusseren Formen und ihrer Anzahl habe ich die Gefässe
wie folgt eingeteilt:
13 sehr grosse Terrinen (Behälter von Urnen),
48 grosse Gefässe von Doppelkonusform (ohne Henkel),
7 kleine von derselben Form (mit zwei Henkeln),
50 grosse Terrinen,
19 kleine Terrinen,
2 grosse Satten,
28 kleine Schalen (ohne Henkel),
132 Schüsseln,
18 Krüge (mit einem Henkel),
35 Krugtöpfe (niedrige Krugform),
29 Krugtassen (kleine Krugform),
20 Tassen von konischer Form,
34 Töpfe (grössere) mit gerauhter Oberfläche, meistens mit Warzen,
Knauf oder Knöpfen unter dem Rande,
14 grössere Gefässe in Vasenform,
3 grosse Henkelschalen,
3 grössere Trinkschalen mit hohem Fuss,
12 kleine Henkelschalen,
5 grosse Näpfe mit breitem Rand,
5 grössere weitmündige Töpfe (konisch) mit Henkeln,
6 kleine eimerförmige Töpfe mit zwei Henkeln,
6 tonnenförmige Töpfe mit Henkel,
3 kugelförmige mit sehr breiten Rändern,
6 grössere Töpfe ohne Henkel in Vasenform,
16 meistens kleinere Gefässe von diversen besonderen Formen,
54 ohne bestimmte Formen.
Die Verzierungen der Gefässe bestehen aus horizontalen, vertikalen,
schrägen und bogenförmigen eingezogenen Furchen, Riefen und Ritzen,
aus runden und ovalen eingedrückten Tupfen und aus Fingernagel-Ein-
drücken. Ferner aus erhabenen Ornamenten wie grosse und kleine
Ausgrabungen bei Woltersdorf. 449
Buckel, Rippen, Leisten (auch gekerbte), Facetten, runde Warzen oder
Knöpfe, kleine Zäpfchen an Deckelrändern und bogenförmige Erhebungen
auf den breiten Schüsselrändern‘).. Ein kleines Gefäss in Form einer
Ente ist durchlocht.
Verbrennungsplätze. In unmittelbarer Nähe der Gräber 22—24
wurde 70 cm unter der Erdoberfläche ein aus geschwärzten, doppelt über-
einander und dicht aneinander liegenden Steinen bestehender Herd aus-
gegraben. Von den Gräbern 37 und 38 3m entfernt befand sich ein
zweiter Herd, dieser bestand jedoch nur aus einer Steinschicht. Beide
waren 1,5 m lang und 1 m breit. Zwischen und auf den Steinen lag tief-
schwarze Erde, darin kleine Knochensplitter und Kohlenstiicke. Diese
Herde sind als Ustrinen anzusehen. Die Kohlenstücke sind von dem
Direktor der Königlichen Landwirtschaftlichen Hochschule, Herrn Geheimrat
L. Wittmack untersucht und stammen von einem Nadelholz her, höchst-
wahrscheinlich von Pinus silvestris. Die Untersuchung war nicht leicht
auszuführen, .da die Stücke leicht splittern und demnach schwer einen
brauchbaren Schnitt ergeben.
Stein-Pyramiden. Zwischen den einzelnen Gräbern wurden
mehrere Male rundliche, pyramidenförmige Steinhaufen angetroffen, die
ausser wenigen Tonscherben keine weitere Zugehörigkeit zu den Gräbern
erkennen liessen. Ich erinnerte mich allerdings auf den Gräberfeldern
bei Rüdersdorf und Wilmersdorf ähnliche Stein-Pyramiden ausgegraben zu
haben, die ich dort aber nicht weiter beachtete, weil keine Gräber unter
denselben sich befanden. Nachdem sich jedoch hier ihr Vorkommen
wiederholte und diese Steinpackungen eine gewisse Regelmässigkeit auf-
wiesen, sah ich mich veranlasst, ihnen gleichfalls die nötige Aufmerk-
samkeit zu schenken. Es fanden sich 16 Pyramiden mit unterem Durch-
messer. von 80—100 cm und einer Höhe von 60—120 cm. Unten lagen
grössere, oben kleinere Steine. Zuerst nahm ich an, dass die einzelnen
Steine von den Grabdeckungen herstammten und da sie beim Ackern
hinderlich waren, sind sie gesammelt und in tiefe Gruben geschüttet
worden. Jetzt bin ich doch zu der Überzeugung gelangt, dass diese Stein-
Pyramiden den einzelnen Gräbergruppen als Kennzeichnung gedient haben
und werden sie gleichzeitig mit den Grabanlagen errichtet worden sein.
Fundbericht.
Sämtliche Gefässe des Gräberfeldes abzubilden ist nicht gut möglich,
auch nicht angebracht, es ist trotzdem aber eine Beschreibung jedes ein-
zelnen nötig, um sich ein klareres Bild zu machen. Die beste EES
gibt häufig die Ornamente nicht deutlich wieder.
Die Farbe eines jeden Gefässes anzugeben, halte ich bei der Menge
derselben für überflüssig, nur in besonderen Fällen ist sie erwähnt. Sämtliche
Einziehungen an den Gefässen, mögen sie horizontal, vertikal, schräg oder
1) Auf den Gefässrändern zu beiden Seiten des Henkels standen häufig zwei
kleine Ansätze, die als Reminiszenz eines älteren Gefässtypus, der sogenannten
ansa lunata zu betrachten sind.
450 . H. Busse:
bogenförmig sein, nenne ich einfach Furchen, Riefen oder Einritzungen. Die
Unterscheidung ist häufig schwer festzustellen. Die Furchen müssen einen
abgerundeten, die Riefen einen kantigen und die Einritzungen einen spitz-
winkligen Querschnitt zeigen. Breite Furchen nenne ich auch die schrauben-
förmigen oder gedrehten Kannelierungen auf den grössten Auswölbungen der
Gefässe und auf vielenSchüssel-Rändern, denn da ebensolche breiten Furchen
® 2
Vi 2 3 >
o o e e
LA - E D € =
SV RALAR- TE'A - VE ee
v 2 A e o Ki
o
Ka S e o
©
e ° e
Gräber-Karte.
© Zeen
S Ir frol aen
Abb. 7.
auch auf dem oberen Gefässbauche und als Umrahmungen von Buckeln
und Dellen vorkommen, konnte ich diese in den beiden letzteren Fallen
nicht gut als Kannelierungen bezeichnen. Ich glaube, dass diese Be-
nennungen für jedermann verständlich sein werden.
Abkürzungen: H. ist die Höhe des Gefässes.
W. der weiteste horizontale Durchmesser.
M. der Durchmesser der Mündung oder Öffnung.
Ausgrabungen bei Woltersdorf. 451
B. der Durchmesser des Bodens oder der Standfläche.
Bei den angegebenen Massen ist jedesmal Zentimeter gemeint.
(Siehe Gräber-Karte.)
Grab 1.
Vom Pfluge zerrissen lagen zwischen den Steinen, etwa 40 em tief,
die Stücke von 1. einer grossen Terrine mit Leichenbrand, ohne Ornament,
2. einer Schiissel mit ausgelegtem breiten Rande, 3. eines Krugtopfes mit
schräg gefurchtem Bouche, 4.—8. von 5 kleineren Gefässe, deren Formen
sich nicht feststellen liessen. In einem befanden sich die Knochenreste
eines Kindes. 9. Ein Fläschchen, das unversehrt herauskam, da es von
2 Steinen geschützt wurde. Auf dem Bouche befinden sich 4 warzenförmige
spitze Buckel. H 9,5, W.9, M. 8 und 4,5. Der 3 cm hohe Hals ist stark aus-
ladend, die Mündung oval, der Henkel verhältnismässig klein. Ausser den
kleinen Buckeln sind auf dem Bauche noch zweiFiguren angebracht, bestehend
aus drei vertikalen und vier schräg dagegenstehenden Riefen. Die Stand-
fläche ist glatt. 10. Ein kleines Gefäss in Form einer schwimmenden
Ente mit scharfem Ober- und Seitengrat, der obere Teil ist regelmässig
durchlocht. Leider waren die Füsse und der Kopf der Ente nicht zu
finden. Da jedoch an den betreffenden Stellen des Gefässes die passenden
Öffnungen sich zeigen, müssen diese Teile vorhanden gewesen sein
H. 5, Lange 13, Breite 5. Siehe Abb. S. 495. Eine Kinderklapper von
gleicher Form aus Craesem, Kreis Weststernberg ist abgebildet in d. N.
f. d. A. 1896, S. 15, auch in den Nieder-Lausitzer Mitteilungen, Band 9,
S. 448 aus Drebkau.
Grab 2.
Auch vom Pfluge zerrissen. Zwischen den Steinen lagen die Stücke
l. einer grossen Terrine mit Leichenbrand. 2. Einer Schüssel mit breitem
Rande. 3. Einer Schüssel mit breitem Rande, an dem kleine, dreieckige
Spitzen angebracht sind. 4.—7. von kleineren Gefässen, deren Formen
nicht erkennbar waren.
Grab 3.
Vom Pfluge zerrissen und zwischen Steinen liegend die Stücke
l]. einer grösseren Terrine mit Leichenbrand. Auf dem Bauche ovale
Dellen, die mit je drei konzentrischen Kreisfurchen "umrahmt sind.
2. Einer Schüssel mit nach innen gebogenem, schräg abgeflachtem Rande.
3. Von einem Krugtopfe mit schräg gefurchtem Bauche. 4.—6. Von
kleineren Gefässen, deren Formen unerkennbar.
Grab 4.
| Mit Steinen gedeckt und auf einer Steinplatte stehend 1. eine zer-
drückte sehr starkwandige Terrine mit Leichenbrand und gerauhtem Unter-
teil. Auf dem oberen Bauche sechs etwas schräg stehende aufgelegte
Rippen. 2. Schüsselstücke mit breit ausgelegtem Rande.
Grab 5.
Besser erhaltene Steinpackung, weil tiefer liegend, Basis des Grabes
etwa 90 cm. Auf einer Steinplatte: 1. Grössere Terrine ohne Ornament
452 H. Buses:
mit Leichenbrand; die oberen Stücke desselben waren grün. gefärbt.
2. und 3. Zwei Schüsseln mit etwas eingezogenem Halse und auszelegtem
breitem Rande. Die äusseren Flächen radial gerieft. 4. Gerauhter henkel-
nn Topf mit eingezogenem Halse. H. 18, W. 20, M. 18, B. 10.
5. Tonnenförmiger Topf mit eingezogenem, stark ausladendem Halse und
breitem Rande. H. 9, W.11, Halsweite 9, M. 12,5, B. 7, ohne Henkel.
6. Kleine Vase. 7. und 8. Gefässe mit nicht bestimmten Formen. In
einem befand sich der Leichenbrand eines Kindes. 9. Konische Tasse mit
wenig ausladender Mündung und zwei dreieckigen Spitzen an jeder Seite
des oberen Henkelansatzes. H.5, M. 12, B. 5.
Grab 6.
Durch Baumwurzeln zerstért. Stiicke von 1. einer grésseren Terrine
mit Leichenbrand. W. etwa 33—35, B.12. 2. Schüssel mit breitem
Gro
Abb. 12, Abb. 13. Abb. 9. Urne mit Deckel.
Rande. 3. Krugtopf mit eingewölbter Standflache und einer horizontalen
turche am Halsansatz. Unter dem Henkel zwei runde Eindrücke H. 8,
W.12, M.11, B.3. 4. und 5. Zwei kleinere Gefässe, deren Formen
nicht erkennbar.
Grab 7.
Etwa 55 cm tief zwischen mehreren Steinen: 1. Doppelkonus mit
Leichenbrand und niedrigem konischen Fuss. Der untere Teil ist gerauht.
Über der scharfen Bauchkante drei parallele horizontale Furchen und über
diesen gruppenweise drei runde Eindrücke. Die Bauchkante zeigt Ein-
kerbungen, die jedoch nur gruppenweise angebracht sind. H.20, W.36, M. 30,
B. 10,5. (S. Abb. 9.) 2. Schüssel mit nach innen umgelegtem, verstärktem
Rande, der schräge, etwas gewundene breite Furchen zeigt. 3. Doppel-
konus mit verhältnismässig niedrigem Unterteil, der bis zu dem konischen
Fusse herab radial und schräg geritzt ist. Die Bauchkante ist abgerundet.
Diese Urne war bis zum Rände mit Leichenbrand gefüllt. H. 20, W. 29,
M. 26,5, B. 7. 4. Schüssel mit einem 3,5 cm breiten Rande, an welchem
j
|
Ausgrabungen bei Woltersdorf. 453
rund herum dreieckige Spitzen angebracht sind. Die Aussenfläche ist
unregelmässig gerieft. 5. Konische Tasse. H 8, M. 9,5, B. 5,5. In der
Seitenwand befindet sich ein rundes Loch. 6. Kleiner unversehrter
Krug mit einem 2,3 cm hohen konischen Fuss. Die Bauchfläche ist mit
schrägen flachen und breiten Furchen, der Fuss mit vier horizontalen
Riefen verziert. Der Henkel wird durch einen Quergrat geteilt, der obere
Teil ist wagerecht und flach, der untere Teil hat einen Längsgrat, und ist
demnach in seinem Durchschnitt fünfkantig. Der Krug ist aussen sowohl
wie innen sauber geglättet. H. 11, W.10, am Halsansatz 8,5, M. 10,5,
B.5. 7. Zweihenklige Terrine mit konischem Oberteil und niedrigem,
eingewölbtem Fusse. (S. Abb. 9a.)
Unter jedem Henkel zwei finger-
spitzengrosse runde Eindrücke.
Rechts und links von den Hen-
keln schräg dagegenstehende
Gruppen von je sieben Riefen.
Am Halsansatz eine tiefe hori-
zontale Furche. H.15, W. 15,5,
am Halsansatz 12,5, M. 10, B. 6,5.
8. Kleiner Krug mit eingewölbter
Standfläche und verhältnismässig
hohen,stark eingewölbtem Halse,
der vom Unterteil durch eine horizontale Furche sich absetzt. H. 10,5,
W. 11, am Halsansatz 8, M. 11,5, B. 3,5.
62.
Grab 7. Grab 62.
Abb. 9a.
Grab 8.
Vom Pfluge oben zerrissen. Stücke 1. eines Doppelkonus mit scharfer
Bauchkante, darin Leichenbrand, dm Unterteil unregelmässig geritzt.
2. Schüssel mit nach innen umgelegtem verstärkten Rande, der mit
schrägen breiten Furchen versehen ist. 3. Krugtasse mit eingewölbter
Standfliche. H.6, W.9, M.85. 4. Fuss einer grossen Schale wie
Figur 16 aus Grab 32. Er ist eingewölbt und vom Feuer verzogen.
H.4, W.7. 5. Krug, dessen Hals stark eingewölbt und ausladend und
dessen Unterteil stark ausgebaucht ist, beide Teile durch eine breite
horizontale Furche geschieden. Standfläche eingewölbt. Der 3 cm breite
Henkel hat einen Längsgrat. Der Bauch ist geziert mit etwas gewundenen
schrägen breiten Furchen. H. 12, W. 16,5, am Halsansatz 10, M. 14, B. 3.
Grab 9.
Von vielen Steinen bedeckt. Basis 90 cm. Auf Steinplatten lagen
die Stücke von 1. einer sehr grossen, starkwandigen Terrine mit niedrigem
Fuss. Unterteil gerauht. Auf der grössten Ausbauchung einzelne schräge
Rippen. Hierin stehend 2. Doppelkonus mit Leichenbrand und zwei
breiten horizontalen Furchen über der Bauchkante. Der Unterteil ist
unregelmässig geritzt. 3. Schüssel mit 4 cm breitem Rande und auf dem-
selben eine horizontale Facette. 4. Schüssel mit breitem Rande und auf
diesem zwei halbkreisförmige Leisten. 5. Einfache, grössere, schwach-
454 H. Busse:
wandige Henkelschale. M.17. 6. Kugelige Terrine mit niedrigem,
zylindrischem Halse und zwei Henkeln, in dieser grüngefärbter Leichenbrand
vom jugendlichen Menschen. 7. Schiissel mit breitem Rande und geriefter
Aussenflache. Auf dem Rande vier Querrippen. 8. Schüssel mit 3 cm
breitem, ausgelegtem, etwas schrägem Rande. Die innere Randlinie ist
gekerbt. Die Aussenfläche radial gerieft. 9. Schüssel wie ad 8, nur ohne
Einkerbungen. 10. Krugtopf, dessen Rand fehlt, Standfläche schwach ein-
gewolbt. Am unteren Halse drei horizontale Riefen. Am Bouche schräg
stehende, breite Furchen. H. 6, W. 14, am Halsansatz 11,5. 11. Krug-
tasse mit kleiner eingewölbter Standfläche und einer horizontalen Hals-
furche. H.7,5, W.9, an der Halsfurche 6,5, M. 10, B.2. Sehr elegante
Form. 12. Vase von sehr schwacher Wandung, mit Leichenbrand einer
jugendlichen Person. H.15, W.16, M. 16, B.9. 13. Grösserer, schwach-
wandiger Krugtopf. H. 15, W. 16, M. 15, B.9. 14. Konischer Topf mit
grossem Henkel, Seitenflächen eingewélbt. Auf dem Rande zu beiden
Seiten des Henkels die bekannten zwei dreieckigen Spitzen. H. 10,5,
M. 18, B. 8,5. 15. Ein im Feuer porösgebrannter und verzogener Fuss
einer grösseren Trinkschale (siehe Figur 16 aus Grab 32). Standfläche
stark eingewölbt und 8—10 cm Durchmesser. 16. Grösserer, tonnen-
formiger Topf mit eingezogenem und stark ausladendem Halse. Mündung
elliptisch. Die Oberfläche vom Rande bis zum Boden ist vertikal und schräg
geritzt. H.19, W.16 und 14, M.16 und 14, B. 10. 17. Kleines Gefäss
mit feinen Einritzungen und Punktstichen, dessen Form jedoch nicht zu
erkennen.
Grab 10.
In Tiefe von 60 cm ohne Steindeckung. 1. Krngtasse mit niedrigem
Fusse und drei horizontalen Riefen an der Absetzung des Halses, der
Bauch mit schrägen, breiten Furchen geziert. H.7, W.9, M. 8,5. Gefüllt
war die Tasse mit den zarten Knochen eines Kindes und bedeckt mit
2. einer kleineren Krugtasse, deren Standfläche eingewölbt ist. H 4,
W. 7, M. 7, B. 4.
Grab 1].
Unter und zwischen Steinen stehend, 50 bis 60 cm tief, auf einer
Steinplatte 1. Doppelkonus mit Leichenbrand. Uber der scharfen Bauch-
kante drei Horizontalriefen. Danebenstehend 2. grosser, gerauhter Topf
mit etwas eingezogenem, ausladendem Halse, gefüllt mit Leichenbrand.
H. 22, M. 22, B. 13. Im letzteren lag ein 1 cm breiter Ring aus schwachem
Bronzeblech. (Siehe Abb. 8 auf Seite 491). Wegen seiner ungewohn-
lichen Grösse und seiner kantigen Oberfläche bleibt er als Fingerring
fraglich. Auf dem Leichenbrande lag 3. ein kleines Krugtöpfchen
mit eingewölbter Standfliche und schräg gefurchtem Unterteil. H. 6,5,
W. 7, M. 5, B. 2,5. 4. Schüssel mit niedrigem Fuss und breitem ausge-
legten Rande, an diesem acht kleine, dreieckige Spitzen, regelmässig zu
zweien stehend. Auf dem Rande eine horizontale Facette, die äussere
Fläche ist unregelmässig gerieft. Auf dem inneren Boden befinden sich
zwei konzentrische Kreisfurchen, darin Furchengruppen derartig ge-
Ausgrabungen bei Woltersdorf. 455
stellt, dass sie ein Kreuz bilden. Im Mittelpunkt ein rundes Grübchen.
H. 7, W. 29,5, B. 8,5. 5. Krugtasse mit eingewölbter Standfläche und zwei
horizontalen Halsriefen. H. 5, M. 9, W. an den Halsfurchen 7,5. 6. Krug-
tasse mit eingewölbter Standfläche und scharfer Bauchkante. Über letztere
eine horizontale Furche. H. 4,5, W. 8, M. 8, B. 3.
Grab 12.
Sehr zerdriickt und von Wurzeln durchwachsen. 1. und 2. zwei
grössere Terrinen mit Leichenbrand und ohne Ornament. Niedriger Fuss,
der eine 9, der andere 12 Durchmesser. In 1 lagen im Leichenbrand
mehrere rundliche Bronzekügelchen. 3. und 4. zwei grössere Schüsseln
mit breitem, ausgelegtem Rande. Die Aussenflächen sind radial und
schräg gerieft. 5. Kleine Schüssel mit 3 cm breitem, etwas schräg stehen-
dem Rande und 2cm hohem, konischem, ausgehöhltem Fusse. (Siehe Abb. 9b).
Unter dem Rande ist die Schüssel
stark eingezogen. Die scharfe
Bauchkante ist gerippt. H. 8, W. 17,
M. 22, B. 7. 6. Gerauhter Topf ohne
Henkel und mit etwas eingezogenem
Halse. Der Rand fehlt. H 19,
W. 23, M. 21, B. 11,5. 7. Krugtopf
mit gerader Standfläche. H. 6,5, FR
W. 12,9, M. 12. 8. und 9. Zwei Abb. 9b.
Krugtépfe mit sehr schwachen
Wandungen und eingewölbten Standflächen. Etwaige H. 11, W. 14.
10. und 11. Zwei Gefässe, deren Formen nicht bestimmbar.
Grab 13.
Unter vielen Steinen auf einer Steinplatte stehend. 1. Grosser, ge-
rauhter Topf, dickwandig und ohne Henkel, mit Leichenbrand. H. 25,
W. 28, M. 24, B. 13. Darin ein Ring aus schwachem Bronzeblech.
2. Schüssel mit breitem Rande, auf diesem eine horizontale Facette.
3. Kleine Vase mit vier spitzen Buckeln, die mit je zwei halbkreisförmigen
Furchen umrahmt sind. 4. Zweihenkliges Terrinchen mit scharfer
Bauchkante und einer horizontalen Halsfurche. Die Henkel stehen fast
rechtwinklig. H. 8, W. 11, M. 8,5, B. 5.
Grab 14.
Zwischen mehreren Steinen 1. Doppelkonus mit Leichenbrand und
mit fünf horizontalen Riefen über der schräg gekerbten Bauchkante.
2. Schüssel mit breitem Rande. Die Aussenfläche ist unregelmässig
gerieft.
Grab 15.
Sehr zerdrückt zwischen vielen Steinen. 1. Kugelige Terrine mit
abgesetztem, zylindrischem Halse und zwei Henkeln. An der Halsfurche
vier hangende, konzentrische Halbkreise. Am oberen Bauche drei breite,
456 H. Busse:
horizontale Furchen, die scharfe Kanten bilden. Mit Leichenbrand gefillt,
dessen obere Teile grün gefärbt waren. Auf den Henkeln ein hoher,
scharfer Quergrat. 2. Schüssel, deren Rand nach innen gebogen und
schräg gefurcht umd deren Aussenfläche unregelmässig gerieft war.
3. Kleine Henkelschale mit eingewölbter Standfläche. 4. Krugtopf mit
niedrigem Fuss H.10, W. 12, M. 12, B.5.
Grab lb.
Unter 36 bis 40 Steinen auf einer Steinplatte die Stücke von
1. Terrine mit Leichenbrand, niedrigem, konischem Fuss und abgesetztem,
konischem Halse. Am unteren Halse ein Band von sparrenförmig gegen-
einander stehenden Riefengruppen, darüber eine, darunter zwei horizontale
Furchen. Auf dem oberen Bauche vier breite Horizontalfurchen, die
scharfe Grate bilden. H. 23, B. 10, W. 29, M. 16. 2. Schüssel mit breitem
Rande, auf diesem zwei horizontale Facetten. 3. Terrine mit Leichen-
brand und gleicher Form wie 1. Im Leichenbrand ein kleiner Ring
aus rundem Draht. Über drei horizontalen Halsfurchen befinden sich
Gruppen aus je vier runden Grübchen bestehend. Unter den Halsfurchen
vertikale Furchengruppen, die sich bis zur Mitte des Bauches herunter-
ziehen. 4. Schüssel mit schrägen, breitem Furchenrande, aussen radial
und schräg gerieft. 5. Kleine Schale mit Einwölbung, gefüllt mit den
zarten Knochen eines Kindes und bedeckt von 6. einer Henkelschale mit
eingewölbter Standfläche. 7. Krugtopf. 8. bis 10. Drei Gefässe, deren
Formen unerkennbar.
Grab 17.
1. Doppelkonus mit Leichenbrand. Über der scharfen Bauchkante
drei Horizontalfurchen. Unterteil gerauht. H. 20, W. 26, M. 21, B. 11.
2. Schüssel mit nach innen gelegten, verstärktem Rande, letzterer schräg
und breit gefurcht. Aussenfläche unregelmässig gerieft. 3. Dickwandiger,
gerauhter Topf mit etwas eingezogenen Halse und gefüllt mit Leichen-
brand. Unter dem Rande fünf rundliche Knöpfe, in gleichen Abständen
stehend. 4. Schüssel mit breitem Rande. Die Steine hatten die Gefässe
sehr zerdrückt und merkwürdig ist, dass sich keine Stücke von Bei-
gefässen fanden. |
Grab 18.
Kindergrab, bestehend aus ł. einer kleinen Schale mit eingewölbtem
Boden, worin die zarten Knochen eines Kindes lagen. H. 5, M. 8.
2. Mit einer gleichen Schale gedeckt. 3. Dabei lagen die Stücke einer
Rassel oder Klapper mit rundlichem Stiel.
Grab 19.
Zwischen vielen Steinen und auf einer Steinplatte stehend 1. grosse
Terrine, die Form nicht genau festzustellen, mit Leichenbrand. 2, Schüssel
mit breitem Rande, daran dreieckige Spitzen. 3. Schüssel mit nach innen
umgelegtem Rande, dieser schräg und breit gefurcht. 4. Kleine Schale
mit eingewölbter Standfliiche. 5. Wannenförmiges, kleines Gefäss, dessen
——— mee lien AD, os
Ausgrabungen bei Woltersdorf. 457
Boden und Mündung oval. Über dem Boden drei schmale, horizontale Furchen,
darunter Einkerbungen und über den Furchen vier fischgrätenförmige Ver-
zierungen. Unter dem Rande kleine Punkteinstiche. Gleiche Einstiche
befinden sich auch in Form eines länglichen Kreuzes auf dem Boden.
H.5, M.5 und 6,5, B.4 und 5,8. 6. Gleiches Gefäss wie 5, doch ohne
Ornament. Farbe: dunkelrot. (Siehe Abb. S. 495.)
Grab 20.
Unter mehreren Steinen, von Baumwurzeln beschädigt 1. Terrine mit
Leichenbrand und gerauhtem Unterteil, genaue Form nicht zu erkennen.
Zwischen den Knochen lag ein gegossener Bronzering, dessen Durchmesser
2 cm und Dicke 2,5 mm. Ovaler Durchschnitt. 2. Schüssel mit breiten,
schrägen Furchen auf dem Rande. 3. Doppelkonus mit Leichenbrand.
Grösse nicht gut festzustellen. 4. Schüssel mit ausgelegtem, breitem
Rande, daran dreieckige Spitzen und auf demselben zwei horizontale
Facetten. 5. Krugtopf, etwa 11 cm hoch, mit konischem, niedrigem Fuss.
Grab 21.
Auf einer Steinplatte stehend. 1. Ungegliederter, weitmündiger, zwei-
henkliger Topf mit Leichenbrand, dessen Aussenfläche mit Fingernagel-
kerben geziertist. H. 17, W. 22, M. 20, B. 11,5. (Siehe Abb. S. 494). Die
Seitenflächen sind ausgewölbt. Er war bedeckt mit 2. einer Schüssel mit
nach innen umgelegtem, verstärktem Rande, auf diesem breite, schräge
Furchen. Die Aussenfläche hat radiale und schräge Riefen. Ein Teil des
Leichenbrandes lag neben dem Topfe. Keine Beigefässe.
Grab 22.
1. Doppelkonus mit Leichenbrand gefüllt, scharfer Bauchkante und
darüber vier horizontalen Furchen. Auf dem Furchenbande stehen Figuren,
bestehend aus drei gegeneinander gestellten Riefen, so dass diese Dreiecke
bilden, die mit ihrer Spitze nach oben stehen. Auf jeder Spitze dieser
Dreiecke steht eine vertikale Riefe, die nach oben mit einem runden
Eindruck abschliesst. Ein höchst merkwürdiges, seltenes Ornament.
Zwischen diesen Figuren noch gruppenweise runde Griibchen. H. 19,
W.25, M.19, B.8. (Siehe Abb. auf S. 492.) — 2. Schüssel mit schräg gefurchtem
Rande. 3. Kleine Schale mit eingewölbter Standflaiche. H.5, M. 8,5.
Grab 23.
Von Wurzeln durchwachsen. 1. Terrine, deren genaue Form nicht
erkennbar. Im Leichenbrande lag ein Ring aus Bronzeblech von 2 cm
Durchmesser und 4 mm Breite, an beiden Enden etwas zugespitzt.
2. Schüssel mit breitem Rande, darauf eine horizontale Facette.
3. Flaschchen mit kleinem Henkel. H. 14, W.13, am Halsansatz 4,5,
M.4,5, B.5. Der leicht eingezogene 8,5 cm hohe Hals hat auf seinem
unteren Teil sechs horizontale Furchen. Auf dem oberen Bauche stehen
zwischen zwei Horizontalfurchen sparrenförmig gegeneinander stehende
Furchengruppen. 4. Kleiner Falzdeckel, wahrscheinlich zu 3 gehörig.
5. Konische Tasse mit drei horizontalen Furchen. H. 8, M. 9, B. 7.
Zeitschrift für Ethnologie. Jahrg. 1911. Heft 3 u. 4. 30
458 H. Busse:
Grab 24.
Ohne Steine, 60 cm tief. 1. Terrine, bis oben zum Rande mit
Leichenbrand gefüllt. Der konische Hals scharf abgesetzt, am unteren
Teil desselben drei breite, flache, horizontale Furchen, über diesen sind
Gruppen von je drei erbsengrossen Eindrücken angebracht. Am oberen
Bauch drei horizontale Facetten. H. 22, W. 26, M. 20, B. 10. Im Leichen-
brand lag ein gegossener Ring mit einem Durchmesser von 2,3 cm.
2. Schüssel mit schräg gefurchtem Rande. 3. Kleine Henkelschale mit
eingewölbter Standfläche.
In unmittelbarer Nähe der drei letzten Gräber, etwa 2 bis 3m ent-
fernt, kam in der Tiefe von 50 cm ein Steinpflaster zum Vorschein, von
einem Durchmesser in Länge 1,5 m und in Breite von 1 m. Die einzelnen
Steine hatten ziemlich gleiche Grösse und waren kunstgerecht ineinander-
gestellt und sämtlich geschwärzt. Einzelne kleine Knochenteile fanden
sich unter und zwischen den Steinen. Höchstwahrscheinlich haben wir
hier einen Verbrennungsplatz vor uns. |
Grab 25.
Auf einer Steinplatte, nur mit wenigen Steinen bedeckt: 1. Terrine
mit scharf abgesetztem, konischem Halse, niedrigem Fuss und zwei
Henkeln. Gefüllt mit Leichenbrand. H. 22, W. 27, M. 17, B. 8. Die
Henkel haben einen Quergrat, unter diesem einen Längsgrat. Auf dem
obern Bauch drei horizontale Facetten. 2. Schüssel mit schräg nach innen
abgeflachtem Rande. 3. Kleine Henkelschale mit eingewölbter Stand-
fläche.
Grab 26.
Kindergrab: 1. Kleine Schale, mit zarten Knochen gefüllt und mit
einer 2. kleinen Schale gedeckt. Beide Schalen haben eingewölbten
Boden und etwa 8 bis 9cm Mündung, Höhe 5,5.
Grab 27.
Vom Pfluge sehr zerrissene, grössere Steinpackung, darunter 1. D.-
Konus mit Leichenbrand. Über der scharfen Bauchkante drei horizontale
flache Furchen. Gedeckt von 2. einer Schüssel mit nach innen schräg
abgeflachtem Rand. 3. Tasse von konischer Form. 4. Krugtasse.
5. Schale mit eingewölbtem Boden. Alle Gefässe sehr zerdrückt.
Grab 28.
Unter einer zerstörten Steinpackung und von vielen Steinen sehr zer-
drückt: 1. Grosse Terrine von sehr starker Wandung (etwa 1 bis 1,5 cm
stark). Am unteren Halse zwei horizontale flache Furchen. Anf der
grössten Ausbauchung vier kleine spitze Buckel, jeder umralımt von zwei
konzentrischen, breiten Furchen in Halbkreisform, zwischen diesen Halb-
kreisen je eine Gruppe paralleler vertikaler Furchen. H. 35, W. 45,
B. 16. In diesem grossen Gefässe stehend 2. ein D.-Konus mit Leichen-
brand. H. 24, W. 30. Über der Bauchkante drei seichte, breite, hori-
Ausgrabungen bei Woltersdorf. 459
zontale Furchen. 3. Schüssel mit breiten, schrägen Furchen. 4. Buckel-
Terrine mit konischem, abgesetztem Halse. H.21, W. 27, am Halsansatz
14, M. 12,5, B.10. Gefüllt mit Leichenbrand. Die fast rechtwinkligen
Henkel haben jeder einen Längsgrat. Am unteren Halse vier horizontale
Furchen, darüber Gruppen von erbsengrossen Eindrücken. Unter den
beiden Henkeln auf der Bauchkante zwei Buckel, die umrahmt sind von
zwei konzentrischen Leisten in Bogenform. Eine jede Leiste wird von
zwei Riefen begleitet. Zwischen diesen beiden Figuren befinden sich
zwei Gruppen vertikal stehender Furchen. Jede Furche endet oben mit
einem runden Eindruck. 5. Schüssel mit schräg gefurchtem Rande.
6. Kleiner Krug mit schräg gefurchter Wandung und eingewölbter Stand-
fläche. H.14, W.15, M.14. 7. Kleine Terrine mit niedrigem, konischem
Halse und zwei kleinen Henkeln, auf letzteren ein Längsgrat. Am untern
Halse zwei horizontale Furchen, über diesen stehen Gruppen aus je vier
erbsengrossen, runden Eindrücken. Auf dem Bauche vier kleine Dellen,
jede von zwei konzentrischen, scharfen Graten bogenförmig umzogen.
Zwischen den Graten eine breite Furche. Unter den beiden Henkeln er-
höht sich der obere Grat derartig, dass er in die Henkelkanten übergeht.
Zwischen diesen Figuren noch Gruppen von je fünf Furchen, die vertikal
stehen. H. 11, W. 17, am Halsansatz 15, M. 13,5, B.7. 8. Gerauhter
Topf mit etwas eingezogenem, ausladendem Halse. Unter dem Rande
sind fünf Knöpfe in gleichen Abständen angebracht. 9. Tasse von ko-
nischer Form. H. 10, M. 9, B. 5. 10. Kleine Schale mit eingewölbter
Standflache. H. 5,5, M. 13.
Grab 29.
Unter einer Steinpackung 1,10 m tief auf einer Steinplatte: 1. D-Konus
mit tief gekerbter Bauchkante. Über dieser Kante zwei Horizontalfurchen.
Gefüllt mit Leichenbrand. Der Unterteil gerauht und sehr starkwandig.
Die Masse waren nicht festzustellen. 2. Schüssel mit breitem Rande,
darauf zwei horizontale Facetten.
Grab 30.
Zwischen mehreren Steinen, 70 cm tief und von Baumwurzeln durch-
wachsen. 1. Terrine mit abgesetztem Halse und zwei kleinen Henkeln,
unter diesen je zwei grössere runde Eindrücke. Am unteren Halse drei
breite, flache, horizontale Furchen. Auf dem oberen Bauch drei breite —
Horizontalfurchen, die scharfe Grate bilden. Mit Leichenbrand gefüllt.
Masse nicht festzustellen. Diese Urne stand ‘in einer 2. grossen stark-
wandigen Terrine, deren Unterteil gerauht war. Auf dem Bauche sechs
schräge Leisten in gleichen Abständen. 3. Schüsselstücke mit breitem
Rande. 4. Stücke eines kleinen Gefässes mit vielen feinen, schmalen
Riefen, darüber Grübchen, Form nicht zu erkennen. 5. Gerauhter Topf
mit spitzen Knöpfen unter dem Rande.
| Grab 31.
Durch einige kleinere Steine gekennzeichnet, nur 50 cm tief. 1. Ge-
rauhter Topf mit eingezogenem Hals und einem Henkel. Unter dem
307
460 H. Busse:
Rande fünf spitze Knöpfe, gleichmässig verteilt. Der Topf stand auf
einer Steinplatte. H. 15,5, W. 14,5, M. 14, B. 9,5. In demselben stand
2. eine konische Tasse mit abgebrochenem Henkel. In dieser befand sich
der Leichenbrand eines Kindes. H. 7, M. 10,5, B. 6,5. Die Tasse war —
bedeckt 3. von einer Schale mit eingewölbter Standflache. H. 5,5, M. 12,
B. 4,5.
In der Nähe der drei letzten Gräber fanden sich fünf Steinpackungen
in einer Linie von Ost nach West, meist 3 m auseinanderliegend. Die
Packungen bestanden aus grösseren Steinen, die pyramidenförmig auf-
einandergelegt waren in Höhe von 70 bis 90 cm und ebenso grossem
Durchmesser an der Basis der Packung. Nach oben zu geringerer Durch-
messer. Zwischen den Steinen nur vereinzelte Scherben. Die Steine
waren häufig so gross, dass ich sie kaum bewältigen konnte.
Grab 32. (Siehe Abb. Seite 461 und Abb. 10 auf Seite 491).
Ziemlich im Zentrum des Gräberfeldes liegend. In der Tiefe von
40 cm von der heutigen Oberfläche lagen zerstreut einige Steine, da-
zwischen und darunter Topfscherben. Die Steindecke hatte der Pflug aus-
einandergerissen. Nach mühevoller Forträumung der auf den Gefässen
lagernden Erde, die fortwährend mit Scherben vermischt war, gelang es,
die Menge der nebeneinander und aufeinander gestellten Urnen und Bei-
gefässe freizulegen. Es war ein grosses Durcheinander von kleinen und
grösseren Gefässstücken, von ganzen, halben und viertel Töpfen, dazwischen
einige kleinere Steine und Knochensplitter. Die grössere Zahl der Ge-
fässe war verkehrt gestellt, also mit dem Boden nach oben, da galt es
allerdings die grösste, peinlichste Vorsicht anzuwenden, unı das einiger-
massen Zusammengehörige zu sichten und zu verpacken. Zu dieser Arbeit
wurden allein 1!/, Tage verwendet, eine ausserordentlich lange Zeit, doch
habe ich die Genugtuung und die Freude, ein Grab gefunden zu haben,
das an Zahl und Formen seiner Gefässe vielleicht alles überragt, was bis-
her aus desem Zeitalter in unserer Gegend, ich meine damit etwas weiter
ausgedehnt die Provinz Brandenburg, bekannt geworden ist. Wichtig na-
mentlich ist die Feststellung der Ornamente. Von den 33 Gefässen, die
das Grab barg, gelang es 22 wieder herzustellen, einige werden wahr-
scheinlich noch, wenn auch nicht gänzlich, zusammengekittet werden
können, leider ist dies bei den übrigen ausgeschlossen, da sie vom Feuer
verbogen und aufgeblasen sind. — Ich möchte namentlich hierbei noch
bemerken, dass der Leichenbrand in 6, 8 und 15, ersichtlich aus seiner
Grösse und Beschaffenheit, von Personen herstammt, die noch im jugend-
lichen Alter gewesen sein müssen; die Grösse dieser drei Gefässe bezeugt
dies gleichfalls. Die Beisetzung der Leichenurne 6 in einem zweiten Be-
hälter, und die vier Bronzeringe lassen auf hervorragende Personen
schliessen, deren Reste hier der Erde anvertraut wurden.
Die Länge der Gruft betrug 1,30 m, die Breite 1,10 m, die Basis war
0,90 m.
Die Gefässe standen auf einer schwachen Schicht von weissem Sande.
l. Krug. H. 21, W. 21, M. 20,5, B. 9,5. Mit 4cm breitem und 8,5 cm
461
Ausgrabungen bei Woltersdorf.
“af
2/
76
‘GE gel) Sne OSSBJOL) ZG
9 en CH
462 H. Busse:
hohem Henkel, unter diesem drei runde Eindrücke. Der 2,5 cm hohe
konische Fuss hat sechs breite, horizontale Furchen. Die Bauchfläche ist
schräg gefurcht. Der Hals ist scharf abgesetzt und weit ausladend.
2. Krugtasse. H. 6, W. 8, M. 7,5, B. 3,5. Unter dem schmalen vier-
kantigen Henkel zwei grössere runde Eindrücke, hellbraun und schön ge-
glättet. 3. Krugtopf, reich verziert. H. 9, W. 14, M. 14,5, B. 7,5. Die
Gefässfläche zeigt sparrenförmig gegeneinanderstehende Riefengruppen,
der konische Fuss drei Horizontalriefen und ist an seiner unteren Kante ge-
kerbt. Der wagerechte breite Rand hat sechs Gruppen Querfurchen. Auf
dem breiten Henkel befinden sich vier Längsfurchen und unter diesen drei
Querfurchen. 4. Krugtopf, mit eingewölbter Standfläche und zwei drei-
eckigen Spitzen auf dem Rande zu beiden Seiten des Henkels. Unter
den Henkeln zwei runde Eindrücke.
Auf dem Bauche schräge, breite Furchen, H. 11, W. 18, an der Hals-
furche 14, M. 17,5, B. 6. 5. Kleine Terrine, H. 14, W. 18, an der Hals-
furche 13, M. 9, B. 6,5, mit niedrigem Fuss und zwei Henkeln. Der Hals
ist von dem verhältnismässig sehr weiten Bauche scharf abgesetzt und
konisch nach oben verengt. 6. Doppelkonus mit scharfer Bauchkante, die
gruppenweise Einkerbungen zeigt. Über dieser Kante fünf Horizontal-
furchen. Der Unterteil ist radial geritzt, H.15, W.22,5, M. 18, B. 8.
Die Urne war mit Leichenbrand gefüllt, in dieser lag ein gegossener Ring
von Bronze, dessen innerer Durchmesser 2 cm, Stärke 3 mm. Dunkelgrün,
innen glatt, aussen gewölbt. Das Gefäss stand in einer grossen 7. Terrine,
H. 37, W. 45, M. 32—34, B. 14. Der Hals ist schwach abgesetzt durch
eine horizontale Furche, etwas nach innen eingezogen und nach oben ver-
engt. Auf dem Bauche einige schräge flache Rippen. Von dem glatten,
niedrigen Fuss bis zur grössten Ausbauchung ist der Unterteil stark ge-
rauht, der Oberteil ist geglättet. Auf einer Steinplatte stehend, 8., Krug
mit Buckeln, H. 19,5, W. 19,5, M. 17, B. 8. Der 2 cm hohe konische Fuss
hat vier breite Horizontalriefen. Auf dem Bauche fünf kleine, spitze
Buckel, wovon jeder mit zwei breiten, konzentrischen Kreisfurchen um-
rahmt ist. Der von einer horizontalen Furche schwach abgesetzte Hals
ist eingezogen und dann ausladend. Auf dem Rande zu beiden Seiten des
Henkels die zwei bekannten kleinen Spitzen. Unter dem breiten Henkel
vier runde Eindrücke. Dieser Krug war mit Leichenbrand gefüllt. —
9. Einhenkeliger grösserer Topf von konischer Form. H. 15,5, M. 22 bis
23, B. 10. Die Seitenflächen sind stark eingewölbt und weit ausladend.
Geziert mit regelmässigen Reihen von Fingernägel - Eindrücken. Er ist
ziegelrot und starkwandig und lag umgestülpt als Deckel auf 8. —
10. Starkwandiger, einfacher, vom Boden bis zum Rande gerauhter Topf
ohne Henkel. H. 26, W. 23,5, M. 23,5—25, B. 11. Hals eingezogen und
stark ausladend. — 11. Ähnlicher Topf wie 10. H. 28, W. 28, M. 29,
B. 11, auch gerauht mit schwachen vertikalen Einschnitten. 12. Krug-
tasse, H. 7, W.9, M.9, B. 3, mit sehr geschweifter Seitenwand, grossem
Henkel und eingewölbter Standfläche. Sehr schön geglättet und glänzend.
13. Konische Tasse, Seitenwand wenig ausgewölbt, H. 8,5, M. 13, B. 5. —
Ausgrabungen bei Woltersdorf. 463
14. Kleine, zweihenklige Terrine, Hals zylindrisch, H. 13, W. 13, M. 8.
Vom Feuer sehr unförmlich, blasig und aschgrau geworden.
15. Terrine mit zwei Henkeln und niedrigem konischen Fusse. H. 15,
W.16, M. 14, B. 8. Der konische Hals durch eine breite horizontale Furche
abgesetzt. Auf den Henkeln ein Längsgrat. Die Bauchfläche mit flachen,
breiten, schräg stehenden Furchen versehen. Schwachwandig und aus
feinem Ton. Mit Leichenbrand eines jugendlichen Menschen gefüllt. Unter
den Schädelstücken ein Armband und zwei Ringe. Das Armband aus
2 mm starkem, rundem Draht ist an beiden Enden abgeflacht. Die
Enden sind 2cm lang übereinander gebogen. Durchmesser 4cm. Die
Ringe sind innen flach, aussen gewölbt und offen, die Enden 1'/, cm lang
übereinander gebogen. Das eine Ende ist abgeflacht, das andere zugespitzt.
Durchmesser 1,9 und 1,8 cm, Dicke 1,5 und 2 mm. Dunkelgrüne Patina.
16. Grosse Schale mit hohem konischen, eingewölbten Standfuss, vom
Feuer aschgrau und etwas verzogen. Der 8 cm breite und 4 cm hohe Fuss
verengt sich bis 5 cm, um dann im schwachen Bogen stark ausladend bis
zu dem 2 cm breitem Rande aufzusteigen. H.13, M. 23—25. Die Ober-
fläche ist vom Rande bis zum Fusse regelmässig radial eingeschnitten.
17. Krugtopf, dessen Hals nur wenig eingezogen. H. 12,5, W.14, M. 14,
B. 7,5. Dunkelrot. Die Aussenfläche hat vom Rande bis zum Boden
vertikale Einritzungen. 18. Krug, ohne Ornamente und mit niedrigem
Fuss. Schwachwandig, H. 17, W. 17, M. 15, B. 8. 19. Krug von eleganter
und schöner Form, aber vom Feuer etwas beschädigt, trotzdem konnte er
vollständig wieder hergestellt werden. H. 19, W. 13,5, M. 13, B. 6,5. Der
2 cm hohe konische Fuss hat stark eingewölbte Standfläche. Der darauf
ruhende Gefässkörper ist doppelkegelig, der obere Teil ist stark, der
untere weniger ausgewölbt, der Hals stark ausladend. Der grosse, schmale,
fünfkantige Henkel setzt sich 1 cm unter dem Rande an und am oberen
Bauche ab. Der Fuss ist mit drei, der untere Hals mit sechs, die Bauch-
kante mit drei horizontalen Riefen verziert. Über den letzteren stehen
fünf Figuren, jede aus vier konzentrischen, eingefurchten Halbkreisen ge-
bildet. Zwischen und auf diesen Figuren sind noch sparrenförmig gegen-
einander stehende Riefengruppen angebracht. Unter der Bauchkante noch
gruppenweise kurze vertikale Einritzungen. Ein seltenes Exemplar. —
20. Krugtopf. H. 10, W. 14, M. 13,5, B. 3. Standfläche eingewölbt. Auf
dem Rande an beiden Seiten des Henkels die beiden bekannten Spitzen.
Um den unteren Henkelansatz vier runde Eindrücke. Die Bauchfläche ist
schräg gefurcht. 21. Niedriger Krugtopf mit konischem eingewölbten
Boden. H.10, W.15,5, B. 8. Dunkelbraun. Mit zwei dreieckigen Spitzen
am oberen Henkelansatz. 22. Tonnenférmiger kleiner Eimer, H. 11,
M.11,5 und 8, B. 9,5. Vom Feuer verbogen. Über der Standfliche und
zwischen den Henkeln ein horizontales Band von je vier Riefen. 23. Ein-
facher dunkelroter Topf. H. 17, W. 18, M. 17. B. 10, mit geringer Hals-
einschnürung. 24. Der untere Teil eines Krugtopfes mit konischem Stand-
fusse. Letzterer 9 cm im Durchmesser und 2 em hoch. Hellbraun. 25. Der
untere Teil eines Krugtopfes mit eingewölbter Standfliche. W.17, B. 6.
Dunkelbraun.
464 H. Busse:
26. Einfacher dunkelroter Topf mit geringer Halseinschnürung und
einem Henkel. H 13. Die genauere Form nicht zu erkennen,
27. Stücke einer Krugtasse. Vom unteren Henkelansatz ziehen sich
schräge Riefengruppen nach dem Bauche. Form wie 28.
28. Krugtasse mit eingewölbtem Boden. H.6, W.9, an der Hals-
furche 6,5, M.9. Die Bauchfläche geziert mit fünf Riefengruppen, die
abwechselnd vertikal und schräg stehen.
29. Kugeliges kleines Tépfchen ohne Henkel, mit enger Öffnung.
'H. 5,7, W. 8, M. 6, B. 3.
30. Schale mit eingewölbtem Boden. H. 3, M. 8,5.
31. Grosse Schüssel. H. 11,5, M. 44, B. 11. Mit niedrigem Fuss und
4cm breitem Rande. Hellgrau, vom Feuer arg beschädigt und verzogen.
Unter dem Rande wenig eingezogen. Aussenfläche mit unregelmässig
gegeneinander stehenden Riefengruppen verziert.
32. Schüssel mit niedrigem Fusse, zwei horizontalen Facetten und zwei
Querrippen auf dem breiten Rande. H. 8,5, M. 38, B. 9.
Gro. 33. 010.78. Gro. 84.
Abb. 11. Abb. 11. Abb. 18.
33. Dunkelrote Schüssel mit niedrigem Fusse und starker Einschnürung
unter dem Rande. Die Aussenfläche wie bei 31 geiert Auf dem 3,3 cm
breiten Rande, rechts vom Henkel, befinden sich zwei Querrippen. H. 10,
M. 39, B. 10. Diese drei Schüsseln konnten leider nicht wieder hergestellt
werden, da zu viele Stücke fehlten.
Grab 33. (Siehe Abb. 11).
Unter einigen zerstreuten Steinen, 70 cm tief: 1. Doppelkonus, dessen
oberer Teil abgebröckelt war, mit Leichenbrand. Der Unterteil stark ge-
rauht. Ohne Ornament. H. 17, W. 32, M. 27, BIL Die Bauchkante ist
abgerundet. 2. Doppelkonus, dessen Unterteil zerbröckelt war. Mit
Leichenbrand. H. fehlt, W.30, M. 23. Über der abgerundeten Bauch-
kante fünf Horizontalriefen. 3. Konische Tasse, deren Henkel abgebrochen
war. Seitenfläche ausgewölbt. Mit den zarten Knochen eines Kindes ge-
füllt. H.8,5, M 8,5, B. 6,5. Der Leichenbrand war bedeckt mit einer
4. kleinen Schale mit eingewölbtem Boden, deren Henkel ebenfalls abge-
brochen war. H. 3,5, M.8. — 5. und 6. Zwei Schüsseln mit breitem Rande.
Ausgrabungen bei Woltersdorf. 465
Grab 34.
Von den Decksteinen sehr zerdrückt. 1. Terrine. Masse nicht fest-
zustellen, mit Leichenbrand. 2. Gerauhter Topf, ohne Henkel, wenig
Halseinschnürung. H. 19, W. 22, M. 19, B.9. — 3. Krug mit verhältnis-
mässig hohem Halse. Ohne Ornament. H. 15, W.15,5, an der horizon-
talen Halsfurche 10,5, M. 15,5, B. 4,5. Standfläche eingewélbt. Auf dem
Rande zu beiden Seiten des breiten Henkels die bekannten kleinen Spitzen.
4. Schüssel oder Fussschale. Der 3,5 hohe Fuss ist horizontal flach ge-
rieft. Unter dem 4 cm breiten Rande ist ein niedriger Hals scharf ab-
gesetzt. Auf dieser scharfen Absetzung flache Einkerbungen. Die Aussen-
fläche ist radial und schräg gerieft. Dunkelrot, aus fein geschlemmtem
Ton. H. 10,5, M. 30, B. 7,5. — 5. Kleiner Eimer mit zwei kleinen recht- `
winkligen Henkeln. Zwischen diesen ein Band von sechs horizontalen
Riefen und über der Bodenkante ebenfalls ein Band von vier Riefen.
Etwas schiefe Form. H.10, M. 10,5, B. 9,5. — 6. Stücke eines Krug-
topfes. H 14. Auf dem Rande zwei Spitzen zu beiden Seiten des Henkels.
Auf der Halsfurche mehrere runde Grübchen und unter der Furche einige
vertikale Rippen. 7. Kleiner Doppelkonus mit Leichenbrand von einem
jugendlichen Menschen. Mit kleinem Fuss und ohne Ornament. H. 11,
W. 16, M. 14, B.6. — 8. Schüssel mit schräg nach innen abgeflachtem
Rande. Der niedrige Fuss ist ausgehöhlt. 9. Schüssel mit Rand wie 8.
10. Schüssel mit ausgelegtem, 2,5 cm breitem Rande und scharf abgesetztem
niedrigen Halse. Auf dem Rande ein rundes Loch.
Diese drei Schüsseln können leider nicht wieder hergestellt werden.
Grab 35.
In der Tiefe von 55 cm, vom Pfluge berührt. 1. Doppelkonus mit
Leichenbrand. Weite 26 cm. Auf der scharfen Bauchkante Gruppen von
je fünf fingerspitzengrossen Grübchen, hierüber ein Band aus vier horizontalen
Riefen und auf diesem wiederum Gruppen von je drei kleineren runden
Grübchen. 2. Schüssel mit breitem Rande, darauf zwei Horizontalfacetten.
3. Kleiner Eimer, fast zylindrisch mit zwei kleinen Henkeln, etwas
schiefe Form. Zwischen den Henkeln sechs horizontale Riefen und ober-
halb des Bodens drei gleiche Riefen. H. 10, M. 10,5, B. 9,5. 4. Kleine
Schale mit eingewölbter Standfläche, um letztere ein Kranz von vier
runden Grübchen.
Grab 36.
Nur 50 cm tief. 1. Einfacher henkelloser Topf, vom Rande bis zum
Boden gerauht und mit den Fingern breite, flache, schräge Furchen
darauf gezogen. Mit Leichenbrand gefüllt, dessen Schädelstücke grün ge-
färbt. H. 24, W. 25, M. 20, B. 12. 2. Schüssel, ihr Rand mit schrägen,
breiten Furchen versehen und mit niedrigem Fuss. H. 11, M. 31, B. 11.
3. Kleine Terrine mit zwei Henkeln, darin Leichenbrand einer jugend-
lichen Person. H. 12—13, W. 13,5, M. 9, B. 6. Zwischen den Henkeln
zwei Horizontalriefen und am Bodenrande Einkerbungen. Das Gefäss
war bedeckt mit einer grösseren 4. Schale mit einem Henkel und ein-
gewölbtem Boden. H.5, M. 14, B.5. (Siehe Abb. auf S. 495.)
466 H. Busse:
Grab 37.
Mit vielen Steinen bedeckt, 1,10 m tief auf einer Steinplatte stehend.
1. Grosser zweihenkliger Topf, vom Rande bis zum Boden gerauht und
mit den Fingern darauf schräg gezogene, breite, flache Furchen. Unter
dem Rande zwei grössere flache Knöpfe mit zentralem Eindruck. Mit
Leichenbrand eines sehr kräftigen Menschen bis obenhin gefüllt.
Mehrere Knochen lagen noch an der Urne auf der Steinplatte. H 20,
W. 22, M. 18, B. 10. 2. Schüssel mit niedrigem Fuss und schräg ge-
furchtem Rande, Aussenfläche gerauht. H. 10, M, 34, B. 11. Schwache
Wandung. Zwischen den Gräbern 37 und 38 und von jedem etwa 3 m
entfernt, 60 cm tief, befand sich eine regelrechte, aus 85 bis 40 ge-
schwärzten und nebeneinander gestellten Steinen bestehende Steinpackung.
Kohlenstückchen und kleine Knochensplitter, die zwischen den Steinen
zum Vorschein kamen, sind die untrüglichen Kennzeichen einer Ustrine
oder Verbrennungsplatzes.
Grab 38.
Nur 50 cm tief, vom Pfluge stark beschädigt. 1. Terrine, deren ge-
naue Form nicht festzustellen. Mit Leichenbrand. 2. Schüssel mit breitem
Rande. 3. Kleiner Doppelkonus mit zwei kleinen Henkeln und aus-
gehöhltem konischen Fuss. H. 11 W. 17, M. 15, B. 6,5. Über der
scharfen Bauchkante fünf parallele horizontale Furchen. Nur zur Hälfte
gefüllt mit dem Leichenbrand eines jugendlichen Menschen. 4. Schüssel
mit schräg gestelltem Rande, die Aussenfläche radial und schräg geritzt.
Grab 39.
Von Baumwurzeln durchwachsen, in Tiefe von 65 cm, auf einer Stein-
platte. 1. Terrine mit zwei Henkeln, darin Leichenbrand. Unter jedem
Henkel eine Verzierung, bestehend aus einem Buckel, der umrahmt ist
zunächst von zwei breiten flachen Furchen, darüber zwei Riefen, dann
folgt wieder eine breite flache Furche .und zuletzt drei Riefen. Die
Furchen und Riefen sind konzentrisch in weitem Bogen um den Buckel
gestellt. Jeder Henkel hat einen hohen Quergrat und unter diesem einen
Längsgrat. Rechts und links am unteren Henkelansatz einfingerspitzengrosser
runder Eindruck. Am unteren konischen Halse drei horizontale Furchen.
2. Schüssel mit breiten schrägen Furchen auf dem nach innen gelegten
verstärkten Rande. Der innere Boden zeigt eine Verzierung, bestehend
aus drei konzentrischen Kreisfurchen, dagegen radial stehend vier Riefen-
gruppen, jede Riefe endet mit einem runden Grübchen.
Grab 40.
Decksteine fehlen. Mit kleineren Steinen ringsherum eingepackt.
1. Doppelkonus mit Leichenbrand. H. 22, B. 12, scharfkantig. Unterteil
gerauht. 2. Schüssel mit breit gefurchtem Rande. |
Grab 41.
Unter grösserer Steinpackuug. 1. Doppelkonus mit Leichenbrand.
Masse nicht festzustellen. Über der Bauchkante drei breite horizontale
Ausgrabungen bei Woltersdorf. 467
Riefen. 2. Schüssel mit breiten schrägen Furchen auf dem Rande.
3. und 4. zwei Gefässe mit schräg gefurchter Oberfläche, doch liessen
sich die Formen nicht erkennen. 5. Kleine Schale mit eingewölbtem
Boden. 6. Gerauhter Topf mit Knöpfen unter dem Rande. 7. Zwei-
henkliger Topf mit zwei runden Grübchen unter jedem Henkel und drei
Horizontalriefen am unterem Halse. Die Form war nicht deutlich zu
bestimmen. Zwischen den Gefässteilen vier Feuersteine und ein Kalk-
stein, die Spuren vom Gebrauch aufwiesen.
Grab 42.
In der Tiefe von 40 cm lag eine regelmässige Steinpflasterung, be-
stehend aus etwa 30—35 grösseren und kleinen Steinen, etwa 1 m Durch-
messer. Unter dieser eine mit Tonscherben durchmischte Erdschicht von
30 cm Höhe, darunter folgende zerdrückte Gefässe: 1. Doppelkonus mit
Leichenbrand, mit niedrigem Fuss und vier Horizontalriefen über der
Bauchkante. W. 27, B. 10. 2. Schüssel mit breit gefurchtem Rande.
3. Terrine mit Leichenbrand. W. 26, B.9. Am unteren konischen Halse
eine breite Furche und über dieser zwei horizontale Riefen. 4. Schüssel
mit nach innen gebogenem verstärkten Rande, der schräg abgeflacht ist.
5. Krugtasse mit eingewölbtem Boden. W.9. 6. Kleine Schale mit ein-
gewölbter Standflache. M. 10. 7. Krugtasse, H 6,5, W.9,5, M.7, die
Standfläche eingewölbt. Am unteren Halsansatz eine Horizontalriefe, auf
dem oberen Bauch sparrenförmig gegeneinander stehend einzelne aus-
gebogene Riefen. 8. Dickwandiger tonnenförmiger Topf mit niedrigem
zylindrischen Halse und zwei Henkeln. Unter den letzteren zwei runde
Eindrücke und zwischen ihnen zwei Horizontalfurchen. H. 18, W. 18.
Grab 43.
Gleiche Steindecke wie Grab 42. Die Basis betrug 1,10 m. Die Ge-
fässe auf drei Steinplatten lagernd. 1. Sehr grosse Terrine, als Urnen-
behälter dienend. H. 42, W. 50, M. 38, B. 14. Der konische Hals 22 cm
hoch, der Unterteil stark gerauht, der obere geglättet. Auf dem Bauche
einzelne schräg angebrachte Rippen. Darin stehend 2. Doppelkonus,
dessen Masse nicht festzustellen. Mit Leichenbrand. 3. Schüssel mit
breitem Rande, auf diesem zwei horizontale Facetten. Niedriger Fuss.
Unter dem Rande stark eingezogen. Braune Farbe. Starke Wandung.
H. 8,5, M. 32, B. 9,5. 4. Schüssel mit nach innen geneigtem, schräg ab-
geflachtem Rande. Schwarzgraue Farbe. Niedriger Fuss. Eine Merk-
würdigkeit zeigt dieseSchüssel mit ihrer Einschnürung in der mittleren Höhe,
da eine solche gewöhnlich nur unter dem Rande stattfindet. Die Aussen-
fläche ist regelmässig radial gerieft. H.7,5, M. 32, B. 9,5. 5. Gerauhter
Topf mit wenig eingezogenem Halse und sechs runden Knöpfen. H. 18,
W. 20, M. 18, B.10. 6. Kleine Schüssel mit niedrigem, wenig eingewölbtem
konischen Fusse. Ihr Rand ist regelmässig derartig ausgeschnitten, dass
abwechselnd eine höhere und eine niedrigere Kante stehen bleibt. Die
Aussenfläche ist vertikal gerieft. H. 6, M. 16,5, B. 5,5. (Siehe Abbildung
auf Seite 493). 7. Kleine Vase mit zwei Henkelchen, niedrigem Fusse
468 H. Busse:
und konischem Halse. Von beiden Seiten der kleinen Henkel ziehen sich
Gruppen von je drei Riefen schräg bis zur Ausbauchung herunter. H. 7,5,
W. 7, M. 2,7, B. 2,5. 8. Krugtasse mit eingewölbter Standfläche und seltener
Form, indem eine abgerundete Bauchkante das Gefäss so teilt, dass der untere
Teil nur ein Drittel und der obere zwei Drittel der ganzen Höhe des Ge-
fässes beträgt. H.9, W. 11, M. 10,3, B.5. 9. Kleiner henkelloser Topf
oder Napf, dessen Form nicht festzustellen. 10. Konische Tasse, H. 8,
M. 9, B. 7. Die Wandung wenig nach aussen gewölbt, mit den zarten
Knochen eines Kindes gefüllt. 11. Kleine Terrine von sehr schwacher
Wandung mit eingewölbter Standfläche und zwei horizontalen Riefen
zwischen den beiden Henkeln. H. 11—12, W. 13, B. 6.
Grab 44.
Von einigen grösseren Steinen zerdrückt und von Wurzeln durch-
wachsen. 1. Grössere Urne mit Leichenbrand. Form nicht zu erkennen.
2. Schüssel mit schräg gefurchtem Rande. 3. Krugtopf mit sehr schräg
gefurchtem Bauche.
Grab 45.
Vom Pfluge zerstreute Steine, darunter nicht tief die Stücke vom
1. Doppelkonus mit niedrigem Fusse und scharfer Bauchkante. Der Ober-
teil stark eingewölbt, der Unterteil gerauht. H. 23, W. 28. M. 22, B. 9.
Mit Leichenbrand gefüllt. 2. Schüssel mit schräg und breit gefurchtem
Rande. 3. Kleines Terrinchen mit konzentrischen Halbkreisfurchen auf
dem oberen Bauche.
Grab 46.
Unter einer grösseren Steinpackung lagen die Stücke einer 1. grossen
Terrine mit sehr starker Wandung. Vom Halse bis zum Boden gerauht.
Form und Grösse wie die aus Grab 43. Das Gefäss diente gleichfalls als
Urnenbehälter, darin stand 2. Doppelkonus mıt Leichenbrand. Über der
Bauchkante drei breite horizontale Riefen. Die Masse waren nicht fest-
zustellen. 3. Schüssel mit zwei horizontalen Facetten auf dem breiten
Rande. 4. Konische Tasse, H. 6,5 bis 7 (da schief), M. 9, B. 5. Die
Seitenwand etwas eingebogen. Unter dem breiten Henkel zwei runde
Eindrücke. Die Tasse war gefüllt mit den vom Leichenbrande stammenden
Knochenresten eines Kindes. 5. Kleine Schale mit eingewölbtem Boden,
sie diente als Deckel zu 4. 6. Krugtopf, H. 12,5, W. 20, M. 18, B. 4,5, hell-
braun. Auf dem Bauche schräge, breite Furchen. Die Standfläche ein-
gewölbt.
Grab 47.
Unter einem gut erhaltenem Steinpflaster. 1. Doppelkonus mit Leichen-
brand. W. etwa 28, die anderen Masse nicht festzustellen. Über der
Bauchkante vier breite horizontale Riefen, über diesen befinden sich Gruppen
von je drei runden Eindrücken. 2. Schüssel mit zwei horizontalen Facetten
auf dem 4 cm breiten Rande. M. 34, B. 12. 3. Schüssel mit einem 1'/, cm
breiten Rande, an dem vier dreieckige Spitzen angebracht sind. Unter
dem Rande leicht eingezogen. XNiedriger konischer Fuss, Aussenfläche
eee eee m Afen, ë Ř— — <
Ausgrabungen bei Woltersdorf. 469
radial gerieft. H.8, M. 28, B. 10. 4. Krugtopf mit breitem Henkel und
eingewölbtem Boden. H. 7,5, W. 13,5, M. 13, B. 4. Auf dem Bouche
radiale, nach dem Boden sich ziehende breite Furchen. Der Henkel hat
einen Längsgrat. 5. Kugelige kleine Vase mit zwei kleinen Ösen. H. 5,
W.6, M. 2,5, B. 2. Auf dem Bauche vier Gruppen von je zwei kon-
zentrischen, halbkreisförmigen Furchen. 6. Krug. H. 11, W. 14, M. 10,5,
B. 3,5. Ohne Ornament. Standfläche eingewélbt. 7. Konische Tasse.
H. 8, M. 8, B. 5. 8. Kleine Terrine von schwacher Wandung. H. 14,
W. 15, M. 10, B. 4. Unter den beiden Henkeln je zwei erbsengrosse
Eindrücke.
Grab 48.
Unter 25 grösseren und kleineren Steinen. 1. Eine als Urnenbehälter
dienende grosse Terrine. H. 45, W. 42, am Halsansatz 30, M. 27, B. 13.
Der konische Hals und der Bauch geglättet, der Unterteil gerauht, der
Fuss wieder glatt. Die Terrine konnte vollständig aus den vielen Stücken
wieder hergestellt werden. (Siehe Abb. 12 auf S. 452.) 2. Terrinen-
förmige Urne, deren Form und Masse sich nicht feststellen liessen, da sie
von dem Gefäss, in dem sie stand, vollständig mit dem darin befindlichen
Leichenbrand zerdrückt war. Bauchstücke zeigten auf gesetzte Rippen
und einzelne Dellen. 3. Schüsselstücke liessen den nach innen abge-
flachten Rand erkennen. Die Aussenfliche war gerauht. 4. Grössere
Schale mit Henkel, ebener Standfläche und gerauhter Aussenfläche. M. 16.
5. Kleine Schale mit eingewölbtem Boden. M. 9.
Grab 49.
Von der Oberfläche 60 cm tief befand sich ein guterhaltenes Stein-
pflaster, darunter von Baumwurzeln durchwachsen viele Topfstiicke. Es
wurde festgestellt: 1. Doppelkonus, gefüllt mit Leichenbrand, über der
scharfen Bauchkante drei horizontale Riefen mit Gruppen von je drei
runden Grübchen. 2. Schüssel mit vier spitzen Zapfen an dem 3,5 cm
breiten ausgelegten Rande, die Aussenfläche unregelmässig gerieft. Auf
dem Rande befanden sich zwei horizontale Facetten. Der niedrige Fuss
hatte 10 cm im Durchmesser. 3. Ein zweiter Doppelkonus mit Leichen-
brand. Über der Bauchkante zwei breite Horizontalriefen. Oberteil stark
eingewölbt, Unterteil gerauht. W. etwa 25, B. 10. 4. Schüssel mit zwei
horizontalen Facetten auf dem 4 cm breiten Rande, der niedrige Fuss
hat 10 cm Durchmesser. 5. Terrine mit zwei Henkeln, halbgefüllt mit
dem Leichenbrande von einem jugendlichen Menschen. W. 26. Der
konische Hals 6 cm hoch. Sie war gedeckt mit zwei Schüsseln. 6. Schüssel
mit schräg abgeflachtem Rande und 11 cm breiten Fusse. 7. Schüssel mit
gekerbtem Rande. Aussenfläche gerauht. 8. Kleiner Doppelkonus mit
scharfer Bauchkante, ohne Ornament. Der eingewölbte Oberteil ist ver-
hältnismässig sehr hoch. H. 15, W. 16, M. 14. 9. Gerauhter Topf mit
geringer Halsumschnürung und sechs breiten flachen Knöpfen unter dem
Rande H. 16, W. 17, M. 15, B. 10. 10. Kleine Krugtasse. H. 5, W. 7,
M. 5. 11. Henkelschale mit eingewölbter Standfläche und zwei erbsen-
grossen runden Eindrücken.
470 H. Busse:
Grab 50.
Flachliegend, vom Pfluge und von Wurzeln zerrissen die Stiicke von
l. einem Doppelkonus mit Leichenbrand. 2.—4. Drei Beigefässe, deren
Form nicht festzustellen. 5. Schüssel mit schräg und breit gefurchtem
Rande.
Grab 51.
In derselben Verfassung wie Grab 50. Erkennen liessen sich: 1. ein
Doppelkonus mit Leichenbrand und Horizontalriefen über der Bauchkante.
2. Eine Schüssel mit einer Querrippe auf dem sehr breiten Rande.
3.—5. Drei kleinere Gefässe, deren Form nicht festzustellen.
Grab 52.
Unter einer noch vollständigen Steindecke von 80—100 cm Durch-
messer standen auf mehreren Steinplatten in Tiefe von 1,20 m folgende
mehr oder weniger beschädigte Gefässe, die kreisförmig mit Steinen um-
stellt waren. 1. Sehr grosse Terrine, als Urnenbehälter dienend, mit
starker Wandung und 13 cm hohem zylindrischen Halse. H. 36 bis 40.
W. etwa 42. Am unteren Halse vier breite Horizontalfurchen, darunter
vertikale, bis zur Bauchkante sich hinziehende abwechselnde Gruppen von
je drei Rippen und sechs Furchen. Der Unterteil gerauht. 2. Doppelkonus
mit Leichenbrand. H. 28, W. 33, M. 24, B. 9. Uber der Bauchkante
vier breite horizontale Riefen. Unterteil gerauht. 3. Schüssel mit zwei
plastischen Figuren in Hufeisenform auf dem 4'/, cm breiten Rande. (Siehe
Abb. S. 493). Unter dem Rande eingezogen. Niedriger Fuss. 4. Schüssel
mit einer Querrippe und einer horizontalen Facette auf dem 4'/,cm breiten
Rande. H. 8, M. 30 und 22,5, B. 11. Ohne Fuss. 5. Doppelkonus mit Leichen-
brand. H. 15, W. 24, M. 19. Unterteil gerauht. Über der scharfen
Bauchkante sechs horziontale Riefen, darüber Gruppen von je sieben
runden Grübchen. 6. Schüssel mit etwas nach innen gebogenem, schräg
abgeflachtem Rande. Aussenfläche unregelmässig radial und horizontal
gerieft. 7. Zweihenklige Terrine. H 20,5, W. 30,5, M.32 und 26,5, B. 11.
(Siehe Abb. Seite 492). Sehr weite, niedrige Form. Der konische, 2,5 cm
hohe Fuss hat fünf Horizontalfurchen, ebene Standfläche und ist innen hohl.
Weite am Halsansatz 25 cm. Der niedrige Hals ist wenig eingebogenund dann
stark ausladend. Der breite Rand zeigt zwei horizontale Facetten. Auf
jedem Henkel ein Längsgrat. Auf dem Bauche vier kleine Buckel, jeder
umrahmt mit drei breit gefurchten konzentrischen Halbkreisen. Zwischen
diesen Figuren stehen Gruppen von je fünf breiten Vertikalfurchen. Sehr
seltenes, schönes Gefäss! 8. Kugeliges Töpfchen mit ganz enger Mündung.
H. 4,5, W. 5,5, M. 2, B. 2. 9. Krugtopf mit schräg und breit gefurchtem
Bauche. 10. Terrine, sehr schwachwandig, mit zwei Henkeln und konischem
Halse, ohne Ornament. H. 19, W. 20, M. 14, B. 11. 11. Kleiner Doppelkonus,
H. 11, W. 14, M. 10, B. 6. Mit vier Horizontalriefen über der Bauch-
kante. — Westlich von den letzteren Gräbern wurden wiederum drei
Steinpyramiden ausgegraben von derselben Beschaffenheit wie die bei
Grab 31 näher beschriebenen. |
Ausgrabungen bei Woltersdorf. 47T
Grab 53. |
Unter einer Steinplatte von 42 cm Länge, 35 cm Breite und 8 cm
Stärke in der Tiefe von 80 cm befand sich in schwarzer Erde in einem
Kranze aus kleineren Steinen der Leichenbrand ohne Tongefäss.
Grab 54.
50 cm tief lagen vier Steine, unter diesen war die Erde mit Ton-
scherben durchsetzt, weiter unten, in Tiefe von 1 m eine Steinplatte, auf
der 1. ein Krug stand, bis zum Rande mit dem Leichenbrand von einem
jugendlichen Menschen gefüllt. H. 15, W. 19, an der horizontalen Hals-
furche 17, M. 16, B. 8,5. Standfläche wenig gewölbt. Unter dem Henkel
drei Fingereindrücke. Hals wenig eingezogen. 2. Schüssel mit sehr
schräg und breit gefurchtem Rande. H. 7, M. 20, innen 18, B. 6. Ko-
nischer, niedriger Fuss und gerauhte Aussenfläche. (Siehe Abb. 13 S. 452.)
Grab 55.
Sehr tief, von Grab 54 drei Meter östlich. Auf einer Steinplatte:
1. Gerauhter Topf ohne Henkel mit wenig eingezogenem Halse, gefüllt
mit Leichenbrand. H. 22, W. 22, M. 21, B. 12. Unter den Schädel-
stücken ein Stück runder Bronzedraht von 1 cm Länge. Bedeckt mit
einer 2. Schüssel mit breitem, ausgelegtem Rande. Aussenfläche mit
gekreuzten Riefen geziert. Niedriger Fuss. Mit der Mündung am Topf
liegend. 3. Eine Henkelschale mit eingewölbtem Boden. H. 4, M. 11, B. 3.
Grab 56. (Siehe Abb. 14 auf Seite 493).
Nur 17/, m östlich vom Grab 55 und 80 cm tief. 1. Krug mit ver-
hältnismässig kleinem Henkel, niedrigem, horizontal gerieftem Fuss und
schrägen, breiten Furchen auf dem Bauche. H. 16,5, W. 18,5, am Hals-
ansatz 16, M. 15,5, B. 9,5. Mit Leichenbrand eines jugendlichen Menschen.
Am unteren Halse drei breite, horizontale Riefen. Gedeckt von einer
2. Schüssel mit einem nach innen abgeflachten Rande. 3. Kleine Vase
mit zwei Henkeln. H. 10, W. 10,5, M. 6, B. 5,5. Auf dem oberen
Bauche Gruppen von je fünf schräg stehenden Riefen. Zwischen jeder
Gruppe unterhalb der horizontalen Halsfurche drei runde Grübchen.
Niedriger Fuss.
Grab 957.
Zwei Meter östlich von Grab 56, in Tiefe von 70 cm war der Leichen-
brand eines jugendlichen Menschen in einer grossen, dickwandigen, aber
sehr mürben Schüssel beigesetzt, deren Rand nach aussen gelegt war.
Darauf lag 2. ein im Feuer ganz breit geschmolzener, verbogener, asch-
grauer Topf mit zwei Henkeln. H. etwa 8, M. 10, B. 5. Daneben, mit
der Mündung nach untenstehend: 3. Kugelige Tasse. H.10, W. 12,
M. 10,5, B. 15,5. 4. Gerauhter Topf mit geringer Halseinschnürung und
fünf spitzen Knöpfen unter dem Rande. 5. Konische Tasse. H. 8,5,
M. 11,5, B. 6. 6. Kleiner, tonnenförmiger Eimer mit zwei Henkeln.
Zwischen den Henkeln drei Horizontalriefen. Über dem Boden ein
gleiches Band. Auf der mittleren Gefässfläche Gruppen von je drei
Riefen, einmal vertikal, das andere Mal schräg stehend. H.8, M. 9, B. 7.
472 H. Busse:
Grab 58.
Vom Grab 57 3 m östlich, zwischen vielen Steinen zerdrückte Gefässe.
1. Doppelkonus mit drei horizontalen Riefen über der Bauchkante, über
dieser stehen Gruppen von je zwei runden Grübchen. Mit Leichenbrand.
2. Schüssel, deren 6 cm breiter Rand schräg nach aussen gelegt ist.
Aussenfläche gerieft. 3. Gerauhter Topf mit Knöpfen unter dem Rande.
4. Schüssel mit nach innen gebogenem, schräg abgeflachtem Rande. B. 11.
5. Tonnenförmiger, kleiner Eimer, sehr starke Wandung. H. 9, M. 9,
B. 9. — 6. Näpfchen, von niedriger Form, ähnlich einem Blumentopf-
untersatz. M.8. — 7. Henkelloser Topf von Becherform. H. 12.
Grab 59.
In Tiefe von 1,10 m, von Wurzeln durchwachsen. 1. Doppelkonus
mit Leichenbrand und drei Horizontalriefen, über diesen runde Grübchen.
Masse nicht festzustellen. 2. Schüssel mit nach aussen stehendem breiten
Rande. 3. Topf mit zwei Henkeln, niedrigem, zylindrischem Halse, zwei
Horizontalriefen am Halsabsatz und unter den Riefen fünf grössere,
runde Eindrücke. Auf den Henkeln ein Längsgrat. Höhe und W.
etwa 16. — 4. Krugtasse mit niedrigem Fusse. H. u. W. etwa 10.
5. Starkwandige, konische Tasse mit einem Längsgrat auf den Henkeln.
H. 10, M. 9, B. 6. |
Grab 60.
Unter einem vollständig erhaltenen Steinpflaster von etwa 80 bis 90 cm
Durchmesser auf Steinplatten lagernd 1. Doppelkonus mit Leichenbrand.
Zwischen den Schädelstücken ein zusammengebogener Bronzering aus
runden Draht. Über der Bauchkante vier breite, horizontale Riefen und
darüber Gruppen von je drei runden Eindrücken. H. 24, W.30, B. 9.
2. Schüssel mit zwei horizontalen Facetten auf dem breiten Rande. Der
innere Schüsselboden zeigt drei konzentrische Kreisfurchen. 3. Gerauhter
Topf ohne Henkel mit Knöpfen unter dem Rande. H. 16, W.16, M. 14.
4. Einfaches, kleines, henkelloses Tépfchen in Becherform, gefüllt mit
den kleinen Knochen eines Kindes. Darüber lag 5. eine Schüssel mit
schräg abgeflachtem Rande.
Grab 61.
Unter einer Steinpflasterung auf einer Steinplatte 1,25 m tief.
1. Doppelkonus mit Leichenbrand und unregelmässig vertikal und schräg
gerieftem Unterteil. H. 23, W. 30, B. 9. — 2. Schüssel mit breitem
Rande. 3. Terrine mit zwei Henkeln. H. 18, W. 23, B. 10. Auf dem
Bauche Figuren, bestehend aus Dellen, die mit konzentrischen und ge-
furchten Halbkreisen umrahmt sind. Zwischen diesen Figuren stehen
Gruppen von je vier vertikalen, breiten Furchen. 4. Konische Tasse.
H. 9, M. 9, B. 7. — 5. Krugtasse mit eingewölbtem Boden und schräg
gefurchter Bauchfläche.
Grab 62.
Unter einem Steinpflaster auf Steinplatten, 1m tief und auch von
Steinen umstellt: 1. Henkellose, weitbauchige Terrine mit niedrigem,
Ausgrabungen bei Woltersdorf. 473
wenig ausladendem Halse. H.12, W. 19, am Halsansatz 13, M. 14, B. 5,5.
Auf dem Bauche vier spitze kleine Buckel, jeder umrahmt mit einer halb-
kreisförmigen Leiste. Die Standfläche eingewölbt. Gefüllt mit dem
Leichenbrande einer jugendlichen Person. (Siehe Abb. 9a auf Seite 453.)
Zwischen den Knochen fand sich ein kleiner Ring aus Bronzeblech,
Durchmesser 1,4 cm, Breite 4 mm, er war so schwach, dass er in drei
Stücke zerbrach 2. Schüssel mit einer horizontalen Facette auf
dem breit nach aussen gelegten Rande und mit unregelmässig ge-
riefter Aussenflache. M. 28. 3. Kleine Vase mit engem, zylindrischem
Halse und zwei kleinen Henkeln. H. 12, W. 12,5, am Halsansatz
5,5, M. 4,7, B. 5. Unter den fast rechtwinkligen Henkeln je ein
kleiner, spitzer Buckel, mit zwei breiten Furchen im Halbkreise um-
rahmt. Diese beiden und zwei horizontale Halsfurchen bilden scharfe
Grate. Zwischen diesen Buckelfiguren befinden sich, auch auf der Bauch-
kante, vier erbsengrosse Eindrücke, die im Halbkreise von drei konzen-
trischen schmalen Riefen umzogen werden. 4. Kleiner D.-Konus, ziegel-
rot, mit zwei kleinen Henkeln über der scharfen Bauchkante. H. 8,5,
W. 12, M. 10, B. 5. Der untere Teil ist im Verhältnis zum oberen sehr
niedrig. Die Bauchkante ist schräg gerippt, über derselben vier horizontale
Riefen und auf diesen sechs Gruppen von je drei erbsengrossen Grübchen.
5. Tasse von konischer Form, wenig nach aussen gewölbt. H. 5.5, M. 8,5,
B. 4. Der Henkel hat einen Längsgrat. 6. Tasse, wie 5, nur niedriger.
H. 3, M. 5,5, B. 3. Der Henkel hat einen Längsgrat, und unter ihm sind
drei runde Grübchen eingedrückt. 7. Krugtasse mit eingewölbter Stand-
fläche und schrägen, breiten Furchen auf dem Bauche. Über der hori-
zontalen Halsfurche gruppenweise erbsengrosse Eindrücke. H.7,5, W. 10,
M. 9, B. 2,5. 8. Tonnenförmiger Topf mit zwei Henkeln und konischem,
etwas eingezogenem Halse. Unter der horizontalen Halsfurche zehn
grössere runde Grübchen, die in gleichen Abständen stehen. H. 15,
W. 15, M. 10, B. 7,5. 9. Zweihenkliger Topf, von gleicher Form wie
8. Die Grübehen stehen jedoch über der breiten Halsfurche gruppen-
weise. Unter jedem Henkel auch noch drei solcher Griibchen. Auch ein
Längsgrat auf den Henkeln. H.15, W. 15, M. 9,5, B. 6,5. 10. Gerauhter
Topf mit Knöpfen unter dem Rande.
Grab 63.
Die Situation des Grabes wie 62, nur von Wurzeln durchwachsen.
1. D.-Konus mit Leichenbrand. Sehr mürbe. W. etwa 30. Uber der
Bauchkante drei breite horizontale Riefen. Der Unterteil radial und schräg
gerieft. 2. Schüssel mit breitem, ausgelegtem Rande und unregelmässig
geriefter Aussenfläche. 3. Krug mit eingewölbter Standfliche und schräg
gefurchter Bauchfläche. H. 13, W. 15, M. 13,5, B. 5. 4. Tonnenförmiger
Topf ohne Henkel und ohne Hals. 5cm unter dem Rande eine horizon-
tale Leiste aufgesetzt, mit regelmässigen, tiefen, vertikalen Einschnitten.
H. 16,5, W. 17,5, M. 14, B.9. (Siehe Abb. S. 495.) 5. Grosser breitrandiger
Napf mit stark eingezogenem Halse. H. 12,5, W. 18,5, M. 18,5, B. 8,5,
6. Gerauhter Topf mit Knöpfen unter dem Rande H. 15, W. 15,
Zeitschrift für Ethnologie. Jahrg. 1911. Heft 3 u. 4. 31
474 H. Busse:
M. 18, B. 9. 7. Kleine Vase. H. 5, W. 5, M. 3. Die Beigefässe 3
bis 6 lagen mit dem Boden nach oben. 8. Krug mit einem 1,5 cm
hohen Fusse.
| Grab 64.
In der Tiefe von 60 cm eine regelmässige Steinpackung, unter der-
selben eine mit Topfscherben gemischte Erdschicht und sodann vom
Niveau 1,30 m tief stehend: 1. D.-Konus mit Leichenbrand und niedrigem
Fusse. Der Oberteil stark eingewölbt. Über der scharfen Bauchkante
vier horizontale Riefen. Der Unterteil ist kreuzweise gerieft. 2. Schüssel
mit breitem, ausgelegtem Rande. 3-5. Stücke von drei Beigefässen,
deren Form nicht festzustellen.
Grab 65.
Die Steinpflasterung ist 65, die Basis des Grabes 110 cm tief. Auf
einer Steinplatte: 1. Sehr grosse Terrine, starkwandig, mit weitem Halse
und gerieftem Unterteil. Form wie 1 aus Grab 43. Sie diente als
Behälter der 2. Terrine mit Leichenbrand. Sehr wenig ausgewölbter,
konischer Hals und niedriger Fuss. H. 19,5, W. 22, am Halsansatz 17,5,
M. 16, B. 7,5. Unter den Schädelstücken lag ein Ring aus Bronzeblech
mit einer horizontalen Riefe auf der Aussenseite. Durchmesser 1,4 cm,
Breite 3 mm. Der Ring ist offen und die Enden sind übereinander-
gebogen. 3. Schüssel mit niedrigem, eingewölbtem Fusse und eingezogenem
Halse. Der breit ausgelegte Rand ist ringsherum in gleichen Abständen
mit kleinen dreieckigen Spitzen versehen. H. 11, W. 31,5, B.10. 4. Ge-
rauhter, henkelloser Topf mit Knöpfen unter dem Rande. H.15, W. 18,
M. 14, B. 8. 5. Krugtasse. H. 8,5, W. 10,5, M. 10,5, B. 5,5. 6. Krug
mit breitem Henkel und einem 1 cm hohen, konischen Fusse. Der Hals
weit ausladend. H. 14,5, W. 15, M. 14, B.6. 7. Vase mit zwei Henkeln
und hohem, konischem Halse. H. 17,5, W. 17, M. 11,5, B. 7,5. 8. Krug-
tasse mit breitem Henkel, niedrigem Halse und niedrigem Fusse. H. 7,
W. 11,5, M. 10,5, B. 7,5. Die Gefässe 5—8 mit dem Boden nach oben
stehend.
Grab 66.
60 cm tief lag ein unberührtes Steinpflaster von 1 m Durchmesser und
30cm Stärke. Unter diesem Pflaster befand sich eine mit Steinen um-
legte runde Grube, deren Boden ebenfalls mit Steinen gepflastert war.
Die Basis betrug 1,40 m, der Durchmesser der Gruft 70 bis 80 cm. Darin
lagen nun die meist zerdrückten Gefässe: 1. Sehr grosse Terrine, dick-
wandig, mit niedrigem Fusse. H. 36, W. etwa 48, M. 35, B. 16. Form
wie die ad 7 in Grab 32. Auf dem Bauche einzelne vertikal aufgesetzte
Rippen. Unterteil gerauht, die übrige Fläche geglättet. Sie diente als
Urnenbehälter. 2. Schüssel mit nach innen umgelegtem, breit und schräg
gefurchtem Rande. 3. D.-Konus mit Leichenbrand in 1 stehend, mit
vier breiten horizontalen Riefen über der scharfen Bauchkante. H. 26,
W. 31, M. 24, B. 10. Unterteil uuregelmässig radial und schräg geritzt.
Uber den Riefen sind gruppenweise Fingereindrücke angebracht.
Ausgrabungen bei Woltersdorf. 475
4. Schiissel mit zwei horizontalen Facetten auf dem breiten Rande. 5. Ge-
rauhter Topf mit wenig eingezogenem Halse und Knöpfen unter dem
Rande H. 17, W. 18, M. 16, B. 10. Gefüllt mit Leichenbrand.
6. Schüssel mit ausgelegtem, breitem Rande. 7. Kleine Schale mit ein-
gewölbtem Boden. H. 5,5, M. 10,5. Auf der Aussenfläche vier vertikale
Reihen erbsengrosser Grübchen. In der Schale die kleinen Knochen
eines Kindes. Gedeckt mit 8. kleiner Schale ohne Standfläche H. 6,
M. 10. 9. Kleine Schale, ebenfalls ohne Standfliche. H. 6, M. 11,5.
10. Krugtopf mit eingewölbter Standfläche und vier kleinen Buckeln auf
dem Bauche. H. 9,5, W. 12, M. 10,5, B. 4. 11. Krugtasse mit einge-
wölbtem Boden und schräg gefurchtem Bauche. H. 8,5, W.10, M. 9, B.4.
Der Henkel ragt über die Mündung hinaus. 12. Krugtasse von gleicher
Form wie 11, die Furchen auf dem Bauche sehr schräg stehend.
13. Krugtopf von schwacher Wandung mit sehr breitem Henkel, ein-
gewölbtem Boden und schräg gefurchtem Bauche. Auf dem Rande zu
beiden Seiten des Henkels zwei spitze Hörnchen. H. 12, W. 19, M. 15,
B. 7. — 14. Gerauhter Topf mit wenig eingezogenem Halse und Knöpfen
unter dem Rande. 15. Kleine Terrine mit zwei Henkeln. W. etwa 15.
16. Schüssel mit einem 1 cm breiten, schräg ausgelegten Rande. Unter
der Schüssel stehend 17. ein kleiner D.-Konus mit drei horizontalen
Riefen über der Bauchkante und über den Riefen Gruppen von je drei
kleinen Grübchen. Gefüllt mit kleinen Knochen eines Kindes. H. 10, W. 14.
Grab 67.
Unter zehn Steinen, 80 cm tief, im Sande stehend, deshalb gut erhaltene
Gefässe. 1. Sehr schöner Pokal mit zwei kleinen Henkeln und einem 5 cm
hohen konischen Fusse. H. 14,5, W. 14,5, M. 13, B. 10. (Siehe Abb. Seite 494.)
Der Fuss hat eine ebeneStandfläche, 12 breite horizontale Riefen und ist innen
hohl. Der obere Teil des Pokals ist doppelkegelig, über der Bauchkante
vier breite Horizontalriefen. Über diesen stehen vier Figuren, gebildet
aus einer kleinen Delle, die umrahmt ist mit zwei breiten konzentrischen
Furchen in Halbkreisform. Merkwürdig ist die Stellung dieser Gruppen.
Sie stehen in gleichen Abständen derartig, dass zwischen den beiden
Henkeln je drei stehen müssten, doch es stehen nur zwei, der dritte Platz
ist leer gelassen. Der Pokal war bis zum Rande gefüllt mit dem Leichen-
brande eines jugendlichen Menschen. Bedeckt war er mit 2. einer Terrine
ohne Henkel. H. 15,5, W. 25, M. 20. Der Boden ohne ausgeprägte Stand-
fläche. Der niedrige Hals etwas eingewölbt wenig ausladend und durch eine
schmale Furche abgesetzt. Auf dem Bauche vier kleine spitze Buckel, die
umrahmt sind mit zwei konzentrischen, scharfkantigen Leisten in Dreiviertel-
kreisform. Das Gefäss ist sehr schön geglättet und rötlich braun. 3. Schüssel
mit zwei plastischen Bogen auf dem 2,5 cm breiten ausgelegten Rande.
(Siehe Abb. Seite 493.) Aussenfläche radial gerieft. Unter dem Rande
stark eingezogen. 4. Krugtopf mit sehr schräg gefurchtem Bauche und
eingewölbter Standfläche. H. 13,5, W. 21, an der horizontalen Halsfurche
19,5, M. 21. An beiden Seiten des mit einem Längsgrat versehenen sehr
breiten Henkels zwei spitze Hörnchen. 5. Krugtopf mit sämtlichen Eigen-
31”
476 H. Busse:
schaften wie 4, nur wenig kleiner. H. 13, W.17,5, an der Halsfurche
14, M. 15, B. 4. 6. Gerauhter Topf mit Knöpfen unter dem Rande und
wenig eingezogenem Halse. H. 20, W. 21, M. 17, B. 9. Sämtliche Bei-
gefässe lagen mit dem Boden nach oben. 7.Krugtopf mit bis zum Boden
führenden schrägen breiten Furchen und eingewölbter Standflache. H. 11,
W. 15, an der Halsfurche 11,5, M. 14, B. 3,5.
Grab 68.
Unter einer Steinpflasterung von 1,25 m Durchmesser auf zwei Stein-
platten liegend.
l. Sehr grosse Terrine, in Form und Grösse wie Nr. 7 aus Grab 32.
Am oberen Bauche Gruppen aus je drei grösseren runden Dellen.
Darin stand: 2. Terrine mit eingewölbter Standflache. W. etwa 25. Ge-
naue Form unbestimmbar. Im Leichenbrande lagen die vom Feuer sehr
beschädigten Stücke einer Nadel aus Bronze. 3. Schüssel mit zwei hori-
zontalen Facetten auf dem breiten, ausgelegten Rande. 4 Terrine mit
zwei Henkeln und einer breiten Halsfurche. W. etwa 18. — 5. Kleiner
henkelloser Topf mit stark eingezogenem Hals und breitem Rande. W.
etwa 13.
Grab 69.
Nahe der Kl.-Schönebecker Grenze drei vom Pfluge zerrissene grössere
Steinpflaster mit Tonscherben, also flachliegende zerstörte Gräber.
Unter einer vierten Pflasterung: 1. Doppelkonus mit Leichenbrand,
genaue Form nicht gut erkennbar. 2. Schüssel mit breitem Rande.
3. Kleine Schale mit eingewölbtem Boden. 4. bis 6. Drei Beigefässe
deren Form und Grösse unbestimmbar.
Grab 70.
In derselben Verfassung und ebenso flach liegend und zerstört wie
Grab 69.
1. Doppelkonus mit Leichenbrand. 2. Schüssel mit zwei horizontalen
Facetten auf dem breiten Rande. 3. Gerauhter Topf mit Knöpfen unter
dem Rande. 4. und 5. Beigefässe mit unkenntlichen Formen.
Grab 71. (Siehe Abb. 15.)
Ziemlich in der Mitte der Nekropole, 90 cm tief unter zwölf grösseren
Steinen, stand auf einer Steinplatte: 1. Ein zerdrückter Doppelkonus mit
Leichenbrand. W. etwa 26. Uber der scharfen Bauchkante drei horizon-
tale Riefen. Die Urne war durch zwei grosse Steine vollständig zer-
drückt. Ebenso 2. eine Schüssel mit breitem Rande und geriefter Aussen-
fläche und 3. kleine Schale mit eingewölbtem Boden. M.8. Besser er-
halten, mit dem Boden nach oben und tiefer im Sande stehend, waren:
4. Grosser Napf mit stark eingezogenem Halse, breitem Rande und nie-
drigem Fusse. H. 11, W. 19,5, M. 20,5, B. 7. — 5. Sehr schöne Buckel-
urne (Napfform) mit fünf grossen, spitzen, von innen herausgedrückten
Buckeln. H. 15, W. 26, an der horizontalen Halsfurche 15,5, M. 24 und
19,5, B.9. Der nach innen gewölbte konische Fuss ist 1,5 cm hoch. Der
Ausgrabungen bei Woltersdorf. 477
niedrige Hals ist stark ausladend, der 2,25 cm breite Rand steht etwas
schrag und zeigt eine horizontale Facette. Uber jedem Buckel stehen in
Dreiviertelkreisform zwei konzentrische, breite Furchen, die scharfe, erhöhte
Grate bilden. Die ganze Aussenfläche ist geglättet und schwarz angeblakt.
6. Ebenso schöne Buckelurne (Vasenform) mit zwei Henkeln, die sich
über und unter der horizontalen Halsfurche ansetzen. H. 24, W. 23, M. 11,
B. 8. Der 2,3 cm hohe ebene Fuss ist konisch, der 9 cm hohe Hals zylin-
drisch. Auf der ziemlich scharfen Bauchkante vier grosse Buckel, die
mit zwei breiten konzentrischen Furchen in Dreiviertelkreisform umrahmt
sind. Die Furchen werden von drei scharfen Graten eingefasst. Das
Ganze bildet eine hervorragende Dekoration. Die Aussenfläche der Urne
ist schön geglättet und angeblakt. 7. Ein feinwandiger unverzierter Krug-
topf mit konischem Fusse, zylindrischem Halse und ausgelegten breiten
Rande H.11, W.13, M.10, B.5. Leider hatten einige Wurzeln den
unteren Teil durchwachsen und zerstört. Während nun die Gefässe 4 bis 7
. $
` % l P i
8 ` ~
5 6
Abb. 15. Grab “1.
mit dem Boden nach oben standen, fand sich von ihnen 40 cm abstehend,
aufrecht mit der Mündung nach oben noch 8. eine kleinere Buckelurne
von niedriger Terrinenform und mit zwei Henkeln, die einen Längsgrat
zeigen. Eine gleiche Form zeigt Nr. 4 in Grab 28. H. 11,5, W. 15,5, am
Halsansatz 14,5, M. 13, B. 6. Die Ornamente sind sämtlich sehr sorgfältig
modelliert und sauber ausgeführt und ist dies Gefäss ganz fehlerlos der
Erde entnommen. Seine Farbe ist lederbraun. Der Fuss ist wenig ein-
gewölbt, der Hals konisch. Zwischen den Henkeln vier Horizontalfurchen,
darüber sechs Gruppen vou je vier runden, kleinen Eindrücken. Auf der
Bauchkante stehen vier ein wenig nach unten sich neigende spitze Buckel,
zwei davon direkt unter den beiden Henkeln. Ein jeder ist bogenförmig
konzentrisch umrahmt von zwei breiten und einer dritten etwas schmäleren
Furche und von zwei scharfen Graten, die durch die Furchen gebildet
werden. Der obere Grat der beiden Figuren unter den Henkeln ist der-
artig erhöht, dass er direkt in die Henkelkanten übergeht. Zwischen den
vier Buckelornamenten ist die obere Bauchfläche von den Halsfurchen bis
zur Bauchkante mit vertikalen, parallelen Furchen geziert, die so dicht
nebeneinander stehen, dass scharfe Grate gebildet werden.
478 H. Busse:
Grab 72.
Die Steindeckung und die oberen Teile der Gefässe vom Pfluge fort-
gerissen, etwa 50 cm tief liegend auf einer Steinplatte und mit Steinen
umstellt. 1. Terrine mit Leichenbrand. Genaue Form unkenntlich. 2. und
3. Zwei Beigefässe, deren Form ebenfalls nicht festzustellen.
Grab 73.
Auch vom Pfluge zerstört, jedoch noch von mehreren Steinen ge-
schützt. 1. Doppelkonus mit Leichenbrand, mit niedrigem Fusse und drei
breiten horizontalen Riefen über der scharfen Bauchkante. H. 26, W. 33,
M.25, B.10. 2. Schüssel mit breitem Rande. 3. Gerauhter Topf mit
Knöpfen unter dem Rande. H. 22, W. 21, M.19, B.10. 4. Kleine Schale
mit eingewölbtem Boden.
Grab 74. (Siehe Abb. 16 auf Seite 493.)
Unter vielen Steinen, 1 m tief, auf weissem Sande stehend. 1. Eine
Terrine mit Leichenbrand und konischem, wenig ausgewölbtem Halse.
H. 22,5, W. 24, am Halsansatz 20,5, M. 18, B. 10. Auf der weitesten Aus-
bauchung vier horizontale schmale Riefen, darunter radial zum Boden
führende feine Einritzungen. 2. Schüssel mit ausgelegtem breiten Rande.
3. Krug, verkehrt stehend, mit eingewölbtem, 2cm hohem, konischem
Fusse. H.17, W. 16,5, an der horizontalen Halsfurche 11, M. 16, B. 7.
Die Bauchfläche wird durch eine scharfe Kante in eine sehr hohe und in
eine sehr niedrige Hälfte geteilt. Der wenig eingezogene Hals ist sehr
stark ausladend. Der grosse 4 cm breite Henkel setzt oben lcm unter
dem Rande an und auf dem oberen Bauche ab. Von der Halsfurche bis
zur Bauchkante stehen etwas schräge Gruppen von je zehn breiten Riefen.
4. Kleine Terrine, auch mit dem Boden nach oben stehend, ohne Orna-
ment und von derselben Form wie die Leichenbrandurne 1. H. 11,5,
W. 13,5, am Halsansatz 11,5, M. 9,5, B. 5,5. Sie kam fehlerlos heraus.
Grab 75.
Unter vielen Steinen, 1 m tief, auf einer Steinplatte. 1. Eine zer-
drückte Terrine mit Leichenbrand. H. 24, W. 32, M. 23, B. 11. Zwischen
den Knochen zehn grössere und kleinere Bronzestücke (Fragmente), die
vom Feuer verzogen und angeschmolzen sind. 2. Schüssel mit spitzen
Hörnchen am breiten Rande. Die nun folgenden Beigefässe lagen sämt-
lich mit dem Boden nach oben. 3. Kleine Terrine mit zwei Henkeln
ohne Ornament. H. 8,5, W. 11, M. 7,5, B. 7. Oberfläche vom Feuer blasig
und aschgrau. 4. Grosser Napf mit eingewölbtem, konischem Boden und
breitem, ausgelegtem Rande. Hals eingezogen. Der Rand zeigt, kaum merk-
lich, rings herum kleine Spitzen. Das Gefäss wurde fehlerlos der Erde ent-
nommen. 11.16, W.21, an der Halsfurche 15,5, M. 19, BI — 5. Henkel-
loser grosser Topf, ohne Ornament, mit stark eingezogenem Halse und
breitem schrägem Rande. JI. 22, W. 21, am Halsansatz 16,5, M. 21, B. 10.
6. Dunkelbrauner, glänzender Krug von seltener eleganter Form mit ein-
gewölbter Standfläche, sehr niedrigem Unterteil, hohem, etwas ein-
Ausgrabungen bei Woltersdorf. 479
gebogenem, stark ausladendem Halse und sehr grossem, bandförmigem
Henkel. H. 16, W. 11,5, am Halsansatz 9, M. 14, B. 4. (Siehe Abbildung
Seite 494). — 7. Tonnenférmiger Topf mit niedrigem Halse und breit
ausgelegtem Rande. H. 14, W.14, M. 14,5, B. 7,5. — 8. Kleinere Terrine
mit zwei Henkeln, 1,5 cm hohem konischen Fusse, weitem Bauche und
konischem hohen Halse. H. 18, W. 18, M. 11, B. 8. Schön geglättet,
glänzend und dunkelbraun.
Grab 76.
Flach liegend, vom Pfluge zerrissen. 1. Doppelkonus mit Leichen-
brand. Masse nicht festzustellen. 2. bis 4. Drei Beigefässe, deren Formen
nicht bestimmbar.
Grab 77.
Nachdem ich einige sehr zerstörte Grüfte konstatiert hatte, fand ich
90 cm tief, bedeckt von vielen Steinen, eine Grube, die mit Steinen um-
stellt war. In dieser lag der Leichenbrand von zwei erwachsenen Per-
sonen. Auf den Knochen lag eine Schüssel mit niedrigem Fusse und nach
innen gebogenem, breit und schräg gefurchtem Rande. Die Aussenfläche
hat blattförmiges Ornament, dazwischen horizontale und schräge tiefe
Riefengruppen.
Grab 78.
2 m östlich vom Grab 77 wurde eine Steinpyramide von 80 cm Durch-
messer und 60 cm Höhe ausgegraben, und 1m nördlich von derselben kam
unter einer grösseren Steinpackung ein grosses Grab zum Vorschein. Die
Gefässe standen auf drei Steinplatten, 1,10 m tief, und waren ebenfalls mit
Steinen umlegt. (Siehe Abb. 17 auf Seite 464.)
. Eine grosse Terrine mit scharfer Bauchkante und ausladendem
konischen, 12 cm hohem Halse, H. 27, W. 39, am Halsansatz 32, M. 33,
B. 13, mit niedrigem Fusse und gerauhtem Unterteil. Am oberen Bauche
stehen sechs Gruppen, jede aus sechs vertikalen, parallelen, breiten Rippen
bestehend. Darin stand: 2. eine niedrige zweihenklige Terrine mit Leichen-
brand, H. 17, W. 31, an der Halsfurche 27, M. 24, B. 10. Der konische
Hals ist stark eingewölbt, an seinem unteren Teile zwischen den Henkeln
ein Band aus sieben horizontalen schmalen Riefen. Von der Halsfurche
bis zur Bauchkante ist die Urne mit schräg stehenden Gruppen von ab-
wechselnd 10 bis 12 Riefen und Furchen geziert. Der Fuss ist niedrig.
Unter den Schädelstücken lag ein Ring aus stärkerem Bronzedraht, dessen
Enden übereinander gebogen waren. 3. Grosse Schüssel mit nach innen
gebogenem und schräg gefurchtem Rande. 4. Kleinere Schüssel, von
gleicher Form wie 3, die Aussenfliche ist radial und schräg gerieft.
5. Terrine mit drei horizontalen Facetten auf dem oberen Bauch. H. 17,
W. 18,5, M. 14, B. 8,5. Uber der Halsfurche Gruppen aus je drei
runden Grübchen. Die Urne war gefüllt mit dem Leichenbrande eines
jugendlichen Menschen. Auf den Knochen lagen zwei Ringe aus Bronze-
draht. Die Enden waren übereinander gebogen. Durchmesser: 1,6 cm.
Beide derartig oxydiert, dass sie zerbrachen. 6. Schüssel wie 3, nur
480 H. Busse:
kleiner. 7. Weitmiindiger konischer Topf mit zwei Henkeln und etwas
ausgewölbter Wandung. H.16, M. 19, B. 9. Dieser Topf war zur Hälfte
gefüllt mit Leichenbrand eines jugendlichen Menschen und bedeckt mit einer
8. Schüssel von der Form wie 6. 9. Terrine, deren Grösse und ge-
naue Form sich nicht feststellen liess. Sie diente als Behälter für 7
und 8. 10. Kleine Terrine mit zwei Henkeln und hohem konischen Halse.
Am Halsansatz und unter der Bauchkante eine horizontale Furche, da-
zwischen rund herum aus Riefen gebildete sogenannte schraffierte Dreiecke.
Dieses Ornament hier zum ersten Male gefunden. H 11, W. 14,5, M. 11,5,
B. 5,5. 11. Gerauhter Topf mit Knöpfen unter dem Rande. 12. Konische
Tasse, mit etwas ausgebogener Wandung und zwei spitzen Hörnchen an
den Seiten des oberen Henkelansatzes.
. Grab 79.
Flachliegend, ohne Decksteine, die Gefässe zerrissen. Von Grab 78
östlich 3 m entfernt. 1. Doppelkonus mit Leichenbrand. 2. Schüssel mit
breit gefurchtem Rande. 3. Kleine Schale mit eingewölbtem Boden.
Grab 80.
4m östlich von Grab 79 auch in derselben Verfassung. 1. Terrine
mit gerauhtem Unterteile und mit Leichenbrand. Auf der Bauchkante
kleine Buckel, die mit konzentrischen breiten Furchen in Halbkreisform
umrahmt sind. Zwischen diesen Figuren vertikale Furchengruppen.
2. Schüssel mit breitem Rande. 3. Grosser niedriger dunkelbrauner Krug-
topf mit wenig eingewölbter Standfläche und hohem eingebogenen Halse.
Der breite Henkel hat einen Quer- und darunter einen Längsgrat.
Grab 81.
Im Osten des Gräberfeldes fanden sich zwei Steinpyramiden von 80 und
100 em unterem Durchmesser, Höhe 80 bis 90 cm. 3 m nördlich von ihnen
zwischen Decksteinen und auf Steinplatten stand zerdrückt: 1. Terrine
mit gerauhtem Unterteile. W. etwa 30. Gefüllt mit Leichenbrand. Am
Halsansatz vier horizontale Riefen, darüber Gruppen von runden Grübchen.
Auf dem Bauche schräg aufgelegte Rippen, einzeln stehend. 2. Schüssel
mit zwei horizontalen Facetten auf dem breiten Rande. 3. Krugtopf mit
niedrigem konischen Fusse und sehr schräg gefurchter Bauchflache. H. 12,
W. 18, M. 14, B.8. 4. Krugtasse mit schräg gefurchter Bauchfläche. H. 9,
W.11, M. 10, B.6. 5. Gerauhter Topf ohne Henkel mit runden spitzen
Knöpfen unter dem Rande. H. 17, W. 17, M. 16, B.8. 6. Henkelschale
mit eingewölbtem Boden. Der Henkel ist nicht bogenförmig wie bei
anderen Schalen, sondern spitzwinklig. H. 3,5, M. 10, B. 4. 7. Tasse,
deren Form und Grösse wie 12 in Grab 78, auch zwei Hörnchen auf
dem Rande.
Grab 82.
Von den Decksteinen und den unteren Steinplatten zerdrückt, 90 cm
tief. 1. Eine Terrine mit Leichenbrand und spitzen kleinen Buckeln auf
Ausgrabungen bei Woltersdorf. 48!
der Bauchkante, die jedoch nicht umrahmt sind. Zwischen den Buckeln
stehen jedesmal drei vertikale breite Furchen. Der eingewölbte Hals stark
ausladend, der Fuss niedrig, das Unterteil gerauht, Masse nicht fest-
zustellen. 2. Schüssel mit konischem Fuss und zwei horizontalen Facetten
auf dem breiten Rande. 3. Krugtopf von dünner Wandung mit niedrigem
Fusse und schräg gefurchter Bauchfläche. H. 14, W. 19, M. 15, B. 6.
4. Gerauhter Topf mit Knöpfen unter dem Rande. H. 13, W.14, M. 12,
B. 9. 5. Kleine Schale mit eingewölbtem Boden.
Grab 83.
An der Ostseite des Feldes, flachliegend, vom Pfluge zerrissen.
1. Terrine mit Leichenbrand eines jugendlichen Menschen. Die Bauch-
fläche schräg gefurcht. Masse nicht genau festzustellen. W. etwa 16.
2. Schüssel mit breitem Rande.
Grab 84.
Östlich der Gräber 71 bis 75, 4 m entfernt von letzteren ein in seinem
Bau gut erhaltenes Grab; 1,10 m tief lagen die Gefässe auf zwei grösseren
Steinplatten. Die obere Steindeckung war auch noch intakt. 1. Terrine
mit niedrigem Fusse, gerauhtem Unterteile, konischem, weit ausladendem
Halse und einzelnen schrägen Rippen auf dem oberen Bauche. H. 24, W. 27,
M. 19, B. 9. Gefüllt mit Leichenbrand. 2. Schüssel mit zwei horizontalen
Facetten auf dem 3,5 cm breitem Rande. 3. Grosse dünnwandige, kugelige
Vase mit zwei rechtwinkligen Henkeln am engen zylindrischen Halse.
H. 30, W. 27, am Halsansatz nur 12, M. 9, B. 10,5. Unter den 3 cm breiten
Henkeln zwei runde Grübchen. Der nach oben sich verengende, wenig
ausgebogene Hals ist 8cm hoch. (Siehe Abb. 18 auf Seite 464.) 4. Krug-
topf mit schräg gefurchter Bauchfläche. H. 9, W. 14, M. 14, B. 5,5
5. Krugtasse mit eingewölbter Standfläche und grossem Henkel. H. 9,5,
W. 11,5, M, 9,5, B. 4. 6. Kleinere Krugtasse mit eingewölbtem Boden.
W. etwa 8—9. 7. Napf mit niedrigem Fusse, breitem schrägen Rande und
dünner Wandung. H. 12, W. 15, M. 13, B. 8. 8. Krug ohne Ornament
mit niedrigem Fusse, kugeligem Bauche, hohem, eingewölbtem und stark
ausladendem Halse und grossem breiten Henkel, der 1 cm unter dem
Rande ansetzt. H. 16, W. 14, M. 13, B. 7. 9. Schüssel mit einem 1 cm
hohen konischen Fusse, eingezogenem Halse und ausgelegtem breiten
Rande, der ringsherum mit Querrippen geziert ist, die in gleichen Ab-
ständen aufliegen. H. 11, M. 21,5, B. 7. Der Henkel ist 3 cm breit. Diese
Schüssel war gefüllt mit Leichenbrand eines jugendlichen Menschen und war
bedeckt mit einer 10. Schüssel von gleicher Form wie 9. (Siehe Abb. 18.)
Grab 85.
Von Grab 84 4 m östlich, flachliegend, vom Pfluge zerrissen.
1. Doppelkonus mit Leichenbrand. 2. Schüssel mit gefurchtem Rande.
3 bis 6, vier Beigefässe, deren Formen nicht festgestellt werden konnten
482 H. Busse:
Grab 86.
Unweit der Grenze, flachliegend, ein zerrissenes Grab, die Gefässe
mit Steinen umstellt. 1. Sehr grosses schüsselförmiges Gefäss (Satte)
ohne Henkel. H. 17, W. 44, M. 43, B. 15. Auf einem niedrigen Fusse
baut sich das Gefäss wie eine Schüssel bis zu dem Halsansatze auf. Jetzt
folgt jedoch abweichend von der Form einer Schüssel der hohe wenig
eingezogene Hals zylindrisch bis zu dem geraden, abgestrichenen Rande.
Die Satte ist vom Boden bis zum Rande gerauht und zeigt mit den
Fingern radial gezogene flache Furchen. Sie diente als Deckel zur
2. Terrine mit Leichenbrand, in Form ähnlich wie Nr. 3 aus Grab 78, nur
ohne Henkel. H.20, W. 27, M. 18, B. 10. Über der Halsfurche Gruppen
von runden Grübchen. Am oberen Bauche parallele, vertikale, breite Furchen
endigend an der grössten Ausbauchung. Der Unterteil ist mit radialen,
schrägen und horizontalen Riefen gruppenweise geziert. 3. Schüssel mit
schräg gefurchtem Rande. 4. Krugtasse mit schräg gefurchter Bauch-
fläche. 5. Kleine Schale mit eingewölbtem Boden, darin der Leichenbrand
eines Kindes. Gedeckt mit 6. einer Krugtasse mit schräg gefurchter
Bauchfläche und eingewölbtem Boden. H. 5,5, W. 7, M. 6.
Grab 87.
4m westlich vom Grab 86. Die Decksteine auseinandergerissen, auf
einer Steinplatte 70 cm tief. 1. Gleichförmiges Gefäss (Satte) wie Nr. 1
aus Grab 86, nur etwas kleiner mit einem niedrigen konischen
Fusse. Der Unterteil gerauht. Die Satte diente als Deckel zum
2. Doppelkonus mit Leichenbrand. H. 27, W. 33, M. 25, B. 11. Uber der
scharfen Bauchkante vier breite horizontale Riefen, über diesen stehen
Gruppen von je drei ovalen Eindrücken. Der Unterteil ist mit schräg
stehenden Riefen geziert, die sich kreuzen. Unter den Schädelstücken
lag ein Bronzering aus rundem Draht, 1 mm dick, Durchmesser 2 cm.
Die beiden Enden sind übereinander gebogen. 3. Gerauhter Topf mit
Knöpfen unter dem Rande, dessen Masse nicht festzustellen. 4., 5. und 6.,
drei kleine Henkelschalen. Sie lagen ineinander, eine immer etwas
grösser als die andere, auf dem Leichenbrande in Urne 2. Alle drei
haben eingewölbten Boden. Die eine zeigt drei runde Grübchen unter
dem Henkel, die zweite fünf solche um den unteren Henkelansatz. M. 13,
9,5 und 8,5, H 5,4 und 3,5.
Grab 88.
An der Klein-Schönebecker Grenze wurden abermals zwei Stein-
pyramiden ausgegraben. Die Gräber 88—91 im Westen des Feldes.
Unter zerstreuten Steinen, 90 cm tief. 1. Doppelkonus mit Leichenbrand.
W. etwa 33. Über der scharfen Bauchkante drei breite, horizontale
Riefen, darüber Gruppen von runden Grübchen. Unterteil abwechselnd
mit horizontalen und vertikalen Riefengruppen geziert. 2. Schüssel mit
schräg gefurchtem Rande. 3. Terrine mit Leichenbrand und mit niedrigem
Fuss. H. 19, W. 23, B. 10. Am unteren Halse vier schmale, horizontale
Furchen, unter diesen drei breite Furchen, die scharfe Grate bilden.
Ausgrabungen bei Woltersdorf. 483
4. Schüssel wie Nr. 2. 5. und 6. Zwei Beigefässe, deren Formen nicht
festzustellen.
Grab 89.
Mit Steinen umstellt auf einer Steinplatte, 1,10 m tief. 1. Doppel-
konus mit Leichenbrand. H. 22, W. 26, M. 17, B.9. Mit stark ein-
gewölbtem, hohem Oberteil und niedrigem Fusse. Über der scharfen
Bauchkante vier breite, horizontale Riefen, über diesen stehen Gruppen
von je drei runden Grübchen. 2. Schüssel mit dreieckigen Spitzen am
breiten Rande. Auf dem Rande zwei horizontale Facetten, die Aussen-
fläche gerauht. 3. Kleiner Doppelkonus mit zwei horizontalen Riefen auf
der Bauchkante. 4. Kleine Krugtasse.
Grab 90.
Mit Steinen umstellte Gefässe, 1 m tief. 1. Der Unterteil einer
schwachwandigen Terrine mit Leichenbrand eines jugendlichen Menschen.
H. 4,5, W. 14,5, B. 5,5. Am Rande gruppenweise vertikale Furchen.
Der Oberteil ist glatt abgebrochen und fehlt. Zwischen den Knochen
lagen zwei Ringe, der eine aus rundem Draht, der andere gedreht.
Durchmesser 1,5 cm. (Siehe Abbildung auf S. 495). 2. Der Unterteil eines
Gefässes, dessen oberer Teil auch glatt abgebrochen war, er diente als
Deckel zu Nr. 1. 3. Kugelige Schale mit einer Delle als Standfläche,
rundherum um diese fünf kleine runde Grübchen. H. 5, W. 9,5, M. 7,5.
Mit den kleinen Knochen eines Kindes gefüllt. 4. Kleine Schüssel mit
gekerbtem Rande. 5. Kleine Vase. H. 8,5, W. 7, M. 3,7, B. 3. Über
dem konischen Fusse eine, am unteren zylindrischen Halse vier schmale,
horizontale Riefen. Zwischen diesen Riefen, auf der Bauchfläche, stehen
vertikale und dagegen schräge Riefengruppen. Über und unter den Hals-
riefen kleine runde Eindrücke und über jedem der beiden Henkel zwei
ebensolche. 6. Kleine Schale mit eingewölbter Standfläche. H 5,5,
M. 10. 7. Tonnenförmiger, kleiner Eimer. H.7, M. 7, B.4,5. Zwischen
den Henkeln zwei, über dem Boden eine horizontale Riefe.
Grab 91.
Fünf Meter nördlich vom Grab 90. Die Decksteine abgepflügt,
80 cm tief. 1. Terrine mit Leichenbrand. H. 20, W. 26, M. 18, B. 10.
Am unteren Halse drei horizontale Riefen. Auf dem Bauche zwei kleine
Buckel, umrahmt mit drei konzentrischen, breiten Furchen in Halbkreis-
form. Zwischen diesen beiden Figuren stehen vertikale Furchengruppen,
die jedesmal durch eine vertikale Rippe getrennt werden. 2. Schüssel
mit breitem, ausgelegtem Rande. Der innere Boden ist konzentrisch
gefurcht. Gegen diese Kreise stehen noch vier kurze Furchengruppen.
3. Kleine Terrine mit dem Leichenbrande einer jugendlichen Person. Die
Henkelstellung weicht insofern von der ähnlicher Gefässe ab, als hier
die Henkel erst am unteren Halse an- und auf der weitesten Ausbauchung
absetzen. Auf der Ausbauchung drei horizontale Riefen. Der Hals ist
konisch. H. 14,5, W. 15, M. 10,5, B. 8. 4. Kleine Schüssel mit niedrigem
484 H. Busse:
Fusse und einem 2 cm breiten ausgelegten Rande. Die Aussenfläche ist
radial geritzt. H. 5, M. 16,5, B. 6,5. Die Schüssel lag auf Nr. 3. 5. Schale
mit eingewölbter Standflache. H. 4,5. M. 13, B. 5,5. Sie war gefüllt mit
den zarten Knochen eines Kindes und bedeckt mit dem Unterteil 6. einer
Terrine, deren Hals glatt abgebrochen war. Auf der Bauchkante derselben
vier kleine spitze Buckel. H. 4,5, M. 16, B. 8. 7. Konische Tasse mit
ausgebogener Wandung. H. 6,5, M. 10, B. 5. Darin der Leichenbrand
eines Kindes. Bedeckt mit einem 8. Gefässunterteil, dessen B. 6.
9. Henkelschale mit eingewölbter Standfläche. M. 8. 10. Kleine, kugelige
Vase mit vier kleinen, spitzen Buckeln und breiter Halsfurche. Hals
ausladend. H.4, W. 5, B. 1,5.
Grab 92.
An der Westseite des Gräberfeldes unter grossem Steinpflaster, 80 cm
tief: 1. Terrine mit Leichenbrand, ohne Ornament. H. 19, W. 24, M. 12,
B. 9. Hals konisch. 2. Schüssel mit breitem Rande. 3. Gerauhter Topf
ohne Henkel mit Knöpfen unter dem Rande. 4. Niedriger Napf, dessen
Form wie ein Blumentopf-Untersatz.
Unweit der Klein-Schönebecker Grenze lagen vier von Birkenwurzeln
sehr zerstörte Gräber, deren Untersuchung resultatlos blieb.
Grab 93.
Ohne von den Wurzeln beschädigt zu sein, fand sich unter einer
grösseren Steindeckung 90 cm tief: 1. Eine Terrine mit Leichenbrand,
sie hatte niedrigen Fuss, konischen Hals und zwei Henkel. H. 16, W. 20,
M. 14, B. 8. Unterteil gerauht. Zwischen den Henkeln und auf der
Ausbauchung ein Band von drei horizontalen Riefen. Das untere Band wird
durch sechs grössere Dellen sechsmal unterbrochen. Zwischen den beiden
Bändern stehen Riefengruppen schräg gegeneinander. Die oberen Knochen
waren von oxydierter Bronze grün gefärbt. 2. Schüssel mit ausgelegtem,
breitem Rande. 3. Schüssel mit gefurchtem Rande. 4. Gerauhter Topf
mit eingezogenem Halse und vier breiten, runden Knöpfen unter dem
Rande. 5. Krugtasse.
Grab 94.
Gleichfalls im Westen des Friedhofes wurden zuerst zwei Stein-
pyramiden ausgegraben, ähnlich wie die früher erwähnten, auch drei durch
Wurzeln völlig zerstörte Gräber. Sodann fand sich unter vielen Steinen:
1. Ein grösserer konischer Topf mit zwei grossen Henkeln, und gerauhter,
ausgewölbter Wandung. Vom Feuer verzogen. H. 21, M. 21, B. 11. Der
Topf war mit Leichenbrand gefüllt. Zwischen den Henkeln eine hori-
zontale, gekerbte Leiste aufgelegt. 2. Schüssel mit niedrigem Fusse, ein-
gezogenem Halse und zwei horizontalen Facetten auf dem breitem Rande.
3. Gerauhter Topf mit Knöpfen unter dem Rande.
Ausgrabungen bei Woltersdorf. 485
Grab 95.
Zwei Meter siidlich vom Grab 94 eine Steindeckung von 1,25 m Lange
und 80 cm Breite. Auf einer Steinplatte: 1. Sehr grosse, dickwandige
Terrine, Form und Grösse gleich 7 in Grab 32. Darin stehend:
2. Doppelkonus mit Leichenbrand und mit vier horizontalen Riefen über
der scharfen Bauchkante. 3. Grosse Schüssel mit zwei horizontalen
Facetten auf dem breiten Rande. 4. Gerauhter Topf mit Knöpfen
unter dem Rande. 5. Krugtopf mit eingewölbter Stand- und schräg
gefurchter Aussenfläche. — Sämtliche Gefässe durch Steine sehr beschädigt.
Grab 96.
Im Südosten des Feldes, vom Pfluge zerstörte Steindeckung, auch die
Gefässe sehr zerdrückt: 1. Terrine mit Leichenbrand. Ohne Ornament,
der obere Teil fortgerissen. 2. Schüssel mit niedrigem, eingewölbtem
Fusse und einer horizontalen Facette auf dem 3,5 cm breiten, schräg
stehenden Rande. H. 12,5, M. 32, B. 10. 3. Doppelkonus mit Leichen-
brand und schräg gerippter Bauchkante. W. 23. 4. Kleinere Schüssel
mit einem 1,5 cm breiten Rande und einem 1 cm hohen, konischen Fusse.
H. 6,5, M. 19, B. 6. 5. Kleine, zweihenklige Vase mit niedrigem Russe,
H. 7, W.8, M. 5, B.3. 6. Ein Löffel (oder Kelle) mit rundem Stiel. M. 8.
(Siehe Abbildung auf S. 495.)
Aus den durch die Arbeiter gesammelten Stücken von den beim
Wegebau zerstörten Gräbern konnte ich noch folgende Gefässe wieder
herstellen: 1. Doppelkonus mit scharfer Bauchkante, und über dieser vier
horizontalen Riefen. Über den Riefen sind Gruppen von je zwei runden
Grübchen eingedriickt. H. 21, W. 25, M. 20, B. 9,5. 2. Krug mit einer
horizontalen Halsfurche und konischem Russe H. 15, W. 16, M. 11, B. 7.
Der Henkel fehlt. 3. Krugtasse mit eingewölbter Standfliche. H. 8, W. 9,
M. 9,5, BA 4. Niedrige Krugtasse mit eingewölbter Standfläche und
breiten, schragen Furchen auf der Aussenseite. H. 6, W. 13, M. 12,5, B. 4.
5. Krugtasse mit ebener Standfläche und zwei horizontalen Furchen am
unteren Halse. H. 6,5, W. 10, M. 7,5, B. 5. 6. Krugtasse mit ebenem
Boden und nur einer horizontalen Halsfurche. H.7, W.9, M. 10,5, B. 4.
Die einzelnen Gefässformen und ihre Ornamente.
Sehr grosse Terrinen. (Siehe Abb. 12 bei Grab 48 auf S. 452 u.
Fig. 7 auf S. 461.) Sie haben ausnahmslos als Urnenbehälter gedient und
mussten deshalb so gross sein, damit die Urne nebst Deckel bequem hinein-
gestellt werden konnte. Von den darin stehenden Urnen zeigten acht die
Form eines Doppelkonus und fünf die Terrinenform. Einige hatten einen
niedrigen Fuss und höhere Form, andere waren weniger hoch und hatten eine
ebene Standflache. Die in den Gräbern 32, 9, 30 und 43 waren auf dem
Bauche mit einzelnen schrägen Leisten geziert, die in 78 mit vertikalen,
gruppenweis angebrachten Leisten. Die Terrine in 28 besass vier kleine
486 H. Busse:
Buckel mit je zwei Bogenfurchen, zwischen den Buckeln vertikale Furchen-
sruppen. Auf der in 52 standen vertikale Furchen- und Rippengruppen
abwechselnd, in 68 nur Gruppen, jede aus drei runden Dellen bestehend.
Alle sind am untern Teil geraulit, der obere Teil ist geglättet. Der
Rand ist glatt, und Henkel sind nicht vorhanden.
Grosse Terrinen. (Siehe Abb. Seite 492.) Sie haben meistens ge-
rauhten, mitunter auch gerieften Unterteil, geglätteten Oberteil, häufig
einen niedrigen Fuss und glatten Rand. In wenigen Fällen, wie in Nr. 52,
ist der Rand ausgelegt und facettiert. Der Hals ist konisch, oftmals
zylindrisch. Grösstenteils sind sie henkellos, nur die niedrigen Formen,
wie in den Gräbern 39, 52, 78, 15 und 25, besitzen zwei Henkel. Letztere
haben in 15 und 25 einen Quergrat, in 52 einen Längsgrat und in 39 einen
Längs- und einen Quergrat. Bogenförmig umrahmte Dellen hat die
Terrine aus Grab 8, umrahmte Buckel Grab 62 und 67. Schrage und
vertikale Rippen haben die aus 4, 81 und 84, horizontale Furchen die
aus 15, 16, 30 und 88, horizontale Facetten die aus 24, 25 und 78°,
hängende konzentrische Bogen die aus 15. Umrahmte kleine Buckel,
vertikale Furchengruppen und Grübchen über und unter der Halsfurche
besitzen 28, 52, 79 und 91, umrahmte Dellen und vertikale Furchen-
gruppen 287 und 61. Bei 39 sind die kleinen Buckel mit Furchen und
Riefen umrahmt, bei 48 stehen Rippen und Dellen abwechselnd, bei
78° Riefen und Furchen abwechselnd, und &6 und 90 haben nur vertikale
Furchengruppen. 93 hat sechs ovale Dellen, dazwischen kurze, horizontale
Furchengruppen. Nicht umralımte, spitze Buckel, dazwischen Furchen-
gruppen hat 82. Nur zwei kleine, umrahmte Buckel und mehrere Rippen,
dazwischen Furchengruppen hat 91, schräge, breite Furchen (geschraubt) 83.
Das Unterteil bei 74 und 86 ist spinnennetzförmig geritzt. Die übrigen
Terrinen besitzen kein Ornament.
Kleine Terrinen. (Siehe Abb. Seite 495). Die meisten haben einen
glatten Rand, kleinen Fuss und annähernd dieselbe Form wie die grossen
Terrinen. Sämtliche sind mit zwei Henkeln versehen, mit Ausnahme von der
aus Grab 74. In 71 und 13 haben die Henkel einen Längsgrat. Die aus den
Gräbern 32'* und 75° sind vom Feuer verzogen. Drei Horizontalfurchen
hat 91%. Eine oder mehrere horizontale Halsfurchen 78, 13, 36, 68, 7lund 75°.
Eine scharfe Bauchkante 13. Runde Eindrücke, teils unter den Henkeln,
teils über oder unter den Horizontalfurchen haben 7°, 47 und 71. Um-
rahmte Buckel, dazwischen Furchengruppen 71. Konzentrische Bogen-
furchen 45. Vier Buckel ohne Begleitfurchen 91°. Einkerbungen am
Fuss 36. Schraffierte Dreiecke 78.
Grosse Satten fanden sich in den Gräbern 86 und 87. Sie hatten
die Form der Terrine, nur niedriger, kurzen, zylindrischen Hals und
kleinen Fuss. Sie waren auf der ganzen Oberfläche gerauht und besitzen
keine Ornamente.
Doppelkonische Urnen. (Siehe Abb. Seite 000). Sämtliche, 48 an Zahl,
waren mitLeichenbrand gefüllt. Sie haben glatten Rand, oftmals einen kleinen
Fuss und sind immer henkellos. Meistens ist der untere Teil ausgewölbt,
der obere etwas eingewölbt. Der Unterteil war bei 12 Gefässen gerauht,
Ausgrabungen bei Woltersdorf. 487
bei 8 kreuzweise geritzt und gerieft, bei 88 ist deutlich das Spinnen-
gewebemuster sichtbar. Die Bauchkante ist entweder durchweg oder
auch nur gruppenweise vertikal, bisweilen schräg gekerbt bei 7, 14, 29,
32 und 96. Parallele, horizontale Furchen über der Bauchkante hatten
31 Gefässe, es waren meistens 3 bis 4, mitunter nur 2, aber auch 5 und
einmal sogar 6. Über diesem Furchenland befanden sich bei 14 dieser
Gefassformen Gruppen, bestehend aus je zwei bis drei nebeneinander
angebrachten runden Eindrücken. Gleiche Tupfen hatte die Urne aus
Grab 35 auch auf der Bauchkante. Vier merkwürdige Figuren besass
der Doppelkonus aus Grab 22. Jede bestand aus drei sparrenförmig
gegeneinander gestellten Riefen, die Spitze verlängerte sich vertikal und
endigte mit einem runden Eindruck. Das Ganze erinnert an Menschen-
figuren.
Kleine, doppelkonische Gefässe. (Abbildung Seite 496.) Von
diesen waren nur drei mit Leichenbrand gefüllt. Die aus Grab 38 und 62
hatten zwei Henkel und ausgehöhlten Fuss, 62 gekerbte Bauchkante und
Tupfengruppen darüber. Zwei bis fünf parallele Horizontalriefen besassen
38, 52, 62, 66 und 89.
Schüsseln. (Siehe Abb. Seite 493). Auffällig ist die grosse Anzahl der-
selben, nämlich 132, diese erklärt sich aber dadurch, dass mit ver-
schwindend wenigen Ausnahmen jede Urne mit einer Schüssel, einige
Male sogar mit zweien bedeckt war. Grab 9 lieferte fünf Schüsseln, 34,
66 und 78 vier, und Grab 12, 32, 84 drei.
In den Gräbern 57 und 84 war der Leichenbrand in Schüsseln bei-
gesetzt. Ich möchte aufmerksam machen, dass in vielen älteren Berichten
über Leichenbrandgefässe gesagt ist, über den Knochen hätten sehr häufg
nur Gefässstücke als Deckel gelegen. Ich habe dagegen gefunden, dass
diese Gefässstücke jedesmal von Schüsseln herrührten, und zwar von dem
unteren Teile derselben. Die Randstücke fanden sich, durch die Last der
Erde herabgedrückt, neben der Urne, häufig sogar erst auf dem Boden
der Grube. In vielen Fällen wurden sie in einem defekten, pulverigen
Zustande gefunden, so dass sie schwer als den Schüsseln zugehörig er-
kannt wurden. Viele Schüsseln hatten eine ebene einfache Standfläche,
andere einen niedrigen, mitunter einen höheren zylindrischen, auch
konischen Fuss, der häufig ausgehöhlt war. In Grab 34 ist der Fuss mit
horizontalen Riefen versehen. Die grossen Schüsseln hatten ausnahmslos
einen mehr oder minder grossen Henkel, nur einige kleinere sind henkel-
los. 81 Schüsseln besassen einen 1'/, bis 6 cm breiten, horizontal aus-
gelegten Rand, der bei mehreren etwas schräg nach oben gerichtet
war. Unter den Rändern befindet sich meist eine schwache Halseinziehung,
die in einzelnen Fällen stärker eingewölbt ist. Bei 26 von ihnen war
der breite Rand mit einer, auch zwei, mitunter sogar drei horizontalen
Facetten versehen. In zehn Fällen sind am Rande kleine dreieckige
Spitzen oder Zapfen angebracht (in den Gräbern 2, 7, 11, 19, 20, 47, 65,
75, 49 und 89). Ihre Zahl betrug gewöhnlich zwei, auch vier, einmal
acht (Grab 11), ein andermal sogar zwölf (Grab 65). Auf sechs breiten
Rändern befanden sich aufgelegte Querrippen (9, 3232, 32%, 51, 52 und
488 H. Busse:
84), meist zwei, auch vier, in Grab 84 aber acht In den Gräbern 9, 52,
67 ist der breite Rand mit je zwei hufeisenförmigen Auflagen verziert.
(Gleiche Figuren finden sich auch auf Tonscherben aus Troja.)
Bei 35 Schüsseln ist der Rand verstärkt und gerundet, nach innen um-
gelegt und mit breiten, schrägen Furchen versehen, infolgedessen dieser
gedreht und geschraubt aussieht.
13 Schüsseln hatten einen wenig gewölbten, einfachen oder auch flach
nach innen abgestrichenen Rand. In den Gräbern 43, 49 und 90 war der
Schüsselrand gekerbt. In Grab 9 hat der innere Schüsselrand Ein-
kerbungen. In 12 und 34 sind die Bauchkanten gekerbt. In Grab 43
ist die Schüssel merkwürdigerweise in ihrer halben Höhe etwas ein-
geschnirt. Bei 342° hat der breite Rand ein rundes Loch. Die Aussen-
flächen von 28 Schüsseln sind teils durch radiale Riefen, teils durch kreuz-
förmig gezogene Einritzungen geschmückt. Es kommen auch unregel-
mässig stehende kurze, horizontale, vertikale und schräge Riefengruppen
vor. Auch das Spinngewebemuster ist vertreten. An sechs Schüsseln ist
die ganze Aussenseite gerauht. Eine aus Grab 77 zeigt das Blattornament.
In 11, 39, 60 und 91 haben die inneren Schüsselböden konzentrische
Kreise, im inneren Kreise befinden sich kreuzweis stehende Furchen-
gruppen und in 39° hat jede einzelne Furche als Abschluss einen runden
Eindruck.
Grössere schlichte gerauhte Töpfe (Kochtöpfe). (Siehe Abb.
Seite 496). Ihre Zahl betrug 34, von denen immer nur einer in jedem
Grabe sich vorfand. Der Hals ist leicht eingewölbt. Sechs sind henkel-
los, nur einer hat zwei Henkel (37). 27 von ihnen besitzen unter dem
Rande runde Griffwarzen oder Knöpfe, die oftmals einen zentralen Ein-
druck haben. Sieben waren als Leichenbrandbehälter benutzt. *)
Grössere vasenförmige Töpfe ohne Henkel. In Grab 32 standen
vier, zwei andere in 9 und 75. Der in 9 zeigt elliptische Form und hat
schwache Einritzungen. Zwei aus 32 sind gerauht, einer auf der Ober-
fläche geritzt, ebenso wie 9.
Grössere weitmündige Töpfe mit konischer Form. Zwei haben
einen Henkel (9 und 32%).
Drei waren mit zwei Henkeln versehen und mit Leichenbrand ge-
füllt (21, 78 und 94). Auf dem Rande von dem aus Grab 9 deutlich
ansa lunata. 32'* und 21 mit Fingernageleindrücken. 94 mit gekerbter
Leiste und vom Feuer verzogen.
Sechs grössere tonnenförmige Töpfe (siehe Abb. Seite 495)
mit zylindrischem Hals und zwei Henkeln. Der aus Grab 59 hat zwei
llorizontalriefen und unter diesen fünf runde grössere Eindrücke, aus 42
zwei Horizontalfurchen und zwei runde Tupfen unter jedem Henkel. Der
aus 97 ist vom Feuer breit geschmolzen. Zwei aus Grab 62 haben eine
Halsfurche und über und unter derselben runde Grübchen.
Fünf grössere Näpfe mit breitem Rande. (Siehe Abb. Seite 496).
1) Gleiches Topfmaterial fand ich in den Wohngruben der Bronzezeit auf
Hohenberge, im Seebad Rüdersdorf und auf dem grossen Reiherwerder im Tegeler See.
Ausgrabungen bei Woltersdorf. 489
63, 71‘, 71°, 75 und 84. Ihre Form ist niedrig und weitbauchig, der Hals
stark eingewölbt. Der aus Grab 75 hat am Rande kleine spitze Zäpfchen
und einen konischen ausgehöhlten Fuss. Aus Grab 71° fünf grosse Buckel
mit je zwei konzentrischen Begleitfurchen, sein konischer Fuss ist ein-
gewölbt.
Krüge. (Siehe Abb. Seite 494). Sämtlich mit einem Henkel versehen,
der bei einigen verhältnismässig sehr gross ist. Auf mehreren ist der Rand zu
beiden Seiten des Henkels mit ansa lunata geziert (wie bei 34, 32° und 82°).
Sehr elegante Formen zeigen 75, 74, 32'*. Breite, schräge Furchen am Bauclıe
haben 7, 8, 28. 32‘, 56 und 63. Alle Krüge sind teils mit ebener, teils
mit eingewölbter Standfläche, oftmals mit konischem Fusse versehen. In
Grab 32 fanden sich allein vier Krüge. Der in 74 hat eine scharfe Bauch-
kante und schräge Riefengruppen. 32° hat fünf Buckel, jeder mit Kreis-
furchen umrahmt. 32’° hat doppelkonische Form mit horizontalen Hals-,
Bauch- und Fussfurchen, konzentrische Halbkreisfiguren, kurze Strich-
gruppen und einen fünfkantigen Henkel. 32' hat ebenfalls Fussfurchen
und 75 einen sehr hohen Hals.
Krugtöpfe. (Siehe Abb. Seite 494). Sie haben die Krugform, sind aber
niedriger und gedrückter und nie höher als weit. Sämtlich mit einem Henkel
versehen, ihre Standfläche ist teils eben, teils ausgehöhlt, häufig besitzen sie
einen kleinen Fass, der bei mehreren eingewölbt ist. In Grab 12 fanden sich
drei, in 32 sogar sechs. 17 sind mit parallelen, schrägen, breiten Bauch-
furchen versehen, zehn mit schwacher ansa lunata. Der in Grab 32" hat
vertikale Einritzungen, 322° und 32* haben vier runde Eindrücke unter
dem Henkelansatz und 32° ist ausnahmsweise sehr schön verziert. Der
Rand und Bauch mit Furchengruppen, der Fuss und Henkel ebenfalls
gefurcht und die Fusskante ist gerippt.
Vasenförmige Gefässe, teils ohne, teils mit Henkeln. Drei grössere
besitzen einen hohen zylindrischen Hals und zwei Henkel. 65 ist ohne
Ornament. 71 hat einen konischen, eingewölbten Fuss und vier grosse
Buckel mit je drei konzentrischen Begleitfurchen. In Grab 84 stand eine
sehr grosse Amphore mit zwei Henkeln, unter jedem zwei runde Ein-
drücke. Von elf kleineren besitzen fünf keine Henkel, das aus Grab 5
ist kugelig und hat einen breiten Rand. 13 hat vier kleine spitze Buckel
mit je zwei Begleitfurchen, 43 vier schräge Furchengruppen, die gegen-
einander stehen. 47 ist kugelig und hat am Bauch mehrere konzentrische
Halbkreisfiguren. 56 trägt schräge Riefengruppen, dazwischen runde
Grübchen. Bei 62 stehen die Henkel im rechten Winkel, zwei kleine
Buckel haben Begleitfurchen, und zwei Gruppen von runden Grübchen
sind mit konzentrischen Riefen umrahmt. Bei 90 befinden sich unter und
über den Halsfurchen runde Eindrücke, auf dem Bauche Furchengruppen.
91 ist kugelig und hat vier kleine Buckel.
Grosse Schalen ohne Henkel mit hohem eingewölbtem Fusse. (Siehe
Abb. Seite 461 Figur 16.) Alle drei (8, 9 und 321) sind stark vom Feuer
verzogen und angeschmolzen, nur die Schale aus 32 konnte zusammen-
gesetzt werden, sie hat radiale Riefen.
Grosse Schalen mit einem Henkel und eingewölbter Standfläche
Zeitschrift für Ethnologie. Jahrg. 1911. Heft 3 u. 4. 3°
490 H. Busse:
(9, 36 und 48), die aus 36 diente als Bedeckung. (Siehe Seite 495 unter
Kinderbeisetzungen.)
28 kleine Schalen, (siehe Seite 496) ohne Henkel, sämtlich mit einer
kleinen eingewölbten Standflache. Eine Ausnahme machten 66° und 66°,
die keine Standfläche hatten. Bei 35 und 90 sind um die Einwölbung fünf
runde Grübchen angebracht. 66’ ist mit vier radialen Tupfenreihen verziert.
Sieben Schälchen enthielten den Leichenbrand von Kindern und waren
mit gleichen Schalen bedeckt.
Kleine Henkelschalen, (siehe Abb. Seite 496) alle zwölf mit ein-
sewölbter Standfläche und verhältnismässig grossem Henkel. In Grab 87
befanden sich in der Urne liegend drei übereinander, zwei davon haben
runde Grübchen um den unteren Henkelansatz. Bei 81 bildet der kantige
Henkel einen spitzen Winkel.
Krugtassen. (Siehe Abb. Seite 495 und 496). Ich habe diese Tassen .
deshalb so genannt, weil sie im Gegensatz zu konischen Tassen eine
niedrige Krugform haben. Sämtliche 29 sind, wie die Krüge, mit einem
Henkel und vielfach mit einer eingewölbten Standfläche versehen. In
(irab 32 fanden sich vier. Die aus Grab 11 besitzt eine scharfe Bauch-
kante. Bei 43 ist die Bauchkante tief unten. 42 hat das Sparren-
ornament. 32° und 32?® haben schräge Riefengruppen. In 10, 61, 62,
G6", 6677, 81, 86* und 86° ist der Bauch mit schrägen, breiten Furchen
verziert.
Tassen von konischer Form mit einem Henkel. (Siehe Abb. Seite 495).
Es waren 20. Fünf von ihnen enthielten Kinderleichenbrand, sie wurden
von kleinen Schalen bedeckt. Drei haben ansa lunata (5, 78 und 81),
die in 23 hat horizontale Riefen und in 7 befindet sich ein rundes Loch
in der Seitenwand.
Sechs kleine Gefässe von Eimerform. (Siehe Seite 496). Sie
sind zylindrisch, einige ein wenig ausgewölbt und meistens mit horizontalen,
auch schrägen und vertikalen Riefen versehen, auch haben sie zwei
kleine Henkel. Kleine Eimer sind zahlreich im Freienwalder Museum
von Zellin a. O.
Verschiedene Formen. (Siehe Abb. Seite 494 und 495.)
In den Gräbern 58 und 92 lagen zwei Gefäse von der
Form eines Blumentopf - Untersatzes. In Grab 1 fanden sich ein
kleines Henkelfläschehen mit vier kleinen spitzen Buckeln und ein
durchlochtes Gefäss in Gestalt einer Ente (der Kopf und die Füsse
fehlen). ‚In 18 lag eine rundliche Klapper (Rassel) mit Stiel, in 19 zwei
ovale wannenförmige kleine Gefässe, die ganz eigenartige Punkt- und
Strichverzierungen haben, auch der Boden ist durch Punktreihen verziert.
In 23 fand sich eine kleine Flasche mit Henkel, Halsfurchen und Furchen-
gruppen am Bauche, darauf lag ein kleiner Falzdeckel. Zwei kleine,
kugelige, henkellose Tépfchen mit ganz kleiner Öffnung lieferte Grab 327°
und 52, ein becherförmiges Gefäss, ohne Henkel, Grab 58 und ein gleiches
Giefäss Grab 60. In Grab 63 lag ein grösserer tonnenförmiger Topf mit
einer gekerbten, horizontalen Leiste, in 67 ein Pokal mit zwei kleinen
Ausgrabnngen bei Woltersdorf. 491
Abb. 8. Ring aus Grab 11.
O
Abb. 10.
Grab 32.
Bronzeringe vom Griiberfelde bei Woltersdorf, an der Klein-Schönebecker Grenze.
Original-Grösse.
32*
H. Busse:
492
7 4b.
Doppeltkonist
Terrinenf6
Die Zahlen unter den Gefässen SÉ
ECH
mtlicher
a7
he Urnen.
‚Tafeln
rmige Gefässt.
deuten die Grabnummern an.
493
Ausgrabungen bei Woltersdorf.
‘9G great) TI 00 FL oni IT Gav
1 d'H | 7
TJIOPSIHJO A TOG IZUMI) IIYIITBUOYIS-UTIIY IOP UL PfPjasgers) wop SNR upassnipg
(ae
GE
Oe
GK:
Be
78.
Verschicdene (efäss-Formen.
H. Busse:
07.
494
Krugtopfe.
495
“UDULIO-SSEJOL) OSLOAICT ‘dO L, PSTULIOJUOUUOL,
Ze
6 LC Z Gg Zë | ZE
"ILS
=
©
os
£
& l
© SEU) “‘SUNZJSLY [IO] “UISSE TT, YUPSTUOM DOEN
=
T ' e e e e - D D
E 96 9% 59 Z 1/4 ‘LG Ol
to
=
=
—
x
= 8
&0
n
ge
< e i
UISUNZOSTOY-LOpUury “UDULLIO PL DUDIM
FECT 09 rt ‘of
63.
37
Gerauhte Kochtöpfe. Napfförmige Töpfe.
DN
38. 90.
Eimerförmige Gefiisse.
H. Busse:
72. 10. 03.
Krugtassen.
Henkel-Schalen. Kleiner Doppelkonus.
Kleine Schalen.
496
Ausgrabungen bei Woltersdorf. 497
Henkeln, horizontalen Riefen am hohen Fuss und am oberen Teile. Auf
letzterem sind konzentrische Halbkreise angebracht. In Grab 96 lag ein
Löffel mit Stiel.
Beigaben aus Metall. (Siehe Abb. Seite 491).
Diese bestehen ausnahmslos aus Bronze. Aus Eisen, Knochen oder
Stein sind Beigaben nicht gefunden worden. Im allgemeinen ist das Vor-
kommen von Bronzeschmuck in diesem Gräberfelde als ein recht dürftiges
anzusehen. Man kann annehmen, dass vielfach die kleineren Schmuck-
sachen auf dem Scheiterhaufen vom Feuer sehr gelitten haben, sie sind
dann mit dem Leichenbrand in die Urne gekommen und teilweise oxydiert.
Beweis hierfür ist oftmals die grüne Farbe vieler Knochen, namentlich
von Schädelstücken, auch das Vorkommen diverser kleiner Bronzefrag-
mente. Vertreten ist der Bronzeschmuck nur in Form von 17 Finger- und
Ohrringen und einem kleinen offenen Armring aus Draht (32'%). Ge-
vossene Ringe enthielten die Gräber 20 und 16 (ovale), 24 (dreikantig)
und 32° (gewölbt). Aus rundem Draht bestanden die Ringe in 32'° (zwei),
60, 78 (zwei), 86 und 90 (zwei), sie sind meistens offen und häufig spiralig
zusammengebogen. In Grab 90 lag ein gedrehter Ring. Aus Bronzeblech
sind die Ringe in 11, 13, 23, 62 und 65 hergestellt, aus 65 hatte er
eine horizontale Furche auf der Aussenfläche. Der aus Grab 11 ist grösser
als die übrigen und auf der Aussenfläche durch Punkteindrücke, die scheinbar
mit einer weissen Masse ausgefüllt sind, sparrenförmig verziert. In 55 lagen
einige kleine Stücke Draht, in 68 vier kleine runde Stücke und der Kopf
einer Nadel, in 75 zehn kleinere Schmelzstücke von einer Nadel oder
einer Fibel und in 12 einige runde Schmelzkügelchen.
In einigen Gräbern fanden sich auch handliche Feuersteine mit frag-
lichen Spuren von Bearbeitung, in Grab 41 lagen deren vier (einer aus
hartem Gestein). —
Sämtliche Fundstücke befinden sich in meiner Sammlung.
Zeitstellung und Bevölkerung.
Betrachtet man die einzelnen Formen und die Ornamente der zahl-
reichen Gefässe dieses Gräberfeldes im allgemeinen, so lässt sich eine ge-
wisse Einheit nicht gut erkennen. Die Grabkultur ist überwiegend die
gemischte der nördlichen germanischen und der südlichen thrakischen,?)
und da die mannigfacheren und reichlicheren Ornamente der späteren Zeit
fehlen, werden die meisten Gräber der vierten Bronzeperiode, also der
Zeit 1200 bis 1000 vor Christus angehören. Dagegen sprechen auch nicht
die verhältnismässig wenigen Bronzefunde. löinige Gräber jedoch, deren
Inhalt einen mehr einheitlichen Stil aufweist, können noch dem Ausgang
der älteren Bronzezeit zugerechnet werden, z. B. die Gräber 43, 46, 74
und andere. Ihre Gefässe zeigen die scharfen Formen mit breiten, tiefen
1) Siehe meine näheren Ausführungen hierüber in der Prähistorischen Zeit-
schrift II., Heft 1, 1910, S. 17.
498 H. Busse:
Furchen. Grab 71 ist mit seinen echten Buckelgefässen und ihren Be-
gleitformen als Vertreter der südlichen (thrakischen) Kultur anzusehen.
Das Gräberfeld auf dem Sprintberg enthält ebenfalls Gräber mit
älteren Gefässformen, aber auch solche, die mit ihren Gefässen und Orna-
menten, auch mit ihren Beigaben (der Halsring) bis in die jüngste Bronze-
zeit, also bis 600 vor Christus, hinabreichen. In diesen Gräbern fanden
sich auch Metallfunde reichlicher. Das Gräberfeld auf dem Rédenberg,
das ich gleichfalls für bronzezeitlich halte, scheidet wegen seines geringen
Gefässmaterials bei der weiteren Besprechung aus. Ich möchte jedoch zu
einer vollkommeneren Beurteilung und um noch ein übersichtlicheres Bild
zu erhalten, die Graberfelder der näheren Umgegend von Woltersdorf mit
heranziehen. Die Nekropole an der Klein-Schönebecker Grenze als Mittel-
punkt gedacht, liegen um diesen in einem 5 bis 7 km entfernten Kreise
vier grössere Urnenfelder, die ich durch wiederholte Untersuchungen kenne
und deren Grabanlagen, sowie deren Gefässformen und Verzierungen der
Gefässe denselben Charakter zeigen. Münchehofe, nordwestlich, ist nur
zum Teil ausgegraben. Rüdersdorf, nordöstlich, ist von mir völlig auf-
gedeckt. Fangschleuse, südöstlich, durch den Pflug meistens zerstört.
Erkner (am Dämeritz-See), südlich, ebenfalls durclı Beackerung grössten-
teils zerstört (neuerdings sind jedoch wieder unberührte Gräber zum Vor-
schein gekommen). Nur 1 bis 24m von diesem Kreise entfernt, liegt
südöstlich bei Freienbrink ein grösseres und südwestlich bei Alt- Buch-
horst ein kleineres zerstörtes bronzezeitliches Urnenfeld. Münchehofe und
Rüdersdorf gleichen insofern dem auf dem Sprintberge gelegenen Gräber-
felde, als sie Funde aus der jüngsten Bronzezeit enthalten und sogar Ge-
fässe, die schon an die Latenezeit erinnern. Ausser den genannten sind
mir im Kreise Nieder-Barnim noch 13 gleichartige Gräberfelder bekannt,
im Ober- Barnim 17, in Lebus 15 und in Beeskow-Storkow ebenfalls 15. Ganz
wenige Abweichungen im Gefässstil der einzelnen Felder sind wohl nur
auf lokale Eigenheiten zurückzuführen. Ich nehme an, dass alle diese
Urnenfelder als die Hinterlassenschaft eines grösseren germanischen Volks-
stammes anzusehen sind, der in den erwähnten Kreisen bis zur Latenezeit,
und auch noch während derselben, gewohnt hat.!) Dieser germanische
Stamm gehörte höchst wahrscheinlich dem grossen Volke an, dessen Zen-
trum die Lausitz war, und dessen Gräber auch noch weiter östlich in
Posen und Schlesien gefunden werden. Aufgefallen ist mir, dass in der
Umgegend von Woltersdorf latenezeitliche Funde nieht vorgekommen sind.
Es sind mir auch im ganzen Kreise Nieder-Barnim sowie auch in den
benachbarten vorhin erwähnten Kreisen Latenegräberfelder nicht bekannt.
Der römische Schriftsteller Taeitus sagt jedoch, dass zu seiner Zeit
zwischen Elbe und Oder der hervorragendste germanische Suevenstamm,
die Semnonen, sassen und wenn nun weiter angenommen wird, dass die
hinterlassenen Gräber der Semnonen die latenezeitlichen sind, so komme
ich demnach zu dem Schluss, dass im Nieder- und Ober-Barnim, in Lebus
und Beeskow-Storkow Semnonen nie gewohnt haben.
1) Nach Kossinna sassen in der Mark vor der Latenezeit Ostgermanen, nach
ihnen erst Westgermanen. (Z. f. E. 1905 in „Verzierte Lanzenspitzen®, S. 869 ff.
Ausgrabungen bei Woltersdorf. 499
Wohnplätze.
Wenn neuerdings in der Römerschanze bei Nedlitz die Pfosten-
löcher eines vorgeschichtlichen Hauses und in Buch bei Berlin sogar die
Pfostenlöcher von 90 Häusern aus der Bronzezeit, sowie Wandbeklei-
dungen, Kochherde und Abfallgruben gefunden worden sind, wird es mir
nicht leicht, über die immerhin nur dürftigen Uberbleibsel von Lokali-
täten zu sprechen, in denen zur Zeit der hier ausgegrabenen Gräber-
felder Menschen gewohnt haben können. Ich darf es aber trotzdem nicht
unterlassen und muss alles hierauf Bezügliche und mir vor Augen Ge-
konımene erwähnen.
Als vor mehreren Jahren die Felder in der Nähe der Urnenfriedhöfe
auf dem Sprintberpe und an der Klein-Schönebecker Grenze noch be-
ackert wurden, bemerkte ich zunächst, namentlich nach dem Pflügen der-
selben, mehrere dunklere, runde Erdstellen von 6 bis 8 m Durchmesser,
von denen ich zwei untersuchte. In der 50 bis 60 cm mächtigen schwarzen
lerdschicht fanden sich nur vereinzelt kleine Kohlenstückchen, vielfach im
Feuer geschwärzte Steine und wenige bronzezeitliche Tonscherben.
Südlich von dem Urnenfelde, an der Klein-Schönebecker Grenze, als
ich eine eventuelle Fortsetzung desselben suchte, kamen mehrfach 2 bis
3 m lange mauerförmige Steinpackungen zutage, neben denen sich jedes-
ınal eine Brandgrube befand. Um diese lagen zerstreut Tonscherben von
demselben Charakter wie die von dem Gräberfelde. Einige Male lagen
auch Tierknochen dicht bei den Steinen. Ich erinnerte mich, dass mir
früher auf dem Wehrmühlenberg bei Biesenthal, als ich dort gleichfalls
die Fortsetzung des bronzezeitlichen Urnenfeldes suchte, dieselben Vor-
kommnisse begegneten. Die Steinwände waren dort aber bis 4 m lang.
Auch bei Alt-Buchhorst habe ich mit Herrn Professor Dielitz einige
Steinwände mit Brandgruben daneben, auch bronzezeitliche Tonscherben
ausgegraben.
Etwa 100 m südlich von der Schönebecker Grenze befindet sich eine
flache Talrinne, die von dem Abfluss einer Quelle gebildet wird. Diese
Quelle versiegt selbst im trockensten Sommer nicht, bei feuchter Jahres-
zeit wächst das Wasser zu einem kleinen See an, der nach dem Jagen 232
der Königlichen Forst in einem grösseren Pfuhl abfliesst. Hier nahebei
befinden sich die schwachen Reste der zu Anfang dieser Arbeit erwähnten
Schanzen, Bei niedrigem Wasserstande fand ich an den Rändern der
Quelle 15 bis 20 cm unter dem Rasen einige sehr grosse Steine und da-
zwischen Tonscherben wie die vom Gräberfelde.
Von dieser Quelle 300 m nördlich auf der sogenannten „Höhe“ wurden
beim Lehmausgraben Knochen und Tonscherben gefunden. Mit Hilfe
cines Mannes, der beim Lehmfahren mit tätig gewesen, untersuchte ich
die Ränder der Lehmgrube. Nach Entfernung der oberen Kulturschicht
lagen bis zur Tiefe von 60 bis 70 em vereinzelt Tonscherben, dann folgte
eine feste Lehmschicht. Auf dieser fanden wir einen Herd aus dicht
nebeneinander liegenden schwarz gebrannten Steinen hergestellt, auf dem-
selben lag eine schwache Aschenschicht. Der Durchmesser des lerdes
500 H. Busse:
betrug 80 bis 100 cm. Die groben dicken Tonscherben waren meistens
gerauht und mit Griffwarzen unter dem Rande versehen, nur zwei feinere
Stückchen besassen Furchen und Grübchenverzierungen. Leider liessen
sich hier grössere zusammenhängende Untersuchungen nicht gut ausführen,
da das Land zum grossen Teil parzellenweise eingezäunt und bepflanzt ist.
Die Kolonie heisst „Hohenberge“ und liegt schon auf Klein-Schönebecker
Terrain. |
Beim Rigolen einer Parzelle fand ein Gärtner auf der Lehmschicht
mehrere schwarze Brandgruben und daneben Tonscherben. Auf einer
anderen Parzelle konnte ich wiederum einen Herd ausgraben, auf dem
Kohlenstücke, Asche und gebrannte Lehmstücke lagen. Neben dem Herde
fanden sich Tonscherben vom groben Geschirr mit glatten Rändern,
Riefe nund Fingernageleindrücken. Pfostenlöcher, die in der festen Lehm-
schicht doch zu erkennen gewesen wären, habe ich nicht gefunden.
In jüngster Zeit ist mir wiederholt gemeldet, dass in Hohenberge,
beim Rigolen und Baumpflanzen, Brandgruben mit Tonscherben zum Vor-
schein gekommen sind. Zur Charakterisierung der dortigen Gegend
möchte ich folgendes anführen. In Woltersdorf habe ich verschiedentlich
von mehreren älteren Leuten gehört, dass auf ihrem Acker, oben nach
Schönebeck zu, ein altes Dorf gestanden haben soll. Keiner weiss Ge-
naueres, aber einer sagts dem andern, in keinem Buche steht etwas davon
gedruckt. Es ist das gleiche wie bei dem Königsgrabe von Seddin. Der-
artige Überlieferungen können nur stattfinden, wenn ununterbrochen in
derselben Gegend zu allen Zeiten Menschen gewohnt haben, von denen
eine Generation der folgenden die alten Erinnerungen überträgt.
Auf Klein-Schönebecker Terrain werden die Äcker, die nördlich von
dem grossen Urnenfelde und östlich von Hohenberge liegen, ,im Rosen-
garten“ genannt. Dieser Name weist namentlich in Süddeutschland
meistens auf eine prähistorische Lokalität zurück. Im Dorfe Klein-
Schönebeck heisst es allgemein, dass es im Rosengarten spukt. Ein alter
Mann aus dem Dorfe erzählte mir, dass er als Knecht früher im Rosen-
garten häufig gepflügt habe. Sein Herr hätte ihm gesagt, er möge sich
ja vorsehen, es wäre nicht geheuer, auch sei dort ein Silberschatz ver-
graben, der bei Entfernung der Erde blau brennt. Sobald er darauf
stossen würde, solle er ihn sofort mit Erde oder Steinen bedecken, denn
der Schatz könne nur des Nachts gehoben werden.
Brandgruben bei Seebad Rüdersdorf.
Am Ostufer des Kalksees liegt dicht am See in der Rüdersdorfer Forst
ein etwa 50 Morgen grosses Ackerterrain, auf dem sich ein Restaurant
befindet. Das Land gehört zur Gemeinde Rüdersdorf. Im vorigen Sommer
wurde ein Teil des Terrains parzelliert und einige Wege angelegt. Bei
diesen Arbeiten stiess man auf Brandgruben, die für Urnengräber an-
gesehen wurden. Da der Fundort nur 24m von Woltersdorf entfernt ist,
war ich in der Lage, die Erdarbeiten dauernd zu überwachen und mehrere
Untersuchungen auszuführen. In der Tiefe von 40 bis 50 cm fanden sich
25 bis 30 grössere und kleinere Brandgruben von 50 bis 125 cm Durch-
Ausgrabungen bei Woltersdorf. 501
messer und gleicher Tiefe. Sie waren unregelmässig gruppiert in Ab-
standen von 2 bis 5m. Nur einmal wurde in einer grösseren Grube ein
Herd aus Steinen und darauf liegende Lehmstücke gefunden. In der
schwarzen Erde lagen Kohlenstücke, zerstreute Tonscherben vom bronze-
zeitlichen Typus, schwarzgebrannte Steine und hin und wieder gebrannte
Lehmstiicke. Die meisten Tonscherben waren überwiegend dickwandig
und grob, häufig gerauht und mit Griffwarzen unter dem Rande versehen.
Sie stammten von Gebrauchsgeschirr her. Aber auch feinere Stücke mit
linearen Riefelungen und runden Grübchen lagen dazwischen, ferner
mehrere Henkel von Schüsseln mit breiten, facettierten und gefurchten
Rändern, Henkel mit Längsgrat, Stücke mit Fingernagelkerben, Ösen,
Henkel von kleinen Schüsseln usw. Im allgemeinen hatten die Gruben
denselben Charakter wie die auf Hohenberge und wie die kleineren
Gruben auf dem Reiherwerder im Tegeler See. Obwohl auch hier im
Seebad Pfostenlöcher nicht gefunden wurden, scheinen alle diese Anlagen
mit Wohnplätzen in Zusammenhang gestanden zu haben, und es ist keines-
wegs ausgeschlossen, dass über den Gruben oder daneben sich die Wohn-
hütten befunden haben.
Beitrag zur Ethnologie des Zwischenseengebiets von
Deutsch-Ostafrika.
Von
Dr. Vix.
Der im Vorwort zu der Monographie über Kisiba, „Kisiba Land und
Leute“ von Rehse, seitens des Herausgebers, Geheimrat v. Luschan,
gegebenen Anregung weitere Beiträge zur Ethnologie dieser interessanten
Landschaft zu liefern, komme ich hiermit nach und füge noch einige
andere Beobachtungen aus dem Zwischenseengebiet hinzu.
Gelegentlich eines melırwöchigen Aufenthaltes im Schlafkrankenlager
Kigarama, das im nordöstlichen Teil von Kisiba am Viktoria-Nyanza liest,
hatte ich Gelegenheit einige Beobachtungen über das Mbandwawesen an-
zustellen. Die Mitteilung dieser Beobachtungen scheint mir deshalb an-
gebracht, weil in der Rehseschen Monographie diese ethnologisch so
interessante Institution nicht näher geschildert wird. Ich habe in dem
Rehseschen Buch die Bezeichnung Mbandwa für Priester überhaupt nicht
gefunden.
Allerdings bezeichnet Rehse die Priester als „die vom Geist Er-
griffenen“, womit das Mbandwawesen seinem Sinne nach charakterisiert
ist. In dem Kochschen Bericht über seine Expedition zum Viktoria-
Nyanza ist das Priesterwesen überhaupt nicht erwähnt.
Die erste einschlägige Beobachtung machte ich an Bord des Viktoriasee-
Dampfers, der mich nach Bukoba brachte. Ich hörte es sei ein Neger
der Mannschaft von Krämpfen befallen worden und begab mich, aus
medizinischem Interesse, nach der Kabine, in der er sich gerade befand.
Der Mann hockte auf dem Boden, gestikulierte lebhaft, sprach mit sich
selbst und stiess zwischendurch anscheinend unartikulierte Laute aus.
Auf Anruf reagierte er zunächst nicht. Nadelstiche wehrte er erst matt,
dann energischer ab. Auf weiteres Zureden beruhigte er sich dann,
erhob sich schliesslich und blickte sich erstaunt um, als ob er eben er-
wache. Körperlich hatte er nichts auffallendes. Von den Schiffsoffizieren
hörte ich, es sei „ein vom Geist Besessener“. Er bekomme öfters solche
Zustände, in denen er sich dann mit seinem Geist unterhalte. Am West-
ufer des Sees, von wo er herstamme — genaue Ortsangabe konnte ich
leider nachträglich nicht mehr erhalten —, seien solche Anfälle unter der
Bevölkerung nichts Seltenes.
Das der Mitteilung nach häufige Auftreten solcher Anfälle, in Gegen-
wart anderer Leute, die von dem Befallenen selbst gegebene phantastische
Vix: Ethnologie des Zwischenseengebiets von Deutsch-Ostafrika. 503
Erklärung und die Beeinflussbarkeit des Zustandes durch Schmerzreize,
dann auch durch Zureden, erinnerte sehr an hysterische, auf auto-
suggestivem Weg entstehende Anfälle, wie sie mit dem verschiedensten-
Vorstellungsinhalt, je nach der Persönlichkeit des Individuums, auch ander-
wärts beobachtet werden.
In Kigarama erzählte mir der Leiter des Schlafkrankenlagers, Herr
Stabsarzt Dr. Kudicke, von der Institution der Mbandwas, die von
grossem Einfluss auf die Bevölkerung sei. Seiner Liebenswürdigkeit ver-
danke ich, dass es mir möglich war, selbst einige weitere Beobachtungen
darüber anzustellen und Mbandwas einer Exploration zu unterziehen.
Abb. 1.
Was das Wort Mbandwa wörtlich übersetzt bedeutet, konnte ich niclit
feststellen. Im Kisuaheli scheint das Wort nicht vorzukommen. Von
einem Missionar hörte ich, dass es auch in Ruanda Mbandwas gebe.
Dort soll der Plural Immandwa heissen; ob das für Kisiba auch zutrifft,
weiss ich indessen nicht.
Nachdem wir die Mbandwas durch andere Eingeborenen hatten auf-
fordern lassen uns einen Besuch im Lager abzustatten, sagten sie sich
für einen bestimmten Nachmittag an. Sie wohnten teils in dem grossen
Dorf Kigarama selbst oder in der Nähe. Schon von weitem hörte man
bei ihrer Annäherung rhythmischen Trommelklang und das Lärmen einer
grossen sie begleitenden Volksmenge. Als sie herangekommen waren,
zeigte sich, dass es etwa ein Dutzend mit Leopardenfellen und allerhand
Amuletten und Schmuckstiicken behängte Leute waren, die sich in einem
504 ; Vix:
eigenartigen Tanzschritt nāherten. In den Händen trugen sie Kürbis-
flaschen und lange Stöcke oder Speere.
Sie drehten sich im wesentlichen mit langen Sprungschritten um
ihre eigene Achse, so dass ihre langen Rindenstoffgewänder weit um sie
herflatterten, und bewegten sich dabei vorwärts.
Um die Mbandwas sprangen inzwischen mit wilden Spriingen etwa
20 Leute mit Rasseln und Trommeln, diese mit den Händen oder kurzen
Holzklöppeln bearbeitend. Diese Trommeln waren die im ganzen
Zwischenseengebiet verbreiteten, ihrer Form nach einem abgestumpften
Kegel entsprechenden Holztonnen, über dessen Basis ein Rinderfell
gespannt ist. Die Rasseln bestanden aus Kürbisflaschen, in die kleine
kreuzförmige Schallöcher eingeschnitten waren und die, wie mir gesagt
wurde, Steinchen enthielten.
Als die Leute herangekommen waren, begrüssten uns drei der
Mbandwas durch Handschlag und ohne der Landessitte entsprechend
niederzuknien. Diese drei Leute waren, wie wir hörten, die einfluss-
reichsten. Sie wurden von Männern begleitet, die grosse, etwa '/, m lange
Ethnologie des Zwischenseengebietes von Deutsch-Ostafrika. 505
und knapp 1 m breite, geflochtene Schilde über sie hielten. Wir nahmen
nun diese drei Mbandwas bei Seite und unterzogen sie einer Exploration,
deren Ergebnis ich nach dem von mir geführten Protokoll hier mit-
teile. Die Verständigung erfolgte in der Weise, dass ein des Kisiba und
Kisuaheli mächtiger Boy als Dolmetsch diente. Die Kisuaheliantwort
übersetzte mir dann wieder Herr Stabsarzt Kudicke.
Der zuerst vernommene Mbandwa, ein Mann zwischen 50 und
60 Jahren mit intelligentem Gesicht, war in den landesüblichen langen
Rindenstoff gekleidet, darüber trug er ein Leopardenfell. Als Schmuck
trug er Drahtringe um die Gelenke, und auf dem Scheitel hatte er ein
rl
Abb. 3.
kleines Amulett aus Muscheln und zwei Holzstäbchen befestigt, woran sein
Zauber gebunden sei. Ebenso trug er um den Hals einige der landes-
üblichen Amulette wie Holzstäbchen, kurze Ziegenhörner usw. Nur die
Mbandwas sollen ähnlich wie die Weiber Fussringe tragen, die anderen
Männer nicht. In der einen Hand hatte er einen langen Stab, an dem
oben eine Eisenglocke befestigt war, in der andern trug er die schlanke
Kürbisflasche mit Saugrohr, in der sich Pombe, das Eingeborenenbier,
befand. Er hatte einen etwas misstrauischen Gesichtsausdruck und gab
auch die Antworten mit einer gewissen Zurückhaltung.
Er gab an, er heisse mit seinem gewöhnlichen Namen Luegoia,
augenblicklich aber Kisiba, da er eben von seinem Geist, dem Kisiba,
besessen sei. Er sei Arzt. Dieser Geist Kisiba stamme aus der im Süden
gelegenen Landschaft Ihangiro und gehöre zu den Waheia. Er sei ins
Zeitschrift für Ethnologie. Jahrg. 1911. Heft 3 u 4. 33
506 Vix:
Land gerufen worden, als ein Sultan kinderlos blieb, um ihm zu Kindern
zu verhelfen. |
Zu diesem Zweck schmierte er den Sultan mit Öl ein und gab ihm
Milch zu trinken. Die Kur schlug an. Zur Belohuung wurde Kisiba an-
Abb. 4.
gesiedelt und mit Ehren überhäuft. Sein Mbandwa übe jetzt allgemein den
Zauber für kinderlose Leute aus. Als Lohn dafür nehme er eine Ziege,
gelegentlich auch ein Rind. Dieser Zauber selbst bestehe im Verbrennen
von verzauberten Holzstückchen. in der Hütte der betreffenden Weiber.
Ferner schneide er Zweige ab, binde sie zusammen und lasse sie die be-
treffenden Ehepaare um den Hals tragen. Wenn Luegoia sterbe, so
glaube er, dass Kisibas Geist auf seinen Sohn übergehen werde. Er habe
Ethnologie des Zwischenseengebietes von Deutsch-Ostafrika. 507
seinen Sohn noch nicht in seiner Kunst unterwiesen, das werde der Geist
schon selber tun. Vor Luegoia habe Kisiba schon andere Mbandwas be-
sessen.
Der Geist Kisiba sei nicht immer in Luegoia, manchmal sei er auch
abwesend. Zur Zeit sei er gerade in ihm. Der Geist trinke auch Pombe.
. Wenn die Geister über die Mbandwas kämen, würden diese schwindlig,
sie liessen die Arbeit fallen, würden ,,wie betrunken“ und sprächen in
fremden Zungen. Von einem abschliessenden Schlaf nach dem Zustand
war nichts zu erfahren. So lange der Geist in ihnen sei, ässen sie nichts,
sondern tränken nur Pombe und kauten Kaffee. Am nächsten Tag, wenn
der Geist wieder aus ihnen gewichen sei, erinnerten sich die Mbandwas
nicht mehr an diesen Zustand. Wenn der Geist über sie komme, be-
kleideten sie sich mit dem Leo-
pardenfell. Diese Leopardenfelle
seien Geschenke des Sultans von Ki-
siba. Totemistische Momente liessen
sich hierbei nicht nachweisen. (Vgl.
Rehse über das Muziro). — Jeder
Mbandwa habe seinen bestimmten
Geist und zwar nur einen. — Luegoia
habe 15 Frauen und 36 Kinder.
Eines Tages habe Kisiba beim
Spazierengehen den Luegoia getroffen.
Er habe ihn bei der Hand genommen
und zu ihm gesagt, er sei geeignet
Mbandwa zu werden.
Von Zeit zu Zeit würden die
Mbandwas zum Sultan gerufen, um
dort Tänze aufzuführen, wofür sie
dann von ihm beschenkt würden.
Der nächste von uns explorierte Abb. 5.
Mbandwa, etwa vom gleichen Alter, i
unterschied sich in seinem Äusseren von dem ersteren dadurch, dass er, über
der Stirn durch ein Band befestigt, einen halb mit einer Perlenstickerei
bedeckten Löweneckzahn trug. In der Hand hatte er einen langen Stock,
aber ohne Glocke. Dieser Mbandwa hatte mit seinen hochgezogenen
Augenbrauen, der gebogenen Nase und dem überlegenen Lächeln etwas
geradezu Mephistophelisches.
Er gab an er heisse Kibi. Kibi sei der Name seines Geistes, der
jetzt gerade in ihm weile, sein eigentlicher Name sei Kakisiba. Kibi sei
früher Sultan in Kigarama gewesen. Er sei von einem andern Sultan
vertrieben worden. Kibi sei von sehr weit eingewandert, ebensoweit wie
die Europäer.
Er sei der höchststehende Mbandwa. Er sei in seinem Mbandwa
früher als Pest- und Pockendoktor tätig gewesen. Seit die Europäer im
Lande seien, habe er aber nichts mehr zu tun. |
Der Löwenzahn entspreche dem Abzeichen des Sultans, von dem er
23%
508 | Vix:
ihn auch erhalten habe. Seine Mbandwawürde habe er von seinem Vater
geerbt. Nach seinem Tode gehe sie auf seine Kinder über, aber es könne
sie ebensogut auch jemand anders erben. Zur Zeit könne er das noch
nicht bestimmt sagen.
Der Geist Kibi besitze ein Vermögen, dessen Nutzniessung sein
Mbandwa habe. Nach dem Tode des Mbandwa falle das Vermögen an
den Sultan des Landes zurück, der es demjenigen weitergebe, in den
dann der Geist des Kibi fahre. Der Kibi-Mbandwa sei stärker und klüger
als die anderen Menschen, er könne die Zukunft voraussagen. Auf-
gefordert Herrn Dr. Kudicke zu wahrsagen, erklärte er, Herr Dr. Kudicke
werde am nächsten Tage ein Gewehr, einen Kranken und Geld be-
kommen. (Tatsächlich stand bemerkenswerterweise der Zahltag bevor,
was der Mbandwa wissen konnte.)
Ein dritter Mbandwa, wesentlich jünger, vielleicht anfangs der dreissig,
unterschied sich von den anderen durch eine Mütze aus Fischotterfell, die
er auf dem Kopfe trug.
Dieser gab an, er heisse für gewöhnlich Ischamula, sein Geist sei
Kagaschane, ein Sohn Kibis. Deshalb werde er von Kibi ausgehalten.
Er sei ebenso wie die meisten andern Mbandwas Wahrsager.
Der etwa 60jährige Mbandwa des Geistes Mugascha erschien in ge-
wöhnlicher Kleidung und ohne Schmuck und stellte sich dementsprechend
mit seinem bürgerlichen Namen Kipemba vor. Seine Tätigkeit besteht
darin, gegen Bezahlung Regen zu machen. Zu diesem Zwecke stecke er
ein besonderes Stück Holz, das er in seiner Hütte habe, in einen Topf
mit Wasser.
Über die Zeit, innerhalb welcher es dann regne, könne er nichts Be-
stimmtes voraussagen. Mugascha sei ein Regenmacher gewesen, der einst
von der Insel Sesse herübergeholt worden sei, um hier das Wetter zu
machen. Vor Kipemba war der Geist in dessen Vater, voraussichtlich
werde er nach seinem Tode in seinen Sohn übergehen. — Er, Kipemba,
werde für seine Tätigkeit nicht bezahlt und habe ebensowenig ein Ver-
mögen wie sein Geist.
Bei der Exploration war es nicht immer ganz leicht die Angaben
über die Geister der Mbandwas von denen über sie selbst zu trennen.
Nachdem wir die Mbandwas mit Pombe beschenkt hatten, luden wir
sie ein uns demnächst einmal ohne ihre Geister, gleichsam in Zivil zu
besuchen.
Nach einigen Tagen kamen sie in der gewöhnlichen Kleidung der
Kisibaleute dieser Aufforderung nach. Diesmal befanden sich auch einige
weibliche Mbandwas unter ihnen. Nachdem wir sie reichlich mit Pombe
beschenkt hatten, setzten wir unsere Exploration fort. Das Resultat war
folgendes:
Es gibt auch weibliche Mbandwas. Von den sechs anwesenden haben
aber fünf einen männlichen Geist. Der Geist Wamara fährt in männ-
liche und weibliche Mbandwas. Rehse bezeichnet ıhn als den Geist, zu
dem die Seelen zurückkehren. Er nimmt an, es sei ursprünglich ein
mächtiger zentralafrikanischer König gewesen. Diese Mbandwas sind
Ethnologie des Zwischenseengebietes von Deutsch-Ostafrika. 509
seine Priester. Einzelne von ihnen können auch wahrsagen. Niabulesa,
Kubedya und Niakaremba sind weibliche Geister. Letztere beiden sind
Geister des Ackerbaues. Niabulesa bringt Krankheiten und tötet die
Menschen.
Sie hat keinen bestimmten Mbandwa, sondern geht bald in den einen,
bald in den andern. Wenn einer von ihnen etwas Schlimmes tut, dann
ist sie in ihm. Wenn Niakaremba in ihren weiblichen Mbandwa ge-
fahren ist, wird das Feld dieser betreffenden Priesterin von den andern
Frauen bestellt. Niakaremba ist die Mutter des Geistes Kisiba. Um
bessere Ernte zu bekommen, wird auch der Geist Kasi angebetet. — Die
weiblichen Mbandwas dürfen nicht heiraten. Wird eine verheiratete Frau
von einem Geist besessen, so verlässt sie ihren Mann und geht zum
Vater zurück. Die weiblichen Mbandwas dürfen mit männlichen ge-
schlechtlich verkehren. Die anwesenden Frauen hatten keine Kinder.
Wer einmal Mbandwa ist, bleibt es bis zu seinem Lebensende Die
Kinder müssen nicht immer wieder Mbandwas werden. In Tiere fahren
die Geister nie. Die Mbandwas haben einen Einfluss darauf, ob ihr
Geist sie aufsucht oder nicht. In jeder Mbandwahütte ist eine Lager-
stätte für den betreffenden Geist. Wollen die Mbandwas ihren Geist
herbeirufen, so legen sie einige Simbi (das ortsübliche Muschelgeld),
9 oder 2x9 Stück, hin, rufen den Geist und geben ihm den Grund an,
weshalb er kommen soll. Wollen andere Leute den Geist herbeirufen,
so müssen sie dessen Mbandwa die Simbi bezahlen. — Die Mbandwas
haben unter sich Zusammenkinfte und Beratungen, wenn sie dem Sultan
Vorschläge machen wollen, z. B., dass er für einen Geist ein neues Haus
bauen soll und ähnliches. Bei wichtigen Ereignissen, z. B. Epidemien,
fragt der Sultan die Mbandwaversammlung um Rat. So hätten sie z.B.
einmal bei einer Epidemie von jedem Haus einen Simbi eingesammelt .
und das Geld in den Kagera geworfen.
Wenn jemand erklärt, er sei von einem Geist besessen, Mbandwa ge-
worden, so wird er erst von den übrigen Mbandwas begutachtet, ob er
auch wirklich besessen ist. Ist dies ihrer Ansicht nach der Fall, so wird
er von den Wamarambandwas unterrichtet, der Kibimbandwa z.B. kann
das nicht.
In der Nähe der Missionsstation Buanja besuchte ich einen in
einem grösseren Dorf wohnenden Mbandwa, der einen Zauber für die
Fruchtbarkeit des Rindviehs hat. Seine Hütte unterscheidet sich von den
landesüblichen durch ihre Grösse. Er besitzt viel Vieh. In dem ab-
gegrenzten Vorraum der Hütte, gleich hinter dem Eingang, liegen fünf
Trommeln verschiedener Grösse. Ich bekam denn auch auf meinen
Wunsch ein Trommelkonzert aufgeführt. Die Trommeln waren verschieden
abgestimmt und wurden in wechselndem, recht wohlklingendem Rhythmus
von drei Leuten geschlagen. Leider hatte ich keinen Dolmetscher zur
näheren Exploration des Mbandwas.
Nach dem Mitgeteilten scheint mir für das Zwischenseengebiet
charakteristisch, dass der Priester dort gleichsam seinen Körper dem
Geist, der ihn als Mbandwa erwählt hat, zeitweilig zur Verfügung stellt.
510 Vix:
Was inzwischen aus dem Geist des betreffenden Mbandwas wird, habe, ich
leider nicht erfahren. Ob bei andern Negerstämmen und sonstigen
Naturvölkern ähnliche Anschauungen bestehen, konnte ich aus der mir
zugänglichen Literatur nicht ersehen. Struck spricht in seinem Aufsatz
über „Afrikanische Ärzte“ (Münch. med. Wochenschrift. B. 53, Il) nur
von „persönlichen Beziehungen“ zwischen den Priestern und überirdischen
Wesen. Auch bei Ratzel „Völkerkunde“ findet sich nichts über dieses
Mbandwawesen.
Abb. 6.
Parallelen hierzu lassen sich aber jedenfalls sowohl in Afrika als in
anderen Kulturkreisen finden.
Es wäre nun eine interessante Frage, ob bei den Mbandwas tatsäch-
liche psychische Zustände vorliegen, die als „doppeltes Bewusstsein“ im
Sinne der Psychiatrie aufzufassen sind. Meines Erachtens kann das schon
der Häufigkeit wegen nur insofern zugegeben werden, als der Erfahrung
nach (cf. Wernicke, Grundriss d. Psych.) solche Zustände weitaus in
Ethnologie des Zwischenseengebietes von Deutsch-Ostafrika. 511
der Mehrzahl der Fälle Produkte suggestiver Beeinflussung sind. Ich
hatte nicht den Eindruck, dass es sich bei den Explorierten um bewusste
Schwindler handelte. Ich glaube auch, dass die Einsicht, dass die Idee
der zeitweiligen Besessenheit der Realität entbehrt, selbst dem in-
telligentesten inmitten seiner Volksgenossen lebenden Neger als eigener
Erwerb nicht zugetraut werden darf, wenn man sich vergegenwärtigt,
dass er doch mit einem Wust mehr oder weniger unklarer Vorstellungen
von übersinnlichen Dingen belastet ist und dass bei ihm, wie alle Kenner
der Negerpsyche übereinstimmend erklären (cf. auch Ratzel, Völker-
kunde) das Unterscheidungsvermögen zwischen Wahrheit und Phantasie-
Abb. 7.
produkt ebenso wie bei unseren Kindern oder manchen hysterischen
Individuen wenig entwickelt ist. Zweifellos spielen das Nervensystem
beeinflussende Mittel, wie Alkohol, Kaffee und jedenfalls auch Hanf eine
gewisse Rolle. Bemerkenswert ist der Hinweis Strucks (l. c.) auf die
Bedeutung der Erblichkeit des Berufs der Ärzte, da hierdurch möglicher-
weise auch eine gewisse nervöse Disposition vererbt wird, die einerseits
durch den Beruf geschaffen wird, andererseits wieder zu ihm besonders
befähigt.
Vielleicht begegnet auch folgende, kurz mitzuteilende Beobachtung
einigem Interesse: Im nordöstlichen Karagwe in der Nähe des auf der
Karte mit Narweri bezeichneten Lagerplatzes führte die Strasse nach
Ruanda an einem Baum vorüber, unter den, wie ein kleiner Dornenkral
und alte Feuerstätten erkennen liessen, öfter gelagert wird. Dieser Baum
512 Vix:
war über und über behängt mit aus kreuzweise übereinandergelegten
Streifen von Bananenblättern gebildeten Paketchen, in welchen sich etwa
faustgrosse Steine befanden. Meine Basiba-Träger legten, dort an-
gekommen, ihre Lasten nieder und hängten jeder ebenfalls ein solches
Paket auf. Auch forderten sie mich auf, ein gleiches zu tun. Auf
meine Frage erfuhr ich, es handele sich um ein Opfer, damit die Reise
glücklich verlaufe. Als wir nach drei Monaten aus Mpororo zurück-
kehrten, kamen wir bei einem gleichen Baum an der Barabara westlich
von Kitengule vorüber, wo nun die Leute ebensolche Dankopfer für
glückliche Heimkehr aufhängten.
Abb. 8.
Bezüglich der Felszeichnungen bei der Mission Buanja in Kisiba,
über die R. Koch in der Zeitschr. für Ethnologie seinerzeit berichtete,
erhielt ich durch Exploration eines aus der Gegend stammenden Missions-
zoglings, den mein liebenswürdiger Führer Pater Donders mit zu den
Grotten nahm und dort für mich ausfragte, folgende Erklärung: Die
Zeichnungen sind von „Gott“ gezeichnet. Die Farbe heisst enkorwa. Es
ist roter Ocker. Die Zeichen, die sich in so grosser Zahl wiederholen,
stellen, wie Koch vermutete, Rinder dar; die wagrecht gezeichneten be-
deuten schlafende Rinder. Die beiden rundlichen Figuren mit den vielen
Punkten sind Leoparden, die die Rinder beschleichen. Besonders be-
merkenswert sind die beiden zur Ader gelassenen Kühe. Menschliche
Figuren sind nicht dabei.
Ethnologie des Zwischenseengebietes von Deutsch-Ostafrika. 513
Ich füge die Haupttypen mit den wörtlichen Erklärungen des Ein-
geborenen hinzu: (In dem Reisebericht des Herzogs Adolf Friedrich
zu Mecklenburg ist die Abbildung der Malereien verkehrt reproduziert,
so dass die Symbole auf dem Kopfe stehen).
Interessant und vielleicht nicht ohne Bedeutung ist, dass ein Mbatwa')
auf Kwidschwi, dem ich Bilder vorlegte, dieses Rindersymbol sofort als
solches erkannte.
Bezüglich der Örtlichkeit möchte ich der Kochschen Schilderung
noch hinzufügen, dass es sich um flache Grotten, nicht etwa um zu
Wohnungen geeignete Höhlen handelt und dass im weiten Umkreis darum
sich wie im grössten Teile Kisibas ausgedehntes, grasbewachsenes Weide-
land befindet. Vielleicht steht das mit dem Gegenstand der Zeichnungen
in gewissem Zusammenhang. In diesem Falle könnten die Zeichnungen,
nicht über die Zeit zurückreichen, zu der die dem Entstehen des Weide-
landes vorausgehenden Rodungen vorgenommen wurden. Angesichts der
alten Kultur Kisibas mag dieser Zeitpunkt immerhin schon einige Jahr-
hunderte zurückliegen. — Mit den bekannten Buschmannzeichnungen, die
sich ja durch ihre grosse Naturtreue auszeichnen, haben diese schematischen
Bilder nur bezüglich ihres Inhaltes eine Ähnlichkeit. Ebenso ist auch
die Ähnlichkeit mit den in der Diskussion nach dem Kochschen Vortrag
erwähnten und von Passarge in Kamerun entdeckten schwer zu deutenden
Felsgravierungen eine geringe. Vielleicht stellen die Zeichnungen einen
Bilderzauber zum Schutze der Viehherden dar (vgl. „Das Problem der
Buschmannmalereien* von Willy Pastor. Tägl. Rundsch. Jahrg. 31
Nr. 85).
Über Affektäusserung bei meinen Leuten machte ich nachstehende
interessante Beobachtung: Gelegentlich der Fahrten auf dem Kiwusee
hatte ich einen schweren Bootsunfall, wobei mehrere Träger und Ruderer
ertranken. Als die Kunde bei den schon am Land befindlichen Leuten
eintraf, entstand sofort unter ihnen eine grosse Bewegung. Sie liefen hin
und her, gestikulierten, weinten, hielten sich den Kopf, beugten den Ober-
körper vor und zurück und fielen sich gegenseitig um den Hals. Sehr
bald aber nahm das Jammern einen bestimmten Rhythmus an, dem sich
alle anschlossen, auch die Kwidschwileute, zu denen die Ruderer ge-
hörten und die erst etwas kühler geblieben waren. Dabei hatte der
Niampara, der Trägerführer, gleichsam die Leitung übernommen. Etwa
nach einer halben Stunde beruhigten sich die Leute allmählich und waren
nach kurzer Zeit wieder in ihrer gewöhnlichen sorglos-heiteren Stimmung.
Als ich mich dem Ausgangsort Kigarama wieder näherte, kam mir
die Mutter eines der Ertrunkenen, zu der die Nachricht vom Tode ihres
Sohnes gedrungen war, in das Lager entgegen. Als sie die Bestätigung
erfuhr, war sie erst ganz fassungslos, weinte und lachte abwechselnd und
jammerte dann, indem sie rhythmisch „omuane, omuane!“ („mein Kind“)
rief. Plötzlich lief sie schnell fort, stiess einen langgezogenen, gellenden
Schrei aus und schlug sich dabei mit der flachen Hand schnell hinter-
1) Doch wohl „Mutwa“. Str.
514 Vix:
einander auf den Mund, so dass ein trillernder Ton entstand, — tbrigens
eine Art des Zurufes, die ich auf der ganzen Reise im Zwischenseen-
gebiet oft beobachtete. — Das Jammern, manchmal unterbrochen von
diesem Schreien, war dann die ganze Nacht hindurch noch in der Nähe
meines Lagers zu hören.
Ich füge dem Bericht eine Photographie des Königs Mihigo von
Kwidschwi bei, der sich seither nie vor Europäern sehen liess, sondern
stets andere Personen vorschickte. Während eines mehrtägigen Auf-
enthaltes bei dem evangelischen Missionar auf Kwidschwi, oder richtiger
Idschu, Herrn Achtmann, dem ich für Gastfreundschaft und vielseitige
Abb. 9.
Unterstützung zu grossem Dank verpflichtet bin, erfuhr ich, dass Mihigo
sich vor ihm als dem ersten Europäer gezeigt und anscheinend Vertrauen
zu ihm gefasst habe. Er sei sehr verschüchtert, da er dauernd unter den
Angriffen der Ruandaleute gelitten habe. Wir kündigten uns vorher an
und besuchten ihn dann in seiner Residenz. Er begrüsste uns auf dem
grossen freien Platz vor dem Zaun, der seine Hütte und Hof umgab, in-
mitten von etwa 100 bewaffneten Leuten. Mir gegenüber war er höchst
misstrauisch, da ihm der Zweck meines Besuches sehr verdächtig war,
als er hörte, dass ich mich für die Awatwa interessiere). Vor Fernglas
i) Wir erfuhren durch ihn, die Batwazwerge seien von Kwidschwi nach dem
Kongostaat ausgewandert, da bei der Expedition des Herzogs „ihre Seelen in
Bücher geschrieben“ worden seien. (Anthropol. Messungen.) Er schien den Awatwa
Ethnologie des Zwischenseengebietes von Deutsch-Ostafrika. 515
und Kamera äusserte er grösste Furcht, so dass ich ihn nur ganz heimlich
aufnehmen konnte. Beim Verabschieden begleitete er uns einige Schritte,
bat aber, dass ich vor ihm hergehe. Ich wurde lebhaft an das Gebahren
von an Verfolgungsideen leidenden Geisteskranken erinnert. Mihigo ist
ein grosser, ziemlich korpulenter Mann, schätzungsweise zwischen 60 und
70 Jahre alt. — Aus einem Brief von Herrn Achtmann erfuhr ich noch
nachträglich, dass sein Vater vor 20 Jahren von dem damaligen König
Ruabugiri von Ruanda getötet und seine Schwester fortgeschleppt worden
sei. Sie sei jetzt ganz kürzlich nach so langer Abwesenheit auf ihren
Wunsch aus dem Bezirk Bukoba, wo sie einem Grossen gehörte, nach
Idschu zurückgekehrt. Mihigo hielt es kaum für möglich, dass sie ohne
getötet zu werden durch Ruanda kommen könnte, und ist jetzt mit dem
Einzug der Europäer ausgesöhnt, da sie das ermöglichten.
alles Schlimme zuzutrauen, bewegte sich aber nur in mysteriösen Andeutungen.
Auf die Frage, ob sie sich nicht mit Schmieden befassten, antwortete er ironisch:
„Für Euch mögen sie vielleicht schmieden‘.
Bemerkungen über die „Mbandwa‘“ des Zwischenseengebiets.
Von
Bernhard Struck’).
»Mbandwa‘ ist ein Substantivum der 9. Nominalklasse und vom
Passivum eines Verbums banda gebildet. Aus dem Ziba ist dasselbe
bisher nicht bekannt, Herrmann (Mitt. Sem. or. Spr. VII, 3, S. 150 —193)
führt weder banda noch mbandwa an.
In Ruanda gibt es nach Pere Loupias (Anthropos III, p. 1—13),
das passive Verbum ku-bandwa”) in der Bedeutung von „in den Kult des
Ryangombe eingeweiht werden.“ Seine weiteren Ausführungen sind in-
zwischen durch augenscheinlich sehr zuverlässige Nachrichten, die Missionar
Roehl von seinem Sprachlehrer Rwabigwi erhielt, teils bestätigt, teils
verbessert und erheblich erweitert worden (Nachr. a. d. ostafr. Mission XXIV,
S. 63—66). Das „Kuzimu“ der Banyarwanda ist bei den Geistern
Nyamuragira und Nyiragongo, seiner Frau, d.h. den Vulkanen gleichen
Namens, wo die abazimu ım übrigen ein ödes Schattendasein führen, das
nötige Holz heranzuschleppen haben, um das Feuer zu unterhalten. Aber
nicht die Geister aller Verstorbenen gehen dahin. „Als ich nämlich
Rwabigwi fragte, ob er denn nach seinem Tode auch zur Nyiragongo
ginge, warf er sich in die Brust und antwortete: Nein, ich gehe zu
Ryangombe, ich bin ein umubandwa. Nachdem er sich nochmals ver-
gewissert hatte, dass draussen niemand horche, flüsterte er mir dann nach
und nach folgendes zu: Ryangombe, der eigentliche Gott der Ruanda-
leute, throne auf dem Karisimbi, dem höchsten der Vulkane. Dort bei
Ryangombe gibt es eine Art Paradies mit den höchsten Genüssen, die ein
Sohn Ruandas kennt, nämlich Milch und Bier; die Milch liefert eine
grosse Rinderherde Ryangombes, die auf den Schneefeldern des Karisimbi
weidet; das Bier stellen die Ruandaleute dem Ryangombe hin in eigens
hierzu erbauten kleinen Hüttchen, die man bei vielen Kraalen findet und
die wir bisher vielleicht irrtümlich als Seelenhütten bezeichnet haben.
Die Leute nun, welche Ryangombe einst zu sich nehmen will, sucht er
sich noch bei ihren Lebzeiten aus und zwar in folgender Weise: er
erscheint dem Betreffenden in einer Nacht, nimmt ihn mit sich auf den
Karisimbi, zeigt ihm alle seine Herrlichkeit, verspricht ihm, ihn an allem
1) Im Anschluss an den vorhergehenden Aufsatz von Dr. Vix: „Beitrag zur
Ethnologie des Zwischenseengebiets von Deutsch-Ostafrika.“
2) b hier nur im folgenden phonetisch = v.
Bemerkungen über die Mbandwa. 517
teilhaben zu lassen, und sagt dann zu ihm: bandwa! was wir nicht gut
anders übersetzen können als: lass dich weihen! Darauf bringt er ihn
wieder in seine Hütte zurück. In der Regel erscheint Ryangombe seinen
Erwählten während einer Krankheit. Darauf lässt nun der so Erwählte
an sich die Weihe vollziehen in Gegenwart der schon früher Geweihten,
natürlich unter allerlei geheimnisvollen Bräuchen. So wird nun auch er
ein umubandwa, das ist ein Ryangombe Geweihter, und hat damit die
Anwartschaft auf ein Leben nach dem Tode in Freude und Wonne und
ım täglichen Genusse von Milch und Bier. Die nächste. Folge der
Weihung ist natürlich die, dass der Betreffende von seiner Krankheit
genest. Nach dem Tode wird ein umubandwa kein umuzimu, er geht auch
nicht ins Kuzimu, sondern er wird ein imandwa (Engel?), und Ryangombe
holt ihn zu sich auf den Karisimbi zu ewigem Leben, denn ein imandwa
stirbt nicht mehr.“ Ryangombes Wahl ist durchaus frei, Batwa sollen
jedoch bestimmt ausgeschlossen sein. Die Weihe kann nur einmal an
derselben Person vollzogen werden. „Würde jemand, ohne von Ryangombe
aufgefordert zu sein, sich weihen lassen, so würde er für diesen Frevel
von Ryangombe sofort getötet werden und müsste natürlich in das kuzimu
gehen.“ Loupias behauptet, der König und die grossen Batusi könnten
keine ababandwa sein, aber dem widerspricht Msingas eigene Äusserung
zu Roehl, er werde einst in Ryangombes Paradies eingehen.
In Ruanda ist also umubandwa (Kl. 1) Pl. Ababandwa (Kl. 2) ein
Geweihter, imandwa (Kl. 9) Pl. (Kl. 10) die Seele eines verstorbenen Ge-
weihten. Das letztere Wort ist zwar augenscheinlich auch von bandwa
abgeleitet, aber mit einer in diesen Sprachen sonst unbekannten Laut-
entwicklung ni + b=m statt des gewöhnlichen mb. Allerdings gibt
H. H. Johnston die vorauszusetzende Form e-mbandwa (Uganda Pro-
tectorate II, S. 971, e nach Analogie der nördlichen Sprachen statt 1),
aber sein ganzes Ruandavokabular ist nicht sehr zuverlässig, und da er
dem Wort die Bedeutung „Teufel“ beilegt, so wird er wohl unzutreffend
berichtet worden sein.
Durch weitere Mitteilungen Roehls (nach Aussagen des Muziba
Kyaluzi) werden Vix’ Ermittelungen über die Mbandwa der Baziba be-
stätigt und treten mit den eschatologischen Vorstellungen, wie sie Rehse
(Kiziba S. 132) andeutet, in Verbindung. Auch die Baziba kennen für
die Verstorbenen zwei Örter: 1. Bitoma, das „Totenreich“, der Ort des
ewigen Todes, der nach Rehse in der Landschaft Kyanja lokalisiert wird,
wo ein Priester des Geistes Wamara wohnt und man nachts Trommel-
wirbel und Tanzgeschrei unsichtbarer Herkunft gehört haben soll’).
2. Murimara, die „Gefilde der Seligen“, wo die Seelen solcher Verstorbenen
Aufenthalt nehmen, die bei Lebzeiten durch den Geist Kiziba dazu aus-
erwählt worden sind. „Jeder kann sich Kiziba anbieten und ihm weihen
lassen. Ist der Weiheakt vollzogen, so nimmt Kiziba ihn an, oder ver-
1) Der Ort ist auf den Karten nicht verzeichnet; indessen sind noch grosse
Strecken, namentlich im Südwesten der Landschaft, unerforscht. Photographie
einer Gruppe von Mbandwa aus Kyanja s. Afrika-Bote XVII (Trier 1910/11) S. 196.
518 B. Struck:
wirft ihn in folgender Weise: bis spätestens drei Tage nach dem Weihe-
akt muss der Betreffende in einen ekstatischen Zustand geraten, und redet
dann unverständliche Worte vor Verzückung. Damit hat der Betreffende
das Siegel empfangen, dass er von Kiziba angenommen worden ist.“ Tritt
diese Ekstase nicht ein, so ist der Kandidat von Kiziba verworfen und
geht nach seinem Tode nach Bitoma = Kuzimu.
In Nkole scheint es nach Meldon (Journ. Afr. Soc. VI, S. 142—145)
nur einen einzigen und zwar einen Geist Mbandwa zu geben, in sieben
verschiedenen „Personen“: Wemarra, Kagoro, Diangombi, Nyakururu,
Mugasha, Simbua und Ndahura. Die zwei Fuss hohen Geisterhüttchen
neben den Wohnhütten sind dem Mbandwa geweiht, für den dort bei
Neumond vier Tage lang ein Feuer unterhalten wird. Ist jemand im
Hause krank, so wird gekochtes Ziegen-, Schaf- oder Rindfleisch mit
Milch, Bananen und Mehl auf einem Teller in die Geisterhütte gesetzt, es
bleibt aber nur für einige Augenblicke darin und wird dann gegessen.
Bei der Anrufung des Mbandwa bedecken sich die Männer mit muschel-
besetzten Fellhauben, die Weiber flechten Muscheln ins Haar und lassen
sie über die Stirn herabhäugen, man tanzt die Nacht hindurch und ruft
den Geist und den Namen jeder seiner Erscheinungsformen an, mit
Wemarra in der obigen Reihenfolge beginnend. Ausser der Mbandwa-
hütte gibt es vor den Häusern ein zweites Hüttchen für die Ahnengeister,
ferner an verschiedenen Stellen im Lande eine Hütte für den Gott-
Schöpfer Lugaba. Dessen Priester ist in einer Person auch Priester des
Mbandwa; ist dieser Mann (Zölibat!) von Lugaba besessen, so erfolgen
seine Reden hinter geschlossener Hüttentür, kommt Mbandwa über ihn,
so spricht er draussen. Durch gewisse Modifikationen im Ornat erfährt
das Volk, welche der sieben Erscheinungsformen aus ihm spricht, vgl.
darüber im einzelnen Meldon a. a. O. S. 145. Das Leopardenfell ist
hier Zeichen des Diangombi.
Das paarweise Auftreten der Geisterhüttchen findet sich in Kiziba
wieder (Rehse 8.128), nur gehören dort beide einem Erdgeist Irungu,
und das Hiittchen fiir die Seele des verstorbenen Vaters wird innerhalb
der Wohnhütte hinter dem Bett des Hausherrn erbaut (S. 14). Merk-
würdig ist es, dass der Perlenkopfschmuck in Kiziba denselben Namen
e-kisingo trägt, wie die Fellhaube, die die Banyankole beim Gebet auf-
setzen, obwohl beide Dinge ganz verschieden gestaltet sind, vgl. die Ab-
bildungen Meldon S. 143, Rehse S. 132. In Nkole wird ferner wie in
Ruanda der erwählte Träger des Geistes sofort frei von Krankheit. Das
Feuer im Haus des Wamara von Kiziba muss dauernd unterhalten werden,
in Nkole, wie erwähnt, nur vier Tage im Monat. Die Zahl der Unter-
schiede ist also im einzelnen ebenso gross wie die der Übereinstimmungen.
\Wie Lugaba (Rehses Rugaba), so sind auch die andern Namen in Kiziba
gut bezeugt. Wamara, in Nkole bei der Anrufung stets zuerst zitiert,
regiert in Kiziba über alle übrigen Geister, daher kann, wie Vix erfuhr,
eben nur der Mbandwa des Wamara einen neuen Mbandwa unterrichten.
Kagoro ist in Kiziba der Enkel Wamaras, Diangombi ist natürlich
= Ryangombe, Liangombe; Mugasha ist der altbekannte Seegott der
Bemerkungen über die Mbandwa. 519
Baganda und wird auch in Usuwi, Kisaka und Karagwe verehrt. In Kiziba
hat er Gewalt über Flüsse, Seen, Wind und Wetter, auch „Erdbeben“
soll als „mugasha“ bezeichnet werden (s. darüber meinen Aufsatz „Zur
Kenntnis afrikanischer Erdbebenvorstellungen* Globus XCV, S. 85—90;
„African Ideas on the; subject of Earthquakes“ J. Afr. Soc. VIII, p. 398
bis 411). In Nkole hat der Geist Mugasha eine Hochzeitsgesellschaft in
Steinsäulen verwandelt (J. Afr. Soc. VI, S. 246).
Interessant ist, dass der Geist Kiziba in die Landschaft Kiziba aus
Jhangiro eingewandert sei „und zu den Waheia gehört.“ Waheia = Bahaya,
was der Gesamtname ist fir die dialektisch beinahe einheitliche Be-
völkerung der Landschaften Kiziba, Bugabu, Kyamutwara, Kyanja und
Jhangiro. Da, wie Rehse (S. 133) festgestellt hat, Nyakarembe als „Göttin
des Ackerbaus“ Mugashas Gemahlin ist, so dürfte durch Vix’ Ermittelung,
dass sie die Mutter des Geistes Kiziba sei, die genealogische Stellung dieses
bisher auffallend isolierten Landesgeistes nunmehr aufgeklärt sein. Rehse
hatte nur erfahren, dass Mugasha früher König von Sese') gewesen sei
und damals in engem Verkehr mit dem König von Kiziba gestanden
habe. „Die königliche Familie steht darum noch heute in besonderer
Beziehung zu diesem Geiste.“ Vix erhielt von dem eigenen Mbandwa
Mugashas die Angabe, dieser sei auf Sese Regenmacher gewesen und nach
Kiziba herübergeholt worden; danach mag Rehses Version eine später
aufgekommene Deutung der dem Volke nicht mehr verständlichen Be-
ziehungen sein, die den Königshof von Kiziba mit Musgasha, dem Vater
(oder Stiefvater?) Kizibas (des Geistes) verbinden.
Wie dem auch sei, charakteristisch ist das Wandern vieler Geister,
nämlich der Landes- und Heroengeister, das sich hier im Osten und auch
weiter im Norden wiederfindet, vgl. z. B. den Nikang der Schilluk. Es
gibt wohl kaum einen plastischeren Ausdruck für die so einfache und doch
so oft aus den Augen gelassene Tatsache, dass die Bevölkerung jedes
einzelnen dieser Gebiete, gleichviel welcher racialer Zusammensetzung,
ganz allgemein aus (mindestens) einer alteingesessenen und einer ein-
gewanderten Schicht aufgebaut ist. Kiziba ist schon als Geist ins Land
gekommen, Mugasha und Kibi sind es erst geworden. Wenn dieser Kibi
von sehr weit eingewandert, König in Kigarama gewesen und von einem
andern König vertrieben worden sein soll, so ist diese Figur ohne Zweifel
identisch mit dem „historischen“ Kibi der Bazibatradition, dem Stamm-
vater aller Bazibakönige”). Kibi, offenbar ein hamitischer Prinz und
Bruder von Ruhinda von Karagwe, kam gegen Ende des 15. Jahrhunderts
aus Bungoro nach Kiziba, gewann dort als glücklicher Jäger durch seine
Fleischspenden Anhang; den einheimischen König Ntumwa überfiel er ın
seiner Residenz, dieser kam dabei ums Leben, und Kibi übernahm die
Regierung, vorgeblich als Majordomus von Ntumwas Bruder Kangamaishwa.
Ein Aufstand Kangamaishwas misslang und Kibi residierte fortan auch
nominell als König in Kigarama. Königstradition und Geistersage be-
1) So richtig statt des Druckfehlers Ireze bei Rehse S. 128.
2) Rehse S. 154—160, 237—240.
520 B. Struck:
richten also völlig übereinstimmend. Beide Söhne Kıbis heissen in der
Tradition Ishamura; wenn Vix den bürgerlichen Namen des dritten
Mbandwa als Ishamula, den seines Geistes als Kagashane protokolliert
hat, so wird dies also ein Versehen sein, zumal Männernamen sehr ge-
wöhnlich mit ka- gebildet werden (vgl. die Liste bei Rehse S. 123).
Äusserlich betrachtet, scheint die Zahl der „Mbandwa“ in Ruanda am
grössten zu sein; alle m ein persönliches Verhältnis zur Gottheit ein-
bezogenen werden so bezeichnet. In Kiziba ist es nur eine beschränkte
Gruppe, nämlich die Priester; in Nkole gibt es nur einen einzigen
„Mbandwa“, den Geist selbst. „Mfumo“, der eingeborene Arzt, scheint
überall etwas ganz verschiedenes zu sein. Seine Kompetenz erstreckt
sich auch sonst in Afrika meist nicht auf jene grossen Ubel, wie Pest,
Pocken, Unfruchtbarkeit, bei denen es priesterlichen Eingreifens bedarf’).
In umgekehrtem Verhältnis zur Zahl der Mbandwa steht die Zahl der be-
treffenden Geister. In Ruanda ist es der eine Ryangombe, in Kiziba sind
es mehrere Geister (aber nicht alle ursprünglich, vgl. Kibi und Ishamura),
in Nkole alle möglichen „Erscheinungsformen“ mit Einschluss des
Ryangombe von Ruanda und einiger Geister der Baziba. Wahrscheinlich
liegen Substitutionen sowohl des Namens wie auch der Funktion vor.
Ryangombe wird in Kiziba als Geist der Rinder nur von den Bahima
verehrt, auch sein Priester ist ein Muhima (Rehse S. 134). An seiner
Stelle wird hier mit der ,,Paradies‘‘- Vorstellung der Landesgeist Kiziba
verknüpft, während die Unterwelt Bitoma dem Wamara gehört. Trotzdem
nimmt er in allen Beziehungen ausserhalb des Mbandwawesens die erste
Stelle ein. Da Ryangombe in Kiziba ausserhalb des Pantheons von
Dämonen (Wamara, Mugasha usw.) und Heroen (Kibi, Ishamura) steht,
in Nkole aber in der Reihe der Geister nicht nur hinter Wamara zurück-
steht, sondern auch sonst keinerlei Ausnahmestellung einnimmt, so hat es
den Anschein, als werde hier eine Gottheit der eingewanderten Hamiten,
Ryangombe, ganz allmählich von der einheimischen Negermythologie der
Bahutu-Bairo absorbiert. Das „Mbandwa“-Wesen an sich ist gewiss ein
alteinheimisches Element, dafür sind die vielen Parallelen namentlich der
Kiziba-Mbandwa nach Loango, Kamerun, Togo und der Goldküste nicht
zu verkennen.
Vielleicht ist auch Wamara ursprünglich Heros, nicht Damon. Nach
der Nkole-Tradition war Wamara Kénig der Bachwezi in Baera (Uganda),
eines von den Bahima verschiedenen Hamitengeschlechts*), und eroberte
Nkole.
Seine Frau Nzunaki (eine Muhima) ist augenscheinlich identisch mit
1) Siehe u. a. die klassischen Aufzeichnungen Missionar Bohners tiber das
Pockengespenst der Gi (Goldküste), die ich Globus XCII, S. 149f. veröffentlicht
habe.
2) „Bachwezi“ wird gewöhnlich als „Propheten“ erklärt, scheint aber auch im
Sinne von 1. Ahnengeister, 2. Priester oder Zauberdoktoren gebraucht zu werden.
Vel. H. H. Johnston a.a. O. II, 8.588; A. B. Lloyd, Uganda to Khartoum, p 46
bis 50. Danach scheint der Begriff ,Bachwezi* dem der „Mbandwa“ nicht fern zu
stehen.
Bemerkungen iiber die Mbandwa. 521
der Nyunaki der Kiziba-Tradition, sein Sohn „Luinda“ mit deren
„Kuhinda“, dem Bruder Kibis. Dazu stimmt, dass Luinda von S nach N
seine Herrschaft in Nkole ausgebreitet haben soll und nach der Kiziba-
Tradition König von Karagwe war. Bagabe oder Basingo heisst ein
übrigens nicht mit den Bahinda identischer Clan der Bahima von Nkole,
die einst einen anderen Sohn Wamaras, Mulindwa, getétet haben sollen.
Diese dirfen nicht vor Lugaba (dem Himmelsgott von Nkole) bzw. in
dessen Höhle zu „Kagarama‘“ erscheinen; ,,Kigarama“ heisst aber auch
die Residenz der sagenhaften Kibi von Kiziba, ein noch heute bedeutender
Platz nördlich von Bukoba.
Zeitschrift für Ethnologie. Jahrg. 1911. Hett 3 u. 4. 31
Zur Psychologie des Dschaggarätsels.
Von
Bruno Gutmann, Moschi, Kilimandscharo.
Die Rätseldichtung erweckt unsere Teilnahme meist nur als eine
Übung des menschlichen Scharfsinns, der zu dem oft recht bunten Mosaik
der Rätselallegorie die rechte Beziehung findet oder die einzelnen Stücke
zusammenfügen kann.
Wir fühlen kaum noch etwas von der Bildfreudigkeit des Volks-
rätsels und von dem Triebe seiner Sprache, jede Handlung und jedes
Stück der Umgebung so zu verlebendigen, dass es in plastischer Gestalt
als eindrucksvoller Vorgang vor der Seele wiederersteht, und das innerste
Wesen einer Sache veranschaulicht, wenn die Worte genannt werden.
Die Freude am Bilde, am dichterischen Gleichnisse ist der Ausgangs-
punkt zu einem richtigen Verständnisse des Volksrätsels, wie es z. B. im
Dschaggavolke am Kilimandscharo in reicher und bunter Gestalt heute
noch lebendig ist.
Genährt und tausendfach befruchtet wird die Rätselfreudigkeit hier
durch das Gefühl, mit dem Gleichnisse die Sache selbst erkannt und in
ihrem Wesen gemeistert zu haben.
Ein treffendes Gleichnis hat für sie die grösste Beweiskraft, wirkt un-
mittelbar überzeugend. Und in diesem Sinne ist für sie die Rätselfrage noch
Weisheitsfrage: Der Schlüssel zur Erkenntnis. Aber dieses Suchen nach
Weisheit, nach dem Begreifen derDinge klingt eben nur noch mit als das ver-
bindende Glied der Kette, die in noch tiefer versenkte Entstehungsursachen
hinunterreicht, bis in die letzten Fundamente unserer Psyche = die
religiöse Triebkraft, die sich von der Obmacht äusserer Verhältnisse lösen
will und ihrerseits nach Herrschaft strebt über die Seele der Dinge. Der
Schlüssel zu jedem Wesen aber ist sein Name. Und wie tief sich diese
erste Erkenntnis der menschlichen Seele eingeprägt hat, zeigt auch das
Verhalten des Dschagga unbewusst auf das deutlichste: wenn man ihn
als Fremder nach seinem Namen fragt, wird er stets antworten: ich bin
ein Mensch; und auf die wiederholte Frage verstärkt er nur den Ausdruck:
ich bin ein Mensch der Menschen. Wenn er schliesslich einen Namen
nennt, ist er sicherlich ad hoe erfunden.
Aber auch dieser Kampf um das geheimnisvolle Wesen der Dinge ist
sicher nur der Nährboden für das Rätsel geworden, seine Form hat die
bittere Not geprägt, die im Kampfe um Sicherung des eigenen Lebens
Psychologie des Dschaggarätsels. 523
oder der Sippengenossen Erfindungen machte. Das Warnlied ist der
erste Gestalter des Rätselspruches. Dieselbe Sprache, die der Dinge
Geheimnis entschleiern wollte, musste nun dazu dienen, die eigenen An-
schläge zu verstecken und den allgemein erkannten und benannten
Formen einen anderen geheimnisvollen Sinn zu geben. Einen durch
Häuptlingsanschlag oder den Neid der Vornehmen bedrohten Freund und
Geschlechtsgenossen zu warnen, wurde nachgerade eine Kunst, der sich
jeder befliss. Es galt dem Anschlage der Verschworenen zuvorzukommen
und sich selber dabei doch nicht zu verraten. So besitzen die Wadschagga
eine Menge Warnlieder und Warnspriche. Ich will nur einige Beispiele
geben:
„Hundsaffen steigen den Hang herauf,
Im Morgengrauen wollen sie Bohnen jäten!
Sie tragen zweiseitig geschnitzte Stecken,
Die werden dich töten.“
Das ist ein Lied an der Grenze gesungen, um eine bedrohte Land-
schaft vor dem feindlichen Einfalle zu warnen, den die eigenen Bezirks-
genossen vorhaben. Das ganze Lied aber ist schon ein voll ausgebildetes
Rätsel.
In einer Sage wird der durch den Anschlag seines Bruders bedrohte
Häuptling durch ein Kind gewarnt, das durch sein Lied den Häuptling
stutzig macht:
„Unbekümmerter,
Das Land hat Buschschleicher
Und das Haus birgt einen Namenlos
Geh und komme morgen!
Das Haus hat seine Leute.
Lass! Und komme morgen
Unbekümmerter!“
Als einst die den Masai verwandten Aruschaleute Wadschagga aus
der Häuptlingschaft Madschame heimtückisch in einen Hinterhalt ge-
lockt hatten, liess ihr Häuptling vor dem Beginne der Metzelei dem
Führer der Wadschagga aus dem Häuptlingsgeschlechte eine Warnung
zugehen, damit er entweiche. Die Worte lauteten: „Mache dich davon!
Heute ackert Aruscha einen Acker, der wird vollständig fertig.“
Das war ein Rätsel, das in wenig Minuten seine Lösung heischte:
ein echtes Halslösungsrätsel von furchtbarer Realistik.
Neben Zeichen und Sinnhandlungen war das heimlich rätselnde Wort
oft das einzige Mittel zur Rettung eines Bedrohten.
Und wie das Warnlied ist auch die Scham eine uralte Wurzel des
Rätsels.
Die Scham ist die Mutter des Scherzrätsels.
Es gibt gerade für das Naturkind viele Gelegenheiten, in denen das
Gemeinschaftsbedürfnis, der Gesellungstrieb zwingt, ein Geheimnis zu
offenbaren, und doch das persönliche Schamgefühl die Mitteilung der
nackten Tatsache hindert. Dann greift es wieder zu einer Umschreibung,
34°
524 Gutmann:
zu einem Gleichnisse, wie in der todüberschatteten kurzen Spanne Zeit,
wo man den Warnruf in den Hof des Freundes trägt.
Die Antwort auf solche Fragen neugieriger Genossen nach irgend
einem persönlichen Verhältnisse wird dann als voll ausgebildetes Rätsel
gegeben, ohne doch in der Form die Lösung zu heischen. Der Gefragte
gewinnt damit Zeit und lenkt die Neugierde von dem Verhältnis auf das
Gleichnis.
Und wenn dann die Lösung gefunden oder preisgegeben wurde, ist
die nackte verletzende Neugierde durch den Mantel des Gleichnisses
gleichsam neutralisiert. Und wenn ein Gleichnis schlagend war und
gefiel, dann wurde es allgemein angenommen, zuerst für gleiche Situationen
und schliesslich als reines Spiel, fast wie eine Übung für ähnliche Fälle.
Und nicht nur die Zufälligkeit der Entstehung vieler solcher Rätselbilder,
sondern anch das Bedürfnis, für jede Lage gewappnet zu sein, entweder
als Löser oder als Befragter, machte bei dem einfachen, von falschem
Ehrgeize nicht angekränkelten Naturmenschen das Bedürfnis rege, Rätsel
und Lösung immer beieinander zu haben, wie etwa ein Schüler sein
Einmaleins.
Wenn die Mädchen sich z. B. gegenseitig nach ihrem Verlobten aus-
forschen, dann handelt es sich vor allem um die Frage: ist es ein Reicher
oder ein Armer. Und die einem Armen verlobt ist, spricht: „Ich werde
von einem Zweigeraschler davongetragen werden.“ Das Wort: „Der durch
die Zweige raschelt* schafft die Vorstellung eines Mannes, der auf die
Bäume steigt, also ein Honigbüttenaufhänger, und die Genossinnen ant-
worten: „Das ist gut, da hast du Honig zu essen.“ Die einen Reichen
hat, wird aber auch nicht stolz und ohne Scham antworten: ich habe
einen mit vielen Rindern, sondern sie sagt: „Ich habe einen Rinden-
schäler!'“ Das heisst: wie Kinder vom Baume die Rinde lösen, so leicht
löst mein Verlobter die Felle von den Rindern, er kann reichlich
schlachten. Und die Genossinnen sagen: „Wie schön, du hast Fleisch zu
essen.“ Man sieht aber, diese Antworten sind Rätsellösungen. Und bei
ähnlichen Gelegenheiten mögen die meisten der sogenannten Scherzrätsel
entstanden sein. Die Namenrätsel sind sicher eine erste Quelle der
Rätseldichtung überhaupt, und es wird davon später noch zu handeln sein.
Es ist bedeutsam, dass die ersten Schriftzeichen der Völker ab-
gekürzte Bilder sind. Denn auch ihr Denken ist ein Bilddenken, das ein
Gleichnis noch nicht als Hilfsmittel für das Festhalten und Auseinander-
halten erkannt hat, sondern im Anschauen dieser Bilder selbst das Wesen
der Dinge erfasst, und darin ausruht sie in der Seele zu reproduzieren.
Und wie das abgekürzte Bild als Schriftzeichen die Worte und Ge-
danken eines andern übermittelt und wieder erweckt, so sind die Gleich-
nisse und Bildrätsel in der Sprache jene Stichworte, die ganze Erlebnisse
und Vorgänge, und wenn nicht das Wesen der Dinge, so doch auch für
uns noch das Kennzeichnende ihres Gehabens vor die Seele bringen.
