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Full text of "Zeitschrift für Ethnologie 43.1911"

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LIBRARY 
UNIVERSITY OF CALIFORNIA 
DAVIS 


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ae une 


ZEITSCHRIFT 


ETHNOLOGIE 


Organ der Berliner Gesellschaft 
für 


Anthropologie, Ethnologie und Urgeschichte. 


Dreiundvierzigster Jahrgang. 


1911. 


Mit 1 Tatel und 1 Kartenbeilage. 


BERLIN. 
BEHREND&C®. 


Lb MARY 


UNIVERSITY OF CALIFORNIA 
DAVIS 


Für den Inhalt der Abhandlangen und Vorträge 
sind die Autoren allein verantwortlich. 


Berliner Gesellschaft 
fiir 


Anthropologie, Ethnologie und Urgeschichte. 
1911. 


Vorstand, L Januar 1911. 


Hans Virchow. . >» > 2 2 =. =. =. . +. +. Vorsitzender. 

Kari von den Steinen - . . . =. =. . +... ) Stellvertreter des 
Schuchhardt . .....2.2.22.2.. Vorsitzenden. 

Traeger e, GeschäftsführenderSchriftf. 
Sdkeland ........ +... . . Schatzmeister. 


Ausschuss, 21. Januar 1911. 


Friedel, Obmann, Ehrenreich, Götze, Maass, Minden, F. W. K. Miller, Seler, 
Staudinger, C. Strauch, 


Organ der Gesellschaft: Zeitschrift für Ethnologie. Redaktions-Kommission: 
H. Virchow, Herausgeber, v. Luschan, Schuchhardt, K. v. d. Steinen, Traeger. 

Bibliotheks-Kommission: Maass, Bibliothekar, Hahn, K. v. d. Steinen, Traeger. 

Kustos der Photographien-Sammlung: Neuhauss. 

Anthropologische Kommission: v. Luschan, Vorsitzender der Been 
Bartels, Fritsch, v. Hansemann, Strauch, Virchow, Waldeyer. 

Prihistorische Kommission: 0. Olshausen, Vorsitzender der Fachsitzungen, 
Friedel, Goetze, Menzel, Hub. Schmidt, Schuchhardt. 


Vermächtnisse. 
Rudolf Virchow, Ehrenpräsident + 1902. 
Max Bartels 1904. Wilhelm Joest 7 1897. 
Adolf Bastian + 1905. Carl Künne 7 1898. 
Ludwig Dittmer 7 1908. Emil Riebeck + 1835. 
Gustav Götz + 1906. Heinrich Schliemann 7 1891. 
Fedor Jagor 1900. William Schönlank 7 1898. 


Zeitschrift für Ethnologie. Jahrg. 1911. Heft 1. A 


(2) Mitglieder-Verzeichnis. 


Goldene Medaille. 
(Alfred Maass-Stiftung 1. Mai 1909.) 
Albert Grünwedel 20. November 1909. Turfan-Expedition. 


Ehrenmitglieder. 


Andree, Richard, Dr., Professor (November 1909). München, Friedrichstr. 9. 

Andrian - Werburg, Ferdinand, Freiherr von, Ministerialrat (Juli 1894). Aussee, 
Steiermark. | 

Montelius, Oscar, Dr. phil., Professor, Reichsantiquar (November 1909). Stockholm. 

Ranke, Johannes, Dr., Professor (März 1895). München, Briennerstr. 25. 

Sohweinfurth, Georg, Dr., Professor (Februar 1906). Schöneberg-Berlin, Kaiser 
Friedrichstr. 8. 

Uwarow, Gräfin, Präsident der Kaiserlich Russischen Archäologischen Gesellschaft 
(Dezember 1889). Moskau. 

Waldeyer, Wilhelm, Dr., Professor, Geh. Medizinalrat (November 1909). Berlin W. 62, 
Lutherstr. 35.- 


Korrespondierende Mitglieder, 
mit Angabe des Jahres der Ernennung. 


Anutschin, D., Dr., Professor, 1889. Moskau. | Brigham, William, T., A. M., A. A. S. 

Aspelin, J. R., Dr., Staatsarchaeolog, 1874., Director of the Bernice Pauahi Bishop 
Helsingfors, Finnland. Museum of Polynesian Ethnology and 

Bamler, G., Missionar, 1911. Deutsch Neu-; Natural History, 1898. Honolulu, Ha- 
Guinea, Insel Rook, Post Finschhafen. | waiian Islands. 

Barnabel, F, Dr., Professore, Direttore | Burgess, J., L. L. D., C. I E., Director 
del Museo nazionale Romano, 1894.; General of the Archacolog. Survey of 


Rom, Ripetto 70. 3 p. India, 1887. Edinburgh, 22 Seton Place. 
Baye, Baron Joseph de, 1890. Paris, | Capellini, G., Professor, Senator, 1871. 
58 Avenue de la Grande armée. Bologna. 


Beddoe, John, M. D., F. R. S., 1871.) Capistrano de Abreu, Dr. Joao, 1895. Rio 
The Chantry, Bradford-on-Avon (Wilts) | de Janeiro, Brasilien, Rua D. Luisa 145. 
England. i Capitan, Dr., Professor, 1904. Paris, Rue 

Bellucci, Giuseppe, Dr., Professor, SC des Ursulines 5. 


Perugia. Cartailhac, E., Professeur, Administrateurdu 
Blumentritt, Ferdinand, Professor, 1900.; Musee, 1881. Toulouse, Ruedelachaine 5d. 
Leitmeritz, Böhmen. Castelfranco, Pompeo, R. Ispettore degli 
Boas, Franz, Dr. phil., Professor, 1899.) Scavi e Monumenti, 1883. Mailand, 
New-York, Columbia University. Via Principe Umberto 5. 
Bobrinskoy, Graf Alexis, Excellenz, 1905. 1 Chantre, Ernest, Professor, Faculté des 
Smjela, Gouv. Kiew. Sciences de Lyon, Anthropologie. Sub- 
Bonaparte, Roland, Prinz, 1885. Paris, | direktordes Museums fürNaturgeschichte, 
22, Cours La Reine. 1881. Lyon, Quai Claude-Bernard. 


Boule, Marcellin, Professor der Palaconto-| Dawkins, W. Boyd, Professor, M. A., 
logie, 1906. Paris. Muséum, Place Val-; F. R. S., 1877. Woodhurst, Jallowfield, 
hubert 3. Manchester. 


Korrespondierende Mitglieder. 


Deniker, J., Dr., Bibliothécaire au Muséum, 
1906. Paria, 8 Rue de Bouffon. 

Dörpfeld, Wilh., Dr., Professor, erster Se- 
kretär des Kaiserlich Deutschen Archäo- 
logischen Instituts, 1903. Wilmersdorf- 
Berlin, Uhlandstr. 137. 

Dorsey, George A., Curator of Anthropology, 
Field Museum, 1910. Chicago, U. S. A. 

Dupont, Ed., Direktor des Kgl. natur- 
geschichtlichen Museums, 1871. Brüssel. 

Fewkes, J. Walter, 1900. Washington. 

Flamand, G. B. M., Directeur Adjt du 
Service géologique des Territoires du 
Sud de l’Algerie, 1908. Algier-Mustapha, 
Rue Barbes 6. 

Flex, Oscar, Missionär, 1873. Karlsruhe. 

Garson, J. G., M. D., 1889. London, 
Royal College of Surgeons. 

Gerlach, Dr. med, 1880. Hongkong. 

Gross, V., Dr. med., 1880. Neuveville, 
Schweiz. 

Guimet, Emile, 1882. Leon, 

Hackman, A., Dr., 1910. Helsingfors, Finskt 
Museum. Fredsgatan 13. 

Haddon, A. C., Sc. D., F. R. S. President 
of the Anthropolog. Institute of Great 
Britain and Ireland, 1903. Cambridge, 
Inisfail, Hills Road. 

Hampel, Josef, Dr., Professor, Hofrat, Kustos 
am National-Museum, 1834. Budapest. 

Hausmann, R., Professor, 1896. Dorpat, 
Jurjef. 

Heger, Franz, K. und K. Regierungsrat, 
Direktor der Anthropologisch - Ethno- 
graphischen Abteilung am K. K. Natur- 
histor. Hofmuseum, 1893. Wien I, 
Burgring 7. 

Heierli, J., Dr. hon. c., Privat-Dozent, 
1890. Zürich V. 

Helbig, Wolfgang, Dr., Professor, 1883. 
Rom, Villa Lante, Passeggiata Mar- 
gherita. 

Herman, Otto, Direktor der Ungarischen 
Ornithologischen Centrale, 1906. Buda- 
pest, VIII Jòzsefkörùt 65. 

Herrmann, Anton, Dr. phil., Professor, 
1889. Budapest I, Szent-Györgyutcza 2. 

Hildebrand, Hans, Dr., Reichsantiquar, 
1872. Stockholm. 

Hirth, Fr, Dr., Professor, 1886. New- 
York, Columbia University. 