Für den Naturmenschen aber war das die Macht, über die Umwelt
recht viele solcher Stichworte zu wissen, die ihm den Sinn der Rede ent-
hüllten, die ihn das schamvoll Verborgene doch erkennen liessen, die ihm
Psychologie des Dschaggaritsels. 525
aber auch von vielen Gefahren helfen konnten, denen er sonst hilflos
gegenüberstand, sei es, dass er eine Drohrede zur rechten Zeit erkannte
oder die Warnung eines Freundes rasch erfasste.
Recht viele solcher Stichworte zu sammeln, musste darum das Streben
seines ersten einfachen und so plastischen Weltbegreifens sein.
Und diese uralte hohe Wertung des Rätsels ist noch aus den Formen
des jetzigen Rätselspieles bei den Wadschagga erkennbar.
Wenn jemand ein Rätsel nicht lösen, „auseinanderhalten“ kann, dann
sagt er: ngadeko: es entgeht mir. Und der Frager antwortet: tereva
ndzikuvie: bitte, dann willich’s dir sagen! Dann gibt er ihm die Lösung.
Es ist also auch jetzt noch Weisheitsfrage, die gestellt wird, und das
Interesse wird getragen werden von dem Gefühle: durch die Lösung wird
Macht übermittelt.
Und dass die Antworten in alten Zeiten teuer verkauft wurden, sieht
man an den scherzhaften Bedingungen, die noch heute gestellt zu werden
pflegen, wenn einer das Rätsel nicht raten kann und die Lösung wissen
möchte. Dann heisst es: „Wenn du es wissen willst, dann gib mir dein
Weib oder deine Kinder!“ Und der andere verspricht es, natürlich nur
ım Scherz. Aber diese scherzhaften Bedingungen sind treue Spiegelungen
aus einer finsteren, um das erste Licht ringenden Zeit.
In der westlichen Landschaft Madschame haben sich die Vornehmen
noch in geschichtlicher Zeit Ziegen beim Rätselspiele zum Pfande gesetzt.
Dass es aber früher um höhere Einsätze gegangen sein muss, zeigen auch
dort die symbolischen Preise für ein verlorenes Rätsel.
Wenn keiner die Antwort schuldig bleibt und immer Lösungen ge-
funden werden, dann sagt jeder befriedigt: nsenge wo mangi mbäko: der
Stab des Häuptlings ist mein (sc. geblieben). Wer ein Rätsel nicht
lösen kann, wird aufgefordert den Einsatz zu zahlen mit folgenden
Worten: „Gib mir den Häuptlingshof, dass ich ihn in Besitz nehme!“
Und der andere verzichtet und spricht: „nimm ihn hin.“ Triumphierend
sagt man dann dem Besiegten: „Wir nehmen das Land in Besitz und du
wirst ein Knecht.“
Der Name für Rätsel selbst: oräjo kann für die Geschichte nicht viel
beitragen. Es ist ein uraltes Wort, wahrscheinlich ein Imperativ, der
vom Dschagga jetzt als nomen proprium behandelt wird. Er weiss nichts
über seine Bedeutung zu sagen. Vielleicht ist es aus dem Anrufe ent-
standen, der jetzt noch gebraucht wird, wenn sich einer ungesehen nähert:
orä-ho, unserm „Halt, wer da“ entsprechend.
Aber wichtig ist es, dass jeder Rätselkampf und in allen Land-
schaften gleich durch ein stereotypes Rätsel eingeleitet wird; es lautet:
„Geglättet wurde es von Meerkatzen.“ Auflösung: „Schöpfstelle am
Wasserlauf.“
Diese feste Sitte zeigt deutlich, wie das Rätsel auch heute noch als
geheimnisvoller Enthüller gilt, das die Dinge weckt und das geschlossene
Auge der Welt aufschlägt.
Und darum soll eine befriedigende, segensreiche und menschen-
freundliche Macht zuerst entfesselt werden: das Wasser. Die Vorstellung
526 Gutmann:
ist noch jetzt: Wasser ist ein sanftes Element, Sinnbild des Friedens.
So soll sein Name als gutes Omen über dem Spiele walten, damit nicht
sein Ende Zank oder Mord werde; denn sei es, dass durch das Nennen
der Dinge, die in buntem Wechsel herausgefordert werden, Unfriede
erwächst, sei es, dass ihn ein ungelöstes Rätsel weckt, immer fühlt man
etwas von einem selbstmächtigen Geheimnisse. Darum muss dieses erste
Rätsel als mit zur Einleitung der Rätselfragen selbst gehörig betrachtet
werden.
Es sind grundlegende Erkenntnisse der Menschheit, die im Rätsel
ihren ersten Ausdruck fanden. So wenn sie fragen: „Es ist ein einziger
Häuptling über der ganzen Welt: die Sonne (zugleich Gottesname).“
Oder: „Ein einziges Auge übermag die ganze Welt: die Sonne.“
„Ein Häuptling tritt hervor mit vielen Männern, du kannst sie nicht
zählen: Mond und Sterne.“
„Ein einziges Zicklein hältst du in deiner Hand: hüte dich, es ist
dein Leben.“
„Ich habe meine Augen, die kannst du nicht zählen: die Sterne.“
„Meine Augen“. Das zeigt uns gleichsam die Freude des Entdeckers,
der die Sterne als Augen erkannt hat und nun ein festes Besitzrecht auf
diese Erkenntnis und die damit zwischen ihm und ihnen geschaffene Be-
ziehung beansprucht.
„Unzählbar die Rinder des Häuptlings auf einer Wiese: die Sterne.“
„Der Kleiderlappen viele auf dem Liegefell des Vaters: es sind die
Sterne.“
„Es scheint ein Mond im Schneckenhäuschenteich: der Schatten des
Mondes“, d. h. sein Widerschein. Hier fällt wieder einmal auf, wie doch
im Grunde die Anschauungen zweier Sprachen auseinandergehen, und wie
rasch eine Übersetzung täuschen kann: Das Wort kirise wird meist mit
„Schatten“ übersetzt, und trifft auch die Sache in weitaus den meisten
Fällen, aber nicht die Bedeutung. Das Wort kirise bezeichnet freilich
auch den Schatten eines Menschen oder Tieres oder irgend eines Gegen-
standes, aber ebenso auch das Spiegelbild im Wasser, den Widerschein
des Lichtes im Teiche, und Schatten, Spiegelbild und Widerschein be-
deutet für sie das gleiche: kirise, d. h. Seelenbild, der heutige Spiritist
würde sagen: das Bild des innern Menschen. Aus dem angeführten
Rätsel spricht noch das grosse Erstaunen des Naturmenschen, der das
Bild des Mondes, den er hoch am Himmel weiss, aus dem Wasser wider-
scheinen sieht. Und diese Wahrnehmung hat sicher mit gestaltet an dem
Glauben, dass der Mond ein lebendiges Wesen sei.
Und zu diesen reinsten und allgemeinsten Anregern des menschlichen
Denkens kommen nun die Besonderheiten ihrer Umgebung, die sich früh
auch im Rätsel einen Widerschein erzeugten.
„Kollere diesen Himmelsstein davon! Es geht nicht, denn es ist der
Kibo“, der gewaltigste Gipfel ihres Gebirges.
Ein anderes Rätsel ist besonders interessant, weil es uns ein Ent-
wicklungsmoment in ihrem Welterkennen gleichsam festgestellt hat: „Ich
bin im Bergwalde und schaue ein Ding, das ist in der Steppe, wie ist
das möglich!“ Lösung: „Du siehst durch eine geöffnete Honigbutte.“
Psychologie des Dschaggarätsels. 527
Durch eine alte zerfallene Honigbutte, die über dem Bergwalde des
Kilimandscharo aufliegt, und als eine Röhre nach beiden Enden offen ist,
weil die Deckel herausfielen, schaut der Dschagga in die meilenweit ent-
fernte Steppe in der Tiefe, die ihm von hier aus immer nur eine farbige
Fläche war, ohne dass seine Aufmerksamkeit ein Unterschied fesselte, so
etwa, wie man über einfarbiges Tuch hinsieht. Es war Neuland, das er
für seinen Horizont hinzugewann als er ein von der Röhre umschlossenes
umrahmtes Bild vor sich sah. Das Staunen über das bildhafte Sehen
einer Sache malt sich hier.
Von grosser Erhabenheit gerade in seiner einfachsten Gestaltung ist
das Rätsel:
„Ich habe einen Versammlungsplatz da draussen, der niemals voll
wird (so viele auch kommen).“ Die Lösung lautet: „bei den Toten.“
Die atmosphärischen Gebilde haben sie mit viel Verwunderung be-
trachtet, und weil sie in ihren Formen und Verschiebungen auch das
Schicksal vorgedeutet sahen, kamen sie zu einer schärferen Unterscheidung
dieses Proteusmantels als andere Völker. Aber im Rätsel spricht sich
doch nur der rein künstlerische, Formen vergleichende Eindruck aus: „Ich
schaue nach unten (zur Steppe) und sehe ein Ding, das gleicht dem Darm-
gekröse, und nach oben hin (zum Hochgebirge), da sehe ich es ebenso:
die Wolken.“ Es sind Kumuluswolken, und der Vergleich mit dem zu
vielen Klümpchen geballten Gekröse, das die Därme umhüllt, ist äusserst
treffend.
Alle Entfaltungen ihrer Seele erzählen uns von dem Streben nicht
nur nach Veranschaulichung, sondern nach Verlebendigung der Dinge,
und im einzelnen überrascht dann oft die geschickte Verbindung äusser-
licher Beziehungen.
Die Kilimandscharobäche stürzen sich in unzähligen kleinen Wasser-
fällen zu Tale, die dann meist in einem kleinen oder kleinsten Felsen-
becken sich ausruhen. Solche Felsenbecken heissen nduva. Diese
Situation ist verlebendigt in der Rätselfrage: „Ich esse und esse und
wachse doch nicht, muss ein Kimmerling bleiben.“ Auflösung: das Felsen-
becken, in das sich ununterbrochen Wasser ergiesst und das dennoch
niemals grösser wird.
Der Dschagga gestaltet nicht nur bildhaft im Rätsel, sondern er
belebt die Bilder durch einen überraschenden Gegensatz, der dann manches
schöne Bild dem Gebiete des reinen Scherzrätsels einverleibt. Wenn er
den Gewitterdonner mit einer Stimme vergleicht, die man tageweit hört,
so ist das ein geschlossenes und schönes Stimmungsbild. Aber nun bezieht
er — das ist ein hervorstechendes Kennzeichen der Dschaggarätsel —
alles auf die eigene Person und spricht: „Ich stosse den Jubelschrei aus,
den hört der Schiramann (drei Tage weit entfernt): das ist der Donner.“
Durch diese persönliche Beziehung hat das Rätsel aber einen lächerlichen
Eindruck hinterlassen, der nicht in der Lösung, sondern in der Frage-
stellung verborgen liegt.
Ein volles Scherzrätsel, das den lächerlichen Eindruck mit der Lösung
bringt, ist z. B. dieses: „Es flicht sich ein Tragkissen (um eine Last auf
528 Gutmann:
dem Kopfe zu tragen) und trägt doch nichts“: das ist der Hund mit seinem
Schwanze, weil der Dschaggahund seinen Schwanz immer zusammengerollt
trägt, wie ein aus Bananenblättern gebundenes, rundes Tragkissen. `
Ein feines Kontrasträtsel ist: „Ich kenne es, ehe es erkennbar
wird.“ Ein Bach, der in den tief eingeschnittenen Schluchten nieder-
rauscht und schon von Ferne hörbar ist, ohne dass man ihn sieht.
Davon wären nun Hunderte aufzuzählen:
„Ein Dummkopf betrügt den Häuptling: Fallgrube und Elefant.“
„Kleines besiegt Grosses: Axt und Baum.“
„Eine Riesenschlange ist hier im Hause, die dich doch nicht ver-
schlingt: Die reifenähnlichen zusammengebundenen Ruten, die das Ge-
stänge der kegeligen Hütten zusammenhalten im Innern des Hauses.“
„Ich kläre einen Acker und pflanze doch nichts darauf, dass ich
es ässe: Das ist einer dem die Haare geschnitten werden.“
„Du trägst Fleisch bei dir und isst es doch nicht: die Zunge im
Munde.“
„Ein Talpass ist es, was da hinabsteigt, das kommt nicht wieder
herauf: die Kehle und das Essen.“
Oder ähnlich: „Es trägt alles davon und bringt nichts wieder: die
Kehle.“
Der Begriff „unzählbar viel“, dem Wortlaute nach auf leicht zählbare
und überschaubare Dinge bezogen, ist einer der beliebtesten Gegensätze
im Rätsel. Hier nur ein Beispiel:
„Ich trage Dinge, die du nicht zählen kannst, und die mir darum
doch keinerlei Beschwerde machen: die Haare auf dem Kopfe.“
Weitere Kontrasträtsel:
„Ich gehe mit ihm und komme doch nie zu ihm: Mond oder Sonne
oder Weg, der immer vor einem bleibt.“
„Da, wo es zefällt, da lässt mans nicht: die Frucht am Baume.“
„Ich habe ein Kind, dem lege ich Schmuck an, da wird es ver-
schandelt, entkleide ich es dann, da wird es schön: wenn du die Bananen-
staude von verdorrter Rinde befreist.“
„Zähle Körner, die unzählbaren: es sind die Haare des Rindes.“
Hier handelt es sich um keinen Kontrast zum unzählbar vielen,
sondern um ein reines Anschauungsratsel. Wie das Korn unzählbar viel
ist, so auch die Haare des Rindes.
Ein um so schärferes Kontrasträtsel ist dieses:
„Ich habe nur ein einziges Kind und mit ihm Ehre genug: du be-
sitzest ein Rind, nach dem die Leute gieren"
Das Rätsel ist nun aber durchaus nicht ein so einfaches Gebilde wie
es uns differenzierten Menschen erscheinen will, rein um seiner Kürze
und Naivetät willen, ebensowenig wie das Märchen, sondern es ist auf-
gebaut auf Schichten und Querlagerungen des menschlichen Denkens, und
nicht nur ein erster Gestalter der menschlichen Weltanschauung, sondern
ebenso auch ein erster Kritiker von ihr.
Wie einfach klingt z. B. das Rätsel: „Ich war alt und wurde wieder
Jung: die sich häutende Schlange.“ Es ist eins von den am leichtesten
Psychologie des Dschaggaritsels. 529
zu ratenden Rätseln, weil es eines der allgemein gültigen Sinnbilder gibt.
Sein Reiz liegt eben im Gegensatze zwischen Altern und Wiederjung-
werden. Und das Rätsel ist nur möglich, wenn dieser Kontrast als un-
vereinbar empfunden wird. Die naive Meinung des Volkes aber war,
wie ihre alten Erzählungen deutlich genug zeigen, dass dieses Sichhäuten
auch eine fortgesetzte Verjüngung bedeute, denn sie erzählen, dass auch
die ersten Menschen, wenn sie alterten, sich ihrer Haut entledigten und
dadurch vor dem Tode bewahrten.
Und darum erscheint das erwähnte Rätsel nicht als eine Vorstufe zu
dieser Auffassung des menschlichen Geschickes, sondern als der erste
Pfadsucher zu einer höheren, d. h. mit Kontrasten erfüllten Welt-
anschauung.
Wenn man unter ihren unzähligen Rätseln auch solche sucht, die eine
Lebensäusserung ihrer Religion, des „Manismus“ bilden, so finden sich
überraschend wenige. Und diese bringen den Namen der Geister nur als
ein glückliches Bild für etwas, das sich dicht an den Erdboden hält. Zum
Beispiel:
„Biermalz der Geister, das man nicht einsammeln kann: der Tau“,
der morgens fällt und in der Sonne verschwindet.
Zum Verständnisse dieses Rätsels muss beigefügt werden, dass die
Wadschagga das Eleusinekorn für die Herstellung ihres Bieres auf einer
Kuhhaut darren, die sie auf die Erde breiten.
Aber dieses Rätsel hat auch zwei Varianten:
1. „Ich habe Biermalz, das sich von selber einsammelt.“
2. Ich breite es aus (das Biermalz) und der Hofjunge (die Sonnen-
hitze) sammelt es ein.“
Ein anderes Rätsel, das die Geister nennt, lautet:
„Die Geister tanzten vor der Hütte des Vaters und liessen Opfer-
fleischstückchen zurück, die von selber gehen: die Schnecken.“
Die Vorstellung, dass für die Geister ausgelegte Opferfleischstückchen
lebendig werden, findet sich auch sonst in ihren Sagen.
„Es lärmt bei den Geistern: das ist der Blasebalg“, der bei den
Dschaggaschmieden auf der Erde liegt. Hier ermöglicht also der Name
der Geister wieder die Vorstellung einer Handlung, die sich in unmittel-
barer Berührung mit dem Erdboden abspielt.
Aus dem Kreise ihrer religiösen Handlungen, die mit dem Ahnen-
kulte zusammenhängen, erscheint nur die heilige Dracäne mehrfach im
Rätsel: |
„Ich bin einer allein und es umringen mich Häuptlinge: die Dracäne.“
Denn bei jeder Opferhandlung wird eine Dracäne gepflanzt, vor der man
Opfergebete verrichtet.
Es erscheint verwunderlich, dass die religiösen Vorstellungen, die ihr
Denken jetzt beherrschen, so wenig Einfluss auf das Rätsel gewannen.
Aber man wird sagen können, dass dieses neue Gestein noch zu lebendig
ist, als dass an ihm der Verwitterungsprozess menschlichen Denkens schon
einsetzen konnte, der mit dem Rätsel als der niedrigsten Lebensform der
Verstandesprüfung und der Denkkritik beginnt.
530 Gutmann:
Aber tief eingesunken in die Seele und breit unterbauend ist uraltes
Gestein, die Ehrfurcht vor der Einzelgestalt und ihrem geheimnisvollen
Leben und die Furcht vor den energiegefüllten Organen der still tätigen
Welt um sie her. Hier hat sich das Rätsel schon stark bewurzelt, ja
hier ist im letzten Verlaufe wohl der Mutterboden der Rätseldichtung zu
finden.
Hier, wo die Volksseele in ihrem naiv assimilierenden Zustande die
ersten Anregungen zur Ausgestaltung ihrer Innenwelt empfangen, hat sie
auch zuerst das befreiende Lachen gelernt, wenn sich eine solche traum-
haft gesehene Schreckgestalt in eine harmlose Staffage auflöste. Ein
Rätsel lautet:
„Ich steige in den Bergwald hinauf und finde da eine Alte, die droht
mit den Fäusten: es ist aufgehendes Farnkraut“, das seine Blätter noch
zusammengerollt auf dem Stiele trägt, wie eine geballte Faust.
Bei diesem Rätsel dürfen wir gleichsam in die Arbeitsstätte kindlicher
Phantasie hineinsehen. Zu den Schreckgestalten einer erwachenden
Kindesseele gehören alte Frauen zuerst mit ihrem Schelten und Drohen,
und an ihnen auch zuerst rächt sich der erwachende und die Macht-
verhältnisse abwägende und erprobende Verstand als an ohnmächtigen
Gespenstern.
Aber das unheimliche, was den alten Frauen vor allem anhaftet, ist
nicht nur ihre scheltende Leidenschaft, sonden auch ihre überlegene aus-
gereifte Lebenserfahrung, die sie still und ohne Aufhebens mit Dingen
hantieren lässt, die für das kindliche Gemüt geheimnisvoll und wunderbar
sind. Und mit diesem „Hexencharakter“ der alten Frauen spielen nun
viele Rätsel.
„Im Urwalde sitzt eine Alte, die Rauch aufsteigen lässt: es ist der
Nebel.“
Die wunderliche Gestalt solcher Alten reizt auch zur Deutung: „Es
gibt eine Alte mit nur drei Fingern: aufgehender Adlerfarn.“
„Eine Alte verbrennt und bleibt nur ihr Gürtel übrig: der Weg, der
durch ein Buschbrandgebiet führt.“
„Ich schlage meine Alten und sie vergehen doch nicht: Bananen-
wurzelstümpfe, die in zäher Masse einen alten Hain erfüllen und sich
nur mühsam beseitigen lassen.
„Eine Hexe stirbt unversehens, doch stirbt sie nie so, dass der Kopf
sich nach dem Berge neige: „Das Wasser, das nie nach oben fliesst.“
„Vaters Mütterchen triefäugt hier in den Dung: der über dem Rinder-
stande aufgehängte Honigbehälter.“
„Vaters Grossmütterchen sperrt den Mund auf: Dörrbananen“, die in
der Mitte gespalten, auf einer Schnur, wie Klammern aufgereiht sind.
Auch der Vater, die einflussreichste Respektperson im Lebensgange
eines Naturkindes, wird wohl einmal als Einkleidung eines grotesken
Bildes gebraucht:
„Da steht der Vater stocksteif auf dem Hofe mit Speer und Schild:
es ist der Bierkornspeicher“, ein riesig grosser, geflochtener Korb, auf
einem Gestelle mit vier plumpen Beinen, einem runden Dache über sich
Psychologie des Dschaggaritsels, 531
und einer etwas über den Rand emporragenden ovalen Einsteigeöffnung,
die einem Schilde ähnlich sieht.
Aber sonst erscheint der Begriff Vater als Bild für Reichtum und
Macht auf der einen Seite und auf der anderen als ein Gestalter der
Nachwelt, von dessen Mühen und Taten die Nachfahren noch Vorteil
haben.
„Der Vater hat ein Liegefell, das man nicht verleihen kann: der
Hofraum. “
„Der Vater schlachtet seine Rinder und mit ihren Knochen kocht
man gleich das Fleisch: die Strauchbohne und ihre Zweige, die gleich
als Brennholz dienen.“
„Vater hat Rinder, die kannst du nicht zählen: es sind die Haare
auf dem Haupte.“
„Vaters Rinder sind erst schwarz, dann werden sie weiss: die Haare
auf seinem Haupte.“
„Der Vater drückte seine Spur hier in die Erde und da ist sie noch:
die Schöpfstelle am Kanal, die er sich herrichtete.“
„Der Vater hinterliess mir eine Schüssel, aus der ich heute noch
esse: der Bewässerungskanal.“
„Der Bergstock des Vaters ist mit Zauberringen besteckt: die heilige
Dracäne im Haine, die von oben bis unten in dichtem Blätterschmuck
steht.“
„Der Vater kocht Bier, das wird von Tieren und Menschen getrunken:
das Wasser.“ |
„Der Vater hat einen Hof, der steht voller Rinder, dass du sie nicht
zählen kannst: die Augenbraue.“
„Schössling einer Edelbanane am Herdschauer: es ist des Häuptlings
Sohn“, der gerade steht wo andere arbeiten.
Hier erscheint nun der eigentliche Anreger des Rätsels, nämlich das
Streben, ein Wesen vor dem Wissenden zu gestalten, ohne es zu nennen,
oder dem andern das Nennen des Namens zuzuschieben.
Wenn die Wadschagga den oberhalb des Bergwaldes in 3500 bis
3800 m sich hinziehenden Verbindungspfad benutzten in der Kälteregion,
dann wagten sie die Namen der beiden Schneegipfel Kibo und Mawensi
nicht auszusprechen, sondern nannten den Kibo nur Häuptling (mangi)
und den Mawensi die Frau des Häuptlings (mka o mangi), darum sagten
sie zum Beispiel im Vorübergehen: jetzt kommen wir zum Häuptling,
oder: jetzt müssen wir bei der Frau des Häuptlings vorbei usw. Würden
sie die Berge mit ihrem Namen nennen, dann brächten sie Regen oder
Schnee, der sie erstarren liesse. |
Der Reiz, der ein Rätsel schuf, lag in diesem Falle nun darin, in
ungefährlicher Situation, d.h. in der warmen Hütte daheim, die Um-
schreibung zu gebrauchen und mit dem vollen Namen darauf zu ant-
worten. Es ist gleichsam die Rache des Naturmenschen für den Bann, in
den der Gewaltige ihn schlug. In dieser Stimmung ist wohl das Kontrast-
rätsel entstanden: „Ich weiss eine Königin, die auf allen Märkten zu sehen
ist.“ Die Lösung nennt den Mawensi.
532 Gutmann:
Auf dem Boden ihrer Weltanschauung war die Nötigung ja gross,
das Ding nicht beim wahren Namen zu nennen. Bildungskräftig aber
waren ebenso die politischen Rücksichten, die es empfehlen nur in An-
deutungen zu reden. Der Zwang zur Umschreibung, die seelische
Spannung, die Verstehen und Nichtverstehen gleicherweise schufen, der
Reiz, die Gefahr herauszufordern, wo man sich sicher fühlte, das sind die
Grundelemente, in denen das Rätsel als solches sich gestalten konnte.
Das Rätsel ist in vielen Benennungen schon vollständig vorbereitet.
So nennen sie z. B. den Verräter: mwifä: Sterbender, weil sein Verhalten
ihm in kurzer Zeit einen gewaltsamen Tod auf den Hals zieht. Der Ver-
leumder heisst: irarava, nach einem Strauche, dessen Gifthaare furchtbare
Augenschmerzen verursachen. Der Regen wird in andeutender Rede
kilasambura = der Unparteiische genannt.
Wenn sie durch ein Gebüsch marschieren, in dem Elefanten stehen,
dann machen sie sich darauf aufmerksam mit den Worten: „Das Dickicht
hat einen Häuptling. f
Auf eine andere psychologische Wirkung rechnen sie, wenn sie ihn
„Weibertasche“ nennen, auf seine rissige Haut anspielend. Dann soll er
sich beschämt davonschleichen.
Oder wenn man einen Leoparden aufstöbert, hiitet man sich auch
seinen Namen zu nennen, um ihn nicht zu ermutigen, sondern fragt: , Was
will denn das Würmlein hier!“
Aus diesen zwei Beweggriinden, etwas zu verkleinern, um ihm den
Mut zu nehmen, und etwas zu vergrössern und zu verherrlichen, um es
günstig und grossmütig zu stimmen, sieht man schon die Wurzeln hervor-
wachsen zu den Bildungsgesetzen des Rätsels:
„Wir wollen die Stäbe nehmen und Hundsaffen stillschweigend ge-
teilen: es sind die Sterne im Aufgehen.“
„Da ist ein Maun der unentwegt tanzt: der Grashalm im fliessenden
Wasser.“
„Meine Schwester brüstet sich auf dem Hofe draussen mit vielen
Schmuckstücken und ich wage doch nicht ihr etwas davon abzunehmen:
der Elefant und seine Zähne.“
„Der Mond scheint dort am Urwalde auf dem Hofe Lasarus: ein
Elefant steht dort mit schimmernden Zähnen.“
Zum Teil sind diese Rätselsubstanzen noch in ihrer Besonderung
nachweisbar. So ist z. B. ein Zuname des Küchenschwaben (indie)
mwitonja = Vorschmecker, weil er die Speisen vor den Menschen kostet.
Und in einem Rätsel heisst es: „Vorschmecker geht mit in den Krieg
und bleibt nicht daheim: Küchenschwabe und Schild, in dessen Nähten
er sich festsetzt.“
Bei einem andern ist die uralte Namensfurcht und eines ihrer Motive
mit grosser Wahrscheinlichkeit nachzuweisen.
„Da ist ein Hängerchen (Klunkerchen) und doch wagt es niemand
und zeigt mit dem Finger nach ihm!“ Die Lösung lautet: „es ist die
Keule des Nashorns, auf die niemand mit dem Finger weist, denn er
muss sonst sterben.“
Psychologie des Dschaggaritsels. 533
„Klunkerchen® wurde wahrscheinlich das Horn des Rhinozeros
genannt, um diese gefährliche Waffe nicht durch Nennung des wahren
Namens gegen sich zu kehren.
Diese Bezeichnung mit ihrem Widerspruche zwischen Namen und
Wesen reizte dann von selber zu der Steigerung: wenn es ein harmloses
Hängerchen ist, warum wagt man dann nicht mit dem Finger dagegen zu
zeigen. Das Zeigen mit dem Finger ist hier eine glücklich steigernde
Parallele, denn es hat wohl immer gleiche Bedeutung gehabt in der
Geschichte des menschlichen Glaubens: das Nennen des Namens und das
Zeigen nach dem Dinge sind gleichwertig in ihrer Wirkung: sie können
das fremde Wesen gegen den Sprecher oder Zeiger in Bewegung setzen.
Dieses Rätsel ist aber zugleich ein lebhafter Hinweis darauf, wie
vorsichtig man mit seinen Schlüssen auf diesem Gebiete sein muss. Nichts
scheint leichter als dieses Rätsel zum Beweise dafür anzuziehen, dass der
Glaube seit alters bestand: das Zeigen auf ein Wesen bringt den Tod.
Und doch wäre das falsch. Es zeigt uns vielmehr wie jener Glaube
aus dem Missverstehen überlieferter einfacher Beobachtungen entstehen
konnte.
Das afrikanische Nashorn hat in ruhiger Stimmung sein Horn schlaff
nach unten hängen und richtet es nur im Affekte zu Angriff oder Abwehr
hoch. Darum muss man sich hüten die Aufmerksamkeit dieses Tieres zu
erregen. Das ist die einfache Väterweisheit gewesen, und sie genügte auf
dem Grunde jener Namensfurcht allein, den wirksamen Gegensatz im
Rätsel zu schaffen. Aber unverständige Nachfahren haben allerdings wie
so oft sonst Handlungen und Folgen in eins zusammengesehen zu einem
magischen Vorgange. |
Die Furcht vor dem geheimnisvollen Leben der Naturgewalten und
ihre Obmacht über den Menschen wird sie in gleicher: Weise zu Um-
schreibungen gezwungen haben, um durch den eigentlichen Namen nicht
ihre Macht zu entfesseln. Dahin gehören wohl Rätsel wie diese:
„Es ist der Zopf eines Taitamannes, in dem hängt sich keine Fliege
fest: die Flamme.“
Der Kriegerzopf wurde mit Öl und Erde beschmiert und war ein
beliebter Schmarotzerplatz für alles Geschmeiss.
„Der Häuptling niest und sein Atem kommt an alle Orte: der
Sturm.“
Wenig zahlreich, aber um so eindrucksvoller und wichtig für die
Kulturgeschichte des Volkes ist das Hohnrätsel.
Es hat zu seiner bewussten Ausgestaltung als Rätsel eine bestimmte
Enntwicklungsstufe der Volksgeschichte zur Voraussetzung, aber seine
Wurzeln reichen bis tief in das Anfangsgebiet menschlicher Geistes-
geschichte: zu den Streitsprüchen und Fluchformeln.
Wenn ein Fluch lautet: „Vertrockne wie Kürbisranke auf verlassenem
Hofe“, so ist daran nichts mehr zu raten und auszudeuten, sondern das
gewünschte Verderben wird eindringlich veranschaulicht. Aber die meisten
F luchformeln und Streitsprüche geben sich schon in Rätselform, teils um
durch die Nötigung auf die Beziehung zu raten, den Spruch um so ein-
534 Gutmann:
dringlicher zu machen, teils auch um die Drohung zu verschleiern. Es
ist die letzte äusserste Scheu vor der Entfesselung der schädlichen Ge-
walten um den Menschen.
Das Streben nach Schärfe des Ausdrucks verführt sie dann manchmal
sogar dazu, von einem Gleichnisse oder Rätsel nur die Stichworte zu
geben, z. B. bei der Frage an einen feindselig blickenden Menschen:
„Was siehst du mich an und wirst wie Rauch und Nase!“ Das heisst
doch, wenn die Vorstellung vollzogen wird: er kann sich nur wie die
Nase gebärden, die von Rauch, d. h. dem Fragenden, belästigt wird.
Rätselhaft klingen Flüche wie dieser: „Entbehre des Leibes!“ d h. der
Nachkommen. Oder die Frage an einen dreist bittenden: „Hast du etwa
gehört, ich sei ein Buttertopf“, d. h. einer, dem das Gut niemals ausgeht,
wie der Buttertopf immer in Butter schwelgen kann.
Ein Hohnspruch lautet: „Dein Bohnenbrei sei von einer einzigen
Bohne gekocht.“
Ein leicht lösbarer Rätselfluch ist auch dieser: „Bleibe allein wie
das Tragkissen eines Armen, dem der Topf voll Bier zerbrach als er ihn
eben zum Häuptling tragen wollte.“ Er hat kein anderes an seine Stelle
zu setzen und lässt darum das Tragkissen als nutzlos geworden neben den
Scherben liegen.
Wenn Undank ‘mit dem Spruche gescholten wird: „Wie bist du
denn? Wie der Uraberg, auf dem der Regen keinen Widerschein weckt
(weil er sterile Erde hat)“, so ist das ein Rätsel, das durch die mit ein-
bezogene Lösung zum Spruche wird.
Schon die älteren Rätsel ironisieren manchmal die Lebensverhältnisse
und rühren an Wunden im Volkskörper. „Es ist eine kleine Frau und
kocht doch einen Liebestrank, der ihr Liebhaber gewinnt: das ist die
mbuja-Biene“, die kleiner ist als alle andern Arten und doch viel süsseren
Honig liefert.
Und mit der Umkehr des Bildes, das auf dieselben Lebensverhält-
nisse anspielt: „Es ist eine alte zerfallene Honigröhre, da kehren die
Bienen ein und verschmähen die neugeschnitzte: das ist die alte (erste)
und die junge Frau eines Mannes.“ Der Reiz, der ihn immer wieder zur
Alten zieht, ist ihr gutes Essen.
Ein politisches Rätsel, das sich unter Vertauschung nur der Per-
sönlichkeiten und Ortsbenennungen in allen Häuptlingschaften wieder-
findet, ist ein echter Hohnspruch. Es sei in der Form wiedergegeben,
wie es von den Maranguleuten geprägt wurde, deren Häuptling Mareale
(bei den Eingeborenen Kilamya genannt) ja allgemein bekannt ist. Die
westliche Nachbarhäuptlingschaft von Marangu heisst Kilema und ihr
Häuptling Fumba.
Das Rätsel klingt ganz harmlos: „Kilamya steigt nieder an den Ona-
fluss und Fumba kommt ebenfalls dorthin. Kilamya steigt wieder empor
und lässt den Fumba unten zurück!“ Die Lösung bringt den Hohn:
„Bier und Hefe.“
Voll bittern Hohnes ist das Rätsel: „Vater hat ein böses Weib, wenn
sie kocht, dann isst es der Häuptling.* Die Auflösung lautet: es ist das
Psychologie des Dschaggaritsels. 935
Eisen der Morgenröte = das Messing. Das Messing erscheint auch sonst
noch im Rätsel als Verführer der Grossen und des Häuptlings. Die
Suahelikarawanen führten Messing, Kupfer, Eisen nebst Gewehren und
Perlen bei den Dschaggafürsten ein und liessen sich mit Elfenbein und
Sklaven bezahlen. Und wenn eine solche Karawane mit verführerischen
Schätzen kam, dann geriet manch armer Mann in Furcht, denn die böse
Frau kochte wieder im Lande und von ihr betört verkaufte der Häuptling
die Frauen und Kinder seiner armen Untertanen.
Auf diese Sklavenhändlerart bezieht sich auch folgendes Rätsel:
„Vater hat zwei Kinder, das eine wird herausgenommen und verkauft.“
Auflösung: „das gute und das böse“, weil natürlich, soweit das möglich
war, nur die schlechteren Elemente im Volke verkauft wurden.
Schafft sich in diesen Rätseln die Verbitterung ein Ventil, so gibt
die im Naturmenschen noch so rege Lust zur Nachahmung den Anlass
zu zahlreichen tonmalenden Rätseln. Die unwillkürliche Nacherzeugung
auffälliger Geräusche geschieht je nach der Gewöhnung der Sprachwerk-
zeuge auch immer eigenartig und so entstanden in jedem Volke wieder
andere Worte zur Wiederverlebendigung einer erlebten Situation.
Ein sehr charakteristisches tonmalendes Rätsel lautet: pöngolo-
pongolo = das sind Rinder, die einen steinigen Abhang ersteigen.
„Ischuwe-tschuwe (Tritt um Tritt).“ Auflösung: das ist hier an der
Tür, wo viele Leute vorübergehen.
„Ischiri und doch auf ungebalıntem Wege! Das ist der Pfeil, von
der Sehne geschnellt.“
Gleich zwei Affekte in ihrem charakteristischen Wechsel sind geschildert
in dem Rätsel: tulu tulu sununun: das ist ein Mann, der eine Fallgrube
besucht! Tulu tulu überträgt in Worte das hastige Schreiten, beflügelt
vom Verlangen nach Beute — dann vor dem Ziele das vorsichtige Heran-
schleichen an die Grube in ängstlicher Zurückhaltung: sununun. Man
fühlt es diesem Rätsel ab, hier hat sich die Tonnachahmung beinahe ge-
steigert bis zur Bildung neuer selbständiger Worte.
Turu-turu mafunen: Hurre hurre im Rischelgras = das ist einer, der
zur Schwiegermutter geht (und ihr Geschenke zuträgt, rasch und heimlich,
damit es niemand wahrnehme und ihr den alleinigen Genuss beein-
trächtige).
„Tulu kilaitsike (Plumps, fällts nieder) und stéhnt doch nicht! Die
Eidechse, die vom Dache fällt.“
Dieser tonmalenden Rätsel gibt es sehr viele. Aber es finden sich
auch Umsetzungen einer Situation in ein Wort. Das allerkürzeste Rätsel
gehört dazu, das Wadschagga gebildet haben: wi oder ı! Die Lösung
lautet: das ist der Gastfreund.“ .
Wi ist der Ausruf des Schreckens = in diesem Falle, wenn unver-
mutet ein Gast kommt und nichts zu essen da ist, oder man das Vorhandene
lieber selber ässe.
„Seje-ho ngae-ho: weiche von hier, dass ich bleibe allhier!“ So
spricht das Wasser, das von oben kommt zu dem, das sich in einer Ver-
tiefung ausruhen will.
536 Gutmann:
„Varu-varu Tela, varu-varu Motsi: blink auf in Tela, blink auf in
Moschi.“ Lösung: es sind Krieger, die durch die Landschaft gehen und
auf dem Wege mit ihren blitzenden Speeren bald auftauchen und bald
verschwinden. Als zweite Lösung wird der Blitz gegeben, der über die
Landschaften dahinfährt, oder auch der Kanal, der bei seinem ruhigen
Flusse am Talhange dahin dem Beschauer von oben das Sonnenlicht ent-
gegengleissen lässt an den offenen Stellen seines Laufes.
Das Scherzrätsel als ein solches, das mit vollem Bewusstsein
gestellt wird, um einen lächerlichen Eindruck zu erzielen, ist gewiss nicht
ursprünglich, aber in der Stimmung, die ein gelöstes Rätsel hervorruft,
liegt von Anfang an der mächtige Erreger für den reinen kontrastfrohen
Scherz, durch den stets mitgegebenen Gegensatz zwischen der Wirkung
des Rätselbildes und dem darauf bezogenen Lebewesen oder Dinge. Das
Rätsel ist sehr bald auch das erste Hilfsmittel des Menschen geworden,
um altgewohnte und dadurch stumpf gewordene Eindrücke und Ansichten
der Dinge aufzufrischen und ihnen eine neue Seite und einen über-
raschenden Anblick abzugewinnen.
Sobald das Streben auftritt, Altgewohntes neu und anders zu sehen,
ist auch seelische Kultur da, und unter diesem Gesichtspunkte gewinnt
das Rätsel im Bannkreise der Naturvölker eine grosse und erzieherische
Bedeutung.
Unheimlich ist der Eindruck, den die Rätselfrage machen muss: „Da
steht ein Mann am Küchenhaus mit einem Fuss und einem Auge.“ Als
reines Scherzrätsel könnte es erscheinen, wenn dann die Lösung lautet:
es ist der Bierbecher, der am Küchenhause hängt, mit seinem langen
nach unten hängenden Holzgriffe, das ist das Bein, und die grosse runde
Öffnung der Kürbiskalebasse erscheint als Auge, weil sie beim Hängen
nach vorne schaut. Aber es klingt für die Rätselrater doch auch noch
die Vorstellung von einem unheimlichen Wesen mit, das da wirklich
stehen und drohen könnte, so wie die Masai in der Steppe davon zu fabeln
wissen.
Reine Scherzrätsel sind dagegen solche, die schon in der Frage eine
lächerliche Vorstellung erregen. Zum Beispiel:
„Ich habe eine. Schwester, die wäscht sich nur den halben Leib: der
Felsen im Bachbette.“
Recht froh macht der Scherz, wenn er auf anderer Leute Kosten
geht.
„Die Oruleute sind geschlagen worden und wandern aus samt ihren
Häusern: es sind die Schnecken.“ Oru ist eine Nachbarlandschaft von
Moschi, und der Molluskencharakter der Schnecke verstärkt noch die
lächerliche Vorstellung von der Feigheit ihrer Feinde.
Besonders fein gestaltet ist dieses Rätsel:
„Jeder steigt hier im Haine empor mit einem hölzernen Schwerte.“
Die erst geweckte Vorstellung von einem feindlichen Einfalle wird als
bildlich und ungefährlich sofort erkannt durch die Zufügung: sie kommen
mit hölzernen Schwerte. Und die Lösung erzielt ihren vollen komischen
Eindruck: es sind Meerkatzen, mit ihren hochgerichteten Schwänzen.“
Psychologie des Dschaggarätsels. 537
Zwischen Scherzrätsel und Weisheitsfrage mitten inne liegen die Ver-
gleichsrätsel, deren es so viele gibt als ihnen Ähnlichkeiten auffallen.
Und auf das Rätsel: „Es sieht sich gleich“ passen die verschiedensten
Lösungen. Z.B. Blut des Menschen und Rindes; Milch der Kuh und
Milch der Euphorbia, Asche und Salz (weil sie ihr Salz aus dem Steppen-
boden als Pflanzenasche gewinnen).
Eine andere Klasse der Vergleichungsrätsel bildet die Frage: „Es
ist hier und nicht dort.“ Z.B.: „Es hats der Bergwald und nicht die
Steppe = Baumfarrn.“ „Es findet sich in der Steppe und nicht im
Bergwalde: Bambus.“ „Etwas, was es unter uns nicht gibt: eine Frau
mit Bart.“
„Krümlein vertreiben heisst Krümlein bleiben: wenn du die Hirse
wannst, lässt du die Spreu zurück.“
Das Rätsel arbeitet gern mit alten Worten und bewahrt sonst längst
verschollenes Sprachgut. Aber es ist eine Entartung, wenn in der Folge-
zeit die unverständlich gewordenen Worte als ein Mittel zur Bildung der
Rätselfrage aufgefasst wurden und dann wohl gar absichtliche Entstellungen
wohlbekannter Worte vorkamen.
Aber es finden sich auch genug gesunde Neubildungen von Rätseln,
die uns zeigen, dass die künstlerische Triebkraft des Volkes noch nicht
erloschen ist; ja zum Teil erstehen sie noch aus der ältesten Wurzel, wo
sich das Streben zeigt, sich mit der neuen Zeit kritisch auseinanderzusetzen.
Eine scheinbar merkwürdige Neubildung ist das Rätsel: „Wir wollen
abwärts schurren bei den Mopia (im Volke entstandener Name für die
französische katholische Mission hier). Die Lösung lautet: es ist das
Aufpickerchen auf einem Bananenblatte, an dem es entlang rutscht oder
schurrt. Die Vergleichsvorstellung ist hier die steile Gleitfläche. Und
wenn das genannte Vöglein so rasch am Blatte entlang nach der Blüte
gleitet, die es saugt, wie prachtvoll müsste es wohl schurren, wenn es an
den hohen Gebäuden der katholischen Mission, die mehrere Stockwerke
haben, abwärts glitte.
Erweisbar als neuen Datums ist auch das Rätsel: „Ich habe ein
Rind, von dem möchte ich so gerne, dass es ein Kalb würfe, und es wirft
doch keins = das ist die Rupie.“
Es zeigt uns wieder, wie erste Kritik sich in Rätselform zu offen-
baren pflegt. In diesem Rätsel bildet sich der unmittelbare Eindruck der
neuen münzentauschenden Zeit ab.
Die grossen Werte des bisherigen Austausches waren Zucht- nicht
Zinsobjekte. Und eine nutzenbringende Verwertung der Geldstücke kennt
der Mdschagga bis auf den heutigen Tag nur in der Umsetzung in Rinder,
Ziegen oder wenigstens Hühner.
Wie lebendig die Lust an der Rätselbildung noch ist, lehrte mich
ein Erlebnis im Bergwalde. |
Wir sassen in der Höhe von 3500 m im dichten kalten Bergnebel
um das prasselnde Feuer, und Schwarz und Weiss genoss mit vollem Be-
hagen die Wärme von allen Seiten. Da fragte einer plötzlich ganz un-
vermittelt. „Was ist das Schönste im Bergwalde?“
Zeitschrift für Ethnologie. Jahrg. 1911. Heft 3 u. 4. 39
538 Gutmann:
Und der Lösung stimmte jeder mit dankbarem Herzen zu: es sei das
Feuer.
Zum Schlusse sei auf die Beziehung zwischen Rätsel und Sprichwort
kurz hingewiesen.
Eine erste gemeinsame Wurzel ist der Warnspruch. Aber die
lebendige und befruchtende Wechselwirkung setzt erst zu einer Zeit ein,
als das Rätsel sich aus seinen mythischen Bedingtheiten gelöst hatte und
nun im freien Spiele nach Bildern suchte, die ihm in einer Parallel-
entwicklung das Sprichwort zutrug.
Die im Sprichworte, also dem ersten Niederschlage ihrer Welt-
beobachtung formulierte Lebenserfahrung wird nun in Frage und Antwort
aufgelöst und Bild und Lehre umgekehrt.
Hier erscheint das Rätsel als das bewusste Schauen in Bildern in
seiner letzten Gestalt und zeigt uns, wie auch bei dem Naturmenschen
das Denken schon ein gewisses Machtgefühl ausgelöst hat. Die Be-
'ziehungen werden willkürlich zwischen den Bildern, und das erworbene
Machtbehagen löst sich im Spiele aus.
Solche Gleichnisreden erscheinen dann manchmal als Rätsel mit bei-
gefügter Lösung.
Derartige Sprichwörter sind z. B.:
„Was sich nach allen Seiten gleicht, mein Freund, sind die Zähne im
Munde.“
„Was sich auf Erden nicht begegnet, sind allein die Berge.“
» Wenn wir alles wüssten, dann wären wir zum Feuerherde geworden
(der auch alles überschluckt).“
Andere wieder bieten nur das fertige Material dar, das durch Frage-
stellung ein Rätsel wird: „Bringe nicht das Trankopfer an der Hofpforte
und vernachlässige die Haustüre!“ Das heisst: halte nicht Freundschaften
in der Ferne und vernachlässige die Nachbarn. So finden sich auch
richtige Parallelen zwischen Rätsel und Gleichnisrede.
Ein Sprichwort, das den Häuptling, seine still überlegene, kraft-
bewusste Ruhe im Lärm der Prozessparteien preist, sagt: „Die Bächlein
rauschen, Onafluss schweigt stille.“ Dieselbe Vorstellung wird mit dem
Rätsel geweckt: „Die Männer tanzen, der Häuptling ruht = Baum und
Zweige.“
Nach dem Inhalte einer Rede befragt, die er nicht verstand, ant-
wortet der Dschagga: „Kann ich das Geraune der Geister verstehen!“
Im Rätsel ist diese Vorstellung aber auf einen besonderen Gegenstand
bezogen: „Es raunt bei den Geistern = Blasebalg.“
Ebenso viel Sprichwort- wie Rätselcharakter tragen die Worte: „Reb-
hühner duckt euch!“ Das ist ein Warnruf vor Gefahr, weckt also, wenn
er als Rätselfrage gestellt wird, sofort die wohl häufigste Situation, in
der man schnell auf Warnung eingeht: bei der Arbeit für einen andern.
Ebenso: „Das grüne Bananenblatt (saho oder isä) verlacht das dürr-
gewordene (ireva oder idava).“ Das ist ein Sprichwort, aber die damit.
geschaffene Vorstellung ist die Lösung eines Rätsels: ein Armer brüstet
— age
men, ee ee Tee
Psychologie des Dschaggariitsels. 539
sich vor dem andern, oder ein Junger verlacht einen Alten ob seines
Alters, dem er doch selbst entgegengeht.
Ein geradezu prachtvolles Rätsel ist als Sprichwort in Gebrauch:
»Verbrennst du mich mit Essen, so will ich dich mit Reden verbrennen
= der Mund.“ Und das schon erwähnte Rätsel: ein einziges Zicklein in
deiner Hand, wird ebenso oft als Spruch, wie als Rätsel gebraucht.
Sprichwörtliche Redensarten sind denn auch der Anlass zu Rätsel-
bildungen geworden. Die musa ensete wächst in den Tälern des Gebirgs-
waldes zu oft ganz prachtvoller Höhe und Grösse der Blätter empor.
Darum heisst sie der Häuptling der Bananen. Und mit diesem Worte
wird auch in einem Rätsel nach ihr gefragt. Auf diese Worte kann ein
Rätsel auch verschiedene Deutungen erhalten. Denn dasselbe Wort:
Häuptling der Bananen bezeichnet auch noch den Ackerstock, mit dem
man die Bananen umackert. Tatsächlich wird er auch bei dieser Frage
nach dem Häuptlinge der Bananen mitgenannt. Hier herrscht die andere
Vorstellung, dass durch den Ackerstock die Bananen erhalten bleiben,
sowie der Häuptling das Land regiert.
Dass aber diese gegenseitige Berührung von Rätsel und Sprichwort
naturnotwendig ist, ergibt sich aus ihren Bilduugsgesetzen, die sich
als der positive und negative Pol einer und derselben Energie darstellen.
Das Sprichwort kleidet die zwischen Menschen gesammelte Erfahrung in
Bilder aus dem Tier- und Pflanzenleben usw., das Rätsel aber hat die
Handlungen und Bewegungen der niedrigeren oder aus dem Sinne ihrer
Schöpfer wohl besser gesagt, fremden Lebewesen vermenschlicht und ihr
Wesen in das menschliche Bildnis verkleidet. Die Beispiele von Häupt-
ling, Fluss und Baum und den Bananenblättern zeigen das schön und
deutlich.
Im Sprichworte heisst es: „Die Hundsaffen drehen den Faden auf
dem Dickbein“, d. h. die Grossen bedrücken die Kleinen. Im Rätsel
aber heisst es: „Jeder steigt im Haine empor mit einem hölzernen
Schwerte.“ Man denkt natürlich an ein menschliches Verhältnis. Gemeint
aber sind, wie schon erwähnt, die Meerkatzen.
Wie bildmässig das Denken des Dschagga ist, zeigt sich nirgendwo
besser als im Rätsel.
So lautet eins: „ira ljavirya osandza = Gras kommt zur Reife am
Wasserfall“. Die Lösung ist: njama tsa mangi = Fleisch beim Häupt-
linge, weil es da niemand zu stehlen wagt.
Hier ist Rätsel und Lösung ein vollkommener Bilderaustausch ge-
worden. Nicht das Herzusuchen eines vervollständigenden Momentes zur
Abrundung des Bildes schafft den Reiz des Rätsels, sondern die Umdenkung
des ganzen Bildes. Der Germane würde fragen: „Wo wird Gras zur Reife
kommen?“ Am Wasserfall, wo niemand schneiden kann.
Ja, es gibt Rätsel, in denen sogar zwei verschiedene Bilder umzusetzen
sind, ohne doch die Einheitlichkeit der Vorstellung zu stören: „Ich schlage
in den Bauch des Elefanten und bekomme faulendes Fleisch zu fassen:
reifende Bananen auf dem Oberboden der Hütte.“ Der stichdunkle und
gewölbte Oberboden der Hütte wird treffend mit dem Elefantenbauche
35 *
540 Gutmann: Psychologie des Dschaggaritsels.
verglichen, und die dort oben zum Reifen aufgehängten Bananen sind ein
feststehendes Bild für faulendes Fleisch, weil im Zustande völliger Reife
Schalen und Strunk in Fäulnis übergehen.
Das Rätsel spielt noch die Rolle des Aschenbrödels unter allen Stoffen
der Völkerkunde. Es ist aber nicht nur dann ein wertvolles Hilfsmittel,
wenn man die Eigenart einer Volksseele erforschen will, sondern auch
eine der bestüberlieferten Urkunden zur Geistesgeschichte der Menschheit.
Papierabformungen von Monumenten.
Winke für Reisende.
Von
Paul Borchardt.
Es ist leider Tatsache, dass bisher in keinem unserer vorzüglichen
Handbücher für Forschungsreisende*) speziell Anweisungen für „Papier-
abformungen von Monumenten“ gegeben worden sind. Das einzige Reise-
handbuch, welches sich mit dieser Frage beschäftigt hat, ist das Buch
„Hints to Travellers“ der Royal Geographical Society in London. Mr.
A. P. Maudslay veröffentlichte einen Bericht über Paper Moulding of
Monuments, den D. G. Hogarth M. A. in der 9. Auflage (1906) neu be-
arbeitet hat. Seit dieser Zeit sind Verbesserungen in einer ganz ähn-
lichen Technik, in der Buchdruck-Stereotypie, angewandt worden. Es ist
nun ein leichtes, diese technischen Kunstgriffe für unsere Zwecke zu
übertragen, und ich habe Versuche angestellt, die gute Erfolge gezeitigt
haben, welche ich in nachfolgenden Zeilen darstellen möchte.
Mr. A. P. Maudslay benutzte für seine Abformungen ein Papier,
welches gewöhnlich zum Einpacken von Orangen benutzt wird. Dieses
Papier ist nach seinen Angaben von Herrn Batalla in Cacagente bei
Valencia oder auch durch die Agentur von Herren H. King & Co.,
London, Cornhill, zu erhalten. Das beste Papier, welches auch
D. G. Hogarth M. A. vorschlägt, ist ein aus reinen festen Lumpen be-
stehendes Kupferdruckpapier, welches die Papiergrosshandlung Gebrüder
Ebart, Berlin, Mohrenstr. 13/14, vertreibt. Die genannte Firma lässt
dieses Papier in ihrer Fabrik Spechthausen anfertigen, und dasselbe ist
wohl das beste am Markte. Mr. A. P. Maudslay gibt in kurzen Worten
in den „Hints“ eine vorzügliche Darstellung der Technik.
Die Arbeit des Abformens ist eine sehr einfache. Lass einige Papier-
bogen im Wasser ziehen und bedecke die Oberfläche des Bildwerkes,
welches vorher angefeuchtet sein muss, Bogen nach Bogen mit diesem
nassen Papier. Jeder Bogen wird mit Bürstenschlägen in die Form der
1) Vgl. aber E. Rösler in Z. f. E. Bd. 34. 1902, Verh. S. 244 und ebenso die
ausführliche Anleitung bei Flinders Petrie, Methods & aims in Archaeology,
London, Macmillan & Co, 1904. Gleichwohl erscheint mir die hier veröffentlichte
Anleitung sehr verdienstvoll, weil die Technik des Abklatschens immer noch viel
zu wenig bekannt ist. v. Luschan.
542 Borchardt:
Bildhauerarbeit hineingetrieben. Da das Papier zerreist und Teile der
Oberfläche unbedeckt lässt, so muss diese Arbeit solange fortgesetzt
werden, bis die ganze Oberfläche von Papier bedeckt ist. Dann gib der
Papierform einen guten Kleisteranstrich und beginne mit dem Auflegen
und Einschlagen des nassen Papieres von neuem. Ein zweiter Kleister-
anstrich ist fast immer nötig, der dann wiederum mit Papier bedeckt
wird. Lass die Form auf dem Bildwerk bis sie vollständig getrocknet
ist, dann löse die Ecken und ziehe die Form herunter!). Der Papier-
mantel muss stark genug gearbeitet sein, um seine Form nach Trocknung
zu behalten.
Papier kann nur benutzt werden, wenn das Bildwerk frei von grossen
Konturen und tiefen Aushöhlungen ist. Wenn zersplitterte Holz-
schnitzereien, Steinspalten oder tiefe Aushöhlungen, welche keinen Einfluss
auf das Bild haben, vorhanden sind, so empfiehlt es sich, dieselben mit
Ton oder Papier auszufüllen, um eine glatte Oberfläche zu erhalten,
damit der Papiermantel sich nach dem Trocknen leicht löst. Sorgsame
Notizen und Messungen werden uns erlauben, zerdrückte Formen wieder
herzustellen.
Ich hatte mehrere Male in Amerika Flächen von 10 m Höhe, bedeckt
mit Bildwerk und Hieroglyphen, abzuformen und habe diese Formen er-
folgreich zu Abgüssen in England benutzen können. Die Oberfläche des
Bildwerkes wurde in mehrere Abteilungen geteilt, deren jede für sich
geformt wurde. Dabei wurde sehr darauf geachtet, dass jede Form die
Grenze der anderen etwas überschritt, damit die Abgüsse genau passend
würden.
Es ist schwierig die Stärke der Form, sowie die Zahl der Kleister-
überzüge festzusetzen. Wenn der Papiermantel sehr gross ist und tiefe
Stellen ausfüllt, so muss beinahe die doppelte Menge Papier und Kleister
benutzt werden, als wenn die Schnitzerei flach ist.
Bei heissem Wetter im Freien wird eine Form in ungefähr 24 Stunden
trocknen, es ist aber nötig, dass sie vor dem Nachttau durch Bedecken
geschützt wird. In feuchten Wäldern oder bei schlechtem Wetter habe
ich meine Formen mit Hilfe eines Feuers getrocknet, welches ich in
einiger Entfernung aufbaute! Die beste Zeit zum Abnehmen der Form
ist in der Morgen- und Abendkühle.
Wenn die Form zerreist oder zerbricht, so klebe sie sofort mit
Kleister.
Nach Abnahme der Form lege sie möglichst flach in die Sonne, da
meistens etwas Feuchtigkeit noch vorhanden ist.
Wenn die Form dann vollständig trocken ist, so empfiehlt es sich,
dieselbe mit warmem Öl?) zu bestreichen.
Da Papier leicht Feuchtigkeit anzieht, so muss es gut verpackt
werden. Bei meinen Arbeiten in den Wäldern Zentralamerikas nähte ich
1) Rösler feuchtete die Form vor dem Abnehmen an und liess sie in der
Sonne trocknen.
2) Rösler empfiehlt Dammaralack.
Papierabformungen von Monumenten. 543
gewöhnlich mehrere Formen mit Zwischenlagen von weichem Packmaterial
in eine Art lose gewebten Kanevas ein; diese Packungen wurden dann in
wasserdichtes Zeug eingehüllt und in leichte Körbe verpackt, welche mit
starken Kisten zur Seereise vertauscht wurden.
| Das Vorhergehende ist in grossen Zügen das Wissenswerteste über
die Papierabformung. Zu meiner Arbeit benutzte ich als erste Auflage
zwei bis drei Bogen India-Seidenpapier, extra stark. Mr. Maudslay
empfiehlt, das Papier in Wasser zu legen.
Es ist jedoch einfacher, die Bogen auf einem Zinkbleche anzufeuchten.
Diese Bleche gewähren auch den Vorteil, dass sie nahe an das Bildwerk
herangebracht werden können, um das Papier auf dasselbe zu übertragen,
ohne dass das feuchte Seidenpapier zerfällt. Besonders gut ist es Monu-
mente, auf jeden Fall aber Holzschnitzereien, mit Graphitpuder zu be-
stäuben, da derselbe das Ankleben des Papieres verhindert und leichtes
Ablösen der Form gestattet.
Die erste Lage des Seidenpapieres, welches dichtere Faserung als
Kupferdruckpapier aufweist, soll das Rupfen der Fasern möglichst ver-
hindern. Dieser Seidenpapierlage folgen verschiedene Bogen festes Kupfer-
druckpapier. Es muss darauf geachtet werden, dass kein kurzgemahlenes
Papier benutzt wird, da dieses beim Anfeuchten nicht mehr genügend
Zusammenhalt hat und nun leicht beim Auflegen durch seine eigene
Schwere zerreist. Wichtig ist auch die Zusammenstellung des Kleisters.
Gute Resultate erhielt ich mit einer Mischung von
250 g Roggenmehl,
750 „ fein geschlemmter Porzellanerde.
Die Masse braucht nur kalt!) zu einem ziemlich flüssigen Brei verrieben
zu werden. Das gut gemengte Pulver wird in eine Schüssel geschüttet,
mit wenig Wasser begossen und so lange durchgerührt, bis sich keine
trocknen Pulverknoten mehr zeigen. Dann wird nach und nach Wasser
hinzugefügt, und das Ganze tüchtig verrührt.
Zum Einklopfen der Papiermasse wird am besten eine Stereotypier-
bürste mit Schlageriff benutzt, wie Abb. 1 zeigt. Ebenfalls sind Bürsten
1) Röslers Dextrinpulverlösung muss zur Benutzung aufgekocht werden.
e | LN
`
+
KÉ
Borchardt:
ee ege e" "
nr Ste rz Du a 2 re
L
mme
`
\/ A \ Ta
(EA en
Papierabformungen von Monumenten. 545
wie Abb. 2 zum Einschlagen sehr geeignet. Eine leichte Haarbürste zum
sraphitieren (Abb. 3), sowie ein leichter Pinsel zum Auftragen des
Kleisters (Abb. 4) sind sehr handlich.
Im Laufe der Arbeit ergeben sich von selbst Verbesserungen jeder
Art, und es muss jedem einzelnen überlassen bleiben, unter Umständen
sich eine Arbeitsmethode selbst zurecht zu legen.
Abb. 5 zeigt eine Papierform, die ich nach obiger Arbeitsmethode
von einer Bleiplatte hergestellt habe Nach vollständiger Austrocknung
der Papiermatrize talkumierte ich dieselbe und nahm einen Gipsabguss.
Ich wollte noch bemerken, dass Abb. 5 die unzerstörte Papierform
nach dem Abguss zeigt.
Bei einfachen Inschriften, die nicht abgegossen werden sollen, genügt
ein „Abklatsch“ (Abb. 6) durch einen Bogen Kupferdruck. Es ist fast
überall Gelegenheit mit Hilfe dieser leichten Technik interessante Ab-
formungen herzustellen. Wer dazu Gelegenheit hat, soll dieses auch nicht
versäumen, um der Vergessenheit und Zerstörung manch interessantes
Stück zu entreissen und der wissenschaftlichen Bearbeitung zuzuführen.
Das sogenannte „Männerkindbett“.
Von
Hugo Kunike.
Über die Couvade oder das Männerkindbett besitzen wir eine Menge
teilweise verstreuter Quellen sowie eine ganze Anzahl von Erklärungs-
versuchen, welche zum Teil sehr widersprechende Resultate enthalten.
Man kann jedoch nur bei eingehendem Quellenstudium, und zwar nicht
nur bei einzelnen Völkern, sondern universell forschend, zu einigermassen
befriedigenden Ergebnissen gelangen.
Bei der vorliegenden Fülle von Material wird es am zweckmässigsten
sein, einige besonders typische Fälle zunächst genau nach den Quellen
wiederzugeben und dann eine erklärende Zusammenfassung zu versuchen.
In Europa hat man den Namen „Couvade* geprägt. Schon Strabo und
Diodorus Siculus, dieser von Korsika, jener von den Kelten, berichten,
dass bei diesen Völkern die Sitte herrsche, dass die Männer, deren Frauen
Kinder geboren haben, nach der Geburt derselben eine Art Wochenbett
abhalten mussten. Diese Behauptungen der alten Autoren haben in neuerer
Zeit ihre Bestätigung gefunden durch die Berichte neuerer Reisender in
Nordspanien, Südfrankreich, Sardinien und Korsika, deren heutige Be-
wohner gleichfalls das Männerkindbett kennen. Zweifellos sind sie mit
den Keltiberern und Kantabrern sowie den alten Bewohnern Korsikas
direkt verwandt. v. Maltzan berichtet 1869 von Sardinien, dass die
Männer bei einer Niederkunft ihrer Frau mit ihr aus demselben Teller,
ja sogar mit demselben Löffel essen müssen. „Da nun die Wöchnerin ge-
wöhnlich bettlägerig ist, so muss auch der Mann, um auf diese engver-
bundene Weise die Mahlzeit mit ihr zu teilen, zum Essen zu ihr unter
die Decke schlüpfen. Aus Südfrankreich berichtet eine alte Fabel aus
deın 12. oder 13. Jahrhundert, dass der König zu Bett liegt und in den
Wochen ist, während seine Gemahlin auf einem etwas romantischen Kriegs-
zuge (gegen Eier, Käse und Äpfel) begriffen ist.
Aus dem 17. Jahrhundert und späterhin wird die Sitte des männlichen
Kindbettes ın Südfrankreich vielfach erwähnt und hier hat sie auch ihren
bekannten Namen, la couvade, erhalten. Wenn wir nun bedenken, dass
in den erwähnten Gegenden in erster Linie Basken wohnen, so werden
wir uns ohne weiteres vorstellen können, dass diese Sitte ein uraltes
Überbleibsel aus der Zeit darstellt, in welcher diese Gegenden noch nicht
von Romanen besiedelt waren, sondern einer Urbevölkerung, deren Nach-
Kunike: Minnerkindbett. 347
kommen die Basken sind, angehörten. Wenn auch hier und da das Vor-
kommen der Couvade in Biscaya, Bearn, überhaupt in Südfrankreich und
Nordspanien bestritten wird, so ist doch wohl den zahlreichen dafir
sprechenden Zeugnissen gegenüber am zweifellosen Vorkommen dieser
Sitte daselbst festzuhalten.
Auch für Asien ist das Vorkommen der Sitte des männlichen Kind-
bettes an mehreren Stellen gut bezeugt. Bei den Tibarenern am Pontus
Euxinus wurde sie nach Apollonius Rhodius (Argonautica) geübt, die
Männer begaben sich zu Bett und die Frauen bereiteten ihnen ihre
Speisen und zum Kindbett gehörige Bäder. Leider besitzen wir aus
neuerer Zeit keine Nachrichten aus dieser Gegend, welche ein derzeitiges
Vorkommen dieser Sitte dort bestätigten.
Der berühmte Reisende Marco Polo, der, wie bekannt, im 14. Jahr-
hundert China durchzog, meldet von der Provinz Arcladam (oder Zar-
dandam, De regionibus orientalibus, B. II Kap. 41): „Es ist in dieser
Provinz Sitte, dass, wenn eine Frau geboren hat, sie das Bett verlässt,
aufsteht und dem Haushalte nachgeht: und dann legt sich ihr Gatte
40 Tage lang zu Bett, indem er Sorge für das Kind trägt. Die Mutter
aber tut nichts anderes für das Kind, als dass sie ihm die Brust gibt.
Und die Freunde und Verwandten besuchen unterdessen den danieder-
liegenden Mann nicht anders als wie bei uns die Wöchnerinnen besucht
werden. Sie sagen nämlich, da die Frau schwanger gewesen sei, geboren
und lange Zeit gelitten habe, so sei jetzt in der Ordnung, dass sie sich
40 Tage von der Sorge und der Mühe um das Kind erhole; nichtsdesto-
weniger bringt sie dem Mann sein Essen ans Bett.“ Um nun die aus
späterer Zeit stammenden, hiermit übereinstimmenden Berichte zu verstehen,
welche sich sämtlich auf die Miautse, die Urbevölkerung Chinas beziehen,
deren Reste noch heute in Yünnan, Kuangtung, Kuangsi, Kueitschau usw.
sitzen, müssen wir hierzu noch die weiteren Bemerkungen Marco Polos
über die in Rede stehende Bevölkerung heranziehen: „Sie wohnen meist
an waldigen und gebirgigen Stellen. Fremde besuchen aber jene Berge
nicht .... Sie haben keine Schrift, sie machen vielmehr ihre Ab-
machungen und Verpflichtungen mit Hilfe von Holzstiickchen, deren Be-
deutung der eine oder der andere behält: diese werden später zusammen-
gebracht und sie erklären die Bedeutung durch herkömmliche Zeichen.“
Es ist klar, dass sich diese Beobachtungen nicht auf das alte Kulturvolk
der Chinesen, das seit Jahrtausenden der Schrift kundig war, beziehen
können, vielmehr nur auf schriftunkundige, scheue Bergstämme Bezug
haben werden. Und in der Tat berichten neuere Reisende ganz genau
dasselbe (Lockhart 1861). Endlich werden die Beobachtungen bestätigt
durch die Veröffentlichung eines chinesischen Bildes in Bushells
„Chinese Art“ 1906. Im Text heisst es dazu: „Den Vater sieht man
durch das Fenster der Hütte auf dem Bett liegend, er hält das neugeborene
Baby an der Brust, und draussen die Mutter, welche mit seinem Essen
kommt — er muss so behandelt werden, wie ein Kranker... . einen
Monat lang, sonst geschieht ein Unglück.“ Wir haben also hiermit eine
interessante Bestätigung einer schon früh beobachteten Sitte, und zwar
548 Kunike:
diesmal durch die absolut einwandfreie, leider auch ganz singuläre bild-
liche Darstellung eines wirklichen männlichen Wochenbettes.
Auch bei den Drawidas Siidindiens, der dunkelhäutigen Ur-
bevölkerung, welche durch die eindringenden sanskritsprechenden Indo-
arier mehr und mehr nach Süden gedrängt worden ist, finden wir die
Couvade. Es ist wohl kein Zufall, dass diese höchst eigenartige Sitte sich
gerade bei wenn auch numerisch ziemlich zahlreichen Urbevölkerungen
(Basken, Miautse, Drawidas) erhalten hat. A. Cain berichtet nun im
Indian Antiquary von 1874 über ihr Vorkommen bei einem drawidischen
Telugustamm, den er Erunkalavandlu nennt, das sind die Yerunkalas,
vandlu ist nur eine Pluralendung im Telugu. Er sagt: „Sobald die Frau
die Geburtswehen fühlt, benachrichtigt sie ihren Gatten, welcher sofort
einige ihrer Kleider nimmt, sie anlegt, auf seiner Stirn die Marke (tikuli)
befestigt, welche die Frauen gewöhnlich auf ihre Stirn kleben; er zieht
sich in einen dunklen Raum zurück, wo nur eine sehr trübe Lampe
brennt und legt sich auf sein Bett, indem er sich mit einem langen Ge-
wande bedeckt. Wenn das Kind geboren ist, wird es gewaschen und in
die Wiege neben den Vater gelegt. Asafoetida, Palmzucker usw. werden
dann dem Vater und nicht der Mutter verabfolgt. Während der Tage
der zeremoniellen Unreinlichkeit wird der Mann so behandelt, wie die
Hindus ihre Frauen bei solchen Gelegenheiten behandeln. Von den
Koramas wird ähnliches mit der Aufzählung interessanter Einzelheiten,
die wir uns hier versagen müssen, von Thurston erzählt. Ausserdem
erfuhr dieser hier, dass man den Grund für diese Sitte darin suchte,
„dass des Mannes Leben wertvoller sei als das der Frau und da
der Gatte der wichtigere Faktor bei der Geburt eines Kindes
sei, als die Frau, so verdiene er es, dass man sich mehr um ihn kümmere.
Hiermit vergleiche man die Anschauung der Hindus, die im 11. Jahr-
hundert von dem arabischen Reisenden Al Birüni in seinem Werke über
Indien aufgezeichnet worden ist: „Wenn ein Kind geboren worden ist,
richtet man die besondere Aufmerksamkeit auf den Mann, nicht auf die
Frau.“ — Eine Legende unter den Koramas bestätigt das Vorkommen
des Männerkindbettes, wir müssen hier auf Thurston verweisen. Endlich
finden wir auch bei Tylor eine Bemerkung über die Couvade in Süd-
indien, welche sich ohne Zweifel auf die dravidische Bevölkerung bezieht
(Madras und Malabarküste): „Es ist bemerkt worden, dass ein Mann bei
Geburt seines ersten Sohnes oder der ersten Tochter von seiner Haupt-
frau oder eines anderen Sohnes nachher einen Mondmonat lang zu Bett
geht, hauptsächlich von Reis lebend, indem er sich aufregender Speisen
und des Rauchens enthält. Am Ende des Monats badet er, zieht ein
neues Gewand an und gibt seinen Freunden ein Fest.“
Auf einigen Inseln des malaiischen Archipels finden sich viele eigen-
artige Abstinenzgebräuche aus Anlass der Geburt eines Kindes, die mit
den auch sonst bei der Couvade beobachteten Speiseverboten usw. viel-
fache Ähnlichkeiten aufweisen. So meldet uns van der Hart 1833 von
der Insel Buru, vor ihm schon Wouter Schouten etwa 1660, dass die
Mutter, die eben ein Kind zur Welt gebracht habe, ihre gewohnten
Männerkindbett. 549
Arbeiten wieder aufnehme, wogegen sich der Mann so kränklich und
lächerlich anstelle, als ob er niedergekommen wäre und er isst mit
grossem Appetit die Lieblingsgerichte, die ibm seine Frau bereitet hat.
Auf anderen Inseln des Archipels finden wir vielfach Angaben über Ent-
haltungsgebräuche sowohl des Vaters wie auch der Mutter, die meist
dazu dienen sollen, die Wohlfahrt des neugeborenen Kindes zu gewähr-
leisten, Gebräuche, welche man alle als Überbleibsel der Couvade auf-
fassen könnte und auch in der Tat so aufgefasst hat; es ist indessen
durchaus nicht nötig, einen derartigen Zusammenhang anzunehmen, sie
können sich ebensogut selbständig entwickelt haben. Als Beispiel geben
wir das bei dan Land-Dayaks von Borneo 1862 beobachtete: „Der Gatte
einer schwangeren Frau darf kurz vor ihrer Entbindung mit keinem
scharfen Werkzeug arbeiten, ausser dem was ganz und gar notwendig ist
zur Bebauung seiner Pflanzung: er darf nichts mit Rotang binden, oder
Tiere schlagen, oder Gewehre abschiessen, noch irgend etwas tun, was
einen verletzenden Charakter hätte — da man sich vorstellt, dass solche
Handlungen einen schlechten Einfluss auf die Bildung und Entwicklung
der erwarteten Kinder ausüben könnten.“ Nach der Entbindung „ist die
Familie acht Tage lang tabuiert (sie darf also nicht besucht werden),
während welcher Zeit der unglückliche Ehemann auf eine Diät von Reis
und Salz gesetzt ist, nicht in der Sonne ausgehen und sogar vier Tage
lang nicht baden gehen darf. Die Reis- und Salzdiät dient zu dem Zweck,
zu verhüten, dass der Leib des Kindes zu einer unnatürlichen Dicke an-
schwillt.“ G. Wilken stellt in einer Abhandlung in den Bijdragen tot
de Taal-Land- en Volkenkunde van Nederlandsch Indië 1589 sämtliche
Enthaltungsgebräuche zusammen, die auf den Inseln des südlichen
Asiens vorkommen, die aber, wie auch das vorige Beispiel, die eigentliche
Couvade nicht enthalten. Hierbei ist es einem vielfach schwierig, sich
vorzustellen, dass die Couvade in jedem Falle das Primäre gewesen
sein soll, oder auch nur das ursprünglich notwendig Begleitende; dies ist
vielmehr aus keinem der aufgeführten Fälle irgendwie zwingend zu
schliessen.
In Afrika finden wir die Couvade an einer einzigen Stelle und
noch dazu ganz unsicher bezeugt. In der Übersetzung aus dem Ita-
lienischen des Zuechelli (1715), welcher das Kongogebiet bereist
hat, heisst es: „In dem Königreich Cassange, welches die Giaghi be-
wohnen (ist die) Gewohnheit (dass), ..... wenn eine Frau geboren hat,
muss sie von Stund an das Bett verlassen, worauf sich gleich der Mann
an ihrer Stelle niederlegt, welchen die Frau, welche geboren, bedienen
und aufwarten muss, eben als wenn er die Schmerzen und das Ungemach
einer schwangeren und gebärenden Frau ausgestanden hätte. Wenn ınir
dieses in einem Revier meiner Mission begegnet (wäre), dass ich einen
solchen in dem Wochenbette liegenden Mann angetroffen (hätte), welcher
sich von der Wöchnerin auf gleiche Art (hätte) bedienen lassen, ich hätte
ihn gewiss! mit einer solchen Tracht Schläge bedienen, und mit einer
solchen Labung erquicken wollen, dass er wohl etliche Wochen dazu
haben sollen, ehe er sie verdaut hätte.“
550 Kunike:
Auf den Inseln der Südsee sowie auf dem australischen Festlande
findet sich keine Spur von Couvade, ebenso ist aus Afrika sonst nicht das
Geringste tiber dieselbe bekannt geworden, und wir missen die Tatsache
des Nichtvorkommens dieser Sitte hier ebenso registrieren, wie ihr Vor-
kommen in Asien und Europa.
Es bleibt uns nun noch die neue Welt zu betrachten übrig. Und
gerade hier treffen wir die Couvade in ihrer unverfalschten und ursprüng-
lichen Form an, durch zahlreiche Beispiele belegt, und zwar in Süd-
amerika.
Von den Inselkaraiben wird uns 1665 durch de Rochefort be-
richtet: „Zur selben Zeit, wo die Frau entbunden worden ist, begibt sich
der Mann zu Bett, um sich dort zu beklagen und die Wochen zu halten.
... Das ärgerliche für den armen Karaiben, der sich anstatt der
Wöchnerin ins Bett gelegt hat, ist, dass man ihn eine Diät von 10 bis
12 Tagen hintereinander halten lässt, indem man ihm täglich nichts weiter
gibt als ein kleines Stück Cassava-Brot und ein wenig Wasser, in welchem
man ihm auch ein bisschen von diesem Brot aus (Manoka-) Wurzeln auf-
kocht. Später isst er etwas mehr, aber er schneidet nur die Cassava,
welche ihm vorgesetzt worden ist, in der Mitte an — und zwar einige
40 Tage lang, und lässt nur die Ränder übrig, welche er in der Hütte
aufhängt, und die bei dem Feste, welches er gewöhnlich in der Folge
allen seinen Freunden gibt, eine Rolle spielen. Und er enthält sich
sogar manchmal noch zehn Monate oder ein ganzes Jahr darauf
mehrerer Sorten Fleisch, wie z. B. des Manati (Seekuh), der Schild-
kröte, des Schweines, der Hühner, Fische und delikater Speisen: da
3 ai glaubt, dass dies dem Kinde Schaden bringe. Aber sie halten
dies grosse Fasten nur bei der Geburt ihres ersten Kindes. Denn
bei der Geburt der anderen sind ihre Fasten viel weniger streng und sehr
viel kürzer und dauern gewöhnlich nur 4 bis 5 Tage. .... Einige
unserer Karaiben haben noch einen anderen .... Brauch, und der ist
noch schlimmer als alles übrige für den armen Vater, welchem ein Kind
geboren worden ist, denn am Ende der Fasten schröpft man ihn gehörig
an den Schultern mit einem Aguti-Zahn. Und der Unglückliche muss
sich nicht allein dies gefallen lassen, er darf sogar nicht einmal das
geringste Schmerzgefühl äussern. Sie glauben nämlich, dass, je grösser
die Geduld des Vaters sich bei dieser Probe bewährt habe, um so sicherer
gestellt sei die Tapferkeit der Kinder: aber man darf dies edle Blut nicht
zur Erde fallen lassen, dessen Vergiessen so den Mut gedeihen lässt.“
Einen noch ausführlicheren Bericht über diese Sitte gibt 1667 du
Tertre von den Inselkaraiben; wir führen nur etwas von dem an, was
er noch hinzugefügt hat: „Wenn die 40 Tage (des Fastens) um sind,
Jaden sie ihre Verwandten und besten Freunde ein, und wenn diese an-
gekommen sind, zerschneiden sie, bevor sie sich zu Tisch setzen, die Haut
des armen Kerls mit Aguti-Zähnen und entziehen allen Teilen seines
Körpers Blut — anstatt eines nur eingebildeten Kranken machen sie
recht oft aus ihm einen wirklichen Kranken. Aber das ist bis jetzt erst
der Fisch sozusagen, denn nun kommt noch die Brühe, die man ihm
Männerkindbett. 551
bereitet. Sie nehmen 60 bis 80 grosse Körner Piment oder indischen
Pfeffer, den stärksten, den sie auftreiben können, und nachdem sie ihn
in Wasser gut zerstossen haben, waschen sie mit diesem Pfefferaufguss
die Wunden und Narben des armen Opfers, welches, wie ich glaube,
kaum weniger leidet, als ob man es bei lebendigem Leibe verbrennen
würde — indessen darf er kein einziges Wort hervorbringen, wenn er
nicht als Feigling und Ehrloser gelten will. Wenn diese Zeremonie
beendet ist, bringt man ihn wieder zu Bett, wo er noch einige Tage
verweilt, und die übrigen gehen, machen einen guten Schmaus und be-
lustigen sich... . auf seine Kosten. ... In einem Zeitraum von sechs
Monaten isst er weder Vögel noch Fische, da er fest glaubt, dass dies
dem Leibe des Kindes schaden könne und dass es an den natürlichen
Fehlern derjenigen Tiere Teil haben werde, von denen der Vater gegessen
hat: z. B. wenn Schildkröte, dass das Kind taub würde (die Schildkröte
hat keine äusseren Ohren!) und kein Hirn hätte, wie dies Tier (an-
scheinend nicht hat), wenn er vom Manati (Seekuh) ässe, dass es kleine
runde Augen haben würde, wie das Manati usw. ... Die Frauen fasten
während dieser Zeit, aber nicht so streng, wie ihre Gatten.“
Die Beobachtungen bei den Inselkaraiben werden bestätigt durch
Labat 1724; von den Karaiben des gegenüberliegenden Festlandes liegen
die bei weitem zahlreichsten Beobachtungen vor. Einfaches Männerkind-
bett wird von Fermin 1769 erwähnt, Stedman an 7 de la Republique
beschreibt Ruhe in der Hängematte, Schröpfzeremonien und Geisselungen,
Quandt (1807), dessen Berichte auf Aruakstimme, Warraus und Karaiben
gehen, erwähnt das Kindbett und die Sitte, dass der Mann keinen Baum
fallen, keine Flinte abschiessen und kein grosses Wild jagen dirfe,
da sonst das Kind krank werden und sterben werde. v. Sack, der
Surinam 1810—1812 bereist hat, berichtet, dass die Sitte der Ruhe der
Ehemänner von den Weibern eingeführt worden sein soll und dass über
ihre Innehaltung von denselben streng gewacht werde. Bei den Karaiben
Guyanas, also im Nachbargebiete Surinams, finden wir noch zahl-
reichere Nachrichten tiber das Vorkommen der Couvade. R. Schomburgk
1848 erwähnt mancherlei Enthaltungsgebräuche, besonders von den
Woyowais und Makusi, bei den Aruaken beobachtete Brett selbst
das Männerkindbett, ebenso bei den Karaiben, besonders bei den Aca-
woios. Als besonders tabuierte Tiere, deren Fleisch während der in
Frage stehenden Zeit nicht genossen werden darf, nennt er das Aguti,
damit das Kind nicht mager werde, das Haimara, wenn das Kind nicht
blind werden soll (da die äussere Bedeckung des Auges dieses Fisches
ein dünnes Häutchen oder grauen Star andeutet), das Labba (Laba,
Coelogenys Paca Cuv. nach Martius), wenn des Kindes Mund sich
nicht vorschieben soll, oder wenn es nicht wie das Labba gefleckt sein
soll — Flecken, die schliesslich zu Geschwüren werden. Das Marudi ist
auch verboten, wenn das Kind nicht tot geboren werden soll,. da das
Kreischen dieses Vogels als ein Vorzeichen des Todes betrachtet wird.
Bei den Warraus findet nach De Laét (1633) ein Fasten statt, etwa
acht Tage, bis die Wunde der Nabelschnur geheilt ist. Appun fand
552 Kunike:
1871 verschiedene Enthaltungsgebräuche, besonders hinsichtlich der Jagd,
an der Küste Guyanas und das Liegen des Vaters in der Hängematte.
Über die weite Verbreitung der Couvade in Guyana berichtet einer der
besten Kenner dieses Landes, nämlich Im Thurn (1883), der ähnliche
Beispiele, wie die obigen, anführt. Von den Tamanacos (Karaiben) am
Orinoco führt Gilij das Vorkommen der Couvade an (1785 Übersetzung);
in Französisch-Guyana fand sie Biet gleichfalls (1646), sechs Wochen
lang wird der Mann in der Hängematte von der Frau bedient; v. Klöden
fügt diesen Angaben 1858 Berichte über ähnliche Enthaltungsgebräuche
wie die oben erwähnten hinzu; bestätigt und zum Teil ergänzt finden
wir dies durch Prinz Bonaparte und Joest 1893.
Wir kommen zu einem weiteren Teile Südamerikas, dem grossen
Amazonasgebiete. Schon Thevet berichtet genaueres über die Couvade in
seiner Kosmographie 1575 von den Karaibenstämmen daselbst, ähn-
liches wie die oben angeführten Autoren über Guyana. (Das karaibische
Wort für cheroup oder Vater stimmt genau mit dem von v. d. Steinen
gefundenen Worte für Vater, jerup, überein!) Besonders ausführlich ist
La Bordes Schilderung über die Karaiben (1704). Er sagt: Eine lächer-
liche Vorsichtsmassregel ist, wenn das Kind in der Nacht geboren wird,
dass die Männer, welche in derselben Hütte schlafen, baden gehen, damit
das Kind nicht kalt werde. Die Mutter begibt sich vom folgenden Tage
ab an den Haushalt, wie wenn nichts geschehen wäre, sie fastet einige
Tage, indem sie nichts als trockene Cassava isst und laues Wasser trinkt,
sie nimmt sich sehr in acht, weibliche Krabben zu essen, diese würden
dem Leibe des Kindes schaden ...... wenn dies ein erstgeborenes,
männliches ist, haben die Männer eine (besondere) . . . Sitte; während die
Frau in den Wochen ist, legt sich der Mann zu Bett, beklagt sich und
macht selbst die Wöchnerin; er befindet sich zu diesem Zwecke in einer
kleinen, besonders errichteten Hütte, in der sein Lager oben aufgehängt
ist, und hält ein Fasten von drei Monaten.
Die ersten zehn Tage bekommt er nur ein wenig trockene Cassava
und Wasser; darauf beginnt er, ein wenig ouicau (anscheinend ein schwach
alkoholisches Getränk, das sogenannte KaSiri, aus Manoka hergestellt), zu
trinken, aber er enthält sich aller Speisen, er isst nur das Innere der
Cassava und bewahrt die Reste alle für den Festtag auf, welcher am
Ende dieser Diätkur stattfindet: — er geht nur nachts aus, besucht
niemanden, fürchtet sich, jemanden zu sehen, der voll von ouicau ist oder
welcher Fisch gegessen hat. Dieser Geruch könnte ihn in Versuchung
führen, sein Fasten zu brechen, die Mutter könnte davon krank und das
Kind würde nicht stark werden. Wenn diese Zeit um ist, suchen die
Ältesten der grossen Hütte zwei Karaiben aus, die am geschicktesten sind, -
den Fastenden zu schinden, und am festgesetzten Tage lässt man ihn auf
den öffentlichen Platz kommen — er sieht aus wie ein Skelett — dort
steht er aufrecht mit zwei schönen weissen, kunstvoll angeordneten
Cassavas unter den Füssen, und während ıhm die Karaiben die Arme
hochheben, fangen die „Herrn Wundärzte* an, ihm die Haut mit ihren
Aguti-Zähnen zu zerfetzen und einzuschneiden.* Darauf werden die
Männerkindbett. 553
Stellen genannt, an denen die Scarificationen stattfinden und hinzugefügt,
dass sie standhaft ertragen werden. „Das ist aber noch gar nichts; um
das Gemälde vollständig zu machen, bereitet man ihm einen Aufguss...
mit Blättern von Roucou, Pimentkörnern und Tabaksjauche, womit man
ihm die Wunden und Narben abreibt, und so, ganz blutig, wie er ist, ...
setzt man ihn auf einen Sitz, der selbst rot bemalt und für ihn bereitet
ist, und die Frauen bringen ihm zu essen, was die alten Leute ihm an-
bieten und zum Munde führen, wie bei einem kleinen Kinde, und
zwar kleine Stücke Cassava und Fisch, aber er verschmäht den Fisch,
nachdem er ihn angebissen hat, er würde krank werden, wenn er auf
einmal eine so gute Mahlzeit hielte — und sie lassen ihn ebenso trinken,
indem sie ihm den Hals halten, und wenn er mit Essen fertig ist, teilen
die alten Leute zwei Stücke Cassava aus, welche der geschröpfte Fastende
gesammelt hat, sie werfen sie nach allen Seiten, damit jeder eins schnell
nehme; für die beiden, welche er unter seinen Füssen während des
Schröpfens hatte, muss er sie essen —, und mit dem edlen Blute, welches
vergossen worden ist, reibt man das Gesicht des Kindes, in dem Glauben, .
dass dies sehr dazu dient, das Kind grossmütig zu machen, und je mehr
Geduld der Vater bewiesen hat, um so mehr Mut wird er haben. Wenn
diese Zeremonie zu Ende ist, bringt man ihn wieder zu Bett, wo er noch
einige Tage bleibt. — Dies ist nicht alles, sie müssen sich innerhalb
sechs Monate nicht nur Beim Erstgeborenen, sondern jedesmal, wenn ihre
Frauen Kinder bekommen, des Essens mehrerer Tierarten enthalten,
damit nicht das Kind an deren natürlichen Eigenschaften und Fehlern
teilhabe (Schildkröte macht taub, siehe oben), wenn (er) vom Papagei
ässe, so würde es keine Nase haben, wenn vom Krabbenfresser, lange
Beine (Manati kleine Augen, s. 0.), und besonders von allem anderen
Fleisch, ausser den Krabben. Das lange Fasten findet nur bei der Geburt
der ersten Kinder statt, und für die übrigen gibt es nur eine Diät von
vier bis fünf Tagen.“
Endlich berichtet Speckbacher 1685 von den Karaiben auf der
Perlinsel bei Carthagena das Vorkommen der Couvade.
Die häufigsten Nachrichten über das Vorkommen dieser Vaterriten
und zwar meist mit genauer Angabe der Stämme, welche sie ausüben,
finden wir in Brasilien. Allgemeiner sind ältere Nachrichten, wie die
von Fernäo Cardim 1584, S. Piso 1685 und Eschwege 1818. Aber
schon De Laöt nennt die Petiwaras, Spix und Martius (1823) die
Mundrucus (Tupi). — Nur dem Vater wird das Kind hier zugeschrieben
— die Culinos, Maraua (Aruak), Omaguas (Tupi), Cauixana (Aruak)
Passes (Aruak) und Juris. Bei den Jivaros fand die Sitte Orton,
1870, bei den Yuracares (Tupi) D’Orbigny 1839, bei den Araua
Chandless 1870, bei den Chiriguanos (Tupi) [Angabe Bastians 1878]
Nordenskiöld 1910, derselbe auch bei den Chanes; bei den Ipurinäs
(Aruak) am oberen Purüs Ehrenreich (1891). Ähnliche Gebräuche
erwähnt Koch von den Siusi (Aruak) zwischen Icana und Uaupes,
und bei den Tuyüka (Betoya).
In Südbrasilien finden wir die Couvade gleichfalls nach Schwarz,
Zeitschrift für Ethnologie. Jahrg. 1911. Heft 3 u 4. 36
554 Kunike:
(1857), nach demselben bei den Nacque-ne-niiques oder Naquinbrurh
(Botokuden). Nach Ploss findet sie sich auch bei den Zaparos und
Papudos. In Zentralbrasilien an den Quellflüssen des Xingu, die erst
seit 1887 eutdeckt sind, fanden die Vettern von den Steinen unter den
dort lebenden, von europäischer Kultur unberührten Indianern die Couvade
vor. Bei den Bakairı würde alles, was der Vater unerlaubter Weise
tut, dem Kinde schaden, es wäre so, als ob das Kind selbst Fleisch, Fisch
oder Frucht ässe. „Der Vater durchschneidet die Nabelschnur des Neu-
geborenen, fastet strenge, pflegt das Kind und ist wieder ein freier Mann,
wenn die Nabelschnur abfällt.“ Auch bei den Bororo und den Paressi
(Aruak). In Paraguay fand Guevara die Couvade 1836, eine besonders
gute Schilderung von den Abiponern im Chacogebiet verdanken wir
Dobritzhoffer 1784.
Bei ihm heisst es: „Kaum hört man, dass ein Kind von der Frau
geboren worden ist, wird man sogleich ihren (Abiponer) Mann im Bett
liegen sehen, eingehüllt in Matten, damit ihm kein scharfer Windzug
schade, fastend, öffentlich (publico. Lubbock: Kept in private) sich
gewisser Speisen einige Tage gewissenhaft enthaltend. Man möchte
darauf schwören, dass er geboren habe. Dasselbe haben auch andere
betreffs anderer Völker Amerikas geschrieben. Das habe ich früher
gelesen und darüber gelacht, niemals hätte ich mich verleiten lassen,
solchen Unsinn zu glauben. Mehr zum Scherz, als der Wahrheit ent-
sprechend, vermutete ich immer und immer wieder, berichte man diese
Sitte der Barbaren, bis ich sie endlich mit eigenen Augen bei den Abi-
ponern im Schwange fand. Und fürwahr, sie beobachten diesen alt-
ererbten Brauch, obwohl es ihnen lästig ist, um so lieber und sorgfältiger,
weil sie durchaus davon überzeugt sind, dass die Enthaltsamkeit und
Ruhe der Väter von grösstem Einfluss auf das Wohlbefinden der neu-
geborenen Kinder sei, ja, dass sie sogar (dazu) nötig wäre. Die
Bestätigung hierfür bitte ich mich berichten zu lassen. Franciscus
Barrada, der Stellvertreter des Kgl. Gouverneurs von Tucuman, besuchte
die neue Kolonie Conception im Gebiete von Santiago. Zu ihm kam, als
er mit mir auf dem Markte herumging, um ihn zu begrüssen, der Kazike
Malakin, der unterdessen sein Bett verlassen hatte, an das ihn die jüngste
Niederkunft seiner Frau fesselte. Barreda bot mir und ihm, dem bei uns
stehenden Kaziken, spanischen Schnupftabak an, doch als er sieht, dass
der Wilde die Annahme gegen alle Sitte verweigert, glaubt er, dass dieser
den Verstand verloren habe. Denn er wusste, dass dies Reizmittel für die
Nase sonst immer von ihm begierig genommen wurde. Er bittet mich,
nach der Ursache der linthaltsamkeit zu fragen. Auf die Frage in abi-
ponischer Sprache (dieser war nämlich Barreda unkundig, wie der Kazike
des Spanischen) warum er denn den Tabak heute verschmähe? erwiderte
er: Weisst du denn nicht, dass meine Frau gestern geboren hat? Warum
soll ich daher nicht vom Reizmittel für die Nase ablassen? In was für
ein Unglück könnte ich durch mein Niesen meinen kleinen Sohn stürzen!
‚Weiter nichts. Er begab sich zurück in seine Hütte, um sich unverzüg-
lich niederzulegen, damit nicht, wenn er noch länger mit uns im Freien
Männerkindbett. 555
stehen bliebe, sein zartes Kind irgend welchen Schaden erlitte. Denn sie
glauben, dass das ungemässe Betragen des Vaters den neuen Abkömmling
beeinflusst, wegen der beiderseitigen natürlichen Verbindung und der
Sympathie. Daher, wenn das Kind zu einen: vorzeitigen Ende kommt,
wird der Tod von den Frauen insgesamt der Unenthaltsamkeit des Vaters
zugeschrieben, und sie geben dies und jenes als Grund an; bald, dass er
sich nicht des Honigweines enthalten habe, däss er sich den Magen mit
Fleisch vom Wasserschwein überladen hat, dass er bei ziemlich kalter
Luft schwimmend über einen Fluss setzte, bald, dass er seine (schon) seit
einiger Zeit ziemlich langen Augenbrauen zu rasieren verabsäumt habe,
dass er unterirdischen Honig... ... gegessen habe, bald, dass er sich
durch Reiten bis zum Schweiss ermüdet habe. Mit albernen Reden dieser
Art beschuldigt das Weibervolk ungestraft den Vater als den Urheber des
Todes (des Kindes) und sie sind gewöhnt, den Gatten, auch wenn er
noch so schuldlos ist, mit Verwünschungen zu verfluchen“. Dobritz-
hoffer fügt hinzu, es wäre ein schwieriges Unternelimen, den alten Aber-
glauben ausrotten zu wollen.
Simson berichtet von den Piojes (Betoya) am Putumayo, v. Tschudi
von den Conibos (Pano) am Ucayali das Vorkommen der Couvade.
An Südamerika schliesst sich unmittelbar das südliche Zentralamerika,
wenigstens zum grössten Teil, ethnographisch an. Bei den Guatuso am
Rio Frio findet sich die Couvade nach Sapper. In Nordamerika gibt es
auch einige Beispiele für das Männerkindbett. Bancroft berichtet von
seinem Vorkommen in Neu Mexiko (Lagunero und Ahomanna) und
Kalifornien, wohl nach Venegas (1757).
Wir finden also, dass Südamerika das klassische Land der Couvade
ist und zwar hauptsächlich der Norden. Als Ausläufer sind vielleicht auch
die nordamerikanischen Fälle anzusehen. Fest steht, dass die Sitte bei
den vier Hauptgruppen der südamerikanischen Indianer, den Karaiben,
Aruak, Tupi und Ges (Botokuden) vorkommt und ebenso bei einzelnen
Chacostämmen (Abiponern) und isolierten. Ihr Hauptzentrum hat sie
wohl bei den Karaiben des Festlandes und der Inseln gehabt, dafür spricht
ihr Vorkommen in den ältesten und zahlreichsten Quellen. (Bei den
Eskimos kommen einzelne Sitten vor, die gleichfalls an Couvadegebräuche
erinnern, wir wollen jedoch diese ebensowenig wie ähnliche Bräuche bei
anderen Völkern anführen.) Die Couvade hat also drei Hauptverbreitungs-
zentren, eins in Südamerika, ein zweites in Südostasien und ein drittes in
Siidwesteuropa. An diesen Stellen ist ihr Vorkommen einwandsfrei be-
zeugt, sie findet sich also nicht bei den sogenannten aktiven Rassen mit
höheren Kulturen. — Ohne nun auf die mannigfaltigen Versuche einzu-
gehen, die man unteruommen hat, um diese merkwürdigen und uns so
sonderbar anmutenden Sitten zu erklären, Versuche, die zum Teil von den
Autoren, die wir angeführt haben, in ihre Reiseschilderung eingeflochten
worden sind, zum Teil von Ethnologen im Zusammenhang mit anderen
soziologischen Untersuchungen, besonders bei der Behandlung von Ehe-
und Geburtsgebräuchen aufgestellt worden sind, ohne auf diese im ein-
36*
556 Kunike:
zelnen einzugehen, wollen wir hier, allerdings unter Berücksichtigung
vieler derselben einen neuen Erklärungsversuch unternehmen.
Um das Wesen der Couvade richtig zu erfassen, müssen wir uns
zunächst über die Gründe klar sein, die die betreffenden Völker selbst für
diese Sitte angeben. Wir verweisen hierzu auf die vorhergehenden Quellen.
Die Stämme, bei denen sich das sogenannte Männerkindbett findet,
stehen auf der Stufe der Jäger und primitiven Ackerbauer (Hackbauer),
namentlich trifft dies für die südamerikanischen Indianer zu. Man kann
aus diesem Umstande, dass sich diese Sitte bei verhältnismässig niedrig
stehenden Völkern findet, unmittelbar schliessen, dass sie deren Kultur-
niveau entsprechen wird. Aber sie deshalb, aus entwicklungsgeschicht-
lichen Erwägungen etwa, als Glied von allgemeingültiger Bedeutung für
jede Kulturentwicklung aufzufassen, dürfte wohl unrichtig sein, wenn
sich auch in allen Erdteilen gewisse Anklänge an die in Frage stehenden
Vaterriten finden mögen. Man hat sich auch vor falschen Deutungen,
namentlich der Generalisierung, zu hüten.
In erster Linie ist es nötig, — da eine einheitliche Erklärung nicht
gut möglich ist, — eine Zweiteilung der Erscheinungsformen dieser
Sitte vorzunehmen, und zwar zerfallen diese offenbar in diese zwei Kate-
gorien: 1. Die Couvade als wirkliches Männerkindbett und II. Die
uneigentliche Couvade, bestehend aus Fasten, Enthaltungsgebräuchen (von
Maun und Frau, oder vom Manne, seltener von der Frau allein) befolgt,
und Blutopfer (des Mannes), verbunden mit Ruhe (meist ebenfalls nur
des Mannes) in der Hängematte. Den I. Typus treffen wir am sichersten
beobachtet, so wie auch am deutlichsten ausgeprägt in Südchina bei den
Miaotze, zu ihm gehören die bei den Iberern und Basken beobachteten
Fälle, sowie der allerdings etwas problematische Fall bei den Tibarenern.
Allenfalls lässt sich hierzu auch die in Südindien sporadisch vorkommende
Art der Couvade rechnen. Der Il. Typus ist der südamerikanische,
speziell brasilische Typus, zu dem auch die eigenartigen Vaterriten
Indonesiens gehören. |
Typus I kann als eine imitatio naturae, also als Nachahmung des
Wochenbettes der Frau (so Bachofen) aufgefasst werden, da den
Völkern, wo die Sitte vorkommt, das Kindbett der Frau ja durchaus
bekannt ist. Der Typus selbst ist einfach zu beschreiben. Der Mann
legt sich nach der Niederkunft seiner Frau ins Bett, nimmt das neu-
geborene Kind zu sich, spielt die Wöchnerin und empfängt so die Besuche
der Freunde und Nachbarn. Währenddessen besorgt die Frau den Haus-
halt weiter, sie bedient also auch ihren Mann, der auf diese Weise ein
wirkliches Wochenbett abhält.
Der II. Typus ist entschieden schwieriger, namentlich in seiner
psychologischen Genese zu verstehen. Um eine Nachahmung des Kind-
bettes der Frau kann es sich hier unmöglich handeln, da den in Frage
kommenden Völkern dasselbe ganz unbekannt ist. Die europäischen
Reisenden haben den Ausdruck männliches Kindbett, der für Asien und
Europa seine Berechtigung hat, fälschlicher Weise auf Amerika (und
Indonesien) übertragen.
Männerkindbett. 557
In Südamerika, wo dieser II. Typus am reinsten anzutreffen ist, finden
wir zunächst bei einigen Stämmen die Sitte einer Art Zeitehe. Nach
C. de Magelhäes hat bei den Cayapo jedes Madchen das Recht freien
Geschlechtsverkehrs. Sobald sie in anderen Umständen ist, und so lange
sie das Kind an der Brust hat, bleibt sie bei dessen Vater, oder vielmehr
dieser bei ihr. Diese Verbindung mit dem Vater des Kindes hört auf,
sobald das letztere nicht mehr die Muttermilch bekommt. Sie kann aber
wieder angeknüpft werden. Nimmt das Mädchen sich einen anderen
Mann, so hat dieser das Kind seines Vorgängers zu erhalten (nach Hellwald,
Familie). Bei vielen Stämmen werden meist stammesfremde junge
Mädchen in den Junggesellenhäusern zum Zwecke des Geschlechtsverkehrs
gehalten. (Hierzu wäre die Anschauung zu ziehen, nach welcher die
Kinder von Sklaven, die von einem fremden Stamme übernommen sind,
mit Frauen des eignen Stammes als staınmesfremd angesehen werden.)
Wenn wir diesen Zustand als eine Primitivstufe, die früher verbreiteter
gewesen sein mag, annehmen, so finden wir als nächstfolgende Stufe solche
Völker, bei denen das Matriarchat herrscht (meist mit Exogamie ver-
bunden), oder solche, bei denen dies bereits in die Vaterherrschaft über-
geht (worüber weiter unten noch einiges gesagt werden soll). Wir können
uns nun vorstellen, dass bei der Gründung der Mutterfamilie (in früheren
Zeiten) der Mann der Wahl, meist also der Vater der zu erwartenden
(oder bereits geborenen) Kinder, von dem betreffenden Weibe an die
Familienhütte gefesselt, vielleicht auch dadurch vom Männerhause entfernt
werden sollte. Das war natürlich zunächst eine schwieriges Unternehnen,
zumal wenn man bedenkt, dass den primitiven Völkern der kausale Zu-
sammenhang zwischen Empfängnis und Geburt durchaus nicht klar ist.
Vielmehr werden gewöhnlich irgend welche Dämonen oder Dinge (vergl.
mythologische Conceptio immaculata, durch Verschlucken von Früchten
usw.; oder auch die Empfängnis durch Schwirrhölzer, z. B. in Australien)
dafür verantwortlich gemacht. |
Dass also eigenartige Mittel angewandt werden mussten, um den
Vater an das Kind und die Frau zu fesseln, versteht sich; auch haben
wir einen deutlichen Hinweis darauf, dass die Frauen die Sitte ein-
geführt haben, in dem Umstande, dass uns von manchen Stämmen be-
richtet wird, die Frauen seien es, welche die Durchführung der Couvade
sorgfältig überwachen, wobei indessen vielleicht auch der grössere Kon-
servatismus der Frau überhaupt in Rechnung kommen könnte.
Ausserdem sagt Burghold, leider ohne Quellenangabe, der Vater, der
dem Brauche nicht nachlebe, werde als solcher nicht anerkannt. So siegt
also das Prinzip der Mutter-Familie über den vor ilım herrschenden Zustand,
indem das Kind zum Sprössling eines bestimmten Vaters gemacht wird.
Um den Mann nun, wenn er sich etwa seiner Verpflichtungen gegen
Frau und Kind ledig glaubte, an die (Mutter-)Familie zu fesseln, [dies
der Realgrund der Sitte], griff man zu einer Art des Syınpathiezaubers
[Scheingrund der Sitte], der aus einer doppelten Wurzel entspringt. Die
Anschauungen des Totemismus scheinen der erste Ausgangspunkt ge-
wesen zu sein. Der Totemismus, über den schon so sehr viel geschrieben
558 Kunike:
worden ist, besteht der Hauptsache nach in der Verbindung des Menschen
mit tierischen Schutzgeistern oder Ahnen — (auf Genaueres einzugehen
ist hier nicht der Ort; nur auf eins möchten wir hinweisen: Weit ver-
breitet finden sich auch in Südamerika, wie in der Nordhälfte des Kon-
tinents, Tiernamen bei Menschen, was auch auf den Totemismus Bezug
zu haben scheint); —- bestimmte Tiere dürfen nicht getötet oder verletzt
werden, damit es nicht den mit ihnen verbunden gedachten Menschen
ebenso wie ihnen ergehe. (Nagualismus im heutigen Mexiko.) Das
Totem geht von der Mutter auf das Kind über, der Vater hat sich also
bei herrschendem Mutterrecht den Vorschriften der Frauen zu fügen.
Daher darf denn auch der wirkliche oder vermeintliche Vater des
Kindes, dessen Beisein bei der Geburt nicht nötig ist, um ihn zur Ein-
haltung der Couvade zu veranlassen, gewisse Tiere nicht jagen, weil sonst
das Kind die üblen Eigenschaften dieser Tiere bekommen, also vom
Tiergeist heimgesucht würde.
Das Wohlergehen des Kindes wird somit auf den Vater übertragen,
er hat für dasselbe zu sorgen und daher darf er die Totemtiere weder
töten noch essen, wenn das Kind geboren wird. Die Frau geht während
dessen ihrem Haushalte einfach nach, da dem Manne die Sorge für das
auf magische Weise zu bewirkende Wohlergehen des Kindes übertragen
worden ist. Aber wo etwa daneben Wochendiät der Frau vorhanden ist,
wird diese ohne Zweifel vielfach ebenfalls als Sympathieaberglaube, nicht
als physiologisches Bedürfnis zu erklären sein. Der Schluss auf eine
frühere Existenz des weiblichen Wochenbettes ist verfehlt.
Diese erste Form der Vaterriten ist es, welche hauptsächlich in Süd- `
amerika und auch bei den Malaien vorliegt. Da nun zuerst die Geburt
allein für sich und dann erst als die Wirkung der Empfängnis beobachtet
wurde, so wird die Ausdehnung der Verbote auf die Zeit vor der Geburt
auch als sekundär anzusehen sein.
Die zweite Wurzel der Vaterriten und -vorschriften ist der Aberglaube
demzufolge ein sympathetisch-magischer Zusammenhang zwischen Vater
und Kind, wie auch zwischen diesem und seiner Mutter, existiert. Nach
dem allgemeinen Zauberglauben wirken die Handlungen des einen Teils
auf das Befinden und die Handlungen des anderen Teils ein. Alle Krank-
heit, auch der Tod, entsteht durch die Schuld anderer. Zunächst wird
also die Mutter in der Einhaltung der Diät ihrem Manne vorangegangen
sein (mater semper certa, pater incertus). Wir werden wohl annehmen
dürfen, dass nach besagtem Zauberglauben das Kind soviel an Kraft ge-
winnt, als der Vater durch die Einhaltung einer gewissen Diät verliert.
Bei einigen Völkern mag auch die Vorstellung mitsprechen, dass das
Kind als „kleiner Vater“ (nach K. v. d Steinen) betrachtet wird und
dass es mithin Schaden leidet, wenn der grosse Vater schwere Speisen
zu sich nimmt, denn beide stehen in einer Art Wechselbeziehung zu-
einander. Der Vater fastet nur solange, bis die Nabelschnur abfällt, d.h.
bis die erste (Gefahr für das Leben des Kindes vorbei ist, er macht also
eine Art homöopathische Kur durch, nur ist dieselbe magischer, niclıt
medizinischer Art.
Männerkindbett. l 559
Auch die Arbeitsenthaltung mag denselben Grund haben. — Strenge
Diät aber geht mit dem Blutopfer Hand in Hand, beide sind Formen
einer Erscheinung, der Askese. Die Scarifikationen des Vaters dienen
also offenbar demselben Zweck, da entzogenes Blut entzogene Kraft be-
deutet, die wiederum dem Kinde zugute kommt. Etwas rätselhaft, viel-
leicht nur als Standhaftigkeitsprobe aufzufassen (siehe Joest), — die ja
in Südamerika bei manchen Gelegenheiten vorkommt (Pubertätsweihen,
Häuptlingswahl, Installierung von Zauberern) — ist das Behandeln des
Vaters mit dem scharfen Pfefferaufguss.
Es ist auch möglich, wenn auch nicht recht wahrscheinlich, dass bei
diesen Zeremonien, etwa als sekundär auftretend, auch an die Einwirkung
religiöser Vorstellungen gedacht werden kann, da wir vielfach hören, dass
das erstgeborene Kind feierlich mit Blutentziehung begrüsst wird.
Alle diese Gründe, namentlich das Jagdverbot, welches allerdings bei
vielen Stämmen nicht auf einige kleinere Tiere ausgedehnt wird, machen
es begreiflich, dass sich der zur Untätigkeit verurteilte Mann in die
Hängematte legt und sich dort, so gut es geht, in sein Schicksal findet,
ein Zustand, der äusserlich betrachtet wohl zur Verwechslung mit dem
Wochenbette führen konnte.
Von einer imitatio naturae kann hier natürlich keine Rede sein, da
ein Wochenbett der Frau bei den Indianern Südamerikas überhaupt un-
bekannt ist. Hat sich die Sitte dieser Vaterriten aber einmal befestigt,
so bleibt sie auch, weil drastisch und daher gut im Gedächtnis haftend,
später allerdings vielfach unverstanden, bestehen.
Nicht ganz klar ist die Rolle, welche die Couvade auch beim Über-
gang der Mutterhorrschaft zum Patriarchat gespielt zu haben scheint. In
der Zeit des Matriarchats und vorher ist die Vaterschaft von keiner recht-
lichen Bedeutung; der Mann, welcher die Couvade durchmacht, braucht
sich nicht als den Erzeuger des von ihm formal anerkannten Kindes an-
zusehen. Indessen soll nach Friedrichs die Couvade nie von unehelichen
Erzeugern beobachtet werden. Wenn aber die Couvade sich als Sitte zu
fixieren begann, und das Vaterrecht zur Geltung kam, fing man an, auch
unter dem Einfluss weiter fortschreitender Erkenntnis, auf das Moment
der Empfängnis das Gewicht zu legen. Ferner wurde dann das Interesse
des Hausvaters für seine Kinder rege, die er jetzt mehr und mehr unter
dem Gesichtspunkte des Privateigentums zu betrachten begann. Daher
war ihm daran gelegen, seine Kinder am Leben und bei guter Gesundheit
zu erhalten und er befolgte die magischen Vaterriten um so sorgfältiger.
Später mochte es dann dazu kommen, dass der Vater als enger mit
dem Kinde verbunden angesehen wurde als die Mutter und dass sich aus
der körperlichen Sympathie sekundär auch eine seelische, die Vaterliebe,
entwickelte.
Wir haben es hier also mit einem eigenartigen Falle ethnologischer
Konvergenz, nämlich zwischen Typus I und II der Couvade zu tun und
können vielleicht den ersten Typus als eine abgeklärtere Form des zweiten
auffassen, ohne damit einen direkten genetischen Zusammenhang dieser
Typen irgendwie behaupten zu wollen.
560 | Kunike:
Literaturverzeichnis.
Th. Achelis, Die Entwicklung der Ehe, Berlin 1893. S. 76.
Albörünis India. An account of the Religion of India, its Philosophy ete a. d.
1030. By Ed. Sachau. London Bd. I. Chap. XVI, S. 181.
Apollonius Rhodius, Aoyoravrıxa II, 1011 fg.
K. F. Appun, Die Indianer in Britisch-Guayana. Das Ausland 1871. Nr.6, 3. 125.
Das Ausland, 1870. Nr. 12, S. 267.
Legrand d’Aussy, Fabliaux ou contes....du XIIe et du XIIe siecle, Paris.
III. S. 372. Note.
Bachofen, Das Mutterrecht, Stuttgart 1861, S. 17, 255 f.
Bancroft, The native races of the pacific States of North America, London 1875.
S. 412, 585.
Baumgarten, Allgemeine Geschichte der Länder und Völker von Amerika, Halle
1752. S.24, 122, 857.
Bastian, Zur vergleichenden Psychologie. Zeitschr. f. Völkerpsychologie, Berlin
| 1868. S. 155.
— Die alten Kulturländer Amerikas, Berlin 1878. I. S. 243, 595. II. (37. Note Il.)
657, Nr. 4.
— Zur naturwissenschaftlichen Behandlungsweise der Psychologie, Berlin 1883. S. 7:3,
— Matriarchat und Patriarchat. Verhandlungen der Gesellschaft für Anthrop..
Ethnol. und Urgesch. zu Berlin, 1886. S. 337. (Zeitschr. f. Ethnol.)
Bernhöft, Zeitschr. f. vergl. Rechtswissenschaft. 1891. Bd. 9.
Biet, Voyage de la France Equinoxiale en lisle de Cayenne, Paris 1646. Liv. III.
Chap. 13. S. 389.
C. Bock, Reis in Oost en Zuid Borneo, S’gravenhage 1687. 8.97, 98.
La Borde, Voyage qui contient une Relation exacte de 1 Vorigine .. . des Caraïbes.
Leide 1704. Chap. VII. S. 585.
Brett, The Indian tribes of Guyana, London 1868. S. 101, 355.
J. Burghold, Uber die Entwicklung der Ehe, Breslau 1902.
Bushell, Chinese Art, London 1906. Vol. II, Fig. 134, Text S. 145.
A. Cain, Indian Antiquary, Bombay 1874. III. 8. 151.
Fernäo Cardim, Do Principio e origem dos Indios do Brazil, Rio de Janeiro
1881, S. 9.
F. Caucher, Relation du voyage ....a Madagascar... . S. 51.
Chaho, Voyage en Navarre, Paris 1836. S. 390.
Chamberlain, The child and childhood in folkthought, New York 1806. S. 124.
Th. de Chanvalon, Voyage à la Martinique, Paris 1763. S. 53.
Cordier, Le droit de la famille aux Pyrenées, Revue historique de droit francais
et étranger, Paris 1859. S. 370.
Fray José Cors, Jose Cardús, Los Misiones Franciscanas entre los infides de
Bolivia, Barcelona 1886.
Cranz, Historie von Grönland, Barby 1765. 8. 275.
Crawley, The mystic rose, London 1902. S. 416—428.
Dalton, Descriptive Ethnology of Bengal, Calcutta 1872. S. 191.
L v. Dargun, Mutterrecht und Raubehe, Breslau 1883, S. 18.
— Mutterrecht und Vaterrecht, Leipzig 1892. 8. 18 f,
Diodorus Siculus, Bibliotheca historica. I, 80. V, 14.
M Dobritzhoffer, Historia de Abiponibus, Viennae 1784. S. 231.
Dudik, Genees en verlooskunde. Geneeskundig Tijdschrift voor Need-Indie. 22.
Batavia 1882.
Ehrenreich, Beiträge zur Völkerkunde Brasiliens, Berlin 1891. S. 66.
A. Ernst, Über die ethnographische Stellung der Guajiro-Indianer. Zeitschr. f.
Ethnol. Bd. 19. Berlin 1887. S. 442.
v. Eschwege, Journal von Brasilien, Weimar 1818. S. 193.
EEE op ee emm mmm, rnit eee ey, _ ee, eee eee — U ER e,
Männerkindbett. 561
Fermin, Description .... de la Colonie de Surinam, Amsterdam 1769. Bd. F. 8.81.
Friedrichs, Das Ausland, Stuttgart 1890.
Gilij, Saggio di Storia Americana. Roma 1780-1784. Bd. II. S. 133.
— Nachrichten vom Lande Guyana (Übersetzung), Hamburg 1785. S. 274.
Giraud-Teulon, Les origines du mariage et de la famille, Paris 1884. S. 137.
— La mere chez certains peuples de l’antiquite, Paris 1867.
Graslin, De l’Iberie, Paris 1838.
Guevara, Historia de Paraguay, Rio de la Plata y Tucuman. De Angelis
Collecion ... . del Rio de la Plata, Buenos Ayres 1836. II. 17.
van der Hart, Reize rondom het eiland Celebes, Sgravenhage 1853. S. 137.
F. v. Hellwald, Kulturgeschichte in ihrer natürlichen Entwicklung, Augsburg 1875.
S. 36, 31.
— Die menschliche Familie, Leipzig 1889.
P. Hermant, La Couvade. Bulletin de la société royale Belge, Bruxelles 1906.
S. 5—15.
Joest, Ethnograpisches und Verwandtes aus Guyana. Intern. Archiv f. Ethno-
graphie. Suppl. zu Bd. V, 1893.
Spenser St. John, Life in the forests of the far East, London. Vol.I S. 160.
— Wild tribes of the north west-coast of Borneo 1862. (Transactions of the Ethnol.
Society of London. Vol. I. 1863.)
Kauffmann, Hochzeitsgebräuche im französischen Baskenland Uber Land und
Meer, 1898/99. S. 53. :
Klemm, Allgemeine Kulturgeschichte der Menschheit, Leipzig 1843. II. S. 82, 207.
v. Klöden, Über die niederländischen und französischen Besitzungen in Guyana.
Zeitschr. f. Allgem. Erdkunde. Berlin 1858. N. Folge, Bd. 1V, S. 30.
Th. Koch-Grünberg, Zwei Jahre unter den Indianern, Berlin 1909. Bd. I.
S. 183, 312.
J. Kohler, über Post, Bausteine für eine allgemeine Rechtswissenschaft. Krit.
Vierteljahrsschrift für Gesetzgebung und Rechtswissenschaft. N. Folge,
Bd. IV. München und Leipzig 1880.
Labat, Nouveau voyage aux isles de l’Amerique, La Have MDCCXXIV. II. S.123.
Laborde, Itinéraire descriptif de l’Espagne, Paris 1809. II. S. 150.
De Laét, Novus Orbis. Lugd. Batav. 1633. XV. 2. Lettr. ed. II. 131.
L’eems, Acount of danish Lapland (Pinkerton, a general collection of .....
voyages and travels), London 1808, S. 483.
Ch. Letourneau, La Sociologie d'après l'ethnographie, Paris 1884. S. 384 bis
395.
— , L'évolution du mariage et de la famille, Paris 1888. S. 394 fg.
Ling Roth, On the significance of Couvade, Journal of Anthropological Institute,
London 1892. Bd. 22, S. 204 - 244.
Lippert, Die Geschichte der Familie, Stuttgart 1884. S. 21 fg.
— , Kulturgeschichte der Menschheit, Stuttgart 1887. Bd. II, S. 257, 312.
W. Lockhart, On the Miautze or aborigines of China. Transactions of the ethno-
logical Society of London. Vol. I, (New Series). S. 187.
J.ubbock, The Origin of Civilisation and the primitive Condition of man, London
1870. S. 12—14.
H. Freih. v. Maltzan, Reise auf der Insel Sardinien, Leipzig 1869. S. 56.
Martius, Beiträge zur Ethnographie und Sprachenkunde Americas, zumal Bra-
siliens, Leipzig 1867. Bd. I, S. 392, 427, 428, 441, 482, 511, 643.
S. Mateer, Journal Royal Asiat. Society, XVI.
F. Michel, Le pays Basque, Paris 1857. S. 201.
M. Müller, Chips from a German workshop, London 1867. U.S 274.
—, Das Ausland 1871. Nr. 6, S. 124.
B. Navarra, China und die Chinesen, Bremen 1901. S. 996.
D’Orbigny, L'homme Américain, Paris 1839. S. 257.
J. Orton, The Andes and the Amazon, London 1870. N. 172.
562 Kunike:
Marcus Paulus Venetus (Marco Polo), De regionibus orientalibus libri IIJ.
Coloniae Brandenburgiae MDCLXXI. Bd. II, Kap. 41.
Piso, De Indiae utriusque re naturali et medica, Amsterdam 1658. S. 14.
Ploss, Das Kind in Brauch und Sitte der Völker, Stuttgart 1876 usw. S. 125,
131 usw.
Plutarch, Theseus, Kap. 20.
Purchas, His Pilgrimes, 4. Part, London 1625. S. 1291.
Quandt, Nachricht von Suriname und seinen Einwohnern, sonderlich den Arawaken,
Waraüen und Karaiben, Görlitz (1807). S. 252.
De Quatrefages, Souvenirs d'un Naturaliste. La Baye de Biscaye, St. Sebastien
et les Basques, Revue des deux Mondes. Bd. V, 1850, S. 1084.
Riedel, De Sulaneezen. Bijdragen tot de Taal-Land- en Volkenkunde van Neder-
landsch-Indié. 4. Volgreeks 1885, S. 18.
De Rochefort, Histoire naturelle et morale des Isles Antilles de l’Amerique,
Roterdam MDCLXY. 8. 550.
Rougemont, Le peuple primitif, Paris 1855. S. 420.
v. Sack, Beschreibung einer Reise nach Surinam (1810—1812). Berlin 1821. IT,
S. 84. .
M. Schmidt, Indianerstudien in Central-Brasilien, Berlin 1905. S. 438.
R. Schomburgk, Reisen in Britisch-Guyana, Leipzig 1848. II, S. 314, 389.
Wouter Schouten (1633—1704) Reystogten nar en door Oost Indien, Amsterdam
1708. I, S. 73.
Schreiber, Petermanns Mitteilungen, Gotha 1818. S. 265.
R. Schuller, A Couvade. 10 Ss. Para 1910.
H. Schurtz, Die Speiseverbote, Hamburg 1895.
Schwarz, Medicin. Bemerkungen über die allgem. sanitären Verh, in Rio de Janeiro
usw. Zeitschr. d. Gesellsch. f. Ärzte. Wien 1857. S. 580.
A. Simson, On the Piojes of the Putumayo, Journ, Anthr. Inst., 8. London 1879.
S. 222,
Gabriel Soarez de Souza, Tratado Descriptivo do Brazil em 1587, kio de Ja-
neiro 1857. Cap. CLIV.
A. Speckbacher, P. S. I. Allerhand so Lehr- als Geist- reiche Brief- schrifften und
Reis- Beschreibungen, welche von denen Missionariis der Ges. Jes. aus
Beyden Indien und andern über Meer gelegenen Ländern seit an. 1642
biss auf das Jahr 1726 in Europa angelangt sind. (Der neue Welt-Bott.)
Augsburg und Grätz 1726. S. co.
Spix und Martius, Reise in Brasilien, München 1823. Teil I, S. 247. 381 Anm.,
1186, 1399. l
Stedman, Voyage a Surinam, Paris an VII de la Rép. Bd. III, S. 414
K. v. d. Steinen, Unter den Naturvölkern C. Brasiliens, Berlin 1894. 8. 334. 454.
440, 503.
Steller, Beschreibung von dem Lande Kamschatka, Frankfurt und Leipzig il,
S. dol.
Stoll, Zur Kenntnis der heutigen Basken. Das Ausland, 1590. 8. 735.
Strabo, Ill. 4, 17; 165.
Sundermann, Die Insel Nias, Allgem. Missions-Zeitschrift, Gütersloh 1884. Bd. 11.
S. 423.
Du Tertre, Histoire générale des Antilles habitées par les Francois, Paris 1667,
S. 312.
Thevet, Cosmographie universelle, Paris 1575. Liv. II, Chap. 5.
Thomas, Sitten und Aberglauben auf Nias. Globus, Bd. 39. Braunschweig,
1881.
Im Thurn, Among the Indians of Guyana, London 1883.
E. Thurston, Ethnographic. Notes in southern India, Madras 1906. S. 547 bis
Al.
v. Tschudi, Perú, St. Gallen 1816. Bd. II, S. 235.
Männerkindbett. 563
E. Tylor, Researc hes into early history of mankind, Boston 1878,
—, On a method of Investigating the Development of Institutions, applied to laws
of marriage and descent, The Journal of the Anthrop. Inst. of. Gr. Brit.
and Irel. Bd. 18. London 1889, S. 257.
C. Valerius Flaccus, Argonauticon V, 147.
Venegas, Noticia de la California, Madrid 1757. I, S. 94.
Waitz, Anthropologie der Naturvölker, Leipzig 1877. Bd. I, S. 294.
Wallace, A narrative of travels on the Amazon and Rio Negro, London 1853.
S. 501. l
Wentworth Webster, Basque Legends, London 1877. S. 232,
G. Wilken, De Couvade bij de Volken van den Indischen Archipel. Bijdragen
tot de Taal-Land- en Volkenkunde van Nederlandsch-Indié, Sgravenhage
1889. 5. Volgreeks 4. Deel. S. 251 fg.
M. v. Zmigrodzki, Die Mutter bei den Völkern des arischen Stammes, München
1856. 8 171, S. 267.
Zucchelli, Merckwürdige Missions- und Reise Beschreibung nach Congo in Ethio-
pien, Frankfurt 1715. S. 165.
Sind die heutigen Albanesen die Nachkommen der alten
Illy rier?
Von
Emil Fischer (Bukarest).
Es ist bekannt, dass die obige Frage von manchen Gelehrten von
Ruf verneint wird. Es wäre nun für die Völkerkunde nicht nur des
Balkan, für die Sprachforschung und für die Geschichte im allgemeinen
von höchster Wichtigkeit, wenn nachgewiesen werden könnte, dass die
ehemaligen Illyrier dennoch ihre Fortsetzung in den heutigen Albanesen
finden.
Ich bin der Meinung, dass sich dieser Nachweis noch auf mehreren
wissenschaftlichen Gebieten führen lässt. Allerdings sind die Beweise
nicht alle gleich schlagend. Gelingt es aber ein paar alte Namen aus-
findig zu machen, die ungezwungen ihre Entsprechung im Albanesischen
finden, so wäre die Kontinuität allerdings erwiesen. Solcher Namen habe
ich nun einige aufgefunden.*)
So lassen sich die alten Dardani auf alb. daröe f. Birne, Birnbaum,
zurückführen?) und in der Tat, wer heute noch Bulgarien, z. B. vom
Lom bis zum Isker, durchzieht. der findet die Ackerländer von Wildbirn-
bäumen so dicht besetzt, dass er sich oft in einem Garten’) zu be-
finden glaubt.
Ferner Delminium, alb. del’e, gegisch del’me = Schaf (also Hauptort
der Schafhirten), dann Delmater, Dalmater = Schafhirten, endlich
Dassaretier = alb. das Widder (Widderzüchter); so mag auch in dem
Volksnamen der Antariaten Tara mit dem heutigen Quellfiuss der
Drina (Tara) und einem Berg an den Quellen der Raca (bei Uzice)
identisch sein.*) Ob Tergeste Triest auf ein altillyr.°) trg oder auf
das slav. turgü zu beziehen sei Di ferner Vardaei auf alb. varde = Wache
(altital ), will ich nur andeuten.
1) So wäre also die Forderung Prof. Hirts (Leipzig) nach solchen alten
Namen hiermit erfüllt.
2) G. Meyer (Etymol. Wörterb. d. alb. Sprache, pag. 61) will die Ableitung
„Birnenzüchter“ nicht gelten lassen. Eine Ableitung mag man immerhin abweisen,
aber vielen gegenüber geht das nicht mehr an.
3) Dardani = Bewohner des Birnenlandes!
4) Vgl. C. Jireček, „Geschichte der Serben, 1. Gotha 1911.
5) Man weiss heute, dass das Daltische (sprachlich und ethnographisch)
unzweideutige Übergänge zum Slavischen aufweist. (Tierna, Dierna-Cerna, Berzava.
Fischer: Albanesen Nachkommen der Illyrier? 565
Dem illyr. Kénigsnamen Ballaios verwandte Personennamen finden
sich in Serbien noch im XV. Jahrhundert: Bal, Bala, Balica, Balija,
Baleta, Baloje, Balosin, Baloslav, Balomir, Balsa, Balša, rumän. Bals.*)
Albaner = alb. arber; arbeni = Albanien (nördl. von Korfu und das
Hinterland der Küste: Avlona, Kurvel’es). Skipetär nennen sich die
Albanesen in Italien und in Griechenland, nicht in Albanien. (G. Meyer,
Etymol. Wörterbuch der alb. Sprache, Strassburg 1891, pag. 14.)
Botanisch ist es immerhin bemerkenswert, dass sich die falsche
Herbstzeitlose, die sogenannte Crociris iridiflora”) auch Crocus bal-
canicus), nur im Balkan, in der Walachei und im angrenzenden Süden
und Südwesten Siebenbürgens findet,*) also nur dort, wohin die alten
Balkanhirten auf ihren regelmässigen Wanderungen mit Sicherheit
gelangt sind.*)
Ferner ist die kleine Gebirgs-Turbine, die (rumän.) sogenannte
morisca, nur dem Balkan und den Gebirgen Siebenbürgens eigentümlich.
Man weiss, dass dem Balkan und den siebenb. Kar-
pathen die alpine Firnregion fehlt, da die Höhen nicht
viel über 8000 Fuss hinausgehen. Infolgedessen sind
unsere Alpen in den höheren Lagen inı Sommer sehr
wasserarm. Es gibt dort nur sehr wenige Bäche, die für
ober- oder unterschlächtige Mühlen genügend Wasser
führen würden. Deshalb sind auch die dortigen Berg-
hirten auf eine Turbine verfallen, die von einem er-
staunlich dünnen Wasserfaden getrieben werden kann.
Sie findet in der Milchwirtschaft (z. B. beim Buttern
u. dgl.), in den kleinen Schmiedewerkstätten usw. noch
heute vielfache Verwendung.) Das Löffelrad der Turbine ist unter dem
Namen morisca (Mühlchen) auch unter die Zierformen der Ostereier auf-
genommen worden. Das Turbinenrad heisst im Rumänischen sehr be-
zeichnend: roată cu cause, d. h. Rad mit Bechern. Jeder Radflügel trägt
am freien Ende eine Ausbuchtung wie eine Hohlhand. Die Radaxe
(rumän. fusul) stelıt senkrecht.
Eine einwandfreiere Bestätigung, dass die heutigen Albanesen die
Nachkommen der früheren Illyrier sind, finden wir in der Volkstracht.
So ist die halbkugelförmige Kopfbedeckung der heutigen Albanesen
(Arnauten), der kleine, enganliegende, weisse Filzfez,*) der nicht
viel mehr als den Scheitel bedeckt, vollkommen die gleiche, wie wir sie
Mir und Zadruga bei den Dakern nach Herodot. Nach Strabo VII, cap. 5, wurde
auch bei den Delmatern das Land alle acht Jahre neu verteilt.)
1) C. Jireéek, „Geschichte der Serben“, I., Gotha 1911.
2) Sie hat, was gewiss von Wichtigkeit ist, eine essbare! Wurzelknolle.
3) Dem übrigen Siebenbürgen, auch der Moldau und den Zentralkarpathen
fehlt sie.
4) Man vergleiche eine Reliefkarte.
5) Kronstadt hat dem neuen technologischen Museum in München eine
solche morisci zum Geschenk gemacht.
6) Ohne Quaste.
566 Fischer:
bei den „Barbaren“ auf dem Siegesdenkmal von Adam-Klissi dar-
gestellt finden.) Auch die dem byzant. Kaiser Theodosius*) huldigenden
„Ihraker“ tragen ein Kleidungsstück (eine kurze Jacke), die sogenannte
struka,’) wie sie noch heutigentags von den Arnauten (Albanesen) ge-
tragen wird. Die alban. ,Haarcalotte‘, die Haarwickel der „Häuptlinge“
von Adam-Klissi und der sogenannte mot der siebenb. walach. Moten
(Abrudbanya), sind ganz nahe verwandt.
Endlich deuten gewisse Speisen in ihrer urtümlichen Form, die sich
bis auf den heutigen Tag in Albanien erhalten haben, mit Sicherheit
darauf hin, dass sie schon bei den alten Illyriern ebenso in Gebrauch
standen, wie die sogenannte trahana (Weizengraupen in saurer Milch
gekocht und nachher getrocknet) und die coliva = gekochte Weizenkörner,
die aus freier Hand verzehrt werden. Hierher gehört auch die Back-
glocke‘), die heute noch auf dem Balkan und unter den Rumänen
(Rumäniens und Siebenbürgens) in Gebrauch steht. Der Mais wird in
Albanien (und auf dem Balkan) noch häufig in einem Holzmörser zu
groben Körnern zerstossen (rumänisch ururlucala°), wie denn das Mais-
mehl auf dem Balkan überhaupt von griesähnlicher, grober Beschaffenheit
ist. Wie die Pfahlbautenfunde von Oestergétland (Skandinavien) be-
weisen, so wurde damals zur Anfertigung von Broden das Getreide (Hirse,
Gerste, Spelt) bloss in Graupenform verwendet. Die Nationalspeise auch
der alten Etrusker — Puls genannt (altlatein.: Pulmentum) — war ein
fester Speltbrei, offenbar aus grobkörnigem „Mehl“ bereitet. Magyar. heisst
die Polenta = puiszka, puliszka. Ob darin nicht noch eine alte Erinnerung
an das (pannon.) etrusk. Puls steckt?®) Beim Etrusker-König Porsena
darf man vielleicht auch an das ,thrakische* poris=Herr, König denken.
Auch die etruskische Sprache erinnert mich durch ihren rauhen
Konsonantismus gar sehr an das ,Thrakische**). Ob da nicht an eine
alte Verwandtschaft gedacht werden darf: „Thraker“, Mesapier, Veneter,
Rhäter, Etrusker®). Auch weiter unten, in den heutigen Abruzzen und
in anderen Gestadegegenden Mittel- und Unteritaliens sassen von altersher
Splitter thrakischer Völker. In Sizilien gibt es heute noch zahlreiche
1) Vgl. meine „Haar- und Kleidertracht der alten Balkan- und Karpathen-
völkerschaften“, Arch. f. Anthropol. 1908.
2, Das Relief bildet die Basis des Obelisken auf dem At-meidan in Kon-
stantinopel. Vgl. meine „Herkunft der Rumänen“, Bamberg 1907.
3) Sie wird gewöhnlich aus Ziegenhaar angefertigt und ist von schwarzer Farbe.
4) In Slavonien pequa, im Banat ésestu, rumän. test genannt (l. testum).
9) Magy. örleni = mahlen.
6) Die Magyaren, als jagende Nomaden — man denke an das rohe Fleisch,
das unter ihren Schenkeln mürbe geritten wurde, also offenbar eine Art gesalzenes
Dörrfleisch (rumän. pastrama) — haben bei der Besetzung Pannoniens schwerlich
schon Ackerbau getrieben und haben das Wort puliszka sicherlich entlehnt.
1) Vgl. meine „Kulturhistorische Palaeontologie der rumänischen
Sprache”, wo ich alle (uns noch erhaltenen) thrakischen Wörter zusammen-
gestellt habe.
8) Man weiss heute, dass z. B. die Karpodaker (ein tlırak. Volksstamm) ehemals
bis tief nach Deutschland hinein ihre Sitze hatten (Prof. Kossinna).
Albanesen Nachkommen der Illyrier? 567
albanesische Inseln. Ich habe in meiner „Haar- und Kleidertracht der
[DOT on)
uxor soror
hingewiesen, die überall in Italien dort zu treffen ist, wo ehemals ,thra-
kische (illyrische) Stämme sassen.
So wenig zwingend manche meiner Beispiele für sich allein sein
mögen, die eingangs erwähnten alten Namen und ihre albanesischen
Ubereinstimmungen genügen für sich allein, um die Ausdauer der
alten Illyrier in ihren balkanischen Sitzen und ihre Fortsetzung in den
heutigen Albanesen völlig zu beweisen. Ich bin noch einigen anderen
alten Namen auf der Spur’).
altenBalkan- und Karpathenvölkerschaften“ auf die Forme
1) Z. B. Daésitiates (Volksstamm) = alb. dai. (türk. dahi), strammmer Bursche,
Räuber. Vielleicht steckt in Skodra = ałb. Kodre, f. Hügel, grosser Berg, Skordisker
t Kelten); Satriaten von geg. sater, kurzes, schweres Messer. (Möglicherweise
stammt das türk satir vom Albanesischen und nicht umgekehrt.) Man beachte
die schweren kurzen Messer der „Barbaren“ von Adam-Klissi und die „dakischen“
Schwerter im Bruckenthalschen Museum in Hermannstadt. — Vielleicht ist der bei
Diodorus Siculus (149 v. Chr.), in Nordthrakien erscheinende Name Barsaba (wie
N. Densuşianù vermutet) auf die späteren Basaraba zu beziehen. Am Lom
befindet sich heute noch das bulgarische Dorf Basarbova.
Japanisches Miidchen- und Knabenfest.
Vortrag, gehalten in der Berliner Gesellschaft fir Anthropologie, Ethnologie
und Urgeschichte in der Sitzung vom 23. Oktober 1909.
Von
Dr. Wilhelm Müller, Konsul in Shimonoseki.
Als vor wenig mehr als einem halben Jahrhundert Japan aus seiner
bisherigen Abgeschlossenheit heraustrat und dem Einströmen westländischer
Zivilisation Tür und Tor öffnete, wurde die Umformung des gesamten
politischen und sozialen Lebens zeitweise mit einem derartigen Feuereifer
betrieben, dass man vielfach über die zahlreichen wirklichen und ver-
meintlichen Fortschritte seine eigenen jahrtausendalten Kulturgüter ver-
gass oder vernachlässigte. Die Hast in der Nachahmung des Westens er-
klärt sich zu einem nicht geringen Teil aus dem japanischen Volks-
charakter. Die Japaner sind bekanntlich sehr emotional. In welchem
Grade sie es sind, kann nur ermessen, wer unter ihnen wohnt und es er-
lebt, wie häufig momentane Gefiihlsausbrtiche sind, die plötzlich kommen
und ebenso rasch wieder vergehen. Wenn sie fortschrittlich sind, sind
sie es bis zum Radikalismus. Wurde doch sogar einmal von ernsthafter
Seite der Plan erwogen, die japanische Sprache einfach abzuschaffen und
durch eine europäische zu ersetzen.
Dieser bis zum Fanatismus gesteigerten Vorliebe für alles Ausländische
drohte im Taumel der Nachahmung auch manche althergebrachte Volks-
sitte zum Opfer zu fallen. Zum Glücke des Landes wurde man sich aber
noch rechtzeitig darüber klar, dass es auch für ein Volk unmöglich ist,
sozusagen aus seiner Haut zu fahren. Die Strömung schlug bereits Ende
der achtziger Jahre um und die richtige Erkenntnis brach sich Bahn, dass
man den Baum der alten Kultur nicht einfach abhauen und verbrennen
dürfe, um an seiner Stelle einen fremdländischen auf japanischen Boden
zu pflanzen, sondern dass ungeachtet der zahlreichen vom Westen über-
nommenen Neuerungen die weitere Entwicklung mehr von innen heraus
und auf der Basis bereits vorhandener Gedanken und Einrichtungen er-
folgen müsse.
Die Wirkungen dieser Reaktion zeigten sich am deutlichsten in dem
Wiedererwachen der japanisch-chinesischen Kunst und in der Neubelebung
Die japanischen Schriftzeichen wurden von der Reichsdruckerei freundlicher
Weise zur Verfügung gestellt.
ee EEN menge, ~ pg er ae EE gg
W. Müller: Japanisches Mädchen- und Knabenfest. 569
halb in Vergessenheit geratener Sitten und Gebräuche. Zu letzteren ge-
hören auch gewisse Feiertage, die man im Gegensatz zu den National-
und Tempelfesten (matsuri) als Laienfeste bezeichnen kann und die sich
heutzutage wieder grosser Popularität erfreuen, nachdem sie eine Zeitlang
bereits als veraltet angesehen worden waren. Es handelt sich hierbei
um die sogenannten go sekku’) (FM fij ), fünf Feste, die an folgenden
Tagen begangen werden:
1. Am siebenten Tage des ersten Monats = Jinjitsu CA H) oder gleich
Nanakusa (+ F$) Sieben-
kräuterfest.
„ dritten N » dritten „ =Jómi (ER) oder onna no
sekku (KM f Si ) Mädchen-
fest.
3. „ fünften > „ fünften „ =tango (Ji f) oder otoko no
sekku ($ o fijj fJ) gleich
te
.
Knabenfest.
4. „ siebenten „ » siebenten,„ = Tanabata CL AJ ) = Tanabata-
fest.
5. „ neunten , „ neunten „ =Chöyöo (iff %)= eine Art
Chrysanthemenfest.
Hiervon sind die unter 2 und 3 aufgeführten Feiertage die ver-
breitetsten. Es sind dies Feste, die dank der besonders stark ausgeprägten
Zuneigung des Japaners zur Kinderwelt eigens den Knaben und Mädchen
des Mikadoreiches gewidmet sind und deren Schilderung den Gegenstand
meines heutigen Vortrages bilde. Bevor ich aber zur Besprechung des
eigentlichen Themas übergehe, sei noch erwähnt, dass das erste und letzte
der go sekku heute kaum noch bekannt ist, dass dagegen das Tanabata-
fest gegenwärtig wieder an allen Orten in Japan gefeiert wird. Tanabata,
den Stern Vega darstellend, ist der Name einer Weberin, von der die
Sage behauptet, dass sie nach ihrer Vermählung mit dem Hirten Hiko-
boshi (44) in ihrem bisherigen Eifer, für den Himmelsgott Kleider
zu weben, nachgelassen habe und zur Strafe dafür an das andere Ende
des Himmelsflusses (Milchstrasse) versetzt worden sei. Nur an einem
einzigen Tage im Jahre, am siebenten Tage des siebenten Monats erlaube
ihnen der Gott zusammen zu weilen. Zur Feier des jährlichen Hochzeits-
festes pflegen vor den Häusern Bambussträuche aufgestellt zu werden, an
deren Blättern buntfarbige Papierschnitzel mit allerlei glückverheissenden
Inschriften befestigt werden. Tags darauf werden die Blätter in einen
Fluss geworfen.
5 e F A-
1) Die frühere Schreibweise von sekku ist D {tk = Opfertage, woraus hervor-
geht, dass die fraglichen Feste ursprünglich aus schintoistischen Riten hervor-
gegangen sind. |
Zeitschrift für Ethnologie. Jahrg. 1911. Heft 3 u. 4. D4
W. Müller:
eg |
=]
©
Das auf den dritten Tag des dritten Monats fallende Mädchenfest
(onna no sekku MN en fj auch jomi F P, genannt) heisst im Volks-
Das Mädchenfest.
8 Ga
7 d Al Zi "le A . "re A
Abb. 1. Das Miidchenfest.
Nach der japanischen Zeitschrift Füzoku-gwahö, Heft 69 (Meiji 25. Jahr, 3. Monat, 26. Tag.)
munde auch das hina matsuri (#25), d. h. das Puppenfest. Denn an
diesem Tage verwandelt sich das beste Zimmer des japanischen Hauses
Japanisches Mädchen- und Knabenfest. Oil
in eine gigantische Puppenstube. Aber nicht die Alltags-Spielpuppen sind
es, die heute gefeiert werden, nicht die drolligen, in buntfarbigen Kimonos
steckenden Holz- oder Tongeschöpfe, deren kugelrundes Kahlköpfchen
meist nur von einem einzigen Haarschopf oder Haarkranz geziert ist und
die von ihren glückstrahlenden Besitzerinnen wie die wirklichen Akambos')
auf dem Rücken getragen werden. Alle diese Lieblinge, die von den
kleinen Japanerinnen mit rührender mütterlicher Aufopferung gehegt und
gepflegt werden, treten heute zurück und räumen das Feld der Aristokratie
aller Puppen, den in goldstrotzende Brokatgewänder gehüllten o hina sama
ES BE Fi) (Geehrte Frau Puppe)*). Darunter aber versteht man eine
glänzende Galerie von Vertretern der vornehmsten Welt, deren hohe
soziale Stellung es nicht gestattet, sie dem täglichen Spiel zu überlassen.
Um sie vor jederlei Profanierung zu bewahren, werden sie daher auf das
sorgsamste aufbewahrt und führen, in Kisten und Kästen verpackt, ein
mitunter jahrhundertelanges Schlummerleben, um alle Jahre an ihrem
und ihrer Bewunderinnen Ehrentage zu einem dreitägigen beschaulichen g
Dasein ans Licht zu kommen. Schon tagelang vorher befindet sich das
Töchterchen des Hauses in fieberhaftester, freudigster Aufregung. Mit
feierlichem Ernste entnimmt die Mutter, die auch selbst noch gern an
den Freuden des Festes teilnimmt, die Puppen und Puppengeräte ihrem
Versteck und trifft die nötigen Vorbereitungen. Dahin gehört vor allem
die Errichtung des sogenannten hina dan (Z pa Ti) eines mit purpurrotem
Krepp überzogenen meist fünf- bis sechsstufigen Gestells, dessen Hinter-
grund, das Kaiserliche Schloss andeutend, ein Wandschirm bildet, der mit
Sehenswürdigkeiten der Hauptstadt oder Szenen aus dem japanischen
Leben geschmückt ist (Abb. 1). Auf den einzelnen Stufen finden sodann
dem Range nach die einzelnen Puppen Aufstellung, auf der obersten das
Kaiserpaar, dairi sama (jÑ SES), in alter Hoftracht, zu beiden Seiten
die Minister zur Rechten und zur Linken (sadaijin A> Fx Er und udaijin
AW Kia). Auf der zweiten Stufe stehen die sannin kanjo (= N B X),
drei Hofdamen, die als Erzmundschenkinnen fungieren und daher mit den
zum Servieren des Reisweins (sake) erforderlichen Gefässen und Gerät-
schaften versehen sind. Dazu gehören das Sambo = Fy (Tablett) mit
den sakazuki A: (Sakeschälchen) und Schöpflöffel (shakutori 4 Hi).
Dann folgen weiter unten die Hofmusikanten (go nin bayashi 7. A f4)
mit Pauke, grosser und kleiner Trommel und zwei Flöten. Eine weitere
Gruppe bilden die gleichfalls zum Hofstaate gehörenden sannin jögo
(=A fF). oder die drei Zecher. Der eine mit lachendem, der
andere mit zornigem und der dritte mit weinendem Gesichtsausdrucke
(warau, okoru, naku kao SE RV BA) die drei Wirkungen des Wein-
1) Eigentlich rotes Kind, weil die japanischen Kinder hiufig rotfarbige Kimonos
tragen.
2) Hina, urspriinglich so viel wie klein.
37 *
572 W. Müller:
genusses symbolisierend. Ausserdem werden noch die Figuren hervor-
ragender Personen der japanischen Mythologie und Geschichte aufgestellt,
wie insbesondere das greise Ehepaar von Takasago, ein Sinnbild häuslichen
Glücks und ehelichen Friedens (Abb. 2). Sodann folgen allerlei kunstvoll
aus Lack hergestellte Haus-, Küchen- und Toilettengeräte, wie sie ein
Miniatur-Kaiserhof zum täglichen Leben nötig hat, eine Sänfte, eine
Kommode, ein von Ochsen gezogener Wagen, ein Go-Spiel, Musik-
instrumente, wie eine Koto und Shamisen, ein Spiegel. Der Spiegel ist
nach japanischen Anschauungen die Seele der Frau, wie das Schwert die
Seele des Mannes ist. Ist der Spiegel zerbrochen, dann ist auch die Ehe
Abb. 2. Puppen: Das Ehepaar von Takasago.
in Stücke gegangen. So lautet ein japanischer Ausdruck für Ehe-
scheidung hakyö no tan (nageki), das Leid des zerbrochenen Spiegels.
Natürlich müssen die majestätischen Gäste an ihrem Feiertage auch
fürstlich bewirtet werden, zu welchem Zwecke auf der untersten Stufe
die erforderlichen Ess- und Trinkgefässe aufgebaut werden, ein go zen
ít) HE (Esstischchen) mit den dazu gehörigen Schalen und Bechern, zwei
Sakeflaschen mit Shirozake, einem eigens für das Mädchenfest gebrauten
leichten süsslichen, weissfarbigen Reiswein. Kuchenschalen, die mit
mameiri CD BU" angefüllt sind und zwei kleine Ständer für den Fest-
kuchen, der seiner rhombus- (FE hishi) förmigen Figur wegen hishimochi
genannt wird. Alle diese Geräte, die den Kindern von Verwandten und
Freunden der Familie geschenkt werden, sind oft mit verschwenderischem
Luxus ausgestattet und höchst kunstvoll gearbeitet. Sollen sie doch den
Japanisches Mädchen- und Knabenfest. 513
kleinen Madchen einen Begriff von dem Glanze des kaiserlichen Hofes
geben. Je vornehmer die Familie ist, um so prunkvoller ist der Puppen-
schatz, aber in welcher Hiitte auch immer die kleine Japanerin das Licht
der Welt erblickt hat, es gibt ihrer wohl keine, der man nicht die Freude
des hina matsuri zu teil werden lisst. Sind die Mittel beschränkt, so be-
gnügt man sich auch wohl mit einfachen aus Papier ausgeschnittenen
oder auch auf ein Kakemono (Hängebild) aufgemalten Puppen (Kamibina
AK GE). Bei der Verheiratung der Tochter wandern die Puppen mit in
die Ehe und werden wieder auf die Kinder vererbt, so dass sie haufig
jahrhundertalte Familienerbstiicke bilden.
Um nun ermessen zu können, welch tiefe Verehrung den o hina sama
gezollt wird, muss man wissen, dass so eine Puppe, durch das Alter ge-
heiligt und durch die Liebe verklärt, mit der Generationen von Kindern
daran gehangen haben, nach den kindlich naiven Anschauungen der
Japanerin ein lebendes, ein beseeltes Wesen ist. Eine neue Puppe, so
ist wohl der Gedankengang, wie Lafcadio Hearn in seinen Glimpses of
unfamiliar Japan ausführt, ist natürlich nichts weiter wie eine Puppe.
Aber Puppen, die jahrhundertelang in ein und derselben Familie ver-
blieben und die von der Mutter, Grossmutter, Urahne und so fort geliebt
und geehrt worden sind, ihnen ist allmählich eine Seele eingehaucht
worden. Hearn will einmal eine kleine Japanerin gefragt haben, wie es
möglich sei, dass eine Holzpuppe leben kann, worauf die Antwort ge-
lautet haben soll: Warum denn nicht, hab’ sie nur einmal recht lieb,
dann wird sie bestimmt leben. Auch besitzen die Puppen eine gewisse
Unsterblichkeit. Nicht als ob nicht auch die japanischen Puppen dem
unwandelbaren Gesetze der Vergänglichkeit des irdischen Lebens unter-
worfen seien und im Laufe der Jahre nicht altersschwach und gebrechlich
würden, aber man bewahrt sie auf, solange es nur irgend geht und selbst
wenn fast nichts mehr übrig geblieben ist, so wirft man sie nicht einfach
pietätlos fort, sondern weiht sie einer bestimmten Gottheit (Köjin sama
Fit MEER), vor deren kleinen Schreinen man oft kümmerliche Puppen-
reste findet.
Selber wie ihre vergötterten Ebenbilder in buntfarbige Festgewänder
gehüllt, wird die fröhliche Mädchenschar am Puppenfest nicht müde, vor
dem prunkvollen Aufbau hockend ihre Lieblinge zu bewundern. Die
Madchen laden sich hierzu gegenseitig ein, wobei sie die Rolle der Hausfrau
übernehmen, indem sie ihre Freundinnen mit unendlich vielen Ver-
beugungen willkommen heissen und mit allerlei Leckerbissen bewirten.
Alles streng nach den Regeln jahrtausendalter Etikette, wenn selbst-
verständlich auch die angenommene Würde mit dem Genusse der dar-
gebotenen Süssigkeiten bald dahinschmilzt, um kindhcher Heiterkeit und
munteren Spielen Platz zu machen. Auch Verwandte und Freunde, ins-
besondere die Spender neuer Puppen werden zu einem kleinen Fest-
schmause eingeladen und mit seki han JR DR (roter Reis) oder kusamochi
E ET (Reiskuchen mit Beifussblättern) bewirtet. Am glänzendsten wird
574 W. Miiller:
das drei Tage andauernde Fest im ersten Jahre der Geburt eines Töchter-
chens gefeiert; aber auch die herangewachsenen Mädchen haben noch eine
unendliche Freude daran. ke herrscht der Glaube, dass, wer von ihnen
das Fest stets würdig und in vorgeschriebener Form feiert, später mit
einem idealen Ehemanne belohnt wird.
Der Ursprung des hina no matsuri, das in seiner heutigen Form
schon seit der Assikagaperiode, also seit dem Beginn des 14. Jahrhunderts,
gefeiert wird, ist mehr oder weniger in Dunkel gehüllt.e Man darf in-
dessen annehmen, dass es aus einem schintoistischen Ritus hervorgegangen
ist. Am 3. März fand nämlich früher das Fest der grossen schintoistischen
Reinigung statt (misogi no harai 3% 7) 1%), deren Hauptzeremonie darin
bestand, dass sich die Familienmitglieder an ein Flussufer begaben und
mit einem Stückchen Papier, dem man zur Versinnbildlichung eines
Priesters durch Ausschneiden die rohe Form einer menschlichen Figur
gegeben hatte, den Körper abrieb und dabei Gebete murmelte. Die von
den Knaben gebrauchten Papierpuppen wurden sodann in den Fluss ge-
worfen, die der Mädchen dagegen aufbewahrt. Letztere scheinen dann
allmählich eine plastische Form angenommen und sich zu den sogenannten
Amagatsu KH (Himmelsohn) entwickelt zu haben, d. h. Puppen, die
nach altem Volksglauben alles Ungemach, das einer Frau während ihres
Lebens, besonders auch während der Ehe zustossen könnte, freiwillig auf
sich nehmen. Allmählich wurden die Amagatsu durch die heutigen
Puppen ersetzt, indessen stellten die beiden Hauptfiguren ursprünglich
nicht die beiden Majestäten, sondern lediglich ein friedlich dasitzendes
Ehepaar dar.‘) Es mag wohl richtig sein, dass, wie japanische Quellen
behaupten, die Bedeutung der Vorführung zweier Ehegatten hauptsächlich
darin lag, den Mädchen der Adligen, die früher in völliger Abgeschlossen-
heit von der Welt erzogen wurden und deren Lebensanschauungen daher
natürlich ebenso beschränkt waren, wie der enge von Wall und Graben
eingeschlossene Daimyopalast, auf diese Weise den Begriff der Familie
und der Ehe bildlich vor Augen zu führen. Unter der Herrschaft der
Tokugawa ist sodann eine neue Bestimmung erlassen worden, wonach
das Ehepaar den Kaiser und die Kaiserin vorstellen solle. Mit dieser
Neuerung verfolgte man augenscheinlich den Zweck, die Liebe zum
Herrscherhause schon frühzeitig in die Herzen der Mädchen zu pflanzen
und den Geist des Patriotismus und der Loyalität lebendig zu erhalten.
Denn auch die Japanerin hängt mit ganzem Herzen an ihrem Vaterland.
In Japan war und ist im Grunde auch heute noch das Ideal der japa-
nischen Frauenerziehung Gehorsam gegen den Vater, den Gatten und
gegen den Sohn. Diese Selbstverleugnung nahm sogar oft die Form be-
wunderungswürdigsten Heldentums an, wenn immer es die Not gebot,
wenn es kein anderes Mittel zur Verteidigung der laudesherrlichen Burg
oder zur Rettung der Ehre mehr gab. Die japanische Geschichte ist
erfüllt von ruhmvollen Taten nicht nur seiner Männer sondern auch
1) Wie in den nachstehenden Abbildungen 3 u. 4 einer alten Dairigruppe.
Japanisches Mädchen und Knabenfest. 575
seiner Frauen. Es ist vorgekommen, dass Mädchen im zartesten Kindes-
alter sich entleibten, um der Schmach der Gefangenschaft zu entgehen.
So sehen wir also, dass das Puppenfest keineswegs allein dem
Zweck der Belustigung dient, sondern daneben auch noch höhere, idealere
Ziele vor Augen hat.
_ Abb. 3. Kaiser-Puppe.
>
A
wb A
A s E k
LE:
. eis 5
. l /
MW»
a "ah a?
A
.
š ,
=
` e y
lz w
"
a
d
ry
7
s ni 4 O'S
i FF Wet ye A
Abb. 4. Kaiserin-Puppe.
Zur gleichen Zeit stellt es sich als ein willkommenes Mittel zum
praktischen Unterricht in der Hauswirtschaft dar. Schon oben ist bemerkt
worden, dass die Pflicht, für die Bewirtung der kaiserlichen Puppen und
Gäste Sorge zu tragen, dem Töchterchen obliegt, das die erforderlichen
Gerichte, wenn irgend möglich, selber kochen soll und auf diese Weise
schon frühzeitig mit den Pflichten vertraut gemacht wird, die ihrer als
künftige Hausfrau harren.
Aber noch erheblich schwieriger als die Erlernung der Haushaltung
576 W. Müller:
ist für die Frauen in Japan das Studium der Etikette. Denn auch im
täglichen Leben gibt es nichts, was nicht seine fest bestimmten Regeln
hat. Die Bewegung des Körpers, die Haltung des Kopfes bei Be-
grüssungen, die Art und Weise, wie man sich auf die Matte niederlässt
und sich wieder vom Sitz erhebt, das Öffnen und Schliessen der Türen,
alles dieses erfolgt nach feststehenden Zeremonialvorschriften, die auf das
sorgfältigste zu beachten sind, will man sich nicht den Vorwurf mangelnder
Bildung zuziehen. Die Aneignung des von China übernommenen Zere-
moniells, für das die chinesischen Klassiker allein 3000 verschiedene
Regeln aufgestellt haben, war daher im alten Japan nicht nur der Praxis
des täglichen Lebens überlassen, sondern Sache ernsthaften Studiums.
Es gab daher auch zu allen Zeiten berühmte Lehrer der Etikette, wie
diese übrigens auch heute noch in den japanischen Mädchenschulen einen
besonderen Unterrichtsgegenstand bildet. Besonders wichtig sind die
mannigfachen Formen, die beim Servieren von Tee oder Sake und beim
Auftragen von Speisen zu beachten sind und die jedes japanische
Mädchen, welchem Stande es auch immer angehören mag, beherrschen
muss. Denn es ist eine weitverbreitete, auch von den vornehmsten
Familien beobachtete, von den Fremden häufig falsch ausgelegte Sitte,
denjenigen Gästen, denen man eine besondere Ehre erweisen will, durch
die Frau oder Tochter des Hauses aufwarten zu lassen, mag das be-
treffende Haus auch über ein ganzes Heer von Dienern und Dienerinnen
verfügen. Zur Erlernung der Etikette bietet aber, wie wir gesehen
haben, das Mädchenfest eine besonders günstige Gelegenheit.
Das Knabenfest.
Am finften Tage des fiinften Monats erblickt man fast neben jedem
Japanischen Hause eine gewaltige Bambusstange, an deren äussersten
Spitze ein oder mehrere mächtige, mitunter über 10 m lange, aus Papier
oder Baumwollstoff hergestellte Karpfen wehen. Wenn der Wind in das
durch einen Ring offengehaltene Maul eindringt, den gigantischen stier-
äugigen Fisch aufbläht und ihn an der Stange tausende von schnellen
Umdreliungen machen lässt, erweckt es den Anschein, als ob er hori-
zontal in der Luft umherschwimmt und nach Art lebender Fische an der
Leine zerrt.
An diesem Jubeltage verwandelt sich die Stadt in ein Riesenaquarium
Es ist otoko no sekku BY on fifi AJ (oder tango no sekku Ge T O fi Di)
das heute in allen Familien gefeiert wird, denen das verflossene Jahr
einen Stammhalter beschert hat. Was bedeutet aber der Karpfen?
Dieser Fisch geniesst den Ruf, dass er dank seiner Behendigkeit und
Beharrlichkeit nicht nur gegen den Strom schwimmen, sondern sogar
Kaskaden hinaufzuspringen vermag, und so ist er zum Sinnbild der
Energie und Standhaftigkeit geworden. shussei no uwo ( HH fit ~ fü )
nennen ihn daher auch die Japaner, d. h. einen Fisch, der in die Welt
hinaus will, dem es an der nötigen Seelenstärke nicht fehlt. Der Zähig-
keit, der Ausdauer und des Mutes bedarf aber auch der Knabe, um den
Japanisches Mädchen- und Knabenfest. 577
Strom der Leidenschaften zu überwinden und zu den Quellen reiner Ehre
zu gelangen.
Als ein weiteres äusseres Kennzeichen dieses Festes, das man in dem
freudigen Bewusstsein, eine männliche Nachkommenschaft und damit die
Garantie für die Fortsetzung des Ahnenkultus zu besitzen, zu allen
Zeiten mit besonderer Pracht gefeiert, sieht man ferner am Vordache der
Häuser Bündel von Kalmus- und Beifussblättern, die nach japanischem
Aberglauben ein schutzmittel gegen alle Arten schädlicher Tiere bilden.
Wegen der vielseitigen Verwendung von Kalmus (akorus calamus) oder
japanisch shöbu (E55) heisst das Knabenfest auch shobu no sekku.
So flechten sich die Knaben aus Kalmus Schwerter, mit denen sie in
fröblichem Spiel auf die Erde dreinschlagen und dabei rufen — zurück
du Teufelsauge — oni no mendama, butsu, butsu. Denn dank der Kräfte, die
ihnen gewisse Gottheiten verleihen, vermögen sie es, mit einer einfachen
Geste die Dämonen zu vertreiben (Abb. 5). Ferner schneiden sich die
kleinen Mädchen aus Kalmusblättern Haarpfeile und stecken sie sich ins
Haar, während die Erwachsenen sie nach Art der japanischen Kopfbinde
(hachimaki $k SE) vor dem Schlafengehen um den Kopf wickeln —
alles mehr oder weniger bewährte Schutzmittel gegen Krankheiten und
Belästigungen durch Tiere. Auch tut man Kalmus und Beifuss in die
Bäder oder mischt sie dem Sake (Reiswein) bei (shobuzake Eë yf ).
Ausser den Karpfen wurden früher auch altjapanische Flaggen
(nobori ki) vor dem Hause aufgestellt, die mit den betreffenden Familien-
wappen oder Abbildungen berühmter Helden der japanischen Mythologie
und Geschichte geschmückt sind. Meistens aber verwendet man diese
Flaggen heute nur noch zur Ausschmückung des Innern der Häuser, wo
sie zusammen mit anderen Feldzeichen und Bannern (fukinagashi Dr vie,
umajirushi H; HI und matoi Wii) sowie mit Miniaturspeeren und Lanzen
auf einem kunstvoll geschnitzten Rahmen aufgestellt werden (Abb. 6).
Unter den Flaggen werden ferner nach Art des Mädchenfestes Puppen
aufgestellt, jedoch nicht ein friedlich dasitzendes Ehepaar, sondern dem
kriegerischen Geiste der kleinen Japaner entsprechend, geharnischte
Helden der Mythologie und Geschichte und nicht Kuchen oder Toiletten-
geräte, sondern Waffen, Panzer, Rüstungen und allerlei sonstiges Kriegs-
gerät. Unter den Heldenfiguren spielt eine besonders wichtige Rolle
Shokisama (Zr 4), den man auch häufig auf den Flaggen abgebildet
sieht. Shöki ist ein chinesischer Kriegsheld, der sich durch Körperkraft
und Seelenstärke, sowie durch seine erfolgreichen Kämpfe gegen die.
Teufel, die er sich untertan machte, einen hervorragenden Platz in den
Heldensagen von Japan und China gesichert hat. Eine andere hoch-
gepriesene Gestalt ist Kintard (4s -Jg Hj) oder Kintoki (Zell), der dem
Prinzen Yorimitsu, dem Ahnherrn des Shogun Yoritomo half, Japan von
Räubern, Teufeln und sonstigen Ungeheuern zu säubern. In der Regel
als starkgliedriger, dieker, rundlicher Knabe dargestellt, zeichnete er sich
978
W, Müller:
schon im zartesten Kindesalter durch grosse Körperstärke aus und ver-
stand es meisterhaft, sich nicht nur mit den wilden Tieren des Waldes
|
Ly
e
La
2
CUNN
KOUM
| ut
Ce) ee
III
be, A Age
La P
e SI
LG $ x ‘ toy
-FA DET N a
ët A
Fé T u
dé > ae aK
Bi Dar ER TE
AND `
”
» En ge J
eh TAESCH
Abb. 5. Das Knabenfest, wie es in Yedo gefeiert wird. Nach der japanischen Zeit-
schrift Füzoku gwahö (Meiji 22. Jahr, 6. Monat, 10. Tag.)
sondern auch mit den tengu (K 21. den langnasigen Berg- und Wald-
kobolden auf den freundschaftlichsten Fuss zu stellen. Eine andere be-
Aedo Google
~~ I a we, —
7 > EE CS KE a
BARE
N ~- r F Wi e wh Ab Ya _ a <-> TTT
Japanisches Mädchen- und Knabenfest. 579
liebte Figur ist Yoshitsune KK (Ushiwaka 4 4), in dem man die
höchste Fechtkunst verkörpert sieht und der bei den tengus selber einen
Fechtkursus gewonnen haben soll, sowie sein Vasall Benkei €; Bat), der
vermöge seiner gewaltigen Körperstärke mit der blossen Hand einen
langen Nagel in einen Felsblock hineinjagte, Jimmu Tenno WERE),
der Begründer der japanischen Kaiserdynastie, und vor allem Kaiserin
Jingö dru el die Gemahlin des 14. Mikado, die nach dem Tode ihres
Abb. 6. Aufbau zum Knabenfest.
Gatten, zusammen mit dem greisen Minister Takenouchi den langgehegten
Plan der Unterwerfung Koreas zur Ausführung brachte. Vor Beginn der
Expedition bat sie dis Götter, die Geburt ihres Kindes, das sie bereits
unter ihrem Herzen trug, so lange hinauszuschieben, bis sie wieder
japanischen Boden betreten würde. Ihre Bitte fand Gehör, denn erst
nachdem sie von dem siegreichen Feldzuge zurückkehrend den heimat-
lichen Boden wieder begrüsst hatte, schenkte sie einem Knäblein, dem
späteren Kaiser Ojin Tenno (HEMER) das Leben. Alle diese
Figuren werden den Knaben im Bilde vorgeführt, um in ihrem Herzen
kriegerischen Geist zu wecken und das Feuer des Patriotismus zu
schüren. Auch die Knaben laden sich zur festlichen Begehung ihres
580 W, Müller: Japanisches Mädchen- und Knabenfest.
Ehrentages gegenseitig ein und bewirten sich mit allerlei Leckerbissen,
unter denen Chimaki Cé) Bambusblätterkuchen und Kashiwamochi
C fff), ein mit Eichenblättern umwickelter Reiskuchen die Haupt-
rolle spielen.
Die bis auf das 17. Jahrhundert zurückgehende Sitte soll folgenden
Ursprung haben. War dem Shogun, damals dem eigentlichen Macht-
haber Japans, ein Sohn geboren, so pflegten die Daimyös (Landesfürsten )
zu diesem Ereignis einen aus Kalmusblättern geflochtenen Helm als
Geschenk darzubringen. Diese Gaben wurden sodann neben den Bild-
werken berühmter Helden aufgestellt, wobei man von dem Wunsche
beseelt war, dass die Seelen der Helden kriegerischen Ruhm und kriege-
rische Ehre auf das von ihren Abbildern umschattete und bereits in der
Geburtsstunde helmgeschückte Haupt des Neugeborenen häufen möchten.
Literatur.
Chamberlain: Things Japanese 1905.
Das Seelenleben der Japaner, ein Resume von Gulicks.
Evolution of the Japanese von Pfarrer Dr. Haas (Zeitschrift für Missionskunde
und Religionswissenschaft 1907).
Japanese Girls and women by Miss A. M. Bacon.
G. Cesselin, Les Sekku ou quelques fêtes populaires in den Mélanges
Japonais Nr. 10.
Netto-Wagner, Japanischer Humor.
Lafeadio Hearn, Glimpses of unfamiliar Japan.
ll. Verhandlungen.
Sitzung vom 17. Juni 1911.
Vorträge:
Hr. Hubert Schmidt: Vorläufiger Bericht über die Ausgrabungen 1%9 1910
in Cucuteni (Rumänien). Mit Lichtbildern.
Hr. Erich von Hornbostel: Uber ein akustisches Kriterium für Kultur-
zusammenhänge. Mit Lichtbildern.
Vorsitzender: Hr. Hans Virchow.
(1) Verstorben sind Hr. Sanitätsrat Herm. Davidsohn, Mitglied
seit 1872; Hr. Grubenbesitzer Franz Körner, Mitglied seit 1906, und
Hr. Geheimer Medizinalrat Ernst Remak, Mitglied seit 1896.
(2) Neue Mitglieder:
Institut für Geschichte der Medizin in Leipzig.
Hr. stud. phil. August Kauffmann in Berlin.
Hr. Professor Dr. Oldřich Kramář in Brünn.
Hr. Alexander von Wahl in Neapel.
(3) Hr. Dr. Basedow ist Chief-Protektor aller australischen Einge-
borenen geworden.
(4) Der diesjährige Sommerausflug der Gesellschaft soll am 24. und
25. Juni stattfinden. Dabei sollen am 24. in Brandenburg unter Führung
von Mitgliedern des Historischen Vereins das Museum, der Dom und
andere kirchliche und Profanbauten besichtigt werden. Am 25. sollen
nach einer Dampferfahrt über den Plauer See in Gross-Wusterwitz die
Sammlungen des Herrn Stimming, dann im Park von Rogäsen der dem
Grafen von Wartensleben gehörige angebliche Runenstein besichtigt
werden und dann bei Glinecke auf einem Urnenfriedhof eine Ausgrabung
stattfinden.
(5) Die Gesellschaft der Naturfreunde „Kosmos“ in Stuttgart wird im
August oder September eine Studienfahrt zu den paläolithischen Fund-
stellen des Vezeretales unternehmen und ladet zur Teilnahme ein.
582 Hubert Schmidt:
(6) Manuskripte sind eingegangen von Hrn. Bruno Gutmann: Zur
Psychologie des Dschaggarätsels; von Hrn. von den Velden: Slawische
Sprachreste in französischen Dialekten.
(7) Über den in den Zeitungen viel besprochenen Schädelrest aus der
Steinauer Höhle bei Schlüchtern hat Hr. Matschie die Auskunft erteilt,
dass es sich nach den ihm zur Ansicht zugegangenen Photographien um
einen Schimpansen handele; er spricht von der Möglichkeit, dass derselbe
aus Afrika stamme.
(8) Hr. Staudinger berichtet aus einem Briefe des Hrn. Franz
Seiner aus Graz tiber Untersuchungen an Buschleuten. Der Brief ist
Mitte Mai in Grotfontein geschrieben. Eine Horde von Kung-Buschleuten,
welche in Neitsas eine Anzahl von Ziegen gestohlen hatte, wurde von
den Polizisten gefangen und nach Grotfontein gebracht. Hier hatte
Hr. Seiner 3 Stunden lang Zeit zu untersuchen und zu photographieren.
Er mass Körperhöhe, Sitzhöhe und Klafterweite, bestimmte die Hautfarbe
und entnahm 20 Haarproben von Männern und Weibera. Die Photo-
graphien und das Ergebnis der Haaruntersuchung sollen später in der
Gesellschaft noch vorgelegt werden. Die Grösse der Männer schwankt
zwischen 1,47 und 1,61 m, die der Weiber zwischen 1,40 und 1,51 m.
Ein Mann mit dunkler Hautfarbe mass 1,71 m. Von dem Penis bestätigt
S. den halberigierten gerade nach vorn gerichteten Zustand; bei der
Erektion soll er sich nur verlängern und anschwellen. Er sieht spitz,
rutenförmig aus wie beim Hunde; die Glans ist vom Präputium verhüllt.
Fettsteissbildung kam als Abnormität bei einem Weibe und schwach bei
einem Manne vor, vermutlich als Folge von Verbastardierung mit Hotten-
totten; Hottentottenschürze bei zwei Weibern. Die eine der letzteren
band, um die Bildung vor S. zu verbergen, die Lappen mit Gras zusammen.
(9) Hr. Hubert Schmidt hält den angekündigten Vortrag:
Vorläufiger Bericht über die Ausgrabungen 1909/10 in Cucuteni
bei Jassy (Rumänien).
Cucuteni ist als Fundstelle für vorgeschichtliche Altertümer schon
längst in der Literatur bekannt. In Rumänien hat es, wie Adamklissi
mit seinem römischen Siegesdenkmal, einen populären Klang. In öffent-
lichen und privaten Sammlungen sind seine Funde zerstreut. Um ihre
Aufdeckung haben sich besonders zwei Gelehrte aus Jassy, Beldiceanu
und Butureanu bemüht. Letzterer hat schon ım Jahre 1889 seine
Beobachtungen bezüglich der Fundumstände sogar veröffentlicht.) Und
doch wird man alle bisherigen Bodenarbeiten mit Recht als Raub-
grabungen bezeichnen müssen. Denn es ergibt sich aus ihnen keine
Möglichkeit, die grosse Verschiedenartigkeit der Funde von Cucuteni in
den rumänischen Sammlungen zu erklären. Als sicher konnte nur gelten,
1) Congres International. Paris 1859 X, 299.
Ausgrabungen 1909/10 in Cucuteni. 583
dass es sich um einen Ansiedlungsplatz handeln miisse; und die zahl-
reichen keramischen Erzeugnisse gestatteten, die Fundstelle von Cucuteni
in den anderweitig schon vielfach, wenn auch ungeniigend bekannt ge-
wordenen Kreis der jungneolithischen bemalten Keramik der
unteren Donau- und Balkanländer einzuziehen.
Das Interesse für diesen wichtigen Kulturkreis hatte den Vortragenden
seit dem Jahre 1902 auf mehreren Studienreisen in jenes Gebiet geführt;
es war ihm so möglich gewesen, schon vor den Ausgrabungen einen
grossen Teil des einschlägigen Fundmaterials nicht nur in Rumänien,
sondern namentlich in Siebenbürgen, weiter östlich in Südrussland und
westlich bis Mähren und Galizien durch Autopsie kennen zu lernen.
Die überraschenden Entdeckungen der griechischen Archäologen in
Nord- und Mittelgriechenland, wo eine ähnliche Kultur zu Tage kam,
erweiterten unseren Gesichtskreis und legten den Wunsch nahe, die Ver-
bindung zwischen der Donau und dem Kephissus herzustellen und so eine
Brücke zwischen dem Ägäum und Mitteleuropa zu schlagen.
Wieder im Jahre 1908 ging der Vortragende voll von Hoffnung nach
Rumänien und fand die Unterstützung der damaligen rumänischen Re-
gierung unter dem Minister-Präsidenten Bratianu und dem Unterrichts-
minister Haret für seine Pläne. Verwirklicht konnten sie erst durch
den Vorstand der Rudolf Virchow-Stiftung werden, der für beide Cam-
pagnen 1909/10 die Mittel bereitwilligst gewährt hat. Ihm an erster
Stelle gebührt also der Dank des Verfassers, im besonderen seinem Vor-
sitzenden Herrn Geh. Med.-Rat Prof. Dr. Hans Virchow für das Interesse
und Verständnis, das er einem Arbeitsplane für die systematische Boden-
forschung in Rumänien entgegenbrachte. Ferner muss zunächst dankbar
anerkannt werden, dass der Besitzer des Ausgrabungsplatzes Herr
Vassili Gheorghiu in Cucuteni das Arbeitsfeld in uneigennütziger Weise
zur Verfügung stellte und seine Söhne, Janko und Costica Gheorghiu,
die Arbeiten in mannigfacher Weise bereitwilligst zu fördern suchten.
Als Vertreter des kgl. rumänischen Unterrichts-Ministeriums wurde
für die Campagne 1909 der inzwischen verstorbene Professor der Archäo-
logie, Professor Teohari-Antonescu, delegiert, konnte aber wegen
seiner Leiden an den Arbeiten nicht mehr teilnehmen. Sein Nachfolger
war im Jahre 1910 der Gymnasialprofessor und stud. archäol. C. Dascalu.
Als Assistent des Ausgrabungsleiters war in demselben Jahre der deutsche
stud. rer. nat. G. Bersu, z. Z. Tübingen, tätig.
Die Ausgrabungen dauerten voın 28. September bis 5. November 1909
und vom 13. September bis 19. Oktober 1910; mit verschiedenen Schwan-
kungen waren dabei 12—32 Arbeiter beschäftigt.
Cucuteni — nicht zu verwechseln mit der kurz vor Jassy befind-
lichen Station der Eisenbahn Pascani-Jassy — liegt nördlich von dieser
Strecke bei der Station Tirgu Frumos in dem Hügelgelände der oberen
Moldau. Die vorgeschichtliche Ansiedlung breitet sich an der Peripherie
des Gutsbezirkes Cucuteni hoch über dem etwa 12 Am von Tirgu Frumos
entfernten Dorfe Bäiceni auf dem steil abfallenden Vorsprunge eines der für
die Gegend charakteristischen, lang gestreckten Hügel etwa in einem
584 Hubert Schmidt:
Umfange von 160x100 m Durchmesser aus. Die Fundstelle wird, wie
viele in Rumänien, cetatuia (= cetate, von civitas, civitatem) d. h. Festung
oder Burg genannt. Der das östliche Tal beherrschende Hügelvorsprung,
der auch über das angrenzende Hügelgelände eine weite Aussicht bietet,
war für eine Ansiedlung wohl geeignet und hat die alten Bewohner durch
längere Perioden festgehalten.
Die Besichtigung der Fundstelle’), wo die Spuren früherer Raub-
grabungen an dem intakten Boden deutlich zu erkennen waren, ergab
für das Arbeitsproblem zwei Fragen:
1. wie haben sich die Siedelungsreste abgelagert, und welche Schlüsse
Abb. 1. Graben 13 mit der Längswand des nach rechts ablaufenden Suchgrabens 12.
Auf dem gewachsenen Felsboden liegen Teile eines grossen Brandschutthaufens, der
nach hinten im intakten Boden sich fortsetzt.
lassen sich aus der Schichtenfolge für die Entwicklung der Besiedelung
ziehen?
2. hatte die Ansiedlung bei ihrer sehr exponierten Lage eine Be-
festigung gehabt?
Die natürlichen Bedingungen für die Besiedlung waren in der Ober-
flächengestaltung des Bodens und in seinem geologischen Unterbau
gegeben. Auf der obersten von drei Sandsteinbänken tertiären Ursprungs’),
1) Herr Ingenieur Saeul in Jassy hat die Arbeiten des Jahres 1909 in sehr
verdienstvoller Weise durch Anfertigung eines Planes der Cetazuia von Cucuteni
gefördert, wofür ihm auch an dieser Stelle ganz besonderer Dank ausgesprochen
werden soll. Dieser Plan wird — vervollständigt durch die Aufnahmen des Jahres
1910 — bei der geplanten Publikation der Funde von Cucuteni veröffentlicht werden.
2) Herrn Dr. Popescu-Voitesti von der geologischen Landesanstalt in
Bukarest ist die Aufnahme eines geologischen Profils des Hügels zu verdanken. Es
wird mit seiner Beschreibung gleichfalls später veröffentlicht werden.
Ausgrabungen 1909/10 in Cucuteni 585
unter denen Lehm anstelit, fanden die ältesten Besiedler eine nur wenige
Zentimeter dünne, braune Huinusschicht, mitunter vielleicht sogar den
nackten Felsboden als Baugrund für ihre Hütten vor. Darüber haben
sich seitdem Kulturschichten (etwa 1,70—1,80 m) und jüngerer schwarzer
Humus (etwa 0,20—0,30 m) abgelagert.
Was die Methode der Grabung betrifft, so wurden am Rande des
intakten Bodens lange und schmale Suchgräben (von 1—1'/, m Breite
und etwa 35 m Länge) gezogen und die intakten Wände zum Ausgangs-
punkt für die weitere Untersuchung gemacht, indem im Anschluss an die
Spuren von Brandschutthaufen grössere Flächen (von 10 x 12 und 12 X 15 m)
in horizontalen Schichten abgedeckt wurden. (Siehe Abb. 1.) So liessen
Abb. 2. Keramik der älteren Kultur (A) mit polychromer Malerei und eingeritzten
Verziernngen. Etwa TL nat. Gr.
sich die Beobachtungen an den vertikalen Wänden der Gräben mit den in
horizontaler Lagerung aufgedeckten Funden in einen Zusammenhang bringen.
Was findet man nun in diesen Gräben? Die Reste von verbranuten
Wohnungen mit den Gegenständen des täglichen Gebrauchs, die von ihren
einstigen Besitzern zurückgelassen worden sind. Vielfach gräbt man im
Brandschutt, der, wie sonst, die Spuren der Konstruktion der Hütten auf-
weist. Es waren primitive Bauten aus Zweiggeflecht, das mit stärkeren
Hölzern versteift und mit Lehm (Hüttenbewurf) bestrichen war. An den
Bruchstücken des Hüttenbewurfs erkennt man die Abdrücke von rohen
Stämmen in verschiedener Stärke, von rundlichen oder eckigen Balken
und dünnerem Flechtwerk. An einzelnen Stellen finden sich in zwei
übereinander liegenden Schichten so dichte Massen von Brandschutt,
dass die Annahme berechtigt ist, dass die Reste von zwei Hütten ver-
Zeitschrift für Ethnologie. Jahrg. 1911. Hett 3 u. 4 38
580 Húbert Schmidt:
schiedener Epochen dort abgelagert sind. Danach würden also zwei
Perioden der Besiedlung:zų unterscheiden sein.
Diese Annahme findet .ihre..Bestätigung durch die sonstigen Kultur-
einschlüsse der Ablagerungen, in erster Reihe natürlich durch die massen-
haft vorkommenden Topfscherben. Zwei Gruppen bemalter Keramik,
in den Formen sowohl, ale mm Farben-Decor und Malstil verschieden,
begegnen sich in den.Schichten: oben schwarz bemalte Gefässe, auf
denen Weiss und Rot nur ene sekundäre Rolle spielen, unten poly-
chrome Gattungen, bei denen Weiss, Rot und Schwarz ursprünglich
gleichwertig neben einander stehen. Stilistisch unterscheiden sie sich
insofern, als auf den letzteren das Grundmuster, eine S-Spirale, beim
Aufsetzen der Malfarbe ausgespart, auf den ersteren mit der Malfarbe in
der Regel das Muster selbst, ursprünglich eine fortlaufende Spirale, dar-
gestellt wird.
Abb. A Keramik der jüngeren Kultur (B) mit schwarzer und roter Bemalung.
1/, nat. Gr
6 s
Diese beiden Gefässgruppen treten in den Ablagerungen freilich nicht
in absoluter Trennung auf, sondern infolge von Schichtenvermischungen
meistens zwar nebeneinander, aber doch in der Abfolge der Schichten so,
dass ihr Verhältnis von oben bis unten sich umkehrt: d. h. in den oberen
Schichten bis etwa — 1 m wiegt bei weiten die Schwarzmalerei, in
den unteren Schichten von — 1 m ab die Polychromie vor. Schon aus
diesem Verhältnis lässt sich der Schluss ziehen, dass die letztere (Abb. 2)
die ältere, die erstere (Abb. 3) die jüngere Keramik ist. Neben die be-
malten Gefässe treten aber in beiden Perioden einfachere, unbemalte, mit
eingeritzten Mustern verzierte oder gar technisch primitive Gattungen,
die besonders zu beurteilen sind (Abb. 2 und 4). Beweisen lässt sich das,
wenn es gelingt, diese beiden Gruppen in intakten Brandschutthaufen
isoliert anzutreffen. In mehreren Fällen ist das auch wirklich geschehen:
intakte Brandschutthaufen der unteren Schicht (Abb. 1) enthalten aus-
schliesslich polychrome Keramik mit einem einheitlichen Malstile und
geschlossenem Formenkreise. Aus der Wiederholung solcher Fälle lässt
Ausgrabungen 1909/10 in Cucuteni. 587
sich schliessen, dass die ältesten Hütten einer und derselben Katastrophe
zum Opfer gefallen sind. Sie repräsentieren mit ihrem ganzen Kultur-
beirat die ältere Kultur (A) von Cucuteni.
Von jüngeren Hütten finden sich die Reste des verbrannten Wand-
bewurfs in verschiedenen Niveaus, grössere Massen jedoch nur in der oberen
Schicht, die das Ende der Besiedlung bedeutet. Es fehlen hier aber
gänzlich intakte Brandschutthaufen von der Ausdehnung und der Art der
untersten. Das erklärt sich aus der längeren Zeit, in der die Brand-
schutthaufen der jüngsten Hütten offen liegen geblieben sind. Die
Besiedlung hatte aufgehört, und so verstreuten sich die Schutthaufen auf
der Oberfläche, bis sie allmählich vom Humus ganz bedeckt wurden,
Abb. 4. Keramik meist primitiver Technik mit eingeritzten Verzierungen aus der
älteren (e, d) und jüngeren (a—c, f, g) Kulturperiode; e mit poliertem Farbüberzuge
und aufgemalten Mustern am Rande neben den eingeritzten am Unterteile; d hart-
gebrannt und unbemalt. "ie nat. Gr.
während die untersten Schutthaufen infolge der fortgesetzten Besiedlung
schneller überbaut wurden oder überhaupt unter die Erde kamen. Aus
der fortgesetzten Besiedlung aber erklärt sich zugleich die Schichten-
mischung; sie war um so eher möglich, als die Hütten keine Stein-
fundamente hatten und die Planierung des Niveaus beim Bau von neuen
Hütten nichi Regel war.
Die oberhalb der ältesten Brandschutthaufen abgelagerte Keramik
weist keinen einheitlichen Malstil auf, hat offenbar eine längere Ent-
wicklung durchgemacht, lässt jedoch eine Aufteilung in bestimmte Perioden
der Besiedlung nicht zu, da auch in den mittleren Schichten intakte
Brandschutthaufen nicht angetroffen wurden. Aber im allgemeinen sind
mit der jüngeren Keramik andere Kulturerscheinungen, wie wir sehen
u.
Wich
588 Hubert Schmidt:
werden, in Zusammenhang zu bringen, sodass sich ein von dem Inhalte
der älteren Brandschutthaufen abweichendes Kulturinventar der jüngeren
Kultur (B) zusammenstellen lässt.
Die zweite Frage, die aufgeworfen wurde, betrifft die Befestigung
der Ansiedlung. Schon im Jahre 1909 hatte es sich herausgestellt, dass
der Rand des Hügelvorsprunges, auf dem die Siedlungsreste sich ab-
gelagert haben, an den Abhängen nach dem Tale hin nicht intakt ge-
—> innerer
Festungs-
graben
-> fusserer
Festungs-
graben
Abb. 5. Einschnitt Ban dem Westrande der Ansiedlung
von aussen gesehen mit den querlaufenden Seiten des
äusseren (jüngeren) und inneren (älteren) Festungsgrabens,
blieben ist, sei es, weil die natürlichen Einflüsse von Wind, Regen und
Sonne das allmähliche Abbröckeln der Sandsteinbank, auf der die Kultur-
schichten aufliegen, veranlasst haben, sei es, dass durch Menschenhand,
etwa beim Steinbrechen, die ursprüngliche Periplierie der Station ver-
schwunden ist. Jedenfalls liegen an der langen Südkante der Cetazuia
mehrfach die untersten Brandschutthaufen mit rotem Hitittenbewurf,
schwarzer Kohle und grauer Asche offen zu Tage. An der Nordkante
wurde im Jahre 1909 ein Quergraben (Nr. 8) bis an den Abhang des
Ausgrabungen 1909/10 in Cucuteni. 589
Hiigels herangefiihrt; es ergab sich dabei, dass die Kulturschichten mit
Brandschutt bis hart an die schräg abfallende Humusdecke heranreichen.
Auch hier wird es unmöglich sein, die ursprüngliche Peripherie der An-
siedlung aufzufinden.
Günstigere Bedingungen waren von der Natur an der Westseite der
Ansiedlung gegeben, da sie dem weit ausgedehnten Plateau zugekehrt
ist. Hier fällt das Niveau stellenweise bis zu einer Tiefe von 1,50—2 m
— > dusserer
Festungs-
graben
-> innerer
Festungs-
graben
Abb. 6. Einschnitt B am Westrande der Ansiedlung
von innen gesehen mit den querlaufenden Teilen des
inneren (älteren) und äusseren (jüngeren) Festungs-
grabens.
nach Westen hin ab, um weiterhin allmählich wieder anzusteigen und
schliesslich das der Ansiedlungfläche zu übertreffen. Schon aus dieser
Niveaudifferenz ergibt sich, dass nach Westen kin eine Anhäufung der
Kulturreste nicht stattgefunden hat, also der Abschluss der Ansiedlung hier
zu suchen ist. Daher wurde auch hier im Jahre 1909 ein Quereinschnitt
gemacht (Nr. 3); die Brandschuttschichten stiessen unmittelbar an einen
unregelmässig geschichteten Steinhaufen; dieser muss also ein ständiges
IJindernis für ihre weitere westliche Ausdehnung gewesen sein. Es war
590 Hubert Schmidt:
somit die Vermutung berechtigt, dass an dieser Stelle eine Mauer oder
besser ein Steinwall den Abschluss der burgartigen Anlage gebildet habe.
Zu weiteren Untersuchungen an dieser Seite blieb keine Zeit mehr
übrig, da die Untersuchung der Kulturschichten innerhalb der Ansiedlung
noch zu viel Rätsel übrig gelassen hatte. Dagegen konzentrierte sich im
folgenden Jahre die Hauptarbeit an der Westseite. Es wurden hier
quer zu der bereits gesicherten Randlinie der Ansiedlung mehr oder
weniger lauge Einschnitte — im ganzen 18 — gemacht, die ein völlig
befriedigendes Resultat ergaben: es stellte sich heraus, dass in nordsüd-
licher Richtung, also längs der ganzen Westseite die Ansiedlung durch
zwei Spitzgräben von dem Plateau, von dem aus am ehesten ein An-
vriff hätte stattfinden können, regelrecht abgeschnitten war. Diese
Festungsgräben sind in die oberste Sandsteinbank durch blosses Heraus-
brechen der horizontal anstehenden Steinplatten bis zu 3 oder 4m ein-
getieft; und zwar gehören sie wahrscheinlich verschiedenen Epochen an: der
Abb. 7. Feingearbeitete Feuersteinpfeilspitzen. Fast nat. Gr.
innere der älteren, der äussere der jüngeren Periode der Ansiedlung.
(Siehe Abb. 5 und 6.) Sie unterscheiden sich nicht nur durch ihre Form,
insofern als der innere schmäler und spitzer, der äussere breiter und zum Teil
auch flacher ist, sondern im besonderen durch die Einfüllung. Der innere ist
mit dichten Massen von unregelmässigen Sandsteinplatten, vermischt mit
velblicher Erde, vollgefüllt und über die Ränder hin überhäuft, während
der äussere mit grauer Erde und nur wenigen Steinen angefüllt ist. Die
Steinhaufen am inneren Festungsgraben, die weit nach der Innenseite der
Ansiedlung übergreifen, sprechen für die einstige Existenz eines Stein-
walles neben dem schmalen Graben; für die Annahme einer Mauer mit
rerelrecht geschichteten Steinen oder Steinplatten fehlt jeder Anhalt.
Vermutlich hat man die aus dem Graben gebrochenen Steinplatten für die
Aufführung, eines Walles verwendet, wie man sonst mit der aus dem
Graben gehobenen Erde einen Erdwall aufgerichtet hat. Die Zerstörung
dieses Steinwalles und Verschüttung des inneren Grabens muss am Ende
der älteren Periode stattgefunden haben. Der äussere Graben muss dann
der jüngeren Kultur zugewiesen werden. Von einem zugehörigen Stein-
> Pr > 03
Ausgrabungen 1909/10 in Cucuteni 591
wall aus der jüngeren Periode sind keine Spuren. vorhanden. Jedenfalls
setzt diese ganze Anlage mit Steinwällen und Spitzgräben im Felsboden
Erdbefestigungen voraus von der Art, wie sie aus Westungarn (Lengyel)
und dem Rheingebiete (Mayen, Michelsberg, Urmitz)') bekannt geworden
sind. Man darf erwarten, dass im jungneolithischen . Kulturkreise mit
bemalter Keramik noch andere Befestigungen derselben Art gefunden
werden. Im besonderen werden sie im Gebiete des Altflusses (Erösd und
Brenndorf) in Siebenbürgen zu suchen sein; namentlich häufen sich im
Lande der Szekler (Kom. Sepsiszentgyörgy) *) Stationen, die man sich
ihrer Lage nach ohne Befestigungen nicht recht denken kann. In diesem
Kreise verwandter Erscheinungen des Donau-Balkangebietes aber darf nun
Cueuteni als die erste befestigte Anlage und ihrer Position nach als eine
Akropolis gelten.
Abb. 8. Steinerne Flachbeile und durchlochte Hammeräxte. 1/, nat. Gr.
Die Hauptmasse der Kleinfunde wird von den zahlreichen Gegen-
ständen aus Stein, Knochen bzw. Geweih und Ton gebildet. Für eine
hochentwickelte Feuersteinindustrie sprechen nicht nur die häufigen
Schaber, Kratzer, Spitzen, Bohrer, Messer, die in allen Schichten vor-
kommen, sondern auch die seltenen polierten Flachbeile und die nament-
lich in den oberen Schichten sich anhäufenden feingearbeiteten Pfeil-
spitzen (Abb. 7). Dazu kommen die aus anderen Steinarten (Sandstein,
Schiefer) gefertigten Geräte, meist flache Hacken und Äxte, sowie Meissel,
bei weitem in der Uberzahl gegenüber den selteneren, teils roh, teils
feiner geformten geschäfteten Hammeräxten (Abb. 8).
1) H. Lehner, Der Festungsbau der jüngeren Steinzeit. (Prähist. Zeitschr. II,
1, 1910.)
2) Um ihre Aufdeckung bemiiht sich in sehr verdienstvoller Weise Dr. Franz
Laszlo. Ein Bericht ist jiingst erschienen in der neuen ungarischen Zeitschrift
„Dolgozatok“ = Travaux de la section numismatique et archéologique du Musee
National de Transylvanie a Kolozsvär, red. par Bela Posta. II, 2. 1911 S. 227 ff.
592 Hubert Schmidt:
Einen stattlichen Eindruck machen auch die Waffen und Geräte aus
Knochen und Horn. In grosser Zahl sind Pfriemen vorhanden, aus
verschiedenen Knochen hergestellt; daran reihen sich Dolche und Speer-
spitzen (Abb. 9), sowie messerartige Geräte, die als „Glätter“ gedeutet zu
werden pflegen. Zahlreich sind auch die aus Hirschgeweih hergestellten,
meist zerbrochenen Hacken und Äxte (Abb. 10, 11), die neben den steinernen
für den Garten- und Feldbau (Hackbau) im Gebrauch
waren. Aus Ton sind die nicht sehr zahlreichen Spinn-
wirtel und mancherlei, was noch der Deutung bedarf,
verfertigt.
Neben solchen gewöhnlichen Gebrauchsgegenständen
stehen die selteneren Schmucksachen: Perlen und
Anhänger aus Stein, Knochen, Ton, Zierstücke aus
Knochen und Geweih, sowie durchlochte Tierzähne.
Eine besondere Fundgruppe bilden die Ton-
skulpturen. Die menschlichen Figuren, wohl richtig
Idole genannt, sind teils rohe, teils stilisierte Bildungen,
die in schematischer Weise bestimmte Typen meistens
der weiblichen, seltener der männlichen Gestalt dar-
stellen. Nach Formengebung und Verzierung lassen
sich die älteren der Kultur A von den jüugeren der
Kultur B unterscheiden.
Die älteren (Abb. 12) haben einen brettartigen
Oberkörper und sind in der Regel mit eingeritzten
Mustern versehen, die auf die Tätowierung oder auch
Bekleidung des Körpers zurückgeführt werden. Unter
den jüngeren Idolen (Abb. 13) mit reicherer Modellierung
des Oberkörpers, fallen die rotgefärbten und bemalten
auf. Die weiblichen Idole sind vielfach durch über-
mässige Ausbildung des Gesässes ausgezeichnet, woraus
man unnötiger Weise auf eine steatopyge Rasse hat
Schlüsse ziehen wollen. Solche abnormen Körper-
bildungen lassen sich einfacher als Stilmerkmale er-
klären oder mögen auf die Bedeutung dieser Gestalten
als personifizierte Naturkräfte Bezug haben. Eine kleine
Abb. 9. Gruppe wird von Sitzfiguren gebildet. Jedenfalls wird
Pfriemenartiger man allen diesen Figtirchen religiése Bedeutung zu-
oe schreiben dürfen. Nur so erklärt sich auch ihre Häufig-
eo" keit; in jeder Hütte mögen sie im Leben ihrer Be-
wohner eine Rolle gespielt haben.
Wie anderswo, treten zu den menschlichen Figuren kleine Tierchen,
denen wohl die Bedeutung von Votiven zukommt.
Welcher Zeit gehören nun die Funde an? Der ganze Vorrat an
Stein-, Knochen- und Tonsachen weist mit Material und Formen auf die
Steinzeit: der Kulturcharakter der vorgeschichtlichen Station von Cucuteni
ist ein steinzeitlicher. Aber die Steinzeit hat überaus lange angedauert;
es fragt sich, in welche Phase ihrer Entwicklung die Funde gehören.
Abb.
Ausgrabungen 1909/10 in Cucuteni. 393
Abb. 10. Rohe Hirschhornhacke. Etwa 1/, nat. Gr.
12. Tonidole der älteren Kultur (A) mit eingeritzten und plastischen Ver-
zierungen. Etwa °/, nat. Gr.
334 ‚Hubert!Schmidt:.. .
Vereinzelt vorkommende Metallfunde ermöglichen eine Bestimmung.
Freilich sind es sehr verschiedenartige Dinge aus Kupfer, Bronze und
Eisen. Ihre Bewertung wird aber verschieden sein müssen, wenn
wir die Frage aufwerfen, welche von ihnen derselben Kultur zuzuweisen
sind, wie die beiden Gruppen von bemalter Keramik und die Masse der
Fundstücke aus Stein, Knochen und Ton, die zu einem einheitlichen
Kulturinventar sich vereinigen lassen. Welche Metallsachen werden dabei
ala Leitformen für die Datierung gelten dürfen? Sogar in der
Kulturschicht haben sich römische und vorrömische (La Tene-)Fibeln
aus Bronze und Eisen, ebenso wie die für die Hallstattperiode typischen
dreikantigen Pfeilspitzen aus Bronze gefunden. Sollen sie die Grund-
Abb. 13. Tonidole der jüngeren Kultur (B) mit aufgemalten Mustern.
Etwa TL. nat. Gr.
lage für chronologische Schlüsse bilden? Dann wäre nicht einzusehen,
nach welchen dieser Typen aus drei verschiedenen Epochen die Kultur-
ablagerungen datiert werden sollten. Offenbar sind derartige jüngere
Metallgegenstände ebenso zu bewerten, wie moderne eiserne Messerklingen,
Löffel u. dgl., die sich in die Kulturschichten einschieben konnten. Mit
der Besiedlung des Platzes haben sie nichts zu tun, fallen aus dem
Ralımen der übrigen Funde heraus und sind nur Zeugen der Zeiten, die
über den alten Boden bedeutungslos hinweggegangen sind.
Anders verhält es sich mit einer kleinen Gruppe von älteren Metall-
funden. Essind Waffen, Geräte und Schmucksachen aus Kupfer: ein Flach-
beil (Abb. 14), eine Lochaxt (Abb. 15), vierkantige oder rundliche Pfriemen,
ein kleines Rasiermesser und eine lange, röhrenförmige Perle. Dazu kommt
Ausgrabungen 1909/10 in Cucuten.. 595
eine primitive Dolchklinge mit vier Nietléchern, die schon vor den Aus-
grabungen vom Besitzer des Feldes ausserhalb der befestigten Ansiedlung
zutage gefördert worden ist. Alle diese Gegenstände gehören nach Material
und Form zu einer einheitlichen Gruppe von Kupfersachen der frühesten
Metallzeit, wie sie ähnlich in verschiedenen Gegenden Europas be-
kannt geworden sind. Nach der Analogie ganzer Entwicklungsphasen,
die in Italien von der „epoca eneolitica“ und in Spanien vou ähnlichen
charakteristischen Fundgruppen dargestellt werden,') lassen sich «diese
Kupferwaffen und -Geräte sehr gut mit den übrigen Funden (bemalter
Keramik, Feuerstein- und anderen Stein- sowie Knochen- und Ton-
geräten neben den Tonidolen) zu einer einheitlichen
Fundmasse zusammenstellen. Doch müssten sie nach
den Fundumständen der jüngeren Kultur B zu-
gewiesen werden; wenigstens haben dio Brandschutt-
haufen der untersten Schichten mit polychromer
Keramik noch keine Spur von Metall aufgewiesen.
Es wäre also die jüngere Kultur B von Cucuteni
der Stein-Kupferzeit zuzuschreiben und hätte
überhaupt als Vertreter dieser Epoche in dem Donau-
Balkan-Gebiet zu gelten.
Fraglich bleiben in ihrer Bedeutung für die Be-
siedlung des Platzes nur zwei kleinere Gruppen von
Metallgegenständen: kleine, glatte offene Armringe
aus Bronze mit etwa 7% Zinn und kleine Pfriemen
aus Bisen.
Die bronzenen Armringe können, sei es als
Importstücke, sei es ala einheimische Produkte, den
Kupfersachen gleich gestellt werden und würden so
die Zeugen für das früheste Auftreten der Bronze in
unserem Gebiete sein; die besten Analogien sind
ähnliche bronzene Armringe in der Stein-Kupferzeit
der iberischen Halbinsel’). Abb. 14.
Die eisernen Pfriemen dagegen bilden ein Flachbeil aus Kupfer.
Problem für sich. Zunächst ist man geneigt, sie "o nat. Gr.
ebenso zu bewerten, wie die oben genannten eisernen
Fibeln der vorrömischen und römischen Epochen oder gar wie mo-
derne eiserne Messerklingen, die sich auch in der Kulturschicht ge-
funden haben, d. h. sie aus dem Zusammenhange mit den Siedlungs-
ablagerungen auszuscheiden. So hat der Verfasser selbst auch geurteilt,
bis ihm höchst merkwürdige Funde in Bulgarien bekannt wurden. Sie
gehören ebenfalls der Kultur mit bemalter Keramik an, die dort als eine
Sondergruppe — die Balkangruppe im eigentlichen Sinne — sowohl
auf Ansiedlungsplätzen wie in „Gräbern“ vorkommt. Unter den letzteren
1) Prähistor. Zeitschr. I, 2. 1909, S. 127 ff.
2) Prähist. Zeitschr. J, 2. 1900, S 128,
596 Hubert Schmidt:
sind von ganz eigener Art die im Tumulus (Tell) von Metschkur')
bei Philippopel: es sind schichtenweise übereinander angeordnete Behälter
aus gebranntem Lehm oder Ton, in denen Leichenbrandreste mit Bei-
gaben niedergelegt sind. Unter diesen Beigaben finden sich, zum Teil
in demselben Grabe Nadeln oder besser gesagt Pfriemen aus Kupfer
neben Eisensachen?) Die in der Anmerkung zusammengestellten
Metallfunde (Kupfer und Eisen) gruppieren sich zusammen mit Stein,
Knochen- und Hirschhorngeräten — unter letzteren auch die genauen
Parallelen zu den polierten Hirschhornäxten von Cucuteni — um die be-
Abb. 15. Bruchstück einer Lochaxt aus Kupfer mit unterem Schafthelm.
?/, nat. Gr.
malte Keramik, die nach Formen und Decor der jüngeren Kultur von
Cucuteni analog ist.
In diesem Zusammenhange gewinnen die eisernen Pfriemen* von
1) Seure et Degrand, Explorations de quelques tells de la Thrace in: Bull.
Corresp. Hell. 30, 1906, S. 399 ff.
2) Nach Seure und Degrand a.a.0. lagen im Hügel von Metschkur neben
Grab 1 in seiner nächsten Umgebung (8.393 £.): No. 170, 171 „tige et aiguille de
cuivre (Louvre 225,“ und No. 172 „anneau plat en fer“. Etwas weiter davon ent-
fernt: No. 253—255 „trois tiges de cuivre“. — Ferner werden unter den Beigaben
im Grabe 2 (8.400) erwähnt No. 2%, 296, „deux fragments de tiges de cuivre:
lune est carrée et terminée en spatule“, — Zu den Beigaben des Grabes 7 S 404)
gehören No. 362, 363 „deux mulettes renfermant douze petits anneaux en nacre
grossiere et une tige de cuivre.“ — Der flache Eisenring des Grabes 1 ist wohl als
Schmuckstück zu deuten; jedenfalls ist Eisen zwar selten, aber gleichwertig dem
Kupfer. — In ähnlicher Weise kommt Eisen neben „Metall“ und rotem Kupfer auch
in dem zuerst vom Pere Jeröme untersuchten Tell Ratscheff vor, der eine Fülle
von prächtigen, bemalten und eingeritzten Tongefässen geliefert hat. Nach Seure
und Degrand (a.a.0. S. 378 ff.) sind folgende Fälle aufzuzählen: 1) Zwischen
2,80 - 3.80 m No. 320: „coin en fer“; No.320 = Fig. 14 „cuiller en metal (Louvre 227) ‘ —
dieser Löffel nach der Abbildung modern? — No. 322 „morceau de metal (tranchee'“:
No. 323 „tige de cuivre rouge (tranchée). 2) Zwischen 3,80—5,30 m: No. 369 „fragment
d'une tige de cuivre rouge“. 3) Zwischen 5,30 -7,50 m No. 377: „Minerai de fer"
blanc, translucide (Louvre 173)“ und No. 388 „tige de cuivre.“ — Dem folgen die als
‚Gräber“ erkannten Funde A—F (S. 387 f.): darunter neben Grab A in 6,60» Tiefe
„poinçon quadrangulaire en cuivre“.
Die Funde im Tell Ratscheff sind offenbar denen im Tell Metschkur gleich-
artig und an dem Nebeneinander von Eisen und Kupfer kann nicht gezweifelt
werden. Der vierkantige Kupferpfriemen neben Grab A gibt auch die beste Er-
klärung für die sorst genannten Stiele oder Spitzen oder Nadeln aus Kupfer; ebenso
wird wohl der eiserne coin: Nr, 320 zu deuten sein.
- `~ Gg
Ausgrabungen 1909/10 in Cucuteni. 97
Cucuteni eine neue Bedeutuug und lassen sich mit Recht an die gleichen
Formen aus Kupfer angliedern. Weitere Bedeutung aber hat dieses erste
Auftreten des Eisens unter den frühsten Metallfunden für die ganze Kultur-
entwicklung des Donau-Balkangebietes nicht gehabt; eine „Eisenzeit“ hat
sich daraus noch nicht entwickelt. So erinnert das Eisen in Bulgarien an
ähnliche Vorkommnisse dieses Metalls im älteren ägyptischen Reiche und
liefert einen wichtigen Beitrag zum Eisenproblem tiberhaupt.!)
Abgesehen von diesem neuen Phänonen erweitern die Ausgrabungen
von Cucuteni unseren Gesichtskreis in sehr wesentlichen Punkten, die die
Vorgeschichte Europas betreffen. Der Hauptwert der neuen Funde be-
ruht auf den Metallsachen; mit ihnen reiht sich der Kulturkreis mit be-
malter Keramik im Donau-Balkangebiet an andere Kulturgruppen gleich-
wertig an, die in Süd- und Südwesteuropa (Italien— Spanien) das früheste
Auftreten der Metalle bezeichnen.
Eine besondere Bedeutung hat aber diese stein-kupferzeitliche
Kultur des Donau-Balkangebietes durch ihr Übergreifen in den
ägäischen Kreis. Erwiesen ist das bereits für Nordgriechenland durch die
vielschichtigen Funde von Sesklo und Dimini in Thessalien*). Weitere
Beiträge zu diesem Problem werden die Engländer Wace und Thompson
in kurzer Zeit mit der Publikation ihrer umfangreichen, thessalischen
Bodenforschungen bringen. Man kann im allgemeinen sagen: in Thessalien
vereinigen sich verschiedene keramische Erscheinungen, die in ihrer
Eigenart an verschiedenen Centren des Donau-Balkangebietes in je einer
anderen Umgebung lokalisiert sind. Dieses merkwürdige Zusammentreffen
lässt sich nur aus Strömungen in nord-südlicher Richtung erklären und
wird füglich mit entsprechenden Völkerwanderungen in Verbindung zu
bringen sein. Unter den keramischen Gruppen von Sesklo und Dimini,
die sich über zwei steinzeitliche Perioden verteilen, von denen die jüngere
mit den zugehörigen Kupferbeilen und -Pfriemen*) als stein-kupfer-
zeitlich sich erwiesen hat, heben sich die unter dem Einflusse des nörd-
lichen Donau-Balkangebietes stehenden Gefässe deutlich ab: es sind die
polychromen (weiss-rot-schwarz bemalten) Gattungen, die technisch und
dekorativ der Keramik der älteren Kultur A von Cucuteni durchaus gleich-
stehen‘), von denen aber gewisse, weiss oder schwarz auf rot bemalte
1) Kurz vor Schluss der Redaktion wird nach mündlicher Mitteilung von
bulgarischer Seite gegen Seure und Degrand der Einwand erhoben, dass die ge-
nannten und ähnliche Higel in Bulgarien nicht Grabanlageu enthielten. Tschilin-
giroff, der Vertreter der Prähistorie in Sofia, will in ihnen Ansiedlungsplätze
sehen. Solche Fragen machen die Notwendigkeit einer systematischen Forschung
in dem verheissungsvollen Boden Bulgariens nur noch dringender.
2) Tsuntas, ai zooiorooıxal Gsgpotdiete Auumriov xai Séoxdov. Athen 1908.
3) Tsuntas a.a. ©. S. 351 f. Fig: 202, 293; S. 354 Taf. 4,4.5. Die Fundstelle der
Kupferbeile (1,60 m tief, nahe bei einander neben der Mauer eines steinzeitlichen
Hauses) lässt keinen Zweifel an ihrer Zugehörigkeit zur steinzeitlichen Ansiedlung
übrig. Die viel jüngere Gruppe der vormykenischen Waffen und Geräte stammt.
aus den Gräbern der „Metallzeit* ‚Taf. 4).
4) Bei Tsuntas: Gruppe B 32. a.a.0., Taf. 8, 3-6; 10, 1.2,
598 Hubert Schmidt:
Gefässe!) sich nicht trennen lassen. Aus denselben Einflüssen erklärt sich
vermutlich auch das Auftreten der Spirale, die den älteren tlıessalischen
Gruppen?) fremd ist, und sowohl auf den bemalten, wie auf den ein-
_ geritzten Gefässen der zweiten Periode von Sesklo und Dimini*) einem
fremdartigen Einschiebsel in eine dem Flecht- und Webestil entnommene
Mustergruppe gleicht. Bei diesen nord-südlichen Kulturstömungen und
Völkerwanderungen handelt es sich in letzter Linie um die Frage, ob sie
noch weitere Bedeutung für den ägäischen Kreis gehabt haben. Das er-
sehen wir aus ihrem Verhältnis zur alt-kretischen Kulturent-
wicklung.
Wenn ich es wage, zu dieser wichtigsten aller Fragen Stellung zu
nehmen, so muss ich mich darauf beschränken, unter dem Vorbehalt weiterer
Ausführungen einige Gesichtspunkte zur Erörterung und Erwägung zu-
sanımenzustellen, wie sie sich mir aus dem Studium der kretischen Funde
im Museum zu Kandia ergeben haben. Gerade in diesem Berichte über
die Ergebnisse der Ausgrabungen von Cucuteni fühle ich mich dazu ver-
pflichtet, weil die Reise nach Kreta über Thessalien in den Arbeitsplan
der von der Rudolf Virchow-Stiftung ausgerüsteten rumänischen Ex-
pedition des Jahres 1910 einbegriffen war.*)
Die Kultur der kretischen Paläste von Knosos, Phaistos und Hagia
Triada entwickelt sich kontinuierlich und in organischen Zusammenhängen
während der beiden Hauptperioden, die man nach Evans als Middle Minoan
und Late Minoan zu bezeichnen pflegt. Der Gang dieser Entwicklung
liegt in den Hauptzügen klar vor uns. Mehr Schwierigkeiten muss ein
Versuch bereiten, ihre Vorstufen und Keime in der diesen Epochen vor-
ausliegenden Zeit des Karly Minoan und Neolithicums zu verfolgen.
Gegen die Annahme einer einheitlichen, bodenständigen Entwicklung
lassen sich folgende Beobachtungen ins Feld führen.
L Das keramische Material aus den neolithischen Schichten von
Knosos®) und Phaistos®) ist nicht zu identifizieren, sondern vertritt für
jeden der beiden Ansiedlungsplätze nach Formen und Dekoration je be-
sondere (iruppen. In Knosos und Phaistos waren die Voraussetzungen
für die spätere Entwicklung verschieden. Diese läuft an beiden Plätzen
in gleichem Sinne aus: in die eigentliche Palastkultur. Zur Erklärung
dieser Entwicklung ist also noch ein drittes Element erforderlich, das von
massgebendem Einfluss gewesen sein muss.
II. In der frühminoischen Keramik von Kreta finden sich Formen
und Ornamente, ja sogar Techniken, die aus der neolithischen
1) Bei Tsuntas: B3a, a.a.0, Taf. 6, 2.
2) Bei Tsuntas: A Ra, A 3ß, a.a.O., Taf. 6, 1: 7, 1—38.
3) Bei Tsuntas: B3a und B37, a.a.0, Taf.9 und 11 (bemalt); 16—19 (ein-
geritzt).
4) Bei meinem Vortrage in der Anthropologischen Gesellschaft konnte ich nur
am Schluss mit kurzen Worten diese Frage berühren.
5) A. J. Evans; Journ. Anthrop. Just. of Gr. Britain 1901, 184ff. Journ. Hell.
Stud. 1901, 96. — D. Mackenzie: Journ. Hell. Stud. 1903, 157 ff.
6) A. Mosso, La Preistoria I S.7ff. und Monum. Ant. Line, XIX, 141 ff.
Ausgrabungen [9U9/f0 in Cucuteni. 599
Keramik der Insel nicht erklärt werden. können, dagegen ihre Parallelen
oder Vorstufen im Norden haben: teils’ in den jungneolithischen Gefäss-
gruppen Thessaliens, teils in der gleichzeitigen. und zum Teil auch gleich-
artigen Keramik des Donau-Balkangebietes. `
a) Die Dunkelmalerei der Dee EH mit ihren hand-
polierten Mustern entspricht technisch -dem Verfahren, wie es in ver-
schiedenen Perioden der (iefüssmalerei u und Mittelgriechenlands,
sowie des Donau-Balkangebictes üblich war’). '
b) Die kretische Weissmalerei findet EE er aus
lokalen Traditionen eine Erklärung: ihre Vorstufe bildet die Urfirnisware
in Mittel-Griechenland und in einer weiter zurückliegenden Phase der
Entwicklung die Weissmalerei auf monochromem polierten Grunde, wie
sie in Thessalien und im Donau-Balkangebiete in verschiedenen Variationen
zur einheimischen Keramik gehört. ap
c) In diesem Zusammenhange steht überhaupt die sogenannte Firnis-
maltechnik d.h. die Malerei mit Farben, die durch den Brand glänzend
werden. Sie ist ein Ersatz für die Technik der Handpolitur des mono-
chromen Gefässüberzuges und steht auch im Zusammenhange mit dem
unter a) erwähnten Verfahren der Handpolitur der aufgemalten Muster.
= d) Die in der früähminoischen Keramik sehr beliebten Gittermuster’)
(Kato Zakro, Hagios Joannis, Kumasa u. a. m.) haben ihre Parallelen und
Vorstufen in der jungneolithischen, bemalten’ Keramik in Nord- und
Mittelgriechenland und lassen sich auch im.Donau-Balkangebiete (Cucuteni)
belegen.
ei Die Spiralornamentik°) tritt in der frühminoischen Keramik
von Kreta (Vasiliki Hierapetra, Mochlos) in entwickelten oder sogar
degenerierten Formen auf, ohne dass hier Voraussetzungen in Grundformen
vegeben wären. Eine Erklärung für dieses Entwicklungsstadium bietet
die jüngere Stufe der jungneolithischen Gefässmalerei im Donau-Balkan-
gebiete (Cucuteni B). a
D Die kretische Keramik in hellgrauem, feinem Ton aus früh-
minoischer Zeit (Hagios Joannis, Kumasa) hat bezüglich der Technik ihre
schlagendste Parallele in einer gleichartigen Gefässgruppe Thessaliens.
g) Sowohl unter den grautonigen Gefässen mit eingeritzten Mustern,
als unter den dunkelbemalten mit und ohne Handpolitur finden sich
Formen, die einerseits in Thessalien, andererseits im Donau-Balkangebiete
Parallelen und Vorstufen haben; zum Teil treten sie in Kreta in Miniatur-
form auf, was ein Hinweis auf ihr Absterben ist.
Folgende Formen sind bemerkenswert:
1. Schnurösen- oder Henkelamphoren mit engem Hals und Hohlfuss
mit eigenartiger Dunkelmalerei*) (Kato Zakro, Hagios Joannis) sind
1) Monum. Ant. Linc. XIX Tav. Il.
2) Monum. Ant. Line. XIX, 199 Tav. II.
3) E. H. Hall, The decorative art of Crete in the Bronze age, 1906. — Trans-
actions Pennsylvania University 1905,
4) Monum. Ant. Linc. XIX, Tay. II.
600 Hubert Schmidt:
„nordischen“ Ursprungs d. h. sie haben ihre Vorstufen in der neolithischen
Keramik Thessaliens und im Donau-Balkangebiete.
2. Dasselbe gilt von folgenden Formen der frihminoischen Keramik
Kretas: Büchsen mit Schnurésen und flachen Deckeln in mannigfachen
Varianten (Vasiliki Hierapetra, Hagios Joannis, Hagios Onuphrios, Kumasa):
Schalen ohne Boden auf hohen, zylinderförmigem Unterbau und Löftel
= (Mochlos), konkave Deckel mit vertieften Knopf, Siebgeräte mit oberen
Loch und glockenförmige Becher mit Hohlfuss (Vasiliki Hierapetra.
Paläokastro).
3. Manche keramische Erscheinungen der steinkupferzeitlichen Balkan-
kultur reichen sogar in die mittelminoische Keramik von Kreta hinein,
wie die Warzengefässe, Schalen auf zylinderförmigem Hohlfuss und, was
sehr auffallend ist, die gegenständigen Sichelmusterreihen. *)
4. Ebenso auffallend ist auf Kreta das Auftreten von Formen in
monochromer Technik, die ihre Parallelen in der Keramik von Troja I
haben: Schnurösenkrüge und Schnurösenbüchsen mit. „Mauerkronen“-
Deckeln?). In denselben Kreis gehört auch die Schnabelkanne, deren
frühminoische Form schon ein zweites Stadium ihrer Entwicklung vertritt
und somit eine Vorstufe voraussetzt, die in Troja I zu finden ist
(Schliemann-Katalog Nr. 164, 166, 167). Ihre Geschichte weiter zurück
in das Donau-Balkangebiet zu verfolgen ist zurzeit noch nicht möglich.
Dagegen ist die vorauszusetzende Abschrägung des Bandes schon an
primitiven Bechern und Kannen der neolithischen Keramik des unteren
Donaugebietes (Siebenbürgen) beobachtet worden °’).
Die merkwürdigsten Erscheinungen im Parallelismus von Süd und
Nord bietet
II. Die Werslitndueirie Es handelt sich um einfache Arbeitageräte
aus Kupfer und Bronze, Äxte und Hacken und ihre Doppelformen, alle
mit Schaftloch: kleine einschneidige Beile, die auch in Miniaturform
auftreten, kreuzschneidige Axtpickel mit oberem und unterem Schaft-
helm, Axthacken und Doppeläxte, letztere nicht, wie die für Kreta
typischen Geräte, die auch symbolische Bedeutung haben können, sondern
die Axthacken als unorganische Verbindungen der einfachen oben genannten
Beile mit Hackenformen und die Doppeläxte ebenfalls als plumpe Ver-
doppelung der einfachen Beile; schliesslich auch plumpe Doppelhämmer
mit Helmrändern?). Alle diese Formen erklären sich als die Weiterbildungen
1) Bull. Corresp. Hell 1906, S. 395, Fig. 29.
2) Monum. Ant. Line. VI, Tav. XII, 50-54. American Journ. of archaeology
1897, 287-312. Vel. Schliemann-Katalog Nr. 188 - 195.
3) Zeitschr. f. Ethnol. 1903, 442, Fig. 15; 456, Fig. 36, 37.
4) Einige von diesen Geräten sind beliandelt in einer Arbeit von A. Mosso
(Le armi più antiche di rame e di bronzo) in: Atti d. R Accad. d. Lincei 1906.
Memor. d cl. d. scienze morali XII, 479-579. Siehe Abb. Tav. J, 10: II, 1. 9.10. —
Das Verdienst dieser Arbeit beruht auf der Mitteilung von zahlreichen Analysen.
die dem Verfasser selbst zu verdanken sind. In typologischer und kulturhistorischer
Hinsicht aber ist die Behandlung des unvollständig gesammelten Materials durchaus
mangelhaft und unzureichend; die aus den mitgeteilten Tatsachen gezogenen
Schlüsse sind sogar bedenklich oder unhaltbar.
A ES A, egen mg d
von Hornbostel: Akustisches Kriterium tiber Kulturzusammenhiinge. 601
von Urtypen, die im Donau-Balkangebiete aus Kupfer hergestellt wurden
und ursprünglich wohl in die sogenannte „Kupferzeit Ungarns“ gehören.
Ihr Zentrum ist wahrscheinlich, ebenso wie für die ältesten Schmucktypen
aus (iold (Hängespiralen, Noppenringe), in Siebenbürgen zu suchen. Für
diese Zusammenhänge ist nun ein neuer Fund in Cucuteni wichtig: eine
von den genannten ungarischen Kupferäxten mit Schafthelm gehört der
jüngeren Kultur von Cucuteni B an (Abb. 15).
So wird also auch die alt-kretische Metallindustrie in den Kreis von
Beziehungen eingeschlossen, die sich an die Verbreitung der steinkupfer-
zeitlichen, bemalten Keramik des Donau-Balkangebietes anknüpfen lassen.
Dazu mag noch das kommen, was der Verfasser seit Jahren an der
Hand der Schriftzeichen klarzulegen versucht hat’) — im besonderen
die merkwürdigen Parallelen zwischen den Schriftzeichen des Discus von
Phaistos und schriftartigen Zeichen, wie sie in der Keramik von Sesklo
und Dimini einerseits und der von Tordos (Siebenbürgen) andererseits
auftreten. So muss der schon aufgestellte Satz — Thessalien er-
scheint als Brücke zwischen Kreta und dem Donau-Balkan-
gebiete — als wohl begründet gelten.
Der Verfasser behält sich vor, den Inhalt des vorläufigen Berichtes
an anderer Stelle mit grösserer Ausführlichkeit unter Hervorhebung aller
Einzelheiten und unter Vorführung der gesamten Ausgrabungsergebnisse,
sowie des Fundmaterials zu behandeln.
(10) Hr. Erich von Hornbostel hält den angekündigten Vortrag:
Über ein akustisches Kriterium für Kulturzusammenhänge.
„Nichts ist unsinniger als eine Kontroverse ‘Entlehnung oder Völker-
gedanke’. Eine solche Kontroverse — ich habe es hundertmal gesagt —
existiert gar nicht.“ Der Ausspruch Adolf Bastiaus — zitiert von
K. von den Steinen in seiner Gedächtnisrede auf den Altmeister
(11. März 1905)”) — muss heute in einer etwas anderen Bedeutungs-
nuance verstanden werden, als er ursprünglich wohl gemeint war. Dass
der Völkerkundige ähnliche Erscheinungen antrifft, die unabhängig von-
einander aus analogen psychischen, physiologischen oder psychophysischen
Wurzeln entspringen; dass es andere Kulturelemente gibt, die über weite
Strecken mit ihren Trägern oder ohne diese gewandert sind oder lange
Zeiten und vielfache Kulturwandlungen überdauert haben, wird kaum
jemand mehr leugnen. Der Streit, der heute lebendiger ist, denn je?),
geht auch kaum noch um das löntweder-Oder, vielmehr um die Methoden,
nach denen die einzelnen ethnographischen Parallelen zu beurteilen und
die analogen Elemente in Kulturzusammenhänge einzuordnen sind. Die
1) Zeitschr. f. Ethnol. 1903, 407 ff., Korresp.-Bl. d. dtsch. anthrop. Ges. 1910,
No. 9-12 S. 125f. Zeitschr. f. Ethnol. 1911, 161 f.
2) Z. f. E. 37, S. 245.
3) Zum Folgenden vergleiche man Gräbners „Methode der Ethnologie* (Hei-
delberg, C. Winter, 1911) und die Polemik zwischen Haberlandt, Graebner
und Foy in Petermanns Mitteilungen 57, 1911 S. 113—118, 228—254.
Zeitschrift für Ethnologie. Jahrg. 1911. Heft 3 u. 4. 39
602 von Hornbostel:
Diskussion über die Methoden der ethnologischen Arbeit ist keineswegs
überflüssig, vielmehr eine unumgängliche Vorbedingung fruchtbringender
Forschung und gesicherter, weiter verwertbarer Resultate. Ohne zu-
reichende und allseitig anerkannte methodische Grundlagen werden die-
selben Erscheinungen, je nach persönlicher Neigung des Beurteilers, bald
in der einen, bald in der anderen Weise gedeutet und bald diesem, bald
jenem Zusammenhang eingeordnet werden; und die einen werden ebenso
hypothetische Entwicklungsgeschichten wie die anderen hypothetische Kul-
turkomplexe konstruieren. Es ist dann ebenso einfach wie unberechtigt,
sich gegenseitig die Beweislast zuzuschieben. Denn eine Annahme wird
weder dadurch widerlegt, dass eine andere a priori plausibler erscheint,
noch dadurch bewiesen, dass auch die andere nur Vermutung ist.
Wer sich also mit der einfachen Registrierung von Einzeltatsachen
nicht begnügen mag, sondern sie in ordnende Zusammenhänge bringen
will, wird sich nach einwandfreien Kriterien umsehen müssen, nach denen
dies geschelien kann. Die Auffindung, Bewertung und Benutzung solcher
Kriterien setzt natürlich eine genaue Bekanntschaft mit dem betreffenden
Gegenstand voraus, da auch die sogenannten Kulturelemente meistens
hochkomplexe Tatsachen mit vielfältigen und verwickelten Abhängig-
keiten darstellen. Gewisse Teile oder Seiten der verglichenen Er-
scheinungen können auf Kulturzusammenhänge hinweisen, während andere
psychologisch oder physiologisch erklärt werden müssen. Letzteres wird
immer der Fall sein, wenn man auf die allgemeineren oder gar die all-
gemeinsten Kategorien einer Erscheinung zurückgeht, die dann nur noch
für die ganze Menschheit, etwa als tierpsychologische Spezies, charak-
teristisch sind (z. B. Gebrauch von Sprache oder Gesang oder Waffen). Als
eine allgemeine — und darum notwendig unbestimmte — Forderung er-
gibt sich die Forderung genügender Determination der verglichenen
Erscheinungen; welche Genauigkeit und welche Art der Determination ge-
nügt, muss von Fall zu Fall nach der Eigenart der betreffenden Erscheinung
entschieden werden. So würde ausschliesslich (oder vorwiegend) ab-
steigende Melodiebewegung unter gleichzeitiger Abnahme der Tonstärke
und Verlangsamung des Tempos einen Gesangstil ganz ungenügend de-
terminieren, da alle drei Momente Funktionen physiologischer Vorgänge
sind (und überdies nicht unabhängig voneinander). Die meisten solcher
naturbedingten Merkmale machen sich schon unmittelbar durch ibre weite
Verbreitung verdächtig; aber nicht alle. Manche werden im Laufe kultureller
Entwicklungen zurückgedrängt und erscheinen dann zunächst vereinzelt,
„ausgefallen“, erweisen sich aber nachträglich ebenfalls als ganz „natür-
lich“ und universell; wie z. B. der Gebrauch „distanzgleicher* an Stelle
von „konsonanten“ Tonschritten!). Andere kennzeichnen sich dadurch als
wirklich primitiv, dass sie auch in frühen Stadien verfolgbarer indi-
1) Hierher gehören auch die oft mit Verwunderung beobachteten Sinnes-
leistungen sog. Naturvölker, die aber nicht, wie man früher meinte, auf Überlegen-
heit der Sinnesorgane, sondern auf besonderer, durch biologische Bedingungen ge-
forderter Einstellung und Übung der Aufmerksanikeit beruhen und eben deshalb als
Rassenmerkmale unbrauchbar sind.
Akustisches Kriterium über Kulturzusammenhänge. 603
vidueller Entwicklungen allemal oder wenigstens sehr häufig auftreten
(bei Kindern, Unbegabten und absolut Ungeübten, und zwar Angehörigen
der verschiedensten Rassen und Kulturen), wie etwa das Singen in Quinten-
parallelen oder das deskriptive Zeichnen!). Solche Merkmale finden sich
häufig als Überlebsel auch in hochentwickelten Kulturen — man denke
z. B. an die bildlichen Darstellungen der altamerikanischen Kultur-
völker — und können dann mit zur Gesamtcharakteristik einer komplexen
Erscheinung gehören und mit dieser übernommen werden. Aber die
Übertragung lässt sich gerade aus diesen Merkmalen nicht erschliessen.
Für die Analyse und Beurteilung von Erscheinungen der sog. geistigen
Kultur sind also psychologische Versuche und Beobachtungen durchaus
nicht nutzlos; und die Ergebnisse der Kinderpsychologie verdienen auch
dann Berücksichtigung, wenn man einer unbedingten Übertragung des’
biogenetischen Grundgesetzes auf geistige Entwicklungen nicht zustimmen
kann.
Bei Vergleichsgegenständen aus dem Gebiet der materiellen Kultur
— die ja im allgemeinen leichter genau zu determinieren sind und des-
halb häufiger zu vergleichenden Untersuchungen verwendet werden — ist
es notwendig, konstitutive und akzessorische Merkmale zu unter-
scheiden; d. h. solche, ohne die das Objekt seinen Zweck nicht erfüllen
kann, und solche, die für den Zweck irrelevant oder mindestens neben-
sächlich sind. Auch hier lässt sich allgemein nur sagen, dass die zweiten
als Kriterien für Kulturzusammenhänge besser sind als die ersten, und
dass die Beweiskraft eines Merkmals mit seiner Veränderlichkeit wächst.
Dagegen kaun wieder nur von Fall zu Fall und auf Grund genauer
Kenntnis der technischen Einzelheiten, der Herstellungs- und Anwendungs-
weise des Objekts entschieden werden, welche Merkmale ihrem Wesen
nach stärker, welche minder variabel; welche hinsichtlich der Zweck-
mässigkeit des Ganzen freier, welche gebundener sind; ja selbst die
Grundfrage, welche Eigenschaften konstitutiv und welche akzessorisch sind,
ist oft nicht ohne weiteres zu beantworten. Die Anordnung der Finger-
löcher an Flöten oder Pfeifen z. B. kann in erster Linie (oder lediglich)
der optischen Wohlgefälligkeit wegen — gleicher Abstand, symmetrische
Verteilung — getroffen worden sein?), wodurch die auf dem Instrument
vorgebildete Tonreihe akzessorisch, also das, was man a priori für die
Hauptsache halten möchte, zufällig wird. Äusserlich ganz gleiche Bil-
dungen können sehr verschiedene Zwecke haben: so wird das zweitoberste
Loch einer chinesischen Querflöte zur Modifikation der Klangfarbe mit
einer dünnen Membran überklebt und durch die beiden untersten Löcher
1) Selbstverständlich ist „primitiv“ nur als „relativ anfänglich“ zu verstehen:
ein früher Abschnitt einer Entwicklungsreihe kann, mitsamt dieser Reihe, ein spätes
Stadium einer umfassenderen Entwicklung darstellen: so bilden die Quintenparallelen
eine primitive Form der Mehrstimmigkeit, aber diese selbst, wenigstens als Kunst-
form eine sehr späte Art gemeinsamen Musizierens.
2) Vgl. Ch. K. Wead, Contributions to the History of Musical Scales. Smiths.
Rep. 1900 (Washington 1902).
30%
604 von Hornbostel:
wird eine Aufhängeschnur gezogen, während das oberste als Anblaseloch
und die übrigen als Fingerlöcher dienen?).
Die Variabilität der Merkmale, und damit ihre Beweiskraft als Ver-
wandtschaftskriterien, wird vermindert und unter Umständen sogar auf-
gehoben durch gegenseitige Abhängigkeiten. So kann der überhaupt
mögliche Formenkreis eingeschränkt sein durch die Technik (z. B. bei
Flechtornamenten) oder das Material (z.B. bei Blasinstrumenten aus Tier-
hörnern)?).
Die allgemeinen Bedingungen, denen ein Merkmal genügen muss, um
als Zusammenhangskriterium brauchbar zu sein, wären demnach diese
drei: genaue Determination, Zweckfreiheit, Variabilität; als ent-
sprechende praktische Vorzüge hätten zu gelten: leichte und genaue Be-
stimmbarkeit und Durchsichtigkeit der kausalen und funktionalen Be-
ziehungen®). —
Das Merkmal, dessen Verwendung als Kriterium für Kulturzusammen-
hänge ich hier befürworten möchte, ist ein physikalisch-akustisches.
Einer physikalischen Methode, nämlich der Messung von Tonhöhen, be-
dient man sich in der vergleichenden Musikwissenschaft schon lange. Zu-
nächst hatte man dabei nur die Ermittlung der Intervalle und Tonleitern
im Auge, die als spezifisch musikalische Faktoren den Musikwissenschaftler
und Psychologen in erster Linie interessieren. Die weitverbreitete Über-
zeugung von der Universalität der sog. „natürlichen“ Leiter erwies sich
alsbald als hinfällig, namentlich durch die Entdeckung der merkwürdigen
siamesischen und javanischen Tonsysteme®). Damit war zugleich im
Prinzip die Möglichkeit gegeben, neben den melodischen und rhythmischen
Formen auch die Ergebnisse der Tonmessung als ethnologisches Material
zu verwenden, ähnlich wie die grammatischen Strukturen der Sprachen.
1) Es ist deshalb ebenso irreführend, wenn man bei der Beschreibung des In-
struments bloss die absolute Lochzahl, wie wenn man die äussere Länge (die nicht
mit der akustisch wirksamen zusammenfällt) angibt, wie dies in Sammlungskatalogen
und auf Museumszetteln noch häufig geschieht.
2) Übrigens können, wenn sie nur selbst genügend variabel sind, auch die Technik
— Weberei! — und das Material — Saiten aus Pflanzenfasern, Darm, Rosshaar,
Metall, Seide — als Kriterien benutzt werden. .
3) Die hier versuchte kurze Zusammenstellung der hauptsächlichsten methodo-
logischen Gesichtspunkte dürfte für den Zweck der vorliegenden Mitteilung ge-
nügen. Sie treffen zum Teil — wenn auch in etwas anderer Formulierung — mit
Graebners Bemerkungen über das „Formkriterium“ zusammen (Methode d. Ethnol.,
besonders IV, 2B, § 3: IV, 3A, § 3, 9); es schien mir aber notwendig, die Ungleich-
wertigkeit der verschiedenen Merkmale schärfer zu betonen. Je weniger Er-
scheinungen zur Begründung eines Kulturzusammenhangs herangezogen werden, um
so höhere Anforderungen sind natürlich an die Beweiskraft jeder einzelnen Parallele
zu stellen: aber auch sonst sollte diese immer mit erwogen werden. Die Hand-
habung des sog. „Quantitätskriteriums“ liesse sich vielleicht durch Einführung der
Korrelationsrechnung, die sich ja auch der somatischen Anthropologie nützlich er-
wiesen hat (Czekanowski), exakter gestalten.
4) Vgl. C. Stumpf, Tonsystem und Musik der Siamesen, Beitr. z. Akustik u.
Musikwiss. A 1901; A. J. Ellis, On the musical scales of various nations, Journ.
Soc. Arts XXXIII., 1885.
Akustisches Kriterium über Kulturzusammenhiinge. 605
Die musikwissenschaftlichen Daten sind aber auch darin den linguistischen
vergleichbar, dass ihre Behandlung spezielle Vorkenntnisse verlangt und
daher für manchen der vollen Durchsichtigkeit entbehrt.
Dagegen ist die absolute Tonhöhe eine einfache, rein physikalische
Angabe, die leicht zu ermitteln ist und deren Eigenschaften auch ohne
musikalische Begabung und theoretische Vorbildung zu übersehen sind.
Man erhält die absoluten Tonhöhen unmittelbar durch Vergleichung der
zu bestimmenden Töne mit den Tönen eines geeichten Messinstruments?),
und zwar ausgedrückt in Schwingungszahlen. Durch die Schwingungszahl
ist jeder Ton (seiner Tonhöhe nach) theoretisch absolut eindeutig bestimmt.
In praxi wird die vollkommene Genauigkeit zwar durch die Messungs-
fehler?) eingeschränkt, die aber bei sorgfältiger Arbeit allerhöchstens
0,5 pCt. betragen dürften?). Man kann also wohl sagen, dass das Kriterium
der absoluten Tonhöhen den strengsten Anforderungen an Genauigkeit der
Determination genügt.
Wie steht es nun mit der Variabilität? Von den überhaupt hörbaren
Tönen, deren Gebiet etwa zwischen 16 und 20000 Schwingungen liegt,
sind musikalisch brauchbar nur die Töne einer engeren Region, etwa
zwischen 30 und 3000. Nehmen wir als mittlere Fehlergrenze (Fehler
bei der Abstimmung des Instrumentes durch den eingebornen Verfertiger
+ Fehler unserer Messung) 6 Schwingungen?) an, so ergibt sich die An-
zahl der möglichen (praktisch verschiedenen) Werte absoluter Tonhöhen
zu rund 500. Diese Zahl erfährt eine erhebliche Einschränkung in den
Fällen, in denen man die Oktavlage unberücksichtigt lässt, d. h. Töne,
die um eine oder mehrere Oktaven auseinanderliegen, oder Schwingungs-
zahlen, die im Verhältnis von 1:n.2 stehen, einander gleichsetzt. Hierzu
ist man berechtigt, weil die Oktavenähnlichkeit ein universelles psychisches
Phänomen ist: überall gehen Männer- und Frauen- oder Kinderstimmen
im Chor (unwissentlich) in Oktaven, ebenso Gesang- und Instrumental-
begleitung; auf Instrumenten mit grösserem Tonumfang werden fast immer
die ganzen Tonreihen oder wenigstens einzelne Töne in mehreren Oktaven
1) Am zweckmässigsten sind kontinuierlich veränderliche Lippenpfeifen oder
Zungen. Die zu vergleichenden Töne sollten in der Regel nacheinander angegeben
werden, zugleich nur dann, wenn man zur genauesten Abstimmung Schwebungen
benutzen will. (Näheres siehe: Abraham und v. Hornbostel, Vorschläge für die
Transkription exotischer Melodien. Sammelb. d. Intern. Mus. Ges, XI, 1910, 5.18.)
3) Als Fehlerquellen kommen in Betracht: 1. Falsche oder ungenaue Eichung des
Messinstruments; 2. ungenaue Einstellung (namentlich bei grosser Klangfarben-
oder Stärkedifferenz oder verschiedener Oktavlage von Versuchs- und Messton);
3. ungenaue Ablesung. Alle drei lassen sich durch entsprechend häufige Kontroll-
bestimmungen auf ein Minimum herabdrücken. Bei Fehlerberechnungen müssten
die sub 2 genannten Fehlerquellen berücksichtigt werden.
3) Also in mittlerer Tonlage, etwa bei 600 Schwingungen, etwa 3 Schwingungen.
Halbe Schwingungen haben folglich noch praktische Bedeutung, während die zweite
Dezimale der Schwingungszahlen höchstens noch rechnerisch in Betracht kommt.
4) Diese Zahl ist zunächst willkürlich, aber sicher eher zu hoch, als zu klein
angenommen; bei genügendem Material dürfte sie sich (für spezielle Fälle) auch
empirisch berechnen lassen.
606 von Hornbostel:
„wiederholt“!). Bringt man alle Schwingungszahlen durch Multiplikation mit
oder Division durch 2 in dieselbe Oktavlage, etwa zwischen 400 und 800,
so beträgt die Anzahl möglicher Werte (unter Voraussetzung derselben
Fehlergrenze wie oben) 2 oder rund 70. Die Variabilität ist also
6 3
auch in diesem Fall noch ziemlich hoch, und es ist jedenfalls ein Vorzug,
dass sie sich wenigstens approximativ zahlenmässig veranschlagen lässt. —
Das Kriterium der absoluten Tonhöhen wird selten ganz isoliert zur
Anwendung kommen, vielmehr meist in Verbindung mit Übereinstimmungen
von Tonleitern, deren Beweiskraft für Kulturzusammenhänge dann frei-
lich sehr erheblich?) gesteigert, ja eigentlich erst gesichert wird. Die
beiden Kriterien sind nämlich durchaus nicht gleichwertig; bezüglich des
einen der drei oben aufgestellten Wertmassstibe — und vielleicht des
wichtigsten — der Zweckfreiheit, verhalten sie sich geradezu gegensätzlich.
Die absolute Tonhöhe hat in der Musik nur ene ganz nebensächliche,
für das naive musikalische Bewusstsein überhaupt keine Bedeutung. Es
macht für den musikalischen Eindruck keinen Unterschied, ob eine Melodie
mit ce oder mit fis anhebt, selbst unter europäischen Musikbeflissenen
würden die wenigsten dies bemerken. Ungeübte Sänger brechen häufig
ein eben begonnenes Lied ab, weil der Umfang der Melodie über ihre
Stimmgrenzen hinausgeht und fangen auf einer anderen Tonhöhe von
neuem an; oft wird ein zufällig getroffener Anfangs- oder Hauptton für
eine lange Reihe verschiedener Lieder beibehalten; oder man richtet sich
nach irgendeinem Ton, den man eben gehört hat?). Solche Beobachtungen
kann man alltäglich und überall machen. Die „Fähigkeit des Trans-
ponierens“ ist eben eine allgemeine und, wie Stumpf?) gezeigt hat, eine
der wesentlichsten Grundlagen der Musik überhaupt; oder, was genau
dasselbe besagt: die absolute Tonhöhe ist für die Musik (nahezu®))
irrelevant.
1) Oft ist dabei die Gesamttonreihe auf mehrere, grössere (Bass-) und kleinere
(Diskant-) Instrumente verteilt, z. B. bei den javanischen Metallophonen.
2) Nämlich, nach den oben gemachten Annahmen, um das 500- bzw. 70-fache.
3) Viele Gesangaufnahmen des Berliner Phonogramm-Archivs beginnen mit a.
dem Ton eines Stimmpfeifchens, das zur Festlegung der Originalgeschwindigkeit
stets mitphonographiert werden soll.
4) Die Anfänge der Musik (Leipzig, J. A. Barth, 1911), S. 10ff.
5) Bei dieser Einschränkung denke ich an die beiden folgenden Tatsachen:
Grobe Unterschiede der absoluten Tonhöhe (der Tonlage) machen sich als Klang-
farbenunterschiede auch dem naiven Hörer bemerkbar, namentlich beim Gesang
Aber bei unserem Kriterium handelt es sich immer um feinere Differenzen. —
Zweitens werden Transpositionen von Personen mit sog. absolutem Tonbewusstsein
nicht nur bemerkt, sondern unter Umständen auch als Modifikation des musi-
kalischen Eindrucks gefühlt. Das absolute Tonbewusstsein kann sich aber erst aus-
bilden, wenn eine bestimmte Normalstimmung auf Instrumenten bereits festgelegt
ist, ist also nur als Folgeerscheinung des Gebrauches der absoluten Tonhöhen, die
uns als Kriterium dienen, möglich. Sollte sich also wirklich einmal nachweisen
lassen, dass bei einem Volk das absolute Tonbewusstsein nicht bloss auf einzelne
Individuen beschränkt ist und die absolute Tonhöhe in der Musik mehr Beachtung
findet, so könnte dieser Tatbestand doch die Beweiskraft unseres Kriteriums in
keiner Weise berühren.
en nn apen —
aaa nie ni a on > A mmer _ Ae —
SE Ee nn, gee
Akustisches Kriterium tiber Kulturzusammenhiinge. 607
Für den Melodieneindruck wesentlich sind dagegen die Intervalle.
Rechnerisch sind sie durch Verhältnisse von Schwingungszahlen ge-
geben. Änderungen dieser Verhältnisse erscheinen als Änderungen der
Melodiegestalt, sobald sie eine gewisse Grenze überschreiten, die meist
nicht sehr weit ist. Im allgemeinen müssen also Intervalle — und, da
Tonleitern nichts anderes sind, als übersichtlich angeordnete Intervall-
systeme, auch diese — als konstitutive Faktoren angesehen werden.
Im einzelnen freilich ist die Sachlage hier nicht so einfach, wie bei
den absoluten Tonhöhen. Man kann von ganz verschiedenen Ausgangs-
punkten zu sehr ähnlichen und praktisch eventuell sogar gleichwertigen
Tonleitern gelangen. Ob ein (einstimmiges) Musikstück in reiner, tem-
perierter oder pythagoreischer Stimmung ausgeführt wird, kann nur ein
sehr gewiegter und in allen drei Tonsystemen erfahrener Musiker ent-
scheiden; der Durchschnittshörer würde keinen Unterschied bemerken.
Da also Tonleitern häufig typische Beispiele von Konvergenzerscheinungen
sind, so ist es notwendig, über die einfachen physikalischen Befunde hin-
aus und womöglich auf ihre Bildungsprinzipien zurückzugehen. Diese
lassen sich zwar aus den Messungsdaten manchmal mit grosser Sicherheit
erschliessen, bleiben aber, solange sie nicht durch direkte Beobachtung
der Abstimmungsweise der Instrumente bestätigt werden, immerhin hypo-
thetisch. Ferner ist zu bedenken, dass auch in ihrer Entstehungsweise’
wohl charakterisierte Tonsysteme von psychologischen und mechanischen
Bedingungen abhängig sind, die wiederholt zu sehr ähnlichen Resultaten
führen können. So sind die Chinesen mehr als ein Jahrhundert vor uns
zu einer Temperatur der zwölfstufigen Leiter gelangt!), fast genau dem-
selben künstlichen Tonsystem, ohne das die Entwicklung unserer Musik
seit Bach undenkbar ist.
Es folgt aus alledem, dass Tonleitern (bzw. Intervalle) als Kriterium
für Kulturzusammenhänge nur mit grosser Vorsicht und niemals für sich
allein verwendet werden können?).
Bei der Kombination dieses Kriteriums mit dem der absoluten Ton-
höhen ist noch folgendes zu beachten: Die Übereinstimmung sämtlicher
homologer Töne zweier Instrumente der absoluten Tonhöhe nach impliziert
selbstverständlicherweise die Identität der beiden Tonsysteme. In diesem
Fall würde also die Tonleiter keinen neuen Beweisgrund hinzubringen.
Aber scheinbar würde der Wahrscheinlichkeitsschluss durch die Verviel-
fältigung der Übereinstimmungen enorm verstärkt. Gleichwohl wäre dies
1) Siehe L. Laloy, La musique chinoise, Paris s. d. [1910], S. 48 ff.
2) Ich kann daher auch Haberlandt nicht zustimmen, wenn er (l. c. S. 115)
übereinstimmende Tonleitern als Beweis für kulturhistorische Abhängigkeit an-
sieht. (Allerdings nur „in einem Verbreitungsgebiet“! Aber ich kann, so wenig wie
Graebner, einsehen, warum scheinbare Verkehrshindernisse die Beweiskraft eines
Kriteriums aufheben sollten.) Ich habe auch an der von H. angezogenen Stelle (in:
Stephan u. Graebner, Neumecklenburg, S.134f.) und auch sonst (in: Hagen:
Die Orang-Kubu auf Sumatra, S.249 und in Koch-Grünberg: Zwei Jahre unter
den Indianern, IJ, S.390) den wesentlichen Unterschied zwischen absoluten Ton-
höhen und Verhältnissen ausdrücklich betont (Sperrdruck!), so dass ein Missver-
ständnis wohl ausgeschlossen ist.
608 von Hornbostel:
eine ganz schiefe Auffassung des Tatbestandes. Denn es miissten alle
einzelnen absoluten Tonhöhen als solche übernommen worden sein, ohne
Beachtung des Tonsystems: es wären also, allen Erfahrungen entgegen,
jene die konstitutiven Merkmale, dieses ein akzessorisches. Die völlige
Übereinstimmung zweier Tonreihen ist aber auch gegeben durch Identität
des Tonsystems und der absoluten Tonhöhe eines einzigen, in beiden
Reihen bezüglich des Systems homolog gestellten Tones, etwa des Aus-
gangstones der Reihenbildung; und man hat korrekterweise nur zwei
Beweismomente anzunehmen: die Gleichheit des Tonsystems und die der
absoluten Tonhöhe der Tonreihe en bloc’).
(Zum Beispiel: Entsprechen beide Reihen unserer temperierten Dur-
tonleiter —cdefigahc' — und ist der Ausgangston bei beiden e
= 256 v. d., so sind auch die beiden d e, f, usw. identisch.)
Stimmen nicht alle, sondern nur mehrere Töne (eventuell nur
ein Ton) zweier Instrumentalleitern überein, so kann oft auf Grund des
Tonsystems entschieden werden, ob ein Zusammenhang vorliegt. Ist das
Tonsystem gleich, aber die Stellung der Töne von gleicher absoluter Ton-
höhe im System verschieden, so hat man entweder eine Tonleiter und
ihre Transposition, oder zwei verschiedene Ausschnitte aus einer Leiter
grösseren Umfanges (dem Gesamtsystem) vor sich?).
(Zum Beispiel:
cd e fg ahe' beide: temperierte Tonleitern;
des es f ges as b c‘ des | die f und e identisch.
Oder:
cdefg beide: Teile der temperierten diatonischen Leiter;
fgahe' die f und g identisch, e und ei Oktaven.)
Sind die Tonsysteme nicht gleich, aber ähnlich, so können doch eine
Anzahl homologer Töne auch in der absoluten Tonhöhe übereinstimmen.
(Zum Beispiel:
rein: edefgahe' beide: diatonische (Dur-) Leitern;
pythagoreisch: c def g ahe c, d, f, 9, œ identisch.)
Es ist nur ein Grenzfall des vorigen, wenn die Tonsysteme ganz ver-
schieden sind, die Leiterbildung aber von der gleichen absoluten Tonhöhe
ausgegangen ist. Es würde dann ein einziger Ton genügen, um einen
Zusammenhang wahrscheinlich zu machen, aber dieser Ton müsste als
Angelpunkt beider Systeme, bzw. als Ausgangston beider Reihen erwiesen
gein?).
Dass in diesem Fall der Normalton allein entlehnt worden wäre, ist
1) In Fällen, wo das Konstruktionsprinzip der Tonreihe mehrere Ausgangs-
punkte erfordert, wo also eigentlich mehrere von einander unabhängige Systeme
kombiniert erscheinen, können auch ebenso viele absolute Tonhöhen als Beweis-
momente herangezogen werden.
2) Bei gleichstufigen Leitern, d. h. solchen, bei denen das Schwingungszahlen-
verhältnis je zweier Nachbartöne konstant ist, fallen die beiden Möglichkeiten in
eine zusammen.
3) In umfangreicheren Tonreihen können sich einzelne Töne auch dadurch vor
anderen auszeichnen, dass sie in mehreren Oktaven vertreten sind.
Akustisches Kriterium über Kulturzusammenhänge. 609
wieder nicht wahrscheinlich; eher, dass ein ursprünglich mitsamt den ab-
soluten Tonhöhen übernommenes System mehr und mehr modifiziert oder
durch ein neues ersetzt worden ist.
Aber auch Tonsysteme dürften kaum je ohne ihre Träger, die In-
strumente, wandern!). Man wird vielmehr ein Musikinstrument zunächst
und auf lange hinaus, wegen seiner Klangfülle und Klangfarbe, der leichten
Spieltechnik und bequemen Herstellungsweise schätzen und, je weniger
man die wahren Ursachen der ersten beiden Eigenschaften kennt, das
Modell um so sklavischer kopieren und um so treuer in allen Einzelheiten
bewahren. Mit dem Ganzen übernimmt und perpetuiert man so ohne be-
sondere Absicht das Tonsystem?), die absoluten Tonhöhen und wohl auch
manche handwerklichen Details. Mit der allmählichen Lockerung der
Tradition und der zunehmenden zeitlichen und räumlichen Entfernung von
den ursprünglichen Vorlagen werden die Übereinstimmungen mehr und
mehr an Genauigkeit verlieren. Infolgedessen ist auch das Material in
unseren Sammlungen sehr ungleichwertig, und man kann nicht erwarten,
an einem beliebig herausgegriffenen Objekt ein wohl definiertes Tonsystem
oder eine in einem ganzen Kulturkreis gültige Normalstimmung zu finden.
Nur die Tonreihen der besten?) Exemplare können zunächst der Hypo-
thesenbildung als Krystallisationspunkte dienen, an die sich die übrigen
dann eventuell anschliessen lassen. Dabei könnte man unter Umständen
auf Grund der zunehmenden Abweichungen der Leitern von der Norm
und ihrer räumlichen Verteilung zu einer relativen Chronologie und zur
Rekonstruktion der Ausbreitungswege gelangen‘). Dagegen ist die For-
derung, eine genaue Übereinstimmung sämtlicher zu einer Gruppe ge-
höriger Typen nachzuweisen, unberechtigt und selbst für ein beschränktes
Verbreitungsgebiet unerfüllbar. |
Endlich ist noch ein naheliegender Einwand gegen unser Kriterium
abzuweisen: Die absolute Tonhöhe ist abhängig von den Ausmaassen des
Klangkörpers, und diese Abhängigkeit, könnte man sagen, beschränke
— nach dem oben (S. 604) aufgestellten Grundsatz — die Variabilität des
Merkmals. Man würde die Dimensionen etwa so wählen, wie sie für die
Herstellung und Handhabung des Instrumentes am bequemsten sind, und
so würden sich immer wieder ungefähr dieselben Grössen (und Tonhöhen)
ergeben. Abgesehen davon, dass innerhalb der Bequemlichkeitszone den
Maassen immer noch ein weiter Spielraum bliebe, ist diese Ansicht
1) Prinzipiell ist es allerdings möglich, dass einfache Konstruktionsverfahren,
wie der pythagoreische Quintenzirkel, auch ohne konkrete Modelle übertragen
werden.
2) In diesem beschränkten Sinne können denn auch Instrumentalleitern als
akzessorische Merkmale gelten.
3) Die „guten“ Stücke zeichnen sich meist schon durch die sorgfältigere Faktur
und die sichtbaren Spuren langen Gebrauchs aus; vor allem aber durch die innere
(1esetzmässigkeit der Tonreihen selbst: konstante Intervallgrössen, reine Oktaven,
genaue Übereinstimmung von paarweise zusammengehörigen Instrumenten usw.
Dies alles sind objektive, hypothesenfreie Qualitätskriterien.
4) Vgl. Graebners „Kriterium des Verwandtschaftsgrades* (Methode IV, 3 A,
S 13).
610 von Hornbostel:
schon dadurch widerlegt, dass tatsächlich die meisten Instrumente in allen
möglichen Grössen vorkommen, z. B. mannshohe Panpfeifenrohre neben
kaum zolllangen. Würden anstatt der absoluten Tonhöhen die Maasse fest-
gelegt und nachgebildet, so hätte man an ihnen ein ebensogutes Ver-
wandtschaftskriterium: auch sie sind genau (zahlenmässig) determinierbar,
fast unbegrenzt variabel und unabhängig vom Zweck des Instruments.
Wenn überdies die Funktionsbeziehung zwischen den Schwingungszahlen
und den Dimensionen des Klangkörpers bekannt ist, so lassen sich die
einen auf die anderen zurückführen, und man hätte nur zwei Ausdrücke
für eine Sache!). Auch diesen Umstand kann man sich gelegentlich
zunutze machen, z. B. um die Tonhöhe eines zerbrochenen Pfeifenrolirs
zu ermitteln.
Maasse, die mit der Tonhöhe nichts zu tun haben, können ebenso (und
besser) als Verwandtschaftskriterien benutzt werden, wie andere ergo-
logische Merkmale. Die letzteren wird man immer mitberücksichtigen,
und in vielen Fällen ist man auf sie allein angewiesen; es sei aber noch-
mals betont, dass sie im allgemeinen zwar sinnfälliger, aber keineswegs
beweiskräftiger sind, als das akustische Kriterium.
Unter den Iustrumenten mit fester Stimmung, die ja allein für Ton-
messungen in Betracht kommen, verdienen das Xylophon und die Pan-
pfeife den Vorzug, weil ihre Töne von der Spielweise (Art und Stärke
des Anschlagens bzw. Anblasens) und klimatischen Faktoren (Temperatur,
Luftfeuchtigkeit) kaum beeinflusst werden. Auch sind diese Instrumente
besonders leicht abstimmbar und werden daher die Intention der Verfertiger
sehr genau repräsentieren °).
An zwei Beispielen, die den beiden ebenerwähnten Typen angehören,
sei noch die Anwendung des Kriteriums der absoluten Tonhöhe erläutert.
1. Die Frage, ob das afrikanische Xylophon autochthon oder aus Südost-
asien importiert ist, ist schon vielfach diskutiert, aber bisher nicht ent-
1) Bei Pfeifenrohren ist die Tonhöhe annähernd eine lineare Funktion der
Rohrlänge. Tatsächlich werden in Melanesien — nach Ermittlungen von Herrn
Prof. Aug. Krämer und Herrn Dr. Thurnwald — beim Schnitzen von Panpfeifen
zunächst die (inneren) Rohrlängen durch Ausloten mit einem Stäbchen bestimmt:
die Feinahstimmung erfolgt dann aber doch nach dem Gehör. Umgekehrt leiten
die Chinesen ihr ganzes Maasssystem von Pfeifenrohren von bestimmter Tonhöhe
ab, wobei ausser der Länge auch der Querschnitt berücksichtigt wird (Laloy, Le
S. 51). Instrumente mit komplizierteren Abhängigkeiten (Stäbe, Glocken) werden
auch bei Kulturvölkern nur nach dem Gehör abgestimmt. (Vgl. Stumpf, Anfänge
d. Musik, S. 94f.)
2) Metallophone können durch (starke) Temperaturdifferenzen in ihrer
Stimmung beeinflusst werden, ebenso Glocken, die auch schwerer abzustimmen sind.
Flageoletts sind schon bei der Herstellung manchen Zufälligkeiten ausgesetzt und
durch die Anblasestärke sehr veränderlich; mehr noch andere Blasinstrumente
(Flöten, Klarinetten, Oboen). Bei Saiteninstrumenten mit Bünden oder dergleichen
ist die Spannung nicht ganz ohne Einfluss auch auf die Intervalle. Mit der nötigen
Vorsicht sind aber auch diese Instrumente alle für akustische Untersuchungen
brauchbar. Bei Museumsexemplaren muss man natürlich auch auf den Erhaltungs-
zustand achten, der namentlich bei den afrikanischen Lamellenserien (Sansas) selten
vertrauenerweckend ist.
Akustisches Kriterium über Kulturzusammenhiinge. G11
schieden worden. Gegen diesen Zusammenhang ist vor allem geltend ge-
macht worden, dass die afrikanischen Repräsentanten Kürbisresonatoren
haben, die sowohl den hinterindischen, als den javanischen fehlen; und
dass das Instrument in Madagaskar nicht vorkommt!). Das erste Argument
scheint mir deshalb nicht ausschlaggebend, weil es auch in Afrika viel-
fach einfache Xylophone ohne Resonanzeinrichtung gibt und es leicht
möglich ist, dass ein importiertes Instrument nachträglich vervollkommnet
wird. Auch in Java besitzen manche Metallophone — die doch sicher
eine späte Abart der Klangstabserien darstellen — Resonatoren aus Bambus.
Das Fehlen des Xylophons in Madagaskar andererseits kann höchstens
beweisen, dass es nicht zu den indonesischen Kulturschichten gehört, die
heute noch auf dieser Insel anzutreffen sind; es könnte von dort nach dem
Kontinent zurückgedrängt sein?), oder diesen von einer anderen Einbruchs-
stelle aus erobert haben.
Es ist nun auffallend, dass manche afrikanischen Xylophonleitern dem
System aus sieben gleichen Stufen sehr nalıekommen, das für die Musik
der hinterindischen Kulturvölker charakteristisch ist. Aber dies würde,
wie oben (S. 607) ausgeführt, einen Zusammenhang noch nicht beweisen.
In der folgenden Tabelle I. (S. 613) sind dagegen die absoluten Ton-
höhen (Schwingungszahlen) zusammengestellt, die auf einigen birma-
nischen und zwei afrıkanischen Xylophons gefunden wurden. Das erste
Exemplar wurde von A.J. Ellis im South-Kensington- Museum in London’),
das zweite von mir im National-Museum in Washington, das letzte im
Hamburger und die übrigen im Berliner Völkerkundemuseum gemessen?).
Die gute Übereinstimmung der vier birmanischen Patalas gestattet, die Mittel
zu nehmen (V. Horizontalrubrik), die denn auch mit der (von 408 aus)
berechneten temperierten siebenstufigen Leiter (VI. Rubrik) fast absolut
genau zusammenfallen. Man darf also wohl die letztere Reihe als die
birmanische Normalstimmung betrachten. Diese findet sich nun, wie
ein Blick auf die beiden letzten Rubriken zeigt, sowohl auf dem sehr
schönen Bavenda-Xylophon der Berliner, als auf dem Mandingo-Exemplar
der Hamburger Sammlung wieder, ist also für die äussersten Grenzen des
afrikanischen Verbreitungsgebietes gesichert. Es soll damit natürlich nicht
behauptet werden, dass alle afrikanischen Xylophone birmanischen Mustern
nachgebildet sind; auch siamesische — die sich von den birmanischen
nicht im Tonsystem, wohl aber in den absoluten Tonhöhen unterscheiden
— und selbst javanische könnten nach Afrika gelangt sein. .
Auch der Umfang der Leitern — von denen in die Tabelle nur die
im oben (S. 609) definierten Sinn „besten“ Oktavenausschnitte aufgenommen
1) Vgl. Ankermann, Die afrikan. Musikinstrumente, Ethnol. Notizblatt, Mus.
f. Völkerk. Berlin, III (1901) S. 131£.
2) Auch nach Java dürfte das Xylophon aus Hinterindien gekommen sein,
trotzdem es auf Sumatra fehlt.
3) L. e. S. 506.
4) Den Verwaltungen der genannten Museen bin ich für ihr liebenswürdiges
Entgegenkommen sehr zu Dank verpflichtet.
612 von Hornbostel:
sind!) — spricht für ihre Zusammengehörigkeit. Das zweite und dritte
Patala (mit 25 bzw. 23 Stäben) beginnen beide mit (theoretisch) 606, das
erste birmanische (25 Stäbe) und das Bavenda-Instrument (22 Stäbe) beide
mit 669; der zweite Typus erscheint also gegenüber dem ersten nach unten
um eine Stufe verkürzt. Die höchsten Töne sind identisch beim zweiten
und vierten (20 Stäbe) birmanischen und dem Mandingo-Xylophon (16 Stäbe),
und zwar alle drei = (theoretisch) 4082). Nimmt man hiernach als Nor-
maltypus ein Instrument mit 25 Stäben an, dessen Umfang sich über
3 Oktaven + 1 Quart, von 606 bis 408 erstreckt — also das Washingtoner
Patala —, so lassen sich die übrigen leicht als Verkürzungen dieser Ton-
reihe verstehen; nur dem Londoner Exemplar ist an Stelle des fehlenden
tiefsten noch ein Stab in der Höhe zugefügt.
2. Überblickt man die mannigfachen Formen der Panpfeife und ihre
Verbreitung über deu Erdball, so kann einem die merkwürdige Tatsache
nicht entgehen, dass doppelreihige Typen — d. h. solche, die neben
jedem geschlossenen Rohr ein offenes (ungefähr gleich langes?)) besitzen,
das die höhere Oktave gibt — nur in zwei beschränkten, aber voneinander
weit getrennten Gebieten vorkommen: auf den Salomoinseln und im west-
lichen Polynesien (Fiji, Saınoa) einerseits, andererseits in Peru (auch prä-
kolumbianisch) und Bolivien. Auch die für die Salomonen-Panpfeifen
charakteristische Ligatur — flache Stäbe mit kreuzweis aufliegenden
Fäden?) — findet sich in Südamerika (Peru, Brasilien) wiederd). Die
Untersuchung einiger nordwestbrasilischer Panpfeifen hatte ein selir
eigenartiges Tonsysten ergeben, das durch eine Art Quartenzirkel unter
Orientierung an den Überblasungstönen zustande kommt). Dieselbe,
nicht zu verkennende Intervallreihe weist nun eine Panpfeifenserie auf, die
Herr Dr. Thurnwald aus Bambatana (an der Westküste von Choiseul)
mitbrachite’). So künstlich die Bildungsweise dieses Tonsystems und so
unwahrscheinlich seine mehrmalige Erfindung auch ist — denn auch mit
Hilfe der Uberblasungsténe kann man zu verschiedenen Systemen ge-
1) Manche Xylophontöne, namentlich die tiefsten, sind auch wegen ihres ge-
räuschverhüllten Klanges schwer zu messen und wohl auch schwer genau abzu-
stimmen. Unsichere Werte sind in der Tabelle eingeklammert. — Die Leitern
werden in grösserem Zusammenhang ausführlicher mitgeteilt werden.
2), Die römischen Ziffern der Tabelle bezeichnen die Ordnungszahlen der
Stäbe; aus ihnen und der Gesamtzahl kann man die Einrichtung leicht ersehen.
3) Nur die Panpfeifen der Aymara haben als Oktavpfeifen geschlossene Rohre
von halber Länge.
4) Buka scheint ein Übergangsgebiet zu bilden: die Panpfeifen sind noch doppel-
reihig (auf Nissan schon nicht mehr!), aber mit der für den Bismarckarchipel cha-
rakteristischen „Stufenligatur* gebunden. (Vgl. die Abb. bei Schnee, Bilder aus
der Südsee 1904 und Meyer u. Parkinson, Album von Papuatypen 1.)
9) Allerdings ähnlich auch anderwärts, z. B. in Oberiigypten.
6) Betreffs der Einzelheiten muss ich auf meine Notiz bei Koch-Griinberg,
Zwei Jahre unter den Indianern II. (1910) verweisen.
X) Jetzt im K. Museum für Völkerkunde in Berlin (noch nicht inventarisiert).
Ich muss mich hier wieder auf eine vorläufige Besprechung zweier (von mir mit G
und K bezeichneter) Exemplare beschränken und deren genauere Behandlung unter
Berücksichtigung eines dritten einer später erscheinenden Mitteilung vorbehalten.
613
Akustisches Kriterium über Kulturzusammenhänge.
ger ITA 828 IA "ey SOeigOugu
E89 "TA EOC A OIG "AL Get IT CE I
989 “I
, LED "XT G@'ge IITA or TA Le ee gungequmag
OFP IA S616 "A T99 “AT Lee “ITI GLF “II CIP ‘I |
9‘689 Fiese cole Z ORF CH 7069 OG: [SF cpp | "rr " YOSNDIOAUL
REESEN EE
F89 “AIX og 'IIIX , , | SS c81} TITAN | een. UMBAU
669 "VI SCH INA 9IC'IIA C6GF'JA PLE A fro "AT Cosa "II GISt N Grr ‘I ge
ANE
‘(uejrogdueg) gotteg/g-gagouoteg "Tt qL,
Teg “IX c18} "IX Grr X COF "XI CG) “TIA 629 “ILA CF8G 'D Sunquivyy
609 "IA (CFC) "A c’ıst “AI C'6FF “III op ‘II oi" OsUIpuByY
Ray
219 "INN IO "XX (E "XIX CGtt THAX cof "DAN EL "LAN p29 "AN GOSS “A "II ug
609 “AIX IO IIX CUP TIX Got "IN (80F) X ce) “XI G29 “TILA Bpusavg
a a
909 Gro "365 Och SOF GEL 699 | " YPSYAIOIYI,
SE —EE——_—_—___——— un
9°119 Ge 00% OC Bor . ¢fger G19 "rr" Tay
RE, BR
O6F “IITA LEP CITA TIP IA OFL "A FL9 “AI ! HESE DE
919 "III tee "I VU veg
cOG "IN ccf IIN GE "IN tPL X 119 "IN DEE dis
609 "IITA CN 209 "IA "9 UNO BULITY
i (9@)) TAX (69) I IAX d IGF GH uojduruse M
219 "AN GOU “AIX 10€ 'IIIX Lit TIX LOF ‘IX Ne) X |
919 “AIX Te¢ “TIX FOC "UX TEP IX SOF °X FEL “XI $99 ‘IIIA - + + vm genge
009 “ITA
(ouoydojAyx) eytıyy-wwarg "IT eTjequy,
614 von Hornbostel:
langen —, so wird der Beweis eines Zusammenhangs doch erst durch
Übereinstimmung der absoluten Tonhöhen gefestigt.
Tabelle II. (S. 613) enthält in der ersten Rubrik die Schwingungs-
zahlen zweier vollkommen gleichgestimmter Panpfeifen der Uanana,
eines Indianerstammes am Rio Caiary-Uaupes (V. B. 6322/23), soweit sie
hier in Betracht kommen; in der zweiten Rubrik stehen die auf Grund
der Quartenzirkelhypothese (von 481,5 aus) berechneten Werte; in den
beiden letzten die Tonhöhen der Salomonen-Instrumente. Namentlich die
höheren Töne der letzteren entsprechen, wie man sieht, der Theorie noch
genauer, als die brasilische Leiter, aus der sie abgeleitet ist, selbst?).
Dies ist vielleicht mehr als eine Bestätigung der Hypothese über die Leiter-
bildung: nämlich auch ein Anzeichen dafür, dass die Bambatanapanpfeifen
der ursprünglichen Tradition näherstehen, als die brasilischen. Für letztere
glaube ich die Abstammung von altperuanischen Modellen wahrschein-
lich gemacht zu haben. Man muss also, gleichen Ursprung für beide vor-
ausgesetzt, auch für die Choiseul-Stimmung eine sehr weit zurückreichende
und treu gepflegte Tradition annehmen. Eine solche ist auch, wenigstens
in dem benachbarten Süd-Bouginville, von Herrn Dr. Thurnwald tat-
sächlich beobachtet worden: von den alten Modellinstrumenten, die sich
in den Händen der Oberhäuptlinge befinden, wird bei besonders
festlichen Gelegenheiten — nämlich vor einer grösseren Aufnahme-
feier in den Blutracheverband (unu) — in einem zeremoniellen Tanz
die Stimmung auf die neugefertigten Instrumente übertragen’).
Obwohl die brasilischen Panpfeifen nicht doppelreihig sind, so ist ihre
Einrichtung doch der der melanesischen nahe verwandt. Auf jenen ist der
Quartenzirkel über zwölf Rohre fortgeführt und nur die fünf letzten geben
Oktaven tieferer Töne. Von den neun Rohren der Bambatanapfeifen
bilden VII—IX beidemale die Oktaven von II—IV; V und VI auf G
sind identisch mit II und III auf K., wodurch die Tonreihen der beiden
Instrumente aneinandergeschlossen werden. Würde auf dieselbe Weise
noch eine dritte Panpfeife gleicher Konstruktion angefügt, so wäre das
zwölfstufige Gesamtsystem, wie es die brasilischen Exemplare aufweisen,
vollständig?). Der stärkste Beweis der Zusammengehörigkeit liegt aber
darin, dass der tiefste Ton des Salomonensystems, GI], nicht, wie
der analoge der kleineren Panpfeife (K I), die tiefere Oktave von VI
bildet, sondern mit dem tiefsten Ton des brasilischen Systems‘)
identisch ist (vgl. oben S. 608). Die Übereinstimmung ist also so
1) Übrigens sind auch die Abweichungen der Instrumente voneinander — ausser
bei II — so gering, dass sie bei direkter Konfrontation nur bei sehr aufmerksamem
Hinhören merklich sind.
2) Gerade bei Musikinstrumenten dürfte häufig ein religiöses, oder doch ethisches
Moment lange unveränderte Erhaltung begünstigen.
3) Die 5.612 Anmerk.7 erwähnte dritte Bambatanapanpfeife repräsentiert diese
Ergänzung annäherungsweise, bringt aber zugleich eine Komplikation in das System,
deren Erläuterung hier zu weit führen würde. Dagegen scheint ein Exemplar im
Besitz des Chicagoer Field-Museum (98547, „Neu-Irland* [!? ?]) das missing link dar-
zustellen.
4) 414,5 ist ein Mittelwert aus mehreren Messungen.
—— ee nn mme Dë `
Akustisches Kriterium über Kulturzusammenhänge. 615
vollständig und so genau, wie in keinem der bisher beobachteten ähn-
lichen Fälle, und es ist zu hoffen, dass der hier konstatierte Kultur-
zusammenhang durch die Auffindung weiterer Parallelerscheinungen be-
stätigt werde. —
Zusammenfassend möchte ich noch einmal den Unterschied zwischen
Tonverhältnissen (Intervallen) und absoluten Tonhöhen betonen.
Sie verhalten sich zueinander so, wie Maasssystem und Maasseinheit. Ein
und dasselbe Maasssystem, etwa das Dezimalsystem, das durch die Zahl
der Finger, oder das Duodezimalsystem, das durch die Mondphasen nahe-
gelegt ist, mag da und dort unabhängig gefunden werden; die Maasseinheit
aber, der Zentimeter oder Inch, ist gänzlich willkürlich und in höchstem
Grade variabel, ohne den Zweck zu verfehlen. So unterliegt das Ton-
system häufig psychologischen oder mechanischen Bedingungen, die Inter-
valle sind ein durchaus wesentlicher Faktor in der Musik; die absolute
Tonhöhe dagegen ist, wie man a priori vermuten kann, urd wie alle bis-
herigen Erfahrungen bestätigt haben, für den Musiker irrelevant.
Das Kriterium der absoluten Tonhöhen erfüllt also aufs beste alle
Anforderungen, die man an ein Kriterium für Kulturzusammenhinge stellen
kann. Es ist unabhängig vom Zweck des Objekts und seiner
Handhabung: es ist aussermusikalisch, wie die Einheit aussermathe-
matisch ist. Die absolute Tonhöhe ist ferner in so weiten Grenzen
variabel, dass zufällige Koinzidenzen einen sehr hohen Grad
von Unwahrscheinlichkeit hätten. Es lässt sich endlich die Ge-
nauigkeit der Übereinstimmung zahlenmässig angeben und daher
die Anwendung des Kriteriums und die Bewertung seiner Beweiskraft in
jedem einzelnen Falle der subjektiven Willkür entziehn.
Anthropologische Fachsitzung vom 7. Juli 1911.
Vorträge:
Hr. Paul Bartels: Zur Anthropologie und Histologie der Plica semilunaris
bei Herero und Hottentotten. Mit Lichtbildern. i
Hr. Max Koch: Vorlage von pathologisch verdickten Schädeln.
Hr. R. Burger: Demonstration eines Apparates fiir Kopfmessungen.
Vorsitzender: Hr. Felix von Luschan.
(1) Hr. Paul Bartels hält den angekündigten Vortrag:
Zur Anthropologie und Histologie der Plica semilunaris bei Herero
und Hottentotten.
Der Vortragende bespricht unter Berücksichtigung früherer Arbeiten
von Giacomini, Eversbusch, Romiti, Adachi, Miklucho-Maclay,
H. Virchow u.a. einige an etwa 50 Schnittserien gewonnene Ergebnisse
der Untersuchung seines eigenen Materiales (8 Hereros, 17 Hottentotten,
einige Anthropoide), vor allem die relative Häufigkeit (48 pCt.) des Vor-
kommens eines im Grunde der Plica semilunaris gelegenen Knorpel-
stiickes, das Giacomini bei Afrikanern in 75 pCt., Adachi bei Japanern
in 25 pCt. der Fälle gefunden haben, und das bei Affen konstant, bei
Weissen äusserst selten (Giacomini: 0,73 pCt.) zu sein scheint; die Form
des Knorpels, seine Lage, Struktur (elastischer Knorpel), Beziehungen zur
Muskulatur (Ansetzen glatter Muskelfasern in mehreren Fällen, gestreifter
beim Orang) werden geschildert; ferner werden die Drüsen der Caruncula
und der Plica, unter letzteren zum ersten Male solche der nasalen Seite,
beschrieben. Zum Schluss werden Abbildungen der wichtigsten Präparate
in Lichtbildern vorgeführt. — Der Vortrag wird in erweiterter Form dem-
nächst im Archiv für mikroskopische Anatomie erscheinen.
Diskussion.
Hr. Hans Virchow drückt Befriedigung aus, dass bei diesen genauen
Untersuchungen so viele morphologisch beachtenswerte Tatsachen gefunden
worden seien, und äussert im Anschluss daran den Wunsch, dass auch
eine grössere Zahl von Juropäer-Plicae ebenso planmässig untersucht
werde; denn sonst bestehe Gefahr mangels geeigneten Vergleichsmaterials,
dass man etwas als Merkmal farbiger Rassen ansehe, was es doch viel-
leicht nicht in dem angegebenen Umfange sei. Dies betreffe z. B. das
IKnorpelstück. Wenn mit Rücksicht auf dieses über ein halbes Tausend
es pm i mme, Cu mei vm bk
—_ <==
P. Bartels: Plica semilunaris, 617
von Europäern berichtet werde, so könne die Untersuchung doch nur
präparatorisch, also nicht so genau wie mit Schnittserie gemacht sein.
Sodann sei auch noch auf strenge Einhaltung der topographischen Ver-
hältnisse zu dringen, was freilich bei der Natur des zur Verfügung
stehenden Materials nicht immer möglich ist. An den Schnitten von
konserviertem Material ist oft schwer zu sagen, wie die Plica aussah, und
selbst, wo ihre Grenzen lagen. Hr. Bartels hat z. B. den Knorpel beim
Schimpansen, wie ein Projektionsbild zeigt, gar nicht in der Plica, sondern
unterhalb der Basis derselben gefunden. Ich habe ihn bei einem Macacus
(s. meine Bearbeitung der Conjunctiva iu Handbuch der Augenheilkunde
von Gräfe und Sämisch, Abb. 157) in der Mitte der Plica, eher noch
dem oberen Ende näher, gesehen. Ehe man daran gehen darf, solche
Befunde morphologisch zu verwerten, muss man wissen, ob die Orien-
tierung topographisch ganz streng ist.
Hr. P. Bartels stimmt den hinsichtlich des Häufigkeitsgrades bei
Weissen vorgebrachten Bedenken, die ihm selbst gleichfalls zuweilen
aufgestiegen sind, insofern zu, als er ebenfalls bei Verfeinerung der
Untersuchungsmethode ein Anwachsen der Prozentzahl beim Weissen
für nicht unmöglich hält; doch glaubt er, dass schon ex consensu
omnium geschlossen werden könne, dass jedenfalls das Vorkommen des
Knorpelstückes beim Weissen als eine sehr grosse Seltenheit betrachtet
werden müsse, da die Plica semilunaris in sehr vielen histologischen
Spezialarbeiten geschildert werde, ohne dass das Knorpelstück überhaupt
nur Erwähnung fände; wenn: es aber, wie in den Arbeiten von Alt,
Fleischer und Pichler einmal in einem Einzelfall gefunden wurde, so
werde es stets als eine Art Kuriosität betrachtet.
(2) Hr. Max Koch demonstriert im Anschluss an seinen am
13. Juli 1909 gehaltenen Vortrag über einen Scl.ädel mit Leontiasis ossea
eine Anzahl von Originalen und Abgüssen
pathologisch verdickter Schädel,
die seinerzeit nur im Lichtbilde vorgeführt werden konnten, und zwar
1. das Original des von Malpighi 1697 beschriebenen, später im
Kunstkabinet des Herzogs von Modena aufbewahrten Schadels. Der
Schädel befindet sich jetzt in der Sammlung des pathologischen Instituts
der Universität Modena, deren derzeitiger Direktor, Hr. Professor Dionisi,
ihn dem Vortragenden in dankenswerter Weise zur Verfügung stellte.
Der Schädel, über dessen Fundunistände nichts bekannt ist, frappiert
weniger durch seinen Umfang und seine Missgestaltung als durch sein
Gewicht, das im Verhältnis zu seiner Grösse kolossal genanut werden
muss. Es beträgt nach Malpighis Angabe 10 Bologneser Did. (3050 g),
wobei noch in Betracht zu ziehen ist, dass der Unterkiefer und der rechte
Teil des Oberkiefers fehlen und linkerseits in der Gegend der Lambda-
naht ein recht beträchtlicher, merkwürdiger Defekt vorhanden ist. Die
Nähte und die Öffnungen an der Basis fehlen meistenteils, die Schädel-
höhle ist stark reduziert. Der Schädel ist ausserdem beträchtlich schief,
Zeitschrift für Ethnologie: “Jahrg. 1911. Hoft 3 u. 4. 40
618 Max Koch:
seine Dicke beträgt 1 bis 3 cm. Das Aussehen des Knochens ist überall
elfenbeinartig. Vom Vortragenden angefertigte Schliffe zeigen aussen und
innen konzentrisch angeordnete Knochenlamellen, dazwischen in einer
Breite von 15 mm unregelmässig netzartig gebauten Knochen. Die von
Hrn. von Hansemann nach Malpighis Beschreibung („In medio cranii
in sincipite non longe a sutura sagittali eminebat tumor quidam latitudinis
fructus cerasorum et elevabatur ad altitudinem crassitiei fructus amygda-
larum absque cortice*) als Exostose aufgefasste Veränderung ist ausser-
ordentlich unbedeutend, so dass der Schädel deshalb keinesfalls zu den
Schädeln mit Exostosenbildung (der Leontiasis ossea im engeren Sinne
nach von Hansemann) gerechnet werden kann.
2. Den Gipsabguss des von Paolo Gaddi 1863 beschriebenen
Schädels, der bei Villa San Cassiano (Emilia) auf einem christlichen
Kirchhof ausgegraben wurde, der seit 800 Jahren verlassen war. Das
Original dieses Schädels ist nach den Angaben des Hrn. Professors
Dionisi, der auf Veranlassung des Vortragenden Nachforschungen in
San Cassiano anstellte, verschollen, der Abguss gehört dem Pathologischen
Institut der Universität Modena. Der Schädel von San Cassiano ist wohl
der imposanteste aller überhaupt beschriebenen. In seiner Beschreibung
spricht Gaddi unabhängig von Virchow von einer „fisognomia leonina“;
der pathologische Prozess wird von ihm als Cephalosclerosis rachitica be-
zeichnet.
3. Das Original des von Wrany (Viertelj. f. Heilkunde 1867) be-
schriebenen und abgebildeten Schädels des Johann K. aus Prachatitz, der
als Jüngling von einem Wagen mit dem Kopf an eine Mauer gedrückt
wurde. Von den erhaltenen Verletzungen blieb eine kleine Anschwellung
des Unterkiefers zurück, aus welcher sich später eine sehr beträchtliche
Hyperostose dieses Knochens entwickelte. An diese schloss sich weiter
eine Hyperostose des Oberkiefers und des Hirnschädels. Er starb, nach-
dem er eine Zeitlang stark unter Kopfschmerzen gelitten, an Melancholie
und Tobsucht.
4. Das Original des mit der Bez. 83 versehenen Schädels aus der
Prager Sammlung, über den klinische Angaben nicht vorliegen. Von der
Verdiekung betroffen sind Oberkiefer, Unterkiefer uud die linke
Schädelseite.
5. Eine Calvaria mit teilweise hyperostotischem Stirnbein und einem
verdickten Unterkiefer mit der Bez. 3859a aus der Prager Sammlung,
über die keine weiteren Angaben zu erhalten waren. Ein vom Vortragen-
den angefertigter Schliff durch die ganze Dicke (3 cm) des Stirnbeins
zeigt in der Mitte durchgehend netzartig angeordneten Knochen, keine
periostealen Auflagerungen. Die unter 3 bis 5 erwähnten Präparate wurden
dem Vortragenden von dem Direktor des pathologisch-anatomischen Instituts
der Deutschen Universität in Prag, Herrn Professor Kretz bzw. Herrn
Professor Ghon in liebenswürdigster Weise zur Verfügung gestellt.
Endlich demonstriert Vortragender noch Photographien eines Schädels
mit Leontiasis ossea und eines mit wirklichen Exostosen aus der Sammlung
des Senckenbergischen Museums in Frankfurt a M. Die Originale beider
Pathologisch verdickter Schädel. 619
Schädel waren anlässlich des Internationalen zahnärztlichen Kongresses in
Berlin ausgestellt, die Aufnahmen wurden mit Erlaubnis von Herrn
Professor Bernh. Fischer in Frankfurt von Herrn Professor Dieck in
liebenswürdiger Weise hergestellt. Beiden Herren sei auch an dieser
Stelle bestens gedankt.
Diskussion.
Hr. v. Luschan: Ich danke Hrn. Kollegen Koch für seine ausser-
ordentlich interessanten Vorlagen und beglückwünsche ihn besonders
dazu, dass er uns den durch Malpighis Beschreibung ehrwürdigen
Schädel von Modena im Original und den leider verschollenen von San
Cassiano in einem so guten Faksimile vorlegen konnte.
Meinerseits möchte ich zu dem Schädel von Modena nur bemerken,
dass ich eine Erklärung für den sonderbaren Defekt auf der linken Seite
sefunden zu haben glaube. Lage und Form dieses Defektes scheinen
mir nur die eine Deutung zuzulassen, dass hier ein os Incae laterale
dextrum vorhanden gewesen war, das nach dem Tode verloren ge-
gangen ist.
Ich habe bei Dr. Krantz in Bonn einen Ausguss der Hirnkapsel
herstellen lassen, der in vollendeter Art die Form des Gehirns jenes
Menschen wiedergibt. Ich werde auf der Anthropologenversammlung in
Heilbronn diesen und eine Reihe anderer Ausgüsse vorlegen und möchte
einstweilen nur hier erwähnen, dass er viel besser, als es an dem Original
zu erkennen möglich ist, zeigt, dass das Gehirn in der Richtung gegen
den Incaknochen förmlich ausgebaucht ist. Man kann den Befund nicht
anders verstehen, als dass man annimmt, der Incaknochen hätte eine
regio minoris resistentiae abgegeben und sei dann seinerseits durch das
sicher unter ausserordentlich hohem Druck stehende Hirn nach aussen
gedrängt worden. Eine Bestätigung dieser Ansicht ist in einem Befunde
auf der rechten Seite des Schädels zu erblicken; da findet sich in der
Pteriongegend ein grosses Epiptericun, das ringsum von deutlich er-
haltenen Nähten begrenzt und deutlich vorgewölbt ist.
Im Innern des Schädels aber entspricht diesem Epiptericum eine
etwa 2 cm hohe Vertiefung, etwa von der Form einer dreiseitigen Pyra-
mide, die, wie der Ausguss zeigt, auch von Hirnmasse ausgefüllt war.
Ganz sicher war auch durch dieses Epiptericum auf der rechten Seite
eine ähnliche regio minoris resistentiae geschaffen, wie links durch den
seitlichen Inkaknochen.
Das rechte Epiptericum sitzt scheinbar ganz fest in der Schädelwand,
ich habe aber den Eindruck, dass es ohne weiteres durch Druck von
innen aus seinen Verbindungen gelöst werden könnte und hinausfallen
würde, wenn man den Schädel etwas aufweicht. Es würde dann in der
rechten Pteriongegend ein Befund entstehen, der dem links hinten, wo
der Inkaknochen ausgefallen scheint, durchaus analog ist.
Noch möchte ich darauf aufmerksam machen, dass der Schädel trotz
seines ungeheuren Gewichts (in seinem gegenwärtigen defekten Zustand
3058 g!) sicher von einem ganz jugendlichen Individuum stammt; zwar
40*
620 Burger: Kopfmessapparat.
sind die Nähte des Schädeldaches alle verstrichen, — suturae nullae, sagt
Malpighi — aber die Sphenobasilarfuge ist noch offen.
(3) Hr. Burger:
Demonstration eines Apparates für Kopfmessungen.
Diskussion.
Hr. v. Luschan: Ich danke Hrn. Burger für seine sorgfältige und
interessante Demonstration; ich fürchte freilich, dass der Apparat in den
Kreisen der Anthropologen wenig Freunde finden wird und ich bin sicher,
dass man ihn niemals auf Reisen in wenig bekannten Ländern wird an-
wenden können, da primitive Menschen sich das Aufsetzen eines derart
lebensgefährlich erscheinenden Apparates nicht leicht gefallen lassen, aber
ich kann mir gut vorstellen, dass ein Apparat, der wie dieser auch ganz
unbedeutende Asymmetrien metrisch genau zu fassen erlaubt, für die
Zwecke einer psychiatrischen Untersuchung und vielleicht auch für die
von Bildhauern manchmal recht nützlich sein kann.
Hr. Virchow fragt nach dem Preise des Apparates.
Hr. Burger gibt denselben mit 120 Mk. an.
Hr. Dr. Bartels fragt, ob das Anlegen des Apparates für den zu
Untersuchenden unangenehm sei und lässt sich den Apparat anlegen. Er
gibt danach gleichfalls dem Bedenken Ausdruck, dass sich diese Prozedur
jedenfalls nur wenige Menschen gefallen lassen dürften, zumal der Be-
treffende darin kaum den Mund zu öffnen vermag.
Sitzung vom 15. Juli 1911.
Vorträge:
Hr. Wilhelm Kissenberth: Uber die hauptsächlichsten Ergebnisse der
Araguaya-Reise. Mit Lichtbildern.
Vorsitzender: Hr. Hans Virchow.
(1) Verstorben ist im Alter von 68 Jahren der Professor Alessandro
Prosdocimi in Este, korrespondierendes Mitglied seit 1889. Die reichen
Nekropolen in der Umgebung von Este sind von ihm in mehreren Auf-
sätzen bearbeitet worden.
(2) Neue Mitglieder:
Hr. Pater Fr. Biallas in Berlin,
Hr. Pfarrer Johannes Dahse in Freirachsdorf,
Hr. Professor Dragendorff in Berlin,
Hr. Kaufmann Ernst Lentz in Gross-Lichterfelde,
Niederösterreichische Landesbibliothek in Wien,
Hr. Adolphe Riff in Strassburg i. E.,
Hr. Dr. Alfred Schachtzabel in Friedenau,
Staatswirtschaftliches Institut an der Universität Kiel.
(3) Ein Denkmal für Gerhard Rohlfs soll in seiner Vaterstadt
Vegesack errichtet werden. Beiträge sind einzuzahlen an die Stadtkasse
in Vegesack bei Bremen (Rohlfs-Denkinalfond).
(4) Am 10. Juli hat Hr. Hubert Schmidt Mitgliedern der Gesell-
schaft in der prähistorischen Abteilung des Museums für Völkerkunde die
Funde von den Ausgrabungen in Cucuteni erläutert, über welche er in
der Juni-Sitzung vorgetragen hatte.
(5) Hr. O Hauser teilt in Ergänzung seines Briefes vom 6. April
d. J. (s. S. 308) mit, vom Ministerium sei der Gesetzentwurf, welcher die
Ausgrabungen hindern sollte, als in seinen Folgen zu weitgehend zurück-
gezogen worden (conf. „L'homme préhistorique“ Nr. 3, Mars 1911, er-
schienen im Juni 1911 p. 94ff., herausgegeben von Dr. Chervin und
A. de Mortillet). — Hr. Hauser hat in der Laugerie intermédiaire,
Station 14, von Dezember 1910 bis Februar 1911 Abdeckungsarbeiten
622 H. Virchow: Langes Steissbein.
machen lassen. Mitte Febfuar d. J. begannen die eigentlichen Unter-
suchungen dieser sehr mächtigen Solutrée-Ablagerung; dieselben sollen
bis zum November fortgesetzt werden. Die reichen Funde liefern
ein geschlossenes Bild. Ganz besondərs wichtig und zum ersten Male
einwandfrei belegt ist das Vorkommen formvollendeter Gravüren im
Solutreen.
In einem Briefe vom 30. Juni fordert Hr. Hauser dazu auf, dass
Mitglieder der Gesellschaft, welche einen Besuch der Dordogne vorhaben,
die stratigraphisch klar zu Tage liegenden Schichten in mehreren der
paläolithischen Stationen mit den Plänen und Photographien vergleichen.
(6) Hr. Hans Virchow macht eine kurze Mitteilung über ein
Becken mit ungewöhnlich langem Steissbein.
Es handelt sich um ein männliches, im Jahre 1903 ausmaceriertes Becken.
Die Länge des Steissbeines ist 60 mm.
Die Länge der einzelnen Wirbel, als
Mittel aus den dorsalen und ventralen
Massen, ist am ersten Wirbel 15, am
zweiten 14,5, am dritten 18,5, am
vierten 9, am fünften 2 mm. Das
ergibt die Summe von 59 mm. Die
Differenz von 1 mm zwischen dieser
Summe und dem direkten Mass ist
auf die beiden vorhandenen Band-
scheiben zu rechnen.
Leider kann ich nicht angeben,
in welchem Grade diese Länge un-
gewöhnlich ist, da ich in den Hand
büchern, die ich eingesehen habe,
überhaupt keine Angaben über die
Länge des Steissbeines fand. Ich
kann nur sagen, dass ich nach meinen
Erfahrungen dieses Steissbein für
sehr ungewöhnlich entwickelt ansehen
muss.
Man könnte ja nun denken, dass
in diesem langen Steissbein eine
Abb. 1. grössere Anzahl von Wirbeln ent-
halten ist. Indessen das ist nicht der
Fall. Es sind ihrer nur fünf. Die ungewöhnliche Länge ist in erster
Linie durch die grosse Länge des dritten Steisswirbels bedingt.
(7) Hr. Hans Virchow macht eine kurze Mitteilung über einen
menschlichen Schädel von Oberhausen im Rheinland.
Der Schädel hat eine schwarzbraune Farbe, als wenn er im Moor gelegen
hätte, was jedoch nicht unbedingt nötig ist, da die gleiche Färbung, wie
H. Virchow: Schädel von Oberhausen. 623
mir von geologischer Seite gesagt wurde, auch durclı andere Erdschichten,
z. B. gewisse gefärbte Sande, den Knochen mitgeteilt werden kann. Der
Schädel wurde mir von seiten der Direktion der Geologischen Landes-
anstalt zur gutachtlichen Äusserung übergeben und zugleich ein Bericht
des Landesgeologen Hrn. Bärtling mitgesendet, welcher die geologische
Aufnahme gemacht hatte. Diesen vom 15. Juni datierten Bericht benutze
ich mit Genehmigung der genannten Behörde.
Bericht des Landesgeologen Herrn Bärtling.
Der Schädel fand sich beim Bau des nördlichen Widerlagers der
Kanalbrücke für die Anschlussbahn der Zeche Vondern nördlich von der
(Guten Hoffnungshütte (Kilometer 11,5 des Kanals).
Die Untersuchung hat ergeben, dass das Stück wahrscheinlich jung-
diluvialen Alters ist oder zum wenigsten dem ältesten Alluvium angehört.
Die Baugruben liegen im Alluvium des Emschertales, das von diluvialen
Schichten unterlagert wird. Der Schädel fand sich in einer Tiefe von
4,10 m unter der Oberfläche, wie durch genaues Nivellement sofort nach
dem Auffinden durch das Königliche Kanalbauanıt festgestellt ist. Das
Profil, welches die Baugruben und die benachbarten Bohrlöcher aufge-
schlossen hatten, war von 0 bis rund 2,20 m Tiefe gelbgefärbter, lehmiger
Sand mit sandigen Lehmeinlagerungen (Alluvium des Emschertales). Von
2,20 m bis 4,10 m oder 4,20 m feiner, wasserreicher Sand, von den Bau-
technikern als Fliessand bezeichnet. Von 4,20 m bis 6,30 m Sand mit
reichlichem nordischen Material, besonders reich an scharfkantigen Feuer-
steinbruchstücken. Von 6,30 m bis 8,20 m grober Sand und Kies, Fluss-
schotter, anscheinend lediglich aus dem Flussgebiet der Ruhr stammend;
darunter folgte nach den mir gemachten Augaben Ton, dessen Alter vor-
läufig noch nicht zu bestimmen ist Wahrscheinlich handelt es sich bei
diesem Ton um die Verwitterungsrinde des im tieferen Untergrunde an-
stehenden Emschermergels. D
Nach den bisherigen Profilen steht noch nicht mit absoluter Sicherheit
fest, dass dem Schädel wirklich diluviales Alter zukommt, da die Bau-
gruben sehr starke Wasserzugänge haben, und zur Zeit noch nicht mit
vollständiger Gewissheit entschieden werden kann, ob diese Schichten über
oder unter dem Landschneckenhorizont auftreten Die Sande mit Feuer-
steinbruchstücken, auf deren Oberfläche der Schädel gefunden wurde, sind
nach den Beobachtungen in der Nachbarschaft sicher diluvialen Alters,
dagegen vermag ich eine Entscheidung noch nicht hinsichtlich der dar-
überliegenden feineren Sande zu treffen. Es ist wahrscheinlich, dass diese
ebenfalls dem Jungdiluvium angehören, da sie ohne scharfe Grenzen in
die Feuerstein- und nordische Gerölle führenden Sande übergehen. Diese
Fragen werden sich jedoch mit Sicherheit eutscheiden lassen, sobald mit
dem Aushub des Kanalbettes in der Umgebung begonnen wird, was
spätestens in diesem Herbst zu erwarten ist. Sobald die Aufschlüsse bis
in die unmittelbare Umgebung der Fundstelle vorgeschritten sind, wird es
notwendig sein, eine sehr genaue Untersuchung vorzunelimen, wenn die
anthropologischen Untersuchungen ergeben sollten, dass dem Fund wirk-
G24
H. Virchow:
lich die grosse Bedeutung zukommt, die man ihm beizumessen ge-
neigt ist. |
Für die Beurteilung des Wertes des Fundes ist noch von Wichtig-
Abb. 1.
Abb. 2.
Der Schädel von Oberhausen von vorn.
Der Schiidel von Oberhausen von oben.
keit, dass es sich hier ohne
jede Frage um ein Stück auf
seiner natürlichen Ablagerun z
handelt. Die darüberliegen-
den Sande usw. sind unge-
stört. Bei der grossen Tiefe
der Fundstelle und dem hohen
Grundwasserstand ist gar nicht
daran zu denken, dass es sich
um ein vergrabenes Stück
handeln könnte. _Auch der
Erhaltungszustand und das
Fehlenaller weiterenKnochen-
reste sprechen dafür.
Der Grundwasserstand war
durch die vom Bergbau ver-
anlassten Senkungen erheb-
lich verändert, so dass er vor
Regulierung der Emscher un-
gefähr mit der Oberfläche
gleichstand. Heute ist der
Grundwasserspiegel durch die-
se Regulierung bereits wieder
auf nahezu 3 m unter der
Oberfläche gesenkt. Zur Er-
mittelung des ursprünglichen
Grundwasserstandes ist man
daher auf geologische Beob-
achtungen angewiesen, und ich
möchte aus dem Vorkommen
von Eisenanreicherungszonen
im lehmigen Sand schliessen,
dass der durchschnittliche
Grundwasserstand vor Eintritt
der Einwirkungen des Berg-
baus zwischen 1,5 m und
1,8 m unter der Oberfläche
geschwankt hat. Der Schädel
ist also mindestens 2 m bis
2'/, m unter der natürlichen
Oberfläche des Grundwassers
gefunden. Bemerkenswert ist,
dass sich auch zusammen mit
der jüngeren diluvialen Fauna
Schiidel von Oberhausen. 625
bei den Baggerarbeiten im Bezirk des Königlichen Kanalbauamts zu
Altenessen bearbeitete Hirschgeweihe und bearbeitete Knochen gefunden
haben, die ich bereits früher an die Königliche Geologische Landesanstalt
eingeliefert habe. Diese Funde haben durch den neuen Fund bedeutend
an Interesse gewonnen.
Auch in der Farbe und im Erhaltungszustand stimmt der Schädel mit
der diluvialen Fauna überein. Besondere Erwähnung bedarf noch, dass
das Stück nicht bei Baggerarbeiten gefunden wurde, sondern beim Aushub
mit dem Spaten. Es ist also ausgeschlossen, dass er beim Ausgraben be-
schädigt ist. Sein Zustand ist also der natūrliche. Von dem Ergebnis
einer weiteren, von Spezialisten auszuführenden Untersuchung bitte ich
mich gütigst unterrichten zu wollen.
Abb. 3. Der Schädel von Oberhausen von der linken Seite.
Aus diesem Bericht ist zu ersehen, dass die geologische Datierang
der Fundstelle zur Zeit der Hebung des Fundes noch nicht absolut genau
feststand, und dass eine Ergänzung in Aussicht steht.
Für die anatomische Charakterisierung kommen nun folgende Merk-
male in Betracht:
= Dicke der Knochen. Die Dicke ist gering und stimmt mit dem
im ganzen zierlichen Aussehen überein.
Schädelforn. Die grösste Linge ist 181 mm, die grösste Breite
130 mm, woraus sich der Index von 71,8 berechnet. Die kleinste Stirn-
breite ist 90 mm. Der Schädel ist leicht asymmetrisch (schief), jedoch
nicht gleichmässig, sondern vorwiegend hinten, indem die linke Seite der
Hinterhauptsgegend stärker vortritt als die rechte (Abb. 2). Diese Asym-
metrie ist nicht auf Erddruck zurückzuführen.
626 H. Virchow:
Nase. Das vorhandene Stück der Nase weist auf eine kräftig vor-
tretende, dabei doch schmale Nase hin (Abb. 1 und 3).
Stirn. Die Stirn steigt anfänglich senkrecht auf und biegt dann in
scharfem Bogen nach hinten um. Die Sagittalkurve hebt sich gegen die
hintere Scheitelgegend (Abb. 3).
Brauenwülste. Brauenwilste und Stirnhöhlen fehlen völlig (Abb. 1
und 3).
Scheitelgegend. Die Mitte der Scheitelgegend tritt in Form einer
flachen Erhebung hervor (Abb. 1 und 4).
Jochbogen. Die Jochbogen sind zierlich und nicht entfernt von der
kräftigen Bildung, wie man sie so oft bei jetzt lebenden farbigen Rassen
Abb. 4. Der Schädel von Oberhausen von hinten.
findet (Abb. 3); ja sie sind selbst für einen modernen Kuropäerschädel
zierlich.
Hinterhaupt. Der obere Teil der Hinterliauptschuppe tritt gewölbt
nach hinten hervor (Abb. 3).
Die Nähte sind nicht nur alle offen, sondern in dem Masse offen,
dass die einzelnen Knochen etwas gegen einander wackeln könnten
(Abb 2 und 4). Es ist eine Stirnnaht vorhanden (Abb. I und 2).
Nach diesen Merkmalen darf man wohl, was das Lebensalter betrifft,
auf ein zwar jugendliches, aber doch völlig ausgewachsenes Individuum
schliessen. Aus dem Vorhandensein der Stirnnalit lässt sich nichts ab-
leiten, da dies sich als eine nicht allzu seltene Varietät auch beim
modernen Europäer findet. Nach der Gesamtheit der Merkmale würde
man nicht darauf kommen, dem Schädel einen primitiven Charakter bei-
zulegen, sondern man würde ihn einer Kulturrasse zuschreiben. Das
Schädel von Oberhausen. 627
einzige für einen Europäerschädel Ungewöhnliche liegt in der Ausbildung
der medianen Scheitelerhebung.
Die anatomische Untersuchung führt also zu einem Ergebnis, welches
sich mit dem geologischen Befunde nicht ganz leicht zusammenreimen
lässt. Hiermit soll aber der geologische Befund nicht angezweifelt werden.
Wir wissen doch verhältnissig immer noch sehr wenig von den ver-
schiedenen Typen, die nacheinander und nebeneinander in den ver-
schiedenen Epochen aufgetreten sind, und es muss durchaus der Geologie
in erster Linie die Entscheidung überlassen werden, ob ein Fund in eine
bestimmte Periode der Erdentwicklung gehört. ke kann daher hier nur
zum Schluss die Hoffnung ausgesprochen werden, dass im vorliegenden
Falle die geologische Diagnose noch bestimmter gelingen möge als in
«dem oben angeführten Berichte. |
(8) Hr. Wilhelm Kissenberth hält den angekündigten Vortrag:
Übor dic hauptsächlichsten Ergebnisse der Araguaya-Reise.
lll. Literarische Besprechungen.
J. G. Frazer, The golden bough. Third edition Part I The magie art
and the evolution of kings Vol 1 and 2. London 1911 Macmillan and Co.
Zum dritten Male erscheint Frazers grundlegendes Werk, diese unerschépfliche
Fundgrube für ethnologische Parallelen auf dem Gebiete der Mythologie, Soziologie
und Sitte und zwar in wesentlich erweiterter Fassung. Die ursprünglichen zwei
Bände sind auf sieben vermehrt, unter fünf Separattiteln, von denen die beiden
ersten die Anfiinge der Magie in ihren wechselseitigen Beziehungen zu Religion und
Kult behandeln. Die alte Einkleidung durch Anknüpfung an die Erzählung vom
Rex Nemorensis im heiligen Hain am Nemisee, der mit seinem Nachfolger auf Tod
und Leben zu kämpfen hat, ist nur formell beibehalten. Sie bilden nicht mehr den
Rahmen des Ganzen sondern nur den Ausgangspunkt oder das Leitmotiv der Unter-
suchung, die zu zeigen hat, wie aus den magischen Vorstellungen beim Baumkult
und Vegetationszauber die Religion sich entwickelte und aus der Idee eines mit
göttlicher Kraft begabten, die Natur beherrschenden Menschen Priester- und König-
tum hervorging. Man mag nicht mit allen scharfsinnigen Deduktionen des Ver-
fassers einverstanden sein, nicht alle seine mythologischen Ansichten teilen und
nicht alle Parallelen als zutreffend erachten — an scharfen Kritikern hat es ja nicht.
gefehlt (z. B. Andrew Lang), aber die Fülle der positiven Angaben ist so gross, so
wohl durchdacht die systematische Gruppierung des riesigen Materials, so reich und
übersichtlich ist das Literaturverzeichnis, dass das Werk in dieser Form niemals
veralten, vielmehr noch ganzen Generationen Belehrung spenden wird. Enthält es
doch so ziemlich alles Wichtige, was in der Gegenwart über diesen schwierigen
Gegenstand an Material vorhanden ist. P. Ehrenreich.
O. Kauffmann, Aus Indiens Dschungeln. 2. Bd. Verlag von Klink-
hardt & Biermann, Leipzig 1911. M 20,—.
Der Verfasser erzählt in recht anziehender Weise allerlei Jagdabenteuer, die er auf
seinen Reisen in den Zentralprovinzen, Kashmir, Mysore, Assam und Östbengalen,
Cochin, Nord-Kanara und Burma erlebt hat. Dem Text sind zahlreiche Abbildungen
beigegeben, die zum Teil in einem ganz neuen, überaus wirkungsvollen Verfahren,
dem Gravüretintodruck, hergestellt sind. Den Ethnologen interessieren verschiedene
Angaben und Bilder, die sich auf folgende Stämme beziehen: Baigas im Balaghat-
distrikt (kolarische Aboriginer, aus deren Mitte auch die Priester des bekannten
Göndvolkes [Göndaru, Koitor| gewählt werden}; Kurumbas (Kurumbaru); Todas
(Todaru); Nambutiris (der Nambüri gehört zu einer Klasse von Smärta Brahmanas
im Malayäla-Lande); weisse und schwarze Juden; Mulcers und Kadir (Malaser, Käler):
Lingayaten (die Lingäyataru verehren Siva, seinen Phallus und Basava; sie tragen
ein Lingamhalsband); Karens. Wilhelm Planert.
sf. see
EE "A 7 oe dn Gee
| p ge eee
Co
10.
11.
13.
14.
—
IV. Eingänge für die Bibliothek.”
. Morselli, Enrico, Le razze umane e il sentimento di superiorità etnica.
Roma 1911. 8°. (Aus: Rivista Ital. di Sociolog. Anno XV).
. Hoernes, M., Die ältesten Formen der menschlichen Behausung und ihr Zu-
sammenhang mit der allgemeinen Kulturentwicklung. Bologna: N. Zani-
chelli, London: Williams and Norgate, Paris: F. Alcan, Leipzig: W. Engel-
mann. 1911. 8° (Aus: „Scientia“ Bd. X)
. Oppenheim, Stefanie, Zur Typologie des Primatencrsniums. Stuttgart:
E. Schweizerbart (Nägele & Dr. Sproesser) 1911. 8°. (Aus: Zeitschr. f.
Morpholog. u. Anthropolog. Bd. XIV.)
. Chomiakoff, M. M., [Russisch], Über den craniologischen Typus der Besserm-
janen, einer der Völkerschaften des Wjatkaschen Gouvernements. Kasan
1911. 8°.
. Hempl, George, Early etruscan inscriptions Fabretti 2348—2346. Stanford
University 1911. 8°. (Aus: Matzke Memor. Vol.)
. Nachod, O., Japan. Berlin: Weidmann 1909. 8° (Aus: Jahresber. der
Geschichtswissenschaft XXXII. Jg.)
. Hauser, O., Le Périgord préhistorique ... Le Bugue 1911. 8°,
. Lehmann-Nitsche, Robert, Catalogo de la Secciön antropolögica del Museo
de la Plata. Buenos Aires 1911. 8°.
. Guébhard, Adrien, L’Eglise et la Préhistoire. Paris 1911. 8°. (Aus: La
Grande Revue 1911.)
Guébhard, A., A propos de l’ aimantation des poteries préhistoriques. Saint-
Vallier-de Thiey (Alpes-Maritimes) chez l’auteur 1911. 8".
Guébhard, A., Les dernieres fouilles (1910) de M. J. Pages-Allary a Chastel-
sur-Murat (Cantal). Le Mans 1911. 8° (Aus: Bull. de la Soc. Préhist.
de France.)
. Guebhard, Adrien, Les Depöts de Bronze du Departement des Alpes-Maritimes,
o O 1911. 8° (Aus: Congr. Prehist. de France VI, Sess. [Tours 1910)).
Guebhard, A., Sur une particularite remarquable de certaines epingles de
bronze dites „a Collerettes“. Le Mans 1911. 8° (Aus: Bull. de la Soc.
Préhist. Francaise.)
Outes, Felix F., Los tiempos prehistóricos y protohistöricos en la provincia de
Cordoba. Buenos Aires 1911. 8". (Aus: Rev. del Mus. de La Plata
tom. XVII.)
. Giuffridra-Ruggeri, V, L'uomo Mousteriano e l'ipotesi panantropvide. Roma
- 1911. 8° (Aus: Rivista d’ Italia.)
» Bartels, Paul, Histologisch-anthropologische Untersuchungen der Plica semi-
lunaris bei Herero und Hottentotten, sowie bei einigen Anthropoiden.
1) Die Titel der eingesandten Bücher und Sonder-Abdrücke werden regelmässig
hier veröffentlicht, Besprechung der geeigneten Schriften vorbehalten. Rücksendung
unverlangter Schriften findet nicht statt.
630 Eingänge für die Bibliothek.
29
Bonn: F. Cohen 1911. 8° (Aus: Archiv für mikroskopische Anatomie,
Bd. 78.)
. Heger, Franz, Bericht über zwei Reisen nach Amerika. Wien: A. Hölder 1910.
8°. (Aus: Annalen d. k. k. Naturhist. Hofmuseums Bd. XXIV.)
. Heger, Franz, Die beiden Sessionen des XVII. internationalen Amerikanisten-
Kongresses. Wien: Im Selbstverlage der Anthropologischen Gesellschaft
1911. 4°. (Aus: XLI. Bde. [d. dritten Folge Bd. XI] d. Mitteil. d. Anthrop.
Gesellsch. in Wien.)
. Houze, E., Le probleme de lorigine de Phomme. Bruxelles 1911. 8° (Aus:
Bull. de la Soc. d’ Anthrop. de Bruxelles Tome XXX.)
. Rodriguez, Eulojio Robles, Costumbres i creencias araucanas. Santiago de
Chile 1908, 8".
. Rodriguez, Eulojio Robles, Costumbres i creencias araucanas funerales de
mujeres. Santiago de Chile 1910. 8°,
2. Stummer, Albert, Zur Urgeschichte der Rebe und des Weinbaues. Wien:
Anthropologische Gesellschaft 1911. 4°. (Aus: Bd. XLI [d. dritten Folge
Bd. XIJ d. Anthrop. (resellsch. in Wien.)
. Fehlinger, Hans, Kreuzungen beim Menschen. Leipzig: B G. Teubner 1911.
8°. (Aus: Archiv f. Rassen u. Gesellsch.-Biologie 8, Jhrg.)
. Fehlinger, Hans, Die geographische Verbreitung des Totemismus. Wien und
Leipzig: A. Hartleben o. J. 8°% Aus: Deutsch Rundschau f. Geogr.
XXXII. Jhrg.)
. Birket-Smith, Kaj, Guancherne. Nogle etnografiske Bemærkninger om de
Kanariske Öers Urbefolkning, o. O. 1911. 4° (Aus Geogr. Tidskrift 21 B.)
Nr. 1 bis 20 Verfasser.
» Kossinna, Gustaf, Die Herkunft der Germanen ... Würzburg: C. Kabitzsch
1911. 8". (Aus: Mannus-Biblioth. Nr. 6).
. Spiller, G, Mémoires sur le contact des races. London: P. King & Sohn
1911. 8°,
. Czekanowski, Jan, Forschungen im Nil-Kongo-Zwischengebiet. Dritter Band,
ethnographisch-anthropologischer Atlas. Leipzig: Klinkhardt & Biermann
1911. 4% (Aus: Wissenschaftl. Ergebn. d Deutschen Zentral-Afrika-Expe-
dition 1907-1908 ... Bd. VII.)
Westermann, Diedrich, A short grammar of the Shilluk language. Philadel-
phia, Pa: The board of foreign missions of the United Presbyterian church
of N. A. Berlin: D. Reimer (E. Vohsen) o. J. 8°.
20a. Frazer. J.G, The golden bough, a study in magic and religion, third edition,
30,
36.
Part III, The dying god. London: Macmillan & Co. 1911. Bn
Nr. 26 bis 29a Verleger.
Report on the progress and condition of the U. S. National Museum for the
year ending June 30, 1910. Washington 1911. 8°.
. Fewkes, Jesse Walter, Antiquities of the Mesa Verde National Park Cliff Palace.
Washington 1911. 8°. (Aus: Smithson. Inst. Bur. of Amer. Ethnol. Bull. 51.)
. Fewkes, Jesse Walter, Preliminary Report on a visit to the Navaho National
Monument Arizona. Washington 1911. 8°. (Aus: Smithson: Inst. Bur. of
Amer. Ethnol. Bull. 50.)
A Thomas, Cyrus, et John R. Swanton, Indian languages of Mexico and Central
America an their geographical distribution. Washington 1911. 8”. (Aus:
Smithson. Inst. Bur. of Amer. Ethnol. Bull. 44.)
. wanton, John R., Indian tribes of the lower Mississippi valley and adjacent
coast of the gulf of Mexico. Washington 1911. 8” (Aus: Smithson. Inst.
Bur, of Amer, Ethnol. Bull. 43)
. Boas, Franz, Handbook of american indian languages Part I. Washington 1911.
HL (Aus: Smithson. Inst. Bur. of Amer. Ethnol. Bull. 40.)
Sedgwick, Adam, The relation of science to human life. Washington 1910. 8°.
(Aus: Smithson. Rep. for 1909.)
Eingänge fiir die Bibliothek. 631
31. Baggallay, F. T, Some notes on roman architecture. Washington 1910. 8",
(Aus: Smithson. Rep. for 1909 )
ƏN. Franchet, M. Louis, Ceramic decoration its evolution and its applications.
Washington 1910. 8". (Aus: Smithson. Rep. for 1909.)
39. Bell, Eleanor Yorke, The Republic of Panama and its people, with special
reference to the indians. Washington 1910. 8° (Aus: Smithson. Rep.
for 1909.)
40. Ripley, William Z., The european population of the United States, Washington
1910. 8°. (Aus: Smithson. Rep. for 1909.)
41. Mae Curdy, George Grand, Recent discoveries bearing on the antiquity of man
in Europe. Washington 1910. 8°. (Aus: Smithson. Rep. for 1909).
42. Willcocks, William, Mesopotamia: Past, present, and future. Washington 1910,
8". (Aus: Smithson. Rep. for 1909.)
43. Alexander, Boyd, From the Niger, by Lake Chad, to the Nile. Washington
1910. 8°. (Aus: Smithson. Rep. for 1909.)
Nr. 30—43 Smithson. Institut.
41. Haicht, Theron Wilber, Three Wisconsin Cushings, a sketch of the lives of
Howard B., Alonzo H. and William B. Cushing, children of a pioneur family
of Waukesha County. Wisconsin: History Commission 1910 Bn (Aus:
Original Papers No. 3.) i
45. Fitch, Michael Hendrick, The Chattanooga Campaign... Wisconsin: History
Commission 1911. 8° (Aus: Original Papers No. 4.)
46. Hurn, Ethel Alice, Wisconsin women in the war between the states. Wisconsin:
History Commission 1911, 8°. (Aus: Original Papers Nr. Di
Nr. 44-40 The State Hist. Soc. of Wisconsin,
41. Kroeber, A. L, Phonetic constituents of the native languages of California.
Berkeley 1911. 8° (Aus: Univers. of California Publicat. in amer Archaeol.
and Ethnology vol. 10.)
45. Kroeber, A. L., The languages of the coast of California North of San Francisco
Berkeley 1911. 8°. (Aus: Univers. of California Publicat. in amer. Archaeol.
and Ethnology vol. 9. 3
Nr. 41-48 Unir. California,
49, Führer durch das Museum für Völkerkunde. Fünfzehnte Auflage. Berlin:
G. Reimer 1911. X”.
General-Verwaltung d. Kgl. Museen.
50. Mac Curdy, George Grant, A Study of Chiriquian Antiquities. New Haven,
Connecticut 1911. 4°. (Aus: Mem. of the Connecticut Acad. of Arts and
Sciences Vol. III.)
R. Wagner « Sohn, Weimar.
51. Hand-List of certain books and papers containing information relating more
or less directly to the Maori of New Zealand. Wellington: Dominion
Museum 1911. 8°.
52. Starr, Frederick, Lolo objects in the Public Museum, Milwaukee. o. O. 1911.
8°. (Aus: Bull, of the Public Mus. ... vol. I.)
Nr. 51—52 Museum.
53. Paramisa-Amare Raieskr Jesu Cristi Duk te Meripen. Die Leidensgeschichte
unseres Herrn Jesu Christi in der Sprache der deutschen Zigeuner. Striegau:
Th. Urban 1911. 8°.
Gypsy Lore Society.
54. Cowell, E. B., The Jataka or stories of the Buddhas former births... vol. I-VI.
Cambridge 1895/1907. 8°. 6 vol.
55. Survey, The Ethnographical, of Meysore. Bangalore 1906 - 1910. 8°. Vol. I- XX.
Nr. 54 Do Prof. Lissauer-Stiftung.
56. König, Eberhard, Albrecht der Bär, ein brandenburgisches Festspiel. Berlin
„Brandenburgia® 1911. 8°.
Brandenburgia.
632
Eingänge fiir die Bibliothek.
a7. Report, Ninth, on the Sarawak Museum 1910 by J. C. Moulton. Sarawak
58
59
60
61
Cs
EA
3
ww
1910. 8".
. Volk, Ernest, The archaeology of the Delaware Valley. Cambridge, Mass: The
8°, (Aus: Papers of the Peabody Museum ... vol. V)
Nr. 57—58 Museum.
Museum 1911.
. Revista de la Sociedad de Folklore chileno.
Tomo I 1a-8a Tomo II 1a-3a.
. Programa de la Sociedad de Folklore chileno ... por Rodolfo Lenz. Santiago
de Chile 1909.
Nr. 99 bis 60 R, Lenz.
8°,
Santiago de Chile 1910,1911. 8%
. Speck, Frank G., Ceremonial songs of the Creek and Yuchi indians witth
music transcribed by Jacob D. Sapir.
Philadelphia: University Museum
1911. 8° (Aus: Anthropolog. Publ. of the University of Pennsylvania.
The Museum vol. I.)
University Museum.
University Museum 1910. 8°.
The Museum vol. III.)
University Museum.
Theodor, Die Uitoto-Indianer, weitere Beiträge zu ihrer
Sprache nach einer Wörterliste von Hermann Schmidt. Paris: Au Siege
Pennsylvania.
. Koch-Grünberg,
de la Societe 1910. 8°.
N. S. tome VII.)
Verf.
2. Seager, Richard B., Excavations on the Jsland of Pseira, Crete. Philadelphia:
(Aus: Anthrop. Publ. of the University of
(Aus: Journ. de la Soc. des Americanistes de Paris
(Abgeschlossen am 21. Oktober 1911.)
> ui O eg
EN Fin un TT "SE
L Abhandlungen und Vorträge.
Beiträge zur Kenntnis der archäolithischen Kultur
der Tasmanier’).
Von
Fritz Noetling (Hobart).
Meine Hauptsammlung tasmanischer tero-na-watta, viele tausende von
Stücken umfassend, ist nach Deutschland gegangen und wird hoffentlich
ihren dauernden Aufenthalt im Berliner Museum für Völkerkunde finden.
In Deutschland werden diese für die Kulturgeschichte der Menschheit,
namentlich aber für die Beurteilung der archäolithischen Kultur Europas
so hoch bedeutsamen Artefakte der Tasmanier den Fachgenossen leichter
zugänglich sein, als wenn sie im fernen Tasmanien bleiben, und das ist
jedenfalls ein grosser Gewinn. Ich habe immer den Eindruck gehabt,
dass, wenn alle diejenigen, die über tasmanische Archäolithen geschrieben
haben, mein grosses Material gesehen hätten, manche Ansicht unterblieben
oder doch stark modifiziert worden wäre.
Eine vollständige Bearbeitung des ungeheuren Materials habe ich
nicht durchführen können, denn je länger ich mich in das Studium der
tero-watta vertiefte, um so mehr häuften sich die Schwierigkeiten. Eines
aber war mir bald klar, die tasmanischen Werkzeuge beweisen ganz un-
widerleglich, dass mit einem grossen Teil unserer Anschauung bezüglich
der europäischen Archäolithen gründlich gebrochen werden muss. Es war
mir aber mangels an Vergleichsmaterial nicht möglich, meine Ansichten
über die europäischen Archäolithen so zum Ausdruck zu bringen, wie ich
gern gewollt hätte.
Jetzt, da mein grosses Material auch weiteren Kreisen der Fach-
genossen leichter zugänglich sein wird, ist es vielleicht möglich eine in
jeder Hinsicht erschöpfende Bearbeitung desselben vorzunehmen.
Viele Fragen, so namentlich eine gründliche Untersuchung der von
mir als „Magie stones“ (18) bezeichneten Artefakte”), die keinenfalls
1) Die eingeklammerten Zahlen beziehen sich auf die Nummern der Literatur
nachweise am Schlusse der Arbeit.
2) Besser wäre vielleicht die Bezeichnung „heilige Steine“.
Zeitschrift für Ethnologie. Jahrg. 1911. Heft 5. 41
634 Fritz Noetling:
Werkzeuge waren, harren noch der Lésung, bis dahin mégen aber noch
Jahre vergehen. Inzwischen möchte ich Aufzeichnungen und Beobachtungen,
die ich im Laufe der letzten fünf Jahre an einzelnen Gruppen gemacht
habe, hier veröffentlichen, da sie jedenfalls allen denen, die sich erst in
diese Materie einarbeiten müssen, von Nutzen sein dürften.
1. Kannte die tasmanische Kultur die Kunst des Schleifens?
Es ist von allen oberflächlichen Beobachtern mit einer Energie, die
einer besseren Sache würdig gewesen wäre, die Ansicht verfochten worden.
dass der tasmanischen Kultur die Kunst des Schleifens unbekannt
war. Ich gebe zu, dass es bei einer so niedrigen Kulturstufe wie
| die der archäolithischen Kultur
a priori recht unwahrscheinlich
sein mag, dass diese Menschen
es verstanden hätten, Steine
anzuschleifen. Man wird aber,
wenn man die Prämisse zugibt,
dann weiter fragen, ja warum
haben die Tasmanier denn ihre
Werkzeuge nicht geschliffen?
Der Bann einer fixierten Lehre
ist in einer Anschauung, die zu
dieser Fragestellung kommt,
unverkennbar, denn da die
neolithische Kultur die Werk-
zeuge schliff, so scheint es un-
fassbar, dass die archäolithische
Kultur die Werkzeuge nicht
auch geschliffen hätte, wenn
ihr die Kunst des Schleifens
bekannt gewesen wäre. An
sich scheint also die Frage, ob
die Kultur der Tasmanier die
Abb. L Kunst des Schleifens ausübte,
zu verneinen zu Sein.
Meine Aufsammlungen haben jedoch unwiderleglich bewiesen,
dass die Kunst des Schleifens den Tasmaniern durchaus nicht
unbekannt war.
Das schönste Stück meiner Sammlung, das ganz untrügliche Beweise,
dass es sorgfältig geschliffen ist, trägt, wurde im Jahre 1906 auf dem
Lagerplatz Old Beach gefunden (18).
Es ist ein ovales, flaches Diabaseeröll von rund 127 mm Länge,
83 mm Breite, aber nur 32 mm Dicke, und rund 680 o Gewicht. `
Ober- und Unterseite sind flach, aber während die letztere wahr-
scheinlich infolge nachträglicher Verwitterung rauh ist, ist die Oberseite
sorgfältig abgeschliffen und poliert. Die Abschleifung erstreckte sich über
den Rand, an welchem eine oder zwei scharfe Kanten angeschliffen sind.
Archäolithische Kultur der Tasmanier. 635
Bei günstig auffallendem Lichte kann mian auf der Oberseite drei rauhe,
flache querverlaufende Striemen sehen, die allem Anschein nach Teile der
ursprünglichen Oberfläche repräsentieren. Es ist sehr bemerkenswert, dass
die Oberseite nicht eben, sondern leicht konvex abgeschliffen ist, derart,
dass die Intensität der Abschleifung nach dem Rande hin zunimmt. Ab-
gesehen von einem Fragment, das am Rande der Unterseite abgeschlagen
ist, ist das Stück tadellos erhalten.
Ein anderes Stück ist ein typischer sogenannter „mortier“, den ich
in sechs Fragmente zerbrochen auf einen Lagerplatz bei Kempton fand
(18). Mit Ausnahme eines einzigen Fragments, das nicht aufzufinden war,
konnte ich das Stück in seiner ursprünglichen Gestalt wieder zusammen-
setzen.
Abb. 2.
In seiner ursprünglichen Gestalt war dieses Stück fast vollkommen
kreisförmig; die Oberseite flach ausgehöhlt, die Unterseite und der Rand
konvex.
Der Durchmesser beträgt 140 mm, die Dicke nur 63,5 mm, das Gewicht
ist 2491 g.
Wenn man ein Lineal auf den Oberrand legt, so beobachtet man, dass
die Oberseite vom Rande her nach der Mitte bis zu einer Tiefe von
6 mm gleichmässig und glatt ausgehöhlt ist. Eine solche Aushéhlung kann
nur durch beabsichtigtes, sorgfältiges Ausschleifen zustande kommen.
Der Gesamthabitus des Stückes ist derart, als ob es über die ganze
Oberfläche hin sorgfältig poliert wurde.
Das Gestein ist ein arkoseartiger Sandstein von lichtgelblicher bis
‘rétlicher Farbe.
Der Vollständigkeit halber möchte ich noch bemerken, dass sich am
Rande sowohl, als auf der Unterseite intensive Schlagspuren finden.
41*
636 Fritz Noetling:
Ein drittes Stück, das bei Melton-Mowbray gefunden wurde (18), ist
dem vorigen nahe verwandt und bisher das grösste seiner Art geblieben.
Seine Länge beträgt etwa 216 mm, die Breite 166 mm, die Dicke aber nur
76 mm, während das Gewicht 3311 g beträgt.
Der Umriss ist unregelmässig eiförmig, das eine Ende ist etwas breiter
als das andere. Die Oberseite ist flach und zeigt in der Mitte eine rauhe
Aushöhlung von etwa 108 mm Länge und 101,5 mm Breite, der tiefste
Abb. 2a.
Abb. 2b.
Teil der Aushöhlung befindet sich etwa 6,5 mm unter dem Rande. Die
Unterseite ist schwach konvex und zeigt in der Mitte die Spuren von
einer Anzahl kräftiger Schläge. Der Rand ist konvex und glatt.
Das Gestein ist ein Quarzit oder quarzitischer Sandstein von grosser
Härte, sehr feinkörnig und oberflächlich lichtbrauner Farbe, in der unregel-
mässire, weisse Flecken erscheinen.
Es erscheint unzweifelhaft, dass die ganze Oberfläche sorgfältig ab-
geschliffen ist.
Archiolithische Kultur der Tasmanier. 637
Die obigen drei Stücke sind die schönsten ihrer Art, die mir während
jahrelangen Sammelns zu Gesicht gekommen sind, und obschon sich in
meiner Sammlung eine ganze Anzahl befinden, die ganz augenscheinlich
beweisen, dass sie von der Hand des Menschen, nicht aber durch Wasser
geschliffen und poliert wurden, so habe ich bisher auch nicht ein einziges
Stück gefunden, das an Schönheit den obigen drei gleich käme.
Man könnte vielleicht einwenden, dass die Aushöhlungen von Abb. 2
und Abb. 3 dadurch zustande kamen, dass irgend ein harter Körper darauf
zerrieben oder zermahlen wurde, und zwar ist der nächstliegende Gedanke:
Rötel oder sonstige Farben!) wurden auf diesem Steine zerrieben.
Nun sind uns aber Rötelstücke erhalten geblieben, die, wie ich nach-
Abb. 3.
gewiesen habe (31), aufs Klarste zeigen, dass der Rötel nicht etwa zu
Pulver zerstampft wurde, sondern dass mit Hilfe eines tero-watta
das Rötelpulver abgeschabt wurde. Ist es denkbar, dass das so gewonnene
Rötelpulver nachher noch auf einem Steine mit Fett feiner verrieben
wurde? Ich glaube eine solche Annahme ist ganz unbewusst durch den
Gedankengang des modernen Menschen beeinflusst, aber nicht begründet.
Es ist vielmehr wahrscheinlich, dass, wenn der Tasmanier sein Rötel-
pulver erhalten hatte, es ohne weiteres mit Fett in der hohlen Hand
gemischt und dann direkt auf das Haupthaar gestrichen wurde. Also die
Annahme, dass diese Stücke als Paletten zum Farbenverreiben dienten,
ist, wenigstens was Tasmanien angeht, unzulässig.
Der weiter nächstliegende Gedanke ist das Verreiben von Samen
oder Nüssen. Diese Ansicht kann aber leicht dadurch widerlegt werden,
1) Verworn hat solche „Mortier“ direkt als Paletten zum Farbenzerreiben
bezeichnet.
638 Fritz Noetling:
dass es in Tasmanien keine wildwachsenden Samen oder Niisse gibt, die
zerrieben als Nahrung fir den Menschen dienen kénnten (38). Auch ist
nirgendwo bezeugt, dass die Tasmanier einen Teil ihrer Nahrung in dieser
Weise bereiteten. Wäre es überhaupt der Fall, so müssten derartige
Steine viel zahlreicher sein, als sie sind.
Die Ansicht, dass diese Aushöhlungen als sekundäre Erscheinungen
anzusehen sind, die beim Zerkleinern von Farben oder Nahrung entstanden,
muss also abgelehnt werden.
Es bleibt nur die Annahme übrig, dass die Steine absichtlich aus-
geschliffen wurden. Vielleicht wurde der erste Anfang durch Klopfen
und Hämmern gemacht und nachdem eine Aushöhlung von gewisser Tiefe
Abb. 3a.
hervorgerufen war, wurde die Arbeit durch Nachschleifen mit Sand
vollendet.
Selbst wenn man mir nicht beistimmen will, dass diese beiden Stücke
ein Beweis dafür sind, dass die Tasmanier die Kunst des Schleifens aus-
übten, so bleibt als unwiderleglichster Beweis immer noch das Diabas-
geröll vom Old Beach übrig.
Solche Flächen und solch scharfe Kanten wie dieses Stück zeigt,
können nur durch den Schleifprozess hervorgerufen werden. Die Frage
wäre nur die, wurde dieses Geröll mit der Hand gehalten und auf einer
festen widerstandsfähigen Unterlage geschliffen, oder bildet es selbst die
Unterlage, während die Hand mittels eines anderen Steines oder vielleicht
mit Holz und Sand das Abschleifen besorgte.
Unserer modernen Anschauung nach wäre die erste Annahme die
natürlichste und wahrscheinlichste, ich habe mich aber längst überzeugt,
dass das, was uns Modernen als das Natürlichste erscheint, dem archäo-
lithischeu Tasmanier nicht so erschien. Ich möchte darum eher die zweite
Archäolithische Kultur der Tasmanier. 639
Annahme für wahrscheinlicher halten. Doch will ich diese Frage hier
nicht definitiv entscheiden.
Fest steht nach diesen Beobachtungen, dass die archäolithische Kultur
der Tasmanier die Kunst des Schleifens kannte, aber, und das ist wiederum
eines der vielen psychologischen Rätsel, die mir fort und fort beim
Studieren der Tasmanier entgegentreten, der Schleifprozess war ganz aus-
schliesslich auf die Bearbeitung von Geröllen beschränkt,
niemals aber auf die steinernen Gebrauchswerkzeuge, die
archäolithischen tero-watta übertragen.
Warum dies so war, wird wohl schwerlich je beantwortet werden
können. Man mag die Intelligenz der Tasmanier noch so gering be-
werten, so viel ist doch wohl anzunehmen, dass sie den Vorzug einer
glatten, durch Schleifen erzeugten Fläche vor einer solchen, die durch
Abschlagen erzeugt war, erkannt haben mussten. Desgleichen sollte ihnen
doch wohl die scharfe, durch Schleifen erzeugte Kante aufgefallen sein,
und wir modernen Menschen können kaum verstehen, warum denn der
Tasmanier die Ränder seiner tero-watta nicht ebenfalls schliff, sondern
mühselig durch Schlagen bearbeitete.
Mir will es scheinen, als ob die Beantwortung dieser Frage in der
Natur des archäolithischen tero-watta selbst begründet liegt. Die Her-
stellung des tero-watta wurde seit undenklicher Zeit nur in einer Weise,
nämlich durch Abschlag vorgenommen. Die Vorstellung, dass das tero-
watta nur auf diese Weise und zwar durch Schläge von der Pollikal-
fläche nach der Indikalfläche bearbeitet werden konnte (5, 14, 30, 34,
siehe auch 26), war so fest eingewurzelt, dass nur unter dieser An-
nahme so merkwürdige, absolut unbrauchbare Werkzeuge zustande
kommen konnten, wie das von mir auf dem Lagerplatz Old Beach ge-
fundene Stück (30, 34).
Welche Erfindung auch immer in bezug auf die Bearbeitung der Ge-
rölle gemacht worden sein mag, das tasmanische Gehirn konnte die Idee,
dass die tero-watta auf andere Weise hergestellt, oder doch mindestens
verbessert werden könnten, als auf die seit Generationen ausgeübte Art,
nicht konzipieren. Vielleicht war daran in erster Linie die Handhabung
des tero-watta Schuld.
Die glatte, flache Pollikalfläche war zum Auflegen des Daumens un-
bedingt notwendig (1, 2), aber sowie sie durch den Abschlag erzielt wurde,
genügte sie vollkommen für alle Bedürfnisse. Eine Verbesserung durch
das mühselige Schleifen war also nicht notwendig.
Eher könnte man annehmen, dass der Nutzrand durch Schärfen ver-
bessert wurde. Hier ınag das Schärfen durch Abschlag wohl einfacher
gewesen sein als das mühevolle Schleifen, und wiederum mag hier die
tiefeingewurzelte Idee, dass der Rand nur von der Pollikal- nach der
Indikalfläche zu geschärft werden könne, ein unübersteigliches Hindernis
gebildet haben.
Hoffentlich werfen weitere Untersuchungen Licht auf diese dunkle
Frage, aber soviel steht fest, der archäolithischen Kultur der
640. Fritz Noetling:
Tasmanier war die Kunst des Schleifens wohl bekannt, und
wurde, wenn auch in beschränktem Masse, ausgeübt.
Wenn diese Feststellung auf die Tasmanier zutrifft, ist es dann allzu
gewagt anzunehmen, dass auch der archäolithischen Kultur Europas der
Schleifprozess bekannt war, nur dass sie denselben nicht auf Werkzeuge
anwendete? Ist diese Annahme richtig, so war die Schleifkunst der
archäolithischen und der paläolithischen Kultur bekannt, niemand aber
dachte daran, dieselbe auf die Gebrauchswerkzeuge (Archäolithen) oder
Gebrauchswerkzeuge und Waffen (Paläolithen) auszudehnen. Irgend ein
erfinderischer Kopf zu Ende der Magdalenienzeit mag auf die Idee ge-
kommen sein, die steinernen Geräte durch Schleifen zu verbessern.
Möglich, dass die Verarbeitung von Knochen hierzu den ersten Anstoss
gab. Knochen eignen sich nicht wie die Kieselgesteine zur Bearbeitung
durch Schläge, wohl aber war es leicht sie zu schleifen, und so mag
vielleicht die Herstellung von Gebrauchswerkzeugen aus Knochen die
erste Veranlassung gewesen sein, den seit altersher bekannten Schleif-
prozess auch auf die aus Stein angefertigten Geräte und Waffen zu über-
tragen.
2. Verwendete die tasmanische Kultur Knochen als Material zur
Herstellung von Geräten?
Ich habe oben die Ansicht ausgesprochen, dass möglicherweise die
Verwendung von Knochen den Anstoss zur Schleifung und Polierung der
Steingeräte gegeben haben mag. Diese Theorie wird anscheinend dadurch
widerlegt, dass in Tasmanien unter den Lokalsammlern ganz allgemein
der Glaube verbreitet ist, die Ureinwohner Tasmaniens hätten es ver-
standen aus Knochen schön geformte „Löffelchen“ herzustellen.
Diese „Löffelchen“* sind ein hochgeschätzter Sammelartikel, und das
tasmanische Museum zu Hobart besitzt ein ganzes Bündel derselben, mit
der Aufschrift: „Bone implements manufactured by the Tasmanian
Aborigines.“
Solche Ansichten, die von Dilettanten mit der Überzeugung, die nur
ein durch Sachkenntnis ungetrübtes Gemüt besitzen kann, ausgesprochen,
aber nie auf ihre Richtigkeit geprüft wurden, können grossen Schaden an-
stiften, und sind, wenn einmal verbreitet, schwer .auszurotten.
Ich habe bereits in einer Fussnote einer früheren Arbeit (34) auf
diese grundfalschen Ansichten aufmerksam gemacht, es ist ınir aber bisher
noch nicht möglich gewesen, das unglückliche Knochenbündelchen mit
seinem fatalen Etikett aus dem Museum von Hobart zu entfernen. So
tief eingewurzelt können falsche Ideen sein. |
Diese sogenannten ,,bone implements“ sind Knochenfragmente von
höchstens 15 cm Länge, und geringer, im besten Fall 8-9 mm Breite.
Das eine Ende ist mehr oder minder zylindrisch und zeigt eine seichte
Längsfurche, das entgegengesetzte Ende plattet sich ab und ist auf einer
Seite flach ausgehöhlt, auf der gegenüberliegenden gerundet; die Ränder
sind scharf und schneidend. Kein einziges der von mir untersuchten
Stücke ist vollständig, alle, auch mit nicht einer Ausnahme zeigen Bruch-
ET TTT mme
Archäolithische Kultur der Tasmanier. 641
flächen an beiden Längsenden. Was also auch immer ihr Ursprung sein
mag, es sind Fragmente, nicht aber vollständig erhaltene Stücke.
Ich habe eine Anzahl dieser Knochenstücke aus dem Muschelhaufen
in der Höhle von Rocky Cape an der Nordwestküste Tasmaniens aus-
gegraben, und ich gestehe, dass, hätte ich die tasmanische Kultur nicht
vorher hinreichend studiert und daraus die Überzeugung erlangt, dass
sie die Verwendung von Knochen nicht kannte, ich möglicherweise in
denselben Irrtum wie alle andern verfallen wäre, sie für Artefakte
zu halten. In erster Linie machte mich aber der ganze Habitus
dieser „bone implements“ stutzig. Dieser sah nicht nach Bearbeitung
durch Menschenhand aus. Ich sagte mir dann weiter, wenn überhaupt
Knochen bearbeitet wurden, so müssen sich auch andere Stücke finden;
die Bearbeitung wird sich doch schwerlich auf Extremitätenknochen be-
schränkt haben. Ich fand Knochen genug, aufgeschlagene Röhrenknochen
in Menge, aber auch nicht ein einziges Stück zeigte auch nur Schneide-
spuren, geschweige denn solche, die auf absichtliche Bearbeitung hin-
Abb. 4 Rechte Fibula von Halmaturus Bennetti.
€
—
Abb. 4a. Sog. „Marklöffel“ aus obigem Stück hergestellt.
wiesen. Unter der grossen Zahl von Knochen waren nur die „Löffelchen“
diejenigen, die auf Bearbeitung hindeuteten. Es war mir ferner. sofort
klar, dass sie den Extremitätenknochen angehörten und ihr Gesamthabitus
bewies für Tasmanien wenigstens, dass sie nur von einem Tier, nämlich
dem Känguru herrühren könnten.
Eine umgehend veranstaltete Kängurujagd hatte ein überraschendes
Resultat zur Folge; die Hunde hatten das Känguru bald zur Stelle
gebracht, allein bevor sie es fassten, war es über einen Felsen abgestürzt,
. mit dem Resultat, dass die linke Fibula brach, wie sich später heraus-
stellte.
Am Abend hatte ich die Knochen der Extremitäten präpariert, und
siehe da, die gebrochene Fibula stimmte auch bis auf das geringste
Detail mit den sog. „Löffelchen‘‘ oder ‚bone implements“ überein.
Ich gebe hier die Abbildung der rechten Fibula des betreffenden
Tieres, die linke, gebrochene, befindet sich zum Vergleich mit den sog.
„Löffelchen“ in Berlin. l
Ich habe keinen Zweifel daran, dass die erste Angabe bzg. der von
tasmanischen Ureinwohnern angefertigten Knochenwerkzeuge in gutem
Glauben gemacht wurde. Der betreffende „Entdecker“ war von seinem
642 Fritz Noetling:
Fund vollständig überzeugt. Er hatte doch allen Grund dazu; die englische
Küche kennt ein Instrument —, dem die Kängurufibula als Prototyp
gedient haben könnte —, eine Art Löffel zum Auslösen des Markes
(marrow-scoop). Natürlich, so schloss der Entdecker, die Tasmanier
fertigten sich Marklöffel an, um das Mark aus den grösseren Röhren-
knochen auszulösen. Er nahm sich aber nicht die Mühe, seine ,,Ent-
deckung‘ auch auf ihre Richtigkeit hin zu prüfen, „denn jedermann weiss
doch, dass die Eingeborenen Werkzeuge aus Knochen anfertigen.“
Ich habe dieses Beispiel deswegen so ausführlich besprochen, um zu
zeigen, wie infolge vorgefasster Meinungen Irrtümer von der schwersten
Bedeutung entstehen und dann schliesslich in die Literatur übergehen,
aus der sie dann kaum auszumerzen sind.
Wir dürfen es als absolut feststehend ansehen, dass die archäolithische
Kultur die Verwendung von Knochen zu Werkzeugen nicht kannte.
Welcher Missklang wäre in die so einheitlich konstruierte archäolithische
Kultur gekommen, wenn sich die Behauptung, „dass die archäolithischen
Tasmanier schon aus Knochen geschnitzte Léffelchen zum Auslösen des
Markes aus den Röhrenknochen anfertigten“, in die Literatur ein-
geschlichen hätte. Immer wieder würde jemand betont haben, „die Tas-
manier bilden schliesslich doch eine Ausnahme, denn sie verwendeten
doch Knochen zur Anfertigung von Geräten, und es würde mich nicht
im geringsten gewundert haben, wenn schliesslich jemand auf den Ge-
danken gekommen wäre, die archäolithische Kultur der Tasmanier als
atavistischen Rückschlag zu erklären. Der Anfang ist bereits gemacht,
indem die Tasmanier ein insularer Zweig des Australierstammes, der seine
niedrige Kulturstufe seiner insularen Isolierung verdankt, erklärt werden?!)
während sie doch aller Wahrscheinlichkeit nach die Überbleibsel der
ältesten Bewohner Australiens repräsentieren. (36, 42.)
3. Das Gewicht und die Grössenverhältnisse der tero-watta.
Vielleicht mag es voreilig erscheinen, dieses Thema auf Grund von
nicht mehr als 75 Wägungen und Messungen zu behandeln; allein die
Resultate sind immerhin interessant genug, um wenigstens in vorläufiger
Weise mitgeteilt zu werden.
Ich habe wie gesagt 75 Stück meiner Sammlung get in Berlin) ge-
wogen und gemessen. Alle Stücke waren vollständig, keines war be-
schädigt, doch muss bemerkt werden, dass die Dimensionen alle als
Maximaldimensionen anzusehen sind, d. h. wenn z. B. die Dicke mit 30 mm
angegeben ist, so ist damit nicht gesagt, dass das Stück überall 30 mm
dick ist, sondern nur dass die grösste Dicke = 30 mm ist. Ich habe mich
ferner bemüht, die Stücke möglichst proportional der Zahl des Vor-
kommens auszuwählen. Man verfällt nur zu leicht in den Irrtum,
grössere Stücke auszusuchen, und so ist es denn nicht ganz ausgeschlossen,
1) Diese Ansicht hat, wie ich zu meiner grössten Freude konstatieren kann,
bereits eine sehr scharfe Abweisung seitens des Herrn von Luschan zur Folge
vehabt.
Archäolithische Kultur der Tasmanier. 643
dass Stücke über 240 g Gewicht vielleicht zu zahlreich sind, doch glaube
ich kaum, dass dies das Gesamtbild wesentlich beeinflussen wird.
In Bezugnahme auf das Gewicht stand mir leider nur englisches
Gewicht zu Gebote, ich musste darum die Umrechnung in Gramm machen,
und das wird dann vielleicht nicht immer mit dem tatsächlichen Gramm-
gewicht stimmen, schliesslich kommt es ja auf ein paar Gramm melır oder
weniger nicht an, denn die Hauptsache bleibt schliesslich doch, gewisse
Mittelwerte festzulegen').
Es wiegen:
a
Stück | pCt.
Unter Gg e 0 ee Se ie SM a Cow ST e E 20 26,6
Zwischen Gand EE, 2 ee SE he 5 24 32,0
e 00° vig © BO. re ara 12 16,0
` ae EO aie fast at e Ren er AN 8 10,6
8 GOs at DE RE A HE 26. EA 7 93
e ENT. AREY on ak, rg ee } 4,0
Mehe ais: "ME ee er ner 1 1,3
Aus obiger Tabelle geht zur Genüge hervor, dass die überwiegende
Zahl der tero-watta, nämlich 74,6 pCt., also ziemlich genau Dreiviertel,
nicht über 240 g (8 ounce engl.) wiegt. Nur 25,2 pCt. wiegen mehr als
240 g.
Wir sehen weiter, dass Stücke, die nicht über 120 g (4 Unzen)
wiegen, 58,6 pCt. der Gesamtzahl ausmachen, während nur 41,2 pCt. dieses
Gewicht überschreiten.
Diese Zahlen beweisen ferner, dass die grösste Zahl der tero-watta
zwischen 60 und 120g wiegt. Wenn wir jedoch annehmen, dass das
handlichste Gewicht zwischen 60 und 240 g liegt, so finden wir, dass diese
Stücke 48 pCt. der Gesamtzahl, d. h. nahezu die Hälfte ausmachen. Ein
Viertel, d. h. 25,2 pCt. wiegt mehr als 240g und ein anderes Viertel
(26,6 pCt.) ist leichter als 60 g.
Es ist sehr schwer anzunehmen, dass diese Proportion
1 : 2 : 1
unter zwischen über
60 g 60 und 240 g
` 240 9
rein zufällig ist, und nicht eine tiefere Begründung hat. Ich bin viel-
mehr zur Annahme geneigt, dass der Tasmanier mit Vorliebe einen tero-
watta benutzte, der nicht leichter als 60 g, aber auch nicht schwerer als
240 g war, und daraus geht wiederum hervor, dass die terro-watta im all-
1) Die englische Unze Avoir dupois wiegt 28,35 g, die Unze Troy 31,1035 g. Ich
bin in meinen Tabellen von 2 zu 2 Unzen A. D. gegangen und setze dafür in
runden Ziffern 60 g. |
644 Fritz Noetling:
gemeinen nur zu relativ leichter Arbeitsleistung herangezogen wurden.
Mit einem Steinwerkzeug, dass nur 240 g wiegt, kann man keine schwere
Arbeit ausführen, geschweige denn mit einem solchen, das nur 60g wiegt.
Was die Grössenverhältnisse anbelangt, so dürfte ein kurzer Hinweis
auf die Länge genügen; nur 30,6 pCt. sind über 100 mm lang, während
69,4 pCt. unter dieser Länge bleiben.
Wenn wir in Betracht ziehen, dass unter 100 tero-watta 56,6 pCt.
schwerer und nur 18,8 pCt. leichter sind als Feuerstein, während 24,5 pCt.
dasselbe spezifische Gewicht besitzen, so folgt, dass im allgemeinen bei
gleichem Gewicht der tero-watta kleiner ist als ein aus Feuerstein an-
gefertigter Archäolith, bei gleicher Grösse der erstere schwerer ist als der
letztere. Es fehlte mir leider ein genügendes Material an europäischen
Archäolithen, um weitere Vergleiche anstellen zu können, ich glaubte
jedoch, dass ein einzehenderes vergleichendes Studium in dieser Hinsicht
wertvolle physiologische Schlüsse ergeben wird.
Soviel geht aus den Gewichts- und Grössenverhältnissen der tero-
watta mit Bestimmtheit hervor: für ein Riesengeschlecht waren sie
nicht berechnet. Das absolut geringe Gewicht bei relativer Kleinheit
lässt eher den Schluss zu, dass die Hand, welche den tero-watta fasste,
ebenfalls klein war, und dass darum alle über normal grossen oder schweren
Stücke kaum als Arbeitsgerät verwendet wurden, vielmehr als unfertiger
Abfall, der aus irgendwelchen Gründen nicht vollendet wurde, anzusehen
sind (43). Im wesentlichen wird es sich bei grossen Abschlägen sowohl um
Reduzierung der Grösse ais auch des Gewichtes durch Bearbeitung der
Indikalfläche handeln, gelang dies nicht, so wurde das Stück einfach weg-
geworfen (43). Wir würden damit einen neuen Gesichtspunkt gewinnen,
warum unter scheinbar ganz gleichen Verhältnissen die Indicalfläche eines
tero-watta intensiver bearbeitet ist als die eines andern.
4. Tero-watta von scheinbar absichtlicher Form.
Ich habe mehrfach ausgesprochen, dass das Hauptcharakteristikum
eines tero-watta seine gänzliche Symmetrielosigkeit nach zwei Richtungen
hin ist (5). Mit andern Worten, Unsymmetrie der Flächen sowohl, als
des Umrisses charakterisieren das tero-watta, wobei wiederum die Un-
symmetrie das wichtigste Merkmal des tero-watta, sowohl als des archäo-
lithischen Werkzeuges überhaupt ist. Ich habe betont, dass auf Grund
dieser Definition der Archäolith seine Form nicht ändern kann, ohne
aufzuhéren ein Archäolith zu sein. DBeidflächige Bearbeitung hebt die
Unsymmetrie der Flächen anf, und der Archäolith hört auf ein solcher
zu sein.
Weniger wichtig ist die Unsymmetrie des Umrisses, die laterale Un-
symmetrie; die überwiegende Mehrzahl der tero-watta ist lateral un-
symmetrisch, aber wenn man eine grosse Anzahl untersucht, so wird man
darunter doch einige finden, die, trotzdem sie die Unsymmetrie der Flächen
bewahrt haben, lateral beinahe vollkommen symmetrisch sind. Wenn an
einem Ende zugespitzt, so täuschen sie eine J.anzen- oder Pfeilspitze aufs
überrascheudste vor. Auf Hutchinson's Quarry (Syndal) habe ich ein
u
S.-i, gee eegen -..
Archäolithische Kultur der Tasmanier. 645
Stück gefunden, das einem der Längsachse nach halbierten Moustier-
coup-a-poing zum Verwechseln ähnlich sieht.
Ich habe ferner hervorgehoben, dass der spätere Umriss des tero-watta
in erster Linie durch den Umriss des Abschlages bedingt ist (42). Mit
andern Worten, eine absichtliche gewollte Form (oder Umriss) ist ur-
sprünglich nicht vorhanden.
Die lateral-symmetrischen Stücke lassen aber den Gedanken nicht
abweisen, dass unter Umständen der Umriss oder die Form nicht mehr
die zufällige des Abschlages, sondern in der Tat eine absichtliche, gewollte
Form darstellt. Dies scheint ganz unzweifelhaft bei einem Prachtstück
von Shene der Fall zu sein. Die Lage der Perkussionsfläche und des
Bulbus deutet darauf hin, dass der ursprüngliche Abschlag ganz anders
ausgesehen haben muss, als die jetzige, lanzenspitzenartige Form. Diese
kann nur durch nachherige Bearbeitung entstanden sein.
Abb. 5.
Wenn man erst diesen Gedanken vollkommen realisiert hat, so wird
man unter der grossen Zahl der gänzlich regellosen Formen eine Auzahl
auffinden, die sehr sorgfältig ringsum bearbeitet sind, und wenn man diese
Stücke weiter untersucht, so wird man gewisse Charaktere finden, die es
schwer machen den Gedanken abzulehnen, dass in der Tat die Form
(Umriss) eine gewollte, beabsichtigte ist. Solche Stücke können nun
lateral-symmetrisch sein, wie die oben erwähnten Stücke, sie können aber
auch den Charakter als Archäolith noch völlig bewahren, und trotzdem
einen gewollten beabsichtigten Umriss zeigen.
Ich möchte hier zwei der markantesten Stücke der letzteren Gruppe
beschreiben, wobei ich bemerken möchte, dass solche Stücke äusserst
selten sind.
Dieses Stück ist vielleicht das merkwürdigste und schönste, das mir
zu Gesicht gekommen ist. Die grösste Länge beträgt 100 mm, die Breite
71, aber die Dicke übersteigt nirgends 10 mm, meistens ist sie erheblich
geringer.
646 Fritz Noetling:
Das Stück ist aus sehr feinkörnigem, dunkelgrauem Hornstein, der
einen guten Muschelbruch besitzt, geschlagen. Die ganze, Oberfläche
ist mit einer licht-gelblichgrauen, ziemlich dicken Patina überzogen.
Der Umriss ist, ohne sehr umständlich zu sein, schwer zu beschreiben:
ein Vergleich ist viel kürzer und prägnanter. Das Stück ist am besten
mit der Umrisslinie eines vierfüssigen Tieres von schwerfälligem Körper-
bau, kurzem dicken Kopf und kurzen breiten Beinen, mit abgerundetem
Hinterteil zu vergleichen.
Der Oberrand ist beinahe gerade und sehr sorgfältig vom Hinterende
bis zur Mitte des Kopfes bearbeitet; ein gleiches gilt für den Unterrand.
Die delikate Bearbeitung des konvexen Teiles des Randes deutet un-
zweifelhaft an, dass diese konkaven Teile nicht zufällig, sondern ab-
sichtlich hergestellt wurden. Die Randbearbeitung ist besonders sorg-
fällig am unteren Ende der Vorderextremität, die eine so grosse Dünne
besitzt, dass man sich nur wundern muss, dass sie nicht längst ab-
gebrochen ist. Ein Teil der Hinterextremität muss nach der Patina,
welche die Bruchfläche überzieht, zu urteilen, sehr frühzeitig abgebrochen
sein. Die Hinterseite zeigt im allgemeinen eine weniger sorgfältige Rand-
bearbeitung.
Die Indikalfläche ist flach und zeigt, dass einige grosse Absplisse
vorher abgeschlagen wurden.
Die Pollikalfläche ist flach und zeigt nur wenige undeutliche Perkussions-
ringe. Wahrscheinlich lag der Abschlagspunkt an der Spitze der Hinter-
extremität.
Meiner Auffassung nach stellt das Stück einen externen Abschlag
zweiter Ordnung dar. Darauf deutet wenigstens das Stückchen der ur-
sprünglichen Kruste auf der Indikalfläche hin. (44.)
Ich glaube, es kann kaum zweifelhaft sein, dass der Umriss höchst
merkwürdig ist. Wenn meine Ansicht bezüglich der Lage des Ab-
schlagpunktes richtig ist, so repräsentiert Kopf und Vorderseite das distale
Ende des Abschlages. Ist das richtig, dann kann der ursprüngliche
Abschlag, sowie er vom Werkstück (nucleus) abgetrennt wurde, un-
möglich auch nur annähernd die jetzige Form besessen haben, es ist
vielmehr anzunehmen, dass er von länglich ovalem Umriss war; die beiden
Längsseiten waren schwach, das distale Ende stark konvex.
Es ist gänzlich ausgeschlossen, dass dieser schön brechende Hornstein
einen andern als einem mehr oder minder elliptischen glattrandigen
Scherben beim Abschlag lieferte. Die drei konkaven Teile des Randes
sind also nicht als ursprüngliche Randeinbuchtungen anzusehen, sondern
sind durch nachträgliche Bearbeitung entstanden.
Nehmen wir nun einmal an, dieses Stück sei ein Arbeitsgerät ge-
wesen, wozu hat es denn gedient? Zum Teil Schaber, zum grösseren
Teil Hohlschaber wird die Antwort sein.
Angenommen dies wäre so, warum war denn aber der untere Teil
der „Vorderextremität“, der knapp 18 mm in Breite misst, so sorgfältig
bearbeitet?
An der Basis hat die Vorderextremität bei einer Länge von 26 mm,
Archiolithische Kultur der Tasmanier. 647
eine Breite von 23 mm, und eine Dicke von nur 6 mm (die sich am Ende
auf 3 mm verjiingt). Man versuche einmal mit einem solchen dünnen
Stück Gestein irgendwelche nützliche Arbeit auszuführen; der leiseste
Druck würde genügen, es an der Basis abzusprengen.
Ähnliches gilt für die Hinterextremität, die man sich leicht er-
gänzen kann.
Der Oberrand mag als Schaber gedient haben, warum wurden aber
denn die beiden Enden so sorgfältig abgerundet?
Vielleicht, und das wäre eine Möglichkeit, die ich jedoch mit aller
Reserve ausprechen möchte, war das ursprüngliche Stück ein tero-watta
von elliptischer Form und allseitiger Randbearbeitung. Die konkaven
Randteile entstanden dann zufällig im Laufe der Arbeit, und der fein be-
arbeitete Teil der Vorderextremität ist nichts anderes als ein Rest des
ursprünglichen Randes.
Dieser Auffassung stehen jedoch grosse Bedenken entgegen; warum
zeigt denn die vordere und untere Aushöhlung eine so delikate Raud-
Abb. 6. Indikalfläche. Abb. Ga Pollikalfläche.
bearbeitung? Diese ist doch wohl kaum im Laufe der Arbeit zufällig
entstanden. Weiterhin ist es undenkbar, dass, wenn irgend ein Druck
gegen den Rand der Vorderextremität ausgeführt wurde, nachdem ent-
weder die vordere oder untere Konkavität bereits entstanden war, diese
nicht direkt abbrach.
Alle diese Überlegungen scheinen nur darauf hinzudeuten, dass der
Umriss dieses tero-watta nicht zufällig, sondern tatsächlich gewollt, ab-
sichtlich ist; wenn aber dem so ist, dann ist es wiederum schwer die
Ansicht zu unterdrücken, dass dieses Stück eine Tierform, etwa einen
Wombat darstellen soll.
Das nachfolgend abgebildete Stück ist ebenfalls höchst merkwürdig.
Die Länge dieses bei Monavale gefundenen Stückes beträgt 84 mm,
die Breite 52 und die grösste Dicke 34 mm.
Die Gesteinsart lässt sich infolge der Patina nicht genau feststellen,
doch ist aus der Farbe der letzteren und dem schön muscheligen Bruch
zu schliessen, dass das Gestein ein Hornstein von entweder grauer oder
dunkelblauer Farbe sein muss. Das Gestein unterscheidet sich jedoch
von allen andern durch eine grosse Zahl kleiner Löcher, welche scheinbar
648 Fritz Noetling:
das ganze Gestein durchsetzten und meist mit rostfarbener erdiger Substanz
gefüllt sind.
Die ganze Oberfläche ist mit einer lichtbraunen Patina überzogen,
während ein Teil der ursprünglichen Oberfläche des Werkstückes, der am
Distalende der Indikalfläche erhalten ist, eine dunkelrote Farbe zeigt und
von beträchtlicher Dicke ist.
Wiederum ist der Umriss schwer mit wenigen Worten zu beschreiben.
Am besten lässt er sich mit dem eines menschlichen Kopfes vergleichen.
Allgemein ist der Umriss länglich oval, breiter und gerundet am
distalen, schmal und gerade abgestutzt am proximalen Ende. Die eine
Längsseite ist flach S-förmig; die gegenüberliegende zeigt etwas über der
Mitte der Höhe eine kurze breite, etwas stumpfe Spitze, beiderseits
welcher der Rand konkav ist. Der obere Teil verläuft allmählich in den
Distalrand, der untere zeigt jedoch eine Doppelkonkavitat, die durch eine
flache, breite Erhöhung geschieden ist.
Die Ränder, namentlich der letzt beschriebene, sind sorgfältig aber
ziemlich grob bearbeitet, wobei hervorgehoben werden muss, dass sich
die Bearbeitung über die Spitze erstreckte, wobei deutlich zu sehen ist,
dass diese ganz absichtlich durch Abschlag von oben und unten
erzeugt wurde. Die Trefflinie beider Abschläge erzeugte eine scharfe
Kante in der Mittellinie der Spitze. |
Die Pollikalfläche ist flach und glatt; die Indikalfläche stark konvex,
nicht stark bearbeitet; die Perkussionsfläche ist klein, dreieckig; der
Pollikalrand gerade und zeigt einen deutlichen Aufschlagspunkt.
Dieses Stück ist als ein externer Abschlag zweiter Ordnung, mit ge-
ringer Bearbeitung der Indikalfläche aufzufassen. (44.)
Was mag wohl die Verwendung dieses kuriosen Stückes gewesen
sein? Ein Bohrer war es sicherlich nicht. Was für eine Art von
Löchern hatte man mit dieser kurzen Spitze, die 10—12 mm Durchmesser
besass, bohren können? Irgend ein scharfspitziger Gesteinssplitter hätte
diesen Zweck besser erfüllt, als diese kurze plumpe Spitze. Wenn es
aber wirklich ein Bohrer war, warum wurde dann die kleine untere
Konkavitét angefertigt? Schaben konnte man damit nicht, dafür war sie
viel zu kurz. Könnte ferner der gegenüberliegende konvex-konkave Rand
als Schaber verwendet werden?
Auch hier liegt wieder die Versuchung nahe, die Gestaltung des
eigenartigen Randes als zufällig aufzufassen, die aus der Abnutzung
des ursprünglichen Randes entstanden ist. Dagegen spricht ganz ent-
schieden die unverkennbar absichtlich produzierte Spitze. Wie ist es
überhaupt denkbar, dass der proximalwärts von der Spitze gelegene Teil
des Randes seine Form zufällig erhielt? Wäre dieselbe beim Schaben
zufällig entstanden, so wäre wohl kaum die flache Erhebung stehen ge-
blieben.
Wie ich das Stück auch immer anselıe, es will mir nicht einleuchten,
dass die merkwürdige Randlinie zufällige und nicht eine gewollte sein soll.
Ich will mich hier jeder Ausserung oder Ansicht enthalten, was das
Stück darstellen soll, ich bemerke aber, dass es nicht das einzige dieser
Archiolithische Kultur der Tasmanier. 649
Art in meiner Sammlung ist, und dass ich ein fast noch merkwürdigeres
Stiick bei Melton-Mowbray gesammelt habe. r
Für mich steht es fest, dass die Umrisslinie dieser beiden hier be-
schriebenen Stiicke eine gewollte, absichtliche, nicht aber zu-
fällig ist. Welche Auslegung man diesen Stücken geben mag, will ich
dahingestellt sein lassen. Arbeitsgeräte waren es meiner Ansicht nach
sicherlich nicht.
Vielleicht gibt eine eingehende Bearbeitung der von mir gesammelten
Stücke Aufschluss über ihre Bedeutung, soviel möchte ich nur sagen,
dass, wenn Schweinfurths Deutung!) der „Figurensteine“ richtig ist,
dann befinden sich in meiner Sammlung von tero-watta solche, die
Eukalyptus-Blätter, Schlangen, Vogelköpfe, vierfüssige Tiere und Menschen-
köpfe darstellen.
Einstweilen kann ich mich dieser Auffassung noch nicht rückhaltlos
anschliessen. Das einzige, was mir sicher zu sein scheint, ist, dass es
unter den tero-watta eine Anzahl von Stücken gibt, deren Form und Be-
arbeitung darauf hindeutet, dass der Umriss nicht zufällig, sondern ein
gewollter, absichtlicher ist?).
Ob solche Stücke auch in den archäolithischen Industrien Europas
vorkommen, weiss ich nicht, es scheint mir aber nicht so. In einer
früheren Arbeit (37) habe ich darauf hingewiesen, dass es fast den Anschein
hat, als ob die tasmanische Kultur die höchste Stufe der archäolithischen
Kultur bezeichne, und zwar wesentlich deshalb, weil sie eine sorgfältigere
Bearbeitung der Indikalfliche besitzt, als alle andern archäolithischen
Kulturen.
Ist die obige Ansicht vom Vorkommen von tero-watta mit gewolltem
Umriss richtig, dann hätten wir ein weiteres Kriterium für die Einteilung
der archäolithischen Kulturen gewonnen.
Man könnte dieselben dann in zwei Gruppen teilen, nämlich:
2. Jüngere archäolithische Kultur.
Mit sorgfältiger Bearbeitung der Indikalfläche und Stücken von ge-
wolltem Umriss, die wahrscheinlich nicht als Geräte anzusehen sind:
Tasmanische Kultar.
1. Ältere archäolithische Kultur.
Ohne sorgfältige Bearbeitung der Indikalfläche.
Ohne Stücke von gewolltem Umriss.
1) Über das Höhlen-Palüolithikum von Sizilien, Zeitschr. f. Ethnologie Jahr-
gang 39, 1907, S. 879ff.
2) Ich mag im Anschluss hieran auf die von Stirling beschriebenen Felsen-
malereien (Aboriginal Rock Paintings on the South Para, Barossa Ranges.
Transact. Roy. Soc. South Australia 1902) hinweisen. Niemand zweifelt daran, dass
diese Malereien Tier- und Menschenfiguren darstellen, allein man vergleiche die
rohe Vorstellung eines vierfüssigen Tieres (Abb. 3) mit der hier wiedergegebenen
Abb. 5. Ähnliches gilt für die Vogelgestalten Abb. 8 und 9b, c, die viel roher aus-
geführt sind als gewisse tero-watta, die man als solche deuten könnte.
Zeitschrift für Ethnologie. Jahrg. 1911. Heft 5. 42
650 Fritz Noetling:
Wie viele und welche von den älteren Kulturen hierher gehören, kann
ich nicht entscheiden, sicher scheint mir dies nur für die Kulturen vom
Fagnien bis zum Saint-Prestien zu sein. Ich spreche diese Ansicht mit
aller Rererve aus, denn es gebricht mir das Material, um ein Urteil über
die europäischen Kulturen zu fällen. Soviel haben mich meine Studien
an den tasmanischen tero-watta gelehrt: eine richtige Auffassung der
Archäolithen kann nur an der Hand eines gewaltigen, umfassenden
Materials erlangt werden; Schlussfolgerungen, die nur auf geringes Material
basiert sind, sind zum allermindesten zweifelhaft. Ich würde nie zur
Ansicht über tero-watta von gewolltem Umriss gelangt sein, wenn mir nur
ein einziges Stück, statt ein grosses Material vorgelegen hätte, ebensowenig
würde ich die Hypothese der heiligen Steine aufgestellt haben, wenn mich
nicht mein grosses Material zur Überzeugung gebracht hätte, dass die
Erklärung derselben als Hammer- oder Reibsteine oder Ambossteine mit
den beobachteten Tatsachen unvereinbar ist.
Es muss darum anderen überlassen bleiben, zu entscheiden, ob die
archäolithischen Kulturen Europas Formen von gewolltem Umriss besitzen
oder nicht.
5. Der Gebrauch und die Verwendung der tero-watta.
Im sechsten Hefte Jahrgang 1910 dieser Zeitschrift bespricht Herr
P. W. Schmidt meinen im vorhergehenden Jahre erschienenen Aufsatz
über die tasmanischen Worte zur Bezeichnung der Steinwerkzeuge (28).
Ich bin Herrn Schmidt aufrichtig dafür dankbar, dass er sich die Mühe
genommen hat, meine Irrtümer richtig zu stellen, denn, dass ich solche
begangen hatte, davon war ich selbst überzeugt. Ich brauche wohl
niemanden zu versichern, dass ich in der Sprachwissenschaft ein absoluter
Laie bin, allein mit dem gedachten Aufsatze sowohl, als den später
folgenden, schnitt ich ein Thema an, das bisher sowohl von den Fach-
männern, die sich mit tasmanischer Etymologie, als von denen, die sich
mit der Ethnographie und Anthropologie der tasmanischen Ureinwohner
beschäftigten, gänzlich ausser acht gelassen wurde.
Ich glaube nicht fehlzugehen, wenn ich behaupte, dass uns von keinen
der auf reinster archäolkhischer Kultur stehenden Stämme die Sprache
bekannt oder überliefert ist, mit Ausnahme der Ureinwohner Tasmaniens.
Ich sagte mir darum, dass uns das Vokabularium der tasmanischen Sprache,
wie lückenhaft immer dasselbe auch sein mag, ganz wertvolle Anbalts-
punkte bezüglich der Kultur dieser Rasse, namentlich der von ihr
benutzten Werkzeuge bieten müsse. Und darin habe ich mich nicht
getäuscht. Das Endergebnis war ganz ausserordentlich wertvoll, und
wenn erst die paläontologische Methode mehr im Gebiete der prähistorischen
Forschung verwendet werden wird, so wird man den vollen Wert der
tasmanischen Kultur als Vergleichsmaterial zur Beurteilung der ärchäo-
lithisch-eolithischen Kultur Europas richtig ermessen. Es hiesse alle Er-
fuhrungen auf den Kopf stellen, wollte man annehmen, dass der archäo-
lithische Mensch Europas in seiner Kulturstufe wesentlich von dem Tas-
inaniens verschieden war. Es mögen ja im einzelnen noch näher zu be-
Archäolithische Kultur der Tasmanier. 651
griindende Verschiedenheiten bestanden haben, aber das steht für mich
fest, dass ebenso wie die tero-watta ganz ausschliesslich Werkzeuge des
täglichen Gebrauches darstellten, die Steininstrumente der archäolithischen
Kultur Europas als Werkzeuge, keinenfalls aber Waffen anzusehen sind.
Ich habe wie gesagt Bestätigung meiner Ansichten im Vokabularium
gesucht und gefunden, und wie ich nunmehr zu meiner Freude konstatieren
kann, wird ihnen von einem Fachmanne zugestimmt.
Mein ursprünglicher Aufsatz war nichts anders als ein versuchendes
Tasten, und hätte ich hier in Hobart den Rat eines so erfahrenen Fach-
mannes wie Herrn Schmidt gehabt, so würden wohl manche meiner
Irrtümer unterblieben sein.
Aufsätze, die sich auf dem Grenzgebiet zwischen philologischer und
naturwissenschaftlich-anthropologischer Wissenschaft bewegen, sollten am
besten von zwei Autoritäten in den betreffenden Wissenschaften gemein-
schaftlich geschrieben werden, andernfalls sind Irrtümer unausbleiblich;
auch Herr Schmidt, der die Frage von seinem rein etymologischen
Standpunkte aus beurteilt, verfällt in gewisse Irrtümer, die er nicht be-
gangen hätte, wäre er so vertraut mit der tasmanischen Kultur wie ich.
Das soll- jedoch nicht an dem Wert der Schmidtschen Ausführungen
rütteln.. Im Gegenteil, Herrn Schmidts Kritik meiner Ansichten, soweit
sie das etymologische Gebiet berühren, ist ausserordentlich wertvoll,
und ich betrachte sie als einen wichtigen Beitrag zur Klärung der
ganzen Frage. Auf der anderen Seite hat Herr Schmidt einige Be-
merkungen gemacht, die ich nicht unwidersprochen lassen kann.
In erster Linie hätte ich gewünscht, dass Herr Schmidt sich nicht
ausschliesslich auf die Kritik meines ersten Aufsatzes (28) beschränkt
hätte, sondern ihn im Zusammenhang mit den später folgenden Auf-
siitzen (31, 33) behandelt haben würde. Er würde daraus ersehen
haben, dass mir der, von ihm zitierte, wichtige Satz ,tuggana’) pugheranymee
trautta“ mit der Übersetzung: „he cuts his hair with flint“ durchaus nicht
1) Es ist mir nicht ganz verständlich, wie Herr Schmidt dazu kommt, das
Wort „tu-ggana* mit dem Worte „to cut“ zu übersetzen. In Milligans Voka-
bularium finde ich S. 22:
Cut, (00): > a-%. 28 ée es logoone (Ostdialekt)
toagarah (Siiddialekt).
In dem von Ling Roth zusammengestellten tasmanisch-englischen Vokabularium
finde ich S. CXXXI:
Fuerer, 2 a. Aë a e 8% Eat (to)
Tugana......... hastily (quickly)
Tugana.......-. , Fern
denn die anscheinend aus diesem Worte gebildeten Worte:
Tugana-loumino..... Track (foot mark)
Tugane-menuiak .. . . Drowsy
Tugan-ik ........ Asleep.
Ich habe wiederholentlich auf die fliichtige Weise der Kompilation des Milli-
ganschen Vokabulariums aufmerksam gemacht, es ist im hohen Grade wahrschein-
lich, dass, wenn eine Lautverschiebung undenkbar ist, ein Druckfehler vorliegt und
das Wort eigentlich „puggana“ lauten sollte. Jedenfalls würde ich Herrn Schmidt
42*
652 | Fritz Noetling:
entgangen ist. Im Gegenteil, ich habe nahezu eine Seite diesem merk-
würdigen Satze gewidmet (31). Ich habe dargelegt, dass die Übersetzung
aller Wahrscheinlichkeit nach eine Unmöglichkeit ist. Abgesehen davon,
dass die Männer wahrscheinlich niemals ihr Haar schnitten, ist unwider-
leglich bezeugt, dass die Frauen dasselbe kurz geschoren trugen'). Da
also das männliche Pronomen wahrscheinlich nicht berechtigt ist, so ist
schwer einzusehen, wie ein Tasmanier weiblichen Geschlechtes sein Haar
mit einem tero-watta geschnitten hat. Man versuche einmal sein eigenes
Haar mit einer Scheere oder selbst einer Haarschneidemaschine zu
schneiden, und man wird finden, dass dies seine Schwierigkeiten hat.
Wieviel grösser müssen die Schwierigkeiten mit einem so unvollkoınmenen
Werkzeug wie einem tero-watta gewesen sein.
Zunächst darf man wohl annehmen, dass die Prozedur nicht in der
Weise geschah, dass die eine Hand ein Büschel Haare hielt und die
andere dasselbe mit einem tero-watta kurz über der Wurzel absägt.
Diese Prozedur war jedenfalls zu schmerzhaft, selbst für den Tasmanier.
Es ist uns aber überliefert, dass die Prozedur derartig ausgeführt wurde,
dass das Haar in einzelnen dünnen Büscheln vermittels zweier tero-watta
abgeknipst wurde. Der Vorgang ist etwa derart wie die beidenBacken
einer Drahtschere, wenn man damit einen Draht knipst. Ein etwas
langwieriger, nicht gerade angenehmer, aber auch nicht direkt schmerz-
hafter Prozess.
Dass ein einzelner Mensch sein Haupthaar mittels zweier Steinsplitter
abknipsen kann, will mir sehr wenig einleuchten, und ich bin fest über-
zeugt, dass auch bei den Tasnıaniern einer dem andern, oder besser ge-
sagt, eine Frau der anderen den Liebesdienst leistete.)
Der englischen Übersetzung stehen also gewisse Bedenken entgegen.
Alles, was wir aus diesem Satz mit Sicherheit entnehmen können, ist, dass
der „erwachsene 'Tasmanier“ (tuggana oder „puggana“) höchstwahrschein-
lich etwas mit dem „trautta“* (= Steinwerkzeug) tut. Was das aber ist,
geht meines Wissens aus dem Worte „pugheranymee“ nicht hervor. Diese
drei Worte enthalten nach meiner Ansicht keinen Hinweis auf das Haupthaar,
das ganz ausdrücklich als „poyagha“ bezeichnet wird. Ich möchte fast
annehmen, dass das Wort „pugheranymee“ in irgend einer Beziehung zum
Worte „Weib“ steht, und dass also dieser Satz dahin zu deuten wäre.
dass „der erwachsene Mann dem Weibe (irgend etwas) mit dem Stein-
werkzeug tut.“ Ob dies etwas sich irgend auf das Haarschneiden bezieht,
mag dahingestellt bleiben.
für einen mehr positiven Beweis, dass tu-ggana, to cut bedeutet, als die Uber-
setzung Milligans, zu Danke verpflichtet sein. Ist tongarah und tuggana dasselbe
Wort? Wie steht es denn aber mit den andern?
1) Bilder und schriftliche Aufzeichnungen sind ein unwiderleglicher Beweis.
2) Allerdings mag man mir meinen eigenen Einwand, das Denken und Fühlen
des modernen Menschen den Tasmaniern zu substituieren, entgegenhalten, und so
unwahrscheinlich es auch uns sein mag, dass jemand sein eigenes Haupthaar ver-
mittels zweier scharfrandiger Steine abknipst, so wäre das gerade ein Grund, an-
zunehmen, dass die Tasmanier in der Tat so handelten.
Archäolithische Kultur der Tasmanier. 653
So viel steht fest, dass die englische Übersetzung „he cuts his hair
with flint“ nicht richtig sein kann. Vielleicht wird Herr Schmidt die
richtige Lösung finden.
Viel schwerwiegender ist jedoch der Irrtum, in den Herr Schmidt
verfällt, wenn er auf rein etymologischer Basis annimmt, dass die Ver-
wendung dieses Werkzeuges (nänlich tero-watta) zum „Stechen“ bezeugt
sei. Es geht nicht aus Herrn Schmidts Darlegungen hervor, welchen
Sinne er dem Worte „stechen“ beilegt, ist es im Sinne wie „mit einem
Dolche stechen“ oder im Sinne wie „ein Loch stechen“ (bohren) gemeint?
Wenn Herr Schmidt annimmt, das tero-watta würde als „Dolch“
zum „Stechen“ gebraucht, so befindet er sich damit ganz entschieden im
Irrtum. Trotz der verführerischen Form manches tero-watta ') fand der-
selbe niemals als Dolch, also doch im Nahkampf, Verwendung. Nirgendwo
findet sich ein Beleg dafür, dass die Tasmanier Steinwerkzeuge im Kampfe
zum Stechen verwendeten. Der Nahkampf war dem Tasmanier wie wohl
allen niederen Stämmen, verhasst. Aus der Ferne und aus dem Hinter-
halte schleuderte er den Wurfspeer, und erst wenn das Opfer widerstands-
los am Boden lag, wagte er sich heran, um dasselbe, wenn es noch lebte,
mit kurzen, zugespitzten Wurfstöcken ganz tot zu schlagen. Näheres
wissen: wir hierüber nicht. Allem Anschein nach wurden meistens die von
Wurfspiessen durchbohrten Opfer hilflos ihrem Schicksale überlassen.
Wenn aber „Stechen“ im Sinne von „bohren“ gemeint ist, so darf
man wohl fragen, was hatte denn der Tasmanier eigentlich zu bohren?
Kleidung trug er kaum, das ist ebenfalls unwiderleglich bezeugt, im besten
Falle ein lose um die Brust geschlungenes Känguruhfell. Jene wichtige
Operation das Zusammennähen einzelner Fellstücke zum Zwecke der
Kleidung ‚und das darum erforderliche Bohren von Löchern war dem
Tasmanier gänzlich unbekannt. So weit ich eruieren kann, bohrte er
nichts anderes als Löcher in die dünnen Schalen von Elonchus bellulus,
die an einer Grasschnur aufgereiht als Halsschmuck dienten, oder aber
solche in die kleinen Fellstückchen, die als Amulettbeutel verwendet
wurden, oder in Stücke von Seetang, die als Wasserbehälter Gebrauch
fanden. Für alle diese Zwecke genügte aber ein scharfer Hornstein-
splitter, keinenfalls war aber diese Verwendung besonders ausgedehnt,
wie ich später zeigen werde.
Schliesslich meint Herr Schmidt, dass ich die Lückenhaftigkeit der
uns überlieferten Sprachreste nicht genügend berücksichtigt hätte, wenn
ich der Ansicht sei, dass die Tasmanier vielleicht für alle Gesteinsarten
nur einen Namen gehabt hätten.
_ Ich habe diese Ansicht in meinen ersten Aufsätzen (24, 28) nur ver-
suchsweise aufgeworfen, in meiner späteren Abhandlung (33) aber Jen
Nachweis geführt, dass sie mindestens 16 Minerale, mineralartige Sub-
stanzen und Gesteine unterschieden. Diese Liste ist vielleicht zu um-
fangreich, denn gewisse Mineralien sind sehr zweifelhaft. Man untersuche
einmal, wie arın der Sprachschatz des heutigen Durchschnitts-Tasmaniers,
1) Meine Sammlung enthält Pracht.dolche* {siehe auch (14) Abb. 22).
654 Fritz Noetling:
der der Bevölkerungsmasse angehört, an Bezeichnungen für Mineralien und
Gesteine ist. Ich möchte beinahe bezweifeln, ob ihm sechszehn Worte zur
Verfügung stehen.
Betrachten wir uns einmal die tasmanische Landschaft und unter-
suchen wir, welche Gesteinsarten dem Durchschnittsmenschen zunächst
auffallen. Da ist in erster Linie ein dunkles, blauschwarzes, splitteriges
Eruptivgestein, das vielfach in schöner, säulenartiger Anordnung vorkommt.
Der Geologe unterscheidet zwischen Diabas und Basalt, den Durchschnitts-
menschen berührt eine solche Unterscheidung nicht, ihm ist alles das
gleiche: iron stone, oder blue-stone (blue metal).
Da aber diese Eruptivgesteine sehr haufig gauz hervorragende Land-
marken repräsentieren, jedenfalls die am meisten in die Augen springenden
Gesteine Tasmaniens sind, so ist wohl anzunehmen, dass auch die
Ureinwohner Tasmaniens für dieses Gestein einen Namen besassen. Ich
habe dargetan, dass dieses Wort höchstwahrscheinlich die Bedeutung von
„Speerstein“ hatte (33), und man kann sich kaum einen besseren Vergleich
vorstellen. Die enggepressten Basaltsäulen sehen aus wie ein Bündel
aufrechtgestellter Speere.
Zunächst an Wichtigkeit folgen eine Art Rauchwacke (mudstone)
und ein gelblicher oder weisser Sandstein (freestone) beide permischen
Alters. Auch fiir diese Gesteine besass die tasmanische Sprache aller
‚Wahrscheinlichkeit nach ein Wort.
Der Westen der Insel ist charakterisiert durch die scharfzackigen
Quarzite und quarzitische Schiefer archäischen Alters, während im Osten
die gerundeten Formen des Granites in den Vordergrund treten. Es ist
wahrscheinlich, dass auch diese Gesteine mit einem Namen belegt wurden.
Hierzu kommen noch die Verwitterungsformen wie Sand und Lehm,
namentlich aber die Flussschotter. Der weiche, warme, trockene Dünen-
sand der Küste und alten Glacialseen bildete einen wesentlichen Faktor
im täglichen Leben der Tasmanier (33). Wie wichtig der Sand war,
geht daraus hervor, dass alle die grösseren, permanenten Lagerplatze auf
sandigem Boden lagen. |
Der kalte, wenn trocken harte, wenn nass, schmierige Lehm, das
Verwitterungsprodukt der Eruptivgesteine wurde jedenfalls auch mit einem
Namen belegt.
Schliesslich sind die Flussschotter, die einen grossen Teil des zur
Herstellung der tero-watta nötigen Materials lieferten, jedenfalls von der
grössten Bedeutung für die Ureinwohner gewesen, während der moderne
Mensch dieselben weniger beachtet.!)
Geologisch gesprochen sind also im besten Falle neun Gesteine und
1) Ich möchte mich beinahe versucht fühlen, das Wort loän-tennina als das
tasmanische Wort für Flussschotter, oder Konglomerat anzusehen. Herr Schmidt
übersetzt es mit „Steinknochen“; könnte es vielleicht auch „Knochensteine“ heissen?
Ich erinnere hier nur an das Wort Nagelfluh. Die aus dem Schotter ragenden
Gerölle lassen sich gut mit den Gelenkköpfen der Knochen vergleichen. Diese
Interpretation ist gewagt, ich gebe das gerne zu, aber nicht unwahrscheinlich.
ie
Archäolithische Kultur der Tasmanier. 655
deren Verwitterungsprodukte gentigend verbreitet,1) dass sie selbst dem
Laien auffallen miissen. Da letzterer aber keinen Unterschied zwischen
Diabas und Basalt macht, mudstone und freestone nur deswegen unter-
schieden werden, weil letzterer als Baustein in Betracht kommt, so redu-
ziert sich die Zahl auf acht, bei den Tasmaniern höchstwahrscheinlich auf
sieben, vielleicht sogar auf sechs.
Wenn man hierzu noch den so bedeutsamen „Hornstein“ (im weitesten
Sinne des Wortes), dann die Eisenerze zur Herstellung von Rötel, event.
auch noch Kohle rechnet, so ergibt sich, dass der Sprachschatz der Tas-
manier nur etwa 9 bis 10 Worte zur Bezeichnung von Mineralien oder
Gesteinen nebst deren Verwitterungsprodukten kannte.
Es mögen, wie ich darlegte (33) noch einige andere Mineralien mit
Namen belegt worden sein, allein sie hatten wie Carneol oder gar
Topas so wenig Bedeutung für das Leben der Ureinwohner, dass ich diese
Worte mit gewissem Argwohn betrachte. Den ersten Europäern war der
schön blutrote Carneol, der sich z. B. in grossen Mengen, aber in kleinen
Stückchen in der Nähe von Hobart findet, etwas Merkwürdiges, dem Ur-
einwohner aber nicht. Das gleiche gilt für den „Topas“. Topas ist in
Tasmanien so selten und kommt meines Wissens in grösseren Mengen nur
auf der Flinders-Insel *) vor. Aller Wahrscheinlichkeit nach hielten die
ersten Ansiedler alle nur halbwegs durchsichtigen Quarzkrystalle und
Quarzgerölle für „Topas“, so dass möglicher Weise Quarz, Topas und
»Krystall* ein und dasselbe Mineral, nämlich „Quarz“ entweder in kry-
stallisierter oder gerollter Form bedeuteten.
Im Leben der Tasmanier spielte dieses Mineral keine Rolle. Quarz
oder Bergkrystall lieferte keine brauchbaren tero-watta. Die Spaltbarkeit,
namentlich aber den schönen glatten Bruch des Hornsteines, besass der
Quarz nicht. Ich habe einige tero-watta aus Quarz gefunden, alle aber
waren von rohester Form, niemals fand ich einen, der die schöne, sorg-
fältige Bearbeitung der Indikalfläche zeigte, die wir so häufig an den aus
dunklem Hornstein hergestellten tero-watta beobachten.
Aus all dem geht hervor, dass meine Schlüsse über den geringen
Umfang der mineralogischen Kenntnisse der Tasmanier aufs Beste gesichert
sind, während Herrn Schmidts Anschauung in der Luft schwebt
Wie dem auch sein mag, ob Herr Schmidt und ich in Detailfragen
auseinandergehen, darauf kommt es schliesslich nicht an, in der Haupt-
sache sind wir einig und das ist doch das Wichtigste.
Herr Schmidt hat den etymologischen Nachweis erbracht, dass der
Stamm „tero“ die Bedeutung von etwas schneidendem haben muss, und
wenn dem Worte „wuta“ die Bedeutung von „scharf“ zukommt, so ist
kein Zweifel daran anzunehmen, dass tero-watta tatsächlich ein Schneide-
1) Der für den modernen Menschen so wichtige Kalkstein kam für den Tas-
manier nicht in Betracht. Übrigens ist dessen Verbreitung in Tasmanien nicht
sehr ausgedehnt.
2) Flinders Island war nicht von den Tasmaniern bewohnt. Sie wurden erst
zu Anfang der dreissiger Jahre des vorigen Jahrhunderts dahin transportiert (11).
656 € ig Fritz Noetling:
instrument im weitesten‘ ‚Sinne des Wortes bedeutet, nicht ener ein
Gesteinsname.
Nach Schmidt ist „-na“ das Singular-Suffix des Ost- und Süd-
dialektes; ich möchte darum die Frage aufwerfen, welches ist das richtige
Wort der tasmanischen Sprache für „Steinwerkzeug“ Einfach tero-na,
oder tero-watta, oder wäre im letzteren Fall das Wort tero-na-watta, das
richtiger gebildete, und könnte man auch ferner sagen „mora tero-na-watta“>
„statt mora tero-na“. Vielleicht beantwortet Herr Schmidt diese Fragen,
bis dahin will ich das Wort tero-watta beibehalten, wobei ich dahingestellt
sein lassen will, ob nicht tero-na-watta die grammatikalisch richtigere
Form wäre.
Herr Schmidt stimmt meiner Ansicht, dass die Tasmanier keine
speziellen Instrumente oder Werkzeuge zur Ausführung der fünf Primitiv-
operationen hatten, vollständig bei. Ein einziges Werkzeug das tero-
watta genügte vollkommen, alle nötigen Operationen auszuführen.
Ich habe diese Ansicht auf Grund des morphologischen Studiums von
Tausenden von tero-watta begründet, durch die Überlieferungen und
schriftlichen Aufzeichnungen über die Sitten und Gebräuche der Tasmanier
weiter gestützt und schliesslich auf Grund des Studiums des Wörterbuches
als bewiesen erachtet. Es freut mich ungemein, dass Herr Schmidt auf
Grund seiner linguistischen Studien mir in dieser Hinsicht vollkommen
beitritt.
= Damit wird aber Rutots Theorie, dass die éolithische oder archäo-
lithische Industrie fünf bestimmte Werkzeuge für spezielle Zwecke kannte,
hinfällig. Wenn die typische archäolithisch-eolithische Industrie der Tas-
manier nur ein einziges Universalinstrument,') das allen Zwecken genügte,
1) Ich reklamiere mit aller Entschiedenheit die Priorität das tero-watta als
Universalinstrument bezeichnet zu haben. Ich habe Herrn Klaatsch meine Gründe
hierfür an Hand meiner Sammlung im Jahre 1906 demonstriert, und ich habe dies
ganz ausführlich in meinem am 14. Mai 1907 gehaltenen Vortrage dargelegt, wie
aus dem folgenden in der Zeitung „Mercury* vom 15. Mai 1907 veröffentlichten
stenographischen Bericht hervorgeht Bei der grossen Verwirrung in der Druck-
legung der Papers & Proceed. of the Roy. Soc. of Tasmania 1906/07 nach dem Tode
Mortons, ist mein Vortrag leider auch verstiimmelt worden und ganze Abschnitte
wurden ausgelassen, darunter als wichtigster der hier zitierte.
Ich möchte ganz ausdrücklich betonen, dass Herr Klaatsch überhaupt nicht
in der Lage sein konnte, eine Ansicht darüber auszusprechen, ob die tasmanischen
Archaeolithen Universalinstrumente seien oder nicht. Das geringfügige, von ihm
selbst gesammelte Material, dessen besten Stücke ihm Herr Nichols, den Herr
Klaatsch gänzlich zu erwähnen vergass, in Melton-Mowbray schenkte, war nicht
genügend, eine solche Ansicht zu formulieren. Ich habe sie erst nach sorgfältigem
Vergleich von Tausenden von Stücken gewonnen.
Der betreffende Passus lautet:
„The archaeolithe as manufactured by the Tasmanian aborigines was practically
a universal instrument among them, serving different purposes ocurring in
daily life. Their archaeolithie civilization had not yet enabled them to distinguish
and to manufacture certain types of implements for special purposes, only the
later civilization learnt to produce instruments to serve special purposes.“ Mercury,
vol. LKXNAVII No, 11594 Hobart, May 10. 1907.
Archäolithische Kultur der Tasmanier. 637
kannte, ist es wahrscheinlich, dass die gleiche Industrie Europas spezielle
Instrumente für spezielle Zwecke anfertigte? Ich glaube diese Frage ent-
schieden verneinen zu können.
Ich will nicht im geringsten leugnen, dass die verschiedenen
Operationen verschiedene, wohl kenntliche und unterscheidbare Spuren
auf den Steinwerkzeugen zurückgelassen haben, und dass man heute noch
erkennen kann, welcher Art die Operation war, die mit denselben aus-
geführt wurde. Auf Grund meiner Studien an tasmanischen tero-watta
muss ich aber entschieden bestreiten, dass die Tasmanier bestimmte
Werkzeuge anfertigten, welche speziell nur als Messer, Schaber, Bohrer
oder Hackmesser (chopper) verwendet wurden. Was für die Tasmanier
gilt, dürfte'wohl auch für die Archäolithen Europas gelten.
Der Umriss, die Gestalt ınag noch so verführerisch sein, sie mag eine
hochvollendete Lanzenspitze oder einen Dolch oder ein Beil darzustellen
scheinen, wir wissen aber mit Sicherheit, dass solche Deutungen voll-
ständig falsch und mit den Tatsachen unvereinbar sind (5, 24, 28).
Ich möchte darum auch früh-
zeitig Verwahrung dagegen ein-
legen, wenn Herr L. Pfeiffer
in seinem sonst so schönen und
hochinteressanten Aufsatz!) über
die steinzeitliche Fellbearbeitung
tasmanische tero-watta als Ver-
sleichsmaterial zur Stütze seiner
Theorie der Halbmondmesser Abb. 7.
heranzieht. Ich will letztere
durchaus nicht ` bestreiten, im Gegenteil, ich glaube seine Deutung der
Halbmondmesser ist vollkommen richtig, aber die tasmanischen Stücke
fallen trotz ihrer Halbmondform nicht unter die Kategorie der Halbmond-
messer.
Der Beweis hierfür ist leicht erbracht, in erster Linie war den Tas-
maniern Leder gänzlich unbekannt, zweitens tragen sie keinerlei Kleidung,
folglich bedurften sie auch keines speziellen Instrumentes zum Schneiden
des Leders. Irgend ein tero-watta war genügend eine Rohhaut zu zer-
scheiden, falls ein kleineres Stück für ein Beutelchen gewünscht wurde.
Im allgemeinen wird aber in diesem Fall das Zerreissen der Rohhaut
viel einfacher gewesen sein als das Zerschneiden.
Wie irreführend solche Trugschliisse aus der Form allein sein
können, dafür diene die folgende Figur als Beleg. Man kann sich kaum
ein schöneres „Fischmesser“ vorstellen als das nachstehend abgebildete.
Wir wissen aber hinlänglich, und alle Autoren sind sich darin einig,
dass die Tasmanier keine Fische verzehrten, im Gegenteil einen grossen
1) Zeitschrift f. Ethnologie, 42. Jahrgang, 1910, Heft VI, S.858, Abb. 70. (Um
Irrtümer zu vermeiden, möchte ich bemerken, dass die betreffenden Stücke nicht
aus Mergelschiefer hergestellt sind. Die Gesteine, welche zur Anfertigung der tero-
watta Verwendung fanden, habe ich ausführlich beschrieben (33).
658 Fritz Noetling:
Widerwillen gegen diese Nahrung hatten (11). Derartige Werkzeuge,
deren sich eine ganze Reihe in meiner Sammlung befinden, als „Fisch“-
oder gar „Leder“-Messer zu bezeichnen, um damit deren Verwendung an-
zudeuten, wäre durchaus verkehrt und mit den Tatsachen nicht vereinbar.
Obschon ich vielfach die Eigenschaft des tero-watta und damit auch
der Archäolithen ganz ausschliesslich als Werkzeuge betont habe, und
ausdrücklich hervorhob, dass dieselben niemals als Waffen verwendet
wurden, so ist mit veralteten unrichtigen Auffassungen immer noch nicht
aufgeräumt. Mich erinnert die Deutung gewisser Archäolitlien als Waffen
oder hochspezialisierte Werkzeuge immer an einen alten, seinerzeit hoch-
berühmten Paläontologen, der in seinen Vorlesungen die doppelschalige
Koralle Calceola sandalina immer noch unter den Brachiopoden aufführte
und bemerkte, neuerdings sei der Korallencharakter dieses Fossils nach-
gewiesen, er ziehe aber vor, dasselbe nach wie vor als ein Brachiopod
zu betrachten.
Das ist ja schliesslich auch eine Auffassung, ob damit aber der
wahren Erkenntnis, die doch das KEndziel jeder wissenschaftlichen
Forschung sein muss, geholfen ist, mag dahingestellt bleiben.
Ich möchte darum noch einmal kurz die Hauptcharaktere und die
Verwendung der tero-watta, die wir als den Typus archäolithischer Werk-
zeuge auffassen können, zusammenfassen.
Diese sind:
l. Der typische, archäolithische, tero-watta ist stets ein Abschlag von
einem grösseren Werkstücke (nucleus) (14, 34, 37, 43).
2.. Die Trennung des Abschlages vom Werkstück (nucleus) erfolgt
stets nach einer Fläche, welche zwischen dem Zentrum des Werkstückes
und dessen Oberfläche liegt (43).
3. Dieser Abschlag ist immer beidflächig und meistens auch beider-
seitig unsymmetrisch (14, 34, 37, 43).
4. Die beiden Flächen besitzen einen durchaus verschiedenen
Charakter, die eine ist glatt und mehr oder weniger flach, niemals be-
arbeitet, die gegenüberliegende konvex, meist mehr oder minder stark
bearbeitet!) (14, 34, 37, 43).
5. Die glatte Fläche zeigt stets Perkussionserscheinungen (Bulbus,
Wellenringe, Radialfissuren usw.), und repräsentiert in bezug auf das
Werkstück (nucleus), von welchem das Gesteinsfragment abgeschlagen
wurde, die innere Seite. Man kann solche also als Innen-, Per-
kussions- oder Bulbusfläche bezeichnen. Aus gleich zu besprechenden
Gründen ziehe ich vor sie Pollikalfläche zu benennen. Die Be-
zeichnung Rückenfläche oder gar Rückenseite ist falsch und in keiner
Weise logisch begründet (43).
6. Der glatten Fläche gegenüber liegt die konvexe Fläche, die häufig
die ursprüngliche Oberfläche des Werkstückes, von welchem das Werk-
zeug abgeschlagen wurde, repräsentiert. (Vielfach ist letztere durch
spätere Bearbeitung verschwunden) (43).
1) Es gibt jedoch gewisse Ausnahmen; siehe (50).
Archäolithische Kultur der Tasmanier. 659
In bezug auf das Werkstück, von welchem das Werkzeug abge-
schlagen wurde, repräsentiert dasselbe die Aussenfläche (Perkussions-
marken kommen auf ihr nicht vor, ausgenommen die Negative früherer
Abschläge).
Man kann diese Fläche als Aussen- oder Konvexfläche be-
zeichnen; ich ziehe vor, sie als Indikalfläche zu benennen.
Es wäre total verkehrt diese Fläche dem Analogon der „Rücken-
fläche“ folgend als Bauch- oder Ventralfläche zu bezeichnen (14, 43).
T. Eine etwaige Bearbeitung des Abschlags erfolgte stets derart, dass
die Schläge von der Pollikalfläche nach der Indikalfläche gerichtet waren.
(In sehr seltenen Spezialfällen erfolgte die Bearbeitung in umgekehrter
Richtung) (5, 14, 26, 30, 34, 43).
8. Die spätere Form des Werkzeuges ist in erster Linie durch den
ursprünglichen Umriss des Abschlages bedingt (43).
Man kann bei den Abschlägen folgende Gruppen unterscheiden (43):
a) externe Abschläge,
b) interne Abschläge.
10. Die externen Abschläge zerfallen wiederum in zwei Klassen,
solche erster und solche zweiter Ordnung (43).
Externe Abschläge erster Ordnung besitzen stets nur Pollikal- und
Indikalfläche; letztere repräsentiert die ursprüngliche Oberfläche des
Werkstückes (diese kann jedoch durch spätere Bearbeitung ganz oder
beinahe ganz verschwunden sein).
Externe Abschläge zweiter Ordnung besitzen drei Flächen, Pollikal-,
Indikal- und Perkussionsfläche. Diese entstehen dadurch, dass der Schlag,
durch welchen ein frischer Abschlag erzielt wird, auf eine frühere Ab-
schlagsfläche derart auftrifft, dass die Aussenfläche des Werkstückes die
Indikalfläche bildet.
Solche Abschläge haben also stets drei Flächen, nämlich: Pollikal-
Indikal- und Perkussionsfläche. Die Perkussionsfläche findet sich am
proximalen Ende des Abschlags, d. h. dem Ende, das der den Hammer
führenden Hand zunächst liegt, zwischen Pollikal- und Indikalfläche und
_ bildet mit letzterer einen Winkel von annähernd 135°.
An der Pollikalkante der Perkussionsfläche ist meist eine Art Vor-
sprung, Perkussionsnase zu sehen, welche den Treffpunkt des Hammers
bezeichnet, von diesem strahlen die verschiedenen Perkussionsmarken auf
der Pollikalfläche aus.
(Die Perkussionsfläche ist häufig durch spätere Bearbeitung stark
reduziert) (43).
ll. Die internen Abschläge zerfallen wiederum in zwei Klassen,
solche erster und zweiter Ordnung, nämlich:
Interne Abschläge erster Ordnung entstehen dadurch, dass der Schlag,
durch den ein neuer Abschlag vom Werkstück abgetrennt wird, nicht auf
die alte Abtrennungsfläche, nach welcher ein externer Abschlag abgetrennt
wurde, fällt, sondern auf die Aussenfläche des Werkstückes. Die Indikal-
fläche eines internen Abschlages erster Ordnung repräsentiert somit eine
oder mehrere Flächen, nach welchen frühere Abschläge abgetrennt wurden.
660 Fritz Noetling:
Ein interner Abschlag erster Ordnung wird also die Reste der ursprüng-
lichen Oberfläche (soweit sie nicht durch spätere Bearbeitung entfernt
sind) am proximalen, vielleicht auch am distalen Ende, niemals aber auf
der Indikalfläche besitzen.
Interne Abschläge zweiter Ordnung entstehen dadurch, dass der
Hammer eine frühere Abschlagsfläche eines Werkstückes trifft, von welchem
zum mindesten zwei externe Abschläge abgetrennt wurden. Sie haben
also wie die externen Abschläge zweiter Ordnung drei Flächen: Indikal-.
Pollikal- und Perkussionsfläche.
Die Spuren der ursprünglichen Oberfläche, wenn solche nicht etwa
später entfernt, müssen sich also stets am distalen Ende finden, können
aber niemals auf der Indikalfläche auftreten (43).
12. Die wesentliche Bedingung beim Abschlag war die Erzielung
einer guten, glatten Abschlagsfläche, aus dem Grunde, weil, wie durch
Augenzeugen unwiderleglich bewiesen ist, das tero-watta unabanderlich
derart in der Hand gehalten wurde, dass der Daumen auf der flachen
Seite auflag. Ich habe diese Fläche daher Pollikalfläche genannt. Was
für das tasmanische tero-watta zutrifft, darf wohl mit Fug und Recht
für den von ihm ununterscheidbaren Archäolithen Europas gelten. Alle
andern Darstellungen, z. B. die noch jüngst durch Pfeiffer gegebene),
bei welcher der Daumen auf der Indikalfläche aufruht, sind nicht be-
gründet?) (1, 3, 14, 30, 34, 43).
13. Das tero-watta war ganz ausschliesslich ein Werkzeug für den
täglichen Gebrauch, aber keine Waffe und niemals geschiftet. Was für
das tasmanische Werkzeug gilt, dürfte wohl auch für den europäischen
Archäolithen zutreffen; es ist darum müssig, Pfeil und Lanzenspitzen,
Beile und Dolche unter den Archäolithen erkennen zu wollen. (14, 24,
28, 34).
14. Eine Spezialisierung des tero-watta für bestimmte Gebrauchs-
zwecke existiert nicht. Irgend ein Werkzeug konnte und wurde zum
Schneiden, Schaben, Hacken, Schlagen oder Bohren verwendet, je nach-
dem es das augenblickliche Bedürfnis erheischte. (28, 34, 41) Eine
Spezialisierung der Werkzeuge und die Verwendung des Steines zu
Waffen lässt sich erst mit dem Eintritt der paläolithischen Zeit nach-
weisen. Während der ganzen archäolithischen Zeit war und blieb das
Steinwerkzeug ein Universalinstrument des täglichen Gebrauches.
1) Diese Zeitschr. 1910, S. 886 Abb. 109a.
2) Ich kann darum nicht verstehen wie Pfeiffer, der den schönen, gehalt-
vollen Gedanken zum Ausdruck bringt: „Abb. 85 ist hier wiedergegeben, um zu
zeigen, wie schwierig es sein wird, heute rückwärts die Gebrauchs-
weise von alten Werkzeugen zu deuten“ (l. c. 853) an der gedankenlos an-
genommenen Festhaltung des ungeschäfteten Archäolithen in der Hand des modernen
Menschen festhält. Es ist doch noch lange nicht bewiesen, dass, weil der moderne
Mensch einen Archäolithen so hält, wie er ihm in der Hand bequem liegt, der
archäolithische Mensch das gleiche getan hat. Das Beispiel des archäolithischen
Tasmaniers beweist, dass das tero-watta in einer Weise zwischen den Fingern
festgehalten wurde, auf die der moderne Mensch nur schwer verfallen würde.
Archäolithische Kultur der Tasmanier. 661
15, Das tero-watta wurde im wesentlichen in der Zurichtung der
hölzernen Wurfspeere und kurzen Wurfstöcke verwendet und diente
meist zum Schaben, Glätten und Zuspitzen derselben. Weitere Verwendung
fand es beim Zerlegen des Fleisches, eventuell Abtrennung der Felle,
zum Schaben des Hotels, zum Einhauen der Kerben in die Rinde
beim Erklettern der Bäume, zum Abschneiden der Haupthaare der Frauen
und der Produktion von Schmucknarben bei den Männern. Untersuchungen
über die Grössen und Gewichtsverhältnisse haben bewiesen, dass das tero-
watta keinenfalls zu schwerer Arbeit geeignet war. Wie weit diese Ver-
wendung auf den europäischen Archäolithen zutrifft, will ich nicht ent-
scheiden. Sicher ist wohl nur, dass der archäolithische Mensch Europas
seine hölzernen Wurfspiesse damit herstellte. Der Archäolith wird wohl
auch beim Abhäuten der Tiere eine Rolle gespielt haben, und wenn man
annimmt, dass im Gegensatz zu dem unbekleideten Tasmanier die euro-
päischen Archäolithiker mit Fellen bekleidet waren, so ist die Verwendung
des Archäolithen zum Schaben der Haute sehr naheliegend.
Literatar.
1. 1873. James Scott. Letter to J. W. Agnew Esq. Hony, Sec. Roy. Soc, Tasmania.
Monthly Notices of Papers and Proceedings of the Royal Soc. of Tasmania
June, July, August 1873 pag. 24. (Dieser Brief ist eine der wichtigsten
Quellen in Bezug auf den Gebrauch und die Handhabung des tero-watta
2. 1875. James Scott, Monthly Notices of Pap. and Proceed Roy Soc Tasmania,
June, July, August 1875 pag. 41. (Enthält die kurze Mitteilung betreff. der
angeblichen Werkplätze Stokers Bottom und Dismal Creek; die August- `
Sitzung des Jahres 1874 enthält keinen Hinweis auf das „Grab“, von dem
Scott in der gleichen Notiz spricht).
3. 1876. James Scott, An aboriginal stone implement from Mount Morriston. Pap.
and Proceed. Roy Soc. Tasmania pag. 70. (Diese in den Proceedings ver-
steckte Notiz ist von grösster Wichtigkeit. Scott states „That the natives held
the stones with the thumb on the flat surface the rounded side resting in the
palm of the head.“ In Ling Roth’s Verzeichnis ist diese Literaturangabe
irrtümlich unter „Shillington“ angeführt.
4. 1818. R. Brough Smyth, The Aborigines of Victoria vol. II. Appendix: The
Aborigines of Tasmania pag. 400 407.
5. 1888. R. M. Johnston, Systematic Account of the Geology of Tasmania,
pag. 334 - 337. |
6. 1890 H. Ling Roth, The Aborigines of Tasmania Ist ed.
7. 1890. Joseph Milligan, Vocabulary of the Dialects of some of the Aboriginal
Tribes of Tasmania. Hobart, Government Printing Press. Zweiter Nachdruck
der ursprünglich im Jahre 1859 im zweiten Teile des III. Bandes der Pap. and
Proceed. of the Roy. Soc. of Tasmania pag. 239-282 erschienenen Arbeit:
ein erster Nachdruck wurde im Jahre 1866 gemacht. Der Nachdruck ent-
hält eine Liste von Worten, die im Jahre 1826 von Thomas Scott ge-
sammelt wurden, dem Original aber fehlen.
8. 1893. E. B. Tylor, On the Tasmanians as Representatives of Palacolithic Man.
Journ. Anthrop. Inst. XXIII.
9. 1594. E.B. Tylor, On the occurrence of ground Stone implements of Australian
type in Tasmania, Journ. Anthrop. Inst. XXIV pag. 355 340.
10. 1897. James B. Walker, Notes on the Aborigines of Tasmania extracted from
the Manuscript Journals of George Washington Walker. Pap. and
-Proceed. Roy. Soc. Tasmania pag. 145.
662
11.
12.
13.
14.
15.
16.
17.
18.
19.
20.
21.
22.
23.
24.
25.
26.
27.
28.
29.
30.
31.
32.
33.
34.
Fritz Noetling:
1899. H. Ling Roth, The Aborigines of Tasmania. 2st. ed. pag. 145 - 152.
(Siehe hierselbst auch die Einleitung von Edward B. Taylor.)
1900. James B. Walker, The Tasmanian Aborigines, Hobart, Government
Printing Office, pag. 1—9. (Eine kleine separat erschienene Broschüre eines
Parl. Paper.) ;
1901. J. E. Calder, Language and Dialect spoken by the Aborigines of Tas-
mania. Parliament of Tasmania. Parl. Paper No. 69.
1906/07. F. Noetling, Notes on the Tasmanian Amorpholithes. Pap. and
Proceed. Roy. Soc. Tasmania pag. 1-34,
1907. H. Klaatsch, Schlussbericht über seine Reise nach Australien in den
Jahren 1904—1907. Zeitschr. f. Ethnologie, 39. Jahrg., Heft IV u. V S. 685 — 686.
1907. A. Rutot, Un Grave Probleme. Bull d L Soc. Belge de Geol. Pal et Hyd.
vol. XXI pag. 3-46.
1907. F. Noetling, The Native Quarry on Coal Hill near Melton Mowbray.
The Tasmanian Naturalist vol. I No. 2, September pag. 14—15.
1907. F. Noetling, Some Implements of the Tasmanian Aborigines. The Magic
Stones Ebenda vol I No. 3 Dezember pag. 1—6.
1908. F. Noetling, Notes on a Chipped Boulder found near Kempton. Pap.
and Proceed. Roy. Soc. Tasmania pag. 1—9, pl. I and II.
1908. F. Noetling, The Native Quarry of Syndal near Ross. Pap. and Proceed.
Roy. Soc. Tasmania pag. 44—52, pl. III and IV.
1908. Hermann B. Ritz, On Dr. Noetlings Conclusions respecting the
Aboriginal Designations for Stone Implements. Pap. and Proceed. Roy.
Soc. Tasmania pag. 68—72.
1908. Hermann B. Ritz, An Introduction to the study of the Aboriginal
Speech of Tasmania. Pap. and Proceed. Roy. Soc. Tasmania pag. 73-8.
1908. F. Noetling, A Native Burial Ground on Charlton Estate near Ross.
Pap. and Proceed. Roy. Soc. Tasmania pag. 36—42, pl. V.
1908. F. Noetling, The Aboriginal Designations for Stone Implements. Pap.
and Proceed. Roy. Soc. Tasmania pag. 60-07.
1908. H. Klaatsch, die Steinartefalte der Australier und Tasmanier verglichen
mit denen der Urzeit Europas. Zeitschr. f. Ethnologie, 40. Jahrg, Heft 3.
S. 407—427.
1908. M. Verworn, Ein objektives Kriterium fiir die Beurteilung der Manufact-
natur geschlagener Feuersteine. Zeitschr. f. Ethnologie, 40. Jahrg., Heft 4,
S. 548—558.
1908. F. Noetling, Sind die craquelierten Feuersteine aus dem Oligocän von
Thenay als Artefakte aufzufassen? Centralblatt f. Min., Geol. u. Pal. No. 24,
S. 748—753.
1909. F. Noetling, Kannte die tasmanische Sprache spezielle Worte zur Bezeich-
nung der verschiedenen Gebrauchsart der Archäolithischen Werkzeuge”
Zeitschr. f. Ethnologie, 41. Jahrg., Heft 2 S. 199 208.
1909. F. Noetling, Weitere Mitteilungen über craquelierte Archäolithen aus
Tasmanien. Neue Jahr. f. Min, Geolog. u. Paläont. 1909 B. I S. 73—iu.
(Keine Tafeln.)
1909. F. Noetling, A Peculiar Group of Trowattas. Pap. and Proceed. Roy.
Soc. Tasmania pag. 1—8 PI. I—III.
1909. F. Noetling, Red Ochre and its use by the Aborigines of Tasmania.
Pap. and Proceed. Roy. Soc. Tasmania pag. 30—38 Pl. IV.
1909. F. Noetling, Preliminary Note on the Rocks used in the Manufacture
of the Tronattas. Pap. and Pıoceed. Roy. Soc. Tasmania pag. 85- 102,
1909. F. Noetling, Notes on the Names given to Minerals and Rocks by the
Aborigines of Tasmania. Pap. and Proceed. Roy. Soc. Tasmania pag.
102—123.
1909. F. Noetling, Studien über die Technik der tasmanischen Tronatta.
Archiv f. Anthropologie. Neue Folge, Bd. VIII Heft 3 S. 197—207.
41.
42.
45.
46.
Archäolithische Kultur der Tasmanier. 663
1%9. Hermann B. Ritz, The Speech of the Tasmanian Aborigines. Pap.
and Proceed. Roy. Soc. Tasmania pag. 44—81.
1910 F. Noetling, The Antiquity of Man in Tasmania. Pap. and Proceed.
Roy. Soc. Tasmania pag. 231-%1 Pl. I and IL.
1910. F. Noetling, Comparison of the Tasmanian Tronatta with the Archaeo-
lithic Implements of Europe. Pap. and Proceed. Roy. Tasmania pag. 265
bis 278 Pl. IIT—VI.
1910, F. Noetling, The Food of the Tasmanian Aborigines. Pap. and Proceed.
Roy. Soc. Tasmania pag. 279—305.
1910. James Norman, The Norman Manuscript, Vocabulary of the Tasmanian
Language. Pap. and Proceed. Roy. Soc. Tasmania pag. 333—342. (Ein
vollständiger Nachdruck des Original-Manuskriptes.)
1910. Hermann B. Ritz, Notes on the Norman Manuscript. Pap. and
Proceed. Roy. Soc. Tasmania pag. 343 - 345.
1910. P. W. Schmidt, Die tasmanischen Worte zur Bezeichnung archäoli-
thischer Werkzeuge. Zeitschr. f. Ethnologie 42. Jahrg. Heft VI S. 915—919.
1911. F. Noetling, Das Alter des Menschengeschlechtes in Tasmanien. Neues
Jahrb. f. Min., Geolog. u. Palaeont. Jahrg. 1911 Beilage Band XXXI S. 303
bis 341 Taf. V—IX.
1911. F. Noetling, Notes on the marks of Percussion on Silicius Rocks. Pap.
and Proceed. Roy. Soc. Tasmania pag. 1- 20.
1911. F. Noetling, The manufakture of the Tero-watta. Pap. and Proceed.
Roy. Soc. Tasmania pag. 38-61 Pl. V—VII1.
1911. F. Noetling, Notes on the Hunting Sticks (Lughrana) Spears (Perenna)
and Baskets (Taghbrana) of the Tasmanian aborigines. Pap. and Proceed.
Royal Soc..Tasmania pag. 64-98 Pl. VIII—X1V.
1911. F. Noetling, Further Notes on the Habits of the Tasmanian aborigines
Pap. and Proceed, Royal Soc. Tasmania pag. 99 Pl. XV—XVIII.
Anmerkung: Die ältere Literatur bis 1899 findet sich vollständig in H. Ling
Roth, Aborigines of Tasmania 2nd ed.
Fünfter Bericht über die Tätigkeit der von der Deutschen
anthropologischen Gesellschaft gewählten Kommission für
prähistorische Typenkarten.
Von
Robert Beltz-Schwerin.
(Hierzu eine Kartenbeilage.)
Die Latenefibeln.
Die Herstellung einer Karte, welche die Verbreitung der Latenefibeln
in Deutschland in der bewährten Art der früheren Karten der Bronze-
äxte usw. zeigen sollte, ist auf der Versammlung der deutschen an-
thropologischen Gesellschaft in Görlitz 1906 beschlossen worden und
von A. Lissauer in gewohnter Rührigkeit sogleich in die Hand ge-
nommen. Der Entwurf der Fragebogen, die erste vorläufige Feststellung
der Typen ist Lissauers Werk; auch die ersten Eintragungen der
allmählich eingehenden Sammlungsberichte in das Hauptverzeichnis hat er
noch vollzogen.
Nach Lissauers Tode am 30. Sept. 1908 hat erst A. Goetze, dann nach
Beschlussfassung auf der Versammlung in Posen 1909 der Herausgeber
die Weiterarbeit übernommen. Ihr Abschluss war nicht nur eine Pflicht
der Pietät gegen den ausgezeichneten Forscher und treuen Kollegen,
sondern versprach auch eine wesentliche Förderung der prähistorischen
Forschung, in der die Jaatenefibeln sich seit Jahrzehnten als wirksame
Leitformen bewährt haben. Die Veröffentlichung hat sich über Erwarten
lange hinausgeschoben, da sich bei der Beschaffung des Materials Schwierig-
keiten herausstellten und die Bearbeitung desselben ergab, dass die
Lissauerschen Typen den Formenbestand nicht ausreichend umschrieben.
Es musste der Versuch gemacht werden, die Formenelemente, aus denen
sich die unübersehbare Fülle der Latenefibeltypen zusammensetzt, fest-
zulegen und die einzelnen Exemplare danach zu beschreiben.
Die Anordnung der Karte folgt den früher erschienenen; die Uber-
siehtlichkeit ist wesentlich geringer, da es sich hier um Eintragungen von
zeitlich streng geschiedenem Material handelt. Die Eintragungen sind
nach typologischem Schema, nicht nach chronologischem erfolgt. Dass
das Frühlatenefibelschema sich nicht mit der Frühlateneperiode deckt usw.,
ist bekannt, aber nicht überflüssig zu betonen.
, tee mm, ffe, —
R. Beltz: Latenefibeln. 665
Seitdem Hans Hildebrand den Namen Latene für die von ihm
zuerst umschriebene Kulturgruppe eingeführt und das Fibelmaterial nach
seinen formalen Charakteren geschieden hat!), ist die Latenefibel für
chronologische und auch ethnische Gliederung ein Lieblingsstiick der
prähistorischen Forschung geworden. Allgemeine Gültigkeit hat die Ein-
teilung von Otto Tischler”) gewonnen. Tischlers Schema war be-
kanntlich das folgende:
I. Freies Schlussstück (Knopf, Ring, Scheibe, diese oft mit Koralle).
— Kirchhöfe der Champagne, Hügel der Franche-comte und des Rhein-
Saargebiets, Grabfunde der Schweiz, Duxer Quellfund, Böhmen, West-
Ungarn. — An jüngste Hallstätter (Schlangen-, Paukenfibeln usw.) zeitlich
anschliessend.
II. Verbundenes Schlussstück. — La Tene, Norddeutschland, Schweden,
von Frankreich bis Ungarn allgemein.
II. Schlussstück in der Verlängerung des Bügels liegend und selbst
den Fuss (Rahmen) bildend. — Ganz Mitteleuropa.
Die drei Konstruktionstypen wurden als Leitformen dreier Perioden,
der Früh-, Mittel- und Spätlatenezeit aufgefasst, von denen I in das
vierte, II in das dritte und zweite Jahrhundert, III in das letzte vor-
christliche Jahrhundert gesetzt wurden.
Einige Verschiebungen im SchemaTischlers, wie sie die neu erschlosse-
nen Materialien erforderten, hat Paul Reinecke vorgenommen’): den drei
Tischlerschen ist eine vierte Anfangsstufe vorgesetzt (A), charakterisiert
durch Masken- und Vogelkopffibeln, die auf griechische Einflüsse zurück-
gehen; sodann ist im einzelnen der Nachweis geführt, dass keines der
drei Tischlerschen Schemata auf die betreffende Kulturperiode be-
schränkt ist, indem einzelne Typen des Schema überhaupt erst der fol-
genden Periode angehören (das Frühlateneschema Variante E dem Mittel-
latene, das Mittellateneschema Variante J dem Spätlatene, mehrere Spät-
lateneformen der „früh-römischen“ Periode), andere, besonders in Nord-
deutschland, lokale Nacharbeiten jüngerer Zeit darstellen. DieTischlerschen
zeitlichen Grenzen haben sich im ganzen bewährt. Reinecke A ist
rund 500 bis 400, B (= Tischler I) 400-300, C (= Tischler II) 300—120,
D (= Tischler III) 120—50 nach Chr. anzusetzen.
Wir behalten im folgenden die hergebrachte Tischlersche Zählung
bei und fügen die Reineckesche Anfangsstufe mit A hinzu, also
A = Anfangsstufe, I = Frühlatene (Reinecke B), II = Mittellatene
(Reinecke C), II] = Spätlatene (Reinecke D).
Eine Zusammenstellung des gesamten Schweizer Materials an eisen-
1) Bidrag til spiinnets historia in Antiquarisk tidskrift för Sverige IV. Stock-
holm 1872.
2) Vorbereitet in den Beiträgen zur Anthropologie und Urgeschichte Bayerns IV.
1881 S. 47, durchgeführt in einem Beitrag zu A. B. Meyer, Gurina 1885 5.15
und Korrespondenzblatt der deutschen anthropologischen Gesellschaft 1885 S. 157.
3) Mainzer Festschrift 1902 S. 55, Korrespondenzblatt der deutschen anthropol.
Gesellsch. 1903 S. 36: Lindenschmit Altertümer, Band V mehrfach.
Zeitschrift für Ethnologie. Jahrg. 1911. Heft 5. 43
666 R. Beltz:
zeitlichen Fibeln, die auch für deutsche Verhältnisse wertvoll ist, gab
David Viollier!).
Die zahlreichen Übergangsformen von Latenefibeln zu den Typen
der römischen Zeit hat O. Almgren’) musterhaft behandelt.
In der Beschreibung der Fibeln hat sich im allgemeinen die von
Tischler eingeführte Terminologie eingebürgert, die hier mit seinen
eigenen Worten gegeben sein mag’).
„Die Hauptbestandteile der Fibel sind der Dorn oder die eigentliche
„Nadel“, welche das Gewand durchsticht und der „Bügel“, welcher die
Nadelspitze festhält und der soweit zurücktritt, dass er die Falte auf-
nehmen kann. Als Normalstellung betrachte ich die, wo die Nadelspitze
nach unten gerichtet ist, Bügel und Nadel mit dem Auge in eine Vertikal-
linie und zwar die Nadel entfernter...... Beim Gebrauch war die
Stellung eine andere: Die Nadel lag horizontal oder ging mit der Spitze
schräg nach oben; wir sind aber gewöhnt, die meisten Fibeln in der oben
angenommenen Grundstellung zu betrachten. Der unterste Teil des Bügels,
welcher dazu dient, die Nadel festzuhalten, heisst der „Fuss“. In vielen
Fällen lässt sich die Öse oder der Falz, worin die Nadel liegt, als ein
besonderes Glied desselben, den „Nadelhalter“ auffassen, während bei
der einfachsten Form Fuss und Nadelhalter ganz zusammenfallen. — Die
Verbindungsstelle zwischen Bügel und Nadel ist der „Kopf“. Es ist
eine einfache oder mehrfache spiralartige Kreiswindung (in letzterem Falle
„Spiralrolle* oder einfach „Rolle“ genannt) ..... Der zwischen
Kopf und Fuss liegende gekrimmte Teil des Bügels ist der „Hals“. In
den Fällen, wo derselbe den grössten Teil des Bügels bildet, möchte ich
auch die Bezeichnung „Bogen“ vorschlagen .. . Es findet sich auch ein
rein dekorativer Fortsatz des Fusses, den wir das „Schlussstück*
nennen wollen.“ Im folgenden sind die Abbildungen in Horizontal-
stellung gegeben, da diese die für die Latenefibeln wesentlichen Züge
besser erkennen lässt, für „Hals“ oder „Bogen“ einfach „Bügel“ eingesetzt
und das Schlussstück mit Nadelhalter als „Fuss“ bezeichnet.
Die Befestigung der Fibel geschieht durch eine federnde Nadel; diese
geht aus Spiralwindungen hervor, welche entweder unmittelbar eine Fort-
setzung des Bügels bilden („eingliedrige* Form) oder sich um eine Achse
wickeln, welche am Bügelkopfe durchgesteckt wird (,zweigliedrige* Form),
die Sehne liegt aussen am Biigelkopf oder lehnt sich, gewöhnlich in
Halbkreisform, an die untere (innere) Seite des Bügelkopfes an („Arnı-
brustkonstruktion“). Das jüngste Glied der Entwicklung der eingliedrigen
Ftbeln war die Certosafibel (mit einseitiger Spirale)*); die Armbrust-
1) Anzeiger für schweizerische Altertumskunde N. F. IX. 1907 S.8 usw.
2) Studien über nordeuropäische Fibelformen der ersten nachchristlichen Jahr-
hunderte. Stockholm 1897.
3) Beiträge zur Anthropologie und Urgeschichte Bayerns IV, 1881 S.51. Ähnlich
in A. B. Meyer, Gurina 188) S. 15.
4) Einseitige Spiralen erscheinen an Latenefibeln nur in den früheren Stufen:
vel. den Typ zu @; die Stücke Mainz (Weisenau) aus Latene III (Linden-
schmit V, 542) und Hohenwarthe, Kr. Jerichow (ebd. 380), sind exceptionell.
Latenefibeln. 667
konstruktion ist allgemein an den jüngerhallstättischen Typen; beide haben
auf die Latenefibeln gewirkt, an denen von Anfang an beide Konstruktions-
arten auftreten. Auch der Unterschied der äusseren und inneren Sehnen-
lage hat im allgemeinen keine chronologische Bedeutung’). Dagegen
bleibt der Sehnenhaken der ganzen Latene-Typenreihe fremd.
Bei der Aufzählung ist folgende Reihenfolge der Landschaften inne-
gehalten, aus der im allgemeinen auch die Zusammengehörigkeit der
einzelnen Gruppen sich ergeben wird.
I. Westliche und südliche Gruppe.
Rheinprovinz, Reg.-Bez. Wiesbaden, Grossherzogtum Hessen, Rhein-
pfalz, Elsass, Baden, Hohenzollern, Württemberg, südliches Bayern
(Schwaben, Oberbayern, Niederbayern), nördliches Bayern (Oberpfalz,
Ober-, Mittel- und Unterfranken).
II. Mittlere Gruppe.
Reg.-Bez. Cassel, Thüringische Staaten, Prov. Sachsen (südlicher Teil),
Anhalt, Königreich Sachsen, Schlesien.
Ill. Nördliche Gruppe.
Westfalen, Hannover, kleinere nordwestdeutsche Staaten, Schleswig-
Holstein, Mecklenburg, Provinz Sachsen (nördlicher Teil) Brandenburg,
Pommern, Westpreussen, Ostpreussen, Posen.
Von ausserdeutschen Funden ist das Schweizer Material nach
literarischen Quellen mit bearbeitet, auch das böhmische zum grossen Teil,
aus Österreich sonst nur einige Beispiele.
Eine Vollständigkeit ist leider auch für Deutschland nicht erreicht;
nicht von allen Sammlungen sind die erbetenen Verzeichnisse erhältlich
gewesen; die unten gegebene Aufzählung der Sammlungen wird die
Lücken erkennen lassen; diejenigen, deren Bestand nur nach Publi-
kationen oder bei gelegentlichen Besuchen aufgenommen ist, sind mit
einem * bezeichnet.
Sammlungen.
Ansbach, Sammlung des Historischen Vereins für Mittelfranken.
* Arnstadt, Museum.
* Arolsen, Hofbibliothek.
* Augsburg, Maximiliansmuseum.
Bamberg, Sammlung des Geschichtsvereins.
"Bayreuth, Altertümersammlung.
Berlin V. K. = Königliches Museum für Völkerkunde.
Berlin M. M. = Märkisches Provinzialmuseum der Stadt Berlin.
*Bern, Historisches Museum und Universitätssammlung.
*Biel, Museum.
1) Siehe z. B. Lindenschmit A. V., 539, 540, wo an zwei fast gleichen Exen-
plaren desselben Grabes (Nierstein) das eine äussere, das andere innere Sehne hat.
Jo”
668 R. Beltz:
Birkenfeld, Landesmuseum des Fürstentums.
*Bonn, Provinzialmuseum.
Braunschweig H. M. = Herzogliches Museum.
Braunschweig St. M. = Städtisches Museum.
*Bregenz, Vorarlberger Museum.
Bremen, Mus. f. Natur- usw. Kunde.
Breslau, Schlesisches Museum für Kunstgewerbe und Altertümer.
Bromberg, Städtisches Museum.
Budweis, Museum.
Burg, Altertiimersammlung.
*Bydzow (Böhmen), Museum.
Cassel, Königliches Museum.
*Chur, Museum.
Coblenz, Museum des Kunstgewerbe- und Altertumsvereins.
*Coburg, Altertiimersammlung.
Colmar, Städtisches Museum.
Cöln, Städtische Prähistorische Sammlung.
Danzig, Provinzialmuseum.
Darmstadt L. M. = Landes-Museum.
*Darmstadt Gr. K. = Grossherzogliches Kabinetsmuseum.
*Detmold, Naturhistorisches Museum. )
Dillingen, Sammlung des historischen Museums.
Dresden, Kgl. Prähistorische Sammlung.
Bad Dürkheim, Altertiimersammlung.
*Dux, Schlossmuseum.
*Eichstädt, Altertümersammlung.
*Kisleben, Sammlungen des Mansfelder Geschichtsvereins.
Erfurt, Sammlung des Geschichtsvereins.
Forchheim, Altertiimersammlung.
*Frankfurt a. M. V. M. = Museum für Völkerkunde.
*Frankfurt a. M. H. M. = Historisches Museum.
Freiburg i. Baden, Städtische Altertümersammlung.
Freising, Sammlung des historischen Vereins.
Freienwalde a. O., Gymnasialsammlung.
*St. Gallen, Museum.
Geestemünde, Städtisches Morgensternmuseum.
*Genthin, Altertümersammlung.
Gera, Städtische Altertümersammlung.
Giessen, Museum.
Gotha, Herzogliches Museum.
Göttingen, Städtisches Museum.
Graudenz, Altertümersammlung.
Greifswald, Altertümersammlung.
Grimma, Altertümersammlung.
*(iuben, Städtisches Museum.
Gunzenhausen, Altertümersammlung.
Hall, Schwäb.-, Städtisches Museum.
|
Laténefibeln. 669
Halle a. S., Sächsisches Provinzialmuseum.
Hamburg, Museum für Völkerkunde.
Hannover, Provinzialmuseum.
Heilbronn, Städtisches Museum.
"Heidelberg, Städtisches Museum.
Heidenheim a. Br., Altertiimersammlung.
Hildesheim, Städtisches Museum. Hohenleuben S. Reiclıenfels.
Jena, Germanisches Museum.
Ingolstadt, Städtisches Museum.
Karlsruhe, Grossherzogliche Sammlungen für Altertums- und Völker-
kunde.
Kelheim, Sammlung des Historischen Vereins.
Kiel, Museum vaterländischer Altertümer.
"Klagenfurt, Museum.
*Klatau (Böhmen), Museum.
*Kolin (Böhmen), Altertiimersammlung.
Königsberg i. Ostpr., Vereinigte Sammlungen der Prussia und der
physikal.-ökonomischen Gesellschaft.
Konstanz, Rosgartenmuseum.
"Kopenhagen, Nationalmuseum.
Gr. Kühnau (Anhalt), Sammlung im Schloss.
*Laibach, Museum.
Landshut, Sammlung des Historischen Vereins für Niederbayern.
*Laun (Böhmen), Altertümersammlung.
*Lausanne, Museum.
Leipzig, Museum für Völkerkunde.
*Liesthal (Schweiz), Altertümersammlung.
Lübeck, Städtisches Museum.
Lüneburg, Städtisches Museum.
*Luzern, Museum.
Magdeburg, Städtisches Museum.
Mainz, Städtisches Museum.
Mannheim, Sammlung des Mannheimer Altertumsvereins.
Meiningen, Sammlung des Hennebergischen Vereins.
*Mithlhausen i. Th., Altertumsmuseum.
München St. S. = Prähistorische Staatssammlung.
"München N. M. = Nationalmuseum.
Münster, Provinzialmuseum.
Neubrandenburg, Sammlung des Altertumsvereins.
*Neuchätel, Städtisches Museum.
*Neuhaldensleben, Sammlung des Allervereins und des Gymnasiums.
*Neumarkt, Sammlung des Historischen Vereins für die Oberpfalz.
*Neuruppin, Ziethenmuseum.
*Neustrelitz, Grossherzogliche Altestümersanımlung.
Nördlingen, Museum.
Nordhausen, Städtisches Museum.
*Nürnberg G. M. = Germanisches Museum.
670 R. Beltz:
Nürnberg N. G. = Sammlung der naturforschenden Gesellschaft.
Oldenburg, Herzogliches Museum.
Olmütz, Historisches Museum.
*Pilsen, Altertiimersammlung.
Posen K. F. = Kaiser-Friedrich-Museum.
*Posen, Polnisches Museum.
"Prag, Museum Regni Bohemiae.
Prenzlau, Sammlung des Uckermärkischen Geschichts- und Altertums-
vereins.
*Pyrmont, Altertümersammlung im Kurhaus.
*Quedlinburg, Altertümersammlung.
Regensburg, Ulrich-Museum, Sammlung des hist. Vereins für Oberpfalz
und Regensburg.
Reichenfels b. Hohenleuben, Museum des Voigtländischen Altertums-
vereins.
Reichenhall, Museum.
*Römhild, Altertiimersammlung.
*Salzburg, Museum Carolino-Augusteum.
Salzwedel, Altertiimersammlung.
Schwerin i. M., Grossherzogliches Museum.
*Sigmaringen, Fürstliche Altertiimersammlung.
Sondershausen, Museum-
Speyer, Historisches Museum der Pfalz.
Stendal, Altmärkisches Museum.
Stettin, Sammlung des Vereins für pommersche Geschichte und Alter-
tumskunde.
*Stralsund, Städtisches Museum.
Strassburg i. E., Museum elsässischer Altertümer.
Straubing, Altertiimersammlung.
Stuttgart, Königliche Altertumssammlung.
Thorn, Städtisches Museum.
Traunstein, Sammlüng des Historischen Vereins des Chiemgaus.
*Trient, Museum.
Trier, Provinzialmuseum.
*Vevey, Altertiimersammlung.
Weissenburg i. Mittelfranken, Altertumssammlung.
St. Wendel, Altertiimersammlung.
Wernigerode, Fürst-Otto-Museum.
"Wien, Naturhistorisches Hofmuseum.
Wiesbaden, Nassauisches Landesmuseum (Städtisches Museum).
Worms, Städtisches Paulusmuseum.
Würzburg, Sammlung des historischen Vereins.
*Yverdon, Altertiimersammlung.
Xanten, Altertumsmuseum.
Zerbst, Sammlung im Rathaus.
Zerbst, Sammlung im Schloss.
*Ztirich, Schweizer Landesmuseum.
- Pan -=
Latenefibeln. 671
Abkürzungen.
V = Variante.
Fundber. = Fundberichte aus Schwaben.
Knorr = Knorr, Friedhöfe der älteren Eisenzeit. Kiel 1910.
Korrespondenzblatt = Korrespondenzblatt der deutschen anthropo-
logischen Gesellschaft.
Lindenschmit A. = Lindenschmit, Altertümer unserer heidnischen
Vorzeit.
Much, Atlas = Much, Prähistorischer Atlas von Österreich-Ungarn 1889.
N. d. A. = Nachrichten über deutsche Altertumsfunde.
Pic = Starožitnosti země České II Čechy na úsvitě dějin 1. Prag 1902.
Quilling = Quilling, Der Nauheimer Grabfund, Frankfurt 1903.
P. Z. = Prähistorische Zeitschrift.
Reinecke, Festschrift = Festschrift des römisch-germanischen Zentral-
museums in Mainz 1902.
Tischler = Tischler, Beiträge zur Anthropologie und Urgeschichte
Bayerns IV. 1881.
Undset = Undset, Das erste Auftreten des Eisens in Nordeuropa 1882.
Viollier= Viollier, Etudes sur les fibules de l’âge du fer trouvées en
Suisse, Anzeiger für Schweizer. Altertumskunde. N.F. 1907. IX.
VAM. = Beltz, Vorgeschichtliche Altertümer von Mecklenburg-Schwerin.
VAPS = Vorgeschichtliche Altertümer der Provinz Sachsen.
VATh = Goetze, Hoefer, Zschiesche, Vorgeschichtliche Altertiimer
von Thiringen.
Voss = Voss und Stimming, Vorgeschichtliche Altertümer aus Branden-
burg 1887.
Die Formengebung der Laténefibeln.
| An Einzelheiten in bezug auf die Bildung der Sehne und Achse,
welche für alle vier Stufen gelten: der Durchmesser der Sehne ist oft
ziemlich gross (S 1; siehe z. B. unten die Exemplare von Kl. Schweinitz,
Abb. 9 und Beilngries, Abb. 13); die Zahl der Spiralwindungen wird
gelegentlich, besonders in den norddeutschen Nacharbeiten recht be-
trächtlich, bei der höheren Form der Mittellatenefibel bis 20 auf jeder
Seite (S 2 = mehr als sechs Windungen, Beispiele von Butzow, Oster-
burg, Helmshagen, unten Abb. 28, 62, 64, 65); die Sehne wird um den
Bügel gewickelt (S 3. Beispiele von Dux!), und Butzow, Abb. 17, 28);
an den Enden der Achse werden Kugeln angebracht (S 4; Beispiel in
Abb. 4—6, 64). |
1) Besonders künstlich Letky (Böhmen) Dé Taf. 15, 6.
672 R. Beltz:
1. Stufe A. Fibeln mit figirlichem Schmuck.
1. Maskenfibeln @
Der ältesten Gruppe der Latenefibeln hat P. Reinecke?) ihre zeit-
liche und stilistische Stellung zugewiesen. Sie sind danach in eine den
Tischlerschen Perioden voraufgehenden Stufe (Reinecke A) zu setzen,
die etwa dem fünften Jahrhundert entspricht. Räumlich lassen sich zwei
Gebiete scheiden: Nordostbayern, das südliche Thüringen, Böhmen; und
die südliche Rheinprovinz, besonders die Gegend der Saar. Ihr Charakter-
zug ist die figurale Verzierung, und zwar gehören die typologisch ältesten,
die „Maskenfibeln“, dem östlichen Gebiete an.
Hier ist deutlich die Entstehung ihrer Form aus dem Schema der
Certosafibel (Jungfernteinitz z. B. hat noch die einseitige Sehne der
Certosafibel); diese ältesten enthalten auch den reichsten Schmuck in
kräftiger Plastik, griechisch-archaische Motive (Adler, Greif, Gesichter,
sog. Masken, z. T. mit Tierohren oder Hörnern, auch mit Kegelhaube,
Widder- und Schwanenköpfe, klassische Ornamente: Voluten, Spiralranken,
Schuppenmuster). Es sind bisher nur zwei reicher verzierte bekannt ge-
worden: von Jungfernteinitz in Böhmen (als Typ abgebildet Abb. 1°) und von
Parsberg. Eine Verkimmerung ist es schon, dass sich der Schmuck auf Masken
Abb. 1. Jungfernteinitz (Böhmen). Abb. 2. Kyschitz (Böhmen) Var. A.
beschränkt (Var. A; Kyschitz in Böhmen Abb. 27), die schliesslich allein
ein Fussornament bilden (Zerf, Monsheim, Riekofen, Emhof). — Dem
Westen eigen sind die „symmetrischen“ Fibeln (Schema der Var. B), von
denen die von Weisskirchen und Budenheim hierher gehören.
Die Zahl der Maskenfibeln ist gering, und sie beschränken sich im
wesentlichen auf die beiden genannten Gebiete; ein isoliertes Stück stammıt
von Niederschönhausen bei Berlin.
2. Tierkopf- (sp. Vogelkopf-)Fibeln. +
Aus der Maskenfibel ist die Vogelkopffibel hervorgegangen*). Im all-
gemeinen beschränkt sich das Figürliche auf das Fussende; nur gelegentlich
ist an der tierkopfartigen Gestaltung des Bügelkopfes und seitlichen Ein-
kerbungen desselben (vgl. Abb. 8) der Gang der Entwicklung verfolgbar.®)
— Das Material ist ganz überwiegend Bronze; eiserne Fibeln dieser
Stufe sind recht selten. (Beispiele von Schwenderöd, Walkersbrunn,
Kl. Gleichberg 124, 145, 206).
1) Reinecke, Festschrift S. 54, Lindenschmit A. V, S. 284.
2) Ee
A Reinecke, Festschrift S. 73.
4) Vel. Reinecke a. a. O. S. 15,
9) Vgl. auch Matzhausen, Pöfersdorf Tt 86. 109.
-= =- — a
Laténefibeln. 673
Die Sehnenkonstruktion wechselt ohne erkenntliche Regel: derselbe
Bügel- und Fusstyp kommt eingliedrig mit äusserer Sehne (diese häufig
bei S 1) und zweigliedrig, mit innerer Sehne und Kugeln an der Achse
vor, doch sind längere Achsen (S 2) selten.
Die Form ist gedrungener: es herrschen vor starke geschwollene Bügel;
diese sind flach gewölbt, meist hohl „kahnförmig“ (B 1, Abb. 3, Streitberg
Fränkische Schweiz!), siehe auch Walkersbrunn Abb. 6) oder geschweift
„S-förmig“ (B 2, Abb. 4 von Darshofen in der Oberpfalz)*), vgl. auch
Abb. 9 von Kl. Schweinitz, Kr. Liegnitz; seltener, eine Reminiszenz jung-
hallstättischer Typen, paukenförmig (B 3, Beispiel von Leidingshof, Ober-
franken, Abb. 53). Hochgewölbte und drahtförmige Bügel sind seltene
Ausnahmen (ein Beispiel von Kersbach s. unten Abb. 10).
Abb. 3. Streitberg, Fränkische Schweiz Abb. 4. Darshofen (Oberpfalz).
(Oberfranken). BAI FA1. S1BA2FA2.
Abb.5. Leidingshof (Oberfranken). Abb. 6. Walkersbrunn (Oberfranken).
S4BA3 FAl. S4BA5 FAD.
Die Bügelverzierung ist, wie erwähnt, beschränkt: gelegentlich findet
sich noch die an Certosafibeln häufige kuotenartige Einschnürung, auch
Schrägkerben (B 4), häufiger eine schildartige Gliederung durch ein-
geschnittene Halbkreislinien, Perlenbänder u. ä., besonders auf dem
Scheitel (B 5; Beispiel aus der Fränkischen Schweiz s. oben Abb. 3,
aus Walkersbrunn Abb. 6)*); ein anderes Muster in Perlbandart von
Mirsdorf bei Coburg’). Koralle wird selten verwendet (Email scheint
noch zu fehlen)®), und ist dann gewöhnlich in runden Vertiefungen an-
gebracht (B 6); dem Schluss gehört die kammartige Erhöhung (in Perl-
1) Nürnberger Festschrift 1901 Taf. 9, 3.
2) Scheidemantel, Hügelgräber von Parsberg I, 1886, Taf. 6, 55.
3) Katalog d. Münchener Nationalmuseums IV, Taf. V, 6.
4) Nürnberger Festschrift 10, 2.
5) Jacob VAPS 1887 S. 26, Abb. 69,
6) Über die Schwierigkeit, die Art der Einlage zu bestimmen s. Olshausen,
Verhandl. d. Berliner Gesellschaft f. Anthropologie 1888 S. 140.
674 R. Beltz:
bandart) längs des Bügels an (B 7; Abb. 7, Variante C, das Beispiel vom
Kl. Gleichberg)?).
Das Kennzeichen des Typs liegt in der Fussendigung, dem zum
Bügel zurückgebogenen Vogelkopf. Der Kopf ist rundlich oder halb-
rund (F 1, Beispiele s. oben); der Schnabel ist oft stark gekrümmt (F 2;
Beispiel an dem als Typ abgebildeten Stück von Darshofen, Abb, 4); häufig
wird der Fuss mit dem Fibelkörper verbunden, so dass Schnabel und
Bügel zusammenwachsen (s. Abb. 3 u. s.). Der Vogelkopf verflacht sich
(F 3; Beispiel Steinmühle bei Parsberg Abb. 8)?), wird stark entstellt,
so dass z. B. nur die Augen zurückbleiben (F 4; Beispiel Abb. 6) oder
verlängert sich (F 5; Beispiel Abb. 9, Kl. Schweinitz b. Liegnitz)’); einige
Abb, 7. Kl. Gleichberg Var. C. Abb. 8 Steinmühle (Oberpfalz)
BA? FA3.
Abb. 9. Kl. Schweinitz (Schlesien). Abb. 10. Kersbach
S1 BA? EA A (Mittelfranken). FAG.