(3) 


Kolmes, William H., Head Curator of the Unit. 
States National Museum, Chief Bureau of 
American Ethnology, 1903. Washington. 
D. C. 

Hörmann, Konstantin, Hofrat, Direktor des 
Landes - Museums, 1894. Sarajevo, 
Bosnien. 

Hörnes, Moriz, Dr. phil., Professor, 1894., 
Wien ILI, Ungargasse 27. 

Houtum - Schindler, A., General, 
Teheran, Persien. 

Jacques, Victor, Dr., Secrétaire de la Société 
d’Anthrop., 1889. Brüssel, Rue de 
Ruysbroeck 36. 

Jhering, Hermann von,Dr., Professor, Director 
do Museo zoologico, 1886. Sao Paulo, 
Brasilien, Caixa do correio 190. 

Kate, H. ten, Dr., 1886. Geuthod-Bellevue, 
Canton Genf, Schweiz. 

Kerg, H., Dr. phil., Professor, 1898. Leiden. 

Keysser, Christian, Missionar, 1910. Finsch- 
hafen, Bismarck-Archipel, Südsee. 

Koganeil, R., Dr. med., Professor an der 
Universität, 1904. Tokio. 

Kolimana, J., Dr.med., Professor, 1887. Basel, 
Birmannsgasse 8. 

Lacerda, Dr., Professor, 
National - Museums, 1889. 
Janeiro. | 

Lubbock, Sir John, Bart, M. P., 1871. 
High Elms, Farnborough, Kent, Eng- 
land. 

Macalister, Professor, President Anthro- 
pologica, Institute of Great Britain and 
Ireland, 1893. Cambridge. 

Man, Edward Horace, C. F. E., 1904. 
St. Helens, Preston Park, Brighton, 
England. 

Manouvrier, L., Dr., Professor, 1904. Paris, 
Rue de l’Ecole-de-Medecine 15. 

Marchesetti, Carlo, Dr., Direktor des natur- 
historischen Museums, 1887. Triest. 

Martin, F. R., Dr. phil, Assistent am 
archäologisch-historisch. Staatsmuseum, 
1898. Stockholm, Gref-Magnigatan 3. 

Mc Gee, A. N., Dr., Director Public Mu- 
seum, 1903. St. Louis, Mo. Corner 3d 
and Pine Sts. 

Moore, Clarence B., 1906. 
Pa. 1321 Locust Str. 

Moreno, Don Francisco, Direktor des Natio- 


A? 


1878, 


Direktor des 
Rio de 


‚Philadelphia 


(4) 


nal-Museums, La Plata, 1878. Buenos 
Aires. 
Morgan, J. de, 1897. Croissy sur Seine, 
Nr. 1. Seine et Oise, Rue Dormeuil. 
Morse, Edw. S., Dr., Professor, Direktor 
der Peabody Academy of Science, 1889. 
Salem, Mass., Nord-Amerika. 

Morselli, Enrico, Dr. med., Professor, Di- 
rettore della Clinica Psichiatrica della 
R. Universita, 1881. Genua, via Assa- 


rotti 46. 
Mortillet, Adrien de, professeur a l’Ecole 
d’anthropologie, 1907. Paris (14°), 


10bis, Avenue Belle 

Müller, Sophus, Dr., Direktor des National- 
Museums, 1882. Kopenhagen. 

Munro, Robert, M. A, M. D., L. L. D. 
1894. Elmbank, Largs, Ayrshire, N. B. 

Nieuwenhuis, A. W., Dr. Professor, 1910. 
Leyden, Witte Singel 75. 

Nordenskiöld, Freiherr Erland, Dr., 1910. 
Stockholm, Drottningholmsvägn 8a. 
'Noetling, Fritz, Dr. phil., Hofrat, 1894. 
Hobart (Tasmanien), Australien, Beach- 

holme, King Street, Sandy Bay. 

Orsi, Paolo, Dr., Professor, Direttore del 
Museo Nazionale, 1888. Siracusa. 

Peñafiel, Antonio, Dr., Professor, 1891. 
Mexico. D. F., Callejon de Betlemitas 
Num. 8. 

Petrie, W. M. Flinders, M. C. L., L. L. D., 
Edwards - Professor of Egyptology in 
the University College, 1897. London 
WC., Cowerstr. 

Pigorini, Luigi, Professor, Direktor des prä- 
historisch - ethnographischen Museums, 
1871. Rom, Via Collegio Romano 27. 

Pisko, Julius E., k. u. k. General-Konsul, 
1895. Liverpool, J. u. R. Austro-Hun- 
garian Consulate General. 

Prosdocimi, Alessandro, Cav., Dr., Pro- 
fessor, 1889. Este, Italien. 