Abb. 11. Kreuznach Var. B. Abb. 12. Prüllsbirkig (Oberfranken)
Var. B.
Male kommt auch schwanenhalsartige Bildung vor, so dass der Kopf aus-
warts schaut (F 6: Beispiel von Kersbach, Abb. 10*).
Andere Endigungen als Vogelköpfe kommen kaum vor; die Tier-
köpfe sind wohl sämtlich der Späthallstattzeit zuzurechnen®).
1) VAPS a.a.Q Abb. 70.
2) Scheidemantel a. a. O. II, 4, 4.
3) Seger, Schles. Vorzeit VJ, 416.
4) Lindenschmit IV, Taf. 14, 15, vel. auch @ 20 (Hallein).
5) Vgl Reinecke in Lindenschmit A., V., 470; ein Exemplar von Prüllsbirkig
(Berlin V. K.) aus derselben Nekropole wie die Abb. 12 gegebene Fibel. Auch
das besondere Stück von dem Kleinen Gleichberg, (Eichhorn, Tafeln zur
Vor- und Frühgeschichte Thüringens IV, 139; Goetze in VATh XVII, 245, und
Bau- und Kunstdenkmäler Thüringens H. 36, 1910) wird man besser als hallstättisch
bezeichnen; ebenso Stücke von Hundersingen Oberamt Riedlingen (Reinecke in
Lindenschmit V, 471), Urexweiler bei St. Wendel (Lindenschmit III, H.IX,
>. Yh eee A — —
Latenefibeln. 61%
Eine Variante der Vogelkopffibel entsteht dadurch, dass auch der
Kopf sich nach dem Bügel zurückbiegt und also eine symmetrische Form
herauskommt, wie sie schon unter den Maskenfibeln vorkommt (Var.B;
Beispiele von Kreuznach!) Abb.11 und Prüllsbirkig inOberfranken Abb.12)°);
von den zahlreichen Übergangsformen zu der Frühlatenefibel zählen wir
diejenigen hier mit auf, welche das Auge noch deutlich enthalten (Var. C,
Abb. 7; Beispiel vom Kl. Gleichberg)?).
Zur örtlichen Verteilung der Vogelkopffibeln.
Die grosse Masse gehört einem zusammenhängenden Gebiete in der
Oberpfalz, Oberfranken und dem nördlich angrenzenden Thüringen an: von
den rund 250 Exemplaren fallen 200 dahin; die Grabhügel (mit aus-
schliesslich brandloser Bestattung) der Oberpfalz und Oberfrankens,
Thüringer Skelettgräber (z. B. Ranis) und besonders der Kleine Gleichberg
sind die Hauptfundstätten; die Gruppe greift auch nach dem südlichen
Bayern und Württemberg hinüber; häufiger sind sie auch in einem zu-
sammenhängenden Gebiete an Mittelrhein und Nahe und in dem nördlichen
Baden. Sonst erscheinen sie nur als versprengte Einzelstücke, so in
Böhmen, Schlesien, Provinz Brandenburg (3) und Hannover (3). — Die
Variante B gehört dem Rheingebiet an, ist aber der bayrischen Gruppe
und auch der Schweiz nicht fremd; die Übergangsform C hat besonders
die nördlichen Länder beeinflusst.
2. Frühlatenefibel. A
Das wesentliche Motiv der Frühlatenefibel (Tischler I) ist das frei-
stehende, zum Bügel zurückgebogene Schlussstiick. Die Herkunft der
recht verschiedenen Typen des Frühlateneschema scheint keine einheit-
liche zu sein; sicher hat die Vogelkopffibel, sicher auch die Certosafibel
dahin geführt; auch sind Motive der späten Hallstattzeit*) massgebend;
eine Auflösung der Latenetypen in diese Formenelemente ist nicht durch-
führbar, auch sind die einzelnen Elemente langlebig und berechtigen zu
chronologischen Scheidungen allein nicht’).
Das Material ist überwiegend Bronze; Eisen findet sich in grösserer
Häufigkeit z. B. in Langugest, (wo ein Exemplar von 22 cm Länge), aber
Taf. 1, 8), Langenlonsheim a. d. Nahe (ebd. IV, 14, 2), Allensbach i. Baden (Fundort
zweifelhaft ebd. IV, 14, 3). Inneringen bei Sigmaringen (das Stück war von Lissauer
als Typ gewählt, ebd. I. IV, 3, 5). Eine ecxeptionelle Stellung nimmt die Fibel
vom Altkönig ein (Mus. Wiesbaden. Lindenschmit IV, 14, 1), wo der Bügelkopf
«durch einen Fischkopf, der Bügel aus zwei Tiergestalten, der Fuss aus einem von
der gewöhnlichen Stilisierung abweichenden Vogelkopf gebildet wird.
1) Lindenschmit I. IV, Taf. 3, 8. |
2) Nicht veröffentlicht. Berlin V. K.
3) Jakob a.a. O., S. 26, Abb. 70.
4) Typen wie Tischler, Beiträge zur Anthropologie und Urgeschichte Bayerns IV,
Taf. 4, Naue, Prih. Bl. XIV, Taf. VII, Reinecke in Lindenschmit A., V, Taf. 27.
5) Auch die verdienstliche und interessante Behandlung von D. Viollier
versagt bei der chronologischen Anordnung.
676 R. Beltz:
weder Gold noch Silber. Die Verzierung mit Koralle oder Email ist
häufig, Bernstein erscheint auf unserem Gebiete nicht’).
In der Konstruktion der Sehne bestehen keine wesentlichen Ver-
schiedenheiten von dem vorigen Typ. Doch hat die Armbrustkonstruktion
aufgehört, und einseitige Spiralen kommen nur ganz selten vor (Beispiel
von den Gleichen ^ 320); die Sehne liegt ziemlich willkürlich vor oder
hinter dem Bügelkopfe, in der Mehrzahl der Fälle vorn, hinten mit Vor-
liebe bei den schwereren Formen. Die oben bezeichneten Besonder-
heiten der grösseren Spirale (S 1), der grösseren Zahl von Spiralwindungen
(S 2), die Umwickelung der Spirale (S 3) und die Kugeln an den Achsen-
enden (S 4) erscheinen auch hier, das letztere wird aber selten.
Die Nadelrast besteht meist in einer Verbreiterung des Bügels zu
einem scharf absetzenden, oft dreieckigen Lappen; gewöhnlich ist sie nur
kurz.
Die allgemeine Form wird durch die Gestaltung des Bügels bedingt;
flachere längliche Formen überwiegen; selten ist er hochgewölbt (B Il;
Beispiele von Beilngries Abb. 13, die ,,Marzabottofibel (mit grosser Spirale
und kleinem Fussknopf) und Münsingen?) Abb. 14; meist annähernd
halbkreisförmig (2; meist stark, so das als Typ unter 15 abgebildete
Exemplar von Dux*), in Vereinigung mit dem Kugelspitzfuss die „Duxer
Fibel‘“); oder der Bügel ist flach gewölbt mit rundlichem (3; Abb. 16 von
Miinsingen)*) oder ovalem Querschnitt (4; Abb. 17, Dux)°) oder hohl
gegossen (5; Abb. 18 von Münsingen)®). Ferner bildet der Bügel ein
flachgewölbtes, scharfkantiges, glattes, längliches Band, ähnlich wie bei
gewissen Hallstattformen (6; Abb. 19, Letky) oder ist oval, ebenfalls eine
Erinnerung an eine hallstättische Form, die Pauke. (7; Abb. 20, Dux.)
Geschweifte Formen werden selten (Var. E in Verbindung mit dem
Vasenkopffuss, Abb. 21, Beispiel Wachenheim in Hessen). Auch die
später häufige Form des geknickten (8; Abb. 22, Kl. Gleichberg)?) oder des
eckig gebogenen Bügels (9; Abb. 23 von Beckerslohe)*) kommen ge-
legentlich vor.
An Zierformen erscheinen: der Bügel ist gewunden oder mit Schraz-
kerben versehen (10; Abb. 24, Letky)®), eingekerbt (11; Abb. 25, Obern-
dorf) 10), eingeschnürt (12; Abb. 26, Libesnitz)1"), mit kugeligen Schwellungen
1) Wohl aber südlicher: Idria bei Bata Szombathy, Mitteilungen der prä-
historischen Kommission der Kais. Akademie der Wissenschaften 1901, Abb. 91.
109. 150.
2) Wiedmer-Stern, Archiv d. hist. Ver. Bern XVIII. 1908 Taf. 1, 5.
3) Much, Atlas 201, 3.
4) Wiedmer-Stern 1, 2.
5) Much 199, 4.
6) Wiedmer-Stern 13, 6.
T) Ähnlich den späthallstättischen „Kahnfibeln“.
8) Nürnberger Festschrift 18, 2.
9) Pié 14, 15.
10) Naue, Präh. Bl. XIV Taf. 6, 15.
11) Pié 14, 15.
Latenefibeln. 677
Abb. 13. Beilngriess (Oberpfalz) Abb. 14. Münsingen b. Bern.
S1 BI1 FIi BI1 FIB.
Abb. 16. Münsingen b. Bern.
BI2 F14. BIS F110.
="
Abb. 17. Dux (Böhmen). S3 BI4 FI5. Abb 18. Münsingen b. Bern.
B15 FI5.
L e ax, ot
“tf e
Abb. 19. Letky (Böhmen) BIG 11. Abb. 20. Dux (Böhmen) BIT.
RR
Abb, 21. Wachenheim (Hessen). Abb. 22. Kl. Gleichberg.
Var. E. BIS.
Abb. 23. Beckerslohe (Mittelfranken). Abb. 24. Letky (Böhmen).
BI9 FI14. BI10 F113.
Abb, 25. Oberndorf (Oberpfalz). Abb. 26. Libesnitz (Böhmen).
B111. F19. B112. FI3.
678 R. Beltz:
(13; Abb. 27, Miinsingen)!) oder verziertem Kamm (14; Abb. 28.
Butzow*).
Die Verzierungen selbst, sehr reich und zum grossen Teil in Guss
hergestellt (so besonders in Münsingen), bestehen aus Spiralen, Palmetten,
Volutenbändern, Ranken u. a, auch Triskelen®) (15; Abb. 29 Nimburg):
Kreisen, Würfelaugen, unechten Spiralen (16; Abb. 30, Langugest), Schräg-
linien, die zu Zickzackbändern, Rauten, Flechtbändern, Schraffierungen
geordnet sind (17; Abb. 19, Letky). Des weiteren wird eine Schmuck-
masse, welche in Furchen oder Gruben befestigt wird, eingefügt (18). Diese
Füllmasse, besonders häufig an dem Bügel und dem Fuss der „Münsinger‘*
Fibel ist in selteneren Fällen Koralle oder Knochen, meist Glasemail und
zwar fast ausschliesslich dunkelrotes, nur ganz vereinzelt weisses‘). Auf-
gesetzte Zierstücke aus Mitteldeutschland s. A 328, 374 a.
Abb. 27. Münsingen b. Bern. Abb. 28. Butzow (Westhavelland)
B113 FI. S2.3 BILL FI“.
Abb. 29. Nimburg (Böhmen) BI 15. Abb. 30. Langugest (Böhmen) BI 16,
Die Bildung des Schlussstiickes (Fusses) ist sehr abwechselnd, lässt
sich aber doch auf wenige Grundformen zurückführen. Allen Grund-
formen gemeinsam ist die Zurückbiegung zum Bügel und die freie
Stellung; nur in seltenen Einzelfällen wird der Fuss mit diesem ver-
bunden. Die Scheidung von der Spätlatenefibel ist bei diesen singulären
Formen nicht immer durchführbar, vgl. A 510 Bücknitz und „ 200 Oster-
burg, æ 250 Rosenthal.
Eine Reihe scheint auf die Certosafibel zurückzugehen, deren kleinen
Knopf sie übernimmt. Eine zweite Reihe ist sichtlich eine Weiter-
bildung der Var. © der Vogelkopffibel (das Auge ist oft noch er-
kennbar), welche zu einer schmalen Spitze verkümmert. Als Verbindung
der beiden Reihen lassen sich die zahlreichen Kombinationen von Kugeln
mit Spitzen, Hohlkehlen usw. auffassen. Ein dritte Reihe geht auf die
Hallstattschale oder auf den Vogelkopf zurück, bildet sich dann aber
zur flachen Scheibe, Platte usw. aus; ihr gehören die am reichsten ver-
1) Wiedmer-Stern 1,0.
2) Voss-Stimming 1Va 6, 7b.
3) Z. B. Steinhausen, Kanton Zug A 683,
4) Beispiele für weisses Email von Vevey s. Anz. f. Schweiz. Altert. 1902,
1905, N. 264,
Latenefibeln. 679
zierten Formen der gesamten Gruppe an, die wir als Münsinger Fibel
bezeichnen. (Var. D; Abb. 31, Hard Abb. 27 Münsingen). — Sonderformen
sind der platte Kolbenfuss mit Hohlkehle (Var. E, Abb. 21), welcher
mit der eine Zeitlang herrschenden Neigung zu einem vasenkopfförmigen
Abschluss der Schmuckstücke!) zusammenhängen mag; und das einfache
Drahtgewinde.
Im einzelnen ergeben sich für das Schlussstück folgende Formen.
A. Kleiner Knopf (F I, 1), besonders häufig an hochgewölbten Formen
mit grosser Spiralsehne (Marzabottofibel, Abb. 13)?); grosse, gewöhn-
lich etwas platte Kugel, gern mit einem kleineren Fortsatz, der kolben-
artig oder blattförmig gehalten wird (2; Abb. 32, häufig), abgeplattete
Kugel oder rundlicher Wulst (3; Abb. 26. 33).
Der folgenden Reihe nähern sich eine grosse Anzahl Formen mit
länglichem Schlussstück, an dem Kugeln in verschiedenster Kombination
Abb. 31. Hard (Zürich,. Var. D. Abb. 82.
ay
4
— =
Lë e en
wa —
Abb. H. FIO. Abb, 30. FIT. Abb. 36. FIS.
Abb. 33. FIR.
angebracht sind: Kugel mit Spitze (4; der Typ Abb. 15), gewöhnlich
mit annähernd halbrund gewölbtem, starkem, verziertem Bügel (Duxer
Fibel) oder Kolben-*), Kegel-, Zylinderformen verschiedenster Art
(5; Abb. 17, 18).
B. Weiterbildungen des länglichen Vogelkopfes. Stark
profilierter schmaler Kegel (6; Abb. 34); abgeschnürte Kugeln (7; Abb.35);
von dem vorigen oft kaum zu scheiden abgeschnürte Halbkugeln
(8; Abb. 14. 36); eingekerbte Spitze (9; Abb. 25), selten; schmale Spitze
(10; Abb. 16), selten ganz einfach*), meist verdickt oder eingeschnürt.
C. Weiterbildungen der Hallstattschale und des breiten
Vogelkopfes. Runde, gelegentlich leicht gewölbte Scheibe, meist ver-
ziert oder für eine Füllmasse zugerichtet, gern mit einem Fortsatz
1) Besonders der Ketten, wie Pit, Staroz. II, 1 Taf. 28, 1 (Trebusitz). Anz. f.
schweiz. Altertumskunde N. F. III. 1901 VII, VIII (Vevey), Lindenschmit, A., V, 918
(Manching), alle aus Latene II. Beobachtung von Reinecke, Festschrift S. $4.
2) Vgl. Montelius, Civilisation primitive I, 162.
3) Die Herkunft aus dem Vogelkopf deutlich an dem, auch der Form nach,
alten Stück von Matzhausen in Latene A-Umgebung, Lindenschmit, A., V, 896.
4) Beispiel von Leimersheim (Speyer) bei Lindenschmit, A., V, 1044.
680 H Beltz:
(11; Var. D, Abb. 27. 31), ein wichtiger Typ, an dem zuerst Email-
verzierungen erscheinen, die „Münsinger Fibel“ (bei deren Bildung
übrigens auch Certosaformen mitgespielt haben können)!); gelegentlich
mehrere Scheiben rosettenartig zusammengestellt (12; Abb. 37, Kl. Jeseritz?),
selten?); auch Ringscheiben (13; Abb. 24, Letky), zuletzt rhombische,
blatt- oder zungenförmige Platten 14; Abb. 23, Beckerslohe), dieses be-
sonders an Stücken aus Eisen. —
D. Sonderformen. Kolben mit Hohlkehle, glatt abschliessend
(15; Var. E, Abb. 21, Wachenheim)*), häufig und chronologisch wichtig;
Drahtgewinde (16; Abb. 38, Kl. Gleichberg°).
Die Verzierung des Fussstückes ist nur bei den Scheibenformen ge-
wohnlich; doch kommen gelegentlich auf Kugeln u. a aufgelegte
plastische Ornamente vor®).
Das Schlussstück ist natürlich bei den vorhandenen Stücken sehr oft
abgebrochen. Doch scheinen wirklich Fälle vorzuliegen, wo es an sonst
hierher zu rechnenden Fibeln weggelassen oder in ganz verkümmerter
ur.
Abb. 37. F112. Abb. 38. FLI6. Abb. 39. „Altmärkische“ Fibel.
Kl. Jeseritz (Schlesien). Kl. Gleichberg (Sachsen- Var. Q.
Meiningen).
Gestalt gebildet ist (Beispiele Jena Lerchenfeld A 286 Langugest, A 612
K1. Corbetha, A 333).
Zeitlich gehört die grosse Mehrzahl der Frihlatenetypen in die Früh-
latenezeit (Reineckes Stufe B), für welche im allgemeinen das vierte
Jahrhundert anzusetzen ist. Doch decken sich die Endpunkte nicht. Die
weitverbreitete Variante E fällt ganz der Mittellatenestufe zu’); wie sie auch
in der Formengebung ihres gestreckten, drahtartigen Bügels sich den
Mittellateneschematen nähert. Eine chronologische Ordnung in die ver-
schiedenen Typen zu bringen, ist noch nicht angängig; die Kugelfussfibel
scheint sich länger gehalten zu haben, als die Scheibenfussfibel (Kugel-
fussfibeln gesellen sich mit V-Fibeln in dem Grabfelde von Manching, mit
J) Vgl. Lindenschmit, A. V, 325,
2) Seger, Schl. Vorzeit. VI S. 416, 2.
3) Vgl. auch Lindenschmit, A., V, 328.
4) Lindenschmit, A., V, 333.
5) Lindenschmit A., V, 358.
6) Bei einem Kugelfusse (F I, 2) gut Dobroékovic i. Mähren Cervinka.
Vlastiveda morawska I, 8.263 (aufgelegte echte Spiralen); auch bei profiliertem
Kolben: Obertraubling, Beitr. z Anthr. Bayerns IV, Taf. V, 32; (Volutenverzierung).
7) Der Nachweis von Reinecke; s. Lindenschmit A., V zu Abb. 333 u. 941.
Latenefibeln. 681
Variante E und V-Fibeln in dem auch sonst für Synchronismen wichtigen
von Horkheim in Wirttemberg’). |
Dagegen gehört die Marzabottofibel einer früheren Stufe an (wieder-
holt zusammen mit Certosafibeln in einem Grabe z.B. in Egerten bei
Zürich?), auch in Stützheim im Elsass). Auch die Duxer Fibel (Fusstyp I, 4)
wird älter sein; jünger dagegen die Fibel mit grosser Kugel (F 2 u. 3);
lehrreich für dieses Verhältnis sind zwei Gräber von Criesbach in Württem-
berg’), wo in einem Grabe Duxer Fibel mit Vogelkopffibel, in einem
andern aber die Kugelfussfibel mit der zweifellos jungen Vasenkopffibel
(Var. E) zusammen erscheinen; auch ein Grab von Vevey (17), wo die
Kugelfussfibel mit einem gläsernen Armring in Mittellateneart gesellt
ist, weist auf eine jüngere Stellung.
Die Gräber, in denen die Frühlatenefibeln zu Hause sind, sind durch-
gehends Skelettgräber, die typische Grabform das Flachgraberfeld*).
Daneben erscheint das Hügelgrab (z. T., häufig in der Oberpfalz, Nach-
bestattung in älteren Hügeln), besonders am Rhein, am Mittelrhein sogar
überwiegend. Als nördliche Grenzgebiete der Kulturgruppe, welcher dieser
Fibeltyp im wesentlichen angehört, erscheinen Schlesien südlich der
Oder, das südliche Thüringen, Oberhessen bis zur Lahn; linksrheinisch
das Neuwieder Becken. Die reichsten Funde haben das Grabfeld von
Münsingen bei Bern5) und der Quellfund von Dux in Böhmen‘) ergeben, zeit-
lich im allgemeinen gleich, aber mit lokalen Besonderheiten, z. B. Um-
formungen der Certosafibel in Münsingen. Gleich bedeutende Fibelfunde
von deutschem Boden stehen noch aus; nur die Sinsheimer Nekropole
(Hügelgräber, zum Teil Nachbestattungen) hat ein ausgiebiges Material
gebracht, auch an den in Süddeutschland sonst nicht gerade häufigen „Duxer“
Fibeln. |
Ihre Hauptverbreitung hat die Frühlatenefibel auf einem Gebiete ge-
funden, welches ungefähr Rheinhessen, das nördliche Baden (Hauptfundort
Sinsheim), Württemberg, das nördliche Bayern (Oberpfalz, Oberfranken,
während Mittelfranken fast leer, Unterfranken arm ist) und ferner Thüringen
(hier die Funde vom Gleichberge und von dem Grabfelde von Ranis)
umfasst. In geringerer Stärke erscheint sie in der südlichen Rheinprovinz,
dem Reg.-Bez. Wiesbaden, der Rheinpfalz, Elsass (z. B. Grabfeld von Hatten),
während Lothringen zu versagen scheint, dem südlichen Baden und dem
südlichen Bayern (z. B. auf dem der V-Stufe angehörenden Grabfelde von
Manching einige Exemplare). Noch ungeklärt sind die chronologischen
1) Schliz, Fundb. X S. 19.
2) Ulrich, Züricher Katalog I, 3140.
3) Schliz, Fundber. X, S. 25.
4) Siehe dazu und über den allgemeinen Charakter der Periode P. Reinecke
in Lindenschmit, A. V., S. 354.
5) Wiedmer-Stern, Archiv des historischen Vereins Bern XVIII, 1908,
6) Mitt. d. anthrop. Ges. Wien XT, S. 80; Mitt. d. K. K. Zentralkommission 1882,
S. LXXX. Pit, Čechy na úsvitě dejin I, S. 18. Etwas jünger die Funde von dem
Grabfeld von Langugest, welches in seinem grössten Teile erst der folgenden Periode
angehört; von Weinzirl, Grabfeld von Langugest 1899.
Zeitschrift für Ethnologie. Jahrg. 1911. Heft 5. l Al
682 . R. Beltz:
Verhältnisse während der ganzen durch Latenetypen charakterisierten Zeit
am Niederrhein. Derselbe hat bisher entscheidende Funde nicht geliefert.
In Norddeutschland ist die Zahl der A-Fibeln nicht gerade klein, aber es
bleibt unsicher, wie weit es sich um eingeführte Stücke und wie weit es sich
um Nacharbeiten handelt. Häufig sind hier die langen Sehnenachsen.
Chronologisch wichtig ist die Zugehörigkeit zu einer Gruppe von Urnen-
feldern, welche Schwantes als Nr. III (Ripdorfer Stufe) bezeichnet!).
Nur an wenigen Stellen kommen sie in reichlicherer Zahl vor (Nienburg
in Hannover mit unsicheren Fundverhältnissen, Grabfelder der Altmark),
auch das nördliche Brandenburg und das Königreich Sachsen (Beispiel das
Grabfeld von Cröbern) enthalten noch Frühlatenefibeln.
Schleswig-Holstein, Schlesien, Mecklenburg, zeigen noch einzelne
zeitlich nicht festlegbare Stücke, aber schon Westfalen (wohl nur vor-
läufig), fällt völlig aus; und das übrige Norddeutschland ist ganz leer.
Als Nebenform zu der A-Fibel fassen wir die von Lissauer als
Variante Q oder „altmärkische* bezeichnete Form auf (Abb. 39): lange
Spiralachse, breiter leicht gewölbter Bügel, plattes Schlussstück, Formen-
elemente, die an hallstättische Formengebung anklingen*). Deutlich ist der
Zusammenhang an dem Exemplar von Kaulsdorf, Kr. Niederbarnim ^ 535.
Die Form ist norddeutsch, die zeitliche Stellung noch nicht völlig geklärt,
vielleicht nicht überall gleich; sie tritt im Elbgebiet auf Feldern auf, die
Latenetypen überhaupt noch nicht haben, reicht aber z. B. in der Altmark
sicher bis in die mittlere Latenezeit.°)
3. Mittellatenefibel v.
Das charakterisierende Merkmal des Schema Tischler II ist die Ver-
bindung des zum Bügel zurückgebogenen Schlussstückes mit diesem. Da-
mit vereinigt sich eine Formengebung, welche schon an Variante E sich
bemerkbar machte, dass der Bügel gestreckter, flacher, drahtartig wird;
die ganze Reihe der Mittellatenefibeln ist einfacher, schmächtiger, wesent-
lich formenärmer als die Friihlatenefibel. Entwickelt hat sie sich be-
sonders aus der Kugelfussfibel (Abb. 32 u. f.), indem die Verlängerung
des Knopfes durch ein kleines Band oder auch eine zweite Kugel mit dem
Bügel vereinigt wird. Deutlich erkennbar ist der Übergang von A (FI 2)
zu V V. F. z. B. an Stücken von Gera vy 205 und Paserin A 542. Vgl.
auch Abb. 40 von Münsingen’).
1) Prähistorische Zeitschrift J, S. 154.
2) Wie z. B. Präh. Bl. XIV Taf. VII, A
3) Die Form, gew. als „Kaulwitzer* Fibel bezeichnet, ist viel besprochen, be-
sonders im Zusammenhang mit den Gesichtsurnen: Zeitschr. f. Ethnologie 1899
N. (144), 1902 S. (205), 1904 S. (24), 1905 (S. 589). Reinecke in Lindenschmit A.,
V, 348. Knorr, Funde der alten Eisenzeit 1910, S. 13.
4) Wiedmer-Stern Taf. 15, 6.
Latenefibeln. 683
Doch sind auch Übergänge von der Scheibenfussfibel (Var. D) er-
kennbar?) und ebenso von den Fibeln mit stark profiliertem Schlussstück 2).
Der einfacheren Formengebung entspricht eine Vereinfachung des
Materials; es ist nicht mehr überwiegend Bronze; zwei Drittel etwa der
beobachteten Exemplare sind von Eisen; besonders gegen das Ende zu
wird das Eisen herrschend, so in der Station La Tene selbst. Silber
kommt vor, ist aber selten; die bekanntesten silbernen Exemplare sind
von Dühren in Baden*), Lautrach bei Bregenz*) und Horgen bei Zürich°),
ausserdem von Maxdorf bei Speier und eines unbekannten Fundorts in
Wiesbaden ®).
Zu den Einzelformen.
Die Sehne liegt nur ausnahmsweise an der inneren Seite des Bügels. Sie
wird im ganzen kleiner, so dass die grossen Spiralen (S 1) nur ganz ver-
einzelt vorkommen, die lange Spiralachse (S 2) beschränkt sich auf
wenige, besonders norddeutsche Formen und erreicht hier gelegentlich sehr
bedeutende Ausdehnung (bis 20 Windungen auf jeder Seite); an diesen
Abb. 40. Münsingen b. Bern, Abb. 41. Typ.
BII2. Übergang zu Var, F.
findet sich dann auch die Umwicklung (S3) und der Abschluss in Kugeln
(S 4).
Die Bügelbildung betreffend verschwindet der hohe Bogen, um am
Ende des Abschnittes in einer Variante (J) wieder zu erscheinen und wird
der Halbkreisbogen selten (B II 1), ebenso wie das flache Band (2,
Abb. 40, Münsingen); die Normalform ist der flachgewölbte Drahtbügel mit
leichter Schweifung. (Typ Abb. 41, häufig). Der in der Mitte (3, Abb. 42,
Storkow’), oder am Kopfe (4) geknickte Bügel mit gestreckten Seiten
leitet zu den Spätlatenefibeln über. Auch doppelte Knickung kommt
vor. Eine Besonderheit sind einige Exemplare mit spiralig gewundenem
Bügel (5, Abb. 43, Kl. Gleichberg®).
Schmuck wird selten: Filigran s. unten bei Behandlung des Schluss-
stückes. Gelegentlich erscheint Knochen und auch noch Koralle®), ferner
1) Sehr hübsches Beispiel von Vevey V 655 Näf, Anz. f. schweiz. Alt. 1901 S. 107e.
2) Beispiel von Kloster Weltenburg, Katalog d Bayr. Nationalmuseums IV
Taf. 12, 7 Y 178.
3) Y 118 Schumacher in Lindenschmit, A. V, 248.
4) Y 604 Much, Atlas 5. 205, 9.
5) V 624 Heierli, Urg. d. Schweiz S. 387.
6) Lindenschmit, A. JI. 7. 3, 9.
7) N. d. A. 1893, S. 35. F. 1.
8) Lindenschmit, A., V, 339.
9) Die Aufzählung s. bei Kossinna, Korrespondenzblatt d. Deutsch. Anthr.
Ges. 1907 S. 60, doch gehören mehrere der dort behandelten Stücke zu A. Uber
einen weiteren norddeutsch-skandinavischen Typ mit Emailschmuck, auf den
Kossinna aufmerksam macht, ist unten bei den Spätlatenefibeln gehandelt.
44°
684 R. Beltz:
Email, auch noch auf Scheiben!); die Zierstiicke werden nicht nur ein-
gelegt, sondern auch mit Hilfe von Nietstacheln aufgesetzt (besonders in
dem mittleren Elbgebiet wie schon bei A s. oben); die Emailverzierung
kommt auch an eisernen Exemplaren vor. — Die Kugelverzierung ist
unten behandelt.
Die Nadelrast besteht in einer einfachen Verbreiterung des Bügels,
gelegentlich mit dreieckigen Lappen, wie bisher.
Das Schlussstück erhält grössere Bedeutung. Der Ansatz am Fusse
geschieht gewöhnlich durch spitzwinklige Rückbiegung, aber auch in senk-
rechtem Ansteigen (F II 1), dieses eine Vorbereitung der Spätlateneform;
vgl. F III 4.
Die Befestigung aın Bügel wird hergestellt meist durch eine kleine
Klammer, die gewöhnlich aus einem leicht profiliertem Wulst gebildet wird.
Primitivere Arten zeigen ein Exemplar von Oldenstadt Hannover, V 308, wo
mechanisch ein kleiner Ring um Bügel und Fussendigung gelegt ist oder
Abb. 43. Kl. Gleichberg (Sachsen-
BIL3. Meiningef. BII5. B.II5.
Abh. 44. La Tene. FII2. Abb. 45. Münsingen b. Bern.
Übergang zu Var. F.
die Wickelung des drahtartig ausgezogenen Fussendes um den Bügel
(F II 2, Abb. 44, von La Tene selbst?). Vereinzelt kommt die Hallstatt-
pauke als Verbindungsstück vor (Bentrupp, Oldenburg V 327).
Besonders aber erscheint nun die Kugel. Der frühlatenische Kugel-
fuss bleibt, die Kugel wird als Ornament gewöhnlich besonders gearbeitet
und aufgeschoben (Abb. 45, Münsingen)?), bei eisernen Exemplaren gern
aus Bronze; es wird dann meist auch das Verbindungsstück als Kugel ge-
formt, und so ist die wichtige Variante F (Abb. 46) entstanden, die mit
Ausnahme weniger Exemplare aus Eisen gebildet wird. Die Zahl der auf-
gesetzten Kugeln ist meist 2, die grösste Zahl 5 (Beispiele von Meisdorf
V 231 und Binenwalde V 421, in dem Verzeichnis ist die Zahl der Kugeln.
wenn sie vom Schema abweicht, in Klammern gesetzt). In einigen
selteneren Fällen treten an Stelle der Kugeln gekörnte Rosetten (Variante G:
Beispiel von Dühren in Baden Abb. 47). Eine Abart, besonders nord-
1) Z. B. Viollier XI, 173.
2) Ähnlich Vevey, Anz, f. schweiz. Alt. 1901 S. 107g (Übergang zu F II 5).
3) Wiedmer-Stern 15, 7.
„SE geegent
Laténefibeln. 685
deutscher Herkunft verändert die Kugeln in flache, auf den Bügel
aufgeschobene Scheiben (Var. H; Abb. 48 von Nienburg, Hannover!);
auch die Bildung mit länglichen Würfeln oder rechtseitigen flachen Platten
(F II 3; Abb. 49, Lohne”) ist norddeutsch (Über eine jüngere norddeutsche
Form, Variante O s. unten S. 690).
Von Interesse ist die Bildung des Fusses an einer Fibel von Neu-
guth in Westpreussen V 548 (aus später Zeit), wo das Schlussstück auf der
unteren Bügelseite umgeschlagen ist, die Urform zu dem (östlichen)
Fibeltyp der jüngeren Kaiserzeit*).
Jüngere Abarten sind:
1. eine hochgewölbte Fibel mit eingeknicktem Bügel und weit nach
vorn gerücktem Verbindungsstück (Var. J, Abb. 50); der Bügel geht
nicht in gleichmässiger Schwingung bis zum Fusse, sondern biegt
in seinem unteren Teile ein (,abgebovener Mittelsteg* Schliz),
eine Erscheinung, die auch schon an Normaltypen und der Var. E
Abb. 46. Var. F. Abb. 41. Diihren (Baden). Abb. 48. Nienburg (Hann.)
Var. G. Var. H.
Abb. 49. Lohne (Altmark). F.II3. Abb. 50. Var. J. Abb. 51. Nien-
büttel (b. lzen).
F II 4. Var. R.
auftritt; sehr häufig und weit verbreitet besonders in Nord-
deutschland; in der Schweiz als „Windische“ Fibel bezeichuet,
. Die „hannoverische“ Fibel mit steil aufsteigendem und recht-
winklig gebogenem, bandförmigem Schlussstück Var. R, Abb. 51
von Nienbüttel*), ganz an das Ende der Latènezeit gehörend.
Eine Sonderform ist auch die Bildung des Fusses aus Drahtgewinden
(F II 5; Abb. 43, KI. Gleichberg )
to
Die zeitlichen Unterschiede wollen sich auch unter den Mittellatene-
fibeln bisher nicht recht festlegen lassen, besonders nicht bei den Frühtypen.
Jedenfalls haben die der Entstehung nach älteren Kugelfibeln (Var. F)
sich neben der vereinfachten Form (dem Typ) gehalten und reichen auch
J) Tischler, 5, 31; Lindenschmit, A. II. VII. 3, 5.
2) Undset, S. 229, F. 17.
3) Almgren Gruppe VI, s. Fibelformen S. 71.
4) Schwantes, Prähistorische Zeitschrift I, S. 155.
686 R. Beltz:
in den folgenden Abschnitt hinein. Jünger scheinen die Formen (Normal-
typ und Var. F) mit „abgebogenem Mittelstes“ zu sein, der besonders
markant an der Var. J. hervortritt. Diese gehört sicher erst in die folgende
(Spätlatene-) Stufe!). Jung sind ferner die geknickten Bügel (B II 3. 4)
und der rechtwinklig ansetzende Fuss (F II }). Ein Weiterleben des
Mittellateneschema bis in die frühe römische Kaiserzeit ist zweifellos?).
Über die Stelle, an der die Mittellatenefibel entstanden ist, lässt sich
Begründetes nicht angeben. Sicher spielt die Schweiz dabei eine grössere
Rolle, aber an sehr frühen Bildungen haben die verschiedensten Land-
schaften Anteil; jetzt wird es auch in Norddeutschland lebendig. Der
Übergang der alten Kugelfussfibel zu der Mittellatenefibel ist z.B. an den
hannoverischen Stücken deutlich verfolgbar.
Zur Verteilung des Mittellateneschema.
In Südwestdeutschland bezeichnet die Mittellatenefibel den Schluss-
abschnitt der gallischen Besiedelung (Mediomatriker, Helvetier, Tekto-
sagen usw.). Die bedeutendsten Funde liegen vor von Dühren in Baden
und Horkheim in Württemberg,, während sie im allgemeinon hier seltener
wird, sehr gut vertreten ist Rheinhessen, und auch die Nachbargebäude
haben Funde, sie schliessen mit den letzten Jahrzehnten des zweiten vor-
christlichen Jahrhunderts ab. Ausschliesslicher Ritus ist hier die Leichen-
bestattung in Flachgräbern, die meist in Nekropolen zusammenliegen?).
Gute Funde stammen aus dem südlichen Bayern; dahln gehört besonders
das Skelettgrabfeld von Manching‘).
Dagegen sind die Funde recht selten in der Pfalz und Elsass-L.oth-
ringen, ebenso in dem nördlichen Bayern, dem Hauptsitze der Frühlatene-
kultur. Ganz Franken fällt aus. Auch in Böhmen wird die Fibel
seltener. Auch Thüringen hat nicht mehr die reichen Funde der
früheren Periode, während die Provinz Sachsen, das Königreich Sachsen
und Schlesien stärker hervortreten; das Versagen der Oberlausitz hält an.
In Thüringen verliert das Skelettgrab seine Herrschaft (Beispiel Wernburg
bei Ziegenrück); der norddeutsche Leichenbrand erscheint auch hier
(Lerchenfeld bei Jena usw.), Schlesien hat die Mittellateneformen nur in
Leichenbrandfeldern (besonders mit Brandgruben), die sichtlich mit den west-
preussischen und niederlausitzern (z. B. Sadersdorf) in Verbindung stehen:
die Kultur- (und doch wohl auch Völker-) Grenze geht durch das Land hin-
durch®). Das bedeutendste Grabfeld mit Mittellatenefibeln Zeippern, Kr.
1) S. Reinecke in Lindenschmit, A. zu V, 336. Belege auch an russischem
Material: Reinecke, Mainzer Zeitschrift 1906 8.43; auch an norddeutschem Material
ist das Verhältnis deutlich: sz B. den Befund von Butzke und Koppenow in
Pommern vi LI (534) e 286 (504) und den Pyrmonter Quellfund; ebenso gehört sie
in der Schweiz der Spätstufe an.
2) So zuerst Schumacher, Anz. f. schweiz. Alt. VII, 1895 8.54; weitere Nach-
weise in Lindenschmit, A. V 8.30.
3) Im allgemeinen s. Schumacher in Lindenschmit A, V, 8.80 u. 172:
Reinecke ebenda S. 290.
4) Weber und Birkner in Beiträge zur Anthr. u. Urg. Bayerns XVI 1905 S. 24
u. XIN, 8.55. Reinecke in Lindenschmit, A. V, S. 283.
A Seger, Beiträge zur Urgeschichte Schlesiens I 1902 S, 44.
Latenefibeln. 687
Guhrau, gehört zeitlich in die Spätlateneperiode. Sehr reichlich fliessen
die Materialien jetzt aus der norddeutschen Zone in Urnen- und Brand-
vrubengräberfeldern: Leichenbrand ausschliesslich. Allerdings ein weites
{iebiet, umfassend die nördlichen Rbeinlande, Westfalen, Kurhessen, das
westliche Hannover bleibt leer, aber auf einem zusammenhängenden Ge-
biete im nordöstlichen Hannover, der Altmark, dem grössten Teile von
Brandenburg ist Mittellatene so stark vertreten, wie, vielleicht abgesehen
von Rheinhessen, an keiner zweiten Stelle. Nach Norden zu (Schleswig-
Holstein, Mecklenburg, Pommern) flaut es wieder ab; aber der Osten, Posen,
Westpreussen (dieses besonders) und Ostpreussen nimmt eine starke Stellung
ein. Die Mehrzahl der Grabfelder mit Mittellatenetypen ist hier aber der
Spätlateneperiode zuzuschreiben. Die lokalen Unterschiede sind nur
gering; auch die Varianten, besonders F!) und J erscheinen überall,
wo überhaupt Mittellatene vorkommt.
4. Spätlatenefibeln.
Das Spätlateneschema (Tischler III) ist bekanntlich dadurch ent-
standen, dass das Schlussstück mit dem Bügel fest verbunden wird.
Der Fuss besteht aus der Nadelscheide, welche durch einen Quersteg an
den Bügel anschliesst; es entsteht so ein offener Rahmen, mit dessen
Schliessen die Formgestaltung der Latenefibel endet. Nach der Gestaltung
des Bügels scheiden sich zwei Gruppen, die langgestreckte, einfach bandartige
(sog. „Nauheimer“) e und die im allgemeinen höhere, auch stärker
profilierte drahtartige æ; am Schluss kommen stärkere Exemplare mit
kräftigem Guss auf. Der Übergang von der Mittellateneform ist im ein-
zelnen nicht recht nachweisbar, und auch der Übergang des einen Typs
zu dem anderen ist schwer zu verfolgen, viel weniger als der von f zu A,
von ^ zu Y und von s zu den frührömischen?).
Die Spiralwindungen sind gering an Zahl, selten über vier, die Sehne
liegt fast ausschliesslich hinten am Bügel (Ausnahme z.B. von Perdöhl,
Abb. 54 und an den norddeutschen Varianten); die lange Spirale (S 2),
die Umwicklung (S 3), die Endkugeln (S 4) kommen nur an lokalen
Varianten, einseitige Sehne nur an einem exzeptionellen Stücke vor
(Weisenau bei Mainz)*). Die Unterstützung der Spirale durch das Bügel-
ende, indem dieses verdickt wird oder mit seitlichen Lappen übergrei ft
leitet zu dem Konstruktionsscheina der folgenden Periode über.
1. Spätlatenefibel MB.
Die „Nauheimer“ (Abb.52), wie wir sie nach Tischlers Vorgang weiter
nennen, hat als Bügel ein flaches, schmales, nur schwach gewölbtes Band, das
auf die Bügelform B II 2 zurückgehen mag und gern mit Längsstrichen ver-
ziert ist; die Nadelscheide setzt in spitzem Winkel, in leichter Biegung,
selten mit einem rechtwinklig aufsteigenden Steg, wie Abb. 54, an; die
1) Selbst im Südosten: Mitrowitza a. Save, Reinecke, Mainzer Zeitschrift 1907, 8. 46.
2) Ein gutes Beispiel von Estavayer w 451 s. Viollier 321.
3) Lindenschmit, A., V, 422.
688 R. Beltz:
Neigung zur Schliessung des Rahmens ist auch hier erkennbar; die im
allgemeinen der » Reihe gehörende Form F III 6 findet sich z. B. an
einem Exemplar von Körchow Abb. 60 (jung), der durchbrochene Fuss
(Abb 57, Var. M.) an verschiedenen Exemplaren von Nauheim.!) Variationen
des Bügels sind selten und gering. Das Band trägt vorn seitliche Er-
weiterungen (B III 1) oder erweitert sich zu einer Scheibe (B III 2)*)
ein Vorläufer der „Rollenkappe“ der „römischen“ Typen; eine Übergangs-
form zu der zweiten Gruppe ist der am Kopfende verbreiterte, sonst
schmale Bügel (B III 3; Abb. 53 von Mainz; zu beachten das Beibehalten
des Schiebers als Ornament). Auch als Übergangsform anzusehen ist der
in scharfen Winkel eingeknickte, sonst gestreckte Bügel (B III 4;
Abb. 54, Perdéhl)§).
Das Material ist Bronze oder Eisen, in Ungarn und den südlichen
Alpenländern erscheint auch Silber (selbst mit Niello)®).
d
e
Abb. 55. Var, K. Abb. 56. Var. L. Abb. 5%. Var. M.
2. Spätlatenefibel qm.
Die einfachen Stücke, fast ausschliesslich aus Eisen, haben in der
Grundform einen schmalen drahtförmigen Stangenbügel.
Dieser ist nur selten gestreckt, entsprechend der «Form (B III 5),
weit häufiger geknickt (Var. K, Abb. 55)°), mit leichter Schweifung gewölbt
(Yar. L, Abb. 56), oder gleichmässig flachgewölbt(Var.M, Abb.57); anJdas Ende
gehört der hochgewölbte, mit Knick einbiegende Bügel (B IIL 9; Abb. 58,
Rachow, Mecklenburg)°), an dem die alte Verbindungsstelle von Bügel und
Schlussstück durch einen kleinem Wulst bezeichnet wird.
Noch jünger ist die Form BIII 10 (Abb. 59), an der dieses Orna-
ment noch stärker auf dem Scheitel in scharfkantigen Wülsten hervor-
1) Quilling, 8.100, 17, S.101 mehrfach.
2) Beispiele Lindenschmit, A., V, 1143 und 1144, beide aus Traunstein.
3) Beltz, VAM. 46, 30.
4) Tischler, Gurina §. 23, Beispiel von Raab.
O Eine besonders im skandinavischen Gebiet zu starker Entwicklung ge-
kommene Form.
6) Beltz, VAM. 56, 5n.
Latenefibeln. 689
tritt!); sie hat auf die Formengebung der provinzialrémischen Typen
stark eingewirkt.
Sonst tritt eine Verzierung des Bügels nur selten auf, gelegentlich
der Schieber des Mittellateneschema als Ornament?) oder Querfurchen
und Streifen (B III 11; Abb. 65, Helmshagen, Pommern). Ein Beispiel von
Wulsten und Einkerbungen (wohl auch für Emaileinlagen) vom Lerchen-
feld bei Jena?) w 71.
Für die Gestaltung des Fusses ist die allmählich zunehmende
Neigung zum Schliessen des Rahmens massgebend. Die Normalform ist
der von der Mittellatenefibel überkommene spitzwinkelige Ansatz mit
offenem Rahmen (F III 1, z. B. Abb. 53); dann wird der Rahmen durch einen
im Winkel geknickten Steg belebt (2 = Var. L, Abb. 56) oder geschlossen
(3); oder der Rahmen wird unregelmässig vierseitig (4, Beispiele mehr-
fach); durchbrochen (5 = Var. M, Abb. 57) oder mit Löchern versehen (6,
Abb. 58. Rachow (Mecklenburg- RIII 10. Abb. 59.
Schwerin). BIII9. FIIL?.
Abb. 60. Körchow (Mecklenburg-Schwerin) Abb. 61. Gurina (Kärnten).
F III 6. B III 7. FIIIT.
Abb. 60) oder ganz geschlossen (7, Abb. 58. 61); als Abschluss des
Fusses kommt auch an Latèneschematen der Knopf vor (8).
Die Fibeln mit geschlossenem Fuss und geknicktem oder geschweiftem
Bügel (Abb. 55 ff.) gehören schon der römtschen Zeit an. Eine besonders
häufige Form ist die Abb. 61, nach einem Exemplar von Gurina, sehr
häufig in römischen Gräbern und Kastellen in Westdeutschland ‘).
Die Übergänge zu den provinzialrömischen Fibeln sind unmerklich,
1) Diese Form war von Lissauer als Typ gewählt. Uber ihre Verbreitung be-
sonders in den keltischen Ländern s. Tischler bei Meyer, Gurina S. 25; Almgren
IV, 65 (S. 35) führt sie als erstes Glied der Reihe der „kräftig profilierten* Fibeln
an. Die Erweiterung des Bügels an der Ansatzstelle des Fusses durch hornartige
Fortsätze, die in Österreich und der Schweiz zu besonderen Formen geführt hat, ist
Deutschland fremd.
2) S. dazu Tischler, Gurina VI, 5. Almgren NJ, 236.
3) Eichhorn, Altertiimer von Thiiringen IV, 146.
4) Tischler, Gurina S. 27 (S. 106). Almgren 15, als „provinzialrömisch“ be-
zeichnet; die ebenfalls als provinzialrémisch zu bezeichnende Form Almgren 13
unterscheidet sich von unserem ganz späten Latenetyp Abb. 56 durch den breiteren
Fuss.
690 R. Beltz:
und ohne eine gewisse Willkür ist eine Scheidung unmöglich; als Kenn-
zeichen römischer Zeit hat man seit Tischler!) den Sehnenhaken an-
gesehen, der allen echten Lateneformen fehlt. Wir schliessen die Sehnen-
hakenfibeln im folgenden aus, so dass z. B. die Fibeln von Haltern”) für
unsere Aufzählung wegfallen.
An Sonderformen sind zu beachten:
l. Schwere gegossene Exemplare, die in Norddeutschland und
Skandinavien ohne Vermittelung aus der Frühlateneform, entstanden zu
sein scheinen und z. T. älter sein mögen: eines von Osterburg (Abb. 62)3::
ein ähnliches von Rosenthal, Kr. Niederbarnim; und Var. N, (Abb. 63;
(nach einem Funde von Lindrummoor in Jütland) nur in wenigen
Exemplaren bekannt: 2) doch findet sich dasselbe Bildungsprinzip an einem
Abb. 62. Osterburg (Altmark). Sonderform. Abb. 63. Jütland. Var. N.
Abb. oi Var. O. Abb. 65. Helmshagen (Pommern). Abb. 66. Var. P.
Sonderform.
Stücke von J*arsleben „ 210, welches auf Var. F zurückgeht; zu der
Bildung der Variante vgl. auch das Stück von Mücheln „ 100.
2. Var. O.; Abb. 64, Weiterbildung der Var.F; nur in seltenen Fällen
Bronze; die Kugeln aus Bronze mit Emaileinlage, meist in Kreuzfurchen;
lange Spiralrolle. Eine norddeutsche Form, speziell der westlichen Ostsee-
länder, auch in Skandinavien verbreitet’).
3. Der vorigen ähnlich, aber ohne Kugeln; auf dem Bügel Email-
1) Beiträge S. 71.
2) Mitteilungen der westfälischen Altertumskommission IT, S. 117.118; ILI, S. 60.
3) Kupka, Sächs.-thüring. Jahresschr. 1910 I, 16.
4) Die Heimat der Form ist Jiitland; in Deutschland nur einige versprengte
Exemplare, leider nur Einzelfunde, sodass die zeitliche Stellung unsicher bleibt.
Vgl. Undset S. 412. 419. S. Müller Ordning II, 22—25, wo der Zusammenhany
mit der Kugelfibel (Var. F) deutlich wird. Doch ist auch die Ähnlichkeit mit
gewissen Späthallstattformen (Nauce, Präh. Bl. XIV, Taf. VII, 8 tf.) schwerlich
Zufall.
5) Vgl. dazu Kossinna, Korrespondenzblatt der deutschen anthrop. Gesellsch
1907, S. 60,
Latenefibeln. 691
einlage in meist I-förmigen Gruben; lange Spiralachse; vgl. Abb. 65, von
Helmshagen!). ;
4. Var. P.; Abb. 66. Die „pommersche“ Fibel, ein seltsames Gebilde,
charakterisiert durch aufgesetzte Schalen in Hallstattmanier an den
Achsenenden und dem Bügelfuss, die durch Spiraldraht verbunden sind —
dieser ist oft in Guss nachgeahmt —; im westlichen Pommern und den
angrenzenden Ländern’).
Zur Verbreitung der Spätlatenefibeln.
Die ,,Nauheimer“ Form gehört im wesentlichen dem Grossherzogtum
Hessen und den angrenzenden Gebieten an. In Süd- und Mitteldeutschland
fehlt sie; in Norddeutschland erscheint sie an der unteren Elbe und in
Mecklenburg und geht dort Verbindungen?) mit dem anderen Typ ein.
Auch dieser ist durchaus nicht überall verbreitet. Ausser einigen
oberbayerischen Funden ist er dem ganzen Süddeutschland fremd; direkt
arm sind die Provinz Sachsen östlich von Saale und Elbe, das ganze
Königreich Sachsen und die westliche Niederlausitz‘), und auch in
Thüringen, denı Königreich Sachsen und Schlesien ist er selten. Stark ver-
treten ist er wiederum in Hessen und den benachbarten Ländern und ferner
in Norddeutschland: Hannover, Provinz Sachsen. Massenfunde liegen vor
aus dem östlichen Deutschland: Brandenburg, Hinterpommern (z. B. Persan-
zig) und Westpreussen (Rondsen usw.), alle deutlich in frührömische
Zeit hineinreichend. Ostpreussen und Posen hat wenig’). Auch in den
einzelnen Typen scheidet sich der deutsche Osten sichtlich von den westger-
manischen Ländern. Eine starke lokale Eigenentwicklung, vielfach mit
Zurückgreifen auf frühere Typen ist dort bemerkbar (vgl. Var. O und P).
Die grosse Masse der Spätlatenefibeln gehört Leichenbrandgrabfeldern
(besonders Urnenfeldern) in flachem Boden an, und man besitzt in deren
Verbreitung auf dem früher von (keltischen) Skelettgräbern eingenommenen
Gebiete ein sicheres Merkmal der germanischen Völkerbewegungen, unter
deren Einfluss allerdings auch auf keltisch gebliebenem Gebiet (Bayern,
Schweiz) gelegentlich Leichenbrand auftritt®). Auf südwestdeutschem Ge-
biete ist die Verschiebung deutlich. Im ersten Jahrhundert erscheinen die
frühesten germanischen Brandgräber bei Giessen, Rodberg, Nauheim,
Wiesbaden’).
1) Schumann, Balt. Stud. 39, Taf. 12, 9; ebenfalls skandinavisch-norddeutsch. ,
2) Vgl. Reinecke in Lindenschmit A., V, 351, wo die ältere Literatur an-
gegeben ist.
3) Besonders deutlich an Funden der Hamburger Gegend.
4) Dazu Wilke, Deutsche Geschichtsblätter VII, 1906 S. 292 mit der Erklärung
der Erscheinung durch das Auswandern der alten Bevölkerung.
5) Ein Grabfeld aus der Gegend von Kiew (Sarubinatz) im Charakter der
westpreussischen mit Fibeln Var. J und Abb. 61, wichtig als Zeugnis für das
Vordringen der Germanen, s. Reinecke, Mainzer Zeitschrift 1906, S. 43.
6) Ein Skelettgrabfund von Heidingsfeld, Unterfranken, von Reinecke,
Korr.-Bl. 1901, S. 28, zurückgebliebenen Galliern, vielleicht Teutonen, zugeschrieben.
1) Über diese Verhältnisse Schumacher in den Berichten über die Fort-
schritte der römisch-germanischen Forschung 1904 S. 10, 190) S. 20.
692 R. Beltz:
Neben den Gräbern erhalten in der späteren Latenezeit die Wohn-
stättenfunde eine besondere Bedeutung. ‚Bekanntlich sind zwei Burg-
stellen, der Mont Beuvray und der Hradisch bei Stradonitz die klassischen
Fundorte der Periode. Auf deutschem Boden sind dahin zu zählen u. a. die
Wohnstätten von Karlstein bei Reichenhall!), Nierstein (wohl = Buconica).
Oberlahnstein?). Auch in römischen Kastellen (Cambodunum = Kempten,
Hofheim im Taunus u. s.) finden sich Fibeln in echtem Lateneschema, welche
das Weiterleben der Konstruktion bis in die Claudische Zeit belegen.
Eine vollständige Aufzählung dieser überdauernden Formen strebt unser
Verzeichnis nicht an.
1) Reinecke in Lindenschmit A., V, S. 368.
2) Schumacher, Ber. über die Fortschritte der röm.-germ. Forschung 1909,
S.22. Schliz, Fundberichte aus Schwaben XIII, 1905, S. 80.
Laténefibeln. 693
‘ Übersicht über die in dem Verzeichnis angewandten Benennungen.
Für A. I—III. Beispiele
Sehne = S.
Sl Spirale von grösserem Durchmesser Ki.-Schweinitz. (Abb. 9)
Beilngries. (Abb. 13)
S 2 mehr als sechs Spiralwindungen Butzow (Abh.28). — Helms-
hagen (Abb. 65)
S 3 Sehne um den Kopf des Bügels gewickelt | Dux (Abb, 17). — Butzow
(Abb. 28)
S 4 Kugeln an den Enden der Sehnenachse Darshofen (Abb. 4) u. s.
A. Fibeln mit figürlichem Schmuck +.
Bügel = B.
BA1 flach gewölbt, meist hohl („kahnförmig“) Fränkische Schweiz (Abb.
3). — Walkersbrunn
(Abb. 6)
BA 2 geschweift („S-förmig“) Darshofen (Abb. 4.) —
Kl.-Schweinitz (Abb. 9)
B A 3 paukenförmig | Leidingshof (Abb. 5)
BA4 eingekerbt oder eingeschniirt
BA 5 mit schildartiger Verzierung auf dem Scheitel | Walkersbrunn (Abb. 6)
oder an den Seiten
BA6 mit runden Vertiefungen für Einlagen
(Email usw.)
BAT kammartige Verzierung (Perlband) längs | Kl. Gleichberg (Abb. 7)
= VarianteC des Biigels
Fuss = F.
F Al annähernd halbkugeliger Vogelkopf Leidingshof (Abb. 5)
FA? Vogelkopf mit gekriimmtem Schnabel Darshofen (Abb. 4)
HF AA flacher Vogelkopf Steinmiihle (Abb. 8)
FA4 stark entstellter Vogelkopf; nur die Augen | Walkersbrunn (Abb. 6)
gebheben
F A 5 länglicher Vogelkopf Kl.-Schweinitz (Abb. 9)
FA6 Vogelkopf mit schwanenhalsartiger Biegung | Kersbach (Abb. 10)
FAT Vogelkopf auch am Biigelkopfe Kreuznach (Abb. 11). —
= VarianteB Prüllsbirkig (Abb. 12)
I. Frühlatöne A.
Bügel = B.
BI hochgewölbt Beilngries (Abb. 13). —
Münsingen (Abb. 14)
B I 2=Typ] annähernd halbkreisförmig Dux (Abb. 15)
BI3 flach gewolbt, rundlicher Querschnitt Miinsingen (Abb. 16)
B14 flach gewölbt, ovaler Querschnitt Dux (Abb. 17)
BIS flach gewölbt, hohl Münsingen (Abb. 13)
BI6 flach gewollt, glattes Band Letky (Abb. 19)
BI7 flach gewölbtes oder glattes Oval Dux (Abb. 20)
B18 geknickt Kl. Gleichberg (Abb. 22)
694
FIS
FI 9
F 110
FT11
= Var. D
F 112
F115
F114
FT
= Var. E.
F [16
R. Beltz:
eckig
torquiert (oder mit Schrägkerben)
eingekerbt
einreschnürt
kuvelive Schwellungen
mit verziertem Kamm
Spiralen, Palmetten. Volutenbänder, Ranken,
Triskelen
Kreise, Augen. — Unechte Spiralen
Schräglinien (Zickzackband, Rauten, Flecht-
band, Schraffierungen)
Furchen oder Schalen mit Einlare von
Korallen oder Email
Fuss = F.
kleiner Knopf
grosse Kugel (meist mit Fortsatz)
abreplattete Kugel oder rundlicher Wulst
Kugel mit Spitze
stärker profilierter Kolben oder Kegel
profilierter schmaler Kegel
abreschnürte Kugeln
abreschnürte Halbkureln
eingekerbte Spitze
schmale Spitze (auch verdickt oder einge-
schnürt)
runde Scheibe, meist mit Fortsatz
drei runde Scheiben (Rosette), mit Fortsatz
Ringscheibe, meist mit Fortsatz
rhombische oder zungenförmige Platte
Kulben mit Hohlkehle
Drahtvewinde
II. Mittellaténe V.
Bügel = B.
annähernd halbkreisf6rmig
flach gewolbtes Band
veknickt
steil ansteigend, dann gestreckt
Spiralwindungen
Beispiele
Beckerslohe (Abb. 23;
Letky (Abb. 24)
Oberndorf (Abb. 25)
Libesnitz (Abb. 26)
Münsingen (Abb. 27)
Butzow (Abb. 28)
Nimburg (Abb. 20;
Langugest (Abb. 50)
Letky (Abb 19)
Beilngries (Abb. 15)
häufig (Abb. 32)
Abb. 33, auch Libesnitz
(Abb. 26)
Dux (Abb, 15)
Dux (Abb. 17). Münsingen
(Abb. 18)
Abb. 34
Abb. 35,
(Abb. 28)
Abb. 36, auch Münsingen
(Abb. 14)
Oberndorf (Abb. 25)
Münsingen (Abb. 16)
auch Butzow
Hard (Abb.31). Münsingen
(Abb. 27)
Kl. Jeseritz (Abb. 37)
Letky (Abb. 24)
Beckerslohe (Abb. 23)
Wachenheim (Abb. 21)
Kl.-Gleichberg (Abb. 33)
Abb. 40 (Miinsingen)
Abb. 42 (Storkow)
Abb, 43 (Kl.-Gleichberg)
F III 1
F HI 2
= Var. L.
FIH 3
F WI 4
= Var. K.
FHT 5 |
= Var. M.
F III 6
F Ill 7
F III 8
Var. N.
Var. O.
Var. P.
Latenefibeln,
699
| | Beispiele
annähernd rechtwinklig ansetzend
in Draht ausgezogen und um den Bügel
gewickelt
Kugeln an dem Schlussstück und der Ver-
bindungsstelle
Rosetten an dem Schlussstück und der Ver-
bindungsstelle
flache Scheiben an dem Schlussstück und
der Verbindungsstelle
mit flachen Platten
hoher eingeknickter Bügel
gestrecktes Band mit rechteckigem Knick
(,hannoverische* Form)
Drahtgewinde
IIL. Spätlatöne ©.
Bigel = B.
pnauheimer* Typ
Band mit seitlicher Erweiterung am Kopfe
Band zu einer Scheibe erweitert
Band und Stange
steil ansteigend, dann gestreckt
gestreckt
geknickt
gewölbt, leicht geschweift
gleichmässig gewölbt
hoch gewölbt, mit Knick einbicgend
mit gegossenen Querplatten am Scheitel
verziert mit Furchen und Streifen
Fuss = F.
spitzwinklig oder in leichter Kurve ansetzend,
mit offenem Rahmen
spitzwinklig oder in leichter Kurve ansetzend,
mit Steg
spitzwinklig oder in leichter Kurve ansetzend,
geschlossen
unregelmässig vierseitig, offen
unregelmässig vierseitig, durchbrochen
unregelmiissig vierseitig, mit Löchern
unrerelmässig vierseitir, geschlossen
Knopf am Fussende
Norddeutsch-nordische Sonderformen
Kugeln mit Emaileinlage
„Pommersche* Fibel
Abb. 44 (Latene)
Abb. 46 (vgl. Abb. 45,
Münsingen).
Abb. 47 (Dühren)
Abb. 48 (Nienburg)
Abb. 49 (Lohne)
Abb. 50
Abb. 51 (Nienbüttel)
Abb 43 (Kl.-Gleichberg)
Abb, 52
Abb. 53 (Mainz)
Abb. 54 (Perdöhl)
Abb. 55
Abb. 56;
(Gurina)
Abb. oy
auch Abb. 61
Abb. 58 (Rachow)
Abb. 59
Abb. 65 (Helmshagen)
Abb, 53 (Mainz)
Abb. 56
Abb. 55: auch Abb. 54
(Perdöhl)
Abb. 57
Abb. 60 (Kérchow)
Abb. 58 (Rachow). Abb. 6]
(Gurina)
Abb. 62 (Osterburg)
Abb. 63 (Lindrumınoor)
Abb. 64
Abb. 66
696 R Beltz:
Verzeichnis der einzelnen Funde.
1. Stufe A. Fibeln mit figirlichem Schmuck.
A. Fibeln mit Maskenschmuck e
Lfd. Fundort g , | Variante. Zur Fund- Nachweis
mmlung | S
Nr. Ben S 5 ae geschichte Literatur
1 Weisskirchen Mainz Br. Symme- | Hiigelgrab Kriiger-Trier.
a. d. Saar’) trisch; je 1 Kopf Lindenschmit,
am Fuss, Bügel- ` AI H.IV, 3, 3
kopf, an der
Mitte d. Bügels
2 St. Wendel Trier Br. BAl | — Krüger
F Maske(?)
3 St. Wendel(?) Ebendort Br. F Maske — Krüger
4 Zerf bei Trier ' Ebendort Br. B mit Hügelgrab Lindenschmit,
| Kamm, F mit A III. IX. 1, 3
| Maske, Über- |
gang zu +
5 ebendort Ebendort V. A. | Desgl. =
6 Hausberg Darmstadt V. A. — Kofler-Darmstadt
bei Butzbach L. M. (+)
7 Budenheim?), Mainz Br. symme- Hügelgrab Lindenschmit,
Kr. Mainz trisch, mit A lII. IX. 1,1
Masken. B mit
kreisf. Ver-
tiefungen (fiir |
eine Einlage) |
8 Mainz Ebendort Br. Bruchst. | = Lindenschmit
(Umgegend) wohl V. A. (Sohn)-Mainz
9 Monsheim?), Worms Br. S 2 (obere | — Köhl-Worms
Kr. Worms Sehne aus |
kleinen Spiral-
windungen), B
halbrund ge- |
bogen, F Men-!
schenkopf mit |
kannt (Baden?)
Koralleneinlage :
10) Fundort unbe- ' Darmstadt V. A. | = Kofler
kannt (Rein- L. M.
hessen?) | |
11 Fundort unbe- | Karlsruhe V. A. | — Wagner-Karlsruhe
!
|
Begleitende Funde. 1) Weisskirchen a. d. Saar: Br. Kanne. — 2) Budenheim:
S. A 31 9 31. — 3) Monsheim: Br. Ring mit kolbigen Anschwellungen. S. A 5
\ Di — 4) Criesbach: S. + 18 A 130.
— Nee, eme = ~- S- G
—— — Ve ee e — -
m "ageseent, Sn -
13
14
16
1%
18
Fundort.
Crieshach‘),
O.-A. Künzelsau
Riekefen, B.-A.
Regensburg
Umgevend von
Parsberg (Ober-
pfalz)
Emhof'), B.-A.
Burglengenfeld
Niederschén-
hausen?), Kr.
Niederbarnim
Jungfernteinitz,
Nordbéhmen
|
|
Kyschitz |
bei Pilsen |
Cheinow bei
Smichow-Prax |
Hallein
1) Emhof: S. + 105. — 2) Niederschönhausen:
S. 104 (dort in Latene I = Reinecke B gesetzt).
Zeitschrift für Ethnologie.
Stuttgart | Br. S. 2. 4, B am ! Flachgräber
Regensburg.
Nürnberg
G. M.
EES Br. S 2,
Berlin
V.K.
Laun
Pilsen
Prag
Salzburg
Latenefibeln. .
Variante. Zur Fund-
Genauere An- | geschichte
gaben
i Kopf Gesicht,
'F Gesicht und
| Voluten |
|
| |
Br. B A 2 | Hiigelgrab
| gemustert
i F Maske '
| |
l |
| |
‚Br B einfacher angeblich
als der Typ. | Skelettgrab
Bügelkopf zwei |
einander zuge- `
' wandte Greifen |
|
B ge- | Gruppe von
| schwollen, | 8—9 Hügeln
'F menschl. Ge-
' sicht, ber-
| gang zuy |
|
Br. ' Einzelfund
unvollständig |
NA B mit |
Masken, F Wid- !
| derkopf |
ı Br. Typ, Bügel- | Flacherab
' kopf, Vogel mit | (Skelett)
| ausgebreiteten |
| Flügeln, S ein-;
| seitig
Br. V. A. Hiigelerab
|
|
|
Br. B ge- Hügelgrab
schweift, am
Riivelkopfu.am
| Fuss Tierkopf
m. lang. Ohren
am Diirn-
berge
Br. Übergang
| zu +, am Bügel-
| kopf tierkopf-
| älınl. Maske
| mit Voluten-
ohren, F schwa-
| nenkopfförmig
m. Volutenauve
|
Jahrg. 1911. Heft 5.
697
Nachweis
Literatur
Schliz, Fundber.
X 1902 8.17, Abb.6
Steinmetz-Regens-
burg
Reinecke in Main-
zer Festschrift
Tf. VI 2 u. Linden-
schmit V, 320. —
Naue, Prih. Bl.
XIV, 8. 1.
Reinecke in Lin-
denschmit A V,
900 u. S. 283
Steinmetz.
Verh. d.h. V. f.
Regensburg und
Oberpfalz 1888,
S. 344
Lindenschmit,
A IIL IX, 1, 5
Pit, S. 22,
Reinecke, Fest-
schrift S. 73
Oben Abt. 1
Pit, S. 50,
Reinecke, Fest-
schrift S. 73
Oben Abh 2
Reinecke, Fest-
schrift S. 73
Much, Atlas
S. 205,9
S. dazu Reinecke, Festschrift
I5
698 R. Beltz:
i B. Vogelkopffibeln +.
Fundort ig | Variante. | Zur Fund- Nachweis. —
undor : BAMMIUNE | Genauere An- ; .
| gaben geschichte Literatur
en
|
|
1 Gonderse | Wiesbaden |
Br. BAl — Ritterling-
hausen, ' F A 3.5(Über- Frankfurt
Kr. St. Goar | | gang zu A)
| ' |
2 Mörschbach, | Bonn | Br. ' Hiigelgrab | Krüger, Bericht
Kr. Simmern über die Fort-
| schritte der
N | röm.-germ.
a | Forschung 1908
S S. 14
A | | |
31.8 Krenznach | Mainz | Br. V. B. Grab Lindenschmit.
E | | | Oben Abh. 11
| |
4 Urexweiler?), | St. Wendel Br. BA1 i Hiigelgrab Lindenschmit.
Kr. St. Wendel) mit geperlten A, HI IX 1. 9
Spitzovalen |
| PA? |
| Auge vertieft
(f. Einlage)
5 Hirstein?) |. a Br. V.C S2 Hügelgräber Baldes,
Birkenfeld | B unverziert, , der älteren Gymnasial-
F klein ! Laténezeit Programm
(Übergang . und Flach- | Birkenfeld 1905
zu N) | gräber der S. 39
jüngeren
| neben-
: einander
|
6 Oberlahn- Wiesbaden |Br.B halbrund, | Wohnstätte Ritterling
atein, unverziert |
Kr. Rheingau FAS
(Obergangs-
| form) |
7 Weissentnrm®) Wiesbaden | Br. B. In der | Hiigelgrab Ritterling.
bei Rüdes- (Gips- Mitte und am Nassauische
g heim, abguss, | Biigelkopfe Annalen VII
S| Kr. Rheingau. Original: Maske FA3 | Taf. IV, 12
3 verloren) ! Lindenschmit, A.,
E | Il. IV. 2.3
wr
81°.) Wiesbaden‘) Berlin BrVe | ams J. Schlemm-
S lO VK. (Auge ver- | Berlin `
= | künımert) |
9 E Altkönig’,, Wiesbaden Br. Am Bügel- | Ringwall Ritterling.
= 'kopf Fischkopf Lindenschmit, A.
| | FAS mit IV. 14, 1
| ‚ zwei seitlichen l
fitigelartigen,
i kleinen drei-
| eckigen
Vertiefungen
für Email |
Begleitende Funde. 1) Urexweiler: Mit einer seltsamen Tierfibel (Linden-
schmit A, UL IX, 1, 8). — 2) Hirstein: Hügel Il: E. Schwert, Lanzenspitzen.
Messer — Tongefässe im Frühlatenetyp. — 3) Weissenturm: E. Schwert, Messer. —
4) Wiesbaden: > 14. 18. — 5) Altkönig: 7 23.
—
Latenefibeln. 699
Variante.
Lfd. ee e SN | Zur Fund- Nachweis. —
undor ammlu z
$ | er An geschichte Literatur
10 Gegend von Mainz | Br. BA2 — Lindenschmit, A.,
Mainz | (Tierkopf auf II. IV. 2, 10
| dem Scheitel)
FAl
|
11 Schwabsburg, | Ebendort | Br. V. B Grab Lindenschmit, A.,
Kr. Oppen- | (mit Einlage; I. 1V, 3, 1 und 2
heim | Koralle?) So So A
g | schrift f. nol,
A | 1888, Verhandl.
E | S. 140,
=
as Ebendort D Ebendort | Br. B hoch- Skelettgrab Westdeutsche
12 |2 | | gewölbt, F Zeitschrift XXIII
runder Vogel- S. 362
| kopf (Über-
' gang zu ô) |
| !
Hahnheim?), | Ebendort Br. V.C | Grab Lindenschmit
13 Kr. Oppen- | i |
heim | |
Dalheim?) | Worms Br. BAl | — Kohl
14 Kr. Worms | FA2 |
Gegend von | Karlsruhe , Br. BA2 | — Wagner
15 Speyer, ER
Pfalz (Bayern) |
e need or- |
' tretenden |
| Augen) |
Sinsheim‘) | Ebendort | Br. BA4 | 14 Hügel | Wilhelmi, Toten-
16 F Al (mit | mit 1-13 hügel von Sins-
| | Bügel ver- Skelett- heim 1830, Taf. 3,
| | bunden‘) |gräbern ohne 28 8.119
5 | | | Steinschutz | Wagner, Fund-
= | | stätten u. Funde
E | | II S. 353
17 Hiigelsheim®), Ebendort ‚Br.S1, B flach, Hiigelgrab | Wagner, Hügel-
A. Rastatt | F kleiner Kopf, | gräber und
| | (Übergang | Urnentelder in
zu A) Baden S. 32
| | | Taf V7
| | |
18 | | Criesbach‘), | Stuttgart | Br. S24B | Flachgrab Schliz,
= O-A. mit abstehen- Fundberichte
= Künzelsau ; den Lappen, aus Schwaben
= | FAD X, S. 17 Fig. 2
= 7 |
Begleitende Funde. 1) Schwabsburg: Br. reicher Zierbeschlax auf Eisen-
platte (mit Gold- und Bernsteinbelag’. S @ 46. — 2) Hahnheim: A 38, V 69. —
3) Dalheim: Br. Ringve. — 4) Sinsheim: S A 92. — Grab XI. 11. Nahe einem br.
Halsring. Glasperlen, Eberzahn — 5) Hügelsheim: Br. schön verziertes wulstiges
Armband mit Endstollen: Ring mit 6 stehenden Ösen. (tagat- und Lignitring,
2 Bärenzähne. (Neben dem 2. Skelett in dem Grabhiigel: E Schwertklinge, Fibeln.)
6) Criesbach: S. @ 12 A 150.
45*
700 R. Beltz:
E e l Variante. Zur Fund- Nachweis. —
ungen amminns Genauere An- geschichte Literatur
gaben
19 Stammheim '), ? Ä 2 Hügelgrab | Schliz. Fundber.
O.-A. Ludwigs- | | X, 1902, S. 16
burg | | |
|
20 Darmsheim°), | Stuttgart | S. A 153 Hügelgrab [Derselbe, Fundber
O.-A. Böb- | X, 1902 S. 15
lingen | |
|
21 Heidenheim, ` Heiden- . Br. Einzelfund Hertlein,
O.-A. Heiden-: heim D kahnförmig, Altert. d. O.-A.
a heim ! 'F mit langem | Heidenheim
5 | Schnabel, “mit
= | . dem Bügel
= durch einen
= | Steg ver- `
3 bunden. |
> IE | | Sonderform |
= Dottingen?), | Stuttgart | Hallstattfibel Hügelgrab | Schlitz, Fundber.
O.-A. Mün- | X, 1902 S. 15
singen |
93 |
8 Gerhausen‘), | Ebendort |B GE BA La Flachgrab Derselbe.
O.-A. Blau- ‘ F A2 (mit B in einer Gössler, Alter-
beuren | | Se bunden) Wallanlage | tümer des Ober-
| anıts Blaubeuren,
S. 31
Mörsingen’), | Ebendort | Br. B flacher | Hügelgrab | Derselbe, Fund-
24 O.-A, Ried- | Vogelkopf mit berichte VI 8.3,
lingen | gedffnetem A S.18
Schnabel
A Figchen ô), ! ? Br. V.C | — Beiträge zur
2| | B-A. Weil- | Anthrop. u. Urg.
heim, | | Bayerns X, S. 156
Grafrath’‘, | München : Br S 2. 4 B | Hügelgräber,| Naue, Präh, Bl.
og | a| B-A. Bruck, , SS. | AIFA2 Bestattung | VIII, Taf. IN. 2
= | | (mit Bügel unsicher, Reinecke in
> | verbunden) | wohl Be- Lindenschmit, A.,
= | ı erdigung V, 822
3 Ebendort’) | Ebendort Br.S 2.4 | Desvl. Naue,
op |” | B buckelig, ` Präh. Bl. VIII,
= | hohl, FA ` Taf, IN, 3
| | 1.6 |
Ebendort’) | Ebendort Br. B A 1, Desgl. Naue,
on FAO Präh. Bl. VHI,
= | Taf. IX,4 — Rei-
necke in Linden-
schmit. A., V. 323
' |
Begleitende Funde. 1) Stammheim: Br. 2 Halsringe, 4 Armringe. — >?
Darmsheim: (Berichtigung während des Druckes‘, — 3) Dottingen: Berichtizune
während des Druckes). — 4) Gerhausen: Br. 7 glatte Armreifen, Hohlarmring, —
5) Mörsingen: Br. Paukenfibel, Gürtel, Armrinee. — Schleifstein: verzierter Wirtel,
— 6) Fischen: S. Nachtrag. — 7) Grafrath: Späthallstattinventar (Certosafibeln
usw.) Gr. l.
Al
40
41
— oo
Ss. A
4) Beilngries: Gr. 11.
5) Staufersbuch:
|
Fundort |
ee oe `
EE |
Landshut,!) Landshut
Herttersche |
Ziegelei,
Niederbayern |
Regenstauf, | Ebendort
B.-A. Stadt |
amhof |
Ebendort | Ebendort
Steinweg, | Regens-
B.-A. Stadt- burg
amhof
|
Susberg?) bei | München
Regenstauf, | St. S.
B-A. Stadt- |
amhof |
Beilngries’), Ebendort
B.-A. Beiln-
gries |
E E ER
z| Ebendort*) Ebendort
& |Staufersbuch:),| Ebendort
E B-A. Beiln- |
= gries
E Ebendort®) Ebendort
= |
Altenvelburg‘ ds, Regens-
B.-A. Parsberg | burg
Hr, Bissen- Berlin
dorf’), | V.K.
B.-A. Parsberg
Beratz- | Niirnberg
hausen’), G. M.
DA Parsberg |
|
|
|
Ebendort”) | Ebendort
l
|
Begleitende Funde.
199. — 5) Beilngries:
Ringe;
Knotenrine:
Gr. TY, 9. E.
9) Beratzhausen: S. 4 208.
Vel. A 201.
Tonschale mit Brandknochen, Bronzeschlacke,
A 202. — 6) Staufersbuch:
E. Ring. — Kl. graphitierte Schale. — 7) Altenvelburg: Br. A 207;
mit leicht gekerbten
Messer.
2 offene Ringe
strichelter und glatter Ring. — 8) Gr.-Bissendorf: Br. kl.
Laténefibeln.
Variante.
Sammlung | Genauere An-
gaben:
Zur Fund-
geschichte
701
Nachweis, —
Literatur
. |
| |
Br.S1FA2.5
E zu
Br. S N d 5
Br.
Br. S1,B hoch-
gew ölbt F A 5
(Übergang
zu A)
Br.S 1 BA1
jmitVolutenver-
| zierung, FA2
| (mit Bügel
verbunden)
| Br. V.B. |
| Br. B mit
|
|
Querbändern.
FA"
Br. B ge-
allen FAS
Br. Tierkopf
mit Bügel ver-
bunden
Jaras
|
|
Br. B. tor-
quiert,
F kleiner ge-
kerbter Kopf
mit rüsselför-
mig. Be
Br. S1BAB
F Übergang |
zu A |
Gr.
Wohnstätte
Desgl.
Desgl.
Hiigelgrab
mit. zwei
Skeletten
Skelett-
Flach SEH
Desgl.
Hiigelgrab
Hügel mit
3 Skeletten
Hiigelgrab
Desgl.
1. Br.
Enden,
Ring, Knotenarmring, —
Krüger, Bericht
iiber die Fort-
schritte der röm.-
germ. Forschun-
gen 1908 8.15
Birkner-Miinchen
Derselbe
Kriiger, Bericht
über d.röm.-germ.
Forsch. 1908 8.16
Birkner
Derselbe
Derselbe
Naue, Präh. Bl.
XIV, Taf. VI, 10
Priäh. Bl.
Taf. VI, 13
Naue,
XLV,
Steinmetz-
J. Schlemm.
Weber, Korr.-Bl.
1902 8.53
Beltz
Derselbe
1) Landshut: E Messer. — Wandbewurf. — 2) Susberg:
Certosafibel,
Nadel. —
Eisenstift. —
Gr. III, 2.
2 geschlossene
kleiner ge-
102 R. Beltz:
Vi d t i
Lfd nia e , arante. | Zur Fund- Nachweis. —
“undort : ung | (ten: sl ;
Nr eee ee ms an ' geschichte Literatur
gaben
42 Beratz- Nürnberg Br. Einseitige = 40 Beltz
hausen’), G. M. ‚Spirale. F zu-
' rückgebogener
i Vogelkopf,
stark entstellt.
Übergang zu A |
43 Darshofen’), Privat- | Br. 84, BA2| Nachbestat- | Scheideinantel.
DA. Parsberg! besitz geschwungen, | tung i. einem | Hügelgräberfunde
F A 2 (mit bronzezeitl. | bei Parsberg I,
' grossen Augen); Hügclgrabe Taf. VI. >.
| Oben Abh. 4
4 Ebendort Desg] | Br. BAI | Desgl. Derselhe.
| FA1 (mit B Taf. VI, 6
verbunden)
45 Ebendort Desgl. Br. V. C (Spi- Desgl. Derselbe, Hügel-
rale kleiner) gräber bei Pars-
DK BA 7 berg II, Taf. I. 15
46 Degerndorf®), | Regens- 'Br.S2.4, B ge-; Hügelgrab | Steinmetz. Verh.
B.-A. Parsberg burg ıschwollen mit d. H. V. d Ober-
2 Kugeln | pfalz 18855, 42,
m S 344
E | |
41» Ebendort Ebendort | Br S24, Bee: Desel. Ebendort
d | schwollen,
= l FA l1
48 = Dettenhofen, Privat- ;Br.BA4,FA1, Einzelfund Scheidemantel,
aj B.-A. Parsberg besitz | (mit 3 Würfel- | Hügelgräber II,
Ss | augen), Tat. I. 10.
= (Bruchstück) `
49 Dürn*), München ‘Br. S4, BAl, Hügelgrab Naue, Präh. Bl.
B.-A. Parsberg St. S ‘FA1 (grosses XIV, Taf. VI. 11
| Auge)
50 Eselsdorf®), Regens- (Br.S 4, B flach Desgl. Scheidemantel.
B.-A. Parsberg burg |; gewölbt, Hügelgräber Il,
| FA 2.5 Taf. 4, 15
ol Gasselshof, Ebendort | Br. B I 4(hoch) Desgl. Derselhe,
B.-A. Parsberg F A 2 Taf. A 10
52 Se Br. Bflachge-, Desgl. Derselbe,
Ebe ndort Ebendort l wölbt it Taf. A, ll
kleinem Quer-
wult FA 5 |
(Cbergang zu A)
RM Hardt‘), B.-A. Berlin Br. BA4 | == J. Schlemm
Parsberg V.K. |€ (leicht ge- |
'knickt) FA 3
A Ebendort | Ebendort | Br. S4 FA? = Dieselbe
| istark ver-
kiimmert)
D
Begleitende Funde. 1) Beratzhausen: S. A 208. — 2) Darshofen: S. . am,
— 3) Degerndorf: Br.: Knotenring. E: gekrümmtes Messer. S. A 210. — 4) Dürn:
Br.: geknickte Späthallstattfibel A 211. — 5) Eselsdorf: Br.: kleine Rinve. Perle.
E: Nagel. — 6) Hardt: S. A 221.
Latenefibeln. 103
L Var |
Lfd. : : | Variante. | Zur Fund- Nachweis. —
; Fundort | Sammlung | Genauere An- | i
Nr. | saben ı geschichte Literatur
_ —_= einen er oO > = = = —— eege?
55 Hatzenhof’), Berlin | Br RB hoch- | Aus mehre- | J. Schlemm.
bis B.-A. Parsberg V. K. ;|gewölbt FAB | ren A Weber, Korr -Bl.
Kn i ein Exemplar | griibern (z ‘1 1902, S. 53
| uny ollständig) Nachbe-
| Übergang | stattungen)
| zu A
97 Ebendort Ebendort i Br S4 BA1 | Desel. J. Schlemm
| FAI i
58 Ebendort Ebendort | Br. BA? | Desgl Dieselbe
FA3 |
D9 Ebendort Ebendort | Br. B A 4 | Deal Dieselbe
bis ls | (am Kopf) |
60 | FA2
61 Hemau, B.-A. Eebendort Br. klein, auf | — Dieselbe
Parsberg | dem Scheitel |
des Biigels
| ovale Platte;
| oo
62 Ebendort Ebendort | klein, — Dieselbe
bis |m ‚BA = (kleiner)
61] £ | FAS
& D
65 | =] Hohenberg’), Ebendort , Br. V.C. | — Dieselbe
| B.-A. Parsberg | |
66 ]8) Mausheim’), Miinchen Br. BAl | Hiigelgrab Naue, Präh, Bl.
5 B.-A. Parsberg St. S. FA AA XIV, Taf. VII, 13
67 | 2] Ebendort®) Ebendort | Br. B stärker | Desgl. Naue, Dräi, Bl,
= gekrümmt XIV, VJ, 14
== E A
68 Kl. Mitters- Berlin | Br. Am Biigel-| 2 Hügel- J. Schlemm,
dorf*), B.-A. V. K. kopf ab- gräber mit | Weber, Korr.-Bl.
Parsberg | geschniirter 3 Skeletten 1992 S. 93
| Knopf F A3 |
G9 Muttenhofen’),, München Br. B A 1 Hügel mit | Naue, N. d. A,
B.-A. Parsberg St. S. r Al 4 Bestattun- 1804 S. 00, Präh.
gen, diese BL XIV,
| die oberste Taf. VI, 12
«OÖ Unter-Oeden- Berlin Br. 8S 4B A 2 Aus 3 Hiigel-] J. Schlemm,
hart zi, B.-A. V. K. | FA 1 | gräbern mit | Weber, Korr.-Bl.
Parsberg | Skeletten 1902 S. 65
l (z. T. Nach-
| bestattuny)
71 Ebendort `, Ebendort | Br.BA2 — J. Schlemm
bis | FA A
12
19 Ehendort Ebendort | Br. B AS — Dieselbe
bis | FAS
14
Berleitende Funde.
S. A 222.
2) Hohenberg:
3) Mausheim:
Br. Giirtelhaken mit Maske, Certosafibel, 2
1) Hatzenhof: Spiithallstatt- und Frühlateneinventar. —
Mit A 227. — 4) Kl. Mittersdorf:
Pferdchenfibeln, 5 Knöpfe. 3 Hohlringe.
(ir. 1.
S. auch A 220, — 5) Muttenhofen: In den unteren Bestattungen Hallstatt-Kahnfibel,
br. trefüss. — 6) Unter-Oedenhart: Reiches Inventar.
Sammlung
Unter-Oeden- Berlin
hart, B.-A. V.K.
Parsberg |
ee: | Ebendort
B.-A. seen
Parsberg ') | Privat-
(Steinmühle) | besitz
Ebendort Desgl.
|
Ebendort Desgl.
i
82 > Ebendort | Desgl.
= !
N |
EI |
u i
Fs i
S
S |
83 Ebendort | Desgl.
84 Parsberg?) Desgl
(Hammer-
mtihlbery)
85 Parsberg oe
86 Pöfersdorf°), | Gegen
B.-A. Parsberg | burg
| |
Begleitende Funde.
hr. Ringe.
Armıringe.
(sefässscherben.
D blaue Glasperlen.
2
2
1) Parsberg:
R. Beltz:
Variante. Zur Band:
(Genauere An- geschichte
gaben
!
Br. F A 3 _
Br. FA4 |
(Übergang zu |
V. C)
Br. B A 2 ge-
schwollen
FAI |
Hügelgräber
|Br S4BA2|
(am Kopf mit
Lappen- |
verzierung, '
Rudiment von.
'®) FA3 (mit:
Augen)
Br. B geknickt |
FA3
(rudimentär) |
Desel.
1
Desgl.
| Br. BAL (ge
| schwollen) am |
Kopf 3 Augen |
Desgl.
| und Schräg- |
' streifen F AO
K (m. 3 Augen), |
Korallen- |
| einlare in den
Augen
| Br. B Sonder- |
form. V B?
S4. ArmbrustB.:
Am Kopf her
vortretender
Vogelkopt, am
Fuss degene- |
rierter Doppel-
| kopf, mit
' Knopfaugen |
B.BRA2.4
FA 5
Bruchstück |
Ä
|
| Br. F !
Desgl.
Hürelrral
5 Skelette
Br. S2 BA 1
veschwollen,
am Kopfende
maskenartige
Verzieruny
Hiigelgrab
(et, 1. Certosafibel.
2) Parsberg:
3) Pöfersdorf:
Is
qe
de
im. Skeletten.
Gr. 2 Kindergrab.
Hiebmesser,
Nachweis. —
Literatur
J. Schlemm
Dieselbe
Scheidemantel.
Hügelgräber von
Parsberg
IL Tat. IV, 5
Derselbe,
II, Taf. IV, 4
Oben Abb. 8
Derselbe,
II, Taf. IV, 2
w
Derselbe,
II, Taf. IV,
Derselbe,
Il, Taf. IV, >
Derselbe,
I, Taf. V
J. Schlenimı
Steinmetz, Ver-
handl. d. H. V.
d. Oberpfalz 43
S. 270 Reinecke
in Lindenschmit.
A. V. 321
A 253. Eisenstiick.
Br. Halsrinv.
2 kl. Messer.
Latenefibeln.
Variante.
705
Lfd. RE OR e N Zur Fund- Nachweis —
undor ammlun -
Nr. ung | Genauere An geschichte Literatur
|
|
|
|
|
gaben
87 Péfersdorf’), Regens- Br. V. C Hügelgräber, Steinmetz
B -A. Parsberg burg F Al (mit B | z. T. Nach- :
| | verbunden) | bestattungen
SS Ebendort?) Br. B flach- Desgl. J. Schlemm.
| gewölbt, mit Weber, Korr.-Bl.
Kopfscheibe, 1902 S. 65
| FA 3
90 Ronsolden?), Regens- | Br. V. C Hiigelgrab Steinmetz.
bis B.-A. Parsberg Ä burg | Scheidemantel,
91 | Hügelgräber
| | I, 6. JI, 6
92 Ebendort Ebendort Br. S 2. 3 Desgl. Steinmetz, Ver-
x RAI handl. d. H. V.
EA? Oberpfalz 43
| S. 279
93 Schwarzen, Berlin | Br. V.C Desgl. J. Schlemm
<T] thonhausen t) V. K. (Sehne
E B.-A. Paraberg i kleiner). Über-
= , gang zu A
94 |X) Ebendort | Ebendort |Br. S4B A2| Desgl. Dieselbe
& F A 2. 4
95 1S Ebendort Ebendort Br. B A 4 Desgl. Dieselbe
= FA2 j
96 Pelchenhofen, | München : Br. S 4, B mit | Desel. Lindenschmit, A.,
A. Neu- | N.M. Voluten und HI. IX. 1, 7
markt Querkerben |
FA?2
97 Pfefferts- Regens- | Br. F A 1 | Hiigelgriiber Steinmetz
bis hofen®), B.-A. burg J (z.T.in Bruch- ` Verh H. V. 14
191 Neumarkt | stiicken) e S. 312,
| | 21, S. 561, 23, S. 480
102 Ebendort Berlin | Br S23 | _ J. Schlemm
VK B 2
103 Dietldorf, | Ebendort Br. 8 1, B4 — Dieselbe
bis B.-A. Burg- | F 3*)
104 lengenfeld |
105 Emhof®), B.-A.| Regens- ' Br. F weniger ` Hügelgräber Steinmetz
bis Burglengen- burg ' eingeschnürt
107 feld
Begleitende Funde.
1) Pöfersdorf: S. +
Reicher Inhalt, auch Späthallstatt.
86. — 2) Pöfersdorf:
N. A 234.
— 3) Ronsolden: Br. Halsring, 2 dünne Nadeln
mit Ösenkopf, Nadel m. Spiralkopf, 2 Spiralfingerringe, mehrere Ringe, Spiralfinger-
ringe. — 4) Schwarzenthonhausen: 8. 4 236. — 5) Pfeffertshofen: Br.: 4 Knotenringe;
4 glatte Ringe. E: 3 Hiebmesser; 4 Ringe; Schnalle; Haken; Beschläge; Fibel-
bruchstücke; von Knochen: 1 flaches Ringlein; in Thon: 1 gelbe Perle mit 4x2 Blau-
augen. — 6) Emhof: Gr. 1@ 15; 3 Paukenfibeln; Certosafibel; Kahnfibel; viele
Knöpfe und Reste eines Grehänges von kleinen Ringen und Tropfen; 3 Hohl-
armringe.
*) Die beiden Stücke durch eine Kette verbunden.
| |
Lfd. SE e i | Variante. | Jur Fund- | Nachweis. —
undor Sammlung | ` `
Nr. j | Genauere An- geschichte Literatur
gaben
== | =
108 Matshausen!,,: Berlin , Br. BA1 "Aus A Hügel- J. Schleninı.
B.-A. Burg- V. K. FA? 3 | gräbern mit | Weber, Korr.-Bl.
lengenfeld ` | Skeletten 1902 S. 65
109 Ebendort Ebendort Rr. B A 4 nur Desgl. J. Schlemm
his ' am Kopfe,
110 Übergang
ma VC |
FAB3
111 Ebendort Ebendort Br. V. B i Desel. Dieselbe
FAl |
112 Schmidt- ` Ebendort | Br. BA5 | Aus3 Grab- Dieselbe.
mühlen®), B.-A. | FAB hiigeln Weber. Korr.-Bl.
Burelengen- (Nach- 1902 S. 55
feld bestattung)
113 Ebendort ` — — Br. F A 3 — Dieselbe
his
114 |
A | |
115 | 5 Amberg’) München Pr. B ge- ' 19 Grab- Katalog d. Bayr.
Sg N.M. schwollen `, hiigel im N. M. IV.
A A AA" Walde Taf. X. 11
= | Wegrain
= | | Skelette in
S i | Stein-
z | ! packung
= | ,
116 |” Ebendort | Ebendort ' Br. B mit 2 | Desel. Ebendort.
Einschnürun- | Taf. XII, 4
| gen, F Cher- !
| gang zu A Typ
117 Zwischen München | Br. S 4, B ge- Hiigelyrab Birkner
Amberg und ' st. S. | schwollen, mit 7
Haselmühle ‚FA 2 (Augen Skeletten
| | auf Stielen)
118 Frieberts- | Berlin Br. Si FA ;| — J. Sehlemm
heim, B.-A. V.K. |
Amberg
119 Zwischen München Br. BAl ` Hiiveleriihber Birkner.
Högen und St. S. : FAIL (mit | ‚ Reinecke in
Haunritz*) | Bügel ver- Lindenschmit. A.
B.-A. Sulzbach ` bunden) V, 324
120 Dollmanns- Ebendort | Br. S 4 (auch Hügelgrab Birkner
berg’. B.-A. ' Knopf als
Sulzbach ' Verlängerung
| des Biigels!)
| BAIFA?
Begleitende Funde, 1) Matzhausen: S A 240. Reiche Ausstattung, auch
Späthallstattfibel. Tonflasche (Lindenschmit, A. V, S. 282) — 2) Schmidt-
mühlen: Bronzezeitl. und hallstättische Gegenstände. — 3) Amberg: Inventar nicht
gesondert: ältere Bronzezeit (überwiegend', jüngere Hallstattzeit. — 4) Zwischen
R. Beltz:
Högen und Haunritz: S. A 215 V 183. Aus derselben Gruppe Br Ee USW,
Fibelin Certosaart a a. O,
2,
E Frühlateneschwert. — 5) Dollmannsberg: S
ee 5
Latenefibeln.
107
er
Lfd. | ; Variante. | Zur Fund- | Nachweis, —
Fundort Sammlung © Genauere An- `
Nr. | N | geschichte Literatur
gaben a
und | EH
121 Dollmanns- Miinchen | Br.S 2.4 Ä Hügelgrab Birkner
berg, R.-A. St. 5 HA
Sulzbach F runder Kopf
| (mit Bügel |
= verbunden)
5 | | |
122 | > Ebendort ' Ebendort : Br. V. C | Desgl. Derselbe
SE | |
125 |s Peutenthal!),,. Nürnberg Br. BA 11 | Desel, Lindenschmit, A,
51 B.-A. Sulzbach G. M. Fmit grossem | IL. IX 1, 10
= i | Auge |
= | |
124 |5 Schwenderöd?), München | ES ARA 1 Hiigelgrab Reinecke in
B.-A. Sulzbach. St. S. (lang), F lang- mit Lindenschmit, A.,
| gestreckt, Skeletten V, 326
' (devenerierter |
Vogelkopf?) |
125 Eichstätter München BF AB | — Katalog d. Bayr.
bis Waldungen N.M. Bruchst. N. M IV 8.79
126
127 Ebendort Ebendort | Rr. FA 1 (mit — Ebendort
Würfelaugen)
Bruchst.
128 Badanhausen?),| Regens- Br. FA2 Hiivelgrab, | Steinmetz, Verhdl.
B.-A Eichstätt burg mehrere Be- Id. h. V. d. Ober-
"ei | stattungen pfalz III 486
129 | 2] Schemfeld, Ansbach ;Br.BALFA3| Hiügelerab | Preger-München.
Z|B.-A. Eichstätt | (mit Bügel ver- 11. Jahresber. des
= bunden) hist Vereins fiir
a ' Bruchst. Mittelfranken
= | | AXXAVIIL, 10
130 | $| Weissenburg Mainz !Br.Ss$+BA1.2, Hügelerab Lindenschmit
= am Sand | FAI
131 = Elpersdorf, | Ansbach | Rr. S2 BA 1 Desel. Preger. Beitriige
ep | B-A. Ansbach | " A 3 (mit zur Anthropologie
grossem Auge) | Urg. Bay erns
| XII, 1808 Heft 3/4
132* Ä
133 Engelthal | Niirnberg Br. V. C Auf dem Wunder, Abh. d.
bis B.-A. Hersbruck N. G. Mühlen- N. G. in Nürnberg,
1354 erund NV, Tat. 7. 4
135 Bockerslohe*) | Ebendort | Br. Hliigelgrab f| v. Forster, Siiku-
Begleitende Funde.
(s. Lindenschmit, A. V. N.
Messerreste. — 3) Badanhausen: Br.
kleines Giirtelblech,
B. A. Hersbruck
Hohlohrringe.
1) Peutenthal:
282). — 2) Schwenderdd:
kugeliger Vo-
velkof mit auf-
recht gebogen,
Schnabel, mit
B verbunden
Br.
Arnıring.
zwei gerippte Hohlringe,
Zwei Bernsteinperlen,
mit Skelett
elne
larschr. 1901,
Taf. 18, 1
— Vrehscheibengefüss
Br. Halsring.
erosse Paukenfibel,
E. Hiebmesser,
durchbohrt.
4) Beckerslohe: Grabhigel 9 A 256. Späthallstattinventar: Schwerter, Fibeln, Schmuck-
ringe, Tongefäss, 3 Schwanenhalsnadeln.
*) fällt aus (Berichtigung während des Druckes).
708 R. Beltz:
Lfd. Fundort s , Variante. Zur Fund- Nachweis. —
undor amnılun ` È : .
Nr. SC epes An | geschichte Literatur
136 |>( Kersbach, Mainz ba B A 4 mit Grab Lindenschmit
= 1B.-A. Hersbruck Augen, F Al
= mit Bügel
Ñ verbunden
137 | ¢ Ebendort Ebendort Br.S 23 ` — Lindenschmit, A.
= ı FA3 6 IV. 14, 13
= Oben Abb. 10
bæ: !
138 |= | Thalmässing!),| Nürnberg .BAl Hii Geer Ziegler, Präh. Bl.
bis [&] B.-A. Hilpolt- | G. M. e A l (mit | aus Steinem UL Taf III. 66 —
139 = stein | Auge, Maske? | Skelett Reinecke in Lin-
und langem denschmit, A., V,
| Schnabel) 890
140 wer Dechsen- | München |Br.BA1.8(mit‘ Hügelgrab | Birkner. — Bei-
bis dorf?) St. S. Strichverzie- | mit zwei Be- | träge IX S. Di —
141 B.-A. Hochstadt| | rung) FA LI" stattungen Präh. BL II S. 61
! mit B ver- |
bunden)
142 Ebendort ?) Ebendort | Br. = dem vo- | Desgl. Ebendort
rigen, aber der.
| Kopf doppelt |
145 Cammerlohe, | Nürnberg | Br. S 4 B ge- | — Beltz
B.-A. Forch- G. M. schwollen
heim FAI
144 | | Forchheim’) | Nürnberg Br. V.C | Ringwall Rehlen-Niirnberg
E N. G. Walberla
145 >. Walkers- Nürnberg | Eu BA 2 | Hügelgrab | Wunder, Sükular-
| brunn‘), B.-A. N. G. F 5 Bruch- mit schrift 1901,
p Forchheim stück Skeletten Taf. 11, 25
146 | 2) Ebendort*) | Ebendort | Br. S4BA5, Desgl. Wunder, Säkular-
z | mit Halb- schrift 1901.
£ | rundlinien, Taf. 10, 2.— Naue,
© FAS Pr. Bl. 1902,
= | mit Spiralen Taf. 6, 11
= | | Oben Abb. 6
147 Gottelhof, Berlin Br. FA3 | — J. Schlemm
B.-A. Eber- V.K. |
mannstadt
148 Hochstahl, München | Br. BA1 mit | Einzelfund Birkner
B -A. Eber- St. S. | ornamentalen
mannstadt Linien FA 1
(mit Rügel
verbunden)
149 Leldingshof®), | München Br. S 4. Hiigelerab Katalog d. Barr.
B.-A. Eber- N.M. |BA34FA1 BBI | Nationalmuseums
mannstadt IV, Taf. V, 6.
; | Oben Abb. 5
Begleitende Funde. 1) Thalmässing: Br. Bruchst. eines Ringes, Ohrrinz
aus Blech, 3 Drahtarmringe. E Halsring mit Bronzeblech. Glas? und Bernstein-
perlen. — Verzierte Tonschale mit seltenem Ornament (s. Lindenschmit, A, V 891}
S. A 259. — 2) @r.-Dechsendorf: Tongefiisse. Br. lange Nadel, 2 Knotenarmringe,
E Messer, Haken. — 4 Glasperlen, Bernsteinknopf. — 3) Forchheim: A 249a. —
4) Walkersbrunn: Spiithallstattinventar: Messer, Ringe, Gefässe. — 5) Leidingshof:
Br. 2 hohle Armringe, Buckelring, Hallstattarınbrustfibel A 252. E 2 „Hackmesser“,
gerade Messer, 3 Ringe.
Latenefibeln.
|
i
|
Variante | Zur Fund-
Fundort | Sammlung | Genauere An-
gaben geschichte
|
150 | Fränkische Nürnberg | Br. schönes | —
Schweiz, N. G. Stück, B A 1 8'
Streitberg mit Perlbän- i
B-A. Eber- | dern, FA 1 mit '
mannstadt | grossem Auge,
mit B ver-
bunden |
151 Büchenbach, Berlin Br. V.C | =
B.-A. Pegnitz V. K. | |
152 Ebendort Ebendort | Br. S2, BA 5: E
FAQ |
153 Hartenreuth, ; München Rr. V.C Hügelgrab
B.-A. Pegnitz st. S. Bruchstück
154 Hasslach. | Berlin Br. B A5 =
RA. Pegnitz V.K. FA3
155 Ebendort!) Ehbendort | Br. S84, BAT =
bis F A 3
|
156
157 Nemschen- Desgl. |Br. 34, BAl _
bis | _ renth *) FAl
158 | g | B.-A. Pegnitz |
159 | >| Pfaffenberg, Desg. | Br. BA 1 | Aus Hügel-
ei B.-A. Pegnitz | gribern
g i
160 | $) Ebendort ` Desgl. Br. BA 5 —
= | FA3
161 |€ | Pottenstein®),, Desgl. Br. S 2 Aus 5 Hiigel-
S| B.-A. Pegnitz | B flach und gribern
= | breit, F A 3
| stark
| entstellt
162 Ebendort | Desgl. | Br. B flach, | Deeg),
| ` ' dünn, geknickt!
| EA |
163 Ebendort | Desgl. ` Br. S 4 Desel.
bis | Form @,B Al
164 | | FA3(ein |
' ' Exemplar |
| | unvollständig)
|
165 Prülls- ı Desgl. | Br. S 2, 4 Aus Hügel-
birkig‘), B.-A. | Seet | gribern
Pegnitz |
166 Ebendort Desgl. | Br. V.B Ä Desgl.
FA 2 mit |
Ä i 3 Kugel- |
. ' | augen |
167 Sigmanns- | München İBr.A 1 FA 1! Hiigelgrab
brunn, B.-A. | St. S. | (mit Bügel |
Pegnitz verbunden) |
|
Begleitende Funde.
â 245. — 4) Priillsbirkig: S.
1) Hasslach: Br. Halsring,
2) Nemschenreuth: S. . 244 — 3) Pottenstein:
auch A 246.
Ringschmuck.
Armringe,
Reicher Ringschmuck usw. N.
709
Nachweis. —
Literatur
Wunder, Säkular-
schrift 1%1,
Taf 9, Fig. 3
Oben Abb. 3
J, Schlemm
Dieselbe
Birkner
J l Schlemm
J. Schlemm.
Weber, Korr.-Bl.
1902 S. 53
Dieselbe
J. Schlemm.
Weber, Korr.-Bl.
1902 S. 66
J. Schlemm
J. Schlemm.
Weber, Korr.-Bl.
1902 S. 66
J. Schlemm
Dieselbe
J. Schleinni.
Weber, Korr.-BI.
1902 S. 66
J. Schlemm
Oben Abb. 12
Birkner
(Hlasperle. —
auch
710 R. Beltz:
Lfd. Fundort | E i | Sante | Zur Fund- Nachweis. —
Nr. Ba | UNE | Genauere An- | geschichte l.iteratur
| gaben
168 I__( Stierberg, ' Berlin | Br. BAT ` _ J. Schlenim
S| B.-A. Pegnitz V. K. EF AA
Q
169 | >| Görau, BA München Br. 83 2.4 | — Birkner
ea Bayreuth St. S. BAI
= | mit Längs-
E | | band F A l
= | (mit Würfel- `
ZS | | augen) |
170 | =| Obere Main Mainz ;Br.S4BA2 — Lindenschmit, A
= gegend (hohl) | I. IV. 3. 8
ge FAI |
171 KI. Gieich- | Meiningen Br. S 2. 4 | Wallburg | Pusch-Meiningen.
berg!) BA1l FA 1 ‘mit Trocken-] Lindenschmit, A..
(Steinsburg) | mauern 1.IX. 1,6 |
bei Römhild, ` | (Wohn- Jacob in VAPS
Sachsen- gruben, VH. VIII 1887
Meiningen | Gräber (vel. auch Jacob,
wahrschein- Gleichberge,
lich mit 2. Aufl. 1895
hockenden | Neue Beiträre des
| Skeletten*) | Hennebergischen
Altertumsvereins
| 1899 Taf. VII)
i Goetze, Bau- und
| Kunstdenkmaler
|
|
oi Thüringens XXXI.
E ' 1904, 5. 470
(RE: Ebendort ` ` Desgl. Br. S224 | = Pusch
© BAI
= (mit seitlichen
Z Schilden) |
E EA? |
113 = Ebendort ` Desgl. Br. B Al | — Derselbe
bis æ geschwollen ;
177 FA1 |
118 Ebendort Desgl. = dein vorigen, — Derselbe.
his aber der Kopf | Lindenschmit, A.,
182 | mit Augen | II. IX. 1. 4
183 Ebendort ` Desel. Br. BA 1 | _ Pusch
| FAl
(Schnabel |
profiliert,
| ÜbergangzuA)
154 Ebendort Desel. Br. B A | — Derselbe
his EA" |
155
186 Ebendort Desgl. Br. = 173 _ Derselbe
ek | folgende (nur |
194 | der Bügel und .
w }
Fuss erhalten) ;
|
Begleitende Funde. 1) KI. Gleichberg: Funde verschiedener Perioden.
Hallstatt-( „Pauken“-) Fibeln. A 266 9 187 860. (Gbergangsformen von der Paukenfibel
zu A, wie VAIS. S. 25, 62 u. a, sind hier nicht mitgezählt.) Weitere Vogel-
kopffibeln in Privatbesitz. — Die Wallburg etwa 400 bis Chr. G. in Gebrauch.
*) Goetze, Vhdl. Berl. anthr. Ges. 1900 8, 416.
d
D
SS vn Da
Te = eF ..
KaT Ta N
7 a FEN D
D Ea
Latenefibeln. ‘ll
i
| e D i
Lfd EnA | e i Variante. Zur Fund- Nachweis. —
undort Sammlun r : :
Nr g SE An | geschichte Literatur
"= me a nr LE EE
| |
198 Kl. Gleich- | Meiningen Br. = 178 — Derselbe.
bis berg folgende (nur VAPS. S. 25
Geet, se m e
Rerlin — J. Schlemm
|
|
Ebendort |!
V.K.
200 (Steinsburg) ` der Bügel und Fig. 65
bei Römhild, | Fuss erhalten)
Sachsen- |
Meiningen
201 Ebendort ` Desgl. |» = 184 = Pusch
bis | be ügel
20: | und Fuss
| erhalten)
204 Ebendort ` ` Ebendort , Br. = 201 ` — Derselbe
bis | (mit Augen)
209 |
206 Ebendort ` Ebendort E! — ` Derselbe
BAI
| (F abge-
| | brochen)
207 Ebendort `. Ebendort | Br. V..C ` — VAPS. S. 26
bis | Fir. 70
200 | |
| |
210 Ebendort | Coburg | Br. V.C `, = —
211 Ebendort | Römhild | Br. V.C | — —
bis | f
212 |
|
|
ESıBal!
F A 2 j
Ebendort Ebendort | Rr. S4BA 1 — Dieselbe
FAI
(1 Exemplar
unvollständig) |
Ebendort ! Ebendort Ä ES2.4BA1 0 —_ Dieselbe
FAI
Br. S 1.2. 4 | = Dieselbe
Thiiringische Staaten
Ebendort Ebendort
Ebendort , Ebendort Br. B recht- — Dieselbe
| eckig ge-
knickt 4
| | FAS
Ebendort | Ebendort G EBA? V.C — Dieselbe
Ebendort , Ebendort Br. S 2. 3, 4 — Dieselbe
| |; BAILFAI
| (kantig)
|
skelett- S. 26 Fig. 69
gräber v. Uxküll, Grab-
(hockend!) feld von Mirs-
dort 1876
bei Coburg | | stück S 2 4
B rund ge-
wölbt F A 3
SBF ver-
ziert mit ab-
schliessenden
und sich
kreuzenden
Perlen-
|
|
|
|
|
|
. Mirsdorf (Coburg Br. Pracht- | Flach- Jacob in VAPS
|
|
|
bändern |
712 . R. Beltz:
Lfd. Fundort | S N Variante. Zur Fund- Nachweis. —
“undor ammlung
Nr ` Genauere An: geschichte Literatur
| gaben j
S ee SEET à EEN E E ee eee
223 | = ( Altengönna!) | Jena | Br. FA 4 Skelettgrab Eichhorn,
< V.-B. Apolda, : | Tafeln IV, „141.
= Sachsen- | (Goetze in VATh
Ün Weimar ` | S. 289
O44 2 Fundort | Ebendort Br. BAI ` — Eichhorn-Jena
‘=| unbekannt, | FAl
E ‚Sachsen- (schmaler als
= Weimar?) gewöhnlich)
225 Ranis*), Kr. Hohen- : Br. BA 1 (1rosses Auerbach-Gera.
bis Ziegenrück | leuben | FA3 | Skelett- Geen in VAT.
228 | Reichen- gräberfeld S. 386. Undset,
fels | (zum Teil a S. 2255
| hockend), IKropp, tee:
| | | meist unter [Funde 1911 S. 11
Hügeln
220 |g Ebendort?) | Ebendort `: Br. BA3 | Desgl. Ebendort
bis | F | FA 3 |
230 | £ | |
a |
231 ` Wöhlsdorf®), | Ebendort : Br. B mit | Skelettgrab Auerbach
|| Kr. Ziegen- _ Wulst- und
Z riick | Strich-
E verzierung |
232 Möbishurg, Privat- ` Rr. V.C Wallburg Zschiesche
L.-Kr. Erfurt , besitz | in VATh. S 251
| |
23 Schmiede- ; Halle Br. SA BA? — Reuss-Halle
herg*). Kr. ` FA 1 auf dem
Wittenberg Biivel
aufliegend
{
254 Ziesar®), Ebendort | EV. CG ' Grabfeld Derselhe
Kr. Jerichow I |
|
235 Kl. penne | Breslau , Br. SA" _ en
nitz FAO chl. NA
Kr. Grünliers | S. 416 Fir. "3
Oben Abb. 9
236 | £ Bunzlau‘) Ebendort | Frülilatene — Dee
E ec ıl. 9 I.
= | | 8.416 Fir. 1
= i |
2337|” ]| Ebendort ` ` Ebendort | Desel. = Ebendort
SEI
| | |
235 Kentschkau’), Ebendort Frühlatene | Skelettgrab Sever,
Kr. Breslau Schl. V. VI.
. | S. 404
|
239 Ebendort’) | Ebendort Desgl. Desel, Ebendort
l
|
D
Bevleitende Funde. 1) Altengénna: Br. 2 Stollenringe (zusammenvehirisz 7), —
2) Ranis: Reiches Frühlatene-Inventar, auch noch mehr Fibeln. — S. auch A 297. —
3) Wöhlsdorf: Br. Armin, E. Schwert. — 4) Schmiedoberg: Br. (rürtelhaken. —
5) Ziesar: S. A 519. Y 417 u.s. — D und 7) 8. unter A Nachtrag. (Berichtizung
während des Druckes.) — Kentsehkaa: Br. Halsring, Fingerringe, Schmuckkette. —
L Lanzenspitze usw. — `
Laténefibeln. ` 713
Fundort Sanii Variante. Zur Fund- Nachweis. —
n S
Nr. e | re An geschichte Literatur
240 Oberhof'), Breslau Ä Frühlatene Skelettgrab Seger,
„| Kr. Breslau in einer Schles. V.
© | Kiesgrube N. F. III S. 55
3 Fig. 8
J |
Q
241 a| Eb endort Ebendort Desgl. Desgl. Ebendort
242 Goslar (?) | Hildesheim! Br. B = Hauthal-
| | geschwollen Hildesheim
| FA3
La
243 | >] Nienburg®), | Hannover Br. B A 1 angeblich | Lindenschmit, A.,
= | F A 1 (mit Hiigelgrab I. IV. 3. 9
g | Würfelaugen)
244 S Gegend von | Ebendort Br. F A 2 Sa Hahne-Hannover
Lüneburg | Bügel stark
' gewölbt, mit
i Halbkreisen
245 Vehlefanz’). Berlin Br. S 2.3 | = . Schlemm. Buch-
Osthavelland V.K BAIFAL, holz, Z. f. E. 1802
| S. (404) N. d. A.
5 1894 S, 29
246 E Werder‘), Rerlin Br. S2 FA 2 — Kiekebusch-
Si Kr. Zauch- M. M. Berlin. Z. f. E.
= Belzig XXXI 8. (144).
E Undset S. 205
Derwitz’), Ebendort | Br. $8 2 F A 2 _ Derselbe
Kr. Zauch- (sehr
Belzig ähnlich 245)
Br. Sonder- Flachgrab Pit, Taf. 2, 1
form 8 3
B dick-
geschwollen
mit kopf-
förmigem Auf-
satz, FĂ pferde-
artiger Kopf |
mit langen
Ohren
Br.BA1 „Hocker- Pie, Taf. 27, 8
FA? grab“
(auch am
Biigel ein
Vogelkopf)
250 Travers, Neuchätel Br. V. B — Viollier, XIII, 202
C. Neuchâtel
248 | Piemysleni®) Prag
Ni
S
ee, OE TIES YT TE STEELE,
Böhmen
en:
249 Brian" Ebendort
LIGA CELT TIE OE
Begleitende Funde. 1) Oberhof: Br. 2 Armringe mit Scharnierverschluss,
2 Knotenringe. Lignitring, Tongefiiss, S. Nachtrag. — 2) Nienburg: S. A 425 V 281
@ 127. — 3) Vehiefanz: Auch A 529 und 8231. Echinit. Nadelkopf aus 3 br. Scheiben,
Segelohrringe. — 4) Werder: S. A 457. — 5) Derwitz: S. A 538 V 440 @ 232. —
6) Pfemy3leni: Schlangenring, Knotenring A 658. — 7) Bylan: Grabfeld in Hall-
stattcharakter.
Zeitschrift für Ethnologie. Jahrg. 1911. Heft 5. 46
714 l R. Beltz:
2. Frühlatènefibeln ^.
Fundort | e , Variante. Zur Fund- Nachweis. —
undor ' Sammlun :
| js | An geschichte Literatur
Cöln | Berlin Br.S1BI14 _ J. Schlemm
V. K.
Eiserfey Cöln Br. V. E an der Rademacher-
Kr. Schleiden Kartstein- Cöln
höhle
Coblenz I Coblenz |Br. BI9 FI2 in der Günther-Coblenz
S Mosel (bei
d der
© | römischen
Eu | Pfahlbrücke)
E Langen- Mainz Br. = Lindenschmit
mi lonsheim®),
Kr. Kreuznach 2
Osburg Trier | EBIR Hügelgräber Krüger
bei Trier? | geschwollen
|? FI4
Ebendort Ebendort Br. BI 2 Desgl. Derselbe
i geschwollen
F 13
Birkenfeld 2 | Birkenfeld | Br. 8 1 B 1 4 Hügelgräber Baldes,
| F I 11 (im Ruh- Gymnasial-
| (Email) bösch) programm
Birkenfeld 1905
S. 51
8 Bosen °) Ebendort Br. S 1 Hiigel- Ebendort
| B I 3. il gräberfeld 5. 16
F (fehlt) am
| Priesberg
g|.| Brauneberg- | Trier | BrBI4 | — O Krüger
gi Damberg‘) FI
g mit Korallen- |
2 einlagen. |
5 Sonderform | e
10 Burg P Birkenfeld ! Br § 1 BI 2 = Baldes
| FI3
11 Nohen ô) Trier Br. RBI 4 = Krüger
FI4
12 Ebendort’) | Ebendort | B. V.ES1. = Derselbe
F12
13 Siesbach®) | Birkenfeld | Br.S1B 14, Hiigelgrab a
(Welchenbach) | Fill `
Begleitende Funde. 1) Langenlonsheim: Anm. S. S. 675. 2) Birkenfeld:
Grab C Br.: Knotenring. E: Lanzenspitze, Schwert. — Tongefüsse. — 3) Bosen:
Hügel 41 (3 Bestattungen): Br.: Knotenarmringe, Halsring mit Kolbenende.
E: l.anzenspitze, Messer, Pfeilspitze, Ring. — Typische Tongefässe. — 4) Brauneberg-
Damberg: Identisch mit 7. Berichtigung während des Druckes. — 5) Burg: Fund-
ort nicht ganz sicher. — 6) 7) identisch mit 10. 13. — 8) Siesbach: Br. Halsring mit
Kolbenenden, Knotenring.
Latenefibeln. 715
Lfd. Fundort | e , Variante. Zur Fund- Nachweis. —
z unaor ammiung | Genauere An- hi; ,
Nr. | gaben geschichte Literatur
a EE
14 Wiesbaden!) Wiesbaden Br. BI 2 Skelettgrab Ritterling,
bis | FI? Nassauische
15 Mitt. 1902/03
| | Sp. 111/112
c | |
16 |$] Braubach?). Ebendort Br S 2 Skelett- Ritterling.
3| Kr. Rheingau | | BIB. 11 gräber in Rodewig, Nass.
E | F abgebrochen| Steinkisten Annal. 33 S. 9
a | | (L Grab mit Taf. IV, 9
> | | Leichen-
N brand)
Gi |
17 | | Ebendort*) | Ebendort | Br. BI2 Hütte Bodewig, Nass.
© | F I 6 (Über- Annal. 33 S.5
e _ gang von A)
|
18 Ebendort an | Br. 7 I4 _ J. Schlemm
; FIG
19 Butzbach, ` Darmstadt! Br. BI 2 Grab Lindenschmit, A.,
Kr.Friedberg,' LM | F 12; IL VII. 3, 15
Oberhessen | |
|
20 Trebur‘), | Darmstadt | Br. BI 3 Hiigelgrab, Kofler-Darm-
Kr. Gr. Gerau| Gr. C. | FI 11 Dammel- | stadt.— Reinecke
| | berg in Lindenschmit,
| A., V, 330
21 Ebendort‘*) | Ebendort | We 17 Desgl. Ebendort
| | S V, 329
S | |
3, 2 Ebendort‘) | Ebendort `: Br. B 7 15 Desgl. Derselbe
= | | FI4 |
= | (klein)
d0
2:3 3 Schönauer | Darmstadt Br. V. D — Westdeutsche
his lä Hof | Privat- Zeitschrift VII,
25 |Z] Kr. Gr. Gerau; besitz | 1888 S. 164. 165
a | Lindenschmit
e | (Sohn), Röm.-
Re | germ. Centralmus.
O | XXX, 8. 10.
A, | | XXXI, 4 8
26 Fo. u. | Ebendort | Br. V. D — Kofler
27 Fo. u. ' Darmstadt | Br. V. D — Derselbe
Gr C. |
i
i
|
l
|
Begleitende Funde. 1) Wiesbaden: Br. Knotenringe. — Tonflaschen. —
S. +8 7 18. — 2) Braubach: Br. Halsring, 4 Armringe, Gürtelschnalle, 2 Knoten
ringe (aus einem Gräberfelde III Urnen mit Fibeln Y 13). — 3) Braubach: Scherben
‘junger Latenezeit, Knochen, Muscheln, Kohlen. E Messer, Beschlagstücke. Wirtel.
— 4) Trebur: Kinderskelett. Br. gewundener Halsring, zwei Ohrringe mit blauer
(slasperle.
46*
. To
Fundort
Ener gl
Elsheim?), |
Kr. Bingen |
30 Heidesheim’),
Kr. Bingen
31 Budenheim?°), |
b.32 Kr. Mainz
33 Grosswinters-
heim, |
Kr. Mainz
34 Mainz |
|
|
30 Ebendort |
36 Ebendort |
37 Bodenheim, |
Kr. Oppen- |
heim
38 Hahnheim‘), |
bis} el Kr. Oppen-
45 | & heim
46 |.) Köngernheim,
3 Kr. Oppen-
S heim
47] | Selzen, Kr. |
Oppenhein
48 Ehendort
A0 un 5)
Kr. Worms
50 Ebendort®’) |
|
51 Ebendort®)
n2 Eimsheim‘),
Kr. Worms
DO Hamm
Kr. Worms
5A Monsheim’),
Kr. Worms
DÉI Ebendort
Begleitende Funde.
Glas, Knochen, Halsring mit Pufferenden u. ä. 7 53. —
— 4) Hahnheim:
— 6) Bermersheim: Kindergrab; Frühlateneringe. —
3) Budenh im: S. @
Mittellatenewaffen.
T. V Sl.
Mainz
R. Beltz:
Variante.
IS,
| Sammlung | Genauere An-
gaben
Mannheim | Br. schlank
Mainz
Ebendort
Ebendort
Ebendort
Forrer in
| Strassburg
Mainz
Ebendort
Ebendort
Ebendort
Ebendort
Worms
Ebendort
Ebendort
Ebendort
Ehendort
Mainz
Worms
1) Elsheim:
B verziert F 16
E Typ. V.D.
a Bis
2 (klein) ' |
Br.BIiFIi
|
Br.BISFI5
Br. BIS
FI 11
EBI2FI2
Br. 6 Typ u.
BI 2
2V. DBI 12
Br BI3 |
F I 10 |
|
Br. V. D
Br. B I 13
F1%
Br. SIBI2
FI4
ES1BI2
FI 4
(Übergang von
V C)
BI5F abge-
brochen |
S1 BI?
FI4
Br. VE
| Br.
+ B Typ (mit
‘stark. Einker-
bungen, wohl |
fE inlageVF 12
(klein) mit
zwei Korallen
Zur Fund-
geschichte
Gräber
Aus dem
Rhein bei
Weisenau
Desel.
Aus dem
Rhein
Gräber
Desgl.
Griiber
S. + 13, Y 69.
Nachweis. —
Literatur
Lindenschmit.
Westd. Zeitschr.
XXI, Taf. 8, 4
Gropengiesser-
Mannheim
Lindenschmit
Lindenschmit, A.,
II. VIl, 3, 11
Lindenschmit.
Westd. Zeitschr.
1599
Ebendort
Forrer-Strass-
burg
Lindenschmit
Derselbe
Lindenschmit.
Westd. Zeitschr.
1802, XX, S. 247
Lindenschmit
Derselbe
Kohl
Derselbe
Derselbe
Derselbe
Derselbe
Lindenschmit
Kohl
Halsring aus Bronzedraht mit Bernstein,
2) Heidesheim: S. V 56. —
— 5) Bermersheim:
‘) Eime-
heim: Br. geperlte Hals- und Armringe. — 8) Monsheim: Frühlatenegefäss. @9 Y 35.
Latenefibeln.
7117
Lfd. Pindi
Nr. SS
56 Monsheim)),
bäi Kr. Worms
58 Ebendort?) |
|
59 Ebendort?) |
i
|
i
|
60 |2] Osthofen*) |
R Kr Worms |
61 |) Ebendort
62 15 Ebendort `
ES
63 Ebendort‘) |
64 Viernheim
b.65 Kr. Worms
66 Wachenheim °)
Kr. Worms
\
|
67 Worms’)
68 Gegend von |
Worms |
69 Rameen’), |
B.-A. Kirch-
heimbolanden |
TO Albsheim, |
bis |X | B.-A. Franken-
71 |< thal |
äu
a |
ei
E
72 1% Dauben- `
uf bawerhof'),
>| B.-A. Kaisers-
Q lautern
73 Jiigersburg’),
B.-A. Homburg
“4 Leimers-
heim ?°),
B.-A. Germers-
heim
Worms
Ebendort
Worms
Ebendort
Ebendort `
Ebendort
Ebendort
Ebendort
Ebendort
Ebendort
Ebendort
Speyer
Privat-
besitz
Worms
Speyer
| |
Br.S1B13.18; Hügelgräber
FI11 (vertieft |
f. Einlage)
Variante.
gaben
Br. E. Sl
FI5
Br. V. D
FI4
Br. V.D
Br. V. E
Korallen-
scheibe
Typ. B
unverziert
Sammlung | Genauere An-
B1211F14
Br. S1ı BI2
BI5 FIS
Br. V. D mit
Ebendort | Br. S1 BIS
F [ 10 (unge-
wöhnlich gross) gribern (mit
Br.S1 BI6.17
'
{
|
!
|
Zur Fund-
geschichte
angeblich
Brandgrab
Hügelgrab
Flachgräber
bedeckt mit
grossen Kalk-
steinblöcken
Aus 8 bis
10 Flach-
Skeletten)
Nachweis. —
Literatur
Köhl
Lindenschmit, A.,
II. VII 3, 10
Köhl
Derselbe
Derselbe
Derselbe
Derselbe
Derselbe
Reinecke in Lin-
denschmit, A.,
V. 333
Oben Abb. 21
Kohl
Derselbe
Reinecke in
Lindenschmit, A.,
V. 1058
Mehlis-Neustadt,
Studien z. ältesten
G. d. Rheinlands
II. Abt. 1883,
S. 14—15, 22-23
Köhl
Reinecke in
Lindenschmit, A.,
V. 1089
Ebendort, V. 1044.
Ausgrabungen des
hist. Vereins der
Pfalz 1886 Taf. 7,8
Begleitende Funde: 1) Monsheim: Frühlatènegefäss (freihändig). — 2) Mons-
heim: Br. geperlte Ringe. — 5) Monsheim: Br. zwei einfache Kinderarmringe. —
4) Osthofen: Br. Frühlateneringe, ® 52. — 5) Wachenheim: E Schwert mit Kette,
bandf. Schildbuckel (Mittellatène,; 7 91 ® 51. — 6) Worms: KindergrabmitFrühlatene-
ringen. — 7) Ramsen: Gr. Nr. 2. Scheibengefäss. — 8) Daubenbawerhof: Friihlatene-
schwert. — 9) Jägersburg: Br. Pufferhalsring, kl. Ring.
— 10) Leimersheim: Br. 6 Knotenringe mit Stempelenden.
E Schwert, Lanzenspitze.
R. Beltz:
Sammlung
Fundort |
|
Speyer
| Leimersheim,
B.-A. Germers-
heim
16 | Fo. u. Mainz
TI Niederröden’), Strassburg
Kr. Weissen- |
burg
Hatten *), Ebendort
Kr. Weissen-
burg
Ebendort?) Ebendort
Ebendort ?) Ebendort
Ebendort®) Ebendort
Stiitzheim®,, | Ebendort
Landkreis
Strassburg
Mundols- Ebendort
heim, Land- |
kreis Strass-
_ burg |
Egisheim $), Colmar
Kr. Colmar
Tauber-
Bischofsheim?)
|
Gr. Sachsen ^), | Heidelberg
Amt Wein- |
heim i
Ebendort ®)
Baden
Ebendort
6 |s,
q
V
=
ow
D
18
19
80
b.81 S
EA
go |=
83
84
85
Begleitende Funde.
1) Niederröden: Grab Nr. 1.
ame
Variante Zur Fund-
x
enauere An- Í
G An geschichte
gaben |
Br. BIO | Flachgräber
F110 | l
Rr. S 1 BI 11! —
F15
EBI4 Hiigelgrab
F abgebrochen |
Br.8 1 RI17 Hiigelgriiber
FIM mit
, Skeletten
EBI2 Desel.
F abgebrochen |
EBI3 Hiivelgriiber
(F fehlt)
Br. B13 17 Desgl.
FI3
(mit läng-
licher Spitze)
Br.8 1 BI1, Wohngrube
FIS |
Br. BIG | Skelettgrab
F I 11 |
Br. BI 9 | Flachgriiber
FI
(Email)
Br. B13 Hiigelgrab
FI
1. 10
ES2BI3 , Flachgrab
FI5
Br sehr klein | Desgl.
F abgebrochen
| |
E Kurzschwert.
Nachweis. —
Literatur
Ausgral). d. hist.
Vereins der Pfalz
1886 Taf. 7, 4
Lindenschmit
Reinecke in
Lindenschmit, A.
V. 1042 ©
Henning, Mitt. d.
Ges. f. Erh..d.
gesch. Denkm.
im Elsass
Bd. XVII 189
T. II, 8
Derselbe,
T. VI, 11
Derselbe,
T. III, 2-3
Derselbe,
T. II, Ss
Forrer, Bauern-
farmen von
Achenheim usw.
S. 42
Gutmann-Strass-
burg
Faudel &
Bleicher, Maté-
riaux (Bulletin
d. l. soc. d. h.
naturelle, Colmar
1885 S. 295) XIIl. 6
Wagner
Wagner, Fund-
stätten u. Funde
aus Baden
IL S. 248
Ton-
gefüss (in dem Hügel noch mehr Bestattungen). — 2) Hatten: Gr. 1. Br. Arm-
reifen, E Schwerter, Ringe. —
Gr. 1.
— 3) Tauber-Bischofsheim:
3) Stützheim:
Halsring. -— 6) Gre Sachsen: Br. drei einfache Handringe.
Wohngrube 25. — 4) Egisheim:
Br. Halsring mit Buckeln u. Kolbenenden; Armringe: mit Einkerbung usw.
E Lanzenspitzen mit breiten Platten. Br. Armringe,
Laténefibeln. 719
Hürden | Seegen | Variante. | Zur Fund- ee
ammlu 4
Sammlung Genauere An- | geschichte | Ttertu
nm
90 Ladenburg‘),
Amt Mannheim
Mannheim | Br.S1BI1 | Skelett- Gropengiesser
FI3 | griiber (vgl. auch
Wagner, Fund-
| stätten u. Funde
If, 8. 215)
91 Ebendort Ebendort Br. BI 5 Desgl. Desgl.
92 Sinsheim’), | Karlsruhe | ES 2BI4 14 Hiigel Wilhelmi,
(die be- F abge- mit 1 bis 14 Totenhügel
schriebenen brochen, 13 Skelett- | bei Sinsheim 1830.
| Funde | daran Glas- gräbern, Taf. 3, 4 8.108
| befinden perle ohne Stein- |(Vgl.auch Wagner,
sich nur schutz Fundst. u. Funde
zum Teil II, 8. 363)
in Karls-
ruhe, vieles
ist ver-
gangen)
93 Ebendort3) Ebendort ES1BI2 Desgl. Derselbe
FI5 Taf. 3, 5 S. 105
94 |a] Ebendort®) | Ebendort |E BI3FI2 Dessl. Derselbe,
3 (2 Kugeln) Taf. 3, 19 S. 105
e
9 |= Ebendort*) | Ebendort |E BIS F 13 Desgl. Derselbe, .
Taf. 3, 17 S. 20
96 Ebendort’) | Ebendort | ES 2BI5 Desgl. Derselbe,
(fast pauken- Taf. 3, 18 S. 20
formig) F I 3
97 Ebendort®) | Ebendort EBI3 Desgl. Derselbe,
| langgestreckt Taf. 3, 22 S.99
F13
08 Ebendort ‘) Ebendort Br. B 9 Desgl. Derselbe,
F abgebrochen Taf. 3, 33 S. 114
99 Ebendort‘) Ebendort Br. V. D Desgl. Derselbe
B I3. 11 Taf. 4, 1 S. 33
(zart) |
100 Ebendort’®) Ebendort EBI4 Desgl. . Derselbe,
(geschwollen) Taf. 4, 2 8. 82
F14 l
101 |- Ebendort!’) | Ebendort Br. V. D Desgl. Derselbe,
BI17 Taf. 4, 3 S. 110
102 Ebendort!!) | Ebendort Br. V. D Desvl. Derselbe,
B I 15 Taf, 4, 4 S. S0
Begleitende Funde, 1) Ladenburg: S. 7 113, ein — 2—11) Sinsheim:
Gr. XI, 7. Linke Schulter. E Schwert, Lanze, Ringe, Br. Fibel. — 3) Gr. XI, 2.
Linke Schulter, E zweite Fibel. — 4) Gr. 1,4. Linke Schulter. — 5) Gr. I, 3.
Linke Schulter. — 6) Gr. IX, 3. Noch eine erhaltene Fibel. — 7) Gr. XI, 11 s.
+ 16. Links vom Halse. — 8) Gr. II, 4. Auf der linken Schulter Br. Ohrring.
E Schwert, Lanzenspitze. E Fibel. — 9) Gr. VI, 2. Kindergrab mit einer br. Fibel
auf der Brust. E 2 Fibeln. Br. Knotenring. 2 Tongefässe (1 Drehscheibe) —
10) Gr. XII, 4. Br. 2 ovale Armringe, E Fibel m. Glasperle. — 11) Gr. VI, 1. Auf
der linken Seite.
720 R. Beltz:
Fundort Sammlun bree a a
| S Dee An- geschichte Literatur
103 Sinsheim!) | Karlsruhe Br. V. D Skelett- Wilhelmi,
B unverziert gräber 14 Totenhiigel
bei Sinsheim 18:4)
Taf. 4,5 S. 95
104 Ebendort?) Ebendort Br. BI 6 | Desgl. Derselbe,
(mit Punkt- Taf. 4,6 S. 61
verzierung)
105 Ebendort’) | Ebendort Br. klein Desgl. Derselbe,
S1BI2 Taf. 4,9 S. 118
FI?
„106 Ebendort‘) | Ebendort Br. klein Desgl. Derselhe.
BI3FI10| Taf. 4, 10 S. 118
107 Ebendort?) Ebendort Br. B I 13 Desgl. Derselbe,
| FI 10(%) Taf. 4, 11 S. 112
108 Ebendort®) Ebendort | E B I 2. 11 Desgl. Derselbe,
g sonst Typ Taf. 4, 12 S. 99
Ki
109 18 Ebendort’) Ebendort Br. klein. Desgl. Derselbe,
_B I 2 (F ab, Taf. 4, 13 S. 100
| gebrochen)
110 Ebendort®) Ebendort | Br. B I 3. 11 Desgl. Derselbe,
F13 Taf. 4, 14 S. 120
111 Ebendort*) Ebendort |Br.S1BI2 Desgl. Derselhe,
| F abgebrochen Taf. 4, 22 S. 116
112 Eppingen?'), | Ebendort Br. klein Gruppe von Wagner.
Bruchstück 15 Grab- Fundstätten
BI1iFI1 hügeln und Funde II
| S. 325
113 Ebendort!%) | Ebendort Br. klein Desgl. Derselbe
| Bruchstück |
| BIS
l (mit Scheibe
| ‚ verziert)
114 Gemmingen'!, Ebendort Br. Grabhügel Derselbe,
Amt | Bruchstiick S. 326
Eppingen
|
Begleitende Funde. 1—9) Sinsheim: Gr. VII, 5. E 2 Fibeln. — 2) Gr. II S.
Auf der Brust. E Fibel. Br. 2 weitere Fibeln. — 3) Gr. XII, 1. Oberhalb vorn 6—s
Fussringe, 2 wohl Fussringe. Br. 3 Armringe. E 2 Fibeln, Schnalle, — 4) Gr.
XII, 1. Auf dem Kopfe. — 5) Gr. XI, 10. Auf der Schulter. E Schwert, 2 Lanzen
spitzen, Blech. — 6) Gr. IN, 2. Kindergrab. An einer eisernen Kette. Br. Hand.
ring. 7) Gr. X, 3. Br. 2 weitere Fibeln, Holring. — 8) Gr. XIV, 2. An der rechten
Weiche. Pr. Halsringe, 2 Hohlringe. E 2 Fibeln. Blaugelbe Glasperle. — %
Gr. XJ, 13. Gelbblaue Glasperle, 2 Halsringe. — 10) Eppingen: Hügel D (mit
grosser Steinsetzung). Br. 2 Armringe. — 11) Gemmingen: Br. 2 grössere Halsringe,
Fussring, kleiner Ring. (Darunter eine steinzeitliche Bestattung).
Laténefibeln. 721
Il ` tung BEN Variante. | Zur Fund- | Nachweis. —
ndor ammlun =
Nr. SE 5 mee An geschichte Literatur
115 Huttenheim?), | Karlsruhe Br. 1S 2 | Hiigelgriber-| Wagner, Fund-
bis Amt Bruchsal BIIFI12 gruppe stitten u. Funde
116 | 1I 8. 109.
| Wagner, Hügel-
| gräber u. Urnen-
| friedhöfe in
Baden S. 34
Taf. V 9
117 Séllingen*), | Ebendort ‚Br. SIBI3 3 Grab- Wagner,
Amt Rastatt FI | hügel Fundstätten
(ganz klein) und Funde II
S. 58
|
118 Baden-Baden Forrer- | Br.S 1 BI 8) — Forrer
Strassburg | FI1 |
119 Gfindlingen?), | Freiburg Br. BI3 | Aus einer Wagner,
Amt Breisach F12 | Gruppe von Fundstätten
| 8-9 Grab- und Funde
hügeln I S. 181
120 Hochstetten®), Ebendort |Br. S2B1Io Flachgrab Derselbe,
2 Amt Breisach F mit I S. 186
3} Koralle
121 d Ebendort?) Ebendort Br. er 3 — Derselbe
F
122 Thringen®), Ebendort | Br. V. D Hiigelgrab Derselbe,
Amt Breisach | (B I 12) I 8. 192
123 Ebendort Ebendort |BIll FI5 Desgl. Wagner, I S. 189,
Urnenfriedhöfe
Taf. VI, 9
124 Obere | Karlsruhe | Br. S 2 RI1l, Hugelgrab Forrer u Müller,
Rimsingen’), FI2 mit einem | Beitr. zur präh.
Amt Breisach | ee. Sonder- Skelett Archäologie
| | form, (N. Bi Strassburg 1893.
| | Korallen- Wagner,
| | scheiben S. 195
125 Stetten), Privat- Br. Rn IBI3 | Flachgrab Edelmann,
Amt Lörrach besitz F fehlt) |, (Skelett) Präh. Bl. XXIII
| | Taf. VI, 3
126 Welschingen, Konstanz | BI11F I] 1 — Leiner-Konstanz
Amt Engen
i
Begleitende Funde.
cl
|
1) Huttenheim: Br. Pinzette (aus anderen Grabungen
Hialsring mit Wellenband und andere Schmuckringe). — 2) Söllingen: Hügel II:
Zwei Bestattungen. Br. hohler Armring, Armring mit Ringfortsätzen, kleiner Ring,
Armring aus Lignit. —2 Bärenzähne (bei der zweiten Bestattung Rest einer eisernen
Fibel). — 3) Gündiingen: Bronzeblech. — 4) Hochstetten: Br. Armband; grösseres
und 1 kleineres krukenförmiges Gefäss; Schale. — 5) Hochstetten: Br. 2 Ringe,
Bruchstücke. — 6) Ihringen: In einem Grabhügel desselben Feldes: 2 Paukenfibeln. —
7) ©Ober-Rimsingen: Br. 2 Hallstattfibeln. E Speerspitze. S) Stetten: Br
> JHalsringe, Armring, 2 Fussringe.
722 R. Beltz:
| "ari:
Lfd Binden S ae varıinte: | Zur Fund- Nachweis. —
undor Sammlun a
Nr. | = ! SE An geschichte Literatur
| i ' |
127 Rielasingen, © Karlsruhe , Br.8 BI 9 Einzelfund Wagner,
Amt Konstanz ` | FI2 Fundstätten und
! | Funde in Baden
I 8. 32
| I
128 Sigmaringen | Konstanz | Br. 2 PI 10 — Leiner-Konstanz
|
129 Mistlau!), | Hall Pr BI Flachgrab Schliz
O.-A. Gera- FI?
bronn | |
130 'riesbach °). | Stuttgart | Br. B I 4. 14 Desgl. Derselbe,
O.-A. Kün- | FIl undber. X SI,
zelsau | Fig. 3
131 Ebendort®?) | Ebendort | Br. BI2 ` Desgl. Ebendort
© FI4 Fig. 4
132 Ebendort ?) Ebendort : Br. BI9 Desgl. us
F abgebrochen
153 Ebendort?), Ebendort ' Br. BI9 | Desgl. Schliz,
bis | FI4 Fundber. X
134 (mit stärkerer S. 17, Abb. 16. 17
ie | Profilierung) |
135 1 51 Böckingen* | Heilbronn ' Br. S 1 FI2: Desel, Derselbe,
bis |£ |O.-A. Heilbronn | Histor. Verein
136 | 5 Heilbronn
= | 1906 —1909 S. 18
= | Fundber. XV
> | S. 28
1:7 Gross- Ebendort | Br. BI3 _ Flachgrab, Derselbe,
gartach‘®) (geschwungen) ; Kindergrab | Fundber. XIII
O.-A.Heilbronn S | FIA4 S. 39
158 Horkheim°), | Ebendort Br. BIS Flachgräber Derselbe,
O.-A. Heil- FIn | Fundber. X
bronn | (ähnl. NH: S. 19 Fig. 35
139 Ebendort ‘) Ebendort ; Br. ER IV | Flachgrab Derselbe.
bis i FI? | Fundber. X
140 _ (die eine S.19, Fig. 42. 45
| profiliert) |
111 Neckarsulm®),| Ebendort Br. BI9 | Desgl. Derselbe
O.-A. Heil- F abgebrochen ` Fundber. XII
bronn S. 40, Abb. 2
Begleitende Funde. 1) Mistlau: Br. Halsring mit Querreifen; Armring mit
Knoten. — 2) Criesbach: S. @ 12. (orl Br. Hallstattbogenfibel, + 18, 2 hohle
Armringe. — 3) Criesbach: Gr. II. Br. grosser Torques, Halsring mit Stempelenden.
vedrehter Armring, Hohlarmring, kleiner Ring. Bernsteinring, Glasring, Bärenzahn.
3 Späthallstattgefässe. — 4) Böckingen: Br. Knotenringe, Kette (Bruchstück). —
5) Grossgartach: (ir. II. Br. holler Halsring, massiver Ring mit Stempelenden, Arnı-
reif, Halsband aus blauen (Glasperlen auf einen Eisenreif gezogen. — 6) Horkheim: Gr. I.
V 126. E 2 Lanzenspitzen, Lanzenschuh, Langschwert und Schwertkette. — 1) Hork-
heim: Gr. 11. Q 127 E Langschwert mit Kette, Lanze mit Schuh. — 8) Neckarsulm:
Br. 2 Armreifen, massiv, mit Stempelenden und reich profiliert: 2 dünne offene
Armreifen mit geraden Enden.
Latenefibeln. 123
| .
Lfd. E i Variante. | Zur Fund- | Nachweis. —
undor Sammlun S f e
Nr. S | a An geschichte Literatur
142 Mnrr!), Stuttgart | Br. V.D BI4. | Flachgräber Schliz,
bis O.-A. Marbach | 11 (bzw. un- Fundber. X S. 4
143 verziert) abgeb. XIII S. 42
144 Rotenberg?), | Ebendort Br.BI9 Grabliügel. Derselbe,
bis O.-A. Cann- F I 13 Gemischter | Fundber. X 17
145 statt Fund aus Oberamts-
Bronzezeit ul beschreibung
Hallstattzeit | Cannstatt S. 394
146 Cannstatt?) ! Ebendort Br. BI 9 |4Flachgräber| Schliz. Kapff,
FIT (Skelette) Fundberichte
| auf dem VIII 8. 75-7.
| Altenberger |. Reinecke,
Felde - | Nachr. d. Alt. XII
1901 S. 47
147 Ebendort Ebendort Br. BI 3 Desgl. Ebendort
FI5
148 Ebendort Ebendort Br. BI 4 Desgl. - Ebendort
geschweift)
= FI5
149 S Ebendort | Ebendort Br. BI 3 Desgl. Ebendort
FI4 |
E
150 | 3 Ebendort Ebendort Br. BI 9 Desgl. Ebendort
E FI2 |
151 |Z| Ebendort | Ebendort | Br. BI 9? Desgl. Ebendort
Bruchstück
152 Platten- Ebendort |E BI3 FI1| Hügelgrab | Holder, Fund-
hardt‘), | 2 berichte, Er-
O.-A. Stuttgart [gänzungsheft S. 21
159 Darmsheim°) | Ebendort | Br. klein S 1 | vermutlich | Gössler-Stuttgart
O.-Böhligen BI9F ent- aus dem
stellter grossenGrab-
schmaler Vogel- hügelaufdem
kopf Eichelberg
(Skelettgrab)
154 Bopfingen®), | Ebendort Br. F I 2 Flachgräber Derselbe,
O.-A. Neres- Bruchstück Fundber. X S. 18
heim |
159 Unter- Ebendort | Br. BI 4. 17 : Hügelgräber | Denkmäler f.
bis iflingen’), FI | Württemberg
159 O.-A. Freuden- (2 Bruchst. v.. Schwarzwaldkreis
stadt ähnlich.) | 8.81. Schliz,
| Fundberichte
X 1902 8.18
Begleitende Funde. 1) Murr: E Kurzschwert, 2 Fingerringe. — 2) Roten-
berg: Br. 2 Tiere mit Hérnern als Anhänger: 2 männliche Figuren mit erigiertem
Penis als Anhänger (s. Lindenschmit, A., V. S. 353), — 3) Cannstatt: Br. Bruchstück
von 2 Wellenarmbändern, gedrehter, platter Armreif, Armring mit Stempelenden,
kleiner Ring, männliche Bronzefigur. E 2 Ringe. Tongefäss, „das erste Frühlatene-
yz efiiss in Württemberg“. 9 weitere A Fibeln (7 Br.2 E) in Privatbesitz. — 4) Plattenbardt:
2 Schildbuckel, Fibeln, Armreifen mit Stempelenden. — 5) Darmsheim: Br. Nadel. —
G) Bopfingen: Br. Hohlschalenarmband, Knotenarmband, 2 hohle Ohrringe, Pfeil-
spitze, Gagatarmring. — 7) Unterlflingen: Br. 2 dünne geschlossene Armreifen, 5 glatte
und 2 geriefte Armreifen mit Stempelenden, Ohrring, 3 Halsringe, 2 mit Bernstein
eingelegt, 3 hohle Halsringe, Halsreif mit dicken Stempelenden und Augenkreisver-
zierung. Ton: Klappern.
794 R. Beltz:
Lfd. RR Le , Variante, Zur Fund- Nachweis. —
Nr. Dee ammiung | Genauere An- geschichte Literatur
| gaben
160 Nehren!), Stuttgart | Hallstattfibel | Hügelgrab Derselbe.
[ O.-A. Tübingen Fundberichte
| X 1902 S. 1S
|
161 Haid’) Ebendort | Br, B I3 | Urmenfund | _ Derselbe.
bei Gross- | FI4 Gössler, Führer
BE durch die
engstingen, (schlanker) "wu gQ An
O-A. Reut- Staats-S. S. 25
lingen
s > EUR eee Schliz, Fund-
162 roger ig tis Ebendort EBI9FI1| Hiigelgrab berichte VIL S. 31
= Er X 8S. 18. Gössler,
en Oberamt Mün-
| singen 8. 228.
163 Schel- Ebendort EBI9 | — Schliz.
bis | xœ} klingen‘), F V. E, aber | Fundber. X S. 18
164 151 O.-A. Blau- glatte Goessler, Altert.
= beuren Scheiben, d. Oberamtes
S B kantig. Blaubeuren S. 32
= | | Bruchstück
3 | |
165 |? | Hossingen®), l Ebendort Br. BE 3 Hügelgrab Schliz,
0,-A. Balingen FI? Fundber. X S. 18
|
166 Hunder- Ebendort | Br. S 4 Hiigelgrab Derselbe.
singen‘), | Sonderform in „Giss- Gössler, Führer
Q.-A. Ried- | | B Rosette hübel* durch die Stutt-
lingen |! mit Email aus varter Staats-S.
2 Lappen und S. 18ff., Oberamt
| o 2 Kreisen, Fl Münsingen, 8. X7
| ! Lappen Lindenschmit,
| | A., IV 14, 4
167 Ebendort ‘) | Ebendort | Sos Wohnrest Goessler,
| | mit langer | Fundb XV 1907
Besiedelung S. 31
! , „Reich-
hardtsberg*
Begleitende Funde. 1) Fällt weg. [Berichtigung während des Drucks]
— 2) Haid: Br. hohler Halsring, 4 hohle gekerbte Armringe, Fingerblechring,
kleiner Ohrring, 6 Kleiderbesatzringe, S Kleidernadeln, 1 Nadel mit geschwollenem
Hals, 3 Hallstattfibeln (?), 15 Gagatperlen; Zusammengehörigkeit fraglich. — 3) Mar-
bach: Br. glatter Armreif. — 4) Schelklingen: Br. 2 Hohlschalenarmbänder, 2 Arm-
binder mit aufgesetzten Knöpfen. — Lignitring. 2 Fibelreste. — 5) Hossingen:
Br. Halbkreisfibel mit langem Fuss (Hallstatt). — 6) Hundersingen: Br. Gürtelblech,
2 Nadeln mit Kugelkopf, 2 Paukenarmbrustfibeln mit Mittelpauke, zweigliedrire,
gerippte Armbrustfibel, Halsring mit aufgesetzten Knöpfen. Bernstein: Nadelköpfe
und Zierplatten. 2 Tonwirtel. — 7) Hundersingen: Zahlreiche Fundstücke von Hall-
statt bis Mittelalter.
~]
N
ir
Latenefibeln.
Lfd. | Variante. | zu Fund-
Fundort ‘Sammlung | Genauere An-
Nr. | gaben
Nachweis. —
geschichte Literatur
168 Gegend von | Nördlingen | Br. BI 6.16 | Im Ries | Mussgnug-Nörd- `
Nördlingen F I 4 (klein) lingen
169 Aislingen >), Dillingen E V.E. Skelettgrab Harbauer-
B.-A. Dillingen in Kies- [Dillingen, Jahres-
d grube bericht d. hist.
3 V. Dillingen
S IV. 1891 5. 10.
170 |£} Ebendort!) Ebendort Br. V.E Desgl. Reinecke in
n Lindenschmit, A.,
H - V, 941
171 d Ottmars- Augsburg | Br. S 2 B15; Grabhügel- Zeitschrift d.
bis hauren?) F14 gruppe (8) histor. Vereins
112 bei Augsburg f. Schwaben 1889.
XVI §. 213
173 Wildenrot’), 2 ES1BI12 | Hügelgrab; | Naue, Präh. BI.
B.-A. Bruck Fil in einer VIII. Taf. VI, 5
Brand-
' schicht 3)
174 Fischen‘), | Miincl Br.S1BI1 7 Birkner
B.-A. Weilheim | St. g FIR
175 Beie | Ebendort Br. BI4 Flachgrab, | Beiträge, z. A. u.
B.-A. Traun- | (Querstrich- (Skelett) U. Bayerns
stein (?) bänder) A S. 186
F I 10
176 Karlstein’) | Ebendort Br.BI3 -- Birkner
R.-A. Berchtes- | a F 15
gaden
=
17715 Bruck Landshut |Br. S2 BI4| Grabhügel Pollinger-
>| 8. d. Alz B.-A. FI4 mit jung- Landshut
2 Neuötting bronzezeit-
E | | lichem, hall-
CH | | stattischem,
| | Friihlatene-
| Material,
118 Langenbach’), | Freising | Br. V.D Flachgrab Wenzl-Freising
B.-A. Freising (B. un- mit Skelett
| | verziert)
179 , Ebendort Ebendort Br. Typ Desgl. Derselbe
(B unverziert)
180 Schroben- Augsburg | E (verrostet) | Grabhiigel- = 11
hausen’) B länglich gruppe
FI2
—
Begleitende Funde. 1) Aislingen: Br. Kette. Lignitarmring. Tongefüsse,
V 130 @ 52 — 2) Ottmarshausen: Auf der Brust eines weihlichen Skelettes, Br.
Handgelenkring, 2 Fussgelenkringe. — 3) Wildenroth: Die Funde der Nekropole im
allgemeinen Späthallstatt. Br. 2 starke Armringe mit Volutenverzierung, Fingerring.
Nol. 7 186. — 4) Fischen: S. + 25. — 5) Trostberg: Gr. 8. Br. Certosafibel,
Reste weiterer Fibeln E: Lanzenspitze, Messer, Schliesse. S. 25. — 6) Karlstein: S.
J 142, @ 57 ff. (schwerlich zusammen gehörend). 8) Langenbach: Br. Halsring,
2 Fussringe, 2 Kolbenringe, 3 Fingerringe. — 9) Schrobenhausen: E Schwert,
2 Lanzenspitzen, Schildbeschlag.
*) In der Nekropole wechselt Bestattung mit Leichenbrand.
R. Beltz:
|
Variante.
Lfd. Saas e i Zur Fund- Nachweis. —
undor ammlun A
Nr. S "cl TE gechi An geschichte Literatur
181 Manching?), | München Br. BI 4 Skelett- | Birkner, Beitr.z. A.
bis B.-A. Ingol- St. S F I 10 griber usw. Bayerns 1h),
182 | g stadt (schlicht) Taf. X1I, 10. 11. |
D Reinecke in
EN | Lindenschmit, A,
2 V. 929
183 E Ebendort ?) Ebendort e .BI4 Desgl. Birkner,
his [O Si I 10 Beitr. XII, 17. 18
186 ' Bruchstiick
(zwel un-
bestimmbare)
187 Simbach Ebendort Br. BI 5. 17 — Birkner
a. Inn, B.-A. ' (zu Seiten
Pfarrkirchen ' Querstriche)
i | F abgebrochen
188 Hader’), Landshut Br. S 2. 3 Bei Urbar- į Pollinger-Lands-
B.-A. Gries- BI4 F I4 machung hut, Verh. d.
bach eines hist. V. f. Nieder-
Wäldchens. bayern 41 B.
Depotfund 8. 339.
189 | ` Straubing‘) Straubing Br.S 2 Hügelgrab | Ebner-Straubing
g B I4.15 F In
190 | 2 Ebendort‘) Ebendort | Br. B T 4. 11 Desgl. Derselbe
& F
vi
191 3 Ding. Ebendort Br. S 2.4 E Derselbe
oO} B.-A. Strau- BISFI2
Z, bing
192 Poikam’), Kelheim Br. BI3 Flachgrab Knirlberger-
bis B.-A. Kelheim F I 2 (1 un- Kelheim
193 vollständig)
194 Kloster Ebendort Sehr Desgl. Derselbe
bis p enre): ähnlich
196 B.-A. Kelheim Br. BI 3. 4
FI4
(1 Bruchstiick)
197 Ebendort®) Ebendort = e r 1 Desgl. Derselbe
F abgebrochen
198 Obertraub- München | Br. geschweift — Beitr. z, Anthr.
al ling, B.-A. St. S. Bi2FI2 usw. Bayerns IV
S| Stadtamhof (mit Voluten Taf. V, 32
= verziert)
199 2 Susberg’), Ebendort Br. Si Hiigelgrab Birkner
bis 1 B.-A. Stadt- Bl1 10 mit
200 amhof F 1 7, die 2 Skeletten
beiden Ex.
durch eine
Kette ver-
bunden
Begleitende Funde. 1) Manching: S. V 144 @53. Gr. 10. — 2) Manching:
Gr. 11. Weiblich; übliche Ausstattung. — 3) Hader: Br. 3 hörnerartige Stücke,
Nadelreste. S. Nachtrag.
— 4) Straubing: E. Schwert mit Scheide, Lanzenspitze
3
Wehrgehänge, Schildbuckel. — 5) Poikam: Br. 3 einfache Handringe. — 6) Kloster
Weltenburg: S. 7 178. Br.
1) Susberg: S. ;
ele Ir.)
i vdeo,
Halsring ‘init Kolbenenden, einfacher Handring, — |
Latenefibeln. 727
Variante. e ~ e i
Lfd. ondon 2 i Zur Fund- Nachweis. —
l “undort Sammlung | Genauere An- > k
Nr. geschichte Literatur
gaben
| Brandgrab, (!)
201 - Beilngries?) | München 181 Birkner,
St. 8. FI Steinbau Oben Abb, 13
202 Staufers- München | Br. 8S 1 BI 9 | Hiigelgrab Naue,
buch?) St. S. SE? m. weibl. Präh. Bl. XIV
B.-A. Beilngries | SK. Taf. 6, 16
208 Labersricht, | Niirnberg | Br. F schmal; | Nach- Beltz
B.-A. Neu- G. M. Übergang von +| bestattung
markt | | jn einem
| bronze-
zeitlichen
Grabhiigel
|
204 Ebendort Ebendort Br. S 2 | Ebendort Derselbe
| F Ubergang
von fT
205 Lamperts- Berlin Br. B I 4. 15 | Hiigelgrab | Brunner, N. d. A.
hofen®), B.-A. V. M. | (geschwollen) | 1903 S. 40 Fig. 11
Neumarkt F abgebrochen
206 Oberndorf, München Br. § 1 | — Naue, Präh. Bl.
B.-A. Neu- St. S. BI 4. 11 XIV, Taf. 6, 15.
markt ETN Oben Abb. 25
207 Alten- Regensburg| Br. Scheibe Hügelgrab Steinmetz
= velburg‘®), auf die Kante
£| B.-A. Parsberg | gestellt,
= | die Sehne
Re durch das
O gelochte
Biigelende |
geführt
908 Beratz- Nürnberg Br. B 1 2 Desgl. Beltz
hansen *), G. M. F I 10
B.-A. Parsberg |
209 Darshofenĉ), Privatbesitz Br. S 11 Desgl. Scheidemantel,
B.-A. Parsberg B 1.4., 11 Hügelgräber von
a ES A! Parsberg
1. Tat 8, 18
210 Degerndorf’). Desgl. Br. S? Desgl. Derse ame,
B.-A. Parsberg BL, 11 Taf.
F13
211 Ebendort*) Miinchen Br. BIS Desel. Naue, P. E
St. S. F beschädigt XIV, Tan GG
pia) Ii Ebendort”) Ebendort E BIS Desgl. De EN
F I 3 oO N. d 1894
S, en
21:3 Ebendort 1°) Regens- Br. S va Desgl. Steinmetz
burg BE dy 10
aS B
Drahtschleife
ähnl. B II 6) |
Begleitende Funde. 1) Beilngries: Vgl. + 34. Gr. 25. 5 Tongefässe. —
2) Staufersbuch: + 37, — 3) Lampertshofen: Br. Armring von bronzezeitlichem Typ
(zusammengehörig?). — +) Altenvelburg: + 38 (siehe dort die Begleitfunde). —
5) Beratzhausen: 5. + 40. — 6) Darshofen: + 43. — 7) Degerndorf: (ir. IJ. Br. 3
Armreifen. — Tongefässe. — 8) Degerndorf: Gr. I. Bronzeinstrumente, Tonschale. —
9) Degerndorf: Schwarze Schale, Br. Pfriemen(?). — 10) Degerndorf: S. + 46.
728 R. Beltz:
Variante. Zur Fund-
gaben
Lfd. Fundort a 1 Nachweis. —
undor Sammlun E
Nr. 5 | Genauere An- | geschichte Literatur
|
214 Dürn®), Berlin Br. BI 4 Grabhiigel- J. Schlemm.
B.-A. Parsberg V. K. FI4 feld mit Brunner, N. d. A.
(schmal) über- 1903 S. 41 Fig. 14
wiegender
Beerdigung
915 Ebendort?) | Ebendort | Br. S 1 FI 1 Desgl- J. Schlemm.
Brunner, N d A.
1903 S. 41 Fig. 15
216 Ebendort*) | Ebendort Br. BI 4 Desgl. J. Schlemm
FIl
217 Ebendort?) | Ebendort | Br. Typ, aber Desgl. J. Schlemm.
schmächtiger Brunner, N. d. A.
1903 S. 42 Abb. 17
Sa Ebendort*) | Ebendort | Br. ähnl. 214 Desgl. Ebendort
219
220 Habsberg®), |Privatbesitz Br. 8 1 BI 2 _ Scheidemantel,
B.-A. Parsberg | FI9 Hügelgräber
| (Übergang von Parsberg J,
N von A) Taf. I, 9
o
221 EI Hardt,) | Berlin | Br. BI3 = J. Schlemm
£ B.-A. Parsberg! V.K. | FIi
299 Hohenberg,°) | Ebendort | Br. BI 1 = Dieselbe
B.-A. Parsberg FI5
223 Ebendort | Ebendort | Br. S13 a Dieselbe
BI2
| i
224 Kl. Alfalter- München ‚Br. SIBIA = Naue,Präh.BI. XIV
bach?) St. S. FI2 S. 68, Taf. 7, 1.
B.-A. Neumarkt (profiliert) Reinecke in
| Lindenschmit, A.,
| V, 827
225 Krappen- | Regensburg Br. S 1 R I 2 | Hügelgräber | Steinmetz, Verh.
hoften’), 2 i H. V. Ob. Pfalz
B.-A. Parsberg
1
| FI
45, S. 211
|
226 Kripfling | Ebendort | Br.S1BI1 Hügelgrab Scheidemantel,
B-A Parsberg F abgebrochen Hügelgräber
| von Parsberg IT,
| Taf. 3, 12
227 Mausheim’), | München | Br. SIBI2 _ Naue,
bis B.-A. Parsberg St. S. FI Präh. DL XIVS. 68
228 |
|
Begleitende Funde. 1) Dürn: Gr. 1 Br. Spiralarm- und Fingerringen + 49
— 2) Dürn: Gr.2.— 3)Habsberg: Junghallstattinventar. 4) Hardt: +53 — 5) Kl. Alfalter-
bach: Gr. 1. Br. Armringe und geknickte Hallstattfibeln, 2 ältere Latenehalsringe. —
6) Krappenhofen: Gr. I. E kleiner Ring — 7) Hohenberg: s. + 65 — 9) Mausheim:
Gr. 3 mit + 66. 67.
Laténefibeln, 729
Lfd. RKA | DE Variante. | Zur Fund- | Nachweis. —
u 2
Nr. Dëse An | geschichte Literatur
229 Kl. Mitters- Berlin Br. VEBII11| Hügelgrab Weber,
bis dorf?), B.-A. V.K. FIS Korr.-Bl, 1902
232 Parsberg S. 53
233 Parsberg’) (Regensburg | Br. S 1 a I 2 EE Scheidemantel,
FI Hügelgräber
Steinmühle | von Parsberg II
Taf. 4, 7
234 Pöfersdorf®°), Berlin Br. BI 2 — J. Schlemm
B.-A. Parsberg V. K. FI6
Ubergang
| von f
235 Rackendorf, | Ebendort Br. Si Hügelgrab | Scheidemantel,
B.-A. Parsberg B I8. 10 a. a. O. IT
F I 10 (Uber- Taf. 4, 12
| gang
von FA 5)
236 Schwarzen- | Ebendort Br.BIi — J. Schlemm
= | thonhausen,‘) F16
= B.-A. Parsberg
kä
238 £ Karolinen- Nürnberg | Br. BI5.8FI7 Hügelgrab Reinecke in
hätten, B-A.*)| G. M. (rudimentärer Lindenschmit,
Burglengen- Vogelkopf) | A., V, 896
feld |
239 Markhof, Regens- Br. B ee | as Steinmetz.
B.-A. Burg- burg F I Verh. H. V. Ob.
lengenfeld Pfalz 45 8.211
240 Matzhausen®), Berlin Br. BI 3 _ J. Schlemm
B.-A. Burg- V.K.
lengenfeld
242 Dollmanns- ; München | Br.S 1 BI 2 — Reinecke,
berg’), B.-A. | St. S. FIS A., V, 331
Sulzbach
243 Zwischen Ebendort | Br. S 1 BI 2| Hiigelgrab Birkner
Högen und | FIS
Haunritz®°),
B.-A. Sulzbach '
|
Begleitende Funde. 1) Kl. Mittersdorf: S. + 68. Gr. 2. Br. Pfeilspitzen.
E Lanze, Hiebmesser, 6 Ringe, Armring, Pfriem. — Tonschale. — 2) Parsberg:
Gr. 1 s. + 79. — 3) Péfersdorf: S. + 86. — 4) Schwarzenthonhaasen: S.+ 93. —
5) Karolinenhtitte: Tongefüss mit laufendem Hund. — 6) Matzhausen: S. + 108
Andere Funde von Matzhausen (Certosafibeln, wichtige Frühlatenekeramik) s.
Reinecke in Lindenschmit, A., V. S. 282. — 7) Dollmannsberg: S. + 120, V 182. —
8) Zwischen Högen und Haunritz: S. + 119, V 183.
*) 237 und 241 fallen aus (Berichtigung während des Druckes).
Zeitschritt für Ethnologie. Jahrg. 1911. Heft 5. 47
730 R. Beltz:
Variante.
Lfd. Pando | D EN Zur Fund- Nachweis. —
Nr. | e Kee An-| geschichte Literatur
244 Nemschen- Berlin Br. BI 3 _ J. Schlemm.
reuth,!) B.-A. V. K. FI1 Weber, Korr.-Bl.
egnitz 1802 S. 66
245 Pottenstein*), | Ebendort Br. B I 2 Aus Hügel- Ebendort
B.-A. Pegnitz | FI6 gräbern
246 Prülisbirkig®),| Ebendort Br. Bl4 Desgl. | Ebendort
B.-A. Pegnitz (in Art von B
6
FI5 (mit
Kugeln)
247 Ebendort Ebendort VEER ‘Desgl. J. Schlemm
948 Rabeneck*‘), | Ebendort Br. Form? — Hiigelgrab | Weber, Korr.-Bl.
g B.-A. Pegnitz mit Skelett 1902 5. 66
249 E Forchheim °’) München Br.B I4 Umwallung Jahresbericht hist.
u (2) N. M. F I 10 Walberla V. Ansbach 1907
E Einzelfund S. 114
250 |” Hollfeld®), Berlin Br. BI 4 Aus Hiigel- J. Schlemm.
bis B.-A. Eber- V. K. F110 gräbern (z.T.| Weber, Korr.-Bl.
251 mannstadt Nach- 1902 S. 66
bestattung)
252 Leidingshof’),, München | Br. S1 B 12| Flachgrab | Katalog d. Bayr.
B.-A. Eber- N. M. (kantig), F 13 N. M. IV
mannstadt (profiliert) Taf. XII, 6
253 Ebendort München |Br.B.I3 FI5 _ Birkner
St. S.
264 Ebendort Ebendort | ES2 BI 4 _ Derselbe
F I 3(?)
255 Sanspareil, Berlin Br. V. E mit —_ J. Schlemm
B.-A. Lichten- V. K. Bernsteinperle
fels
256 Beckerslohe®) | Nürnberg | Br. S2BI9| Hügelgrab |v. Forster in Niirn-
bei Kersbach, N. G. F I 14 mit Skelett | berger Festschrift
B.-A. Hers- 1901 S. 266 Taf. 18
g bruck Fig. 2
ad
257 | 2| Bebrin ae Ebendort | Br. BI1 Hiigelgrabim Wunder,
&/ dorf’), B.-A F 11 (gerade- | Hirschberg, ebendort
E Hersbruck stehend),Über- | Leichen- Taf. 4, Fig. 25
> gangsform von brand
= Späthallstatt
258 Hersbruck?*) | Ebendort | Br. B I 4. 10 Ringwall Ebendort,
| FIS (Über- | Houbirg Taf. 9, 5
gang vom
| Tierkopf)
Begleitende Funde. 1) Nemschenreuth: S.+ 157. — 2) Pottenstein: S.+ 161.
— 3) Priillsbirkig: S. + 165. — 4) Rabeneck: Br. Knotenring. — 5) Forchheim-Wal-
berla S. + 144. — 6) Hollfeld: Hallstattzeitliche Funde. — 7) Leidingshof: S. + 149. -—
8) Beckerslohe: S. + 135. — 9) Behringersdorf: Gr. lI. Späthallstattinrentar (Fibel
und Ringe‘. — 10) Hersbruck: Funde der Bronze-, Hallstatt- und Frühlatenezeit,
ey
731
Laténefibeln.
Variante,
Sammlung | Genauere An-
gaben
Nachweis. —
Literatur
Zur Fund-
geschichte
le
259 | 2 ( Thalmässing'), ? Br. S1 BI3| Hügelgrab nee Präh. Bl.
‘d| B.-A. Hilpolt- SI mit Skelett | III Taf. 3,5
& stein
260 3 Fo. u Dresden | Br.S1 BI2 — Deichmiiller
z F13
261 Stetten oder | Karlstadt |Br.S2BI18F3, Angeblich Hock
Hambach Privatbesitz (kleine Rosetten| aus einem
g B.-A. Karlstadt mit Korallen- | Hügelgrebe
e stiickchen
262 | 8 Thüngen, Würzburg | Br. S 2 V. D — Reinecke in
E B.-A. Karlstadt B stark ver- Lindenschmit, A.
= dickt, F Rosette V. 328
e mit Korallen-
stiickchen
263 Frankfurt Frank- |Br. Sı BI3| Hügelgrab Beltz
a. M.?), furt a. M. FI9 im Stadtwald
H. M.
264 I z [ Eschersheim’), | Ebendort | Br.S2 B flach Grab Derselbe
S Kr. Hanau F I 11
265 |] Altenburg‘, | Cassel | Br. B flach, | Wallburg der Eisentraut-Cassel
e I bei Niedenstein langgestreckt Spät-
od Fritzlar F kleiner, nach‘) latenezeit
aussen ge-
bogener Knopf
266 Kl. @leich- | Meiningen | Br. S1 BI4 | Wallburg Jacob
bis berg’) bei F17 VAPS S. 26 F. 71°
269 Römhild (Übergang von
+ V. ©)
270 Ebendort Ebendort SE? e e 3 Desgl. Ebendort
e F I 3. 10
271 s Ebendort Ebendort Br. V. E Desgl. Ebendort
272 = Ebendort Ebendort | Br. = 1 BI3 Desgl. Ebendort
6
©
273 E Ebendort Ebendort | Br. ei 2B I3 Desgl. Ebendort
Ee
274 | &| Ebendort | Ebendort |Br. 81 BI2 _ Reinecke in
2 FI16 Lindenschmit,
= 338 *)
275 Ebendort Ebendort Br. B I 18 — —
- F I 16
276 Ebendort Ebendort | ES 1BI3 — —
FI3
277 . Ebendort Ebendort | ES L S a 11 = —
DE -m
Begleitende Funde. 1) Thalmissing: S. + 138. — 2) Frankfurt a. M.: Br.
Beschläge. In den anderen Hügeln Bronzen Hallstätter Art. — 3) Eschersheim:
Br. Kolbenringe. In weiteren Gräbern Bruchstücke von ähnlichen. — 4) Altenburg:
S. V 185. (Im Bezirk der Wohnstätten, sog. Grüne Platte). — 5) Kl. @leichberg: S. + 171
<7 187. Mehrere nicht näher bestimmte Bruchstücke.
*) Auf der Tafel 339.
47*
Fundort Sammlung
R. Beltz:
Variante.
Genauere An-
Zur Fund-
geschichte
Nachweis. —
Literatur
278 ‘ Kl. @leich- Coburg | Br.8 1 BI2; Burgwall |Lindenschmit, A.,
berg bei BIR IV. 14, 12
Rémhild
279 Leimbach!), | Meiningen | Br. S 1 BI 1° Urnenfeld | Goetze in VATh.
Kr. Meiningen F I 10 ( die älteren | S. 223. — Neue
(noch mehrere | Funde Beitr. z. d Alter-
Bruchstücke) | vielleicht tumskunde v,
aus Skelett- | Meiningen 1888,
gräbern) Taf. 3, 7
280 Unterkatz?), | Ebendort Br. BI 3 | Hiigelgrab | Pusch. — Goetze
Kr. Meiningen F 1,2 | in VATh. S. 226
mit kolben- (Reinecke,
artiger Ver- Korr.-Bl. 1903
längerung *) S. 38)
281 Pössneck Ebendort Br. BI3 Desel. Pusch
Kr, Saalfeld FI4
S.-Meiningen
282 Jtidewein’) Gera Br. BI 4 Auf dem Auerbach-Gera.
} Kr. Saalfeld F I 11 Galgenberge | Goetze in VATh.
„| S.-Meiningen (Brand neben S. 360
P -i Bestattung)
283 3 \Moderwitz*) |Hohenleuben Br. B I 4 Hiigelgrab | Goetze in VATh.
lr bei Neu- Reichenfels FI5 mit Skelettea S. 391
el stadt a. O., opp. Latenezeitl.
9) §.-Weimar- Funde zw. Saale
go Eisenach und W. Elster
g . 1911 S. 89
284 |2| Wohlmut- Jena Br.S2B13 Desgl. Eichhorn.
= hausen’) F abgebrochen Goetze in VATh.
V.-B. Derm- S. 220
bach
S.-Weimar-
Eisenach
285 Jenzig®) bei | Ebendort Br.S 2.3 Einzelfund Desgl.
Jena BI3 S. 326
F abgebrochen
286 Jena’) Ebendort Br.BI 17 Grosses Desel.
F fehlt Grabfeld S. 306
auf dem
Lerchenfeld
(Urnen mit
e Leichen-
S brand)
287 Ebendort Ebendort ES 2 Desgl. Desgl.
sonst = 286 S. 306
288 Nerkewitz, Ebendort Br. F 11 Einzelfund Desgl.
V.-B. Apolda Bruchstiick S. 316
S.-Weimar-
Eisenach
Begleitende Funde. 1) Leimbach: S. vu 194 æ 68. Br. Hals- und Armknoten-
ringe, geperlte Armringe, Nadeln usw. E Gürtelhaken. — 2) Unterkatz: Br. Nuss-
armring. — Lignitarmring, in Mittellatenezeit gehörend. — 3) Jüdewein: S. A 318.
Nachtrag, — 4) Moderwitz: Br. Halsring, Armring, Haarnadel. S. Münze. — 5) Wohl-
muthausen: E Schwert, Messer. Golddraht. — 6) Jenzig: Ebenda bronzezeitliche Funde
und Herdstellen der Latenezeit. — "Jeng: V 199 ® 70, Gürtelhaken (vielleicht
eine (zussstätte).
*) Dazu ein Bruchstück. Br. Sonderform, Schlussstück verbunden.
Laténefibeln. 133
Variante ;
Lfd. j Zur Fund- Nachweis. —
Fundort Sammlun S
Nr. = Be Än: | geschichte Literatur
289 Gera’), ohenleuben| Br. S1 BI A _ Auerbach
Reuss j. L. |Reichenfels Ä
290 Stadtilm *) Wernige- |E V. E (Knopf Urnen- Höfer.
g Kr. Rudol- rode in Birnen- gräber
S stadt form)
291 |Z| Saalfeld”, | Meiningen Br. Skelett- | Goetze in VATh..
2 Kr. Saalfeld gräber 8. 382
292 181 Eischleben‘) | Gotha | Br. B Typ | Auf einem | Zschiesche in
bis Kr. Gotha F I 16 Hügel VATh. 8.236.
293 | -£ Urnenfeld | Florschütz, Mitt.
3 der späten |d. V. f. Gothaische
E: Laténezeit. Gesch. 1908
Urnen 8.81, Taf.-Fig. 9
gruppen-
weise, ohne
Steinschutz
294 Wernburg’), "Dot enleuben Skelettgrab Auerbach.
Kr. Ziegen- |Reichenfels | B I d 1. 14 | am Fuchs- Eu m VATh.
| rück F I 13 hiigel 8. 388 Kropp.
2.2.0.8. 11 108)
235 Ebendort Ebendort | Br. S2BI4| Skelett- Ebendort
FI5 gräber Kropp a. a. O. 8. 66
296 Ebendort Ebendort S2BI2 Desgl. Ebendort
F I 11 Kropp a. a. O.
S. 73, 118
297 15 Ranis®), Ebendort | Br. BI 4. 1 Desgl. Auerbach.
=ı Kr. Ziegen- FIS Kropp, 8. 11.
u rück Abb. 13
298 el Ebendort Ebendort m T i 2 Desgl. Ebendort
299 |2| Ebendort | Ebendort Br. BI 4 Desgl. Ebendort
300 | £ Ebendort Ebendort Br. BI4 Desgl. Ebendort
£ FI2+14 |
301 | a Ebendort Ebendort Br. BI 1 Desgl. Ebendort
bis (hohl)
302 | 4 15
303 E Ebendort Ebendort pr S A 4 Desgl. Ebendort
304 Ebendort Ebendort | Br. BI 4 17 Desgl. Ebendort
(Bruchstück)
305 Ebendort Ebendort Br. B I 4 Desgl. Ebendort
bis FI2
306
307 Ebendort Ebendort Br. Typ, Desgl. Ebendort
i (aber B un-
verziert)
n-
Begleitende Funde) 1) Gera: ® 69. — 2) Stadtiim: E Schere. — 3) Saalfeld:
Schmuckringe aus Bronze, Bernstein, Lignit, Urne von Drehscheibearbeit. — 4) Eisch-
Drehscheibengefässe, in jeder Urne eine Beigabe: Gürtelhaken, Fibeln
leben:
S. @ 77. — 5) Wernburg: Br. Hals- und Handknotenringe u. dgl. und weitere
Abbildungen meist Duxen-Art bei Kropp a. a. a. Ort. — 6) Ranis: S. 7 225.
184
Lfd.
Nr.
308
810
Grab 1 mit A 328 und br. Pinzette.
T
Provinz Sachsen (Südlicher Teil)
Fundort | Sammlung
Ranis, Reichenfels
Kr. Ziegen-
rück
Ebendort Ebendort
Ebendort Ebendort
Ebendort Ebendort
Ebendort Ebendort
Ebendort Ebendort
Ebendort Ebendort
Ebendort Ebendort
Ebendort!) Dresden
Gleichen Halle
bei Erfurt
Hasenburg*) | Ebendort
bei Buhla,
Kr. Hohenstein
Wennungen, | Ebendort
Kr. Querfurt
Helfta, Mans- | Eisleben
felder See-
kreis
Schafstedt, Halle
Kr. Merse-
burg
Kl.Corbetha°®), Ebendort
Kr, Merse-
burg
Variante.
Genauere An-
gaben
Br. BI 4
FIS
(mit Furchen)
Br. = 308. 309
aber B I 12
Br. B I 6. 17
F abgebrochen
Br.BI4
FIS
Br. B.I 4
F abgebrochen
Br. 8 1 BI10
F
I 4
(Spitze stärker
profiliert)
Br.S3BI2.11
FI 14
Br. BI 4
F I 4 (mit
längerer
Spitze)
Br. 4
V.EFI5
Br. Pracht-
Furchen. FI 2
flach, mit Ver-
langerun
(blumenartig)
1 Br. 1 E
Br. Form?
E V.E
Br. S 2, an
den Enden
Korallen
B I 18 Schale
mit Koralle
I 11
(mit Koralle)
Zur Fund-
geschichte
Skelett-
gräber
Desgl.
Desgl.
Desgl.
Desgl.
Desgl.
Desgl.
Desgl.
Vom
Kochsberg
Wallberg
auf steilem
Plateau
Br.S13 BI3| Einzelfund
FI4
Urnenfeld
Nachweis. —
Literatur
Auerbach
ebe De
1)
ae
Ebendort
Ebendort
Ebendort
Ebendort
(abgeb. Kropp
S. 26, 39)
bondon
(abgeb. Kropp
3 55, 84
Ebendort
Deichmiiller
Reuss
Reuss.
Hoefer in
VATh. 8. 184
Reuss
VATh. S. 29
Reuss
Förtsch, Mitt. d.
Prov. Mus, II
8.48 Abb. 1
Goetze in VATh.
S. 12
7 Begleitende Funde. 1) Ranis: Nach Kropp a. a. O. S. 75 sollen diese Fibeln
von Galgenberg von Jüdewein stammen. S. A 282. — 2) Hasenburg: Funde aus
verschiedenen Perioden (Bronzezeit bis Merowingerzeit). „ 79.
— 3) Kl. Corbetha:
Sonst Urnen z. T. Handarbeit, z. T. Drehscheibe.
Latenefibeln. 7385
Variante.
Fundort Sammlung | Genauere An-
| gaben
Lfd.
Nr.
| Zur Fund-
| geschichte
Nachweis, — -
Literatur
Förtsch, Mitt. d.
328 Kl. Corbetha’), Halle |Br.S2BI2(Ko-| Urnenfeld.
Kr. Merse- Prov. Mus. II
ralle am Bügel- auf der
burg kopf) F I 10 ` Graslücke S. 48 Abb. 2
(mit tonnenf. |
Koralle, ähnl.
Stück A 361 8),
329 Ebendort!) Ebendort ` Be, S2BI3 | Desgl. Ebendort,
FI8 S.49 Abb. 4
ı (mit Spitze) |
330 Ebendort?) | Ebendort Br. ähn). ` Desgl. Ebendort,
327. 328 | S. 50
331 Ebendort?) Ebendort Br.S2 | Desgl. Ebendort,
B Typ (ein- | S. 51
facher)
= Bruchstiick |
332 | S| Ebendort Ebendort EBI2 | Desgl. Ebendort
: F fehlt | 8.54 Abb. 20
333 |5| Ebendort Ebendort ERI3 | Desgl. Ebendort,
= F fehlt ' S. 56 Abb. 57
334 |Z| Ebendort Ebendortt | ES2BI3 Desgl. Ebendort,
= F unter dem | S. 58 Abb. 25
© Rost nicht |
a erkennbar |
335 Se Möritzsch 3), Leipzig |E BI 3 FI? Urnengriber | Jacob, Latene-
bis | „| Kr. Merseburg | Privat- | funde der Leip-
336 I a sammlung ziger Gegend IT, 13.
> IIl, 16
337 Ié) Halle a. 8. Berlin Br. BI3 | — J. Schlemm
V. K. FI2 |
338 Ebendort?°), Halle Br. BI6 | — Reuss
(Roedersberg), Armbrust-
konstruktion
Knopf
(Certosa-
charakter)
339 Mücheln‘), Ebendort |Br. und E V.D| Urnen in Förtsch, Jahres-
| Saalkreis S2 Reihen schrift S.-Th. L.
(Prachtstück, III. Taf. 6, 17
mit hoher
Scheibe,
Übergang
zu V)
340 Schenken- Berlin Br.8 2 BI 4 bag J. Schlemm
berg, Kr. V. K.
Delitzsch
Begleitende Funde. 1) Kl. Corbetha: Gr. 2. — 2) KI. Corbetha: Gr. 3. —
3) Kl. Corbetha: Gr. 15. Bronzeblech, Gürtelhaken. V 323. — 4) Möritzsch: Dreh-
scheibengefässe, Br. Segelohrringe, 'Jutulusnadel. e 103. — 9) Halle a. S.: Fund
im Hallstattcharakter (dabei eine Certosafibel. — 6) Mücheln: E Gürtel-
haken, gekröpfte Nadel mit br. Kopf mit Perlen. Br. Segelohrringe, br. Gürtel-
haken (11 Stück), Fibeln unbestimmter Art und w 100.
736 R. Beltz:
EG a anah Variante. | Zur Fund- | Nachweis. —
Nr. = een ni An- geschichte Literatur
341 Schenken- | Halle EBI2 | Umen ohne | Wahle, S.-Th. `
berg’), Kr. F Typ Steinschutz | Jahresschr. VIII
Delitzsch (schmaler) S. 213
gross
342 le Ebendort Ebendort ES1 Desgl. Förtsch, Mitt. d.
E BI9 Pr., Halle IT
5 FI2 S. 66. Jacob, Jahrb.
dë extrem gross d. Leipz. Mus. f.
Volkerk. II, 1907
E VII, 41
348] 5] Zahnan, | Ebendort | Br. BI 2.11 | Umnenfeld | Fortsch, Mitt. d.
ùl Kr. Witten- FIS auf dem Prov. Mus. 1900
berg i Von 2 Ex. Weinberg S. 25
nur Bruch-
stücke
344 Nache von | Magdeburg Br. V. E — Hahne-
| Magd eburg Hannover
345 Ebendort Ebendort Zu. di — Derselbe
8
346 Zerbst Zerbst E 8 2. 3 — Seelmann-Dessau
Rathaus BI3.4
Ge
F I 4 (mi
a $
Profilierung)
347 Grimme’), Gr. Br. (Typ) Urnenfeld Derselbe
dë Kr. Zerbst Kühnau
348 Ebendort Ebendort Br. Desgl. Derselbe
= ip | gl. TI
349 Ebendort Ebendort | Br.S 2BI4 _ Derselbe
(geschwollen)
> FI5
350 |. 2 Sorge‘) Zerbst Br. S fehlt Urnen- Becker, Sächs.-
= (Forsthaus), Schloss BISFI8 gräber Thür. Jahresschr.
Kr. Zerbst ohne Stein- II 5.1
schutz '
351 Ebendort Ebendort Br. S 2. 3 Desgl. Ebendort
BI4FI14
352 Ebendort Ebendort ne l 3 Desgl. Ebendort
353 Ebendort Ebendort RESCH Desgl. Ebendort
354 Ebendort Ebendort Br. S 2. 3 Desgl. Ebendort
BI2FI4 l
355 Ebendort Ebendort | ES 2BI4 Desgl. Ebendort
(stark) F I 11
356 Ebendort Ebendort ;|EBI4F1I138 Desgl. Ebendort
(Bruchstiick)
Begleitende Funde. 1) Schenkenberg: Grabfeld Nr. III (AI se 104). —
2) Zahna: Segelohrringe usw. — 3) Grimme: Bronzefibeln, schildf. Ohrring, Bronze-
blech, br. Pfeilspitze. — 4) Sorge: An derselben Stelle ein frührömisches
Grabfeld. V 241 e 109.
Latenefibeln. 737
Variante i
Lfd. | | Zur Fund- Nachweis. —
Fundort Samm! An-
Nr. 2S a | geschichte Literatur
357 Lupo?) Zerbst Br. 8 2 BI 2] Urnenfeld Seelmann
Kr. Zerbst Rathaus | (geschwollen)
F18
358 Ebendort Ebendort | Br. S z B I4 Desgl. Derselbe
4
(aber kleiner)
359 E Ebendort Ebendort |ES1BI4 Desgl. Derselbe
= F Ubergang
< zu V (2 br.
Perlen)
360 Gr. Kühnau Privat- i Br. BI3 FI4 — Seelmann, Sächs.-
Kr. Dessau besitz (unten flach) Thür. Jahres-
schrift III, S.82
361 Cöthen Gr.Kühnau ES2.3 — Seelmann
BI2FI2
362 Leipzig‘) Berlin |EB_13 FI3| Urnenfund Deichmiiller.
V. K. in der Jacob, a. a. O.
Arndtstr. Taf. I, 3
363 Leipzig- 1 Berlin EBI3 Urnenfeld Deichmiiller,
bis Connewits*) NR FI2‘ Korrespondenz-
370 7 Leipzig blatt d. Deutsch.
a. G. 1897 8. 29
Jacob VII, 39
371 S Markklee- Leipzig Br. S 1 Urnen ohne Deichmiiller.
| berg‘) bei B Typ mit | Steinschutz | Jacob XXI, 135
a Leipzig Nagel f. Email
a oder dgl.
g F abgebrochen
372 A Ebendort*) Ebendort Br. S 2 Urnenfeld Jacob
e B I 18 Deichmiiller
Ge F unerkennbar XXI, 136
373 Crébern’) Berlin Br. BI 3 Desgl.
bei Leipzig V. K. FIS Jacob
S. 69 ff.
374 Ebendort *) Leipzig |ES 1 1 A I2 Desgl. Dieselben
375 Ebendort®) Ebendort |ESI1B12 Desgl. Dieselben
F I 10
376 Ebendort?) parn EBI4FI? Desgl. Dieselben
.K. °
Begleitende Funde. 1) Luso: Reste von drei Ringen; Gürtelhaken, ge-
kröpfte Nadeln, Perlen usw. V 242 — 2) Leipzig: E Gürtelhaken, Ringe, Bronzenadel mit
Tutuluskopf. — 3) Leipzig-Connewitz: Br. Gürtelhaken in Form einer menschlichen
Gestalt mit gespreizten Beinen, Gürtelbeschläge und Blechstücke. E Gürtelhaken
und Ringe. V 248. — 4) Markkleeberg: Br. Gliederkette, Blech (Bruchst.). Knotenring.
Vv 252. — 5) Cröbern: V 249. Br. interessante Gürtelhaken, Band, Spiralringe.
E gekröpfte Nadeln, Ringe. Urnen, z. T. Drehscheibearbeit. S. Nachtrag.
R. Beltz:
394
395
396
Königreich Sachsen
Fundort
Ebendort?)
Groitzsch *)
bei Pegau
Nünchritz
bei Riesa
Seebschiitz*)
bei Meissen
Ebendort?)
Ebendort?)
Nieschütz‘)
bei Meissen
Libtau °)
bei Dresden
Ebendort
Tolkewitz
bei Dresden
Stetzsch°),
bei Dresden
nn Zn m
Begleitende Funde.
stücke von Knochengegenständen.
breit gehimmerten Enden. — 3) Seebschütz: E 4 Gtirtelhaken, Ringe.
Undset XXIII, 3.
6) Stetzsch: Br. Kette.
Variante.
Saung R | Zur Fund- Nachweis, —
u n- e ;
gaben KI geschichte Literatur
Dresden Br. S 3 Urnenfeld |Jacob, Taf. IV, 28
BI4
Ebendort Br. BI 3 Wahr- Deichmiiller.
FI2 scheinlich Undset, Eisen
Urnen- - 8. 224,
feld Jacob IV, 27
Privat- Br.BI2 Urnenfeld Jacob V, 33
besitz FIT. 8 am Galgen-
berge
Dresden Br. VE — Deichmiiller.
Preusker l. c. III,
S. 85 Taf. VI
Fig. 61
Privat- Br. SI 2 == Deichmüller
besitz B I 10
F I 13
Dese) E Typ B un- = Derselbe
verziert (zum
Teil nicht
recht
erkennbar)
Desgl. |E Bruchstücke — Derselbe
ähnlich
wie 381
Dresden | E BI 15 Urnengrab Derselbe
(1 Br.)
Privat- EBI1 Billendorfer Derselbe
besitz |Fabgebrochen| Urnenfeld
mit Laténe-
Nach-
bestattung
Desgl. EBI2 In einer Wilke-Chemni
(Bruchstiick) Urne
Dresden E83 Billendorfer Derselbe
(Bruchstück) | Urnenfeld
m. einzelnen
Laténe-Be-
stattungen
Ebendort |Br. S3 BI3 Einzelne Deichmiiller,
FI4 Gräber u. Isis 1894 S. 33
Urnenfeld d.
„Lausitzer“
$ und „Billen-
dorf“-Typ.
1) Pegau: Br. offener Armring, E Gürtelhaken. Bruch-
— 2) Groitzsch: Br. offener Drahtarmring mit
Br. Nadel =
— 5) Löbtau: V 257.
4) Nieschütz: E 2 Giirtelhaken.
Laténefibeln. 139
Lfd. RER RN et Variante. Zur Fund- Nachweis. —
Nr. IMMUNE Ge ie An- geschichte Literatur
| F
397 Briessnitz*) Dresden | Br. BI 6 Urnenfeld Deichmiiller,
be b. Dresden R Bruchstücke Isis 1880 S. 34
400 Debatten Ebendort | E BI3. 12 Desgl. Deichmiiller.
pe b. Dresden FI? (Undset, Eisen 225)
402 Heidenau’) | Ebendort Ä a Desgl. Derselbe
bis b. Pirna | BI T4
403 g
404 | 3] Ebendort‘) | Ebendort (ër Bruchstücke Desgl. Derselbe
be E von ähnlichen
406 E Ebendort Ebendort Br. V. E Desgl. Derselbe
407 | I Ebendort®) | Ebendort EBI3 Desgl. Derselbe
z (kaum
GG erkennbar)
408 Ebendort Ebendort ES1 Desgl. Derselbe
Wée sonst Typ
1
a Ebendort Ebendort E Typ Desgl. Derselbe
is
413 |
414 Ebendort Ebendort | E Typ, aber | Desgl. Derselbe
bis schmächtiger |
420 |
421 | a| Bernstadt°), Breslau |ES 2.8 BI6 Urnenfeld Seger,
ai Kr. Ols F abgebrochen Schl. V. VI S. 414
422 |<) Kl.-Jeserits | Ebendort | E S 2. 3. 4. | Ind. Gegend Seger,
E Kr. Nimptsch B I 6 (mit er-; zahlreiche Schl. V.
höhtenLinien) Funde im S. 416,2
F Rosette Charakterd.| oben Abb. 37
jüngsten
Hallstattzeit
423 Neustadt a. R. Hannover EBI4 — Hahne
Kr. Hannover (Fuss ab-
9 gebrochen)
424 > Ebendort Ebendort | E Ch 4 — Derselbe
=
=
425 1 =} Nienburg’) Ebendort Br. BI5 _
eg P 1 8 (Über- Derselbe
gang von })
426 Ebendort | Ebendort S 2 — Derselbe
ui
Begleitende Funde. 1) Briessnitz: E 3 Bruchstücke von Fibeln, Messer.
Br. Nussarmring, 2 Bruchstücke eines solchen, 2 glatte Armringe und kleiner Ring.
Schiefer: roh geschnittener kleiner Ring. — 2) Dehnitz: E hornförmiger Gürtel-
haken, Gürtelbeschlag auf Bronzeblechband, geschlossener Ring. Br. Nadel mit
seitlichem, kegelförmigem, hohlem Kopf (Undset XXIII, 2), 1 ähnlicher ohne Kopf,
mehrere Bruchstücke eines Ringes, darunter 1 Bruchstück mit Masken. — 3) Heidenau:
w 258 Br. Nadeln mit profiliertem Kopf. — 4) Heidenau: E Gliederkette, Glas-
perlen. — 5) Heidenau: Noch mehrere Bruchstücke von ähnlichen. — 6) Bernstadt:
< 273, E Pinzette, Nähnadel. S. Nachtrag. — 7) Nienburg: + 243, vu 281, w 127.
740 - R. Beltz:
Lfd. nnii TR Variante. | Zur Fund- Nachweis. —
Nr. ze ns u. An-| geschichte Literatur
427 Nienburg, Hannover Br. V. E — Hahne
428 Ebendort Ebendort Br. BI 3 — Derselbe
F I 16
429 Ebendort Ebendort Br. S 2 — Derselbe
BI2V.E
(mit grosser
Scheibe)
430 Ebendort | Ebendort er 9 _ Derselbe
(mit Halb-
| wulst)
431 Ebendort Ebendort Br. S 1 = Derselbe
BI 4. 11
FIS
432 Ebendort | Ebendort Br. BI 2 _ Derselbe
| F I 11 (klein)
433 Ebendort | Ebendort | Br.8 2 BI 4 = Derselbe
F an der
Spitze noch
zwei auf-
liegende
2 Ä Kugeln
434 > Ebendort Ebendort Br. BI 4 = Derselbe
g F I 10
435 | ® Ebendort Ebendort | ES2BI4 oa Derselbe
e FI2
436 Ebendort Ebendort | ES2BI4 = Derselbe
| F I 10
437 Ebendort | Ebendort EB13 = Derselbe
438 Ebendort Ebendort EBI4 = Derselbe
. F I 16 i
439 Ebendort Ebendort EBI3 _ Derselbe
bis FI5
440 — Derselbe
441 Ebendort Ebendort Br. B I 6
V. D (klein) = Derselbe
442 Ebendort?) Ebendort Br. BI 6
F I 8 (Über-
gang von })
443 Ebendort ?) Dresden | Br. V. E Fuss- Aus Deichmiiller
ende stark Urnen-
profiliert gräbern
444 Erichshagen®) Hannover Br. BI3 Desgl. Hahne
Kr. Nienburg FI5
445 Ebendort Ebendort Br. B14 Desgl. Derselbe
F I 11 (kleiner) |
Begleitende Funde. 1) Nienburg: Ausserdem 9 Bruchstücke von nicht näher
bestimmbaren Fibeln A. — 2) Nienburg: E: Gürtelhaken; Ring. Glas: blaue Perlen,
zum Teil mit weissen oder gelben Augen. — 3) Erichshagen: Mehrere Bruchstücke,
anscheinend von ähnlichen.
Fundort
Latenefibeln.
Variante.
Sammlung | Genauere An-
gaben |
Zur Fund-
geschichte
741
Nachweis. —
Literatur
446 Wölpe Hannover |Br.BI2 FI2| Urnenfeld Hahne
Kr. Nienburg festgegossen
447 Ebendort — Br. BI 3 FI12 Desgl. Derselbe
festgegossen
448 Visselhövede | Lüneburg Br. BI3 |Urnei einem Lienau-
Kr. Verden Sandhtigel Lüneburg
449 Uelzen ?), Hannover ES 2.4 Urnenfeld Hahne
bis BI4FI2
451 ES2FI18
452 Emmendorf | Ebendort Br.S 2B Desgl. Derselbe
Kr. Uelzen mit Niet-
stacheln wahr-
scheinlich f.
Email od. dgl.
Brchst., zeitl.
Stellung frag].
453 Kahlstorf?) — S2 Br. BI5| Urnenfeld Derselbe
Kr. Uelzen F114
454 Molzen Ebendort | Br. B I 4. 11 Desgl. Hahne. Undset
Kr. Uelzen F I 8 (gerippt, XXVI 14
fiir Email- Lindenschmit,
einlage?) Alt. II VII 3,4
455 Oitzmühle°), — Br. BI 3 — Schwantes,
Ss Kr. Uelzen FI8 P. Z. I S. 154
= Urnenfriedh. I
= S. 144 Taf. 28/30
456 | S| Oldenstadt‘)| Ebendort | Br. BI 17 Desgl Hahne
dl Kr. Uelzen F I 8 (Bruchst.)
457 Ebendort Ebendort | Br. ea LU Dese) Derselbe
Fuss u. Biigel
durch einen
umgewickelten
‘Ring verbunden
458 Ebendort Ebendort Br. BI 2 Desgl. Derselbe
V. E mit gross.
flacher Schale
Bruchst.
459 Ebendort Ebendort Br. F 1 8 Desgl. Derselbe
Bruchst.
460 Reinsdorf Ebendort |E2 SB3. 11 Desgl. Derselbe
Kr. Uelzen (Bruchst.)
461 Ripdorf®) Ebendort Br. B I 12 Desgl. Miiller-Reimers
Kr. Uelzen FIX S. 10 Kemble,
Ztschr. f. Nied.-
sachsen 1852
| S. 165
462 Römstedt Ebendort Br. BI 11 Desgl. Derselbe
Kr. Uelzen | Bruchst.
463 Wrestedt Ebendort , Br. FI3 Desgl. Derselbe
Kr. Uelzen | (Bruchst.)
Begleitende Funde. 1) Uelzen: 2 Bruchstücke von ähnlichen. V 298. —
2) Kahistorf: V 296. — 3) Oitzmühle: V 305. Spiralohrringe, Gürtelhaken u. a.
Inventar Schwantes IIL — 4) Oldenstadt: V 306. — 5) Ripdorf: Spiralohrringe, Nadeln,
Glasperlen, Inventar der dritten Stufe Schwantes, Präh. Zeitschr. I, S. 151 Q 1 V 309,
742 R. Beltz:
Liaj ` tung pace Variante. | Zur Fund- | Nachweis. —
a n 3 e
SS ee An geschichte Literatur -
464 Gegend von | Hannover | Br.S2 BI4 | — Hahne
Lüneburg’) (geschwollen) |
F |
(angegossen) |
465 Ebendort Ebendort Br.SBI4 | — Derselbe
F I 8 (mit |
Nietstacheln)
466 Ebendort Nürnberg | Br.BI3 FI3 — Beltz
i G. M. mit Fortsetzg.
D
>
46% z Fo. u. Hannover | Br. BI3 V.E); — Hahne
a
468 = Fo. u. Ebendort Br. F I 2 _ Derselbe
daran rhom-
bische Schale
besetzt mit
Korallen
Brchst.
469 Fo. u. Ebendort Br. S 2 _ Derselbe
bis B I2. 11
471 Bruchst. |
472 Helmstedt?) Braun- Br. BI 2 Urnenfeld | Scherer-Braun-
schweig FI2+5 schweig. Kruse,
H. M. deutsche Alter-
tümer I[J11828 Taf.
II, 3. Voges, Vore.
Braunschw. S. 29
473 Ebendort?) Desgl. Br.S2BI15 Desgl. Derselbe
(schildförmig) Undset,
16 Eisen XXIII, 16
FI2.5
(seltene Form)
474 Ebendort Dresden |Br.S.3BI4 = Deichmiiller,
V. D
475 | sof Ebendort Ebendort | Br. Bruchstiick — Derselbe
476 1 È Ebendort Ebendort Br. B I 2 — Derselbe
477 E Lauingen*), | Braun- Br.S2 BI3/ Urnenfeld |Fuhse,Braunschw..
£| Kr. Helmstedt; schweig Voges, Braunschw.
= | St. M. Magazin 1897 S.135.
& Vorg. Braunschweg.
| S. 28.
Undset, Eisen
| S. 231.
478 Ebendort | Ebendort | ES 2 V. E Desgl. Derselbe
479 Ebendort Braun- E S 2 B-Typ Desgl. Scherer
schweig FI7
H. M.
480 Ebendort /Privatbesitz,E BI3 F 14 Desgl. Fuhse
Begleitende Funde.
1) Lüneburg: Bruchstücke von drei nicht näher be-
stimmbaren (Br.). — 2) Helmstedt: Fibeln, Halsring, Emailperlen, Spiralohrringe,
gewundener Eisenring. S. w 150. — 3) Lauingen: S. V 276. Giirtelhaken, gekröpfte
Nadeln, Spiralohrrin
Laténefibeln. 743
, = Variante. Zur Fund- Nachweis. —
amm S
ung | Genauere An geschichte
gaben
Fundort :
Literatur
481 Nordbastedt, Kiel Br.S2BI4 Im Moor Mestorf-Kiel
Kr. Siider- gefunden Ä
dithmarschen |
(Holstein)
482 Hohen-Luckow
bei Biitzow
(Mecklenburg-
Schwerin)
483 Gr. Gischau,?) | Salzwedel | ES2BI4
Kr. Salzwedel FI6
Schwerin | Br. B 1 3.11: Einzelfund Beltz V A M
FI6 | Taf. 46, 27
Urnenfeld | Zechlin-Salzwedel
484 Ebendort | Ebendort | ES 2 BI4 | Desgl. Derselbe
.E
aber rund- |
licher |
485 Ebendort Ebendort | Br.S 2.3 B15 Desgl. Derselbe
FI?
(Übergangvom e
Vogelkopf)
486 Ebendort Ebendort |E S Se BI4 Desgl. Derselbe
FI
487 Ebendort Ebendort | ES2BI14 Desgl. Derselbe
F I 14
488 [>| Ebendort Ebendort | ES2BI4 Desgl. Derselbe
e F nicht
= erkennbar
Z (unvolist.)
489 | „ | Kricheldorf®), | Ebendort | Br. B I 3. 17 |2 Grabfelder Lüdemann,
bis (Si Kr. Salzwedel FI8 mit Urnen- | A.f. A. N. F. I
492 15 (gekerbt) und Kno- S. 242, Fig. 3
a chenlagern
493 |s Ebendort Ebendort | Br.S2B14.17 Desgl. Desgl.
= FEIS Fig. 12
494 | = Ebendort Ebendort | Br.S2BI3 Desgl. Desgl.
E (am Kopf Ko- Fig. 15
rallenscheibe)
FI2
(mit Koralle)
495 Ebendort Berlin Br. S 2 = J. Schlemm
V. K. BI18.FI10
496 Arneburg’), Stendal Br. B. I 2 Urnenfeld Kupka, S.-Th.
Kr. Stendal FI2 am Galgen- | Jahresschr. 1910
berg (I) S. 17
497 Kakerbeck, | Salzwedel | E Bruchstiicke — Ebendort,
Kr. Garde- von 5 Fibeln S. 19
legen
498 Althaldens- Neu- ES2BI14 — Hahne-Hannover
leben haldens- FI2
leben
Begleitende Funde. 1) @r. Gischau: Mehrere ähnliche. — 2) Kricheldorf:
2 kleinere A, V 374 Q5 Gürtelhaken (E u. Br.), Kreuznadeln, holst. Nadeln,
Spiralohrringe, Messer usw. (vgl. auch Kupka, S.-Thiir. Jahresschr. 1910, S. 16). —
»% Laténefibeln A und Y. — 3) Arneburg: Altertümer verschiedener Perioden, auch
Hallstattfibel, s. auch V 391.
144 R. Beltz:
CH andere Steg Variante. | Zur Fund- | Nachweis. —
Nr. Kat S E An- geschichte Literatur
wa? e E Bm den EEE a e
-= mm ee EE
499 Bülstringen?), Neu- ES2BI4 Urnenfeld | Wegner, Zeitschr.
Kr. Neu- haldens- F [13 auf dem f. Ethnol. 1895
haldensleben leben Wind- S. 121
mühlen- (S.139 Fig. 66)
berge.
Urnen meist
ohne Stein-
schutz, meist
| mit Deckel
500 Ebendort!) Ebendort | ES 2 FI 14 Desgl. Ebendort,
(unverziert) S. 188 Fig. 53
501 Ebendort!) Ebendort | E Bruchstück Desgl. Ebendort,
8.138 Fig. 62
502 Ebendort!) Ebendort | ES2BI4 Desgl. Ebendort,
bis F I 5”) S. 139 Fig. 49
503 (der zweite
Bruchstück)
504 Farsleben ?), Halle Br. V.E 8 2 — Reuss. Kupka,
Kr. Wolmir- BI4 Jahresschr. S.-Th.
stedt Vorg. 1910 S. 17
505 Lohne‘) ! Berlin Br. S2 BI 4| Zahlreiche J. Schlemm.
Kr. Jerichow I, V. K. FI?
Urnen ohne | Undset, Eisen
8. 229
Provinz Sachsen (Norden)
| | wesentlichen
Steinschutz
in einem
künstlichen
Hügel (Nach-
bestattung?)
und an ihm
506 Ebendort Ebendort Br. S 2 Desgl. J. Schlemm.
BI 17. 18 Kossinna,
FI 11 Korr.-Bl. 1907
S. 60
507 Altmark Salzwedel | E ES I 4 — Zechlin
(am Ende
durchbohrter
Knochenkopf)
508 Ebendort Ebendort |Br.S2BI4| — Derselbe
Bruchstück
509 Ebendort Berlin ES2BI14 — Kiekebusch
M. M. FI8
Begleitende Funde. 1) Bülstringen: Reiche Ausstattung im Charakter La-
tène I—II. E Angelhaken, halbr. Messer, Nägel (mit br. Köpfen), Gürtelhaken.
Ringe, Zierbleche u. dgl., Pinzette, Nadeln (z. T. m. br. Kopf), Nähnadeln. — Br.
Zierbleche, Ösenring, Segelohrringe (auch Spiralohrring?), Knotenring. — Glasperlen,
Knochenkamm s. auch V 392, @ 207. Q 7. — 2) Farsleben: Br. abgeschnürter Ring,
E Gürtelhaken (zugehörig?) vgl. æ 209, 3711. — 3) Lohne: Auch Q 38%.
Reiches Inventar. Br. Kolbenhalsringe, Segelohrringe mit Glasperlen, Ketten.
*) Verbunden durch Eisenbänder mit einem Blech.
Latenefibeln.
| Variante.
Fundort Sammlung
Genauere An-
gaben
745
Zur Fund- Nachweis. —
geschichte
Literatur
510 Bücknitz'), | Berlin | Sonderform _ . Kiekebusch
Kr. Jerichow I M M. | _Br. V.D
| | F verbunden
| mit dem
| | Bisel, auf
| diesem
| auch eine
| Scheibe
511 Cörbelitz, | Magdeburg EFI2 _ Hahne
Kr. Jerichow I
512 Eulenmühle?), Berlin |Br.S 2 BI 17, Urnenfeld J. Schlemm.
Kr. Jerichow 1 V. K. FI Nachr. d. A. 1900
S. 57
513 Hohen- Ebendort | Br. BI 4 — J. Schlemm
warthe’), | FEIS
Kr. Jerichow I |
314 |_| Ebendort Genthin | E Sonderform — Reinecke in
e Certosacharakt.| ° Lindenschmit,
= S1 B16.17 A. V 349
5 | F flache
Z | Scheibe
515 | s| Leltzkau‘), Burg 'Br. S1 BI3| Urnenfeld I Hahne. Hirt,
2) Kr. Jerichow I, F I 4 (klein) N.d. A. 1895
S | S. 79. 21a
516 ~ Ebendort Ebendort |E = dem vorig.) Ebendort Į Hirt, N. d. A. 21b
517 LEI Schermen’), | Ebendort | ESıBI?2 — Hahne. Hirt,
z Í Kr. Jerichow I F abgebrochen N. d. A. 1895
Z | S. 79. 15
18 Ebendort Halle Br.S 2BI4 Grosses Reuss. Kupka,
FI5 Urnenfeld Jahresschr.
| (dazu Seet e Th. Vorg.1910 S. 17
| v. ähnlichen) |
519 Ziesar®) Berlin |EBI2FI2 Desgl. Kiekebusch
Kr. Jerichow I M. M.
520 Ebendort Ebendort | Br. B. I 4 Desel. Derselbe
| FI?
521 Ebendort | Ebendort | Br.S2BI4 Desgl. Derselbe
FI7
er | Bruchstück
is Ebendort |; Halle Br.S2 BII Desgl. Reuss
(NS | | Fid
524 Rossdorf | Magdeburg! SIEBII — Hahne
S [Kr. Jerichow Il: | (geschwollen) |
| F abgebroch. |
) f
|
Begleitende Funde. 1) Bücknitz: Br. Segelohrringe. S. Y 403. — 2) Eulen
mühle: (iefässe meist noch Lausitzer Typ. Br. Segelohrringe, Halsring mit Pe-
schaftenden. E Nadeln, Giirtelhaken. S. Y 405. — 3) Hohenwarthe: S. 7 408. —
4) Leltzkau: S. Y 410. Q 8. — 5) Schermen: S. Q 9 Q 412.
kröpfte Nadeln, Messer.
Einschnürungen.
Zeitschrift für Ethnologie.
Glasperlen.
+ 234 Q 11 9 417.
Jahrg. 1911. Heft 5.
— 6) Ziesar:
Br. Segelohrringe. E ge-
E Gürtelhaken. Br. Ringe mit
48
Fundort
Schollehne '), | | _Mchrere
Kr. Jerichow II Urnenfelder
596 Butzow °), Privat- | Br. Bruchst. Grosses
2 Kr. Westhavel- besitz F I 3 (mit Urnenfeld
land Bernstein-
, scheibe?) |
527 Ebendort?) Desgl. Br. S 2. 3 Desgl.
| BI211 FI 7%
528 Wagenitz') Berlin ; Br BI —
Kr. Westhavel- M M. | F I 4 (klein)
land
529 Vehlefanz°) Berlin Br.S 2 BI4! Urnenfeld
Kr. Osthavel- V. K. (geschwollen)
land F I 8 mit
übergreifender |
| Spitze (besond. |
| Sttick fast
gleich + Var. C.)
530 Ebendort Berlin | Sonderform Desgl.
M M. Br.S 1 BI10,
F I 10
= (tierkopfähn!].)
z z
531 2 Storkow °) Ebendort |EBI4FI1 Desgl.
2 Kr. Templin (Verdickung) | i
532 | A| Milmersdorf, | Prenzlau | Br. BI4F 17 Urnengrab
en a | Kr. Templin
534 Hohen-Wutzen’) Berlin |Br. S2 B I10' =
Kr. Königsberg V. K. FIS8 |
i. N. |
535 Kaulsdorf, | Berlin EV.D.S2 ze
bis Kr. Nieder- M. M. Ähnlich Abb.
D86 Barnim 39
937 Löwenbruch‘), Privat- Br. B I 4. 17 | Urnengrab
Kr. Teltow | besitz FI5
538 Derwitz"), | Berlin | Br FI5 ze
Kr. Zauch- | V. K. '
Belzig | ,
539 Alt-Töplitz”), Berin !EBI2FI2 =
Kr. Zauch- M. M. (m. langer
Belzig Spitze)
540 Ragésen?'), |Privatbesitz ES 1BI 2 Urnenfeld
Kr. Zauch- F12
| Belzig
Begleitende Funde.
3) Butzow:
Segelohrringe,
ohrringe. —
4) Wagenitz:
Sammlung ` Genauere An-
t
1) Schollehne: S.
Nadeln, Ringe, Gürtelhaken. Glasperlen. — 2) Butzow:
In derselben Urne
Nadel (E mit Br.-Kopf).
R. Beltz:
Variante. | Zur Fund-
| gaben geschichte
br.
Nachweis. —
Literatur
Undset, Eisen
S. 231
Voss-Stimming.
IVa Taf. 6.6
Derselbe,
IVa Taf. 6.1
Oben Abb. 28
Kiekebusch
J. Schlemm.
Goetze, Vorg. der
Neumark. F. 81.
Nachr. d A. 1894
S. 29, 1895 S. 32,
Ztschr. f. Ethn. 1592
S. (464), 1894 S.
(186. 201), 1899
S. (144).
" Kiekebusch
Derselbe
Schumann-Löck-
nitz. Blume, Ver-
zeichnis der
Sammlung, S. 50
J. Schlemm.
Goetze, Vorg. der
Neumark F. 81.
Kiekebusch
Hindenburg,
Mannus II S. 199
F. 21
J. Schlemm
Kiekebusch
Voss-Stimming
IVb Taf. 16, 1.
V 402. Br. Ohrringe, Messer. E
In derselben Urne Segel-
Schwanenhalsnadel.
V 20, —
Bruchstück einer Fibel
AC). — 5) Vehlefanz: S. + 245, w 231. — 6) Storkow: S. 7510. — 7) Hohen-Wutzen:
v521. — 8) Lowenbrach: E Giirtelhaken, Urne mit gestreifter Wandung. Spinnwirtel.
D Derwitz: + 247. F 410 @ 232. — 10) Alt-Töplitz: S. J 456. w 233. — 11) Ragösen:
Serelohrringe 7 454.
545
Begleitende Funde.
Armring, Segelohrringe,
Brandenburg
Böhmen
Latenefibeln.
747
Variante
Kr. Züllichau
Neu-Bydzow®
Dobschitz *)
Ebendort
Dux’)
Ebendort
Ebendort
Ebendort
Ebendort
Ebendort
Ebendort
Ebendort
Ebendort
Ebendort
Ebendort
Tandori EEN Zur Fund- Nachweis. —
S Gees An: | geschichte Literatur
= ne np m EE
Rietz?), Privat- | Br. BI1 Urnenfeld Voss-Stimming
Kr. Zauch- besitz | FI 4 Taf. IU, 15, 9.
Belzig
Paserin, Berlin |Br, SI3BI5 = J. Schlemm
Kr. Luckau V.K. | FI7
Ebendort Ebendort |E BI 4 FI2 Desgl. Dieselbe
Krummen- | Ebendort | Bruchstück | Urnenfeld |Ztschr. f. Ethnol.
dorf’), XI. 1879, S. 222
Bydzow |Br. 11 Ex. B I| Flachgräber Pič,
2 bis 4 FI 4 Čechy na usvite
ı und I 11 dejin I.
| S 11/12 Taf. 20
Prag | Br. 4 Ex. Desgl. |Ebendort, Taf. 4
E 1 Ex. meist
V.D mit S 2
Ebendort E e 1 e I8 Desgl. Ebendort
Wien H. M. Br. 3 ; I4| Massenfund Much,
Deag, Dux, ' FIS in der Atlas S. 199, 1
Schloss- Déeg Riesenquelle
museum. in einem
Dresden u.a. Bronzegefäss
Ebendort ` Br. Typ Desgl. | Derselbe, S. 199, 2
Ebendort | Br. BI 7%. 16 Desgl. Derselbe, -
| FI4 S. 199, 3, 5
|
Ebendort | Br. BI“. 16 Desgl. Derselbe, S. 199, 4
F4
|
Ebendort , Br. B16 Desgl. Derselbe, S. 199, 6
Ä F I 11
Ebendort , Br. B Typ, Desgl. Derselbe, S. 199, 7
,82B116
| FI2
Ebendort Br. B Typ, Desgl. Derselbe, S. 199, 8
| I 16, F fehlt
Ebendort Br. B Typ Desgl. Derselbe, S. 199, 9
Bruchstück
Ebendort Br. BI 11 Desgl. Derselbe, 8.199, 10
Bruchstück
Ebendort ! Br. B I 15 C)! Desgl. Derselbe, S. 199, 11
Bruchstiick |
Ebendort | Br. B I 2. 12 | Desgl. Derselbe, 8.199, 12
FI4
(stärker |
profiliert) |
1) Rietz gemischtes Grabfeld. In derselben Urne br.
gekröpfte Nadel, einschneidiges Schwert. — 2) Krummen-
dorf: Br. Schnallen. E Nadeln. Golddraht. — 3) Neu-Bydzow: Br. Halsringe mit
Stempelenden, Nussknotenringe mit Charnier u. 8. Lignitring. — 4) Dobschitz:
Br.
Knotenringe. —
Tongefüsse.
E Schwerter. — 5) Dax: S. auch Pic, a. a. O
Tafel zu S. 18 (noch weitere Beispiele des gleichen Schema). — Oben Abb, 15. 17 20
48*
748 R. Beltz:
Variante. |
Lfd. Ponder Samia EE Zur Fund- Nachweis. —
í mlun :
Nr. S ee An | geschichte Literatur
60 Dux Wien H.M.| Br. F I 13 Massenfund Much,
Prag. Dux. | Bruchstiick in der Atlas 8.199, 13
Schlossmus. Riesenquelle'
Dresden |
561 Ebendort Ebendort En | Desgl. Derselbe, S.199, 14
z1 |
562 Ebendort Ebendort Dës B } 9 Desgl. Derselbe, 8.199. 15
Ra?
563 Ebendort , Ebendort en BI9 | Desgl. Derselbe, S.199, 16
| I5
p64 Ebendort Ebendort Br. B Typ | Desgl. Derselbe, S. 199, 17
FIS
565 Ebendort Ebendort | Br. $ 2. B I T! Desgl |Derselbe, S. 201.1
I4 |
566 Ebendort Ebendort Br.S2 | Dexgl. Derselbe, S. 901.2
B13.1 `
F I 11 |
567 Ebendort Ebendort Br. Typ Desgl. Derselbe, S. 201.3
| Oben Abb. 15
M
568 Ebendort Ebendort | Br. S i 16 Desgl Derselbe, S. 201. 4
569 Ebendort Ebendort Br. Typ, Desgl Derselbe, S. 201,5
| mit stärkerer
5 Profilierung |
570 £ Ebendort Ebendort Br. S 3 Desgl Derselbe, S. 201.6
2 | BI13. 17 |
| FI5 |
571 Ehendort | Ebendort EEN i Desgl Derselbe, S. 201, 7
1% |
912 Ebendort Ebendort | Br. Typ BI 16 Desgl Derselbe, S. 201.8
| F abgebrochen |
13 Ebendort Budweis ‘Br.7 Exemplare Desgl. Löwenhöfer-
Typ B I 3.6. 12 Budweis
FI4
und I 11
514 Ebendort. Berlin Br. BI3 | Des) J. Schlemm
V. K. FI? |
BYE) Ebendort Ebendort Br. Typ Desgl Dieselbe
576 Ebendort Ebendort | Br. Se 13. 14 Desgl Dieselbe
. D |
IVI _ Ebendort Ebendort Br. FI? | Desgl Dieselbe
578 Ebendort Ebendort Br. V.D | Desgl Dieselbe
FEI
919 Ebendort Ebendort Br. F I 7 | Desgl Dieselbe
(vogelkopf- |
artig)
580 Ebendort Ebendort Br. FI? Desgl Dieselbe
bis
381 |
582 Ebendort Ebendort Br. B I 16 | Desgl Dieselbe
FIG
Latenefibeln. 749
Lfd.| Bandar | e er Variante. Zur Fund- Nachweis. —
i ammlung | G An- | :
Nr. | ben 0" geschichte Literatur
: | en "H |
583 Dax | Berlin Br. B I 15. 17 Desgl. J. Schlemm
| V. K. | FI? |
584 Ebendort ` ` Ebendort | Br. V. D, aber Desgl. Dieselbe
bis | SÉ FIT
600 | |
601 Ebendort | Ebendort "` Br. BI 4 Desgl. Dieselbe
| FI2
602 Ebendort | Ebendort | Br. BI 4 Desgl. Dieselhe
his |
603 | |
604 Ebendort Ebendort | Br. BI4 | Desgl. Dieselbe
| F I7 |
605 Juliska?) ` Prag ' Br. 3 Exempl. ' Flachgräber Pie, XII
(= Podbaba) | | Typ u. V. D.,
eins mit ge- '
wundenem
Bügel in Art
der Armringe `
(506 Kobylisy Ebendort |Br.S2 BI? Desgl. Derselbe,
| Taf. VII 12
Gi IS Ebendort Ebendort | Br. BI 3. 11 ` Desgl. Derselbe, VII 13
E FI4
EI S Kostomlaty’? Ebendort | Br.BI3 FI2 | Desgl. Derselbe, 32, 6
609 Klobuky °) Ebendort Br. stark Desgl. Derselbe,
iBI4.11 F111 Taf. III 3
610 Langugestt) | Teplitz Br. B I 6. 17 ; Flachgräber- Reinecke
bei Bilin F I 11 | feld i. Lindenschmit,
(Skelette A. V, 1045
ohne Stein- v. Weinzierl,
schutz, meist 1. T. Grabfeld von
n— BI Langugest,
Taf. V 6 (S. 38)
oll Ebendort Desgl. Br. B I 6. 16 Desgl. Dieselben,
FI6 V 1046, V 5 (S. 38)
G12 Ebendort Desgl. Br. B I 6. 17 Desgl. Dieselben
F fehlt V 1047, V 4(S. 38)
613 Ebendort®) Desgl. | EBI4 Desgl. Dieselben,
bis F I 8 (?) V 1048, V 24, V 25
614 2 gleiche
Exemplare
615 Ebendort®) | Desgl. Br. I 9. 12 Desgl. v. Weinzierl,
i F abgebr. Taf. IV 5
Begleitende Funde. 1) Juliska: Br. Ringschmuck (mit Stempel, Knoten,
Voluten, Halbkugeln). -- 2) Kostomlaty: Br. 9 594, Br. Halbkugelringe im
Stil Latene IT, Giirtelhaken (Augustusmiinze?), — 3) Klobuky: Br. Ringschmuck
werschiedener Art. — 4) Langugest: Männergräber mit Schwert, Lanze, Schild, ge-
ringem Schmuck. Frauengräber mit Ringschmuck. (Gew. Bernstein, Glas nur
einmal) Tongefässe fehlen. Von den zahlreichen Fibeln (besonders Eisen) sind nur
die von v. Weinzierl beschriebenen aufgezählt. Gr.12. Br. drei Schmuckringe. —
5) Langugest: Gr. 25. S. A 631. — 6) Langugest: Gr. 1 u. 2. Br. Knotenring, kl.
Hing usw.
7350 R. Beltz:
Lfd. | | Variante. Zur Fund- Nachweis. —
x Fundort ‘Sammlung | Genauere An- | | ie EE
Nr. gaben geschichte Literatur
Ze EE ENEE WEEN - = oor Fe ee
616 Langugest') | Teplitz | Br. BI38 FIT Flachgriber- v. Weinzierl.
his | feld S. 36, 10
617 |
618 Ebendort*) , Desgl. IE Bruchstücke Desgl. Derselbe.,
bis | Tat. IV 9
619 |
620 Ebendort?) `. Desgl. Br.S1B19 Desgl. Derselbe.,
FI2 | Tat. 1V 15
| |
6? 1 Ebendort*) | Desgl. EBIYFI3S! Desgl. Derselbe,
| | | Tat. IV 24
G22 Ebendort>) Desg. | EBI4 | Desgl. Derselbe, V 7. S
bis F130)
623 | |
624 Ebendort‘) Desgl. EBI4 | Desgl. Derselbe, V 13
FIB
625 Ebendort*) ` Desgl. EBI? FI? Desgl. Derselbe, V 14
|
626 Ebendort*) | Desgl. ES2BI4 Desgl. Derselbe, V 17
o TA
g i FI?
£
627 |53] Ebendort?’) Desgl. |E ähnlich den | Desgl. Derselbe, S. 40
= vorigen
628 Ebendort!") | Desgl. EBI} ` Desel. Derselbe, V 19
| FI 10
| Übergang zu Q
629 Ebendort") Desgl. E unerkennbar' Desel. Derselbe, N 21
| |
630 Ebendort 19 Desgl. Br. B [ 9. 10. Desgl. Derselbe,
FI4 V 26. S. 41, 22
G31 Ebendort!?) Desgl. | Br. B Typ | Desgl. Derselbe,
| FIS V 27, S. 41, 23
632 Ebendort?*) | Desg] | EBI4 Desel. Derselhe, VI3
| FIB
633 Ebendort D Desgl. ‘Br. B Typ, aber Desgl. Derselbe,
Schrägstriche. VI 12. S. HU, 24
F 1 4 (länger),
|
634 Ebendort ') | Desgl. Br. BI 9 Desgl. Derselbe,
| Fabgebrochen | VI 13, S. 41, 27
Begleitende Funde. 1—14 Langugest. 1): Gr. 4 Br. Knotenring mit
Volutenverzierung. E Giirtelkette. — 2): Gr. 4. — 3): Gr. 5. Typisches Frauen-
grab, Br. Halsring mit Stempelenden, Knotenarmring, gewundener Handring.
E Fibel, Oberarmring, Gürtelkette. — 4): Gr. 10. E Fibel, — 5): Gr. 12. — 6): (ir. 14.
Br. 2 gerippte Armbänder, quergerippter Ring mit Kolbenenden. Fibelbruchst, —
7): Gr. 15. — 8): Gr. 18. Br. Armring. — 9): Gr. 20. — 10): Gr. 21. E Armring. —
1b): Gr. 24. Br. Armring. ÈE Fibel. — 12): Gr. 25s. auch 613. Br. 2 Armringe,
E Pinzette. — 13): Gr. 35. Br. Armring. — 14): Gr. 39. Br. 2 Armringe, Fussring
mit Stempelenden. E Oberarmring.
Latenefibeln. ‘al
Lfd. e ` i Variante. | Zur Fund- Nachweis. —
undor ammlung ; , ;
Nr. : SE An geschichte Literatur
e GE gel EH am un
635 Langugest') Teplitz ' Flachgriiber- v. Weinzierl,
his e Fi e E | feld VI, 23. 24. S. 46
636 Füllmasse) | Fig. 33
637 Ebendort*) | Ebendort | EBI2 | Desgl. Derselbe, VI, 26
| F abgebr. | :
638 Ebendort3) Ebendort | E | Desgl. Derselbe,
Bruchstück VI, 27. 28
639 Ebendort Ebendort | E Übergang Desgl. Derselbe, VIL, 2.3
bis zu V
640 |
641 ‘Ebendort®) | Ebendort EBIS | Desgl. Derselbe, VII, 7
F abgebr.
642 Ebendort®) | Ebendort |EBI4FIS| Desgl. Derselbe,
bis | | die eine sehr VII, 15. 16
6-43 gross
G44 Ebendort’) | Ebendort | B BI1 Desgl. Derselbe,
bis i ( ice: Blech, VII, 24. 25,
645 u S. 54, 47
a Form) FEI:
GAG = Ebendort®) Ebendort | EBI2 Desgl. Derselbe, VII, 26
= Bruchstück
647 [S] Ebendort®) | Ebendort Br. BI 4 Desgl. Derselbe, VII, 30
FI S. 54, 48
618 Letky?’) Prag i Br. 6 Ex. etwas Grosses Pic, Taf. XIX, 15
(L Se | ' abweichend Reihen- Oben Abb. 19. 24
| B oft BI 6 griberfeld
mit 10. 17
| | F Typ, FL13
| usw.
| ' E? Ex.S1
| | B11
649 Libčeves ??) | Ebendort | ae 3 Ex. Desgl. Derselbe
zT. S2BI XXV. XXVI
| 1. e Sonder-
| form mit
hohen Buckeln
| F 12.8 15
650 Libesnitz '?) Prag EBISFI3| Flachgrab Pie, Taf. VI,»
Oben Abb. 96
Gol Libodritz °) Ebendort `, Br. 2 Ex. Flachgräher | Derselbe, XIII
| Typ u. V. D.
Begleitende Funde. 1) 1—9 Langugest: Gr. 45. Br. gerippter Fussring
mit Stempelenden. — 2) Gr. 46. Br. Unterarmscharnierring. — 3) Gr. 49. Br.
2 Armreifen. — +) Gr. 51. Br. Armreif. — 5) Gr. 52. Br. 2 Unterarmringe
(einer gekerbt, reich verziert). E 2 Schmuckringe. — 6) Gr. 66. — 7) Gr. 72. Br.
dünner Armring, 2 gekerbte Fussringe. Lignitring. — 8) Gr. 13. E Pfriemen.
— 9) Gr. 74. E 2Fibeln. Br. 2 Knotenringe am Unterarm, 2 Stempelendenringe
an den Füssen. — 10) Letky: Reiche Ausstattung. Br. Ringschmuck (Knoten,
Stempel). E Schwerter, Lanzenspitzen, Ringe, Pferdeschmuck. — 11) Libčeves:
Br. Ringe (mit Knoten), Gürtelhaken und Kette im Charakter Latene II. E Ringe
9 595. 12) Libesnitz: Br. glatter Halsreif. — 13) Libodritz: Br. Knotenringe.
152 R. Beltz:
!
Lfd. Fundort i Š iiz en Zur Fund- Nachweis. —
ammlu -
Nr. | S SE A geschichte Literatur
| | E
Morawes?) Privat- | Br. Sonder- Gräber Much,
b. Saaz besitz form Atlas S. 203, >
B I 3 ge-
schwollen
FI |
ie |
653 Neuhof?) Prag |BII5FI i = Pic IX, 6
654 Nimburg’) Ebendort | Br. 5 Ex. Typ _ Derselbe, Taf. X
u. V D mit | (oben Abb. 29)
' S3 BI15 |
655 Okor Ebendort SE ! 9 Flachgräber | Derselbe, XIII, 2)
656 Ohrada ‘) Kolin Br. BI 15 | Flachgrab f Derselbe, S. 47, 13
| Voluten ge-
| gossen
| FIN
657 Pchery Si Prag Br. B I 12 Flachgrab Derselbe,
FI4 Taf. XVIII, 4
658 a| Piemyslenl’) | Ebendort © Br. b I9 Desgl. Derselbe, Taf. II, ?
= ' FI2
a _ mit Augen
e | und Voluten
659 Podlesin `) Ebendort Br. 3 Ex. Desgl. Derselbe, Taf. VII
'FI4uFI1l
‘mit S3 BI 12
660) Reporyge®) Ebendort Br. 4 Ex. Flachgräber Pic, XIII
Typ un V. D
661 Stitary®) Kolin Br. BIS | Desel. Derselbe,
F I 4 (mit S. 34, 11
Biigel ver-
bunden)
|
662 Trebusitz 1°) Prag ı Br. BI 9 Flachgräber Derselbe,
| F12 S. 28, A
663 Türmitz Berlin | Br. BI 4 — J Schlemm
664 V. K.
Gs Ebendort Ebendort Br. F 1 6 — Dieselbe
666 Ebendort Ebendort Br. F 1 7 — Dieselbe
667 Ebendort Ebendort : Br. V. DBI1 — Dieselbe
|
Begleitende Funde. 1) Morawes: Br. 2 Knotenringe. — 2) Neuhof: Br.
Ringschmuck. — 3) Nimburg: Br. Ringschmuck (Halbkugeln, Knoten, Stempel). —
4) Ohrada: Br. Halsring mit Stempelenden. — 5) Pehery: Br. Ringe (mit Stempeln.
torquiert usw.) — 6) Premysieni: S. + 248. — 7) Podlesin: Br. Ringe mit Stempel-
enden u. ä., z. T. Knotenringe. — 8) Reporyge: Br. Ringschmuck. E Schwert. —
9) Stitary: Br. Nussknotenring mit Scharnier. — 10) Trebusitz: Br. Halbkugelringe
Jüngeren Charakters, Giirtelkette.
ir mm
Latenefibeln. 153
Lfd. Fundort e , Variante. | Zur Fund- Nachweis. —
undor ammlung A f e
Nr. a an geschichte Literatur
KH |
668 Vokowltz’) Prag ' Br. 6 Ex. ` Flachgrab Pic, XI
Ä | Typ, ein- |
| facherer Art
| (etwas
| jüngerer
| | Charakter)
669 Wodolitz | Budweis | Br. BI3 Hügelgrab Löwenhöfer-
g | | FI4 | Budweis
(eb)
670 | E? Zahbelitz?) | Prag | Br.7 Ex. ` Flachgräber Pič
= B z. T. Taf. XVII.
o | BI10 |, XVIII, 10
| ein BI 12
| ' FIA} nal.
t
Gil Žižkow >) | Ehendort Br. 4 Ex. Desgl. Derselbe,
| FK Typ und Taf. VIII
| | VD
672 Zionltz) ` Ebendort ' Br. BI 4 — Derselbe,
| | F I 11 IX, 11
673 Austerlitz’) ? Br. BI 12 | Flach- Cervinka, Mitt.
(Mähren) | | FIB gräber d. K. K. Kom-
| | mission II] 3/4
| | | S. 414
674 Gr. Latein‘) | Olmiitz | Br. 2 Ex. S2 | Gräber Much,
bei Olmütz | IBISFIM: Atlas S. 203, 10.
| | Schneider, Mitt.
| | d. Zentral-
| kommission
| 1884 S. XCVI
DTD Getzersderf’) Wien Ge, u.E. 8 Ex. Flach- Baumgartner,
bei Herzogen- | Typ, BI3 | gräber Mitt. d. K. K.
burg, Nieder- F i Tu ää | Zentral-
österreich | kommission IT]
| | | 5,6 S. 289
|
676 arina’), |Klagenfurt.| Br. mehrere | Burgwall A. B. Meyer,
Kärnthen Wien | ' benutzt in’ Gurina 1885
| ' Hallstatt-
| l bis Römer-
| | zeit
677 Watsch | Wien | Br. S 1 | Grabfeld Much.
Krain | F endend in ` Atlas 8.121, 6
| gespaltenen |
| Lappen
St. Michael") | |
678 Krain | Ebendort ES 1 | Desgl. Ebendort,
| Bruchstück S. 139, 17
Begleitende Funde 1) Vokowitz: Br. Ringschmuck (mit Knoten, Perlen,
Stempel). — 2) Zahbelitz: Br. Ringe (mit Stempelenden usw.). — 3) Zizkow: Br.
Ringe mit Volutenwiilsten, Knoten, Perlen, Einkerbungen. — 4) Zlonitz: Br. Voluten-
und Knotenringe, Glasperle mit „geschichteten Augen“. — 5) Austerlitz: Br. Ringe
mit Stollenenden. E Schwerter, Lanzenspitze. — Drehscheibengefiiss. — Wildschwein-
kiefer. — 6) Gr. Latein: Br. Doppelarmband, Scharnierbuckelarmring. — 7) Getzers-
dorf: Grab V (w.) — In Frauengräbern. Br. Hals-, Arm- und Fussringe mit Stempelenden
und Stollenenden, Glasperlen. In Männergräbern E Schwert, Lanzenspitze. Auch
V 607 (in einem Grabe mit A). — 8) Gurina: Vgl. auch Szombathy, Mitt. d. Wiener
(res. f. Anthr. 1883, Verh. S. 102. S. 7 610 e 428, — 9) St. Michael: S. V 613.
754 R. Beltz:
Lal F P t | e l Variante. Zur Fund- Nachweis. —
undor ı Sammlun A
Nr. | P ae an | geschichte Literatur
ne, SE Ee de
|
679 Mechel!) im Trient Br. S 1 BI11, Zerstirtes Much.
Nonsthal F I 11 (2) Grabfeld mit] Atlas S. 149, 24
| ' Beerdigung
| und Leichen-
= brand
680 S Ebendort ` ` Ebendort Br. BI 6 Desgl. Derselbe,
| FIit Atlas S. 149, 25
681 Ebendort Ebendort Br. BI5 |! Desgl. Derselhe,
| F I 11 Atlas S. 149, 26
682 Kreuzlingen?) | Konstanz | Br.S 1 BI 2' — Forrer,
Kanton FI2 Beitr. z. pr. Arch.
Thurgau 1892 X 4
683 Schönenbuch?), ? Br. Flachgräber Heierli,
Kanton Basel : (Skelette) Urg. d. Schweiz
| S. 389
ks
684 Muttenz‘), | Liestal | Br. V.D B115 Desgl. Viollier,
Kanton Basel | _ 276. 278. 281
| V. D BI6.1% Heierli,
| Urg. d. Schweiz
| S. 389 3. Jahresher.
| der Schw. Ges.
f. Urg. S. SS
685 Rickenbach ? Br. V.D | = Reinecke, Festschr.
Kanton B I 15 | S. S1
Solothurn
686 ls Windisch, Zürich Br. B I 6. 15 | — Viollier, 261
$j Kant. Aargau FI4
= (mit Voluten- |
E? ornament)
687 Vilters®), St. Gallen | Br. mehrere „Burg“ Heierli.
Kanton V.D. u.ä. Severgall Urg. d. Schweiz,
St. Gallen besiedelt S. 527
v. Steinzeit
b. Römerzeit
688 Steinhausen) Zug Br.S 1 BIS. Flachgräber | Ebendort, S. 389
Kanton Zug FI? (Skelette)
689) Ebendort®) | Ebendort | Br. B I 6. 15 Desgl. Ebendort
FI4
690 Altstetten, Zürich mehrere _ Viollier,
Kanton Zürich Br. B I 6. 11 258. 266. 267. 274
V. D, auch 290. 291
B I 14
691 Dachelsen Ebendort | Zahlreiche Ex.| Flachgräber | Heierli Anz. f.
b. Mettmen- Br. V. D schw. Alt V Taf.
stetten (Email) 19, A
Kanton Zürich F I 2. 5 usw.
Begleitende Funde. 1) Mechel: S. Y 608. Funde von mittlerer Latène- bis zur
Römerzeit (vgl. v. Campi, Mitt. d. anthr. Ges. Wien XV, Verh. S. 100. Archivio
Trentino 1884. — 2) Kreuzlingen: E Halsring mit Einschnürungen. Br. Armring. —
Eberzahn, Hirschhornstiick. — 3) Schönenbuch: Br. Armband, Halsring mit einge-
legten Pasten. — 4) Muttenz: Certosafibeln, Halsringe usw. — 5) Vilters: S. 7 621.
w {29. — 6) Steinhausen: Br. Armringe. Potinmünze (Sequaner) s. Y 622.
Latenefibeln. 155
Lfd. Fundort | e l | Variante. Zur Fund- Nachweis. —
undor ammlun \ S
Nr. S Ge An geschichte Literatur
692 Egerten- | Ziirich Br. 2 Exempl. | Frühlatene- Ulrich
Ütliberg)), | S1 BILU gräber Katalog 1 3145
Kanton Zürich | FIl
693 Hard- ` Ebendort Br. ND, — Lindenschmit,
Altstetten?) (F m. Email) Alt.
b. Zürich iII VI 3, s. Oben
| Abb. 31.
694 Ebendort Ebendort | Br. BI? FI4 : — Lindenschmit
| P 5
| a. a. O, 2
695 Ebendort © Ebendort | Br. B I 11. 18| — Ebendort, 3
| FI 11
| F m. Email |
696 Ebendort | Ebendort |Br.BI4 FI11 | — Ebendort, 4
697 Ebendort : Ebendort Br. B 1 14 | dei Ebendort, 10
(Querkerben) '
FI il |
698 Ebendort | Ebendort ‚BIu | = Ebendort, 11
"e I 11!
G99 Kilchberg, | Ebendort | Br. BIS F15) = Viollier, 264
Kanton Ziirich (Übergang |
| von + V. C)
700 Mettmeu- | Ebendort Br. mehrere — Derselbe, 281
E stetten, ` BI13FI111
+ | Kanton Zürich | |
01 |=) Rüti (Winkel?) | Ebendort | _ Br. V. D Flachgräber | Heierli, Anz. fiir
Il b. Bülach, | (Email) (2 Ex.)| (Skelette) schweiz. Alter-
Kanton Ziirich | | aon BI 12 tumskunde 1890
es Ex.) Taf. 18 4.5
| = Ulrich, Katalog
| 1890 1 3221
702 Nieder-Rüti —_ ' BVD — Heierli, Anz. für
bei Winkel | (Email) schweiz. Alter-
Kanton Zürich | tumskunde 18%)
S. 294
703 Hochdorf, Luzern EN S2 B14 si Viollier,
Kant. Luzern | FIll 250
704 | | Ober-Ebersoll,| Ehendort Br. B13 FI11 = Viollier, 270
Kant. Luzern | (m. Email)
TOD Aarberg, | Bern Br. V. D Grab Heierli,
Kanton Bern 1. Jahresber. der
| Schweiz. Ges.
| S. 61
DÄ Bern, | = Br. mehrere Desgl. Heierli, Urge-
(Schwarzthor | schichte 8. 390
b. Monbijou)
107 Ebendort') = Br. Desgl. Ebendort
(Schosshalde) |
708 Ebendort®) | — Br. mehrere Desgl. Ebendort
(Wabernstr.) |
ee
Begleitende Funde. 1) Egerten-Utliberg: Br. 3 Certosafibeln, 3 Stöpselringe,
3 massive Ringe. — 2) Hard-Altstetten: Vel. Ulrich, Katalog I 3222. Br. Stépselringe
und andere Ringe. — 3) Rüti: Br. Knotenhalsring mit Email, Knotenarmring. =
4) Bern: Br. Ringe. E Schwertfragment, Lanzenspitzen. — 5) Bern: Br. Armringe.
R. Beltz:
756
Lfd.
Fundort
Nr. undor
709 Kirchlindach
Kanton Bern
710 Langenthal,
Kanton Bern
ON Müusingen'),
Kanton Bern
OK Ebendort
713 Ebendort
bis
716
117 Ebendort
N
118 | © Ebendort |
=
719 12 Richigen,
Kanton Bern
120 Schonege’)
bis bei Spiez
(21 Kanton Bern
129 Ebendort
723 Worb®),
Kanton Bern
794 Gempenach *)
(Champagny)
Kant. Freyburg
125 La Töne’),
Gemeinde
Epagnier,
Kanton Neu-
chatel |
|
Bevleitende Funde.
1) Münsingen:
| 8 i Variante. Zur Fund-
ammlung | Gen; An- j
en i | geschichte
Bern | Br. V. D —
| (Email)
Ebendort | kr. V. D | —
Ebendort | Br. grosse An-| Grosses
zahl bes. V. D Grabfeld
in allen Varie- | (Flachgräber
täten u. reich-jm. Skeletten)
| stem Schmuck |
Ebendort | Br.BI2. 11.15 Descl,
| FI il |
Ebendort | Br. V.D Desel.
BI 15
Ebendort ; Br. BI 18 Desgl.
| F I 11
o (f£. Einlagen)
Ebendort Br. B I 15 Desgl.
FIA4
Ebendort ‚Br.BI6FI1l Desgl.
|
Ebendort Br.BI9.12 FI | Desgl.
Gë V.D(BI1):
|
Ebendort ' Br. zwei Stück Desgl.
| |
Ebendort | Br. V. DS 2, Flachgrab
BI4 mit
| | Steinkranz
Ebendort Br. mehrere | Grosses
| "Flachgräber-
feld
Neuchatel, Br. vereinzelt ` Befestigter
Biel, Platz im See
Bern, |
Zürich
usw.
Nachweis. —
Literatur
Viollier, 264
Derselbe, 282
Wiedmer-Stern,
Arch. des hist.
Vereins Bern 1908
(vgl. Heierli, Jah-
resb., d. Schweiz.
Ges. f. Urg. I Up
S. 56, IH 1911,
S. 85) S. auch oben
Abb. 14. 16. 18
Reinecke in
Lindenschmit
A. VS. 3389, 5¢
Ebendort, 3 d.
e, g, h
Ebendort, of
Ebendort, Bi
Viollier, 272
Ebendort
273. 275. 287
Naef, A. f. schw. A.
1902/03, S. 264
Heierli Ur-
geschichte, S. 391
1. Jahresb. der
Schweiz. Ges, f.
Urg. 1900, S. 60
Heierli, Ur-
geschichte S. 391
Heierli, Urg. der
Schweiz, S. 341.
Jahresbericht d.
Schweiz. Ges. f.
Urg. 1909, S. 32.
1910, S. 79
Vouga, les Hel-
vetes a la Tene,
188) usw.
Das wichtigste Grabfeld der Periode
S. U 633. — 2) Spiez: Br. Halsring, geknoteter Armring, Certosafibel, Halskette von
Bernsteinperlen. — 3) Worb:
GT.
4) Gempenach: Br. Ketten, Ringe.
A La Tène: Der klassische Fundplatz.
A 2 Goldringe, darunter ein „geknickter“. —
E Lanzenspitze, Schwertfragmente. S. 7 637. —
S: 7 638, @ 79. e 482.
Laténefibeln. 757
Nachweis. —
Literatur
| |
Fundort Sammlun | age | an
r =
B a, An- | geschichte
poll
126 Baulmest), — | Br. Grab (?) Heierli,
Kanton Waadt | 2. Jahresber. der
Ä Schweiz. Ges.
S. 84
127 Belmont, Lausanne | Br.S2B16.14 — Viollier,
bis Kanton Waadt | F15 256. 257. 280
129 ‘BI6.11 FI4
| S2BI 13
| F I 11
730 Lausanne, Ziirich S 2 BI 13 — Ebendort, 279
Kanton Waadt F I 11
731 Montreux, Bern Br. BIO FI 4 _ Ebendort, 253
Kanton Waadt
132 Niedens dessus, Yverdon Br. mehrere Grab Heierli,
Kanton Waadt 2. Jahresb. der
Schweiz. Ges., 8.83
|
733 Ollon, Lausanne | Br. BIS FI3 — Viollier, 262. 263
Kanton Waadt u FIS
T34 f.s Rances, Bern Br. V.D BI 14 — Ebendort, 283
3 Kanton Waadt |
a
735 E? Vevey’), Vevey Br. Typ Flachgräber | Naef, Anz. für
Kanton BIN (Skelette, schweiz. Alt.
Waadt | meist: in N. F. III 1901
Holzsärgen) S. 112
736 Ebendort?) Ebendort | Br. B I 3. 11 Desgl. Ebendort
FI5 S. 112
737 Ebendort’) | Ebendort | Br. BI7. 16.17 Desgl. Ebendort,
bis | FI4 S. 112. 64
de
739 Ebendort)? Ebendort Br.BI4 | Desgl. Ebendort
|
|
740 Ebendort ô) | Ebendort | Br. Sonder Desel. Naef, Anz. f.
| | form | schweiz. Altk.
BII2FIG N. F. IV. 1902,03
| | | S. 18
|
GI Ebendort‘) | Ebendort | Br. V.D ` Deel. | Ebendort, 8.24
742 Ehendort®) | Ebendort | FSı Desgl. Ebendort, S. 28
l BI 3 (dünn) |
| | F12
|
Begleitende Funde. 1) Baulmes: 2 Bronzearmringe. — 2) Vevey: Vgl. auch
7 6ooff. S. 661. Gr. 11 (männlich); dazu noch eine Fibel (E.). — 3) Vevey: Gr. 12.
Br. Armband. Noch eine Eisenfibel. — +) Vevey: Gr. 13 (Kind). — 5) Vevey:
(tr. 16 (männlich). E Schwert, Lanze, Messer. — 6) Vevey: Gr. 17. Armring aus
Glas.
758 R. Beltz:
Lfd. gg Ste Variante. Zur Fund- Nachweis. —
n u S
Nr. | | e GC An Geschichte Literatur
743 Vevey?), | Vevey Br. B I 12. 16 Flachgräber Naef, Anz. f.
his Kanton FI5 (Skelette, schweiz. Altk.
144 Waadt . meist in JN. F. IV. 1902/05
| Holzsärgen) S. 32
(ER Ebendort?) Ebendort | Br. Typ Desgl. Ebendort, S. 260
bis ı BLi2
146 | bzw. B 1 16
141 Ebendort?) Ebendort Br. V. D Desgl. Ebendort, S. 260
| | BI
148 Ebendort*) | Ebendort | Br. BI 11, Desel. Ebendort, S. 260
F I 13 |
149 | s| Ebendort’) | Ebendort © Br. BIO Desel. Ebendort, S. 261
© FI4
= |
150 |g | Ebendort*) | Ebendort Br. V. D Dexsgl. Ebendort, S. 262
bis | mit Email
192 | (rot und weiss)
Ä B unverziert
| oder mit
| Email (selten) |
155 Elyendort *) | Ebendort Br. I 11 Desgl. Ebendort, S. 262
FIS
TA Yverdon’) Bern Br.VD BI15; „Auf dem Lindenschmit,
Kanton Waadt V.D BI4 burgun- Alt. II, VI, 3, 7
| dischen Bonstetten, Rec.
| | Friedhofe* | ant. suiss. XV, 20
Flachgrab Viollier,
|
Begleitende Funde.
|
1) Vevey: (ir. 21.
977, 285, 289
— 2) Vevey: Gr. 27 (weiblich), —
3) Vevey: Gr. 28. Bronzeknopf. — 4) Vevey: Gr.29. Br.3 Armringe, Kolbenwellen-
formiger Armring, Schmuckketten aus Glas- und Bernsteinperlen.
S. 39. —
Reinecke, Festschr.
— 5) Yverdon:
Latenefibeln.
„Altmärker‘ Fibel.
(= Var. Q) und ähnliche.
Lfd. | : Zur Fund-
g Fundort. Sammlung Variante À
Nr. geschichte
|
1 Ripdorf, _| Nietstacheln grosses
Kr. Ulzen _ Hannover (£. Email?) Urnenfeld
2 Tinsdahl?) Kiel Br. grosses
Kr, Stormarn = Urnenfeld,
zum Teil
Hiigel
3 Segrahn Ebendort Br. —
Kr. Lauenburg
4 | Mühlen-Eichsen?) Privat- E _ Urnenfeld
bei Gadebusch besitz mehrere mit grossen
(Mecklbg.-Schw.) | ` Stein-
i | setzungen
5 Kricheldorf,’) Salzwedel Br | zwei Urnen-
bis Kr. Salzwedel | | felder
6
T Bülstringen*), ‘Neuhaldens- E | Urnenfeld
Kr. Neuhaldens- leben |
leben |
S Leitzkau*), `, Privat- E Nietstacheln =
Kr. Jerichow I. besitz (f. Email) (? ob
hier gefunden).
d Schermen“, | Burg E mit den Urnenfeld
his] Kr. Jerichow I. Schlussteilen
10 eines Ketten-
| schmuckes
11 Ziesar’) ‚ Halle mehrere, Grosses
Kr. Jerichow I. ` Berlin M.M.: meist in Urnenfeld
| Bruchstiicken
12 Werchkanu, | Breslau | E in einer
Kr. Guhrau | Urne
15 Kaulwitz°), Ebendort : E Urne mit
Kr. Breslau , Deck-
i | schiissel
14 Jungwitz?), Privat- | E e Urne
Kr, Ohlau besitz |
15 Willenberz'’), Königsberg! E S 3 äussere —
Kr. Stuhm. West- Sehne, Bügel
preussen ‚geknickt. Fuss |
ähnlich F I 10!
(Zuschreibung |
zweifelhaft)
Begleitende Funde.
Zisenzeit.
dorf: A 489. 4) Bülstringen: 5. A 499.
ss. A 519. 8) Kaulwitz: E: Schwanenhalsnadel.
<>) Jungwitz: E: Nühnadel, Gürtelhaken (s. 11).
Nachweis
Literatur
v. Estorff, Heidn.
Altert. IX, 2
Müller-Reimers
S. 102
39 Ber. S. 6.
40. Ber. S. 10.
Knorr, F. d. ält.
Eisenzeit VI. 78
Mestorf, Urnenfr.
S. 25. Knorr, F.
d. ält. Eisenzeit
VI, 78a
Beltz
Zechlin
Wegner, Ztschr. f.
Ethn. 1895, S. 121
Bauer, N. d. AF.
1896, S. 83 F. 6
Hirt, N. d. AF.
1895, S. 79 F. 17.
Reinecke in L. A.
V, 348
Reuss
Kiekebusch
Seger
Seger, Schl. V.
VII S. 223
Seger
Kemke-
Königsberg
1) Tindsdahl: Urnen usw. im Charakter der ältesten
2) Mühlen - Eichsen: Reiche Funde im Charakter Schwantes II. 3) Krichel-
5) Leitzkau: A 515 V 410 Segelohrringe usw.
G) Schermen: A 517 Q 412; in derselben Urne eiserne Ringe und Kette.
In demselben Felde Gesichtsurne.
10) Willenberg: S
() Ziesar:
S. V dil.
60 R. Beltz:
3. Mittellatenefibeln V.
Lfd. Run ios Geng Variante. | Zur Fund- Nachweis. —
un |
Nr. P "és An- | geschichte Literatur
l Gladbach Berlin | Br. V. F . = J. Schlemm
V. K. aber der Knopf
am Fuss klein
| und an der Ver-
| bindungsstelle
l profilierter
| Kegel
2 Neuss!) Bonn Br. Auf der Römerlager, Lehner, Bonner,
Klammer Augusteische | Jahrb. 111/112
M-förmige Ver- Zeit 1904, S. 358
| zierung
3 Neuwied u Br. V. J = J. Schlemm
4 Andernach, | E SE Br. = Dieselbe
, Kr. Mayen
5 |-E| Coblenz?) Coblenz EF 111 | Brandgräber | Günther, „Korresp.
5 im Stadtwald Bl. d. Westd.
= i Ztschr. 1902 XXI, 11
G| 2| Arzheim’), Ebendort | Br. F II 1 Brandgrab “Günther,
pa} Kr. Coblenz (m. Sicherungs- Mannus III, 1911
| Kettchen | Taf. VI, 11
d Kobern, ee Br. = Nr. 1 ES J. Schlemm
Kr. Coblenz Ke K. (Gladbach)
8 Münster- Coblens Br. starker = Günther
maifeld‘*) Kaiserin Schieber
Kr. Coblenz Augusta- |
| Gymnasium
9 Hirschwiesen, Trier Pr. = Kriger
Kr, St. Goar
10 Kreuznach Ebendort Br. =; Derselbe
od. Umgegend |
11 Trier | ? Br. V. J aa Reinecke, Ztschr. f.
oder Umgegend Ethn. 1900 V. S. 5983
12 E E; mit Wulst Reste von Ritterling
3 Dillkreis | am Schlusstück | Wohnstätten
13 |.2] Braubach®), ' ? Br. Bruchst. | Grabfeld III | Bodewig, Nass.
EI Kr. Rheingau Leichenbrand jAnnal. 338. 10, Il, 11
14 |& Ebendort?) ? E Bruchstück Desgl. Ebendort, II,
bis | 5 ` 12-14
16 |2] Geisenheim‘), | Mainz E Hügelgrab |Neeb. Period. BI. d.
17 | |] Kr. Rheingau | Gesch.u. Altertums-
= vereine 1554. 18%
18 | Wiesbaden" | Wiesbaden ' E B II 4 Ver- In dem Ritterling. Obere.
= bindunestück | römischen rhaet. Limes
wulstie. Kastell (Bel II B 31. 1909
i F abgebrochen | mengung ?) S. 91 Fig. 1
Begleitende Funde. 1) Neuss: Bau Nr. 109 (S. 176) „Präfektenbau“.
9) Coblenz: 'Tongefässe. — 3) Arzheim: E zusammengebogenes Schwert, Lanzenspitze.
Br. Armring mit Glasperlen. Tongefiisse. — 4) Münstermaifeld: Tongefäss. — 5) Braubach:
E Ringe, Schwert (Rest).
E Reste von 8 ähnlichen, Schlüssel, Schlossteile.
Gr. 1.
ò lH.
Tongefässe. Glasperlen.
S. A 16 @ 14.
— 6) Geisenheim:
Reiche Keramik. — 7) S. ¢ §
Latenefibeln. 761
Lfd. | Variante. | Zur Fund- Nachweis. —
N Fundort | Sammlung | Genauere An- hich
Nr | ' gaben ' geschichte Literatur
19 Hofheim ’) "Wiesbaden | Br. Römisches Ritterling
am Taunus, | mehrere Erdlayer
E Kr. Wiesbaden | | Exemplare
au |2| Heddern- | Frankfurt | Br. einfach = Beltz
S heim?), a.M. |
= | Kr. Wiesbaden HAL |
21 [4] Flörsheim’), | Frankfurt | E Urnengrab [| Frank, Frankfurter
bis ['3 Landkreis a. M. Festschrift 1908
gei 2 Wiesbaden V. M. Taf. 2, 11
23 [2°] Altkönig‘) Frankfurt E Typ; mit Ringwall Beltz
= a. M. | einer zweiten
= H. M. kleinen Kugel
24 | Ebendort Ebendort | E Sonderform | Aus dem Tor- Ritterling
| | V.J mit weg des Ring-
| Doppelspirale walls
25 Nanheim?), Darmstadt Br. V.M.u ähnl.| ÜUrnenfeld |Quilling, Nanheimer
Kr. Friedberg L. M. + (dazu mehrere Funde 8, 100. 101.
, Bruchstücke)
2 Nauheim, Mainz | E = Lindenschmit
Kr. Gr.-Gerau
27 Mainz Ebendort | Br. aus dem Neeb
| Rhein
28 Ebendort Wiesbaden E — Ritterling
2) Ebendort, Mannheim | Br. B 11 3 — Gropenziesser
Dimeser Ort | |
30 Ebendort S | Br, VW. J = 48 ? Reinecke, Ztsch. f.
si | ! Ethn. 1900 V. S. 598
bis | 5] Badenheim®, Mainz | E | Gräber Neeb
33 |2 Kr. Mainz |
34 |F | Essenheim’), | Ebendort E | Grab Derselbe
bis E Kr. Mainz
3 Se
36 | S| Ebendort?) Ebendort | Br. | Grab 4 Derselbe
37 A Ebendort Ebendort Br. S 2 Grab 3 Derselbe
38 | £| Nieder-Olm §), | Ebendort Br. Brandgräber Derselbe
bis |S Kr. Mainz eine E
42
43 Ober-Olm, Ebendort E Desgl. Derselbe
bis Kr. Mainz
47
48 Weisenan’) Ebendort Br. V. J Aus dem | Reinecke i. Linden-
bei Mainz Rhein schmit Alt. V, 336
A0 Bingen ? Br. V. J = Reinecke, Ztsch. f.
Ethn. 1900 V. S. 598
50 Ebendort Worms | Br. Schlusstück — Kohl
| | durch Draht-
| windung ver-
| bunden
Begleitende Funde. 1) Hofheim: S. Nachtrag e — >) Heddernheim: Mit
römischen Funden. S. æ 15. — 3) Flörsheim: Spätlatene-Gefässe: E Schlüssel (?). —
4) Aitkönig: S. +9. — 5) Nauheim: S.® 13 @ 22. Spätlatene-Inventar. — 6) Budenheim:
S. A 31. — 7) Essenheim: Gr. 4. Hohlarmriog @ 34. — 8) Nieder-Olm: S. e 37
blauer Glasarmring. — 9) Weisenan: S. w 34.
Zeitschrift für Ethnologie. Jahrg. 1911. Heft 5. Au
162 R. Beltz:
| Variante.
EE | Ban nit Zur Fand- Nachweis. —
| S BEE An: geschichte Literatur
öl Bingen | Worms Br. — Köhl
| B. massiv
52 Dietersheim, Mainz — — Oberrh. Archiv IV
Kr. Bingen s 1845 Taf. 4 S. 413
53 Elsheim ?), Ebendort E Grab Neeb
Kr. Bingen
54*) Gensingen, | Darmstadt Br. V. F — Lindenschmit,
Kr. Bingen , L.M. A. 11. VII 3,6
| Kofler
56 Heidesheim?), | Mainz E Hügelgräber Lindenschmit,
bis Kr. Bingen | A. II VIL 3, 13
64 | III II. 1, 4
65 Hackenheim, | Ebendort B. V.G Grab Lindenschmit
Kr. Alzey |
66 Dalheim, | kbendort EV.G Desgl. Derselbe
Kr. Oppenheim
67 Eichloch®), | Ebendort EF II 1 Brandgrab Derselhe.
bis | = | Kr. Oppenheim | Westd. Zeitschr.
63 |2 XXI Taf. 3. 1q
69 |Z| Hahnheim’), ' Ebendort E Griber Neeb
bis Kr. Oppenheim |
m1 |
72 | 2| Nierstein’), Ebendort Br. (Bruchst. Desgl. Schumacher in
bis | & | Kr. Oppenheim von mehreren) Lind., A. V 539. 540
73 [2 |
2 |
14 1 2 Ebendort Ebendort : Br. V. F Desgl. Lindenschmit
bis |S
D |
76 Ebendort Ebendortt $$ EV.F Desgl. Derselbe
TT Wolfsheim, Ebendort Br. B II 2 Aus einem |Nceb. Westd. Ztschr.
bis Kr. Oppenheim mit Eiu- zerstörten X 1891 S. 399
[> | kerbungen Grabe
79 Albig, Worms | Br. Knopf am _ Köhl
| Kr. Worms Bügel
angexossenen
80 | Blédesheim, Ebendort | Br. = Derselbe
Kr. Worms |
81 Heppenheim‘), | Ebendort Br. .- Derselbe
Kr. Worms i
82 Ebendort Ebendort E — Derselbe
83 Mettenheim, | Ebendort Br. — Derselbe
bis Kr. Worms
$4
$d Monsheiin‘), Ebendort | Br. — Neeb
Kr. Worms |
|
Begleitende Funde. 1) Elsheim: A 29. — 2) Heidesheim: E Bandf. Schild-
buckel, Schwert, Schere. S. A 30 — 3) Eichloen: E Ringe. Glasringe. — 4) Hahnheim: S. 7 13,
fy 38. — 5) Nierstein: S. @ 40. Gr. 4. E Messer. — 6) Heppenheim: Waffen. Dreh-
scheibengefiisse. @ JS w Il. — 7) Monsheim: @9 A 54.
*) Oo füllt aus.
Latenefibeln.
Lfd. ae a Nasa Zur Fund-
undor ammiuog | Genauere An- .
Nr. | gaben geschichte
|
86 | 5] Nackenheim!), Worms E | —
bis | ? Kr. Worms
90 |
91 | = | Wachenheim?), | Ebendort Br. —
2} Kr. Worms
=
92 | > Worms Ebendort Br. —
=| Umgegend
he £ Rheinhessen Mainz SC : ee =
100
101 Maudach, ? Br. V. J —
B.-A. Speyer
102 | „| Dürkheim’), Bad Br. Bruchstück | Ebersberg
= B.-A. Neustadt | Dürkheim Hügelgrab
8
5
103 | > Ebendort Ebendort Br. Typ Grab auf
bis IS dem Feuer-
107 berg
108 Rheinzabern, ? Br. V. J —
B.-A. Germers-
heim
109 Strassburg ? Br. V.J _
110 | 2| Hénheim‘), | Strassburg ` Br. —
2) Kr. Strassburg |
=
111 Dornach, S. Forrer, | Br. =
Kr. Mülhausen | Strassburg
112 Feuden- Mannheim E Brandgrab
heim", Amt
Mannheim
113 Ladenburg’), | Ebendort E —
bis Amt Mannheim B mit breiter
114 quadratischer
e Platte (nach
3 Art der korallen-
d | verzierten) |
115 Wallstadt’), Ebendort | E ähnlich den Brandgraber-
Amt Mannheim vorigen feld
116 Ebendort‘) Ebendort E einfacher Ebendort
117 Reilingen®), | Heidelberg ES1 Brand-
Amt Verbindungs- bestattung
Schwetzingen stelle mit der späten
kleiner Kugel Latenezeit
Begleitende Funde:
Nachweis. —
Literatur
Derselbe
Derselbe
Neeb
Reinecke, Zeitschr.
f. Ethn. 1900
Verhandl. S. 598
Mchlis-Nenstadt,
Studien z. ältesten
G. d. Rheinlands
XII 1895 S. 7
Derselbe
Reinecke, Zeitschr.
f. Ethn. 1900
Verhandl. 8. 598
Ebendort, S. 598
Anzeiger f. elsäss.
Altertumskunde IL
1911 S. 130
Forrer
Gropengiesser
Derselbe
Derselbe
Derselbe
Wagner, Fund-
stätten u. Funde
II S. 201
1) Nackenheim: @ 49, — 2) Wachenheim: S. A 66. @51.
— 7) Dürkheim: Br. Nadeln mit einfachen und doppelten Köpfen, Anhänger, Ringe usw.
— 4) Hönheim: In der Nähe latenezeitlicher Wohngruben. — 5) Feudenheim: Die andern
Gräber aus der ersten Hälfte des ersten Jahrhunderts n. Chr. — 6) Ladenburg: S. A 90
w 48. — 7) Wallstadt: Gräber der zweiten Hälfte des ersten Jahrhunderts v. Chr.
(Auch
Fragment Br. einer anscheinend w-Fibel.) — 8) Reilingen: E: Messer, Schere.
4y*
764 R. Beltz:
Lfd. Variante. Zur Fund- Nachweis. —
x Fundort Sammlung | Genauere An-
Nr. gat Aen geschichte Literatur
118 Dühren ’), Karlsruhe si Silber V. Flachgrab Schumacher in
Amt Sinsheim (mehrere?) | Lindenschmit, A.,
| . Taf. 15, 248.
| | Waguer II S. 333.
Oben Abb. 47
119 Ebendort?) | Ebendort ‘Silber; ähnlich Desgl. Schumacher, 249
| ‚118. S 2 noch
reicher
| verziert
120 Ebendort!) Ebendort ' Silber, Pracht- Desgl. Derselbe, 250
stück S 1 B
' mit 3 Wulsten,
mit gegossenen
| Voluten und
= Perl-
= | verzierungen,
Š | am Schluss-
stück 3 ähn-
| liche kleinere
| Wulste
121 Ebendort 1) Ebendort Br, S 2 Desgl. Derselbe, 251
breiter Ver-
bindungsring
122 Ebendort!) Ebendort | Br. Bruchstück Desvl. Derselbe,
bis | 252 a, b
124 Ebendort!) Ebendort | E Bruchstück — Derselbe, 253
Korallenperlen
auf Eisenstiiten
he A Hilfingen®*), Donau- E V.J — Wagner, Fund-
Amt Donau- eschingen (mehrere) stätten u. Funde
eschingen LS 99
126 Horkheim?), Heilbronu Br. V. F (1) Flachgrab Schliz, Fundber.
O.-A. Heilbronn aber anstatt X S. 19 Abb. 25, 36
| der Kugel eine
Scheibe
127 | sc} -Ebendort 3 | Ebendort E V. F Desgl. Ebendort,
= die Um- S.19 Fig. 41
= | fassungskugel
3 | profiliert, die
z Fusskugel
= | gedreht ‘und
E" verziert, he-
‚sonders fein
| und gross
128 Ebendort*®), Ebendort Br. zierlich, Desgl. Ebendort,
kleine Kugel S. 19, Fig. 44
auf F
Begleitende Funde: 1) Dühren: Skelett mit 4 bis 6 Tongefiissen, Br. Kessel
mit eiserner Kette und Haken, Kanne, 4 Zieistiicke, Spiegel, Henkelkrug, Pfanne.
Gold: Fingerring, Spiralring. Glas: 4 Armringe, 2 kleine Schmuckringe, 3 Perlen.
17 Spielsteine. 14 Bernsteinperlen, 2 Gagatringe. Stein: Würfel, Eiförm. Kuochen:
Zierstück, 2 Haarnadeln (GL E Schere. ee 2) Hiifingen: Zahlreiche früh-
römische Funde. — 3) Horkheim: Gr. 1 s. A 155. — 4) Horkheim: Gr. II s. A 139.
Laténefibeln, WT)
Lfd. eegen d EN Ka | Zur Fund- Nachweis. —-
o n
| enauere An-
Nr. i gaben geschichte Literatur
129 »|s| m Erpfingen!), Stuttgart | E Bügel ver- Seu Schliz. Fundber.
©) Q.-A. Reut- ziert, mit Wulsten Höhle. 1894 Ergänzungs-
=| lingen und Streifen heft 11 S. Ay
=
130 Alslingen?), Dillingen | Br. Bruchstück In einer Harbauer-Dillingen
B.-A. Dillingen i (Ubergang zu römischen Jahresber. 1909
| V.J), im ganzen| Kulturschicht | Taf. XVII. S. 181.
6 Exemplare
131 E Ebendort Ebendort Br. = Ebendort
132 | $ Ebendort Ebendort | Br. V. F mit = Ebendort
= | kleinerem
E | Wulst
133 5 Druisheim, ? Br. V.J _ Reinecke, Zeitschr.
el B.-A. Donau- f. Ethn. 1900
P worth Verhaudl. S. 498
134 Augsburg ? Br. V. J Am Neuen Ebendort
Kranken-
hause
135 Epfach, Miinchen Br. V. J = Katalog IV Taf.
B.-A. Schongau N. M. XII, $
136 Wildenrot’), ? E Verbindung Hügelgrab, Naue, Pr. BI. un
B.-A. Bruck ; wulstartig Taf. VI,
EH
137 Dietersheim, | München Br. V.J Zu Reinecke,
B.-A. Freising | Hist. Verein Ztsch. f. Ethn. 1900
a Vhdl. S. 498
138 | $, Traunstein‘) ` Traunstein Br. V.J Skelettflach- | Präh. Bl. II S. 49
bis IS z. T. Brucbstiick grab *) Taf. V 3
141 8
142 [© | Karlstein’) | Reichenhall Br. V. J Wohnstatten Reinecke in
b. Reichenhall Lindenschmit, A.,
V, Taf. 63, 1141
143 Ebendort München Br. Desgl. Birkner
St. S.
144 Manching’), | Ingolstadt | Br. B mit pro- Ringwall Weber, Beitr. zur
B-A. Ingolstadt | filiertem Bande Anthr. usw. Bayerns
F mit kleinen 1905 8. 24
145 Perlen
bis Ebendort‘) sa E Bruchstück | Skelettgrab- Ebendort,
146 t. S. feld S. 30, 2—3
Begleitende Funde. 1) Erpfingen: Br. geschlossener massiver geriefter Armreif;
2 dünne, offene Armringe; 1 hohler Armring; 2 grosse und 1 kleiner hohler Ohrring.
1 Drahtfingerring (Zusammengehörigkeit zweifelhaft). — 2) Aislingen: A 169 w 52. —
3) Wildenrot: Vgl. A 173; Gr.59 Br. Bruchstücke von Späthallstatt-Fibeln. E Ober-
armring. — 4) Traunstein: Drehscheibengefässe. Br. Blech, Gürtel (?), Nadel. E Messer. —
5) Karistein: Inventar vom Schluss der l.atenezeit. S. auch A 116 w 57, — 6) Manching
Zahlreiche Funde: Gefässreste, Zügelringe, Wagenbeschläge usw. der letzten Latene-
Stufe. — 7) Manching: Allgemeines: Ringschmuck, (Buckelringe usw.) Waffen(Schwerter,
Lanzen, Schildbeschläge) br. Ketten, Messer, Scheren, Glasperlen und Ringe. Oberhalb
des Kopfes Drehscheibengefässe der Mittellatenezeit, (Reinecke, Mainzer Festschrift 1902
S. 64 fled. und Lindenschmit V zu Taf. 20). Die Fibeln lagen oberhalb des Kopfes, auf den
Achseln und auf der Brust. —S.A 181 w 55. Gr. 2, Tierknochen, E Klammern, Schnalle.
*) Ygl. dazu Reinecke, Korr. Bl. 1901, S. 27.
166 R. Beltz:
Lfd. ander ER ER Variante; Zur Fund- Nachweis. —
Nr. 5 | Gen Srel An- geschichte Literatur
147 Manching?) München |Br.S1BIIl1 Skelett- Weber, S. 34 Fig. 3
St. S. F V. F (1) grabfeld
(dazu 2 Bruch-
stücke E)
148 Ebendort?) Ebendort | E Bruchstücke Desgl. Ebendort
bis von zweien
149
150 Ebendort°) Ebendort E desgl. Desgl. Ebendort
bis (Form nicht
151 erkennbar)
15 Ebendort‘) Ebendort | E Bruchstücke Desgl. Ebendort
bis (Form nicht
153 erkennbar)
154 Ebendort’) Ebendort Br. Desgl. Ebendort, S. 37, 1
bis E Bruchstücke
156 von ähnlichen
157 Ebendort®) Ebendort | E Bruchstück Desgl. Ebendort
bis |
158 e
159 | 2| Ebendort’) Ebendort | Br. (dazu un- Desgl. Ebendort, S. 40, 4
= bestimmbare
E Bruchstücke E)
160 [© | Epbendort®) Ebendort | E Bruchstücke Dese), Ebendort, S. 43,3
bis
161
162 Ebendort 2 Ebendort | E Br. grössere Desgl. Ebendort, S. 42 ff.
Anzahl Bruch- (einige abgeb.
stiicke Birkner ebda.
Taf. VIII)
163 Ebendort 19 Ebendort 'Br. „mit weisser Desgl. Ebendort, S. 45
Einlage auf (unten)
dem Bügel-
kamm und
: kleiner Bronze-
fassung“
164 Ebendort 7? Ebendort Br. Desgl. Birkner, Beitr. z.
| A. B. XVI 1905
Taf. XI, 6
165 Ebendort 19 Ebendort | E Übergang Desgl. Derselbe,Taf. XII, 4.
zu V. F (1) Reinecke in
Lindenschmit,
A. V. 9238
Begleitende Funde. 1—12 Mauching: 1) Gr. 3 w. E Gürtelkette. Br. ge-
wundener Armring. Glasreif. — 2) Gr. 4. E Schwert, Lanze, Schildbuckel. Dreh-
scheibengefässe. — 3) Grab 5. E Schwert, Lanzenspitze, Schildbuckel, Ring. Br. Pinzette,
Armring (mit Glasperlen) Drehscheibengefäss usw. — 4) Gr. 6. Waffenausrüstung wie
Gr. 5. In einem Tongefäss Eberkopf. — 5) Gr. 7. w. Halsgehänge aus Perlen von Glas,
Bernstein, Bronzeblech, Bronzegürtelkette mit Emaileinlage, Armringe aus Br. und Glas.
— 6) Gr.8. Waffen usw. wie oben. — 7) Gr.9. Ähnlich wie Gr. 7. — 8) Gr.10. Waffen
usw. wie Gr.d usw. — 9) Aus weiteren Gräbern, meist ohne Sonderung, soweit erkennbar,
in derselben Verteilung wie oben. — 10) Gr. 14, w. Br. Armring, wirtelartiges Hänge-
stück. — 11) Gr. A.w. mit derüblichen Ausstattung (Bronzekette usw. — 12) Gr. 10, w.,
mit üblicher Ausstattung; auch A 181.
Laténefibeln. 767
Lfd. Variante. Zur Fund- Nachweis. —
Fundort Sammlung | e !
Nr. J BC | ee Literatur
166 Manching!,, | München ` Br. B stark | Skelettgrab- | Birkner, Beitr. z. A.
Kr. Ingolstadt St. S. ` gewölbt, Uber- feld B. 1905 XIII, 3
. gang von A
| und zu V. F (1)
16% Ebendort?) Ebendort | Br. V. F Desgl. Reinecke in
(Kugeln flach Lindenschmit, A.,
gedrückt, V, 334.
ähnlich V. H.) Birkner a. a. O.
XI S. 39
168 Ebendort?) Ebendort | Br. Verbin- Desgl. . | Reinecke, V, 335
dungsstiick ein Birkner XI, S.39
| voluten-
P verzierter
Knoten, F mit
| kleinen
| ie
169 Ebendort®) Ebendort | Desgl. Fink, Beitr. zur
auffallend gross Anthr. Bayerns
XI 1895 5. 37
z | Taf. I/II Fig. 10
170 | S} Ebendort*) | Ebendort , Br. EV. F (1) Desgl. Ebendort,
E | Taf. I/II Fig. 9
171 IZ) Ebendort*) | Ebendort | E S 2 V. F Desgl. Ebendort,
| (an Stelle der Taf. IIL/IV Fig. 7
zweiten Kugel
3 flache
d Scheiben)
112 Ebendort?) Ebendort E V.F (1) Desgl. Ebendort,
bis S 2 Taf. III/IV Fig. 8
113 | (eine Bruchst.)
174 Ebendort®) Ebendort | Br. V. H Desgl. Ebendort,
F (aber kleiner) Taf. I/II Fig. 11
äussere Sehue
| B II 4
10d Ebendort®) Ebendort | Br. B II 1 Desgl. Ebendort,
| V. F, aber die Taf. I/II Fig. 14
eine Kugel
schwach, profi-
liert, die andere
scheibenartig
mit Voluten
176 Ebendort Ebendort E V. F — Reinecke in
an Stelle der Lindenschmit,
zweiten Kugel A. V 927
Scheibe
(für eine Ein-
lage)
Begleitende Funde: 1—6 Manching: 1) Gr. 14, weiblich. Mit Schmuckringen
usw. -- 2) Gr. IV. Br. Fingerring, Gürtelkettenhaken, Armringe, E Armringe. Tonge-
fässe. — 3) Gr. I, Kindergrab. — 4) Gr. II, w. 2 gläs. Armringe. — 5) Gr. III. E:
Schwert, Schildbuckel, Gürtelschliesse, Nagel. — 6)Gr.1V. Br. Fingerring, Gürtelhaken,
Oberarmreif. E Unterarmreif, kl. Kette. Tongefässe.
R. Beltz:
Lfd. Doia Aa | variante | Zur Fund- Nachweis. —
Nr. | E. Bereet | geschichte Literatur
| i
117 Straubing Straubing | Br. V. J (mit Auf der: Ebner-Straubing,
3 Kngeln) römischen | Jahresbericht des
Siedelstätte H. V.
E Straubing I 1808
> i S. 7 und Tafel
MS |E Weltenbargy,| München | Br. V. H S2 5 Beitr. zur Anthr.
T| B.-A. Kelheim N. M. F mit ab- u. Urg. Bayerns
z Ve | geschnirten ` ` IV Taf. 5, 50
| Wulsten ` Katalog IV
Taf, 12, 7
| Lindenschmit,
| : A. II VIL 3, 12
19 sen | München | E Sonderform | — Scheidemantel,
E NG d B II b FII3 Hügelgräber von
| | Parsberg II
| Taf. 3, 10a
150 Ebendort?) | Ebendort | E V, F — Ebendort,
a | (nur 1 Knopf | Taf. 3, 10b
D | an der Ver- |
a | bindungsstelle)
= | F Il 1
181 |=] Ronsolden®), Bad E _ Steinmetz,
=! B.-A. Parsberg: Dürkheim | Verh. d.h. V. d.
= Ä Oberfalz 45 S. 24
182 Dollmanns- | München Br. B II 3 | — Reinecke in
berg *), St. S. FILS Lindenschmit,
B.-A. Sulzbach ` A. V E
183 Zwischen Ebendort Br. B II 3 Hügelgrab Birkner
Högen und F II 5
Haunritz®), |
B.-A. Sulzbach :
Markäöbel°), Frankfurt Br. V. F — Lindenschmit
_| Kr. Hanau a. M. die Kugeln mit- (Sohn),
S H A gegossen, Ver- Röm.-germ.
= | bindungsstück Centralmuseum
E | = V. J Seltene Taf. 30 u. 33
sé Form
aa
185 | &.| Altenburg”), Cassel Br. S 2 Doppelter | Böhlau, Zeitschr.
2 b. Niedenstein Ringwall d. Vereins f. hess.
Kr, Fritzler Gesch. N. F. 35
1909 Taf. I 9
186 | .; {Kl.-Gleichberg, Meiningen Br. B II 5 Wallburg Reinecke in
d (Steinsburg) | F 115 Lindenschmit,
=\ı b. Römhild A. V 339 *)
ai | Oben Abb. E
|
Begleitende Funde.
1) Kloster . Weltenburg: S. A 194.
2) Prünnthal.
Mit 179. — 3) Ronsolden: Vgl. 7 89 (zusammengehörig?). — 4) Dollmannsberg: S. t 124,
A 242. — 5) Zwischen Högen und Haunritz: S. 7 119, A 243. — 6) Marköbel: Br
grossse Kette. — 1) Altenburg: Spätlatene-Inventar. S. A 269.
*) Auf der Tafel 3538.
LatènefibeIn. 16
Lfd. Bari an | Variante. Zur Fund- Nachweis. —
Nr. e Fu An: | geschichte Literatur
187 Kl.-Gleich- | Meiningen Br. V. J | Wallburg Pusch. Jacob
bis berg ') (3 Bruchst.) in VAPS VII
191 VIII S. 26 Fig. 73
Reinecke in
Lindenschmit,
| A., V 337
Kee Ebendort *) Ebendort E Desgl. Pusch
is
193
194 Leimbach’), Ebendort E Brandgräber | Goetze in VATh.
S.- Meiningen (Urnenfeld) |S. 223 Taf. 17, 248
, Reinecke in
Lindenschmit,
A. V 340
195 Ebendort?) Ebendort E noch Desgl. Neue Beiträge
bis ; Bruchst. von Meiningen 5 1888
197 mehreren Taf. IV 8. 9
198 Ebendort Ebendort E V. F Desgl. Ebendort,
2 Taf. IV 10
199 | $ Jena’) Jena E Br. Buchst, ` Urnenfeld Eichhorn
E auf ae
N Lerchenfe
en = Ebendort*®) `" Ebendort E V. F (1) Desgl. Derselbe
1S | .2
201 | &
202 E aan) Ebendort E — Ba 7 VATh
= -B. Weimar | . 261
203 KI. Romstedt"), Ebendort | Br. V. J Einzelfand Eichhorn,
V.-B. Apolda (der über- Tafeln IV 144
| greifende Fuss ` | VATh. 8. 306
_ gekerbt und |
| Ä verbreitert)
204 Sachsen- Ebendort | E | — Eichhorn
bis Weimar |
S |
206 Gera, Gera | E V.F — Auerbach-Gera
Reuss j. L. | (die zweite
Kugel sehr
| gross, Uber-
| GE von
)
207 Alteburg®) Arnstadt ` Br. V.J Wallburg Zschiesche
bei Arnstadt | in VATh. S. 254
208 Arnstadt, Berlin | Br. V. J — J. Schlemm
bis Schwarzburg- V. K.
209 Sondershausen
Begleitende Funde. 1) Kl. Gleichberg: Vgl. + 171 A 266 w 66. — 2) Leimbach
Zusammen mit Spätlatene-Inventar. S. A 279, we 68. Von der Stelle Funde älterer und
jüngster Latenezeit; Reinecke in Lindenschmit, Alt., Y. S. 105, stellt den Zusammenhang
der beiden Gruppen in Frage. — 3) Jena: S. A 286 w 70. — 4) Buchfart: E grosse
Ringe, Pfeilspitze, Lanzenspitze. — 5) Kl. Romstedt: S. auch ® 76. — 6) Alteburg:
Viele Latene-Funde, darunter auch Regenbogenschiisselchen.
770 R. Beltz:
Lfd. Fun Sé | a Variante. Zur Fund- Nachweis. —
( | n 2
Nr. i | d Ee Ee geschichte Literatur
210 Eischleben?), Gotha Br. V. J. Urnen ohne | Florschitz a. a. O.
g Kr. Gotha Steinschutz Taf. Fig. 8
211 |Z| Ebendort') Ebendort E Desgl. Ebendort.
bis IS Fig. 4. 6. 7.
EUR
214 |2| Ebendort?) Ebendort E V.F Desgl. Ebendort, Fig. 5
215 | | Holzhausen®), | Privat- | E mehrere | Urnenfeld |Zschiesche i. VATh.
Kr. Gotha besitz | . 238
216 Ranis*), |Hohenleuben| Br. B II 5 Grabfeld Auerbach-Gera
Kr. Ziegenrück | Reichenfels F II 6
217 Wernburg‘), | Ebendort | Br. Bruchstück Skelett- Derselbe
Kr. Ziegenriick gräber
218 Grossjena?), Halle Br. V. K Grosses Reuss. — VATh.
bis Kr, Naumburg Urnenfeld S. 346
21%)
210 Ebendort Ebendort | E V. J (dazu _ Ebendort
ein Bruchstück)
991 Weissenfels Berlin |Br. Übergang zu) — J. Schlemm
V. K. V.J
23 || KI. Corbetha’), Halle Desgl. Urnenfeld | Förtsch, Mitt. d.
bis J= | Kr. Merseburg r. M. IT S. 52.
224 | = | Abb. 12. 13. 14
225 [S | Liederstitdt’), Privat- Mehrere Desgl. Goetze in VATh.
= Kr. Querfurt besitz (Form?) S. 71
236 [2] Beyernaum- Privat- E — Höfer in VATh.
= burg, Kr. besitz S. 135
2 Sangerhausen
227 | a| Rietnord- | Nordhausen Br. V. J Urnenfeld Ebendort, S. 145
n | hausen’), Kr.
=| Sangerhausen
228 | E| Meisdorf”), Berlin E Grabhügel J. Schlemm.
A | Mansfelder Ge- V. K. mit Urnen | Höfer in VATh.
birgskreis auf dem S. 49
Osterberge
229 Ebendort Ebendort | Br. am Bügel Desgl. J. Schlemm.
4 röhren- Kossinna, Korr.-Bl.
förmige Korallen 1907 S. 60
(od. Knochen)
250 Ebendort Ebendort Br. V. J. Desgl. J. Schlemm
231 Ebendort Ebendort | Br. V. F. (5!) Desgl. Derselbe
2732 Ebendort Ebendort | E ähnl.V. O. Desgl. Derselbe
oe =. e
Begleitende Funde. 1) Eischleben: S. A 292 @ 77. — 2) Holzhausen: E Gürtel-
haken. — 3) Ranis: A 297. — 4) Wernburg: Vgl. A 294. — 5) Grossjena: Bronze-
zeitliche und Latene-Funde, gemischt. — 6) Kl. Corbetha: Auch A (327). — 7) Lieder-
stiidt: Segelohrringe, Gürtelhaken, Glasperlen. S. e 101. — 8) Rietnordhausen: Urnen
z. T. auf der Drehscheibe, Gürtelhaken, w 86, .— 9) Meisdorf: Br. Situla (Undset, Fisen
in Nordeuropa, XXIV, 1), br. und eis. Lanzenspitzen, zusammengebogenes Schwert,
Ringe usw. e S55.
Laténefibeln. 771
Variante.
Lfd. Fundort e N | Zur Fund- Nachweis. —
undo A
Nr. Sree E | geschichte Literatur
233 Meisdorf, Jena E Mehrere Eichhorn
bis [=] Mansfelder Grabfelder
234 |A| Gebirgskreis
235 | S| Ebendort) Ebendort | Br. Übergang Desgl. Ebendort
= zu V. F (fasset-
= tierte Kugel
2 bzw.Halbkugel)
236 | 3| Ebendort') Wernigerode E Desgl. Höfer
a
237 E Ebendort?) Braun- |E.S2BII4 Desgl. Scherer
S schweig,
= H. M.
238 | £ | Nachterstedt,| Privat- | E mehrere Ex. = Höfer
Pa (Kr. Aschersleben besitz
239 Bernburg Halle E = Reuss
240 Bel Bernburg | Schloss Br. Bigel — Halınc-Hannover
Kühnau sechseckig
241 Sorge’), Zerbst E Bruchstück | Urnengräber Seelmann.
Kr. Zerbst Rathaus ohne Stein- Becker, S.-Th.
schutz Jahrschr. II 1903
242 Luso®;, Zerbst ‘EV F (dazu Br.)| Urnenfeld Seelmann
2 Kr. Zerbst Schloss |
243 | Š) Mühlstedt®), | Privat- | Br. V. J. | Urnengrab Derselbe
bis |< Kr. Zerbst besitz Das Schluss-
244 stück gestrichelt
245 Rietzeneck®), Desg). E viele Beim Derselbe
Kr. Zerbst Bruchstücke Pflügen
bes. V F gefunden
246 Kl. Kühnau’), Desgl. E V.F. (1 Brucl-! Urnenfeld Derselbe.
bis Kr. Dessau stück) Zeitschr. f. Ethn.
247 1907 S. 187
Fig. 24/25
248 Leipzig- Leipzig E V.F. Desgl. Deichmüller
= Connewitz?)
249 E Crébern’) Ebendort E V. F. (1) Desgl. Derselbe,
S bei Leipzig Korr.-Bl. d. anthr.
un G. 1887 S. 33
250 | $| Ebendort?) Berlin Desg). Desgl. Deichmüller
= K
251 > Ebendort”) Ebendort | Br. V. F (1) Dese), Derselbe
Begleitende Funde. 1) Meisdorf: F Gürtelhaken und Ring, Spiralohrring. —
2) Meisdorf: E zusammengebogenes Schwert, Lanzenspitze, Segelohrringe mit Glasperlen,
Girtelhaken. — 3) Sorge: Auch A 350 w 109. — 4) Luso: E Speerspitzen, Ringe,
Gürtelhaken, Nadeln, Br. Anhänger, Kettchen, Perlen. — Glasperlen. S. A 357. —
5) Mühlstedt: E Gürtelhaken, Br. Ring. — 6) Rietzeneck: Gefässe mit Bogen u.
Näpfchen verziert. — ŒE Gürtelhaken, Nadeln. — Br. Ringe. — 7) Ki. Kühnan: E
Nadeln, Ringe, Gürtelhaken. — Br. Spiralring, Ohrringe. — Glas: blaue und grüne
Perlen. — Harz. — 8) Leipzig-Connewitz: E Gürtelhaken, Fibel A 363. — 9) Cröbern:
S. A 378.
172 R. Beltz:
Lfd. oe | e , Namen Zur Fund- Nachweis. —
Nr. en | eee N geschichte Literatur
202 Markklee- Leipzig E | Urnen ohne | Jacob, Jahrb. d.
berg!) Steinschutz | Leipz. Mus. 1907
bei Leipzig XXI, 134
253 Ebendort?) | Ebendort E Desgl. Derselbe,
| XXII, 142
254 Bobersen*) Grimma |Br.Typ Bruch- | Urnengrab Wilke-Chemnitz.
= bei Riesa | stück Zeitschr. f. Ethn.,
a | Verhandl. 1899
Si. | S. 657 Fig.3b u.c
255 |Z] Ebendort | Ebendort | Br. V.J.Brchs.| ` Desgl. Ebendort
256 |-2) Dresden-Alt- | Dresden Ev Ei | Urnenfeld Deichmüller
Er stadt’) |
257 |: Lébtau ‘) Ebendort Desgl. Urnenfeld. Derselbe
“=! bei Dresden Nach-
| bestattung
in einem
| Urnenfeld
des Billen-
dorfer Typs
358 Heidenau?) , Ebendort EV.F Urnenfeld Derselbe
bis bei Pirna
261
262 Freystadt Breslau Br. B. breit Urnengrab Seger, Schl. V.
mit Perlstreifen VI 8.416, 4.
Klammer ent- Reinecke in
sprechend breit Lindenschmit,
F mit Ver- A., V, 347 (vgl.
tiefungen f. Kossinna, Korr.-Bl.
Einlage d. anthr. Ges. 1907
8. GO
263 Zölling®,, Ebendort E Urnen ohne į Seger, Schlesiens
bis Kr. Freystadt Steinschutz | Vorzeit VI. S. 420
204 j g 2.1.
265 |3) Denkwitz, | Ebendort | E.S. 1, auf F — Derselbe
= Kr. Glogau rechteckige
Ka Platte
266 Zeippern’), Ebendort E. Brandgruben-| Seger, Schl. V.
bis Kr. Guhrau mehrere Bruch- griiber N. F. If. S. 41
270 stiicke Fig. 39.40.41.42.46
271 Beichau, Ebendort Br. Typ — Seger
Kr. Militsch
272 Przybor®), Ebendort — Brandgruben- Derselbe
Kr. Steinau gräber
Begleitende Funde. 1) Markkleeberg: S.A 371. — 2) Bobersen: Henkelge-
fäss. E Gürtelhaken, Reste eines Gürtels. Br. Spiralring, Bruchstiick von Y-Fibeln,
auch œ 115a. — 3) Dresden-Altstadt: E Gürtelhaken: Br. Armring. — 4) Löbtau:
S5. A 398. — 5) Heidenau: S. A 402. 6\) Zölling: w 117; E Gartelhaken.
Urne mit ausgezogenem Miander. — 7) Zeippern: E Schwerter, Schildbuckel, Lanzen-
spitze, Schere, Messer, Pinzetten. Cefiisse mit verbreitertem Henkel, Hakenkreuz,
ausgezogenem Miiander: nur Mitttellatene-Typen. 8) Przybor: E Messer, Pfriemen,
Tonwirtel, w 11S.
Laténefibeln. 713
Lfd. N DEE Variante. Zur Fund- Nachweis. —
Nr. miung | Genauere An- geschichte Literatur
| gaben |
Seger, Schl. V.
VI, S. 413
Bernstadt'), Breslau |E V. F F mit | Urnengräber
Kr. Oels Vertiefungen
(f. Einlage)
Münster Köpp-Münster
Niedersachsen I
| S. 139, Abb. 10
Taf. 27, 9
| Urnenfriedhöfe in
unbekannt
(Westfalen?) |
275 Pyrmont?', Pyrmont | Br. S 2 Am Boden Führer für
Waldeck B breites Band | des Brodel- | Pyrmont, heraus-
brunnens gegeben von der
Brunnendir., S. 14
276 Lauingen®), Braun- E V. F (1) Urnenfeld Fuhse
Kr. Helmstedt schweig
E St. M.
GA
217 |Ë Ebendort?) Ebendort EV.FS2 Desgl. Derselbe
278 2 Ebendort?) Ebendort EV.JS2 Desgl. Derselbe
bis | 3 (1 Bruchstück)
279 a
2x0) Blankenburg | Privatbesitz Br. V. J — Prochno-
a. Harz | Blankenburg
2S1 Nienburg‘) Hannover | E B ähnlich | Hügelgräber, Hahne
! B II 3 Urneufeld
293 Ebendort Ebendort E V. F Desgl. Derselbe
bis
n]
284 Ebendort Ebendort Br. V. H. Desgl. Hahne.
e | Lindenschmit,
| A., V.H.
| | T. 3. 5.
i | Oben Abb. 48
285 | | Ebendort | Ebendort E Desgl. Hahne
bis I © |
290 | & !
291 | 3 Wolpe’), ` ` Ebendort E V. F (3) Urnenfeld Derselbe
bis [4] Kr. Nienburg ` Br. V.J
294 | Bruchstücke
205 Hannover Ebendort E eine Desgl. Derselbe
| Kugel (Über- |
| gang zu F) |
206 Réttges- = Braun- EV.F |_ In einer Fuhse —
biittel®, | schweig | Urne
Kr. Gifhorn | St. M. |
27 Thnrau‘), Lüneburg E - Urnenfeld I|Lienau. Schwantes,
Kr. Lüchow |
Begleitende Funde. 1) Bernstadt: A 421. — 2) Pyrmont: Br. Schöpfgefäss,
3 Denare (jüngste Caracalla 211 bis 212) g. 200 Fibeln, br. und s., besonders frührömische
bis zu Völkerwanderungstypen. S. w 123. — 3) Lauingen: S. A 477. — 4) Nienburg:
S +243 A425 w 127. — 5) Wölpe: Bruchstücke von mehreren. — 6) Röttgesbüttel: Br.
Ohrring, plattierter Gürtelhaken. — 7) Thurau: Gürtelhaken, holsteinische Nadeln
Keramik im Charakter Schwantes II, IM. w 144.
774 R. Beltz
Lfd. ai SEENEN Variante. | Zur Fund- | Nachweis. —
a a
EH i Fe | geschichte Literatur
nn ` ` Ülsen 1) Lüneburg ze: V. G. Urnenfeld Lienan
is ( osetten
299 aus Korallen)
FIIi
SE Ebendort?) Ebendort EC a Desgl. Derselbe
is ta F
301 (Korallen)
302 Ebendort?) Ebendort E V. F (3) Desgl. Derselbe
303 Kahlstorf?), | Hannover E V. F (3) Desgl. Derselbe
bis Kr. Ulzen 1 bruchstiick
304 !
303 Oltzen’), Lüneburg EV.F Desgl. Lienau. Schwantes,
Kr. Ulzen | | Bruchstück Pr. Z. IS. 154
Urnenfriedhöfe I
S. lit
306 Oldenstadt‘), | Hannover E V. F Desgl. Lienau
bis Kr. Ulzen
307 |
308 Ebendort‘*) | Ebendort ; Br. S 2 _ Desgl. Derselbe
zwei grössere
flache
Klammern)
309 | z Ripdorf®), |; Ebendort E mit Desgl. Hahne. Kossinna,
bis | = Kr. lzen Koralle und Korr.-Bl. d.
310 = | Nietstift anthr. Ges. 1907
= | ' 1 Bruchstück S. 60
dll Römstedt®), Ebendort E V.F Desgl Hahne
Kr, Ulzen
312 Fürstentum | Nirnherg Br. V. F a Beltz
Lüneburg G.M.
313 Ebendort’) Lüneburg os 24 | un Lienau
eF (? un- |
vollständig)
in der Kugel |
| Koralle
314 Ameling- Ebendort | Br. S 2 | = Derselbe
hausen auf dem
Kr. Lüneburg Schlussstück
| 2 rechteckige `
| Platten
315 Gerdau, Ebendort Br. V. F — Derselbe
Kr. Lüneburg | :
916 Altenwalde, Berlin E u. Br. V.F | — J. Schiemm
Kr. Stade V.K |
317 Ebendort Ebendort | Br. Y. H (3) , — Dieselbe
318 Ebendort Ebendort | Br. BI3 | — Dieselbe
319 Holszel®), Geeste- EVF Urnen- Plettke-
Ld. Wursten, münde (br. Kugeln) | friedhof Geestemünde
Kr. Lehe | Bruchstück auf hohem
| | Geestrande
Begleitende Funde. 1) Uizen: Spiralohrringe, Gürtelhaken, Osenring, Inventar
im allgemeinen Schwantes Ill. A 419.— 2) Kahlstorf: S. A 453. — 3) Oitzen: A 45. —
— Spiralohrringe, Glasperlen, Gürtelhaken, Inventar der Stufe Schwantes III. — 4) Olden-
stadt: ^A 456. 3 Bruckstücke von ähnlichen. — 5) Ripdorf: A 461 Q 1. — 6) Röm-
stedt: Bruchstück einer ähnlichen. — 7) Lüneburg: 4 Bruchstücke von ähnlichen. —
8: Holszel: w 129.
Latenefibeln. 2 Ti
qe
Lfd. Fundort e N Variante. Zur Fund- Nachweis. —
undo anımlun S
Nr. a en An | geschichte Literatur
ES2 ae Plettke
320 Holszel?), Geeste-
bis Ld. Wursten, miinde Sonderform ; auf hohem
321 Kr. Lehe B un der Ver- | Geestrande
bindungsstelle
stark verdickt
(Rosette mit
Grabhügel | Hamburg 111 1886
mit Urnen, S. 11 Taf. 3, 44
ohne Stein-
schutz
E Bronze- Rautenberg, Jahrb.
(geg. 30)
1. Hügel
perlenartigem |
Rande)
322 |. Fo. uän Hannover EBII4 Urnenfeld Hahne
bis |£
323 | ©
324 E Westerham?), | Hamburg |E u. Br. V. H. ; Hügelgräber | Rautenberg, Jahrb.
Kreis Neuhaus (2. T. bronze- | d. wiss. Anst. Ham
| zeitlich) burg ILI 1856 S. 15
nn Ebendort Ebendort E | Desgl. Ebendort
is |
326 |
327 Ebendort Ebendort Br. V. F (3) ! Desgl. Ebendort, 8. 19
| | Taf. 3, 32
328 | so, Rastede, Oldenburg | Br. V. F (3) ! Moorfund | Martin-Oldenburg
E Amt Oldenburg l
329 |£ Ahlhorn, Ebendort E — Derselbe
=| Amt Wildes-
E hausen
330] &) Bentrupp, Ebendort En Br. Sonder- Moorfund Derselbe
&| Amt Löningen form. Auf |
N dem ver-
2 bundenen
S Schlussstück
2 eine durch
de) Strichgruppe |
verzierte Pauke |
331 Holte*) Hamburg
bei Cuxhaven zeitliche d. wiss. Anst.
T
332 E Ebendort*) Ebendort E Desgl. Ebendort, S. 12
353 |E Ebendort‘) Ebendort E Desgl. Ebendort
334 1 | Ebendort’) Ebendort E Desgl. Ebendort, S. 13
Taf. 3, Ay
330 Ebendort®) Ebendort | Br. V. F (3) Desgl. Ebendort
Taf. 3, 40
336 Ebendort 3 Ebendort E VI Hügel Ebendort,
bis Taf. 3, H
Rn
Begleitende Funde. 1) Holszel: Urne Nr. 1. w 129. — 2) Provinz Hannover
3 Bruchstücke von ähnlichen. — 3) Westerham: Urnen zum Teil bronzezeitlichen
Charakters. w 160. Nachtrag. — 4) Holte: S. 60 w1öl. Urnen meist der Ripdorfer
Stufe Br. Holsteinische Nadel, Nadel, Gürtelring, kl. Ring mit Beschlagklammern. E Be-
schlagstück, Stift. Gr, +3. 47. 55. — 5) Aus zerstörten Urnen. — 6) Holte: Gr. 14. Nachtrag.
176 R. Beltz:
Lfd. Gage DEEN Variante. | Zur Fund- | Nachweis. —
Nr. S SE Ä geschichte Literatur
Zu - | eS SS — Sere | TE gg ——_ 77 ee
338 Süderbrarup, ! Kopenhagen Br. V. F (5) |; Aus denGrab-| Mestorf, Urnen-
Kr. Schleswig | higeln am friedhöfe Taf. V.
Torsberger Fig. 6
Moor
39 Lottorf'), Kiel Br. u. E V. F | Urnengrab Mestorf
Kr. Schleswig ` Bruchsticke
310 Schellhorn, | Ebendort | Br. V.FS2 Desgl. Mestorf, a. a. O.
Kr. Plön Die Kugeln mit Taf. I,
Einlage Fig. 14
Knorr, VI, 1238
SAL Wentorf), | Ebendort | Br. u. EV. F Desgl. Mestorf
bis Kr. Plon |
O43 f- Br. Bruchstück |
SH |S] Gönnebeck®), | Ebendort Br. V. F | Urnenfeld Mestorf, a. a. O.
>| Kr. Segeberg Taf. I, Fig. 10
345 TI Ebendort | Ebendort EV.F Leichenbrand Mestorf
e) | ohne Urne
316 [2 Schwissel, Ebendort E V. F (3) Urnenfeld Knorr a. a. O.
so] Kr. Segeberg ` | VI, 127
N
47 Ebendort Ebendort | Br. B II 6 Desgl. Ehendort, VI, 134
DAS Ebendort Ebendort | Br. B II d Desgl. Ebendort, VI, 137
340) Barsbüttel, | Ebendort | Br. S 2 Urnenfeld Ebendort
Kr. Stormarn B mit Furchen VI, 133
Ä (f. Email?)
300 Hammoor‘), | Ebendort ' EF II 1 Grosses Knorr,
Kr. Stormarn | Urnenfeld |VIJ, 129. 41. Bericht
d. Schl.-H. Museums
sol Ebendort Ebendort | E Bruchstücke | Desgl. Derselbe
his | |
357 |
358 Ebendort Ebendort Br. V. J S 2 Desgl. Knorr.
BII6 VI, 136
309 Pétran), Lübeck | E V. F Urnengrab Freund, Lübecker
Kr. Lauenburg Festschr. 1597, X, 9
360 Ebendort Ebendort E V. F (3) Desgl. Ebendort, X, 10
OL Waldhusen Ebendort | E V.F Desgl. Ebendort, X, 9
Lübeck
362 i .( Hagenow‘) Schwerin , EV. F Urnenfeld Beltz, Mecklbg.
E | (IV) Jahrb. 1906, S. 80,
Si | | VAM S. 306
o6 | >) Bellevue’) Ebendort | E V. F Desgl. Ebendort,
=| bei Hagenow | S. 87, VAM 306
DGE |= | Krebsförden®) | Ebendort Eu. Br. V. F Grosses Ebendort, S. 41
bei Schwerin i Urnenfeld (I) VAM 502
Begleitende Funde. 1) Lottorf: ,holsteinischer* Gürtel, — 2) Wentorf: Teile
eines „holsteinischen“ Gürtels. — 3) Gönnebeck: holsteinische Nadel, Osenring, Zwinge.
— 4) Hammoor: Bronzekessel, Gürtelhaken usw. — 5) Pötrau: E Gürtelbeschlag, Ring.
— 6) Hagenow: Urnen unter Steindämmen, „holstein.“ Gürtel usw. — 7) Bellevue: Urnen
unter Steindämmen, Br. Ösenring usw. E Gürtelhaken usw. — 8) Krobsförden: Urnen
frei im Sande, junger Charakter. w 178.
Latenefibeln, Ti
Lfd. undort e va Variante, | Zur Fund- Nachweis. —
undort . Sammlu , 3
Nr. | = S "ben An geschichte Literatur
| | gaben :
SE sf E ! |
365 [= ( Grabow (Amt) Schwerin Br. Übergang ; Anscheinend | VAM Taf. 46, 2s
> | zu J.S 2 Moorfund
E Klammer und |
T Stelle am Fuss |
Se Ä mit vertiefter |
= | Furche
= | (f. Email)
OO Le Dargun’) , Ebendort | E V.F | Urnenfeld | Meckl. Jahrb. 1906
| ' mehrere Ex. | (Il) S. 152, VAM S. 310
367 Pleetz?) Neu-Bran- ` Br. V.J Urnenfeld Brückner-
bis |» | bei Friedland denburg | Br Klammer | Neubrandenburg
369 15 | geriefelt (zur
5 | Aufnahme von |
a | Email ?)
Ei | Ä |
DIE Ebendort ' Ebendort Br. V. J. | Desgl. Derselbe
GG | Bügel mit kreuz-
‚ förmiger Ver- |
tiefung f. Email
371l Qr.-Chiden®), Salzwedel: EV.F ` Desgl. Kupka,
( Kr. Salzwedel Ä (klein, Uber- ` S.-Th. Jahresschr.
Ä gang) mehrere | 1910 S. 18
| | Ka
12 Conran, | Ebendort ı Br. VJ" Urnengrab Zechlin
Kr. Salzwedel | |
D3 Rüssefeld*), | ? Ek: mit Korallen i Aus- Undset., Eisen
=| Kr. Salzwedel ` “(noch mehrere) : gedehntes S. 230
© | Urnenfeld
3741 S | Kricheldorf?), | Salzwedel | EV.J | Zwei Grab- | Zechlin. Kupka,
bis | | Kr. Salzwedel felder mit a. a. O. S. 16
3315 | | ‚ Urnengräbern Liidemann, A. f. A.
E | i u. Knochen- N. F, 1, 'S. 236.
Z | | | lagern |
376 > Ebendort `, Ebendort Br. V.F ` Desgl. Ebendort
bis IS | ’
D ke [5°]
rt |
319 = Ebendort | Privatbesitz | E (mehrere Desgl. Ebendort
© |! und Berlin | Exemplare) | J. Schlemm
Du {
380 Ebendort Desg). Br. klein Desgl. Ebendort
381 Ebendort `." ` Dese, E (mehrere) Desgl. bendort
| V. F (3 St.)
WR Perver ô), Salzwedel E Urnenfeld Zechlin. Kupka,
Kr. Salzwedel a. a.
EWEN
Begleitende Funde. 1) Dargun: Urnen unter Steindämmen. E. Giirtelhaken
usw. — 2) Pleetz: w 193. — 3) Gr. Chüden: Auch e 197. — 4) Wlissefeld: Zusammen-
gebogenes Schwert, Hohlkopfnadelu, Segelohrringe, Glasperlen. — 5) Kricheldorf: S.
A489. Q 5. Gürtelhaken, Spiralohrringe, „holsteinische“ Nadeln. 6) Perver: Noch mehrere,
auch @ 199.
Zeitschrift für Ethnologie. Jahrg. 1911. Heft 5. 50
178 R. Beltz:
Lfd. Fundort s , | Variante. | Zur Fund- | Nachweis. —
n 2
Nr. undo ammlung | ee An geschichte | Literatur
— FL nn
|
383 Perver, . Salzwedel Br. V.J | Urnenfeld Zechlin. Kupka,
bis Kr. Salzwedel : S.-Th. Jahresschr.
385 | | 1910 S. 18
38G Lohne?), Berlin | Br. B. II 2 Desgl. J. Schlemm-
Kr. Osterburg ` NK. mit kleinen Kossinna,
| rechteckigen K. Bl. 1907 S. oi
| Scheiben ver- Undset, Eisen
| ziert, auf denen S. 229 Fig. 17
| ' Knochen- (oder Kupka, a. a. O.
| Korallen?) S. 18.
knöpfchen Oben Abb. 49
387 Ebendort | Ebendort EV.F Desgl. J. Schlemm-
aber kleine Undset, Eisen
Kugel S. 229, Fig. 16
385 | _ Ebendort | Ebendort Br. BIL 6 Desgl. J. Schlemm
389 E Walsleben?) ; Stendal E Grosses Kupka, Beiträge
ii Kr. Osterburg ` Urnenfeld; | zur Geschichte der
hs | Ä Urnen oder Altmark
= l Knochenlager} III 1911 S. 97
= | | frei im
E Boden
390 |Z Ebendort?) Ebendort ` E Desgl. Ebendort
391 | S| Arneburg’), Ebendort | E Urnenfeld Kluge, N. d. A.
a! Kr. Stendal 1892 5. 38
E | Kupka,
a a. a. O. S. 18
392 S Bülstringen?), Neuhaldens- | E; mit | Desgl. Werner, Zeitschr.
à IKr. Neuhaldens- leben stärkerer f. Ethnol. 1805
leben ' Klammer und S. 138 Fig. 51
Knoten im
Schlussstiick
393 Altmark Berlin BrV.G — J. Schlemm
bis (Fo. u.) V. K. | |
396
39% Desgl. Ebendort Br. B. II 3 | Ge? Dieselbe
398 Desgl Ebendort Br. V. F — Dieselbe
399 Desgl. Ebendort Br. V. F — Dieselbe
| (1 mit ge-
| schwungenen
| | Kerben)
400 Schartenke°), 7 mehrere Urnenfeld Wilke,
Kr. Jerichow IT ! Deutsche Gesch.
| | Bl. VII S. 30s
Begleitende Funde. 1) Lohne: S. 4505. Dazu Bruchstücke von zwei ähnlichen.
(Undset, T. XXIII, 12. 13). — 2) Walsleben: Inventar im allgemeinen Jastorfstufe. —
Gr. 19, in einem rundlichen Topfe. — 5) Walsleben: Gr. 21. E Nähnadel, Gürtelhaken.
P Arneburg: Auch ò (496). Segelohrringe, br. Kolbenring, astragalierte Halsringe, vier-
kantiger grosser „Spindelstein“ aus Glas. — 5) Bülstringen: S. ^ 499. Q 7 w 207. —
6) Scharteuke: Br. Serelohrringe, Schwanenhalsnadeln, Berlocke. E Nadeln (mit Br.
kopf). Gürtelhaken, Tonlöffel, e 216. —
Latenefibeln. 119
e |
Lid. Fundort | e N Variante. | Zur Fuud-. Nachweis. —
undor ammlun - i
Nr S Geer An | geschichte Literatur
401 Schmetz- | Privatbesitz E gross Urnenfeld Jentsch,
dorft;, Zeitschr. f. Ethnol.
Kr. Jerichow II | XX 1888 Verh.
S. 53
|
402 Schollehne*), 7 | — mehrere Undset S. 201
Kr. Jerichow UI ' | | Urnenfelder
Bücknitz®), | Berlin | E Urnengrab Kiekebusch
404 Kr. Jerichow I M. M. | |
| |
405 Eulenmühle t), ` Berlin Br. — J. Schlemm
Kr. Jerichow I V. K. |
|
406 Ebendort : Ebendort | E V. F (1) = Dieselbe
407 I= Heyrots- | = ag | mehrere | Grosses Nachr. d A.
= berge’), | Urnenfeld 1896 S. 81
| Kr. Jerichow I | |
= | )
408 LSV Hohenwarte®), Burg mehrere Urnenfeld |Nachr.d. A.18058.73
=| Kr. Jerichow 1 | S.-Th. Jahresschr.
ei III S. 140
Z
409 = Ebendort | Ebendort | F Desg). Hahne-Hannover
410 |5| Leitzkau’), libendort Br. V.J Urnenfeld II | Bauer. Nachr. d. A.
a | Kr. Jerichow I 1896 S. 83a
ke Kupka, a. a. O.
= S. 17
S
411 Ce Ebendort Ebendort E BII 2 Desgl. Bauer, a. a. O.
| F fehlt S. 83 b
112 Schermen ®)\, Ebendort E Urnenfeld | Hirt, Nachr. d. A.
Kr. Jerichow I 1895 S. 79, 16
Kupka, a. a. O.
S. 17
415 Vehlen’), Berlin E Desel. Kiekebusch
Kr. Jerichow I M. M.
414
bis Ebendort | Ebendort E V.F Desgl. Derselbe
416 |
417 Ziesar’°), Gr. Wuster- | E V. F Desc. Kossinna,
Kr. Jerichow | hausen, (4, m. Korallen- Korr.-Bl d. anthr.
Privatbesitz einlage) Ges. 1907 8, 60
Begleitende Funde. 1) Schmetzdorf: Br. Ohrringe, Ösenringe, Ringe mit E
Zwingen, E Gürtelhaken. — 2) Schollehne: S. A 519. — 3) Bücknitz: E Nadel mit
Bronzekopf, Gürtelhaken. — Br. Segelohrringe. — Glasperlen. A 510. — 4) Eulenmühle:
S. A 512. — 5) Heyrotsberge: Ähnlich deuen von Schermen usw. Glas, Kämme, Urnen-
harz. — 6) Hohenwarte: S. A 513. — 7) Leitzkau: S. A 515. Q 8. Br. Segelohrringe,
Doppelspiralnadeln. E Gürtelhaken usw. — Glasperlen. — 8) Schermen: A 51T Q9. —
9) Vehlen: S. w 215. — 10° Ziesar: A 519. Q 11. — In einer Urne seltener Form (mit
Vertikal- und Halbkreisfurchen in Buckelurnenart). Bruchstücke von ähnlichen.
MIT
180 R. Beltz:
: |
Lfd. | variante; Zur Fund- Nachweis. —
x Fundort : Sammlung | Genauere An- hich Li
Nr. | gaben geschichte iteratur
418 SE Porin | Br. V. J. EE Grab Kiekebusch
r. Ruppin MM. | eld. — U. in
| Steinpackung,
ringsum
| Spuren von
| Leichenbrand
419 Ebendort | Ebendort | Br. V.J. Desgl. Derselbe
420 Ebendort | Ebendort | E Desgl. Derselbe
421 Ebendort Neu-Ruppin E V.F Desgl. Schwartz, Progr. d.
(5!) Gymn A
| 1871 Undset Eis.,
S. 200
422 Charlottenau, Berlin | E SES Kiekebusch
bis Kr. Ruppin M.M
CH ;
e Gransee, Nürnberg, Br. F II 3 = Lindenschmit, A.
424 Kr. Ruppin G. M. mit Korallen | JI H. VIL 3, 2
Kossinna, Korrbl.
d. anthr. Ges. 1907
| S. 60
425 Luggendorf*),, Berlin Br. V. J. Urnenfeld J. Schlemm
Kr. Öst-Priegnitz| V. K. (Bruchstück) Goetze, Alt. d.
> Priegnitz SH
5 | S. 56 Taf. 2
426 2) Ebendort Ebendort Br. S V.F : Desgl. Dieselben
3 (1 klein) |
427 a Butzow’), Privatbesitz E * Urnenfeld Voss
= | Kr. Westhavel- | | IVa Taf. 5, 4
lanıl |
428 Ebendort Desgl. E V.F (1) | Desgl. Ebendort, `
| IVa Taf. 6,5
429 Fohrde ‘), Desgl. ES2FI1 Urnenfeld Ebendort,
Kr. Westhavel- | Gallberg I IVa Taf. 7, 1b
land ;
430 Kbendort*) Desgl. EF II 1 Dese), Ebendort,
| am Fussende IVa Taf. 7, 1c
durchlochte
Scheibe
431 Ebendort°®) Desgl. | BV. J | Desgl. Ebendort,
! Bruchstiick IVa Taf. 7, 2
432 Ebendort 3 | Desgl. E V.F | Desgl. Ebendort,
his | | IVa Taf. 7.3
4033 |
1 Ebendort’) Desgl. ES2 V.F | Desgl. Ebendort,
| IVa Taf. 8, 6a 6d
A Ebendort?) | Desgl. E l Desgl. nyEbendort,
| a Taf. 8, Ge
P? i
Begleitende Funde. 1) Binenwalde: Kleingeräte, Gürtelschliesse. Urnen älteren
Charakters. @ 217. Zahlreiche Fibeln. 2) Luggendorf; Hausurne(!. — 3) Butzow:
In einer Urne mit br. Pfeilspitze; Segelohrringe, Girtelhaken. S. auch A 525. —
I) Fohrde: In den Urnen eiserne Lanzenspitze, Segelohrringe, Hohlkopfnadeln, Gürtelhaken,
Fibel in Hallstattart. Grab 1. — 5) Fohrde: Grab2. Br. Armring, E Girtelhaken. —
6) Fohrde: Grab 3. Nähnadel, Nadel mit doppelkonischem Kopf. — 7) Fohrde: Grab 6.
Latenefibeln. 71
|
Lfd. St, "bas Variante. Zur Fund- | Nachweis. —
Nr. TE | ER Genauere An- geschichte Literatur
| gaben
nn —— nn nn — E vn — = —
436 Fohrde!), | Privatbesitz E ' Urnenfeld Ebendort,
Kr. Westhavel- | Gallberg I IVa Taf. 9, 9a
land |
437 Ebendort | Desgl. | Br. V.F Desg]. Ebendort,
| | auf dem IVa Taf. 10, 11
| Bügel seltsame
| Verzierung
| (entartete
Vogelprotomen)
438 Ebendort | Desgl. E V. F (3) Desgl. Ebendort,
1Va Taf. 11, 13
439 Ebendort | Desgl. E V. F (1) Desgl. Ebendort
440 Derwitz?), | Desgl. E Urnenfeld Ebendort
bis Kr. Zauch- | IVb Taf. 17, 2a, b
441 Belzig |
412 Ebendort?) | Desgl. | EV F Desgl. Ebendort,
| | | IVb Tatel 17, 2e
|
445 Ebendort *) Desgl. Br. V.J į Desgl. Ebendort,
bis | | [Vb Taf. 17, 3a, b
444 | = |
=
= e
445 | £) Ebendort Berlin Desgl, Desgl. J. Schlemm
bis |E) V. K. |
447 d | |
448 Krielow’), | Privatbesitz | Br. V. J. | Urnenfeld Voss,
Kr. Zauch- | | | IVa Taf. I 1
Belzig | |
449 Ebendort?) Desgl. | E Desgl. Ebendort,
bis | IVa Taf. 3, 11
450
451 Ebendort?) Desgl. | E V: E Desgl. Ebendort,
bis | IVa Tafel 2, 5.
453
454 Ragösen’) | De sgl. E Desgl. Ebendort,
Kr. Zauch- | | IVb Taf. 16, 5
Belzig
t55 Rochow’), | Desgl. E Desgl. Ebendort,
Kr. Zauch- | | IVa Taf. 13, 5
Belzig
456 Alt-Töplitz®), Berlin | EV.F | — Kiekebusch
Kr. Zauch- | M.M.
Belzig
Bn Werder‘), | Ebendort | ° E | — Derselbe
Kr. Zauch- |
Belzig | |
|
` Begleitende Funde. 1) Fohrde: Grab 9. Mit Gürtelhaken. Bruchstücke
einer ähnlichen mit Seitenknépfen. — 2) Derwitz: Lanzenspitze. + 247 A 505 @ 232.
— 3) Krielow: Segelohrringe, Spindelsteine (gemischtes Grabfeld). — D Bagüsen:
Sonst Segelohrringe, A 540. — 5) Rochow: In einer Urne mit Gürtelhaken, Nadel
mit doppelkonischem Kopfe. Sonst Segelohrringe. — 6) Alt-Töplitz: A 559 @ 255.
— 7) Werder: + 246.
182 R. Beltz:
|
SS |
Lfd. Fundort | e , | Variante. Zur Fund- Nachweis. —
undor ammlung | ; , An- l .
Nr. | | ne | geschichte Literatur
= -= I TAS S = ~ 2 mm az RER = OTS II DI 00000020
458 Grossbeeren!), Privatbesitz | E 3 Typ : Urnenfeld Hindenburg,
bis Kr. Teltow | 2 KSE mit gruppen- Mannus II
462 | | | Weiser S. 107, 9
i | ı Stellung
463 Gr.-Lichter- Berlin | E ' Urnenfeld [J. Schlemm. Zeit-
felde?), V. K. | | schrift f. Ethnol.
Kr. Teltow | 1879 S (348)
464 Ebendort Ebendort E V.F (1) | Desgl. Dieselbe
469 Ragow 5), | Ebendort Br. V. F | Urnenfeld Dieselbe
Kr. Teltow |
466 Ebendort®) , Ebendort | E Desgl. Dieselbe
467 Südende). | Berlin | E? — Kiekebusch
Kr. Teltow ALR | Bruchstück
468 Tempelhof‘), Berlin ` E | — J. Schlemm
Kr. Teltow Ä V. K.
469 Weichersdorf, | ? -— — Wilke, Deutsche
Kr. Lübben | Geschichtsblätter
| Vil S. 505
410 | c| Landwehr‘), | Berlin E mehrere Ä Urnen mit | Buchholr, N. d. A.
z Kr. Luckau M. M. Bruchstücke Deckelschale 19004 S. 30
E | anscheinend und Stein-
S | | V.J. packung
471 S Sagritz Wi | ? — — Niederlaus. Mitt.
= Kr. Luckau | IV S. 127
472 Koschen, Berlin E _ Urnenfeld J. Schlemm
bis Kr. Kalau V.K.
44
Fib Ebendort | Guben E | Desel. Jentsch, Gymnasial-
bis programm 186
416 | S. 19
ATT Forst-Pförten, | Privatbesitz EV.F | Derselbe,
Kr. Sorau == Niederlaus. Mitt.
III S. 48
478 Gaben Berlin LEI = J. Schlemm
V. K. |
419 Ebendort *) Guben Br. mehrere, ' Urnenfeld auf] Jentsch,Niederlaus.
| darunter B II? dem Wind- Mitt. IV S. lus
(mit Koralle) mühlenberg. (Taf. I, 3. 4)
480 Ebendort *) Ebendort Br. J | Desgl. Jentsch,Gymnasial-
bis | programm 158),
BEA S 2
Niederlaus. Mitt. IN
S. 103, VII S. 71
Begleitende Funde. 1)Grossbeeren: Urne mit ornamentalen Henkeln und Hals-
ornament aus gekreuzten Linien, gekröpfte Nadeln. — 2) Gr.-Lichterfelde: Segelohr-
ringe, gekröpfte Nadel usw. w 238. — 3) Ragow: Br. Halsring mit Stempelenden. E
Girtelhaken. — 4) Südende: S. e 240. — 5) Tempelhof: w 241. — 6) Landwehr: E
würtelhaken, Nadeln, Ringe, Kette. E mit Br.: Nadeln. Br. Segelohrringe. S. @ 71. —
O Sagritz: E Gürtelhaken, Schieberspange. — 8) Guben: Br. Gürtelhaken, Ringfibel, Ring.
E Gürtelhaken (einfache und zweiteilige). — Glasperlen.
` Latenefibeln. 783
Lf. Fundort | e i Variante, Zur Fund- Nachweis. —
ort amımlun S
Nr. e Genauere An geschichte Literatur
gaben |
182 Guben”) Guben € E mehrere `, Urnenfeld auf | Jentsch,Gymnasial-
dem Wind- | progromm 1555,
S 25
mihlenberg 2
Niederlaus. Mitt. IV
S 103, VII S 71
Ebendort | E V.H Desgl. Ebendort
483 Ebendort®) |
484 Haaso, Ebendort | E Urmenfeld |Jentsch. Vhdlgn. d.
bis Kr. Guben | | Berl. Ges. f. Anthr.
456 | | 1889, S. 225
| Niederlaus.
| Mitt. IV S. 105
457 Liebesitz, | Ebendort E Desgl. Jentsch, Niederlaus.
Kr. Guben | Mitt. IV S. 107
488 Sadersdorf?), : Ebendort E Urnenfeld mit l;bendort,
Kr. Guben | in grosser Zahl Übergang zu IN, SI
! | einem an-
| schliessenden
frührömischen
489 Ebendort Ebendort F V.J mehrere Desgl. Ebendort
4% Ebendort Ebendort Br. B JI 2 Desgl. Ebendort,
Längsfurche mit Tat. 1, 4
| Koralle |
491 | Èf Ebendort Ebendort | Br. BIT1 ` Desgl. Ebenılort,
2 ' (untere Sehne) Taf. 1, 2
492 13) Schlagsdorf, | Ebendort | E Urnenfeld Ebendort,
a} . Kr. Guben | | IV S. 120
493 |= !Wirchenblatt®,) Berlin ! Br. Fil1, Desgl. J. Schlemm.
Kr. Guben V.K. ; verziert mit | Jentsch, a. a. O. IV
| ' kammartigen | S. 121
| | Einkerbungen |
194 Ebendort?) | Ebendort E | Desgl. Dieselben
199 Ebendort?) | Guben E zahlreich, | Desgl. Dieselben
| darunter V. H |
| |
496 Rampitz®). Kreis Berlin E Urnen Kiekebusch
bis Weststernberg ` M. M. ‚frei im Boden | Goetze, Vorg. d.
499 | Neumark, S. 43.
Friedel, Ztschr. f.
| Etbn. 1879, Vhdlgn.
| | S. 312 (vgl.
| auch Kossinna,
| ! Ztschr.f. Ethn. 1905,
| S. 392)
TOO Alt-Ranft", Freienwalde; E Übergang zu Leichenbrand- Kiekebusch
Kreis | ad.O. Var. K. grab F. Scheffler, Gym-
Oberbarnim nasialprogramm
Ä ! | 1906 Taf. 11, Fig. 47
901 Marzahn’\, Kr. Berlin E Übergang zu, Urnenfeld Kiekebusch
Niederbarnim | M. M. V. F (1 Kugel,
| ; 1I kl. Wulst)
Begleitende Funde. 1) Sadersdorf: Kleingerät. w 245. — 2) Wirchenblatt: Auch
spätlatene- und frührömische (?) Sachen. w 246. — 3) Rampitz: E Schwert. Gürtelhaken, auch
frührömische Funde (Messer, Speere). | 249. — +) Alt-Ranft: E Waffe. — 5) Marzahn:
Bruchstücke von mehreren ähnlichen Var. F, z. T. mit Bronzekugeln.
784 R. Beltz:
Lfd. | s j Variante. Zur Fund- Nachweis. —
Nr SES ! ze | Genauere An- | en Literatur
a Zu ee
502 | [ Flieth?), Prenzlau Urnen Kossinna, Korrbl.
bis Kr. Templin d. anthr. Ges. 190%
50t S. 52. —
Rlume, Uckermär-
kisches Museum 455
5305 Hammel- Ebendort (?) EV J Grosses Schumann-
bis spring“), E Übergang | Urnenfeld Löcknitz (+)
509 Kr. Templin zu V. K.
Br. (5 Rosetten)
| E Übergang
zu F.
510 Storkow’®), Ebendort E Urnenfeld Blume, a. a. O. 489
bis Kr, Templin
all
512 Ebendort? Berli EBIL3 Desel. Kiekebusch.
MM > Buchholz, N. d. A.
1893 S. 35. —
| Oben Abb. 42
513 Ebendort Ebendort | E | Desvl. Kiekebusch
bis
514 | |
515 | „| Ebendort | Ebendort | EVJ. | Desgl, Derselbe
516 E Ebendort Ebendort | Br. V.J. | Desgl. Derselbe
bis |£ ' B mit Kerben
518 Io | und |
a Querwülsten
519 [5 Schmiede- Prenzlau | E mit 3 Ver- Urnengral) Schumann
bere", | tiefungen auf |
Kr. Anger. ' dem Bügel .
münde | (für Email)
320 Helenenhof°), | E Desgl. Blume, Verzeichnis
Kr. Prenzlau Ebendort i 452
|
e Hohen- E V.J. Ms J. Schlemm.
oal Wutzen®), Kr. SC | | Goctze, Vorg. der
Königsberg i.N. we Neumark F. 82
Zeitschr. f. Ethnol.
1874 S. (164,
180% 8. (220°,
1899 S. (148).
Goetze, Schr. d.Ver.
f.Gesch.d. Neumark
V, S.59.
| | Kossinna, Ztschr. f.
Ethnol. 1905 S. 399,
52? Ebendort | Ebendort E. auf dem ee J. Schlemm
' Bügel kleine
| Goldplatte
92 Ebendort Berlin E V.F. = Kiekebusch
| M. M. © höher gewölbt
Begleitende Funde. 1) Flieth: E Messer, Pinzette, Kropfnadel usw. — 2) Hammel-
spring: Br. Segelohrringe, blaue Glasperlen, echte Mittelmeerkorallen. Noch viele
Exemplare aus Eisen, e 259. — 3) Storkow: E Gürtelhaken. Br. Segelubrringe. —
Glasperlen usw. — A 531. @ 72, w 260. Bruchstücke ähnlicher Fibeln. — 4) Schmiede-
berg: E Gekröpfte Nadel. — 5) Helenenhof: E Gürtelhaken, Ring. — 6) Hohen-
Wutzen: E. halbinondförmige Messer. Br. Halsring mit Email. A 534.
Latenefibeln. 18:
Wa)
| ae
Ltd te, Uom Variante. | Zur Fund- | Nachweis. —
Nr. SC d ammiung | Genauere An- geschichte Literatur
| gaben
| a |
>24 Mandelkow, Stettin Br. V. G. Angeblich Goetze, Vorg.
bis Kr. Soldin = Moorfund der Neumark
D25 (Brandenburg) (Gemischter F. 82
Fund)
D26 Rügen | Berlin | Br. V. F. | — J. Schlemm
| V. K. | (die Kugeln
mit Augen-
| | verzierung)
| :
D27 Dumgene- | Stralsund | E Urne mit Schumann,
witz’), Rügen | Leichenbrand | B. St. 39 S. 139
| und Stein-
schutz
228 Radekow‘), Stettin | E Brandgrube Ehendort
Kr. Randow | | Ss. 12
H
KRANK Butzke?., | Berlin E = J. Schlemm
=) Kr. Belgard I VK.
VIE Ebendort ; Ebendort EFII1 ` — "Dieselbe
oa ae Ebendort’) `. Stettin E V. J. Brandgruben | Schumann, a. a. Q.
| und Urnen S. 109
32 Diinvow‘ , t Berlin EX J. | Brandgrube? J. Schlemin
Kr. Stolp ` V. K.
DWG Gumbin?), Stettin E (? wohl ei Zahlreiche Schumann
Kr. Stolp Brandgruben-
gräber
ad Koppenow ^), | Ebendort Br. V. J. Brandgruben | Schumann, a. a. O
Kr, Lauenburg | pengot ı und Urnen S. 156f bes 165
EE Ebendort ` Ebendort E | Desgl. Desgl.
ris |
536° |
0 ¢ Pempau, | Danzie | EBII1 Urnengrab Conwentz-Berlin
Kr. Karthaus ü |
95 Sackschin’), © Fbendort E Desgl. Derselbe
=| Kr. Danziger ` |
2 Höhe
93915) Liebenthal, ` Ebendort E Übergang | Brandyrube Conwentz
a) Kr. Marienburg | zu Var. J. Lissauer, Vorgesch.
E | Denkmäler S. 126.
= | Wandtafeln f.
| | Westpr. IV 15,
540 Willenberg- Ebendort | E ' Urnengrab | Conwentz. Lissauer,
Braunswalde, | | | Denkmäler, S. 126
Kr. Stuhm. |
| | |
Begleitende Funde. 1) Dumgenewitz: E Gürtelhaken. — 2) Radekow: E
Waffen, Gürtelhaken, gekröpfte Nadel. — 3) Butzke: E ein- und zweischneidige Schwerter,
Lanzenspitzen, Schildbuckel, Fibeln, meist Spätlatene s. e 256. — 4) Dünnow: Gefäss-
scherben. — E zwei Bruchstücke von Fibeln, mehrgliedriger Gürtel. — Knochenkamm. —
5) Gambin: In Urnen oder Brandschutt: Schildbuckel, zusammengebogenes Schwert,
Lanzenspitze, s. w 503. -- 6) Koppenow: E Schwerter, verzierte Lanzenspitzen, halbmond
görmige und gestielte Messer, Gürtelhaken, Fibeln, meist Spätlatene-Charakter, 304:
7) Sackschin: @ 320.
Sb R. Beltz:
| un Su
Lfd. Ne ER Variante. Zur Fund- | Nachweis. —
u | S
Nr. We SE SE geschichte Literatur
KIK Willenberg !), Königsberg. Br. V.J. ' Urnengrab | Kemke-Königsberg
bis Kr. Stuhm, 1 Bruchstück
342
943 Ebendort Ebendort E V. J. Desg]. Derselbe
bis 2 Bruchstücke
544 |
545 Ebendort Ebendort Br. V. J. Desgl. Derselbe
Bügel vorn seit- |
lich erweitert
und gestreckt
546 Neuguth?‘, Danzig E Brandgrube Copwentz
bis Kr. Culm
>47
48 Ebendort ' Ebendort EBII1F : Desgl. Derselbe
| nach innen um- :
geschlagen
RU Ebendort |, Ebendort E (untere Sehne) Desgl. und Derselbe
bis ' Urnengrab
vl |
502 Ebendort | Ebendort EBII1 F111 Desg]. Derselbe
| (selten)
553 Culm a. Wa ' Ebendort E Übergang zu | Urnengrab Derselbe
= | Var. J
wt E- Ebendort Ebendort | Desgl. Brandgrube Derselbe
vo E
959 S| Ebendort Berlin E gewölbt Desgl. J. Schlemm
= VEK. a &
556 Ebendort | Ebendort EFI] = Dieselbe
HG Grubno, | Danzig | Desgl. Urnengrab | Conwentz. Lissauer
Kr. Culm | Denkmäler, S. 126
| |
DOS Rondsen‘), ; Ebendort E BIl 1 Brandgräber | Conwentz. Anger,
Kr. Graudenz Ä Grabfeld von
Rondsen La
359 Ebendort | Graudenz E zahlreiche Ex, | Brandgräber Ebendort
Typ und Über-| und Urnen
| gang zu V. J.
KD Ebendort Ebendort. Br. V. J. Desgl. Ebendort
361 Ebendort Berlin EF ID1 Desgl. J. Schlemm
V. K.
362 Ebendort | Ebendort E Desgl. Dieselbe
368 Mewe, Königsberg EBII3 = Kemke
Kr. Marien- © B nach vorn
werider verdickt, F auch
geknickt
561 Thornisch- Thorn EN Urnengrab Conwentz
Papau ^’), |
Kr. Thorn `
|
Begleitende Funde. 1) Willenberg: S. V. Q 15 w 326 — 2) Neuguth: S.
we i. — 5 Culm: æ 527 br. Tonwirtel. — 4) Rondsen: Spätlatene- und frührömisches
Inventar is. unten bei ® xl — 381. — 5) Thornisch-Papau: @ 75.
R aa re ~~ ee, on aii eee eee eee
Latenefibeln, "NI
Variante. |
|
Lfd. i Zur Fund- Nachweis. —
Nr Fundort | Sammlung | Genauere An- | eae Li
: | gaben | geschichte siteratur
. | l u WENN
DGD Kirpehnen, | Königsberg Br. V. J. Einzelfund Bezzenberger,
Kr. Fischhausen | | Prussiaberichte
| | 20 S. 55
566 _ Klycken, | Ebendort E V.F S2 Hügel ın.gross. | Brinkmann, Prussia-
Kr. Fischhausen , Steinkiste, | berichte 22, S. 205
in der Urnen
KE Ebendort | Ebendort E Bruchstück Ä Desgl. Desgl. S. 261
Ss Ebendort ` ` Ebendort Desgl. Hügel mit Kemke, Prussia-
| (Zeit unsicher) | Urnengräbern | berichte 22 S. 403
269 Rossitten, Halle ' Rr. V.J. = Beltz
Get Kr. Fischhausen (Schieber breiter)
sii |
| |
dıl Sorgenan, | Königsberg | Br. V.J. | Hügel mit | Hollack, Prussia-
= | Kr.Fischhausen | | ‚Steinkisten, in| berichte 22 S. 308
2 | ‘denen Urnen-
z | graber.
52 [Af Warnicken, Ebendort ` E Bruchstück | Hiigelgrab mit] Kemke, Prussia-
& | Kr. Fischhausen | Steinpackung | berichte 22 S. 38S
| und Urnen
513 Taubendorf'),| Ebendort ` Br. Urnenfeld Bezzenberver,
Kr. Neidenburg | Prussiaberichte 20
| S. 53
dul Ebendort?) ` Ebendort . E Desgl. Heydek,
Prussiaberichte 21
| S. 34
D Ebendort”) Ebendort E V.J Depot Ebendort
| auf kalziniert. S. 53
| Knochen und
Brandasche
916 Ebendort +) Ebendort — Desgl. Depot auf Ebendort
Knochenasche S. of
GE Rosko, Berlin kb. V. FA) walrscheinl. J. Schlemm.
bis Kr. Pilene | V.K. DiebeidenStücke Brandgruben | Ausstellung Posen
Sub durch? eine Kette 1909 F. 27
| ‚ verbunden
48 Behle, | Bromberg E Hügelgrab | Schmidt-Bromberg,
bis Kr. Czarnikau Jahrb. d. Hist. G.
db f. d. Netzedistrikt
e 1592 S. 114
580 S Kujawki, Posen LS Urnengrab | Kiimmerer-Posen.
œS | Kr. Wongrowitz K. F. Lissauer,
i Denkmäler S. 125
| Schwartz, Nachtrag
|
„sl Johannisdorf, Privatbesitz Br.. F aber Brandgrab Blume -- Posen
Kr. Hohensalza an Stelle der
| Kuveln kantige
| Wulste mit
Schmelzfurchen '
Begleitende Funde. 1) Taubendorf: Strich-, Mäander- und doppeltkonische
Urnen. S. auch we 397, — 2) Taubendorf: Piriemen, halbrunde Messer. — 3) Tauben-
dorf: E Lateneschwert, Lanzenspitze mit eingelegtem Muster, halbrunder Schildbuckel. —
4) Taubendorf: E Pinzette.
788 R. Beltz:
Lfd. Baader | Sanmi Variante. | Zur Fond- Nachweis. —
a S
Nr. | 5 | Genauere An | geschichte Literatur
|
| gaben
|
582 Wszedzin’), | Berlin . E. 2 Umenfelder
J. Schlemm.
bis Kr. Mogilno © V.K. | Lissauer,
oS | Denkmäler S. 125
585 Ebendort : Ebendort | E.V. F Desgl. J. Schlemm
| ı (1. klein)
536 Slopanowo, Posen | ES 2 Urne in Kammerer. Undset
© Kr. Samter K. F. | Branderde JSG 90, Blume, Ausst.
£ | Posen 1909 N. 2017.
5ST Sokolnik, | Ebendort | E. Urnengrab Blume.
Kr. Wreschen | Schwartz Nachtrag |
III 8. 5.
588 Schlichtings- Breslau | E Brandgrube Seger, Schl. V.
heim’). | dazu 4 Bruchst. N. F. M S. 4
Kr. Fraustadt | | Fig. 59
589 Neu-Bydzow?)! Bydzow E gross Flachgräher Much, Atlas |
derb (Skelette) S. 201, 18
| Pic Taf. 335, 3
590 Dux‘) ‘ Nürnberg | Br. Typ, = Depotfund Beltz
bis G. M. ziemlich
591 | schmächtig
592 Kbely’) Prag | Br. 2 Exempl. ` — Pič, Taf. 29, 4. 5
| ' V. F (an Stelle
der Kugeln stark
| | protilierte
| Knoten)
393 Kostitz°) | Ebendort | Br. V. F Flachgrab Derselbe,
|(3, mit Voluten- Taf. 51, 10 |
5 = schmuck) ` |
594 | E) Kostomlaty’) | Ebendort | Br. V. F Desgl. Derselbe.
a (2, mit Voluten- | Taf. 32, 4
| schmuck)
595 Libčeves”) Ebendort | E 2 Exempl. | Desgl. Derselbe,
i Taf. 26, 12. 15
596 Piemysleny") Ebendort | E 2 Exempl. Desgl. Derselbe,
im einzelnen Taf. 54, S. 15
‘nicht erkennbar
DI: Semitz Ebendort | Br. V. F _ Derselbe.
| | mit Zwischen- Taf 31, 6
| gliedern
| (Scheibe und
| | Steg)
598 Sobschitz™®) | Ebendort | Br. V. F. (1) | Flachgrab Pic,
Umfassungs- S. 15/14, 5
klammer
und Kugel stark
profiliert
Begleitende Funde, 1) Wszedzin: E Gürtelhaken, gerade und krumme Messer. —
9) Schlichtingsheim: E Messer (halbrund, gerade). — Tongefäss mit verbreitertem Henkel.
— 3) Neu-Bydzow: E Schwert, Lanzenspitze, Ketten. A 545. — 4) Dux: A 548. —
5) Kbely: Br. Armring mit gekörnten Trauben. — 5) Kostitz: Br. Halbkugel-Scharnier-
ring mit Volutenschmuck. — 7) Kostomlaty: S. A 608. — 8) Libčeves: 5. A 619, — |
“) PremySleni: S. ¢ 248. A 658. E Schwert, Gürtelkette usw. — 10) Sobschitz: E '
Schwert, Lanzenspitze.
Latenefibeln.
189
Lfd.
: Fundort , Sammlung
Nr. |
OD Stradonitz’), Prag
Hradisch |
| |
600 |= Ebendort, | Berlin
z V. K.
sol is Ebendort Ebendort
602 Ebendort Dresden
603 Türmitz?) | Berlin
V. K.
604 Lautrach?) Bregenz
bis b. Bregenz
O00
|
606 Stadlerhof Nonsberg
bei Kaltern
(Lichtenstein)
|
GOT Getzersdorf*) | —
bei Herzogen-
burg, Nieder-
österreich
|
GOS Mechel’) Innsbruck
im Nonstal, |
Tirol |
609 Ebendort | Ebendort
610 Gurina®), Wien,
Kärnthen Klagenfurt
G11 Ob. Schleinitz Laibach
bei St. Marein, |
Krain
612 Ebendort Ebendort
Begleitende Funde.
Variante.
gaben
|
Genauere An- |
|
Br. uv. ÈE
zahlreich bes.
auch V. J.
(nicht F)
Silber, die |
beiden Exempl. `
: mit einem |
| Kettchen
verbunden, ` `
IBIIT4FII 1
| (Übergang zu
|
Spätlatene)
Br. S 3
B geschwollen
F mit 5 kleinen
Kugeln
| Hr E 2 Ex.
' B höher als
gew., an einem
eine kleine |
Kugel
| Br. B II 4
Br. B. II 4
Rahmen mit
rundlichem
Abschluss
Br und E, ver-
schiedene Typen.
Br. S 2 B IT2
Verbindungs-
stück Wulst `
Br. S 2 (gross)
B hoch, Ver- |
bindungsstück |
Wulst, Uber-
gang zu e
Zur Fund- Nachweis. —
geschichte Literatur
Burgwall Pic, Cechy na
(Maro- üsvite dejin II
budum?) Taf. 3
Desg! J. Schlemm
Desgl Dieselbe
Desgl Deichmüller
— J. Schlemm
In einer Much, Atlas
Torfwiese S. 205, 9. —
Katalog des
Bregenzer
Museums 8.19
Steingruft Much.
mit Brand- Atlas S. 153, 5
urnen
Skelettgräber Baumgarten,
Mitt. d. Zentral-
komm. III 5/6
Ss. 291, 292
— Much.
Atlas S. 149, 21
— Derselbe,
S. 149, 22
Burgwall A. B. Meyer,
Gurina 1555
Hügelgrab Much,
Atlas S. 145, 6
Desg!l. Derselbe,
Atlas S. 149, T
1) Stradonitz: Zahlreiche Funde, besonders spätester La-
tenezeit. @ 77, @ 418. — 2) Türmitz: A 663f. — 5) Lautrach:
3 gallische Quinare,
24 Denare der römischen Republik (S). — 4) Getzersdorf: S.A 675 (in einem Grabe). —
5) Mechel: w 426. — 6) Gurina: S.A
situla (zugehörig?).
676, @
78, w 427. — 7) Ob. Schleinitz: Bronze-
790 R. Beltz:
Lfd. Radca P Variante. Zur Fund- Nachweis. —
Nr. Genauere An- geschichte Literatur
gaben
613 St. Michael 1y, Wien, E Bruchstück Grosses Much,
bis Krain Privatbesitz Grabfeld Atlas S.139, 18. 19
614 . und H. M.
G15 Weisse | = Laibach Br. Sonderform u, Derselbe,
kirchen?) bei | A Typ (BIS Atlas S 205, 2
St. Margarethen, F Typ), aber
Krain mit teg
am Fussende
616 Basel | Strassburg Br. V. F — Forfer, Real-
ı S. Forrer | lexikon Taf. 57, 22
617 Kreuzlingen®), Ebendort Br. V. F = Derselbe
Kanton Thurgau’ mit breitem Ver-
| bindungsbügel
618 Windisch, | Zürich Br. V.J. ` = Viollier, 294
Kanton Aargau | (mit schärferen
Ecken)
619 Arni, | Ebendort Br. B. mit a Derselbe, 295
Kanton Aargau | kleinen Knoten
(Übergang `
i zu V. F; ]
620 Frauenfeld‘) ` Ebendort | Br., mehrere | Flach-Skelett-| Heierli, Jahresb. d.
(Langdorf), | oräber Schweiz. Ges. f.
Kanton Thurgau Urg. I 1909 S. 62
| II S. 85
| | II 5. 89
O21 1.8 Vilters®), ` St. Gallen Br. mehrere | Burg Heierli,
E Kanton ' Severgall 1Urgeschichte S. 327
5 St. Gallen | besiedelt von
= | ` Steinzeit bis
Rémerzeit
622 Steinhausen“), Zug Br. V.F Skelettgräber| Ebendort, S. 339
bis Kanton Zug | (1), Übergang Viollier,
625 | von A 307. 308
624 Horgen’) Zürich Silber Skelettgrab Heierli,
bei Zürich (weibl.) S. 387
Ulrich.
Katalog I 3261
|
625 Mettmen- | Ebendort | Br. V. F -- Viollier, 300
stetten”), ‚2 Paare von `
Kanton Zürich je 4 kleinen
| Kugeln) i
626 Weislingen’), Ebendort Br. _ Flachskelett- Ulrich,
Kanton Zirich | | grab Katalog I 3254
627 Biel, | Bern | Br. — Viollier, 293
Kanton Bern | |
|
| |
Begleitende Funde. 1) St. Michael: S. A 618. — 2) Weisskirchen: Bronzehelm
(zugehörig?) — 3) Kreuzlingen: S. A G82. — 4) Frauenfeld: Br. Ketten, Armbänder.
Glasringe, Goldringe (2). — 5) Vilters: S. A 6ST w 428. —
Gagatring, 2 Glasringe, silb. Fingerring, 2
einer Philippsmünze),
65S. — OO Horgen:
init Gemme; Goldmünze
(Nachahmung
6) Steinhausen: S. A
goldene Fingerringe
Drehscheibegefäss. —
S) Mettmenstetten: S. A 700. — 9; Weislingen: Br. Kette aus Doppelringgliedern.
Latenefibeln. {T91
| .
Lfd. a De Variante. ` Zar Fand- | Nachweis. —
i enauere An- ch: en
Nr. | gaben E schichte Literatur
G28 Bera’), Bern | Br. mehrere, | Flachskelett- |Heierli, Urg. S. 390
(Aaregg) auch Ubergang gräber Viollier, 301. 302
' zu V. F
(Gruppen
, kleiner ugeln)
629 Bern °), Ebendort ` Desgl. Desgl. Heierli, S. 3)
(Scharloch)
630 Bera®), Ebendort | Br. 3 Stück | Skelettgräber| Heierli, S. 390
(Wylerfeld) |
Gol Ferenbalm- | Ebendort | Br. Bruchstücke! — Viollier, 305
Rigenbach, | | F Scheibe | (Anz. f. schw. Alt.
Kanton Bern | | mit Triskele | 1871 5. 290)
| (fraglich ob V) |
G32 Kirch- Ebendort 'ı Br. mehrere | Skelettgraber] Heierli, S. 391
thurnen‘), | |
Berner | |
Oberland | |
G33 Morigen, Zürich Br. V.F ` — Viollier, 299
Kanton Bern ' (kleine Kugeln; ! Heierli,
| , an F drei zu- | 5. 329
= | sammen) |
© | ep e e o pyu’
634] E) Münsingen’) Ebendort | Br. Übergang = Viollier, 303. 306
bis ech Kanton Bern | zna V.F | 1. Jahresber. der
635 |” | (1 kleine Kugel) Schweiz. Ges. für
I Br. FIG | Urgesch. 1909 8.55
| , | Oben Abb. 40. 45
t |
636 Zollikofeu®, | Ebendort | Br. 2 Stück , Gräber 1. Jahresber. der
Kanton Bern ` | Schw. Ges. f. Urg.
| | S. 61
|
| | | ep
Gempenach’) Ebendort | Br. mehrere Skelettgräber| Heierli, S. 302
67 (Champagny), |
Kanton |
Freiburg | |
| l
La Tène“), Neuchatel | E überwiegend | Befestigte Derselbe,
638 Gem. Epag- und viele | V F in ver- | Station am S, 341
nier, = andere | schiedenen See Vouga, les Helvetes
Kant. Neuchatel Varianten | a la Tene 1885
CAE Taf. 16
| (4 Kugel usw.) Viollier,
| | 310—519
| Jahresberichte der
| Schweiz. Ges. für
| Urgesch. mehrfach,
| | zuletzt JIL 1911
S. 18
|
Begleitende Funde. 1) Aaregg: Br. Kette. S.: Fingerring, massaliotische Münze,
Armspange (torquiert), Glasperlen und Ringe. — 2) Sehärloch: Bernsteinperlen, Glas-
ringe. — 3) Wylerfeld: Br. Spiralfingerring, Glasringe, Perle. — 4) Kirchthurnen:
Br. Kette; silberner und goldener Spiralring: Glasring. — 5) Münsingen: S. A 711 fled. —
4) Zollikofen: Glasringe und Glasperle. — 7) Gempenach: S. A 721. — S) La Tene:
Die überwiegende Form, doch s. à 125 @ 19. l
792 | R. Beltz:
Variante.
Lfd. Fundort e , | Zur Fund- Nachweis. —
n S
Nr. =e KS | ER geschichte Literatur
ae
|
639 La-Tene, E S. Forrer, Br. F II 2 — Forrer-Strassbur:r
Kanton Neu- | Strassburg Oben Abb. 44
chàtel
640 Ebendort | Berlin E Übergang zu — J. Schlemm
V. K. V.F.S 2
| F mit kleinen
| Wülsten
G41 Ebendort , Ebendort ES2 | — Dieselbe
bis
643
O44 Ebendort | Ebendort E Typ _ Dieselbe
6415 Ebendort , Ebendort E Ubergang — Dieselbe
ZU V. J. |
646 Ebendort ` Ebendort E. V. F. — Dieselbe
bis ` die Kugeln ver-
649 schieden gross
690 Ebendort Ebendort E = Abb. 40, | — Dieselbe
aber S 2 |
G51 le Ebendort ` Ebendort | E Übergang | — Dieselbe
S zu V. F
a (kleine Kugeln‘ | |
Lë
62 Ebendort Ebendort ES" — —
GA) Ebendort Ebendort EV. J — —
64 Ebendort Ebendort | E V. F (ver- — —-
. ‘ schieden gr oss’,
| F eingekerbt
655 Vevey’), | Vevey Br. Sonderform | ‚Skelettgräber Naef, Anz. f. schw.
bis Kanton Waadt | ‚Übergang von Ajin Steinplatten Alte rtumskunite
696 | ou SG2BII 7 oder Sargen N. F. HI 19%
F I V. D (mit | S. 14 109.
Knochenbelay) | Fig. te.
657 Ebendort?) ` Ebendort `, EV. Fi | — Ebendort, N. F. IV
‘aber Übergangs- 1902, 1905, S. 29
| form von I |
698 Ebendort?) Ebendort | E Typ (Ver- — Ebendort,
bis | bindungsstelle S. 30
009 kleine Wulste) |
G60 Ebendort*) ; Ebendort | E Übergangs- | = Ebendort.
(1 gross)
ED
form, B19 V. | S. 32
Begleitende Funde. 1) Vevey: Vel. auch A 736 flgd. Gr. 8 weibl.) Br. Gürtel-
kette, Handring, Glas-Handringe, goldn. Fingerring, silb. Fingerring: zu Füssen
6-1 Fibeln (Br. u. E.‘, daran Bernsteinperlen. — 2) Vevey: Gr. 18. E: zweite Fibel. —
w Vevey: Gr. 20, — 4) Vevey: Gr. 22, E: weitere Fibeln. Silber: Münze (Massilia’,
Fingerring.
Latenefibeln. 193
Hannoversche Fibel
(Abb. 51 = Var. R).
=
Lfd. S SS | Zur Fund- Nachweis
. Fundort. Sımmlung Variante |
Nr. | Ä , geschichte Literatur
SEET VEIT ER Ka m ee, ne E zen, ME ELLE SEE SE Sk EE mm nn
1/5 Rieste’), | Lüneburg E dazu ~ Urnenfeld Lienau
Kr. Ulzen l 2 Bruchstücke `
G Nienbiittel’), Hannover | Br, ‚ Ausgedehnt. | Schwantes Pr.
Kr. Clzen | | Urnenfeld; | Zeitschr. I S. 155
Urnen meist | Runde, Jahrb. d.
| | ohne Mus. Hannover
| | Steinschutz 1907 S. 21.
` Rausdorf®), = Kiel E Urne Mestorf
Kr. Stormarn |
x Ridders, ` Ebendort E Urne Knorr, Fundst. d.
Kr. Steinburg älteren Eisenzeit
(1tzehoe) | 1910. VI, 150
I Körchow‘) | Schwerin ` E (irosses Ur- Beltz, VAM
bei Wittenburg . nenfeld mit Taf, 56, 55
| Spätlatene u.
'frührömisch.
| Inventar
10 Körchow’) ' Ebendort Br. Ebendort Beltz
bei Wittenburg | |
11 Jamel’) Ebendort ` Br. Urnenfeld m. Derselbe
bei Grevesmiihlen | überwiegend
frührömisch.
Inventar
|
Begleitende Funde. 1) Rieste: S. œ 133. — 2) Nienbüttel: Zwei Urnenfelder,
Latene und frührömisch, Br.-Fibeln, Waffen, Übergang von Spiitlatene zu Früh-
romisch. — 3) Bausdorf: S. w 167. — 4) Körchow: Gr. 317 E Schnalle. —
>) Körchow: Gr. 319 Br. Gefäss. Noch mehrere ähnliche, nicht deutlich erkenn-
bare, aus anderen Gräbern. — 6 ) Jamel: Gr. 44 E Messer, Pfriemen.
Zeitschrift für Ethnologie. Jahrg. 1011. Heft 5. Dl
T94 R. Beltz:
4. Spätlatènefibeln.
l. Nauheimer Fibel. @
l 3 7
Lfd. ee Variante. | Zur Fund- | Nachweis. —
undor ammlung |
Nr. j | ; | m An: | geschichte Literatur
1 Troisdorf‘), Cöla | Br. Bruchstück | Sammelfund | Rademacher,
Siegkreis | ' römischer Zeit} Mannus Il, S. 5
2 Urmitz?), Coblenz E FIII 3.4 ' Urnengrab Günther, Bonner
Kr. Coblenz | | Jabrb. 119, 1910
S. 253
‘ Biewer 5), Land- Trier Br. — Krüger
bis kreis Trier
4
D Mackenrodt, Birkenfeld | Br. _ Baldes
Birkenfeld !
6 Wolfers- | Kbendort | Br. — Derselbe
weiler*), |
Birkenfeld
| Flörsheim’), Frankfurt | Br. und E Gs Frankf. Festschrift
Kr. Wiesbaden ` V.M. 1908
x Rodberg °) Giessen E B schmal — Kramer-Giessen
bis bei Giessen
12
3 | Nauheim". Frankfurt Br. B. 111 1 Ausgedehntes Quilling,
Kr. Friedberg `` HM. Urnenfeld 5. 9a
Darmstadt
, LM
14 Ebendort _ Ebendort. Br. — Ebendort,
| | S. 9d
15 Ebendort | Ebendort ` Br. Übergang u Ebendort,
| , zu Var. M S. 1001
16 Ebendort Ebendort br. B III 1 — Ebendort,
gewölbt S. 101, 15. 16
11 Ebendort Ebendort Br. B III 1 | — Ebendort,
F III 5 | S. 101, 17
18 Ganaigesheim, Mainz E | Gräber Lindenschmit
bis Kr. Bingen
19 |
20 Mainz Ebendort ‘Br. und E, ver" Im Rhein bei Derselbe
bis ' schiedene | der Gustavs- | Reinecke in Linden-
ol Formen burg schmit V $345. 544
| | Oben Abb. 53
32 Ebendort Worms | Br. B. mit | Aus dem Kohl
Querband | Rheine
33 Ebendort ` Ebendort Site ` — Derselbe
34 Essenhelm >), Ebendort ` Br. | Graber —
bis Kr. Mainz |
KIK
|
l
l
Begleitende Funde. 1) Troisdorf: Ebenda Gräber verschiedener eisenzeitlicher
Perioden. — 2) Urmitz: In einer typischen „Schlauchurne“. — 3) Biewer: w 11. —
1) Wolfersweiler: Bruchstücke einer zweiten gleichen. — 5) Flörsheim: Germanische
Deckelgefiisse. — 5) Rodberg: S. æ 16. — 6) Nauheim: Weitere ähnliche jetzt nicht
mehr vorhandene Exemplare s. S. 101. S. 22. — 7) Essenheim: Br. Hohlring, Ring-
perle. Q 34.
l.atenefibeln. 195
Kr. Hanan
og ZEN SE Variante. > Zur Fund- | Nachweis. —
u ammlun : :
Ke | S Ee geschichte Literatur |
mern Se ` SS EEE ee ee ee
Nieder-Olm’), . Mainz Br. Urnenfeld Reinecke
bi Kr. Mainz in Lindenschinit
| A., V 341
Nackenheim, : Wiesbaden | Br. — Ritterling
Kr. Oppenbeim | |
Nierstein *), ! Mainz | Br. Brandgräber | Lindenschmit.
Sek". er
| | A., V 527. 528
Schwabsburg?), | Fbendort | Br. Gräber Lindenschmit
Kr. Oppenheim | |
Gundheim, | Worms | Br. — Köhl
Kr. Worms | |
Heppenheim‘), |; Ebendort | Br. — Derselbe
Kr. Worms | |
Nackenheim’), . Ebendort | E B schmiler — Derselbe
Kr. Worms s Typ ,
50 Ebendort | Ebendort | Br. — Derselbe
|
Ostbofen’), | Ebendort Br. | — Derselbe
Kr. Worms | |
Wachenheim‘', | Ebendort Br. | — Derselbe
Kr. Worms |
53 Wsenponneim, | Ebendort Rr. | — Derselbe
orms
Kl.-Winter- | Ebendort | Br. _ Derselbe
beim, ! | |
Kr. Worms | |
|
Worms | Ebendort | Br. | — Derselbe
Umgegend | | Ä
Hoesheim: Mannheim | E | Brandgrab Gropengiesser
Atzelberg, | |
Kr. Mannheim | |
Kn Perchting, ' München | E Ä — Präh. Bl. XI 1899
B.-A. I 8.8 | Taf. VII 9. 10
Miinchen II |
Gnotzheim, München | Br. aber | — Katalog d. Raye-
B.-A. Gunzen- ° N. M. F UI: rischen National-
haufen, | | museums IN
Mittelfranken | ! Taf. 12, 9
|
D9 | ‘Fechenheim®), ; Frankfurt ` Br. | Brandgrab Westd. Zeitschr.
|
|
| 25 8. 429
|
m Ehe IM Ce
Begleitende Funde. 1) Nieder-Olm: S. V 58. — 2) Nierstein: Zwei aus Grab ?
mit keltischer Goldmünze, Y 72, br. Gürtelschliesse, Glasring usw. — 3) Sehwabs-
burg: S. 7 11. — 4) Heppenheim: S. Y Si. œ 41. — 5) Nackenheim: S. vu 55. —
T) Osthofen: S. 4 60. — 6) des S. A 66. 9791. — 3) Fecheuheim: Br.
Goldwage, 2 Kiimme, Zierknauf; 3 Glasperlen. e 61.
Dl*
T96 R. Beltz:
Lfd ! Variante. Zur Fund- Nachweis. —
N Fundort Sammlung | Genuuere An- , e
r. gaben geschichte Literatnr
e a a DIT mn e FSS EE E EE
60 Holte’) Hamburg | Br. S 2.4 ` Hügelgrab Rautenberg,
bei Hamburg der Bronze- | Jahrb. d. Hamb.
| Ä zeit mit 1l. T. wiss. Anstalten
| | Urnen ohne | III 1886 Taf. 5.35
Steinschutz
G1 Ebendort!) Ebendort | E Ä Desgl. Ebendort
62 Ebendort?) _ Ebendort Br. Typ S2 Desel. Ebendort, Taf. 33, 54
bis | |
63
4 Ebendort?) : Ebendort | Br. Typ S2 Desgl. Ebendort, Taf. 3, 56
bis
66 Ebendort?) | Ebendort | Br. Bruchst. u Ebendort
67 Fuhlsbüttel : Ebendort E | Urnenfeld Berliner Album
bei Hamburg ` F 1117 | 1880 V Taf. $
GS Perdöhl | Schwerin l: BII 4 Urnenfeld | Beltz, Jahrb. des
bei Wittenburg | F III 4 Ä No. II V. f. mecklenb. G.
i. M | | 1906 S. 59
| | VAM. 46,30
| | Oben Abb. 54
69 Körchow ?) | Ebendort | E FII 6 | Grosses VAM. 56, H
bei ae | | Urnenfeld Oben Abb. Gu)
i. M. } |
ul Kl-Methling‘*) | Ebendort | Br. stärker Desgl. VAM. 46, 31
bei Gnoien i. M. | -gewolbt F III 7
71 Landwehr’, Berlin , Br. beschädigt Grabfeld Kiekebusch
Kr. Luckau ı MM. | S 2
| B breite Platte |
12 Storkow ^), © Ebendort | E | Urnenfeld Derselbe
Kr. Templin (beschädigt) |
3 | Mühlenhagen `), | Stettin E B gewilbte | Wohl Urnen- {| Stubenrauch, Balt.
Kr. Demmin | Platte feld Stud. 1904, S. 123
74 Rondsen®, | Danzig E BII 1 | Brandgrube Conwentz.
Kr. Graudenz Lissauer, Denk-
| mäler 126
7 Thornisch- Thorn E ` Grabfeld Conwentz
his Papan °), |
16 Kr. Thorn
|
Ti Stradonitz'"), Prag Br. | Burgwall Pit, Cechy na
Hradisch Typ und ver- | usvite dejin I]
schiedene Taf. 4
Varianten
ws Gurina!’), Wien Br. E grosse ‘ Burgberg A. B. Meyer
Kärnten Klagenfurt Anzahl von Gurina 15%
u. s. verschiedenen |
Formen
Begleitende Funde: 1) Holte: 7 331, e 151. Gr. 46. — 2) Holte: Aus
zerstörten Urnen; noch weitere (unbestimmbare) Bruchstücke. — 3) Körchow: S. w 173,
— 4) Kl.-Metulinr: w 191. — 5) Landwehr: 7 470, — 6) Storkow: S. A531 @ 260 u.s. —
7) Mühlenbagen: Br. Plattenfibel älterer Konstruktion.
Br. u. E. gekröpfte Nadeln. —
S) Rondsen: Y 558. æ SSL. — 9) Thornisch-Papan: 7 564. — 10) Stradonitz: S. V ^99.
w 113. — 11) Gurina: S.
auch — 679, 7 610
Latéenefibeln. Un
Lid. eee HR | Variante. zur Fund- | Nachweis. —
u ammlun e
Nr. j Ä = An geschichte Literatur
zehn | eg "ee ea. Wes un 2 ones
WI La Tène’), | Neuchätel . Br. und E; | Befestigte | Vouga, les Helvetes
Gem. Epagnier | und viele | grössere Anzahl Station a la Tene 1885
Neuchatel andere | Taf. 16. 17 usw.
| Heierli,
Ureesch. d. Schweiz
S. 341 u. 8.
2. v.
1 Xanten, | Xanten | Br. mehrere Ex.| Einzelfund Steiner, Katalog
Kr. Mors | Almgren 15 Xanten 1911
| | S. 109, 142 fied.
9 Ebendort | Ebendort Br. Desgl. Ebendort,
IB I4 FIN? 149, Abb. 17
| mehrere Ex.
3 Ebenlort ' Ebendort ! Br. B HI8 | ` Dese Ebendort,
| FIET | 150, Abb. 17
4 Evendort ' Ebendort | Br. BIII6 | Desgl. Ebendort,
F III 8 155, Abb. 17
A Coin Berlin Br B III 4 | BeimAbtragen Kiekebusch
|
MM | F 1115 der Festungs-
S | werke der
= | | | Neustadt
E Ebendort | Ebendort `" Br. V.M Desgl. Derselbe
= = : {
es Coblenz- Coblenz .EBITII[ 4 Frühröm. Günther,
= | Neuendorf F III 1 (mit Grabfeld Bonner Jahrb. 107
' einem Steg) |
S Coblenz Ebendort E B = @ F III 6 Am Jägerhaus Günther.
| | (3 Löcher) |
d Kobern, Berlin | Br. V. L. — J. Schlemm
Kr. Coblenz ` V.K. Bügel, Scheitel
| u. Kopf mit auf-
, gesetzten kl.
| | Stabverzierun-
5 | | gen
10 Mayen ` ` Ebendort ' Br. V. M. = “Dieselbe
11 | Biewer?) Trier | EV. K. u. L. = Krüger
bis Landkreis Trier |
>
14 | Branbach?), | — | Br. Bruchstück Grabfeld III Bodewig, Nass.
S| Kr. Rheingau | mit Annal. 33 Taf. IT, 15
15 8 Leichenbrand
= Heddoratetm, Frankfurt © BR mehrere — Beltz.
et Kr. Wiesbaden a. M., H. M. i= Abb.61 u. ähnl.
16 Is Rodberg’) Giessen > EBIIL7 ` Urnenfeld Kramer.
21 bei Giessen | F II 6 ohne Ergänzung zu den
= ! Steinschutz [ Mitt. d. Oberhess.
" Gesch. V.. X 19%
2 S. 87
Si
11 |5 Ebendort 2 Ebendort | Br. Desgl. Ebendort
Begleitende Funde. 1) La Tène: Seltener als vu: s. auch A (28, V 630, @ 452. —
2} Biewer: ei — 3) Braubach: S. A 16 Y 13. — D Heddernheim: S. 7 20. — 4) Rod-
berg: Br. Kettchen, Fingerring, gebuckelter Halsring, Spiralring. @ 8.
798 R. Beltz:
| :
Lfd. Fandort CS | Variante. ` ` Zar Fund- Nachweis. —
. Samımlun Se?
Nr. S | a An: | geschichte Literatur
| | gaben |
To oT. e = j aoe —- — ia - = -— I ZI Fa TT SS
1s Rodberg') Giessen ES 2 _ Urnenfeld Eben lort
bis bei Giessen -Bruchstiick ohne
19 | Steinschutz
| |
20 Trieb, | Ebendort ES 2 -= Umrmengrab Kramer
bis Kr. Giessen Bruchstücke |
21
29 Nanheim®, Frankfurt | Br. S 3 B III 7 ` Auszedehntes Quilling,
Kr. Friedberg H. M. F III 1 Urnenfeld: S. 101, 3
u. Darmstadt | Urnen ohne
L.M | Steinschutz
2 Ebendort = Ebendort |Br.u. EB III 9, Desgl. Ebendort,
| FIT "` S. 101, 5. 32 fled.
24 Ebendort Ebendort | Br. BII9 | Desgl. Ebendort,
F III 2 | S. 101, 6. 7. 8
ER Ebendort Ebendort Br. BIITS |. Desgl. Ebendort.
bis F III? S. 101, 18. 19
26
e
27 | & Ebendort Ebendort Br. V M Desgl. Ebendort.
$ | S. 101, 29
28] ¢ Ebenidort Ebendort E’B III 9 | — Ebendort.
E | F II? S. 101, 35
EL
29 S Ebendort Ebendort ENK | — S. 101, 38
bis | 3 | ! S. 101, 15 nsw.
18% |
& |
Al Bingen Berlin | EBI: — J. Schlemm
V.K.
32 Niedere | Mainz ' Br. auf dem | — Reinecke in Linden-
Iugelheim | Bügel schmit Alt. V, 315
Kr. Bingen | | Wellenlinie
33 Mainz Mannheim | E | — Gropengicsser
Dimeser Ort |
34 Weisenau?) Mainz | Br. Im Rhein | Reinecke in Linden-
bei Mainz S einseitig schmit A. V.. 312
| ' B an der Stelle
| des Schiebers
| Querfurchen und
| | Streifen
35 Friesenheim, l Ebendort | E BIJI 5 ` Skelettgrab (!)| ` Lindenschmit.
Kr. Oppenheim F IIl 2 (Sk. mit Westd Zeitschr.
_ angezogenen | XIV, 1895, S. 36%
| Beinen)
36 Pfaffen- | Ebendort Br. V. L. mit | Grab Ebendort
bis |schwabenhein, | Wulsten und `
39 Kr. Oppenheim Einkerbungen `
|
Begleitende Funde. 1) Rodberg: Br. Kettchen. Glasfluss. — 2) Nauheim:
Spätlatene-Inventar: Tongefässe in Drehschcibenarbeit. Br. Gürtelhaken. E Schwerter,
Lanzenspitzen, Schildbeschläge, Messer, Äxte. Vier römische Münzen, 1. Jahrh. (zuge-
hörig?). S. auch 7 25 @ 13 (ein Exemplar mit Sehnenhaken). — Die 50 Exemplare
les Fundes können nur nach Typen aufgeführt werden. S. Quilling S. 99. —
3) Weisenan: S. v 48.
Laténefibeln. 799
; Variante. ; :
Lfd. Fundort en Zur Fund- Nachweis. —
Nr. S Reser An- geschichte Literatur
a
10] 2 Worms’), Worms ERII9 | — . Köhl
sl Rheingewaun |
41 |? Heppenheim) | Ebendort ES2 ae Derselbe
bis |g] Kr. Worms |
45 S
Ap Niedere Privatbesitz Br. V.O ` ` Flachgrab’ | Faudel u. Bleicher,
modern?) ` ` | | Materiaux pour une
b. Hagenau étude préhistorique
Unterelsass de PAlsace V
1888 Taf. IX, 1
47 livesheim, ‘© Mannheim E Form? Brandgrab Wagner,
Amt Mannheim Fundstätten und
Funde II S. 211
48 | e| Ladenburg‘), , Ebendort Br. Bruchst. ei Gropengiesser
e Amt Mannheim
49 JO Kirchheim’), Heidelberg 'Br. = Abb. 61 Wohngrube Beltz
Amt Heidelberg |
OU Osterburken®), Maunheim | Br. Brachst. — — Gropengiesser
Amt Adelsheim i
ol Miinzdorf’), Stuttgart E | In der Fundberichte
O -A. Bettelmanns- | XVII[ 1910 S. 20
Münsingen höhle. Oberamtsbeschr.
(Württemberg) Münsingen S. 228
52 Aislingen,”) Dillingen E BII? Ineinerröm. Harbauer-
B.-A. Dillingen F Ill 4 | Kulturschicht Dillingen
D3 Manching’), Ingolstadt Br. mehrere Ringwall Weber, Beitr. zur
B-A Ingolstadt Bruchstücke Anthr. usw. Bayerns
| 1905 S. 24
Ol Eining Landshut | B z E 6 — Pollinger-Landshut
B-A Kelheim |
55 Aschheim, Berlin Pa F e $ — J. Schlemm
B.-A V.K `
=| München I |
Ku Ebendort Ebendort Br. S2 BIIT = Dieselbe
2 | | F IHS
| (vgl. o moron
| 66)
Kn Karlstein!°) ` Reichenhall; Br. B III 9 Wohnstätten | Reinecke in Linden
bei Reichenhall | | FHI 2. 8 schmit. A
(Oberbayern) (Ubergangs- V Taf. 63, 1138
| form)
58 Ebendort??) Ebendort Br. B III 9 Desgl. Ebendort.
(mit Knoten) Taf. 63, 1159
F III 2. 8
(Ubergangs-
form)
|
Begleitende Funde. 1) Worms: Spätlatenegefüss. — 2) Heppenheim: Spät-
latenewaffen und -geräte. Y S1 — 3) Niedermodern: Vgl. Kossinna, Korrbl. 1907, S. 59
(isoliertes Stück in jener Gegend, wohl von den Sueben Ariovists stammend). — 4) Laden-
burg: S- A 90, V 113.— 5) Kirchheim: Frührömisches Inventar (auch geknickte Fibeln).
— 6) Osterburken: In dem Römerlager. — 7) Münzdorf: Gemischter Fund. — 8) Aislingen:
A 169. 7 130, — 9) ee 8. A 151 V LHE. — 10) Karlstein: Nr. 7
Latenezeit. a auch A 176,
11) Karlsteta: Nr. 7.
142 (zu den hier angeführten noch hr ähnliche).
. Inventar der letzten
800 R. Beltz:
; |
Lid. on Se Variante. | Zur Fund- | Nachweis. —
undor | Sammlung S i f
Nr. E Bee Géi geschichte Literatur
i | ' |
59 Karlstein!) | Reichenhall ' Br. B IIL 9 | Wohnstätten | Reinecke in Linden-
bei Reichenhall, (mut Kuoten) | schmit. A. u. h. V.
Oberbayern | IF III 5 (Cher: Taf. 65, 1140
2 | | gangsform) |
6U S Ebendort') «© Ebendort ` Br. unvollst. Desgl. Ehendort.
E | | | Taf. 63, 1142
61 Ebendort?) : Ebendort ' Weissmetall | Desgl. Ebendort,
Br. B IIL 1 | Taf. 63, 1115
62 Ebendort') | Ebendort Br. B III 2 | Desgl. Ebendort.
| | | Taf. 63, 1141
l i
DI. Enkheim, | Frankfurt E Bruchst. | — Krüger, Ber. über
= Kr. Hanau ! HM. Fortschritte der
= | rém.-germanischen
© ' Forschung 1905
~ | S. 14
G4 E; Fechenheim?), Ebendort E BII? Brandgrab Westd. Zeitschr.
bis |7 Kr. Hanau | F III 4 29 S. 29
6 |
66 Kl.-Gleich- | Meiningen EFIIG , Wallburg Jacob, VAPS.
bis berg‘) (schlanker, mit H. VII. VIII
67 (Steinsbure) | Wulst auf dem usw.
bei Römhild ` Scheitel)
| F Ill 5
i ' (1 Bruchst.)
GN Leimbach®, Ebendort E V. K. Uruenfeld Goetze in VATh.
Sachsen- Bruchst. von (gemischt?) fS. 225 (Taf. 17, 2h
Meiningen ähnlichen Beitr. zur Gesch.
d. Alt. Meiningen.
| o ISSS Taf. 4, 2
=
GE Gera") Hohenleuben E grössere Urnengräber | Auerbach-Gera
E Reichenfels Anzahl, meist Kropp, Latenezeitl.
un Bruchstücke Funde zw. Saale und
© W.Elster 1911 S. I
70 |.2 Jena‘) Jena E S 2R III 4 Urneneriber | Eichhorn. Goetze
= F IOI 4 in VATn. S. 506
G Sonderform
le Ebenidort‘) Ebendort S 2 Desgl. Eichhorn, Alter-
Br B I b (Duer von
(auf dem Bügel Thüringen
halbrunde Taf. IV, 146
Gruben
f. Email
F HI 2
12 Ebendort’) Ebendort E V.K Desgl. Eichhorn
bis gestreckter)
13
4 Ebendort*) Ebendort B V.K Desgl. Derselbe
Bruchstiick
Begleitende Funde. 1) Karl
heim: Kin Exemplar mit @ 59: eins
4) Kl. Gleichberg: S. + 171 usw.,
D Leimbach: S. A 279 7 1941. — ©
stein: Nr. 8. — 2) Karlstein: Nr. 2. — 35) Fechen-
allein (auf dem Grabfelde noch weitere Fibeln). —
ınehrere nicht näher bestimmbare Bruchstücke.
«era: S. A 289, — 7) Jena: S. © 256.
Latenefibeln. 801
Lfd. PEN — Variante. | Zor Fund: | Nachweis. —
un | 2 a | à è
Nr. SES RE | asec te an | geschichte Literatur
75 Allstedt’), Halle E RIUT | = Hoss, Gorka in
V. B. Apolda F III 7 | VATh. S. 122
i6 Gr.-Romstedt?) Jena EV.KLBIIIS Urnenfeld Goetze in VATh.
V.B. Apolda und ähnliche | ohne Stein- |S. 299 Z. d. V. Thür.
mehrere schutz Gesch. XXVI. 1908
S. 363 Taf I
Eischleben®), Gotha E mehrere Urnenfeld Zschiesche
Thüringische Staaten
Kr. Gotha Form ` in VATh. 5. 256
“8 Bebra‘), Sonders- Br. Form ? Urnen ohne Zschiesche
Fürstentum hausen Steinschutz in VATh. S. 177
Schwarzburg-
Sondershausen
D Hasenburg °) Halle Br. S2B1114. Wallburg Reuss. Hoefer in
bei Buhla F IIL 4 VATh. S. 185
Kr. Hohenstein
SO Ebendort ®) Ebendort ŒE Bruchstücke Desgl. Dieselben
bis
1
82 Ebendort | Ebendort E (mehrere) Desgl. Dieselben
So Mühlhansen‘), Mühlhausen Br. Bruchstiick In einer | Zschiesche i. VATh,
Kr. Mühlhausen | Form? Herdgrube S. 206 S.-Tühr.
| Jahresschr. 1911
S4 |=] Andislehen ’), Privat- Br. V. O, aber Grabfund. Art| Ebendort, S. 242
= Kr. Erfurt besitz die Kugeln seit- d.Beisetzung
= ‚lich, Bruchstück zweifelhaft
> 13 Gispersleben®), Erfurt |- E.V. L Bruch- Urnen Ebendort, S. 248
sec) Kr. Erfurt stiicke mehrere Ex.
86 A Rietnord- Nordhausen | Ech Urnenfeld Höfer in VATh.
bis | = [hausen °), Kreis S. 145
Si | 2] Sangerhausen |
SO E Meisdorf !°), Berlin E B III 5 Grosses J.Schlemm. Höfer
bis |“ | Mansfelder Ge- V. K. Umenfeld in VATh. S. 49
39 | E birgskreis
90 | 53| Ebendort Ebendort E V. K. Desgl. Dieselben
91 [~| Ebendort Ebendort EB III 4 Desgl. Dieselben
92 Ebendort | Ebendort E V. K (mit Desel. Dieselben
kleinem Wulst)
93 Ebendort Braun- E V.K Desgl. Dieselben
schweig
94 Silstedt''), Kr. Wernigerode Br. V. K In einer Hofer,
bis Wernigerode schwarzen | Friedrich, Beitr. z.
95 Tonkanne Altertsk. d. Grafsch.
Wernigerode
V 1888, Taf. 4
96 Ebendort'!) | Ebendort B- Y-K Desgl. Ebendort
Berleitende Funde. 1) Allstedt: Br. Girtelhaken. — 2) Gr. Romstedt: Vgl.
auch ` 203, Reiche Ausstattung: spätlatene und frührömisch. — 3) Eischleben: S. A 292.
“210 — 4) Bebra: Br. Gürtelhaken, Zierscheiben. E Bruchstücke von Fibeln, gerade
und gekrümmte Messer. — Knochennadel. — 5) Hasenburg: S. A 321. — 6) Mähl-
hausen: Zahlreiche Herdgruben z. T. mit Drehscheibegefässen, bis etwa 100 n. Chr.
reichend. — 7) Andisleben: Br. Kette; zwei Anhänger mit je sechs Kugeln. — 8) @is-
persleben: Br. Kette — 9) Rietnordbausen: S. auch 7 227. — 10; Meisdorf: S.
- 228, — 11) Silstedt: Vier Knochennadeln. —
802 R. Beltz:
Lfd. ondori s , | yananta Zur Fund- Nachweis. —
undor _ Sammlun :
Nr. | e | N An- | geschichte Literatur
m
i
97 Quedlinburg’) | Quedlinburg | Mehrere: Form? In einer Urne] Undset, S. 227
98 Halle a. 8.2, ` Halle EBII9 | = Reuss
Städtisches F fehlt) |
Siechenhaus
9 Löbejiin 7. Ebendort Br. Singulire — Undset,
Saalkreis Form, der Bügel | Eisen XXIL 3
zueinem flachen |
Oval erweitert |
= (für einen |
= aufyvesetzten |
E: Schmuck) '
100 | S| Müchein‘, Ebendort Br.ähnlichV.N = Förtsch,
2 Saalkreis _ $2.5 mit Kamm S. Th. Jahresschr.
z auf Fuss und HI, Taf. VI, 15
n | Bügel
101 | g | Liederstädt?°), Privat- Mehrere | Urnenfeld Goetze in VATh
Si Kr. Querfurt besitz (Form?) | S. 71
102 E Merseburg Halle EÈ schmiichtig | — Reuss
a B III 6 |
103 = Möritzsch®, ` Ebendort | EB IH 11 ! Urne Jacob, Latenefunde
SI Kr. Merseburg | FMA | XXIL 14%
104 = Schenkenberg, Halle | E — Reub
Kr. Delitzsch `
105 Eiendort "` Desgl. E BITIl 9 | Urnen ohne Wahle,
bis | ! F III 1- Steinschutz | S.-Th. Jahresschr.
107 | | _ mit reich- VIII S. 199
| Ä lichem Inhalt
108 | Marzahne, Bein .§ EBILIS | — J. Schlemin
Kr. Wittenberg V. K. | S 2 |
109 Sorge‘), Zerbst Pr.S.2 RIH 4) —. Seelmann-Becker.
Kr. Zerbst Schloss ` (F beschädigt) S.-Th. Jahresschr.
| Il 1903
110 Ebendort®) Desg. ES? BII4 — Ebendort
(Bruchstiick)
111 Ebendort“) Desgl. Br. Ähnlich V. — Ebendort
re N. Biigel stark
= | profiliert in
= Scheiben und
= Ringen, ebenso
Ä F Bruchstück |
112 Strinum `“), Zerbst E Graberfeld Seelmann
bis Kr. Zerbst Stadt S2 BIH4
113
114 Cöthen Gr.-Kühnau Br. S? In der Stadt Derselbe
Schloss Knauf am Fuss| beim Funda-
mentieren
Begleitende Funde. 1) Quedlinburg: E einschneidiges Schwert, Schildbeschlag.
Messer. — 2) Halle a. S.: Br. Gürtelhaken mit eigentümlicher Vogelkopfdekoration. —
3) Löbejün: E Gürtelhaken (noch eine zweite Fibel. — 4) Mücheln: S. A 339. —
5) Liederstädt: S. 7 225. — 6) Möritzsch: E Gürtelhaken (ob mit A 555 zusammen-
gehörig, zweifelhaft). — 7) Schenkenberg: Frührömische Angentibel, Schnalle, Gürtel-
behang u. dgl. Vgl. auch A 340. — S) Sorge: S. A 350, 7 241. — 9) Strinum
Br. Gerippte Armringe, E Gürtelhaken.
Latenefibeln. 80:
>
Pe —
Variante.
Lfd.
< Fundort Sammlung
11515 Gautzsch') Leipzig
£ bei Leipzig
a
1152]%2) Bobersen?) | Grimma
is bei Riesa . |
Fe |
116 Hohwelze, Breslau
Kr. Grinberg |
117 d ZSlling®), Dess)
=) Kr. Freystadt |
=
(ER E: Przybor‘), | Desgl.
Kr. Steinau
|
119 Fundort ` Münster
bis unbekannt
120 (Westfalen?)
121 Dese), Desgl
bis
122
123 Pyrmont’) zerstreut
Waldeck Arolsen
Bonn
| Detmold
Pyrmont UL, &.
124 Rasenmühle‘) | Göttingen
bei Rosdorf,
Kr. Göttingen |
25 Ebendort®), | Desgl.
2 Goslar? Hildesheim |
127 Nienburg’) Hannover |
tis 2 |
128 I 2 |
129 = Holssel 8), | Geeste-
= Ld. Wursten münde
Kr. Lehe |
130 Pattensen, | Dese), |
Kr. Winsen a. L. |
1 Bei Lüneburg | Hannover |
> |
133 Rieste?), | Privatbesitz
ie Kr. Clzen
eo
Begleitende Funde.
7 254. — 3) Zölling: S. 7 263.
— 6) Rasenmähle:
1) Nienburg: S. ¢ 243 A 423 9 281.
zusammengerostetes Eisenstück.
Messern in spätlatene — und frührö
1) Gautzsch: S. Nachtrag V 252a.
— 4) Przybor: S. V 272. — 5) Pyrmont: S. J
Bruchstücke mehrerer und einzelne nicht bestimmbare no —
— 9) Rieste:
| | Zur Fund- Nachweis. —
| a An- | geschichte Literatur
| E V.K Urnenfeld Jacob-Leipzig
| Br. V. K Urnengrab | Wilke, Z. f. E. 1899
flach, schwer V. S. 657 Fig. 3a
| E B IILS (?) Brandgruben- Seger
grab
| E V.K | Umengräber Derselbe,
| | Schl.V. VI S. 420,3
| E | Brand- Derselbe
| | grubengrab
|
| EBI? | ss Köpp-Münster
| F III 7 |
| E BII? — Derselbe
| F7 8 |
|
: Br. u. S. zahl- : Brunnenfund Bonner Jahrb. 38.
reiche Exempl. Almgren.
jungen Typs Fibeln S. 134. u. S.
B Ill 6. 7
F JII 2. T usw. '
| Br. BIW 4 | — Hahne
' Br. FIII2 |
| Br. B IU 4 | a Derselbe
Br. BING ` Se Hauthal-Hildes-
heim
Br. V. Urnenfeld Reimers
L FIII?
E 8 2 — Plettke
Br. B III 7 Urnenfeld Hahne
F III 4
EV.K — Derselbe
Br. V L (?)
Bruchstück |
EBIIL7 : Urnenfeld Lienau
F III 7
2) EL =
— S) Holssel: U. Nr. 1. S. 7 519. Br. Schnalle.
Reiche Ausstattung an Waffen, Scheren,
mischem Charakter s R. 1.
804 R. Beltz:
| D
Lfd. Fundort s , | Variante. Zur Fund- Nachweis. —
Nr. a ammang | Genauere An- geschichte Literatur
| gaben
138 Kieste?), Lüneburg EV.K Urnenfeld Lienau
bis Kr. Ulzen
139
140 Ebendort Desgl. E B III 6 Desgl. Derselbe
F III 7
141 Ebendort Desgl. E V.L Desgl. Derselbe
(2 Querstreifen)
142 Ebendort | Desgl. E (!) = Abb 59 Desgl. Derselbe
| aber Band quer
S zur Achse
143 | 27 Schweizer- 2 | Br. B III 9 — Schwantes, P. 2. I
3 |hof®), b Seedorf _ FIL! Abb. 74 Urnenfried-
= Kr. Ulzen EE höfe in Niedersachs.
I 8.9 Abb. 17
144 Thnrau?), Lüneburg pr S 22 Quer-| Urnenfeld Lienau
Kr. Lüchow | furchen m. Email Schwantes 2.2.0.1
| auch auf den S. 139 Abb. 9
| Achsenkugeln Taf. 27, S
145 Ebendort | Desgl. |Br.Abb.59 Kamm Desgl. Derselbe
einfacher Schwantes a.2.0.S.
(Wulst) 141 Abb.8 Taf. 27,15
146 Rhode‘) | Braun- EBIU4 Desgl. | Fuhse. Voges, Beitr
bis Kr. Gifhorn ` schweig, eine Kugel z. Anthr. Brschwes.
147 Privatbesitz | 189%, S SG, Nachr.
i d. A. 1902, S. 17
148 Brunkensen, : Braun- Br. V.N. — Fuhse.
E Kr. Holzminden | schweig
BE ı St. M.
119 | 2° Weddel®) bei Braun- Br. B III 9 | In einer Scherer. Voges.
S| Braunschweig ` schweig | FHIG ' bauchigen S.32
ZS H M. Urne
150 Helmstedt®) | Ebendort , E. B II 1 Auf dem Ebendort
| | Übergang zu A | schwarz. Berg
| | | in einer Urne
151 Halte" | Hamburg E BUI" | Hügeleräber | Rautenberg, Jahrl.
bei Hamburg ' F III 4 mit Urnen Id. Hamb. wiss. An-
| stalten II] 1856
152 | &]| Ebendort*) Ebendort EV.L Desgl. Ebendort
bis | 3 (ohne Gitter) |
158 E
154 |S Ebendort‘*) Ebendort Br. V.L Desgl. Ebendort
(ohne Gitter) `
155 Ebendort") Ebendert LVL UI Hügel Ebendort
(ohne Gitter)??: (und Urnen)
156 Ebendort !") Ebendort Desel. Desgl. Ebendort
x Bruchstück
Begleitende Funde. 1) Rieste: Dazu gegen zehn mehr oder minder bestimmbare
Bruchstücke von ähnlichen. —- 2) Schweizerhof: Inventar spätlatene und frührömisch. —
'Thurau: S. Y 297. — 4) Rhode: In einem Bronzeeimer (= Willers. Hemmoor, S. 110:
mit zusammengebogenem Schwert und Lanzenspitze. — 5) Weddel: Römisches Bronze-
becken vgl. Willers Neue Untersuchungen S. 19. Frührömische Fibel. — 6) Helmstedt:
E Fibeln à 472. — 7) Holte: S. V 331 @ 60. Gr. 50 — XS) Holte: Gr. 54. Br. Bruchstücke einer
Fibel. — 9) Holte: Gr. 6. — 10) Holte: Gr. 51.
| | ' Variante. |
Fundort Sammlung | Genauere An- |
| gaben |
Holte !\ Hamburg ‚ES2BIll4
bei Hamburg | |
te | |
2 Ebendort | Ebendort |E u. Br. Bruch- |
o | stiicke.mehrere, .
oe im einzelnen |
nicht erkennbar |
Ebendort Ebendort EBHI8 ,
| FII1 |
Westerham?), | Ebendort | ES2 (?) |
| Kr. Neuhaus | |
= Ebendort | Ebendort 'E S 2 BIII 4!
= {
e ,
gi Ebendort | Ebendort | EB III? |
| FIG |
Amrum’) | Privatbesitz: Br. Typ |
Kr. Tondren Berlin | (Abb, 59)
| ‚ Bruchstick
i
„| Schiersberg‘,: Kiel Br. S. 2 B 1116
-= | Kr. Flensburg | ‚auf dem Bügel
K | einKnopf F II 8.
= Lottorf- Ebendort | Br. V. K. |
to, Haddeby’, | | Bruchstick |
E Kr. Schleswig | |
= Breklum, ` Kopenhagen Br. V. N.
dë Kr. Husum | | |
{
Rausdorf, Kiel E BIII 7
Kr. Sturmarn | FIII?
Schuhwiese | Ebendort E V. O (3)
—~\ bei Reinfeld, Bruchstück
> Kr. Stormarn | |
E Malente Ebendort Br. Typ
= | (Abb. 59)
E Schwartau | Berlin | Br. V.O |
= | V.K.
CG Selmsdorf | Neustrelitz Br. V. O
=, bei Ratzeburg | |
(zu Mecklbg -Str.) | |
Zweedorf‘°) Hamburg | Br. V.K (stark)
bei Boizenburg | mit Email
(Mecklenburg-
Schwerin) |
Gegend von Bremen ‘Br. Sonderform.
Boizenburg ' Ahnl Abb. 62, |
` ¿wohl auch | aber mit zwei `
Zweedorf) ` ` ‚Wulsten auf H
Begleitende Funde. 1) Holte: Mit 156. —
>)
Latenefibeln.
Amrum: Mehrere Urnen (höhere rundliche Schalen). —
805
Zur Fund- Nachweis, —
geschichte Literatur
III. Hügel | Rautenberz, Jahrb.
d. Hamb. wiss. An-
stalten III 1886
(und Urnen)
IV. Hügel Ebendort,
S. 14
Unbezeichn. Ebendort,
Hügel Taf. 3, 38
Hügel mit Ebendort,
Urnen 1Il, 1886, S. 19
Desgl. , Ebendort,
Taf. 3, 42
Desgl. Ebendort,
Taf. 3, 43
Urnengrab. Olshausen-Berlin
Nach-
bestattung in
einem bronze-
i zeitl. Hügelgr.
Urnenfeld Knorr VI, 135
Desgl. Knorr VI, 131
Desgl. Mestorf,Urnenfriell-
höfe. Taf. V Fig.5
Urne Knorr, VI, 132
Desgl. Mestorf
Urnenfeld Knorr, VI, 158
— J. Schlernm
— Schumann, Lemcke-
festschrift 1898
S. 16
Grosses Kossinna, Korrespbl.
Urncufeld 1907 S. 61
Beltz, Mecklbe.
Jabrb. 71, S. o.
In eine W eissenborn-
Kiesgrube Brenen
2) Westerham: S. Ọ 324. —
Ais Schiersberg: Gerippte
(sirtelhaken, körbehenförmiges Anhängsel. — 5) Lottorf-Haddeby: Holsteinischer Gürtel. —
6) Zweedorf: Zahlreiche Urnen älteren Typs. E Kleingerät.
> Zu Oldenburg.
Nachtrag.
S06 R. Bel:
Lfd. GE E ETEA Variante. | Zur Fund- Nachweis. —
undo ‚ Sammlung | A , :
Nr. | nn An | geschichte Literatur
|
173 Körchow!) Schwerin EBIII4 Grosses Beltz, VAM 36, 54
bei Wittenburg _ (ater schwach) Urmenteld
F III 3 |
114 Ebendort Ebendort Br. B III 9 Desgl. Ebendort S. 340
F IT 5
175 Ebendort Ebendort ` Br. u. EB 1119! Desgl. Ebendort S. 340
bis BUI"
117 '(Übergangsform)
178 Krebsförden?, Ebendort | E Variante O ' Urnenfeld | Beltz, Jahrb. d Ver.
bei Schwerin i (ohne Kreuze) ` No. I f. mecklbg. Gesch.
“1, S. 41
179 Nenburg Ebendort Br. Var. P. Urnenfeld Ebendort, S. 4)
bis bei Wismar
180
DE Raduhn Ebendort Br. Var. P. Desgl. Ebendort, S. 1%
bis | $ bei Crivitz VAM. 46, 26
184 |£
185 1? | Friedrichs- Ebendort : Br. V. P. Desgl. Ebendort. 114
d - ruhe | !
Z bei Crivitz | |
156 |= Kritzow _Ebendort ` Desg). Dexgl. Beltz, Jahrb. d. Ver.
S bei Crivitz f. mecklbg. Gesch.
= | | 71, 8. 102
187 Bruel Ebendort ` Desgl. Desgl. Ebendort, S. 111
188 Tarloff Ebendort ` Desgl. Desgl. Ebendort. S. 110
bei Sternberg | | l
189 Rachow’) | Ebendort | Br. u. E V. L. Desel. Beltz, VAM. 5,
bei Güstrow | und Privat-! B III 9 ver- 2, 53
| besitz | schiedene Uber- | Oben, Abb. 58
| gangsformen; |
| | mehrere
190 Dargun ' Ebendort | E. V. K. | Urnenfeld mit
| i Steinpackung. |Beltz Jahrb. a. a. 0.
: | No. II. S. 132
191 Kl. Methling‘) ` Ebendort | Desgl. | Grosses Ebendort, S. 1:%
bei Gnoien | | Urnenfeld
192 Gehlsdorf | Ebendort E 5 Ex. Urnenfeld Ebendort, S. 144
bei Rostock | | V.K.uL
| , Bruchstücke
11% Pleetz°) Neubranden- Br. S 2.4 Desgl. Brückner. Kossinna.
> bei Friedland | burg B III 4 Korr -BL 10%
T aber | S. 61
Ee | gedrungener
> | | mit Furchen
2 | f. Email
SS | | |
194 ES Peetsch Nenstrelitz | Br. VO | — Schumann,
ef: i
bei Mirow | Lemckefestschrift
Ä 1598 S. 16
|
Begleitende Funde. 1) Körchow: Bronzekessel, Spätlatene- und frūhrömisches
Inventar RY @ 69. — 2) 364. —;` 3) Rachow: Frührömisches Inventar: Mäanderurnen
usw. — D KI. Methling: S. @ 7 — 95) Pleetz: S. 7 367.
Latenefibeln.
07
. |
Lfd. Fondo See Variante. | Zur Fund- Nachweis. —
undo a | nE
Nr. E S Wee en Ä geschichte Literatur
lg eS a ee Pn ee
193 Bussen'), , Salzwedel Br. B IM 9 ` — Kupka,
| Kr. Salzwedel | F abgebr. | S.-Th. Jahresschr.
| | 1910 S. 25
196 Ebendort Privatbesitz Br. BII 9 | — Derselbe
F III 4
197 Gr.-Chiiden?), Salzwedel EV.K | Urnenfeld Zechlin
Kr. Salzwedel ` Ä
198 Ebendort iR Br. V.K | — J. Schlemm
, K. |
199 Perver®), Salzwedel EV.K Urnenfeld Kupka,
Kr. Salzwedel S.-Th. Jahresschr.
| 1910 S. 18
200 Osterburg Privatbesitz Br. S 2.3 — Ebendort,
= B stark ge- Taf. I, 16.
schwollen, F m. Oben Abb. 6?
starkem profi-
= | lierten Wulst |
£ | (Übergang vonA)
201 | S| Kl. Möringen*) Stendal EV.K Urnenfeld Kupka
© Kr. Stendal |
302 |E Tanger- Stendal P 2 Exempl. | Urnenfeld Kupka, Beiträge
bis |, mlinde?, 1119 F Eu Nr. II zur Geschichte der
au |} Kr. Stendal "e B 1119 Altmark Bd. II
= Bruchstück Heft 5 1908 S. 273
a | Fig. 1—3 S.-Th.
3 | Jahresschr.1910S.21
N :
a5 | ~| Ebendort*) | Privatbesitz E V.K Sehr grosses | Ztschr. f. Ethnol.
= Urnenfeld XV 1883 S. 369
5 | (Nr. I) XVI 1884 S. 332
Ce | Kupka, S. 25
STE Ebendort Berlin | Br. B III Y Ebendort Kupka,
V.K. .. FUL S.-Th. Jahresschr.
(Ubergangsform), 1910 Taf. I, 2%
207 Bülstringen’), |Neuhaldens- Br. Bruchst. Urnenfeld | Wegner, Ztschr. f.
Kr. Neuhaldens- leben (Übergang Ethnol. 1895 S. 158
leben von ^A) Fig. 48
208 Ebendort Ebendort Br. Desgl. Ebendort
209 _Farsleben"), | Magdeburg | Br. S 2 | = Hahne-Hannover,
Kr. Wolmirstädt | Wulst am Ende ; (Schultheiss
ı des Schluss- Tat. VII, 42)
| stückes (an ^
erionernd)
210 Ebendort Ebendort ` Br. V. F — Hahne
aber massiv in |
| einem Stiick
gegossen
( singuläre Form,
Begleitende Funde.
an N erinnernd)
1: Büssen: Schale, Attachen, Trinkgefässe frührömischer
Art. — 2) Gr. Chiiden: Etwa zwölf solcher Fibeln. auch V 371. — 3) Perver: S. vu 382.
— 4) Kl. Möringen: Schwarze Situla.
fürmiges Gehänge, platter Spinnwirtel, Perle aus Ton.
6 Br. Segelohrringe mit
Schlussstück (Kapka 21),
Z7
302, — 8) Farsleben: Vgl.
5) Tangermünde: Br. Ring. Goldenes vasen-
— Übergang zu frührömisch.
blauen Glasperlen. 1; Gürtelhaken usw. Ein Exemplar ohne
Diele näher bestimmbar. 1) Bülstringen: S. A 499 Q 7
— OO Nachtrag.
808 R. Beltz:
| D !
Lfd. aoi ommi Variante: | Zar Fund- | Nachweis. —
undor a 2 a
Nr. ` | mung Genauere An geschichte Literatur
| gaben
- SE | en: en
211 Altmark ` Berlin ES? BI I = J. Schlemm
= Fo. u. V. K. | |
212 || Ebendort _ Ebendort EVK | — Dieselbe
213 | E| Vehlen», Berlin E B III 5 Urnenfeld Kiekebusch
.2| Kr. Jerichow I M. M. |
21t | E| Ebendort?) Ebendort E BIHIS Ebendort Derselbe
Z F Ilj 4
We (seltnere Form, |
S ähnlich Abb. 54)
215 || Walter- Halle Br. S2 BIIT4 Auf einem Reuss.
ee nienburg, F1lI1 neolithischen f S.-Th. Jahresschr.
=| Kr. Jerichow 1 | Grabfelde [VI Taf. 12 Fig. 27
216 S Schartenke®), | ? — — Wilke, D.
& | Kr. Jerichow II Geschichtsbl.
| VII 1905 S. 308
217 | fBinenwalde‘), Berlin Eu. Br. V.O. — Kiekebusch. Ztschr.
Kr. Ruppin | M. M | f. N SS
ndset, S. 200
| | XXI, 8
Kossinna, Korrspbl.
| 101. S. 61.
| Ruppiner Progr. °
| | | 18:1, S. 20,
21S Ebendort | Ebendort a W n | — Kiekebusch
(länglich)
219 Ebendort Ebendort E — Derselbe
220 Charlottenau e Ebendort E — Derselbe
&6| Kr. Ruppin Ä
201 |Z | Bbendort ` Ebendort ` E BUT 4 = Derselbe
bis | ® | I Ill 4 |
vo |} |
cs
995 Ile Ebendort Ebendort > SE S | — Derselbe
ruchstüc
224 Ebendort | Ebendort | E u. Br. V. O. | — Derselbe
his
a Sonnenberg, | Ebendort E — Derselbe
Kr. Ruppin Bruchstück
227 Zühlen®). Berlin E Ubergangs- | Grosses J. Schlemm.
kr. Ruppin V. K. ıfuormvon\YV.F: Gräberfeid, Undset, S. 2014
| ou w V. L. z. T. Stein-
Mehrere. Ex. dämme
228 Kreis Ruppin Berlin | Br. B halb- — Kiekebusch
M M rund
Berleitende Funde.
haken, Ringe, Bruchstücke mehrerer Nadeln und Fibeln.
1) Vehlen: S. ~
F III 3(ein Loch)
|
11: Br. Serrelohrringe, Perlen.
Blane Glasperle — 2) Vehlen:
E Gürtel-
In einer Urne mit Glasperlen, Bronzestücken u. a — 3) Scharteuke: S. `" 400. — 4) Binen-
walde: S. V7 Un
6) Zühlen: Br. Ohrringe.
E Gürtelhaken.
— 9) Charlottenau: Mehrere Bruchstücke vou
ähnlichen. Ç 427.
Laténefibeln. 809
Lfd. Fundort | GE Variante. Zur Fund- Nachweis. —
Nr. | 8 rn An- geschichte Literatur
|
Lünew, | Berlin Br. Bruchst. — Kickebusch
Kr. West- M. M. FIH 3.8
havelland (frübrömischer
Charakter)
230 Buchow?), . Ebendort Br. B III 9 — Derselbe,
Kr. Osthavel- | F III 4 (vgl. Kiekebusch,
land Almgren 2 Einfl. d. röm. Kult.
| Ee Ä auf e SE
arakter S. 69)
231 Vehlefanz?), | Berlin E BII? | = J. Schlemm
Kr. a | V. K. FIl4 |
|
232 Derwitz?) | Berlin | = Kiekebusch
Ar zanen | M.M F Me |
elzig
|
233 Alt-Tdplitz‘), | Ebendort |ES2BIII4| > Derselbe
Aalen: F abgebrochen d
elzig |
234 Ebendort | Ebendort E FIII 1 | — Derselbe
e | | Bruchstiick ` `
235 E Ebendort | Ebendort | 5 E SÉ 3 | = Derselbe
Si rucbstüc
236 15 Ebendort Ebendort | E V. K: | = Derselbe
E | B vorn verdickt
237 ENEE | Privatbesitz E. V. K. | Urnengrab Hindenburg,
Kr. Telto | Mannus 11,8. 197,14
938 Gr. Lichter- ' Berlin E. B 1118 | — J. Schlemm
De | V.K. FIII 4 |
r. Leltow
2 | i
239) Selchow’), Anscheinend È S 2 B IIIY, Urnengrab |Kiekebusch. — Die
Kr. Teltow verloren | mit Kugeln ee Je Bär
| , S. 57 an-
| | scheinend ungenau
240 Südende’), perla | E (dazu Bruch- | Urnengrab Kiekebusch
Kr. Teltow | stück einer ähn-
| i lichen)
241 Tempelhof, ”) Berlin | E. V.O. — J. Schlemm
bis Kr. Teltow |
243
244 Kolm, | Ebendort | E V. L — Dieselbe
Kr. Sorau |
245 ph et Guben EV. K | Urnenfeld, Jentsch, Niederl.
Kr. Guben z. T. römisch Mitt. IV, S. 1
|
Begleitende Funde. 1) Buchow: In cinem Mäandergcefässe. Br. Gürtelhaken.
E Messer, Lanzenspitze, Schere. — 2) Vehlefanz: S. + 245. A 529. — 3) Derwitz: + 247 A 538.
7 440. — 4) Alt-Töplitz: S. A 539. V 456. — 5) Jütchendorf: Br. dreigliedriger Gürtel-
haken. — Urne schwarz, glatt, angeblich Drehscheibenarbeit. — 6) Gr.-Lichterfelde.
‘7463. — 7) Selehow: Mit anderen Nadelresten. — (Vgl. Ztschr. f. Ethn. 1877 S. 254), 1819
S. (58). — 8) Südende: E Nadel. V 467. — 9) Tempelhof: V 468. — 10) Sadersdorf:
Kleingerät, besonders Mittellatenefibeln. S. Y 458.
Zeitschrift für Ethnologie. Jahrg. 1911. Heft 5. Ka
810 R. Beltz:
Variante. | Fir Rand:
Fundort Sammlung | Genauere An-
gaben |
Nachweis. —
geschichte Literatur
246 Wirchenblatt!, Ebendort | E V. K Urnenfeld Jentsch, Gubener
Kr. Guben | (zahlreich) | Gymuasialprogr.
| 1892, S. 21
247 Ebendort Berlin | E V. K Desgl. J. Schlemm
his V. K.
248 ' l
|
249 Rampits?), © Ebendort E | — Derselbe
bis Kr. Weststern-
250 berg Ä |
251 Seelow’), Berlin Br. B II 9 | = Kiekebusch
bis Kr. Lebus M.M. F JIII 5. 8 |
203 . | Almgren 23 |
| Übergang zur '
. frührömischen |
254 Carow, Kreis Berlin ' Br. | Es J. Schlemm
Niederbarniın V.K | (unvollständig) |
255 | >o| Rosenthal, Kr. Berlin | Br. Sonderform, = Kiekebusch
=] Niederbarnim M. M. ähnlich |
= Abb. 62 |
Wa l
256 S Gramzower‘) Prenzlau | Br. BII 9 | Tirnengraber Blume, Verzeichnis
aa) Forst | F III 5 d Uckermarkischen
Uckermark | | Vereins- Sammlung
| S. 50
POT FEbendort +) Ebendort | E V.K | Desel. Ebendort
258 Ebendort*) ` Ebendort | EBIII | Desgl. Ebendort
| F II 7 |
209 Hammelspring®, Ebendort ` E V. O Desgl. Schumann
Kr. Templin |
260 Storkow‘), | Berlin | E V, O, aber | Urnenfeld Kiekebusch.
Kr. Templin ` M.M. ohne Kreuze Buchholz, Nachr.
| d A. 1893, S. 35
261 l:bendort Ebendort |E V. O (2 ver- Desgl. Ebendort
| rostet und nicht
| erkennbar)
262 Melzow, { Prenzlau E V.K | Urnengrab Schumann
Kr. Angermiinde |
263 Borgwall’ | Stettin | Br. V. Q. Urnengrab Schumann
bei Demmin | Balt. Stud. 59 Taf.
| | | VII, 15
= | | | Lemckefestschrift
= | | 1898 T. II, 4
264 S Grischow, : Berlin | Br. V.P Aneeblich J. Schlemin
Goal Kr. Demmin | V. K. ~ Moorfund Schumann B. St.
39, VIT, 12
| |
| | |
Begleitende Funde. 1) Wirchenblatt: Spatlatene und anscheinend frührömischse
Inventar, auch Y 495. — 2) Rampitz: S. 7496. — 3) Seelow: E halbrundes Messer.
rundliches Messer mit Stiel. — +) Gramzower Forst: E Lanzenspitze, Ring, Messer
mit gedrehtem Stiel (Überganesfund.. — 5) Hammelspring: V 505 — 6) Storkow
Ss. 7 510 @ 72. — 7) Borgwall: Br. Kette. —
265 Drosedow, ? | Br. V.O. —
Kr. Grimmen |
266 Piglitz. Stettin | Br. V. P Urnengräber
bis Kr. Grimmen |
2267 | `
268 Gr.-Liiders- Stralsund Br. V. P Urnengrab
his hagen, | (Bruchstück) |
269 Kr. Stralsund ` |
270 Mölln-Medow | Ebendrt ` Br, V.P © Deel,
bei Bergen Verbindungs-
Ragen | | achse massiv |
t
271 Nadelitz , Berin `, BrV.O ` Ss
Riigen | V. K. |
22 Patzig Stralsund : Br. V.O | Sc
Riigen | (3 Kugeln)
|
273 Samtens Ebendort Br. V. P —
Rügen |
244 Stubnitz Ebendort Br. V. P. Urnengrab
Rigen |
275 Teschen- Berlin ‘Br.S2 BIIL8 Urnengrab
bis hagen !), V. K. stark, mit |
276 IE Rügen Furchen für
< | Email
=) |
271 |2] Ebendort!) | Ebendort | Br. V.K S2! ` Desgl.
bis [| B mit kappen-
278 artiger Ver- ı
breiterung und |
Walst
279 Rügen Ebendort E V.O —
(Fo. u.)
280 Ebendort Ebendort Br. V. P —
251 Rügen Nürnberg Br. V. P —
(wahrscheinl.) G. M.
382 Helmshagen?), ` Greifswald | Br. mit Email ` Aus Urnen-
bis Kr. Greifswald auf dem Bügel gräbern
283 |
|
Sieft) Sinzlow 5), Stettin E V.K Brandgräber
Kr. Greifen- — (mehrere ExpL)
hagen | :
285 Brendemühl®), Berlin | E V.K | Urnengrab
Kr. Kammin V.K | Knick verziert) | in Stem-
| | packung
Begleitende Funde. 1) Teschenhagen: I) Schwert. —
Schwerter, Lanzen, Schildbuckel. — 5) Sinzlow: Schwertscheide.
E Schwert, Lanzenspitze.
Latenefiheln.
Variante.
Sammlung | Genauere An-
gaben
Zur Fund-
geschichte
2)
ged
—
811
Nachweis. —
Literatur
Kossinna, Korrspbl.
1907, S. 61
Schumann,
B. St. 39 S. 192
Schumann,
S. 146
Ebendort,
Taf XVI,15 S. 174
Lemckefestschrift
1898
J. Schlemin.
Balt. Stud. 39 S. 176
Ebendort
Taf. XIV, 13 S. 191
Ebendort,
Taf. XV1,16 8. 207
Schumann
Ebendort
S. 239
Kossinna, K.-Bl.
1907 S. 61
Schumann, a. a. O.
T. VI, 15. 16
J. Schlemm
Dieselbe
Reinecke
in Lindenschmit
V 351
B. St. 39
Taf. XIV,9 S. 151
Kossinna. Korr.-Bl.
1907 S. 60
Oben Abb. 65
Balt. St. 39
Taf. X1II, 11
J. Schlemm
Helmshagen: E
4) Brendemühl:
52°
305
Pommern
Westpreussen
Begleitende Funde.
2) Lustebur: E Lanze.
R. Beltz:
Variante.
Sammlung | Genauere An- |
gaben
Butzke*), | Stettin E B III 9
Kr. Belgard | F III 7
i B III 7
E TIL ap |
Übergangsformen
z. frührömischen‘
oder F III 4
Lustebur®*), Ebendort | E V. K
Kr. Colberg
Persanzig, | Berlin 1Br.1E. BITTY
Kr. Neustettin ` DR,
Ebendort E. V. M mit
| Wulst auf dem |
Bügel (Uber-
gangsform)
|
Br. F UEZD]
(Übergangsform)
1 Bruchstück
E V.K
und Ubergangs-
formen; gröss.
| Anzahl
Ebendort
Ebendort Ebendort
Lhendort 2) Stettin
Gumbin?‘) Stettin und | E; mehrere Y.
Kr. Stolp Privatbesitz K. u. ä. |
Koppenow ’), Ebendort | E V. K u. L.
| Kr. Lauenburg B III 9
(z. T. Uber-
vangsformen)
Ebendort Ebendort E Typ, aber
eintacher
Qnaschin, Danzig E B III 6
Kr. Neustadt F III 6
(Löcher recht-
eckig)
Oliva’), Fbendort E. B III 9
Kr. Danziger F III ı
Höhe
Ebendort Ebendort E ähnliche Form
bk. BIL 6G
EF TIT I
LE: bendort Hbendort
1) Butzke:
Zur Fund-
Brandgruben-
gräber
und Urnen
| Brandgruben-
griiber
Aus zwei
grossen
‚Brandgruben-
gräbern
Desgl.
Desgl
Desgl.
Brandgruben-
u.Urnengräber
Brandgruben-
gräber
und Urnen
Desgl.
Brandgruben-
gräber, Urnen-
gräber durch-
einander
Desel.
Brandgruben-
grab
Nachweis. —
geschichte | Literatur
Schumann,
a. a. O. S. 109
X5xX1I 3.4
Ebendort,
Taf. XLII, 11
J. Schlemm
Dieselbe
Dieselbe
Schumann 185
Taf. XV, 18. 15
Kasiski,
Vaterl. Altert. d.
Neustett. Kreises
1881 S. 36
Pommersche
Monatsbl. 1896
S. 69. 115
Schumann,
a. a. 0. S. 165
Ebendort
Conwentz
Conwentz, Lissauer,
Denkmäler S. 127
Ebendort
Ebendort
E Waffen, V 529; frührömische Fibeln. —
Br. Ringelchen. — Blauc Glasperle. — 3) Persanzig: E Waffen,
Messer, Gürtelhaken, Pinzette. — 4) Gumbin: S. V 533. — 5) Koppenow: E Waffen,
V oof usw. - 5) Ollva: Spätlatene- und frührömisches Inventar.
Laténefibeln. 813
Lfd. az | DEN | Variante. | Zor Fund- | Nachweis. —
Nr. g ia an geschichte Literatur
EE EE Eege NE Web m m |
319 Oliva, Kreis | Danzig E. B III 9 | Brandgruben- | Conwentz, Lissauer,
Danziger Höhe | F II 7 gräber Denkmäler S. 127
320 Suckschin,') | Ebendort E. BIII 9 Urnengrab Conwentz
bis Kr. Danziger | F III? |
321 Höhe |
322 Ebendort | Ebendort E, B he 9 | Brandgruben- Derselbe
| bm? | gräber
323 Ebendort | Ebendort Br. B Ill 9 | Desgl. Derselbe
F IIIT
324 Marienbarg Berlin Er. V. K. | Brandgruben- J. Schlemm
V. K. B platter |grabu. Umen-| Lissaner, Denk-
gräber mäler S. 128
32) Ladekopp’), Danzig E. V. K Urnengrab Lissauer
Kr. Marienburg unvollständig und Conwentz,
Schr. d. naturforsch.
Gesellsch. Danzig
VI 13
326 Willenberg*®) | Ebendort EB III7 Desgl. Conwentz
Kr. Stuhm .
327 Calm‘) Berlin Br. F IIl 5 — J. Schlemm
| VK Ubergangsform
zu frührömischh
z Almgren 18
328 | 2| Ebendort Ebendort E V.K — Dieselbe
329 =) Ebendort Ebendort | EB III‘ — Dieselbe
a ® | I FIHO
"IB
333 Ebendort ' Ebendort EV.KL — Dieselbe
334 Ebendort | Ebendort EV. L — Dieselbe
3 Ebendort Danzig Br. B III 9 F | Brandgruben- Conwentz
| spitz,geschlossen| gräber
336 Ebendort ` ` Ebendort E | Urnengrab Derselbe
331 Ebendort Ebendort EBIII4 | ern Derselbe
|
eg Ebendort Ebendort | E | eg Derselbe
is
342
343 Ebendort Graudenz |E u. Br. Anzahl | — Anger
| Ex. von B IIT 9.
| (Ubergangsform)
344 Grubno, | Danzig E | Urnengrab | Conwentz. Lissauer,
Kr. Culm ` Denkmäler S. 126
345 Ebendort : Ebendort E B III 4 — Ebendort
346 Kaldus, Ebendort | Br. O Schrag- Streufund Conwentz, Ver-
Kr. Culm kreuzfurche waltgsb.d. W.Pr.M.
1895, S. 41 Fig. 18
Westpr. Mus. T. 67,3
_Begleitende Funde. 1) Suckschin: S. 7 538. — 2) Ladekopp: Spätlatene und
frührömisches Inventar. — 3) Willenberg: S. V. Q 15 Vv 541. — 4) Culm: S. V 553.
i
i
|
|
814 R. Beltz:
Lfd. Dë | e l Variante. Zar Fund- Nachweis. —
Nr. SE EE geschichte Literatur
| | gaben
347 Neuguth,') | Danzig Br. B HI 9; Brandgruben- Conwentz
bis Kr. Culm | F UI 3 oder ` graber
33 geschlossen |
354 Ebendort ' Ebendort E BIII9 Desgl. Derselbe
bis | F 1117
356 | |
357 Ebendort | Ebendort EBIIY | Desel. Derselbe
bis | F III 5
309 |
360 Ebendort ' Ebendort | EB II 9 Desgl. Derselbe
bis | | F Ill 4
361 | |
362 Ebendort Ebendort . EBIII9 Desgl. Derselbe
bis | F III 1
363 )
364 Ebendort . Ebendort | E V. K Desgl. Derselbe
bis mit kl. Wulst *)
365 | | |
366 Ebendort | Ebendort | E BII 9 Desgl. Derselbe
bis F II:
i3 | | !
374 5 Ebendort , Ebendort | EB Ill 4 Desgl. Derselbe
bis | 5 |
375 S | |
376 | & Ebendort ' Ebendort Br. Typ Desgl. Derselbe
bis |= | mit Knoten |
318 | Ä
379 Ebendort Ebendort | Br. B III 9 . Desgl. Derselbe
380 Maruseh?), | Graudenz | E Br. B IIT 9 ! Urnengra) Anger. Lissauer
Kr. Graudenz mit verschiede- | Denkmäler, S. 1%
ner Fussbildung
. Mehrere Ex.
381 Rondsen,*) Berlin E V. K | Se J. Schlemm
= Kr. Graudenz V.K. ns verziert,
: ahmen ein-
geschnitten) |
383 Ebendort Ebendort E B mit = Dieselbe
kleinem Wulst
384 Ebendort°®) Ebendort „Br. FV.L ` = Dieselbe
| (Übergangsform;}:
385 Ebendort Kbendort Br. B III 9 | Brandgrube Conwentz
386 Ebendort Ebendort EB 111 9 Desgl. Derselbe
F II 1 9
Begleitende Funde. 1) Neuguth: S. © 546. — 2) Marusch: E Gürtelhaken,
Ring. — Spinnwirtel, Typen gleich Rondsen. — 3) Rendsen: S. 7 558 @ 74. Br. Schale,
Gürtelhaken, E. halbmondfirmiges Messer, Messer mit Stiel. — Doppelkonischer Wirtel.
*) Gleich Exemplaren von Koppenow (Pommern). und Taubendorf (Ost-
prenssen) 39%,
Latenefibeln.
S15
|
|
Variante,
Lfd Bands an Zur Fund- Nachweis. —
am S
Nr. | E rsh An geschichte Literatur
387 Rondsen, Danzig | E BIII 9 Brandgrube Conventz
Kr. Graudenz ` | F HIG |
338 Ebendort | Ebendort | EB 119 Desgl. Derselbe
í
i
389 Ebendort Ebendort | EV. K | Urnengrab Derselbe
390 Ebendort Ebendort | SEN e | Brandgrube Derselbe
| |
391 Ebendort Ebendort EBII4 | Desgl. Derselbe
|
392 1. Ebendort Ebendort EBT — Desgl. Derselbe
©
393 5. Ebendort Graudenz | E zahlr., zum GE Anger, Gräberfeld
Si Teil mit "Kopf- | gräber und | zu Rondsen, 1890
Ki | scheibe | Urnengräber
> | V.K. L. M. |
34 Ebendort Ebendort ü ar B m SI Desgl. Ebendort
ergangsform.
verschiedener `
_ Art, zahlreich |
395 Warmhof‘), Ebendort E. V. K. L. ‘In einem frei- Conwentz,
Kr. Marien- stehenden Verwaltgsb. 1906,
werder Br. Kessel mit S. 26, 2
eisern, Rand-
reifen
3 Scharnau, , Thom EV.L | = Conwentz
| Kr. Thorn (Bruchstück) :
307 Taubendorf?), : Königsberg EV.L Urne Heydeck, Prussia-
Kr. Neidenburg | | berichte 21 S. 54
393 Niederhof®), | Ebendort EB UI 9 | Urnengräber | Brinkmann,
bis Kr. Neidenburg . (mit Schale auf Prussiaberichte
399 | dem Bügel) ` 22 S. 284
Š | F Ill 2 |
D E BII9 |
= FIl4 | |
LU
100 = Grodtken ‘), Ebendort EBIIS ` Brandgrube | Hollack, Prussia-
bis [OS | Kr. Neidenburg | F III 4 | mit Grab- | berichte 22 S. 356
401 | \ | urnen
402 u Ebendort E V.K _ Einzelfund H. Kemke
r. Pr. |
Holland |
Bezleitende Funde. 1) Warmhof: E Schwert mit Scheide und Lanzenspitze, zu-
sammengebogen; verschiedenartige Bruchstücke. — 2) Taubendorf: Beigefässe, Pfriemen.
S. auch Y 573. — 3) Niederhof: Frührömisches Inventar ‘Tischler B). — 4) Grodtken:
E Krummesser, Schildbuckel mit grossköpfigen Nieten, Schildfessel, Lanzenspitze mit
Ornament,
816 R. Beltz:
Lfd. Fundort e l : Variante. Zur Fund- Nachweis. —
mn ne rn An- geschichte Literatur
403 Selchow- Posen ES! | — Blume
bis hammer’), K. F. Bruchstücke —
404 Kr. Filehne Form unsicher
405 Muchoein?), | Ebendort EVK | — Derselbe
Kr. Birnbaum
|
406 Rehle, Bromberg 'ES1 BIII4' Hügelgrab | Schmidt-Bromberg
Kr. Czarnikau | Ä Jahrb. f. d. Netze-
| | distrikte 1892
8. 114
407 Gr.-Wodek Ebendort Br. B glatt — Schmidt-Brombere
bei Schulitz, _ Nadelhalter
Kr. Bromberg kreisförmig
durchlocht ` `
405 Tucsno°), Posen E. B III 9 ` Graberfeld Blume
rh Kr. Hohensalza K. F. F III?
t10 a Ebendort Ebendort Br. B III 9 Desgl. Derselbe
411 | 2 į Traszezyzna Bromberg Br. Typ @ mit Einzelfund Schmidt
& | bei Argenau, 2 Knoten und
Kr. Hohensalza I Knoten am
Fussende
412 Lachmiro- Ebendort E B III 9 Urnen Derseibe
witz’), | | FHI? |
Kr. Strelno | |
413 Dembitisch- Posen Br. B Ill 9 — Blume, Mannus I
bis Kolonie, — K.F. Bruchstücke S. 140. 34
414 Kr. Schroda `
415 Solacz, Ebendort EV.K — Derselbe
Kr. Posen-Ost |
416 Kokorzyn®,, Ebendort > EBIIL9 Brandgruben Derselbe.
Kr. Kosten Mannus I 140
Nr. 31
417 Grotnik, ` Ebendort ES 2 | Brandgrube Derselbe
Kr. Franstadt Bruchstück Ausstellung Posen
| | Form unsicher 1909, N. 2644
418 Stradonitz,°) ` Prag | Br. zahlreich, Burgwall Pic, Hradistě u
Hradisch ‚ bes, Ki und (Marbo- Stradonis Taf. 4,
V.K.L dunum?) 10. 24
419 © Ebendort Dresden (3 Br. 3 E 4 K ` Ebendort Deichmüller
bis I 2 LL
423 | 5 |
424 | Ebendort Berlin | Br. V.L ` Ebendort J. Schlemm
V.K. | (nicht durch-
brochen)
Begleitende Funde. 1) Selchowhammer: E Gürtelhaken. - 2) Muchocin: E Drei
Lanzenspitzen. — 3) Tuozno: Spätlatene und frührömisches Inventar. — 4) Lachmiro-
witz: Schildbuckel, Schwert, Lanzenspitze, Messer usw. — 5) Kokorzyn: Mit zwei br.
Fibeln = Almgren 67. 68. — 6) Stradonitz: S. y 599 @ 77.
Latenefibeln. 817
. t
Lfd. Se RER Variante. | Zur Fund- | Nachweis. —
n a :
Nr. PRSS SE m An geschichte Literatur
425 Salzburg’) ‘ Bad Dürk- Br. V. L | Auf dem Mehlis-Neustadt
| heim römischen
| ‚ Friedhof
426 [E| Mechel?) Innsbruck | Br. BIT 2 = Much, Atlas
=) im Nonstal, | S. 149, 23
KE Tirol |
427 F> Gurira®), | Klagenfurt | Br. E grössere Befestigte Oben Abb. 61
Kärnten Wien Anzahl von e Siedelung
in verschied.
Formen
425 Vilters*) ` St. Gallen mehrere ' „Burg“ Heierli,
Kanton Severgall | Urgesch. d. Schweiz
St. Gallen | | S. 328
424) Wetzikon, Zürich E BIHIS | = Viollier, 320
Kanton Zürich | F IJI 4 |
430 |-] Niederbipp, | Bern Br. BR IIT | = Derselbe. 322
È Kanton Beru FIH 4 i
431 |2] Estavayer, Ebendort ! Br. Übergang — Derselbe, 321
Kanton | von V |
Freiburg
432 La Tène’) | Neuchätel Br. und E | Befestigte Vouga. Gross.
Gem. Epagnier , und viele vielfach Station Heierli usw.
andere
H
| ,
Begleitende Funde. 1) Salsbarg: Mit Fibeln des 2. und 3. Jahrhunderts, Kopf-
nadel, Löffel, Glassachen. — 2) Mechel: S. 7 608. — 3) Gurina: S. ^ 654, Y 610. —
4) Vilters: S. A 687, 7 621. — 5) La Tène: S. A 726 7 638 @ 79.
Nachtriize und Berichtigungen sowie Kartenbeilage folgen in Heft 6.
ll. Verhandlungen,
Sitzung vom GL Oktober 1911.
Vorträge:
Hr. Eduard Hahn: Wirtschaftliches zur Prähistorie.
Hr. Oskar Iden-Zeller: Ethnographische Beobachtungen auf der Tschukt-
schen-Halbinsel. Mit Lichtbildern.
Vorsitzender: Hr. Hans Virchow.
(1) Verstorben: Hr. Dr. Karl Bolle in Berlin, Mitglied seit 1905,
und Hr. Professor Dr. Erich Schmidt in Bromberg, Mitglied seit 1909.
(2) Neu aufgenommen sind:
Altertumsgesellschaft in Insterburg.
Verein für Heimatkunde in Kottbus.
Hr. Dr. Emil Goldberg, Arzt in Lankwitz.
Hr. Amtsgerichtsrat Dr. Kämmerer in Brandenburg a. d. H.
Hr. Diplomingenieur Paul Schuh in Augsburg,
(3) Dem Herrn Stimming in Grosswusterwitz ist zu seinem SO. Ge-
burtstag am 28. August telegraphisch Glück gewünscht worden.
(4) Die fünfte gemeinsame Versammlung der Deutschen und Wiener
Anthropologischen Gesellschaft hat vom 6. bis 9. August in Heilbronn
stattgefunden. Mit der vorausgehenden Besichtigung des Unterkiefers von
Mauer in Heidelberg und der Fundstelle desselben, einem Sitzungstage
in Stuttgart, einem Ausfluge auf die schwäbische Alp, der paliiethnologi-
schen Konferenz in Tübingen, dem Besuch des Holefels und des Sirgen-
steins und einem Ausfluge nach Heidenheim und Steinheim hat sich der
Kongress über zehn Tage hingezogen und den Teilnehmern überreiche
Belehrung und Anregung geboten.
(5) Der zehnte internationale Geographenkongress, welcher im Oktober
in Rom stattfinden sollte, ist verschoben worden.
Der 18. internationale Amerikanistenkongress wird in London vom
27. Mai bis 1. Juni 1912 unter dem Vorsitze von A. R. Markham statt-
finden.
f
g
Sitzung vom 21. Oktober 1911. 819
(6) Durch Frau A. Bartels ist der Gesellschaft eine ansehnliche
Schenkung von Büchern aus dem Nachlasse ihres Gatten zugegangen,
welche ein neues Band der Erinnerung zwischen der Gesellschaft und
dem um dieselbe so hochverdienten Mitgliede herstellen wird.
(7) Manuskripte sind eingegangen von Herrn W. Müller in
Schimonoseki über das japanische Mädchen- und Knabenfest und von
Herrn R. Beltz in Schwerin über die Funde von La-Tenefibeln in
Deutschland. Das erste ist im 3. und 4. Heft der Zeitschrift abgedruckt,
das zweite wird später erscheinen, da der Druck zwar schon im August
begonnen ist, aber ‚wegen mannigfaltiger Schwierigkeiten nur langsam
fortschreitet.
(8) Hr. O. Hauser hat unter dem Titel „Le Périgord prehistorique“
einen Führer durch das Vezeretal und die Nachbartäler herausgegeben,
welcher auf sieben Plänen die Grabungsplätze des Genannten topographisch
und stratigraphisch zur Anschauung bringt.
(9) Hr. Rütimeyer bittet, dass in seiner im 2. Heft gedruckten Arbeit
in der untersten Zeile der Seite 241 „war“ in „wurde“ geändert werde.
(10) Nach Mitteilung des Herrn Preuss hat das Komitee für die
Forschungsreise des Herrn Christiam Leden im nördlichen Kanada
bisher 6000 zusammengebracht, und der Reisende ist zu einer Vor-
expedition aufgebrochen, von welcher er jedoch im Winter zurück
sein will.
(11) Der angebliche Fund von Steinau, welcher in der Juni-Sitzung
erwähnt wurde, hat sich nachträglich als eine Fälschung erwiesen.
Hr. Matschie hat durch genaue Vergleichung festgestellt, dass es sich
um den Schädel einer Rasse des Schimpanse handelt, welche als Tschego
bezeichnet wird, und zwar einer Varietät, welche Hr. Matschie Kulu-
kamba nennt. Das Museum f. Naturk. besitzt ein Stück davon aus Lolo-
dorf. Auf briefliche Anfrage des Herrn Matschie hat der Fälscher zu-
gegeben, dass sein Schädelstück aus derselben Gegend stamme. Übrigens
muss ich aus sehr eingehenden Mitteilungen, welche ich über die An-
gelegenheit erhalten habe, annehmen, dass es sich ursprünglich gar nicht
um eine Irreführung der „Wissenschaft“ handelte, am wenigsten um einen
Versuch, eine bestimmte wissenschaftliche Persönlichkeit aufs Grlatteis zu
locken, sondern nur um einen wesentlich lokalen Scherz. Dem Ver-
anstalter des letzteren ist nur der Vorwurf zu machen, dass er nicht so-
fort, als die Angelegenheit so weite Kreise zu ziehen begann, mit seiner
Persönlichkeit hervorgetreten ist und sich als den Urheber der Verwirrung
bekannt hat.
(12) Vor der Tagesordnung macht Hr. Kiekebusch Mitteilungen
über eine von ihm im Sommer d. J. aufgedeckte vorgeschichtliche An-
siedlung bei Hasenfelde, Kr. Lebus. Es gelang, drei Grundrisse frei-
820 Kiekebusch: Prähistorische Wohnanlagen.
zulegen, die den Typus von Buch aufweisen. Auch hier findet sich vor
dem Herdraume eine Vorhalle. Die Pfostenlöcher enthielten zum Teil
(tefässreste aus der Bronzezeit. Andere Scherben deuten auf spätere
Epochen‘). Die in der Ansiedlung gefundenen Tierknochen hat Dr. Hilz-
heimer untersucht. Genauere Mitteilungen über das vorgeschichtliche
Dorf erscheinen im nächsten Heft der „Prähistorischen Zeitschrift“. Am
Schlusse seiner Ausführungen erwähnte der Vortragende einen von ihm in
einem bronzezeitlichen Gräberfelde bei Paulshof (nahe Alt-Landsbery)
aufgefundenen Grundriss und schilderte dann die von ihm geleiteten Aus-
grabungen des Märkischen Museums bei Nackel (Nähe von Friesack,
Kr. Westhavelland). Herr Pfarrer Wolfram war hier seit Jahren auf Brand-
spuren in einer Sandgrube aufmerksam geworden und erkannte aus der Yer-
öffentlichung des Vortragenden über Buch den Charakter dieser Überreste.
Der Vortragende fand einen Grundriss vomBucher Typus und stellte fest, dass
hier eine ganze vorgeschichtliche Ansiedlung — wahrscheinlich der
jüngeren Bronzezeit angehörend — von einer 3 bis 4m hohen Wander-
düne verschüttet worden ist. Ein Profil liess im Lichtbilde die alte, wie
eine etwa !/ m unter der heutigen Humusdecke liegende zweite Kultur-
schicht erkennen; letztere enthielt ebenfalls Brandspuren, konnte aber
bisher aus Mangel an Kulturresten keiner bestimmten Periode zugewiesen
werden.
Neben einer zweiten frühmittelalterlichen Ansiedlung, die nur
fünf Minuten von der vorgeschichtlichen entfernt ist, verdient eine vor-
oder frühgeschichtliche Befestigungsanlage ganz besonderes Inter-
esse, die sich vom Gutsparke des Herrn von der Hagen auf Nackel auf
einer Landbrücke zwischen zwei Luchniederungen etwa '/, Stunde auf
Wutzetz zu hinzieht und mit einem Gehölz bestanden ist, das noch heute
den Namen „Dreigraben“ führt. Alle drei Gräben, sowie die zwischen
den Gräben liegenden Wälle sind noch vorhanden. Seitens des Märkischen
Museums werden mit Unterstützung des Herrn Pfarrer Wolfram und des
Herrn Rittergutsbesitzers v. d. Hagen, der schon diesmal in freundlicher
Weise einige Arbeitskräfte zur Verfügung gestellt hat, im nächsten Jahre
umfangreichere Ausgrabungen vorgenommen werden.
Über die zuletzt berührten Ausgrabungen des Märkischen Museums
bei Niedergörsdorf, Kr. Jüterbog-Luckenwalde, wo ein Gräberfeld,
ein Bauernhaus aus dem frühesten märkischen Mittelalter und
ein Burgwall untersucht wurden, hofft der Vortragende in einer der
nächsten prähistorischen Fachsitzungen sprechen zu können.
(13) Herr Moszkowski gibt die nachfolgende Erklärung ab:
Hr. Prof. Dr. Neuhauss hat im Diskussionsbericht im Anschluss an den
1) Nachdem es mir nachträglich (im November 1911) gelungen ist, bei
Paulinenaue, Kr. Westhavelland, eine germanische Ansiedlung (Grundriss vom
Bucher Typus, Pfostenbau) aus der späten Kaiserzeit aufzudecken, unterliegt es nun
— nach Vergleichung des Scherbenmaterials — keinem Zweifel mehr, dass bei
Hasenfelde neben einem bronzezeitlichen ein frühwendisches Dorf liegt, zu dem
auch die drei Grundrisse gehören.
Ed. Hahn: Wirtsehaftliches zur Prähistorie. 821
Vortrag vom 29. April neben manchen anderen Dingen, die er hat drucken
lassen, ohne sie gesagt zu haben, auch die Behauptung aufgestellt, dass
meine Bilder technisch zu unvollkommen, ausserdem zu stark retouchiert
seien, als dass man irgend etwas erkennen könne. Gegen den ersten Teil
des Vorwurfs brauche ich mich nicht zu wehren, was den zweiten an-
betrifft, erkläre ich ihn für objektiv unwahr. In den Ihnen vorgelegten
Typen ist weder etwas hinein- noch herausretouchiert worden. Es sind
überhaupt keinerlei Manipulationen vorgenommen worden, die bezweckt
haben irgend etwas aus den Platten herauszunehmen oder in sie hinein-
zubringen, was nicht ursprünglich darin enthalten war.
(14) Hr. Eduard Hahn hält den angekündigten Vortrag:
Wirtschaftliches zur Prähistorie.
Die Wirtschaftsgeschichte ist bisher auch in der deutschen Wissen-
schaft noch nicht gerade zu hoher Bedeutung gekommen. Vielfach ver-
steht man darunter nur einen Zweig der Nationalökonomie, der sich be-
sonders mit dem Material beschäftigt, was Akten, Wirtschaftsrechnungen.
die älteren Darstellungen u. dgl. mehr über das Handwerk, über
die Verteilung des Grundbesitzes, über die Verhältnisse der Ackerbe-
stellung usw. in den letzten Jahrhunderten bieten. Nach der Art der
(Quellen können da natürlich nicht eigentlich weitreichende Schlüsse für
die ältere Geschichte gezogen werden, viel weniger gar auf die Vorge-
schichte und die Anfänge der Wirtschaft überhaupt. Aber auch von der
anderen Seite ist bis dahin ausserordentlich wenig für die Erforschung
der wirtschaftlichen Beziehungen des Menschen der älteren Zeit oder gar
der Urzeit geschehen. Das geht ja schon daraus hervor, dass bis in die
heutige Zeit hinein der Urmensch der Steinzeit z. B. allgemein und, wie
wir doch eigentlich alle wissen, ohne rechten Grund als Jäger aufgefasst
und geschildert wird, während doch nichts uns zwingt, die pflanzliche
Nahrung für diese Zeit derart zurücktreten zu lassen!). Es waltet
hier immer noch die Neigung vor, dem heutigen Kulturmenschen seine
Vorfahren recht roh und recht unentwickelt erscheinen zu lassen.
Es gibt aber nach unserer heutigen Auffassung der Aussenvölker und
doch auch nach psychologischen Erwägungen ein durchaus falsches Bild,
wenn wir meinen, unsere Ahnen hätten sich in wenig tausend oder gar
nur in hunderten von Generationen aus rückständigster Roheit zum
Kulturmenschen emporgeschwungen. (2000 Jahre n. Chr. und 5000 Jahre
v. Chr. gibt sieben Jahrtausende, das wären 210 Generationen bis zum
Beginn aller geschriebenen Geschichte.) Die „einfachen“ Verhältnisse der
Anfänge mögen ja dichterisch sehr schön sein, aber für die Wissenschaft
sollten sie ganz aus der Diskussion verschwinden.
Nehmen wir nun auch hier für den Menschen an, dass er den Zu-
sammenhang mit den tierischen Ahnen ungefähr in der Periode verloren
hat, in der die gewohnheitsmässige wirtschaftliche Benutzung des Feuers
sich bei ihm einstellte?), so werden wir gleich vor die ja freilich rein
theoretische, aber doch nicht ganz unwiclitige Frage gestellt: in welcher
82. Ed. Hahn:
Art gewann der Mensch das Feuer, das er nun dauernd benutzte: Schlug
er es aus dem Stein, rieb er es aus dem Holz?
Wenn man nun, wie Karl v. d. Steinen das nach meiner Meinung
mit Recht auch für unsere Urzeit tut, die „Steinzeit“ eigentlich als Holz-
zeit ansieht, wenigstens für manche Gegenden und für manche Epochen.
so hat ja freilich ein älterer Forscher Recht mit der Klage: mit dem
Holz würde doch alles für die Urgeschichte wieder hypothetisch! Aber
ist denn mit den Steinfunden ohne Hypothese irgend etwas anzufangen?
Ich vermisse recht häufig neben der ja sehr wichtigen Einordnung in eine
datierbare Zeitstufe irgend eine Art Vorstellung darüber, wozu und wie
nun die uns vorliegenden Eolithen und andere Steingeräte in der da-
maligen Wirtschaft der Menschheit benutzt wurden. Bei all den Klopfern
und Schabern, und wie man sie sonst nennt, wird, wie mir scheint, immer
viel zu viel an die Zubereitung von Fleisch und von Fellen, also an den
Jäger gedacht und viel zu wenig an Wurzeln, Knollen u. dgl, die man
ausgrub und zerklopfte oder ausschabte, an harte Früchte und Samen, die
man aus den Hülsen herausschlug, an Körner, die zerrieben wurden und
an mehr dergleichen Dinge, die wir bei den Aussenvölkern als wichtige
Nahrungsmittel finden. Und dabei sollten uns doch die zahlreichen Mühl-
und Reibsteine, für die wir häufig ja auch noch den Unterstein im
Museum haben, immer an Pflanzenstoffe, in erster Linie z. B. an
Wildgrassamen denken lassen. Das setzt ja schon die spätere Getreide-
kultur als eine notwendige Vorstufe voraus. Die einzige Pflanzennahrung
aber sind Wildgrassamen denn doch kaum jemals gewesen.
Gegen eine solche Auffassung der älteren Zustände als Holzzeit, d. h.
gegen die Hypothese der starken Verwendung hölzerner Geräte und
Werkzeuge neben den oder statt der Steinwerkzeuge, kann man ja aller-
dings mit einigem Grund den Einwand erheben, dass wir nichts davon
haben. Aber wenn wir uns die Steingeräte der Australier z. B. ansehen,
so finden wir doch, dass die Steine eigentlich nie ohne Fassung mit
anderem vergänglichem Material benutzt werden. An diese Haftung denken
aber die wenigsten Prähistoriker bei ihren Untersuchungen. So ist selbst
der grosse Bergkristall, den ein australischer Zauberer zu verwenden
pflegte, den wir im Völkermuseum hier haben, in Harz gefasst, und
ähnliches werden wir doch auch für unsere Steinwerkzeuge annehmen
müssen; wir haben sie also zumeist wohl gar nicht in der Form, in der
sie verwandt wurden. In dem an Lössfunden reichen Museum in Krems
an der Donau liegen z. B. viele Tausende aus dem Löss ausgesiebte
kleine Steinsplitter, zum Teil unter Fingernagelgrésse. Da wird man
sich doch vorstellen müssen, dass sie irgendwie in Holzinstrumente einge-
setzt wurden, wie die Haifischzähne der Südseeinsulaner und die Stein-
splitter der Australier und Ägypter). Und weil sie ja nicht durchbohrt
waren, kann das nicht durch Knüpfen oder Nähen geschehen sein wie in
der Südsee, sondern vielleicht durch Harz oder Kitt. Diese Stoffe können
uns ja ganz unbekannt geworden sein; die Australier z. B. stellen ihren
ausgezeichneten Harzkitt zum Teil sehr mühsam aus Graswurzeln her, aus
Wirtschaftliches zur Prähistorie. 823
denen sie ihn in der Sonne ausreiben; ähnliche Verfahren können bei uns
auch ganz gut vorhanden gewesen sein, um ganz verloren zu gehen.
So sind auch grosse und plumpe Steinbeile andrer Gegenden mit
Pflanzenfasern am Holzstiele in einer für uns recht hilflosen, für die Be-
sitzer aber genügenden Weise befestigt‘). Wir werden uns die Fassungen
also auch für uns nicht immer nur recht jägermässig von roher Haut
vorstellen miissen, die ja freilich, wenn sie zusammentrocknet, eine sehr
feste Verbindung herstellt, sondern wir werden neben dem Harz auch noch
an Rinde und dergleichen denken müssen, die erst mit Feuer oder heissem
Wasser behandelt wurde und dann gleichfalls sehr fest werden kann.
Man kann auch an Bast, Waldrebe und dergleichen auch im europäischen
Walde denken, ohne gleich die Lianen und Palmen der Tropen heranzu-
ziehen.
Für ein Gerät kann ich jedenfalls das Holz, und zwar zumeist
Holz allein, im weitesten Sinne in Anspruch nehmen, das ist der Grab-
stock, das älteste Gerät der Pflanzenkultur. Er wird wahrscheinlich in
den allermeisten Fällen stets nur aus Holz bestehen und nicht etwa einer
Spitze aus härterem Material bedürfen, denn, das ist ein sehr gutes Bei-
spiel: der Pflanzstock, mit dem noch heute der Berufsgärtner oder die
Bäuerin bei uns auf dem Beet Kohlpflanzen oder dergleichen „setzt“ ist
auch heute meist nur von Holz und nicht etwa mit einer metallenen
Spitze versehen.
Übrigens werden wir von dem allergrössten Teil der Jagdpfeile und
ebenso von dem allergrössten Teil der Speere, die im Krieg oder zur
Jagd gebraucht wurden, immer annehmen müssen, dass sie nur aus Holz
mit gehärteter Spitze bestanden. Allzuoft wird uns davon berichtet, und
jeder Pfeil und jeder Speer, der dem Feinde vergeblich zugeschleudert
wurde, stellte ja einen erheblichen Verlust dar und eine Bereicherung des
Feindes, wenn er eine Steinspitze trug.