Putnam, F. W., Professor, Curator ot the 
Peabody Muscum, Harvard University, 
1903. Cambridge, Mass., U. S. America. 

Radloff, W., Dr., Prof., Mitgl. d. Kais. Ak. 
d. Wiss., 1884. St. Petersburg; Wassili 
Ostrow, 7, Linie Nr. 2. 

Reinach, Salomon, Conservateur du Musée 


Mitglieder-Verzeichnis. 


Retzius, Gustaf, Dr., Professor, 1882. 
Stockholm, Drottninggatan 110. 
Riedel, J. Gerard Friedr., Dr., 1871. 


Batavia, Java, N.O.Indien, 138 Kramat, 
Weltevreden. 

Risley, Herbert H., K. C. I. E. C. S. I, 
1895. South View, Hill Side, Wim- 
bledon. England. 

Rivett-Carnac, J. H., Colonel, Aide de 
Camp of His Majesty the King, 1882. 
Schloss Wildeck, Aargau, Schweiz. 

Romiti, G., Prof., Dr., 1911. Pisa. 

Roth, W., Dr., 1906. Pomeroon River, 
British Guiana, South America. 

Rutot, Aimé, Conservateur au Musée royal 
d'histoire naturelle de Belgique, 1906. 
Brüssel, Rue Vautier 31. 

Salin, Bernhard, Dr., Direktor des Nor- 
dischen Museums, 1908. Stockholm. 
Salinas, Antonio, Professor, Direktor d. 
National-Museums, 1883. Palermo. 


Sarasin, Paul, Dr. phil, 1906. Basel, 
Spitalstr. 22. ` 
Sarasin, Fritz, Dr. phil, 1906. Basel, 


Spitalstr. 22. 

Sergi, Giuseppe, Dr., Professor, Direktor d. 
anthrop. Museums, 1891. Rom, Via 
Collegio Romano 27. 

Stahl, August, Dr. med., 1906. Bayamon, 
Portorico. 

Stieda, Ludw., Dr., Geh. Medizinalrat, Pro- 
fessor, 1883. Königsberg i. Pr. 

Studer, Theophil, Dr., Professor, 1885. Bern. 

Stuers, Jonkheer Victor de, Meester, 
Referendaris Chef der Afdeeling Kunsten 
en Wetenschapen aan het Departement 
van Binnenlandsche Zaken, 1900. Haag. 

Szombathy, Josef, k. k. Regierungsrat, 
Kustos a. k. k. naturhist. Hofmuseum, 
1894. Wien I. 

Toldt, K., Dr. Professor, k. k. Hofrat, 1906. 
Wien I, Helferstorferstrasse 4. 

Topinard, Paul, Dr., Professor, 1879. Paris, 
Rue de Rennes 105. 

Troll, Joseph, Dr., 1890. 
Josefsgasse 10. 

Truhelka, Ciro, Kustos am Bosnisch- 
Hercegow. Landes-Museum, 1894. Sara- 
jevo, Bosnien. 


Wien va, 


des Antiquités Nationales, Membre de; Tsuboi, S., Dr., Professor an der Uni- 


l'Institut, 1904. St. Germain-en-Laye. 


versität, 1904. Tokio. 


Ordentliche Mitglieder. (5) 


Tarner, Sir William, Professor der Anatomie, 
1890. Edinburgh, 6 Eton Terrace. 
Tylor, Edward, B., Professor der Anthro- 
pologie, 1893. Linden. Wellington. 

Somersett, England. 

Vedel, E., Amtmann, Vizepräsident der 
Königl. Gesellschaft für nordische Alter- 
tumskunde, 1887. Sorö, Dänemark. 

Verneau, R., Dr., Professor der Anthro- 
pologie in Paris, 1906. Museum, 
Rue de Baffon 61. 

Watsen, Dr. med., Professor, 1898. Ade- 
laide, Australien. 


Weisbach, Augustin, Dr. med., General- 
Stabsarzt, 1871. Graz, Steiermark, 
Sparbersbachgasse 41. 

Wieser, Ritter von Wiesenhort, Franz, Dr. 
phil., Professor, Präsident d. Ferdinan- 
deums, 1894. Innsbruck. 

Wilson, Dr. med., Professor, 1898. Sydney, 
Australien. 

Zampa, Raffaello, Dr., Professor, 1891. 
Perugia per Bosco, Villa S. Ubaldo. 
Zwingmann, Georg, Dr., Med.-Inspektor, 

1873. Kursk. 


Ordentliche Mitglieder, 
mit Angabe des Jahres der Aufnahme. 


a) Immerwährende (nach § 14 der Statuten). 