Der Grabstock ist nun bekanntlich nicht nur das älteste Gerät der
Bodenbestellung, sondern, dann stimmen alle Sachverständigen mit mir
überein, auch ein Gerät, was aller Bodenbestellung vorangegangen ist.
Nur wird gelegentlich sicher eine Verstärkung der Spitze durch ein Tier-
horn, die ja ausserordentlich nahe liegt, oder durch eine Muschelschale
oder einen Stein vorgekommen sein; auch hier habe ich aber die Klage
gegen die Sammlungen und ihre Verwaltung vorzubringen, dass wir nicht
oft genug versucht haben, zutreffende Stücke auf die Art des Gebrauchs
aus den Sammlungen herauszusuchen, was uns doch ein lebendes Bild
geben könnte; dagegen scheint uns ein Steingerät ausserordentlich markant
zu sein, das wir denn wohl auch mit Recht überall, wo wir es auftreten
sehen, zunächst mit dem Grabstock in Verbindung setzen.
Es ist das der Steinring, mit dem man das obere Ende des Grab-
stocks beschwert, um ihm grössere Wucht beim Ausheben der Wurzeln,
Knollen und Zwiebeln zu geben®2). Solche Stücke haben wir bei den Busch-
leuten noch in Gebrauch gefunden, und kennen daher ihre Bestimmung,
ja auch ihre Anfertigung. Sie kommen auch anderswo so vor, ich muss
aber ausdrücklich bemerken, dass doch nicht alle Steinringe diesen Zweck
824 Ed. Hahn:
haben müssen. Aus Peru kennen wir Steinringe auf Holzschäften, die
auch nach der Analogie der Bronzegeräte als Keulen gedient haben, auch
wenn uns ihre Verwendung etwas unwahrscheinlich erscheint. Auf die
grosse Wichtigkeit des Grabstocks will ich hier nicht eingehen. Ich
möchte nur auf die interessante Rolle kommen, die der Grabstock ganz
ım Einklang mit unserer Auffassung seiner Entstehung mitunter als Aus-
zeichnung der Frau spielt). So scheint der Grabstock bei vielen zere-
moniellen Feierlichkeiten der Australierin unentbehrlich. Nach meiner
Überzeugung hatte Joest sehr recht, wenn er vor langen Jahren an dieser
Stelle einmal ausführte, dass ein grosser Teil der Zeremonial-Geräte und
Attribute sich dadurch erklärt, dass der Mensch bei Zeremonien u. dgl.
es leichter hat, wenn er etwas hält, er hat dann etwas, woran er sich
halten kann. Zeremonien sind ja aber für die Ethnologie nicht etwas Über-
flüssiges, sondern etwas dem Menschen durchaus Notwendiges. Sehr gerne
wird aber der Mensch zu Zereinonialgeräten Dinge aus dem wirtschaft-
lichen Leben nehmen, da dann diese Geräte gleichsam eine Weihe er-
halten, die sie an die Arbeit weitergeben könnten. So fliesst der Tanz-
stab und der Grabstock zusammen, und nach einer Hypothese ist ja über-
haupt die ganze Pflanzenkultur aus der Verwendung des Grabstocks in
zauberischer Absicht hervorgegangen. Jedenfalls finden sich in ganz
eigentümlicher Verbindung Tanzstab und Zauberstab in dem mexikanischen
Rasselstab verbunden, und jetzt lässt sich jedenfalls ausserordentlich schwer
sagen, was ursprünglich überwog, die für uns wichtigere werkzeugliche
Verwendung oder die Bedeutung des rituellen Zaubergerätes.
Die Vergänglichkeit der hölzernen Geräte hat uns natürlich meist die
Möglichkeit genommen, solche Funde aus ältester Zeit in unsern Museen
zu vereinigen. Erst die moderne Museumstechnik kann wenigstens die
Pfahlbaugeräte aufbewahren, aber es ist sehr interessant, dass Oswald
Heer unter dem frischen Eindruck der damals so überraschenden Ent-
deckungen die Meinung aufstellte, vor dem Auftreten der Pflugkultur
— wie ich jetzt sage — wäre der Hirse mit hölzernen Hacken gebaut
worden. Später kam er auf diese Anschauungen nicht mehr zurück, ich
nehme an, allzu vorsichtige Freunde haben ihm die Ansicht ausgeredet.
Aber die hölzernen Hacken werden doch zu seinen Funden gehört
haben.
Nun haben wir aber nicht nur aus Peru und Ägypten, sondern aus
der ganzen Welt Material genug, um zu wissen®), dass Hacken nur aus
Holz eine ausserordentliche Verbreitung und eine ausserordentliche
Wichtigkeit für die ganze Welt hatten und haben.
Wir finden ja aber bei den Aussenvélkern Hacken genug, auch mit
Stein und Muschelklingen. Weil ich aber vor Fachleuten von diesen
wirtschaftlichen Dingen spreche, möchte ich auf die eigenartige Sache
aufmerksam machen, dass die Hacke der Aussenvölker und die unserer
alten Zeit, z. B. die aus Ägypten, uns modernen Menschen ziemlich fremd
in der Hand liegt, der Stiel ist uns zu kurz und der Winkel, in dem die
eigentliche Hacke angesetzt ist, zu spitz. Ich würde ausserordentlich
verne einmal mit einem Sachverständigen, einem Gärtner oder Landwirt
Wirtschaftliches zur Priihistorie. 825
darüber Versuche machen, welches Material aus unseren prähistorischen
Sammlungen nun direkt als Hacken anzusprechen ist, und wie wir uns
die Arbeit damit zu denken haben. Besonders aber möchte ich die Prä-
historiker bitten, darauf zu achten, ob sich bei Funden von Hacken an
den Beigaben nicht entscheiden lässt, ob wir einem Männer- oder Frauen-
grabe gegenüberstehen. Bei den Aussenvölkern gehört die Arbeitshacke
fast überall ausschliesslich der Frau. Die Zeremonialhacke aber —, meist
wertvolles Material oder besonders schön gearbeitet, gehört freilich wieder
dem Fürsten’). Bei den Steinklingen wird es sich ja ohne Fassung nicht
immer entscheiden lassen, ob es sich um Beile oder Hacken handelt; da-
gegen haben wir ein vorzügliches Material, was wir wohl zumeist für die
Bodenwirtschaft als Erdhacken in Anspruch nehmen können, in den
Hirschhornhacken.
Bei praktischen Versuchen würde sich auch die Frage beantworten
lassen, ob wir uns etwa für die ältere Zeit nassen Boden hauptsächlich
auch für den Hackbau zu denken haben. Für die Formen der Landwirt-
schaft, die der Getreidekultur vorangegangen sind, haben wir ja zunächst
noch wenig Material; dagegen enthalten die ältesten Weizenfunde, aus
Butmir zum Beispiel und von anderen Fundstellen, häufig unter den Resten
Anzeichen für nassen Boden, so Equisetum-(Schachtelhalm)-Reste oder ein
kleines Schneckchen Bithynella, das jetzt auch nur auf nassem Boden
fortkommt*). Was wir uns dabei zu denken haben, ist freilich noch eine
recht offene Frage, aber nach Ferdinand v. Richthofens Theorie,
die ich dann weiter ausbauen durfte, gingen bei der ersten Pflugkultur
Getreidebau und künstliche Bewässerung Hand in Hand.
Nach der von mir angenommenen Definition beginnt der Mensch mit
der ständigen Verwendung des Feuers in seiner Wirtschaft, und da ist es
nun kaum einem Zweifel unterworfen, dass unser Vorfahr in der Kultur
das Feuer in ausserordentlich viel grösserem Umfang verwendete und zu
manchen Zwecken, an die wir heute nicht mehr denken. Er konnte z. B.
Tröge, Einbäume u. dgl. durch Feuer herstellen. Er konnte aber auch,
wie das auch anderswo vorkommt, Bäume durch Feuer fällen. In grösstem
Umfange greift ja aber das Feuer in die Bodenwirtschaft des Menschen
da ein, wo, wie noch in ausserordentlich ausgedehnten Gebieten, in den
Tropen und Subtropen, aber auch anderswo die neuen Felder durch
Feuer im Urwald freigelegt werden.
Daneben gibt es auch bei uns eine eigentümliche Wirtschaftsform,
die bei den Prähistorikern ganz unbekannt geblieben war, bis ich vor
einigen Jahren auf sie hinwies. Aber auch den Landwirten und National-
ökonomen, die sonst die Brandwirtschaft, die Reutberge, Schiffelwirtschaft,
“ und wie sonst die Namen noch sind, kennen, war es entgangen, dass wir
hier eine Form des Getreidebaues haben, in die der Pflug bei uns wenig
oder gar nicht eindrang, die bei uns fast überall der Hacke erhalten
blieb; die Zubereitung des Feldes für das Getreide aber geschieht durch
Feuer. Diese Wirtschaft findet sich jetzt noch besonders in Schweden,
das nach einer alten Etymologie sogar seinen Namen vom Schwenden,
wie wir sagen, erhalten haben soll. Hier ist der Zusammenhang mit dem
Zeitschrift für Ethnologie. Jahrg. 1911. Heft 5. 53
826 Ed. Hahn:
Hackbau aber nicht so ausgesprochen, wie bei uns im Siegener Lande, an
der Mosel, auf dem Schwarzwald und in der Steiermark, wo ich sie selbst
noch besichtigen konnte®). In Schweden wird das Feld, auf dem ebenen
Lande wenigstens, nach dem Brennen gepfligt.
Eine für uns moderne Kulturmenschen ganz unverständliche An-
wendung des Feuers, die ich hier im Zusammenhang mit dem Getreide
erwähne, ist aber das Aussengen des Getreides, das ich in allerlei Resten
aus sehr verschiedenen Ländern noch nachweisen kann?°). Wenn unter den
Funden aus früherer Zeit so viel „verbranntes“ Getreide erwähnt wird,
so handelt es sich vielfach, wie ich glaube, um die Spuren dieses Ver-
fahrens. Eine Verwendung des Feuers, die bis in unsere Zeit hinein-
reicht und die vielleicht noch einmal von der Technik wieder auf-
genommen wird, ist ja das Dörren des Getreides auf der Riege, dem
Trockengerüst über einer Flamme. Dies Verfahren wird besonders in
Ländern mit kurzen und nassen Sommern angewendet, so in den Ostsee-
provinzen, wo Riga den Namen nach einem solchen Trockengerüst bekommen
haben soll, in Nordrussland usw. Das Getreide büsst dabei mehr oder
weniger seine Keimkraft ein, gewinnt aber sehr an Haltbarkeit, und
namentlich gewinnt es auch an Geschmack. Bis vor zwanzig Jahren be-
zahlte man in Lübeck für das russische Mehl, wenn das Getreide so be-
handelt war, gern eine Kleinigkeit mehr.
Wenn der Mensch mit dem Feuer beginnt, so beginnt nach mancher
Leute Ansicht das Kochen doch erst mit dem Topf, mit dem ersten Ton-
gefäss; bis dahin hätte man nur gebraten, meinen sie.
Ich kann nun ja nicht behaupten, dass die Aufstellungen, die ich
jetzt zu machen habe, überall auf alle Verhältnisse und alle Zeiten passen,
ich meine aber, wo wir zugleich oder in der Nachbarschaft noch Reste
von alten, jetzt sonst abgekommenen Verfahren finden, da können wir
doch eigentlich unbedenklich eine ehemals grössere Ausdehnung eines
solchen Gebrauchs annehmen, wie ich das bei dem Steinkochen und
Grubenkochen, zu dem ich jetzt übergehe, vorschlagen möchte.
Der bekannte Hausforscher Karl Rhamm hat vor gar nicht so sehr
vielen Jahren noch bei den Winden in Krain Steinbier getrunken, d. h.
solches, das in hölzernen Kufen gesotten war, indem man heisse Steine in
den Sud warf. In meinem Elternhause in Lübeck wurde der Holzteer
mit einem heissen Stein gekocht, der durch lange Jahrzehnte diese Auf-
gabe behielt. Es ist eine Erinnerung aus prähistorischen Zeiten, wenn
das Volk in Schweden tiefe Löcher in erratischen Blöcken als Kochlöcher
eines vergangenen Geschlechts ansieht!!). Aber wir haben solche Ver-
tiefungen auch in der Mark, hier in der üblichen Verbindung mit dem
Teufel und seiner Grossmutter.
Ich weiss nicht, ob schon irgend Jemand auf die Steine geachtet hat,
die wir an prähistorischen Fundstellen finden und die, wenn im Löss ge-
funden, ja unmittelbar der Tätigkeit des Menschen zuzuschreiben sind.
Diese müssten wenigstens zu einem Teile die Einwirkung des Feuers in
ihren Veränderungen zeigen. Auch müssten wir wohl leichter flüssires
Wirtschaftliches zur Prähistorie. 827
Material einmal als Schlacken vorfinden und selbst die Einwirkung des
Feuers auf Kalk konstatieren können.
Gelegentlich werden wir aber auch Material aus entfernter Gegend
zwischen diesen Steinen finden, wenn das heimische den Ansprüchen
nicht genügt.
Wie ausserordentlich übrigens Sand gegen die Einwirkung von Feuer
schützt, haben wir immer wieder Gelegenheit bei unseren Fahrten auf
der Donau zu beobachten. Wir haben auf dem Schiff, das noch heute
zum grossen Teile mit hölzernen Nägeln genagelt wird, einen hölzernen
Herd, den nur so und so viel fingerbreit Sand gegen die Wirkung des
Feuers abschliessen, und das offene Feuer hinterlässt meist so wenig
Kohle, dass ich auf Grund dieser Erfahrung mit aller Schärfe der Auf-
stellung entgegentreten möchte, die Vikinger hätten an Bord ihrer Schiffe
nicht kochen können, weil man sonst den Lehm ihrer Herde hätte finden
müssen. Lehm würde Spalten bekommen, die das Feuer nach unten ge-
fährlich machen würden; der Sand schliesst auch stundenlanges Feuer ab,
und auf das bisschen Sand wird man bei den Ausgrabungen wohl nicht
geachtet haben!?). Es gibt also, so seltsam uns Modernen das erscheint,
nicht nur hölzerne Rauchfänge wie auf den zahlreichen Rauchstuben der
Alpen, sondern es gibt auch hölzerne Herde.
Wie ich schon erwähnte, ist es ja aber gar nicht nötig, dass man das
Kochen mit dem Tongeschirr beginnen lässt, weil man auch in Gruben
und in noch anderen Gefässen kochen kann, so gut, wie in den eben er-
wähnten Löchern im Stein. Aber da man schliesslich mit einem heissen
Stein auch in jeder Vertiefung kochen kann, so will ich hier den Über-
gang suchen zu einem Material, das ich der Beachtung der Prähistoriker
dringendst empfehlen möchte, zur Rinde, denn natürlich kann man auch
in einem Gefäss aus Rinde kochen!?). Dies Gefäss scheint aus technischen
Gründen — das liegt wohl in der Natur der Rinde — bei den Aussen-
völkern leicht eine kahnförmige Gestalt anzunehmen und das bringt uns
sehr einfach zu einer anderen Verwendung der Rinde, an welche die Prä-
historiker bisher kaum gedacht haben. Ich muss nun aber aus guten
Gründen die Verwendung der Rinde zu Kahnen auch bei uns voraussetzen,
kann aber nur wiederholen, dass wir Funde erst machen werden, wenn
wir darnach suchen'%).. Rinde ist bei den Aussenvölkern, deren Wälder nicht
so sorgfältig aufgeräumt sind, wie die unsrigen, ein ausserordentlich be-
quemes und sehr viel benutztes Material.
Aus Birkenrinde verfertigt der nordamerikanische Indianer nicht nur
Boote, die das Vorbild zu unseren Sportbooten geworden sind, sondern
auch alle möglichen Körbe, Schachteln u. dgl., so gut wie das der
Schwede und der Finnländer tut. Und aus Lindenbast macht der
russische Bauer für uns unglaubliche Dinge. Er dient ihm als Pferde-
geschirr und Bindfaden so gut wie als Material für seine Schuhe.
Wir müssen dergleichen auch bedenken, meine ich, wenn wir den
prähistorischen Wirtschaftsverhältnissen einigermassen gerecht werden
wollen. Hat man jetzt Jägerhütten aus Rinde, warum soll nicht der
Mensch der Steinzeit in Rindenhütten gewohnt haben, wie der Australier
SA
yy
828 Ed. Hahn:
‘seinen Windschutz — er hat ja noch kein eigentliches Haus — noch
heute aus Rindenstücken baut. Übrigens halten sich die schwedischen
Rasendächer nur so lange, weil unter der Rasendecke eine Schicht Birken-
rinde das Eindringen der Feuchtigkeit verhindert.
Wie wir aber Rindenschiffe meiner Überzeugung nach finden werden,
wenn wir erst darnach suchen — ich habe an anderer Stelle darauf hin-
weisen können, dass die Rinde wahrscheinlich eine bedeutende Rolle für
die Geschichte des Schiffes gespielt hat!5) — so möchte ich noch darauf hin-
deuten, dass für die älteste Zeit und das Steinkochen nicht nur an Ge-
fässe zu denken ist,. die über der Erde standen, sondern auch an mit
Rinde ausgesetzte Kochgruben. Diese liessen sich natürlich in grossem
Umfang herstellen und waren sicherer und bequemer wie Rindengefässe
über der Erde.
Ich kann natürlich nicht versprechen, dass wir im Löss solche Gruben
finden werden, aber meiner Überzeugung nach müssen wir doch darnach
suchen.
Ein anderer Stoff, der bei den Prähistorikern lange nicht so viel
vorkommt, wie ihm nach den wirtschaftlichen Verhältnissen doch gebührt,
ist das Leder. Leder ist nicht etwa nur zur Fellkleidung verwendet,
wie sich aus der Vorstellung des Jägers ergibt, und wir haben nicht etwa
nur von keltischem Boden aus Wales und aus Irland Nachricht von
ledernen Schiffen, sondern Strabo erwähnt sie als in früherer Zeit ın
Spanien in Gebrauch, und während der Völkerwanderung tauchen Sachsen
auf, die Lederschiffe haben’*). Da nun die Veneter, das gallische Volk am
Ozean, lederne Segel hatten, so müssen wir uns einen viel ausgedehnteren
Gebrauch des Leders auch in der Nautik vorstellen. Other erwähnt zur
Zeit Alfreds des Grossen ausgezeichnete Schiffsseile aus Walfischhaut, und
dass man mit roher Haut ausgezeichnet binden und verbinden kann,
werden auch die Vorzeitmenschen gewusst haben. So hat die merk-
würdige Erwähnung so vieler Sagen von den ledernen Brücken, über die
z. B. der Wendenkönig in Burg mit seinem goldenen Wagen fuhr, tech-
nisch immerhin eine gewisse Berechtigung. Noch in meiner Jugend waren
die traditionellen Dreschflegel in Mecklenburg und Holstein mit gegerbter
Aalhaut verbunden!”). Schliesslich wird auch das lederne Gefiiss neben dem
Fellsack (Felleisen) eine wirtschaftliche Rolle gespielt haben, an den
Weinschlauch brauche ich ja dabei nur zu erinnern. Aus dem Leben
des S. Columba, eines irischen Heiligen, habe ich die interessante Notiz.
dass er als Vorbereitung für eine Wanderung den trockenen Milchschlauch.
der sonst brüchig werden konnte, ins Wasser legen liess. In diesem
Milchschlauch war natürlich, um das nur zu erwähnen, keine süsse Milch.
sondern saure, und zwar eine Form, die in unserem Gebiet jetzt ver-
schwunden zu sein scheint; es war flüssige, wie die der Hereros, die auch
in einem Schlauch aufbewahrt wird. Ich weiss von dieser Form noch bis
in unser Zeitalter hinein aus Finnland und Island.
Natürlich kann man auch in einem Fellsack mit heissen Steinen
kochen. Bekanntlich hat uns der Vater der Geschichte Herodot, den
man ebensogut den Vater der Ethnologie nennen kann, die Notiz aufbe-
Wirtschaftliches zur Prihistorie. 829
wahrt (IV, 61), dass die Skythen das Fleisch eines Rindes im eigenen Magen
kochten und das Feuer mit dem Fett und den frischen Knochen nährten.
Es scheint da freilich, als ob mit dem Fett und Knochen das Feuer fir
die Steine erhalten wurde, sonst wiirde der Magen doch wohl kaum stand-
gehalten haben!2). Den ledernen Ranzen unserer Schäfer, Schuljungen und
in älterer Zeit wohl auch der Bettler müssen wir auch in diese Kategorie
rechnen, und die drollige Geschichte Hebels von der Steinsuppe, in die
der fromme Pilger nachher alles mögliche Gute hineinkochen lässt, lege
ich mir so aus, dass ursprünglich alle diese guten Sachen in des Bettlers
Ledersack mit den erhitzten Steinen gekocht wurden.
Nach den Kochmethoden und nach den verschiedenen uns unbekannt
gewordenen Stoffen und deren Verwendung, wie wir sie für die ältesten
Verhältnisse annehmen müssen, will ich mich auch noch auf vergessene
oder auch zurückgetretene Nahrungsmittel und Zubereitungsweisen ein-
lassen, die wir vielleicht auch noch durch Funde bestätigt bekommen können.
Ich habe schon erwähnt, dass die zahlreichen Mahlsteine der prähistorischen
Zeit auf einen starken Verbrauch von Grassamen, damals natürlich
wilder Gräser deuten. Nun hatte Ascherson das Verdienst, vor einigen
Jahren darauf hinzuweisen, dass bis in unsere heutige Zeit in Gegenden,
die gar nicht entfernt von Berlin waren — Oderbruch und Westpreussen —,
noch der Samen eines Wildgrases, das stellenweise grosse Bestände bildet,
für den Handel gesammelt wurde!?). Sein Hinweis hatte natürlich die
Wirkung, dass der Preis für die kleinen Quantitäten, die es damals noch
gab, ungeheuer in die Höhe schnellte. Er hatte aber, wie es scheint,
nicht den Erfolg, den ich wohl für den Hirse für mich in Anspruch
nehmen kann, dass ein Wiederaufleben dieses alten und interessanten
Nahrungsmittels eintrat®). Die Verwendung von Glyceria fluitans scheint
jetzt ausgestorben zu sein, im Handel soll die Grütze nicht mehr vor-
kommen.
Leider ist das grosse Material, was uns die Abfälle der Pfahlbauten
bieten, noch lange nicht in dem Masse untersucht, wie die Wichtigkeit
das doch eigentlich erforderte. Der geistreiche Ausspruch des Franzosen:
Sage mir was du isst, und ich will dir sagen, was du bist, hat auf diese
Vorfahren unserer Kultur noch keine Anwendung gefunden. Trotzdem
sind manche Dinge so massenhaft vorhanden, wie Haselnussschalen, Holz-
äpfel u. dgl, dass die Beobachtung nicht um sie herumgehen konnte. So
‚sind auch Knöterichsamen in verhältnismässig grossen Mengen gefunden,
und hier besitzen wir aus den russischen Notjahren die Ergänzung, dass
die Samen verschiedener Knötericharten, die neben der Stärke sich durch
Fettgehalt auszeichnen, vom russischen Bauer verwendet wurden?!). Hierony-
mus Bock führt aus dem 16. Jahrhundert und aus der Gegend von Saar-
brücken allerlei merkwürdige Sachen, darunter auch Haselnusskätzchen
als Notnahrung an??). Die müsste man natürlich vor dem Aufblühen unter-
suchen, um ihrgı Nährwert festzustellen.
Mit gutem Gewissen kann ich für die ältere Zeit die Farnwurzeln in
Anspruch nehmen, die Humboldt auf den Kanaren noch als gewöhnliches
Nahrungsmittel des unteren Volkes verbreitet fand, die aber auch in
830 Ed. Hahn:
Dalmatien und in Frankreich als Notnahrung in Verwendung gewesen
sind.
Auch unser Name Engelsüss für die doch als Wurmmittel bekannte
Farnpflanze deutet auf eine frühere höhere Stellung, denn merkwürdig
genug trifft sich die Schweiz mit Norwegen in der Angabe, dass man
diese Pflanze als Nahrung verwenden könne?®). Die Norweger sagen, man
könne daraus Trank und Nahrung für einen Tag gewinnen, die Schweizer
aber sind merkwürdigerweise der Ansicht, das Schlossfräulein, bei der die
ungeborenen Kinder leben, ernähren sie mit „Engelsüss“. Nun haben
wir bei den Aussenvölkern zu viel schwierige Zubereitungsweisen für
scheinbar ungeniessbare Dinge kennen gelernt, als dass wir nicht auch
an dergleichen bei dem Engelsüss denken sollten. So wird man bei den
Pfahlbauten kaum danach gesehen haben, ob etwa die Seerosenwurzeln
ım Schlamm bloss an ihrer natürlichen Stelle standen, und man wird sich
nicht gefragt haben, ob sie vielleicht zur Nahrung verwendet worden
waren?4), Nun haben wir aber Nachrichten aus Ägypten und Afrika über
die Verwendung von Nymphäenwurzeln, und da das in Finnland wieder-
kehrt, so ist vielleicht für die ältere Zeit auch .dergleichen anzunehmen.
lch möchte aber überhaupt die Notnahrung älterer Zeit daraufhin zu-
sammengestellt und untersucht wissen, was vielleicht für die Urzeit davon
in Anspruch genommen werden kann. Und ich möchte noch auf eine
andere Quelle der Erkenntnis aufmerksam machen, auf die Dinge, die die
Kinder im Spiel gewohnt sind zu verzehren. Allbekannt ist ja die
Malve, deren unreife Samen von den deutschen Kindern unter dem
Namen Kiisepappel usw. gegessen werden. Die Malve hat sich als ein
wildes oder auch gezogenes Gemüse bis in eine späte Zeit gehalten.
Als Kinder waren wir in Lübeck gewohnt, aus den jungen Schöss-
lingen des gewöhnlichen Rohrs den innersten Herztrieb, der etwas süsslich
schmeckt, als Hasenbrot**) zu essen. Das kreuzt sich mit der Verwendung
desselben Materials bei den Indianern am grossen See. Hier wurden sehr
mühsam von den Weibern kleine sehr süsse Kuchen aus den jungen
Schösslingen hergestellt.
Eine andere Notnahrung des Nordens möchte ich auch als einen
Hinweis für die ältere Zeit in Anspruch nehmen®®). Das ist das Rindenbrot
der Schweden und Finnen. Wir dürfen dabei nicht an die Rinde in dem
Sinne, wie wir sie vorher behandelten, denken. Es handelt sich vielmehr
um die innere saftführende Schicht der jungen Zweige, die abgezogen,
getrocknet und gemahlen wird. Aber wie wir schon ersalıen, wird Rinde
auch sonst vielfach gegessen.
Als eine Quelle der Erkenntnis für die alte Zeit sehe ich ferner die
Verwendung mancher Pflanzen als Futter für das Vieh an. So deckt
sich die Verwendung der Brennnesseln für junge Gänse mit der ehemaligen
Verwendung der Pflanze für den Menschen??). Noch jetzt müssen in vielen
Gegenden Deutschlands, aber auch in Schweden am, Gründonnerstag
Brennnesseln gegessen werden, entweder allein oder auch mit anderen
wildwachsenden oder gezogenen Kräutern als Neunerlei Kraut oder sog.
Negenstärke zusammen. Ich würde mir aber auch alles auf die Möglich-
Wirtschaftliches zur Priihistorie. 831
keit der Verwendung in der alten Zeit ansehen, was dem Vieh bei
besonderen Gelegenheiten gereicht wird, jungen Kälbern z. B Die
Verwendung von Brennnesselsamen, die die Hühner im Frühjahr be-
kommen, um schneller Eier zu legen, kann ja auf die Vorstellung zurück-
gehen, dass sie hitzig wirken. Da aber die Nessel als Textil- und als
<iemtisepflanze der alten Zeit doch recht vertraut war, so kann sie mit
dem Lein und dem Hanf auch die Verwendung des Samens geteilt haben.
Die medizinische Verwendung von Leinsamen ist ja auch uns noch be-
kannt, und er wurde früher, wie jetzt noch in Abyssinien, auch gekocht
als Mus gegessen, wie übrigens auch Hanfsamen und Rapssamen gelegent-
lich noch bei uns. Vielleicht finden sich auch Nesselsamen, wenn wir
erst suchen.
Die Gruben habe ich schon bei der Rinde erwähnt, ich muss sie
aber noch einmal in einem anderen Zusammenhange bei den Nahrungs-
methoden der alten Zeit erwähnen, bei dem Säuern®). Für das Vieh wird
auch jetzt noch sehr viel gesäuert, Gras, Rübenschnitzel, Kartoffeln,
ja Dinge, die sonst auch für das Vieh gar nicht geniessbar sind, wie
Sonuenblumenscheiben und Topinamburstengel. Denn das Säuern macht
die härteren Pflanzenteile geniessbarer, die sonst die Rinder nicht fressen
würden. Das gilt wohl meist als Neueinführung, aber wie ich glaube
mit Unrecht.
Wir kennen ja das Säuern nur für den Kohl, und wenn ich aus
meiner eigensten Erfahrung als Lübecker, also Ostholsteiner, urteilen
sollte, so müsste ich den Sauerkohl für etwas ganz Neues halten, ist er
doch erst Anfang der 70er Jahre sehr allmählich wieder eingedrungen.
Ich glaube aber nach unseren Erfahrungen mit den Aussenvölkern
müssen wir dem Säuern namentlich gerade für die Anfänge eine viel
grössere Ausdehnung und Wichtigkeit zusprechen. Das Säuern hat ja
nicht nur den Vorteil, dass es härtere Pflanzenteile erweicht, wie wir das
vom Kohl her kennen, sondern, — auch dafür kann uns der Kohl ein
Beispiel geben — die gesäuerten Nahrungsmittel erhalten sich länger.
Und so finden wir, dass wie unser Bauer seinen Kohl, der südwestdeutsche
immer noch seine Rüben säuert, wenn auch im geringeren Umfange
wie früher, so der Kamtschadale seine Fische und andere anderes.
So verwahrt der Südseeinsulaner seine Brotfrucht, die sich dann, wie man
sagt, bis zur Hochzeit des neugeborenen Kindes, also ziemlich 20 Jahre
hält. Ein besonders frappantes Beispiel für diese Gewohnheit des
Säuerns ist es, dass die Neger in Westafrika den Maniok, der doch erst
nach der Entdeckung Amerikas zu ihnen gekommen ist, jetzt ebenso gut
säuern, wie die Neuseeländer den noch viel später neu gewonnenen Mais.
Man sieht, es handelt sich hier um altgewohnte und den Leuten ganz
vertraute Verfahrungsweisen, die sie auch auf neue Sachen anwenden.
Neben der grösseren Haltbarkeit der gesäuerten Nahrungsmittel
werden wir aber auch in Betracht ziehen müssen, dass diese Gährung in
kurzer Zeit sehr starke Veränderung auf etwaigen Bakteriengehalt
und dergleichen ausübt. Natürlich weiss der Naturmensch draussen, so
wenig wie der Urmensch davon wusste, worauf diese Wirkung beruht,
®
832 Ed. Hahn:
aber die Erscheinung mit ihren besseren Erfolgen für die Ernährung kann
ihm doch ganz vertraut gewesen sein. Es ist jedenfalls sehr auffällig,
dass die Aussenvölker, wenn sie überhaupt Milch trinken, in der Regel
saure Milch, nicht süsse geniessen. Wahrscheinlich erklärt sich dieses
Verfahren durch hygienische Gründe, die ja bei der Milch eine grosse
Rolle spielen können.
Ich möchte nun aber die Aufmerksamkeit der Prähistoriker auf den
Kohl und andere pflanzliche Substanzen lenken, weil dies Säuern in
Gruben stattgefunden haben kann und weil wir dann diese Gruben
unter günstigen Umständen noch mit ihrem Inhalt finden können. Solche
Gruben können nun natürlich auch mit Rinde ausgesetzt sein, dann müssen
eine ganze Reihe von günstigen Umständen zusammen kommen, wenn
wir noch etwas davon finden sollen. Aber wir haben in der Steiermark
noch vor 2 Jahren die Krautaller kennen gelernt, d. h. Gruben von
6, ja bis 10 m Tiefe und bis 2 m Umfang im Lichten, die sehr sorgfältig
mit Tannen-, noch lieber mit Lärchenstämmen ausgesetzt sind. Diese
Gruben, die einen durchaus prähistorischen Eindruck machen, bewahren
die grossen Mengen Kraut, deren ein Bauernhaus im Laufe des Jahres
bedarf. — Der Steiermärker lebt sechs Tage in der Woche von Kraut, es
gehört also für einen grossen Bauernhof ein ganz ansehnliches Quantum
dazu, und in einen solchen Krautaller gehen ganze Wagenladungen hinein.
Dass hier altertümliche Zustände festgehalten werden, das geht auch
daraus hervor, dass nach einer persönlichen Mitteilung Roseggers, der
in solchen Sachen doch Autorität ist, das geschnittene Kraut für die
Steiermärker eigentlich etwas Neues ist und sonst die ganzen Köpfe in
die Grube kommen und hier von einem Burschen, der noch ungewichste
Lederschuhe trägt, festgestampft werden. Das erinnert daran, dass die
ältere Generation ın Norddeutschland den Grün-, Blau- oder Braunkohl
auch ungeschnitten als sog. langen Kohl im Gegensatz zum „kotten Kohl*
Fritz Reuters ass. — Andererseits hat das Einstampfen früher eine grosse
Rolle in der Wirtschaft gespielt. Ich erinnere dazu nur an den Wein,
bei dem übrigens schon Karl der Gr. sich das, wenigstens für sich, nicht
gefallen lassen wollte.
Solche Gruben können sich im besonderen im Löss doch erhalten
haben, und ich möchte daher bitten, auf die Reste solcher Anlagen und
auf die Reste ihres Inhalts, die uns ungeahnte Aufschlüsse geben können,
zu achten.
Ich habe hier ein etwas eigenartiges Programm aufgestellt, aber es ist ja
eine Wunschliste langer Jahre, die ich hier vorzulegen habe. Es sind ja
zum Teil auch recht mühsame Untersuchungen, die ich wünsche, und oft
wird der Prähistoriker vergeblich suchen. Aber ich meine doch, günstige
Funde können uns das Leben und Treiben unserer Vorfahren der alten
Zeit blitzartig aufhellen und uns so zu einer lebendigeren Auffassung von
der alten Wirtschaft kommen lassen.
Knochen, Steine und Scherben sind alles etwas tote Dinge und es
gehört der Meister dazu, um sie reden zu machen. Es gehören aber
auch dann noch feine Ohren dazu, um zu hören, was sie uns erzählen.
Wirtschaftliches zur Prihistorie. 833
Da Konnen wir nun nicht verlangen, dass breitere Kreise unseres Volkes
vor den Museumsschränken diesen Dingen Verständnis und Interesse ab-
gewinnen und die Scherben. mit dem Inhalt des damaligen Lebens
ausfüllen. Wäre aber nicht allerlei gewonnen, wenn wir ihnen an irgend-
einem packenden Beispiel zeigen können, dass vor tausenden von Jahren
die Menschheit freilich etwas anders lebte als wir, dass aber doch,
auch auf wirtschaftlichem Boden. Verbindungen vorhanden sind, die über
viele Jahrhunderte hinweg unser Wirtschaftsleben mit dem ihren ver-
knüpfen? Denn das was unserer Wissenschaft in der grossen Öffentlich-
keit immer noch abgeht, ist das was Ratzel mit einem aus der Fülle
der Erkenntnis geschöpften Wort die Tiefe der Menschheit genannt
hat, die klare Erkenntnis, dass die Menschheit als ein ganzes auf eine
ausserordentlich lange Geschichte zurückblicken muss, wenn sie ihr Wesen
richtig auffassen soll.
1) (Zu Seite 821.) Laborde, J. V., Fonction alimentaire dans le préhistorique:
I. frugivore, II. carnivore, III. omnivore. Revue mensuelle de l’Ecole anthropolog. de
Paris 1896, vol. 6 S. 328—330; auch Keane, Man past and present, Cambr. 1889, 8°, S. 110
meint, zuerst habe der Mensch von Pflanzen, weiterhin von Jagd und Fischfang gelebt,
und seine Beute vielleicht zumeist roh verzehrt. Aber warum?
2) (Zu Seite821.) Kein Feuer soll Magellan auf den Marianen getroffen haben.
Le Gobien, Hist. des iles Marianes. Paris 1700. 8°. S. 44; kein F. — bei Athiopen, die zu
Zeiten des Ptolemaeus Lathyrus entdeckt. Solinus, collectanea e 30, 14; dass F.— nicht
allen Menschen bekannt sei, behauptete Durcau; in der Diskussion wird aber bestimmt
erklärt: F.=Mensch. Bulletin Soc. d’Anthropologie de Paris, 2. ser. 1870, vol. V,
p. 61—86 und 90—114; Gebrauch des F. — Resultat einer sehr langen mit viel Miss-
erfolgen erfüllten Zeit beim Menschen. H.S. Maine, Volkstümliche Regierung. Berlin
1887. 8°. S.89; F.— die Frucht der Arbeit. H. Schurtz, Urgeschichte der Kultur,
Lpzg. 1900. erun S. 310; bei der Bearbeitung der Werkzeuge muss die folgenreiche
Entdeckung des I. dem Menschen von selbst unter den Händen entstanden sein.
v. d. Steinen, Verhandlungen d. 8. dtsch. Geographentaxes. Berlin 1889. S. 21-27;
Entstehung d. F. durch Bohren mit Holz in Holz. Nach Lazarus Geiger, Noiré,
Werkzeug. 1880. S. 298; Ratzel, kleine Schriften II, S. 231, F. aus Holzstaub.
Bonwick, The white wild man and the blacks of Victoria. Melbourn 1863. 8° S. 36;
Guppy, The Solomon Islands. Lond. 1887. gr. 8°. S. 65; Das erste F. des Menschen
zerstört den Weg zwischen Himmel und Erde. van Gennep, Mythes et legendes
d’Australie. Paris 1905. Nr. 49, S. 67—68.
3) (Zu Seite S?2.) Steinsplitter sind in Holzspeer eingesetzt; sehr kleine Steinklingen.
Brough Smyth, Aborigins of Victoria. 1878. gr. 8°. I. Abb. 68, S. 304 u. 351; Schwert
mit Steinsplittern, Northqueensland. Walther E. Roth. Record. Australian Mus. vol. VII.
Bull. 13. 1909. S. 58, Nr. 9. Harz aus Xanthorrhoea viel benutzt. Aus Graswurzeln ausge-
rieben. Eylmann, Die Eingeborenen der Kolonie Südaustralien. Berlin 1908. 8°. S. 320/321.
Mit Asphaltkitt ist ein kleines siigenartiges Werkzeug aus gelblichem Flintstein in seiner
aus Eibenholz bestehenden Handhabe befestigt. Pfahlbau bei Nussdorf b. Maurach,
Lindenschmit, Die Altertümer unserer heidn. Vorzeit. Mainz 1900. Bd. 4 Text z.
Tafel 7, Nr. 8. |
4) (Zu Seite 823.) Eine Donneraxt (mit Rotang oder ılgl. gebunden) oder schwartzer
Donnerstein an einem hültzenen Stiel von Palmenholtz. Fünftbalb Pfund schwer, wird
erwähnt im Exoticophylacium Weickmannianum. Ulm 1659. 8". S. 37 und liegt noch
im Museum in Ulm.
4a) (Zu Seite 823.) Steinringe der Buschleute und der Peruaner aus Ancon im
Berliner Museum f. Völkerkunde.
$34 Ed. Hahn:
5) (Zu Seite $24.) Grabstock schlägt als Symbol der Archäologie vor. Otis
T. Mason, Womans share in primitive culture. New York 1594. 8°. S. 11; — bei der
Schépfung der australischen Frau dieser gleich in die Hand gegeben. Brough Smyth,
Aborigines of Victoria. Lond. 1818. 8°. IL; S. 427; — zum Wurzelgraben unentbehrlich;
Würdezeichen der verheirateten Frau als Familienversorgerin, zum Tanz mitgenommen.
Lumholtz, Unter Menschenfressern. Hambg. 1892. 8°. S. 203; — als Attribut der Weiber
viel erwähnt K. Langloh Parker, Australien Legendary tales. Lond. 1896. 8°. Z.B.
S. 40, 52; usw. — Waffe bei den Trauerscheink&mpfen der australischen Frauen. Spencer
and Gillen, Northern tribes of Australia. Lond. 1904. 8° S. 522f.; — besonderes Eigentum
der Frau. Spencer and Gillen, Native tribes of Central Australia. Lond. 1399. S. 220:
— wird nie wie Schaufel, stets wie Hacke benutzt, es wird damit gekratzt. Eylmann, Die
Einwohner der Kolonie Südaustralien. Berlin 1908. gr. 8°. S. 368; — tragen die Frauen
der Betschuanen b. d. Pubertätsweihe, um damit die Männer zu prügeln. Gust. Fritsch,
Drei Jahre in Südafrika. Breslau 1868. 8° 8.311; — Frau hat Konüttel in Tibesti,
Nachtigal, Sahara und Sudan. Berlin 1879. 8°. I. S.455.— Rasselstab aus Mexiko.
K. Th. Preuss, Archiv f. Anthropologie. 1903 N. F. Bd. I, S. 160: — als Säestock,
Zeitschr. f. Ethnol. 38. Bd. 1906. 8°. S.%2 und Mitt. d. Wiener Anthrop. Ges. Bd. 33.
1903. 3. Folge Bd. 3. gr. 3°. S. 200—201. — Grabstock des Arztes Zauberstab, denn
alle Medizin wird ausgegraben, bei den Zulu feierlich von dem, der Arzt (und Zauberer)
werden will, gekauft. Callaway, Religious system of the Amazulus. Lond. 1870.
(Bd. III) S. 295 u. Note. — An einer Stelle in Zentralamerika fand S. als einziges Gerät
der Bodenkultur einen langen Grabstock, und zwar nur iu den Händen der Männer: er
weiss nicht, ob die Frau noch einen Garten pflegt. Sapper, Globus, Bd. 97. 1910.
S. 8. Ich halte das für eine dirckte Umkehrung, es wäre aber wohl eine Untersuchung
wert. Globus, Bd. 97 S. 202 - 208.
6) (Zu Seite 824.) In Lengyel wurden keine Geräte zum Ackerbau gefunden [wohl
weil Holz. H.] v. Deininger b. Wosinsky, Prähistorisches Schanzwerk von Lengyel.
Budapest 1891. An III S. 265. Hacken aus Holz aus der Bronzezeit in St. Moritz.
Heierli, Anzeiger f. Schweiz. Altertumsk. Zürich, Bd. IX 1907. S. 12. In China ist
das Zeichen für Haue „lei“, ursprünglich das für ein hölzernes Gerät. Dickins,
Journal of Anthrop. Instit. Lond. 1881. Bd.X. S. 83; — aus Knochen und Horn, als
Axt bezeichnet. Lindenschmit, Die Altertümer unserer heilnischen Vorzeit. Bd. I,
Heft II Taf. I; Heft V Taf. I und XII Taf. I Mainz 1864; Stone Celts —, Many so called
may be have been used as hoes. Buckland, Journ. of Anthrop. Inst., Bd. VII. Lond.
1878. S.16: —, Vor der Bodenkultur Spencer and Gillen, Northern tribes of Central
Australia. Lond. 1890. 8° S. 653 - 654. —, Die mir bekannten sind offenbar Erdhacken
gewesen. Nilsson, Ureinwohner des skandinavischen Nordens. Hambg. 1863. 8°. Bd.11
S.09. — Bild einer schwedischen Holzhacke. Journal. Anthrop. Inst. Lond. 1881. Bd. X
Taf. VI. Steinaxt (wohl Hacke) beim Schwenden usw. abergläubisch gebraucht. Montelius,
Kulturgeschichte Schwedens. Lpzg. 1906. S. 69; —, Hölzerne, bei den Ba-rolong Totem;
eine Abteilung auch eiserne v. Luschan.
7) (Zu Seite 825.) Hacke trägt König. Breasted, Hist. of Egypt. New York 1905,
8°. Taf. z. 36; — mit Elfenbeingriff im sagenhaften afrikanischen Königreich Monomotapa.
Pory’ Relation of the great Princes of Africa bei Leo Africanus ed. Hakluyt. Soc.
Lond. 1896, 8°. III 8.985: während sich bei den Bakuba am Kongo das Grabmesser
als Häuptlingszeichen erhalten hat, haben die Bassonge die Hacke dafür eingeführt,
Frobenius, Geographische Kulturkunde, I. Erklär. z. Taf. I Abb. 5 und 11; Hauptlingsh.
aus Neu Britannien. Hernsheim, Südsee-Erinnerungen. Berlin o. J. 8.6; —, Aus
Polynesien, Herveyinseln. Schurtz, Urgeschichte der Kultur. I.pzg. 1900 S. 561.
8) (Zu Seite 825.) Bithynella in der Karhof-Höhle. Nachrichten über dtsch. Altertums-
funde. Berlin 1594. V. Jahrg. S. 71; Equisetum deutet auf dasselbe. Deininger bei
Wosinsky, Prähistorisches Schanzwerk v. Lengyel. Budapest 1891. 4° III S. 207.
Zeitschr. der Ges. f. Erdkunde, 1906. S. 610.
9) (Zu Seite 826.) Waldlichtung durch Brand kommt auf allen Stufen der Kultur vor.
Ratzel, Erde und das Leben. Lpzg. 1901. 8° 158.696. Hahn, Brandwirtschaft in der
Bodenkultur. Nachrichten des Klubs der Landwirte zu Berlin 1910. swedjet: Schweden hat
den Namen davon Arndt E. M., Reise durch Schweden. Berlin 1806. 3°. IS. 180, 181.
Wirtschaftliches zur Priihistorie. 835
10) (Zu Seite $26.) Sangen, alte Bezeichnung für frisch geröstete Ähren: bei Luther,
3. Mos. II 14, Ruth II 14, Josua V 11, 1. Sam. XVII 17; Tristram, natural history of
the Bible 2te ed. Lond. 1868. 8° 8. 492; geröstete Ähren wurden noch lange Zeit
bei jüdischen Hochzeiten als Zeichen der Fruchtbarkeit unter die Kinder verteilt. Brück,
Pharisäische Volkssitten. Frankfurt a. M. 1840. 8°. S. 33; Arabien Burton, Pilgrimage
to El-Medinah and Mecca. Lond. 1855. 8° II S. 19; in der kleinen Oase der libyschen
Wüste wird das Feuer zum Herstellen der Sangen aus den Blattstielen der Dattelpalme
besonders schnell gewonnen. Ascherson, Ztschr. f. Ethnol. VITI 1876 S. 351; Sangen
aus grüner Gerste besonders in Karien beliebt; Aristophanes Eirene v. 595, scholien:
mit solchen gerösteten Körnern wurde bei den Griechen das Opfertier beschiittet. H. v.
Fritze. Hermes, vol. 32. 1897. S. 235-250: heute noch in Montenegro gegessen.
Trojanovicz, Archiv f. Anthrop. 27. Bd. 1902. 40. S. 242; Getreidekörner verkohlt,
wahrscheinlich durch Brand, vielleicht durch Rösten. Heer, Mitth. der antiq. Ges.
Zürich 1846/47. Bd. XIII S. 112; nur verkoblte Getreidekörner fand Schröter bei
Radimsky, neolithische Funde v. Butmir, Bosnien. Wien 1895. Fol. S. 38; gerösteter
Weizen in Vorratsgruben bei Mertendorf, Sachsen-Weimar. Klopffleisch, Corre- |
spondenzblatt der deutschen anthropologischen Gesellschaft 1881 S. 139; gebrannten
Weizen suchen die Wallfahrer in Andechs. Sepp, Altbayr. Sagenschatz. 2. Ausgabe.
München 1893, 8". S. 472; Getreide wurde früher vor dem Mahlen auf den Haus-
mühlen gedörrt. Rosegger, Volksleben in der Steiermark. 1895. 8. Auflage.
S. 18: Öfen — Kiln — zum Dörren des Getreides vor dem Mahlen in jeder Ortschaft
einer. Campbell, J. C., Waifs and Strays of Celtic Traditions. Argyllshire Ser. Nr. 5.
Lond. 1895. 8° S. 61; Korn ausgesengt, nicht gedroschen; auf den Hebriden 1773.
Boswell, journ. of a tour to the Hebrides. Lond. 1785. II. Ed. S. 190; — Cooke
Taylor, natural hist. of society. I S. 200. (Zitat von mir nicht gesehen); — Ztschr.
f. deutsches Altert. 1853. IX S. 371; — Riga soll nach der Kornriege so heiss en
Kohl, J. G., Deutsch-russische Ostseeprovinzen. Dresden 1844. 8° I S. 387; — um
1690 dörrten die Litauer auf kleinen Öfen, doch wurde es schon verboten. Lepner,
Der preussische Littauer (Danzig 1744. 8°), neu 1848. 8°. S. 51. Auf den esthnischen
Inseln. Russwurm, Eibofolke. Reval 1855. 8°. TI S. 19.
11) (Zu Seite 826.) Steinlöcher im Fels benutzten zum Kochen die Australier von Neu-
südwales. Mathews, Journal of the Anthrop. Inst. Bd. XXV. 1896. S. 255 taf.; Jätte-
gryta, Riesengrapen in Schweden sehr oft: hier kochten die Riesen ihre Speisen.
Passarge, IL., Schweden, Wisby und Kopenhagen. Leipzig 1867. 8° S. 118. In den
kleinen Grübchen um das Etzel- (Achsel)loch im Stein kochte des Teufels Grossmutter
das Essen für ihn. Kuhn, Märkische Sagen. Berlin 1843. Nr. 234 8.249. Schwartz,
Sagen der Mark Brandenburg. Berlin (1886). Nr. 108 S. 158; Suppentöpfe der Riesen
im Himmelstein im Fichtelgebirge; —, Mörser im erratischen Block mit alter Siedelung
bei Trenton, New Jersey. Abbott, Primitive industry of the native races of the northern
atlantic seaboard of America. Salem 1891. un S. 151; Felslöcher als Mörser bei den
Buschleuten. Werner, Journal of the African Soc. Lond. 1910. S. 404. Solche Mörser
können auch ohne weitere Veränderung als Kuchlöcher gebraucht sein; dann fänden sich
daneben Kohlenspuren und Kochsteine.
12) (Zu Seite 327.) Ein Holzrahmen mit Erde gefüllt ist der Herd. Sarasin, Reisen
in Celebes, P. u. F. Wiesbaden. 1905. 8°. IS.6 in ganz Indonesien. Moszkowski.
Auf neuen Wegen durch Sumatra Berl. 1909. 8°. S. 52.
13) (Zu Seite 327.) In Rindenmulde kochen die Leute auf den Nicobaren. de Roep-
storff, Ztschr. f. Ethnol. Bd. XIV 1882 S. 59. Der Rindenkessel kommt direkt aufs
Feuer (Bild). Man, Journal of the Anthrop. Institute. Lond. 1856. 8". XV S. 444:
gutes Bild, Kochgefäss schifförmig nach Svoboda bei Schurtz, Urgeschichte der Kultur.
Leip. 1900. — mit Rinde setzten die Neuseeländer ihre Erdgruben für die Maiskörner
aus. Willoughby, The American Anthropologist, New York 1906. N. S. Vol VIII
S. 152,
14) (Zu Seite 327.) Rinde ungemein viel gebraucht; z. B. um Larven darin zu rösten;
stets im Beutel, um Wasser darin zu holen. Grey, Journal of a voyage to Western
Australia. Lond. 1841. 8° Bd. II S. 266 u. 289; — einfachster Behälter für alle Lebens-
836 Ed. Hahn:
mittels, wird meist nur einmal benutzt, weil so leicht herzustellen, schiffsähnliche Wasser-
behilter. Eylmann, Die Eingeborenen d. Kolonie Südaustralien. Berlin 1908. S. 310
u. 371 Taf. 24; schiffsähnliche Wassergefässe, Langloh Parker, Lond. 1897. S. 41 u.
Register unter Wirree. — Gefässe für Korn aus bitterer Rinde, die von Mäusen und In-
sekten gemieden werden bei den Badéma. Livingstone, Exped. to Zambesi. London
1865. 8°. S. 57. — Rinde zu den Wigwams, Kohl, J. G., Kitsch Gami. Bremen 1559. S°.
IS ut: bei den Omaha, Jowa und Sak nach Dorsay 13tbe Ethn. Ann. Report. for
1891—1892. Wash. 1896. S. 271; Barca, Rindenhütten für die Schweine im Walde.
Kretschmer, K., Hist. Geograph. v. Mitteleuropa. München 1904. 8°. S. 203: Kegel-
hütten, zum Teil aus Tannenreisig, mit R. gedeckt, halblappisch. Arndt, E. M., Reise
durch Schweden. Berlin 1806. 8° I 179, 180; R. das dürftigste Deckmaterial.
Rosegger, Gestalten a. d. Volke d. österreichischen Alpenwelt. Pest 1872. 8”. So
41 u. 136.
15) (Zu Seite 828.) Ztschr. f. Ethnol. 1907 (Verh. S. 42); jetzt: Ztschrft. f. Diplom-
Ingenieure Bd. II 1911. S. 620; In Haselrinde bringen die Knaben Erdbeeren
aus dem Walde. Ruodlieb XIII v. 110 ed. Seiler S. 283; von Birken und Linden zu
Körben, Schachteln, Kästen; Lindenbast zu Schuhen. Storch, Gemälde von Russland,
Riga 1797 II S. 442, 443; modern aus Weisstanne, selbst Kinderschuhe als Vasen, Bad
Ischl Sommer 1911. Büchlein aus Birkenrinde verfertigt beim Einsiedler Simpli-
cissimus I. Buch Kap. 19; wie wir Kinder auch Büchlein von Birkenrinde machten.
Mathesius, Sarepta oder Bergpostille, Nürnberg 1564 fol. Bl. 145b: die Birkenrinde-
gefässe werden mit Moos gekocht, um haltbarer zu sein, bei den Saınojeden. Finsch.0.
Katalog d. Ausst. d. Westsibirischeu Forschungsreise, Bremen 1877. S.10. Bastschuhe
aus Linde, das Paar 2 bis 5 Kopeken. Storch, Gemälde von Russland. Leipzig 17%.
8°, III S. 102, 103; Paresken, besser wie die Holzschuhe. Lepner, Der preussische Littauer
(Danzig 1744) neu ed. 1848, 8°. S. 45. Die Schuhbänder aus Lindenbast, Simpli-
cissimus I. Buch Kap. 19; —, Aus Kornelkirschenbast war der gordische Knoten
nach Plutarch, Alexander Kap. 18 ed. Reiske IV, 14. Bastkleider, die Massareten
auf den Inseln. Strabo, lib. XI c. 8 §7 p. 515 ed. Müller S. 440; —, fremder Völker
kannte Seneca epistolae morales XIV, 2, Nr. 90; —, bei Josephus vita, Kap. II: —
Büsser im Walde in Indien nach Megasthenes, bei Strabo lib. XV. e I § 60 p. 713 ed
Müller p. 607. —, Nachtigal, Sahara und Sudan, Leipzig 1889. 8°. III, S. 1S):
Bäume dafür gepflanzt, Merensky, Ztschr. f. Ethnol. Bd. XXV 1893 (S. 297): —, Borneo selbst
zu Moskitonetzen. Hose, Journ. of Anthrop. Inst. Lond. 1894. Bd. 23 S. 165. —, P. und
F. Sarasin Reisen in Celebes. Wiesb. 1905. Bd. I S. 45, 50; —, Igorroten auf Luzon
Hans Meyer, Eine Weltreise, Leipzig 1885. S. 284; die Aino Joest, Ztschr. f. Ethnol.
XIV 1882 (S. 184); früher auf Sachalin, jetzt Yeso Dixon Transactions of the Asiatic
Society of Japan 1883 XI S. 41; früher die Klamathindianer. Contrib. f. the U. S.
National Herbarium. Wash. 1897. 8° Bd. V S. 9. —, Die Beine umbanden sich mit
Birkenrinde die norwegischen Kampen z. Z. Birger Jarls. Afzelius, Volkssagen aus
Schweden. Deutsch von Ungewitter. Lpzg. 1842. 8° III 8. 101; —, Zum Anzug des
Ptingstmeier von Linden und Ulmen. Andree, Braunschweiger Volkskunde. 2. Aull.
1901. er Bi S. 348; Papierkleid (Rinde?) im Märchen von den drei Männlein im Walde.
Grimm, Kinder- und Hausmärchen.
16) (Zu Seite 828). Plinius, nat. hist. VII Kap. 56 § 206 kannte schon die ledernen
Schiffe; Sir Will. Wilde, Katalog of the Roy. Irisch Acad. Dublin 1857—1861, I S. 24
meint, er habe von dem heute noch benutzten Lederboote bei Ausgrabungen nur die
Ruder gefunden. — Unter günstigen Umständen wird sich das Leder wohl aueh erhalten:
Fellboote auch in Schottland. J. G. Campbell, Waifs and Strays of Celtic Traditions
Lond. 1895. 8°. Argyllshire Ser. Nr. V S. 99; Taliesin wird im ledernen Boot ausge-
setzt. Mabinogion, trans]. by Lady Guest. Lond, 1877. 8° S. 473; Sceaf, der
Kulturheros, der in der Arche Noah geboren, schwimmt auch an, (wie sein Sohn Skiold,
der den Namen wohl vom Lederschild hat). Chronic. Anglo-Saxon. ad 855. Monumenta
hist. Britt. London 1848. I S. 349. Müllenhoff, Haupts Ztschr. f. deutsch. Altertum.
1549. VII 410f: Uller schwimmt in seinem Schild, dies oft in der Edda als Ullers Schiff
bezeichnet. Finn Magnusen, Mythologiae lex. Hafniae. 1828. 4°. S. A Au:
ve "a,
Wissenschaftliches zur Prähistorie. 837
Leederschiffe hatten die Binnengebiete von Spanien vor seiner Zeit. Strabo, lib. 3, 3,
T; die Veneter hatten lederne Segel, aber statt der Taue schon Ankerketten. Cäsar,
bellum Gallicum Jib. III Kap. 13. Schiffstane, Other, King Alfreds discription of Europe
Kap. IV 8. 10; —, der Sachsen erwähnt Sidonius Apollinaris, Carmiana. VII 369-371.
17) (Zu Seite 828.) Dreschflegel mit Aalhaut. Andree, Braunschw. Volkunde. 2. Aufl.
1901. 8° S. 244: aus Irland Will. Carleton, traits and stories of the Irish peasantry.
II S. 75; Milchschlauch, uter lactarius, wird für die Reise ins Wasser gelegt. Canisius,
Thesaurus Ecclesiasticus. 1725. 2°. S. 696. —, bei den Kaffern (Maclean) Compendium of
Kafir laws and Customs, reprint. 1906. 8°. S. 155; Ledersack voll Apfel am Königshof
in Irland. Thurneysen, Sagen aus dem alten Irland. Berl. 1901. 8° 8.135; Lachs-
haut zu Kleidern, die hell leuchten. J. F. Campbell, popular tales of the West-High-
lands. Edinbg. 1860. 8°. II S. 247.
18) (Zu Seite 829.) Mit Steinen kochen. Die Milch kochen mit faustgrossen Kieseln
die Basken. Bulletin de la soc. d’anthrop, 3 ser t. VI. Paris 1883. S. 682; das Bade-
wasser wurde mit glühenden Steinen heiss gemacht, 1878 in Karlsbad, Kärnten. Martine,
Benno, Kirne und Girbe. Berlin 1895. 4°. (Note 469 S. 32); —, Das Waschwasser in
der Steiermark. Rosegger, Als ich jung noch war. Lpzg. 1900. 8°. S. 245, 246.
Schwitzbäder auf h. St. sind ja allgemein bekannt: —, noch heute auf den Shetlandinseln.
Rogers, Social life in Scotland. Edinburgh 1884. 8° I S. 253: Sudsteine, nicht Weber-
gewichte, sollen die durchlöcherten Prismen sein. Truhelka bei Baernreitter, öster-
reichische Rundschau 1909. Bd. 21 S. 102; Steinkochen in hölzernen Gefässen, Livland.
(Hiärn) Monumenta livonica antiqua. Riga 1835. 4° I S. 43; es kocht sich schneller
mit heissen Steinen. Trojanovié, Archiv f. Anthrop. 27. Bd. 1902. 4°. S. 250; Bier
mit Steinen gekocht ebenda —, noch heute in den windischen Teilen Karntens. Herrmann,
Emanuel, Sein und Werden in Raum und Zeit. Berlin 1889. 8° S.115; noch heute
firurieren in der österr. Biersteuer-Statistik in Kärnten sogenannte Steinbierbrauereien.
Notiz d Red. Wochenschrft. f. Brauerei. Bd. XV 1898. 8. 436. —, noch zu seiner
Zeit in Litauen. Lasicius, de diis Samogitarum an Michalonis Lituani, de moribus
Tartarorum. Basil 1615. 4°. S.411; im nassen Hafersack kann man so kochen,
z. B. Eier. Trojanovié, Archiv f. Anthrop. 27. Rd. 1902, 4°. S. 245; im Tiermagen.
a. a. O. S. 251, mit Bild. Im Magen oder in der Haut in Irland. 1600. Tylor, E. B.,
Primitive Culture I S. 40; —, In der Haut um 1540. Boorde, Andrew, Introduction of
knowledge. Early English Text Soc. Nr. 10. 1870. 8°. S. 131; —, zum Reinigen von
Sauerteig. Buxtorf, Judenschule. Basel 1603. 8° S. 403; —, Wasser so erhitzt zur
Osterreinigung bei den modernen Juden. Friedel, Brandenburgia. VI. 1897/98.
S. 382. Schieferplatte zum Backen der Shrove Tuesday Pfannkuchen in den Midland
villages von England. Notes & Queries 10 Ser. III 1905. 8°% S. 225: Fleischbraten
in Erdgruben mit darüber angezündetem Feuer in Sardinien 1868. v. Maltzan, Reise
auf der Insel Sardinien. Leipzig 1869. 8°. S. 55: (s. dazu Grubenbraten in Europa nicht.
Hirt, Indogermanen. Strassburg 1907. 8° S. 305); —, Schaf mit Feil so gekocht. Anize
Araber. Chesney, narrative of the Euphrates expedition. Lond. 1868. 8°. S.31; Koch-
und Glühsteine, älteste Zeit erwähnt. Macalister bei Hugues Vincent, Canaan. Paris 1907.
8°. S. 406. —, Mongolen das Schaffleisch in der Haut Georgi, Beschreibung "d. russ.
Reichs. Königsberg 1800. 8°. III Th. 6 Bd. S. 1629; in Erdlöchern kochten die Kumaso
auf Kiuschiu etwa ums Jahr 70 n. Chr. nach der japanischen Sage. Brauns, David,
Japanische Märchen und Sagen. Lpzg. 1885, 8°. S. 187; —, die Herero. Schwabe,
Mit Schwert und Pflug in Deutsch-Siidwestafrika. Berlin 1899, 8° S. 181; — mit
‚Steinen braten hiess seine Knaben der künftige König Usikulumi, bei den Zulu sonst
nicht gebräuchlich. Callaway, nursery tales of the Zulus. Lond. 1868. 8°. S. 42:
— Elephantenfuss nach Eingeborenenart. Livingstone, Expedition to Zambesi. Lond.
1865. 8° S. 168; — auf heissen Stein wird die Milch gemolken und nur heiss ge-
trunken. Brehm, Ergebnisse meiner Reise nach Habesch. Hamburg 1563. 8° 8.179:
— mit heissen Steinen und zwischen Gras der Australneger. Bonwick, The white
wild man and the blacks of Victoria. Melbourne 1863. 8° 2. Ed. S. 361. Meyer,
H. E. A., Native tribes of South Australia. Adelaide 1879. 8°. 8.195: — Eylmann, E.
Die Einwohner der Kolonie Südaustralien. Berlin 1908. S. 295: In Rindengefässen, die
838 Ed. Hahn:
wie kleine Kähne geformt sind. Leichhardt, Tagebuch meiner Reise durch Australien.
Halle 1851. 8°. S. 229 a, 309. Lumholtz, Unter Menschenfressern, Hamburg 1802.
Rn 8. 341; s. hier Notiz v. S. 839. Die Engländer lernten Vögel zu braten, indem sie
sie mit heissen Steinen füllten.. Bischof, Charitas, Amalie Dietrich. Berlin o. J. S. 36: -
mit h. St. fast wie im Backofen auf Murray Island, Torresstrasse. Hunt, Journal of
Anthrop. Inst. Lond. 1899. N. F. Bd. 1 8. 13; auf den Salomonen geben die Kochsteine
oft die Lage verlassener Orte an. Guppy, The Solomon Islands. Lond. 1887. gr. x°,
S. 77; auf Samoa, 50 bis 60 St. formen den Ofen. Turner, Nineteen Years in Polynesia.
Lond. 1861. 8°. S. 195: mit h. St. bereiten die Jivaros ihre Kopfmumien. v.d.Steinen
im Kolleg 1906; — wird das Nationalgericht Callapurca bereitet. Bollaert antiquarian
researches. Lond. 1860. 8°. S. 165; — in Gruben kochen die Ges, haben keine Keramik,
geniessen aber nur die zartesten Früchte roh. Martius, Beiträge z. Ethnogr. Brasiliens.
Lpzg. 1867. 8° IS. 2%; Die Cedar-Canoes werden weich gekocht, dann die Spanten
hinein, auf Vancouver N. W. America. Sproat, Scenes and studies of savage life.
Lend. 1868. 8% S. 87; — gekocht in Kisten, mit hölzernen Zangen. a. a. O. S. 61.
„Er war so arm, dass er aus Hunger die Steine abschleckte, mit denen andere Leute ge-
kocht hatten.“ Märchen aus Britisch-Columbia. Boas, Ztschr. f. Ethnol. 23. Bd. 1891
S. (545); — auf h. glatten St. wird Clambake an der Seaside gebacken zum Vergnügen;
von den Indianern gelernt. Atkinson, Edw., Suggestions regarding the cooking of tood.
Wash. 1894. 8° S. 29; — hoe cake, Maismehlkuchen, in der Asche gebacken. Ma-
son Otis T., womans share in primitive culture. N.York 1894. 8°. S. 30; Hebel,
Rheinischer Hausfreund, Werke „Der schlaue Pilgrim“. Stuttg. 1871. II S. 78f.
Erinnnerungen an Steinkuchen finden sich in Kalendersprüchen: Am 1. Mai schmeisst
Petrus einen heissen Stein ins Wasser. Lübeck, mündlich; Sant Matys, werpt ecnen heeten
Steen in't ys, Voetius, Disputat. selectae Ultraj. 1659. 4°. pars III p. 122, der
heisse Stein ist durch Umdrehung häufig in einen kalten Stein verwandelt = Sanct Severin
wirft den kalten Stein in den Rhein, St. Gertrud holt ihn wieder heraus. Boebel, Haus-
und Feldweisheit des Landwirts. Berl. 1554. 8°. S. 50; Sünte Kathrin smitt den kollen
Sten innen Rhin, Sünte Gertrud Tüht ne wier herut. Reinsberg-Düringfeld. Wetter
im Sprichwort. Lpzg. 1864. kl. 8° S. 192: Rochholz, Drei Gaugöttinnen. Leipzig
180. 8°. 8. 165; Petri, Landwirts Orakel. Bauernregeln. Breslau 1866. 8°. 5.91;
Dahn, Wallhall.e Kreuznach 1884. 8°. S. 144.
19) (Zu Seite 829.) Glyceria fluitans = Schwaden = Manna. Ascherson. Branden-
burgia. Bd. IV 1895 S. 45. — Auch Himmelstau, Nordostdeutschland, Schweden, Li-
tanen, Ungarn; Ascherson-Gräbner, Synopsis der mitteleuropäischen Flora 1902. on IT,
S.447; — früher im Blocklande bei Bremen in besondere Siebe gesammelt. — Kohl, J.G.,nord-
westdeutsche Skizzen. Bremen 1864. 8°. I S. 171. Laaland und Falster gesammelt für
den Handel. Wredow, Ökon. Flora Mecklenburgs. Lüneburg 1811. 8%. S. 162: in
Böhmen, Schlesien, in der Mark und anderen Orten mehr gebaut (?): vier Rezepte dazu.
Amaranthes Frauenzimmer Lexikon. Lpzg. 1710. 4% S. 1789; wird gesammelt durch
die Bauern im Tau. Marperger, Küchen u. Keller Dictionarium. Hamb. 1716. 4°.
S. 1055, 1056; Mus davon. Colerus, Calendarium perpetuum. 3. buch cap. 60. Witten-
berg 1600, An S. 143; — sehr mühsam zu sammeln; an der Elbe in der Gegend von
Lüneburg. Taube, Naturgeschichte des Herzogtums Zelle 1766—69. (ID S. 125: bei
Lublinitz sammeln ihn die Einwohner um ihn teils selbst zu brauchen, teils unter dem
Namen „Schwaden“ zu verkaufen. Weigel, Beschreibung des Herzogtums Schlesien.
Berlin 1806. 8°. VIII 47; — auf den Wiesen bei Meissen und Frankfurt a. Oder.
Colerus, Calendarium perpetuum. Wittenberg 1600. 4° 5. Buch cap. 51; in West-
preussen in Mörsern gestampft. v.Schulenburg, Mitth. d. Antlırop. Ges. Wien Bd. 17, 1557,
(5.54) jetzt weniger, weil Wiesen besser werden. Pieper, Volksbotanik. Gumbinnen 1597. $°,
S. 554; im Moskowischen Gebiet. Storch, Gemälde d. russ. Reichs. Riga 1797. 3",
II S. 315.
20) Note S. 829. Ztschr. f. Ethnol. 26. Jahrg. 1894. (S. 603.)
21) (Zu Seite 829.) Polygonum aviculare in Weizensamen von Butmir: ist jetzt kein
Unkraut des Ackers. Schröter bei Radimsky, Neolithische Funde von Butmir. Wien
1895 fol. S. 45: — bistorta. Wurzel auf Island gegessen; eine Art Brot. Sir Gye.
Wirtschaftliches zur Prihistorie. 839
Mackencie, Travels in Iceland. Edinburgh 1812. 4° S. 413: — samen benutzt. —
Ztschr. f. Ethnol. Bd. XVI 1894. S. 263; — Douglasii, Samen benutzen die Klamath
Indianer, Idaho. Coville, Contr. f. the U. S. Nation. Herbarium. Wash. 1897. 8°.
Bd. V S. 95, 96; P. Convolvulus, neben Hirse noch mit Rind, Schaf, Huhn usw. zu-
sammen gefunden. Bischofshofen b. Königswalde. Braun, Ztschr. f. Ethnol. II 18:0.
S. 472, 473 u. III 1871 (S. 104, 105) — als Mehlkorn benutzt in Kreuzburg (Lausitzer
Urnentyp). — Schaafhausen, Correspbl. d. dtsch. anthr. Ges. Bd. XV 1884. S. 103;
— gibt wenig weisses Mehl, und aus den Samen von P. aviculare kann man wohl-
schmeckende Grütze machen. Homann, Flora von Pommern. Cöslin 1829. I S. 270 u.
272; Chenopodium in Robenhausen. Forrer u. Messikommer. Prähist. Varia. Zürich
1889. 8°. «S. 9; Ztschr. f. Ethnol. Bd. 25, 1893 (S. 228); — album zu Brot bei den Ko-
nisten an der Wolga. Wredow, Ökonom. Flora Mecklenburgs. Lüneburg 1811. 8°.
I S. 461! Galium palustre in Robenhausen massenhaft gesammelt. Messikommer,
Ztschr. f. Ethno]. XV 1883 (S. 235). Forrer u. Messikommer, Prähist. Varia. Zürich
1889. 8°. S.9; — aparine, der Samen zu Tungelkaffee in Ostfriesland. Lichtenberg,
Aphorismen. J. 989. Berl. 1908. 8°. IV S. 167; — mollugo zu Tüngelkaffee Leunis
Synopsis der Pflanzenkunde Hannover 187. 7. § 499, 1. II, S. 778.
22) (Zu Seite 829.) Notbrot, Haselzapfen Hieronymus Bock, Teutsche Speiszkammer
1550. Strassbg. 1630. Fol. S. 35; — ebenso Gregor v. Tours, Hist. Francorum lib. VII
eap. 45. — Populus deltoides von den Pima Indianern das Kätzchen in der Knospe roh
gegessen. Russell, 26. Ann. Rep. of Ethnol. f. 1904/05. Wash. 1908. S. 69; — Sanerampfer
mit den Körnern trocken ins Mehl gemischt in Schweden als Notbrot. ŒE. v. Bibra,
Getreide und Brot. Nürnberg 1860. 8°. 8. 436—437; Farnwurzel ins Brot auf den
Kanaren. Humboldt, Reisen in die Aquinoctialgegenden. Dtsch. v. Hauff. Stuttg.
1859. 8°. 1103; — Radices felicis arefactas redactasque in pulverem. Gregor Turonens.
Hist. Francorum lib. VII cap. 45; — ins Brot in Frankreich um 1700. Babeau, Vie rurale
dans l’ancienne France. Paris 1885. 8°. S. 89; — Diöcese v. Angers 1683. Alfr.
Rambaud, Hist. d. l. Civilisation francaise. Paris 1887. 8% II S. 566.
23) (Zu Seite 830.) Engelsüss. — Tagelang kann man auf der Wanderung davon leben,
ohne andere Nahrung. Rochholz, Schweizersagen a. d. Aargau. Aarau 1856. 8° I
S. 228: — Nahrung der ungeborenen Kinder bei der weissen Frau, a. a. O. I S. 228;
— Rhizom von Kindern gern gegessen. F. C. Schübeler, Pflanzenwelt Norwegens.
Christ. 1862. 4". S. 104; — kann man essen und trinken; stammt aus der Milch
unserer lieben Frau. Magnusen, Mythol. Lexikon. Havniac 1828. 4° S. 89; diente
dem Jesuskind auf der Flucht zur Nahrung. Kassuben. Das Land. 18. Jgg. 1909/10. S. 495,
Equisetum, die kleinen Knöllchen, denen wohl die Pflanze den Namen Heernuss, Regen-
walde, Pommern, verdankt, werden gelegentlich gegessen, wohlschmeckend. Name bei
Vincent, Bewässerung u. Entwässerung der Acker u. Wiesen. Berlin 1899. 8°. S. 106.
24) (Zu Seite 330.) Nymphaea, Nuphar, Knollen zur Mastung der Schweine; gelegent-
lich auch von Menschen gegessen. Leunis. Synopsis 1877 § 452, 1u.2, S. 694 bis
695; — Nuphar luteum Sm. in Russland, besonders Finland gegessen. Sprengel, Er-
läuterungen zu Theophrast, IX 13, 1, 11 373. Th. nennt sie süss: — Rhizom und
Samenkapsel scheint Hauptnahrung der Australier. Nordaustralien, Leichhardt.
Tagebuch Halle 1851. 8°. S. 203, 200, 211, 243; Süd Queensland. Lumholtz, Unter
Menschenfresscrn. Hambg. 1892. 8°. 8. 383; Nymphienknollen durch Abbrühen und
Auslaugen entbittait. Schweinfurth, Im Herzen v. Afrika, 1874. I S. 168.
25) (Zu Seite 830.) Phragmites vulgaris mahlen die Shoshone zu einer Art süssen Mehles
nach Coville bei Otis T. Mason, Origins of invention. Lond. 1895. 8°. S. 189; junge
weiche Kamischschösslirge werden am Lep Nor als Gemüse gegessen. Hedin, Durch Asiens
Wüsten. Lpzg. 1899. 8°. US 162; auch von Carex sollen die Schösslinge „very palatable,
sugary juice~ sein. Klamath-Indianer. Coville, Contribution fr. the U. St. National
Herbarium. Wash. 1897. 8° S. 92; Papyrus in Ägypten gebaut, Wurzelstock roh, ge-
kocht oder gebraten ausgekaut. Theophrast, Historia plartarum, IV 8, 2; Papyrus-
schaft als billiges Gericht für die Knaten. Diodor, Bibliotheca hist. I c.80 $ 5;
Wurzelstock des Papyrus ist so lang er jung süss, wird in Abessynien ausgekaut. Bruce,
Travels to discover the source of the Nile. Lond. Du. 4° vol. V. S.T; Typha
$40 | Iden-Zeller:
angustifolia. Westaustralien, Wurzelstock gebacken und zerstampft zu Kuchen. Oldfield,
Transactions of Ethnol. Soc. Lond. 1865. N.S. III 1865. S. 277; — geröstet als Brei
genossen, schmecken wie unreife Gurken. E. Eylmann, Die Eingeborenen d. Kolonie
Südaustralien. Berlin 1908. 8. 280 u. 292—293; — latifolia, der Wurzelstock im Herbst,
wenn voller Nährstoff, von den Klamath-Indianern, Idaho, gegessen. Coville, Contrib.
fr. the U. S. National Herbarium. Wash. 1897. 8°. Bd. V S. 90.
26) (Zu Seite 830.) Rinde oder vielmehr Bast gegessen; — und moderndes Holz mit
Honig. Schmidt, Emil, Globus, 65. Bd. 1894. 4° 8.32; — von der Hemlock-
tanne, als Leckerei, die Indianer am Gebirge. Mackenzie, AL voyages to the frozen
and the pacific oceans. Lond. 1801. 4°. ,S. 165 u. 306: Klamath Indianer, Coville
Contrib. fr. the U. S. Nation. Herbarium. Wash. 1897. 8° V, S. 89; — junges Holz
von d. Dattelpalmen in Borku Nahrung. Nachtigal, Sahara u. Sudan. Berlin 1851,
II S. 147. —, von Bork u. Beern, im Märchen. Wisser, Wat Grotmoder; vertellt. Ost-
holsteinische Volksmärchen. Jena 1%5. 8°. S. 53; — brot in Schweden genaue Be-
schreibung. Arndt, E. M., Reise durch Schweden. Berlin 1808. 8°. IV S. 276; — der
Lappländer bei demselben: Bd. III S. 271—272; — in Schweden, Wolf Graf Baudissin,
Gedenkbuch f. s. Freunde 1880, S. 207 u. 228.
Brennnessel. 27) (Zu Scite 830.) Brandenburgia. Berl. 1911. Jhrg. 20. S. 165.
28) (Zu Seite 331.) Einsäuern: die Bayern schnitten Rüben „pour saler“. Montaigne,
Journal du voyage. Rome, Paris 1775. I S. 109; — Möhren, Heintl, Landwirtschaft
des österr. Kaisertums. Wien 1812. 8°. III S. 502: Grosse geröstete Klösse aus ges.
Durrhateig bei den Basuto. Endemann, Zeitschr. f. Ethnol. Bd. VL 1874. S. 22;
— ähnlich im Sudan. Nachtigal, Sahara u. Sudan. Berl. 1879. 8° IS. 654; — aus
Maniok, die Tschikuanga. Frobenius, Im Schatten des Kongostaates. Berl. 1907. 5‘
S. 112; — anf den Marquesas, die Brotfrucht v. d. Geburt bis zur Hochzeit. Baessier.
Südseebilder. Berl. 1895. 8°. S. 208; — Sago zu grossen Brotlaiben, die innen säuer-
lich sind. Graf Pfeil, Studien a. d. Südsee. Brschwg. 1899. 8°. 8. 104; Mais in Neu
Seeland, riecht schlecht, schmeckt gut. A. S. Thomson Story of New Zealand. Lond.
1859. I S. 158. |
(15) Hr. Oskar Iden-Zeller hält den angekündigten Vortrag:
Ethnographische Beobachtungen bei den Tschuktschen.
Um zur Halbinsel Tschukotsk zu gelangen, stehen uns drei Wege offen.
Der bequemste ist ohne Frage derjenige von Nome mit Kreuzung der
‚Beringstrasse hinüber nach dem Ostkap. Allerdings sind wir dann ge-
-gwungen, die Fahrt durch die Beringstrasse innerhalb der Monate Juni-
September, in besonders günstigen Jahren wohl auch noch im Oktober zu
bewerkstelligen. Etwa 120 englische Meilen von Nome aus gerechnet, die
in einem Gasolinschoner, der monatlich einmal die Strasse kreuzt und von
der „North Eastern Siberian Co.“ gechartert ist, zurückgelegt werden können.
Es existiert von Amerika aus weiter keine regelmässige Verbindung, und die
wenigen sommerlichen Fahrten zwischen Nome und dem Ostkap bilden
eigentlich die einzige Vermittlung zwischen dem Nordostzipfel der alten und
dem Nordwestzipfel der neuen Welt. Wohl kreuzen auch Walfischfanger
die Beringstrasse, doch erscheinen sie nur in unregelmässigen Zwischen-
räumen, halten auch eine bestimmte Fahrtroute nicht ein.
Der zweite Weg führt uns zu Schiff von Wladiwostok bis zur Mündung
des Anadyr, von wo wir in Booten bis Anadyrsk vordringen können und
in Markowo Gelegenheit finden, uns bei den alljährlich stattfindenden
Jahrmärkten den Tschuktschen anzuschliessen.
Ethnographische Beobachtungen bei den Tschuktschen. 84]
Die dritte Reiseroute bildet der gewaltige Landweg, der von Jakutsk
über das Werchojanische Gebirge unter Überwindung des 5000 Fuss hohen
Tukulan Passes nach Werchojansk und von dort weiter bis an die Ufer
der Kolyma nach Sredny und Nishny Kolymsk führt. Bei günstigster Witte-
rung und unter Benutzung von gutem Zugmaterial — Pferde, Rentiere und
Hunde, die auf den einzelnen, von Jakuten geleiteten Stationen gewechselt
werden — immerhin ein Weg, der uns, oft unter schwierigsten Verhältnissen,
bei Temperaturen von — 30° bis — 58° R. fast anderthalb Monate in der
Wildnis hält, ununterbrochene Fahrt vorausgesetzt.
Ich wählte den Landweg. Schon aus dem Grunde, weil ich auf diese Weise
nicht unmittelbar auf die Tschuktschen-Halbinsel, das klimatisch ungünstigste
Terrain der Erde, versetzt wurde und weil ich auch sonst Zeit und Gelegen-
heit fand, mich ganz allmählich auf die äusserst schwierige Durchquerung
der Halbinsel vorzubereiten, die an die Energie eines Menschen, höchste An-
forderungen stellt. Nur wer langsam aber stetig die Lebensgewohnheiten
eines Kulturmenschen bei seinem Vordringen zur fast völligen Unkultur
abstreift, wird fähig sein, auf der Halbinsel Tschukotsk zu existieren.
Diese selbst, von der Kolyma und dem Eismeer, der Beringsee und dem
Anadyr begrenzt, zählt wohl zu den russischen Besitzungen auf asiatischem
(rebiet, hat aber keinerlei obrigkeitliche Verwaltung und, hätte der Schnaps,
den die Walfischfänger aus guten Gründen an die Eingeborenen verhandelten,
diese nicht wirtschaftlich arg in Bedrängnis gebracht, und ihre Reiben nicht
arg gelichtet, wir würden heute noch dasselbe Bild vorfinden, wie anno 1648,
als Deshnef die Beringstrasse kreuzte, oder wie der Kosak Popof die Halb-
insel vorfand, als er 1711 nach dem Ostkap geschickt worden war, u
von den Eingeborenen Tribut zu erheben.
Nur gelegentlich der Jahrmärkte, die im Frühjahr in den Grenzgebieten
abgehalten werden, und zwar in Markowo am Anadyr und in Panteléicha
bei Nishny Kolymsk nimmt die russische Regierung bzw. deren Stell-
vertreter, Isprawnik und Sasedatel, ‚noch einigermassen Fühlung mit den
Tschuktschen, und zwar lediglich in der Form, dass man den zum Jahr-
markt erschienenen Nomaden den Jassak, das Marktgeld oder die Kopfsteuer
abnimmt. Das Gebiet der Gouverneure von Jakutsk und Petropawlowsk zu
deren Dienstbezirk die Tschuktschen-Halbinsel gehört, ist viel zu gross, als
dass sie sich persönlich um diesen Nordostzipfel Asiens kümmern könnten,
und die ihnen unterstellten Beamten am Anadyr und an der Kolyma halten
es einfach nicht der Mühe wert, einmal selbst nach dem Rechten zu sehen.
So sind die Tschuktschen bis heute von aller Kultur verschont geblieben,
zu ihrem Glück, denn der Fusel der Walfischfänger auf der einen Seite
und die russische Kultur mit ihrer Gefolgschaft, der Syphilis, die ja an
den Ufern der Kolyma in entsetzenerregender Weise herrscht, auf der
anderen Seite, hätten sie unweigerlich in ihrer Gesamtheit dem Unter-
gange geweiht.. Die Tschuktschen, die an sich wohl das arnıseligste
Leben führen, sind darum auch heute noch freie Menschen, die das Ge-
fühl der Untergebenheit und Furcht, wie wir es beispielsweise bei den
Samojeden finden, nicht kennen. Und wenn man unter ihnen war, mit
ihnen lebte, gewann man sie lieb, aus dem einfachen Grunde, weil sie
Zeitschrift für Ethnologie. Jahrg. 1911. Heft 5. 54
842 Iden-Zeller:
selbst in ihrer jammervollen Lage noch aufrechte, treue und ehrliche
Naturen geblieben sind. Ihr Misstrauen und ihre zeitweilige Feindselig-
keit gegen Fremde, sollte uns nicht verleiten, falsche Schlüsse zu ziehen.
Zur nordischen Gruppe der mongolenäbnlichen Völker gehörend — Hyper-
boreer — zeigen ihre Augen kaum noch Schlitzform, auch die Backen-
knochen treten nur schwach hervor, die Gesichtsfarbe geht oft in Bronze-
ton über, und nur das schlichte, blauschwarze Haar, das sie oft in ab-
sonderlichen Frisuren tragen, sowie der geringe Bartwuchs erinnert stark
an Mongoleneinschlag. Es sind
kräftige Mittelgestalten, aus-
dauernd und zäh, mit allerdings
nur dünnen Waden, die sie trotz-
dem befähigen, weite Strecken
zu Fuss zurückzulegen. Sie
zählen in ihrer Gesamtheit wohl
kaum mehr als 12 000 Seelen.
Während die Frauen Doppel-
zöpfe tragen, die sie mit bunten
Perlen und Blechmarken, hier
und da wohl auch Silbermünzen
schmücken, ziehen die Männer
ganz kurz geschnittene Haare
vor. Oft wird der Schädel voll-
kommen kahl geschoren und nur
eine 3—4cm breite über die
Stirne herabhängende Franse
bleibt stehen. Andere wieder
ziehen es vor, nur auf dem
Scheitel ein Biischel Haare
wachsen zu lassen, die übrige
Schädelpartie aber von jeglichem
Haarballast zu befreien. Der
Typ eines Tschautschus mit umhängendem
Tabaksheutel: e ohnedies spärliche Bartwuchs
„Durch Entgegenkommen des American Mu- wird zumeist sorgfältig mit primi-
seum of National History. New York“. tiven Jakutenmessern beseitigt.
Die Frauen tätowieren sich da
und dort. Zwei leicht gewellte Linien von der Stirnhaut bis zur Nasen-
spitze. Auf jeder Wange drei Ovallinien von der Schläfe bis zum Unter-
kiefer und neun Ovallinien von der Unterlippe bis zum Kinn. In manchen
Familiengemeinschaften finden wir allerdings auch Frauen, die sich mit
dieser einfachen Form der Tätowierung nicht begnügen und kompliziertere
Muster vorziehen. Doch ist überall die Ovalform massgebend. Sie er-
tragen die Prozedur der Tätowierung mit stoischer Ruhe. Als Färbestoff
wird Russ in die Stiche eingerieben.
Ehe ich hier weiter über das Leben der Tschuktschen berichte,
möchte ich vorerst noch einfügen, dass wir unter Tschuktschen eigentlich
nur die Bewohner der Nordküste der Tschuktschen-Halbinsel zu verstehen
Ethnographische Beobachtungen bei den Tschuktschen. 843
haben, während sich der eigentliche, nomadisierende Bewohner der Halb-
insel Tschautschu nennt. Nach ihren eigenen Aussagen war die Eismeer-
küste zwischen der Tschaun- und Koljutschinbucht unbewohnt, sie er-
wähnten mir nie den Namen der Onkilon, und erst als ein Milzbrand
‘grosse Lücken in die Rentierbestände riss, wurden einzelne Gruppen der
Tschautschus, weil sie ohne Rentiere in den Bergen und auf der Tundra
als Nomaden nicht mehr existieren konnten, gezwungen, sich unter Auf-
gabe all ihrer bisherigen Lebensgepflogenheiten an der Eismeerküste an-
zusiedeln. Dort beschäftigten sie sich lediglich mit Robbenfang, ein wenig
wohl auch mit Fischfang, und so änderte sich allmählich das Bild. Der
zugewanderte Tschuktsche wurde an der Eismeerküste infolge reichlichen
Fanges wohlhabend, während der Tschautschu, der ehedem über grosse
Rentierherden auf der Tundra verfügte, allmählich infolge stetiger Seuchen
unter den Rentieren verarmte. Wohl gibt es auch heute noch im Innern
der Halbinsel Tschautschus, die über grosse Herden verfügen, aber auch
bei diesen mag die Stückzahl 1000 nicht überschritten werden. Wo
Reisende Herden von einigen tausend Stück gesehen haben wollen, war
das wohl der gesamte Bestand verschiedener Familien, Es gibt Tschau-
tschus, die nur vier bis sechs Rentiere ihr eigen nennen können, wo
also von einem Nomadenleben nicht die Rede sein kann. Die Besitzer
dieser paar armseligen Tiere schliessen sich dann gewöhnlich grösseren
Gemeinschaften an.
Die Tschautschus sind vollkommen auf die Rentierzucht angewiesen.
Mit ihrer Hilfe fristen sie ihr Leben. Gibt ihnen das Rentier doch
Nahrung, Kleidung und auch Handelsobjekte. Geld wird von ihnen im
Handel nur höchst ungern und sehr selten angenommen. Höchstens in
der Nähe vom Ostkap findeu wir Tschuktschen, die ihre Einkäufe mit
amerikanischen Silberdollars begleichen, und auch auf den Jahrmärkten in
Panteléicha und Markowo kommt da und dort wohl einmal ein russischer
Silberrubel zum Vorschein. Sonst ist ihr Handel lediglich ein Tausch-
verkehr, und die Stelle des Geldes nehmen russischer Blättertabak, der
sogenannte Tscherkasskytabak, gepresst in 1 Pfd. Paketen, russischer
Ziegeltee, Zucker, : Eisenwaren, Werkzeuge und Waffen ein. Sie leben
oline jegliche Selbstverwaltung, haben weder Fürsten noch'Häaptlinge, und
nur der Wohlhabende hat dnte ihnen einigen Einfluss. Aber in ihren
Familiengemeinschaften halten sie sich streng an die ihnen überlieferten
Traditionen, und ihre Hausgesetze sind: ihnen heilig. Während sie geneigt
sind, Fremde zu bestehlen, ist der Diebstahl unter Stammesgenossen selbst
fast ausgeschlossen. Ich fand eines Tages i in den Bergen ein Paar Schnee-
schuhe, packte sie auf einen meiner Schlitten. und fuhr weiter. Als wir
am Abend Lager bezogen, sprach ich von dem‘ Funde und gab sie an die
Tschautschus ab. Noch am selben Abend’ machte sich einer von ihnen
auf den Weg und brachte die Schneeschuhe wieder an dieselbe Stelle, wo
ich sie, meiner Beschreibung nach, gefunden hatte. Der Betreffende war,
um diese Aufgabe zu erfüllen, bei starkem Schneesturm zusammen sechs
Stunden im Rentierschlitten über die Berge gejagt. Hat sich, um ein
anderes Beispiel anzuführen, ein Tschuktsche an der Eismeerküste Treib-
o4*
844 Iden-Zeller:
holz zusammengetragen und es irgendwo aufgeschichtet, so wird es keinem
Stammesgenossen einfallen, auch nur ein einziges Stück Holz für sich zu
verwenden. Selbst die äusserste Notwendigkeit würde ihn nicht zu
diesem Diebstahl verleiten können. Nur ein einziger Fall ist mir be-
kannt, bei dem ein Diebstahl wirklich zur Ausführung kam und, da ich -
selbst gewissermassen in diesen Fall verwickelt bin, glaube ich annehmen
zu dürfen, dass sich die betreffenden Tschuktschen durch die Anwesenheit
meiner Person berechtigt glaubten, etwas an sich zu nehmen, was eigentlich
nicht ihnen gehörte. Der Tatort liegt in der Nähe des Koetflusses. Wir
Heidnische Krankenheilung bei den Tschuktschen durch Suggestion.
„Durch Entgegenkommen des American Museum of Natural History. New York“.
hatten an der Küste ein bereits zerlegtes Walross gefunden, hatten Hunger
und schnitten ohne viel Überlegung, unter Beobachtung des Grundsatzes:
„Wer zween Hemden hat, gebe dem, der keines hat“ einige nicht zu be-
scheiden bemessene saftige Stücke Fleisch ab. In der nächsten Nieder-
lassung stellte sich uns dann der Besitzer des Walrosses vor. Die Übel-
täter hätten ja schweigen können, aber sie verwickelten sich gleich von
vornherein in derartige Widersprüche, dass ich sofort ersah, wie unbequem
ihnen das Lügen war und dass ihnen das Vergehen schwer auf der Seele
lag. Alle diese Eigenschaften hinderten sie freilich nicht, mich, den
Fremden, den myrki, ganz gehörig zu bemausen, wo immer sie nur
Gelegenheit dazu hatten. |
Die Kleidung der Tschautschus ist einfach genug. Eine ziemlich
Ethnogrnphische Beobachtungen bei den Tschuktschen. 845
enge, bis zu den Knöcheln reichende Hose aus Rentierfell, Strümpfe aus
dem Fell junger Rentiere oder vom Balg der Polarhasen und kurze
Stiefel, ebenfalls aus Rentierfell mit einer Sohle aus Walrossleder. Den
Oberkörper bedeckt ein während der kalten Jahreszeit doppeltes Rentier-
fellhemd, die sogenannte Kuklanka, und zwar ist die Winterkuklanka
derart, dass sie sowohl Pelz auf der Innen- als auch auf der Aussenseite
aufweist. Die Kuklanka ist kragenlos, so dass der Hals frei bleibt. Sie
fällt hemdartig bis zu den Knien. Unterwäsche habe ich im Gegensatz
zu Nordenskiöld nirgends bemerkt, dagegen liebt man es, über die
Kuklanka ein zweites Hemd zu ziehen, das aus buntfarbigen Stoffen her-
Begräbnisplatz der Tschautschus in den Tschaunbergen auf einem Bergplateau.
„Durch Entgegenkommen des American Museum of Natural History. New York“.
gestellt ist. Rot ist dabei ihre Lieblingsfarbe. Das Frauenkleid besteht
aus einem Stück, ist ebenfalls in den meisten Fällen aus Rentierfell und
ähnelt in Form und Schnitt der Hemdhose unserer Damen, nur dass es
vollkommen geschlossen ist und nur gerade über die Kniee reicht, bis zu
welcher Höhe die Fellstiefel gehen. Kleidungsstück und Fellstiefel
werden dann mittels Riemen gut verschnürt. Selten nur tragen die
Frauen eine Kopfbedeckung oder Handschuhe. Für die Männer dagegen
sind diese Stücke der Bekleidung unerlässlich, wennschon auch sie die
Fellmütze zumeist am l,edergürtel tragen. Zur weiteren Ausrüstung eines
Tschuktschen bzw. Tschautschus gehört unbedingt ein kurzes Mongolen-
pfeifchen aus Messing oder Holz mit teilweise eingelegter Silber-, Kupfer-
oder Blei-Filigranarbeit, ein kleines Lederbeutelchen mit geschnittenem
846 Iden-Zeller:
Tscherkasskytabak, das an einem Lederriemen um den Hals getragen
wird, im Gürtel seitlich ein kleines, einfaches Jakutenmesser mit Holz-
griff, und weiter, ebenfalls am Gürtel befestigt, aber in der Gegend des
Rückgrats, der Urinbecher, gewöhnlich aus Seehund- oder Walrossfell her-
gestellt. Als ich gelegentlich des Jahrmarktes in Panteléicha zum ersten
Male mit den Tschuktschen in Verbindung trat, handelte ich von einem
der Nomaden gegen ein Schwarzbrot solch einen Becher ein. Ich nahm
an, dass er bisher als Trinkbecher gedient hatte und ich hatte ihn vorerst
für den gleichen Zweck bestimmt, wurde jedoch bald eines Besseren be-
lehrt. Später, als ich als Knecht den Tschuktschen eingereiht war, trug
ich selbst dann dieses Gefäss ständig am Gürtel und es leistete mir oft
recht gute Dienste. Wurde nämlich ein Rentier vor dem Schlitten
schlapp, hatte man nichts weiter zu tun, als selbst zu urinieren,
und zwar in besagten Becher, der dann, voll seines köstlichen Inhalts,
dem erschöpften Tiere, gierig ausgeschlürft, als willkommenes Stärkungs-
mittel diente. Die Tiere konnten noch so ermüdet sein, nachdem sie
einen Becher Urin gesoffen, waren sie vollkommen erfrischt. Auch die
Frauen, ebenso die jungen Mädchen bedienen sich dieses Bechers, sobald
sie mit Rentieren unterwegs sind. Nicht selten kommt es vor, dass man
nicht in der Lage ist, zu urinieren; man bittet dann irgend jemand aus
der Gefolgschaft um diese Gefälligkeit, die dann auch anstandslos vor
aller Augen erwiesen wird. Für die Frauen ist das an sich eine recht
umständliche Sache, denn sie müssen zu diesem Zweck ihr Kleidungsstück
bis über die Knie abstreifen. Überhaupt spielt der Urin im Leben dieser
Nomaden eine bedeutsame Rolle. Alle Felle werden beispielsweise, ehe
sie gegerbt werden, in Urin geweicht, und auch das Einfangen der Ren-
tiere geschieht mit Hilfe des Urins, und zwar in folgender Weise. Beim
Aufbruch des Lagers werden sämtliche Lastschlitten bereits beladen in
Hufeisenform zusammengestellt, schräg, ein Schlitten leicht an den anderen
angelehnt, das Geschirr ist an jedem Schlitten bereits befestigt. Einige
Meter vor dem Schlittenhufeisen wird mut Urin getränkter Schnee in
einzelnen Brocken verstreut. Die von der Weide langsam herangetriebenen
Rentiere, der Leitbock voran, stürzen sich nun gierig auf den getränkten
Schnee, achten dabei gar nicht darauf, dass sie gleichzeitig in die Schlitten-
Umfriedung geraten und sehen sich plötzlich gefangen, denn sobald das
letzte Tier den Eingang zum Hufeisen erreicht hat, wird die Öffnung ge-
schlossen, und die Auswahl der für den betreffenden Tag notwendigen
Zugtiere wird getroffen. Männer und Frauen beteiligen sich an dieser
Arbeit, die geeigneten Tiere werden alsbald eingespannt, die übrigen
wieder freigelassen, und die Karawane setzt sich alsbald in Bewegung.
Jeder Tschuktsche, auch die Frauen, führt etwa 10 bis 15 Lastschlitten, die
hochkufig und stark gebaut sind, im Gegensatz zu den Personenschlitten.
die ausserordentlich niedrig und aus leichtestem Material — Birken-,
Erlen- und Eschenholz — hergestellt sind. Selbstverständlich werden
auch bei den Tschuktschen die einzelnen Schlittenteile nur durch Riemen
verbunden. Der Lastschlitten ähnelt dem Samojedenschlitten, hat eine
ausserordentliche Tragkraft und wird niemals als Personenschlitten be-
Ethnographische Beobachtungen bei den Tschuktschen. 847
nutzt. Der Personenschlitten wiederum ist nur fir eine Person bestimmt
und ist eine eigene Konstruktion, nur zum Fahren mit Rentieren einge-
richtet, leicht und biegsam, so dass man mit Vorspann von zwei Ren-
tieren grosse Strecken in unglaublich kurzer Zeit zurückzulegen vermag.
Er hat, ebenso wie der hochkufige Lastschlitten, keinerlei Ähnlichkeit mit
Hundeschlitten. Niemals spannt der Tschuktsche mehr als zwei Rentiere
vor einen Schlitten. Er dirigiert sie mit dem dreiteiligen Zügel und be-
nutzt auch keine Peitsche zur Aufmunterung, sondern einen langen, bieg-
samen Stiel, an dessen Ende ein kleines Stück Knochen oder Horn in
Halbovalform angebracht ist. Mit diesem Knochen- bzw. Hornstück tippt
er auf das Fell des Tieres.
Gewöhnlich geht, der Karawane ein Tschuktsche auf Schneeschuhen
voraus, oft schon zwei Stunden vorher, der geeignete Futterplätze sucht,
Stellen, an denen das Rentiermoos (Cenomyce rangiferina) unter dem
Schnee üppig genug wuchert, um einer Herde von einigen Hundert Stück
für die Nacht auch genügend Futter zu geben. Ihm folgt dann früher
oder später die Karawane, manchmal nur 20 bis 30 Schlitten, oft aber
auch 80 bis 120 Schlitten. Jede Abteilung ist für sich, ordnet sich aber
dem ganzen Zuge ein; man schlängelt sich in sehr langsamem Tempo im
Gänsegang über die Tundra und über die Berge. Jeder Abteilung ist ein
Personenschlitten vorgespannt, auf dem der Führer rittlings sitzt und die
übrigen Schlitten, die zu seiner Abteilung gehören, mit je zwei Rentieren
bespannt und einander folgend an der Rückseite des vorhergehenden
Schlittens angebunden sind, lenkt. Seine Beine, die er bald links, bald
rechts schräg in den Schnee vorstreckt, dienen ihm als Bremse. Ange-
halten wird während des Tages nur dann, wenn ein Tier stürzt, etwa ein
Geschirr in Unordnung gerät oder einer aus der Gemeinschaft ein Be-
dürfnis zu verrichten hat. Im allgemeinen ist man, ohne Essenspause,
während des ganzen Tages unterwegs, nur kalte Stücke Fleisch, von den
Frauen direkt am Körper zwischen Busen und Unterleib aufbewahrt, helfen
vielleicht über den Heisshunger während des Fahrens hinweg. Ist ge-
nügend Vorrat an Tabak vorhanden, so qualmen natürlich die Pfeifen
vom Morgen bis zum Abend: auch von den Frauen hat jede ihr Pfeifchen.
Auch ein eintöniger Dreiklang-Gesang ertönt während der einsamen
Fahrt, Lieder, die wahllos sich den Text aus dem Leben der Tschuktschen
holen; nebenher oder hinterher trotten frei und ohne weitere Aufsicht die
übrigen Rentiere der Gemeinschaft
Ist am Abend der Futterplatz erreicht, werden die Rentiere ausge-
schirrt und auf die Weide getrieben. Sie äsen dort einige Stunden und
legen sich dann zur Ruhe nieder. Es ist für die ganze Nacht eine Be-
aufsichtigung der Herde notwendig. Sind die Rentiere ausgeschirrt,
werden die Schlitten entladen und die Zelte aufgerichtet; es wird mit
Hilfe eines harten und weichen Holzes Feuer gerieben, die kleinen
Fünkchen in bereitgehaltenen Holzkohlenstückchen aufgefangen und so
das Lagerfeuer entfacht, das sich nur in ausnahmswessen Fallen innerhalb
des Aussenzeltes, nämlich, wenn es draussen schneit oder stürmt, befinden
darf. Alles, das Entladen der Schlitten, Aufstellen der Zelte und die Zu-
848 Iden-Zeller:
bereitung der Mahlzeiten liegt den Frauen ob. Die Männer sitzen der-
weilen im Lager, rauchen ihre Pfeifen, sehen Schlitten und Riemenzeug
nach, bauen neue Schlitten, Schneeschuhe usw. und reinigen wohl auch
ihre Winchesterbichsen. Denn es sei gleich hier gesagt, dass die
russische Regierung wohl verboten hat, Schusswaffen an die Tschuktschen
zu verkaufen, dass trotzdem aber fast jedes Familienoberhaupt im Besitz
einer Büchse ist, und zwar fand ich überall das Winchestersystem, altes
Kaliber. Die amerikanischen Walfischfanger verhandeln sie en masse
an die Küstentschuktschen, die sie im Zwischenhandel dann an die
Tschautschus in den Bergen weitergelangen lassen.
Die Zelte der Tschuktschen bzw. Tschautschus sind aus gegerbtem
Rentierfell, haben ein weisslich-graues Aussehen „und weichen in ihrer
Form hier und da voneinander ab. Jedenfalls sind sie nicht mit den
Zelten der Tungusen und Lamuten vergleichbar, sind auch nicht absolut
rund und nach oben konisch verlaufend wie die Zelte der nordamerika-
nischen Indianer, sondern präsentieren sich breit, ausladend mit durch
das Innenzelt bedingten oft scharfkantigen Ausbuchtungen und sind eher
gewaltigen Bienenkörben vergleichbar. Um die Zelte vor dem Umstürzen
zu bewalıren, was bei dem auf der Tschuktschen-Halbinsel oft herrschen-
den Schneesturm, die Nomaden nennen ihn „Jojo“, leicht der Fall sein
könnte, gruppieren die Tschautschus alle ihre Lastschlitten um das Zelt,
und zwar stellen sie die Kufen direkt auf die Enden des Zeltleders.
Ausserdem wird rings um das Zelt ein kleiner Schneewall geschaufelt.
Die Tschuktschen an der Küste, die nur selten den Wohnplatz wechseln,
befestigen die Zeltenden mit Steinen, Treibholz und Walfischknochen.
Eine besondere Einrichtung der Tschuktschenzelte sind die Fell-Innen-
kammern, die gewöhnlich dem Eingang gegenüber vermittelst gekreuzter
Stäbe errichtet werden. Es ist meines Erachtens wohl die praktischste
Einrichtung, die wir bei arktischen Völkerschaften finden. Gewöhnlich
' 21/ m lang, 1 bis 2m breit und ebenso hoch, bieten sie vollkommenen
Schutz auch gegen die intensivste Kälte, so dass man sich eigentlich nich
‘darüber zu wundern braucht, dass die Tschuktschen in dieser Kammer
absolut nackt schlafen und sich nur mit ihren Kleidern, die sie tagsüber
tragen, zudecken, Männer sowohl wie Frauen, Buben und Mädchen.
Würde sich in diesem Innenzelt das Ungeziefer — Läuse —, von dem
die Tschuktschen ganz besonders heimgesucht sind und das sie kurzerhand
lebend verzehren, nicht ungewöhnlich bemerkbar machen, der Schlafraum
wäre fast ideal zu nennen. Diese Kammer ist eigentlich nichts weiter als
ein Würfel aus doppeltem Rentierfell, ohne Boden, dessen eine Seite
aufklappbar ist. Haare nach innen nach und aussen, aufgenäht noch ein
gegerbtes Sommerfell. |
Links und rechts vom Eingang halten zwei gekreuzte Stäbe die
Kanımer aufrecht. Der Boden wird ebenfalls mit Fellen ausgelegt. Vor
dem Eingang des Innenzeltes liegen einige Reisesäcke, gewöhnlich See-
hundsbälge, die mit ihrem verschiedenen Inhalt, Fellen, Zeugfetzen,
Kleidern, ein weiches Polster abgeben. Da und dort finden wir
zur Abwehr Unheil bringender Gottheiten, vor dem Eingang ins Innen-
Ethnographische Beobachtungen bei den Tschuktschen. 849
zelt, ebenfalls rechts und links Wolfsschädel, Bärenköpfe und Walross-
schadel.
Wir haben bei besonders heftigen Stürmen, wo es nicht möglich war,
an die Aufstellung der Aussenzelte zu denken, nur die Fellkammer ohne
weiteren äusseren Schutz als Unterkunft benutzt und auch in diesen
Fällen war es möglich, jedweder Kieidungsstücke während des Schlafes
zu entbehren. Da die Fellkammer, zusammengelegt, nur ein sehr geringes
Gewicht hat, steht auch ausser Frage, dass sie bei Expeditionen in ark-
tisches oder antarktisches Gebiet unschätzbare Dienste leisten könnte. Sie
würde das Mitnehmen von schweren Pelzschlafsäcken und Leinen- oder
Seidenzelten unnötig machen, und es wäre den Mitgliedern einer Expedition
möglich, nicht nur im Zelt zu schlafen, sondern auch zu arbeiten. Meines
Wissens wurde ein Versuch in dieser Richtung bisher nicht unternommen.
Ich für meine Person werde bei Reisen in der kalten Zone nur das
Tschuktschen-Innenzelt benutzen.
Das Hausgerät des .Tschautschus ist recht bescheiden. Ein oder
zwei eiserne Kessel, einige Mulden, primitiv aus Holz zurechtgeschnitzt,
verschiedene grosse und kleine, runde und . flache Lederbehälter, ein
runder Stein mit einer flachen Aushöhlung sowie der dazu gehörige Stein-
hammer, um kleine Knochen zu pulverisieren, einige selbstangefertigte zu-
sammenlegbare Kupferlöffel, ein oder zwei russische Teekannen, einige
Eimer aus Eisenblech, kleine viereckige, Fussbänken ähnliche Tischchen,
auf denen die Abendmahlzeit plaziert wird und eine mehr oder minder
grosse Anzahl von Porzellanteetassen, die teilweise von den Jahrmärkten
in Panteléicha und Markowo, teilweise aber auch von den die Bering-
strasse kreuzenden Walfischfängern zu den Tschuktschen kommen. Oft
sieht man Tassen aus feinstem chinesischem Porzellan in den Zelten, und
die Tschuktschen besitzen eine meisterhafte Geschicklichkeit, um zer-
brochene Tassen wieder gebrauchsfähig zu machen. Sie verbinden die
zerbrochenen Stücke durch Streifen von Weissblech, Kupfer oder auch
Blei und verleiben ihnen dadurch wieder eine fast unbegrenzte Haltbar-
keit. Zum allgemeinen Besitztum gehören dann noch die verschiedenen
Werkzeuge, die sie gebrauchen, um Schlitten und Zelt in Ordnung zu
halten, der Feuerbohrer, einige Fanggeräte und bei den Tschuktschen an
der Küste die verschiedensten Fischereiutensilien und alles nötige Material
zum Robben- oder Walfang, wie Frauenboote, Kajaks, Harpunen usw.
Ebenso führt jede Familie die Sommerkleider der einzelnen Personen mit
sich, die aus gegerbtem Sommerfell der Rentiere angefertigt werden.
Und in keinem Zelte fehlen die Hausgötter, plumpe Nachbildungen des
Menschen aus Holz, Knochen oder Walrosszähnen, die an einem Leder-
riemen aufgereiht sind und nur bei besonderen Gelegenheiten, Totenfeiern,
Opferfesten usw. in Aktion treten.
Das Familienleben der Tschautschus und Tschuktschen ist äusserst
herzlich. Der Verkehr zwischen Eltern und Kindern fast ideal zu nennen.
Ich kann mich nicht entsinnen, je ein eigentlich scharfes Wort, das den
Kindern galt, vernommen zu haben. Von Schlägen überhaupt nicht zu
reden. Vater und Mutter wetteifern eigentlich in dem Bestreben, die
$5 Iden-Zeller:
Kinder zu verhätscheln. Man lässt sie auf der einen Schulter oft stunden-
lang rittlings reiten, übt mit ihnen, wenn sie in entsprechendem Alter
sind, Ringkampf, Wettlauf, Hoch- und Weitsprung und bereitet sie in
aller Güte für den schweren Beruf des nordasiatischen Nomaden vor. Die
Polygamie hat unter den Tschuktschen und Tschautschus, wohl eine Folge
der allgemeinen Armut, wenig Anhänger, die meisten von ihnen leben
monogamisch. Aber auch in jenen Fällen, wo zwei Frauen das Regiment
führen, bleibt die Ehe meist harmonisch. Muss notwendigerweise einmal
ein Rasttag eingefügt werden, weil vielleicht Rentiere geschlachtet
wurden, Bekannte zu Besuch erschienen oder eine Entbindung zu er-
warten steht, so ist das natürlich ein allgemeiner Feiertag. Sehen wir
uns diesen Tag einmal genauer an. Die Karawane ist am Abend nach
zwölfstündiger Schlittenfahrt am Fusse eines Passes in den Tschaunbergen
angelangt. Die Tiere sind auf der Weide, die Zelte bereits aufgerichtet.
Vor den Zelten brennen die Lagerfeuer, und rund um die Feuer sitzen
mit untergeschlagenen Beinen die Tschuktschen. Sie reichen ihre Pfeifen
dem Nachbar, der einen tiefen Zug tut, geben sie vielleicht einem Zweiten
und Dritten und stopfen sie wieder. Sie lachen sehr viel und suchen sich
in ihren Erzählungen zu überbieten. Jede besondere Pointe wird mit
einem langgedehnten ka-ko-mä, dem Ausruf des Erstaunens, begleitet.
etwas weniger wichtiges durch ein kurz hervorgestossenes ko bestätigt.
Eine Unterhaltung entwickelt sich dann weiter wie folgt:
Erzähler: Ich sah auf unserem Wege Spuren von Bären.
Zuhörer: Du sahst Spuren von Bären.
Erzähler: Und verfolgte diese Spuren.
Zuhörer: Und verfolgtest diese Spuren usw.
Ist die Erzählung zu Ende und hat sie Eindruck hervorgerufen, so
folgt ein lautes, gedehntes ka-ko-mä der gesamten Korona. Die Frauen
sitzen unterdessen vor dem Eingang der Zelte, ihre Kleidung ist bis zu
den Hüften abgestreift, eine Gewohnheit, die, wenn sie arbeiten, strikt
eingehalten wird, auch bei intensiver Kälte. Ihre Brüste sind zumeist
stark entwickelt, bei Frauen im Alter von 30 und 35 Jahren aber schon
welk und herabhängend. Sie lieben besonders grosse Brüste und wenn
wir zusammen im Freundeskreise sassen, kam es oft vor, dass die Mutter
ihrem zehn- bis zwölfjährigen Töchterchen vor den Augen aller Männer
die Brüste knetete und herunterzog, um sie recht gross werden zu lassen.
Die Männer lachten dann behaglich und fanden alles in schönster Ord-
nung. Inzwischen ist die Dunkelheit hereingebrochen, jeder verfügt sich
in sein Zelt, klopft sich im Aussenzelt mit einem eigens dazu bestimmten
Stück Geweih den Schnee von der Kleidung, und besonders von den
Schuhen, und kriecht dann in die Fellkammer, wo er sich zunächst seines
Rockes und seiner Fellschuhe entledigt. Rechts sitzen Vater und Mutter,
links die übrigen Familienmitglieder. Ein junges Mädchen hat gewöhn-
lich im Aussenzelt Küchendienst. Die Männer und Buben haben also nur
ihre Fellhosen an, die durch einen um die Hüften geschlungenen Riemen
festgehalten sind, im übrigen bleiben sie nackt. Die Frauen und Mädchen
entledigen sich ihrer Fellhemdhose bis zu den Hiiften. Mutter sorgt fiir
Ethnographische Beobachtungen bei den Tschuktschen. 851
die Tranlampe, die ein triibes Licht verbreitet. Jeder sitzt mit unter-
geschlagenen Beinen vor seinem kleinen Holztaburett. Endlich kommt
in einem schmutzigen Holztroge die Abendmahlzeit: Blutsuppe mit selbst-
bereitetem Knochenmehl und Fettstückchen. Weiter ein grosses Stück
Rentierfleisch, ohne Salz in kochendem Wasser zubereitet und einige
Rentierzungen, auf dieselbe Art hergerichtet. Das Fleisch nimmt Mutter
in Beschlag, die jedem sein Stück zuteilt. Erst wird aber die Suppe ver-
tilgt. Jeder greift mit seiner schmutzigen Hand in die Mulde und sucht
von der Suppe festen Bestandteilen noch etwas zu ergattern. Das andere
wird mit der hohlen Hand herausgeschöpft; nur Vater darf seinen Kupfer-
löffel benutzen. Mutter, die derweilen sämtlichen Strimpfen der Familien-
mitglieder wieder Geschmeidigkeit verlieh, indem sie sie nacheinander,
besonders die Sohlen, gut durchkaute und sie dann über die Tranlampe
zum Trocknen aufhing, händigt jetzt jedem von uns ein Stück Fleisch
aus, das wir ohne viele Umstände an einem Zipfel in den Mund nehmen
und dann, indem wir mit unserem Messer direkt vor dem Munde Stück
für Stück abschneiden, langsam verzehren. Auch die Rentierzungen
werden verteilt, sie sind auch in der einfachen Zubereitung recht schmack-
haft und saftig. Natürlich ist das Menu verschieden. Nicht immer gibts
Fleisch vom Rentier. Oft sind es nur kümmerliche Fragmente vom See-
hund oder vom Walross. Beliebt ist auch bereits im Zustande der Ver-
wesung sich befindendes Walrossfleich. Ferner kommt zuweilen der grün-
liche Mageninhalt des Rentiers auf den Tisch, auch sind Schnitzel aus
gehacktem, rohen Rentierfleich, verbunden mit dem rohen Mark von
Beinknochen der Rentiere sehr beliebt. Ich empfehle dieselbe als ganz
besondere Delikatesse. Ist man in der Nähe von Flüssen und Seen, bildet
Fisch die Hauptnahrung, und kommt man an die Meeresküste, so tritt an
Stelle von Rentierfleisch und Fisch die Robbe. Oft genug ist aber weder
das eine noch das andere zu haben, dann genüzt wohl auch ein krepierter
Hund, eine Suppe aus Kräutern und Wurzeln und ein Gemengsel von ge-
stossenen Knochen. Zu jeder Mahlzeit aber gehört Tee, und zwar ver-
wenden die Tschuktschen nur russischen Ziegeltee, der ohne jedwede
weitere Zutat getrunken wird. Ist man im Besitz von Zucker, besonders
beliebt ıst der russische Hutzucker, den sie beim Jahrmarkt in Pante-
leicha einhandeln, so wird auch Zucker zum Tee gereicht, aber Mutter
geht äusserst sparsam damit um. Haben wir also zur Nacht gegessen,
uns die Finger genügend vom triefenden Fett gereinigt und das andere
an die Hosen geschmiert, wird in den schon beschriebenen Tassen der
Tee serviert. Das Aufstossen nach der Mahlzeit, rülpsen, gehört zum
guten Ton und wird beifällig aufgenommen, auch wenn jemand starke
Blähungen hat, braucht er sich durchaus nicht zu genieren, im Gegenteil,
er darf im voraus der Zustimmung versichert sein. Vater hält es auch
heute wie sonst mit seinen Gepflogenheiten. Er spuckt zuweilen aus und
Mutter hält ihm die hohle Hand zu diesem Zwecke unter den Mund. Der
Speichel wandert von Hand zu Hand, bis ihn der der Felltür zunächst
Sitzende hinaus befördert. Es wird abgeräumt; das übriggebliebene Fleisch
wird zur Morgenmahlzeit aufbewahrt. Mutter reinigt die Tassen, die sie
852 Iden-Zeller:
nacheinander sorgfältig ausleckt, dann in schmutzige Lappen wickelt un.
schliesslich in einem vor Schmutz starrenden Holzkasten unterbringt. Nun
wird die Speiseschüssel zum zweitenmal vom Aussenzelt hereingereicht,
-und zwar von einem jungen Mädchen, das uns jetzt bittet, in diese Schüssel
zu urinieren. Als ich ihr die Schüssel zurückreiche, sagt sie, halb er-
staunt, halb belustigt: kakoi malinki (wie wenig). Es wird übrigens nicht
in allen Haushaltungen der Essnapf auch zugleich als Nachtgeschirr be-
nutzt. Ich beobachtete diese ekelhafte Gepflogenheit nur da und dort.
Der Urin wird im Aussenzelt auf Schnee gegossen und dient anderen
Tags zum Einfangen der Rentiere. Nun wird die Tranlampe gelöscht
und bald verrät lautes Schnarchen, dass alle ım tiefsten Schlafe liegen.
Nur die junge Schwiegertochter meines Wirtes wirft sich unruhig hin und
her, sie fässt nach meinen Füssen und beginnt plötzlich meine Fusssohlen
recht intensiv zu kitzeln. Ich ziehe verärgert die Beine an den J.eib und
schlafe schliesslich ein. Am nächsten Morgen erzählt mir der Gatte dieser
Schönen halb entrüstet, dass seine Frau mit mir hätte schlafen wollen.
Das Kitzeln der Fusssohlen ist nämlich der erste ehrbare Annäherungs-
versuch. Dabei will ich: gleich noch bemerken, dass jeder, der das Zelt
eines Freundes oder Bekannten betritt und die Absicht hegt, über Nacht
zu bleiben, die Frau oder die Schwiegertochter des Gastgebers für die
Nacht begehren kann und damit dem Freunde nur eine Ehre erweist.
Refüsiert jemand eine ihm angebotene Frau, so setzt er sich von vorn-
herein in Misskredit. Morgens, nach eingetretener Helligkeit, wird wiederum
im Innenzelt Tee gereicht, dazu werden die vom vorangegangenen Abend-
brot übriggebliebenen Fleischstücke kalt serviert. Wir haben Raststag,
es wurde also schon etwas länger wie sonst geschlafen. Meine Zelt-
genossen waschen sich zur Feier des Tages — heute wie sonst — in
Urin. Dann geht einer von ihnen mit dem Lasso zur Rentierherde,
sucht sich ein passendes Schlachttier aus, wirft ihm mit geschickten Wurf
die Schlinge um den Hals und bringt es so vors Lager. Ein anderer
Tschuktsche steht schon mit einem Messer bereit, sucht mit kritischem
Blick die Stelle des Herzens und stösst dem Tier das Messer bis ans
Heft ins Herz. Wir alle wohnen dieser Handlung bei. Mutter ist schon
damit beschäftigt, dem zusammengebrochenen Tier die Hand in die Wunde
zu legen und das noch warme Herzblut wird sorgfältig in einer Holz-
mulde gesammelt, vorher aber bekommt jeder der Umstehenden einige
Blutstreifen über Stirn und Wangen, unsere Zeltwand wird mit Blut-
streifen dekoriert und auch unsere Kinder erhalten vom warmen Herzblut:
damit Segen auf uns ruhe, jeder von uns viele Rentiere habe und der
Böse fernbleibe. Das Tier wird dann kunstgerecht zerlegt und grosse
Stücke Fleisch werden im Eimer gar gekocht. Sind viele Tschuktschen
beisammen und schlachten verschiedene Familien, so kommen die Tschukt-
schen aus dem Essen nicht heraus. Jeder besucht dann den andern und
isst dann dabei so viel, als er irgendwie vertragen kann.
Gegen Mittag werden dann Spiele veranstaltet, Gesang und Tanz.
Der grosse Gelehrte Adolf Erik Nordenskiöld hat in seinen Berichten
über die Vegafahrt auch den Tanz der Tschuktschen erwähnt. Da ich
Ethnographische Beobachtungen bei den Tschuktschen. 853
seinen Beobachtungen nichts hinzuzufügen habe, so zitiere ich ihn hier
wörtlich:
„Zwei von ihnen stellen sich dabei einander gegenüber, legen sich
gegenseitig die Hände auf die Schultern, wiegen sich abwechselnd nach
den Seiten hin, hüpfen, ohne sich vom Fleck zu rühren, von einem Fuss
auf den anderen, tun auch manchmal mit gleichen Füssen einen Sprung
vor- oder rückwärts und schwingen sich einmal herum, wozu sie den Takt
singen oder vielmehr grunzen. Nehmen mehrere Weiber oder Kinder am
Tanze teil, so stellen sie sich in eine Reihe auf, stimmen einen eintönigen,
sinnlosen (?) Gesang an, springen im Takte auf und nieder, verdrehen
die Augen und werfen sich mit krampfartigen Bewegungen, die augen-
scheinlich Wollust und Schmerz bezeichnen sollen, bald nach rechts, bald
nach links.“
Auch ein Wettrennen mit Rentieren wurde veranstaltet. Eine Strecke
von einigen Kilometern wurde abgesteckt und der Startplatz festgelegt.
Das Ziel lag vor unseren Zelten und war durch eine Stange kenntlich ge-
macht, die an ihrer Spitze die Trophäe für den Sieger trug: ein beson-
ders schönes und grosses Stück Rentierfleisch Wir begaben uns alle
mit unseren kleinen, mit zwei Rentieren bespannten Schlitten zum Start-
platz und unter lautem ho-ho-ho jagten wir auf ein gegebenes Zeichen
Jem Ziel entgegen. Der Sieger muss dabei, wenn er das Ziel passiert,
im schnellsten Fahrttempo die Trophäe von der Stange herunterholen.
Da es ihm aber nur um die Ehre zu tun ist, Sieger zu sein, wird das
Fleisch gemeinschaftlich verzehrt. |
Ein solcher Feiertag wird dann gewöhnlich mit einem grossen Fest-
essen beschlossen und dabei vergisst man auch nicht, den Göttern zu
opfern. Vor dem Mahl werden Fettstückchen in den Schnee gegraben,
gerade gegenüber dem Zelteingang, damit die Rentiere während des
ganzen Jahres genügend Futter finden. Hinter dem Zelt wird ein grosses
Feuer entfacht und um dieses herum placiert man die Hausgötter, die
sonst in einem elenden, schmutzigen Kasten ein lichtloses Dasein führen.
Sind die Speisen angerichtet, erhält jeder Gott eine Probe. Der hölzerne,
kunstlos geschnitzte Mund trieft ordentlich von Fett. Erst nachdem die
Götter gesättigt, ist es den Gästen erlaubt, sich niederzusetzen, und wenn
«draussen das Feuer langsam verflackert, beginnt innen die Schmauserei.
Man kann von den Tschuktschen nicht gerade behaupten, dass sie
religiöse Schwärmer sind, aber sie verrichten ihre heiligen Handlungen
mit stiller Würde. Das Feuer ist ihnen die Hauptgottheit, doch haben
sie auch Gottheiten in Strömen, in der Erde, auf einigen Bergen, und die
Gottheit des Sees benennen sie selbst mit Itjaken kamak. Auch Sonne,
Mond und Sterne sind ihnen heilig, ebenso das Rentier. Als ich bei
äusserst stürmischem Wetter mit zwei Tschuktschen in einem Segelboot
«ie Koljutschinbucht kreuzte, und wir in Gefahr gerieten, zu kentern,
schrieen sie mir beständig zu, dass der Itjaken kamak mit mir unzufrieden
sei und forderten mich auf, Fleischstücke ins Meer zu werfen, um den
Gott zu beruhigen. Der Schamane (Geisterbeschwörer) spielt bei ihnen
wohl eine Rolle, ist aber nicht sonderlich geachtet, nur gefürchtet. Ich
554 Iden-Zeller:
entsinne mich eines eigenartigen Vorkommnisses, das ich mit der Sonnen-
anbetung in Verbindung bringe. Seit mehreren Tagen hatte ich Schmerzen
im Unterieib empfunden. Unser Karawanenführer, dem ich zugleich als
Knecht diente, versprach mir daraufhin, mich von den Schmerzen zu be-
freien. Er liess sich von mir meine Handschuhe geben, verneigte sich
einige Male stumm vor seiner Frau, ging dann zuerst allein aus dem Zelt.
verneigte sich vor der Sonne und hielt ihr eine Ansprache, legte die
Handschuhe dann im Kreuzeszeichen auf den Schnee, verneigte sich aber-
mals vor der Sonne und kam dann wieder ins Zelt, um mich zu holen.
Nachdem er nochmals mit den Handschuhen den Boden berührt, musste
ich mich auf derselben Stelle einige Male langausgestreckt wälzen und.
als ich aufgestanden, mich dreimal vor der Sonne verneigen, Dann gab
mir mein Wirt und seine Frau die Hand und beide waren fest überzeugt,
dass ich von allen Schmerzen befreit sei. Dass es nicht der Fall war,
brauche ich eigentlich nicht besonders zu erwähnen. Einen krassen Fall
abergläubischer Furcht konnte ich beobachten, als ich mich bei den
Tschuktschen an der Eismeerküste befand. Ich hatte von meinen täg-
lichen Fleischrationen eine kleine Quantität Rentierfett zurückbehalten
und da ich auch Eier von Polarenten gesammelt hatte, gedachte ich
meinem Menü eine europäische Eierspeise einzufügen, umsomehr, als ich
auch ein Stück altes Eisenblech im Besitz hatte, dem ich provisorisch die
Form eines Tiegels gegeben hatte. Ich hatte das Fett bereits im Tiegel
und stand im Begriff, die Eier auszuschlagen, als ein alter Tschuktsche
mein Tun beobachtete. Der Bruchteil einer Minute brachte das ganze
Lager in Aufruhr. Man nahm eine äusserst drohende Haltung gegen mich
an und riss mir Fett und Eier förmlich aus den Händen. Erst später
kam die Erklärung: Sie glaubten, dass der Vogel, welcher die Eier ge-
lest, kommen würde, um sämtliche Rentiere in die Lüfte zu entführen.
Dem Tode bringen sie eine ausserordentliche Furcht entgegen. Sind
nämlich mehrere Todesfälle bei den Tschuktschen an der Eismeerküste
zu verzeichnen. so brechen sie" Hals über Kopf ihre Zelte ab und suchen
sich einen anderen Lagerplatz, selbst wenn der eben verlassene noch so
günstig lag. Ja, damit nicht genug, sie lassen in der Eile des Abzuges
oft auch Dinge zurück, die für sie von Wert sind. Man findet zwischen
Tschaun- und Koljutschin-Bucht unzählige dieser verlassenen Zeltplätze,
oft schon unter Schutt, Geröll und Treibholz begraben. Dieser Umstand
mag auch wohl Nordenskiöld zu der irrtümlichen Annahme veranlasst
haben, dass es sich bei all diesen: Plätzen um Überreste aus der Existenz
der Onkilons handle. Von mir glaubten die Tschuktschen, dass ich den
Tod sehen könne. Ich wurde oft gebeten, in den Zelten Umschau zu
halten, ob sich etwa der Tod eingenistet habe. — Mehrere Tage lang
schleppte ich einen Sack mit mir herum, welcher einige vorzüglich er-
haltene Schädel von Tschuktschen enthielt, die ich einer Begräbnisstätte
entnommen hatte. Ich wollte dieselben mit nach Berlin bringen, konnte
den Plan aber nicht ausführen, weil man auf den Inhalt des Backes auf-
merksam wurde und man mich zwang, die Schädel wieder niederzulegen,
wo ich sie gefunden hatte.
Ethnographische Beobachtungen bei den Tschuktschen. §55
120 Tage bin ich als Knecht der Tschautschus mit ihnen über die
Tundra und durch die Tschaunberge gezogen, wir litten oft verzweifelt
-~ unter dem Hunger, dennoch hatte ich wenig Gelegenheit, mit Kranken in
_ Fühlung zu kommen. Während ich noch an den Ufern der Kolyma auf
Aussätzige (Lepra tuberosa) stiess und fast die halbe Urbevölkerung an der
. Kolyma aus Syphilitikern bestand, ich auch unter Jukagiren und Lamuten
. noch zahlreiche Fälle von Hungertyphus und Skorbut verzeichnen konnte,
schienen die Tschautschus von all diesen Übeln befreit zu sein. Einer
eigentümlichen Krankheitserscheinung begegnete ich An vielen Zelt-
niederlassungen an der Eismeerküste, Frauen waren da regelmässig die
Patienten. Sie litten ausnahmslos an überaus starken Anschwellungen
der oberen oder unteren Gliedmassen, die als Begleiterscheinung ent-
setzliche Geschwüre im Gefolge hatten. Verbände wurden nicht angelegt.
Die Kranken lagen meist apathisch in den Zelten. — Auch ein Fall von
Päderastie wurde mir bekannt. Ein junger, etwa 25 jähriger Tschuktsche
sollte mich mit einem Segelboot über eine Bucht bringen. Er verlangte
dafür, sich an mir geschlechtlich betätigen zu dürfen. Eine Tracht Prügel
belehrte ihm indes bald eines Besseren. Die Tschuktschen gehen rapid
dem Untergang entgegen. Allerdings ist die Geburtsziffer bei ihnen sehr
niedrig und steht durchaus nicht im Verhältnis zur Totenliste. Aber ich
glaube, es liegt nur eine Verschleierung von Krankheitsfällen vor, und
durch die Sitte, unheilbar Kranke einfach zu erdrosseln, wird die Kranken-
liste ohnedies schon beschränkt. Sieht die Familie, dass alle Kunst des
Schamanen vergeblich ist, dass auch die Beschwörung der Gottheiten durch
ein Familienmitglied, die direkt am Lager des Kranken unter stunden-
langem Anschlag des Jarars (der Schamanentrommel) stattfindet, ohne
Erfolg bleibt, wird die Exekution beschlossen. Sobald der Kranke in
Schlummer verfallen ist, kniet man an seinem Kopfe nieder, legt diesen
behutsam auf das Knie und schnürt dann mit einem schmalen Leder-
riemen die Kehle zu. Nach erfolgtem Tode wird die Brust geöffnet und
die Gurgel durchschnitten.
Noch am selben Tage wird der Leichnam, eingehüllt in Felle, mit
einem Rentierschlitten nach einem Bergplateau gebracht und dort ohne
weitere Zeremonie, lang ausgestreckt, auf den Boden niedergelegt, voll-
kommen nackt, den Kopf nach Nordost, die Füsse gen Südwest. Der
Schlitten, welcher den Toten führte, wird zerhackt, die Rentiere, welche
den Leichnam nach oben brachten, getötet und einige Partien ihres
Fleisches in Streifen geschnitten, mit denen der Körper des Toten deko-
riert wird. Unter den Kopf des Verblichenen placiert man einen Stein,
ebenso ist eine Steinumgrenzung in Form eines Rechtecks um den Leich-
nam üblich. Ein kleiner Napf mit Wegzehrung für den Toten auf seiner
Reise ins Jenseits wird an der Begräbnisstätte zurückgelassen, ebenso
bleiben einige Gegenstände, die „der Tote bei Lebzeiten unentbehrlich
fand, insonderheit seine Pfeife, sein Messer usw. auf der Schädelstätte.
Die Leiche ist in allen Fällen eine gute Beute für Raubtiere. Und was
der Tote in der Gemeinschaft der Lebenden auch immer war und be-
deuten mochte, sein Name ist mit seinem Hinscheiden vollkommen aus-
856 Iden-Zeller: Ethnographische Beobachtungen bei den Tschuktschen.
geléscht und our mit geheimem Grauen betritt ein Tschuktsche den Ort.
der die seelenlosen Hüllen seiner Weggenossen aufnimmt und wo sich
nächtlicherweile Raubtiere der Lüfte, der Tundra und der Berge zu fest-
lichem Mahle niederlassen.
Die Tschuktschen an der Eismeerküste verfahren noch liebloser mit
ihren Toten. Sie überlassen sie einfach den morastigen Gründen der
Tundra und niemals mehr gilt ihnen der herzliche Zuruf der Tschuktschen
Je-tik (kommst du?),
mit dem sie jeden Lebenden begrüssen. Nur die Polareule sitzt in ein-
samen Nächten auf dem in Verwesung übergehenden Leichnam und putzt
sich in Ruhe und Gleichgültigkeit ihr Gefieder.
EEE
a nr en, ce zz
lll. Literarische Besprechungen.
J. G. Frazer: The golden bough Part II Taboo and the perils of the
her Part III The dying god, London 1911.
Diese Fortsetzung des grossen Frazerschen Werks behandelt die Tabu-
sebräuche in ihrer Beziehung zum Seelenglauben und dem primitiven Priester- und
Königtum. Der Verfasser betrachtet sie als Isolatoren, um die spirituelle Kraft der
Könige und Priester vor dem Kontakt mit der Aussenwelt zu schützen, da diesen
.„Gottmenschen“ die Sorge für den regelmässigen Verlauf der Naturerscheinungen
obliegt. Hieraus entwickeln sich dann die unzähligen Regeln und Vorschriften für
Abwehr des Unheils, das die Seele des Menschen überhaupt betreffen kann. Auch
Begrüssungszeremonien, Speiseverbote, Namen und Wortaberglaube werden unter
diesem Gesichtspunkte betrachtet.
Das zweite Werk Part III beantwortet die Frage, warum der göttliche König
von Nemi von der Hand seines Nachfolgers den Tod zu erleiden hat. Es handelt
sich um Erneuerung des alten Vegetationsgottes, der durch den jungen ersetzt wird,
wodurch die Erneuerung der Naturphänomene gewährleistet wird. Dies führt zur
Erörterung des religiösen Königsmordes bei bestimmten Festen. Reste davon
fanden sich bei den babylonischen Sacaeen, in den Karnevalsgebräuchen, den Riten
des Tod- und Winteraustreibens. Auch der Mythus vom Drachenkampf wird damit
in Verbindung gebracht. Ob es wirklich möglich ist, die unzähligen Parallelen aus
allen Erdteilen in ein einziges Schema zu zwängen, bleibe dahingestellt, ebenso
wie die Richtigkeit mancher mythologischer Deutungen, wie z. B. die Herleitung
der griechischen Drachensagen von Wappentieren alter Könige (S. 105 ff.); das wert-
vollste ist auch hier wieder das überreiche, vortrefflich geordnete Material an tat-
sächlichen Belegen. P. Ehrenreich.
George Grant Maccurdy. A Study of Chiriquian Antiquities.
Memoirs of the Connecticut Academy of Art and Science. Vol. III.
March 1911. — New Haven, Connecticut. Yale University Press 1911.
249 Seiten und 49 Tafeln Grossquart (darunter eine Anzahl farbiger).
Es ist mit Freude zu begrüssen, dass der Formenschatz der grossen umfang-
reichen Sammlung von Chiriqui-Altertiimern der Yale University in guten Kopien
dem allgemeinen Studium zugänglich gemacht ist. Für die Wiedergabe ist Feder-
zeichnung angewandt worden. Das hat den Vorzug, dass die über eine gerundete
Fläche sich verteilenden Ornamente dentlicher herausgebracht werden können.
Dagegen ist die Federzeichnung nicht imstande. der Natur des Materials, dem Korn
des gebrannten Tones usw, so gerecht zu werden, wie es mit der Photographie
möglich ist. Eine Anzahl Gegenstände ist farbig reproduziert worden. Die Heraus-
gabe und insbesondere die reiche Hlustrierung ist durch die stets hilfsbereite Opter-
Zeitschrift für Ethnologie. Jahrg. 1911. Heft A 55
858 Literarische Besprechungen.
willigkeit der Frau Evelyn Maccurdy Salisbury ermöglicht worden. Die
Wissenschaft wird ihr dafiir Dank wissen.
In der Einleitung gibt der Verfasser zunächst einen historischen Cberblick.
beschreibt nach den Berichten der verschiedenen Reisenden, den Ort und die Art
der Gräberfelder und versucht, die ethnische Zugehörigkeit der alten Bewohner der
Chiriqui-Gegend festzustellen. (ber die ethnischen Zusammenhänge haben sich
nun allerdings unsere Ansichten durch die Ergebnisse der Reisen und Studien
Dr. Lehmanns etwas geändert. Es wird danach wohl auch die Darstellung des
Verfassers in einigen Punkten zu berichtigen sein. Die Guétar, die alten Bewohner
des innern Costa Rica, gehören nicht, wie Brinton annahm, zu den Mangue, der
Urbevölkerung der zentralen Gebiete Nicaraguas. Und die ethnische Grenze zwischen
Nord- und Süd-Amerika liegt nicht, wie derselbe Autor, und wie auch der Referent
früher annahm, in dem Grenzgebiete von Costa Rica und Nicaragua. Die süd-
amerikanischen Beziehungen und die sprachliche Verwandtschaft mit der Chibcha-
Gruppe gehen an der atlantischen Seite viel weiter nach Westen und scheinen sich
bis in das östliche Guatemala zu erstrecken.
In der Einteilung und Beschreibung der Sammlungen schliesst sich der Ver-
fasser im wesentlichen an die klassische Arbeit von William H. Holmes in dem
6th Annual Report of the Bureau of Ethnology, der die Sammlung des National-
museums in Washington zugrunde liegt, an. Für die erste, zahlreichste Gruppe.
die unbemalte, und wie es scheint, ausschliesslich für die Grabausstattung bestimmte
Gefässe umfasst, die Holmes als terracotta- oder biscuit-group bezeichnet.
schlägt Maccurdy den Namen armadillo-group vor, weil das Gürteltier oder
einzelne Teile des Tieres oder Verzierungselemente, die aus diesen entstanden sind. anf
den Gefässen dieser Klasse viel verwendet werden. In ähnlicher Weise möchte er
den Namen für die zweite Klasse, die Holmes black incised group nennt, in
serpent group ändern, weil es zumeist Schlangenfiguren oder deren Aquivalente
sind, die in weiss ausgefüllten Linien und Punkten auf den Gefässen dieser Klasse
dargestellt sind.
Von den Klassen der bemalten Gefässe glaubt Mac Curdy die scarified-
group mit der maroon-group Holmes’ in nähere Verbindung bringen zu müssen.
Darin hat er wohl Recht. Zwar umfasst die erstere Gruppe plumpe, dickwandige.
die letztere Gruppe feingearbeitete, dünnwandige Giefässe von gefälliger Form, aber
das Material ist eigentlich in beiden Klassen durchweg gleichartig und Maccurdy
weist Zwischenformen auf: Gefiisse der kastanienbraunen Klasse, die die Strich-
narben der scarified-group zeigen. Auf die Verwandtschaft der handled-group
und der tripod-group — jener charakteristischen Gefässe, die auf hohe Fisse
gesetzte Schalen mit rundem Boden darstellen, — hat schon Holmes aufmerksam
gemacht. Da bei einer grossen Zahl von Gefässen dieser zweiten Gruppe die Füsse
die Gestalt von Fischen haben, deren breites queres Maul das obere Ende des
Fusses bildet, während die Schwanzspitze das Bodenende darstellt, nennt Maccurdy
diese (ruppe die fish-group. Für die eigenartig verzierten Gefässe der lost color
group Holmes’ — die auf hellgelblichem oder dunkelrot bemaltem Grunde schwarze
Flächen aufweisen. auf dem Ornamente in der hellgelben oder dunkelroten Farbe
des Grundes sich abzeichnen, — erklärt Maccurdy sicher richtig als ein negative
painting, vergleichbar dem Verfahren wie es noch heute in San Salvador und
Guatemala bei der Bemalung von Calebassen geübt wird. Diese besteht. wir
Hartmann beschreibt, darin, dass die Ornamente zunächst mit fliissigem Wachs
aufgetragen werden, und darnach das Gefiiss in einem Absud gekocht wird, der
den nicht mit Wachs überzogenen Flächen eine tiefschwarze Farbe erteilt. dic
Ornamente dagegen nach dem Abschmelzen des Wachses in der hellen Farbe der
Calebasscnobertliche hervortreten lässt. Die interessantesten Gruppen sind die
letzten beiden, die Holmes die Alligatorgruppe und die polychrome Gruppe
nennt. Maccurdy akzeptiert die von Holmes aufgestellten Formenreihen, die von der
natürlichen Tierform durch Vereinfachung und Auflösung in die Elemente zu reir
geometrischen Verzierungen führen. Er selbst hat in ähnlicher Weise die Gürteltier
Literarische Besprechungen. 859
verzierungen der ersten Tonwarenklasse behandelt und fiihrt uns rein geometrisch
angeordnete Verzierungen vor, deren Elemente aus dem Giirteltierauge und dem
(zürteltierschwanze bestehen. Von den sehr seltenen polychromen Gefässen, deren
Besonderheit in der Verwendung eines purpurgrauen Tons neben dem Rot, Gelb
und Schwarz besteht, bildet Maccurdy ein paar prächtige Stücke ab. Ich halte
diese Gefässe für Import, für Stücke, die der form- und farbenreichen Töpferei von
Nicoya angehören.
Ein nicht unwesentlicher Teil des Buches ist schliesslich der Metalltechnik
gewidmet, den Kupfer- und Goldfiguren, durch welche die Landschaft von Chiriqui ja
vor allem berühmt geworden ist. Mac Curdy hat ausser den Stücken der Sammlung
der Yale University noch andere Sammlungen und die aus dem benachbarten
(rebiete des Rio General in Costa Rica stammenden Stücke herangezogen und gibt
in guten Abbildungen eine ziemlich vollständige Übersicht der Figurentypen, denen
zum Schluss noch ein paar interessante und seltene Stücke, Schmuckplatten aus
Goldblech angefügt werden. Im ganzen wird das Werk seinen Zweck voll erfüllen,
einem weiteren Kreise das Studium dieser Altertümer und ihrer interessanten
Forrnenreihen zu ermöglichen.
Eduard Seler.
Marshal H. Saville. Contributions to South American Archaeo-
logy. The George G. Heye Expedition.
Vol.I. The Antiquities of Manabi, Ecuador Preliminary
Report New York 1907. (135 S. Grossquart, mit 55 Tafeln und
9 Textbildern.)
Vol. Il. The Antiquities of Manabi, Ecuador. Final Report.
New York 1910. (284 S. Grossquart, mit 114 Tafeln und 17 Text-
figuren.)
In dem einleitenden Abschnitte des ersten Bandes weist der Vf. darauf hin,
dass in dem ganzen, der Nordgrenze des eigentlichen Peru im Norden vorgelagerten
Gebiete in systematischer, Weise noch gar nicht und überhaupt nur sehr wenig
archäologisch gesammelt worden sei, und daher unsere Kenntnisse von den Alter-
tümern dieser Gegend nur sehr mangelhafte seien. Und doch gäbe es dort, auf
dem Hochlande, bis Popayan mindestens vicr verschiedene Kulturen, die der
Cañari in den Bergen von Azuay, die der Puruha in der Gegend von Riobamba,
die der Cara in Quito und endlich die der Caranqui in Imbabura, während an
der Küste die alten Bewohner der Provinz Manabi eine sehr bemerkenswerte eigen-
artige Kultur geschaffen hätten, denen sich im Norden und Süden andere vielleicht
verwandte, aber doch selbständige Kulturen anschlössen. Diese Bemerkungen sind
richtig. Man muss in der Tat Herrn George H. Heye ganz besonders dankbar
sein, dass er die für solchen Zweck erforderlichen ganz bedeutenden Mittel bereit
stellte, um durch wiederholte Expeditionen möglichst vollständiges archäologisches
Material aus diesen Gegenden zusammenzubringen; wie man ihm andererseits Glück
wünschen kann, dass er für diese Aufgabe Prof. Saville gewonnen hat, der prak-
tische Erfahrung, Energie und Umsicht mit den nötigen fachmännischen Kenntnissen
in der wünschenswertesten Weise verbindet.
Die erste Expedition wurde im Sommer 1906 unternommen und ging nach der
Provinz Manabi. Über die damals erlangten Sammlungen und wissenschaftlichen
Resultate gibt der erste Band Bescheid. Er wird als ein „vorläufiger Bericht“ be-
zeichnet, weil für die beiden folgenden Sommer (1907 und 1908) neue Expeditionen
nach demselben Gebiete geplant waren, die durch systematische Ausgrabungen das
archäologische Bild wissenschaftlich fundieren und vervollständigen sollten. Über
die Resultate dieser zweijährigen Kampagne gibt der zweite Band Aufschluss. Eine
dritte Reise wurde von Saville im Sommer 1910 nach dem Hochlande von
SN
860 Literarische Besprechungen.
Ecuador unternommen. Die Ergebnisse dieser Expedition werden in einem dritten
Bande behandelt werden |
Die Provinz Manabi zerfällt klimatisch und ökologisch in zwei sehr ver-
schiedene Zonen. Die Kreidekalkplatten, die nach der See überall in hohen Bar-
rancos abfallen, und die niedrigeren Hügel näher der Küste sind trocken und regen-
arm. Das nötige Trinkwasser verschafften sich die alten Bewohner der Provinz.
indem sie tiefe Schachtbrunnen in den lebendigen Fels bis zu den unterirdischen
Wasserläufen trieben. Die höher aufragenden Hügel des Hinterlandes dagegen, an
denen die aus dem Ozean aufsteigenden Nebelbänke haften, haben ein feuchtes
Klima, der ursprüngliche Felsboden ist, aufgelockert und humusreich, und wo dir
Hand des Menschen nicht eingreift, bedeckt tropischer Wald die Gehänge. Dir
trockene Zone ist nicht ganz ansiedlungsleer. Gleich hinter Manta dehnt sich weit-
hin eine alte Stadt, für die der Name Jocay uns erhalten ist. Aber die Haupt-
masse der Ansiedlungen trifft man doch auf den feuchten Hängen der höher anf-
ragenden Hügel des Cerro de Hojas, des Cerro Jaboncillos, Cerro Jupa u.a.
Der Vf. beschreibt die Hausfundamente, die grosse viereckige oder ovale Stein-
einzäunungen „corrales“ bilden, deren Mauern aus zwei Reihen senkrecht in dep
Boden getriebener Steinplatten bestehen. Der Raum dazwischen war, wie es scheint.
mit Erde und Steinen ausgefüllt. |
Bekannt geworden sind diese Hiigeldérfer vor allem durch die merkwürdigen.
aus einem Stein gehauenen Sitze, die in ihnen gefunden worden sind. Altere
Autoren, wie Villavicencio (Geografia de la Republica del Ecuador, New York 185s
p. 489) — der der erste ist, der auf diese merkwürdigen Altertümer aufmerksam
gemacht hat —, geben an, dass diese Steinsitze in einem Kreise von „mindestens
dreissig* aufgestellt gewesen seien, und es wird sogar von einer Steinplatte in der
Mitte des Kreises berichtet. Diese Angaben kann Saville nicht bestätigen. Er hat
diese Sitze immer im Innern der Hausringe gefunden, und gewöhnlich einzeln, nur
selten zu mehreren, ein einziges Mal bis zu 12 an der Zahl. Der eigentliche Körper
oder Träger des Stuhls ist gewöhnlich eine nach Art eines vierfüssigen Tieres auf
dem Boden stehende menschliche Figur oder eine Pumafigur. Daneben kommen
aber auch seltene Stücke vor, wo der sonst unbearbeitete Stuhlkörper aut der
Vorderseite in Relief das Bild einer Eidechse oder einer Fledermaus zeigt.
Zusammen mit diesen Steinsitzen werden stehende menschliche Figuren vou
eigentümlichem Gesichtsschnitte gefunden. Die Mehrzahl von ihnen ist durch die
deutlich angegebenen Geschlechtsteile als männlich charakterisiert. Vor allen Dingen
interessant sind aber gewisse Flachreliefe in Sandstein oder grauem andesitischem
Gestein, die zumeist vom Cerro Jaboncillo stammen, und von denen bisher nur
ein Exemplar im Trocadero-Museum bekannt war, das Hamy auf Tafel 31 seiner
Galerie Americaine abbildet. Die Hauptstücke stellen nackte weibliche Figuren
dar, in der mamacouhticac-Stellung der gebärenden Tlagolteotl des Codes
Borbonicus. Eine quer über den Bauch gehende vertiefte Furche ist vielleicht als
Schnürfurche zu deuten, die durch das scharfe Anziehen bei der Befestigung des
Hüfttuches entstehen musste. Die Figur sitzt unter einem Baldachin, auf dem bald
Treppenmuster, bald stilisierte Schmetterlinge, Affen und Eidechsen (Kröten»
Figuren oder Derivate solcher abgebildet sind. Sie ist auf einigen der Stücke von
ein Paar Vögeln. auf anderen von zwei Äffchen begleitet. An Stelle der weiblichen
Figur sieht man auf einer Anzahl Stücke eine Tierfigur mit scharf markierter spina
dorsalis abgebildet. die zuweilen mit einem sich einrollenden Schwanze. zumeist
aber ohne einen solchen dargestellt ist — eine Art Mittelding zwischen Kröte un!
Affe — mit einem schmalen Kopfe, der von sich einrollenden Gebilden, die einen
bald an die Spiralzunge der Schmetterlinge, bald an Octopus-Arme erinnern, um-
geben ist. Über ihr ist auf einer der Platten eine Fledermaus zu sehen. Auf einer
dritten Reihe von Platten und Bruchstücken endlich ist die weibliche Figur durch
ein Symbol ersetzt, das aus einer Schale und einem Kreise besteht. Die Schale hat
bald den eckigen Umriss des Sagittalschnitts einer wirklichen. mit einem Rande
versehenen Schale, bald die bekannte Gestalt des türkischen sogenannten Halb-
Literarische Besprechungen. 861
monds“, d. h. des jungen Monds des Abendhimmels. Musste man bei der Gestalt
der nackten weiblichen Figur in Geburtsstellung schon an die Göttin des Abend-
himmels, die Herrin der Zeugung, der Lebensmittel und der Vegetation denken, so
wird, meiner Auffassung nach, diese Deutung durch die Homologie mit dem jungen
wachsenden Monde zur Gewissheit erhoben. Die Gestalt ist demnach der Tlaçol-
teot] des Codex Borbonicus nicht nur vergleichbar, sie ist direkt als eine Parallele
zu ihr zu betrachten.
Unter den Metallgegenständen, die übrigens selten sind, finden sich eine An-
zall Stücke, die aus Kupfer mit einem Belage von Goldblech bestehen, der durch
starke Pressung, Hämmerung. vielleicht im Feuer, auf der Kupferunterlage befestigt
wurde, Wir kennen solche zoldplattierte Stücke aus der Chiriqui-Gegend, und in
dem Jahrgange 1905 der Zeitschrift (S. 444) habe ich einen halbmondförmigen Brust-
schmuck aus Michuacan beschrieben, der in gleicher Weise aus mit Gold plattiertem
Kupterblech besteht. Aus anderen (Gegenden sind Stücke dieser Art bisher noch
nicht bekannt geworden. Ich erinnere übrigens daran, dass wir in der Sammlung
unseres Museums aus der Provinz Manabi eine kleine Maske haben, eine Art
Dämonengesicht, die aus Goldblech besteht und aussen mit einem weissen Metalle.
augenscheinlich Platina, plattiert: ist. |
Von Gegenständen aus Muschelschale beschreibt Saville drei Schnecken-
gehäuse (Cassis, Conus, Cyprina), die durch Verschluss der Lippenseite mit einem
Stück Muschelschale oder Ginen Scherben und Ausschleifung einer runden Öffnung
auf der äusseren gewölbten Seite in Behälter umgewandelt sind, die für die Llipta,
«lie alkalische Masse (Asche und Atzkalk) gedient haben, die zusammen mit dem
Cocaballen gekaut wird. Der eine dieser Schneckenhausbehälter wurde noch mit der
alkalischen Masse gefüllt gefunden. Auch an drei kleinen Tongefässen mit runder
Öffnung konnte Saville durch die noch am Rande haftende alkalische Substanz
nachweisen, dass sie den ,popoero* genannten kleinen Kürbissen entsprechen, in
denen die heutigen Indianer Perus und Columbiens die „Llipta“ mit sich führen,
die sie zusammen mit dem Cocaballen kauen. Im übrigen haben sich bei den Aus-
grabungen verhältnismässig wenige Tongefässe gefunden, dagegen eine grosse Zahl
von Tonfiguren und Bruchstücken solcher, denen Saville eine ganze Anzalıl von
Tafeln des zweiten Bandes widmet. Dass diese zum grössten Teil in Formen ge-
macht wurden, wurde durch die Auffindung einiger solcher Tonformen bewiesen,
von denen Saville auf Tafel (7 des zweiten Bandes sechs Stück abbildet. Die
Typen der Gefässe und der Figuren weichen von den bekannten Typen der peru-
anischen Gefässe und auch von denen des Hochlandes von Ecuador durchaus ab,
Iın weiteren Sinne möchte ich sie der kolumbischen Region anschliessen. Saville
bildet übrigens, ausser den auf dem Cerro Jaboncillo und an anderen Orten des
Distrikts von Manta gefundenen Stücken, noch die von ihm im Gebiete von Cara-
ques gesammelten Tontiguren und ein Stück aus der Gegend des Cap St. Helena ab.
Unter den ersteren ist eine Figur recht interessant, die eine künstlich ausgeschorene
Haarfrisur trägt, die einen fast an die Tonfiguren von Tlalixcoyan an der mexi-
kanischen Golfküste erinnert. Die Keramik der Provinz Esmeraldas soll, wie Saville
angibt. einen besonderen Stil darstellen. Die dort gemachten Sammlungen haben
aber in dem zweiten Bande nicht mehr Aufnahme tinden können. — Wenn auch,
intolge wiederholter Reisen nach demselben Gebiet, die Bearbeitung naturgemäss
etwas ungleich ausgefallen ist, so ist das Ganze doch ein hochbedeutsames Werk,
das bei allen späteren Studien über dies Gebiet in erster Linie wird befragt werden
miissen.
Eduard Seler.
IV. Eingänge für die Bibliothek.”
1. Maass, Alfred, Durch Zentral-Sumatra I. Band I. Teil: Reisebericht. Erlebnisse,
Funde, geschichtliche Rückblicke. 11. Teil: Die Ethnographie der Kuantan-
und Kamparländer. Berlin W. Süsserott 1910. 4°.
2, Farfarowski, H, [Russisch], Die Pandorenspieler im Kubangebiet. Charkow
1910. 8° (Aus: 19. Hefte des Archivs der Charkower histor. philolog.
Gesellsch. z. Gedächtnis an Prof. E. K. Redin).
3. Ebert, Max, Ein Spangenhelm aus Ägypten. o. O. 1909. 8°. (Aus: Prähist.
| Zeitschr. D.
4. Ebert, Max, Der Goldring von Strobjehnen. o. O. 1911. 8°. (Aus: Prähist,
Zeitschr. Ill).
5. Kollmann, J., Das Problem der Gleichheit der Rassen. Leipzig: B. G. Teubner
1911. 8°. (Aus: Arch. f. Rassen- u. Gesellschafts-Biologie).
6. Vierkandt, Alfred, Die Anfänge der Verfassung und Verwaltung und die Ver-
fassung und Verwaltung der primitiven Völker. Berlin-Leipzig: B. G. Teubner
1911. 8°. (Aus: Die Kultur der Gegenwart).
7. Wahnschaffe, Felix, Die Eiszeit in Norddeutschland. Berlin: R. Müller. 1910. 8°.
S. Wahnschaffe, Felix, Über die Gliederung der Glazialbildungen Norddeutsch-
lands und die Stellung des norddeutschen Randlösses. Berlin: Gebr. Born-
traeger. 1911. 8". (Aus: Zeitschr. f. Gletscherkunde. Bd. V.
9. Outes, Felix F., La controversia sobre las Escorias y tobas volcánicas de los
sedimentos pampeanos y la cretica europea. Buenos Aires 1911. 5°.
10. Brueckner, Schliemann. 0.0. u. J. 8".
11. Pharphorowski, S. W., [Russisch], Truchmeni (Turkmeni) im Gouvernement
Stawropol. Kasan 1911. 8".
12. Halın, Ed., Wörter und Sachen. Kulturhistorische Zeitschrift für Sprach- und
Sachforschung . . . Bd. I bis JI. Heidelberg: C. Winters Universitätshuch-
handlung 1910/11. 8". (Aus: Zeitschr. f. Ethnol. 1911.)
13. Hahn, Eduard, Klabautermann. Berlin 1911. 8° (Aus: Zeitschr. d. Ver. L
Volkskunde in Berlin.)
14. Hahn, Eduard, Die Erkenntnis des heutigen Volkslebens als Aufgabe der
Volkskunde. 0.0.1911. 8". (Aus: Zeitschr. d. Ver. f. Volkskunde in Berlin.)
15. Hahn, Eduard, Die Entstehung des Getreidefeldes. Berlin: A. Scherl 1911. 4°:
(Aus: Internat. Wochenschrift f. Wissenschaft und Technik.)
16. Hahn, Eduard und Ida, Schwierige Methoden der Ernährung bei den Natur-
völkern. Jena: G. Fischer 1911. 4° (Aus: Naturwissenschaftl Wochenschr.
N. F. X. Bd, der ganzen Reihe XXV1 Bd.)
11. Hahn, Ed., Zur Rolle Babyloniens für Kultur und Astronomie. o O. 1911. 4°.
(Aus: Deutsche Literaturztg. NANIL Jahrg.)
1) Die Titel der eingesandten Bücher und Sonder-Abdrücke werden regelmiissig
hier veröffentlicht, Besprechung der geeigneten Schriften vorbehalten. Rücksendung
unverlangter Schriften findet nicht statt.
18.
19.
20.
21.
Eingänge für die Bibliothek. 863
Craig, J. J, Anthropometry of modern Egyptians. Cambridge London: Fetter
Lane ... Berlin: A. Asher and Co., Leipzig: Brockhaus,..0 J. 8". (Aus:
Biometrika ... vol. VII).
Hartmann, C. V., Le calebassier de Amérique tropicale. Paris 1910. 8°. (Aus:
Journ. de la Soc. des Americanistes de Paris. N. ser. tome VII).
Janusz, Bohdan, Typy etniczne i kulturalne w prehistoryi Galicyi wschodniej.
Lwów 1911. 8°
Friedenthal, A. Das Griberfeld Cournal Kirchspiel St. Jürgens, Harrien,
Estland. Reval: F. Kluge 1911. 4".
Moszkowski, Max, Beiträge zur Entwickelungsgeschichte des Wohnhauses in
Ostsumatra. Braunschweig: F. Vieweg & Sohn 1911. 4". (Aus: Arch. f.
Anthrop. N. F. Bd. IX).
Nr. 1 bis 22 Verfasser.
. Johnston. Harry, Die Rassen Afrikas. Stuttgart 1910. 8".
24. Hildebrand, Eugen, Die diluvialen Knochenreste eines Kindes aus der Balla.
ee
wo
-l
höhle bei Répashuta in Ungarn. Budapest 1911. 8° (Aus: Mitteil. a. d.
Höhlenforschungskommiss. d. Ung. Geolog. Gesellsch. Jahrg. 1911.
. Kadić, Ottokar, Paläolithische Steingeräte aus der Szeletahöhle bei Hámor in
Ungarn. o. O. 1909. 8°. (Aus: Földlani Közlöny XXXIX.)
. Ströhmfeld, Gustav, Das Schwabenland in Wort und Bild ... Stuttgart:
Württemberg-Hohenzollerische Vereinigung f. Fremdenverkehr. o. J. 8°.
7. Führer, Kleiner, durch Heilbronn. 2. verbesserte Auflage. Heilbronn: Verlag
des Verkehrsvereins 1911. 8".
Führer, für den Ausflug zum Hohenneuffen Heidengraben und nach Urach
am 11. August 1911 von P. Goessler und E. Fraas. Stuttgart 1911. (Aus:
XLII. Vers. d. Deutsch. Anthrop. Gesellsch )
Festschrift zur 42. Versammlung der Deutschen Anthropologischen Gesell-
schaft .. . in Heilbronn a. N., überreicht vom historischen Verein Heil-
bronn. Heilbronn 1911. 4".
. Begouen, Henri, Les Congres préhistoriques de Nimes et de Tübingen. Paris `
1911. gr. 2% (Aus: Journ. des Debats 123. Année).
Nr. 22 bis 20 Hr. H. Virchow.
Weule, Karl, Kulturelemente der Menschheit .. . Stuttgart: Kosmos, Gesellsch.
der Naturfreunde: Frankhsche Verlagsbuchhandlung. o. J. 8°.
. Moszkowski, Max, Vom Wirtschaftsleben der primitiven Völker (Unter beson-
derer Berücksichtigung der Papua von Neuguinea und der Sakai von
Sumatra). Jena: G. Fischer 1911. An (Aus: Probleme der Weltwirt-
schaft... V).
. Henry, Jos., L'ame d'un peuple africain les Bambara, leur vie psychique, éthique,
sociale, religieuse. Münster: Aschendorff 1910. 8". (Aus: Anthropos-
Bibliothek Bd. I).
. Peekel, P. G., Religion und Zauberei auf dem mittleren Neu-Mecklenburg-
Bismarck-Archipel, Südsee. Münster: Aschendorff 1910. 8°. (Aus: An-
thropos-Bibliothek Bd. I).
Nr. 30 bis 33 Verleger.
A. Haldane, Internationale Verständigung. Deutschland und Grossbritannien,
eine Studie über nationale Eigentümlichkeiten. Festrede, gehalten am
3. August 1911 ... Autorisierte Übersetzung von Dr. Rudolf Eisler.
Berlin: Friedenswarte 1911. 8”.
Internat. Vorstand.
. List of Sanskrit and Hindi Manuskripts purchased by order of Government
and deposited in the Sanskrit College, Benares. Allahabad 1911. 8".
Superintendent Gor. Press.
, Dupenty-Trahon, J. F.. Le Moniteur indien ou dictionnaire contenant la
Description de V’Hindotstän, et des differents peuples qui habitent cette
contrée .. . Paris: Caiet 1858. 8"
Prof. Lissauer-Stiftung.
86
OS,
OY.
40.
45.
44.
D4.
Oo.
Eingänge für die Bibliothek.
Holsten, Robert, Die Verkehrsverhältnisse im Pyritzer Weizacker in vor-
geschichtlicher Zeit. Pyritz 1909. 8% (Aus: Festschr. z. Fünfziejähr.
Jubelfeier des Kel. Bismarck-Gymnasiums zu Pyritz).
Holsten, Robert, Woher stammt die Weizackertracht? Pyritz 1911. 4°. (Aus:
Beil. z. Progr. d. Kgl. Bismarck-Gymnasium zu Pyritz Ostern 1911.)
Giuffrida-Ruggeri, V., Controversie intorno all’ azione dell’ ambiente sul’
Uomo. Roma 1911. 8%. (Aus: Riv. di Antrop. vol. XVI).
. Hoernes, Moriz, Die Formenentwicklung der prähistorischen Tongefässe und
die Beziehungen der Keramik zur Arbeit in anderen Stoften. 0.0. 1911. An.
(Aus: Jahrb. f. Altertumskunde ... Bd. V>.
2, Bartels, Paul. Über neuere Ergebnisse der anthropologischen Forsehung.
Leipzig: G. Thieme 1911. 8°. (Aus: Deutsch. Med Wochenschr 1911).
Fehlinger, H. Die Entstehung der Exogamie. 0. O. 1911. 8% (Aus: Sexnal
Probleme .. . 7. Jahrg.).
Feklinger, H., De l'influence biologique de la civilisation urbaine. Bologna:
N. Zanichelli. London: Williams and Norgate. Paris: F. Alcan. Leipzig:
W. Engelmann 1911. 8° (Aus Scientia vol. X).
, Schuller, Rodolfo R., Documentos para la historia de las Misiones de Maynas...
Madrid 1911. 8% (Aus: Bol. de la R. Acad. de la Hist. 1911).
Hermann, Rudolf, Rhinoceros Merckii Jäger im Diluvium Westprenssens und
seine Beziehungen zur norddeutschen Diluvialfauna. o. O. 1911. 8". (Aus:
Monatsber. d. Deutsch. Geolog. (resellsch. Bd. 63).
. Grunwald. Max, Bericht über die Gruppe „Hygiene der Juden“ in der Inter-
nationalen Hygiene-Ausstellung Dresden 1911. o. O. 1911. 8°.
. Bellucci, Giuseppe, L’ipogeo della famiglia erusca „Rufia* presso Perugia.
Perugia 1911. 8”.
. Pöch, R., Zur Simbäbye-Frage. Wien 1911. 8% (Ans: Mitt. d. k. k. Geogr,
(resellsch. in Wien 1911).
. Hahn, Ed., Die Entwicklung des Schiffs und der Schiffahrt nach wirtschafts-
geschichtlichen Gesichtspunkten dargestellt. Berlin: M. Krayn 1911. 4°.
‚Aus: Zeitschr. d. Verbandes Deutsch. Diplom-Ing. Bd. IL 1911).
. Hahn, Ed., Schriften. 0.0.u.J. 4".
2. Moore, Clarence B., Some Aboriginal sites on Mississippi River. Philadelphia.
P. C. Stockhausen 1911. 4".
3. Poutrin, Travaux scientifiques der In Mission Cottes au Sud-Cameroun (1900
bis 1908)... d’apres les observations et documents recueillis par le
Dr. Gravot, Paris: E. Leroux 1911. 8".
Nr. 30 bis 52 Verfusser.
Myhrman, David W., Babylonian hymns and prayers. Philadelphia: University
Museum 1911. 8°. (Aus: Mus. Pub. of the Babvl. Sect Univ. of
Pennsvl. Vol. 1).
University Museum,
Catalogue... vol XL — Systems of indian philosophy-continued. Madras
1911. 8°.
H mi `
Supt. Gov. Press,
n» Visscher, H., Religion und soziales Leben bei den Naturvölkern Bd. I und II.
Bonn: J. Schergens, Utrecht: G. J. A. Ruys 1911. 8°.
Prof. Lissauer-Stiftung
T. Kalat’a Bolanga na bwambo ba Duala. Duala-Lesebuch für die Schulen der
Basler Mission in Kamerun. Basel: Evang. Missionsgesellschaft 1910. 8".
Basler Missionsyesellschaft.
. Dictionary, A., English-Tshi (Asante)... edited by the Basel Missionary
Society. Second Edition. Basel 1909. x”.
Basler Missionsgesellschaft.
Abreschlossen am 16. Dezember 1011.
L Abhandlungen und Vorträge.
Pflanze und Tier im Volksmunde des mittleren Sudan.
Von
Rudolf Prietze.
Die im Jahrgang 1907 Heft 6 dieser Zeitschrift von mir veröffent-
lichten Haussamärchen gaben bereits Anlass, auf das gemütliche Verhältnis
dieses Volkes zur Tierwelt hinzuweisen. Es erinnert an Reinecke Fuchs,
wenn einer Reihe von Tiergattungen Personennamen beigelegt werden;
nur scheinen es ausschliesslich weibliche zu sein, so Mairo (Mirjam) für
den Skorpion, Aisáta (Aiša) für das Weibchen des Falken, Küsa für das
des Honigdachses, El-Fätuma, Tochter der Fatma, für die Hyäne, Adama
(in Bornu Fánata) für die Äffin. Daneben finden sich zahlreiche Bei-
namen, die zum Teil der Furcht ihren Ursprung verdanken, die Nennung
des eigentlichen Namens könne seinen Träger herbeirufen; wer nachts
über Feld geht, sagt für Schlange lieber igia-] kasa Bodenstrick als
macı2l. |
Indessen beschränkt sich die Neigung, Epitheta zu bilden, weder auf
die Tierwelt, noch ist sie lediglich den Haussa eigen. Auch das benach-
barte, kulturell ihnen verwandte, unter ihrem geistigen Einfluss stehende
Bornu teilt sie, wenn auch kaum in gleichem Grade. Sie entspringt dem
Bedürfnis eines heiteren, weltgewandten Volkes von offenem Auge und
beweglicher Zunge, allem, was in seinen Gesichtskreis tritt, eine persön-
liche Note aufzuprägen. Die Dinge werden teils nach ihrem Gebrauchs-
wert, teils nach vorhandenen oder ihnen beigelegten Eigentümlichkeiten
etikettiert, bald durch stehende Beiwörter, bald als sprichwörtlicher Ver-
gleich, bald in der Form der Apostrophe, bald indem man ihnen selber
Aussprüche in den Mund legt, und was von solchen Einfällen Beifall fand,
ward zum geflügelten Wort, gehört zum eisernen Bestand des Zitaten-
schatzes, ja zu den Urzellen der Volksliteratur. Für die Sprachgeschichte
kommt diese Fertigkeit der Charakteristik insofern in Betracht, als sie
eine Fülle von Namen geschaffen hat, besonders um die Unterarten einer
Spezies zu kennzeichnen?).
1) Eine Auswahl der bemerkenswertesten sei hier aufgeführt; zunächst aus
dem Haussa:
Zeitschrift für Ethnologie. Jahrg. 1911. Heft 6. 36
866 Prietze:
Der Volkskunde eröffnet sie Einblick in den Gesichtswinkel, aus dem
die Umwelt angeschaut wird. Mancher Aberglaube, manche wunderliche
Anschauung treten zutage, z. B. in dem Liedchen an den Kometen:
taurärua mai-wuzia,
gani-n-ki ba alhéri ba.
O du geschwänzter Stern,
man sieht dich gar nicht gern.
(Wörtlich: „Dein Anblick ist kein Geschenk.“) i
Oder in dem Ausdruck fizari-m macizi, „Schlangenurin“ fir Kohlen-
dunst; tatsächlich wird nicht nur im Sudan, sondern auch bei Arabern
Bohnenarten:
a) sa babba sāta „verleite einen Grossen zum Diebstahl.“
b) harsi-n timkia „Schafzunge“ (weil schwarz).
c) baki-n Zaki Eselsmaul (weiss und rot oder braun gefiirbt).
Hirsenkorn:
a) däwa wiZic-] giwa Elefantenschwanzhirse.
b) dawa kúmči-n zimo Hasenbackenhirse.
Eine Pflanze, deren Wurzel gegen Skorpionsstich dient, heisst Zibdal kas
= Zibeth der Erde.
Eine andere, mit deren Blattknospen man sich gegen Skorpionsstich einreibt,
gada-m macizi = Bett der Schlange (weil diese gern unter ihr liegt).
Eine Art Dornstrauch zaza-l giwa, Schamhaar des Elefanten.
Die Aloe käba-l giwa, Elefantenblatt (= Bornu gill? kumagum-bd).
Die Brechnussstaude heisst nach Mischlich Gi-ni da zúgū „iss mich mit
Landeszeug“, d. h. wenn du ein Stück Zeug hat, in das man dich für das Begräbnis
einwickeln kann.
Eine geflügelte schwarze Ameise heisst, ebenfalls laut Mischlich, tüma da
gaiwa „Hüpfen und Auslachen“, weil sie, nachdem sie aufgehüpft ist und gestochen
hat, davontliegt.
Der grüne Grashüpfer wuke-l säriki, „Dolch des Königs“ (laut Mischlich,
nach der mit grünem Leder überzogenen Dolchscheide des Königs).
Brummitliege, gauró-ù (oder gobrd) kuda „Witwer oder geschiedener Mann der
Fliere“.
Schlangenarten:
a) kai-ni inua, „trage mich im Schatten“, eine klafterlange, ungiftige Schlange,
die sich dem Wanderer ums Bein rollt und abspringt, sobald er zu einer
schattigen Stelle gelangt.
b) Zada raki, „stifte Furcht“, ebenfalls klafterlang.
ch da-m múgurźi, Kind des mugurii, d. h. des Eisenstäbchens. mit dem die
Weiber die auf flachen Steinen ausgebreitete Baumwolle mangeln (gurzai,
um sie zu entkörnen, nur 0,5m lang, aber von tödlichem Biss.
d) bi-Zi-ba-kika, „hört. kein Schreien“, d. h. mag kein Klagegeschrei hören.
Eine armlange, rötlich-weiss gestreifte Giftschlange, die sich nachts ein-
schleicht, den Schläfer beisst und sich versteckt, bei beginnender Toten-
klage aber davoneilt.
Für das Bornu kommen besonders die Zusammensetzungen mit dem mecha-
nisierten arab. abu in Betracht (Vater in Bornu aba).
So abu timiwa ,Zahnwesen* = Fledermaus,
dagumwa „Kragenwesen“, eine Art Gazelle.
sériwa ,Augenzahnwesen* = Fenek.
kalegiwa ,Stachelwesen* = Stachelschwein.
kokiowa „Büschelwesen“ = Kakadu.
Zitiwa „Barthaarwesen” eine Fischart.
3 3 3 3
‘8
Pflanze und Tier im Volksmunde des mittleren Sudan. 867
Nordafrikas als Ursache einer Kohlenoxydgasvergiftung der Urin der ge-
hornten Viper angesehen, der irgendwie auf die Kohlen getropft sei.
Noch seltsamere Falle s. u. 49, 56, 111 u. a. Wie auf die umgebende
Natur in ihrer Bedeutung und Verwertung aus solchen Epigrammen
manch Streiflicht fällt, so spiegelt sich in ihnen vor allem die Eigenart
des Volksgeistes, der sie schuf.
Nachstehende Sammlung dieser im Haussa kirári genannten Floskeln
aus dem Haussa (H) und Bornu (B) entstand grésstenteils bei Gelegen-
heit der Aufstellung eines Vokabulars der Flora und Fauna, wozu mich
Irrtümer und Ungenauigkeiten der bisherigen Wörterbücher veranlassten.
Noch ist, trotz der grossen Verdienste Mischlichs, vieles ungeklärt und
wird es bleiben, bis Botaniker und Zoologen die überlieferten Ausdrücke
sämtlich identifiziert haben werden. Einiges habe ich für das Haussa,
Bornu und Fulfulde hier in Kairo feststellen können, indem ich den be-
treffenden Gewährsmann durch den vorzüglich geleiteten zoologischen und
den Esbekieh-Garten führte, mir Tiere und Gewächse in seiner Sprache
benennen liess und zugleich die angeschlagene wissenschaftliche Bezeichnung
aufschrieb. Auch dem Reisewerk des Herrn P. Staudinger danke ich
wertvolle Aufschlüsse.
Die weitaus meisten der unten zusammengestellten kirari (s. o.)
stammen von dem in meiner eingangs erwähnten Veröffentlichung charak-
terisierten, in Bornu geborenen, später in den Haussaländern weilenden,
jetzt an der hiesigen Azhar-Moschee studierenden Hadsch Musa, einiges
ım Haussa auch von dem ebendort genannten Hadsch Achmed.
Das hier vorliegende Bornu gehört dem Mangadialekt an, dessen Ab-
weichungen von dem durch Kölle erforschten ich an anderer Stelle be-
handeln werde.
Gleichartiges Material habe ich sodann noch aus meinen einschlägigen
früheren Schriften, „Haussasprichwörter und Haussalieder**) (hier zitiert
als „Sprichwort“ und „Lied“ unter Angabe der betreffenden Nummer) und
„Tiermärchen der Haussa“ (Jahrg. 1907 Heft 6 dieser Zeitschrift; zitiert
als „Tiermärchen“) angeführt, sowie aus Kölle, African (Bornu) Literature
mit Vokabular, die vorzügliche Bornumärchen enthält, aus Schöns Haussa-
lesebuch, aus Mischlichs Haussa-Wörterbuch und aus Barths Central-
afrikanischen Vokabularien.
Abkürzungen (ausser den eben genannten): H = Haussa, B = Bornu,
K = Kölle, M = Mischlich, R = Robinsons Hausa Dictionary,
St = Staudinger, Im Herzen der Haussaländer.
Zur Schreibung dient mir wie in meiner früheren Publikation (Jahr-
sang 1907 d. Ztschr.) das Standard-Alphabet von Lepsius mit den für
das H von mir hinzugefiigten, dort näher gekennzeichneten Konsonanten
r, d, k. 72), bei denen (ausser r) u. a. vor dem folgenden Vokal ein
momentaner Kehlkopfverschluss eintritt. Für B reihe ich hier noch | an
(ähnlich dem r des H, das zwischen r und ] liegt). Also:
1) Bei O. Harrassowitz, Leipzig.
9) Mein z wurde bisher überwiegend durch ts ausgedrückt.
Die
868 Prietze:
Vokale: a, e, e, i, 0, o, u in Länge und Kürze (e und o offen), end-
lich e (tonloses e).
Diphthonge: ai, ei, au, vi.
Konsonanten: w, y (beide wie im Englischen), r, r, l, 1, m, n, ñ (wie
n im Ring), z (weiches s), z (französisches J), z, s (scharf), š (deutsches
sch), č (= tš), h, f (bilabial), p (stark aspiriert), b, d, d, g, t, k k‘ (k
mit nachklingendem ch des deutschen „ich“).
A. Pflanzen.
l. H tuzi, Grasart, deren Same gegessen wird. Genannt tużí mi-
wuye-Cira, das schwer auszureissende Gras.
2. H tafusa, wildwachsendes, etwa 1 m hohes Kraut mit kleinen, denen
des Maulbeerbaums ähnelnden Blättern, die in schlechten Zeiten gekocht
und gegessen werden, aber nicht gut bekommen.
H tafása tamágaži, kin-käi maza gačí scidci tauri-n čiki!) du bringst
Männern”) nur Härte des Leibes = Schmalhansens Tafassa, du bringst den
Leuten als Rettung doch nur harten Leib.
3. H rafasa, Art Gras. Wasser, in dem es gelegen, wird als Mittel
gegen den Bandwurm getrunken.
Spruch des Gebers: ša yanzú, mägani yanzú, trink jetzt, Heilmittel
jetzt.
Ruf des Verkäufers: kal ktimia*), tahána say = nur keine Scham.
sie hindert den Kauf.
4. H B gaigaware, Grasart. Die Wurzel wird mit Pfeffer verschiedener
Art zusammengestampft und in Pulverform mit Fleisch als Aphrodisiak
gegessen.
H magani-n karefü-m*) mazá,
das Mittel der Kraft der Männer.
B kargun dung kanguä-be®).
Mittel der Kraft des Mannes.
5. H turgunua, Kraut, aus dem eine grüne Brühe bereitet wird, bei
Männern nicht beliebt.
Es heisst von ihm: turgünua ta-na regewa kare-fü-m ĉ) mazá, vermindert
die Mannskraft.
1) mäga2i, Name für den Hungerleider, wörtlich Erbe.
2) gati, wörtlich Ufer, hier rettende Küste für die mit dem Hunger Ringenden.
A kal, zusammengezogen aus kada, dass nicht: genauer kada ka-ži kumia,
schäme dich nicht: denn wer es kauft, verrät, dass er den Bandwurm hat,
4) karefü-m, assimiliert für karefi- (auch u durch das dunkle Timbre des
folgenden m).
5) kangua aus kamgua, der männliche Mensch.
6) Vel. 4. *) Bei Achmed einfach F. tana regewa námiži, vermindert den Mann.
Pflanze und ier im Volksmunde des mittleren Sudan. 869
6. H karengia, B gibi = Pennisetum distichum, Gras, dessen Stacheln
an den Kleidern haften, Viehfutter, dessen Same in Zeiten der Hungers-
not gegessen wird.. Sprichw. H da-n timkia mi-karengia yana dáuye-l!)
dauka = ein Lamm voll Karengiastacheln ist schwer zu tragen.
= B giläro gibüa gotiro katkeri.
Widder mit Penn. dist. dem Nehmer ist zu schwer.
7. H múrmurri kilkadei*), Hirseart, die auch ungekocht mundet, so
dass sie der Landmann gleich nach der Heimkehr essen kann. Daher
murmurei kale" mi-daka = m., was schert dich der Koch!
8. H. damrv (Kano-Dialekt daurö; vgl. M gyänıro) ist die zweite Ernte
von maiwa (Holcus cernuus) und däwa (Sorghum). Sie schlagen nämlich,
wenn sie nicht, wie sonst, mit der Wurzel, sondern eine Spanne hoch über
dem Boden geschnitten sind, auf besonders gutem Erdreich nach der
folgenden Regenzeit von neuem aus und liefern eine zweite, der .ersten
gleichwertige Ernte.
Daurö mahaukaci-n hazi = Damro, verrücktes Korn (eben wegen
dieser Merkwürdigkeit). E
Damro-n däwa gagar firi*) = Damro des Sorghum nimmts mit der
Trockenzeit auf.
Damro m máiwa SaeSac*), mi-mäta déwa’) = Damrotränke von maiwa,
o Gatte vieler Weiber (wohl Ruf des Verkäufers, der aus dieser Hirse
hergestellten, für besonders stärkend geltenden Klösse).
9. H burtúntuna, Korn, das nicht reif geworden ist.
Sprichwort: burtúntuna mugunia-] däwa ta-na báta gari.
unreife, schlechte Hirse sie verderbt Mehl.
10. H sinkafa, Reis. Er wird sehr geschätzt, vgl. St. 628f.
Genannt Sinkäfa mi-tagómaši”), der liebe Reis.
ll. H dáåżkali, Batate.
Von ihr heisst es nach Achmed:
dáùkali ša) kuse: dasé máza, di mita’na-Ali®) gätari-n kasa.
trink Verachtung: Pflanzer, Männer, Essen Weiber Axt des Bodens.
= die Batate ist verächtlich: Männer pflanzen sie, Weiber essen sie, die
Frucht Alis®) spaltet den Boden.
1) dauye-l, zusammengezogen aus da wuya-l, mit der Schwierigkeit.
2) Vgl. M. murmura auskernen, kalkada ausklopfen. |
3) k‘alt, achte nicht auf (midaka, den Koch),
4) M gayära überwältigen, fari Trockenzeit.
5) M Sayé-Sayé, pl. v. šā, das Trinken.
6) mi-mäta, in Zinder für das mai-mäta der andern Dialekte = Weiber habend ;
dčwa, aus dayawa, viel.
7) M tagomasi, Liebe (dem Berberischen entnommen).
8) Zu der phraseologischen Verwendung von aa vgl. Sprichw. Nr. 102.
9) Man schreibt die Einführung dieser Knollenfrucht einem gewissen Ali zu.
870 -Prietze:
12. H rögo, Kasada (Manihot utilissima vgl. St. 634). Sie ist laut
Achmed das ehrenvolle Gegenstück zur Batate und wird folgenderinassen
apostrophiert: rögo gaida'), itace Fir’auna, kutunku’), Jaläta basi®)! Kowa
ye-i-ka, yä-ki dengi*) = Kassada, Elfenbein, Pharaospflanze, Büffelstier.
Schulderlass! Wer dich baut, meint’s nicht gut mit den Verwandten (weil
er ihren Neid erregt).
13. göaza, ein Knollengewächs.
Sprichw. köwa ya-dafa göaza, ya-dauki babbe-l1°) = Wer die g. kocht,
nimmt die grosse (d. h. wer etwas verübt, muss dafür aufkommen).
14. H geda, B güngala, Erdnuss (Arachis hypogaea vgl. St. 631f.),
H geda mi-kan-kärefi, köwa ya-fäsa-ki, ya-bada wuri = Erdnuss mit dem
starken Kopf, wer dich zerbricht, zahlt eine Kauri (Redensart des Nuss-
händlers gegenüber dem Publikum, das seine Ware prüft).
B (Preisliedchen, im H yabö genannt),
gangala girdiwa®),
siga kal-kalnimia°),
yindi-ro wöl-Zin,
kuskusumia®),
dégu-ro wol-Zin = die liebliche Erdnuss,
brichst du sie auf,
wird sie zu zweien,
reibst du sie,
wird sie zu vieren.
15. H kwáraró, eine Art Erdnuss in Sokoto, an niedrigem Strauch, in
Zaria laut R yaro da daria lachender Knabe genannt, eine Bezeichnung,
die wohl der Verwendung dieser Nuss beim Spiel entstammt: Man tut
eine Anzahl Nüsse, deren jede ihren Eigentümer hat, in einen Topf.
schüttelt ihn und leert den Inhalt auf die Erde, in die zuvor ein enges
Loch gebohrt ist. Der, dessen Nuss hineinfällt, bekommt die übrigen.
Daher kwararé guZia el-kurıga oder kwarar6 guZia et-caiéa*) = Quararo-
nuss, Tochter des Würfelspiels.
1) zaida ist nach A = hakori-üu giwa, Zahn des Elefanten.
2) M kutünku, männlicher Büffel.
$) lalita basi, eigentlich Entwertung der Schuld.
4) M dangi (der Azbin-Sprache entstammend) Bruder, Schwester, Stammes-
genoss, R dengi, Verwandter, Freund. Mūsa gibt dengi durch Vetter, Base wieder.
2) Grammatisch bemerkenswert ist der weibliche Artikel 1 in Kano r), der
hier an babba angefügt ist.
6) girdiwa. wohlschmeckend, sowie die Verba kalkalügin, kuskusgin, die für
kalkalnimia, wenn du brichst, kuskusumia, wenn du reibst, vorauszusetzen sind.
finden sich weder bei K. noch bei Barth. Ein d. wie es mir mein Gewährsmann
in girdiwa vorschreibt, ist mir im B. sonst nirgend vorgekommen.
1) Das einheimische Wort ist &aca. dem el Tochter zu et assimiliert ist.
Pflanze und Tier im Volksmunde des mittleren Sudan. 871
16. H gauta, tomatenartige Frucht.
H idanu da zi kama-r gauta,
= Augen, so rot wie eine Tomate.
Achmed: witriwuri’) kama-r_ bariwu-n gauta,
hastig blickend, wie der Dieb der Tomate.
17. H albasa, B lubasar (aus dem Arab.), Zwiebel.
H baki-n-ka ya-na wari kama-r ka-¢i albasa.
Mund dein, er macht Geruch gleichwie du assest Zwiebel.
B cdi-nem kaliwü-zin labasar girimma-gei.
Mund dein riecht Zwiebel du kautest wie.
Es gilt also auch im Sudan für unschön, nach Zwiebeln oder Knoblauch
zu riechen. Musa behauptet, den mit diesem Geruch Behafteten werde
der Eintritt in die Moschee verwehrt.
18. H na-Gazaua (zu ergänzen wak‘e), Bohne. Bohnenart aus Gazaua,
einer Stadt im Maradi-Distrikt. Zu ihr sagt man: na-Gazaua kä-ki fari
uku”), Gasauabohne, dreierlei Trockenheit kannst du nicht leiden: Die
erste, während sie aufwächst; denn sie braucht Feuchtigkeit. Die zweite
beim Kochen, zu dem Wasser erforderlich ist. Die dritte während der
Verdauung; denn wer sie gegessen hat, muss viel trinken.
19. H yodo, yaucdo, wildwachsendes Gemüsekraut mit roten Blüten.
Redensart: yebkı?) kama-r yödö, Fäden ziehend wie Jodo.
20. H zukami, Strauch, dessen Beeren berauschend wirken*). Daher:
zakami haukata mutum.
„ mache verrückt den Menschen.
21. H zuidau, B kayet, dorniger Strauch mit kleinen Blättern, Kameel-
futter.
B kaycı, Si-ni kunkumbel-wa®) = Dornstrauch, mein Fuss ist voll
Hiihnermist.
Mit dieser Beschwörungsformel glaubt der Bornumann ein mit kayei
bestandenes Gelände unversehrt durchschreiten zu Konnen.
22. H gudac®), dornige Rankenpflanze, die wie sarkakia und kwagri,
sich von Baum zu Baum schlingend, bei Ilori die feste Grundlage fir
1) Müsa deutet wtriwuri vielmehr als „Kauri Kauri“ = kleinste Münze. Ein
Tomatendieb habe nur wenig zu verkaufen.
2) Zur Form dieses Scherzes vgl. Sprichw. 101 u. 102.
>) M yabki, Eigenschaft gewisser Pflanzen und Blätter, Fiiden zu ziehen, also
zähschleimig.
4) Als Gegenmittel wird die Frucht der Tamarinde verwendet. auch Limone
oder saure Milch.
5) künkumbel (nicht bei K) = H kasi-n kaZı, Hühnerimist.
6) R gode. nicht bei M.
872 Prietze:
ganze Dörfer des nackten unbesiegbaren Heidenvolkes Ingöi bilden soll,
zu denen Stangen (kadereko) hinaufführen und in denen auch das Rind-
vieh beherbergt wird. Zu ihr sagt man:
góda, ba süra-n-ka ba, za-nit),
nicht Abhauen dein, das Ziehen,
d. h. man kann dich nicht abhauen, man muss dich abreissen.
23. H kabdodo, dorniger Strauch.
Ahnliche Anrede:
kabdédo*), ba vamua-1*) da kai, raräbe-1?).
nicht das Zusammentreffen mit dir, das Reissen.
d. h. man kann nicht mit dir zusammenkommen, ohne sich losreissen zu
müssen.
24. H das, dorniger, Harz ausschwitzender Baum, aus dessen Rumpf
zahlreiche Sprossen wuchern. Daher:
daši mi-rai göma; a-n sare-ka, ka-na yi-n töfo
lebend 10 man hat gefällt dich, du machst tun von Spross
= Zehnlebiger Daschi, haut man dich um, so treibst du neue Sprossen.
25. H bagurua, B kangar = Acacia nilotica, kräftig und schattig. doch
den Boden ringsum mit Stacheln bedeckend.
H inua-] bagarua ga sängt ga mă kala; ga-ta da
der Schatten der „ sieh Kühle sieh auch Dorn; sieh sie mit
sinyi, ga-ta da kaia.
Kühle, sieh sie mit Dorn.
Sinn: Wer von etwas Nutzen ziehen will, muss auch die Mängel in
Kauf nehmen.
B kojé kangar-be dam*) dakata dam, der trockne Stamm des k. hält
sich stramm aufrecht. (Im H: köre-m bagiirua a-zayé kä-k’e k‘am)‘).
26. dundu, Zierstrauch mit gefiederten Blättern, am Stamm mit
Stacheln versehen, die eine heftige Entzündung hervorrufen können.
Daher: dundu mahökacı-n _ itatua.
die verrückte der Pflanzen.
Ebenso die sprichwortliche Warnung vor einem Streitstichtigen:
akurki-n dundu wäwa ka-zira hannu
Kükenkorb von „ Narr °)
= An einen Kükenkorb von d wird nur ein Narr die Hand legen.
1) Wie in 15. der weibliche Artikel 1, so ist hier der männliche ù (= n) be-
merkenswert.
2) M-, R kobdodo.
3) Zum Artikel | vgl: 13. 22. R raraba, Intensivbildung zu raba trennen. Es
"könnte hier auch raböwe-l stehen (Inf. der Retlexivform mit Artikel).
4) H kam s. unter den im Jahrg. IX der Mitt. des Sem. f. orient. Sprachen von
mir veröffentlichten Spezifischen Verstiirkungsadverbien. B dam. angelehnt an da-
kata aufrecht, Part. zu dängin, ist ihnen einzureihen. |
9) ka soll nach Gewiihrsmann hier eine Art Futurbezeichnung sein, wie in
Lied 31 und ko in Lied 37; zira = M zura herablassen.
Pflanze und Tier im Volksmunde des mittleren Sudan. 873
27. H kalego (in Kano kargo), B kalúl, anscheinend Bauhinia pur-
purata. Wildwachsend, an Wuchs und Blättern feigenartig; die Früchte
traubenartig aneinander geschlossen, während sie bei dem dundu (s. o.)
getrennt hängen.
Dementsprechend folgendes Zwiegespräch zwischen beiden.
Dundu: kai, kalegö, ka-taui”) dian-ka tun su-na kankana = Du, k.,
biegst deine Früchte zusammen, solange sie klein sind.
Kalego yé-ée: ıım?) sai su-ù girma; da su-ka girma, su kud su-kaki
tankösuwa') = Der K. sprach: Na na, nur bis sie gross geworden sind,
wollen sie sich auch nicht mehr biegen lassen.
28. H dümnia°), B kokro*), Feigenart mit schwarzer Frucht. Daher
sprichwörtl. Vergleich:
H ka-na da beki kame-] da-n dumnia.
du bist mit Schwarze gleichwie Frucht der 3
B ćilim píl tata kokío-bë gei.
schwarz *) Frucht der , gleich.
29. H kawö, Baum mit sehr schwarzen, nicht essbaren Beeren (nach
M gutes Bauholz liefernd).
Vergleich: beki kama-r da-n kawo.
schwarz gleichwie Frucht von „
30. H gonda, Melonenbaum, Carica papaya. Vgl. St. 641.
Vergleich: ka-na da ža kame-l da-n gónda.
du bist mit rot gleichwie die Frucht des Melonenbaumes.
31. H zada = Sant Gerred, Acacia nilotica (laut Barth).
Vergleich: mi-k’au kame-l da-n zāäda ô),
schön gleichwie Frucht der „
(d. h. so blank oder glänzend).
32. B tamsuga, Tamarinde (=k, Barth schreibt temsüku). Vgl. St. 649.
Genannt tamsugu tata raSek"), die fruchtreiche Tamarinde.
Nach K nennt man die Frucht auch pë talaga-bé, „die Kuh des
Armen“, weil arme I.eute das Wasser, in dem sie aufgeweicht wurde, als
Milch trinken.
1) taui (nicht bei M) = tankesa zusammenbiegen.
2) mm Interjektion des Widerspruchs, bei der das erste m um einige Töne
höher steht als das zweite. Vgl. aa Tierm. I Anm. 25.
3) Es ist zu unterscheiden zwischen diumnia dieser Fucus-Art, und dumnia
einem Wasservogel, die bei M lautlich zusammenfallen. Vgl. dumnia auch Sprich-
wort 93.
4) Barth hat kana statt kokio.
5) In den 25., Anm., erwähnten Verstärkungsadverbien steht statt Ge hier ve-
nannten piil als Versläfkune von &ilim: fet.
6) Vgl. zu dieser wie zur vorigen Frucht das Gespräch der Schildkröten in
Tiermärchen II. und die betr. Anm.
7) rasek s. u. den 25. Anm. erwähnten Verstärkungsadverbien.
874 Prietze:
33. H doröa = Parkia biglobosa*). Ferner vgl. St. 649.
Genannt doröa makasiya, tödliche Doroa, weil der aus ihren Bohnen
gestampfte Brei, ungekocht, arges Bauchgrimmen verursacht').
34. H B bauré, Sykomore.
Der Genuss ihrer Früchte ist bedenklich, weil oft Würmer darin sind.
H wonda ye-k’e so ve ya-n baure,
Welche er will er isst die Friichte der Syk.,
kada ya-tona ciki-n-sa.
dass nicht er zerwühle Magen sein.
Auch bildlich als Warnung vor mancher Freundschaft.
35. H B kúka, Baobab, Adansonia digitata. Vgl. St. 648.
Epitheton fiir menschliche Schénheit:
H mi-samzi-n?) kt kama-n na-kuka.
glatt von Leib gleichwie der des Baobab.
Sprichw.: H mutüm misanda Si ka či ya-n küka.
Mensch mit Stock er wird essen Früchte des Baobab.
36. H gawvsa, Baum, dessen Frucht einen starken Duft ausströmt
(laut M der Mangopflaume ähnlich, nach R aus dem Osten eingeführt).
Zu ıhr spricht man:
gawosa, kamSi-h-ki ya-fi gani-n-ki
Geruch dein, er übertrifft Sehn dein,
d. h. man riecht dich weiter, als man dich sieht?
37. H kimba (= R, M kinba) nach St. = Xylopia aethiopica, , Alligator-
pfeffer“, pfefferartige Baumfrucht (nach R aus Nupe), die mit Pfeffer und
Hirse zusammengestampft und in Wasser getrunken gegen Brustschmerzen
hilft.
Spruch dabei: kimba a-gogé, ša yanzu, mäganiinzu’) = geschabte k.,
trink jetzt, es hilft jetzt (vgl. oben 3.).
38. H gur:ia = Chorisia crispiflora. Ihre Rinde wird gekaut, um die
Zähne weiss zu erhalten und vor Caries zu schützen. Daraus, dass in der
Zahnpflege der frauen auch furé, die Tabaksblüte, eine Rolle spielt“), er-
klärt sich die Redensart gurzia magamuü°)-m fur‘, Chorisia Genossin der
Tabaksblüte.
1) Näheres über Baum und Frucht s. Barth S.184 Anm. 9 und in der Fuss-
note zu Sprichw. 8.
2) Hier erklärt sich auch der von mir missverstandene Schluss meines 1. Haussa-
liedes: ki-sani kúka, du kennst den Baobab (und seine Glätte; also klettere nicht
hinauf),
3) Aus mäganı yanzú zusammengezogen. |
4) Mit fure, das zu den begehrtesten Toilettenartikeln gehört (vgl. Lied 27 und
30), färben die Frauen ihre Zähne rot, und zwar mit Vorliebe so, dass weisse und
rote Zähne abwechseln.
3) magamu, sich vermischend.
Pflanze und Tier im Volksmunde des mittleren Sudan. $75
39. H dote, B :eiia = Ficus bengalensis, Banyan.
B zezia, Kaka gent, alwoli') kiska-b¢ = oder Banyan ist kein (ge-
wöhnlicher) Baum; er ist der Heilige) der Bäume (Bruchstück eines
Liedes, vgl. das letzte dieser Sammlung).
40. H sanya = ein mannshoher Baum oder Strauch, der für die
dortige Heilkunde eine grosse Rolle spielt”). Daher:
sanya uwa-] magunguna.
die Mutter der Heilmittel.
M inna-] mägungüna (innna Mutter in weiterem Sinne: Alte, vgl.
Sprichw. 5) wird vielleicht denselben Baum bezeichnen, da M ihm die
gleichen Verwendungen zuschreibt wie der sanya.
41. H B dcelangu = Kigelia pinnata. Seine an langen Stengeln herab-
hängenden grauen zylinderförmigen, an Gestalt und Grösse Schlackwürsten
ähnelnden Früchte”) dienen folgendem Vergleich, der, weil schmeichelhaft
gemeint, auf die Schönheitsbegriffe des Sudan ein eigenes Licht wirft:
H mace ta-na da nono kame-l dia-m b«langü = die Frau hat einen Busen
wie die Früchte der Kigelia.
42. H ciwo (M R Giwo) nach M Landolphia-Art, eine Kautschuk
liefernde Pflanze, nach R grosse Palme mit harter Frucht. Diese, weil
schwer zu pflücken, symbolisiert den Geizhalz:
ćið mi-tauri-n hancı, kä-nana kä-ki fadua,
hart von Stengel, du bist reif, du willst nicht abfallen.
43. H bausi, Baum ohne essbare Frucht, von festem, nach R rötlichem
Holz. Aus der Wurzel werden Stöcke und Bogen geschnitten. Sprichwort:
baka-m bausi yá-ži damana, yä-meku,
der bogen von „ er hat gespürt Regenzeit,er hat sich gestreckt.
Sinn: Das Kleine wächst unter Benutzung der Umstände.
44. H tunfufia = Asclepias gigantea. Nach Nachtigal Oschr. Der
Baum gilt fiir spukhaft, da er nachts die Zweige bewegt, wie der Mensch
die Arme. Seine Wurzel wird verbrannt, um böse Geister aus dem Hause
zu scheuchen. Daher tunfafia mikobfi die unheimliche.
44a. H tuba = Tabak. vgl. St. 654. Ihm gelten viele Bonmots.
Taba rahema = der T. ist eine Gnade,
» btmga gari Ibilis = d. T. ist ein Aas der Stadt des Teufels.
1) alwoli aus dem Arab., ein nüheres Verhältnis zu Gott bezeichnend. Der
Baum dankt diese Bedeutung wohl dem reichlichen Schatten, den seine vermöge
ihrer Senkwurzeln gewaltig sich ausbreitenden Äste gewähren.
3) Der Absud dieser Früchte wird von säugenden Frauen als Mittel gegen das
Stocken der Milchentwicklung getrunken.
3) Nach M wird der Extrakt der gekochten Wurzel der sanva als Klystier ge-
braucht und aus der Rinde ein Pulver zum Niesen bereitet.
Prietze:
876
Mit den Worten za ziehn und Za rot spielend:
7e-h-ki yi-fi za-n kazäma yarinya; ze-n-ki
Ziehn dich, es übertrifft Ziehn von schmutziger Dirne Rot darin
ya-fi za-n döki-n uba-n woni
es übertrifft Rot ross Vaters andern
= dich einziehn ist besser als ein unsaubres Madchen (ins Haus) herein-
ziehen; dein Rot ist schöner als das Rotross, das einem Andern gehört
(oder: dich einziehn ist besser als einem fremden Herrn das Pferd führen):
Taba tä-fi uwa, lakin uwa dera!),
Der Tabak ist besser als eine Mutter, nämlich als eine Schraubenmutter?).
Ebenso:
Taba ta-fi oba, lakin obakinta,
und , , „ tio oder fur , tuo-n (oder fural) kasa vgl. St. 627
= der Tabak ist besser als ein Vater, d. h. ein Stiefvater,
und , , a „ Brei, d. h. Dreckbrei.
Lo
Ähnlich geringschätzig:
täba banbänta da gari h-gero Pennisetum St. 628.
T. ist etwas anderes als Hirsemehl,
und Se-n-ki banza, beri-n-ki wot
dich rauchen ist vergeblich, dich lassen zwecklos.
45. H yöra, Bambus. Er liefert die besten Stöcke:
sanda-n gora mi-alkaweli,
der zuverlässige Bambusstock.
M Sprichw. gora uwa-] kara, Bambus ist die Mutter des Schilfs (der
König ist Landesvater).
B. Tiere.
46. H kudd, Fliege. Sprichwort:
kardmbani*) kudä ya-fiida ciki-n kunu?),
die fürwitzige Fliege fällt in die Suppe.
M Sprichw.: kuda ba su bi-n mai-kaya-n gawai,
dem Kohlenträger folgen keine Fliegen.
47. H bribaze, böbua, grosse Stechfliege. Beide tragen das Epitheton
cira dawaki, reiss die Pferde los (weil diese, von ihnen geplagt, sich vom
Pflock losreissen); bobua hat überdies den Beinamen kúra däwaki. Hyäne
der Pferde.
1) Dem Wortspiel zu Liebe kühn übersetzt; eigentlich ist uwa dera „Mutter
des Spiels“ unter den verschiedenen Einsatzstellen eines Hazardspicls die ge-
~
winnende.
2) Karambani, Fürwitz, vgl. Sprichwort 81.
3) M kúnü, Mehlsuppe, Mehlschleim.
Pflanze und Tier im Volksmunde des mittleren Sudan. 877
48. H sabro B kantana, Mücke.
H sabro mi-hana berici,
die Schlaf verhindernde Mücke.
B kantana kaném dabdi,
Mücke Schlaf hindert.
B &i-n-zu kalgi-bé gei,
Mund ihr des Stachels gleich.
49. H zanzdro, Hornisse (bei M Hauswespe). Der seltsame Volks-
glaube von der Anomalie ihre Fortpflanzung ist in folgendem Liedchen
ausgedrückt (vgl. entsprechendes auch 56 und 111).
Zanzäro seiyedi ne!).
si ne ya-kan dau zuza zäniwa Sar,
ya-kai ya-si a gidä-n-sa, kamu-n?) wota békoi
yä-sanya, yii-zama da.
er ist er pflegt aufnehmen Wurm grün ganz,
er trägt er setzt ins Haus sein, Monat 7
er hat sich verwandelt, er ist geworden Kind.
Der Hornis ist ein Heiliger.
Er holt einen grasgrünen Wurn
und trägt ihn in sein Haus.
In 7 Monaten verwandelt der Wurm sich
und wird sein Kind.
Daher sagt man auch:
zanzäro, ki-meida da-ù woni na-ka,
Hornis, du verwandelst das Kind des Andern (zu) deinigem.
50. H zanya, gyare, B (K) rigiki, Grille.
H Epitheton mi-tauri-n kai wörtlich: hartköpfig; doch ist der durch-
dringende Schall ihres Zirpens gemeint. Überhaupt wird mi-tauri-n kai
allgemein im Sinne von Goin: dayados gebraucht.
B (K S. 61). Zur Grille sprach Gott, als die Insekten ihn um Be-
schäftigung gebeten hatten: niye yimpiyayé lokte tsetia, wogérma yéke
— künde Botschaft, solange es an der Zeit ist.
5l. H fará, Heuschrecke. Sinnspruch:
fara, fun, fama sú su-ka bata ` dunia,
Heuschrecke, Dürre, Kampf sie sie haben zerstört die Welt.
92. Heuschreckenarten (bei M und R nur babe angegeben):
H a) bäbe, grösste Art, b) kworsayä, gelblich wie die vorige, c) zanka,
rot, d) sada-mai, „gib Fett zu trinken“, rötlich, klein und fett, e) zanka
lale (lale Henna?) über 1 dm lang.
1) seiyedi, dem Arab. entlelint wie 39 alwoli und in gleicher Bed., mit dem
Nebenbegriff Wundertäter.
2) kamu eig. Ergreifung. Mass; hier im Bereich, im Lauf von.
878 Prietze:
Für B gibt K S. 72ff. (in engl. Übers. S. 198ff.) eine ausführliche
Beschreibung von fünf Heuschreckenarten.
In folgendem H-Liedchen werden die genannten als Sippe besungen,
deren Vorkämpfer zaùķá lale ist.
Na')-kworsayä, na+)-zanka,
mizi-n Sadamai, tord-n"*) babe,
yii-sa maza*) dana, zankalale.
Er, der Kworssaja, der Sanka Bruder,
Gatte der Schademai, Bulle des Babe,
hat das Volk in die Wildnis gescheucht, Sankalale.
53. H kélu‘) (in Zindir und Daura), makésua (= M R, in Sokoto und
Kano), B kelüma, Glühwurm.
Kinderruf: H kelü, hannu-ni da mai,
Hand mein mit Fett,
d. h. komm in meine Hand und mache sie glanzend.
B kelüma, yelle haske ruskin,
öffne Licht, (dass) ich sehe.
Sprichwort H (M): wuta-n makisuwa ba ta-däfa wake, das Feuer des
(ilihwurms kocht keine Bohnen. (Mit Lügen kommt man nicht weit.)
54. H wazi, Schmetterling. Direkt zur Benennung dienen auch
folgende Beinamen:
H litafi-n Alla, Buch Gottes,
H malim fatata, blätternder A (fatata Schreibheft)
B mälem batata-ma, „
Daher: B malem batata-ma tee 4 num ferumne, wende dein Blatt
(kakadö) um.
Anlass zu solchen Bezeichnungen bot das stete Klappen seiner Flügel.
55. H kurgiiguma®), B kuleimu, Motte.
H kurgunguma mäte-l buzuzu,
die Frau des Mistkäfers.
Ebenso auch in Lied 11 genannt.
B kuleimu kurugu bannazi,
die Motte die Tobe zerstört.
Vel. noch H Sprichw. 29: kulakai kurgüügoma da gudu-n šáfo (wo
es nur auf Grund von Schön und Barth falsch übersetzt war), die eitle
Motte flieht vor dem Habicht.
I) na männliches Deuteelement. das hier speziell Bruder bedeutet, vel. u. Safo.
2) toro, Männchen grosser Vierfüssler. Sinnbild hervorragender Kraft. vgl. u.
bauna.
3) maza, Männer sind hier die nicht zur Sippe gehörigen Heuschrecken: zillei.
der kworsaya ähnlich, aber mit längeren Hinterbeinen ‘kalemu) und furdudua (dem
Bornu entlehnt), grau gesprenkelt, kleiner als zanka.
4) Vel. kellü, Name einer aus Bornu stammenden Sängerin in Lied 34 Anm. li.
Ə: Kurgunguma bei Schön und Barth unrichtig durch Käfer, bei M durch kleine
Larven wiedergegeben.
Pflanze und Tier im Volksmunde des mittleren Sudan. 879
56. H buzúzu, Mistkäfer. Der Volksmund, der ihn zum Gatten der
Motte macht (s. 55), schreibt ihm gleichwohl in folgendem Liede, das
seine Parallele oben bei der Hornisse (49), unten beim Raben hat, eine
unerhörte Form der Fortpflanzung zu.
Buzuzu seiyedi') ne,
si ne ya-kan dau tutu zimi’*) kor,
ya kai ya-si gida-n-sa.
kamu-n') wota bokoi yä-sauya,
ya-zama da.
Der Mistkäfer ist ein Heil’ger.
Er holt sich den schärfsten Mist
und trägt ihn in sein Haus.
In sieben Monden verwandelt der Mist sich
und wird sein Kind.
Ein anderes Liedchen
buzuzu-n Gwäri,
; túdkudi mi-käsi,
ka-čínye kasi-n?)!
57. H kudt, Wanze Ihr Geruch wird für den des Himmels erklärt,
ist übrigens auch bei Arabern beliebt. Stehende Epitheta mi-cizo bissig
und hana berici hindern Schlaf (wie u. Mücke 48).
58. H koma, Floh. Beiwort mi-zalle, der Hüpfende.
59. H gizogizo, B ankabüti (aus d. Arab.), fuleifuleima Spinne.
B letu ùgúbua*) ankabuti-be gei
S S fulcifulema `
er lauft immer hin und her wie eine Spinne.
60. H cirnuka, schwarze Ameise (nach Barth gross, nach R klein).
Genannt mi-ba-n hausi, Geber des Zorns. Denn sie macht dem
Menschen viel zu schaffen, ohne dass er sie fassen kann.
In Lied 36 wird sie spöttisch mit dem dunkelen Bornumann zu-
sammengestellt:
cernaka Ba-Barbari ne,
beki da-n korio
— die dunkle Ameise ist ein Bornuer, ein schwarzes Näpfchen.
Gët ee
1) S. die Erkliirungen in den Anm. zu 49.
2) Unter den obenerwiihnten Verstirkungsadverbien wird zami kor von mir als
„ganz sauer“ angeführt.
3) Mistkäfer, du Heide (Goart, meist Baguare, pl. Guaräwa, Heidenvolk, zwischen
Haussa u. Bornu vgl Lied 40), stoss den s. Notdurft Verrichtenden um, friss den Kot.
4) lētu Inf., lētu ngubua, wort]. mit viel Gehen.
Sa Prietze:
61. H. kélkwasa, rötliche Ameise (Barth korkasa, Wanderameise).
welche die etwas kleinere Termite aus ihrem Bau vertreibt.
Daher: kolkwasa fudda migida,
hole heraus den Hausmann.
62. H goano (M goano, schwarze Wanderameise), ebenfalls Feindin der
Termite.
Beiname mi-yäki, Kriegsmann-
Die Sprichwörtlichkeit ihres Mutes bezeugt der Anfang eines Helden-
liedes: Amadu ya-na da yäki kama-r göanö, A. führt den Krieg wie ein G.
63. H gar, Termite, mi-banna, zerstörend genannt.
Liedchen:
garā da rua ma!) ta-na gina,
bäbu rua ma‘) ta-na gína’).
Alla ne ya-bü-ta,
wä za-ya hana-ta?
Wenns Wasser gibt, baut die Termite,
wenns keins gibt, baut die Termite.
Gott ists, dere ihr gab;
wer wehrt sie ab?
64. H gina (nicht bei M R, wohl von obigem Zeitwort bauen, graben).
weisse, fette Termite, die in der Regenzeit geröstet und mit Pfeffer und
Salz verspeist wird.
Daher: gina ta marmasö°) mi-kamSi-n dädi=entbeinte G., lieblich
duftend.
65. H zagó, grosse Termite, die mit der goano (s. 62) kämpft (M
Termitensoldat).
Epitheton mi-fada-n takáiči.
Kämpfer des [ngrimmes.
M Sprichw. gari-n-yudu-garä ya-haye ma zago, weil er vor der gara
(s. o. 63) lief, stiess er auf die z. — Incidit in Scyllam, qui vult vitare
Charybdim.
66. H sdansanz, Tausendfuss. Auch kunänme-l Fulani, Skorpion der
Fulbe genannt, weil diese ihn mit dem wirklichen Skorpion verwechseln
sollen.
1) ma kiirzere Nebenform zu Kuma auch, wieder.
2) M hat die beiden ersten Zeilen, und zwar in der Fassung
in da rua gara ta yi gini
e bubu , nn p
3) marmasa zwischen den Fingern wirbeln, z. B. die Erdnuss, um sie von
der Hülse zu befreien, hier um die Beine abzustreifen, (bei M nicht ganz richtig
durch streuen wiedergegeben.) Das Subst. in pass. Sinne ist marmasö. Für den
Vorsatz ta zum Anschluss eines Attributs an ein vorhergehendes Feminin (vel
Vierm, I Anm. 37),
Pflanze und Tier im Volksmunde des mittleren Sudan. | Ss]
Von Einem, der sich viele Wege macht, heisst es scherzhaft mi-yawo-
n-kafa (od. mi-yawo-n tafia) kama-n Sandani vielfüssig od. vielwandernd
wie der Tausendfuss.
67. H kunama, Skorpion.
Zu ihm sagt man:
Mairö!), el-kunäma, köwa ya-goyé-ki,
Mirjam, Tochter des Skorpions, nur auch immer er hat gewartet dich,
ma yä-yes-ki.
auch er hat weggeworfen dich.
68. H kurkinu B gúdi (K neid) Guineawurm, weiss, 1 Klafter lang,
lästige und lahmende Plage zu Beginn der Regenzeit?).
H kurkunu girgamö?) mi-tämakäm?)
der lähmende, hilflos machende Guineawurm.
H käi-zı damäna,
Du hast gespürt Regenzeit,
ká-tāši.
du bist aufgestanden.
B gúdi ši-ga či-tei dunordm-bé*) = der Guineawurm fasst das Bein an
der Stelle der Kraft (am Knöchel oder am Knie).
69. H sankara, Gurowurm.
Beiwort: mi-banne-l göro.
Zerstörerin der Kolanuss.
70. H gemda, Holzwurm.
Sprichw. gäri-h gumda gäri-m banza, dam) ba-a tuo da ši, das Mehl
des Holzwurmes ist unnützes Mehl, weil kein Brei davon gemacht wird.
71. H kwado, B koko, Kröte.
H kwadö babu ya-na töna sibka köa
nichts er gräbt d. Saat wessen auch immer d. h. sie ist
harmlos, tut keinen Schaden.
1) Vgl. Einl. 1. Seite.
2) Mein Gewährsmann behauptet, in Tripolis, wohin er von Sindir gepilgert
war, deren fünf gehabt zu haben, weil er daheim zuvor schlechtes Wasser getrunken
hatte. Als Heilmittel wird tafarnua, laut St. Allium sativum, Knoblauch gestampft
und auf das Loch gebunden; der Wurm stirbt davon und wird dann herausgezogen.
Auch Hunde, Hühner, Ziegen, Schafe verfallen ihm, während Pferde und Kühe
verschont bleiben.
3) Girgamo wird von M ebenfalls für Guineawurm angegeben, während es nach
meinem Gewährsmann vielmehr dessen Beiwort ist im Sinne von mai-sa gurgunti
hinken machend. Laut ihm ist täamakäm (nicht bei M R) hilflos, mistämakam
hilflos machend.
4) duno, Kraft, duno-ram, Gegenstand der Kraft; das Suffix bē hier wie in
taskin musko-bé, ich nehme bei der Hand.
5) dam od. dom aus domin weil.
Zeitschrift für Ethnologie. Jahrg. 1911. Heft 6.
ei)
kel
882 Prietze:
H kwado mägani-n Ziri.
Das Heilmittel des Schnupfens.
Denn man glaubt sich vom Schnupfen zu heilen, wenn man sich die
Stirn mit einer Kröte einreibt, bis diese blutrot wird.
B Sprichw. köko-ro laine, margubän-!)ti kelädo
der Kröte sei verträglich, der Urol!) Feind
= verträgst du dich mit der Kröte, wird dir der Urol!) böse.
72. B burdiddek (K bertetege), Ochsenfrosch. Wer sich mit seinem
Fleisch einreibt, verbrennt sich nie. Es ist weiss und fett, daher auch
willkommene Speise:
burdiddek da-n-zu gilaro-be gei
Ochsenfrosch Fleisch sein des Widders gleich
13. H hawvinia, B hasiigo, Chamileon.*)
H hawoinia mi-dåčien náma, kowa Ci-ki, ya-amayes°)-ki.
bitter von Fleisch, wer aych isst dich, er speit aus dich.
Zu einem unruhigen Menschen sagt man:
ka-na tafia ka-na kömowa kama-t tafia-1 hawoinia
du gehst, du kehrst zurück gleichwie das Gehen des Chamäleons
(wegen seiner Hurtigkeit auf der Fliegenjagd).
B ini girga-zina, falfal-zin kasingo-gel.
ein Gewisser hat sich geärgert, er wechselt Farbe dem Chamäleon gleich.
74. H damo, B marguban (cf. unter 71) Urol, grosse Kidechse.
M Sprichw.: Allah si kai dämo ga harawa, ko bai ci ba, Si yi birgima,
Gott bringe den Urol zur Bohnenranke; auch wenn er nicht frisst, möge
er sich ergötzen.
Sprichw. 77: aboki-n dämo güza, aböki-n wasi-n kunkuüru*) busia,
des Urol Freund ist die gúza (grössere Kidechse), der Schildkröte*) Spiel-
genoss der Igel (gleich und gleich gesellt sich gern).
75. H kado, B kuram, Krokodil.
Ihm wird zugerufen:
H fafau°), dama-ruä°), su da kai ya-baci:
Zerschneider, rühre das Wasser, Fisch mit dir er ist verloren:
kowa-i-gamu da kai, sai kuwa.
jeder der zusammentrifft mit dir, nur Wehgeschrei.
1) Grosse Eidechsenart = H damo s. u. CL
2) Es gilt für glückbringend. Sein Kopf, nebst einer mit einem Zettel voller
Koransprüche umwickelten Hundszunge als Amulett am Oberarm getragen, bewahrt
vor llieben. Wer einen so Geschützten schlägt, muss die Zunge herausstecken und
kann sie erst wieder einziehen, wenn jener ihm Wasser zu trinken gibt.
3) M amai Erbrechen. Die Entstehung der Bildung auf s erhellt aus der An-
gabe meines Gewährsmanns, s könne hier auch durch r oder ] vertreten sein.
4) Näheres über die für schlau und witzig geltende Schildkröte s. Tierm. 11.
5) Substantiv zu M fafa zerschneiden.
6) Bildung wie Tunichtgut, italienisch fa rabutto,
Pflanze und Tier im Volksmunde des mittleren Sudan. 883
Sprichw.: wönde ya-sami lamini daga kädö, sai ya-i ta-wonka!) = wer
vom Krokodil freies Geleit erlangt hat, nur der mag baden.
B auch abu inktwa Wassermann genannt.
76. H maci:i, B kādi, Schlange (allgemein).
Sprichw. banzá kau da-m macizi, domm ya-na dIzo”).
umsonst schön der Sohn der Schlange, weil er beisst.
Vgl. Sprichw. 90: wönda mačiží ya-sira’), in ya-ga beki-n zimma,
ya-kan gudu = wen einmal eine Schlange gestochen hat, der läuft schon,
wenn er einen schwarzen Lappen sieht. Nach einer Bornulegende bei
K S. 62ff. stammen die Schlangen vom Krokodil ab und dann eine Art
von der andern. Seit der erste Mensch ihrem Biss zum Opfer fiel, ge-
stattete ihnen Gott in Verborgenheit zu leben. Eine eingehende Be-
schreibung von neun Schlangenarten in Bornu s. ebendort S. 65ff., in eng-
lischer Übersetzung S. 189ff.
77. H kwakia, sehr lange Schlange, Lieblingsobjekt des Schlangen-
bändigers, rot unter dem Halse (nach M schwarz und weiss gefleckt, nach
R lang, schlank, hellfarbig).
Liedchen: kwakia mi-ża-ù wuya’*),
kowe-i-gamı da k’e sei küka*)
— Kw am Hals mit dem roten Schein,
begegnet man dir, gibt’s Heulen und Schrei’n.
78. H kasu (von M irrig als Pythonschlange aufgefasst), 1 m lang,
armsdick, erdfarbig mit dunkeln Punkten, sehr giftig, lebt von Mäusen
und kleinen Vögeln. Sie schläft des Tags und wacht selbst getreten
nicht auf. Nur wenn man sie mit Urin benetzt, schnellt sie empor und
holt dann selbst den Reiter ein.
Sprichwörtl.: berici kame-l kasa = ein Schlaf (so tief) wie der der
Kassa.
79. H salo (nicht bei M R), kleine braune Schlange, die sich im
Stroh versteckt, daher auch madizi-n kaikai, Strohschlange genannt. Ihr
‚ruft man zu: Lumbúlumbú*), macizi-n kaikai, sari ka-na nök’ewa, Stroh-
schlange, du Heuchler, du stichst und ziehst dich zurück.
80. kubübua, kleine, sehr giftige), gelbe und pantherartig gefleckte
Schlange (bei M kleine, dunkelrote, giftige Schlangenart, bei R 5—6 Fuss
1) ya-i ta-wonka, wörtlich: er tue das (Ding) des Waschens.
2) Das Beissen der Schlange wird der Regel nach nicht durch čizo, sondern,
dem Eindruck des Vorgangs entsprechend, durch sära, hauen, wiedergegeben.
3) ža rot, wuya Hals.
+) Die zweite Zeile fast. gleichlautend schon unter 15.
5) lumbulumbuü, Heuchler, anderswo nicht angegeben.
6) Ihr Biss ist tödlich, sai da makari, d. h., wenn nicht ein Gegengift ange-
wandt wird, bestehend aus zusammengestampften Blättern verschiedener Bäume.
Auch muss die Wunde ausgesogen werden.
57*
884 | Prietze:
lang, schwarz-weiss gefleckt). Sie erhebt sich, sowie sie Menschen oder
Rinder kommen hört, und schnappt zu. Daher sagt man zu einem jäh-
zornigen Menschen:
hali-n-ka kama-n na kubübua,
Charakter dein gleichwie der der Kububua.
81. H tandara, von der Grösse der vorigen und ebenfalls gefleckt,
aber unschädlich. Sie versteckt sich im Staube.
Liedchen: futó, futo®), tandara,
futö daga rami,
ki-zo dünia gida-n dädi!
Heraus, heraus, Tandara,
aus der Höhle heraus!
Komm in die Welt, in der Wonne Haus!