Ash, Julius, 1890, Berlin. + 1907. 


Dresden-A., Gellertstr. 5. 

Corning, Dr. med., 1891. Basel, Bundesstr. 17. 

Ebreareich, Paul, Dr. med. et phil., 
Privatdozent, 1878. Berlin W.30, Heil- 
bronner Strasse 4. 

Frödin, Otto, Dr., 1909. Statens Historiska 
Museum, Stockholm. 

Hainauer, Oskar, 1887, Berlin. + 1894. 

Joest, Wilh., Dr., Professor, 1880. Berlin. 
7 1397. 

Landau, Wilhelm, Freiherr von, Dr. phil. 
1877, Berlin. + 1908. 

Leusat, Duc de, Exzellenz, 1895. Paris, 
Rue Dumont d'Urville 47. 


| Neuhauss, Richard, Dr. med., Professor, 
Caknhetm, O., Dr., Sanitätsrat, 1883.. 


1883. Gross-Lichterfelde I, Marien- 
strasse 32. 

Pelizaeus, W., 1902. Kairo, Egypten. 

Riegler, C., Direktor, 1886. Stuttgart, Rothe- 
waldstr. 27a. 

Sarasin, Paul, Dr. phil., 1887. Basel, Spital- 
strasse 22. 

Sarasin, Fritz, Dr. phil., 1886. Basel, Spital- 
strasse 22. 

Schiemm, Julie, Fräulein, 1893. Berlin W. 10. 

- Viktoriastr. 4a. 

Seler, Cäcilie, Frau Professor, 1900. 
Steglitz, Kaiser Wilhelmstr. 3. 

Sokoloski, L., 1888, Wreschen. + 1891. 


b) Jährlich zahlende (nach § 11 der Statuten). 
Abel, Karl, Dr. med., 1887. Berlin W. 35,|Agahd, R., Dr., Realgymnasialdirektor, 


Potsdamerstr. 122b. 

Absolon, Karl, Dr. phil., Privatdozent, 
Kustos am mährischen Landesmuseum, 
1910. Brünn. 

Adam, Leonhard, stud. iur. et cam., 1910. 
Berlin W. 50, Ansbacherstr. 6. 

Adioff, P., Dr. phil., Zahnarzt, 1910. Königs- 
berg i. Pr., Weissgerberstr. 6/7. 

Adolf Friedrich, Herzog zu Mecklenburg, 


1909. Frankfurt a. O., Huttenstr. 8. 

Ahrens, Dr. med., 1904. Berlin W.30, Motz- 
strasse 53. 

Akopianz, Senekerm ter stud. phil., 1911. 
Gumuck-Klerne, z. Zt. Berlin NW. 7, 
Bauhofstr. 2. 

Albrecht, Gustav, Dr. phil., stadt. Biblio- 
thekar, 1896. Charlottenburg 5, Wall- 
strasse 51. 


Hoheit, Dr. phil., 1901. Rabensteinfeld, | Albu, Dr. med., Professor, 1890. Berlin 


Mecklenburg. | 


NW. 6, Schiffbauerdamm 29. 


(6) Mitglieder -Verzeichnis. 


Aimgrist, Arnold, 1910. Waasa, Finnland. | Auerbach, Richard, Kaufmann, 1896. Wil- 
Alten, Georg von, Generalleutnant z. D.,; mersdorf-Berlin, Nassauischestr. 1. 
Exzellenz, 1908. Berlin W. 10, Matthäi-!Bab, Hans, Dr. med., prakt. Arzt, 1903. 
kirchstr. 24. Wien IX, Alserstrasse 26, II bei 
Altertumsverein, 1909. Haltern, Westf. Mathog. 
Altertumsverein, 1895. Worms a. Rh. Baeiz, E. von, Dr. med., Geh. Hofrat, Pro- 
Altrichter, Karl, Rechnungsrat, 1886. | fessor, 1901. Stuttgart, Neue Wein- 
Nieder-Schönhausen b. Berlin, Blücher- | steige 33. 
strasse 25. i Baldermann, Gustav, 1906. Miihrisch-Alt- 
Ambrosetti, Juan B., Dr., Professor, Direk- | stadt, Nordmähren. 
tor des ethnograph. und archäolog. Bartels, Anna, Frau Geh. Rat, 1904. 
Museums der Universität, 1908. Buenos! Berlin NW. 40, Roonstr. 7. 
Aires, Calle Santiago del Estero 1298. | Bartels, Paul, Dr. med., Privatdozent, 1893. 
Amende, Ernst, Seminaroberlehrer, 1910. Berlin NW. 23, Schleswigerufer 12. 
Altenburg, S.-A., Hohestr. 44. | Baumann-Seyd, Frau A., 1910. Hamburg, 
Andrée, Landrichter Dr. jur., 1911. | Jordanstr. 36. 
| 


Berlin W. 62, Keithstr. 13. Baumgartner, Theodor, Ingenieur u. Kon- 
Ankermann, Bernhard, Dr. phil., Kustos am, kordats-Geometer, 1910. Zürich-See- 

Konig]. Museum für Völkerkunde, 1902.) bach. 

Steglitz, Grunewaldstr. 26. Beccard, E.. Dr. phil., 1908. BerlinNW. 21, 
Antze, Gustav, Dr. phil., Assistent am Mus.) Stromstr. 55. 

f. Völkerkunde, 1906. Leipzig, Lampe- |Behla, Robert, Dr. med., Regierungs- und 

strasse 13. | Geh. Medizinalrat, 1877. Charlotten- 
Arbusow, Leonid, Dr., 1910. Sassenhof b.! burg 2, Grolmannstr. 32/33. 

Riga (Russland), Tapetenstr. 2, 19 Quart. | Behlen, Heinr., Kgl. Forstmeister, 1895. 
Armstrong, Edm. Clarence Rich., M.R.I.A.,| Haiger, Reg.-Bez. Wiesbaden. 

F. S. A., Assistent Irish Antiquities | Behrend, Adolf, Verlags-Buchhändler, 1883. 

Depart., National Museum, 1909. Dublin, | Berlin W. 8, Unter den Linden 10. 


Eglinton Road 37. Bein, Willy, Dr., Regierungsrat, etats- 
Arne, T., Dr., 1910. Staatens Historiske: mässiges Mitglied der Normaleichungs- 
Museum, Stockholm. kommission, 190%. Berlin W. 15, 
Arnhold, Eduard, Kaufmann, 1907. Berlin) Emserstr. 25. 
W.10, Matthäikirchstr. 12. Belck, Waldemar, Dr. phil., 1893. Frank- 
Arriens, Carl, Maler u. Illustrator, 190%.) fart a. Main, Baumweg 62. 
Berlin W. 30, Speyererstr. 21. Benda, C., Dr. med., Professor, Privat- 
Asche, Freiherr von, Geh. Kommerzienrat, | dozent, 1885. Berlin NW. 40, Kron- 
1906. Bad Harzburg. prinzenufer 30. 
Ascher, Hugo, Kaufmann, 1892. Berlin, Benignus, Siegfried, Dr. phil., 1910. Berlin 
W. 50, Rankestr. 6. N. 24, Linienstr. 107. 


Ascherson, P., Dr. phil. et med., Professor, | Benninghoven, Wilh., Dr., Professor, 1910. 
Gch. Regierungsrat, 1869. Berlin W. 57,! Berlin NW. 21, Turmstr. 19. 
Bülowstrasse 51. | Berendt, G., Dr. phil., Professor, Geh. Berg- 

Aschoff, Albert, Dr. med., Sanitätsrat, 1594.; rat, 1875. Friedenau, Kaiserallee 120. 
Berlin SW. 48, Friedrichstr. 1. Berger, Paul, Rentier, 1910. Merseburg. 

Aschoff, L., Dr. med., Geh. Sanitätsrat, Berna, Ferdinand, cand. med. 1911. Berlin 
1877. Berlin SW. 61, Bellealliance-| W. 30, Nollendorfstr. 7. 


platz lla. Berner, Ulrich, stud. phil, 1908. Berlin 
Ash, Frau Bertha, 1908. Berlin NW. 40,! NW. 5, Stephanstr. 4. 
Alexanderufer 6. Bernhardt, M., Dr., Professor, Geh. Medizinal- 


Asmus, Rudolf, Dr., med. prakt. Arzt, 1909.) rat, 1874. Berlin W. 8, Französische- 
Teterow, Schwerin. | strasse 21. 


Ordentliche Mitglieder. (7) 


Beran, Gerhard, stud. phil., 1909. Frank-' Bockenheimer, Dr., Universitätsprofessor 
furt a. O., Leipzigerstr. 25. und Privatdozent der Chirurgie, 1907. 