82. B carko, in K s. Bornulesebuch, das S.65—72 (in engl. Uber-
setzung S. 189—198) eine eingehende Beschreibung von neun Schlangen-
arten enthält, Sargo genannt und als harmlose, schön schwarz und weiss
gefleckte, daumdicke und einen halben Klafter lange Hausschlange ge-
schildert. Von ihr heisst es:
B carko kädi kamwä-be; amguä-ga?) dū-či,
„ Schlange der Frauen: die Männer vertreibt sie.
Denn als Hausschlange ist sie den Frauen bekannt, während die
Männer sie aus Unkenntnis fürchten.
Daher vielleicht identisch mit H ma¢izi-m mata, Schlange der Frauen,
einer kleinen Hausschlange.
83. H gamsika, B kādi ċilim*), lange, schwarze, träge Schlange.
H gamsikaä, füte-l-ka räna räna
n Herauskommen dein Tag Tag
= B kadi čílim, lugo-num im imma =g. bzw. k. č., du kommst nur einen
Tag in der Woche heraus.
84. H mesa, Riesenschlange. Ihr Fleisch wird wie guter Fisch ge-
schätzt. An ihre Erlegung knüpfen sich wunderbare Geschichten. Wenn
der Jäger sie im Wasser erblickt, setzt er sich an den Rand, streckt die
Beine hinein und lässt sich bis an den Rumpf überschlucken; hierauf
spreizt er die Beine, steckt ihr sein Messer ins Maul und schlitzt sie auf.
Oder der Vorgang spielt sich auf dem Trockenen ab, wo dann der bis an
den Leib Übergeschluckte sich das Schwanzende der Schlange über die
Schulter wirft, so dass sie zerbricht.
Stehende Wendung mésa mi-hadia da-n woni, die mancherlei Leute
(wörtlich: das Kind des anderen) verschlingende Riesenschlange.
1) futó, komme heraus.
2) K. amköa, Mannsleute; ga Sutff. des Obj.
9) kadi čim, schwarze Schlange.
Pflanze und Tier im Volksmunde des mittleren Sudan. 885
85. H 2 Fischarten, tarewoda!) (= B abu Zitiwa „Bartharwesen“) lang und
schlank, und ziwo (R zau) gross, ohne Gräten. Beide mit dem Beiwort:
mi-dädi-n näma.
lieblich (an) Fleisch.
86. H gdiwa, Protopterus. Er geht zur Trockenzeit in den Schlamm
und nimmt seinen Schwanz ins Maul. Daher sagt man:
gaiwa, ki-¢i wuzie-I-ki.
du issst Schwanz dein.
87 H kurwigu, Fisch mit drei Stacheln. Wer darauf tritt, dem dringen
sie durch den Fuss. |
Epitheton: mügu-n kifi, böser Fisch.
88. H lolü, B abu kalegiwa („Stachelwesen“), bunt gestreifter, 1 Elle
langer, stachliger Fisch. Er wird mit der Harpune erlegt.
H lola ba kämi-n yäro ba
nicht Fang der Knaben
d, h. der Fang des |. ist kein Kinderspiel.
89. H munkirid (M myirya), Zitterwels, 1 Elle ines so elektrisch, dass
seine Berührung tödlich sein kann. Er wird gegessen, besonders aber zu
Amuletten verwertet. |
Beiwort: kazziki (aus kas-ziki)
„töte den Leib“.
90. H zukara, Hahn. Von ihm heisst es humoristisch:
zakara yé-če: nä-ki kämu-n?) dere, ko sdriki zä-ka
. der Hahn er sagt: Ich hasse den Fang der Nacht, und ob König willst du
ba-ni*)
l geben mich.
= Der Hahn spricht: Ich mag keine nächtliche Abholung’), und wenn
man mich zum König machen will.
91. H zakó, Küchlein. Man sagt zu ihm:
zakó samu ka-ķi dengi‘)
. finde hasse Sippe.
Denn sowie es einen Biksan erhascht hat, eilt es davon, um ihn nicht
mit seinesgleichen teilen zu miissen. i
Zu meinem Sprichw. 21 da-n zako da lāya-r ķámzo, das junge Kücken
(Kind des Kückens) ist seiner Kruste sicher (hat den Zauber seiner Kruste).
1) Auch das H kennt die Redensart dessen, der nach Fischgenuss durstig wird:
Der Fisch will schwimmen = kifi ya-so kúrmua.
2) Um ihn zu schlachten, holt man ihn im Dunkeln.
3) ba im Sinne v. sa für machen vgl. Nr. 148.
4) dengi erläutert Nr. 127),
886 Prietze:
Vgl. Schéns Haussamärchen Nr. 48, wo das Kücken mit dem Zauber
der Kruste, in Schöns Schreibung: dan čiako da layan kämzö, sich alle.
möglichen Tiere und Elemente dienstbar macht.
92. H kuzd, B kukii!), Henne.
H Die Plejaden kaza mi-dia „Henne mit Kindern“ vgl. Hiob 9, 9.
Sprichw. 25 hausi-n kazi fucé a ka-n diwa, Hühnerzorn lässt sich an
der Hirse aus.
B (K) Scherz: kugui timı litsia, wu niga beäntseskin, ich will dich be-
zahlen, wenn das Huhn Zähne bekommt.
Spriehw. kam kana küguibe ntSétsoma bägo sai alla. Niemand kann
den Hunger des Huhns stillen, als Gott. K 47f. gewinnt das Huhn eine
Wette mit dem Elefanten, wer am meisten fressen könne.
93. H fükura, B kaye, rebhuhnähnlicher Vogel.
Hier das scherzhafte Sprichwort:
H ko ba dedc*), fakara za-ta kai zabua.
Ob geben verweilen, Rebhuhn wird sie bringen Perlhuhn,
ins B übersetzt umbiyaé zäman kurgi-zia, kaye kaci-ro wol-zin
= wenn man’s nur abwartet, bringt’s das Rebhuhn noch zum Perlhuhn.
94. H tarikariki (R terikerike, grosse Art Waldtaube), blauer Vogel,
etwas grösser als ein Perlhuhn.
Beiname: zakara-n dana
Hahn der Wildnis.
Nach R auch malemi-n daji, Lehrer der Wildnis, seines Lärms wegen.
95. H tantibara*), B kantabar*), Haustaube.
B kantabar kukui maiw;-be.
Taube Huhn der Könige.
Denn sie darf ungestraft auf den Feldern naschen.
96. H dürdo, kleine wilde Taube.
Man nennt sie mai-kiwo-n zabta®), die sauber weidende, im Gegen-
satz zu der gefrässigen kürtia®) einer anderen Wildtaube.
97. H bambami, kleiner Vogel, der sein Nest aus Baumwolle baut.
Zwischen ihm und dem eben genannten bardo dichtet der Volksmund
folgende Neckerei:
1) K kugui, Barth koki.
2) Zu ba vgl. 90. Der Anfang könnte hier auch lauten in a-n dede.
3) cf. u. 159.
4) K kätapar, Barth katabora.
5) M tsabta, Sauberkeit.
6) Von ihr heisst es Sprichw. 44 küka-n kuréia ba-i-ya hana dawa ido, das Ge-
schrei der Wildtaube hindert die Durra nicht, Körner zu treiben,
— A, ee nr M
Pflanze und Tier im Volksmunde des mittleren Sudan. 887
Bambami, ye-ce: bardo, rüa-n ya-kafe?
Bardo ye-ce: mm?), bambami bari Za-m fada°).
Der Bambami spricht: Wildtaube, ist der Regen versiegt?
Die Wildtaube spricht: Na na‘), Bambami, fange keinen Streit an.
Denn das Nest des Bambami ist auch oben geschlossen, während das
der Wildtaube dem Regen offen steht.
98. H Zumbaka „Rotschnabel, kleiner Vogel, der das Feld in grossen `
Schwärmen verwüstet.
Daher mi-banna, Zerstörer. Knaben fangen ihn in der Falle und
spielen mit ihm, indem sie ihn am Schnabel fassen, den herabhängenden
hin und her drehen und dazu singen:
zünzua°) ciki-n Semé‘),
zambaka, na ¢iki-n°),
iná ba-n®) zambaka?
Vogel-Sie im Röhricht,
Rotschnabel, wo ist innen,
wo ist_aussen, Rotschnabel?
99, H suda, dunkelbrauner Waldvogel von Taubengrösse, den Feldern
gefährlich. Infolge seiner Geschwätzigkeit trägt er den Beinamen: mai-
labäri, der Neuigkeitskrämer. Auch sagt man zu ihm, wie zum Papagei,
fadi ba a-tambaye-ka ba, sprich, wenn du nicht gefragt wirst.
Als Nachahmung seines Gesanges ist ihm Lied 35 in den Mund ge-
legt, und Nr. III meiner Tiermärchen schildert seine Beutefahrt, Gefangen-
schaft und Befreiung.
99a. H da-n ragud, Sohn der faulen Frau oder ragomaza „der Faule
der Männer“ d. h. der Allerfaulste, also „Erzfaulpelz“, ein dem vorigen
sehr ähnlicher Vogel, nur etwas grösser. Er gilt für das Ebenbild dessen,
der sich von der Arbeit drückt, indem er Zahnschmerzen heuchelt, um,
wenn das Essen beginnt, um so lebhafter einzuhauen. Denn während der
Feldbestellung sitzt er auf dem Baum und klagt hm hm; sowie aber die
Ernte naht, ruft er fröhlich na-woriki, nä-woriki „ich bin geheilt“, und
sein Weibchen verkündet ya-doso, ya-doso „er kommt, er kommt!“
100. H aku, Papagei. Man nennt ihn aku mi-yau-ınagana wortreicher
Papagei, auch nnter Hinzufügung des eben erwähnten fadi ba a-tambaye-
ka ba.
1) Vgl. o 27°).
2) Wörtl. lass das Herbeiziehen von Streit.
3) Fem, zu zunzu, Vogel.
4) Rohrdickicht, in dem diese Vögel sich ähnliche Nester bauen wie die
hambani.
5) Grammatisch wichtig ist bei &iki-n und ba-n (verkürzt für bayan, eigent),
hinten) wie auch u. 97 in rüa-n, das determinative n, vgl. Tierm. II A. 7.
888 Prietze:
101. H kabaré, B kafar, gelber Vogel, sehr geschwätzig, von Sperlings-
grösse, gelb und braun, mit rötlichem Kopf. . Sein Pfeifen, unterwegs gehört,
bedeutet Unglück. Auch von ihm heisst es H mi-yawo-n magana (cf. 4.
vor.). In B sagt man von einem Schwätzer
kam neme-wa käfar- gei.
Mensch wortreich dem „ gleich.
102. H carki, kleiner dunkler Vogel, der Pferden, Rindern, Eseln und
dem Kleinvieh das Ungeziefer abliest.
Daher sprichwörtl. mutum mi-sa-n!) hawa bisa kamä-n cärki. Einer,
der immer oben aufsitzen will wie der č. Sein Schnabel dient zum Ver-
gleich für die Guronuss, die in frischem Zustand purpurfarbig ist:
göoro kama-r baki-n čárki.
Guro gleichwie der Mund des „
103. H eileköwa, schwarz-weisser Vogel, Brust und Hals rötlich, von
hüpfendem Gang, zwischen Tauben- und Perlhuhngrösse. Nach Barth
kleiner schwarz und weisser Vogel mit langem Schnabel und langem
Schwanz. Seinem langen, krummen, inwendig gezackten Schnabel dankt
er den Beinamen mi-zawo-n baki, der langschnäblige.
Auf ihn wird wegen seines beständigen Hin- und Herfliegens das
Liedchen gesungen:
| @ilekoko?) Gileköwa,
el-mi-tafiye-] banza °),
ta-kai*) gustim, ta-kái yamma,
ta-bar wüzia baya.
Tschilekoko Tschilekowa
zieht vergeblich hin und her,
kommt nach Süden, kommt nach Westen,
und den Schwanz lässt sie zurück.
(Denn mit dem langen Schwanz wird das Nest vepolstert.)
104. H cokvikéiwa, nach Achmed ein brauner, fast eine Elle hoher,
sehr geschwätziger Vogel. Sein Name ahmt seine Stimme nach, die mit
dem Schall des Schmiedens verglichen wird.
Daher in Lied 36 (aus Kano).
cakaikaiwa iri-n makera,
da Siri-n ka ši-ke
= der č. ist von der Schmiedezunft und Schmieden sein Gewerbe.
Epitheton: mi-yawa-n dumi, der geräuschvolle.
Ebenso Sprichw. 82: ©okoiköiwa da ta-i yawa magana mi ta-samu?
der &., der viel Worte macht, was erreicht er?
1) mi-sa-n durch Einfluss des Å aus mi-so-n.
2) čilekókő, einfach Laut nachahmend.
3) Wörtlich Tochter der vergeblich Reisenden.
4) kai heisst. bringen, aber auch erreichen.
Pflanze und Tier im Volksmunde des mittleren Sudan. SCH
105. H kosökosu, Pelikan.
Sprichwörtl.: mi-zawo-n baki kama-n na-kusukosi.
mit Länge von Mund gleichwie der des Pelikans.
106. H búrtu, schwarzer Waldvogel von Gansgrösse mit rotem Hals.
Er soll nur alle zwei Tage trinken, woher der Beiname: mi-hakuri-n kiši-
rua, der geduldig durstende.
107. H tü:e, Insektenfressender Vogel von Putergrösse. (Nach M
wäre es ein grosser aschgrauer Vogel, nach R eine grosse schwarze
Rabenart). Beiwort: da-m babá-ù?) koi, Kind des grossen Ei.
108. H germuka, B guborin, Sumpfvogel, grösser als der Storch, mit
einem Büschel auf dem Kopf, roten Beinen und braunen Flügeldecken,
sonst weiss; als Freund von Erdnüssen auch Feldräuber. Nach R wäre
es der Kranich, nach Barth, falls mit dessen gomraka identisch, Ardea
Goliath, Riippell. Sein Bornuname guborin ahmt den Laut nach, den er -
ausstösst, wenn er sich auf einen Baum erhoben hat: sonst lautet sein
Gesang auch bobo. Man hört ihn gern und nennt einen Sänger lobend
einen germika mai-dädi-n kuka, d. h. von lieblicher Stimme.
109. H zurdi, nach M schiefergrauer Reiher. Von ihm wird behauptet,
er angele eine Schlange, indem er sie seinen Fuss überschlucken lässt,
diesen dann spreizt und mit ihr emporfliegt. Aus der Höhe lässt er sie
fallen und kehrt zurück, die betäubte oder zerschmetterte zu verspeisen.
Hieraus erklärt sich das Diktum:
zarbi ya-kan ce da muüciZi?): köda mi-¢i-i kekasassia”)?
er pflegt sagen zu Schlange: ob wohl essend vertrocknete?
= der Z. sagt zur Schlange: Vielleicht ein trockenes Bein gefällig?
110. H zanwäka (M Ganwaka), grüner Vogel, etwas kleiner als der
Rabe. Von ihm wird gesungen: l
zanwika iri-n sarak’i‘),
kulum köre’) gara-s®)
= der z ist vom Königsstamm, immer im Hesisfewänd,
111. H haùkuka, B gagu’), Rabe.
Wie der Hornisse (49) und dem Mistkäfer (56) wird ihm in einer
gleichgeformten Strophe (cf. dort) eine, übrigens ernsthaft geglaubte,
eigene Methode zugeschrieben, sich Nachkommen zu verschaffen.
1) Gewährsmann behauptet, wegen des folgenden n hier nicht, wie sonst babbä,
sondern baba schreiben zu müssen — wohl wegen der mit dem n verknüpften
stärkeren Betonung.
2) múčiži, Variante von mačiži, vielleicht am besten méčiži zu schreiben.
3) Hier wird kafa Fuss, Bein zu ergänzen sein.
4) saraki pl. v. sáriki, König. Vgl. u. 159.
ð) kóre, Festtobe.
6) gará-s für gari-sa, das neben gare-si vorkommt = zu, auf ihm.
(JK ngagé, irrig für Elster.
$90 Prietze:
H hankaka seiyedi ne,
si ne va-kan yo") sate-l kwo-h woni,
ya-zo ya-sii a gida-n-sa.
kamu-n wota bokoi ya-sauya,
ya-zama dä.
Der Rabe ist ein Heil’ger.
Er stiehlt eines anderen Ei,
er kommt und bringt’s nach Hause.
In sieben Monden verwandelt es sich
und wird sein Kind.
Die Furcht der Tiere vor dem Menschen wird dem Raben folgender-
massen in den Mund gelegt (Tierm. I Anm. 75):
H hankaka ye-ce: m ina zaye, a-ka yi da-n Adam a-zayé ye-k’e k’am
ba-sı karkata. Ta ka-ga ya-yi kar-kata, mugunta zä-ya i; im bi (für ba-
ya)-halbe-ka ba, ya-Zefé-ka = Der Rabe spricht: Ich stehe immer auf der
Wacht, ob der Mensch, aufrecht geschaffen wie er ist, gerade steht und
nicht krumm. Siehst du, dass er sich gebückt hat, so hat er eine Bosheit
vor: schiesst er dich nicht, so wirft er nach dir.
B gägu zoli*) der törichte Rabe. Denn man hält sein stetes Schreien
für unmotiviert.
Weiteres über den Raben s. u.
112. H muita, B abu-simma („Augenwesen“), Eule. Sinnbild des
Bösen, Unheimlichen, weil sie mit andern Vögeln keine Gemeinschaft
pflegt und ein Nachtleben führt. Daher heisst es von einem Unhold:
H mi-biki-n Zini kama-n na muzZia.
von schwarzem Blut wie dem der Eule.
B letu bune-bé dimin abu-simma-bé gei.
Gehn der Nacht tust du der Eule gleich.
113. H sufo, Falke. Sein Beiname karambata (s. Tierm. II, wo er
von der Schildkröte überlistet wird) steht vielleicht zu karambäni, Vor-
witz, in Beziehung. Ausserdem nennt man ihn na-Aisata „der der A.S.
d. h. Bruder oder Gatte der A. (der Personenname Aisata, M Aishetu.
wohl arab. Aisa, wird dem Falkenweibchen beigelegt, vgl. Einleitung).
Man ruft ihm zu:
Safo, saka süra, na-Aisata sarıkı da wonda-n gasi.
Falke, lass los Fang, Mann der Aischa, König mit der Hose von Federn.
114. H one, Habicht’).
Lied 36: šírua íri-m mayāķí,
da širi-n yaki ši-ke.
Der Habicht ist vom Kriegerstamm
und Krieg ist sein Gewerbe.
1) yo für yi, weil es für sein Haus geschieht.
2) K tsóli, dumm, verrückt.
3) Nach M der Steigbügel von Messing, den früher nur Könige und Prinzen be-
nutzen durften, seiner breiten Form wegen witsiya-] shirwa, Habichtschwan genannt.
Pflanze und Tier im Volksmunde des mittleren Sudan. 89]
115. if dunkoiwu, etwas grösserer Raubvogel (Adler?). Sein kirari
(Motto) stellt ihn jedenfalls dem vorigen nahe:
dankoiwai, ke ba Sirua ba, kin-yi kamar Sirua.
du nicht Habicht, (aber) du tust wie der Habicht.
116. H «gulu, B koko (Barth kogo, K koge), Geier.
H agulu ba züfa te-i ba, kama ce ya wounan
nicht Alter sie macht, Gleichheit ist wie dies
= der Geier stellt kein Greisenalter dar, aber er sieht so aus.
Zum Kahlköpfigen sagt man spottend:
B kelä-num silkäta kela köko-be gei; naungua bägo.
Kopf dein kahl, dem Kopf des Geiers gleich; schamhaft nicht.
Der Geier wird auch B köko birni-be, Stadtgeier genannt, d. h. der
Geier, der den Fleischabfall der Stadt frisst.
Laut K S. 77f. (Übers. S. 204f.) herrscht in Bornu der Glaube, die
koge, die er hier ungenau durch eagle wiedergibt, hätten einen König, der
einen besonderen Stein im Magen trüge. Sobald ein Aas gefunden würde,
speie er diesen aus und frässe Augen, Zunge, Herz, Leber und Nieren des
gefallenen Tieres. Erst wenn er dies getan, seinen Stein wieder ver-
‘schluckt und sich auf einen Baum zurückgezogen habe, stürzten sich die
übrigen (eier auf das Aas.
117. H. mekia, grösserer Geier.
Genannt: mekia mi-gäni-n nesa,
: blickend weit.
Man singt ihm zu: mékia, näma-n-ki da wari),
Fleisch dein mit Geruch,
b-in-či*) ba sci göbe da săfe,
nicht wird gegessen ausser morgen mit Frühe.
= Geier, dein Wildpret muss riechen?),
wird morgen früh erst gefressen.
118. H :imena, B gidegu?), Strauss. In Zanfara genannt kaza-n sarki
(M), Huhn des Königs.
H tori*) makasau®) tafi akurki zimena,
sie übertrifft Kückenkorb Strauss.
Singsang: Der Strauss ist zu gross für den Kückenkorb.
B sprichwörtlich: künkuna ragsma gidegu gei,
Geld liebend dem Strauss gleich.
Denn es heisst, dass er Muscheln verschlinge, bekanntlich die dortigen
Kurantmünzen.
1) M wari, Gestank. nach meinem Gewährsmann nur scharfer Geruch, während
doi den wirklichen Gestank bedeute.
2) b-in-ci dürfte aus ba in-éi zusammengezogen sein „dass man nicht esse“.
3) In B Strauss bei Barth kergtko, K kergége.
4) tori und makasau nicht bei M und R; töri soll nach meinem (sewährsmann
allgemein etwas Grosses, makasin Füllung, Ausfüllsel bedeuten.
892 Prietze:
119. H 2émag?, Fledermaus. Von ihr herrscht die seltsame An-
schauung, sie habe nur eine Leibesöffnung, die jedem Bedürfnis diene,
sowohl der Nahrungsaufnahme, als der Ausscheidung und der Fort-
pflanzung.
Sprichwort: kii-¢i na-bisa, zemiigé
du hast gefressen das der Höhe =
(weil sie sich von Baunfrüchten nährt), d. h. auch auf den Menschen
übertragen: Du gebst hoch hinaus.
Über die Verwendung ihres Herzens, um Liebesgunst zu gewinnen
vgl. Sprichw. 17.
120. H bera, kusu), réma*), dambaria M gyabji (Schilfmaus). B
garguma!), Maus.
H dimbaria®) yat)-taba soye ya-gazi zamı
hat geschmeckt Braten ist ermüdet Ruhen
wie B garguma gangala citambina nebtu tikéri *),
Erdnuss sie hat geschmeckt Ruhe hat sich gebunden
= Wenn die Maus Braten (bzw. Erdniisse) gekostet hat, ist ‘ihr Schlaf
dahin.
H (M) wuya maenéin inzi*) gyabji = Schweres geht vorüber, heisst
es bei der Schilfmaus.
121. H kurege, B kineri (K kenyéri) Erdeichhörnchen, ein dem Eich-
hörnchen ähnliches Tier (nach R der Leib etwa 8, der Schwanz 10 Zoll
lang), das in Erdhöhlen lebt und Nüsse und Körner frisst. Barth hält es
für eine Manguste, Schön ebenso irrig für den Fuchs. M für das Eich-
hörnchen, K für eine Art Wiesel. Der Verwirrung ein Ende vemacht zu
haben, ist das Verdienst G. A. Krauses, der ein Fell des Tieres an das
Kgl. uaturhistor. Museum in Berlin sandte, wo es als Erdeichhörnchen be-
stimmt ward.
Es spielt in der Tierfabel des mittleren Sudan die Rolle unseres
Fuchses, und zwar, wie aus K S. 58 hervorgeht, weil es wie dieser in
seinem unterirdischen Bau Notausgänge besitzt, durch die es dem nach-
grabenden Jäger zu entschlüpfen weiss. K S6ff. wird näher ausgeführt,
wie es den Sack voll Schlauheit, den Gott den armen Tieren zum Schutz
gegen Nachstellungen gesandt hat, grösstenteils für sich behielt und unter
den übrigen nur dem Hasen etwas Bemerkenswertes abgab. Es überlistet
die Hyäne wie Reinecke den Isesrimm (vgl. Schöns Märchen 2, 13, 39,
K S. 45f.), auch einen Gelehrten (Schön 3) und den Elefanten (K S. 2891
1) Barth, H küsu, Feldspringmaus, B gerguma, Ratte. Sprichwort zu küso
s. u. IW.
2) H roue nach Barth, der noch miyásso, Baummaus, anführt, Felsmaus, nach
M eine Art Meerschweinchen, nach R sehr grosse, schwanzlose Ratte. in Felsen
lebend.
3) dambaria „Kind des Rauchfangs“, vgl. Tierm. II Anm. 1%.
4) tikéri lautet bei K tergéri.
5) Zu indi vgl. Tierm. I Anm. 23, wo indess „es sei gehört“ zu übersetzen ist.
Vgl. ferner o. 117 inči.
Pflanze und Tier im Volksmunde des mittleren Sudan. 893
ja in einem Beitrag von G. A. Krause zu Schéns Märchen (Schön S. 275f.)
den Elefanten und das Kameel zugleich. Daher sein Beiname: B (K
S. 58) mei birgobé = König der Schlauheit. Und von einem schlauen
Menschen sagt man:
B (K S. 41) kam ate, burgöntse bürgö kenyeribe gadi = die Schlau-
heit dieses Menschen ist wie die des Erdeichhérnchens. Sein Fell dient
dem Zauber, einen Mann impotent zu machen.
H ba ka-kas kurége, ba ka-zi tuze!) wüzia,
nicht du tötest „ nicht du fühlst enthaaren Schwanz.
= erlegst du das Erdeichhérnchen nicht, kannst du auch seinen Schwanz
nicht enthaaren.
B gafarei*) kineri-be gei = wie ein Erdeichhörnchenschwanz.
122. H como, B terguna®), Hase.
Wie eben erwähnt, gab ihm (laut k S. 58) das Erdeichhörnchen
etwas aus dem Schlauheitssack, nämlich den Rat, mit offenen Augen zu
schlafen, mit geschlossenen zu wachen.
Auch berichtet eine reizende Geschichte, die G. A. Krause zu Schöns
Sanımlung beigesteuert hat (Schön S. 272ff.), wie der zomo durch List
den Löwen umbringt.
H (Sprichw. 41) dädi m magana ita ta-kai zömo käsua = ein freund-
liches Wort bringt einen Hasen auf den Markt.
(Sprichw. 75) zömo in ya-Sida‘) ba-3i Zi-h ganga-m faräuta = wenn
der Hase sich niederlässt‘), hört er die Jagdtrommel nicht.
B kam ` Kries geni ` dan-Zzu-ga citambin baägo,
Mensch mit Hund ist nicht Fleisch sein er schmeckt nicht,
= wer keinen Hund hat, schmeckt keinen Hasenbraten.
123. H dagé*) Honigdachs. Er gilt für den Typus von Neid und
Bissigkeit. Wenn er nachts auf die Weide geht, lässt er kusa (s. Einl.),
sein Weibchen, einige Schritt hinter sich hertrotten. Hat sie etwas Gras
gefunden und zischt, so wendet er sich um und frisst es ihr vor der Nase
weg. Menschen packt er hinterrücks bei der Fersensehne. Man stellt
ihm nach wegen seines Felles, das, auf den Sattel gelegt, den Reiter
hieb- und stichfest macht, wie früher seinen Träger, der nur durch einen
Schlag auf die Nase zu erlegen ist.
Sprichwörtlich: da kısi kama-d®) dage,
eifersüchtig wie ein Honigfuchs.
1) tuže = fida gasi, das Haar abziehen, bei M ungenau = gerben.
2) K ugafarei, Barth ngaberä, Schwanz.
3) Barth targona, K tärgüna,
4) Hier war a. a. O. die Übersetzung unrichtig.
Al M due, Buschtier von Katzengrösse, R dege, grasfressendes Tier, das nur
nachts ausgeht, Barth degge, Dachs. Von mir im zoologischen Garten Kairos als
Honigdachs festgestellt. Übrigens war das hiesige Exemplar sehr zahm und für
Liebkosung empfänglich.
6) kama-d assimiliert aus kama-l,
894 Prietze:
Man apostrophiert ihn.
dage na-kusa, ki-sa mazäa | daddafe'), kam?) fada
(vgl. 113) du hast gesetzt Männer känpfen
komawa
wiederkehren
= Honigdachs, Gatte der kusa, du packst die Männer. dass sie auf die
Hände fallen; nur immer von neuem drauf!
124. H debgi (M dabei), B zasi*), wahrscheinlich Erdferkel, etwas
grösser als der Honigdachs (123), von starken Beinen, weiss und braun.
Beiname: keta kasa,
zerreisse die Erde.
Denn es heist von ihm, er fahre in die Erde, ohne dass eine Öffnung
vorhanden sei. Deshalb gilt sein Fell und Fleisch den Dieben als Zauber,
um durch verschlossene Türen in die Häuser zu dringen.
125. H tunku, B zoro*), ein ebenfalls sich eingrabendes Tier, das um
seines Felles willen gejagt wird. Ks ist noch grösser als das vorige,
aschfarben (tokitoka), frisst Mäuse, kleine Vögel u. dgl. und riecht sehr
übel.
Daher: tunku mi-wari = Stänker Tunku, als Schimpfwort auch aut
Menschen angewandt.
Man sagt zu ihm:
a-na-gina-ı-ka, a-na kauda kai domi-n wari-n-ka,
man gräbt nach dir man wendet ab Kopf wegen Geruches dein.
126. H bddari®), B Ailkili, schwarz und weiss geflecktes Tier von der
Grösse einer kleinen Katze, das jungen Hühnern nachstellt. Ks sucht
sich seinen Verfolgern durch fortgesetzte Attentate auf ihre Geruchsnerven
unnahbar zu machen.
Daher sprichwortlich:
H mi-tusa®) kama-r bodari
vleichwie der „
B tusa®) ¢i-din kilkili-gei,
er macht dem „ gleich.
Vgl. Sprichw. 2, wo ich bauderi schrieb und als Bedeutung Iltis ver-
mutete.
1) dutt auf die Hände fallen: hier daddaté, weil es sich um mehrere handelt.
Bei M dafé = sich anhalten.
2) kam assimiliert aus Kan, gut.
3) Vel. Barth H degge für Dachs {neben tunku s. u.), d2oro für Ameisenbär,
B sisi für Erdschwein. Vgl. d. folg.
4) M tunkü, katzenartiges wildes Tier, k tunku, übelriechender Panther. Vgl.
Barth in vor. Anm.
5) Barth gibt irrig bauderi als Fuchs.
6) tisa = erepitus ventris, mi-tnsa = crepitum ventris emittens.
Pflanze und Tier im Volksmunde des mittleren Sudan, 895
127. H gadu, Bgursulut), Eber.
Hier ist das Epitheton H mügu-n däua, der pose der Wildnis, auch
zu direkter Bezeichnung geworden.
Sprichwörtlich sein Hauzahn: H hakori kama-n na-gada B timi
sursulu-bé géi, ein Zahn gleich dem des Ebers.
128. H dörina, B gerwtu oder goręntú (Barth ügurutü, K ngurutu
Flusspferd.
H dörina mi-kabri-n*) fata, das Flusspferd mit dem dicken Fell.
B gerütu, bürego-num bunt = Flusspferd, deine Schlauheit (zeigt sich)
nachts.
B da-n-zu zögo°) megu-gei ¢i-dina
Fleisch sein 10 gleich es tat
= Sein Fleisch macht 10 Körbe voll aus. Wenn man es mit Natron
kocht, schwillt es zu zehnfacher Ausdehnung.
129. H giwa, B kumagun, Elefant.
An ihm scheint dem Sudan nur die Masse bemerkenswert, keineswegs
die Klugheit. Er wird überlistet von Erdeichhörnchen (s. ob. 121), vom
Hahn (K S. 48ff.), ja vom Huhn (s. ob. 92), vor dessen Schrei er seitdem
davonlauft.
H ka-na girma kama-r giwa,
du bist (so) gross gleichwie ein Elefant.
Sprichw. &4: ko giwa tä-räme ti-fi karefi-n tokunya dea, ko giwa tă-
rame ta-fi Siga rami = selbst für einen mageren Elefanten ist ein Topf
zu klein, selbst ein magerer Elefant ist zu gross, um in eine Höhle zu
gehen.
Als grösstes einem kleinsten Tier gegenübergestellt in dem Sprichw.
(M): giwa gari-m woni küsu (s. ob. 120) = ein Elefant ist an einem andern
Ort nur eine Maus.
B sumo kumägum-be gei = gleich dem Ohr des Elefanten.
Scherzhafte Bornuredensart (K):
wuma mei Lien kamägunbe = ich bin der König Elefantensack, d. h.
ich bin so stark, dass ich einen Elefanten im Sack tragen kann.
130. H zuks, B kulgüli*), Löwe. Nach St. 693 Sinnbild der Herrschaft.
Läut meinem Tierm. I vom Löwen und Schakal und der parallelen
Bornuerzählung vom Löwen und wilden Hund bei K S. 55f. gilt er auch
dem mittleren Sudan als König der vierfüssigen Tiere, der nur den
1) Barth hat für H gúrsunú neben gad und ist über ihren Unterschied un-
sicher. Eins von beiden sei Phacochverus Aecliani. R führt gurusunu, gursuna auch
für zahmes Schwein im H an.
2) M kabri, Dicke.
5) K tsugü, Korb.
4) K kurguli oder kuruguli, Barth kürguri. Daneben mina, K mina, Barth mina
in den westlichen Provinzen.
elle Prietze:
Menschen über sich zu fürchten hat!). Daher wird er H mänya-n Zeäı
oder mänya-n daua = Fürst der Wildnis genannt.
Andre H-Beinamen sind: wondawa und wondara (vgl. Wandara als
Beiname eines tapferen Sokotowesirs in Lied 43), z. B.:
wondära yä-sa maza gudu,
er macht die Manner laufen.
Ferner gadanga’*) M „Mächtiger“ (wörtlich „sieh Zaum“), z. B. gadanga,
ka-cı da karefi = du frisst mit Gewalt.
In B heisst es von ihm, ähnlich wie im H vom Leoparden (s. u.):
induyaö gulando niro felezia ci-telgin®) bago,
wer auch immer Finger die wenn er zeigt er zieht zurück nicht,
d. h. wer mit dem Finger auf dich zeigt, zieht ihn nicht zurück, weil er
ihm abgerissen wird.
131. H damisa, B gam*), Leopard.
H (Tierm. I) ki-sabo = unbezähmbar. HEbendort (s. Anm. 52—54)
wird er angeredet:
Da ke da mai-naua sei däuka = wen du nicht packst, der muss
hurtig sein.
Wonda ye-i nuna-ki da yäza, ba-i-ya kai labäri = wer mit dem
Finger auf dich weist, bringt keine Nachricht heim (vgl. 130 B).
Koa ya-gamu da ke babu ya-na arima-m bodirwa = wer mit dir zu-
sammentrifft, führt nie eine Maid heim.
Ebenso: B induyae-rö taduwa®), fero gözin bago,
wem auch immer begegnend, Maid er nimmt nicht.
132. H künwa, B gumbatu°®), Katze.
Der Ausdruck ihrer Augen wird mit dem bösen Blick verglichen.
Daher sagt man zu einem damit Behafteten:
H idanu-n-ka ya na k'ahwa,
Augen dein wie die der Katze.
B Sim-num gambatu-bé gei,
Auge dein der Katze gleich.
Von ihrer Unheimlichkeit zeugt auch das Sprichwort:
B induyaü kanasim’) ¢i-dina gambatu-ya či-tána, korö kanasim
wer auch immer Traum er machte Katze er hielt, wieder Traum
1) Freilich fällt er in einem H-Märchen das List der Hasen zum Opfer is. ob.
122), und in dem B-Märchen vom Hahn und Elefanten (K S. 48ff.) unterliegt das
von ihm und dem Elefanten geführte vierfüssige Heer schmählich gegen die Schar
«ler Vögel und Insekten unter dem Hahn und dem Strauss.
2) gadängama (mit der B-Endung ma) steht in der letzten Zeile von Lied 34
als Epitheton ornans einer Bornusängerin.
3) Das vorausgesetzte Verb ist telgiskin, nicht bei XK.
4) Dafür bei Barth dZazerma, ngam karagabt bei K dzädzirma, zäzirma, ıgam-
patu käragäbe.
5) Vel. K tadeskin, ich begegne.
6) K ügampatu, Barth ngim tsilim „schwarze Katze“.
7) Barth kanasin, K kanäSin, kennäSin, nasin, Traum.
En wm
Pflanze und Tier im Volksmunde des mittleren Sudan. 897
sën kol-zina yet) či-dí
sie er liess los auch er machte
= wer träumt, er griffe eine Katze, der träumt auch, er liesse sie los
(vgl. zur Form Sprichw. 57).
133. H kar’, B kéri, Hund.
Er wird im Sudan ungemein gering eingeschätzt und gilt trotz der
Hilfe, die er bei der Jagd leistet, für töricht, falsch, träge und völlig
nutzlos.
Folgendes Liedchen verhöhnt ihn, weil er nicht einmal als Braten?)
zu gebrauchen sei:
H karé na-arnäko°) mi-kori-h-ka,
Hund mit dem Köcher des Kopfs,
ka-na ciki-n gida,
du bist drinnen im Hause,
a-na néma da-n aküya-.n sund;
man sucht das Kind der Ziege des Namens (festes);
lalatatce kahu‘*) matatée!
unnütz du übertriffst gestorben!
= Hund mit dem Köcher im Kopf voller Zahn’,
da hat man dich im Hause stehn
und muss nach dem Festzicklein suchen gehn,
bist verdorben mehr als gestorben!
Sprichw. 81: mi ya-kai kare biki-n kura?
was es bringt den Hund zum Fest der Hyäne?
karambani.
Der Fürwitz.
B keri scliwa kuma-n-Zi-ga żi-giļí,
Hund mit Augenzahn Herrn seinen er beisst.
B letu kake-nem ` ent, suno gerini,
(tehn Sache dein ist nicht, Sandale bindest du.
134. H dilä, B illúma (K d«la) Schakal.
Nach Tierm. I ist er (wie in der parallelen B-Erzählung bei K S. 55f.
der wilde Hund) Freund und Berater des Wüstenkönigs (s. o. 130) und
wird mälemi-n daua, Lehrer der Wildnis genannt.
Ähnlich B malam da käragabe (K) = Lehrer der wilden Tiere.
Denn der Sage nach war er ehedem wirklich ein Mallem und wurde
zur Strafe dafür, dass er kraft seines Gebetes den Feldzug des Moses
1) Zu yt vgl. K Gramm. § 286.
2) Lied 11 heisst es näma-n karé sai Bobawa, nur nackte Heiden essen Hunde-
fleisch. Doch soll der Hund auch dem armen Moslim zuweilen als Bairambraten `
dienen, vgl. Sprichw. 30 karé da gudu lehia, der Hund läuft vor dem Fest.
3) Für den Beinamen na-arnäko konnte ich keine Erklärung erhalten; er ist
mir ebenso rätselhaft wie karnuka, der Pl. n. kare.
4) hu durch Vorausnahme der Artikulationsstellung des folgendem m aus fi
entstanden.
Zeitschrift für Ethnologie. Jahrg. 1911. Heft 6. DS
898 Prietze:
gegen eine durch Sodomiterei berüchtigte Stadt vereitelte, in seine jetzige
Gestalt verwandelt (s. Tierm. I Anm. 8). Seine Stellung in der Tierfabel
streift ein wenig an die sonst hier vom Erdeichhörnchen (s. o. 121) über-
nommene des deutschen Reinecke Fuchs, weshalb Schön auch dila in
den beiden Erzählungen VI 7 u. 8 (S. 240#f.) durch Fuchs wiedergibt. In-
dessen geht aus der Geschichte .von Schakal und Hyäne bei K S. 4lff.
hervor, dass das Übergewicht des ersteren nicht sowohl in seiner Schlau-
heit, als in seinen priesterlichen Zauberkünsten besteht. In erster Linie
gilt er für wild und scheu.
Sprichw. 22 wirft er dem Hunde sein Bündnis mit dem Menschen
vor: Dila ye-ce: kare ba-ya či-ù kare sai da mugu märebi = Der Schakal
spricht: Kein Hund würde den andern fressen. wenn nicht ein Böser sie
entzweite.
Weitere H-Beinamen (Tierm. 1 Anm. 6 u. 7: Gandéu (aus gan da yao,
sieh viel), Guck dich um, Mas0-¢i, Gierfrass. Masa-rnä-da-na-göbe, Auch-
fürmorgensäufer. Denn er säuft für zwei Tage, weil er zu scheu ist, um
je dahin zurückzukehren, wo er gestern war.
135. H yanyiwa), Fenek.
Sprichwörtl.: mi-häkori yeneienyäwa?), mit einem Gebiss wie der Fenek.
136. H kurá, B beltu, Hyäne. Nach St. 694 Sinnbild der Gier.
Wie H kurege (s. o. 121) in der Fabel unserem Fuchs entspricht, so
H kurá unserem Wolf. Vgl. Schons Märchen 2, 3, 13, 21 (unsere Ge-
schichte von Wolf und Zicklein, nur abgeschwächt), 39, 40; für das B
K III 4u.5 (S. 41 ff.). Sie spielt neben der Rolle des beständig Betrogenen
auch die des Gierigen, Unheimlichen, ja des Zauberers. Laut M trägt sie
den Spottnamen bisa mai-Ci-n bisasé, Tier, Fresser von Tieren.
Tierm. I (vgl. Anm. 34—37) sind folgende H-Beinamen für sie ge-
nannt: El-Fatuma, ta-da-n Fatuma, Tochter der Fatuma. Durungu, Bunt-
fell (dessen Flecken oder Streifen laut Schön Nr. 13 der Bosheit des
kuröge (121) ihren Ursprung verdanken).
Ta-dan wäsı, Tochter des Wetzens, kleine Wetzerin (der Zähne).
» » wurzi, kleine Späherin.
Ba-wasöso, Raffgierige.
Daguyau oder danguyau, Frissdrauflos (M daguya fressen).
Karkata fida, Schindeschief (weil sie in ihrer Hast das Fell ihres
Opfers schief herunterreisst.
Mabi-dufu, Gefolge der Finsternis *).
Bezüglich des Zaubers, durch den sie den Jäger betört, vgl. a. a. O.
Anm. 38—43; die verschiedenen Schreckrufe auf der Hyänenjagd s. eben-
dort Anm. 44.
Bei Pflanzenbenennungen dient kura dazu, der zahmen Art die wilde
veventiberzustellen: M gauta-n-küra, eig. Hyänentomate.
1) Nicht bei Barth u. M R vermutet Fuchs.
2) Zusammengezogen aus ya na yanyawa = wie das des Fenek.
3) Vgl. das Sprichw. bei M gato-n küra va-siba da raba, der After der Hyäne
ist an den Tau gewöhnt.
u mme — — «7
Pflanze und Tier im Volksmunde des mittleren Sudan. 899
137. H tunkia (M Barth tumkia), Schaf.
Sprichwörtl.: mi-läfia kama-r tuünkina.
sanft gleichwie das Schaf.
138. H bunsúru, B dal, Ziegenbock'). Vgl. weiteres über ihn unter
157, wo er da-n akuya Sohn der Ziege genannt wird.
H bunstiru mai-wäri na-buba°).
riechend.
Bei M das merkwürdige Sprichwort: bunsuru ya tafi si yi barbara,
yakomo da čiki, der Ziegenbock ging zur Begattung und kehrte trächtig
zurück.
In B spricht man zu ihm:
kam ni-ga cibia®), zatoma-nem-rö cibo*),
Mensch dich wenn er kaufte, Strick deinetwegen er kaufte,
d h. wenn jemand dich gekauft hat, hat er auch deinen Strick gekauft.
139. H bdréwa, B gir?, Gazelle‘).
Sprichwörtlich wegen ihres leuchtenden Auges:
H idanu ya na wolkia®) fari fát) kama-n na bärewa
Augen wie die des Blitzes meist sehr gleichwie die der Gazelle
= B šim yıliyili-zin®) bul fok®) giri-be gei.
das Auge blitzt strahlend hell wie das der Gazelle.
140. H gaddé, eine dunkle Antlopenart "1, Muster der Behendigkeit.
Daher:
mi-zallé kama-l gadá
springend gleich der „
Ferner: k'čta rukuki. gada = durchbrich das Dickicht, Antilope.
141. H déch, Tetel, Strepsikeros kudu, ein schwer zu erlegendes
Wild, vel. Lied 32 Anm. 1). Daher der Beiname:
ma-sa dafu-n rago,
trinkend das Gift des Faulen,
d. h. das Pfeilgift des Schwächlings kann ihm nichts anhaben.
1) Barth H bunsuru, B dal.
2) na determinativ, das Subjektiv wieder aufnehmend; buba (nicht bei M R
Barth), das Meckern, als Brunst gedeutet, die ihm auch nachts keine Ruhe lässt,
3) Die betr. Formen lauten bei K ¢ifia, Giff von yifuskin, kaufen.
4) Barth H berewa. B ingeri (K ùgéri). Nach St. richtiger kleine Antilopenart,
5) M walkiya. Blitz. B yiliyilizin weder bei Barth noch bei K.
6) fat, fok, spezifische Adverbien vgl. ob. 20 Anm.
1) Barth gadā, gadu, eine grosse Varietät von Antilope. R gada, kleine rote
Antilope, M gedä, kleine Antilopenart, mit dem Sprichwort da kuru gadā ta-tsira,
durch Wagen rettete sich die Antilope,
8) Barth delli, M dari. Ein anderes wegen seiner Wildheit sprichwörtliches
Hornvieh ist der gonki, wohl Wasserbock, vgl. Lied 47 Anm. 5, wo der Druckfehler
goriki zu verbessern ist.
on*
900 Prietze:
142. H rakumi-n daua!), Kameel der Wildnis. B Gro, Giraffe.
Zum Vergleich dient in B die Linge ihrer Zunge und ihres Halses:
telam kiregu-be gei, eine Zunge wie die der Giraffe.
dagu a » » ein Hals wie der der Giraffe.
143. H rakum?, Kameel. Vel. St. 684ff (Dromedar aus Bornu oder
Asbin.
Ihm wird in folgendem Liedchen seines Treibers Heimweh nach Abzin
zugeschrieben (auch Azbin, Oasendistrikt etwa unter dem 11. Breiten- und
9. Längengrade, hier allgemeine Bezeichnung für das Gebiet der Tuareg):
rakumi, rakumi, zololo”),
zuya gaba-nka züa Abzin.
Wende um Brust dein Kommen. Abzin.
Abzin ta-tafi, ta-bar-ka.
Abzin, sie ist gegangen, sie verliess dich.
Käwo kurdi in-kai-ka,
Hole Geld, dass ich führe dich
zilim®) zilim da”) wuya.
Kameel, Kameel, du grosses?),
wende die Brust nur nach Tuaregland;
es ist fern, hat dich in die Fremde entsandt.
Schaff mir Geld, so führ’ ich dich hin
mit nickendem, nickendem*) Halse.
Sein Höcker gab Anlass zu Sprichw. 16, dessen Schreibung und Über-
setzung ich bei dieser Gelegenheit verbessere: rakümi za-i mütu da guri
konöie-l rigingine = das Kameel möchte sterben vor Verlangen, auf dem
Rücken zu liegen.
144. B f, Kuh.
Man sagt: fé kargum*) mēgúa = die Kuh, die zehn Mittel hat, d. h.
zehnerlei nutzbare Dinge liefert. Es sind dies: Milch, Fleisch, Fett, Fell,
Knochen (woraus z. B. der Schwertgriff hergestellt wird), Horn, Huf.
Schwanz (als Fliegenwedel), Kot, Urin®).
1) Barth H rakomi n daua B kiudier, Er bemerkt dazu, dass auch in Bornu
zuweilen der dem H entsprechende Ausdruck kargimd karigabé gebraucht wird, und
schliesst aus dieser Benennung, dass die betr. Völker, weil früher mit dem Kameel
als mit der Giraffe bekannt, nicht ursprünglich Bewohner des tropischen Afrikas
waren.
2) zololo soll Grösse ausdrücken und ist wohl identisch mit M tsdloluwa, Spitze:
Gipfel.
5) zulim bezeichnet lautsymbolisch das Auf und Nieder mit dem Halse (da.
wuya) beim Gehen.
4) Barth kurgun, K kargun. kürgun, Mittel, Zauber.
9) Der Kuhharn wird zur Herstellung eines Mittels benutzt, um Milch bzw.
Butter mit einem pikanten Arom zu versehen. Man lässt sieben Tage lany die
Wurzeln von Zangora, maragówa, kandili (Talha) und bagärua (s. 0.25; leider konnte
ich die ersten beiden nicht identifizieren) in ihm auslaugen. Die Mischung. H kii-
giri genannt, duftet lieblich und wird in die Milch gegossen, die man buttern will
Pflanze und Tier im Volksmunde des mittleren Sudan. 901
145. B kinnägirza'), dalé, ferdi ausgewachsenes Bullenkalb.
Die Ausdriicke werden auch direkt fiir den Kronprinzen oder den
jungen Fürsten gebraucht.
In gleichem Sinne und der Form daalö ist dalo ins H übergegangen,
vgl. Lied 36, wo es indes unrichtig gedeutet ist.
146. H fartumi, Stier. Man sagt zu ihm:
furtumi, raka mäta-n Sinu
Stier führe die Kuhweiber’)
147. H tarkarkart (Dual... rei, Pl.. rū), Lastochse (mit einem
Strick durch die Nase). Epitheton madauki-n kaya, lasttragend.
Zum Zeitwort ist sein Name geworden in dem Sprichwort:
abu-n woni ba ni-ka ba, ka-takarkaré ka-samu abi-n kan-ka
— was anderen gehört ist nicht dein; trage wie ein Stier, und du kommst
zu Kigentum.
148. H bauna, Büffel. Von ihm heisst es:
bauna ba hawa-n kaia
gieb Steigen Dorn
d. h. der die Menschen auf den Dornbusch treibt.
So auch übertragen auf Tanemu in Lied 40:
bauna ba hawá bisa
Büffel, der emporklettern macht’).
Ähnlich wird auf Recken angewandt noch H töro, Männchen grosser
Säugetiere, s. Lied 46, ferner gonki (s. o. 141), kutunku (s. o 12),
M bajini, Bulle in mutum bajini, Bullenmensch, endlich gauii (s. u. 156).
In B die gleiche bildliche Verwendung vom Bullenkalb s. o 145.
149. H aks*), B koro, Esel.
Dass der bei uns übliche metaphorische Gebrauch des Worts auch
hier so wenig fehlt wie bei den Arabern, zeigt Sprichw. 74 yaro babu
tambaia zaki ne, ein Knabe, der nicht fragt, ist ein Esel.
Ebenso anheimelnd klingt Sprichwort 27: na-bar Zaki a gona, na-duka
taiki a- wofi, ich lasse den Esel im Feld und schlage vergeblich den Sack.
(teringschätzung atmet auch folgendes:
H zaki ye-ce: babba im bi-yi®) kumie-l
Esel er spricht: Grosser wenn nicht macht die Scham
1) Vgl. K kena, kenna, weibliches Kalb von Kühen oder Kamelen bis zum
zweiten oder dritten Jahre.
2) Danach scheint mir die Wiedergabe von furtumi durch verschnittener Stier
bei M und Barth kaum zutreffend. Laut St. 678 wird keine Verschneidung ausgeübt.
3) Die betr. Zeilen sind dort nicht sinngemäss wiedergegeben und müssen
lauten:
Büffel, vor dem man auf Bäume steigt,
immer zum Kampf mit der Flinte geneigt!
4) Bingi, von Barth als Bezeichnung eines grossen und starken Eselhengstes
angeführt, findet sich als Personenname in Tierm. II,
5) bi-vi aus ba-ve-yi, ba dvi.
902 Prietze:
hawa-na, ba na-yi ba kumie-l kase-si
des Besteivens mein, nicht ich mache die Scham des Abwerfens ihu
= der Esel spricht: Wenn der Herr sich nicht schämt. mich zu besteigen,
schäme ıch mich auch nicht, ihn abzuwerfen.
B körommiyae!) bei, körommiyaö bei, koro gini ba? = Wo du nur
immer einen Esel siehst, besteige ihn; ist es nicht ein Esel? (Ware es
ein Pferd, so miisste man zuvor seinen Herrrn fragen).
Übrigens ist die Eselin nach Barth in Bornu das Sinnbild zärtlichster
Mutterliebe: ago dúnya-nyin köro-n kir-nyin-no tata tseragena go bago,
in der Welt gibt es nichts, das sein Kind so liebt, wie die Eselin oder
die Sklavin.
150. H aura, starker rötlicher Esel, sehr geschätzt.
Wortspiel wonda ba-3i da dura, ba ya-aura budurua ba.
wer nicht er mit Rotesel, nicht er freit Jungfrau
= wer keinen roten Ksel hat, freit keine Braut.
151. H sagura« (dem B entlehnt)*), rötliches Pferd.
Sein kiräri (s. Einleitung) lautet:
savara ulimao kura Zan döki komi nisa-n wuri ka-kai uban-
» Imam *) rot Pferd was auch immer Ferne des Orts du bringst
gizi-h-ka gida
Herrn deinen (nach) Haus
= Schagara, trefflicher Vorkiimpfer, Rotross, auch aus weitester Ferne
trägst du deinen Herrn nach Haus.
152. H Aura, Pony (M küru, zwerg-, ponyartig).
Wortspiel: tura kuru-n doki rukuki*), ka-ga ido-n kururüukuruku®)
stosse Pony = Pferd du siehst das Auge des Pony
= treibst du das Pony ins (ietiimmel, siehst du sein Auge (vor Schauder)
glotzen.
153. H kili”), B kili, Schimmel.
Wortspiel, um das Hervorleuchten des Schimmels in der Schlacht zu
malen:
li kórommivaŭ zusammengezogen aus koro ronımiyae,
„Esel du siehst wie auch imimer.“
2) Edlere Rassen werden von Bornu eingeführt, so z. B. auch ingernia doki-n
saraki „starkes Ross der Könige“, wo ingerma ebenfalls dem B entnommen ist
(ngirma, gross‘, vgl. Barth, S. 188 A. 10,
3) kura lant meinem Gewährsmann = vortrefflich, doch nur auf Pferde an-
gewandt (vgl. hierzu u, kurü, Pony). Wenn, vom Manne gesagt, laute das Wort küräü-
vo = mikwäri, stark, mit dem les wohl zusammenhängt (vgl. kwarei sehr, tüchtig.
4) kukt, sonst Dickicht (s. o. 140), hier Schlachtzetümmel.
9) rukurukn, seltsames Wort, wohl mit puka in Lied 44 u. 46 zusammen-
hiinvend, hier etwa = hervortreten,
m ee y "nr 6 nq, A eg, x
-
re a
D
D
e
Pflanze und Tier im Volksmunde des mittleren Sudan. 903
H kili kililität) kora sa kon ta-yi nisa. Wa aka kora?
treiben, mache treiben es macht fern. Wen man trieb?!)
mi-kili! Wa ye-i körä? mi-kili!
Wer er machte Treiben?!)
= Schimmel, du schimmerst, ob jagend, ob gejagt, in die Ferne. Wen
Jagt man? Den Schimmelmann! Wer führt die Jagd? Der Schimmelmann!
Daher: B kili kuma-n-2i-ga Zu-bui
Schimmel Herrn sein er isst
= der Schimmel bringt seinen Herrn ins Verderben.
lod. H birt, B dagil, Affe.
Schön berichtet (S. 132) die H-Legende, die Affen wären ursprüng-
lich Menschen gewesen, hätten aber, als sie, von ihren Weibern verführt,
dem Befehl Gottes zuwider auch am Feiertage Fische gefangen hätten,
Schwänze bekommen und wären in den Wald verbannt worden. Wegen
ihrer Menschenähnlichkeit werden sie nicht gegessen:
H kilisi-m biri sai Anna (in Sokoto Asna, in Kano Arna) = getrocknete
Streifen von Affenfleisch (essen) nur Heiden. (Besonders sollen es die
Magasaua sein, Heiden zwischen Bornu, Bedde und Katagum).
Als Feldräuber wird der Affe gekennzeichnet in folgenden Sprüchen:
H br laläta gona masu-gida,
ss » ragó
„ alami-yankau”*)
= Affe, Verderben des Feldes der Häuslichen,
= A = » des Faulen,
„ Meister der Ernte.
Ahnlich H alami-yankäu, kä-bäta göne-] masu-gidä, Meister der Ernte,
du hast das Feld der Häuslichen zerstört.
Ferner H sa mutun daia zancé
setze Mensch einzeln Rede
= du brivgst den Menschen zu (zornigem) Selbstgespräch.
Ebenso B (kam tilo-ro zande-ro čaki.
den Menschen (zu) einzelnem Gespräch er setzt.
B dagi, bannanimt kulo fato raguma-bé
Affe, du hast zerstört Feld des Haus-Liebenden.
H Sprichw. 28 kowa ye-za biri gona-n-sa, ya-ga abi-n da za-a i
= wer einen Affen aufs Feld schleppt, gebe acht, was geschieht.
Ferner kniipfen sich an ihn im H:
Sprichw. 79 wonde ye-i kaua da biri, sandä-n-sa ba-i ya-mänkale ba
= wer den Affen zum Freunde hat, dem bleibt sein Stock nicht am
Baume hängen.
Sprichw. 33 da-m biri ka-¢i kanya, oba-nka na ka-a resi = Affenk ind
du hast gut Friichte essen, wenn dein Vater auf dem Ast sitzt.
en, Se x An
1) kili ist ebenfalls dem B entlehnt und davon das Subst. mi-kili, Schimmel-
reiter, sowie das Zeitwort kililita hervorschimmern gebildet.
2) alami (aus dem Arab.) = goni, Zuchtmeister, yankau (wohl für yankawa [das
Geschäft des Schneidens.
904 Prietze:
Sprichw. 38 zugüno ba i-käre ba, a-n saida karé, a-n sai biri = das
Krummsitzen bleibt dasselbe, wenn man seinen Hund verkauft und sich
einen Affen anschafft. |
155. H zula, nach M und R Affenart mit rötlichem Haar.
Genannt züla mi-zawo-n wüzia.
„ mit langem Schwanz.
156. H. witz (nach Achmed, pl. yibkoki), auch gäuzi-m biri!), der
Grossaffe. Von ihm wird erzählt und geglaubt, dass er Männer überfalle
und töte, Frauen aber mitschleppe, nachdem er ihnen die Arme mit
Schlingpflanzen oder Bast gebunden, in seinem Schlupfwinkel gefangen
halte und notzüchtige, jedoch niemals umbringe. Hyänen zerschlage er
mit Steinen die Knochen, fresse aber kein Fleisch, nur Früchte und Korn.
Das Männchen hat mehrere Weibchen, die ihm auf Wanderungen mit den
Jungen voranziehen. Die Magasana (s. o 154) jagen ihn mit Pfeilen und
essen ihn; den erlegten zu tragen sind manchmal vier Mann erforderlich.
Allgem.: gauzi-m bin mi-bänna.
der Grossaffe der Zerstörer.
Als Anhang seien den vorstehenden kirarı noch folgende grössere, mir
von Müsa mitgeteilte Stücke angereiht, in denen einzelne Tiere mitein-
ander verglichen werden.
157. Gespräch des Fisches mit dem Ziegenbock (H).
Wonna-n zanta-ı kifi da da-n akuya.
Dies das Gespräch des Fisches und des Sohnes der Ziege.
Kin ye-ce wa da-n akttya: sabada mi ka-k’e bobotu
Fisch er sprach zu Sohn der Ziege: Wegen was du tust 7)
darè duka, ba-k-ka*) da beriči? Daa akuya yé-ce wa kifi:
Nacht ganz, nicht du mit Schlaf? Der Sohn der Ziege er sprach zu Fisch:
domiu nah kowa haifua. kp ye-ce
Weil ich übertreffe wen auch immer (an) Zeugung. Fisch er sprach
wa da-n nküya: karıa ka-k‘e, na-fi-ka haifua.
zu dem Sohn der Ziege: Lüge du tust, ich übertreffe dich (an) Zeugung.
Dan aküya ye-ce wa kifi: nä-fi-ka haifua.
Der Sohn der Ziege, er sprach zu Fisch: Ich übertreffe dich (an) Zeugung.
1) Vgl. Tiern. 1, wo Ann, 48 gauži oder gaud%i dem B furdi (s. o 145 ferdi
gleichsetzt und als ein Wort bezeichnet, das man bildlich auch auf starke Männer
anwendet (wie die andern unter 148 genannten).
2) böbotu, in Herkunft und Bedeutung identisch mit büba (s. o. 138) briinstig
meckern.
3) ba-k-ka, ba-n-na vgl. Tierm. 1 Anm. 45).
Pflanze und Tier im Volksmunde des mittleren Sudan. 905
Kıfl' ye-de wa da-n akuya: to, ina tambeye-l-ka,
Fisch er sprach zu dem Sohn der Ziege: gut, ich tue Fragen dein,
ka-gaia mi-ni gaskia. Matel ka ta-na haifua naua a ok
sage zu mir Wahrheit. Frau dein sie tut Geburt wie viel in Bauch
daa? Da-n akuya ye-ce: ta-na haifua-l fúdu, biel,
eins? Der Sohn der Ziege er sprach: sie tut die Geburt 4, 5,
in ta-i yáwa Sida. Kiıfi ye-ce: ši k'e nam ma abi-n da
wenn sie tut viel 6. Fisch er sprach: es ist dies auch Sache die
ka-k‘e haifua, ka-hana idani-nka ka-na böbotu dere duka?
du tust Zeugung, du hinderst Augen dein du tust *) Nacht ganz?
Kifi yece wa da-n aküya: ni maätä-ta ta-na haifua
Fisch er sprach zu dem Sohn der Ziege: ich Frau mein sie tut Geburt
dubu úku a čiki daia; in karia nä-k‘e. ka-tambayi mutané, ka-ii.
1000 3 in Laich 1; wenn Lüge ich tue, frage Menschen, du hörst.
Lakinni ba-n-na’) yi-n böbotü kame-l-ka. Dan aküya
Aber nicht ich machen von 1) Gleichheit dein. Der Sohn der Ziege
yé-če wa <kifi: 1, nä-Zi ka-fi-ni haifua,
er sprach zum Fisch: Ja, ich habe gehört, du übertriffst mich (an) Zeugung,
lakin ni kua haifua ta ta-fi tä-ka amıpanı a
aber ich auch Zeugung mein sie übertrifft die deine (an) Nutzen an
wuri-m nnitane, Kifi ye-ce: domum mi ka-ce haka?
den Ort der Menschen. Fisch er sprach: weshalb du sagst so?
Da-n aküya ye-ce: domtim da fäta-ta a-k’e yi-n
Der Sohn der Ziege er sprach: wegen mit Fell mein man tut Machen von
sirdi, a-k‘e yi-n ziki, a-k’e yi-n lızami. a-k’e
Sattel, man tut Machen von Sack, man tut Machen von Zügel, man tut
a
Machen von allem und allem. Si k'e nan
yi-n kömi da kom Es ist dies
kifi. yé-če: na-fi-ka haifua, kai
Fisch, er sprach: Ich übertreffe dich (an) Zeugen, du
kua ka-fi-ni ampani a-gum*) mutané. Si Ke
wieder du tibertriffst mich (an) Nutzen am Ort der Menschen. Ks ist
nan, zande-Ii kifi da da-n aküya ya-käre.
dies, das Gespräch des Fisches mit dem Sohn der Ziege ist beendet.
1) böbotu, in Herkunft und Bedeutung identisch mit büba (s. o. 138) brünstig
meckern. |
2) ba-k-ka, ba-n-na (vgl. Tierm. I Anm. 45).
3) gum nur dialektisch verschieden von wuri-m s. oben. Vgl. dazu Tierm. II
Ann, 24).
906 Prietze:
Ubersetzung.
Der Fisch sprach zum Ziegenbock: Weshalb meckerst du so brünstig
die ganze Nacht und schläfst nicht?
Ziegenbock: Weil ich im Zeugen stärker bin als alle.
Fisch: Da lügst du. Ich bin zeugungskräftiger als du.
Ziegenbock: Nein, ich bin zeugungskräftiger als du.
Fisch: Gut, lass mich dich befragen und sage mir die Wahrheit.
Wieviel vebiert dein Weib auf einen Wurf?
Ziegenbock: Sie gebiert vier. fünf, wenn es hoch kommt, auch sechs.
Fisch: Und das ist alles, was du zuwege bringst, weswegen du die
Augen nicht zutust und die ganze Nacht meckerst? Mein Weib gebiert
dreitausend auf einen Wurf. Meinst du, ich lüge, so frage nur die
Menschen, und du wirst's hören. Aber darum meckere ich doch nicht
herum wie du.
Ziegenbock: Nun, ich begreife, dass du mir im Zeugen überlegen bist.
Und doch übertrifft wiederum meine Zeugung die deinige an Wert, was
die Menschen anbelangt.
Fisch: Wie meinst du das?
Ziegenbock: Weil man aus meiner Haut Sättel, Beutel, Zügel, kurz
alles mögliche macht. So ist es.
Der Fisch sprach: Ich übertreffe dich an Zeugungskraft und du mich
an Nutzen für die Menschheit.
So wars. Das Gespräch zwischen Fisch und Ziegenbock ist aus.
158. Wie Schwalbe und Rabe mit einem fallenden Stein um
die Wette flogen (H).
Jazzawa da hankaka wonne ya-fi sauki?
Schwalbe und Rabe welcher er übertrifft (an) Leichtigkeit?
Harikaka ye-ce: na-fi-ta sauki.
Rabe er sprach: Ich übertreffe sie (an) Leichtigkeit.
Zazzewa ` (Ge na-fi-ka.
Schwalbe sie sprach: Ich tibertreffe dich.
A-ka ce: a-goda-su, a-gani.
Man hat gesagt: Man messe sie man sehe.
A-ka}) daukı hankäka da fari.
Man hat aufgehoben Rabe zuerst.
A-ka dauki duzi, a-ka vi sama da hankaka, sai ya-
Man hat aufgehoben Stein, man hat gemacht hoch mit Rabe nur er
fado: zafi?) ya-hána-ši.
fiel zurück; Hitze sie hinderte ihn.
Kuma a-ka-dauki?) zazzewa, ` a-ka 1 sama da
Wieder man hat aufgenommen Schwalbe, man hat gemacht hoch mit
1 Der Träger ist der Engel Gabriel.
2) Die Hitze der Sonne, der man sich näherte, oder des Thrones Gottes, s. u
TE ni... .
Pflanze und Tier im Volksmunde des mittleren Sudan. Y()7
ita da duzi; a-ka i sama da nısa ktsa-n alarsi.
ihr mit Steine man hat gemacht hoch mit Ferne Nähe von Thron (arab.).
A-ka sako dūzi, ita kua zazzawa ta-nal) šigá kalkası
Man hat losgelassen Stein, sie auch Schwalbe sie tat Absteigen Unterseite
na-sa, ta-na') fita. Düzi ya-zo ya-fadi a kása; ta-dera
seinige sie tat Hervorkommen. Stein er kam er fiel auf Erde sie sprang
a kai na-sa, ta-ı käsı.
auf Kopf seinigen, sie machte Kot.
Übersetzung.
Wer von beiden ist geschwinder, die Schwalbe oder der Rabe?
Der Rabe sprach: Ich bin geschwinder als sie.
Die Schwalbe sprach: Ich bin geschwinder als du.
Da hiess es: Man prüfe sie und sehe.
Zuerst nahm man den Raben.
Man nahm einen Stein auf und hob den Raben empor; doch er
sank zurück, die Hitze schreckte ihn ab.
Nun nahm man auch die Schwalbe und hob sie und den Stein in dee
Höhe. Man stieg hoch empor bis in die Nähe von Gottes Thron. Dann
liess man den Stein los; sie aber, die Schwalbe, flog beständig unter ihm
durch und über ibn weg (umkreiste den fallenden). Der Stein kam und
fiel auf die Erde; da hüpfte sie auf ihn hinauf und — hinterliess ihre
Visitenkarte.
4
159. H Sammellied auf verschiedene Vögel (ganz parallel dem
Liede 36. das ebenfalls beim Menschen anknüpft, um dann auf Tierver-
gleiche überzugehen).
Almaziri iri-n malemai,
Schüler Art v. Gelehrten,
da buzu’) ye-ke yini
mit Fell er tut den Tag.
Hankika iri-ù-kú bank
Rabe Art eurer Diebe,
säte-] koi ku-k’e yi.
Diebstahl des Eis ihr tut machen.
1) Der Charakter der Gleichzeitigkeit des Tempus auf na tritt hier besonders
klar ans Licht.
2) büzu, vgl. Tierm. I A. 57, ist hier das Fell, auf dem die Schüler sitzen.
3) M barāwo, pl. barayi = Dieb. Den Raben s. ob. 111. In Lied 36 lautet die
Parallelstelle:
haùkáka iri-m barai,
da Siri-n sáta Si-k’e
„und Diebstahl ist sein Handwerk”.
G08 Prietze:
Zanwaka iri-n-ku sarakt,
s. o 110 Art euer Könige,
da kóre ku-k’e vini.
mit Festtobe ihr tut den Tay.
Samua iri-n karuwai?),
Storch Art v. Huren,
da lelle ta-k’e yini.
mit Henna sie tut den Tag.
Falfela iri-n Füllani?),
Rinderhüter Art von Fulbe,
a kıwo ta-k‘e yini,
im Hüten sie tut den Tag.
Agulu min maähauta?),
Geier Art von Fleischerei,
` 2 e e e
a fawa ta-k’e yini.
im Schlachten er tut den Tag.
l Tantábara da kau da zané‘*),
i Taube mit Schönheit mit Zeichnune.
a gida-n sáriki-ħù Kano.
im Haus des Königs von „
1) Hier weicht die Auffassung des Storchs gröblich genug ab von der ihn be-
treffenden Stelle in Lied 36:
Siamua iri-n sarakai
da ', msi lale Si-k’e
„Der Storch ist gleich den Königen
mit dem roten Fuss in der Hülle.“
Das tertium comparationis ist indes in beiden Fällen das nämliche, «die rote
Farbe der Füsse. Zur Färbung mit Henna (lellt) und Umwicklung (k mii) vgl.
Lied 36 Anm. 13 bis 15.
2) So auch Lied 36: Belbela mn Felläni. Falf@la oder belbela = Ardea
bubulcus, Rinderhiiter, stets bei den Herden, daher ein Sinnbild der viehzüchtenden
Fulla. Auch Lied 4 beginnt Falp@la iri-n Fellani; es verwendet Falpela allerdings
als Mädchennamen, hat aber merkwürdige Anklänge an Lied 86.
3) Fast dasselbe in Lied 36:
angulu iri-n mahauta,
da Siri-n fauwa ši-ke (vgl. ob. 116°.
4) Fast ebenso in 36:
tantabara iri-n da Gau da zané
gida-n säriki-n kano (vgl. o 9).
, Wegen ihres schönen Gefieders werden laut M noch der alhudahuda (aus dem
Arab. ,Wiedehopf*), der zuladdi und der saláu (beide bis jetzt nicht identifiziert
auch sarkin tstintsayé, „König der Vögel“ genannt (wie v. 110 | nwäka und u. 1&
der Storch).
Pflanze und Tier im Volksmunde des mittleren Sudan.
Ubersetzung.
Der Schüler gehört zur Gelehrtenzunft,
auf dem Fell verbringt er sein Leben.
Ihr, Rabe, gehört zur Diebeszunft;
seid dem Eierstehlen ergeben (vgl. 111)
Sanwaka, ihr vom Königsgeschlecht,
ihr verbringt im Festkleid das Leben
Der Storch gehört zur Hurenzunft!),
mit Henna verbringt er das Leben.
Der Rinderhüter vom Fullageschlecht ?)
verbringt auf der Weide das Leben.
Der Aasgeier von der Fleischerzunft (s. 116)
verbringt mit Schlachten das Leben.
Die Taube in schönem buntem Gewand
ist im Hause des Kanokönigs.
909
160. Bornulied auf den Storch (ef. vor. Seite +) als den König
der Vögel gegenüber dem Wettbewerb von Rabe (111), Falke (113),
(Geier (116), Rinderhüter (vor. Seite 2), Marabu, Wiedehopf (vor. Seite *),
Halın (90), Rebhuhn (93) und Kranich. Er ist der alwoli „Heilige“ unter
den Vögeln (wie der Banyan unter den Bäumen s. o. 39'), weil er den
Regen bringt; 15 Tage nach seiner Wiederkehr treten die Niederschläge ein.
Ati-ti aiga gasio-be.
Dies (ist) Lied des Storchis.
Gasio güdo geni,
Storch Vogel ist nicht,
alwoli guduä-be.
(s. 39!) der Vögel.
Gagu zoli kwakwazin:
Rabe Tor er krächzt:
u-te mā mai náùgin.
ich?) König?)
Ciné lenö,
Steh auf geh,
gasio ma mái go.
Storch?) König ist.
1) Siehe Anm. 1, S. 908.
2) Siche Anm.
J) ma dient, das
nähgin oder näneskin
bräuchliches Zeitwort.
werde“ des Haussa.
2, S. 908,
vorhergehende Wort hervorzuheben. K Gramm, 8.139 nennt
„ich gehe“ als ein bei den Mäbr- und Köyäm-Stämmen ge-
Es entspricht in seiner Bedeutung hier etwa dem zä-ni „ich
Auf weiteres sprachliche gehe ich hier nicht ein, da ich nei
Veröffentlichung eines grösseren Textes die Eigenart dieses Bornudialektes dem-
niichst zu erörtern gedenke.
910 Prietze:
Gaio gúdo geni,
alwoli guduä-be.
kadafa isina vodoóžin:
CH
Falke ist gekommen bittet:
t-te ma mai nangin!
ich König
Ciné Long,
Steh auf gehe,
gasio ma mái go!
Storch König ist.
Giasio guido geni,
alwoli guduä-be.
koko ¢e-kasi isi:
Geier lief kam:
u-b ma mai näpgin!
Niti kela-num bogu,
Du Kopf dein leer,
konduli ma bio.
Haar nicht.
Nan-sunori täye,
Fleischergewerbe ergreife.
wonagen ni-ka karguzin.
vielleicht dich fördert es.
v
Cine Jong,
gasıo ma mai go!
Gasio gudo geni,
alwoli vudua-be.
Balbolö cekasi isi:
Rinderhüter lief kam
n-te ma mai nangin!
Ciné lené,
ni-ti sini kanı-be.
du Hirt der Ziege.
Lens, lene,
gasio ma Mai go.
(iaSio guido gem.
alwoli gudua-be.
Aba guryua?) isi:
Marabu kam:
1) Aba gurgua = Leptopilus crumeniferus, eigentlich Vater mit dem Beutel
(our, Hier wie in abi-kokio (s. u.) ist das B-Wort aba Vater statt des sonst
üblichen mechanisierten arab. abu zur Worthildung verwertet (vgl. Einl.\.
Pflanze und Tier im Volksmunde des mittleren Sudan. Qi lL
u-te ma mai nängin!
y r
Gurgu-núm táye,
Beutel dein ergreife,
wonagen ni-ti kalia mai-be.
vielleicht du Sklav des Königs.
Ciné, lēnē,
gaSio ma etc. etc.
Butütüa de-kast ist:
Wiedehopf lief kam:
üte-mä mai nangin!
Ciné Jéné,
nam-mäi abä-kokio mā bägo.
Königtum Väter des Büschels nicht.
Léné lenö,
gaSio ma etc. ete.
Gubögüm ¢ekasi isi:
Hahn hef kam:
ü-te ma mai nängin!
Ni-ti-ga ladan go!
Du Gebetsrufer bist!
Ciné léné,
ladani-ti ma faidawa.
Gebetsruf der auch vorteilhaft.
Leng Jeng,
gāšīo ma etc. etc.
kuyé ma isi:
Rebhuhn auch kam:
u-tẹ ma mai nängin!
Ciné lenö,
kam nam-mäi ¢idin ` bago.
Frau Königtum sie macht nicht.
Cine léné,
gašio ma etc. ete.
Gubori isi čekasł:
Kranich kam lief:
ute ma mai nängin!
Ciné lēné,
ni-ti kam kúra kokio-wa!
Du Mensch gross mit Schopf!
Ciné leng,
nan-kir-mai kokio ma bago.
Königtum Schopf nicht.
92 Prietze:
Ciné Jené,
easio ma ete. ete.
Fato-nim garne,
Haus dein ordne,
gasio. ni-ti ma mai go!
Storch, du König bist!
Dunia-num yäe,
Welt dein trinke,
D
gasio, mi-ti ma mai go!
koré-num’) yek‘e,
Festrobe dein lege um,
gisio, ni-ti ma mai go!
Lellé-ntim*) yek’e,
Henna dein lege auf,
gasio, ni-ti ma mái go!
Buské-num*) vi,
Tanzmusik dein trinke,
eiciri čićiri dici!
Daži aiga gasıo-be.
Aus ist Lied des Storchs.
Übersetzung.
Der Storch ist kein Vogel bloss,
er ist der Heilge der Vögel.
Es krächzt der dumme Rabe:
Ich will König sein!
Flieg auf, flieg fort,
der Storch der ist König. a
Der Storch ist kein Vogel bloss,
er ist der Heil’ge der Vögel.
Der Falke kam, um zu betteln:
Ich will König sein!
Flieg auf, flieg fort,
der Storch der ist König!
Der Storch ist kein Vogel bloss,
er ist der Heilge der Vögel.
1) kort ein dem H entlehntes Wort = schwarzglänzende Festrobe (M).
2) Zu léllē vel. 159 Anm. 3.
3) K bésgt, Tanzgesellschaft junger Leute, Barth biskz, Spiel. Hier jedenfalls
Musik. wie die folgende Lautnachahmung zeigt.
Der Geier kam hergeeilt:
Ich will König sein!
Hast einen kahlen Kopf,
bist ganz ohne Haare.
Halt dich ans Fleischergewerbe,
Das wird dich wohl vorwartsbrinven.
Flieg auf, flieg fort,
Der Storch der ist Kénig!
Der Storch usw.
Der Rinderhüter kam eilig:
Ich will König sein!
Flieg auf, flieg fort,
Du bist der Ziegenhirte,
Geh fort, geh fort.
Der Storch der ist König usw..
Auch der Marabu kanı:
Ich will König sein!
Fass dich an deinen Kropf!
Möglich, du wirst der Sklav des Königs.
Flieg auf, tieg fort,
Der Storch der ist König usw.
Der Wiedehopf kam herbeigeeilt:
Ich will König sein!
Flieg auf, flieg fort,
ein Königreich ist nicht für den Schopfmann.
Flieg fort, flieg fort,
Der Storch der ist König usw.
Auch der Hahn kam geschwind herbei:
Ich will König sein!
Du bist ja der Küster!
Flieg auf, flieg fort,
auch Küsterei ist ein gut Geschäft.
Flieg fort, flieg fort,
Der Storch der ist König usw.
Selbst das Rebhuhn kam:
Ich will König sein!
Flieg auf, flieg fort,
ein Weib kann nimmer regieren.
Flieg auf, flieg fort,
Der Storch der ist König usw.
Der Kranich kam eilig herbei:
Ich will König sein!
Flieg auf, flieg fort,
-Leitschrift für Ethnologie. Jahrg. 1911. Heft 6.
Pflanze und Tier im Volksmunde des mittleren Sudan.
913
914 Prietze: Pflanze und Tier im Volksmunde des mittleren Sudan.
Du bist ein gewaltiger Schopfmann!
Flieg auf, flieg fort,
mit dem Schopf hat ein Reich nichts_zu schaffen.
Flieg auf, flieg fort,
Der Storch der ist König!
Der Storch ist kein Vogel bloss.
er ist der Heil’ge der Vögel.
Rüste nun dein Haus,
o Storch, du bist ja der König!
Freu dich deines Reichs,
o Storch, du bist ja der König!
Zieh dein Festkleid an",
o Storch, du bist ja der König!
Färbe den Fuss dir rot!),
o Storch, du bist ja der König!
Freu dich der Festmusik:
Tschitschiri tschitscheri tschitschi!
Sind die heutigen Albanesen die Nachkommen der alten
Iilyrier ?
(Ein Kommentar zu E. Fischers gleichnamigem Aufsatz.)
Von
Dr. Franz Baron Noposa.
„Gelingt es ein paar alter Namen ausfindig zu machen, die unge-
zwungen ihre Entsprechung im Albanesischen finden, so wäre die Kon-
tinuität“ (zu ergänzen: zwischen Albanern und Illyriern) „allerdings er-
wiesen. Solche Namen habe ich nun einige gefunden’).* Da dies,
wie mir scheint, der wesentlichste Satz in Fischers Einleitung zu einer
Arbeit über die alten Illyrier ist (Zeitschrift f. Ethnologie 1911 Heft 3—4),
so kann ich nicht umhin, mir dazu einige Bemerkungen zu erlauben.
Die Namen, deren Kontinuität Fischer aufgefunden zu haben
glaubt, sind: 1. dardha = Dardani; 2. delme = Delminium; 3. das
= Dassaretier; 4. Tara = Antariatae; 5. vard = Vardaei; 6. Bal = Ballaios;
7. kodra = Skodra. Zu diesen Gleichungen ist trotz ihrer spärlichen
Anzahl vor allem zu bemerken, dass mit Ausnahme der unwahrscheinlichen
daš = Dassaretier, und vard = Vardaei, keine einzige von Fischer auf-
gefunden wurde, denn die Nummern 1, 2, 4, 7 sind sämtliche schon in
dem von Fischer selbst im 1904 als „unerschöpfliche Fundgrube“ zitierten”)
Werke „Hahn, Albanesische Studien, Wien 1853“ enthalten und was die
Gleichung Nr. 5 Bal = Ballaios anbelangt, so ist dieselbe in Jireceks
Werk „Die Romanen in den Städten Dalmatiens“, Wien, II. Teil pag. 62
zu treffen. Den Anspruch der Neuheit dürfen also Fischers Auf-
findungen nicht erheben.
Die zweite Frage, die sich bei der Analyse des zitierten Fischer-
schen Satzes ergibt, ist die, ob denn der Fischersche Satz überhaupt
zu Recht besteht und ob es zulässig ist, aus der Kontinuität einiger weniger
Namen auf Rassenkontinuität zu schliessen. Dies möchte ich verneinen.
Heute gibt es sowohl in Ungarn als auch in Rumänien viele slavische
Ortsnamen und in beiden Sprachen sehr viele slavische Lehnworte, ergo
müssen, falls Fischers Argumentation zu Recht bestehen soll, zukünftige
Ethnographen sowohl die Ungarn als auch die Rumänen für Slaven halten,
und dies trotzdem dass für die Rumänen Siebenbürgens der Beweis ihrer
1) Von mir gesperrt.
2) Fischer, Herkunft der Rumänen. Bamberg 1901. pag. 19.
ie
916 Nopcsa:
Einwanderung von niemandem besser erbracht wurde, als eben von
Dr. Fischer (Herkunft der Rumänen, Bamberg 1904).
Es lässt sich nicht leugnen, dass die Kontinuität eines Namens in
einer Sprache uns viele Aufschlüsse über die Vorgeschichte des betreffen-
den Volkes gibt, aber dasselbe auf Grund einiger Namen direkt fūr die
Nachkommen irgend eines anderen Volkes zu halten, heisst
dennoch etwas zu weit gehen, sonst müsste man, wie A. Wirth es
übrigens auch tut, ununterbrochen eine weltumspannende „Kas“-Rasse
konstruieren (Memmon 1909).
Da ich mich in letzter Zeit ziemlich viel mit den alten und neuen
Namen Illyriens, namentlich Nordalbaniens beschäftigt habe und ähnlich
wie Fischer „noch einigen anderen alten Namen auf der Spur bin“,
halte ich es für zweckmässig, auf Fischers Publikation sofort zu reagieren
und Fischers (lies: „Hahns“) Beobachtungen teilweise zu ergänzen.
teilweise zu modifizieren.
I. Ortsnamen.
1. An-derba (auch An-derva) = Derbani erinnert an Deri-opes
(vergl. Mer-opes, Dol-opes, Hell-opes, opikes) Derenistae, Deri, was wieder
an das heutige albanische Maja Uert (Berg des „Der“) und an „der“
(albanisch „Schwein“) hinweist. Ferner erinnert Der-bani auch an Ter-
buni, was offenbar mit Trebinje, Trabojna usw. ident ist. Sollte Ter-buni
etwa, nicht wie es bisher geschah, aus Tre (drei) und bun (Hätte), sondern
aus „Der buni“ abgeleitet werden müssen? Buni aus bujt (schlafe,
wohne) ist nach Meyer als echt albanisches Wort zu bezeichnen.
Interessanterweise ist die albanische Bezeichnung für „Haus“ špi ein
Lehnwort. Vgl. auch die Völkerschaft Buni. Möglicherweise ist Debra
eine slavische Anpassung an Derbani. — Dass An- in An-derba eine Vor-
silbe ist, lässt sich aus An-tariatae, An-titanes und auch A-penestae folgern.
A spestos (Achilles Beiname) erinnert an albanisch speit (-schnell). Im
heutigen Albanischen findet sich etwas analoges, z. B. abrend = mnbren-
da, agezon = gaz, achimaz = chime, ajaste = Jaste, akrep = Skrep, an-
dromidhe = dramide, ani = ni, anguse = nguSt. An An-tariatae erinnert
Taras, die alte Bezeichnung für Zar-entum (Italien). Durch die Osmanen
ist in das Gebiet des alten Illyriens die türkische Ortsbezeichnung derven
(Enge) importiert worden und dies gibt ein klassisches Beispiel dafür,
wie leicht es ist, sich bei Namensgleichungen zu irren. Die falsche
Gleichung an-derva = Derven ist für die zukünftigen Palaeoethnographen
eine gefährliche Klippe.
2. Alv-ona = Olb-ona (?) = Albano-polis = Albani = Alb-ius (-uis auch
in Mons Ardius, Mons Rebius) = Albaner usw. usw. Albaner hat übrigens
auf Skiptarisch = albanesisch keine Bedeutung. -ona ist ein Suffix, das
sich in vielen illyrischen Städten findet, wie: Flamona, Narona, Aenona.
Alvona, Aclona, Blanona, Herona, Medione (?), Salona, Siarona (?), Stridona.
Ferner scheinen die Dessarenses (von Heros Eponymos Dassaro stammend
wie Narenses gebildet), dann die Ditiones und Olbonenses darauf zu deuten.
dass auch die nicht überlieferten Orte Dassarona, Ditiona, Olbona existiert
Sind die Albanesen Nachkommen der Illyrier? 917
haben könnten. Auch in Oberitalien haben zahlreiche Städte die Endung
-ona.
‚3. Arants-ona = Arents, albanesisch „Stahl“ (nach Meyer ein altes
arisches Wort, das bloss im Albanischen im Gebrauch ist).
4. Arnissa = Arnistae = Arnja (Ort in Albanien) = Arnja, albanisch
„Lärchenbaum“. |
A. Arsia = Arsa. Das Wort Ars (Genetiv: Arsit) ist ein in albanischen
zusammengesetzten Ortsnamen häufiges Substantiv. Was es bedeutet,
konnte ich nicht eruieren. Da es in Verbindung mit Fusa (Ebene) u. a.
vorkommt, muss es offenbar etwas heissen. Möglicherweise ist es eine
Pflanze. Pflanzennamen wie Arnja (Lärche), Arra (Nussbaum), Dardha
(Birne), Lejthiz (Haselnuss), Mola (Apfel) u. a. spielen in der topogra-
graphischen Nomenclatur Albaniens eine grosse Rolle. Arsia aus Arra
abzuleiten scheint gewagt. |
6. Bassania (in Illyrien) = Bessania (Thrakien) = Bassa-nte (Bosnien)
= Bessen (Volksstamm) = bessa (albanisch , Versprechen*) das Wort bessa,
das auch im Sinne von „Verbünden“ verwendet wird, ist ein albanisches
Urwort. Ä
7. Blan-ona = Castrum Plana = Planius (illyrıscher Eigenname) = Plana
(heute in Albanien und Dalmatien gebräuchlicher Ortsname), daher kaum
aus dem Slavischen abzuleiten. Der Ableitung vom römischen planus
widerspricht die Form Castrum Plana.
8. Bolourus = Balyra = balaur (mythische Schlange der Rumänen)
= bular (im Albanischen mit gleicher Bedeutung wie im Rumänischen)
ein nur aus der albanischen Sprache bekanntes „Urwort*. Eine onomasti-
sche Parallele zum Ortsnamen Bolouros lässt sich in dem heute in Albanien
gebräuchlichen Ortsnamen Gjarpen Vuklit (Schlange von Vukli) er-
kennen. Der Drache war das Feldzeichen der Daker.
9. Brun-disium = bren (messapisch „Horn“) = brin (albanisch „Horn“)
= Brin-dasit (Widderhorn) Bergname in den Hochgebirgen Albaniens.
Vgl. analog die Schröckhörner der Alpen.
10. Burnum = Burn-istae = Burius = byrion (messapisch „Haus“) = bur
(albanisch „Mann“). Die Ideenassimilation, die sich in byrion-bur fände,
hat ihr Analogon darin, dass man auch heute in Albanien den Ausdruck
Spi (Haus) für „Familie“ verwendet. Darf etwa byrion (messap.) auch
mit bun (alban. = Schlafstätte) zusammengestellt werden? N und R
wechseln im Albanischen ab.
11. Codro-polis (auch Cedro-polis) = Skodra = Skodra (heutiger Name
des alten Skodra) = Skodria (in Dacien) = Kodra (albanisch „Hügel“).
Die Gleichung Skodra = Kodra kann darin eine Unterstützung finden,
dass auch heute im Albanischen neben der Form Skrep (Fels) auch die
Formen Krep und Kep existieren. — Das Wort Kodra Kodru findet sich
nur in der albanischen und rumänischen Sprache.
12. Crepsa = Krep (albanisch „Fels“).
13. Dardani = Darda-para (Festung Justinians). Dardha!) (Ort in
Albanien) = Dardhjan (die Bewohner dieses Ortes) = dardha (alb. Birne).
Zu Dardani ist dessen lateinische Übersetzung, nämlich Pirustae (von
918 Nopesa:
pirus = dardha = Birne) zu stellen. Die Pirusten finden sich in dem
westlichen, daher dem römischen Einflusse am leichtesten zugänglichen
Teile des ehemaligen Dardaniens.
14. Diti-ona = dit (albanisch „Tag“); nach Meyer ist das albanısche
Wort „dit“ nicht aus dem Lateinischen übernommen.
15. Majense castrum (Südtirol) = Di-mallum = Mi-mallontes (Attribut
der Bacchantinnen) = Maleates (Beiname Apollos) = Malea = Maja, Mal
(albanische Bezeichnung für ,Berg*). Meyer zufolge ist das Wort mal
für die albanische Sprache typisch. Als Ortsbezeichnung fehlt dieses
Wort im Altertum im östlichen Teile Thrakiens. Das jetzige Malaj-esd.
Maleia u. dgl. in Siebenbürgen ist daher entweder auf rumänischen Import
zurückzuführen oder slavisch (mala slav. klein).
16. Ocra (Stadt in Thrakien) = M-okra (Gebirge in Albanien). Die
Präposition m- (mi) lässt sich aus manchem modernen albanischen Namen
belegen, z. B. M-Surdh (vgl. Surdha) u.a. Vgl. auch das vorhergehende
mi-malontes. Ob nordalbanisch ograj [Feld, Waldung (!) fide Meyer] aus
serbisch ograda (Umzäumung) abzuleiten ist, bleibt, da Mokra ein Gebirge
bezeichnet, fraglich. Nicht ausser acht gelassen werden darf der messapische
Name Mokros.
17. Salia (Dakischer Eigenname) = salia (dak. Pflanzenname) = Sala
(albanischer Stamm) = ? šala (alban. „Sattel“) = šal (Pflanzen, borago
officinalis auf griechisch), ferner ist damit Sal-isia und Sal-ona zu ver-
gleichen. — Sala = šala ist eine in Albanien akzeptierte Volketymologie.
18. Seardus = Skord-isker = Scard-onu = scardia (dakischer Name
fiir Osterluzei) = Sar heilen: Bergname in Albanien). Die Gleichung
Scardus = Sardagh, die man häufig antrifft, ist falsch. dagh ist türkisches
Lehnwort und heisst „Berg“, z. B. Karadagh = Mali-zi-Cerna-gora = Monte-
negro. Mit Scardus ist jedoch zu vergleichen Dini-skarta (in Skythia
minor). Dini ist thrakischer Eigenname.
19. Sardaser = Sarda (Stadt) = Surdha (Ruinen derselben Stadt)
— Maja Surdhs (häufiger Name = Berg von Surdha), Sn Surdh (albanisch
„heiliger Surdh“ (Sn = heilig) = Zibel- Thiurdos) = Surdh, albanisch „taub“.
Sn Surdh ist der Gewittergott der heutigen Albaner, Zibel thiurdos ein
thrakischer Gott. Die Verehrung des Sn Surdh zeigt thrakische Züge.
20. Sipar-untum = siper (albanisch ,oben‘). Siper ist nach Meyer
ein für die albanische Sprache charakteristisches ,Urwort*. Die Endung
-untum in Salluntum, Salentum, Dallnuntum, Tarentum, Uzentum, Truentum.
21. Strid-ona = strue (albanisch „ausbreiten“), ein arisches Gemeingut.
vel. germ. „streuen“; albanisch Strat = Bett.
22. Tri-ballum stelle ich zu Balloia (in Makedonien), Bullaios, Deke-
balus, balen (phrygisch „König“), bal (albanisch „Stirne“), Bala (heute in
Albanien gebräuchlicher Name).
23. Vigilia lässt sich mit Vegiwm, Vegia (Stadt), Velia (in Italien).
Vilius (aus Rom), dann Veglia (in Dalmatien), Maja Vels (Berg von Velja
in Albanien), Vele-bit, Vele-cik vergleichen. Vegium lässt an albanisch
Z „Topf“ denken. Aus dem Albanischen kann ich den Stamm Vel.
vil nicht erklären. Vale „Totenlieder* scheint forciert, eher könnte man
Sind die Albanesen Nachkommen der Illyrier? 919
©
an die mythischen „Vilen“ der Südslaven denken, doch müssten die Vilen
dann am Balkan „autochthon“ sein. Eine Frage für Slavisten! Der Ab-
leitung von slav. veli (gross) widerspricht sein Vorkommen in Italien.
Abgesehen von allem diesem ist an das unerklärbare albanische Urwort
vla (= Bruder) zu denken, das im Lappischen mit gleicher Bedeutung als
velja vorkommt.
Wenn wir die angeführte Liste überblicken, so ergeben sich einige
Resultate von allerhöchstem Interesse. Von den 23 analysierten alten
Ortsnamen ergeben 21 einen Sinn und von diesen sind zufällig nicht
weniger als fünf phrygischen, trakischen oder messapischen Ursprungs,
nämlich bal, bren, bur, salia, scardia. Volle 11, mit delm sogar 12 Namen
ergeben sich als solche, die im heutigen Albanischen zwar eine bestimmte
Bedeutung haben, jedoch bloss die albanische bzw. die rumänische Sprache
charakterisieren, es sind dies: der, arents, arnja, bessa, bular,
delm, kodr, krep, dardha, dit, mal, siper. Zwei weitere Worte,
strat, šurdh, lassen sich aus gemein arischen Wurzeln erklären. Alb,
Ars, Plan sind in ihrer Bedeutung noch nicht fixiert worden oder aus
dem Albanischen vielleicht zum Teil überhaupt nicht zu erklären und
bloss ein Wort ograj kann als slavisch verdächtigt und daher bei der
Erklärung von Ocra nur zögernd gebraucht werden. Das letzte Wort
der Liste, nämlich Vel, ist das einzige, was der Analyse bisher trotzte.
Nach diesem erfreulichen Resultate kann auf jene illyrischen und
thrakischen Namen übergegangen werden, deren Spuren sich auch heute
noch in Nordalbanien jach welko lassen.
1I. Personennamen.
1. Agron (thrakisch) = Cafa Agrit (albanesisch „Pass des Agr“).
2. Balaios = Bala (s. vorigen Abschnitt unter Triballum).
3. Bato (illyrisch und thrakisch) = Vata, Beta, Bat-uš. Uša ist, wie
z. B. aus Pjetr (Peter) = Pjetruš (Peterchen) hervorgeht, Diminutivsuffix.
Zu vergleichen das Hirtenwort batš (der Oberschäfer) und die troische
Bateia.
4. Bizes (illyrisch) = Bica. Ob mit echt-albanisch bits, mits „Ferkel“
zusammenhängend, erscheint fraglich, aber nicht unmöglich.
ð. Dasa (illyrisch) = Daš. Daš ist albanischer Eigenname, heisst
gleichzeitig aber auch „Widder“. Zu vergleichen damit ist das thrakische
Desu-dava. Wine interessante Form ist das messapische Dasomas, da
dieses wie das griechische Teutà mos das albanische Urwort madh (= gross)
zu enthalten scheint. — Dessaretier mit daš in Zusammenhang zu bringen,
scheint mir wegen des R gewagt. Die mythische Ahnfrau der Dassaretier
hiess Dassuro. Das albanische Wort „das“ steht ohne weiteren
linguistisogen Zusammenhang da.
6. Jetus (illyrisch) = Jeti, Jeta.
7. Laso (illyrisch) = Lasin.
8. Lonus (illyrisch) = Loni.
— m u Lu
7
1) D. h. wie neugriechisches 6 auszusprechen.
920 i Nopcsa:
©
9. Manius (aus Thrakien) = Mani. Die heutige Identifizierung vom
Mani = Osman lässt sich durch den Hinweis auf einen „Mano Vlah“ im
Jahre 1350 in Makedonien widerlegen.
10. Plaetor (illyrisch) = Pletto (von Jirecek aus 1198 von der Insel.
Veglia zitiert).
11. Sisiros (thrakisch) = Siseri.
Für Erklärungsversuche bieten die albanischen Eigennamen natur-
gemäss ein viel spröderes Material als die Ortsnamen, aber dies ist ja
schliesslich überall der Fall und wir können uns daher schon damit voll-
auf mit der Konstatierung befriedigen, dass, von dem „ausgestorbenen*
Namen Pletto absehend, noch heute nicht weniger als 10 vorrémische
Eigennamen in Albanien im Gebrauch sind.
Da ich meine langen, fast 2000 Ortsnamen umfassenden Listen albani-
scher Namen noch nicht durchgearbeitet habe, muss ich es vorläufig leider
auf den hier angeführten Namengleichungen beruhen lassen, aber dies ist
von um so geringerer Bedeutung, als sich ja schon aus ihnen im grossem
ganzen die zu erwartenden Resultate erkennen lassen. Es zeigt sich, dass
das, was in letzter Zeit Patsch und Penka über die Thraker, Illyrier
und Albanesen publiziert haben, seine Bestätigung findet. — Das Vor-
kommen von zahlreichen auf -ona auslautenden Städtenamen in Italier
und Illyrien, das Fehlen dieser Wortendung in Thrakien, ferner das Fehlen
der thrakischen Endung dava im nördlichen Teile Illyriens, gepaart mit
dem Vorkommen thrakischer Namen (Bal u. a.), ebenso die linguistische
Ähnlichkeit des Thrakischen mit dem Albanischen (beides Satemsprachen)
und seine Verschiedenheit vom Venetischen (Centumsprache) zeigen alle,
dass bereits zur Rörmerzeit die Bevölkerung des heutigen Südbosniens
und Nordalbaniens aus einer thrakischen Unterschichte und einer illyrischen
Oberschichte bestanden haben dürfte. Der älteren thrakischen Unter-
schichte werden wir wohl die Butmir-Kultur Bosniens, der jüngeren illyri-
schen Oberschichte die Glasinac-Kultur Bosniens (= Hallstattkultur) zuzu-
schreiben haben.
Welches der Einfluss der den Kilt (= die Fustanella) nach Albanien
importierenden Kelten im heutigen Albanien war und ob etwa die sozialen
Verhältnisse, die die Römer im Reiche der Königin Teuta antrafen, auf
keltischen Einfluss zu setzen seien, ist vorläufig noch schwer zu sagen.
Die blosse Möglichkeit, dass eine Frau zur Regierung gelangte, weist
jedenfalls darauf, dass die Frau bei den lllyriern zur Römerzeit eine ganz
andere soziale Stellung inne hatte, als bei den Thrakern, Griechen oder
den modernen Albanern. Es könnte die Stellung der illyrischen Frau
ganz wohl auf den influss der Kelten zurückgeführt werden, allein es
muss auch auf die ganz besondere Stellung hingewiesen. werden, die nach
dem Tode Alexanders des Grossen die Mutter dieses Königs, in Epirus
ınne hatte, und man muss daher auch mit der Möglichkeit einer Beein-
flussung der Illyrier von dieser Seite her rechnen.
Auch der Name Teuta gibt einiges zu denken.
Der Name der Königin Teuta findet sich auch in Thrakien (Tiuta
und Tiuta-menos), kaum ist aber seine Bodenständigkeit in Thrakien
i —— | = 7 EE OO Eo = ar a CE N
Sind die Albanesen Nachkommen der Illyrier? dÄ
fraglich, dann muss auf die keltische Gottheit TZeuta-tes hingewiesen
werden und endlich ist zu betonen, dass wir im Namen eines anderen
illyrischen Herrschers derselben Zeit Pleur-ates wohl den Volksnamen
Pleraei, aber auch die keltische(?) Endung -ates finden. Weitere
Untersuchungen über den keltischen Einfluss in Albanien überschreiten
den Rahmen dieser Arbeit, hoffentlich genügen aber diese Andeutungen,
um Fischer davon zu überzeugen, dass die Frage, ob die Illyrier die
Nachkommen der alten Illyrier sind, viel komplizierter ist, als er meint,
und dass „die von ihm eingangs erwähnten alten Namen für sich allein“
nicht genügen, „um die Ausdauer der alten Illyrier in ihren balkani-
schen Sitzen und ihre Fortsetzung in den heutigen Albanesen völlig zu
beweisen“. —-
Wegen anderer Details sei auf meine 1909 in Serajevo erschienene
Arbeit „Aus Sala und Klementi* und meine demnächst in den Wissensch.
Mitt. a. Bosn. u. d. Herzogewina erscheinende Arbeit „Zur Vorgeschichte
und Ethnographie Nordalbaniens“ verwiesen, woselbst sich auch ein aus-
führliches Literaturverzeichnis befindet.
Ujarad, November 1911. | | |
Einige grundsätzliche Bemerkungen über Sonne, Mond und
Sterne im alten Mexiko.
Von
Hugo Kunike.
Den Ausgangspunkt für diese Untersuchung hat eine Darstellung des
Haupttempels in Mexiko gebildet, die sich im Anhang zu dem Werke des
Pater Duran (Lam. 16) befindet. (Abb. 1.) Auf dieser sehen wir die
Sacrarien der nach der Sage vereinten
beiden Gottheiten, des Tlaloc und des
Uitzilopochtli. Tlaloc ist der bekannte
Regengott der Mexicaner, an seinem
Tempel sind senkrechte blaue Streifen
zu sehen, eiu verständliches Symbol für
herabkommendes Wasser. Der daneben-
stehende Tempel ,Uitzilopochtlis zeigt
Abb. 1. Die Sakrarien des Tlaloc eine Bekrönung von Meerschnecken-
und des Titzilopochtli. Duran. gehäusen, sowie eine eigentümlich ver-
| zierte Fassade. Auf ihr nämlich sind
runde Steine und Steine von Schädelform dazwischen zu sehen. Man hat
solche Steine im Original gelegentlich der Ausgrabungen am Orte des Haupt-
tempels in Mexiko gefunden (vgl. Selers Bericht, Ges. Abh. Bd. II 8. 767
bis 904), und zwar kegelförmige Steine, die mit der runden Unterseite aus
dem Mörtel der Wand herausragten und mit dem zapfenförmigen Ende in
demselben befestigt waren, sowie Steine in Schädelform, die gleichfalls mit
Zapfen versehen und in ähnlicher Weise befestigt zu denken sind. Die
runden Steine werden wahrscheinlich als Augen gemalt gewesen sein, wie
man in der Regel die Sterne abzubilden pflegte (s. u.). Was aber be-
deuten die Schädel? Ferner, was bedeuten die Meerschneckengehäuse auf
dem Dachfirst? Um der Bedeutung dieser Verzierung auf die Spur zu
kommen, müssen wir etwas weiter ausholen. Wir müssen auf den Mythus
des Gottes zurückgreifen, dem dieser Tempel geweiht war, wir müssen das
Wesen des Gottes aus dem Mythus zu bestimmen suchen, und das ist
keineswegs schwer. Uitzilopochtli wird auf dem Schlangenberge von der
Couatlicue geboren, die ihn als Federball empfangen hat, er wird in voller
Waffenrüstung in dem Augenblick geboren, wo die Centzon uitznaua, die
400 Südlichen, gegen den Schlangenberg unter Führung des Coyolxauhqui
heranstürmen, um ihn und seine Mutter zu töten. Er aber greift sie an,
—_—_—_—_—"_ x Ř TE
® one a, =—- mg, SEE e,
Kunike: Sonne, Mond und Sterne im alten Mexiko. 993
zerschmettert die Coyolxauhqui, schneidet ihr den Kopf ab und ver-
jagt und tötet die 400 Südlichen. (Sahagun III 1 § 1.)
Der hier zugrunde liegende Naturmythus ist ausserordentlich durch-
sichtig. Uitzilopochtli ist der junge Sonnengott, der, am Morgen von der
Erdgöttin geboren, den Mond und die Sterne verjagt. Und mit einem
Male haben wir die Antwort auf die oben aufgestellte Frage. Die Sterne
sind die von der Sonne Getöteten, sie werden aus diesem Grunde als
Schädel abgebildet. Interessant ist auch die Tatsache, dass ein grosses,
beim Haupttempel in Mexiko gefundenes Werkstück aus Stein den mit
Schellen und der Hieroglyphe für Gold auf den Wangen versehenen Kopf
einer Göttin darstellt, eine Darstellung. die ohne Zweifel den Kopf der
Coyolxauhyui (coyolli = Schelle, xaua = bemalen) betrifft (vgl. Seler
a. a. O. II S. 814).
Aber noch eine andere Beziehung scheint bei den auf der Fassade
des Tempels eingefügten Schädeln vorzuliegen, nämlich die zum Monde.
Das sechste Tageszeichen, miquiztli, Tod, das durch einen Schädel
repräsentiert wird (Abb. 2), hat zum Regenten den Mondgott, Teccistecatl
(„Der mit dem Meerschneckengehäuse*, vgl. Seler,
Erläuterungen zum Cod. Borgia, Bd. 1 S. 102 ff.).
Der Mond wird nämlich auch bei anderen Völkern
einfach als Schädel aufgefasst. Und ebenso zeichneten
die Mexikaner den Mond als Knochengefiiss, in
welchem sich Wasser und ein Kaninchen, ihr Mann
ım Monde“, befinden. Jedenfalls werden auch die
Beziehungen des Mondes zum Tode mitgesprochen
haben, denn der Mond ist der Sterbende und Wiederauflebende.
Um ferner die Darstellung der Meerschneckengehäuse auf dem First
des Tempeldaches zu verstehen, müssen wir uns erinnern, dass der Mond
in der Tat als Meerschneckengehäuse aufgefasst wird (s. o. Tecvistecatl,
vel. als weiteren Beleg die Darstellungen von Sonne und Mond am Stern-
Abb. 2.
Das 6. Tages-zeichen.
miquiztli. Cod. Borgia.
Kg
By are SC
Keser E
Abb. 5. Sonne, Mond und Sterne am Himmel. Cod. Nuttall 19.
himmel, Cod. Nuttall 19, wo die Sonnenscheibe im Innern das olin- °
Zeichen, der Mond ein Meerschneckengehäuse zeigt, Abb. 3), eine An-
schauung, der die unmittelbare Naturbeobachtung zugrunde liegt. Der
Mond zieht sich in sein Gehäuse zurück und kommt daraus wieder her-
vor, er verschwindet teilweise und ganz und wird dann wieder mehr und
mehr sichtbar. Wir hätten demgemäss die Darstellung von Meerschnecken-
gehäusen auf dem Tempeldachfirst als mit der Idee des Mondes zusammen-
hängend anzusehen. Warum sind aber mehrere Schneckengehäuse und
Schädel abgebildet” Hätte man den Mond allein darstellen wollen, so
924 Kunike: `
wäre der Kopf der Coyolxauhqui etwa oder eine Meerschnecke aus-
reichend gewesen. Man wird sich wohl vorstellen dürfen, dass Mond und
Sterne nicht scharf getrennt worden sind und dass infolgedessen Monde
als Sterne oder Sterne als Monde, wie man will, — abgebildet worden
sind.
Wir wollen versuchen, einige weitere Stützen für die zuletzt auf-
gestellte Hypothese beizubringen, dieselbe jedoch noch einmal so formu-
lieren: Die Darstellung von Mond- und Sternbildern geht in
Mexiko vielfach ineinander über, ist also nicht immer scharf
zu trennen. Zunächst möchten wir auf eine Dar-
stellung des Mondes bei den Maya aufmerksam
machen. In der Dresdener Handschrift, Blatt 58
(Abb. 4) ist die Sonne, der Mond und der Morgen-
stern abgebildet (entsprechend dem schönen Blatte
des Cod. Borgia Nr. 71), und zwar ist der Morgen-
stern in menschlicher Gestalt, Sonne und Mond da-
gegen sind als Scheiben auf je einem hellen und
einem dunklen Felde abgebildet, also als Licht-
körper, die zwischen Auf- und Niedergang stehen
(vgl. das mexikanische Tageszeichen olin; dazu Seler,
Cod. Borgia, 1 S. 14). . Die Sonne ist in üblicher
Ä Weise als kleiner Kreis mit Strahlen nach den vier
kommende Planet f
Venus. Dresdner Maya- Richtungen dargestellt, der Mond gegenüber geradezu
Handschrift Blatt bn, als Schädel. Nach dem obengesagten ist die Analogie
zu der mexikanischen Auffassung unmittelbar ver-
ständlich.
Einen weiteren Beleg für die oben aufgestellte
Hypothese, der zufolge Mond- und Sterndarstellungen
nicht immer scharf von einander zu trennen sind,
bietet uns .die Auffassung des Mondes als Stein-
Abb. 5. Der Mond Messer. (Ganz deutlich geht diese aus manchen
mit dem Steinmesser, Bildern des Mondes im Cod. Borgia, und zwar Blatt 18,
Cod. Borgia 50. 50 und 58, hervor, wo geradezu ein Steinmesser im
Monde gezeichnet ist (Abb. 5). Ausserdem begegnen
wir Darstellungen, bei denen die Erdkröte ein Steinmesser aus ihrem
geöffneten Rachen entlässt (Borbonicus 15), was natürlicherweise auf nichts
anderes als den Mond gedeutet werden kann, den Mond, wie er aus der
Erde hervortritt.
Und so ist auch ein Steinmesser Symbol und Abzeichen des Mond-
vottes naui tecpatl (vgl. Seler, Cod. Borgia, If 228). Xipe totec wird in
manchen Bilderschriften als Steinmesser — «l. h. als Opfer- und Mondgott
vezeichnet. Denn Xipe, „der Geschundener, der Gott, welcher die Haut
abstreift (wie eine Schlange; s. u.), ist wiederum ein Mondgott. Später
ist er dann zum Vegetationsgott geworden infolge einer naheliegenden
Ideenverbindung. In einer nordamerikanischen Sage von Tawiskara (bei
Irokesen. Huronen und Verwandten) gebiert die Mondgöttin einen Feuer-
stein (mex. tecpatl = Feuerstein oder Steinmesser).
Abb. 4. Der herab-
A — A G —— B—— —
— o eee CO
Scnne Mond und Sterne in alten Mexiko. 935
Nun aber sind die Figuren von Steinmessern zuweilen auch gleich
Sterngottfiguren (Seler, Cod. Borgia, II 12). Und so finden wir an
manchen Stellen Himmelsdarstellungen, wo Augen, d. h. Sterne und Stein-
messer, d. h. Sterne oder Monde, vereinigt sind (Abb. 6). Hier ist also
wiederum deutlich, dass Monde und Sterne nicht scharf unterschieden
werden. Dass der Mond als Steinmesser gezeichnet wird, hat seinen
Grund in der (iestalt des Halbmondes, der einen steinernen altmexikani-
Opfermesser ähnlich sieht.
Auf einen weiteren hierhergehörigen Zusammenhang hat zuerst Preuss
die Aufmerksamkeit gelenkt. Wir meinen den Zusammenhang zwischen
den vielfach in den Bilderschriften vorkommenden Häkchen und dem
halbmondförmigen Schmetterling (Abb. 7). Wir meinen, dass man die
Häkchen in vielen Fällen einfach wird als Mondsicheln bezeichnen
MUNI WRNINI
Ee
=
=
at ia} --- Ke, ere
pres = H =
Ge. Net sg -e s.e-
— S H i P _ V
EH Se u5 - la
CAD
Abb. 6. Steinmesser und Augen als Himmelskörper. Cod. Borgia 50.
Abb. 7. Pulqueschale mit
herausschäumendem Ge- Abb. 8. Hieroglyphe
trink, darauf Häkchen- Youallan, „am Orte
zeichnung und zwei Monde. der Nacht“. Libro de
Cod. Borgia 5x. los tributos 15.
dürfen; dass die Häkchen aber auch noch mancherlei andere Bedeutung
haben, muss dabei jedoch gleichfalls festgestellt werden. Denn ebenso
wie Schädeldarstellungen nicht überall Monde und Sterne bedeuten,
sondern einfach als Köpfe von Geopferten oder Todessymbole anzusehen
sind, wie ferner die Steinmesser in den meisten Fällen in den Hand-
schriften, wie auf Skulpturen und anderen Werkstücken als Opfermesser
aufzufassen sind oder auch zur Bezeichnung des Scharfen, Reissenden usw.
dienen, so bedeuten die Häkchen an vielen Stellen der Bilderschriften
etwas anderes als Monde und Schmetterlinge. Sie deuten nämlich oft die
lockere oder flockige Beschaffenheit (Baumwolle) einer Substanz an, oder
etwas Körniges (Erde), schaumiges (Pulque}, endlich auch zerstochenes
Papier. (Hieroglyphe Cocollan im Cod. Mendoza, „am Orte des vielfach
Zerstochenen“.) An den meisten Stellen treten allerdings die Häkchen
zusammen mit Augen in der Darstellung des Nachthimmels auf, wo die
Augen, wie wir bereits bemerkt haben, Sterne bedeuten (Abb. 8). Oder
926 Kunike:
man sieht die Häkchen auf Himmelsdarstellungen mit Sonne und Mond
zusammen abgebildet (Cod. Nuttall 19, Abb. 3). Wir werden also hier
die Vermutung wagen dürfen, dass die Häkchen hier Monde oder Sterne
bedeuten, was, wie wir nun bereits an mehreren Beispielen gesehen haben,
vielfach auf ein gleiches hinauskommt.
Von bildlichen Darstellungen erwähnen wir endlich noch diejenigen
des von Seler so genannten Stern- oder Strahlenauges (Abb. 9). Hier
ist ein Auge (Stern) mit Braue darunter gezeichnet; diese ist ganz so
wie ein Nasenhalbmond (z. B. der Tlacolteotl) gestaltet; man kann also
auch hier annehmen, dass der Mond mit dem Stern kombiniert dar-
gestellt sein soll.
Ausserdem gehen von dem Auge Strahlen aus, die teils als gestielte
Augen, teils als Steinmesser gezeichnet sind, was gleichfalls auf den
obendargelegten Zusammenhang hinzudeuten scheint.
Wir gehen nunmehr dazu über, einige zu diesen Anschauungen ge-
hörige Bezeichnungen für Sterne, und was damit zusammenhängt, anzu-
führen. Die Pulquegötter heissen im
Mexikanischen „centzon totochtin“,
d. h. die 400 Kaninchen. cen-tzon
bedeutet eigentlich „ein Haar“, d. i.
ein Haarschopf, und so wird auch in
den Bilderhandschriften eine Rispe
dafür gezeichnet, welche ein Haar-
büschel darstellt. 400 bedeutet natür-
Abb. 9. Stern- oder Strahlenauge. lich ebensoviel wie eine grössere.
Wandmalereien von Mitla. Nach Seler. nicht näher zu bestimmende Anzahl.
Eine interessante Parallele hierzu
bietet die Angabe, dass primitive Indianer Südamerikas, wenn sie auf-
gefordert werden, zu zählen, und die gewünschten Zahlen ihre Fassungs-
kraft übersteigen, an die Haare fassen und dazu „Menge Menge:
sagen.
totochtin heisst „die Kaninchen“, d. h. die Monde. Denn die mexi-
kanische Sage (Sahagun VII, 2) weiss folgendes zu berichten: Als die
Götter in Teotihuacan berieten, wer von ihnen Sonne und wer Mond
werden sollte, meldeten sich Nanauatzin, „der kleine Syphilitische“ und
Teccistecatl, „der mit dem Meerschneckengehäuse“ (s. oi Sie bereiteten
sich denn auch durch Fasten und Opfer vor und sprangen darauf ins
Feuer, Nanauatzin zuerst, er wurde zur Sonne, dann Teccistecatl, er
wurde zum Monde. Als dann die beiden Himmelskérper aufgegangen
waren, schlugen die Götter dem Monde, damit er nicht ebenso hell leuchte
wie die Sonne, mit einem Kaninchen ins Gesicht, weswegen derselbe
noch heute ein Kaninchen auf seiner Fläche zeigt. — Eine ganz ähnliche
Anschauung hatten übrigens auch die Sanskrit-Inder, welche den Mond
sasin, „den mit dem Hasen“, nannten. In Japan und bei den primitiven
Waldindianern Zentralbrasiliens finden wir dieselbe Anschauung, nämlich
das Kaninchen im Monde, eine Anschauung, welche demgemäss auf einer
vleichartigen Naturbeobachtung beruhen muss.
Sonne, Mond und Sterne im alten Mexiko. 927
Auf eine Naturbeobachtung glauben wir übrigens auch die seltsame
Konzeption des Sonnengottes als Syphilitiker zurückführen zu dürfen.
Den Mexikanern, die den Planeten Venus als Morgen- und Abend-
stern und ebenso den Mond genau beobachtet haben, werden sicherlich
auch die Sonnenflecke aufgefallen sein, es ist daher nicht unmöglich,
dass sie dieselben als den venerischen Aussatz der Sonne aufgefasst haben,
und so den Sonnengott syphilitisch nannten. Es wäre nicht unmöglich,
dass man im alten Mexiko auch die Veränderung der Sonnenflecke, ihr
Verschwinden und Wiederauftauchen beobachtet und mit der Veränderung
der durch Syphilis pathologisch affizierten Haut verglichen hat, doch dies
nur nebenbei.
Das Kaninchen ist also der Mond und die Pulquegötter sind Mond-
götter, auch sie hängen wie Xipe (als Mond- und Vegetationsgott; s. o.)
mit den Ideen der Lebensmittelfiille unmittelbar zusammen. Da es nun
aber nicht eine Menge Monde gibt, wenigstens nicht für die alten Mexi-
kaner, so werden wir wohl wiederum die Idee heranziehen dürfen, dass
Mond und Sterne nicht prinzipiell verschieden sind, die centzon totochtin
werden also sowohl als Mond, wie Sternengötter zu gelten haben.
Wir haben oben beim Mythus des Uitzilopochtli von den Centzon
Uitznaua gesprochen. Diese repräsentieren, wie ihr Name sagt, recht
eigentlich die Sterne des Südhimmels; im Gegensatz dazu stehen die
Sterne des Nordhimmels, welche centzon Mimixcoua, die 400 Wolken-
schlangen heissen. Dieser Name ist zunächst etwas befremdlich, er wird
aber sofort verständlich, wenn wir ihn auf mythische Konzeptionen, die den
Mond betreffen, beziehen. Der Mond wird an vielen Stellen der Erde
als Schlange aufgefasst. Denn wie die Schlange ihre Haut abstreift und
nach der Häutung um so prächtiger erscheint, so verjüngt sich auch der
Mond immer wieder (vgl. das oben über Xipe gesagte). Die hierher ge-
hörige mexikanische Auffassung vom Monde findet ihren Ausdruck in dem
Namen und teilweise auch in der Darstellung des Windgottes, des alten
Mondgottes Quetzalcouatl. Sein Name bedeutet Quetzalfederschlange,
eine mit Federn bedeckte Schlange. Es ist der Kulturheros, der nach
Osten, der Sonne entgegen, wandert, um in ihren Strahlen zu verbrennen.
Sein Herz steigt dann als Morgenstern zum Himmel empor.
Der Nanıe Quetzalcouatl hat aber noch eine zweite Bedeutung, und
zwar: „kostbarer Zwilling“. Das sonst für Zwilling gebrauchte Wort ist
Xolotl, dies wird zur Bezeichnung von Geminationen gebraucht, aber auch
auf die Larve des in den mexikanischen Seen vielfach vorkommenden
Wasserlurches Amblystoma mexicanum angewandt. Dieser heisst Axolotl,
d. h. Wasserzwilling, was genauer ein Tier bedeutet, das in verschiedenerlei
Gestalt auftritt (Amphibie). Wenn nun Quetzalcouatl der kostbare Zwilling
heisst, so liegt bei Heranziehung des Wortes Xolotl und seiner Bedeutungen
die Vermutung nahe, dass man ihn so genannt hat, weil er ein Mondgott
ist und der Mond in verschiedener Gestalt erscheint. Auch die typische
Gesichtsbemalung des Gottes stimmt anscheinend zu seiner Monduatur,
in Profil ist die Vorderseite des Gesichtes gelb, die Hinterpartie schwarz
gemalt, (um den Mund herum rot) wenn man sich also das Gesicht en
928 Kunike:
face gedreht denkt, ergibt sich ungefähr eine gelbe Mondscheibe auf
schwarzem Grunde, dem dunklen Nachthimmel. Ausserdem trägt Quetzal-
cout] als Brustschmuck den Querschliff einer Meerschnecke (s. o.), ferner
abgerundeten und gewundenen Schmuck u. a.m., was alles für seinen
Mondcharakter spricht.
Quetzalcouatl wird nun in Chiapas, als Cuchulchan, „die Schlange,
die im Wasser geht“, genannt; das bedeutet ganz klar den Mond, der
durch den Himmelsozean streicht. Und ebenso werden wir uns die oben-
genannten Sterngötter des Nordhimmels, die Mimixcoua, die Wolken-
schlangen, als Mondsterne zu denken haben, die durch die Wolken
wandern.
Übrigens ist Mixcouatl, „die Wolkenschlange“, der Gott der Chichi-
meken und der Jagd, gleichfalls ein Sterngott.
Auch die als Sterngottheiten aufzufassenden Tzitzimime, die Dunkel-
heitsdämonen, die entweder in der Gestalt von gespenstischen Weibern
(den im Kindbett gestorbenen Frauen wird diese Rolle zugewiesen; vgl.
Cod. Borgia 50), oder von spinnenartigen Wesen ge-
dacht werden, tragen Nasenhalbmonde (NB. auch
dann, wenn sie als Spinnenwesen gezeichnet sind;
vgl. Cod. Borgia 34, Abb. 10), wie sie im Grunde
nur von alten Mondgöttern (Xipe, Tlacolteotl, den
Pulquegöttern) getragen werden. Auch hier also geht
wiederum die Auffassung von Mond- und Sternwesen
durcheinander. Übrigens verschmelzen bei der An-
Abb. 10. Tzitzimitl. Schauung von den Tzitzimime Motive des Alb- und
Cod. Borgia 34. Fratzentraumes mit der Auffassung von ihnen als
Sternwesen. Die im Kindbett gestorbenen Frauen
erscheinen, wie auch leicht erklärlich, als albdrückende Wesen, wie es
heisst, „als gespenstische Weiber, welche die Männer zu Sünde und
Unzucht verführen“, oder als Spinnen, eine häufige Form des sogenannten
Fratzentraumes. (Vgl. über den Alb- und Fratzentraum als die beiden
Formen des Angsttraumes Wundt, Völkerpsychologie. ‚Leipzig 1906.
Bd. II 2 S. 109—122.)
Quetzalcouatl ist, wie wir oben gesehen haben, der Mond, der nach
Westen wandert, um im Tlillan-Tlapallan, dem Schwarz-Rotlande,
dem Lande des Unterganges, dem Lande der Schrift, zu verschwinden.
Auf das schwarzrote Land der Dämmerung bezieht sich u. a. auch die
schwarzrote Bemalung des Gewandes der Tlacolteotl, der alten Mondgöttin,
auf welchem Halbmonde in Menge zu sehen sind. Auch die zweigeteilte
Bemalung der Ballspielplätze in den Bilderschriften wird sich darauf be-
ziehen, sollten doch die Ballspielplätze den Himmel darstellen, an dem
sich Sonne und Mond als Bälle bewegten.
In einer immer noch recht rätselhaften Figur des mexikanischen
Pantheons finden wir nun schwarz und rot vereinigt. Oder vielmehr,
diese Figur tritt das einemal schwarz, das anderemal rot auf; beide mit
verschiedenen Farben bemalt, treten sich (im Cod. Borgia) auf dem Ball-
spielplatz gegenüber. Es ist der rote (tlatlauhqui) und der schwarze
Sonne, Mond und Sterne im alten Mexiko. 929
(yayauhqui) Tezcatlipoca. Dieser Name bedeutet ,der rauchende Spiegel‘,
der Gott heisst auch ce miquiztli (eins Tod, s. o., durch einen Schädel
repräsentiert), was zugleich sein Tag ist. Den Rätseln, welche diese Figur
bietet, beizukommen, ist am ersten möglich, wenn man sie als Mondgott-
heit fasst, sie ist dann in ihrer Doppelgestalt am leichtesten zu begreifen,
und zwar als Hell- und Schwarzmond. Die grosse, rötliche, leuchtende
Mondscheibe am Horizont und der in den Tropen deutlich zu sehende
schwarze Mond (der rauchende Spiegel, tezcatl, welcher in den Bilder-
schriften schwarz dargestellt wird) haben den Ausgangspunkt für diese
mythologische Konzeption gebildet. Ausserdem wird Tezcatlipoca mit
einem abgerissenen Fuss abgebildet, es ist also ein Lichtkörper gemeint,
dem ein Teil abgezwackt wird. (Symplegadenmotiv.) In einigen Bilder-
schriften sehen wir bei ihm ein Krokodil (cipactli, „der Fisch, aus
welchem die Erde gemacht ist“), das Tier der Erde, welches den Fuss
abgerissen hat. Tezcatlipoca trägt ferner als Brustschmuck einen Ring,
Xo)
7 ~
et
d
l ' UD
Abb. 11. Tezcatlipocas Abb. 12. Der Hirsch, die Sonne tragend
Anauatl als Auge (Stern). und das Kaninchen, den Mond tragend.
Cod. Fejérvary-Mayer 24. | Cod. Borgia 33.
Anauatl; dieser wird zuweilen einfach als Auge, also als Stern, dar-
gestellt (Abb. 11, s. die Zusammenstellung bei Seler, Ges. Abh. Bd. II
S. 71). Es ist nicht unmöglich, dass auch hier wiederum die Idee mitspricht,
dass die Darstellungen von Mond und Sternen im Grunde nicht so sehr von-
einander verschieden, als vielmehr ineinander übergehend anzusehen sind.
Wenn wir ferner noch bedenken, dass der Mond vielfach als Sonne
der Nacht gezeichnet wird, so können wir wohl verstehen, dass mytho-
logische Gestalten, welche den Mond repräsentieren, gelegentlich Sonnen-
züge tragen, ebenso, dass Sterngottheiten mit Mondzügen ausgestattet
werden u. a. m.
Endlich möchten wir noch auf folgendes aufmerksam machen. Wie
das Kaninchen im alten Mexiko das Tier des Mondes ist, so ist der Hirsch
das Tier der Sonne (Abb. 12). Nun fand Preuss bei den Cora die An-
schauung, dass die Sterne als Hirsche aufgefasst werden. Wenn wir also
diese mythologische Konzeption mit der der alten Mexikaner in Parallele
setzen, so erscheint auch der Unterschied von Sonne und Sternen in diesem
Kulturkreise nicht allzu rigoros aufgefasst worden zu sein.
Nach den obigen Ausführungen wird es verständlich sein, dass in den
Mythen und Anschauungen der alten Mexikaner eine gewisse Vieldeutig-
keit und Buntheit zutage tritt, dass aber nichtsdestoweniger die Be-
ziehungen der Dinge zueinander, welche die Einheit unter ihnen ver-
mitteln, in vielen Fällen auf das Deutlichste sich erkennen lassen.
Zeitschrift für Ethnologie. Jahrg. 1911. Heft 6. GO
930
Nachträge und Berichtigungen
zu Robert Beltz-Schwerin
Die Laténefibeln
s. S. 663.
S. 669 Z.3 von oben ist nachzutragen: Hagenau i. E., Städtisches Museum.
Desgl. S. 669 Z. 10 von unten: Mülhausen i. E., Städtisches Museum.
8. 670 Z. 17 von oben: Saalburgmuseum.
S. 673 2.9 von unten: 255 (für 250).
S. 685 Z. 9 von oben: Die Fibel mit umgeschlagenem Fuss in Gesellschaft
echter Mittellatenefibeln ist jetzt auch in Siidrussland (Maritzyn Guvrn. Cherson)
nachgewiesen: M. Ebert Pr. Z. III S. 235.
LA 1. Maskenfibeln @.
Seite Variante.
und Fundort Sammlun ny Fund: Se
Nr j | ne An- geschichte Literatur
ee eS eS ee EE ee am SSS SS ne
N
S. 696 Fo. unb. Darmstadt. Br. V.A. ? Anthes-Darm-
10a (Rhein- L M. Kopf un stadt
hessen?) Bügelkopf
und Fuss |
S einseitig
S. 697 Fischen’), München Br. Bruch- Grabhügel- Naue, Hügel-
13 a B.-A. Weil- St. 8. stück gruppe gräber zwischen
heim Menschenkopf| zwischen Ammer- und
Fischen Staffelsee 1887
und Pähl IS 14 Taf. XXV, 6
S. 697 Huglfing Ebendort | Br. Bruchstiick | Grabhiigel- Ebendort
13b B.-A. Weil- ' B geschwollen, gruppe S. 49
heim unverziert, VI Taf. XXV, 12
F Menschen-
kopf
LA 2. Vogelkopffibeln +.
S. 699 | Schirrheiner | Hagenau Br. Var. B | Grabhügel- | Forrer-Strassburg
15a eg?) gruppe
bei Hagenau
(Unterelsass)
S. 699 Uhlweller, Ebendort | ES 2 2 = 2 Desgl. Derselbe
15 b Kr. Hagenau |
(Unterelsass) |
S.700 | Fischen‘, | München | Br.B A 3 Grabhügel- | Naue, Hügel-
25 a B.-A. Weil- — St. S. FA Ah — gruppe griber zwischen
heim | (mit B ver- zwischen Ammer- und
bunden) Fischen Staffelsee 1887
| |
und Pähl | 8.14 Taf. XXV,5
Begleitende Funde. 1) Fischen: Hügel c ¢15a. E Krummesser, Ring. Ton-
schüssel. — 2) Huglfing: Gr. 2. Durch Nachbestattung gestört. — V 135a. — 3) Schirr-
heinerweg: S. A 821. — 4) Fischen: Hügel c.@ 13a. E: Krummesser, Ring. Tonschüssel.
Beltz: Nachtriige zu Latenefibeln. 931
Seite | Variante. |
|
und Fundort Sammlung ` ane, puna Namen E
Nr. S | laine eb an; | geschichte Literatur
S.700 | Pahl’), B.-A. München | Br. S 4 (Arm- | Grabhügel- Naue a. a. O.
~rbe Weilheim St. S. brust) B A 1 gruppe S. 19 Taf. XXV
| “AS zwischen 7.9
(} Bruchstiick); Pahl und
| | Wilshofen
S. 700 | Ebendort?) | Ebendort ' Br. äussere 8 Desel. Naue a. a. O.
25d | BA? S. 19 Taf. XXV.8
| F beschädigt
S. 707 Haghof?), Nürnberg | BA2 Grabhiigel | Hörmann-Nürn-
1224 |B.-A.Sulzbach, N. G. :FrunderKopf, in der berg
(Oberpfalz) mit B ver- Stadelleite
bunden (Skelett)
S abgebrochen
3.707 | Schernfeld | Sc Ä _ | er
i l
S. "0: | Mischelbach, ' Gunzen- : Br.S 2.4 Hügelgrab | Hock-Würzburg.
130a |B.-A. Weissen-! hausen | BA1F A 2 Nach- Eidam,
‚burg | | bestattung | Jahresber. d. Ver.
(Mittelfranken) | | ; f. Mittelfranken
| | | XLII. 1889
| S. 39 Taf. VI, 1
S. 708 Taschen- | Würzburg Br. Sonder- Hiigelgrab Hock
137a | dorf®), B.-A. | form S 2. 4
Scheinfeld | | BA1.5 an /|
(Mittelfranken) den Seiten .
| grosse Augen ,
| F A 1; aus |
‚ dem zurück- |
gebogenen
| Kopf ent- |
; wickelt sich |
| ein zweiter
kleinerer |
S. 708 | Mittelfrauken Ansbach Br. S fehlt , _ Derselbe
139 a BA15 |
b. c FAl |
S fehlt
BAI1LFAt1
mit grossem |
Auge
| $2
BAIFA!
klein
S. 708 | Cammerlohe — — Zweifel- Derselbe
143 hafter
Fundort
S. 710 | Staffelberg’), | Lichtenfels Br. S fehlt Ringwall Derselbe
169a | B.-A. Staffel- | Privat- BA2FA2
stein © besitz |
(Oberfranken) | |
|
Begleitende Funde. 1) Pähl: Hügel 6 (Skelett): Br. Fingerring, Nadel. —
-2) Pähl: Mit dem vorigen. — 3) Haghof: Kleine Toilettengegenstände, Tongefäss. —
4) Taschendorf: Br. Bandfibel (hallstittisch?). — 5) Staffelberg: Br. Tierfibeln,
A 254d.
GOU
932 Beltz:
S. 713 Nienburg.
243.2441 Gegend von
Lüneburg
== Herkuntt Hahne-Hannover
unsicher
Seite en | ER | Variante. | Zur Fund- Nachweis. —
ammlun S
S | Genauere An | geschichte Literatur
Buben
S. 710 | Oberleiters- P Bamberg | Br. 8 fehlt | Hügelgrab | Hock. Hermann.
169b | bach, B.-A. | |BAILFA2, (Skelett) 5 Jahresber. d.
Staffelstein | | hist. V. Bamberg
(Obertranken) | S. 15 Taf. VIL, a
S.712 | Gr. Tschir- Breslau EBA2 Urnengrab Seger
2303 nau, IF A 5 (einem
Kr. Guhrau | | Seepferdchen
| gleichend)
|
S. 712. 713 No. 236 bis 241 s. unten S. 935.
2. Frühlatenefibeln A.
|
S. 715 | Rittershansen, | Wiesbaden | E derb, gross | Ringwall Brenner-Wies-
18a Dillkreis S4 BI 1F13 baden
| (durch Rost
entstellt)
S. 715 Wiesbaden Ebendort E | In dem rö- fRitterling, Limes
15 a | mischen Nr 31 Wiesbaden
Kastell .| S.91 Abb.5, 1
S. 715 | Ebendort?) | Ebendort Br. u. E | Brandgräber | Ritterling, Jahres-
15 bis e ber. des Landes-
| museums f. 1910
S. 718 | Kéniesbrfick®),| Haxenau Br. 8 1 BI 1 | Hiigelgriiber Forrer
82a.b | Kr. Hagenau | FI1 (eine |
(Unterelsass) mit Fortsatz)
S.718 | Kurzgelind, Ebendort Br. gleich der .Desgl. Derselbe
82c | Kr. Hagenau | vorigen
(Unterelsass) |
S. 718 Magstub®), Ebendort E! BI 12 Desgl. Derselbe
82d | Kr. Hagenau | FI»
(Unterelsass) |
S. 718 Ebendort Ebendort | Br. S1 BI1 | Aus Hügel- Derselbe
8? e. f FI1 z. T. mit gribern
_ Fortsatz
|
S. 718 Oberfeld, Ebendort Br.S1 BI1 Desgl. Derselbe
82 g.h | Kr. Hagenau FI1 mit
(Unterelsass) kleinem Fort-
satz
S. 718 | Schirrhein, Ebendort Br BI4 FI11 Desgl. Derselbe. Vgl.
821 Kr. Hagenau ' (mit Email) Vor- u. frühgesch.
(Unterelsass) Wandtafeln für
| | Elsass-Lothringen
| | | F. 88 Reallexikon
| S.59, 18
Begleitende Funde. 1) Wiesbaden: E. zusammengebogenes Schwert, Lanzen-
spitze. — Tontlasche, Töpfe. — 2) Königsbrück: Paukenfibel. — 3) M&gstab: Pauken-
fibel.
-— = -, m
Nachtriige zu Latenefibeln. 933
S i Gg i e .
= Fundort Sammlung Mee Zur Fund- Nachweis. —
Nr. ret ane geschichte Literatur
a a
S.718 | Schirrhein, Hagenau |Br. BI5 FI3 Mileelers Es Derselbe. De Ring
82k | Kr. Hagenau in Faudel u. Blei-
(Unterelsass) cher, Matériaux V
Taf. X, 14
S. 718 | Schirrheiner- | Ebendort | Br. älınlich Desgl. Derselbe
82] weg!) bei | dem vorigen
Hagenau |
(Unterelsass)
S. 718 | Uhlweiler?), | Ebendort Br. BI10 Desgl. Derselbe
82m | Kr. Hagenau F fehlt
(Unterelsass) | `
5. 7118 | Weitbrach, Ebendort | Br. BI3 FI6| Hiigelgrab Derselle
x2 n.o | Kr. Hagenau
(Unterelsass)
S. 718 Habsheim, | Mülhausen | Br.S 1 BI1 Desel. Derselbe.
85a | Kr. Mülhausen FIl Faudel u. Bleicher
(Oberelsass) a. a. O. Taf. X, 14
S.726 Nr. 188: Nach gefl. Mitteilung von P Reinecke ist das Fundstück identisch
mit dem von Bruck a. d Alz A 177.
S.728 Nr, 224: Kl. Alfalterbach vor A 203 zu stellen.
EEE E FREE SS EE EECHER EE
S. 730 | Forchheim?®), | Forchheim | Br. SI BI3 Ringwall Hock
249a | (Oberfranken) F 110 Walberla
S. 730 woe | Bamberg |Br. Sı B I 1.| Hügelgrab | Hock. Hermann,
254a | B.-A. Bam- | 17 FI5. | mit Kinder- |5. Jahresb. d. hist.
berg I (Ober- Sehr klein skelett Vereins Bamberg
franken) S. 18 Taf. VII, 85
S, 730 [Schwabthal‘),, Privat- | Ähnlich Abb.9, | Steinsetzung| Hörmann-Nürn-
254b | B.-A. Staffel- | sammlung aber F zu auf der berg
stein (Ober. |in Lichten- | einem Kolben | Tiefenthaler
franken) fels verändert Höhe
S. 730 Ebendort | Ebendort | AhnlichAbb.13, Ebendort Derselle
251 e |
S. 730 | Staffelberg’), Desel. D S1BI3.} Ringwall Hock.
954d I B.-A. Staffel- ` | WEIT
stein (Ober- (rudimentirer
franken) Vogelkopf)
S. 730 Ebendort Desel. Br.S1BI3 Ebendort Derselbe
2nd e F I 7 (Kopf)
S. 730 Ebendort | Desgl. BrS1BI3 Ebendort Derselbe
254 f | F abgebrochen
S.730 | Ebendort | Desgl. Br.S1BI1 Ebendort Derselbe.
254 g sehr hoch
| | FIn
Begleitende Funde. 1) Schirrheinerweg: S. + 15a. — 2) Uhlweiler: S. 15b.
3) Forchheim: Frühmittelalterlicher Fund von demselben Wall P. Z. IIT S. 163. —
4) Schwabthal: Einzige Beigahe des Beerdigten. — 5) Staffelberg: Bruchstücke
von vielen ähnlichen. S. + 169a. |
934 Beltz:
Variante,
Fundort Sam mlung | Genauere An-
Zur Fund-
geschichte
Nachweis. —
Literatur
S. 730 | Köttel, B.-A. | Bamberg | Br. S 1 BI N Hügelgrab | Hock. Hermann,
255 a Lichtenfels - ' 14 F IT 10 (Skelett) a. a. O. S. 18
(Oberfranken) | | | Taf. V11, 87.
S. 730 | Engelthal’) | Nürnberg | Br. S 1 B 13% |Hügelgrab IL] Hock. Wunder,
258 a (Mithlanger), ` N.-G. - FI 10 Abh. d. naturhist.
B.-A. Hers- | | Ges. Nürnberg
bruck (Mittel- : | XV Tat. VII. 8.
franken) | | |
S. 730 | Schambach, Weissen- Br. SIBI2| ` Nach- Hock. Pr. Bl. IV
258b | B.-A. Weissen-: burg -7 F 110 | bestattung S. 4 Taf. I. 6
burg (Mittel- | in einem
franken) Hiigelgrabe
S. 731 Mittel- ~ Ansbach | Br.S1BIl. = Hock
260a.b] franken? | | FIS%
S. 732 Wohlmute Jena | Br. m. eis. | Wallburg | Eichhorn, Goetz
2648 hausen Achse Disburg
| | S 2. 4 (Arm- |
| brust) B I7
| | FIS i
| |
S. 782 | Jüdewein?), | Meiningen | Br. B I3 Skelett- Kropp, a. a. Q.
282a | Kr. Saalfeld ` FI 10 | gräber am S.7ı
(S.-Meiningen) | | Abhange der
| Altenburg
S. 732 Köditz°), Ebendort |, 4 Exemplare | Skelett- Kropp, a. a. ©.
282b I Kr. Saalfeld Duxer Art, | gräber S.8
(S.-Meiningen) auch mitF I 11 |
8. 732 zu 286 Anm. 7: Die Gussstätte hängt mit den Fibelfunden nicht zu-
sammen, ist altbronzezeitlich (Eichhorn).
|
| Eichhorn
S. 732 Nerkewitz
Eisen.
zu 288
B I 2 (runder
| Querschnitt)
| _ F kleiner |
| Doppelkegel
|
S. 734 | Ranis‘), Kr.
Hohen- !S Br. Sonder- | Skelett-
19a Ziegenriick
leuben {form B Draht- graberfeld
Reichen- | verschlingun- '
fels gen F I 16 |
S. 734 | Wéhisdorf’), | Ebendort Br. B I 3 (m. Skelett- Kropp. a. a. 0.
319b | Kr. Ziegenriick umfassendem | gräberfeld Ing 51—52. Abb. 7
‚ Wulst auf dem
' Scheitel; FI10
| (Mit kleiner
| | Kette)
Kropp, a. a. O.
S. 32 Abb. 49
Begleitende Funde. 1) Engelthal: Vgl. + 133. — 2) Jüdewein: Von anderen
Stellen A 282. 318. Grab 1: 5 Hals- und Armringe, Nadel mit Doppelschale. —
3) Köditz: Br. Hals- und Armringe. — 1) Ranis: Grab 28: 3 Skelette übereinander.
4: 2 Armringe, Br. Ohrring, Rest einer Fibel. 2 Spinnwirtel. Tongefüss. - 5) Wöhle-
dorf: Grab A 10 ‘unsichere Untersuchung).
Nachträge zu Latenefibeln. 935
| Variante.
Fundort Sammlung | Genauere An-
| gaben
Zur Fund-
geschichte
Nachweis. —
Literatur
|
S. 736 Umg gone von Magdeburg| E. S2 BI4 — Kupka
345a | Magdeburg | (geschwollen)
| FI3
|
S. 736 | Hänichen‘) | Leipzig Br. Sonder- — Jacob-Leipzig
36la |b. Schkeuditz | form, 7 walzen-
Kgr. Sachsen | förmige
Korallen auf-
gesteckt auf
die Achsen-
enden, seitlich
von B u. F
S. 737 | Gr. Kühnau Dessau, = = —
360 Heimat- | |
museum |
S. 737 | Rossdorf®), Ebendort | E. S anschei- Urnenfeld | Seelmann-Dessau
360a Kr. Dessau nend 1BI1: auf dem
(stark) FI 2 | Galgenberge
S. 737 Ebendort Ebendort | E.S3 BIS Desgl. Derselbe
360 b (stark) F [ 4_
S. 737 Ebendort Ebendort | E. S 3 B I 2 Desgl. Derselbe
360 c ' FI4 mit ,
| langer Spitze
S. 737 Ebendort Ebendort | Br. Bruchstiick | Desgl. Derselbe
360d BI2.1l
F abgebr.
S. 737 Ebendort Ebendort | Br. Desgl. Derselbe
360e norddeutsche
| Lokalform |
S2.3F15
(Halbwulst)
S. 739 Pausitz?) Dresden |EBI3FI4 Urnenfeld Deichmiiller
40la b. Riesa )
S. 739 Bunzlau’) Breslau Br. 82.3 B. — Seger, Schl. Vorz.
421a 'fast I 9, leicht VI S. 416, Abh. 1
: gerippt F I 11
t
Ss. 739 | Kentschkau°), | Ebendort ' Br. B I 2. 11 | Flachgräber | Seger, a. a. O.
H
$21 b.c| Kr. Breslau | FI6 mitSkeletten | S. 406, Abb. 13. 15
S. 739 Oberhof’) Ebendort | Br. B111 FIG: Skelettgrab | Seger, Schl. V.
421d.e] Kr. Breslau — N. F. IMI S. 55,
| Br. S2 B16 Fig. 8. 9.
I 13
| ae 4
tere Funde. 1) Häuichen: Br. Tierfigur, Giirtelhaken. E (rürtel-
haken, Messer. — Tongefäss. (Ähnliches Stück A 328). — 2) Rossdorf: Reichliche
Beigaben: E gerade und gekröpfte Nadeln, Gürtelhaken, Ringe, Br. Armband, Draht.
æ 113b. — 3) Pausitz: Br. grosser Ring, Blechröhre, Nadel, Tutuluskopf. E Nadel mit
Kopfscheibe. — 4) Bunzlau: [Irrtümlich unter + 236 aufgeführt]. — 5) Kentschkan:
Gr. 2: Br. Halsring, 3 kleine Ringe, 2 Schmuckketten, Knopf. 3 Bernsteinperlen,
Bärenzahn, Tongefiss. [Irrtümlich unter + 238, 239 aufgeführt). — 6) Oberhof:
Br. 2 Armringe mit Scharnierverschluss. 2 Knotenringe. — Lignitring. Tongefässe,
|Irrtümlich unter + 241 aufgeführt.]
936 | Beltz:
7 u
Variante. Zur Fund- Nachweis. —
|
Fundort P Sam
Fun | ammlung R An- geschichte Literatur
S. 739 Nienburg‘) Er. — — | Fund- Hahne-Hannover
710 | | umstiinde
425 bis meist nicht
434 | verbürgt
S.739 | Neustadt, | — | = Fundverhält-| Derselbe `
423. 424 Erichshagen, | nisse nicht
S. 740 Wölpe, | | verbürgt.
444.445 Ulzen, | Das Wolper
S. 741 Emmendorf | | | Feld
446. 447 | identisch mit
449 | dem Nien-
bis 452 | | | burger
S.743 | Berensch’) Hamburg ' Br. V. D. | Urnenfeld | Byhan-Hamburg
481a | bei Cuxhaven __ (auf der mit kleinen
(Amt Ritze- | Scheibe xein- Hügeln
büttel) | | geschnitten,
| ı Schmelzein- |
| | lage fehlt)
S. 743 Ebendort?) Ebendort Br. V.E Desgl. Derselbe
481 b | |
S. 743 Möckern, Magdeburg: Br. V. E**) — Kupka
516a.b| Kr. Jerichow I | E V.E
S. 755 | Hohenrain‘), Luzern | 6 Exemplare, Skelett- Heierli, Führer
T04 Hiltifeld. bei | | Bruchstücke gräber durch die präh.
Oberebersoll, von 5 Abt. d. Museums
Kanton | . Luzern S. 19
Luzern | Ä
S. 750 | Hochdorf‘), Ebendort ! 6 Exemplare, | Desgl. Ebendort .
T04 a Kanton Bruchstücke
Luzern | - von 4
S. 755 Oberkirch’), | Ebendort Fussknopf Desgl. Ebendort
704 b Kanton |
Luzern | |
3. Mittellatenefibeln Vy.
!
| i
S. 768 Strassburg ' Strassburg Br. B steil ` = 109? Forrer
109 a. b L E. ansteigend |
S.763 | Mülhausen, | Strassburg Br. B steil — Forrer, Vor- und
lila Oberelsass Slg. | ansteigend j frühg. Wandtafel
Forrer | Fig. 108
Begleitende Funde. 1) Nienburg: 425 und 438: Hügel 11 segelförmige Ohr-
ringe; 428: Hügel 9 mit Segelohrringen; 431: Knochenlager 8, allein: 434 und 439:
Hügel 10, Knochenlager; 427, 429, 430, 432, 440: Fundstelle C. — 2) Berensch:
Langer eiserner Giirtelhaken, 14 kl. eiserne Ringe, grosse Urne. — 3) Berenseh:
E Gürtelhaken, Ring mit gr. Klammer, 2 kl. Ringe mit je zwei kleinen Klammern:
Bronzespirale; gr. Urne. — 4) Hohenrain, Hiltifeld: Br. Ringe verschiedener Art. —
5) Hochdorf: Br. Ringe (gewellt). — 6) Oberkirch: Br. Ringe, Knopf.
*) Grosses Grabfeld; teils in künstlichen Hügeln, teils flach begraben, Urnen-
gräber und Knochenlager, angeblich gesondert; in einem Falle Nachbestattung in
in einem bronzezeitlichen Hügel.
**) Identisch mit A 344?
Nächträge zu Latenefibeln. 937
Br E E e i A Yarane | Zur Fund- Nachweis. —
un undo ammiung enauere An- £ l
Nr. gaben geschichte Literatur
S. 765 | Huglfing!), München | E stark ge- : Grabhügel-
135a | B.-A. Weil- St. S. rostet. B steil, gruppe
heim | ansteigend `
Naue, Hiigelgr.
zwischen Ammer-
und Staffelsee
1887 S. 40
Taf. XXV, 15
Hamburg III
(1886), Taf. III, 35
!
S. 1 Mühlstedt. | Dessau, — | ur —
243.246] Kl. Kühnau Heimat- |
bis 247 | museum |
1
S. 171 | Gautzsch’?) | Leipzig | Br V.J | Urnenfeld Jacob-Leipzig
251 a bei Leipzig | | : (ohne
' Steinschutz
oe Nienburg’) *) | Be — Fund- Hahne
251 umstände
| meist nicht
| verbiirgt
21 bis} Hannover, ' verhältnisse
295 | Rémstedt | | nicht
S. 174 verbürgt
311 )
S. 775 | Westerham‘), | Hamburg | — Bronze- Byhan
327a | Kr. SSES zeitliche
rov. Hügelgräber
Hannover Ä | an Gare
8.118 Ebendort | Ebendort | E Desel. Derselbe
327b |
S. 170 Ebendort ! Ebendort | E, Ke Desel. Derselbe
GI (mit
i | Br.-Scheiben `
| | und |
‚ 1 Br.-Ring) |
S. 175 Ebendort®) Ebendort | E | Desy]. Derselbe
327d |
S. 775 | Ebendort”) Ebendort | E | Desgl. Derselbe
327 e |
S. 775 Ebendort‘) | Ebendort E l Desgl. Derselbe
327f |
S.775 | Ebendort Ebendort | Br., Var. H | Desgl. Rautenberg.
327g | (mit 3 ovalen Jahrb. der wiss.
| Buckeln) Anstalten,
|
Begleitende Funde. 1) Huglfing: Gr. 6. Nachbestattung (Form?), Br. Gürtel-
haken. E Reste. — @ 136. — 2) autzsch: E w 115, 2 Gürtelhaken. — 2 Urnen
(1 Drehscheibearbeit). — 3) Nienburg: 282; 284; 285 Fundstelle C, Knochenlager mit
Beigefässen (s. oben A); 283: Hügel 10 (s. A 434; 439). — 4) Westerham: 3 E. Fibeln
@ u.®, 2 Häkchen, Bronzestift. — 5) Westerham: U. 46, E. Ring. — 6) Westerham:
E. Fibel e — 7) Westerham: U. 46 Bruchstück einer E. Fibel e
*) S. oben S. 936.
938 Beltz:
D e
SE E D | Sinmi | Variante. , Zur Fund- Nachweis. —
un undort sammlung | Genauere An- ` ,
Nr. | | Geen ) geschichte Literatur
S. 775 | Alsterdorf‘) | Hamburg Br. | Urnenfeld Byhan
330a | bei Hamburg :
S.775 | Ebendort®) ' Ebendort Br. ' Desgl. Derselbe
330b | |
S. 775 | Fuhlsbättel®) | Ebendort E | Desgl. Derselbe
330c | bei Hamburg | (Bruchstück) |
S. 775 Ebendort | Ebendort E l Desgl. Derselbe
330d | Us
S. 775 Ebendort Ebendort E | Desgl. Derselbe
330 ©
S. 775 Ebendort | Ebendort E, Var. H | Desgl. Derselbe
380f (mit 2 orna- |
| mentalen |
Br.-Walzen) |
S. 775 Ebendort Ebendort Br., Var. J | Desgl. Derselbe
330g |
8.775 | Ebendort | Kbendort | Br. Var. I | Dexgl. Derselbe
330 h | | U 4
!
S. 775 Ebendort | Ebendort E | Desgl. Derselbe
330i | , U 6
S. 775 Ebendort | Ebendort Rr, Var. J Desgl. Derselbe
330k | i
S. 775 Ebendort | Ebendort Br, Var. F ` Desgl. Derselbe
3301 , , U 31
e
S. 175 ‚ Holte | Ebendort ; E, Var, H . mac Rautenberg,
337n | bei Cuxhaven | (Bruchstück, | “$itliche | Jahrbuch der wiss.
(Amt Ritze- | 3 Bronze- | „räber mit Anstalten,
hüttel) scheiben) | BCEE, mit | Hamburg DI
in Stein. _ | {1886}, Tat. III. 49
. packuny
| | Hügel l
| | (zwischen
| | Urnen-
scherben)
S.775 | Fbendort =. Ebendort Br. Var. J > Desgl. Byhan
337 b | (Bruchstück) |
S. 775 Ebendort ` Ebendort E Desgl. Derselbe
337 ¢
S. 775 Ebendort Ebendort ' E, Var. F ` Desgl. Derselbe
33d (2 Paar i
Br.-Kugeln) .
S. 775 Ebendort Ebendort | Br., Var. H ` Hügel X Rautenberg.
337e (mit Jahrbuch der wis.
3 Scheiben)
Anstalten,
Hamburg HI
1886), S. 12
Begleitende Funde. 1) Alsterdorf: U. 29 2 Ringe mit Klammer. Ring. —
2) Alsterdorf: ©. Vibel e Kette mit Klammer, Ring mit Klaminer, 4 Ringe,
or,
gr. Gürtelhaken. — 5) Fuhlsbiittel: E 2 Ringe, Stücke einer Klammer, Fragment.
Nachträge zu Latenefibeln.
939
Variante.
Genauere An-
gaben
Zur Fund-
geschichte
Nachweis. —
Fundort | Sammlung Literatur
S. 775 Holte | Hamburg | Br., Var. H Hügel X Rautenberg,
337f [bei Cuxhaven | (mit 3 ovalen Jahrbuch derwiss.
(Amt Ritze- | i Buckeln Anstalten,
biittel) | Hamburg III
(186), S. 152
S. 775 Ebendort') : Ebendort ' E Desgl. Derselbe
337g | | |
N. 775 Ebendort Ebendort | E Hügel I Rautenberg a a U.
337 h |
S. 775 Ebendort | Ebendort | E Desgl. Rautenberga a.0.
337i | S. 148
S. 775 Ebendort?) : Ebendort | E Desgl. Rautenberg a.a.0.
GU: l | S. 154
S. 775 I” Ebendort?) | Ebendort | E | Hügel I Ebendort,
$37 l.m | U 54 S. 148
S. 775 Ebendort Ebendort | Br. (Biigel, Hügel VII Ebendort,
337n | Bruchstück) U 3il Taf. III, 39
S. 175 Ebendort Ebendort | E Hügel V Ebendort,
3370 | (Bruchstück) U 22 S. 151
S. 1179 Ebendort Ebendort | Br. | Hügel I Ebendort,
337 p Taf. III, 34
S. 773 I Ebendort*) Ebendort | Hiigel I Ebendort,
337 q | eter er U 44 S. 148
S. 775 Ebendort?) Ebendort E, Var. H Hügel I Ebendort.
337r on S. 149
S. 775 | Ebendort®) | Ebendort | Desgl. Rautenberg a.a. 0.
337 Taf. UI 38
S.775 | Ebendort | Ebendort E ` ` Desgl, Ebendort,
337 t | Taf, III, 44
S. 775 Ebendort Ebendort | Br., Var. F | = =
337 u 1891, 49 (mit |
2 Knöpfen)
N. T75 Ebendort’) Privat- E Hügel IlI Ebendort,
337 V sammlung S. 150
S 775 | Satelsberg >’) Hamburg E ‚ 18 bronze- Byhan
37 w !bei Gudendorf zeitliche
(Amt Ritze- (rrabhügel
büttel) mit Urnen,
z. T. mit
Stein-
| packung
Hiigel 10,
| N.O.
S. (73 Ebendort”’) Ebendort E, Var. F | Hügel 10 Derselbe
2 | | (mit 2 Bronze- |
| kugeln)
|
Begleitende Funde. 1) Holte: EF. Ring, Klammer, Fibelkopf. Bronze-
rest. — 2) Holte: Stück einer E. Klammer. — 3) Holte: Bruchstück einer Br. Fibel. —
4) Holte: E. halbmondförmiges Messer. — 5) Holte: Lk Messer. — 6) Holte: EL Gürtel-
haken mit 2 Br. Nieten, 7 Ringe mit je 2 Klammern, gr. Ring mit 1 Klammer,
Br. gr. Masse halbkugeliger Blechstücke (Riemenbeschlag). Urne. — 7) Holte: E. halb-
- mondförmiges Messer. — 8) Satelsberg: Urne, E. kl. Ringe mit 2 Klammern.
940 Beltz:
Seile 3 | Variante. | Zur Fund- Nachweis. —
und Fundort | Sammlung | Genauere An- | EE Kate
Nr. | en Has
—_— = ee - - er - q ——- —_— e CN = SS eee aeun
S. 715 Oxstedt | Hamburg E — Byhan
337y | bei Cuxhaven |
l (Amt Ritze-
büttel) |
8.775 | Amt Ritzee | Ebendort E, Var. F = Derselbe
337 z büttel (2 Kugeln)
S. 776 | Zweedorf bei , Ebendort E, Var. F Urnenfeld Derselbe
362a | Boizenburg ` (mit 2 Br- |
(Mecklenburg- Buckeln) |
Schwerin) ` ` | |
S.776 | Ebendort*) | Ebendort | Br. = Desgl. Derselbe
362 b | |
8. 776 Ebendort | Ebendort ` Br. ' Desgl. Derselbe
362c | | |
t
S. 776 Ebendort | Ebendort | Br., Var. J, Desgl. Derselbe
362d |
S. 716 Ebendort | Ebendort Br. : Desgl. Derselhe
362e |
| ;
S. 7q | Farsleben®), ` | Magdeburg | Br V. F (3) | — Kupka
37la | Kr. Wolmir- |
städt | |
S. 780 Vehblow®),, © Berlin E mehrere Urnen- und Goetze-Berlin
4200.4 Ostpriegnitz ` V.-K. | | Brandgräber
i i
8.785. — A S27 ff. æ 263ff. Schumann, Urnenfriedhöfe in Pommern ist Baltische
Studien Band 39 Stettin 1889 8.81 gedruckt; die Sonderabzüge tragen die
Bandnummer 38; und die Abhandlung wird gewöhnlich, auch von dem
Verfasser selbst, danach zitiert.
4. Spätlatenefibeln le.
S. 794 Hofheim'), | Wiesbaden Br. | Brandgriiber Ritterling
Ta | Kr. Wiesbaden | |
l i
S. 794 | Damberg | Ebendort | Br. Ringwall Derselbe
12 a. bei Giessen | | (Wohn-
b. c stätten)
S. 795 Achenheim, | Strassburg | Br. F III 6 | Wohngrube Forrer
56a Landkreis ,
Strassburg
S. 795 | Hartmanns- Ansbach |E()S1LBIlI1| In einem Hock
58a Ihof,B.-A.Hers- (ähnl. dem Steinbruch
bruck (Mittel-
| Typ) F III 5
franken)
|
!
h
|
Begleitende Funde. 1) Zweedorf: S. @ 68a, œ 172. — 2) Farslebea
S. 4 304. Æ 200. — 3) Vehlow: we 255a Giirtelhaken usw. — 4) Hofheim: V 19.
Br. Tongefii sse.
941
Nachträge zu Latenefibeln.
Variante.
und ° Fundort Samınlun Zur pune Ne
r nlung &
R nn. An | geschichte Literatur
S.795 | Westerham’), | Hamburg | E — Byhan
59a | Kr. Neuhaus | |
(Prov. i
Hannover) |
S. 196 | Alsterdorf?) Ebendort E Urnenfeld Derselbe
66a | bei Hamburg |
S. 796 Ebendort?) | Ebendort | Br | Desgl. Derselbe
66 b | | ,
| |
S. 796 Ehendort | Ebendort | E , Desgl Derselbe
66c
|
S. 796 | Fuhlsbüttel?) | Ebendort | E © Desgl Derselbe
67 a—g | bei Hamburg | i
S. 796 Ebendort , Ebendort Br. Desgl Derselbe
67 h—k
S. 796 | Oxstedt*) `. Ebendort | Br. | — Derselbe
671 | bei Cuxhaven | | |
(Amt Ritze- | |
S.796 | Amt Bitze, | Ebendort, Br. _ Derselbe
67m büttel | Privat-
besitz |
S. 796 | Zweederf’) | Hamburg E Urnenfeld Derselbe
68a Ib. Boizenburg
(Mecklenburg-
Schwerin) |
S. 796 | Ebendort®) Ä Ebendort Br., Var. L Desg] Derselbe
68b
S. 7% Ebendort | Ebendort | Br. (auf dem Desgl. Derselbe
68c | Bügel I-Ein-
| | schnitt mit
| Schmelz-
| | einlage) |
4. Spatlatenefibeln 2 æ.
S. 797 Weissen- | Coblenz E BIII6 In einer Giinther
9a tarm’), FIHI? früh-
Kr. Coblenz römischen
Urne
——
Begleitende Funde. 1) Westerham: S. V 324, @ 162. — E.2 Fibelne, Fibel V,
Häkchen, Br. Stift. — 2) Alsterdorf: E. Ring mit Klammer. — 3) Fuhlsbüttel:
E. 2 Ringe, 2 Fragmente. 10 Bruchstücke, E. und Br, Stift, 2 Bruchstücke, E Gürtel-
haken, Ringe, Messer. S. vu 330c, e 159c. — 4) Oxstedt: 7 337y, æ 159p. —
5) Zweedorf: S. Y 362a, @ 172. Urne, Br. Ring mit Klammer, E. Ring, Ring mit
Klammer. — 6) Zweedorf: E. Ring, Br. kl. Ring mit 2 Klammern, 2 Anhängsel. —
7) Weissenturm: Römische Plattenfibel, Halsring. |
942 Beltz:
a Fundort | Sammlun ices: Zur Fund- Nachweis. —
Nr. SC gaben An- geschichte Literatur
Ser garen Lem,
See m
N 797 | Zagmantel'), | Saalburg Br. Etwa 25 Ex. | Limeskastell | Barthel in Jacobi,
14a |Kr.Untertaunus | junger (römi- Obergerm-rhät.
scher) Form. Limes Band II
BVKLM; No. 8 1909 S. 71
sämtlich F I117 Taf. IX
S. 797 | Holzhausen, | Wiesbaden Br. B III 6 Desgl. roe. -Rh. ae 6
14b | Kr. Unterlahn F II? 1904, Taf. VII,
8. 19% Hofheim, (| Ebendort ' Br. B III 9 Römisches Wolf,
15a |Kr.Wiesbaden FIn? Erdlager |O.-Rh.-LIIB No. 20
i 1907 S. 32, a.
S. 799 | Osterburken, | Mannheim. Br. 4 Ex. B III 6| Limeskastell Schumacher,
Wa [Amt Adelsheim Hall | F III? O.-Rh.-L. IV B
| No. 40 1895, S. 32
S. 800 | Weissenburg | Weissen- Br. B III 6 Desgl. Fabricius,
62a a. S., burg |! F 1117 O-Rh.-L Vil B72
Mittelfranken | 1906, Taf. VI, 3
S. 800 | Stockstadt, Saalburg | Br. Etwal2Ex, Desgl. Drexel,
62b B.-A. römischer Zeit, O.-Rh.-L. III No. 33
Aschaffenburg | (vgl. Abb. 61) 1910, S. 49, Taf. VII
V O. u. ä.
S. 800 | Sebwarza?) Wernige- | E Bruchstück Urnen- Höfer in VATh
CT bei Rudol- rode wohl V. K gräber S. 258
stadt |
S. 802 Bornum’®), | Dessau, E fast = Abb.54| Urnengrab | Seelmann-Dessau
113a Kr. Zerbst Heimat- (Bügel
museum ahmia
S. 802 | Rossdorf*), Ebendort | Br. S 2 Urnenfeld Derselbe
113b Kr. Dessau : ähnl. Abb. 62 auf dem
| (an der Ver- | Galgenberge
| | bindungsstelle
' auch Wulst)
S. 805 | Westerham), | Hamburg | E Bronze- Byhan
162a-h | Kreis Neuhaus | | zeitliche
(Prov. Han- Hügel mit
nover) Urnen,
z. T. in
l | Stein-
| | | packung
S. 805 | Alsterdorf°) ` Hamburg | 4 Exemplare | Urnenfeld Derselbe
159a | bei Hamburg | E |
S. 805 Boberg ` ` Ebendort | Br. (mit |. _ Derselbe
159b | bei Bergedorf | + E.-Spirale,
| | Bruchstück) `
S. 805 | Fuhlsbüttel”?) ` Ebendort | E ' Urnenfeld Derselbe
159c-g| bei Hamburg `
S. 805 Ebendort Ebendort E | Desgl. Derselbe
159h - i ; (Bruchstiick) |
Begleitende Funde. 1) Zugmantel: S. a. a. O. — 2) Schwarza: Schwarze
‚glänzende Urne E. Schildbuckel, Schwert, Lanzenspitze, Messer. — 3) Bormum:
Br. Schalenfibel hallstättischer Art. — 4) Rossdorf: Zusammen mit A-Fibeln (')
S. A 360a. — 5) Westerham: S. V 324, a 59a. — 6) Alsterderf: V 330a, E. Kette
mit Klammer, Ring mit Klammer, 4 Ringe, gr. Gürtelhaken. — 7) Fahisbittel:
V 3300, @ GTa, E. Ringe.
Nachträge zu Latenefibeln. 945
Bes | Variante. Zur Fund- Nachweis. —
und Fundort : Sammlung | Genauere An- | ;
Nr. | gaben | geschichte Literatur
S. 805 | Fuhlsbittel | Hamburg Br., Var. K Urnenfeld Byhan
159k—1] bei Hamburg `
S. 805 Ebendort | Ebendort | 2 Exemplare Desgl. Derselbe
159m E, Var. N
— D (2 bzw. 4
verzierte |
| Br.-Knöpfe)
S. HE Gudendorf | Ebendort E ger Derselbe
1590 {bei Cuxhaven (Bruchstiick)
(Amt Ritze- |
biittel) |
S. 800 Oxstedt’) ` Ebendort | E _ Derselbe
159p | bei Cuxhaven | |
(Amt Ritze- ' |
biittel) | i |
S. 805 | Zweedorf*) Hamburg E Urnenfeld Derselbe
172 b bei Boizen- `
bis e burg
(Mecklenburzg- '
Schwerin) `
S. 805 Ebendort | Ebendort Br. V. K Desgl. Derselbe
172f | (mit E-Stift) `
|
S. 805 Ebendort Ebendort E Var. L : Desel. Derselbe
172 g | |
S. 810 Veblow’), Berlin E mehrere | Urnen- (toetze-Berlin
255a I Kr. Ostprieg- V.K. | und
nitz | Brand-
! gräber
8. 810 Melzow‘), | Prenzlau | B III 9 Urnenfeld | Mitt. des Ucker-
262 a Kr. Anger- FUI Gu . am miirkischen
miinde ' (ralgen- Museum-Vereins
! herge IV. 1911 S. 241
Taf. I, 821
S. 810 Ebendort®) | Ebendort | B Ill 4 Ebendort Ebendort
262 b | | Bruchstiick Taf. L 820f.
S.810 | Ebendort") Ebendort BII9 | Ebendort Ebendort
262 c F beschädigt | Taf. IV, 800b
S. 810 Forsthaus Berlin E mehrere | Grosses Goetze
262 d Rahmbiitte V.K. _ Urnenfeld
bei Berlinchen, | bis in das
Kr. Soldin ` ` ' 4, Jahr-
hundert
| ; reichend
|
Begleitende Funde. 1) Oxstedt: V 337y @ Gib. — 2) Zweedorf: 5. V 362a,
æ 68a. — 3) Vehlow: Gürtelhaken usw. V7 426a. — 4) Melzow: Frühräm. Urnen
mit Mäander- u. Rädchentechnik, frührömische Fibeln und Kleingerät. — 5) Melzow:
In derselben Urne: E. Dolchmesser, Schnalle, Klinge, Scheere, Punze, — Räucher-
harz. — 6) Melzow: Allein in einer Urne älterer Form.
ll. Verhandlungen,
Sitzung vom 18. November 1911.
Vortriige:
Hr. R. R. Schmidt (Tübingen): Die Grundlagen fiir die Diluvialchronoloygie
und Paläethnologie West-Europas. Mit Lichtbildern.
Hr. H. Friedenthal: Die Behaarung der Menschenrassen und Menschenaffen.
Mit Lichtbildern.
Vorsitzender: Hr. Hans Virchow.
(1) Verstorben sind Hr. stud. phil. Fritz Berwerth, Mitglied seit
1911, und Hr. Geh. Medizinalrat Bernh. Frankel, Mitglied seit 1871. `
(2) Neue Mitglieder:
Hr. Eisenbahn-Obersekretär Paul Albrecht in Schlachtensee.
Hr. M. H. Baege in Wilhelmshagen.
Hr. Adolf Diehl in Mamfe, Kamerun.
Pädagogische Lesegesellschaft in Frankfurt a. O.
Hr. Kreisarzt Grape in Salzwedel.
Hr. Dr. phil. Hauschild in Dresden.
Hr. Gymnasialdirektor Holsten in Pyritz.
Hr. Stadtrat Jeremié in Tuzla.
Fr. Mathilde Kocherthaler in Berlin.
Hr. J. Konietzko in Hamburg-Eilbeck.
Hr. Georg Lippold in Miinchen.
Frl. Dr. Dora Mitzky in Berlin.
Hr. M. Leon Plazikowski in Charlottenburg.
Hr. H. Singer in Schöneberg-Berlin.
(3) Herrn Joh. Ranke ist zum 75. Geburtstag gratuliert worden.
(4) Von unserem Mitgliede Herrn Frizzi ist ein Brief aus Korémira
auf Bougainville, der westlichsten der Salomonsinseln, eingegangen, in
welchem mitgeteilt wird, dass es unmöglich sei, in dortiger Gegend
Skelettmaterial zu sammeln, weil die Leichen verbrannt werden. Dagegen
habe er im Süden der Inseln bei verschiedenen Stämmen des Innen
R. R. Schmidt: Diluvialchronologie und Paläethnologie Westeuropas. 945
einige Schädel erhalten, welche von erschlagenen Feinden stam-
men.
(5) Hr. von Luschan hat die Gesellschaft auf dem First universal
races Congress in London vertreten.
(6) Am 6. November fand in der Ausstellung Nordland eine Vor-
führung der dort befindlichen Eskimos, Samojeden und Lappen statt mit
erläuternden Vorträgen der Herren Regener, Solberg, Planert und
Crehmer. Die Mitglieder unserer Gesellschaft waren in grosser Zahl er-
schienen und auch Gäste waren in reichlicher Menge mitgebracht worden.
(7) Der Vorstand der Vereinigung der Saalburgfreunde fordert auf,
am 6. Dezember einen Vortrag des Direktors der Treptower Sternwarte
Herrn Archenhold über den „Sternenhimmel in antiker und moderner
Betrachtung“ zu besuchen.
(8) Ein Manuskript ist eingegangen von Herrn Kunike: „Einige
grundsätzliche Bemerkungen über Sonne, Mond und Sterne im alten
Mexiko“ (s. S. 922).
(9) Hr. R. R. Schmidt hält den angekündigten Vortrag:
Die Grundlagen für die Diluvialchronologie und Paläethnologie
Westeuropas.
Ein erster Versuch, die diluvialprähistorischen Dokumente chrono-
logisch zu ordnen, ist schon in den 80er Jahren von Lartet unter-
nommen worden, der sich vorwiegend auf paläontologische Basis stützt,
und der Fundplätze mit einer älteren und einer jüngeren Faunenreihe unter-
schied. Die G. de Mortilletsche Klassifikation dagegen ist ein rein archä-
ologisch-typologisches System, das sich auf den Wechsel des Gerätinventars
der paläolithischen Schichten aufbaut. Massgebend waren für ihn die Haupt-
fundgebiete der Somme und der Dordogne, wobei er zu einer einseitigen
Betonung der ihm hier entgegentretenden auffallenden Gerättypen gelangte.
Cber die Kompliziertheit der industriellen Entwicklung sah Mortillet
hinweg. So war es kein Wunder, dass die strikte Anwendung des
Mortilletschen Systems auf andere Fundgebiete nicht möglich war, was
wiederholt, besonders durch Geologen, eine völlige Negierung der Typo-
logie zur Folge hatte.
Es bedarf gegenwärtig keines Beweises mehr, dass ein Hand in Hand-
gehen der paläontologisch-geologischen Forschung und der archäologischen
Forschung unumgänglich ist, um die grossen Grenzlinien zwischen den
einzelnen Epochen aufstellen zu können. Um unsere Kulturgeschichte
der Diluvialzeit in die Phasen der Erdgeschichte einzureihen, werden wir
immer auf die Untersuchung der alpinen und nordischen Vereisung zurück-
greifen und von hier aus der Lösung der Altersfrage nähertreten müssen.
Dass sich aber auf Grund der archäologischen Typologie eine eingehendere
Zeitschrift für Ethnologie. Jahrg. 1911. Heft 6. l
946 R. R. Schmidt:
Gliederung der Diluvialzeit erzielen lässt als durch die geologisch-pala-
ontologische Methode, mit deren Hilfe wir innerhalb der späten Diluvial-
zeit keine weitere Einteilung treffen können, dies haben die Untersuchung
des letzten Jahrzehntes vollauf bewiesen. Die Entwicklung der mensch-
lichen Kultur erlaubt eine viel reichere Stufenfolge aufzuzeichnen als die
diluvialgeologisch-faunistische Stratigraphie, natürlich nur dort, wo wir uns
inmitten reicher paläolithischer Fundzentren befinden. In Deutschland ist
wiederum, im Gegensatze zu Westeuropa, eine stufenreichere paläonto-
logische Einteilung der späten Diluvialzeit möglich, ohne die wir nur
schwerlich genauere Grenzen innerhalb des Spätpaläolithikums abstecken
könnten,
Nach diesen Darlegungen wird es verständlich sein, wenn ich
in meinen nachstehenden Ausführungen die Typologie und Morpho-
logie der Steingeräte in den Vordergrund der Betrachtung über die
Grundlagen für die Diluvialchronologie Westeuropas rücke. Gerade für
diese ist mit den Forschungen der letzten Jahre eine neue Ära an-
gebrochen, dank zahlreicher neuer Erschliessungen, die sich der
modernen stratigraphischen Hilfsmittel bedienen konnten, und die uns
eine exakte Schichtentrennung zusichern. Den Hauptanteil an der Aus-
gestaltung der modernen stratigraphischen Basis des westeuropäischen
Paläolithikums verdanken wir Breuil, Bouyssonie, Cartailhac,
Commont, Obermaier, Peyrony und Rutot.
Durch das Entgegenkommen der westeuropäischen Forscher war ich
in der Lage einen Einblick in die stratigraphischen Verhältnisse der
wichtigsten Fundgebiete zu gewinnen, welche die eigentliche Grundlage
für die paläethnologische Forschung Westeuropas überhaupt bilden. Mehr-
fach konnte ich an der Aufschliessung paläolithischer Profile kürzere
oder längere Zeit selbst teilnehmen und mir ein eigenes Urteil über eine
Anzahl der wichtigsten Fundstätten Nord- und Südfrankreichs, Nord-
spaniens, Belgiens und Englands bilden. Die Durchführung meiner
Reisen und Studien verdanke ich dem Vorstande der Rudolf Virchow-
Stiftung, der an meiner Arbeit regen Anteil genommen hat; er ermöglichte
es mir, aus den reichen Fundquellen Westeuropas zu schöpfen, um auf
Grund neuer kritischer Nachforschungen allmählich einen Vergleich
zwischen den verschiedenen paläolithischen Fundgebieten Europas herbei-
führen zu können. Nur auf dem Wege einer umfangreichen vergleichenden
Stratigraphie wird sich eine Scheidung zwischen provinzieller Kultur-
entwicklung und einer allgemeinen paläolithischen Kulturentwicklung der
diluvialen Vorzeit Europas treffen lassen.
Ich betrachte es hier als Aufgabe aus der Fülle der westeuropäischen
Paläolithfunde, die nur zum geringsten Teile ein stratigraphisch einwands-
freies Material lieferten, das hervorzuheben, was unseren Grundbestand
für eine exakte Chronologie und Paläethnologie der westeuropäischen
Diluvialvorgeschichte bildet. Dies in möglichster Kürze darzulegen,
muss ich von einer Schilderung meiner Einzelstudien, die ich auf meinen
Reisen durchgeführt, hier absehen, sie werden an anderer Stelle zu Worte
kommen. Kine Darstellung auf breiterer Basis haben überdies meine Aus-
Diluvialchronologie und Paläethnologie Westeuropas. 947
führungen in dem Werke über die diluviale Vorzeit Deutschlands ') ge-
funden.
In das Altpaläolithikum Frankreichs sind in erster Linie die
Forschungen Commonts, Daleaus und d’Ault du Mesnils tiefer ein-
gedrungen. Die Arbeiten Daleaus beziehen sich auf die quartären Ab-
lagerungen von Marignac in der Gemeinde Tauriac (Gironde), diejenigen
d’Ault du Mesnils dienten der Klärung des stratigraphischen Aufbaus
von Abbeville (Somme), während die mustergültigen Beobachtungen
Commonts aus einer sorgfältigen Inventarisierung der Einschlüsse aus
den Quartärablagerungen von St. Acheul bei Amiens hervorgegangen sind.
Nach den Untersuchnngen Daleaus?) enthält die Fundstation von
Marignac (Gironde) folgende Kulturschichten:
Neolithikum.
1. Moustérien mit einseitig bearbeiteten Moustierspitzen. Fund-
schicht: Obere feine Sandschicht (1 m).
2. Acheuleen mit kleinen eclats und zweiseitig bearbeiteten Acheu-
léenstécken. Fundschicht: Grober Sand mit Quarzkieseln (3 m).
3. Chelléen mit beiderseitig roh zugeschlagenen Fausteln. Fund-
schicht: Dunkelroter, toniger Sand (1 m).
4. Tertiär.
Zu ähnlichen Ergebnissen führten die Untersuchungen über das
Quartär von Abbeville’) (Somme):
Neolithikum.
1. Spätpaläolithische Klingenindustrie (Magdalénien?) mit
Rangifer tarandus.
2. Aurignacienzeitliche Industrie mit Elephas primigenius und
Equus caballus.
3. Moustérien mit diskusförmigen Geräten. Fauna: Elephas
primigenius und Rhinoceros tichorhinus.
4. Früh- bis Spatacheuléen mit regelmässig zugeformten, mandel-
förmigen Fäusteln. Fauna: Elephas primigenius; in den mittleren
und unteren Schichten Elephas antiquus.
ó. Chelleen mit grob zugeschlagenen, plumpen Fäusteln. Fauna:
Elephas antiquus, Rhinoceros Merkii, Hippopotamus amphibius.
In übereinstimmender Weise ergaben die Profile von Marignac und
Aboeville die Folge der altpaläolithischen Industrieen Chelleen, Acheuleen
und Mousterien, die auch durch die Fundplätze Chelles (Seine) und Moru
(Oise) u. a. bestätigt wird. Kine wesentliche Erweiterung erfuhr
1) R. R. Schmidt, Die diluviale Vorzeit Deutschlands. E. Schweizerbart-
sche Verlagsbuchhandlung. Stuttgart 1912.
2. Daleau, Le gisement quaternaire de Marignac, commune du Tauriac
(Gironde). Actes de la Société Lineenne de Bordeaux, 1904. Bd. LXIII.
3) D’Ault du Mesnil, Note sur le terrain des environs d'Abbeville. Rev.
Ecole d’Anthr. de Paris, 1896. Bd. VI. — Capitan et d’Ault du Mesnil, Strati-
graphie quarternaire des plateaux et des alluvions de la Vienne et de la Vezere
comparée à celle des vallées de la Seine et de la Somme. Rev. Ecole d’Anthr. de
Paris, 1900. Bd. X.
61*
948 R. R. Schmidt:
diese Aufstellung durch die Commontschen Untersuchungen über das
Quartär von St. Acheul und Montières, dem schon früher die Forscher '
Evans, Gaudry, Prestwich, Rigollot und Mortillet ihre Aufmerk- ``
samkeit zugewendet hatten. |
=
d?
— ;
K V
UHR fh
CD
ea
—
IAS
an
Abb, 1. Teilweise entschälter,
fäustelförmiger Silexknollen des Abb.2. Fäustel des Frühchelleen.
Praechelléen. St. Acheul. Von der St. Acheul. Aus dem oberen Niveau
Basis der Schicht 9. (Nach den Funden der Schicht 9. (Nach den Funden von
von Commont, °/, Gr.) Commont, */, Gr.)
Nach den jüngeren Feststellungen von Commont') ergab das
1) Commont, Les découvertes recentes à Saint-Acheul, Rev. de lEccle
d’Anthır. 1906. — Derselbe, St. Acheul et Montieres, Bull. de la Soc. Géologiqne du
Nord, 1909. — H. Obermaier, Die Steingeräte des französ. Altpaläolithikum. Mitteil.
d. prähist. Kommission d. k. Akademie der Wissensch., II. Bd. 1908
AN
Ul
be)
Zoe?
Diluvialchronologie und Palüethnologie Westeuropas. 949
Quartärprofil von St. Acheul und Montieres folgende Gliederung, der
wir eine eingehendere Berücksichtigung schenken müssen.
Neolithikum.
1. Alt-Magdalenien. Fundschicht: Laimen.
2. Aurignacien. Fundschicht: Löss- und Kiesschichten ab-
wechselnd.
3. Vervollkommnetes Mousterien im oberen Teile der Schicht,
an der Basis Mousterienhorizont mit vereinzelten Fäusteln. Fund-
schicht: Kiesschicht an der Basis des Jüngeren Lösses.
4. Mousterien-Spät-Acheuleen-Übergang. Kleinartefakte des
Mousterien und La Micoque-Typen. Fundschicht: Alter Löss-
laimen.
5. Hoch-Acheuleen mit leichten, spitzovalen und lanzenspitzförmigen
Fausteln. Fundschicht: Alter Lösslaimen.
6. Im wesentlichen die gleichen Geräte (Friih-Acheuléen) wie in
Schicht 7. Fundschicht: Löss mit Schwemmsanden.
7. Früh-Acheuleen: Vorherrschen der Flachovalfäustel (Schollen-
form, limande); daneben noch einzelne spitzmandelförmige Fäustel.
Fundschicht: Sandlehm, an der Basis Kiesschicht mit Elephas
antiquus.
8. Hoch-Chelléen. Schwere, spitzmandelförmige Fäustel (ficrons),
daneben plumpe Ovalfäustel.e. Fundschicht: Fluviatile Sande, an
deren Basis Muschelfauna.
9. Früh-Chelleen. Beginn der Fäustelkultur.
An der Basis der Fundschicht Praechelleen mit primitiven
Artefakten (Abschlagstücke) und Prototypen des Faustels. Fund-
schicht: Alter Flussschotter mit Elephas antiquus.
10. Kreide.
Auf den Beginn der altpaläolithischen Besiedelung des Sommetals
sind die aus der Basis der alten Flussschotter von St. Acheul hervor-
gegangenen primitiven Prototypen der Fäustel (Abb. 1) und Abschlagstücke
zurückzuführen, die als Schab- und Schneidegeräte dienten, und die alle
Merkmale des künstlichen Abschlages tragen. Die Bearbeitung der Stücke
beschränkt sich auf das notwendigste, auf die Herausarbeitung von
Spitzen und Kerben; Schutzretusche dient zur Entfernung scharfer Kanten,
die sich bei der Handhabung des Gerätes als störend erwiesen. Diese
dem Chelleen vorangehende primitive Industrie bezeichnen wir am besten
als Prae-Chelleen.
Bereits im oberen Teile der gleichen Fundschicht treten diesem
primitiven Gerätinventar die ersten vollkommeneren, aber gleichfalls noch
roh zugeschlagenen Fäustel (Abb. 2) an die Seite, denen, wenigstens in
der Mehrzahl, nur an der verdickten Basis zur leichteren Handhabung die
Kruste belassen wurde. Gleichzeitig kommen bereits in reicherer Form-
variation Silexspitzen, Schaber, Hobelschaber, Bohrer und grobe klingen-
förmige Abschläge zur Herstellung, eine Industrie, die wir der Frühstufe
des Chelléen, dem Friihchelléen, zuschreiben. )
950 R. R. Schmidt:
Technisch vollendeter sind die Gerätschaften aus der folgenden
Schicht, den fluviatilen Sanden, welche die Kultur des spitzmandel-
formigen Faustels, das Hoch-Chelléen, einschliessen. Der spitz-
ZA
E
wi SÉ ré, Ze Ki
vu SN, a, .
N ét IA jee
Abb.3. Fäustel des Hochchelléen. Abb. A Fäustel aus Hochchelleen.
St. Acheul. Aus Schicht 8. (Nach den (Übergangsform zum Acheuléen.)
Funden von Commont, ®/, Gr.) St. Acheul. Aus Schicht 8. (Nach den
Funden von Commont, 2, Gr.) |
mandelförmige Fäustel (Abb. 3 u. 4) bildet den Haupttypus dieser Kultur,
den die Grubenarbeiter von St. Acheul als „ficron“ bezeichnen. Neben
ihm entwickelt sich ein ovaler Fäusteltypus, der vorerst nur selten auftritt.
Das übrige Kleingerät unterscheidet sich nicht wesentlich von dem der
vorangegangenen Epoche.
Digitized by Goog le
Fee a aa
Diluvialchronologie und Paläethnologie Westeuropas. 951
Der Ovalfäustel, dessen Entwicklung auf das Chelléen zurückgeht,
wird nun zur eigentlichen Leitform des Früh-Acheuleen, dessen
Industrie der Sandlehm (Schicht 7) einhillt. Der Ovalfäustel des Früh-
acheuleen (Abb. 5) ist leichter und flacher als sein chelleenzeitlicher
Vorgänger, und von gleichmässig dünnem Durchschnitt, was durch die
feinere Retuschierung des Acheuleen bedingt wird. Auch die verdickten
Abb. 5a. Fäustel des Frühacheulleen. Abb.5b. Seitenansicht
St. Acheul. Aus Schicht. (Nach den Funden desselben Stückes.
von Commont, °/, Gr.)
Griffe, die für die Fäustel des Chelléen charakteristisch sind, kommen
jetzt nur selten vor. Von 300 Fäusteln, die dieser Schicht entnommen
wurden, gehören allein 271 der Schollenform (limande) an, wie wir am
besten die Ovalfiustel des Frühacheuleen bezeichnen; die übrigen
nähern sich den chelléenzeitlichen Fiiustelformen. Diskusförmige und
zylindrische Schlagwerkzeuge bilden einen weiteren Fundbestand dieser
Ablagerung. Die Spitzen, Schaber und Kratzer weisen eine feinere
Randschärfung auf.
952 R. R. Schmidt:
Die Funde aus der Lössschicht und den Schwemmsanden zeugen von
der gleichen industriellen Höhe.
Tiefgreifendere Unterschiede erkennen wir dagegen in der Werk-
tätickeit, von der uns die Gerätschaften aus dem älteren Lösslaimen
ktinden. An Stelle der alten schollenförmigen Fäustel sind nun apitz-
ovale (Abb. 6) und lanzenspitzförmige Fäustel (Abb. 7) herrschend
geworden; eine Neigung für sehr leichte, scharfschneidige und spitze
` if, d , un N Ge Zs
BA 7 Lé
eat Ei
d K ete
San "$ ké
Abb. 6. Fäustel des Hochacheuleen. ` Abby, Fäustel des Hochacheuléen,
St. Acheul. Aus Schicht. (Nach den Funden ` St. Acheul. AusSchichtd. (Nach den Funden
von Commont, °/, Gr.) von Commont, ®/, Gr.)
Typen maclıt sich geltend, die ein Hauptmerkmal der Industrie des Hoch-
Acheuleen ist. Grazilere Stücke, die gleichmässiger geformt und nach
einem bestimmten Verfahren retuschiert sind (stufenförmig abgesetzte
Retusche), zeigt auch das Kleingerät. Diese Morphologie der altpaläo-
lithischen Fäustelindustrie wird auch durch Beobachtungen an anderen
Fundplätzen bestätigt.
Mit dem Ausgange des Acheulcen, im Spät-Acheuleen, scheint die
Weiterentwicklung der Fäustelindustrie in zwei Richtungslinien zu ver-
laufen; die eine wird durch die lanzenspitzförmigen Fäustel vom Typus
l
|
)
Se wy
Diluvialchronologie und Paläethnologie Westeuropas. 953
La Micoque (Abb. 8), die auch in St. Acheul dürftig vertreten ist,
repräsentiert, die andere kennzeichnet sich durch subtrianguläre, sehr
dünne, scharfschneidige Fäustelformen (wie Abb. 9). Über das ausgehende
Acheuleen geben die Funde von Chez- Pourret bei Brive, La Senetriere
bei Maccon und La Micoque (Dordogne) Aufschluss. Die stratigraphische
Stellung des Spätacheuleen ist noch nicht in der Weise gesichert wie die
der vorausgehenden altpaläolithischen Epochen.
Aus dieser Untersuchung ergibt sich, dass sich nur die Höhepunkte
der paläolithischen Kultur auf Grund ihres Formenkreises und ihrer
Abb.8. Fäustel des ausgehenden Acheuleen vom La Micoquetypus
(Spätacheuleen). La Micoque. (/, Gr.)
Technik festlegen lassen. Die natürliche Evolution der paläolithischen
Industrie erschwert es, schärfere zeitliche Grenzen abzustecken.
Dass die altpaläolithische Bevölkerung Belgiens einen ähnlichen Ent-
wicklungsgang zurückgelegt hat wie die Frankreichs, wird uns durch die
Untersuchungen Rutots nahegelegt, wenn auch die einzelnen Unter-
abteilungen in Belgien in ihrem Schichtenverbande nicht in gleich präg-
nanter Weise hervortreten, wie bei den altpaläolithischen Industrieen von
Amiens.
Bei der Frage nach dem Beginn der paliolithischen Kultur haben vor
allem die von Rutot aufgestellten „Übergangsepochen“ zum Paläolithikum,
das Mesvinien und Strépyien, eine wichtige Rolle gespielt. Durch
eigene Untersuchung der Diluvialablagerung der Grube Helin bei Spienne,
die mir durch das Entgegenkommen Rutots ermöglicht wurde, konnte ich
954 R. R. Schmidt:
mich von der stratigraphischen Lage des Mesvinien unter dem Chelleen
iiberzeugen. Meines Erachtens geht die chronologische Ubereinstimmung
der mesvinienzeitlichen Geräte mit dem praechelleenzeitlichen Inventar
von St. Acheul klar hervor. Auch aus stratigraphischen Gründen müssen
wir das Mesvinien Belgiens wenigstens annähernd dem Praechelleen
Frankreichs zeitlich gleichsetzen. Skeptischer stehe ich dem Strepyien
gegenüber, soweit seine Aufstellung sich auf die bekannten Silexdolche
(Abb. 10) als Haupttypus stützt. In Strepy selbst ist die stratigraphische
Kä "3
AN
Ku o
ise eg ,
té 5
H / D KS
H. "fe rhel weg
r L e € eg.
AR: me
f D
7 4
Abb. 9. Triangulärer Fäustel des Spätacheuleen (Übergangsform zum
Moustérien). Spy. (Nach de Puydt u. R. R. Schmidt, °®/, Gr.)
Herkunft dieser Silextypen nicht feststellbar, da hier die altpalälolithischen
Industrien vermengt sind. Die Aufstellung des Strepyien im Profile von
Helin stützt sich auf unberechtigte Analogieschlüsse, denn nicht ein einziger
Silexdolch ist hier den primären Schichten entnommen worden, nur läng-
liche Silexknollen mit entkrusteter Spitze, Bohrer usw., die Rutot dem
Strepyien zuschreibt. Derartige Geräte pflegen aber noch in den jüngeren
Stufen des Altpaläolithikums, dem Chelleen und selbst dem Frühacheuleen
vorzukommen und sind von mir selbst z. B. in den Diluvialablagerungen
der Themse angetroffen worden.
Südengland, in erster Linie die Themseterrassen, bieten ein aus-
gezeichnetes Studienfeld für die Erforschung der altpaläolithischen Kultur-
Digitized by NI UI UI | <
Diluvialchronologie und Paläethnologie Westeuropas. 955
entwicklung. Unter den reichen paläolithischen Sammlungen, die in
Londoner Privatbesitz, in dem Naturhistorischen- und dem Britischen Museum
sich befinden, treffen wir den gleichen Formenkreis und die gleiche
Technik wieder, die uns aus dem Sommetal bekannt sind. Leider hat
aber die ältere Steinzeit Englands nicht die umfassende stratigraphische
Untersuchung erfahren, die den Grundstock zu einer gesicherten Klassi-
fikation bildet.
Abb. 10. Teilweise entkruste- Abb. 11. Amygdaloider, teil-
ter Silexknollen (Silexdolch) weiseentkrusteterSilexknollen
des Strepyien. des Strepyien.
Strepy. (Nach Rutot, °/, Gr.) Bray. (Nach Rutot, 2, Gr.)
In Spanien ist das Früh- und Hochchelléen und das mittlere Acheuléen
nachweisbar. Dagegen schliesst sich das Spätacheuleen vom Typus La
Micoque der grossen Verbreitung der altpaläolithischen Fäustelkulturen,
die sich über Frankreich, Belgien und England erstreckten, nicht an.
Über die faunistische Zusammensetzung der altpaläolithischen Epochen
orientiert die Tabelle am Schluss meiner Ausführungen.
Schwieriger gestaltet sich der stratigraphische Zusammenhang der
einzelnen Moustérienindustrien. Vielleicht brachte die Umwandlung
der Lebensweise, das Zurückweichen der altpaläolithischen Bevölkerung
956 R. R. Schmidt:
aus den breiten Flusstälern und ihre stärkere Zersprengung und Ver-
teilung in den einzelnen kleineren, höhlenreichen Gebirgszügen es mit sich,
dass die Kulturentwieklung im Mousterien nicht mehr die starre Gleich-
heit bewahrt. Jedenfalls begegnen wir von nun an kleineren Kultur-
zentren, die ihre Einflüsse nicht mehr über ganz Westeuropa ausstrahlen.
Aus dem Fehlen der einen oder anderen Industrie werden wir deswegen
noch keineswegs auf einen Hiatus schliessen dürfen. |
Durch das Profil von St. Acheul wird die stratigraphische Folge von
D
N 5 A D Š =>.. 5
Sg +7 N À Ai: > S
oh A
ZEN N
—
Abb. 12. Herzförmiger Fiiustel des Abb. 13. Moustierspitze des
Frühmoust@rien. Spy. (Nach de Puydt des Frühmousterien. Spy.
u. RR Schmidt, Yy; Gr.) (Nach de Puydt u. R. R. Schmidt,
RE
1
Acheuléen und Moustérien dokumentiert. Tiefere Einblicke in den Ent-
wieklungsgang des Mousterien gewähren die Abris und Höhlenablagerungen.
Als das älteste Mousterien haben wir nach der Überzeugung Breuils
die Mousterienindustrie von Combe-Capelle anzusprechen, die mit
ihren herzförmigen Fäusteln (wie Abb. 12) zweifellos dem Spätacheuleen
morphologisch am nächsten steht. Die übrigen Geräte, Schaber, Moustier-
spitzen usw. vergegenwärtigen ein typisches Mousterieninventar.
Die Weiterentwicklung des Mousterien wird vor allem durch das
Profil von Le Moustier?!) stratigraphisch bezeugt. Die tiefste Fundschicht
1) Bourlon, Une fouille au Moustier. L’homme prehist. 1905. Nr. T. — Ders.,
L'industrie moustérienne au Moustier. Congrès intern, d’Anthr. et prehist. 1906. —
Ders., L'industrie des foyers supérieurs au Moustier. Rev. prehist. 1910. Nr. 6.
| N | Dp f-
) ig it iZ Z q Dy ATUN
Diluvialchronologie und Paläethnologie Westeuropas. 957
Bourlons enthielt: ein primitives Moustérien, ohne Knochenindustrie.
Das folgende Niveau lieferte sorgfältig‘ bearbeitete Moustierspitzen (wie
Abb. 14) und zeigt das Mousterien in seiner reinsten, für das Hoch-
Mousterien charakteristischen Ausprägung.
Dieser Industrie folgt ein Spät-Mousterien, mit den charakteristi-
schen Geräten der La Quinaepoche, mit grossen feinretuschierten Schabern
(wie Abb. 15), vereinzelten kleinen Fäusteln und Knochenunterlagen
(Compresseurs), die bei der Herstellung der Steingeräte als Amboss
dienten.
Die Zeitstellung der Combe-Capellekultur und des Primitiv-Mousterien
zu einander bedarf noch des stratigraphischen Aufschlusses, doch dürfen
~
" wm WE
m
N
d
7
iz
Le
4
$
/
Zeg
M H
$
} |
(kä
VW
dit
KS j
vi
‘
i
-— — ES
FH
BEN
Ze
Cé N
7 VB
# A
#
€
Abb. 14. Moustierspitze des Abb. 15. La Quinaschaber des Spätmousterien.
Hochmousterien. Spy. (Nach La Quina. (3/, Gr.)
de Puydt u. R. R. Schmidt, 1, Gr.)
wir es als feststehend betrachten, dass beide Industrien dem frühen
Mousterien angehören.
Der Übergang vom Mousterien zum Aurignacien vollzieht sich
in der Industrie vom Typus Abri Audit. Hier treffen wir noch ver-
einzelte winzige Fäustel, offenbar dekadente Nachzügler der herzförmigen
Moustierfäustel. Als Leitformen gelten die Abri Auditspitzen (Abb. 16),
eine Klinge mit einem bogenförmig verlaufenden, schräg retuschierten Rande
und kleine D-förmige Schaber. Durch das Auftreten vorerst noch unregel-
mässig prismatischer Klingen, massiver Kratzer, die eine Annäherung an den
Kielkratzer zeigen und der ersten spätpaläolithischen Stichel, kündet sich
zweifellos der Beginn der jungpaläolithischen Industrie. Die enge Ver-
bindung mit dem Jungpaläolithikum wird uns auch durch die stratigra-
958 R. R. Schmidt:
phische Stellung dieser Kultur versichert, die von einem typische
Aurignacien überlagert wird.
Diese Moustérienindustrien weisen noch an verschiedenen Fundplätzen
Nuancen auf, die Lokalentwicklungen nicht ausgeschlossen erschejnen
lassen.
Die aufgestellte Gliederung des Moustérien ist vorerst auch nur für
das mittel- und südfranzösische Gebiet anwendbar. In Spanien hat
wohl das Mousterien Verbreitung gefunden, doch konnten bisher seine
verschiedenen Unterabteilungen hier nicht beobachtet werden. Aus den
Höhlen- und offenen Fundplätzen Belgiens und Englands ist mir die
Technik und der Formenkreis des frühen Mousterien,
des Hoch- und Spät-Mousterien bekannt.
Klimatisch fällt das Mousterien mitten in eine
Kältezeit. Relativ selten ist das Rentier noch im
älteren Mousterien, erst später rücken das Ren und
die arctoalpine Fauna mehr in den Vordergrund.
Eine Ausnahme bilden die südlich gelegenen Mou-
sterienstationen von Mentone, die noch das Faunen-
bild des älteren Altpaläolithikums zeigen. (Siehe
Tabelle.)
Mit dem Beginn des Jungpaläolithikums
vollzieht sich ein vollkommener Umschwung der
Industrie. Die Klingenindustrie und die Verwertung
ES von Geweih und Knochen zum Werkzeuggebrauch
bot neue Entwicklungsmöglichkeiten. Erst die in
Abb. 16. Bogen- dem letzten Jahrzehnt erschlossenen Funde erlauben
a es, den feineren Entwicklungszügen der jungpalao-
Le Moustier. (Coll, lithischen Kultur nachzugehen. Die neuen Auf-
Bourlon, Si, Gr). schlüsse ermöglichten u. a. die Aufstellung des-
Aurignacien!) und stellten vor allem das System
des Jungpaläolithikums auf eine breitere und gesicherte Basis. Von der
Erweiterung der Stratigraphie und Morphologie des Jungpalaolithikums
unterrichten die Einzelstudien Breuils.
Die Gliederung des westeuropäischen Jungpalaolithikums begründet sich
vor allem auf die Stratigraphie der französischen Fundplätze Le Trilobite.
Le Ruth, Laussel, Roc de Combe-Capelle, La Ferrassie, Le Placard, Pair-
non-Pair, Solutre, Brassempouy, Arcy-sur-Cure, Cro-Magnon, Badegoule.
Für die Entwicklung des Jungpaläolithikums Belgiens sind die Fundplätze
Spy, Trou-Magrite und Goyet bedeutsam.
Einige der wichtigsten Profile, die über die Folge der jungpaläolithi-
schen Kulturen orientieren, stelle ich hier, um einen Vergleich zu er-
möglichen, in schematischer Darstellung nebeneinander. In derselben ist
das charakteristische Gerätinventar der einzelnen Schichten angeführt.
Die Schichtenfolge von Le Trilobite, Le Ruth, Laussel, Roc de Combe-
1) Breuil, La question aurignacienne. Rev. prehist. 1907. Nr.6 u. 7. — Ders.
T/aurignacien presolutreen. Rey. prehist. 1909. Nr.8 bis 9.
Digitized by Google
Vergleichende Stratigraphie der Profile Le Trilobite
Le Trilobite’)
Magdalénien. Steinindustrie
des Magdalénien, Speerspitzen,
Nadeln, Kommandostiibe,
Skulpturen.
(Rentierfauna.)
Früh-Solutreen. Gewöhnliche
Stichel, Eckstichel mit Trans-
versalretusche. Klingenspitzen
m. einflächiger Solutréretusche.
Lorbeerblattspitzen selten.
(Fauna: Mammut häufig:
Höhlenbär und Hyiine.)
Spätes Aurignacien. Bogen-
stichel (Typus Bouitou sup. ,
Klingen mit Kerben, zahlreiche
Gravettespitzen, eine Aurigna-
cienspitze mitgespaltener Basis.
(Fauna: Mammut, Rhino-
zeros tichorhinus, Wildpferd,
Ren u. a)
Hoch - Aurignacien. Kiel-
kratzer, vereinzelte Chatelper-
ronspitzen, Klingen mit Nutz-
buchten, Pfriemen mit Kopf.
(Fauna: Mammut, Rhino-
zeros tich., Höhlenbär, Hyäne,
Rentier selten, Eisfuchs u. a.)
Mousterien an der Basis des
Profils
Le Ruth?)
Friih-Magdalénien. Verschie-
dene Stichelarten, Speerspitzen
mit einseitig zugeschiirfter Basis,
primitive einreihige Harpune
(Prototypus).
(Rentierfauna.)
Spät - Solutréen. Typische
Kerbspitzen, kleine Lorbeer-
blattspitzen.
(Fauna: Rentier häufig; Edel-
hirsch, Wildpferd, Wolf, Fuchs
u. a.)
Sterile Schicht.
Hoch-Solutréen. Grosse Lor-
beerblattspitzen ; wie im unteren
Solutreen noch einflächig be-
arbeitete Blattspitzen.
(Fauna: Rentier häufig, wie
im oberen Solutreen.)
Früh -Solutreen. Primitive
Blattspitzen (Weidenblattspitzen
- feuille de saule) meist ein-
tlächig bearbeitet.
Fauna: Rentier, Wildpferd,
Wolf.)
EE
Sterile Schicht.
Spätes Aurignacien. Gravette
spitzen, atypische Kerbspitzen,
Bogenstichel
(Fauna: Rentier, Hirsch, Wild-
pferd, Fuchs u. a.)
— —
Sterile Schicht.
——— _ ——_—
Hoch - Aurignacien. Kiel-
kratzer, Bogenstichel, Chatel-
perron- und Gravettespitzen.
‘Fauna: wie im oberen Aurig-
nacien.)
ER i KEEN
+ e b e D US dag
1) Nach den Ausgrabungen von Parat, interpretiert durch Rreuil, — 2) Peyron
Dr. Lalanne, — 4) Nach Breuil. — 5) Nach den Ausgrabungen von Peyrony.
Biden „Google
Laussel, Roc de Combe-Capelle und La Ferrassie.
ssel?) |
treen. Kerb-
ıtrcen. Ein-
bearbeitete
, Schicht.
rskultur v.
Font - Ro-
ielspitzen vom
Font - Robert,
spitzen, Eck-
nit Terminal-
Schicht.
urignacien.
rer, Bogen-
Chatelperron-
Klingen mit
Ven, Knochen-
it gespaltener
> Schicht.
aa)
Le
usterien.
u
e
usterien v.
ombe Capelle.
‘ehistorique du Ruth ’
beerblattspitzen.
Übergangskultur v.
TypusFont-Robert.
Spitzen vom Typus
Robert - Robert, Gra-
vettespitzen, verschie-
dene Stichelarten. Ein-
flächig retuschierte
Solutreretusche.
Spät - Aurignacien.
Gravettespitzen, Bo-
genstichel, Kielkratzer.
Hoch - Aurignacien.
Kielkratzer, Knochen-
spitzen mit gespaltener
Basis. Atypische Mou-
stiergeräte
Roc de Combe- We
| Capellen La Ferrassie’)
Hoch-Solutréen. Lore | Spät-Solutreen.Kerb-
spitzen.
Spät-Aurignacien v.
TypusFont-Robert.
Gravettespitzen, Stiel-
spitzen vom Font-
Robert-Typus.
Hoch - Aurignacien
Kielkratzer, Knochen-
spitze, Stichel usw.
Übergangsindustrie
vom Audit-Typus.
Bogenspitzen vom Typ.
Audit.
Rev. de l’Ecole d’Anthr. de Paris, 1909. — 3) Nach den Funden von
Diluvialchronologie und Paläethnologie Westeuropas. 959
Capelle und La Ferrassie belegen in klassischer Weise den Entwicklungs-
sang des Aurignacien und Solutreen; auch deren stratigrapbische Stellung
zwischen dem Mousterien und Magdalenien wird in wünschenswerter
Weise klargelegt.
Auf Grund der Fundplätze von Chätelperron (Allier), Germolles
(Saöne-et-Loire), Roche au Loup (Yonne), Haurets (Garonne) und Gargas
unterscheidet Breuil noch eine ältere frühaurignacienzeitliche Industrie,
die aus den eben erwähnten Profilen von Le Trilobite, Le Ruth, Laussel u. a.
nicht hervorgeht.
Das Früh-Aurignacien gestaltet sich als charakteristische Vorstufe
des vollentwickelten Hoch-Aurignacien. Da das Frühaurignacien auch eine
weitere Verbreitung besitzt und von mir in Deutschland nachgewiesen
wurde, so nimmt diese Kultur berechtigterweise einen Platz im System
des Jungpaläolithikums ein. Weniger Wert möchte ich auf ihren Haupt-
typus, die Chatelperronspitze (Abb. 17 und 18) legen, die vereinzelt auch
noch im Hoch-Aurignacien erscheint, als vielmehr auf die Gesamt-
erscheinung dieser Industrie. Die meisten Gerätformen des Hoch-
Aurignacien sind hier bereits vorgebildet, stechen aber durch ihre gröbere
Bearbeitungsweise, die unregelmässige Retuschierung, merklich von den
vollendeteren Geräten des Hoch-Aurignacien ab; die symmetrischen
Geräte des vollentwickelten Hoch-Aurignacien fehlen noch ganz, ebenso
verraten die Werkzeuge aus organischer Substanz, die noch selten sind,
eine unvollkommene Technik.
Abb. 17. Abb. 18.
Bogenspitzen vom Typus Cha. Abb. 19.
telperron des Friihaurignacien
Gargas u. Chätelperron.
(Nach Breuil, etwa 3/, Gr.)
Klingenkratzer des
Hochaurignacien. Coumba-del-
Bouitou. (Nach Bouyssonie, !/, Gr.)
Die weitere Entwicklung des Aurignacien ist durch die dargestellte
Schichtenfolge der Fundplätze Le Trilobite, Le Ruth, Laussel, Roc de
Combe-Capelle gegeben.
960 R. R. Schmidt:
Im Hoch-Aurignacien erreicht die Klingenindustrie ihren Höhe-
punkt. Durch die sorgfältige gleichmässige Randretusche werden sym-
metrische Gerätformen, wie vollovale Doppelspitzen, blattförmige Spitzen,
Doppelkratzer (Abb. 19) u.a. erzeugt. Die Klingen sind, im Gegensatze
zu denen des späten Jungpaläolithikum, grösser, breiter und von kräf-
tigerem Durchschnitt; häufig werden an ihnen seitliche oder terminale
Kerben (Nutzbuchten) angebracht. Das charakteristischste Steingerät des
Hoch-Aurignacien ist der Kielkratzer (Abb. 21), ein kleiner hochdicker
Kratzer mit steil abfallender Kannelierretusche; er kommt in diesem
Niveau am häufigsten vor, während er in dem jüngeren Aurignacien
seltener ist. Die verschiedenen Stichelformen, die das Jungpaläolithikum
auszeichnen, sind hier bereits entwickelt. Unter den Knochengeräten
besitzt die Aurignacienknochenspitze (Abb. 20), deren Hauptvorkommen
ın diese Epoche fällt, typologische Bedeutung. Reichlich wird zur Her-
stellung von Waffen und Geräten das Elfenbein verwertet; aus den Mittel-
fussknochen des Pferdes und des Ren werden Pfriemen
verfertigt. Selten sind dagegen noch knöcherne Wurf-
speerspitzen mit einseitig abgeschrägter Basis, die
zuweilen mit einfachen geometrischen Ornamenten
dekoriert sind.
N
e
Abb. 21. Kielkratzer Abb. 22. Bogenstichel
des Hochaurignacien, desSpätaurignacien.
Abb, 20, Aurignacien- Spy. (Nach de Puydt u. Spy. (Nach de Puydt u.
knochenspitze Gr R. R. Schmidt, Y, Gr.) R. R. Schmidt, It, Gr.)
Diluvialchronologie und Paläethnologie Westeuropas. 961
Im Spät-Aurignacien ist ein deutlicher Rückschritt in der sorg-
fältigen Ausarbeitung der Steingeräte zu bemerken. Kielkratzer gehen
auch aus den spätaurignacienzeitlichen Werkstätten hervor, indessen sind
dieselben hier meist kleiner, das gleiche trifft auch für das übrige Gerät-
inventar zu. Das Retuschierverfahren nähert sich bereits dem der späteren
Mikrolithik, für die auch die Messer und Spitzen mit einer steil abgedrückten
Schneide charakteristisch sind. Unter den letzteren zeichnet sich besonders
die Gravettespitze (Abb. 23) durch ihr häufiges Vorkommen aus. Die Stichel-
fabrikation ist im späten Aurignacien besonders rege. Nucleusförmige und
polyedrische Stichel gesellen sich zu den schon früher aufgetretenen Eck-
und Kantensticheln. Der Bogenstichel (Abb. 22) ist gewöhnlich zahlreicher
und variationsreicher in diesem Niveau. Die Knochengeräte sind im wesent-
lichen die gleichen, die Aurignacienknochenspitze erscheint nur noch in
vereinzelten Exemplaren.
Die Übergangskultur vom Aurignacien zum Solutreen, die Industrie
vom Typus Font-Robert, enthält als auffällige Leitform die Stielspitze
(Abb. 24), die in ihrem Vorkommen streng auf dieses Niveau beschränkt
Hier sind die ersten Anfänge der Flächenretusche zu beobachten, die
ist.
Von den Stichelarten
für das kommende Solutreen charakteristisch ist.
sind die Eck- und Kanten-
stichel (Abb. 25) häufiger.
Von den eigentlichen Aurigna-
ciengeräten wird nur noch die
Gravettespitze übernommen.
DAT ==
r ~
vil
0
i> = =
| | : uaii AT |
In ii WA
ele
3
jl!
UI
7E
pi!
ili
fl
rey
j
D
D
STE
liii UTA
Je
WEG
= >
i == I 4
` mm. Ka =- 3S
NE = RI
u S Lg We
DM / SZ
i = A x3
Zn E- Si
i=. ars Si
E ize
= In
í
will
adh. 4
RESET IRRE,
U
einer
u Ce Ai
í
e
“l
N
Le
Lü,
ni
Abb. 23. Gravettespitze
des
Spy.
Spätaurignacien.
(Nach de Puydt u.
R. R. Schmidt, Y, Gr.)
Abb. 24. Font-Robert-
spitze der Font-Ro-
bertkultur. Spy. (Nach
de Puydt u. R.R. Schmidt,
1/, Gr.)
Zeitschrift für Ethnologie. Jahrg. 1911. Heft 6.
Abb.
25.
Stichel
der
Font - Robert - Indu-
strie. Spy. (Nach de Puydt
u. R. R. Schmidt, Y/, Gr.)
962 R. R. Schmidt:
Zur Aufstellung eines Früh-Solutreen hat erst die Untersuchung
der Fundplatze Le Ruth und Le Trilobite in neuerer Zeit gefiihrt. Die
Flächenbearbeitung ist hier in einer weiteren Entwicklung begriffen.
Spitze Klingen und weidenblattspitzenförmige Geräte (feuille de saule)
(Abb. 26) werden teils oder vollkommen über eine Fläche retuschiert.
Die übrigen Gerätschaften setzen sich aus Doppelkratzer, Stichel (Eck-
und Kantenstichel) und kleineren Gravettespitzen zusammen. Auf die
Knochenbearbeitung wird hier, wie im ganzen Solutreen, wenig Gewicht
gelegt.
Das Hoch-Solutreen eröffnet uns die bekannte Kultur der Lorbeer-
blattspitzen (Abb. 27), die auf beiden Flächen durch Abtrennung feinster
spandünner Lamellen (Schuppenretusche) eingeebnet werden. Klingen mit
einfachem und doppeltem Krazerende, Eckstichel und feinere, kleine
Bohrer bilden das übrige Gerätinventar.
A A
Fl
St \ \
oi WW N _!
\
Kl j IHi | >.
wall EN AN
HIM
N
Abb. 26. Weidenblatt- Abb.27. Lorbeerblatt- Abb. 28. Kerbspitze
spitze (feuille de saule) spitze des Hoch- des Spätsolutreen.
des Frühsolutreen. solutreen. Laugerie- Laugerie-Basse. (?/, Gr.)
Spy. (Nach de Puydt u. Basse. ('/, Gr.)
R. R. Schmidt, Y/, Gr.)
Diluvialchronologie und Paläethnologie Westeuropas. 963
Diese Industrie wird abgelöst durch das Spät-Solutreen, das noch
dekadente Lorbeerblattspitzen von kleinerer Form und gröberer Bearbeitung
besitzt. Leitform ist die Kerbspitze (pointe-a-cran) (Abb. 28), die noch die
charakteristische Flächenbearbeitung zeigt und meist einseitig, seltener
auf beiden Flächen bearbeitet ist. Zahlreich sind die Messer mit einem
abgedrückten Rücken, ferner Bohrer und Eckstichel. Unter den Knochen-
seräten begegnen wir Wurfspeerspitzen mit abgeschrägter Basis und
Nadeln, die aber noch selten sind.
Die unmittelbare Folge von Solutreen und Magdalenien ist gleichfalls
aus den Profilen von Le Trilobite und Le Ruth ersichtlich. Die einzelnen
Unterabteilungen des Magdalenien sind in prägnanter Weise aus Le Pla-
card und La Madeleine hervorgegangen. Die Teilung des Magdalenien
in ein Früh-, Hoch- und Spät-Magdalenien findet auch durch die neuer-
lichen Grabungen Peyronys in La Madeleine Bestätigung, in deren strati-
graphische Folge ich selbst Einblick gewann.
Mit dem Früh-Magdalenien setzt eine starke Dekadenz in der
Steinbearbeitung ein. Die Klingen bleiben grösstenteils unretuschiert,
und man begnügte sich meist mit einer flüchtigen Abrundung der Klingen-
enden. Um so grössere Aufmerksamkeit wird den mikrolithischen Geräten
zugewandt. Feine, länglich dünne Messerchen mit einer abgedrückten
Schneide stehen jetzt stark im Vordergrunde der Produktion. Die Stichel-
arten setzen sich aus Eckstichel, Kantenstichel und Stichel mit Mittel-
spitze zusammen; auch diese fallen durch weniger sorgfältige Retu-
schierung und durch ein stärkeres Hervortreten von Kleinformen auf.
Einen lebhafteren Aufschwung zeigt die Knochenindustrie. Im Früh-
magdalenien beginnt die Harpune ihre Entwicklung und tritt hier in Form
eines länglichen, im Durchschnitt flachovalen Stäbchens hervor, das an
einer Seite mit tiefen Einschnitten versehen ist, die die Umrisse der
später freistehenden Widerhaken bereits andeuten. Dieser Prototypus
der Harpune (Abb. 29) kehrt in mehreren altmagdalénienzeitlichen Fund-
schichten wieder, z. B. in Placard, Mas d’Azil, Laugerie-basse und Altamira.
Speerspitzen mit einseitig abgeschrägter Basis (wie Abb. 30 und 31), halb-
runde Stäbchen aus Rentierhorn und elliptische, vielfach mit einfachen
Gravierungen bedeckte Knochenstäbchen, sind der gleichen Epoche eigen.
Zahlreich sind mitunter die feingearbeiteten dünnen Nadeln.
Eine grössere Verbreitung als dem Früh-Magdalenien kommt dem
Hoch-Magdalenien zu, das uns aus Raymonden, Bruniquel, Laugerie-
Basse, Gourdan, Mas d’Azil (r. Ufer), Teyjat und einigen hundert anderen
Fundplätzen bekannt ist. Überall erscheint hier als Leitform die ein-
reihige Harpune (Abb. 32 und 33). In sehr reichen Fundplätzen haben
sich weitere Variationen dieses Typus herausgebildet, zu denen wir auch
die einreihige Harpune mit Schwalbenschwanzbasis rechnen. Typologische
Bedeutung besitzen für das Hochmagdalenien auch die Speerspitzen mit
gegabelter Basis (Abb. 34 und 35), meist von einfachen zylindrischen
Durchschnitt. Unter den Knochengeräten bemerken wir einen grösseren
Formenreichtum, der teils durch die dekorative Ausschmückung bedingt
wird. Nadeln sind hier, wie im Magdalénien überhaupt, sehr zahlreich.
Ek
964 R. R. Schmidt:
Unwesentliche Verschiedenheiten zeigt die Steinindustrie gegenüber der
des Frihmagdalénien. Kratzer- und Stichelformen sind die gleichen, die
Mikrolithik gelangt noch mehr zur Vorherrschaft.
Im Spät-Magdalénien ist die Harpune vorwiegend mit zweireihigen
Widerhaken versehen (Abb. 36 und 37), während die einreihige Harpune
zurücktritt. Ein sehr häufiges Gerät ist der zylindrische Meissel aus Ren-
Abb. 29. Prototypus Abb. 30. Wurfspeer- Abb. 31. Wurfspeer-
der Harpune. Friih- spitze mit einseitig spitze mit einseitig
magdalenien. LeRuth. abgeschrägter Basis. abgeschrägter Basis.
(Nach Peyrony, °/; Gr.) Frühmagdalenien. Frühmagdalenien.
Le Placard. Brassempouy.
(Nach Maret, !/, Gr.) (Nach Piette, Y/, Gr.)
veweih, der vielfach an seinem oberen Ende zugespitzt und von einer Rille
durchzogen wird. Kunstvoll ausgeschmückte Kommandostäbe sind hier, wie
auch im mittleren Magdalenien zahlreich. Die Mikrolithik erreicht, soweit
die Magdalenienepoche in Frage kommen, im Spätmagdalenien ihren Kulmi-
nationspunkt. Zu den Klingen mit abgestumpftem Rücken gesellen sich
zahllose Federmesserchen. Einzelne kleinere Geräte nähern sich den
geometrischen Formen des Azilien-Tardenoisien. Unter den Stichelarten
dominiert der Stichel mit Mittelspitze; eine charakteristische Stichelform
Diluvialchronologie und Paliethnologie Westeuropas. 965
dieser Epoche ist auch der „Papageienschnabel“ (Abb. 39). Brüniquel,
Les Eyzies, Teyjat, Lorthet, Le Souci, La Madeleine, Lourdes, Mas d’Azil,
Gourdan und zahlreiche andere Funde haben ein typisches Spätmagdalenien
geliefert.
LT REIZE -
Abb. 32. Abb. 33. Abb. 34. Abb. 35.
Abb. 32 und 33. Einreihige Har- Abb. 34 und 35. Speerspitzen
punen des Hochmagdalénien. mit gegabelter Basis. Hoch-
Saint-Lizier. (Nach einer Photogra- magdalénien.
phie nach Obermaier, etwa Te Gr.) (Nach Breuil, !/, Gr.)
Das Azilien beschliesst als letztes Glied die Kette der paläolithischen
Kulturentwicklung. Seine Stellung im jungpaläolithischen System wurde
vor allem durch die Untersuchungen Piettes in der Flusshöhle von Mas
d’Azil in der Ariege (Pyrenäen) beleuchtet. Der Schichtenaufbau zeigte
von unten nach oben die folgenden Kulturstufen: a) Hochmagdalenien
über einer kiesigen Ablagerung, b) sterile Schicht, c) Spätmagdalenien,
d) sterile Schicht, e) Azilienschicht mit breitflachen Hirschhornharpunen
(mit runder oder länglicher Durchbohrung), bemalten Kieseln, degenerierten
Silexgeräten von Magdalenienform, Knochenpfriemen und Glättern. Fauna
vorwiegend Edelhirsch, ferner Reh, brauner Bär, Wildschwein, Biber u. a.,
f) Übergang zur jüngeren Steinzeit (Piettes sogen. Arisien), g) vollneo-
lithische und bronzezeitliche Funde.
Charakteristisch für das Azilien sind die flachen Hirschhornharpunen
(Abb. 40 und 41), die nun die zweireihigen zylindrischen Harpunen des Spät-
magdalenien ersetzen, und die bemalten Kiesel, denen beide nur ein relativ
geringer Verbreitungskreis zukommt. Dass aber die Azilienkultur tatsächlich
966 R. R. Schmidt:
eine weitere Ausbreitung erfahren hat, als ihre auffalligen Leitformen, die
Azilienharpune, und die bemalten Kiesel, anzeigen, schliesse ich aus dem
ausgedehnten Vorkommen der Aziliensteinindustrie, die im wesentlichen
die gleichen Formen wie das Magdalenien besitzt, durchschnittlich
aber noch flüchtiger retuschiert sind. Diese Industrie hat bereits viele
Geräte aus dem Formenkreis des Tardenoisien in sich aufgenommen.
Die Knochenindustrie ist in einem völligen Niedergang begriffen, auch
die künstlerische Tätigkeit des Spätpaläolithikums ist erloschen. Bobach
Abb. 38. Zweirei- Abb. 39. Sogen.