Bertram, Stephanus, Arzt, 1906. Berlin N.58,' Charlottenburg 2, Kantstr. 10. 
Lychenerstr. 119. Boerschmann, Ernst, Militär- Bauinspektor 

Berwerth, Fritz, stud. phil., 1911. Wien, bei der Deutschen Gesandtschaft in 
Schottengasse 3. Peking, 1910. Zurzeit Halensee, Küstri- 

Bessel-Hagen, F., Dr., Professor der Chirar- | nerstr. 21. 7 
gie, Direktor des Städt. Krankenhauses ` Bohls, J., Dr., 1898. Lehe, Hafenstr. 6. 
Charlottenburg-Westend, 1909. Berlin | Bolle, Dr. med., 1903. Berlin N W., Alt-Moabit, 
W.15, Kurfürstendamm 200. Meierei. 

Bibliothek, Grossherzogliche, 1885. Neu- Bong, Verlagsbuchhändler, 1903. Berlin 


| 


Strelitz. _ W. 57, Potsdamerstr. 88. 
Bibliothek, Stadt-, 1858. Stralsund. | Bordes, Otto, Dr., Zahnarzt, 1910. Berlin 
Bibliothek, Universitäts-, 1900. Basel. W. 50, Nürnberger Str. 8. 


Bibliothek, Universitäts-, 1891. Greifswald. ' Bormann, Alfred, Dr. med., Stabsarzt, 1897. 
Bibliotkek, Universitäts-, 1896. Tübingen.| Marienwerder, Westpr., Kleine Herren- 
Bibliothek, Königl. u. Universitäts-, 1909. strasse 4. 

Königsberg i. Pr. Bornmüller, Joh., Dr. med., Arzt, 1908. 
Bibliothek, Universitäts-, 1909. Leipzig. {| Berlin SO. 36, Lausitzerplatz 13. 
Bibliothek, Universitäts-, Fundatiunea Uni-, Bosse, Chr., Geh. Regierungsrat, Ver- 

versitara Carol I, 1909. Bucarest. waltungsdirektor der Kgl. Museen, 1910. 
Bibliothek, Miihrische Landes-, 1910. Brünn. | Berlin W. 62, Landgrafenstr. 10. 
Bibliethek, Landes- und Stadt-, 1910.) Bouchal, Leo, Dr. jur., 1898. Wien IV/1, 

Düsseldorf, Friedrichsplatz 7. Schäffergasse 22. 

Bibliothek, Kgl. Universitäts-, 1910. Kiel. Bracht, Eugen, Landschafts-Maler, Geh. 
Bibliothek, Kgl. Bayerische Hof- und Staats-, Rat, Professor, 1883. Dresden A., 


1910. München. ' Franklinstrasse 3 B. 
Bibliothek, Königl. öffentl. 1909. Dresden-N., | Brandenburg, Erich, Dr., 1905. Konstan- 
Kaiser Wilhelmplatz 11. tinopel, Deutsche Post. 


Bitharz, O., Ober- Bergrat a. D., 1910. | Brandt, von, K. deutscher Gesandter und | 


Berlin W. 30, Haberlandstr. 7. bevollmächtigter Minister a. D., Wirkl. 


Bindemann, Hermann, Dr. med., 1887. Berlin} Geheimer Rat, Exz., 1879. Weimar, 


O. 34, Frankfurterallee 85. . Cranachstrasse 7. 
Blasckenhorn, M., Dr. phil., Professor, Privat- | Brasch, Felix, Dr. med., 1895. Wannsee, 
dozent, 1903. Halensee, Joachim- ' Alsenstr. 28. 
Friedrichstr. 57. Brass, Emil, Konsul a. D., 1906. Berlin 
Blasius, Wilhelm, Dr. phil., Geh. Hofrat, Pro-; W. 30, Goltzstr. 21. 
fessor, 1578. Braunschweig, Gaussstr. 17, | Brauer, A., Dr., Professor, Direktor des 
Blau, Frl. Margarete, 1911. Berlin-Marien-! Kgl. Zoologischen Museums, 1909. 
felde, Adolfstr. 9, Pension Wulffert. Halensee, Westfälischestr. 62. 
Biever. Georg, Dr. med., 1897. Tijucas, | Bredow, von, Rittmeister a. D., 1872. Berlin 
Estado de Santa Catharina, Brasilien. | W. 62, Kleiststr. 19. 
Blech, Iwan, Dr. med., 1893. Charlotten- | Breysig, Kurt, Dr., Prof. an der Universität 


burg 2, Schliiterstr. 78. Berlin, 1904. Schlachtensee, Kurstr. 8. 
Biuhm, Agnes, Dr., 1910. Berlin W. 50,|Brögger, Anton W., Dr. phil., Konservator 
Speyererstr. 1. beim Museum zu Stavanger, 1910. 