Abb. 86. Abb. 37. hige Harpune Papageien-
Abb. 36 und 37. Zweireihige Har- mit Schwalben- schnabel. Spät-
punen des Spätmagdalenien. schwanzbasis. magdalenien.
Saint-Lizier. (Nach einer Photogra- Spätmagdalenien. Laugerie Haute.
phie, nach Obermaier, etwa */, Gr.) Saint-Lizier. (Nach Breuil,
(Nach einer Photo- Za Gr.)
graphie, etwa ‘/, Gr.)
(Isere), Ecosse, Lortet a. d. Neste, Massat, La Vache bei Tarascon, La
Madeleine, Laugerie-Basse (Dordogne), Abri Dufaure bei Sordes (Landes)
und die Grotte J,abrie (Gord) zeitigten ein typisches Azilien. Jedoch
nicht überall ist eine klare stratigraphische Scheidung von Spätmagda-
lenien und Azilien möglich gewesen, und ich nehme an, dass die Ent-
wicklung der Azilienharpune bereits mit dem Spätmagdalenien beginnt:
erst später erlischt die zweireihige Magdalenienharpune, während die
Diluvialchronologie und Paläethnolugie Westeuropas. 967
flache Hirschhornbarpune allein bestehen bleibt und den Hauptgerattypus —
des reinen Azilien bildet.
Innige Zusammenhänge zeigen, wie schon aus dem gesagten hervorgeht,
das Azilien und Tardenoisien. Für das Zusammenvorkommen dieser
beiden Industrien haben in jüngster Zeit die Ausgrabungen von Breuil,
Obermaier und Bouyssonie in der nordspanischen Höhle von Valle bei
Gibaya (Prov. Santander) Zeugnis abgelegt. Hier fand sich über einer
reichen Magdalenienschicht eine klassische Azilienstrate mit einer Serie
flacher Hirschhornharpunen, die von typischen Tardenoisiengeräten be-
gleitet waren. Aus dieser Feststellung geht unzweideutig hervor, dass
das erste Auftreten der Tardenoisienindustrie in das Azilien fällt, wenn
y
yea
Abb. 40. Abb. 41. Abb. 42. Mikrolithische
Abb. 40 und 41. Flache Hirsch- Geräte des Tardenoi-
geweihharpunen des Azilien. sien. (Nach G. u. A. de Mor-
Mas d’Azil. (Nach Piette, etwa °/, Gr.) tillet, ®/, Gr.)
auch die Tardenoisienformen (Abb. 42) die Azilienzeit noch weit überdauern.
Der neolithische Kulturbesitz, Töpferei und Haustiere, gehört noch nicht
zur Errungenschaft dieses Zeitalters. (Die Tierwelt des Spätpaläolithikums
siehe Tabelle.)
Über die tatsächliche Folge der jungpaläolithischen Kulturen
Aurignacien, Solutreen,. Magdalenien und Azilien-Tardenoisien kann gegen-
wärtig kein Zweifel mehr bestehen. Ihre Supraposition vergewissern uns
auch die letzten Ausgrabungen in Nordspanien, die von dem Institut für
Urgeschichte in Paris in der Höhle Castillo bei Puento Viesgo in der
Provinz Santander vorgenommen wurden, an welchen ich selbst zwei
Monate teilnahm. Das Profil von Castillo hat bisher 1 Azilienniveau,
2 Magdalenienschichten, 1 Solutreenschicht, 3 verschiedene Aurignacienniveaus
und 2 Mousterienschichten ergeben; die Funde sind noch nicht vollkommen
erschöpft, und es bleibt zu erwarten, dass noch ältere Schichten erschlossen
968 H R. Schmidt:
werden. Durch seine reichen stratigraphischen Aufschlüsse rückt Castillo
schon jetzt in den Vordergrund unseres Interesses.
Was die Verbreitung der jungpaläolithischen Kulturen anbetrifft, so
zeigt die Kultur vom Typus Chätelperron nur geringe Ausdehnung. Das
Hoch- und Spät-Aurignacien ist ausser in Frankreich auch in England und
Belgien, im letzten Gebiete durch die Héhlenfunde Ponte-a-Lesse, Trou-
du-Sureau, Spy und Goyet vertreten. In Spanien, wo diese Kulturen gleich-
falls Wurzel gefasst "haben, wurden sie bisher in den Fundstätten El Miron,
Salitre, Mar, Camargo und Hornos de la Pena nachgewiesen‘).
Einer weiteren Untersuchung bedarf noch die stratigraphische Stellung
der Font-Robert-Kultur. In den belgischen Profilen lässt sich dieselbe
gleichfalls beobachten; hier scheinen indessen, nach den älteren Aus-
grabungen zu urteilen, die Font-Robert-Kultur und das Früh-Solutreen
miteinander verschmolzen zu sein, und es ist nicht ausgeschlossen, dass
es sich auch in Frankreich um Parallelkulturen handelt.
Eine weit geringere Expansion hat die Kultur des Solutreen. Die
Dordognefunde zeigen die Entwicklung dieser Kultur am besten. In
Belgien und England fehlt das typische Hoch- und Spät-Solutreen,
während die Frühstufe dieser Kultur in diesen Ländern nachweisbar ist.
Das Magdalenien hat, wie das Aurignacien, auch ausserhalb der
reichen Fundzentren Frankreichs, zahlreiche Funde gezeitigt; besonders
die jüngeren Stufen des Magdalenien sind über England, Belgien und
Nordspanien verbreitet.
Auch das Azilien lässt sich, wenn wir die Verbreitung seiner lithischen
Industrie berücksichtigen, über ganz Belgien, England und Nordspanien
verfolgen.
Ein wichtiges stratigraphisches Hilfsmittel für die Einteilung und die
Chronologie des Jungpaläolithikums ist auch die Kunst, wenngleich hier
der Abgrenzung der einzelnen Entwicklungsphasen, besonders bei der
parietalen Kunst, noch grössere Schwierigkeiten begegnen. Ich greife
hier nur die wesentlichsten Züge heraus.
Aus dem Früh-Aurignacien liegen die ersten Versuche vor aus
einfachen Strichkombinationen bescheidene geometrische Muster zu ent-
wickeln. Aus den hochaurignacienzeitlichen Werkstätten der Pyre-
näen gehen die ersten plastischen Darstellungen, die bekannten Venus-
statuetten hervor. Die Deutung dieser Kleinplastiken als erotische Idole
darf als vollkommen zutreffend bezeichnet werden, da auch andere
aurignacienzeitliche Darstellungen aus der Dordogne, wie solche des Phallus
und der Vulva’), diese Auffassung bestätigen. Die übertriebene Betonung
der Sexualorgane in der figuralen Kunst des Hoch-Aurignacien ist charak-
teristisch für die Epoche. Der Schritt von der plastischen Darstellung zur
abstrakteren Zeichnung vollzieht sich sehr früh und tritt bereits — ent-
1) Vergl, H. Obermaier, Der Diluviale Mensch in der Provinz Santander.
Praehist. Zeitschr. 1900 I. Bd. 2. H.
2) Aus dem Abri Blanchard (Gemeinde Sergeac). Ausgegraben von L. Didon
in Périgueux.
Diluvialchronologie und Paläethnologie Westeuropas. 969
gegen den Annahmen Piettes — im Aurignacien der Zeichnung an die
Seite. Im Spät-Aurignacien erreicht die zeichnerische Darstellung be-
reits ein Stadium höherer Entwicklung. Von der vollen Skulptur des Auri-
gnacien vollzieht sich im Solutréen die Umwandlung zur erhaben ge-
arbeiteten Rundfigur (ronde bosse) und zum ‘Tiefrelief. Im frühen und
mittleren Magdalénien zeigen die Tierplastiken ihre höchste Vollendung
und sind von frischer naturalistischer Auffassung. Bemerkenswert ist die
kunstgewerbliche Verwendung dieser Plastiken zu Wurfstöcken, Meisseln
u. a. Geräten. Mit dem Magdalénien erreicht zugleich die Umrisszeichnung
ihren Höhepunkt, durch welche uns die ganze Liste der magdalénienzeitlichen
Tierwelt verewigt wird; das eigene Abbild des Menschen aber ist künst-
lerisch so minderwertig, dass wir hieraus keine Schlüsse auf die
äussere Gestalt des Menschen ziehen können. Im frühen und mittleren
Magdalénien wird der naturalistischen Darstellung noch der Vorzug ge-
geben. Im Hoch-Magdalénien gewinnt die ausgeschnittene Umriss-
zeichnung an Bedeutung. Die Gravierung zeigt Tendenz zu einfacheren
Figuren, zuweilen in schwacher Reliefausführung. Die dekorative Kunst ent-
faltet sich im Hoch-Magdalénien lebhaft. Bewundernswert ist der Reichtum
an Ornamenten, die teils, wie Breuil gezeigt hat, auf die fortlaufende
Stilisierung der Tierbilder zurückzuführen sind. Mit dem Spät-Magda-
lenien ist die plastische Kunst erloschen. Sehr feine Gravierungen wurden
vorzugsweise auf Stein ausgeführt. Die Ornamentik des Spätmagdalenien
verfügt im wesentlichen noch über die gleichen Motive wie das Hoch-
Magdalénien. Mit dem Anbruch des Azilien ist ein völliger Verfall so-
wohl der naturalistischen Darstellung, wie auch der ornamentalen Zier-
kunst eingetreten. Jegliche Tradition der alten Kunstschule scheint
abgeschnitten. Die Zeichen, die wir auf den bemalten Kieseln des Azilien
antreffen, sind anscheinend Embleme von totemistischer Bedeutung.
Einen kurzen Überblick über die einzelnen Entwicklungsphasen, die die
parietale Kunst erkennen lässt, soll die nachstehende Tabelle geben.
Die Aufstellung geht vor allem auf die Arbeiten Breuils und Car-
tailhacs zurück, die eine kritische Untersuchung der zahlreichen Kunst-
stätten Südfrankreichs und Spaniens eingeleitet haben. Diese stützt sich
auf die Erforschung von etwa 40 Höhlen, die sichere diluviale Fels-
gravierungen und Malereien enthalten, von denen hier Font-de-Gaume, Les
Combarelles, La Mouthe, Bernifal, Teyjat, La Greze und Laussel in der
Dordogne, Pair-non-Pair (Gironde), Niaux (Ariege) Gargas und Marsulas
(Haute Garonne), Altamira, Hornos de la Pena, Castillo, Pasiego (Prov.
Santander) und Pindal (Oviedo) genannt sein mögen.
Die hohe künstlerische Produktivität der südfranzösischen und nord-
spanischen jungpaläolithischen Bevölkerung teilt sich den paläolithischen
Bewohnern Englands und Belgiens nicht mit. Die Höhlenfunde Belgiens
zeugen nur von einem schwachen Abglanz dieser Kunstblüte. |
Auf meine Untersuchungen über die chronologische Stellung der
ältesten Menschenrassen kann ich hier nur kurz eingehen. Wesentlich
war es vor allem, Klarheit über stratigraphische Zugehörigkeit und das
Alter des Galley-Hill-Menschen zu erlangen. Die Auffindung der mensch-
970 ; R. R. Schmidt:
Entwicklungsstadien der Dargestellte
parietalen Kunst Tiere Stationen
|
I.| Figuren meist tief eingraviert. | Steinbock, Pferd; Bi-| Pair- non - Pair. La
Blosse, steife Profilumrisse;f son und Mammut] Grèze, La Mouthe,
einzelne Linien rot oder schwarz | selten. Les Combarelles,
nachgezogen. Bernifal, Font-de-
| Gaume, Altamira,
Marsulas.
|
II, | Zunächst noch tief eingravierte| Pferd, Hirschkuh, [La Mouthe. Comba-
Umrisslinien. Schwarz, selten] Rentier, Mammut, relles, Font - de-
rot aufgetragen. Einzelheiten | Bison. Gaume, Marsulas,
mehr betont, aber noch Altamira.
schwache Modellierung; später
starkes Hervortreten der Sil-
houette.
Solutreen und Aurignacien
f
|
ge
Fa
©
EE
A
CD
ke
E
B
GC)
ee)
us
O
ey
Ce
&
be e
ct
IlI.| Eingravierung weniger tief; mit] Hirsch, Rentier, Mam- | Font-de-Gaumie, Alta-
Graffitilinie leicht nachgezogen.| mut, Pferd, Stein-| mira, Marsulas.
a) Feinere Modellierung in] bock, Bison.
schwarz;
b) Flächen- und schatten-
hafte Auftragung in rot
oder schwarz. Bilder von
|
IV. {Į Die Graffitiumrisslinie tritt mehr] Bison sehr zahl-| Die grossen Fresken
und mehr vor den das Haar-| reich, Wildschwein,] von Altamira, Mar-
kleid markierenden Linien zu-} Hirschkuh, Rentier,| sulas, Font- de-
rück. Pferd. Gaume.
a) Schwach polychrome Fres-
ken.
b) Lebhaft polychrome Fres-
ken.
Magdalenien
SC ger a .-- a ——— ee —
<
Konventionelle, gemalte Azilien- = Marsulas, Pindal.
zeichen, ähnlich denen der ko-
lorierten Steine. Keine Tier-
darstellungen.
Azilien
lichen Reste von Galley-Hill erfolgte im Jahre 1888; aber erst mehrere
Jahre später wurde der Frage nach dem Alter dieser Menschenreste
nähergetreten. Das Skelett, das bei seiner Auffindung intakt war, lag
nach Angaben des Lehrers von Galley (Hill) 3,50 bis 4m unter Tag und
etwa 0,60 m über der Kreideformation. Die Fundstelle, die mir naher
bezeichnet wurde, ist jetzt von den Kreidewerken abgetragen. Sie befand
sich auf der Mittelterrasse der Themse, deren Schichten und Einschlüsse
ich, dank der freundlichen Leitung von Mr. Corner, in dessen Besitz der
Galley-Hill-Schadel übergegangen ist, näher untersuchen konnte. Die
Schichten dieser Mittelterrasse sind durch mehrere Gruben aufgeschlossen,
die mir selbst ein typisches Alt-Acheuleen, Hoch-Acheuleen, eine Levollois-
industrie und Früh-Mousterien lieferte. Das Alt-Acheuleen liegt in gleicher
Horizontale mit der angeblichen Fundstelle von Galley-Hill, und zwar in
einem rostbraunen Sande mit Kiesen. Aber nur an einer Stelle war
Diluvialchronologie und Paläethnologie Westeurupas. 971
eine Trennung von älteren und jüngeren Industrien durchführbar,
während an anderen, stärker geneigten Fundstellen eine stratigraphische
Scheidung nicht möglich ist, hier vielmehr stark abgerollte Alt-
Acheuleenartefakte mit dunkelbrauner Patina und hellgelb getönte Silices
des späten Acheuleen nebeneinander angetroffen wurden. Die Ablagerung
selbst ist an einzelnen Stellen nicht sehr mächtig, an der Fundstelle des
Galley-Hill-Menschen etwa 4 m. Die Oberfläche der Kreideformation
ist von sehr ungleichem Verlauf, oft von durch Auslaugung entstandenen
grossen, sackförmigen Vertiefungen durchfurcht.
Diese Vertiefungen haben vielerorts ein Abrutschen und EKinstürzen
der auflagernden Schichten zur Folge gehabt, eine bekannte Erscheinung,
mit der wir an manchen Fundplätzen zu rechnen haben, und die eine
kritische Nachprüfung der Fundumstände erfordert.
Die fossilen Tierreste, die der Mittelterrasse der Themse entnommen
wurden, und die wir mit der Fundschicht von Galley-Hill in Zusammen-
hang bringen können, enthalten Hippopotamus, Elephas primigenius,
Elephas antiquus, Rhinoceros (?Merckii), Höhlenlöwe, Hirsch, Trogon-
teriun u. a. Diese Fauna dürfte kaum einheitlicher Provenienz sein.
Nach dieser stratigraphischen Untersuchung der Diluvialablagerung des
Themsetals bei Galley-Hill bleiben immerhin zwei Möglichkeiten offen:
entweder die fossilen Menschenreste sind der primären Lagerstätte ent-
nommen und damit altacheuleenzeitlich, oder sie entstammen einer der
zahlreichen umlagerten Auflagerungen der Kreide und gehören damit
überhaupt nicht in das Bereich des bei Galley-Hill vertretenen Alt-
Paläolithikums.
Auf die Aussagen von Laien, die sich nach Jahren erinnerten, dass
der Schichtenverband der Fundstelle einen vollkommen ungestörten Ein-
druck gemacht habe, dürfen wir erfahrungsgemäss kein zu grosses Gewicht
legen. Eine alte Schichtstörung gibt sich zudem nicht immer augenfällig
kund, sondern geht oft erst aus der genauen Prüfung der Einschlüsse
hervor.
Wenden wir uns nun der Betrachtung des Schädels selbst zu, so fällt
uns zunächst die erstaunliche Verschiedenheit in der Erhaltung und
Fossilisation des menschlichen Schädels und der faunistischen Einschlüsse
von Galley-Hill auf, woraus wir unbedingt schliessen müssen, dass beide
nicht gleichaltrig sein können. Der Schädel hat ein weit frischeres,
rezentes Aussehen und eine geringere Fossilisation als die verstreuten,
meist schlecht erhaltenen fossilen Tierreste.
Von einem ähnlichen Schicksal als die älteren Funde ist die Auf-
findung eines erst in den letzten Jahren bei Galley-Hill aufgedeckten
zweiten Skelettes, das dem gleichen Typus angehört, betroffen. Auch
dieses Skelett teilt, was seine Erhaltung anbetrifft, mit dem früher auf-
gefundenen die gleichen Merkmale. Anscheinend rühren beide aus Be-
stattungen jüngerer prähistorischer Zeit her.
Selbst wenn wir uns über die berechtigten Zweifel an dem hohen Alter
des Galley-Hill-Menschen hinwegsetzen würden, so ist es meines Erachtens
mit unseren paläanthropologischen Erfahrungen vollkommen unvereinbar,
972 H R. Schmidt: Diluvialchronologie.
denselben als altpaläolithisch hinzustellen. Der Mensch von Galley-Hill
würde — seine altpaläolithische Provenienz vorausgesetzt — zeitlich ein
Bindeglied zwischen dem Menschen von Mauer und den Neandertalmenschen
von Le Moustier, La Chapelle-aux-Saints, La Ferrassie, Spy, Neandertal
u. a. darstellen.
Morphogenetisch repräsentiert indessen der Galley-Hill-Mensch, was
auch von Klaatsch hervorgehoben wurde, ein jüngeres Glied in der
Entwicklungskette, das wir etwa der Brünner Rasse oder der Rasse von
Engis an die Seite stellen können, die ausserhalb des Alt-Paläolithikums
stehen und dem Jung-Paläolithikum, bzw. der Jüngeren Steinzeit zu-
geschrieben werden müssen.
Bedenken gegen das diluviale Alter des Galley-Hill-Menschen sind
schon früher, u. a. von Boyd Dawkins und John Evans, geäussert
worden. Erst in jüngerer Zeit hatten Untersuchungen dazu geführt, seine
Stellung unter den prähistorischen Rassegruppen zu suchen, ohne Kenntnis
und Kritik der Fundumstände und der Ablagerungen von Galley-Hill. Dass
man den Galley-Hill-Menschen bei dieser anthropologischen Einordnung
dem älteren Paläolithikum zudatierte, lag unter den gegebenen. Umständen
nahe; dass ihm diese Stellung aber nicht zukommt, dafür sprechen deutlich
die erwähnten stratigraphisch-paläontologischen Gründe, über die wir uns
nicht hinwegsetzen können. Hypothesen sind auch hier bereits helfend ein-
gesprungen, die in dem Galley-Hill-Menschen eine Vorneandertalrasse oder
einen dem Neandertalmenschen synchronistischen, aber weit höher stehenden
Typus erblicken. Diese Hypothese ist auch von Rutot verkündet worden.
Wenn ich auch nicht annehme, dass die Fachgenossen dem Gedanken-
fluge Rutots hire folgen können, der in dem Galley-Hill-Menschen
eine ältere diluviale Bevölkerung Europas sieht, der die primitiveren
Neandertalmenschen als Sklaven dienten, so erachte ich doch eine Dar-
legung der Fundunistände, die sich speziell an die Anthropologen wendet,
zur Belichtung der Altersfrage für notwendig.
Der Mensch von Galley-Hill muss aus der Reihe derjenigen Funde
ausscheiden, die uns Aufklärung über die ältesten diluvialen Rassen
Europas bringen können. Für diese aber bieten nur die zweifelsfreien
Funde aus der älteren Diluvialzeit, der Kiefer von Mauer und die alt-
paläolithischen Funde von Le Moustier, La Chapelle-aux- Saints, La Ferrassie,
La Quina, Spy und Krapina einen sicheren Bestand, da über deren chrono-
logische Stellung keine Unsicherheit besteht. Über das exakte Alter der
fossilen Menschen von Spy habe ich mit Marcel de Puydt eine Mit-
teilung in Vorbereitung. Auch ohne Kenntnis ihrer stratigraphischen
Provenienz dürfen wir die Neandertalmenschen aus dem Neandertal und
den Gibraltarschidel derselben Gruppe anreihen.
In keinem aber der gesicherten Funde besitzen wir eine Andeutung, dass
eine der Neandertalgruppe gleichzeitige, höher stehende Bevölkerung
während des Alt-Paläolithikums in Europa gelebt hat. Sämtliche alt-
paläolithischen Menschenreste, die ein und derselben Gruppe, der Neander-
talrasse angehören, reichen, soweit wir sie archäologisch bestimmen können,
vom ausgehenden Acheuleen bis in das ausgehende Mousterien. Erst
r
Ir = S . e e KE? |
Se Des Joep UB Ooatottzigal FuN}
Lag TWIQIIA BIOYIRJS JUL
eqsnjoranypog Jop ERVIR Uallaysno]y sep yTUYOS
| i "Zun1ta0u
AVIQUIYORE Uattaanc
‘uazyidg oe ayosnjal
-PULY osy1yog 'ossıpdsqe
o
2
alIoysNno S
E + + YoIs sip ‘oyosnyoruayo | pun wozyrdsiansnom Jon en H N -qyusıoaunf um =.
| “BIT Zungut ‘Funaeryos | oe “1osso1d UIYISLIIYAG A 4 -9q uəqey VUNBY ourde =
| “NYY eulay “OST RJFI0g -OJOIB DIP PUN YUY =
| ——_- u dr dee ae AA "UILIIISNO ae un c
| au: . losyngy Dioaitdptt ww pun z
| | SE i Torpan WoT SNOT ae Si S a cou =
+ ii + + + + ou TOT USIOSSQLF | -usyoouy mn usraquysseumndy ee TPSAUPPA TRY - 1q =
Uap JQ oyosnyormajnyg | ey am orıysnpuJ-eumn?) pt | PEGS Tope Mou MOH SS
| | EE beleeë eer en "Iequa]jyoH = ‘snunyproyo x
2
-1} SOLVDIOUTYY "UU UIEIK
‘laqeyog oFtuoF ngm y
-q ‘uszyrdsusdog "uameu
-JIpny ta
Datt Aop Iungrogir -Suny unz InjNyssuvs10q)) yIpny uqy
~eqpury ƏFIsspUI ZIUN)
A
‘uozytdg "Datume 020 | |
| uw IYISNJƏIPURY atta1g səp ued 440j017 ‘ayuIesuayo
à uvmeustiny (edoına
t | TOpugausdumyaap Zum | “OTM Sepliqossne Jys -ynag Tout UL ƏM) ustoru |
13 9zyrdsuoniadfsgegg ‘auns ISS E SE
| “Peqivog oäteegmta ag i : -SLINY Sup siseg Joep Ur
| . -NputusmeusLmny oA VUNYOINTY os NIE
| Ann wyp
| | "Gatgat ` | ; Se
| en -NOZUISISI[R AOP MEPA i U94]95
+ + + T + SE PET Tuay Tsoy Syewag 'uəundiey H o SE L IIS Aaf IO Auf YISNUPPA
` Lotiepiaittoig) Pee -WIOUYOSHH IPLA HUNI NOMLAY | SIopuosəq ‘RUNELJPIEM
| “Ula Y slop SuNAaupsnyoy 0090 - Worstouapze yp - UOL]IZY
a. Ps Dae ge ele, E NE a a EEE
USAGVJ VAIO} YISNIOY TOWI0}}¥.103,dNe H uan2oda.ınymy vuney
puejy>sIJno(d
vdoina}80A4 UI uong
-mX Jop Zunyjo1g.ıoA ,
EEE ET,
("uaso] nz uəqo YORU uəzun uoa ƏQL)
(aaperoduu yolas umZz puejyosməq ‘ualsjeg pun purjdurf ‘uatueds ‘yororyues,7)
BBdOINIJSO M 910201099 Haio11g Jap UOPVAYISSVIN
dem
nahe
die !
nich
gesp
eine’
Typ
Wen
fluge
eine
Near
legu:
zur.
auss
Euro
Func
palac
La €
logis
fossı)
teilu‘
Droe
den '
eine
währ
paläc
talras
vom
R. Hermann: Knochenfunde und Klima. 073
mit dem Beginn des Jung-Paläolithikums begegnen wir verschiedenen
Richtungslinien in der Entwicklung der diluvialen Bevölkerung, deren
Zusammenhänge noch weiterer Untersuchung bedürfen.
Der Beginn des Jung-Paläolithikums bedeutet auch kulturell einen
vollkommenen Wendepunkt in der Entwicklung des Diluvialmenschen auf
westeuropäischem Boden. Während wir z. B. in dem Sommetal, den alt-
paläolithischen Ablagerungen Belgiens und im Themsetal einen Fund-
komplex von einheitlicher Entwicklung haben, beginnen im Jungpaläo-
lithikum Frankreichs, speziell in Südfrankreich sich Kulturkreise von be-
sonderem Kolorit zu bilden, die sich nicht mehr über ganz Westeuropa
ausbreiten. Stossen wir doch selbst innerhalb der geographisch sich an-
schliessenden Gebiete der Dordogne, der Pyrenäen und Nordspaniens noch
auf merkliche Unterschiede in der Industrie und in der darstellenden Kunst.
Die nachstehende Tabelle soll an Stelle längerer Ausführungen einen
kurzen Überblick über die zeitliche Folge und die Verbreitung der ein-
zelnen paläolithischen Kulturen in Westeuropa bieten. Die Vertretung
dieser Kulturen in Deutschland geht aus der angegliederten letzten Rubrik
der Tabelle hervor.
Zusatz.
Im Anschluss an den vorstehenden Vortrag hat Hr. Dr. Rudolf
Hermann die nachfolgende Bemerkung eingereicht, welche er durch die
beschränkte Zeit verhindert war in der Diskussion vorzubringen.
Da in der Diskussion zu dem Vortrage von Herrn R. R. Schmidt
die Frage aufgeworfen wurde, ob das Vorkommen von Renntierresten den
Schluss auf ein arktisches Klima rechtfertige, so möchte ich an die Er-
gebnisse von Brauers Untersuchungen über die Tierwelt der arktischen
Subregion *) erinnern, worin über das gleichzeitige Vorkommen des Renntiers
im Frühjahr auf der Steppe und in der Tundra berichtet wird (a. a. O.
S. 278). „In den südlicheren Gebieten (des europäischen Russlands) tritt
ihrer Ausdehnung als Hindernis der Ackerbau entgegen“ (a. a. O. S. 204),
also nicht das Klima. Während die heutige Südgrenze der 54° n. Br.
darstellt, ist auch eine Nordgrenze nachweisbar. „Westlich von Grönland
und auf der Westküste dieser Insel selbst liegt sie auf etwa 79° n. Br.
bzw. 791/,°, in Ostgrönland schon auf 751/,° n. Br. Die Gründe in
klimatischen oder physikalischen Verhältnissen zu suchen,
wäre eine vergebliche Mühe... .“ „Es bleibt uns somit kein anderer
Schluss übrig als der, dass das Renntier seine nördliche Ausbreitung noch
nicht so weit wie möglich ausgedehnt hat, dass jene auf 79 bzw. 751/,° n. Br.
gefundenen Tiere nur die äussersten Vorposten sind, dass der Hauptzug
der Tiere, sobald die Brücke nach Grönland erreicht wurde, nach Norden
zu sein Vordringen einstellte und den Weg in einen östlichen veränderte.“
(Ebenda, S. 263.)
Wie unsicher es ist, aus Knochenfunden von Tieren, die heute für
ein bestimmtes Klima charakteristisch sind, auf ein ähnliches Klima der
1) A. Brauer, Die arktische Subregion. Ein Beitrag zur geographischen Ver-
breitung der Tiere. Zool. Jahrb. III, 1888. S. 188—308, Taf. VII.
974 H. Friedenthal:
Vorzeit zu schliessen, haben neuere Untersuchungen mehrfach gezeigt.
Ich möchte darüber auf die Ausführungen von Frech und Geinitz in
der Lethaea geognostica *) verweisen. In einer Arbeit, in der ich Rhinoceros
Merckii Jäger als ein Glied auch der nordostdeutschen Diluvialfauna nach-
weisen konnte"), habe ich auf die scheinbar einander ausschliessenden Be-
standteile verschiedener Diluvialfaunen in Westpreussen, im europäischen
Russland und in Sibirien hingewiesen. Wenn man gegen die west-
preussischen Faunenlisten einzuwenden versucht hat, duss die dortigen
Funde auf sekundärer Lagerstätte sich befänden und deshalb aus ver-
schiedenen Elementen gemischt seien, so sei darauf aufmerksam gemacht,
dass ausser der vorzüglichen Erhaltung der Funde für ihre Zusammen-
gehörigkeit auch die Übereinstimmung mit unzweifelhaft primären Faunen
spricht; es sei hier als bedeutendste die von Tscherski beschriebene
Fauna der grossen Ljachowinsel zwischen 73° und 74° n. Br. genannt, wo
neben dem Tiger der Eisbär, neben dem Moschusochsen die Saigaantilope
sich fand. In dem Kieslager von Gruppe, gegenüber Graudenz, fand sich
Rhinoceros Merckii und die Saigaantilope (heute das Charaktertier der
kontinentalen südrussischen Steppe) neben dem wollhaarigen Rhinoceros
antiquitatis Blmb. und dem Mammut. In einer Kiesgrube bei Gr. Waplitz
(Westpreussen) fand sich neben dem Mammut und Rhinoceros antiquitatis
ein Löwe, Felis spelaea Nehring.
Alle diese Funde mahnen zu grösster Vorsicht in der Beurteilung des
Klimas der Vorzeit allein auf Grund von Tierresten.
(10) Hr. H. Friedenthal hält den angekündigten Vortrag:
Über die Behaarung der Menschenrassen und Menschenaffen.
Zur Frage der Verwandtschaftsbeziehungen zwischen den Menschen-
affen und dem Menschen hatten die Versuche des Verfassers ergeben,
dass die drei grossen Menschenaffen Schimpanse, Gorilla und Orang als
gleich nah verwandt mit dem Menschen anzusehen sind. Der Grad von
Verwandtschaft entsprach der von Säugetieren der gleichen Familie oder
Unterordnung. Dagegen gelang es bisher nicht auf Grund von Blut-
untersuchungen eine Stammeseinteilung des Menschen durchzuführen oder
Beziehungen der einzelnen Menschenaffen zu einzelnen Menschenstämmen
festzustellen... Der Versuch von Bruck durch die Methode der Com-
plementablenkung die verschiedenen Menschenrassen zu unterscheiden.
führte bisher nicht zu anthropologisch brauchbaren Resultaten.
Der Grund für das Scheitern der biologischen Methoden zur Unter-
suchung der Verwandtschaftsbeziehungen der Menschenstämme liegt in der
chemischen Einheitlichkeit des Menschengeschlechts und der allzugrossen
chemischen Ahnlichkeit des Blutes der Menschenaffen mit dem Menschen-
1) Fritz Frech, Leth. geogn. III. Teil, 2. Band 1. Abteilung. Flora und Fauna
des Quartärs von Fr. Frech mit Beiträgen von E. Geinitz. Stuttgart 1904. S. 10ft.
2) Rudolf Hermann, Rhinoceros Merckii Jäger im Diluvium Westpreussens
und seine Beziehungen zur norddeutschen Diluvialfauna. Monatsber. d. Deutsch.
Geol. Ges. Bd.63. Jahrg. 1911. S. 13-33.
Behaarung der Menschenrassen und Menschenatfen. 975
blute. Es ist möglich, dass bei weiterer Vervollkommnung der Methodik
die biologischen Methoden der Blutprüfung sich auch für Aufhellung ganz
naher Verwandtschaftsbeziehungen werden brauchen lassen. Heute ist
dies aber noch nicht der Fall.
Die innere Einheitlichkeit des Menschengeschlechts trotz grosser äusserer
Formverschiedenheiten wird bewiesen durch das feinste biologische Expe-
riment, welches wir kennen, nämlich durch die Bildung unbeschränkt
fruchtbarer Bastarde bei Kreuzung der verschiedensten Menschenrassen.
Wir sehen in der Natur bei Vermischung sehr nah verwandter Tierarten,
dass die Bildung der reifen Geschlechtszellen auch dann auf innere
Hindernisse stossen kann, wenn der Körper des erzeugten Bastardes
keinerlei sonstige Hemmungen in seinem physiologischen Funktionieren
erkennen lässt. Selbst so nah verwandte Arten wie Zebra und Esel
erzeugen unfruchtbare Bastarde, die verschiedenen Menschenrassen stehen
sich also innerlich viel näher als diese beiden nächstverwandten Tier-
arten. Die Bildung unbeschränkt fruchtbarer Bastarde aller Menschen-
rassen gibt den unwiderleglichsten Beweis für die innere Einheitlichkeit
der gesamten Menschheit und zugleich eine Erklärung für die Schwierig-
keit weiterer Einteilung des Menschengeschlechts in kleinere Gruppen.
Während die Versuche als gescheitert anzusehen sind aus den Eigen-
schaften des Skelettes eine Einteilung der Menschheit in grosse Stämme
vorzunehmen, vererben sich die Eigenheiten des Haarbodens am Kopfe
mit solch absoluter Konstanz, dass wir auf Grund der Haarverschieden-
heiten zu einer brauchbaren Gliederung der Menschheit gelangen. Ver-
fasser hat in seinem Werke, Das Haarkleid des Menschen, Jena 1908,
S. 90, bereits auf die früheren Einteilungen des Menschengeschlechts nach
der Beschaffenheit des Haares aufmerksanı gemacht und die bisherigen
Einteilungen einer Kritik unterzogen. Berücksichtigen wir die geo-
graphische Verteilung der drei Haupttypen der Behaarung, so finden wir
Europa, Westasien und Australien mit einem grossen Teil von Ozeanien
bewohnt von Rassen mit lockigem Haupthaar, sehr reichem Terminallıaar
und einer grossen Variationsbreite der Behaarung. Spiralgekrauste Haare,
Armut an Terminalhaar, sehr geringe Verschiedenheit von Kopfhaar und
Terminalhaar finden wir bei Hottentotten, Buschmännern, Akkas, Negern,
Papuas, Melanesiern, Tasmaniern und Negritos in Afrika und einigen
Inseln des stillen Ozeans, sonst nirgends auf der Erde. Straffe Haare mit
geringem Terminalhaarwuchs, der aber vom Kopfhaarwuchs oft ver-
schieden ist, finden wir nur bei Nordasiaten, Ostasiaten und Südostasiaten
und Eskimos. Die amerikanischen Rassen nähern sich zwar diesem straff-
haarigen Typus, zeigen aber einen Einschlag von lockenhaarigen Typus
besonders in Südamerika. Diese Befunde der Haarbeschaffenheit stehen
im Einklang mit Besiedelung Amerikas vom Norden her durch eine straff-
haarıge Rasse und Vermischung in Südamerika mit maori-ähnlichen
Polynesiern. Die absolute Konstanz der Vererbung des Haarbodens zeigt
sich darin, dass noch memals ein straffhaariger Neger oder ein spiral-
gekrauster Ostasiate geboren wurde. Die Variationsbreite der
Menschheitsbehaarung ist grösser als die Variationsbreite der
976 H. Friedenthal:
Rassenbehaarung und der individuellen Haarbeschaffenheit.
Kein einziges anderes anthropologisches Merkmal ist bekannt, bei
welchem diese unumgängliche Bedingung der Brauchbarkeit für Ein-
teilungszwecke bekannt wäre. Die dreiteilige Gliederung der Menschheit
nach der Beschaffenheit des Haarbodens und des Haarwuchses ist als
einzig absolut sicheres Ergebnis der vergleichenden Menschenkunde der
Unsicherheit der Vergleichung nach anderen Körpermerkmalen (Skelett)
gegenüberzustellen. Aufgabe der Anthropologie wird es jetzt sein, die
auf Grund der Haarvergleichung gefundene Stammesgemeinschaft von so
differenten Rassen wie Togoneger, Tasmanier, Buschmann und Papua
auch an anderen Körpermerkmalen nachzuweisen.
Verfasser glaubt, dass auch die Sprachforschung gezwungen sein wird,
ihr Augenmerk auf die durch die Haarvergleichung gekennzeichnete
Stammeszugehörigkeit verschiedener Rassen zu richten. Eine Dreiteilung
der Menschheitssprachen mit besonderer Berücksichtigung der Australier-
sprache, welche der Ursprache am nächsten stehen wird, scheint dem
‚Verfasser nicht unmöglich. Die geographische Verteilung der Menschheits-
stämme lässt die Frage auftauchen, ob wir nicht blos zwei statt der drei
Urtypen der Menschheit aufzustellen brauchen und den mittleren Typus
als Bastardtypus zwischen den zwei Extremen ansehen sollen. Tatsächlich
stellt sich geographisch der mittlere Typus zwischen die beiden extremen
Haartypen, und in historischer Zeit haben zahlreiche sicher bewiesene Ver-
mischungen an den Berührungsgrenzen der Menschheitsstämme stattgefunden.
Gegen diese Vermutung spricht die Sonderform des spiralgekrausten Haar-
typus, welcher im ganzen Tierreich keine Analogon hat. Nur einige
krausborstige Schweinerassen zeigen entfernte Ähnlichkeit. Gegen diese
Vermutung spricht ferner besonders die Terminalhaararmut des kraus-
haarigen und des straffhaarigen Stammes im Gegensatz zum Terminal-
haarreichtum des mittleren. Typus. Wir können den Terminalhaarreichtum
nicht entstanden denken durch Vermischung zweier terminalhaararmer
Typen, sondern werden bei den Ahnenstufen den Besitz eines starken
Haarfelles, ähnlich dem der Anthropoiden vermuten. Dass der mittlere
Haartypus in vielen Eigenheiten wie ein Bastardtyp zwischen den Extremen
scheint, bildet nach Ansicht des Verfassers gerade einen Grund, um ihn
für den ursprünglichen Typus zu halten. Überall im Tierreich, wo ein
Stamm sich in zwei Äste gabelt, wird in vielen Beziehungen der Bastard
dem Urahn ähnlich werden. Dass Branca den Pithekanthropus für einen
Bastard zwischen Mensch und anthropoiden Affen ansah, spricht dafür,
dass der Pithekanthropus dem Urahn des Menschengeschlechts sehr ähnlich
gesehen haben wird. Aus dem mittleren Haartypus können wir leicht zu
den extremen Typen gelangen durch geringe Variation, nicht aber von
den Extremen zueinander. Dass unter den extremen Haartypen ab und
zu einmal der mittlere Haartypus auftaucht, spricht nach Verfasser eben-
falls dafür, dass der mittlere Typus der älteste menschliche Haartypus
sein wird. Dass eine ganze Anzahl von Zeichen dafür sprechen, dass der
spiralgekrauste Menschenstamm früher eine grössere Verbreitung hatte
als jetzt, dass Europa, wenigstens Südeuropa, früher von diesem Stamın
Behaarung der Menschenrassen und Menschenaffen. 977
besiedelt war im Einklang mit seiner afrikanischen Tierwelt, zwingt uns
noch nicht, diesen Typus als den ältesten Typus anzusehen. Nichts spricht
gegen die Möglichkeit, dass zunächst der kraushaarige Typus in weiten
Erdstrichen herrschend war, dass jetzt der mittelhaarige Typus den
grössten Teil der Erdoberfläche beherrscht, und dass die Zukunft dem
straffhaarigen Typus gehören wird. Ganz besonders aber spricht die Ähn-
lichkeit der Terminalbehaarung des mittelhaarigen Typus, namentlich der
Australier, mit der Behaarung der Anthropoiden für die Ursprünglichkeit
dieses Haartypus.
Die Behaarung der drei grossen Anthropoiden, Gorilla, Schimpanse
und Orang, ähnelt ausserordentlich der Terminalbehaarung des Menschen,
weit mehr als der Behaarung niederer Affenarten. Die Meerkatzen be-
sitzen nicht Fell- sondern Pelzbehaarung, einige amerikanische Affen-
arten (Kapuziner) besitzen sogar Grannenhaare auf dem Kopf, welche
beim Menschen und den Anthropoiden völlig fehlen. Die anthropoiden
Affen besitzen eine sehr einheitliche Behaarung auf dem ganzen Körper,
während beim Menschen nur der kraushaarige Stamm einen einheitlichen
Körperhaartypus aufweist.
Die Stellung der Anthropoidenhaare in Reihen, seltener in Gruppen
bis zu sechs, entspricht der Stellung der Terminalbehaarung des Menschen
wie der Kopfbehaarung des Menschen. Die Lange der Anthropoiden-
haare entspricht der Lange der Terminalbehaarung des Menschen am
Bart. Der Orang besitzt die längsten Fellhaare, bis 50 cm lang. Beim
Menschen sind Barthaare bis zu 1,5 m Länge beobachtet worden. Nicht
nur auf dem Schädeldach sondern auch im Bart nehmen bei einzelnen
Individuen die Haare den Charakter von Dauerwuchshaaren (Mähnen-
. haaren) an. In diesem Falle persistiert das Haar jahrzehntelang auf der-
selben Papille, während gewöhnlich ein weit rascherer Haarwechsel statt-
hat. Am raschesten wechselt das Haar der kraushaarigen Rassen, langsamer
das Haar der lockenhaarigen ae, am langsamsten das Haar der
straffhaarigen Menschehrassen.
Die Dicke der Fellhaare der drei grossen Anthropoiden entspricht
der Dicke menschlicher Barthaare, die Haare der Hylobatiden sind weit
feiner und dichter gestellt. Das Streckengewicht der Fellhaare der
Anthropoiden ist gleich dem Streckengewicht menschlicher Barthaare.
Streckengewicht gleich es erectile Die Haare der Hylobatiden sind
Haarlänge
weit leichter als die obengenannten Haararten.
Der Haarquerschnitt aller Anthropoidenhaare ist einheitlich der
Querschnitt eines flachen Bandes.
Verfasser mass als Haarindex beim Orang einen Index von 67,5,
beim Gorilla 65,0, beim Schimpansen 66,0, beim Europäer Achselhaar 57,
beim Australier Schamhaar 55. Die Anthropoidenhaare stamnıten von
jugendlichen Individuen. Es ist besonders bemerkenswert, dass nicht
etwa die Fellliaare der afrikanischen Menschenaffen mit den Haaren der
afrikanischen Menschenrassen Ähnlichkeit besitzen, noch die Haare des
Orang mit denen asiatischer Menschenrassen. Kein Antlıropoide besitzt
Zeitschrift für Ethnologie. Jahrg. 1911. Heft 6. 635
978 , H. Friedenthal:
spiralgekraustes Haar. Das straffste Fellhaar besitzen im ausgewachsenen
Zustande die Schimpansenarten, nicht der Orang. Bereits die Foeten von
Schimpansen in den letzten Schwangerschaftsmonaten besitzen gerade
Haarschäfte oder solche, welche nur in einer Ebene gebogen sind. Das
Fell des jungen Gorilla ist etwas lockig, āhnlich dem Schamhaar der
poikilodermen Menschenrassen, nicht kraushaarig, wie das Haar der Neger.
Der Orang besitzt gewellteres Haar als die Schimpansen und Tschegos.
Besonders ist zu beachten, dass die Krimmung der Haarwurzel nach der
konkaven Seite des Haarschaftes bei allen Anthropoiden erfolgt, dass die
für den spiralgekrausten Menschenhaartypus spezifische Krümmung der
Wurzel nach der konvexen Seite bei keiner Tierart sich bisher auffinden
liess. Um die Einpflanzung der Haarwurzel in den Haarboden ver-
gleichend beobachten zu können, hellte Verfasser Hautstückchen mit
Karbolxylol auf. Selbst bei dickeren Schnitten lässt sich die Einpflanzung
des Haarschaftes auf diese Weise bequem beobachten. Die steifen Fell-
haare der erwachsenen Schimpansen stehen auf der Grenze zwischen
Borsten und Haaren, so dass die Ähnlichkeit mit Schweinefell-an einzelnen
Stellen des Schimpansenkörpers recht gross ist. . Die Barthaare der straff-
haarigen Menschenrassen (Ostasiaten) ähneln den Fellhaaren der Schim-
pansen. Das Terminalhaar aller Menschenrassen zeigt eine geringere
Differenzierung als die Kopfbehaarung und bleibt dem Fellhaare der
Anthropoiden teilweise ähnlicher als die Kopfbehaarung. Es finden sich
spiralgekrauste Schamhaare bei Europäern, lockige, selbst etwas krause
Schamhaare bei Ostasiaten.
Wesentlich für unsere Auffassung von der Behaarung der anthro-
poiden Affen erscheint die Entdeckung eines Flaumhaarkleides und einer
Kopfkappe der Behaarung bei einem Tschegofoetus von Seiten des Ver-
fassers. Die Anthropoiden wechseln ihr primäres Flaumhaarkleid bereits
vor der Geburt gegen ein Terminalhaarkleid um, das Wollhaarjunge der
afrikanischen Stummelaffen wechselt erst nach Beendigung der Säugezeit,
der Mensch wechselt erst zur Zeit der Pubertät sein Flaumhaarkleid auf
einem Teil der Körperoberfläche. Der Fellwechsel erstreckt sich beim
Menschen bis zum Tode.
Die Anthropoiden teilen als einzige Tierart die Glatzenbildung auf
dem Schädel mit dem Menschen. Wie die Fellbekleidung tritt auch die
Glatzenbildung bei den anthropoiden Affen weit früher auf als beim
Menschen. Dies spricht dafür, dass die Ausbildung einer sehnigen Um-
wandlung der Kopfmuskeln über dem knöchernen Schädel als Grund für
die Ausbildung einer Kopfglatze auch beim Menschen anzusehen ist.
Diese Umwandlung wird, wie die gesamte Ausbildung der Bewegungs-
maschine beim Menschen, weit später auftreten als bei den anthropoiden
Affen. Beim Gorilla ist keinerlei Glatzenbildung bekannt, beim Orang
ist die Haararmut auf dem Schädeldach bereits beim Foetus zu kon-
statieren und tragen verschiedenen Orangarten Stirnglatzen, andere
Scheitelglatzen mit Kahlheit des Fetthöckers auf dem Kopf. Beim
Schimpansen finden wir eine Kahlheit der vorderen Kopfmitte, die beim
Menschen nur bei Japanern bisher andeutungsweise aufgefunden werden
Behaarung der Menschenrassen und Menschenaffen. 979
konnte. Junge Orangs sind oft so kahl wie Menschensäuglinge. Unter
den Schimpansen ist eine Art, Anthropopithecus calvus, durch fast völlige
Kahlheit des ganzen Schädels ausgezeichnet. Auf Kultureinfliisse kann
die Glatzenbildung bei den Anthropoiden ebensowenig bezogen werden,
wie die Kahlheit der Gorillabrust und des Gorillarückens. Verfasser
verweist in dieser Beziehung auf seine früheren Ausführungen im „Haar-
kleid des Menschen“. |
Zusammenfassend können wir mit Hilfe der Haarvergleichung die
verschiedenen Menschenrassen in die drei Hauptstämme der Menschheit
eingliedern, wobei die in historischer Zeit erfolgten Vermischungen
zwischen verschiedenen Rassen, wie in Nordafrika oder Nordasien, auch
im Haarcharakter der Mischvölker zutage treten. Die Nachkommen der
Hunnen und Mongolen in Europa sind heute noch am strafferen Haar-
typus kenntlich, die Nachkommen der nordischen Einwanderer in Afrika
an ihrem längeren Kopfhaarwuchs von geringerer Krümmung. Man hat
die Regel aufgestellt, Kraushaar dominiere in der Vererbung über
Schlichthaar. Dies ist aber nicht streng richtig, sondern die Haare der
Bastarde bilden in den allermeisten Fällen Mischtypen der Elternhaare.
Ein Spalten einzelner Charaktere der Behaarung bei Mischlingen ver-
schiedener Menschenrassen ist bisher noch nicht nachgewiesen. Die ver-
gleichende Haarkunde bietet noch eine solche Fülle der Probleme, dass
die gemeinsame Arbeit vieler Forscher für die Aufhellung zahlreicher
wichtiger anthropologischer Fragen als dringende Notwendigkeit erscheint,
zumal die Grundlagen der Methodik der Haaruntersuchung jetzt gegeben
und wir imstande sind, wichtige und unwichtige Einzelheiten der Be-
haarung zu unterscheiden. |
Anhang.
Das Haar der Tasmanier wurde vom Verfasser in zwei verschiedenen
Proben untersucht. Professor v. Luschan stellte eine blonde Tasmanier-
kopfhaarprobe zur Verfügung. Professor Klaatsch schwarzes Tasmanier-
kopfhaar. Beiden Forschern sei an dieser Stelle der aufrichtige Dank
des Verfassers ausgesprochen. Von Professor Klaatsch erhielt Verfasser
auch zahlreiche Kopfhaarproben aus den verschiedensten Gegenden
Australiens, welche an anderer Stelle ausführlicher beschrieben werden
sollen. Das Kopfhaar der Tasmanier ist so gänzlich ununterscheidbar
von dem Haar der Papuas, dass ein einziges Tasmanierkopfhaar genügt,
um mit aller Sicherheit die Zugehörigkeit der Tasmanier zum Mensch-
heitsstamm mit spiralgekrausten Haaren festzustellen. Keine der sehr
zahlreichen Australierhaarproben, welche Verfasser untersuchte, zeigte
jemals ein spiralgekraustes Kopfhaar. Dieser Befund ist um so auf-
fälliger, als auf Photographien der Kopfhaarwuchs der Australier nicht
sehr verschieden erscheint von der Kopfbehaarung der afrikanischen
Negerstämme. Tasmanier und Australier gehören, wie die Haarunter-
suchungen mit aller Sicherheit ergeben, zwei verschiedenen Menschheits-
stämmen an, trotz vielfacher Ähnlichkeiten, welche auf Verwandtschaft
63*
980 H. Friedenthal: Behaarung der Menschenrassen und Menschenaffen.
schliessen liessen. Eine Verwechslung eines Australierkopfhaares mit
einem Tasmanierkopfhaar hält Verfasser nur dann für möglich, wenn
unter den Tasmaniern sich einzelne schlichthaarige Individuen befunden
haben sollten (Atavismus). Bei Papuas sind solche Individuen beschrieben
worden. Im Falle der Tasmanier genügte ein Haar eines Individuums
einer ausgestorbenen Menschenrasse, um die Stammeszugehörigkeit mit
aller Sicherheit feststellen zu können.
Sitzung vom 16. Dezember 1911.
Vortriige:
Hr. Harbort: Ein menschliches Skelett aus dem Kalktufflager von Walbeck
in Braunschweig.
Hr. Carl Schuchhardt: Ausgrabungen neolithischer Häuser bei Lissdorf,
Kreis Naumburg. Mit Lichtbildern. -
Vorsitzender: Hr. Hans Virchow.
(1) Der Vorsitzende erstattet satzungsgemäss den
Verwaltungsbericht für das Jahr 1911.
Die Zahl der Ehrenmitglieder, sieben, ist unverändert geblieben. Die
der korrespondierenden Mitglieder beträgt 113, indem eins, Prosdocim,
in Este gestorben und zwei hinzugekommen sind: Bamler in Deutsch-
Neuguinea und Romiti in Pisa’),
Von den ordentlichen Mitgliedern sind die immerwährenden die
gleichen geblieben; wir zählen ihrer 12 lebende. Von den jährlich
zahlenden ordentlichen Mitgliedern haben wir durch den Tod
verloren 12, durch Austritt und Streichung wegen Beitragsver-
weigerung 28, zusammen 40. Die Namen der Verstorbenen sind: die
Herren Berwerth, Bolle, Davidsohn, Fränkel, Horwitz, Körner,
Lucae, Madsen, Messerschmidt, Morwitz, Remak, Schmidt. Der
Zugang an neuen Mitgliedern beträgt 95, so dass wir nach Abzug der
Verluste eine Vermehrung um 55 hatten. Die Gesamtzahl der jährlich
zahlenden ordentlichen Mitglieder ist 776. Die Zahl der weiblichen
ordentlichen Mitglieder ist 37.
Der Herr Unterrichtsminister hat auch in diesem Jahre die Be-
strebungen der Gesellschaft durch einen Staatszuschuss von 1500 M unter-
stützt, wofür an dieser Stelle der Dank ausgesprochen sei.
Von der Zeitschrift für Ethnologie wird der diesjährige Band etwa
die gleiche Stärke wie gewöhnlich erreichen. Die beiden letzten Hefte
werden u. a. eine ausführliche Arbeit von Robert Beltz-Schwerin ent-
halten über die Latenefibeln, welche als fünfter Bericht der Kommission
für prähistorische Typenkarten erscheinen wird. Es wird darin eine
1) Nach der Dezembersitzung, am 20. Dezember, ist noch Herr Topinard in
Paris gestorben, so dass die Zahl der korrespondierenden Mitglieder am Schluss
des Jahres 112 war.
982 Verwaltungsbericht.
schon von Lissauer begonnene Arbeit zu Ende geführt, was uns mit
doppelter Befriedigung erfüllt.
Die Prähistorische Zeitschrift hat mit einer Fülle von interessanten
Mitteilungen unsere Anschauungen bereichert und dadurch in erfreu-
licher Weise für unsere Gesellschaft geworben.
Die Zahl der Sitzungen betrug wie im vorigen Jahre 15; darunter
10 ordentliche, eine ausserordentliche, 2 anthropologische Fachsitzungen
und 2 prähistorische Fachsitzungen. Die letzteren wurden durch die
Herren von Luschan und Olshausen geleitet. Die Zahl der Vorträge
war 26. Als auswärtigen Vortragenden hatten wir die Freude, Herrn
R. R. Schmidt aus Tübingen über seine ausgedehnten Erfahrungen auf
dem Gebiete der westeuropäischen paläolithischen Funde sprechen zu
hören.
Von wissenschaftlichen Vorführungen waren vier geboten: eine Vor-
stellung der Samoanertruppe in Castans Panoptikum mit Erläuterungen
des Hrn. Augustin Kraemer, eine Erklärung der Funde von Cucuteni
in der prähistorischen Abteilung des Museums für Völkerkunde durch
Hrn. Hubert Schmidt, eine Besichtigung der Ausstellung „Nordland“, zu
welcher die Herren Regener, Planert, Crahmer und Solberg Vor-
träge vorbereitet hatten, und ein Vortrag in der Urania, welchen Herr
Berndt hielt und zu welchem Herr Görke eingeladen hatte. Allen
genannten Herren sei an dieser Stelle herzlich gedankt. Die zahlreiche
Beteiligung an diesen Veranstaltungen hat gezeigt, dass unseren Mit-
gliedern eine solche Ergänzung unserer Bestrebungen erwünscht ist. Zu-
gleich hat sich aber auch eine gewisse Schwierigkeit herausgestellt, bei
dem glücklich gestiegenen Umfang der Gesellschaft nicht nur den Mit-
gliedern selber, sondern auch, wie ja bei derartigen Gelegenheiten ge-
wünscht wird, auch ihren Angehörigen die Beteiligung freizustellen.
Unser Sommerausflug nach Brandenburg und Grosswusterwitz ge-
staltete sich besonders lehrreich durch die Besichtigung der umfangreichen
Sammlungen der Herren Stimming, Vater und Sohn.
An dem diesjährigen Anthropologischen Kongress, welcher mit seinem
reichen Programm nicht weniger wie zehn Tage füllte, nahmen viele von
uns teil. Auf dem Rassenkongress in London war die Gesellschaft durch
Herrn von Luschan vertreten.
Von erfolgreichem längeren Aufenthalt im Auslande sind heimgekehrt
Herr und Frau Seler und Herr Max Schmidt, von welchen wir dem-
nächst Vorträge erhoffen; auf Forschungsreisen abwesend sind von Mit-
gliedern die Herren Frobenius, Speiser, Fritz Sarasin, Koch-
Grünberg. |
Über die Bibliothek berichtet Herr Maass, dass der Bestand an
Büchern durch Zugang von 191 Nummern auf 11568, der an Broschüren
durch Zugang von 251 auf 4113 gewachsen ist. Gebunden wurden von
Büchern 158 Bände, von Broschüren (253 Stück) 74 Sammelbände, von
Zeitschriften 91 Bände, im ganzen 323 Bände.
In unserer Photographiensammlung ist die Stagnation unter dem
energischen ordnenden Zugreifen ihres zurückgekehrten Verwalters einem
Verwaltungsbericht. 983
mächtigen Aufschwunge gewichen. Es ist darüber folgendes zu berichten:
Die Photographiesammlung hat gegenwärtig einen Bestand von 11164
katalogisierten Einzelbildern. Das bedeutet gegenüber dem Abschluss
von Ende 1910 einen Zuwachs von 471 Stück. Hierbei ist jedoch zu
berücksichtigen, dass während der Abwesenheit unseres Verwalters der
Photographiesammlung, Herrn Neuhauss, in den Jahren 1908 bis 1910,
die einlaufenden Bilder überhaupt nicht katalogisiert wurden, so dass sich
der Zuwachs von 471 Blatt auf einen Zeitraum von mehr als drei Jahren
verteilt.
Ausserdem erhielt unsere Photographiesammlung von Herrn Neu-
hauss als Geschenk in diesem Jahre eine Gesamtauflage seiner in Neu-
guinea gefertigten anthropologischen und ethnographischen Aufnahmen:
1028 Stück auf 134 Tafeln in sechs Mappen.
Die oben erwähnte Zahl von 11164 Einzelbildern gibt übrigens keine
annähernde Vorstellung von der Vollständigkeit unserer Sammlung, da die
in besonderen Mappen und Bänden vereinigten Sammelwerke, wie z. B.
dasjenige von Neuhauss, im Katalog immer nur unter einer einzigen
Nummer geführt werden.
Alles in allem enthält unsere Sammlung gegenwärtig rund 15 000 Auf-
nahmen. |
Dagegen haben die Arbeiten an der Skelettsammlung im wesentlichen
geruht, was hauptsächlich dadurch veranlasst war, dass Frau Futterer,
welche diesem Besitz unserer Gesellschaft ihre Tätigkeit gewidmet hatte,
sich wieder verheiratet und Berlin verlassen hat. Doch hofft Herr
von Luschan einen Nachfolger binnen kurzem so weit ausgebildet zu
haben, dass er die Arbeit zu Ende führen kann.
An dem Jagorwerk konnte stetig weiter gearbeitet werden, indem
Herr Planert noch ausschliesslicher als früher in die Lage gesetzt wurde,
sich mit dieser Aufgabe zu befassen. Nach seiner Mitteilung sind ausser
den Jagorschen Abbildungen und Photogrammen (63) etwa 120 Zeich-
nungen angefertigt worden. 175 Blatt Manuskript (Reichsformat) sind
druckfertig. Sie beziehen sich auf MalaSer, Kader, Känikkärer, Maleiyalı,
Wodde, Marawer, Sanar und Tiyer, Badagaru und Kötaru. Es ist noch
zu schreiben der Schluss des Kapitels über Todaru sowie die Kapitel
über Prähistorie, Religion und Kondh.
(2) Der Schatzmeister, Hr. Sökeland, erstattet den statutenmiissigen
Rechnungsbericht für das Jahr 1911.
Einnahmen.
Hauptkasse.
E y aoi rn ea u a a eu, er 1318 Mk. 25 P’fg.
LAM USZUSCIUGS” rear. ae a aan welt es ee ee ee Ea 1500 , — ,
Depotzinsen!. a & 4 2 0. wale ee E a OE ER ee wee SSS 276 , 23 ,
Mitgliederbeiträge für 1911 .........2..0.2. 80080 15429 , — ,
5 a AIO e ER eet, Er a e ve a 100 , — ,
Prähistorische Zeitschrift... 00 0 0 ee ee ew ee et te 3224 p — a
Einnahmen zusammen . . 21 847 Mk. 50 Pfg.
984 Rechnungsbericht.
Maass-Stiftung.
Bestand 2 ae ae ei un a aa Hr TEE 210 Mk. — Pig.
Von Herrn Maass . 2. 2.2 2 2 2 2 een. a a Air ech Soch Bo, HI p
Verkauf von Effekten ....... be We Ba hae e eg ee IS ei Se e
Zinsen . 2... Ke Ae gë rh en ea a eh 297. W
8 861 Mk. 35 Pf.
Bestands ee Sear. ng se Wg ee ee Ee ee Ss 663 Mk. 01 Pte.
` 663 Mk. 01 Pfe.
Bestand.” 5 220 ae 8 ne AE ive we a wa a te ee Ss ee 3904 Mk. 25 Pie.
| 5034 Mk. 20 Pre.
Bestand. u... 2: 800 0.80 Gy Sah a RE ee, he ee A oh ge RA 31 Mk. 35 Pfr.
Von der Hauptkasse zurück . 2 2 2 2 ee nern. | 212 0% vx
ek E EE EENEG 525 ` — a
1108 Mk. 97 Pte.
Ausgaben.
Hauptkasse.
William Schönlank-Stiftung zurück . . 2.2. 2 2 er ee ee 212 Mk. 62 Pty.
Ankauf von Effekten. . 2... m mr ren. 2121 , 80 .
Mieter. test sis ica tae Ye, Gy cae Gee Gh, e a e a dë a Gs gr a 600 , 50 ,
Einläduneen e gece te 8 So a ee Baier E 339 , 10 „
Registern 4.2: ee ar e ee e ee er Be 100, — ,
Ports. and Fracht@tw x soi # 28.2 ce we e a ae Feen 1566 „ 0 .
Buchbinder -e 22 Aë, A es Se ar Ke a A ea A : 41,8.
Bureau und Schreibmaterial . . 2 2 2 2 m vr nn nen 270 , 30 „
Remunerationen . wu. Ee We ee a Bw N 220 » — e
An Behrend & Co: ,
Für überzählige Bogen ... 2... 2 we ee ee ee ee e 1022 , OF ,
Ankauf von Exemplaren ...... 22 2 ren 3492 „ — p
Abschläagszahlüng: x 2 5 Sw a 0 2 ua Bu a ua 4 es 4500 , — ,}
Wissenschaftliche Arbeiten und Gegenstände. . . .. 2.2... 156 „ Dä -
Prähistorische Zeitschrift... . 2 2 2.0. 0.. Behe er EE 6326 , 55 ,
Verschiedene Ausgaben . 2 snaa ee 248 , 45 ,
Bestand. 2-278. be I EE 178 , 16 „
21 847 Mk. 50 Pfg.
Maass-Stiftung. :
DEUE were Gc: eeepc E ee, ee en Ae eis tae Se ER 500 Mk. — Die,
Ankauf von Effekten . 2. 2 2 6 0 6 eee ee ew ee 7853 , 8 ,
Bestun A <g> glee te eg Ve a ae eS A ee er E WI , 50 .
8 861 Mk. 35 Pfg.
Schiidel-Sammlung
Verausingt e 4 30.0 Ed Be er Re 184 Mk. 95 Pfg.
Bestand u u ne ne ae Re en ES Sas 478 „ 06 „
663 Mk. 01 Die,
Jagor-Stiftung.
Veruuslast si: 22 2 aa Er en er Oe EEE . 1832 Mk, 85 Pfg.
E E ME EE EE e e ER 1701 „ 40 „
3534 Mk. 25 Pfe.
Wahl des Vorstandes. 985
William Schönlank-Stiftung.
Für die Bibliothek verausgabt . . 2 2 2 2 2 2 e 2 2 nr en 2 en 433 Mk. 91 Pfe
Bestand ..... Be a Er EE 615, OO,
1108 Mk. 97 Pfg.
Das Kapitalvermögen besteht aus:
L den verfügbaren Beträgen
a) Neue Berliner 3'/, prozentige Pfandbriefe . . 24600 Mk.
b) 34, prozentige Berliner Stadtanleihe. . . . . 13600
cl 31%, 5 5 Stadtobligationen . . 8000
2. dem eisernen Fonds, gebildet aus den einmaligen
Zahlungen von je 300 Mk. seitens 17 immer-
währender Mitglieder, angelegt in 3'/, prozentigen
Neuen Berliner Pfandbriefen. ......... 5 100
3. der William Schönlank-Stiftung, in 3'/, prozenti-
gen Neuen Berliner Pfandbriefen angelegt . . . 1500 ,
4. der Maass-Stiftung, angelegt in 3'/, prozentigen
Neuen Berliner Pfandbriefen ........ 8 500
Summa 74800 Mk.
Der Ausschuss hat durch die beiden satzungsgemäss bestellten
Revisoren, die Herren Friedel und Minden, die Rechnung prüfen lassen
und ihrem Antrage entsprechend dem Vorstande in der Dezembersitzung
Entlastung erteilt.
Der Vorsitzende spricht dem Herrn Schatzmeister den Dank der Ge-
sellschaft aus, ebenso den Herren Maass für die Verwaltung der Bibliothek
und Neuhauss für die der Photographiensammlung.
(3) Wahl des Vorstandes für das Jahr 1912.
Hr. von den Steinen hat es aus (esundheitsrücksichten abgelehnt,
in irgend einer Form im Vorstande zu bleiben, sei es als wiederzuwählender
Vorsitzender, sei es als Stellvertreter. Der Vorsitzende bringt das leb-
hafte Bedauern der Gesellschaft und seiner selbst über diesen Entschluss
zum Ausdruck. Der Vorstand ist übereingekommen, insbesondere auch
auf Anraten des Herrn von den Steinen, Herrn Seler an Stelle des
letzteren als Stellvertreter in Vorschlag zu bringen. Auf Antrag des Herrn
Magnus wird die Wahl des Vorstandes durch Zuruf vollzogen, wobei
Hr. Seler an die Stelle des Herrn von den Steinen gesetzt und die
übrigen Mitglieder wiedergewählt werden.
Der Vorstand hat demnach folgende Zusamniensetzung: Vorsitzender
Hans Virchow, Stellvertreter des Vorsitzenden Schuchhardt und Seler,
Schriftführer von Luschan, Neuhauss, Träger, Schatzmeister
Sökeland.
Der Vorsitzende dankt im Namen des gesamten Vorstandes.
(4) Hr. Hans Virchow erstattet den folgenden Bericht über den
Stand der Rudolf Virchow-Stiftung für das Jahr 1911.
Der Vorstand hielt eine Sitzung ab: am 12. Dezember.
Es sei zunächst über die schwebenden Unternehmungen aus früheren
Jahren berichtet.
986 Rudolf Virchow-stiftung.
1. Hr. Wiegers (s. vorjährigen Bericht S. 983) ist auch in diesem
Jahre nicht dazu gekommen aus Riicksicht auf seine Gesundheit, die
Untersuchungen über die diluvialen Fundstätten des Menschen, fiir welche
ihm 1000 M gezahlt waren, auszuführen. Da inzwischen die gleiche Auf-
gabe in erfolgreicher Weise durch R. R. Schmidt in Arbeit genommen
ist und ein ausführliches Buch des letzteren in Aussicht steht, so hält es
Hr. W. für förderlicher, sich einer anderen sehr dringenden Aufgabe zu-
zuwenden, nämlich der geologischen Untersuchung der Hauserschen
Fundplatze in der Dordogne. Der Vorstand hat sich mit dieser Änderung
der Aufgabe einverstanden erklärt.
2. Hr. Hubert Schmidt hatte bereits im vorigeu Jahre seine er-
folgreiche Grabung in Cucuteni abgeschlossen (s. vorjährigen Bericht S.983).
Inzwischen sind die von dort zu uns gelangten Funde gesichtet und ge-
säubert und aus den Scherben eine Anzahl höchst ansehnlicher und
wichtiger Gefässe zusammengesetzt worden. Diese, mit anderen Fund-
objekten zu einer wertvollen Sammlung vereinigt, wurden als Geschenk
seitens der Stiftung an das Museum für Völkerkunde übergeben. Herr
Schmidt hat in der Junisitzung über seine Ergebnisse berichtet (s. S. 582).
Die Absicht des geschickten Bodenforschers, auch in Macedonien Nach-
forschungen anzustellen, wovon schon im vorjährigen Bericht gesprochen
wurde, liess sich zunächst schon deswegen nicht ausführen, weil derselbe
eine ernstlichere Erkrankung durchmachte, von welcher er glücklicher-
weise vullkommen wiederhergestellt ist. Inzwischen war die bereits er-
wirkte Erlaubnis zu einer Ausgrabung verfallen. Dieselbe von neuem
nachzusuchen schien zurzeit nicht ratsam im Hinblick auf die augenblick-
lichen politischen Zustände in jener Gegend. Herr S. hatte nach Aus-
weis seiner genau geführten Rechnungen von der ihm zur Verfügung ge-
stellten Summe noch 1432,03 M übrig behalten. Hiervon sind im Laufe
dieses Jahres für photographische Aufnahmen und Zeichnungen 538,85 Æ
mit Bewilligung des Vorstandes verausgabt worden. Der Rest von 893,18 Æ
wurde in den Händen des Herrn Schmidt belassen, um gegebenenfalls
bei einer nächstjährigen Unternehmung Verwendung zu finden, welche ge-
eignet wäre, um über den durch die früheren Untersuchungen erschlossenen
Formenkreis weiteres Licht zu verbreiten.
3. Über Herrn Hantzsch war im vorigen Jahre berichtet worden,
dass er am 26. September 1909 Schiffbruch erlitten und dabei fast seine
ganze Ausrüstung verloren hatte (s. vorjährigen Bericht S. 984). Er hatte
dann den Winter 1909 auf 1910 als Gast des Missionars Greenshield in
Blacklead Island am Cumberland Golf in Baffins Land zugebracht, hat
sich aber durch den Verlust seiner Hilfsmittel nicht abhalten lassen, seine
Pläne weiter zu verfolgen. Er ist am 23. April 1910 ins Innere auf-
gebrochen in Begleitung von elf Eskimos, von denen allerdings vier
Kinder waren, das jüngste !/, Jahr alt. Das Reisen in dieser Form, im
Anschluss an Familien, ist das billigste. Es mussten drei sehr schwere
Schlitten mitgeführt werden, je einer für ein schweres Boot, für die Vor-
räte und für die Kinder und Ausrüstung. Hierzu waren gegen 30 Hunde
nötig. Mehrere Berichte des Reisenden sind in der Sonntagsbeilage des
Rudolf Virchow-Stiftung. 987
Dresdener Anzeigers erschienen, der letzte in der Nummer vom 8. Ok-
tober 1911; er ist datiert vom 10. August 1910 und geschrieben in
Tikkerakdjuk, einem Platze am Netschilling oder Kennedysee. Hierin
wird berichtet, dass die Reisenden anfangs sehr durch Neuschnee, dann
durch die Schneeschmelze zu leiden hatten, dass dann im Hochsommer
die Wärme lästig und die Moskitoplage unerhört war. H spricht aber
befriedigt von den empfangenen Eindrücken, insbesondere der Tierwelt.
Seine Absicht ging dahin, mit zwei der ihn begleitenden Eskimofamilien
bzw. neun Personen weiter nach Westen zu ziehen und am Foxkkanal
den Winter von 1910 auf 1911 zuzubringen.
4. Das Buch des Herrn Sergio Sergi über die aus dem Nachlass
von Rudolf Virchow stammenden abessinischen Schädel, zu dessen
Herausgabe die Stiftung beigetragen hat, ist noch nicht erschienen (s. vor-
jährigen Bericht S. 984.) |
5. Das gleiche gilt von dem Buche des Herrn Maximilian Mayer
über süditalische Altertümer (s. vorjährigen Bericht S. 984).
6. Hr. Carthaus hat seinen Berichten über die Ausgrabung in der
Veledahöhle, welche bis zum Schlusse des vorigen Jahres vorlagen (s. vor-
jährigen Bericht S. 984), das Fundverzeichnis und Skizzen der Topographie
der Höhle folgen lassen. Daraufhin wurde ihm die Summe von 100 Æ
zur Begleichung eines Kostenrestes gezahlt. Hr. Carthaus hat alsdann
über die Ergebnisse seiner Ausgrabung in der Sitzung vom 29. April
einen Vortrag gehalten (s. S. 315), welcher in der prähistorischen Zeit-
schrift (s. dort III. Bd. S. 132 bis 144) erschienen ist. Daselbst sind
auch die am meisten charakteristischen Fundstücke auf einer Tafel ab-
gebildet. Die Scherben, welche im vorjährigen Bericht als römische be-
zeichnet wurden, sind nach dem Urteile des Herrn Dragendorff karo-
lingisch bzw. merovingisch. — Der Mavistrat der Stadt Dortmund hat auf
Antrag des Direktors des Städtischen Kunst- und Gewerbe-Museums, des
Herrn Baum, durch Schreiben vom 16. Februar darum gebeten. dass die
Funde aus der Höhle dem genannten Museum überwiesen werden. Der
Vorstand hat dementsprechend beschlossen. Hr. Carthaus ist mit der
Überweisung einverstanden.
7. Hr. Kluge hat seine Absicht, die Lazische Sprache grammatika-
Iech aufzunehmen (s. vorjährigen Bericht S. 985), erreicht. Seine Arbeit
wird demnächst in den Abhandlungen der „Göttinger gelehrten Gesell-
schaft“ gedruckt werden, und ausserdem wird eine russische Übersetzung
in der Sammlung von „Materialien zur Kenntnis der Sprachen und
Stämme .. .“ erscheinen.
8. Herr Köhl hat über seine Grabungen auf neolithischen Wohn-
plätzen in der Pfalz (s. vorjährigen Bericht S. 985) in Nr. 9 bis 10 des
Korrespondenzblattes des Gesamtvereins der deutschen Geschichts- und
Altertumsvereine für 1911 (S. 401 bis 406) berichtet und kurze briefliche
Angaben folgen lassen. Es ist ihm jetzt in 43 Fällen gelungen, Über-
schneidungen von Wohngruben mit verschiedenen keramischen Stilen zu
finden, auf Grund wovon die Reihenfolge der vier bandkeramischen
Perioden ganz sicher festgestellt ist; und zwar folgen einander als älteste
YRS Rudolf Virchow-Stiftung.
die Hinkelsteinperiode, dann Réssener, dann Grossgartacher und zuletzt
Spiral-Mäanderkeramik. — Herr Köhl hat versprochen, nach Abschluss
der Grabungen eine Auswahl von Scherben der verschiedenen Perioden
sowie Photos zur Verfügung zu stellen.
9. Von dem Reisewerk des Herrn Neuhauss sind zum Jahresschluss
der erste und zweite Band erschienen, nachdenı der dritte, welcher Be-
richte von Missionaren enthielt, schon früher herausgekommen war. Von
den beiden Bänden enthält der erste 34 Kapitel Text, zwei Nachträge und
einen Anhang sowie 334 Abbildungen und eine Karte; der zweite ist mit
764 Abbildungen und gleichfalls einer Karte ein grundlegender Völker-
typenatlas von Deutsch-Neuguinea. Nach Vollendung des Werkes ist ver-
sprochenermassen ein zweites Mal die Summe von 3500 Æ an die Verlags-
handlung gezahlt worden.
10. Hr. R. R. Schmidt hat seine Studienreise zum Besuche von
Museen und paläolithischen Fundplätzen beendigt (s. vorjährigen Bericht
S. 986). Er hat darüber in der Novembersitzung berichtet (s. S. 945).
Hr. Schmidt hat der Stiftung als Entgelt eine wertvolle Sammlung von
150 paläolitlischen Steingeräten auf neun Kartons von verschiedenen
Fundorten aus Frankreich, Belgien und England überwiesen, welche von
dieser als Geschenk an die prähistorische Abteilung des Museums für
Völkerkunde abgegeben worden ist. — Eine wichtige Folge dieser Reise
ist es, dass Hr. Schmidt zusammen mit Herrn Marcel de Puydt in
Lüttich eine Neubearbeitung des Geräteinventars von Spy in Angriff ge-
nommen hat. — Herr S. ist auch in der glücklichen Lage gewesen, sich
an der Entdeckung einer neuen Höhle mit Tierzeichnungen und an einer
Grabung in Nordspanien beteiligen zu können. Die Veröffentlichungen
über diese Originalarbeiten werden an anderen Orten erfolgen.
Neue Bewilligungen.
l. An Herrn Dr. Theodor Kluge wurden weitere 700 A gezalılt,
diesmal zum Studium der Mingrelischen Sprache.
2, An Herrn Rob. Rud. Schmidt wurden weitere 2000 M gezahlt,
um sein Programm, eine umfassende Übersicht über die paläolithischen
Funde und Fundplätze zu gewinnen, vervollständigen zu können. Seine
Reiseziele liegen diesmal im Osten.
3. Herrn Wilh. Müller wurden 5000 æ bewilligt zur Unterstützung
einer Reise nach dem Osten des Malaiischen Archipels. Die Reise selbst
geschieht im Auftrage der Generalverwaltung der Königlichen Museen und
hat den Zweck, die Sammlungen des Museums für Völkerkunde zu ver-
vollständigen. Die von der Stiftung gewährte Unterstützung aber soll dem
Reisenden Gelegenheit bieten zu längerem Aufenthalt an solchen Stellen,
welche für sprachliche, soziale, religiöse usw. Fragen geeignet sind.
Etwaiges anthropologisches Material hat Hr. Müller zugesagt der Stiftung
auszuliefern.
Da die Einnahmen aus Zinsen bis zum 31. Dezember 11 103,65 A
betragen werden, und da vom vorigen Jahre her ein Überschuss von
1339,50 M vorhanden’ war, so hätten 12443,15 Æ zur Verfügung ge-
Rudolf Virchow-Stiftuny.
989
standen. Hiervon wurden gezahlt gemäss früheren Zusicherungen 100 Æ an
Herrn Carthaus und 3500 Æ an den Verleger des Herrn Neuhauss; gemäss
neuen Bewilligungen 700 # an Herrn Kluge,
2000 Æ an Herrn Schmidt
und 5000 & an Herrn Müller, zusammen 11300 A. Es verbleibt mithin
ein Rest von 1143,15 Æ. Doch ist in Betracht zu nehmen, dass an Herrn
Sergi und Herrn Mayer die oben erwähnten Zusicherungen gemacht sind,
für deren Einhaltung eine bare Summe zur Verfügung stehen muss.
Jahresrechnung der Rudolf Virchow-Stiftung für das Jahr 1911.
Effektenbestand.
Ende 1910 besass die Stiftung:
a) in das Staatsschuldbuch eingetragen:
3 proz. Preussische Konsols ...... . 111 500,— Mk.
31/, proz. 5 REN 112 30, —
b) in das Reichsschuldbuch eingetragen:
3proz. Deutsche Reichsanleihe ...... EE
c) bei der Reichsbank deponiert:
3'/, proz. Berliner Stadtanleihe. ..... 3 000,— Mk
4 proz. TERRE 4 000, — ,
31, proz. Westfälische EE , « (IR ,
4 proz. x is : 1000.— ,
d) bei Delbriick, Schickler & Co, deponiert:
4 proz. Westfälische Provinzanleihe ........2..
An dem Bestande von ........ ae ae ee eee
hat sich im Jahre 1911 nichts geändert.
Von diesen Effekten sind am 31. Dezember 1911:
L in das Staatsschuldbuch eingetragen:
auf Konto (3 pCt.) V.795: 3 proz. Preussische
Konsols .... . Èi Ss e eS e e e, 111 500,— Mk.
auf Konto (3'/, pCt.) V. 3510: 31/, proz.
Preussische Konsols . .. . . 5.3, 4 112330,— ,,
2. in das Reichsschuldbuch eingetragen:
auf Konto (3 pCt.) V.520: 3 proz. Deutsche Reichsanleihe
3. bei der Reichsbank deponiert:
lt. Depotschein 1035934: 31/, proz. Berliner
Stadtanleihe . . 402 er ENN 2 we wes 4000,— Mk.
lt. Depotschein 13359355: 34/, proz. Berliner
Stadtanleihe ..... ae Se Gee ar 1000,,— ,
It. Depotschein 1576602: 4 proz. Berliner
Stadtanleihe ........ 4000,— ,
It. Depotschein 1035936: Mis proz. W Gt
fülische Provinzialanleihe. . . . . GO00— ,
lt. Depotschein 1369362: Ə3!/; proz. W est-
fälische Provinzialanleihe . . .. ha’ 53000, — ,
lt. Depotschein 1372440: "Hl proz. West-
fälische Provinzialanleihe. ...... 9000, — ,
It. Depotschein 1445414: 4 proz. West-
fälische Provinzialanleihe. . . 2... -. 1W,— „
4. bei Delbrück, Schickler & Co. deponiert (nach einem Be-
schluss des Vorstandes als Spezialreservefonds für eine
grössere Unternehmung ausgeschieden):
4 proz. Westfälische Provinzialanleihe It. Depotverzeichnis
vom 931. Dezember 1911
zusammen .
223 850.— Mk.
21200,— ,
83000, — ,
DW.—
333 050,— Mk.
SI.
IOWA y |
od 090,— Mk.
940 Rudolf Virchow-Stiftung.
Das Barguthaben der Stiftung bei dem Bankhause Delbrück,
` Schickler & Co. betrug ausweislich des Rechnungsauszuges vom
31. Dezember 1910. . . sses asese. ee ee Arte 1339,50 Mk.
und beträgt am 31. Dezember 1911 . .. 2 22220200. 1 170,30 ,
Im Rechnungsjahre 1911 waren folgende
Einnahmen
zu verzeichnen:
a) an Zinsen:
1. von den bei der Reichsbank bzw. Delbrück,
Schickler & Co. deponierten und in das Staats-
bzw. Reichsschuldbuch eingetragenen Effekten
(2./1., 18./3., 20./3., 20./6., 27./6., 10.9., 20./9.,
19212: Wee a o a ee «e e . 10998,25 Mk.
d. von Delbrück, Schickler & Co. in laufender
Rechnung 9 3-2 e EN esee A 135,94 „ 11 134,19 Mk.
Den stehen gegenüber folgende
Ausgaben:
a) Für Stiftungszwecke:
1. Zahlung an Dr. Carthaus ........ 100,— Mk.
2, š „ Professor Neuhauss. .... i 3 500, — ,
3. us & DE Schmidt: sei 8:4 2,5% 200,— p»
4. = eg Dr Klüp 523 Se 8.228 2 TOL ,
A = „ Dr. Müller ....... ee 9000,— , 11 300,— Mk.
b) Allgemeine Ausgaben:
Porti und Spesen an Delbriick, Schickler & Co.
(306; m 3I ea i ae Rela Beet aes 3,39,
11 303,59 Mk.
Barguthaben am 31. Dezember 1910 ......... 1 339,50 Mk.
Einnahmen im Rechnungsjahr 1911 ......... 11 134,19 „
12 473,69 Mk.
Ausgaben im Rechnungsjahr 1911 .......... 11 303.39 „
Barguthaben der Stiftung am 31. Dezember 1911 .. 1 170,30 Mk.
Das Gesamtvermögen der Stiftung
besteht demnach am 31. Dezember 1911:
a) aus Effekten im Nominalbetrage von... . 353000,— Mk.
b) aus dem Barguthaben bei Delbrück, Schickler
RIED: 6 ee E ee NS genee SC 1170,30 ,
Der derzeitige Effektenbestand der Stiftung im Gesamtbetrage von nom.
599 050,— Mk. wird für das Jahr 1912 einen Zinsbetrag von zusammen 11 043,25 Mk.
ergeben, und zwar:
111 500 Mk. 3 proz. Preussische Konsols ergeben Zinsen 3 340,— Mk.
112300 „ 8Y: proz. e s e e 3332,20 .
21200 „ 38proz Deutsche Reichsanleihe , e 636,—- x
5000 „ 3; proz. Berliner Stadtanleihe ` o Uh -
4 000 D 4 r mn n n r 160.— .
13000 , D! proz. Westfäl. Prov.-Anleihe „ a 2 555, -
GOW. t proz. 2 S o e 210,— >
zusammen 333050 Mk. ergeben Zinsen 11 048,25 Mk.
Berlin, den 31. Dezember 1911.
Ludwig Delbriick.
Rudolf Virchow-Plaketten-Stiftung. 991
(5) Der Vorsitzende macht die nachfolgende Mitteilung über die
Rudolf- Virchow-Plaketten-Stiftung.
Ich habe der Gesellschaft Mitteilung zu machen von einer Schenkung.
Was in den Worten des vorjährigen Herrn Vorsitzenden verheissungsvoll
angekündigt war: „Herr Georg Minden hat sich bereit gefunden, der
Gesellschaft eine alljährlich zu verleihende Rudolf-Virchow-Plakette zu
stiften, und seine kunstsinnige Gattin will es sich besonders angelegen
sein lassen, für die reizvolle und edle Ausgestaltung der Plakette Sorge
zu tragen“ — was in diesen Worten ausgesprochen war, ist der Erfüllung
entgegengereift, ja ist bis auf eine zu erledigende Formalität schon Wirk-
lichkeit. Die Plakette steht vor uns, und nachdem sie vollendet war, hat
Herr Minden die Stiftungsurkunde entworfen, welche ich verlese:
„In dem Wunsche, die der Berliner Gesellschaft für Anthropologie,
Ethnologie und Urgeschichte zur Verfügung stehenden Auszeichnungen
(Ehrenmitgliedschaft, Goldene Medaille und korrespondierende Mitglied-
schaft), durch welche die Genannte die in ihren Wirkungskreis fallenden
Verdienste belohnen kann, zu vermehren, stelle ich die Mittel für die
Verleihung einer bronzenen Plakette zur Verfügung, welche der Er-
innerung an Rudolf Virchow, den verewigten Ehrenpräsidenten der
Gesellschaft dienen soll.
Hierzu bestimme ich die Summe von 7000 (siebentausend) M und
bitte die Gesellschaft, diese Summe als Schenkung anzunehmen und die
Landesherrliche Genehmigung zur Annahme herbeizuführen.
Die Stiftung soll den Namen führen: Rudolf-Virchow-Plaketten-
Stiftung der Berliner Gesellschaft für Anthropologie, Ethnologie und Ur-
geschichte. |
Ich treffe hierfür folgende Bestimmungen:
§ 1.
Das Vermögen der Stiftung wird von dem Vorstand der Berliner Ge-
sellschaft fiir Anthropologie, Ethnologie und Urgeschichte gesondert ver-
waltet. Über die Verwaltung wird der Gesellschaft alljährlich Rechnung
erstattet.
§ 2.
Aus dem Kapital werden die Kosten fiir die Herstellung einer bron-
zenen Plakette bestritten, welche nach den vom Stifter in Uberein-
stimmung mit dem Gesellschaftsvorstande getroffenen Angaben von dem
Bildhauer Professor Hugo Kaufmann zu Westend hergestellt worden
ist. Ebenso wird aus dem Kapital der für die Herstellung des Guss-
modells und der ersten zehn zu Verleihungen bestimmten Abgüsse nötige
Betrag entnommen; der Rest wird in miindelsicheren Papieren zinsbar
angelegt. Die Zinsen werden aufgespart, um für den Guss der später
nötig werdenden Abgüsse verwendet zu werden.
§ 3.
Die Plakette wird verliehen als Anerkennung hervorragender
Leistungen auf einem der von der Gesellschaft gepflegten oder auf einem
99? Rudolf Virchow-Plaketten-Stiftung,.
verwandten wissenschaftlichen Gebiete oder fiir bedeutende Verdienste
um die Gesellschaft selbst. Sie soll in der Regel alljahrlich zur Ver-
teilung gelangen mit Ausnahme derjenigen Jahre, in denen die Verleihung
der goldenen Medaille stattfindet, also in drei Jahren zweimal. Falls
jedoch in einem Jahre eine Veranlassung zur Auszeichnung nicht vor-
liegt, fliessen die ersparten Zinsen dem Stiftungskapitale zu.
§ 4.
Uber die Verleihung der Plakette entscheiden Vorstand und Ausschuss
der Gesellschaft in gemeinschaftlicher Sitzung; das Ergebnis ist in einer
der drei auf den Geburtstag Rudolf Virchows folgenden Sitzungen der
Gesellschaft zu verkünden.
Der Stifter behält sich auf Lebenszeit das Recht vor, bei der Ab-
stimmung über die Verleihung mitzustimmen, auch wenn er den beiden
vorgenannten Kollegien nicht angehören sollte.
§ 5.
Erweiterungen und Anderungen dieser Bestimmungen dirfen nur
nach Massgabe des § 40 der Satzungen der Berliner Gesellschaft fir
Anthropologie, Ethnologie und Urgeschichte vom 19. April 1889 vor-
genommen werden. Ausserdem ist bei Lebzeiten des Stifters dessen Zu-
stimmung erforderlich.
§ 6.
Ausser den zur Verleihung gemäss $ 4 bestimmten Abgüssen der
Plakette dürfen Abgüsse nur mit besonderer Genehmigung des Vorstandes
und Ausschusses zur Vervollständigung wissenschaftlicher oder künstle-
rischer Sammlungen oder zu ähnlichen Zwecken angefertigt werden.
Berlin, 6. November 1911.
Dr. jur. Georg Minden,
Direktor des Berliner Pfandbriefamtes.“
Der Vorstand hat gern im Namen der Gesellschaft diese Schenkung
angenommen. Er ist sich dessen wohl bewusst, dass die Arbeiten für
unsere Gesellschaft nicht um der Belohnung willen getan werden, aber
er glaubt auch, dass es der Gesellschaft erwünscht sein muss, ihre Achtung
und Bewunderung für hingebende Arbeit auf dem Gebiete der Wissen-
schaft und des Gesellschaftslebens durch sichtbare Zeichen kenntlich zu
machen, und dass es auch für die auf solche Weise Geehrten eine Freude
sein wird, sich anerkannt zu sehen.
In den Worten des Herrn von den Steinen ist schon ausgesprochen,
dass die Arbeit nach der Absicht der Stifter eine edle und künstlerische
sein sollte, und diesem Ziel haben sie mit Besonnenheit nachgestrebt, in-
dem sie einen Künstler in Anspruch nahmen, der seiner Technik voll-
kommen Meister und doch dabei bereit war, die Rechte des seiner
Obhut anvertrauten Objekts, d. h. der darzustellenden Persönlichkeit, voll
zu achten und sie nicht zum Tummelplatze technischer Launen zu ent-
würdigen, und indem sie Berater zuzogen, welche das Porträt begutachten
sollten. Dies waren die Herren vom Vorstande unserer Gesellschaft. Es
Sitzung vom 16. Dezember. 993
zeigte sich, dass in ihrem Gedächtnis die Züge dessen, den sie so oft als
Vorsitzenden vor sich gesehen hatten, so fest hafteten, dass sie guten Rat
geben konnten; und indem der Künstler mit bewunderungswürdig leichter
Hand ihre Armen verwertete und durchprobierte und sie mit den
künstlerischen Notwendigkeiten verschmolz, entstand das, was den Ab-
sichten der Stifter entsprach, ein künstlerisch edles Werk, und zugleich
ein gutes Porträt der Persönlichkeit.
So dürfen wir nicht nur Herrn und Frau Minden danken, sondern
auch dem Künstler. Es ist Herr Professor Hugo Kaufmann, den wir
heute als Gast unter uns sehen.
Die Plakette, deren Rückseite eine allegorische Figur einnimmt, ist
in einem Rahmen drehbar, und dieser Rahmen ruht auf einem Fuss, in
welchem ein archäologisches Objekt zwar stilisiert, aber doch in engem
Anschluss an die Vorlage verwendet ist, nämlich ein Hallstattgefäss von
Gemeinlebarn in Niederösterreich (vgl. Hörnes, Urgeschichte der bilden-
den Kunst Taf. 19).
(6) Neue Mitglieder:
Bibliothek der Kunsthistorischen Sammlungen in Wien,
Hr. Apollinar-Maria in Bogotà,
Hr. Professor Ludwig Darmstaedter in Berlin,
Hr. Professor Rothmann, Berlin,
Hr. Gerichtsassessor Teetzmann in Zeitz,
Hr. Anastas Tschilingiroff, Kustos am National-Museum in
Sofia.
(7) Am Mittwoch hat auf Einladung unseres Mitgliedes Hrn. Franz
Görke, des Direktors der Urania, in diesem Institut für Mitglieder unserer
Gesellschaft eine Vorführung von Lichtbildern und kinematographischen
Originalaufnahmen stattgefunden, wozu Herr Dr. Wilh. Berndt einen
Vortrag hielt über: Geheimnisse der belebten Natur in lebenden Bildern.
Beiden Herren sei hiermit herzlich gedankt.
(8) An Herrn von den Steinen ist aus Salatu eìn Brief des Herrn
Leo Frobenius vom Juli 1911 gelangt, worin dieser die bestimmte Er-
wartung ausspricht, dass es ihm gelingen werde, in einem bisher unzu-
gänglichen Hochtal im Nordkameruner Gebirge alte Kulturelemente von
entscheidender Bedeutung aufzufinden.
(9) Von unserem Mitgliede Herrn Dr. Bleyer in Santa Catharina
(Brasilien) sind für die Gesellschaft sieben Photos eingegangen. Derselbe
stellt in einem an Herrn von den Steinen gerichteten Schreiben vom
11. Dezember v. J. einen Reisebrief in Aussicht, welcher 40 Quartseiten
umfassen, von zahlreichen Photos und Aquarellen begleitet sein und
folgenden Titel führen soll: „Über die Ureinwohner Santa Catharinas und
der Zona contestada Santa Catharina Parana zwischen den Flüssen
_ Yguassu und Uruguäy“. Die in ihm besprochenen Ergebnisse sollen sein:
Zeitschrift für Ethnologie. Jahrg. 1911. Heft 6. Ot
994 Harbort:
„Entdeckung von Skeletteilen des Vormenschen in Grotten; Auffinden
von Resten kannibalischer Mahlzeiten sowie sonstiger Knochenreste der
Ureinwohner, verschiedenen Perioden angehörend, selbst der neuesten
Zeit, im oberen Quellgebiete des Pelotas-Uruguay; die Totenstätte der
ausgerotteten Campindianer unterhalb des Wasserfalles bei ,Bom Jardim‘;
aus der Küstenregion Sambaquireste. Leider ist der Bericht nicht ein-
getroffen, da Herr B. zu sehr durch Praxis in Anspruch genommen ist,
doch geben fünf der übersendeten Photos von einer dieser Höhlen und
den in ihr gefundenen Knochen Kunde. Die beiden noch übrigen Photos
zeigen einen 12- bis l4 jährigen Knaben aus dem Stamm der Schokleng,
einem der Stämme von Santa Catharina.
(10) Herr Dr. Simoens da Silva in Rio de Janeiro, Vizepräsident
der dortigen geographischen Gesellschaft, welcher unserer Gesellschaft als
Mitglied beizutreten wünscht, übersendet einige brasilianische Zeitungen,
in welchen er über seine Reise zur Teilnahme an dem Amerikanisten-
kongress in Buenos-Ayres berichtet.
(11) Herr Vix bittet, darauf aufmerksam zu machen, dass seine
Figur 7 auf S. 511 verkehrt gedruckt sei, so dass die Zeichnungen auf
dem Kopfe stehen.
(12) Hr. Dr. Erich Harbort (Berlin) spricht als Gast vor der Tages-
ordnung über:
Ein menschliches Skelett aus dem Kalktufflager von Walbeck
in Braunschweig.
Fossile Knochenreste von Homo sapiens sind bereits früher von
Barth’) aus dem Kalktufflager von Walbeck und von Griepenkerl’)
und Wollemann?) aus dem Kalktufflager von Königslutter in Braun-
schweig erwähnt. In beiden Fällen handelt es sich um Schädelfragmente.
Im Kalktufflager von Königslutter wurde auch ein bearbeitetes Feuer-
steinstück nach Wollemann gefunden.
Am 10. Juli d. J. teilte mir nun Herr Bergwerksdirektor
Schwarzenauer in Helmstedt mit, dass im Kalktufflager von Walbeck
von Herrn Ziegeleibesitzer Würzberg ein ziemlich vollständiges mensch-
liches Skelett gefunden sei. Da die Kalktufflager in Braunschweig zum
Teil bis in das Diluvium hinabreichen und z. B. in den untersten
Schichten des Kalktufflagers von Königslutter ein Zalın vom Rhinozeros
gefunden ist, aus dem Kalktufflager des Fallsteins aber zahlreichere
diluviale Säugerreste beschrieben wurden, so schien es nicht unmöglich,
dass es sich um einen wichtigen Fund handelte. Ich reiste daher noch
1) Barth, Zeitschr. f. Naturw. Halle 1892, Bd. 65 S. 130.
2) Griepenkerl, Das Kalktufflager von Königslutter. Sitzungsber. d. Ver. f.
Naturw. in Braunschweig 1877. |
5) A, Wollemann, Die Fossilien der Kalktuffe des Elm und Lappwaldes.
Ebenda 1905—1907 S. 53-57. |
Menschliches Skelett von Walbeck. 995
am gleichen Tage nach Walbeck, um mit Herrn Direktor Schwarzenauer
die Fundstätte zu untersuchen, dem ich hier für seine freundliche Unter-
stützung verbindlichsten Dank sage.
Das relativ vollständig erhaltene Skelett befand sich, wie das bei
derartigen Funden leider meistens der Fall ist, nicht mehr an Ort und
Stelle, sondern es waren die Kalktuffstücke, welche die Knochen ent-
hielten, herausgebrochen, aber von Herrn Ziegeleibesitzer Würzberg ir
dankenswerter Weise aufgesammelt und der geologischen Landesanstalt
bereitwilligst zur Verfügung gestellt.
Das Skelett wurde in 1m Teufe freigelegt, und zwar in der NO.-
Ecke der Kalktuffbrüche, 540 m NO. der Kirchenruine Walbeck und 215 m
SSW. der Windmühle am Triftberge. Die Mächtigkeit des Kalktufflagers
beträgt an dieser Stelle 2,5 m, die obere, etwa 40 cm mächtige Schicht
besitzt eine humose Verwitterungsrinde.
Das Kalktufflager verdankt seine Entstehung Quellen, welche an der
Grenze von unterem Muschelkalk gegen Rhöt entspringen. Die Lagerungs-
verhältnisse erläutert das nebenstehende Profil nach den geologischen
Kirchenraum. Muck
v
Jen det
; Til. Wel halk ——
Ie Oa or ee ee > .-..
Be ER REDET = E ée
r .. > - SZ e £ — — - =la
Se e > r e" = eg Side od
e - = WT "Se
vu 1 - 7 - we
e s e Se
s e - — — —
Act. - a= m
LS - emm
s e SEN — s
s 7 a ef —_
e e . - Ze - — —
1 e vg 7 D - - ==
e
Profil des Kalktufflagers von Walbeck.
Nach den geologischen Aufnahmen von Th. Schmierer 1910.
Aufnahmen von Herrn Dr. Schmierer. Die Mächtigkeit des Kalktuff-
lagers beträgt nur 2 bis 4m. Die unteren Lagen bestehen nach Wolle-
mann aus festeren Bänken, während der Kalk nach oben krümelig und
körniger wird. Wollemann führt ausser den schon erwähnten Schädel-
knochen vom Menschen folgende Säugerarten an:
Ursus arctus L.
Cervus elaphus L.
» Capreolus L.
Bos cf. priscus Bojan.
Capra hircus L.
Equus caballus L.
Ausserdem erwähnt er 40 Gastropoden, ein Pisidium und Pflanzenreste.
Die gesamte Fauna, welche bis jetzt aus dem Kalktufflager von
Walbeck bekannt ist, weist auf ein alluviales Alter der Ablagerungen hin.
Was nun den Fund selbst anlangt, so war leider nicht mehr mit
Sicherheit festzustellen, ob er sich an primärer Lagerstätte befand.
Nach den Angaben der Arbeiter war der Kalk an der Fundstelle lockerer
als in der Umgebung. Die Arbeiter wurden darüber befragt, ob sie den
Eindruck gehabt hätten, dass der alte Abstich der Grabwände noch deut-
b4*
996 d Harbort:
lich zu erkennen gewesen wäre. Ich erhielt die Antwort: „Na natürlich,
wenn der Kerl da beigebuddelt ist, muss doch auch ein Loch dagewesen
sein.“ Mit diesen Aussagen ist nicht viel anzufangen, da es naturgemäss
für den Ideenkreis des Steinbrucharbeiters nur die eine Möglichkeit gibt,
dass es sich um eine reguläre Begräbnisstätte handelt und die Angaben
leider nieht mehr zu kontrollieren waren.
Für die Annahme, dass sich das Skelett auf primärer Lagerstatte
befand, sprechen indes doch wohl folgende Anhaltspunkte. Die Erhaltung
der Knochenreste entspricht der aus Kalktufflagern bekannten. Der Kalk-
tuff hat die einzelnen auffällig leichten Knochen vollständig inkrustiert
und ist vielfach auch sekundär in die Röhrenknochen eingewandert. Um eine
normale Begräbnisstätte scheint es sich nicht zu handeln, da weder Sarg-
teile noch Beigaben zusammen mit den Knochen gefunden wurden. Man
könnte also allenfalls vermuten, dass es sich um eine ermordete und
hier verscharrte Person handelt.
Ein anderer Anhaltspunkt für die primäre Lagerung des Skelettes ist
aber wohl die Beobachtung, dass sich in den liegenden Schichten des
Kalktufflagers weithin eine Schicht verfolgen lässt, die von Holzkohle-
resten erfüllt ist und darauf hindeutet, dass zur Zeit der Ablagerung dieser
Kalktuffschichten menschliche Kulturstätten in der Nähe des Quellgebietes
vorhanden gewesen sein müssen. Man könnte ja auch hier einwenden,
dass ein Waldbrand die Holzkohlereste geliefert hätte, indes liegt die
erstere Vermutung wohl näher.
Vom geologischen Standpunkt aus lässt sich unter diesen Umständen
nur sagen, dass sich das Skelett anscheinend auf primärer, alluvialer
Lagerstitte befand, obwohl die Möglichkeit nicht ausgeschlossen werden
kann, dass es sekundär in das Kalktufflager gelangte und der vielleicht
zur Eindeckung verwendete Kalktuff unter dem Einfluss der Tagewässer
wieder so stark zusammengesintert ist, dass er äusserlich den Eindruck
eines primären Gesteines macht.
Was nun das Skelett selbst anlangt, so zeigt es keinerlei auffällige
Merkmale, die auf ein höheres geologisches Alter schliessen lassen. Der
Schädel ist zierlich gebaut, dolichocephal und hochgewölbt. Kiefer und
Augenbögen zeigen nichts Abnormes. Die Zähne sind stark abgekaut.
Von sonstigen Skeletteilen liegen vor der grössere Teil der Extre-
mitätenknochen, ein Teil der Wirbelsäule, des Beckens und Fragmente
von Rippen. Wenn nun auch dieser Fund vom geologisch-paläontologischen
Standpunkt aus zunächst wenig Interessantes zu bieten scheint, so bat
mich gleichwohl Herr Geheimrat Virchow den Fund doch zu registrieren.
Einerseits könnte er für die Folgezeit zum Vergleich wichtig werden,
falls andere Exemplare einwandfrei auf primärer Lagerstätte, vielleicht
zusammen mit Artefakten im Kalktuff von Walbeck gefunden werden.
‘Andererseits aber möchte ich die Herren Anthropologen und Lokal-
sammler auf die holzkohlenführenden Schichten aufmerksam gemacht
haben, die hier doch wohl im Zusammenhang stehen dürften mit den bis
jetzt mehrfach aufgefundenen Knochenresten vom Menschen. Es würde
also nicht unwahrscheinlich sein, dass wir in diesen Kalktufflagern zum
Lal
Ss ai
~
997
Menschliches Skelett von Walbeck.
s
Fe A w
d e }
~-
La, wi
Kr ae
A a
q > >» kd
e IX
Mer;
—
ei d
(Oberansicht.)
Menschliche Schädeldecke aus dem Kalktufflager von Walbeck i. Braunschweig.
n af) SËCH
MV
8
(Seitenansicht.)
Digitized b
SE
Menschliche Schädeldecke aus dem Kalktufflager von Walbeck i. Braunschweig.
998 Diskussion.
mindesten aus neolithischer Zeit, vielleicht aber auch aus älteren Perioden,
menschliche Skelette in relativ günstiger Erhaltung auffinden.
Der Schädel wurde im anatomischen Institut auf Veranlassung von
Herrn Geheimrat Virchow, dem ich hierfür meinen verbindlichsten Dank
sage, photographiert*).
Diskussion.
Herr Menzel bemerkt dazu, das ihm einmal ein alluviales, post-
glaziales Alter des Schädels gesichert erscheine; denn eine genaue Unter-
suchung eines reichen Materials der in dem Kalktuff sehr zahlreich auf-
tretenden fossilen Binnenmollusken hat keinerlei Anhalt für diluviales
Alter der Ablagerung ergeben. Zum andern zeigte die Erhaltung der
Knochenstücke eine Beschaffenheit, wie sie sich häufig an in Kalktuff ein-
gebetteten Knochen findet. Die organische und die Knochensubstanz
wird rasch aufgelöst und davongeführt; daher erscheinen Kalktuffknochen
sehr leicht. Ein Ersatz der Knochenmasse durch kohlensauren Kalk
findet merkwiirdigerweise nicht statt, sondern die Knochen werden immer
poröser und weicher und schliesslich schw:nden sie ganz und es bleiben in
der Regel nur die Zähne und von Hirschen und anderen Geweihträgern
auch die Geweihe übrig. Deshalb findet man in älteren Kalktuffen wie
z. B. bei Taubach meist nur die Zähne vom Menschen erhalten.
Was nun das genaue priihistorische Alter des Schädels betrifft, so
hat es sich in diesem Falle nicht mit der nötigen Bestimmtheit feststellen
lassen; wahrscheinlich aber ist es, wie in vielen anderen Fällen, ver-
hältnismässig hoch, d. h. es geht vermutlich bis über die neolithische
Zeit in engerem Sinne hinaus und ist in die mesolitbische Zeit zu stellen.
Wir haben aber heute Methoden, die bei guter Fossilführung der ein-
schliessenden ‚Schichten und genauer Kenntnis der Fundstelle auch eine
nähere Altersbestimmung gestatten. Aus diesem Grunde glaube ich be-
tonen zu müssen, dass es von grossem Interesse und für Geologen und
Prähistoriker dringend nötig ist, auf Funde menschlicher Knochen im
Kalktuff mehr Gewicht als bisher zu legen.
(13) Hr. Schuchhardt hält den angekündigten Vortrag:
Ausgrabungen neolithischer Häuser bei Lissdorf, Kreis Naumburg,
die er im September dieses Jahres zusammen mit denı Studiosus Hage-
mann aus Naumburg, der die Stelle entdeckt hatte, vorgenommen hat.
Die Siedlung in Lissdorf gehört der bandkeramischen Kultur an, wie sie
besonders durch die Grabungen von Schliz in Gr.-Gartach bei Heilbronn
und von Köhl bei Worms bekannt geworden ist. An diesen beiden Fund-
plätzen waren aber gewisse Verschiedenheiten zu beobachten, indem in
Gr.-Gartach lauter rechteckige Häuser, bei Worms dagegen flache Gruben
mit unregelmässigem Umriss gefunden wurden. In Gr.-Gartach finden sich
1) Ich werde demnächst zusammen mit Herrn Dr. Bartels noch einige weitere
Mitteilungen über den Fund im Jahrbuch der Kgl. geologischen Landesanstalt machen.
AM — "geg wh . ex... d, An um
Schuchhardt: Neolithische Häuser bei Lissdorf. 999
die verschiedenen bandkeramischen Stilarten: Hinkelsteintypus, Spiral-
keramik, Rössener und Gr.-Gartacher Typus fast in jedem Hause bunt
durcheinander; bei Worms gibt es Siedlungen und Gräberfelder, die reine
Hinkelstein-, reine Spiral- und reine Gr.-Gartacher Keramik führen. Schliz
betrachtet deshalb diese Stilarten nur als landschaftliche Sonderbildungen,
die gleichzeitig nebeneinander bestanden haben, während Köhl sie für
Dokumente verschiedener Zeiten und wohl auch verschiedener Völker hält.
In Lissdorf fanden sich nun ganz dieselben unregelmässigen Gruben
wie bei Worms, aber um sie herum ein rechteckiger Rahmen von Pfosten-
löchern, so dass der eigentliche Grundriss des Hauses ebenso wie in Gr.-
Gartach rechteckig ist. Die in den Gruben auftretende Keramik zeigt
zum kleinen Teile den Spiral-, zum weitaus grössten Teile einen sehr
einfachen Hinkelsteinstil. Dieser ahmt noch als ein rein technisches
Ornament die Umschnürung des aus dem Flaschenkürbis geschnittenen
halbkugligen Gefässes nach. Er lässt sich als Hinkelstein I bezeichnen,
während die Hauptmasse der Wormser Keramik mit ihren schraffierten
Drei- und Vierecken und dem eckigeren Umriss des Gefässes als Hinkel-
stein II erscheint. Die Formen dieses II. Stils setzen sich in der Gross-
gartacher Keramik fort und arten hier in das Festonartige und Blumige
aus; so kann man den Gr.-Gartacher Stil einfach Hinkelstein III nennen.
Der alte geschlossene Stil der Bandkeramik (Spiral- und Hinkelstein D
hat seine Heimat an der mittleren Donau einschliesslich Mähren und
Böhmen gehabt; von dort ist er, vielfach sich abwandelnd, östlich die
Donau hinab, westlich durch Süddeutschland und nordwestlich durch
Mitteldeutschland bis an den Nordfuss des Harzes gedrungen. In ihrer
frühen Zeit muss diese Kultur mit grosser Kraft eine Völkerwelle weit
durch Deutschland geworfen haben. Diese Völker waren hochentwickelt
und strebsam. Sie sind zur Leichenverbrennung übergegangen und haben
die Gefässmalerei in Mitteleuropa zuerst geübt. —
Von den Häusern wurden Modelle, von einem Bildhauer aus Naum-
burg am Fundplatze selbst verfertigt, vorgeführt, die Hauptfunde in Licht-
bildern gezeigt. Eine ausführliche Veröffentlichung wird in der Prähist.
Ztschr. erfolgen.
Ill. Literarische Besprechungen.
John, R. Swanton, Indian Tribes of the Lower Mississippi Valley and
Adjacent Coast of the Gulf of Mexico. Smithsonian Institution, Bureau
of American Ethnology Bulletin 43 Washington 1911. 8° VIII u.
387 Seiten. 32 Tafeln 2 Texttiguren. |
Trotz der grossen Anstrengungen, die in den letzten Jahrzehnten in der
Völkerkunde der Vereinigten Staaten gemacht worden sind, bilden die ausführlichen
ethnologischen Berichte über einzelne Stämme nur Oasen in der Wüste. Für ganze
grosse Gebiete setzte das Studium zu spät ein, und solche Zusammenfassungen der
alten Nachrichten über die Völker einer Gegend wie die vorliegende, die von den
Anwohnern des unteren Mississippi handelt, müssen den Ethnologen mit Resignation
erfüllen. Es werden die sprachlichen Gruppen der Natchez, westlichen Muskhogee,
Tunica, Chitimacha und Atakapa, deren Wohnsitze etwa im Beginn des 18. Jahr-
hunderts auf einer Karte angegeben sind, in bezug auf Ethnologie und Geschichte
behandelt. Dabei nehmen die geschichtlichen Nachrichten einen weit grösseren
Raum ein als die ethnologischen, derart, dass es sich nur bei den Natchez, Tunica
und Chitimacha verlohnte, diese in der übersichtlichen Gliederung, wie sie die
moderne Völkerkunde verlangt, nebeneinander zu reihen. Aber selbst in diesen
Füllen ist die Ausbeute weit geringer, als die Seitenzahl vermuten lässt, denn der
Inhalt besteht meist in der unverkürzten Wiedergabe der zum Teil weitschweifigen
Angaben der Originalwerke. Auf diese Weise kann man nun aber sicher sein, dass
alles Wissenswerte zum eigenen Studium beisammen ist. Der Verfasser, der durch
seine eingehenden Studien bei den Haidah rühmlichst bekannt ist, hat hier selbst
nur noch einige wenige Mythen und ethnologischen Daten von den heutigen
Natchez, Tunica und Chitimacha beibringen können, da die übrigen Stämme ent-
weder ausgestorben oder zu sehr zersetzt sind. Das dabei gewonnene linguistische
Material soll an anderer Stelle veröffentlicht werden.
Den Hauptanteil an dem Werke haben natürlich die Natchez, die wegen ihrer
despotischen Sonnenherrschaft, ihrer zentralisierten Regierungsform und ihrer
Menschenopfer beim Tode von Mitgliedern der herrschenden Klasse von jeher Auf-
sehen erregt haben und über die deshalb noch verhältnismässig ausführliche Nach-
richten auch bezüglich ihrer Feste und ihres Kultes vorliegen. Ihnen sind etwa
zwei Drittel des Werkes gewidmet. Verf. hält an ihrer Verwandtschaft mit den
Muskhogee fest, obwohl er sein endgültiges Urteil über den Grad der Verwandt-
schaft noch von dem Studium seiner Natchez-Texte abhängig macht. Ein anderes
Element, das in den Natchez steckt, seien möglicherweise die Chitimacha. Ihre
Tempel betrachtet er als Varianten der Ossuarien bei den Choctaw und Chitimacha.
Bemerkenswert für Mexikanisten ist die Fesselstellung der Kriegsgefangenen mit
ausgestreckten Armen und Beinen an einem Gerüst, wo sie mit brennenden Rohr-
stäben, die man gegen einzelne Stellen des Körpers stemmt, zu Tode gebrannt
werden (du Pratz). Diese Stellung entspricht nämlich der Stellung der Xipeopfer,
Literarische Besprechungen. 1001
die mit Wurfpfeilen durchbohrt werden. Unter den Quellen wird auch die
famose Angelegenheit der gefiilschten Grammatik der Taensa, die nach den
Traditionen die Sprache der Natchez sprechen, in der Bibliothéque linguistique
américaine IX 1882 ausführlich erörtert. Die Hauptquellen für die Natchez sind
die Werke von Le Page du Pratz, Histoire de La Louisiane. 3 Bde. 1738 und
von Dumont de Montigny, Mémoires historiques sur La Louisiane. 2 Bde. 1753.
Im Jahre 1907 fand der Verf. nur noch fünf Individuen, die die Sprache der
Natchez sprachen. Von den Tunica und Chitimacha waren im Jahre 1908 noch je
50, erstere allerdings Mischblut, vorhanden, und von diesen beiden Stimmen ist
auch noch manches durch Gatschet und den Verf. gerettet worden. Von den
ersteren teilt der Verf. unter anderem eine Donner- und eine Flutmythe mit. Von
den Chitimacha erwihne ich als besonders interessant das Vorkommen von Blasrohr
aus ausgehöhltem Rohr und dünnen Rohrpfeilen mit Distelhaar-Befiederung. Sie
wurden für kleineres Wild gebraucht. Eine Anzahl der bekannten Körbe werden
abgebildet und die Erklärungen der Flechtmuster durch die Eingeborenen gegeben.
Als Trommel hatten sie in früherer Zeit einen mit einer Hirschhaut überspannten
Tontopf, später einen hohlen Baumklotz statt des Topfes. Auch machte man durch
Streichen von Stöcken auf Alligatorhaut Musik. Die Knaben mussten bei der
Pubertät sechs Tage im Tempel fasten und tanzen, bis sie umfielen. Ausser einigen
Mythenresten nach Aufnahmen des Verf. bringt er auch Material aus einem unge-
druckten Manuskript von Martin Duralde. K. Th. Preuss.
Wörter und Sachen. Bd. IH Heft I. Heidelberg. Karl Winters
Universitätsbuchhandlung 1911 gr. 4°. |
Da ich so gerne dieser Fachzeitschrift eine recht weite Verbreitung auch in
den Kreisen der Ethnologen, Prähistoriker und Wirtschaftsforscher gesichert sehen
möchte, habe ich es übernommen auch dem dritten Bande noch ein paar Begleit-
worte mitzugeben.
Wieder finden wir eine Fülle interessanter Artikel, von denen wohl ganz be-
sonders Pesslers Aufsatz: Ziele und Wege einer umfassenden deutschen Ethno-
und Geographie, programmatischen Wert hat.
Andere Abhandlungen beziehen sich z. B. auf das Postwesen der alten Perser
und Inder und auf eine für die arabische Architektur wichtige Frage, wobei auch
hier für mich der weitreichende Einfluss des Altbabylonischen zur Geltung kommt.
Wie Rhodokanakis feststellt, geht die Orientierung des islamitischen, rein religiösen
Mihrab, der ,Gebetsnische* auf das neupersische Hofzeremoniell und so, wie ich
mir erlaube hinzuzufiigen, wohl auf die altbabylonische Vorstellung elner Identitit.
des Königs beim Neujahrsempfang mit der jungen Sonne zurück. Das wäre ja eine
recht originelle Verschiebung!
Bei einem Aufsatz von Fuhse-Braunschweig über den Kräuel (mit 13 Abb.)
ist mir nicht ganz klar, ob F. das Gerät vom Teppich von Bayeux für wirklich so
ungeschickt geformt hält, wie die Abb. 11 es zeigt. Die nächste Abbildung lässt.
mich nämlich doch vermuten und die von ihm abgebildeten prähistorischen Fund-
stücke bestärken mich noch mehr in dieser Ansicht, dass diese Form nur auf dem
Mangel an perspektivischem Geschick beim Zeichner beruht und das Gerät in
Wirklichkeit also handlicher war.
Der Artikel von Merlo, „Die romanischen Benennungen des Faschings“ bringt
trotz reichlichen Materials gerade die Beziehung, die ich hier suchte, zwischen
Karneval und Carrus navalis nicht! Bei meinem Interesse für das Schiff ver-
misste ich das natürlich.
Dafür bringt eine ganz kurze Abhandlung von Hans Sperber über „Den
germanischen Schiffsbau“ (freilich ohne von meiner Arbeit über das genähte Schiff,
(Zeitschr. f. Ethnol. Bd. 39, 1907, S. 42—56 zu wissen) eine ausserordentlich wichtige
1002 Literarische Besprechungen.
und sachliche Darstellung des Nähens eines Schiffes mit Nadel und Faden aus
Russisch-Lappland. (Nach Fataburen 1908, S. 152 und besonders 1900, S. 85f.).
Es kann mir nur recht sein, wenn er meine Aufstellungen so glücklich bestätigt!
Sachlich darf ich wohl hinzufügen, dass auch der Renschlitten der Lappen seine
urtümliche Originalität aufs klarste dadurch beweist, dass der lappische Kulturheros
— denn so hoch müssen wir ihn doch wohl stellen — als Gerät nichts Schlitten-
ähnliches entlehnte, sondern einen gekielten und genähten Kahn hinter dem
Zugtier auf den Schnee brachte.
Dagegen wird vielleicht Sperbers Abhandlung über „Die Harpfe“, die dies
Trockengerüst für Getreide mit Kräuel-ähnlichen Instrumenten und sogar mit
der Harfe als Musikinstrument zusammenbringt, weniger Anklang finden.
J. Hoops behandelt die interessante Tatsache, dass die Armbrust am Ausgang
der klassischen Periode in Gallien vorhanden war und dann doch eigentlich
erst im späteren Mittelalter zu grösserer Bedeutung kam. Bekanntlich erhielt
sich der Bogen, in England z. BB — Robin Hood hat nicht etwa eine Arm-
brust — bis an die Entstehung des Feuergewehrs heran, und er hat sich ja in
Belgien und England noch heute im Volksgebrauch erhalten, während in Deutsch-
land bei Volks- und Kinderfesten wohl die Armbrust, der Stahlbogen, meist den
Gebrauch des Bogens verdrängt hat.
Auf das vielumstrittene Gebiet der Hausforschung geht v. Gerambs Arbeit
über „Die Feuerstellen des volkstümlichen Hauses in Österreich.“ Gleichfalls auf
eine Anregung des leider vor einigen Monaten verstorbenen, so vielfach ver-
dienten Rhamm geht eine Arbeit Mikkolas über die Dalken zurück. Die
Frage ist aber viel schwieriger und viel umfassender, wie Rh. bei der Abfassung
seines Aufsatzes in der Carinthia 1909 meinte und wie auch AL weiss. Es stösst
hier die Frage über das Aussengen und Rösten des Korns in alter Zeit
mit dem schwierigen Problem des Säuerns für menschliche Nahrungsmittel zu-
sammen (s. jetzt dazu: Zeitschr. f. Ethnol. 1911. Bd. 43. S. 826 u. Note 10 sowie
S. 831 u. Note 28). Vom Geisslitz hat Rh. es noch vor seinem für die Wissenschaft
immer noch zu frühen Tode erfahren, dass nicht nur die Verbreitung des gesäuerten
Getreidegerichtes viel weiter hinaus und zurückgeht, wie er damals meinte, dass
vielmehr auch das häufig verwendete Wort G. z. B. beim alten Colerus, dem
Verfasser des bekannten Liber oeconomicus usw., Superintendent in Berlin, am
Ausgange des 16. Jahrhunderts bis zur Bedeutung von ,Gallerte* abgeschwächt ist.
Aber abgesehen davon bringt auch dieser Aufsatz eine Fülle sprachlichen, besonders
asiatischen Materials und zeigt, wie weit auch eine scheinbar so einfache Sache
ihre Kreise zieht. Ed. Hahn.
qi
-l
IV. Eingänge für die Bibliothek.”
. Drumont, Eduard, Das verjudete Frankreich, Autorisierte deutsche Ausgabe
von A. Gardon. 7. Aufl. Berlin: G. Ad. Dewald v. J. 8°
Hrn. r. L Cog.
. Mateer, Samuel, The Land of charity a descriptive account of Travancore and
its people ... London: J. Snow and Co. 1871. 8°.
Prof. Lissauer Stiftung.
. Boerschmann, Ernst, Die Baukunst und religiöse Kultur der Chinesen ...
Band I. Berlin: G. Reimer 1911. 4°,
. Vogel, Hans, Eine Forschungsreise im Bismarck-Archipel. Mit einer Einführung
von Dr. G. Thilenius. Hamburg: L. Friederichsen & Co. (Dr. L & R.
Friederichsen) 1911. 4°.
. Etzel, Gisela, Aus Jurte und Kraal Geschichte der Eingeborenen aus Asien
und Afrika. München: Die Lese Verlag G. m. b. H, 1911. 8°.
. Stanley, Henry Morton, Mein Leben. Bd. I bis II. München: Die Lese Verlag
G. m. b. H. 1911. 8°. 2 Bde.
. Bader, Paul, Sexualität und Sittlichkeit. Zweite unveriinderte Auflage. Leipzig:
O. Borggold v. J. 8°.
. Ploss, Heinrich, Das Kind in Brauch und Sitte der Völker ... Dritte gänzlich
umgearbeitete und stark vermehrte Auflage. Nach dem Tode des Ver-
fassers herausgegeben von Dr. phil. B. Renz. 1.Bd. Leipzig: Th. Griebens
Verlag (L. Fernau) 1911. 8°.
. Benignus, Siegfried, In Chile Patagonien und auf Feuerland. Berlin:
D Reimer (E. Vohsen) 1912. 8°.
. Chaillou, A., et L. Mac-Auliffe, Morphologie medivale etude des quatre
types humains... Paris: O. Donin et Fils 1912. 8°.
. Krause, Fritz, In den Wildnissen Brasiliens, Bericht und Ergebnisse der
Leipziger Araguaya-Expedition 1908. Leipzig: R. Voigtländer 1911. 8°.
. Mansür, Abdullah, (G. Wyman Bury), The Land of Uz. London: Macmillan
and Co. 1911. 8°.
. Almkvist, Hermann, Nubische Studien im Sudan 1877—78 ... herausgegeben
von K, v. Lettersteen. Uppsala: Almgvist & Wiksell. Leipzig: O. Harras-
sowitz 0. J. 4°.
. Caillot, A. C. Eugene, Histoire de la Polynésie orientale. Paris: E. Leroux
1910. 8°.
». Neuhauss, R., Deutsch-Neu-Guinea Bd. I, Bd. II. Völker-Atlas, herausgegeben
mit Unterstützung der Rudolf-Virchow-Stiftung in Berlin. Berlin: D. Reimer
(E. Vohsen) 1911. 8°.
. Schultze, Leonhard, Zur Kenntnis der Melanesischen Sprache von der Insel
Tumley. Jena: G. Fischer 1911. 8°.
a a a en
1) Die Titel der eingesandten Bücher und Sonder-Abdrücke werden regelmässig
hier veröffentlicht, Besprechung der geeigneten Schriften vorbehalten. Rücksendung
unverlangter Schriften findet nicht statt.
1004 Eingänge fiir die Bibliothek.
17.
18.
19.
Wilke, Georg, Südwesteuropäische Megalithkultur und ihre Beziehungen zum
Orient. Würzburg: C. Kabitzsch 1912. 8°% (Aus: Mannus-Bibl. 7).
Nr. 60 bis 74 Verleger.
Mielke, Robert, Vom Werden des deutschen Dorfes. Berlin: Heimat und Welt-
Verlag W. Weicher, G. m. b. H. 1911. 8°
Podenzana, Giovanni, Su di alcune varieta della Conocchia Lunigianese.
Spezia: 1911. 8°.
20. Podenzana, Giovanni, Su di un reggilumi di Ugliancaldo. Spezia: 1911. 8°.
SEI
95.
26.
2q.
. Podenzana, Giovanni, L'antico costume dei dintorni di Sarzana. Spezia:
1911. 8°.
. Podenzana, Giovanni, Gli antichi costumi dei dintorni della Spezia. I.
Valdipino e Biassa. Spezia: 1911. 8°.
. Röttger, Walter, Über Haarverletzungen und über die postmortalen Ver-
änderungen der Haare in forensischer Beziehung. Leipzig: F. C. W. Vogel.
1911. 8°. (Aus: Arch. f. Kriminalanthrop. u. Kriminalstatistik, Bd. 4.)
Seler, Eduard, Die Stuckfassade von Acanceh in Yukatan. Berlin: 1911. 3°
(Aus: Sitzungsber. der Königl. Preuss. Akad. d. Wissensch. XLVII.)
Kunike, Hugo, Beiträge zur Anthropologie der Chalchaquitäler. Braunschweig:
F. Vieweg & Sohn 1911. 8° (Aus: Arch. f. Anthrop. N.F. Bd.X.)
Rivet,P., Les langues Guaranies du Haut-Amazone. Paris: Au siège de la Société
1910. 8° (Aus: Journ. de la Soc. des Americanistes de Paris. N. s.
“Tome VIL)
Rivet, P., Sur quelques dialectes Panos peu connus. Paris: Au siege de la
Société 1910. 8° (Aus: Journ. de la Soc. des Américanistes de Paris
N. s. Tome VII.)
. Rivet, P., A propos de l'origine du mot »Peron«. Paris: 1911. 8% (Aus:
L’Anthropologie. T. XXIL)
. Benchat, H. et Rivet, P., La famille Betoya ou Toucano. Paris: o. J. 8°.
(Aus: Mém. de la Soc. de Linguistique de Paris. T. XVII.)
30. Czekanowski, Jan., Beitrige zur Anthropologie von Polen. Braunschweig:
40,
F. Vieweg & Sohn 1911. 4° (Aus: Arch. f. Anthrop. N.F. Bd. Ei
. Outes, Felix F., Variaciones y anomalías anatomo-antropolögicas en los huesos
del cráneo de los primitivos habitantes del sur de Entre Rios. Buenos
Aires: 1911. 8". (Aus: Rev. del Mus. de la Plata, tom. XVIII (segunda
ser. tom. V).
e
. Zeltner, Fr. de, Notes sur l’archeologie soudanaise, Paris: 1910. 8° (Aus:
Bull. et Mem. de la Soc. d’Anthrop. de Paris.)
. Schütz, Ludwig Harald, Die deutschen Kolonialsprachen. Frankfurt a. M.
J.St. Goar: 1912. 8°.
. Führer durch die Schausammlungen des Niederösterreichischen Landesmuseums,
redigiert von Dr. Max Vancsa. Wien: N-O Landesmuseun 1911. 8°.
. Giuffrida-Ruggeri, V., Il supposto centro antropogenico sud - americano.
Firenze: 1911. 8%. (Aus: Monit. Zoolog. Ital. Anno XXII.)
36. Brandt, M. von, Der Chinese in der Öffentlichkeit und der Familie, wie er
sich selbst sieht und schildert. Berlin: D. Reimer (E. Vohsen) o J. 8°.
. Goessler, P., Die vor- und frähgeschichtlichen Altertümer des Oberamts
Münsingen, Stuttgart: 1912. 8°. (Aus: Oberamtsbeschreibung Münsingen.)
Nr. 18 bis 37 Verfasser.
38. Hohmann, Franz, Zur Chronologie der Papyrusurkunden. (Römische Kaiser-
zeit) Berlin: F. Siemenroth 1911. 8°.
. Junod, Henri A., Sidschi-Kultur, Christentum und das Problem der schwarzen
Rasse. Deutsch von Georg Buttler. Bevorwortet von Prof. Dr. C. von Orelli.
Leipzig: J. C. Hinrichs 1911. 8°
Schuchhardt, Carl, Die Urnenfriedhöfe in Niedersachsen ... Band I Heft 1
und 2. Die ältesten Friedhöfe bei Uelzen und Lüneburg von Gustav
Schwantes. Mit einem Beitrage von M. M. Lienau. Hannover: E. Geibel
1911. 4°
41.
43.
44.
D6.
60.
61.
Eingänge für die Bibliothek. 1005
Elbert, Johannes, Die Sunda-Expedition des Vereins für Geographie und
Statistik zu Frankfurt a. M. Festschrift zur Feier des Töjährigen Bestehens
des Vereins. Band I, Frankfurt a M.: Minjon 1911 4°
2. Fritz, Georg, Ad majorem Dei gloriam! Die Vorgeschichte des Aufstandes von
1910/11 in Ponape. Leipzig: Dietrichsche Verlagsbuchhandlung (Th. Weicher)
1912. 8°,
Braungart, Richard, Die Urheimat der Landwirtschaft aller indogermanischen
Völker... . Heidelberg: C. Winters Verlagsbuchhandlung 1912. 4°.
Walkhoff, Neue Untersuchungen über die menschliche Kinnbildung. (Zugleich
eine kritische Betrachtung der bestehenden Theorien.) Leipzig: G. Thieme
1911. 8°. (Aus: Deutsche Zahnheilkunde Heft 22.)
Nr. 38 bis 44 Verleger.
. Movers, F. C., Das Opferwesen der Karthager. Kommentar zur Opfertafel von
Marseille, Breslau G. Ph. Aderholz 1847. 8° (Aus: Phönizische Texte
2. Teil.) Herr Pfeiffer.
n» Claparède, Arthur de (1852—1911) par Lucien Gautier. Genève: 1911. 8°.
(Aus: Journ. de Geneve 1911.)
. Hrdlicka, Ales, Human Dentition and Teeth from the Evolutionary and Racial
Standpoint. o. O. 1911. 8°. (Aus: The Dominion Dental Journal.)
. Gennep, A. van, Etudes d'ethnographie algérienne ... Paris: E. Leroux 1911.
8°. (Aus: Rev. D’Ethnogr. et de Sociol. 1911.)
. Gennep, A. van, Notice des titres et travaux scientifiques. Paris: 1911. 8°,
. Virchow, Hans, Über das nach Form zusammengesetzte Sklelett des Fusses
einer Chinesin. Braunschweig: F. Vieweg & Sohn 1911. 4° (Aus:
Korrespondenz BL. d. Deutsch. Gesellsch. f. Anthrop. Ethnol u. Urgesch.
XLII. Jhrg.)
. Schellong, O., Die erste Befahrung des Kaiserin-Augustaflusses am 5. und
6. April 1886. Berlin: W. Süsserott 1911. 8°. (Aus: Zeitschr. f. Kolonialpol.,
Kolonialrecht u. Kolonialwirtsch. 1911.)
2. Dempwolff, Otto, Beiträge zur Kenntnis der Sprachen in Deutsch-Ostafrika.
Berlin: D. Reimer (E. Vohsen) 1911/12. 8% (Aus: „Zeitschr. f. Kolonial-
sprachen“ Bd. JI.)
, Doch, R., Über die Kunst der Buschmiinner, Braunschweig: F. Vieweg E Sohn
1911. 4% (Aus: Korrespondenz-Bl. d. Deutsch. Gesellsch. f. Anthrop., Ethnol.
u. Urgesch. XLII. Jhrg.)
. Doch, R., Die Stellung der Buschmannrasse unter den übrigen Menschenrassen,
Braunschweig: F. Vieweg & Sohn 1911. 4° (Aus: Korrespondenz-Bl. d.
Deutsch, Gesellsch. f. Anthrop., Ethnol. u. Urgesch. XLII. Jhrg.)
. Doch, R., Stidafrikanische Steinwerkzeuge aus verschiedenen Perioden. Braun-
schweig: F. Vieweg & Sohn 1911. 4° (Aus: Korrespondenz-Bl. d. Deutsch.
Gesellsch. f. Anthrop., Ethnol. u. Urgesch. XLII. Jhrg.)
Hoernes, M., Ursprung und älteste Formen der menschlichen Bekleidung.
Bologna: N. Zanichelli. London: Williams and Norgate. Paris: F. Alcan.
Leipzig: W. Engelmann 1912. 8°. (Aus: Scientia Bd. XI.)
. Friederici, Georg, Südsee-Inseln. Strassburg: K. J. Trübner 1912. 8°. (Aus:
Mitteil. d. Gesellsch. f. Erdkde. u. Kolonialw. z. Strassburg i. È)
. Germann, Paul, Das plastisch-figürliche Kunstgewerbe im Graslande von
Kamerun. Leipzig: 1910. 8°. (Aus: Jhrb. d. Städt. Mus, f. Völkerkunde.
Bd. 4.)
. Kalkhof, Josef, Beiträge zur Anthropologie der Orbita. Freiburg im Breisgau:
1911. 8°. (Diss.).
Fischer, Eugen, Anthropologische Aufgaben in unseren deutschen Kolonien.
Braunschweig: F. Vieweg & Sohn 1911. 4° (Aus: Korrespondenz-Bl. d.
Deutsch. Gesellsch. f. Anthrop., Ethnol. u. Urgesch. XLII. Jhrg.)
Simoens da Silva, A, Uma viacem scientifica pela America do Sul. Rio de
Janeiro, Paris: 1911. 2% (Aus: A Illustracäo Brazileira. 3 Anno.)
1006 Eingänge für die Bibliothek.
62.
63.
80,
KN
SI.
Simoens da Silva, Conferencia realizada na Sociedade de Geographia. Rio
de Janeiro: 1911. 2% (Aus: Jornal do Commercio. Anno 85)
Simoens da Silva, Antonio Carlos, 2. conferencia publica realizada sobre a
ethnographia da Bolivia... Rio de Janeiro: 1911. 2°. (Aus: Jornal do
Commercio. Anno 89.)
. Simoens da Silva, Antonio Carlos, 3. e ultima conferencia. Mumias Bolivianas,
Lago Titicaca. Ilhas de sol da lua e peninsula de Copacabana, com os
- habitos e costumes dos indios que as habitam e ruinas da civilização pre
historicanas mosmas existentes. Rio de Janeiro: 1911. 2°. (Aus: Jornal do
Commercio. Anno 85.)
. Simoens da Silva, Antonio Carlos, Memoria apresentada ao 3° Congresso
Brasileiro de Geographia actualmente em reunião na capital do Estado do
Paraná, em data de hontem. Rio de Janeiro: 1911. 2°, (Aus: Jornal do
Commercio.)
. Simoens da Silva, Interview com Dr., o. O. 1911. 2°, (Aus: Odita Anno NI).
. Lehmann, J, Flechtwerke aus dem Malayischen Archipel unter.Zugrundelegung
der Sammlungen des Städtischen Vélker-Muscums. Frankfurt a M.:
J. Baer & Co. 1912. 4° (Aus: Veröffentl. a. d. Städt. Völker-Mus. IV.)
. Thurnwald, R., Die Denkart als Wurzel des Totemismus. Braunschweig:
F. Vieweg & Sohn 1911. 4%. (Aus: Korrespond.-Bl. d. Deutsch. Gesellsch.
f. Anthrop., Ethnol. u. Urgesch. XLII. Jahrg.)
. Thurnwald, R, Über ethno-psychologische Untersuchungen bei Naturvölkern.
Karlsruhe: 1911. 8°. (Aus: Verhandl. d. 83. Vers. deutsch. Naturforsch. u.
Ärzte.)
. Hackman, Alfred, Trouvailles préhistoriques. o. O. 1910. 8°. (Aus: Atlas de
Finlande 1910.)
«1. Giuffrida-Ruggeri, V., Luomo primordiale come tipo indifferenziato, a pro-
posito di H. Philippinensis (Bean). Firenze: 1911. 8°. (Aus: Arch. per
l’Antrop. e la Etnol. Vol. XLI.)
. Hauschild, Wolfgang, Zur Tätowierungsfrage: Ein Fall von Tätowierung des
Hinterkopfes. Leipzig: F. C. W. Vogel 1911. 8%. Aus: Arch. f. Kriminal-
anthrop. u. Kriminalistik Bd. 45.)
, Hauschild, M. W., Anthropologische Betrachtungen an der menschlichen Lippe.
Braunschweig: F. Vieweg & Sohn 1911. 4°. (Aus: Korrespond.-Bl. d Deutsch.
Gesellsch. f. Anthrop., Ethnol. u. Urgesch. XLII. Jhrg )
. Schachtzabel, Alfred, Die Siedelungsverhältnisse der Bantu-Neger. Leiden:
E. J. Brill, Paris: E. Leroux, Leipzig: C. F. Wintersche Verlagsbuchhandlung,
London: K. Paul, Trench, Trübner & Co. (Limd.) 1911. 4° (Aus: Internat.
Arch. f. Ethnogr. Suppl. 2. Bd. XX.)
. Loth, E., Über die Notwendigkeit eines einheitlichen Systems bei der Be-
arbeitung der Rassenweichteile. Karlsruhe: 1911. 8% (Aus: Verh. d.
Gesellsch. Deutsch. Naturf. u. Ärzte. 83. Vers.)
. Loth, Ed., Anthropologische Beobachtungen am Muskelsystem der Neger.
Braunschweig: F. Vieweg & Sohn 1911. 4°. (Aus: Korresp.-Bl. d. Deutsch.
Gesellsch. f. Anthrop, Ethnol. u. Urgesch. XLII. Jhrg.)
. Chavannes, Ed., Bulletin critique. o. O. 1911. 8°. (Aus: T’oung-Pao.)
Nr. 46 bis 17 Verfasser.
18. Negelin, Julius von, Der Traumschlüssel des Jagaddeva. Ein Beitrag zur in-
dischen Mantik. Giessen: A. Toepelmann (vormals J. Ricker) 1912. N“
(Aus: Religionsgeschichtl. Vers. und Vorarb. ... XI. Bd.)
. Calloc’h, J., Vocabulaire francais-(bea précédé d’elements de grammaire.
Paris: P. Geuthner 1911. Hu.
Calloc'h, J., Vocabulaire francais-Ihumu (Batik6) précédé d’elements de gram-
maire. Paris: P. Geuthner 1911. 8°.
Calloc'h, J., Vocabulaire francais-Gmbwaga-Gbaziri-Monjombo précédé d'ele-
ments de grammaire, Paris: P. Geuthner 1911. Bn
Eingänge für die Bibliothek. 1007
2. Calloc’h, J., Vocabulaire francais Sango et Sango-francais langue commerciale
de l’Oubangui-Chari précédé d'un abrégé grammatical. Paris: P. Geuthner
1911. 8°,
. Franchet, L., Céramique primitive ... Paris: P. Geuthner 1911. 8°.
. Keith, Arthur, Ancient types of man. London and New York: Harper & Brothers
1911. 8°.
. Klüger, Hermann, Friedrich Delitzsch der Apostel der neubabylonischen
Religion. . .. Leipzig, Krüger & Co. 1912. 8°.
. Bradley, Isaac Samuel, A bibliography of Wisconsin’s participation in the war
between the states... o. O.: Wisconsin History Commission 1911. 8°.
. Pokorny, Julius, The origin of Druidism. Wahington: 1911. 8°. (Aus: Smithson.
Rep. 1910.)
. Niederle, Lubor, Geographical and statistical view of the contemporary slav.
peoples. Washington: 1911. 8° (Aus: Smithson. Rep. 1910.)
. Fewkes, J. Walter, The cave dwellings of the old and new worlds.
Washington: 1911. 8° (Aus: Smithson. Rep. 1910.)
. Balfour, Henery, The origin of West african crossbows. Washington: 1911. 8°.
(Aus: Smithson. Rep. 1910.)
Nr. 78 bis 90 Verleger.
. Cabaton, Antoine, Les Indes Nerlandaises. Paris: E. Guilmote o J. 8°.
Angekauft.
(Abgeschlossen am 17. Februar 1912.)
Inhaltsverzeichnis.
Mitgliederverzeiehnis .
als Geschenk zugehen .
vember S. 944 — 16. Dezember S. 981.
Prähistorische Fachsitzungen 2. März S. 161 — 11. Mai S. 347.
Anthropologische Fachsitzungen 18. März S. 271 —
Eingänge für die Bibliothek .
Vorträge, Abhandlungen, Mitteilungen
Redner in den Diskussionen .
Sachregister
Literarische Besprechungen
Verzeichnis der Tafeln
Bartels, P., Zur Anthropologie und
Histologie der Plica semilunaris bei
Herero und Hottentotten
Beltz, R., Die Laténefibeln.
Bericht über die Tätigkeit der von
der Deutschen anthropologischen Ge-
sellschaft gewählten Kommission für
prähistorische Typenkarten
—, Nachträge zu Laténefibeln
Borchardt, P.,
Monumenten
Papierabformungen von
Seite
ee Be A cae a SE e ER)
Vorstand, Ausschuss, Kommissionen, Vermschtnrse S. (1), Goldene Me-
daille S. (2), Ehrenmitglieder S. (2), Korrespondierende Mitglieder S. (2),
Ordentliche Mitglieder, immerwährende und jährlich zahlende S. (5).
Periodisehe Veréffentlichungen, die der Gesellschaft durch Tausch, Ankauf oder
Se key an ue fo ee ee (23)
Sitzungen des Jahres 1911. (Für die Einzelheiten der Verhandlungen s. Sach-
register S. 1010.) 21. Januar S. 114 und 28. Januar S. 133 — 18. Fe-
bruar S. 139 — 25. März S. 290 — 29. April S. 307 — 20. Mai S. 348
— 17. Juni S. 581 — 15. Juli S. 621 — 21. Oktober S. 818 — 18. No-
7. Juli S. 616.
. 185, 384, 629, S62, 1003
on
Übersicht für das Inhaltsverzeichnis.
Seite
ee a . 1008
Dr ee en age i 1010
et ee, Bis ea a e Ge a A A 1010
E EE EE 1027
ee oe ; ; 1027
Vorträge, Abhandlungen, Mitteilungen.
Seite Seite
Boerschmann, E., Ein vorgeschichtlicher
Fund aus China 153
616 | —, Einige Beispiele für die gegenseitige
Fünfter Durchdringung der drei chinesischen
Religionen 429
Brandenburg, E., Über Höhlenwohn-
| ungen 115
664 Burger, Demonstration eines Apparates
930) für Kopfmessungen 620
Busse, H., Neue uud ältere Aus-
541, grabungen von vorgeschichtlichen
Alphabetisches Inhaltsverzeichnis,
Einzelfunden, Gräberfeldern und
Wohnplätzen bei Woltersdorf, Kreis
Nieder-Barnim 346,
Carthaus, E., Ergebnisse der Aus-
grabungen in der Veledahöhle bei
Velmede a. d. Ruhr
Dahse, J., Ein zweites Goldland Salo-
mos. Vorstudien zur Geschichte
Westafrikas
Fischer, E., Sind die heutigen Albanesen
die Nachkommen der alten Illyrier?
Friedemann, M., Uber Grosshirnrinde
Friedenthal, H., Über die Behaarung der
Menschenrassen und Menschenaffen
Fritsch, G., Verwertung von Rassen-
merkmalen für allgemeine Vergleich-
ungen
Frobenius, Leo, Brief aus Salatu
Gutmann, B., Zur Psychologie des
Dschaggarätsels
Hahn, Ed., Wirtschaftliches zur Prä-
historie |
yon Hansemann, D., Ein syphilitischer
Schädel aus Südamerika
Harbort, E., Ein menschliches Skelett
aus dem Kalktufflager von Walbeck
in Braunschweig
Hauser, O., Bericht über die Ergebnisse
der vorjährigen Ausgrabungen 308,
Hermann, R., Knochenfunde und Klima
v. Hornbostel, E., Über ein akustisches
Kriterium für Kulturzusammenhänge
Iden-Zeller, O., Ethnographische Beob-
achtungen bei den Tschuktschen
Karutz, Uber Kinderspielzeug
Kiekebuseh, Vorgeschichtliche An-
siedlung und vor- oder frühgeschicht-
liche Befestigungsanlage
Kissenberth, W., Über die hauptsäch-
lichsten Ergebnisse der Araguaya-
Reise
Klaatsch, Bemerkung zu dem Vortrage
des Herrn v. Luschan in der anthro-
pologischen Fachsitzung
Koch, M., Pathologisch verdickte
Schädel
Krämer, Aug., Die Hamburger Südsee-
Expedition 1909/10 nach den Karo-
linen
Kunike, H., Das sogenannte ,,Manner-
kindbett“
—, Einige grundsätzliche Bemerkungen
über Sonne, Mond und Sterne im
alten Mexiko
Zeitschrift für Ethnologie. Jahrg. 1911. Heft 6
1 Menzel, Hans, Die geologische Ent-
wicklungsgeschichte der älteren Post-
564 glacialzeit im nördlichen Europa und
114. ihre Beziehungen zur Prähistorie)
Messing, Otto, Uber die chinesische
Staatsreligion und ihren Kultus
Moszkowski, Max, Die Völkerstämme
am Mamberamo in Holländisch-Neu-
974
272; guinea und auf den vorgelagerten
993: Inseln
| Müller, Herbert, Über das taoistische
522 Pantheon der Chinesen, seine Grund-
lagen und seine historische Ent-
821, wicklung 138,
‚ Müller, W., Japanisches Mädchen- und
125 Knabenfest
. Neuhauss, Richard, Reise nach Deutsch-
Neuguinea
994 —, Kinematographische und phono-
graphische Aufnahmen aus Deutsch-
621: Neuguinea
973 —, Über die Pygmäen in Deutsch-
Neuguinea und tiber das Haar der
601. Papua
i Nopcsa, F., Sind die heutigen Albanesen
840 die Nachkommen der alten Illyrier?
237 Noetling, F., Beiträge zur Kenntnis der
archäologischen Kultur der Tasmanier
Pastor, W., Stonehenge
819 | Preuss, K. Th., Die Opferblutschale der
| alten Mexikaner, erläutert nach den
Angaben der Cora-Indianer
627 | Prietze, R., Pflanze und Tier im Volks-
| munde des mittleren Sudan
Quente, Langobardischer Urnenfriedhof
291 bei Dahlhausen, Kr. Westpriegnitz
Rhamm, K., Erwiderung auf die Be-
617 sprechung meines Buches „Die
altslavische Wohnung“ durch A.
Brückner
293 Rütimeyer, L., Uber einige altertüm-
liche afrikanische Waffen und Geräte
und deren Beziehungen zur Prähistorie
Schmidt, Hubert, Bedeutung der
| Kammmuster
922. —, Vorläufiger Bericht über die Aus-
546
69
1009
Seite | Seite
Ä Leden, Christian, Musik und Tänze der
| grönländischen Eskimos und die Ver-
436, wandtschaft der Musik der Polar-
eskimos mit der der Indianer 261
von Lusehan, Schiefer Gorillaschädel 271
315 —, Zur Stellung der Tasmanier im
anthropologischen System 287
i —, Tasmanier-Haarprobe 271
136
280
915
633
163
240
161
1010
grabungen 1909/10 in Cucuteni bei
Seite |
Alphabetisches Inhaltsverzeichnis,
Straueh, Curt, Geschlechtsteile eines
Seite
Jassy (Rumänien) 582 Zwitters 149
Schmidt (Tiibingen), R. R., Die Grund- ' Struck, B., Bemerkungen über die
lagen für die Diluvialchronologie und | „Mbandwa“ des Zwischenseengebiets 516
Paläethnologie West-Europas 945 | Strzoda, Walter, Die Li auf Hainan
Schuehhardt, Karl, Götterkult und und ihre Beziehungen zum asiatischen
Ahnenkult 153, Kontinent 193
—, Ausgrabungen neolithischer Häuser Stumme, Hans, Wortlaut und Uber.
bei Lissdorf, Kreis Naumburg 998 setzung zweier zum Einlegen in
Seler, Ed., Bericht über den Inter- | Amulettkapseln bestimmter Schrift-
nationalen Amerikanisten - Kongress | stücke in arabischer Sprache 91, 111
in Buenos-Aires und Mexico 117 : Virehow, Hans, Fragment eines Schädels
—, Brief aus Mexico 310! aus einem neolithischen Begräbnis-
Seyffert, Carl, Die Ausrüstung eines | platze 133
Elefantenjägers der Baia nebst einigen '—, Demonstration einer Tätowierten 271
Bemerkungen iiber die Elefantenjagd '—, Uber die Mamma des am 18. Fe-
in Kamerun 91 bruar besprochenen Zwitters 2921
Sökeland, Rechnungsbericht für das ! —, Uber die Weichteile des Chinesinnen-
Jahr 1911 983' fusses 375
Speiser, Felix, Mitteilungen von den ‚—, Ein Schädel von Oberhausen im
Neuen Hebriden 307, Rheinland 622
Staudinger, P,, Funde und Abbildungen —, Becken mit ungewöhnlich langem
von Felszeichnungen aus den alten Steissbein 622
Goldgebieten von Portugiesisch-Süd- | —, Verwaltungsbericht für das Jahr 1911 9x1
ostafrika 140 —, Bericht über den Stand der Rudolf
—, Bruchstiick eines westafrikanischen | Virchow- Stiftung für das Jahr 1911 955
Riesensteinbeiles 146 | Vix, Beitrag zur Ethnologie des
—, Zinnschmelzen afrikanischer Ein- Zwischenseengebiets von Deutsch-
geborener 147| Ostafrika 502
—, Briefliche Mitteilung des Herrn Weissenberg, S., Die syrischen Juden
Seiner über Buschleute 562' anthropologisch betrachtet SO
Redner in den Diskussionen.
Seite | Seite
Bartels, P. 617, 620 , Müller, Herbert 159
von Buchwald 136 —, W. 344, 346
Friedenthal, Hans 279 | Neuhauss 343
Fritsch 286 Schmidt, Hubert 173
Kiekebusch 163, 171 | Schuchhardt 169, 173
von Luschan 272, 280, 286, 619, 620 Staudinger, P. 279
Menzel 998 , Virchow, H. 616, 620
Moszkowski 280, 285, 345, 820
Sachregister.
Seite Scite
A. Abbeville (Somme), Quartär von 947
Ababde, Gefässe der, aus Speckstein 255, Abendmahlzeit der Tschuktschen 81
—, Holzschale der -258| Aberglaube der Tschuktschen S52, 854
—, Tabakpfeifen aus Speckstein 259| Abri Auditspitzen DA
Abusso (Koassa Kamboi-Ramboi)
Acheull&en von Le Moustier
Ackerbau der Li auf Hainan
— -Jahreszeiten nach Sternen berechnet
„Adium“, Speer der Schilluk (Afrika)
Alphabetisches Inhaltsverzeichnis. 1011
Seite Seite
335 Ansiedlung, vorgeschichtliche von
309 | Cucuteni bei Jassy (Rumänien) 583
211'—, vorgeschichtliche bei Hasenfelde,
661 Kr. Lebus 819
—, vorgeschichtliche bei Nackel (Nähe
243 von Friesack, Kr. Westhavelland) 820
mit Spitze aus Antilopenhorn
Alfekläusserung in Deutsch-Ostafrika
Afrika, die Staaten der Westküste
—, Wechselbeziehungen zwischen dem
Westen, Osten und Süden
—-, Wurfkeulen aus Nord-
—, 8. Issenghe, Steinbeil, Waffen, Xylo-
phon, Zinnschmelzen
—, Deutsch-Ost-, Ethnologie des
Zwischenseengebiets von
—, Portugiesisch-Siidost- s. Felszeich-
nungen
—, 8. Südafrika
—, s. Westafrika
Afrikanische Speere mit Knochenspitzen
— Wurfhölzer, Wurfkeulen und Bume-
rangs
aggry-beads von der Goldküste
Ägypten, Beziehungen nach Westafrika
Ägyptische Einwirkung auf Westafrika
Ahanta (Goldküste), Woche von zehn
Tagen
Ahnenkultus in China
Ahnentempel, chinesischer
Ähren, geröstete
356,
513 Anthropologisehe Kommission der Ber-
19 ` liner Anthropologischen Gesellschaft (1)
Antilope in Kamerun, Aberglauben 95
77 Antilopenhorn, Speere mit Spitzen aus 243
247 —, s. Flöte
Apparat für Kopfmessungen 620
‚Araber, Wurfkeule der 248
Arabisch s. Amulettbriefe
502 Araguaya-Reise 627
'Arehäolithische Kultur der Tasmanier 633
Argentinien, Alter des Menschen in 118
‘Armbänder aus Schweinsleder, Hollän-
| disch-Neuguinea 336
242 Armringe eines Elefantenjägers der
Baia 94, 95
244 —, bronzene von Cucuteni bei Jassy
46| (Rumänien) 595
29 Aschanti, Pythonschlange heilig 38
77 —, Symbole der Macht von 15
Aschanti-Goldgewichte 58, 61
40 | Astronomisches, Westafrika 64
357 Atakpame, Sage von der Regenbogen-
358 schlange 44, 48
835 Atlantis, das alte 26
Akustisches Kriterium für Kultur- ‚ AugenderVölkerstämmeam Mamberamo
zusammenhänge 601 in Holländisch-Neuguinea 319, 320, 335
Albanesen, Nachkommen der Illyrier? 564, 915 — (= Sterne) als Himmelskörper 925
Aleppo, Juden aus 81 ff. | Aurignaeien 958
Altar der Erde, Peking 371, 372 Aurignacienknochenspitze 960
—, 8. Himmelsaltar ‚ Ausgrabungen des Herrn O. Hauser 308, 621
Altarschrein, zweistöckiger hölzerner, — 1909/10 in Cucuteni bei Jassy (Ru-
im Tempel des eisernen Buddha auf
dem Heng-shan
Alter des Menschen in Argentinien
„.Altmärkische‘“ Fibel
Amerika, Süd-, syphilitischer Schädel
aus
Amerikanisten-Kongressin Buenos- Aires
und Mexico
Amulett mit dem Stempel des T‘ien-shih,
mänien) 582
433 — neolithischer Häuser bei Lissdorf,
118! Kreis Naumburg 998
680, 682, 759| — in der Veledahöhle bei Velmede a.
Ä d. Ruhr 315
128 | — von vorgeschichtlichen Einzelfunden,
Gräberfeldern und Wohnplätzen bei
117 Woltersdorf, Kreis Nieder-Barnim 346, 436
. Ausschuss der Berliner Anthropologischen
China 405, 406 ' Gesellschaft (1)
Amulettbriefe, arabische, in der Aus- —, s. Wahl
rüstung eines Elefantenjägers der Baia 111 Ausstellung „Nordland‘“ 945
Amulette eines Elefantenjiigers der Australien, Parierschild aus West- 254
Baia 93 ff. Axt, goldene, Symbol der Macht von
—, Holländisch-Neuguinea 329 Aschanti 15
—, versteinerte Seeigel als 257 :—, s. Lochaxt
Angmagsalik (Eskimodorf) 261 Azilien 955
654
1012 Alphabetisches Inhaltsverzeichnis.
Seite 7
B. Berliner Gesellschaft fiir Anthropologie,
Backgloeke der Albanesen 566 | Ethnologie und Urgeschichte: s. Photo-
Baia (Kongo), Ausrüstung eines Ele- graphien-Sammlung
fantenjägers der 91, Berwerth, Fritz f
Ballspielplatz der mexikanischen Bilder- Bestattung, Neu-Guinea
schriften 304 ' Bibliothek der Berliner Anthropologi-
Bamler, Missionar, Deutsch-Neuguinea, schen Gesellschaft
korrespondierendes Mitglied 139! —, Eingänge für die 185, 384, 629, 862,
Bannerbrück, Mecklenburg - Strelitz, — 8. Periodische Veröffentlichungen
Fragment eines neolithischen Schädels 133)! Bibliotheks-Kommission der Berliner
Bart der Völkerstämme am Mamberamo. Anthropologischen Gesellschaft (1)
in Holländisch-Neuguinea 319, 335 : Bildersehrift vomeJahre 1534 (Klage-
Basedow, Dr., Chief-Protektor aller | schrift wegen unbezahlter Leistungen)
australischen Eingeborenen 581 | —, mexikanische
Bauch- und Trommeltanz-Duell, Ang- Bilderschriften, Hikchen in den
magealik (Ostgrénland) 263 265 Bimbajo, Göttin, Hollandisch-Neuguinea
Bauernhaus (Grundriss) mit Stallung 324,
aus dem 13. und 14. Jahrhundert, | Bithynella, kleines Schneckchen
Niedergörsdorf bei Jüterbog 347 | Blutrache auf Hainan
bean-shooter (Spielzeug) 237 | Bogenspitze vom Typus Abri <Audit,
Becher 3. Urinbecher Le Moustier .
Becken mit ungewöhnlich langem Steiss- Bogenspitzen vom Typus Chatelperron
bein 622' des Frühaurignacien
Beckerslohe (Mittelfranken), Frühlatene- | Bogenstichel des Spätaurignacien 960,
fibel 676, 677, 680 | Böhmen s. Dux, Jungfernteinitz, Ky-
Beerdigung auf Hainan 205 schitz, Langugest, Letky, Libesnitz,
Befestigung der Ansiedlung von Cucuteni | Nimburg
bei Jassy (Rumiinien) 588 | Bolivien, Exkursion des Amerikanisten-
Belestigungsanlage, vor- oder früh- | Kongresses nach
geschichtliche bei Nackel (Nähe von | Bolle, Dr. Karl f
Friesack, Kr. Westhavelland) 820 | Boote in Holländisch-Neuguinea
Begräbnisplatz der Tschautschus in den Bornulied auf den Storch
Tschaunbergen 845, 855 Borumessu (Holländisch-Neuguinea) 336,
Behaarung der Menschenrassen und Brandgruben bei Seebad Rüdersdorf,
Menschenaffen 974; Kreis Nieder-Barnim
Beifussblatter in japanischem Aber- | Brandwirtsehaft in der Bodenkultur
glauben 577 Brasilien, Siid-, heutige Verteilung der
Beilngries (Oberpfalz), Frühlatenefibel 676,677 Indianerstamme
Bekleidung, Neu-Guinea 132 | Braunschweig s. Walbeck
Bemalung, Holländisch-Neuguinea 337 : Brennnesseln als Nahrungsmittel 830,
Benin, Beziehungen nach dem Osten 25 Brief des Herrn Frizzi aus Korömira
—, indische Einflüsse auf 76! auf Bougainville
—, Schlangenkult 39 — des Herrn Leo Frobenius aus Salatu
Berber, Wurfkeule der 248, 249,— des Herrn O. Hauser
Bergtempel vom Heng-shan, China 431, 434 — des Herrn Seler aus Mexico
Berichtigung 994 — des Herrn Speiser aus Noumea
Berliner Gesellschaft für Anthropologie, | Bronze- Armringe von Cucuteni bei
Ethnologie und Urgeschichte: Vor- | Jassy (Rumänien)
stand, Ausschuss, Kommissionen, Bronze-Funde aus einem Grabe auf
Organ, Vermächtnisse (1), Goldene dem Sprintberge bei Woltersdorf,
Medaille, Ehrenmitglieder, Korre- Kreis Nieder-Barnim 442,
spondierende Mitglieder (2), Ordent- | Bronzeringe aus einem Gräberfelde bei
liche Mitglieder (5). Woltersdorf, Kreis Nieder-Barnim 491,
— s. Bibliothek Bronzestiicke als Goldgewichte
Seite
944
132
982
1003
443
407
og
Alphabetisches Inhaltsverzeichnis,
Seite Seite
Brücken, lederne 828 | Cortez, Zug nach Honduras 127
Briickenbauten, Neu-Guinea 132 | Cucuteni bei Jassy (Rumänien), Aus-
Brüste der Tschuktschen-Frauen 850 | grabungen 1909/10 582
Bücherschenkung seitens der Frau — -Funde, Führung durch die Samm-
A. Bartels 819 | lung von 621
Buddha s. Tempel Cuzeo, alte Hauptstadt des Inca-
Buddhismus in China 406, 432| Reiches 124
Buenos Aires, Internationaler Amerika-
nisten-Kongress 117 D.
— 8. Museo, Museum SE
A Dahlhausen, Kr. Westpri tz, lango-
Biiffelsehwanz als Fliegenwedel 94| bardi her Urne CH s S 163
Bumerang ‘aus Darfor 245 Dakome. das Reich 18
Burgwall aus vorwendischer Zeit, Damaskus Juden aus 81 ff
. D . .. 9 R
Madergoridorf ber Jiterböğ 347 | Dankopfer für glückliche Heimkehr,
Bürsten für Papierabformungen von Deutsch-Ostafrika 519
B e Ge Darfor, Bumerang aus 245
EIER A D “| Darshofen, Oberpfalz, Tierkopf-Fibel 673
Butzow (Westhavelland), Frühlatene- | Darstellungen in. Schalen der Cora and
ng y GC in Opferblutschalen der Mexikaner 298
buzz (Spielzeug) ~ ‘=~, taoistische, auf den Reliefs von
o | Woue-liang-tz*, ca. 147 p. Chr. n. 403
. č _Davidsohn Sanitätsrat Dr. Herm. t 581
a | Deiikation in China 419, 422
ee eae Samm iing Musee EE Gerhard Ronis Ga Vere:
de Buenos Aires 122: Srn 621
.. =
en REES, L19 Denkmalpflege s. Naturdenkmalpflege
en ER Dialekte auf Hainan 216 ff.
Chamacoco, Mythen und religiöse Vor- Diebstahl bei den Tschuktschen 843
2:
stellungen der : i 121 Diluvialchronologie und Paläethnologie
Chang -tao-ling, der erste T‘ien-shih West-Europas 945
Des in ag 104, 40° | Dinka, Stockschilde der 254
EE Es ' Djenni (Westafrika), die Stadt der Gold-
Chile s. Sprache E tere 10
China, älteste Geschichte 193
EE een hicht Doleh s. Knochendolch
E aes S SE 153 Donau-Balkangebiet, stein -kupferzeit-
S Behsionen liche Kultur des 597
Chinesen, Haarboden vom Scheitel ei ene ed SCH ed
; 974. 276 schaggarätsel, Psychologie des 522
Dech SE Dualismus in der Philosophie der
—, taoistisches Pantheon der 138, 393 Ohinesen 395
mesinnenlüss, Weichteile. des "7 Dühren (Baden), Mittellatönefibel 684, 685
Chinesische Staatsreligion und deren | en
Dunkelmalerei der frühminoischen Ke-
Kultus 348 ae 599
Chiquitosprache 121 s ss roh
Christentum in China Se Dux (Böhmen), Frühlatenefibel 676, 677
Columbus, Sprache der Briefe des 127
Combe-Capelle, Moust£rienindustrie von 957 i E.
Congrès préhistorique de France in Eberzähne, Stirnschmuck aus gespalte-
Nimes 140; nen, Holländisch-Neuguinea 335
Copan, Chronologie der Reliefskulpturen Ehe der Tschuktschen 850
von 126 | Ehrenmitglieder der Berliner Anthro-
Cora-Indianer 294| pologischen Gesellschaft (2)
Cortez, Originalmanuskript des Testa- Eideehsen, zwei sich kreuzende 62, 67, 68
ments von 127 Eimerférmige Gefässe aus Gräbern bei
1014 Alphabetisches Inhaltsverzeichnis.
Seite Seite
Woltersdorf, Kreis Nieder- Barnim | Faustschild vom Senegal 255
490, 496 , Fellhemdhose der Tschuktschen-Frauen 845
Eiserne Pfriemen von Cucuteni bei Fellkammer der Tschuktschen 845
Jassy (Rumänien) 595 | Felszeichnungen aus den alten Gold-
Elefant im Leben der Neger 109, gebieten von Portugiesisch-Siidost-
Elefantenfetisch 108, 110| afrika 140
Elefantenjagd in Kamerun 91 — bei der Mission Buanja in Kisiba,
Elefantenjäger der Baia, Ausrüstung 91 Deutsch-Ostatrika 512
Elefanten-Totem 110 Feng-shen, chinesischer Ausdruck für
Elmina an der Goldküste, erstes portu- die Deifikation 421
giesisches Fort 1481 | 11, 16 | Feng-shen-yen-yi, Hauptquelle fur die
— s. Stab | Kenntnis des chinesischen Pantheons 423
Engelsüss (Farnpflanze) als Nahrung Fest auf Hainan 202
830, 839 | —» japanisches Mädchen- und Knaben- 568
Ente, durchlochtes Gefäss in Gestalt — bei dem Eintritt ins Männerhaus,
einer, aus einem Gräberfeld bei Wol- Holländisch-Neuguinea 339, 340, 342
tersdorf, Kreis Nieder-Barnim 490, 495 Fetischkamm s. Negerfetischkamm
Equisetum als Nahrung 825, 839 | Feuer, Zubereitung des Feldes für das
Erdbauten in Mexico 315. Getreide durch 825
Erde, göttliche Verehrung in der chinesi- | Feuermachen, Neu-Guinea 138
schen Staatsreligion 356 | Feuersteingewehr eines Elefantenjägers
Erdkröte, Reliefbild der 127 der Baia 104
Eskimos, Musik und Tänze der grön- Feuerstein-Manulacte von Woitersdorf,
ländischen 961 Kreis Nieder-Barnim 438, 439
— s. Ausstellung | Feuerstelnpfeilspitzen, feingearbeitete
Eskimolied von Kap Dan in Ostgrön- von Cucuteni bei Jassy (Rumänien)
land 268 590, 591
Eskimotrommel 264, 266 Fibeln s. Latenefibeln
Essnapf als Nachtgeschirr g52 Figuig (südwestmarokkanische Oase),
Ethnologie des Zwischenseengebiets von Steinstössel aus 255, 256
Deutsch-Ostafrika 509 | Firnismalteehnik 599
Etrurien, Beziehungen nach Westafrika 70 Fisch im Aberglauben der Völkerstämme
Europa s. Diluvialchronologie in Holländisch-Neuguinea 322
Ewestämme 41 ff. —> Gespräch des, mit dem Ziegenbock 9v4
Exkursionen des Amerikanisten- Kon- Fischfang der Li auf Hainan ZU
gresses 123, 128 Flachbeil aus Kupfer von Cucuteni bei
Expedition nach Holländisch - Neu- Jassy (Rumänien) ond
guinea 315 | Fiachbeile, steinerne, von Cucuteni bei
— s. Südsee Jassy (Rumänien) 591
Flaggen bei dem japanischen Knaben-
F. fest STi
Familienleben der Tschuktschen 849 | Fiiegenwedel eines Elefantenjägers der
Farbensymbolismus des chinesischen Baia 94
Ritus 364 | Flöte (aus Holz und aus Antilopenhorn)
Farbentypus der syrischen Juden 85, 90, eines Elefantenjägers der Baia 34
Farnwurzeln, Nahrungsmittel der prä- Font - Robertspitze der Font - Robert-
historischen Zeit 829 | kultur gül
Fäustei, des Praechelléen, St. Acheul 948 Forts, europäische an der Goldküste im
— des Friihchelléen, St. Acheul 048 17. Jahrhundert 17
— des Hochchelleen, St. Acheul 950 ` Fränkel, B., Geh. Med.-Rat t 94
— des Frühacheuleen, St. Acheul 951 Frauen, Einfluss in Holländisch-Neu-
— des Hochacheuléen 952, guinea 323, 335
— des Spätacheuleen 953, 954 | Frithlaténefibeln 675, 714, 932
— des Frühmousterien 956 Fuss s. Chinesinnenfuss
Alphabetisches Inhaltsverzeichnis.
G.
Ga-Volk
1015
Seite Seite
Goldstaub, Charakteristikum der
42 Aschantiländer 37
39, Gorillaschädel, schiefer 271
—, Zeremonien
Gagho, zweite Hauptstadt Songhais
Galley-Hill-Mensch, Alter des
Gastfreundlichkeit der Li auf Hainan
Gastreebt bei den Tschuktschen
Gebete, chinesische
Gebräuehe, abergläubische, auf Hainan
Geburstag, 80., des Herrn Stimming
Gelässe der Ababde aus Speckstein
— aus Gräbern bei Woltersdorf, Kreis
Nieder-Barnim 445 ff., 449 ff,
— aus einem Grabe auf dem Sprint-
berge bei Woltersdorf, Kreis Nieder-
Barnim
—, lederne
Gehirn s. Grosshirnrinde
Geister im Glauben der Chinesen 356,
Geld selten angenommen von den
Tschautschus
Genetta servalina, Täschchen aus dem
Fell der
Geologische Entwicklungsgeschichte der
älteren Postglacialzeit im nördlichen
Europa und ihre Beziehungen zur
Prähistorie
Gerlalingen (Pfahlbau) am Bieler See,
Klopfhammer
Geschenk des Herrn Richard Neuhauss `
(1028 photographische Aufnahmen)
Gesichtsindex der syrischen Juden
Gesteinsarten Tasmaniens
Getreide, Aussengen des
Getreidebau und künstliche Bewässerung
Gewehrleder als Feuerstahl
Gewichte s. Goldgewichte
Gewichtssystem der Aschantigewichte
Ghana (Westafrika), das Reich von
Giftspeere der Baia (Kongo)
Gittermuster in der frühminoischen
Keramik von Kreta
Glatzenbildung bei den Anthropoiden
Gloeke, Doppel- eines Elefantenjägers
der Baia
Glyceria tluitans = Schwaden = Manna,
Verwendung 829,
Goldbroschen von der Goldkiste
Goldgewiehte, H auf
Goldhandel, stummer
Goldkiiste (Westafrika)
Gioldland, ein zweites, Salomos
— s. Guinea
Goldschmiedekunst, Westafrika
653
19, 36 | Götter, Klassifizierung der chinesischen 417
970; —, Rangtafel taoistischer
198 | —, s. Hausgötter
852, Gétterdarstellungen, China
427
402 ff., 423, 430
361 | Götterkult und Ahnenkult 153
201 ` Gottheiten der Tschuktschen 853
818| Gräberfeld mit ältesten Buckelurnen,
258| Niedergörsdorf bei Jüterbog 347
Gräberlelder bei Woltersdorf, Kreis
485, Nieder-Barnim 439 ff.
Grabkammern mit Reliefs, China 402
| Grabstoek, stets nur aus Holz 823
442 —, als Auszeichnung der Frau 824
628 Grammatik der Zamuco-Sprache 121
Gräser, wilde der prähistorischen Zeit 822, 829
373 | Gravettespitze des Spätaurignacien 961
Griechenland, Trinkgeschirr mit Stern-
813 ` bilderdarstellungen 17
Grönland s. Eskimos
96 Grosshirnrinde 114
ae Säuern in 832
—, s. Kochgruben
Nerunarlise verschiedener Gehöfte mit
347; Wohnhäusern und Sklavenkasernen
aus Südostafrika 146
252. Guaieurusprache 121
' @uansprache, Verbreitungsgebiet 40
140 | Guarani-Indianer, Sammlung 121
82 | Guayaki (Paraguay), Sammlung 121
654 | Guinea als Goldland 9
826 Gurina (Kärnten), Fibeln 689
825 |
97 H.
Haar der Völkerstämme am Mamberamo
63! in Holländisch-Neuguinea 317, 334
10 —, Länge des, bei den Negern 279
91 der Papua 980
| —, spiralgekraustes 279, 250
599 | — der Tasmanier 979
978 = der Tschuktschen 842
,— 8. Behaarung
94 Haarbildung, Wert für Rassenver-
| gleichungen 275
838 Haarboden vomScheitel eines Chinesen 274,276
14 | —, vom Scheitel eines Hottentotten 275, 276
56 Haarfarbe der syrischen Juden 84, 90
9| Haarnadeln, hölzerne von der Goldküste 50
9 ff.. Haarperrücken s. Perrücken
1 Haarprobe, Tasmanier- O71
Haarschneiden (?) der Tasmanier 652
12, 15 Haartrachten auf Hainan 205
1016
Hacken, hölzerne
Hainan (Insel), die Li auf, und ihre Be-
ziehungen zum asiatischen Kontinent
Häkchenzeiehnung in den Bilderschriften
Halsschmuck: Ringe aus Schwanzhaaren
des Elefanten
Hammeräxte, durchlochte von Cucuteni
bei Jassy (Rumänien) |
Han-Grab altes Baudenkmal, China
Han-Zeit, Taoismus der
Handel der Phönizier (= Karthayer) mit
den Völkern der Westküste Afrikas
Handelsverkehr zwischen Nordafrika
und den Gebieten südlich der Sahara
Handelswege im Innern Westafrikas
Hanno (Karthager), Expedition des
„Hannoverische‘“ Fibel 655,
Harpune, Prototypus der, Frühmagda-
lenien 903,
Harpunen, einreihige des Hochmagda-
lénien 963,
—, zweireihige des Spätmagdalenien 964, 966 Holzstempel, westafrikan.,
— s. Hirschgeweihharpunen
Haselnusskätzehen als Notnahrung
Hasenbrot
Hasentelde, Kreis Lebus, vorgeschicht-
liche Ansiedlung
Häuser der Li auf Hainan
— der Völkerstämme am Mamberamo -
323,
Kreis
in Holländisch-Neuguinea
—, neolithische bei Lissdorf,
Naumburg
Hausbauten, Neu-Guinea
Hausgerät der Tschautschus
Hausgeräte auf Hainan
Hausgötter der Tschuktschen
Haussa, Epitheta für Pflanze und Tier
Hautfarbe der Völkerstämme am Mam-
beramo in Holländisch-Neuguinea 320,
Heirat bei den Völkerstämmen in Hol-
ländisch-Neuguinea
Heiratsgebräuche auf Hainan
Heldenfiguren bei dem Aufbau zum
japanischen Knabenfest
Helmshagen, Pommern, Spätlatene-
fibel 659, 690,
Heng-shan, altchinesischer heiliger Berg
431,
Henkelschalen aus Gräbern bei Wolters-
dorf, Kreis Nieder- Barnim
Herero, Plica semilunaris bei
Hessen s. Wachenheim
Hierog'yphe Youallan, „am Orte der
Nacht‘
549,
202,
390,
Seite
524 |
|
193 |
925
92
|
591 |
158
402,
55 |
36 |
19
73.
793
964 |
965
|
$29
830
819
209
338
998
132
849
212
853
866
335 |
Seite
Hieroglyphen der Tageszeichen 127
Himmel der Chinesen 355
Himmelsaltar Tien-Tan, Peking 364, 366, 369
Peking
` 363, 369
Hirsch, die Sonne tragend, Cod. Borgia 929 `
Hirschgeweihharpunen, flache des Azilien
965, 967
Hirschhornaxt, polierte von Cucuteni
bei Jassy (Rumänien) UE?
Hirschbhorgbseke, rohe von Cucuteni -
bei Jassy (Rumänien) 593
Höhle Castillo bei Puento Viesgo in der
, Provinz Santander 967
.— 8. Veledahöhle
Höblenwohnungen 115
Hohnrätsel der Dschagga 533
Höllendarstellungen der Taoisten 406
Hoizkeule der Ja-Luo 253
'Holzsehale der Ababde 253
Holzsehwert der Issenghe (Afrika) 246
Schlangen-
motiv 14, 39
Holsteller aus Rhodesia (Südafrika),
symbolische Zeichen OU
Holzwaffen aus dem Kongogebiet 245
Hölzerne Geräte und Werkzeuge neben
Ä den oder statt der Steinwerkzeuge 822
— Sichelkeulen der Issenghe, Afrika 245
Homo neogacus 118
Homosexuelle in Holländisch-Neuguinea 339
Honzik, Architekt f 114
Hopi-Indianerlied 269
Hottentotten, Haarboden vom Scheitel
eines 275, 276
—, Plica semilunaris bei 616
-Hua-hu-king, chinesisches Werk, ,,Buch
von der Bekehrung der Hu ( EE
durch Lao-tzv“ 408
‘Hund in Holländisch-Neuguinea 330-
322
203
‚Niyrier, Albanesen Nachkommen der? 564,
Alphabetisches Inhaltsverzeichnis.
I.
577 Inea, Geschlechterverfassung der 121
"Indianer, mexikanische, Überreste heid-
691 nischer Vorstellungen und Gebräuche 127
— , Verwandtschaft der Musik der Polar-
432. eskimos mit der der 261
Indianerlied vom Thompson-River 268
496 Indianische Elemente in der heutigen
616 Sprache Chiles 121
Indische Einflüsse auf Benin 76
'Irisfarbe der syrischen Juden 85, 90
925 Islam in China 412
Alphabetisches Inhaltsverzeichnis.
Issenghe (Afrika), Holzschwert der
— hölzerne Sichelkeulen
J.
Jagd bei den Li auf Hainan
— s8. Elefantenjagd
Jagor-Sammlung .
Jahresrechnung der Rudolf Virchow-
Stiftung fiir das Jahr 1911
Ja-Luo (nilotischer Stamm, Viktoria
Nyanza), Holzkeule der
— Steinkeulen
Japanisches Madchen- und Knabenfest
Joehbeine, vorstehende bei syrischen
Juden /
Juden des westlichen Sudan
—, syrische, Anthropologie
Judentum in China
1017
Seile Seite
246 Kersbach, Mittelfranken, Tierkopf-Fibel
245 673, 674
i Ketten, goldene von der Goldküste 58.
Keulen s. Steinkeulen .
210 Kiao, chinesische Opferzeremonie . 362 ff.
Kielkratzer des Hochaurignacien 960.
983 Kilimia=Plejaden 66
Kindergewebr aus Lübeck 238
989 | — aus Togo 238
Kinderspiele, Neu-Guinea 132
253 | Kinderspielzeug 237
250 | Kinematographische Aufnahmen aus
568! Deutsch-Neuguinea 136
Kleidung der Li auf Hainan 206
83 — der Völkerstämme am Mamberamo
30: in Holländisch-Neuguinea
60! — der Tschautschus
412, Kl. Gleiehberg, Sachsen-Meiningen, Früh-
Jungfernteinitz, Böhmen, Maskenfibel 672| latenefibel 676, 677, 680
Jütland, Spätlatenefibel 690 | —, Mittellaténefibel 683, 684, 685
—, Vogelkopf-Fibel 674, 675
K. Kl, Jeseritz (Schlesien), Frühlat2nefibel 680
Kaka (Baiastamm), hervorragende Jäger 92 KL Schweinitz, Kr. Liegnitz, Schlesien,
ka-ko-mä, Ausruf des Erstaunens bei | Tierkopf-Fibel 673, 674
den Tschuktschen 850 | Klima, Knochenfunde und 973
Kalebassen, westafrikanische, Stern- | Klingenkratzer des Hochaurignacien 959
. darstellungen 62, 66, 67, 68 Kiopfhammer, prähistorischer 251, 252
Kalenderstein des Museo Nacional de — aus dem neolithischen Pfahlbau
Mexico 298, 303: Gerlafingen am Bieler See 252
Kalktufflager s. Walbeck -— als Knauf der Steinkeule der Ja-
Kalmus in japanischem Aberglauben 577, Luo 252
Kamerun, Elefantenjagd in 91 Knabenfest, japanische 568, 576
— s. Antilope, Leopard, Schildkröte Konallbüchsen aus Togo 238, 239
Kamm s. Negerfetischkamm ' Knochen zur Anfertigung von Geräten
Kammmuster, Bedeutung der 161 .in der archäolithischen Kultur der
Kaninchen = Mond im alten Mexiko Tasmanier nicht verwendet 640
926, 929 —, Waffen und Geräte aus, von Cucu-
Kano, versteinerter Seeigel aus, als ' teni bei Jassy (Rumänien) 592
Amulett getragen 257 Knoehendoleh, pfriemenartiger von
Karawanenstrasse von Fezzan nach : Cucuteni bei Jassy (Rumänien) 592
dem Tschad 28, 29 Knochenfunde und Klima 973
Karawanenstrassen quer durch Afrika 21 Knochenspitzen, afrikanische Speere mit 242
Karolinen, Hamburger Siidsee-Expedi- Knöpfe, goldene von der Goldküste 58
tion 1909/10 nach den 293 Koassa Kamboi Rambo), Stämme am
Karpfen, Bedeutung in Japan 676. Mamberamo in Holländisch - Neu-
Karthager, Goldhandel der 9 guinea 332 ff.
— 8. Handel ' Kochgruben, mit Rinde ausgesetzte 828
Kasuar in Hollindisch-Neuguinea 330. Kochtöpfe, steinerne der Ababde 258
Kasuarhaare, Perrücken aus 335 — aus Gräbern bei Woltersdorf, Kreis
Keramik, bemalte von Cucuteni bei Nieder-Barnim 488, 496
Jassy (Rumänien) 585 ff. Kommissionen der Berliner Anthropo-
— von Kreta 598 logischen Gesellschaft (1)
Kerbspitze des Spitsolutréen 962, 963 Konfuzius, Gedenktafel 397
Kerbzeichen als Schrift auf Hainan 213 Kongo, Wurfhölzer vom 244
1018
Alphabetisches Inhaltsverzeichnis.
A Seite ' Seite
Kongress, 18. internationaler Ameri- Kukia, alto Hauptstadt Songhais 19, 36
kanisten- 818 | Kuklanka = Rentierfellhemd der
— s. Amerikanisten-Kongress Tschautschus 8415
—, 10. internationaler Geographen-, ver- | Kulturentwieklungz, alt-kretische 598
schoben 818 Kulturheroensage in Holländisch-Neu-
—, internationaler Rassen- 348: guinea 327, 345
Kontrasträtsel der Dschagga 528 | Kulturkreis, mexikanischer 294
Kopf s. Menschenköpfe Kulturschiehten in Afrika 242
Kopfbedeekung der Albanesen 565 | Kulturzusammenhänge, akustisches Kri-
— auf Hainan 206 terium für 601
Kopfthaut eines Chinesen 276 Kunst, Entwicklungsstadien der parie-
— eines Hottentotten 2771 talen 968, 970
Kopfindex der syrischen Juden 82, 83 Kupfer neben Eisensachen 596
Kopfjägerei in Holländisch-Neuguinea 325!— s. Flachbeil, Lochaxt
Kopfmessungen, Apparat fiir 620 | Kupterwaffen und Geräte von Cucuteni
Kopfstützen, Miniaturnachbildungen von 160. bei Jassy (Rumänien) 394
Korantasche eines Elefantenjägers der | Kürbisschale der Cora 246
Baia 96 Kysehitz, Böhmen, Maskenfibel 672
Körehow, Mecklenburg-Schwerin, Spät- |
latenefibel 688, 689 L.
Kornspeicher der Li auf Hainan 200 La Mieoque s. Typus
Körner, Franz t 581 | La Plata s. Museo
Körperdeformationen der Li auf Hainan 200 La Quinaschaber des Spätmousterien 957
Körperhöhe der Pygmien in Deutsch- Big Rochette, Ausgrabungen 309
Neuguinea 981 Landwirtschaft, Plejaden in der 65, 6b
— syrischer Juden
Körpermasse der syrischen Juden
Korzespondierende Mitglieder der Ber-
liner Anthropologischen Gesellschaft
139,
Korvar = Figur in Hockerstellung, Hei-
matstätte für die Seele
Kosmogonie der Chinesen
Krankenheilung bei den Tschuktschen
Krankheiten auf Hainan
— in Neu-Guinea
— bei den Tschuktschen
Kreta s. Keramik, Kulturentwicklung,
Metallindustrie
Kreuznach, Vogelkopffibel
Krüge aus Gräbern bei Woltersdorf,
Kreis Nieder-Barnim
Krugtassen aus Gräbern bei Wolters-
dorf, Kreis Nieder-Barnim 490, 495,
Krugtöpfe aus Gräbern bei Woltersdorf,
Kreis Nieder-Barnim
Kuan-yin, Figur des taoistischen Pan-
theons in China, christliches Vor-
bild
Kuchen, Herstellen von, Deutsch-Neu-
guinea
huert a Quer
„Kugsassuak“ (Schaukelschweif),Schau-
spicllied der Eskimos
674,
4189,
459,
g1 | Langobardiseher Urnenfriedhof bei Dahl-
sa! hausen, Kr. Westpriegnitz 163
Langugest (Böhmen), Frühlatenefibel 678
(2) Lanzen zur Elefantenjagd 104, 105
981 , Lao-tze, historische Persönlichkeit in
China 399, 400
326'—, die Geburt von 409
395 —, s. Hua-hu-king
814 Laténefibeln, Formengebung der 671
205 | —, Typenkarte 664, 930
132: Le Moustier, Ausgrabungen 309
855 | Leden, Christian, Forschungsreise im
| nördlichen Kanada 819
Leder, Verwendung SE
675 Ledersechiffe &28, Sin
‚Ledertäschehen eines Elefantenjiigers
494 der Baia 96 ff.
Legenden im Feng-shen-yen-yi 423 ff.
496 '— chinesischer göttlicher Wesen 427
| Lei-chen-tz@, chinesische Gottheit, Le-
494. gende 425, 426
Leidingshof, Oberfranken, Tierkopf-
Fibel 673
411 ' Leopard in Kamerun Oe
| Letky (Böhmen), Frühlatenefibel
138 : 676, 677, 6738, 650
'Li, die, auf Hainan und ihre Be-
' gziehungen zum asiatischen Kontinent 143
265 | Libesnitz (Böhmen), Frühlatenefibel 676, 677
te. Atten hr u ne a
Alphabetisches Inhaltsverzeichnis,
Lima s. Museo
Seite
Seite
Meerschneekengehäuse auf dem First
Lissdorf, Kreis Naumburg, Ausgrabungen des Tempeldaches Uitzilopochtlis 922
neolithischer Hauser 998 | Meili, das Reich von 10
Loebaxt (Bruchstiick) aus Kupfer mit Mene, heilige Stadt der Athiopier 25
Schafthelm von Cucuteni bei Jassy Mensch, Abstammung im Aberglauben
(Rumänien) 594, 596, 601| der Vélkerstamme in Holländisch-
Löffel mit Stiel aus einem Gräberfeld Neuguinea 322
bei Woltersdorf, Kreis Nieder-Barnim — s. Homo
495, 497 Menschenköpfe, abgeschnittene, auf den
Löffeleben (?) aus Knochen in Tas- buntbemalten Gefässen von Nazca
manien 640! in Peru 127
Lohne (Altmark), Mittellaténefibel 685 : Menschenrassen und Menschenaffen,
Lorbeerblattspitze des Hochsolutreen 962| Behaarung der 974
Liibeck s. Kindergewehr Merongai (Kerudu) 319, 322
Lucae, A., Geh. Med.-Rat Prof. Dr. + 290 | Messersehmidt, Dr. L., Kustos t 290
Lügen in Neuguinea 320 Messiassage bei den Papua 327, 344
von Lusehan, Delegierter auf dem First |Mesvinien, „Übergangsepoche“ zum
universal races Congress in London 945 | Paläolithikum 953
‘ Metallfunde, Südostafrika 145
M. | Metallguss, ,,verlorenes Wachsverfahren‘‘
Madchentest, japanisches 568 | beim 60
Madsen, P. t 348 Metallindustrie, alt-kretische 600
Magdalénien 963 | Metallspiegel der T ang Zeit mit sym-
Mainz, Spätlatenefibel 688! bolischem Dekor 399
Makonde, Kindergewehr der 238 Metallstücke als Goldgewichte 58
Malve als Nalırungsmittel 830 Mexico, Internationaler Amerikanisten-
Mamberamo (Strom) in Holländisch- | Kongress 117
Neuguinea, Völkerstämme am 315 —, Brief des Herrn Seler aus 310
Mamma eines Zwitters 291 --, Sonne, Mond und Sterne im alten 922
Mangossi (Gott), Holländisch-Neuguinea 325 Mexikaner, Medizin der alten 127
Manichäismus, Beziehungen zu dem Tao- i —, Opferblutschale der alten 203
ismus Chinas 408 | Miao auf Hainan 211
Männerhaus der Papua, Holländisch- Milehsehlauch 828, 837
Neuguinea 339 Minden, Dr. jur. Georg, Schenkung 991
Männerkindbett 546 miquiztli = das sechste Tageszeichen 923
Marignac (Gironde), Fundstation 947 Mitglieder, neue 139, 290, 307, 348, 581, 621,
Marzabottofibel
Maskenfibeln
Masse s. Körpermasse
>> Matraque“, Wurfkeule der Araber und
Berber
—, Verbreitung und Vorkommen
Maya, Darstellung des Mondes bei den
Maya-Gesehichte
Maya-Verbum, Formation des
Mbandwas, Institution der, Deutsch-
Ostafrika 503,
Mecklenburg-Schwerin s. Körchow, Per-
döhl, Rachow
Mecklenburg -Strelitz s. Bannerbrück
Medaille, Goldene der Berliner Anthropo-
logischen Gesellschaft (2)
Medizin der alten Mexikaner
Meeres-Götter, China
676, 679,
672, 696,
631
930
818, 944, 993
Mitgliederverzeiehnis der Berliner An-
thropologischen Gesellschaft
|
(5)
Mittellaténefibeln 682, 760, 936
248 ‚MIZPAH-Ring aus Gold von der Gold-
ZOU, kiiste 14, 72
924 Mohammedanische Ansiedlungen auf
127° Hainan 195
126 Mokmer (Insel Biak) 328
Mond im alten Mexiko 922
516 Mondbild 315
_Mongolenpfeifehen der Tschuktschen 845
Monumente, Papierabformungen von 541
'— von Tiahuanaca 121, 124
Morwitz ł 114
Mossi, das Reich von, im Innern West-
127 | afrikas 20
403 Moustérienindustrie von Combe-Capelle 956
1020
Moustierspitze des Friihmoustérien
— des Hochmoustérien
Münsingen b. Bern, Frithlaténefibel
676, 677, 678, 679,
—, Mittellaténefibel 682, 683,
Museo Nacional de Buenos Aires
— Historico Nacional in Lima
— de la Plata
Alphabetisches Inhaltsverzeichnis.
Seite Seite
956 Neue Hebriden, Dr. Felix Speiser dort 317
957 | Neuguth, Westpreussen, Fibel 655
‚Neuhauss, Rich., Geschenk 140
680 ' Niedergérsdorf bei Jüterbog, Aus-
684| grabungen des Herrn Kiekebusch 347
122 | Nienburg (Hannover), Mittellaténefibel 665
125 Nienbättel bei Ulzen, Hannover, Fibel 635
122 | Nigeria, Wurfholz aus 248
—, Wurfkeulen aus 247
Museum der Facultad de Filosofia y
Letras in Buenos Aires
Musik und Musikinstrumente in Hol-
ländisch-Neuguinea
— und Tänze der grönländischen Eski-
mos und die Verwandtschaft der
Musik der Polareskimos mit der der
Indianer
Mütze eines Elefantenjägers der Baia
N.
Naekel bei Friesack, Kr. Westhavel-
land, vorgeschichtliche Ansiedlung
und vor- oder frühgeschichtliche Be-
festigungsanlage
Nahrungsmittel der prähistorischen Zeit
Namen, alte, in Albanien 564,
Napfférmige Töpfe aus Gräbern bei
Woltersdorf, Kreis Nieder-Barnim 488,
Narben s. Schmucknarben
Narbenverzierungen in Neuguinea
Nase der Völkerstämme am Mamberamo
in Holländisch-Neuguinea
Nasendurchbohrung auf Hainan
—, Holländisch-Neuguinea
Nasenform der syrischen Juden
Nasenindex der syrischen Juden
Nasenpflock der Völkerstämme am Mam-
beramo in Holländisch-Neuguinea 321,
Naturdenkmalpflege, Amtliche Stelle für
Naturgötter der Chinesen 418,
Nauheimer Fibel 687, 685, 691,
Negerfetischkamm mit alten und
modernen Perlen, arabischen Miinzen
und astronomischen Darstellungen
122 | Nigritische Kulturschiehten von Afrika 242 ff.
| Nil, Nebenflüsse in alter Zeit 21
320 Nimburg (Böhmen), Frihlaténefibel 678
' Notbrot 829, 839
Nubien, Beziehungen zu Westafrika 32
—, Herkunft des westafrikanischen
261, Schlangenkultes aus 39
93: Nymphäenknollen als Nahrung 830, 839
|
Ä 0.
Oberhausen im Rheinland, Schädel 523
Oberlippe der Pygmäen in Deutsch-
: Neuguinea EA)
820 Oberndorf (Oberpfalz), Frühlatenefibel
829) 676, 677
567 Ohr, kurzes breites der Pygmäen in
Deutsch-Neuguinea SEA
496 Ohrldppehen fehlt bei Pygmäen in
| Deutsch-Neuguinea 2:1]
132 ' Ohrringe aus Südostafrika 146
Olin-Zeichen 301
319 © mi shan, heiliger buddhistischer Berg 432
01 ‚Opfer bei den Chinesen 361 ff., 305 ff.
336 — s. Dankopfer |
e4 ‚Opferblutschale der alten Mexikaner 243
82 i Opferbrauch in Deutsch-Ostafrika 512
‘Orakei in Hollandisch-Neuguinea 329
336 | Orientalistenkongress in Athen, Ein-
139° ladung 308
423 | Ornamentbilder von Palenque 313
194 Ornamente der Gefässe aus Gräbern
| bei Woltersdorf, Kr. Nieder-Barnim
448, 485 ff.
80, 51, 62
Neolithischer Schädel (Fragment) von
Bannerbrück, Mecklenburg-Strelitz
Neu-Guinea, Deutsch-, kinematographi-
sche und phonographische Aufnahmen
aus
—, photographische Aufnahmen
—, Pygmiien
—, Reise nach
—, Holländisch-, s. Mamberamo, Volker.
stimme
| Osterburg (Altmark), Spätlatenefibel 6%
| P.
133 Päderastie bei den Tschuktschen 855
'Pai-shou-t‘u, Tafel mit 100 Formen
des Zeichens für shou „langes Leben“ 420
136 Pa-kua, mystisches chinesisches Zeichen
140 395, 399, 402, 405
250 | Palenque, Ruinen von 311
130 Pangwe-Gebiet, Kindergewehr aus dem 238
| Panpfeife 612
| Pantheia der chinesischen Literatur
Alphabetisches Inhaltsverzeichnis,
Pantheon, taoistisches, der Chinesen 138,
Papageiensehnabel, Stichelform des Spät-
magdalénien 965,
Papierablormungen von Monumenten
Papua, Haar der
Papuahunde 330,
Papuasprachen 318,
Paraido (Dorf) am Mamberamo in Hol-
landisch-Neuguinea
Parierschild aus Westaustralien
Patagonisehe Sprachen
Pauwi (Dorf) am Mamberamo in Hol-
liindisch-Neuguinea
—, Frau aus
Pawnee-Indianerlied
Peking s. Himmelsaltar, Himmelstempel
Pemari (Koassa-Kamboi-Ramboi)
Penis der Buschleute
— - Amputation in Neuguinea
Perdöhl, Mecklenburg-Schwerin, Spät-
1021
Seite | Seite
393 Plejaden in Westafrika 65
Plica semilunaris bei Herero und
966 Hottentotten 616
541 | Polareskimos, Verwandtschaft der Musik
32850 | der, mit der der Indianer 261
331 Polareskimolieder 266, 267, 269
343 Polarstern bei den Phöniziern 64
‚ Pommern s. Helmshagen
317 „Pommersche“: Fibel 690, 691
254 Prähistorle, geologische Entwicklungs-
121, geschichte der älteren Postglacialzeit
| im nördlichen Europa und ihre Be-
332 ziehungen zur 347
324 —, altertiimliche afrikanische Geräte
267| und 240
—, Wirtschaftliches zur 821
338 | Prahistorisehe afrikanische Funde 143 ff.
582 — Kommission der Berliner Anthropo-
132. logischen Gesellschaft (1)
Prosdoeimi, A., Prof. f 621
688 | Protolith 252, 253
latenefibel 687,
Periodische Veröffentlichungen, die der
Berliner Anthropologischen Gesell-
schaft durch Tausch, Ankauf oder
als Geschenk zugehen
Perlen aus Südostafrika
— 8. aggry-beads
Perrücken bei Stämmen am Mamberamo
in Holländisch-Neuguinea
Persisehe Einfiüsse auf die religiösen
Verhältnisse in China
Personilikationen von Ideen in China
Perú, Exkursion des Amerikanisten-
Kongresses nach
— s. Vasengemälde
Peruanische Grabfelder
Pfahibau s. Gerlafingen, Butz, Wauwyl
Pfeilspitze aus Südostafrika
Pflanze und Tier im Volksmunde des
mittleren Sudan
Pllanzen als Nahrungsmittel
Pfriemen, eiserne von Cucuteni bei
Jassy (Rumänien)
— aus Knochen von Cucuteni bei Jassv
(Rumänien)
Phönizier in Westafrika
— s. Polarstern
Phonographische Aufnahmen aus
Deutsch-Neuguinea
Photographie des Königs Mihigo von
Kwidschwi
Photographien-Sammlung der Berliner
Anthropologischen Gesellschaft
—, Kustos der
145,
' Prüllsbirkig (Oberfranken), Vogelkopf-
fibel 674, 675
| Psychologie des Dschaggarätsels 522
(23), Pulquegott 305
146) Pulquegötter = \Mondgötter 926
Pulverflasche eines Elefantenjägers der
Baia 93
335 Puppen für das japanische Mädchenfest 571ff.
' Pygmäen in Deutsch-Neuguinea 250
408 Pythonschlange, heilig in Aschanti 38
49
Q.
123 Quer = Stockschild vom oberen Nil 25
_Quetzalcouatl, Mondgott 2
126
R.
145 Rabe, Schwalbe und 906
‘Rachow, Mecklenburg-Schwerin, Spät-
865 latènefibel | 688, 689
S30 Rangtafel taoistischer Götter 427
Ranke, Joh., 75. Geburtstag 944
595 Rasse, Begriff 272
Rassenkongress, internationaler in
592 ` London 348
72 Rassenmerkmale, Verwertung für all-
gemeine Vergleichungen 272
— der Pygmien in Deutsch-Neuguinea 280 ft.
136 Rasttag der Tschuktschen 850, 852
Riitsel und Sprichwort 535
514 Rätselspiel bei den Wadschagga 525
Rechnungsbericht für das Jahr 1911 983
_ Redaktions-Komniission der Zeitschrift
für Ethnologie (1)
1022
Seite |
Regenbogensehlange, Sage in Atakpame |
44, 48
— bei den Kaffern Südostafrikas 53
Regengott s. Tlaloc
Reise nach Deutsch-Neuguinea 120 |
Religion, alte, in China 396
—, chinesische Staats- und deren Kultus 348
— der Völkerstämme am Mamberamo |
in Holländisch-Neuguinea 324, 327, 342, 344 :
Religionen, Beispiele für die gegenseitige
Durchdringung der drei chinesischen
414, 429
—, fremde in China 407
Religiöse Verhältnisse im heutigen China 412
Remak, Ernst, Geh. Med.-Rat t 581
Rentier selten im älteren Moustérien 958
Rentiere, Einfangen mit Hilfe des Urins 846
— s. Wettrennen
Rentierfell, Zelte der Tschuktschen aus
gegerbtem 848
Rentierfellhemd der Tschautschus 845
Rentierzucht der Tschautschus 843
Rhodesia (Siidafrika) s. Holzteller
Riga soll nach der Kornriege so heissen
826, 835
Rinde, Verwendung der 827
Rindenbrot der Schweden und Finnen
830, 840
Rindenschiffe 828
Ringe, goldene von der Goldküste 14
— s. MIZPAH-Ring |
Rödenberg bei Woltersdorf, Kr. Nieder- |
Barnim, Gräberfeld 440, 498
Rohlfs-Denkmal 621 |
Romiti, Prof., Pisa, korrespondierendes
Mitglied 139
—, Dankschreiben 291
Rote Haarfarbe der Völkerstämme in
Holländisch-Neuguinea 318
Rüdersdorf, Kr. Nieder-Barnim, Brand-
gruben 500:
Rudolf Virchow-Plaketten-Stiftung 991 |
Rudolf Virchow-Stiftung 583, 9&5
Ruinen der alten Totonaken-Haupt-
stadt Cempoallan 314
— von Palenque 311
Riilpsen bei den Tschuktschen 551
Rumänien s. Cacuteni
Rundschild aus Senegambien 255
S.
Nage von der Regenbogenschlange in
Atakpame 44, 48
—, mexikanische
926
Alphabetisches Inhaltsverzeichnis.
Seite
Sago, Nahrungsmittel der Papuas 317, 323,
331, 339
Sabara, Steinstössel aus der 255
Salomo s. Goldland
Salz den Stämmen am Mamberamo in
Holländisch-Neuguinea unbekannt 331
Sama, Goldhandel in 11
Samenkörner als Goldgewichte 56
Sammlungen von den Guayaki und
Guarani-Indianern 1
— des Museo Historico Nacional in Lima 125
Samoaner-TruppeinCastans Panoptikum,
Sondervorstellung 291
Sangen, alte Bezeichnung für frisch
geröstete Ähren 835
Santa Catharina, Brasilien, Dr. Bleyer
dort a93
Särge, ausgehöhlte Baumstämme als, auf
Hainan 205
Säuern in prähistorischer Zeit 831, 840
Sehaber des Spätmoust£rien 957
Schädel, pathologisch verdickte 617
— der Calchaqui-Gräber 118
— aus Neu-G uinea 131
— der Pygmäen in Deutsch-Neuguinea 281
— von Oberhausen im Rheinland 622
—, syphilitischer, aus Siidamerika 128
—, Fragment aus einem neolithischen
Begräbnisplatze von Bannerbrück,
Mecklenburg-Strelitz 133
Sehädel-Darstellungen auf der Fassade
des Tempels Uitzilopochtlis ER
Schädeldecke, menschliche, aus dem
Kalktufflager von Walbeck in
Braunschweig Di
Sehädellund (Schimpanse) von Steinau 582, §19
Schädelindex der Völkerstämme am
Mamberamoin Hollandisch-Neuguinea 319
Schalen, kleine, aus Grabern bei Wolters-
dorf, Kreis Nieder-Barnim 49), 496
Schamane bei den Tschuktschen §53
Schauspiellieder der Eskimos 269
Scheinkämpfe, Neu-Guinea 137
‚ Scherzrätsel der Dschagga 527, 536
Schild s. Faustschild, Parierschild,
Rundschild
Schildkröte in Kamerun, ,,Fernzauber 9%
Schilluk (Tonga), Schlafholz der 254
—, Speere mit Spitzen aus Anti-
lopenhorn 243
—, Stockschilde der 24
| Sehlafholz der Schilluk (Tonga) 254
Schlaginhaufen, Otto, Professor für An-
thropologie an der Universität Zürich 3
Alphabetisches Jnhaltsverzeichnis.
Sehlange im Codex Borgia
Schlangenkult, westafrikanischer
Schlangenmotiv in Kunstarbeiten
Schleiien, Kunst des, den Tasmaniern
nicht unbekannt
Sehlitten der Tschuktschen
Schmidt, Prof. Dr. Erich, Bromberg f
Sehminkbüchschen eines Elefanten-
jägers der Baia
Sehmuck der Li auf Hainan
— der Völkerstämme am Mamberamo
in Holländisch-Neuguinea 321,
Seite:
14, 39)
1023
Seite
306 Sonne, Mond und Sterne im alten Mexiko 922
38 , „Sonne-Nachi“, Zeichen der Bilderhand-
schriften 304, 305
Sonnen, prähistorische der Mexikaner 126
634 | Sonnensehirm als Attribut königlicher
846 | Macht 15
818 | Spatlaténefibeln 687, 794, 940, 941
—, Verbreitung der 691
103 Speekstein, Gefässe der Ababde aus 258
208 —, Tabakpfeifen der Ababde aus 259
| Speer der Li auf Hainan 210
336 | Speere, afrikanische mit Knochenspitzen 242
—, Neuguinea 132, — mit Spitzen aus Antilopenhorn,
— s. Halsschmuck, Stirnschmuck Afrıka 243
Schmucknarben der Völkerstämme am ' Speerspitzen mit gegabelter Basis, Hoch-
Mamberamo in Holländisch - Neu- | magdalenien 963, 965
guinea 324 Speisen in Albanien 566
Sehmueksachen von Cucuteni bei Jassy | Spiegel in japanischer Anschauung 572
(Rumänien) 592 Spiele, Neuguinea 135
Sehöpfungsmythus, taoistischer 395 — s. Rätselspiel
Sehrift der Ureinwohner Hainans 213 Spielzeug s. Kinderspielzeug
Sehrittsprache, papuanische 326, 327. Spinnwirtel aus Ton von Cucuteni bei
Schüsseln aus Gräbern bei Woltersdorf, Jassy (Rumänien) 592
Kreis Nieder-Barnim 487, 493 , Spiralornamentik in der frühminoischen
Schwalbe und Rabe 906. Keramik von Kreta 599
Schweiz s. Münsingen , Sprache der Briefe des Columbus 127
Seeigel, versteinerte, als Amulette 257 | — Chiles, indianische Elemente in der
Seeverkehr, Spuren uralten, nach West- | heutigen 121
afrika 46, 56, 64 — der Li auf Hainan 214
Seelenlehre in China 396 Sprachen, Handbuch der indianischen 126.
Seler, Direktor des Internationalen |— der Völkerstämme in Holländisch-
ärchäologischen Institutes in Mexiko 307 Neuguinea 318, 343
Semnonen 498 — der sog. nauatlakischen Gruppe 127
Senegambien, Goldindustrie 13, 14; — s. Chiquito, Guaicuru, Maya, Pata-
—, Rundschild aus 255 | gonisch, Tschi, Zamuco
Sercni (Padeaido-Inseln) 318 Sprachtabellen, vergleichende, hainane-
Servalgenette s. Genetta servalina sischer und kontinentaler Sprachen 222 ff.
Shangti, Name des höchsten Wesens Sprichwort, Rätsel und 538
in China 354 Spriniberg bei Woltersdorf, Kreis
Sichelkeulen, hölzerne, der Issenghe Nieder-Barnim, Gräberfeld 440, 498
(Afrika) 245: St. Acheul bei Amiens, Quartär-
Silexdoleh des Strepyien 954, 955, ablagerungen von 947
Sinompi = böser Geist 326 Staatszuschuss 981
Sintflut s. Sündflut Stab, elfenbeinerner goldbesetzter von
Sitten und Gebräuche der Li auf Elmina, Symbol der Machthaber von
Hainan 202, der Goldkiiste 16
Skelett, menschliches aus dem Kalk- Stein, bearbeiteter, aus Südostafrika 144
tufflager von Walbeck in Braun- Steinbeil, Bruchstiick eines westafrika-
schweig 9941 nischen Riesen- 146
Sklavenhandel 17 Steinbeile aus Woltersdorf, Kreis Nicder-
Solutréen 961; Barnim 438, 439
Solutréenschichten von Badegoule 309 Steinfigur aus Neuguinea 130, 137
Sommerausflug der Gesellschaft 581 Steingeriite aus Deutsch-Neuguinea 137
Songhai (Reich am Niger) 19, 37 — des französ, Altpaläolithikum 948
'Steinmühle (Oberpfalz), Vogelkopf-Fibel
Steissbein, ungewöhnlich langes
Sternbilderdarstellungen s. Kalebassen,
Trinkgeschirr
Sterndarstellungen im alten Mexiko
Stichel der Font-Robert-Industrie
Stichelarten des Spätmagdalenien
Stirnschmuck aus gespaltenen
zähnen, Holländisch-Neuguinea
Stockschilde der Dinka und Sclulluk
Eber-
Stonehenge
Storch, Bornulied auf den
Storkow (Uckermark), Latenefibel 683,
Streitberg, Fränkische Schweiz, Tier-
kopf-Fibel
Ströpyien, „Ubergangsepoche“ zum
Paläolithikum
‚Stuhl, goldener, Symbol der Macht von
Aschanti
Siidafrika a Rhodesia
Siidsee-Expedition 1909/10 nach den
Karolinen
Sudan, Pflanze und Tier im Volksmunde
des mittleren
Suggestion, heidnische Krankenheilung
bei den Tschuktschen durch
Siindflut in den Sagen der Stämme am
Mamberamo in Hollandisch-Neugui-
nea 340, 344,
Sutz (Pfahlbau) am Bieler See, Wurfholz
1024 Alphabetisches Inhaltsverzeichnis.
Seite
Steinhammer aus Südostafrika 143, 144 Swastika - Zeichen auf Aschanti -Gold-
Steinkeulen der Ja-Luo 250 gewichten
Steinkoehen §26, 837 — — in Westafrika durch die Phönizier
‘Stein-kupferzeitliche Kultur des Donau- ' eingeführt
Balkangebietes 597 Syphilis s. Schädel
Steinlöcher im Fels zum Kochen be- Syrien s. Juden
nutzt 826, 835 Sze Shu, heilige Bücher der Chinesen
Steinmesser, Mond als, Cod. Borgia 924
Steinpyramiden zwischen Gräbern bei
Woltersdorf, Kreis Nieder-Barnim 449 T.
‘Steinring am oberen Ende des Grab- Tabak in Holländisch-Neuguinea
stocks 823 — im Tauschverkehr der Tschuktschen
Steinstéssel aus der Sahara 255 Tabakpfeifen der Ababde aus Speckstein
Steintempel im Bezirk Lo-kiang-hien, Tabaksbeutel der Tschuktschen 842,
Prov. Szé-ch‘uan, China 429, 430 Tageszeichen, Hieroglyphen der
Steintépfe der Ababde 259 —, das sechste
Steinwerkzeuge der Tasmanier, Bezeich- Tamaulipas, Ethnologie und Altertümer
nung 650, des Staates
—, Verwendung hölzerner Geräte und Tanabatalest in Japan
Werkzeuge neben den oder statt der 822 Tanz der Li auf Hainan
Steinzeit von Cucuteni bei Jassy (Ru- — der Tschuktschen
mänien) 592 Tänze der grönländischen Eskimos
'Steinauer Höhle bei Schlüchtern, Schädel- — der Mokmer-Leute
fund (Schimpanse) 582, 819 —, Neuguinea
674 Tao, Bedeutung des Wortes
622 Taoismus
— der Han-Zeit
Taoistisches Pantheon der Chinesen 138,
922 Tao-té-king, philosophisches Buch der
901 Chinesen
964 Tardenoisien
—, mikrolithische Geräte des
335 Tasmanien, Gesteinsarten
254 Tasmanier, Stellung im anthropologi-
163| schen System
909 —, archäolithische Kultur der
684! —, Haar der
Tasmanier-Haarprobe
Tasmanische Worte zur Bezeichnung
der Steinwerkzeuge
Tassen, konische mit einem Henkel aus
Gräbern bei Woltersdorf, Kreis
Nieder-Barnim
— der Tschuktschen
Tätowieren auf Hainan
‚ Tätowierte
Tätowierung der Küstenstämme
865 Holländisch-Neuguinea
'— der Tschuktschen-Frauen
‚ Ta-tu-tz& Mi-lo-fo, ,, Dickbauch- Buddha“
: Taua (Koassa Kamboi-Ramboi)
Tauschverkehr der Tschautschus
345 Tee bei den Tschuktschen
245. Tempel in vorchristlicher Zeit
673
953
15
293
in
84
Va
653,
490,
843,
164,
Seite
300
336
643
259
546
127
923
127
569
204
853
261
328
137
394
401
402
393
399
967
967
654
257
633
979
zul
650
495
849
201
21
322
812
427
334
$43
851
171
Tempel des eisernen Buddha auf dem
Heng-shan, China 432,
Alphabetisches Inhaltsverzeichnis. 1025
Seite | Seite
Woltersdorf, Kreis Nieder - Barnim
433 | 488, 495
| Töpferei, Neu-Guinea 138
— „die blaue Kammer“ in dem Kom-
plex des Himmelstempels, Peking
— 8. Bergtempel, Himmelstempel, Stein-
tempel
tero-watta, Gebrauch und Verwendung
der
—, Gewicht und Grössenverhältnisse
der
— von scheinbar absichtlicher Form
— als Universalinstrument 656,
Terrinenlörmige Gefässe aus Gräbern
bei Woltersdorf, Kreis Nieder-Barnim
485,
Tertiärzeit, Existenz des Menschen in
der (7)
Tezcatlipoea
Tharschisch, Lage
Tharschischfahrt, Ziel und Einfuhr-
artikel der
Thessalien als Brücke zwischen Kreta
365 | Topfscherben aus Manu, Siidostafrika 145
Totemtier, Elefant als 110
| Totemtiere in Holländisch-Neuguinea 322
| Totengebriuche auf Hainan 204
650 — in Hollandisch-Neuguinea 325, 342
Trinkgesehirr mit Sternbilderdarstell-
642 ungen in Griechenland 77
644 Trommel der Eskimos 264, 266
660 Trommelsprache, Neu-Guinea 138
Trommeltanz der Eskimos 261, 263
Tsehautschu, Name der nomadisierenden
486 BewohnerderTschuktschen-Halbinsel 843
Tschisprache 41, 42
118 Tschivölker 40, 41
929 | Tschuktsechen, ethnographische Beob-
3| achtungen bei den 840
Tsu-t‘ien, (nicht identifizierte) Figuren
1 in chinesischen Tempeln 433, 434, 435
Typenaufnahmen der Völkerstämme in
und dem Donau-Balkangebiete 601 Neu-Guinea 131
Tiahuanaca, Monumente von 121, 124 Typenkarten, prähistorische 664
T’ien-shih, ,,Himmelsmeister“, seine Typus Abri Audit 957
Funktion bei der Ernennung und — Chatelperron des Frühaurignacien 959
Beförderung von Göttern 404, 406, 422 | — Font-Robert 961
Tien-tan, allerheiligstes Bauwerk der _— La Micoque 953
Chinesen 364 |
Tiere im Volksmunde des mittleren U.
Sudan 876 | Uitzilopoehtli, Gottheit der Mexikaner 922
Tierkreisdarstellung, westafrikanische 71 i Umanatsiak, Westgrönland 261
Tierkreissymbolismus in dem mexi- ' Unterhaltung der Tschuktschen 850
kanischen und dem Maya-Kalender 126 | Unterrichtsministerium, Zuschuss seitens
Tier- und Vogelpantomimen der Eskimos 265 | des 308
Ti-Tan, Altar der Erde, Peking 372 Uphas (bisher vergeblich gesuchtes
Titikakasee, Besuch der Inseln des 124 Land) = Goldküste (Westafrika) 8, 9, 79
Ti-ts‘ang-wang, der oberste Herr der Urania, Vortrag in der 982, 993
Unterwelt, China 415 Urin, Verwendung bei den Tschuktschen
Tlaloc, Regengott der Mexikaner 922 846, 852
Tod, Furcht vor dem, der Tschuktschen 854 ` Urinbecher der Tschuktschen 846
Togo, Kindergewehr aus 238 | Urnen, doppelkonische, aus Gräbern
—, Knallbüchsen 238, 239 bei Woltersdorf, Kreis Nieder-
— , Zunzui (Spielzeug) aus 238, 239 Barnim 486, 492
Ton, Spinnwirtel aus, von Cucuteni bei | Urnenfriedhof, Jangobardischer, bei Dahl-
Jassy (Rumänien) 592 hausen, Kr. Westpriegnitz 163
Tonidole von Cucuteni bei Jassy (Ru- |
mänien) 592, 593, 594 vV. |
Tontopf, glasierter (500 v. Chr.) aus | Vasenformige Gefiisse aus Gräbern
China 153 bei Woltersdorf, Kreis Nieder-
Tonhöhe, absolute, als Kriterium für - Barnim 489
Kulturzusammenhänge 601 Vasengemälde, altperuanische 120
Tonmaiende Rätsel der Dschagga 635 | Veledahöhle bei Velmede a. d. Ruhr,
Tonnenférmige Töpfe aus Gräbern bei | Ausgrabungen 315
Zeitschrift fiir Ethnologie. Jahrg. 1911. Heft 6. e 66
1026 Alphabetisches Inhaltsverzeichnis.
Seite Seite
Verbrennungsplitze bei Waltersdorf, Weissmalerei, kretische 599
Kreis Nieder-Barnim 449 Werkzeuge der Tschuktschen 6419
Verein für Volkskunde, Delegierten- Westafrika, Beziehungen zum Osten
versammlung in Einbeck 348| und Norden 28
Verfassung der Li auf Hainan 199 '—, Kenntnis der Alten von 20
Vergleichsrätsel der Dschagga 537 —, Spuren uralten Seeverkehrs nach
Vermächtnisse der Berliner Anthropo- | 46, 56, 64
logischen Gesellschaft (1) —, Völkerverschiebungen in 35
Versammlung, 5. gemeinsame der —, Vorstudien zur Geschichte 1
Deutschen und Wiener Anthropo- Westafrikanisehe Holzstempel, Schlan-
logischen Gesellschaft in Heilbronn 291, 815 | genmotiv 14, 39
Verwaltungsbericht für das Jahr 1911 951) Westpreussen s. Neuguth
Vözöretal, „Führer“ durch das 310, 819 Westpriegnitz, Kr. s. Dahlhausen
—, Studienfahrt ins 581 Wettrennen mit Rentieren bei den
Vögel, Sammellied auf verschiedene 907 Tschuktschen 853
Vogelkopf-Fibeln 672, 698, 930 Winchesterbüchsen der Tschuktschen 848
—, örtliche Verteilung der 675 Wind- und Wolken-Götter, China 403
Völkerstämme am Mamberamo in Hol- „Windische‘“ Fibel 655
ländisch-Neuguinea und auf den vor- | Wirtschaftliches zur Prähistorie c21
gelagerten Inseln 315 | Woche, viertägige der Ewevölker 43
Völkerverschiebungen in Westafrika 38 — von zchn Tagen in Ahanta (Gold.
Volkskunde s. Verein | küste) 40
Vorburz bei Delsberg, Seeigel aus neo- 'Wobnart der Li auf Hainan 205
lithischer Lagerung aus 957: Wohnplätze bei Woltersdorf, Kreis
Vorgeschichte, chinesische 153 | Nieder-Barnim 499
Vorstand der Berliner Anthropologi- Woltersdorf, Kreis Nicder-Barnim, Aus-
“schen Gesellschaft (1) grabungen 346, 1430
Wu-King, heilige Bücher der Chinesen 3
-Wurlholz und Wurfkeule, Unterschied 24:
W. '— aus Nigeria 24s
Wachenheim (Hessen), Frühlatenefibel — aus dem Pfahlbau von Putz am
676, 677, 680) Bieler See 245
„Wuchsverfahren, verlorenes“ beim Wurfhölzer von Darfor und vom
Metallguss 60, Kongo 244
Waffen, altertümliche afrikanische, Be- | Wurlkeule aus einem neolithischen Pfahl-
ziehungen zur Prähistorie 240 bau von Wauwyl (Kanton Luzern) 245
— der Li auf Hainan 210; Wurfkeulen aus Nigeria und Nord-
Wahl des Ausschusses für 1911 114 afrıka 247
— des Vorstandes für das Jahr 1912 985 Wurfspeerspitze mit einseitig abge-
Walbeck, Braunschweig, menschliches schrägter Basis, Frühmagdalcnien
Skelett aus dem Kalktufflager von 994, 963, Und
Waldlichtung durch Brand 825, 834 |
Walkersbrunn, Oberfranken, Tierkopf- | X.
Fibel 613 Xylophon, afrikanisches Di
Wangara (Land), Westafrika 11)
Warnlieder der Wadschagga 523 | .
Wauwyl (Kanton Luzern), Pfahlbau, Y.
Wurfkeule 247 Yang Jen, chinesische Gottheit, Le-
Webstuhl der Li auf Hainan 213, gende 425
Weidenblattspitze (feuille de saule) des Yi-king, Dokument ältester chinesischer
Frühsolutreen 962, Philosophie 397, 38
Weisbach, Generalstabsarzt a. D., Graz, Yin und Yang der Chinesen 305
HOjaihriges Doktorjubiläum 139 Yukatan (Halbinsel), altestes Zeugnis
Weissagekunst auf Hainan 205, von der Existenz des Menschen auf 17
Alphabetisches Inhaltsverzeichnis.
2.
Seite
Zelte der Tschuktschen
1027
Seite
848
Zahlen bei den Völkerstämmen am ‚Zeremonien in Holländisch-Neuguines 326
Mamberamo in Holländisch - Neu- Ziegenbock, Gespräch des Fisches mit
guinea 321 dem 904
Zahlenmystik im religiösen Leben der Zinn in Afrika 26
Chinesen 364, 395 Zinnsehmelzen afrikanischer Einge-
Zahlwörter der Li auf Hainan 219 borener 147
Zähne s. Eberzähne ‚ Zunzui (Spielzeug), Togo 238, 239
Zamuco-Sprache, Grammatik der 121 : Zwergwuchs in Neuguinea 281
Zeippern, Kr. Guhrau, Schlesien, Mittel- | Zwitter, Geschlechtsteile eines 140
latenefibeln 686 —, Mamma eines 291
Literarische Besprechungen.
Scite Seite
Arauzadi, T. de, A propósito de al- Maccurdy, G. G., A Study of Chiri-
gunos >, lapones y castellanos quian Antiquities (E. Seler) 857
(E. v. Hornbostel) 153 Meringer, R., Meyer-Lübke, W., Mikkola,
Frazer. J. G., The golden bough J. J., Much, R., Murko, M., Wörter
(P. Ehrenreich) 628 und Sachen (Ed. Halın) 177
—, — — —, Part II, Taboo and the Parker, H., Village folktales of Ceylon
perils of the soul, Part III, The | (P. Ehrenreich) 376
dying god (P. Ehrenreich) 857 Rhamm, K., Ethnographische Beiträge
Hartland, Edwin, Primitive paternity zur Germanisch - Slawischen Alter-
the myth of Supernatural Birth in tumskunde (A. Brückner) 180
Relation to the History of the Saville, M. H., Contributions to South
family (v. Reitzenstein) 174 American Archaeology. Vol. Iu. II
Jyer, Anantha Krishna, The Cochin (E. Seler) 859
Tribes and Castes (W. Planert) 178 Thonner, Franz, Vom Kongo zum
John, R. S., Indian Tribes of the _ Ubangi (P. Staudinger) 182
Lower Mississipi Valley and Adjacent Thurston, Edgar, Castes and Tribes of
Coast of the Gulf of Mexico | Southern India (Griinwedel) 176
(K. Th. Preuss) 1000 Weissenberg, S, Das Wachstum des
Johnson, J. P., Geological and archaeo- Menschen nach Alter, Geschlecht und
logical notes on Orangia (v. Luschan) 183 Rasse (v. Luschan) 379
Kauffmann, O., Aus Indiens Dschungeln | Wörter und Sachen, Bd. II (Ed. Hahn) 376
(W. Planert) 625 —, Bd. III, Heft 1 (Ed. Hahn) 1001
Verzeichnis der Tafeln.
> Seite
Tafel I—III. Seyffert: Die Ausrüstung eines Elefantenjägers 96, 98, 110
Tafel IV. Seyffert-Stumme: Die Ausrüstung eines Elefantenjägers
112
Druck von Gebr Unger in Berlin, Bernburger Strasse 30.
amed „Google
ZE „Google
bated „Google
PERIODICAL
THIS BOOK IS DUE ON THE LAST DATE
STAMPED BELOW
RENEWED BOOKS ARE SUBJECT TO
IMMEDIATE RECALL
Dt FEB 4 1985
\
FEB 10 1965 HEED
Library, University of California, Davis
Series 458A
PTLERIVUICAL
mann ill
3 1175 01067 4573
ND 479041
eitschrift fur | =
Ethnologie. wh