Blame, Erich, Dr. phil., wissenschaftlicher| Stavanger, Norwegen. 
Hiilfsarbeiter am Kaiser Friedrich- | Broh, James, Dr. jur., Rechtsanwalt, 1910. 
Museum, 1905. Posen. Berlin C. 25, Alexander-Platz 2. 
Blementhal, Dr. med., Geh. Sanitätsrat, | Bruchmann, K., Dr. phil., 1878. Berlin SO. 16, 
1850. Berlin W.10, Victoriastr. 31. Michaelkirchstr. 27. 


(8) 


Brückner, Erich, Dipl.-Ingenieur, Kgl. 
Regierungsbauführer, 1906. Weissenfels 
a. S., Naumburger Str. 13. 

Brühl, Ludwig, Dr. med., Kustos am Kgl. 
Institut f. Meereskunde 1910. Steglitz, 
Peschkestr. 2. 

Brüning, H. Enrique, 1905. Lambayeque, 
via Puerto de Eten (Peru). 

Brünn, Emma, Frau, 1909. Berlin W. 62, 
Kurfürstenstr. 126. 

Brunner, K., Dr. phil., Direktorial- 
Assistent am Königl. Museum für Völker- 
kunde, 1899. Steglitz, Belfortstr. 13a. 

Buchholz, Rudolf, Kustos des Märkischen 
Provinzial-Museuns, 1877. Berlin W. 50, 
Rankestr. 2. 

Buchner, Ernst, stud. med., 1910. Karlshorst, 
Stühlingerstr. 18. 

Burger, Friedr., Dr. jur., 1910. Paderborn, 
Ikenberg 1. | 
Busch, Friedr., Dr. med., Professor, Geh. 
Medizinalrat, 1896. Berlin W. 15, 

Fasanenstr. 52. 

Buschan, G., Dr. med. et phil, Kaiserl. 
Marine-Stabsarzt a. D., 1884. Stettin, 
Friedrich-Karlstr. 7. 

Buschke, A., Dr. med., Universitätsprofessor, 
Dirigierender Arzt am Virchow-Kranken- 
haus, 1898. Berlin W.50, Kurfürsten- 
damm 243. 

Busse, Herm., 1895. Woltersdorfer Schleuse 
bei Erkner, Buchhorsterstr. 4. 

Caro, Henry, Dr.med., 1903. Berlin SW. 29, 
Bergmannstr. 110. 

Carriere, Ludwig, cand. phil., 1910. 
Charlottenburg 2, Knesebeckstr. 32. 
Carthaus, Emil, Dr., 1911. Grunewald bei 

Berlin, Gillstr. 2a I. 

Castan, Eric, Kunstmaler, 190%. 
W. 50, Kurfürstendamm 237. 
Chotek, Karel, Dr., Professor, 1910. Prag- 
Smichov, Närodopisne Museum Cesko- 
slovanske. 

Classen, Quirin, 1907. 
Barbarossastr. 16. 

Cieve, G. L., Pastor, 1903. Tandala, Bez. 
Langenburg, via Dar-es-Salaam (Deutsch 
Ost-Afrika) z. Zt. Friedenau, Friedrich 
Wilhelm Platz 2. 

Ceha, William, Dr. phil., 1903. Halensee, 
Joachim-Friedrichstr. 55. 


Berlin 


Berlin W. 30, 


Mitglieder-Verzeichnis. 


Cohn, D., 1906. Berlin W. 62, Kurfürsten- 
strasse 102. 

Conwentz, Dr., Prof., Geh. Regierungsrat, 
1911. Berlin-Schöneberg, Wartburgstr. 54. 

Cosak, Harald, stud. phil., 1910. Wilmers- 
dorf, Pfalzburger Str. 32. 

Crahmer, Wilh., Volontär am 
Museum f. Völkerkunde, 1908. 
mersdorf, Uhlandstr. 108/109. 

Cremer, Carl, Dr., Rechtsanwalt, 1911. 
Hagen i. W., Bergstr. 93. 

Crome, B., Dr. phil., Privatdozent, 1909. 
Göttingen. 

Czarnikow, E. C., Direktor, 1910. Küpper- 
steg, Niederrhein. 

Czekanowski, Jan, Dr., 1906. St. Petersburg, 
Wasiljewskij Ostr. Anthrop. Ethnogr. 
Museum der Kaiserlichen Akademie der 
Wissenschaften. 

Cummings, Byron, Dean of School of Arts 
and Sciences, 1911. University of 
Utah, z. Zt. Steglitz, Sachsenwaldsir. 25. 

Danzel, Th. W., stud. cthnol., 1909. Leip- 
zig, Inselstr. 13. 

Dascalu, C., Professor, Lehrer d. Geschichte 
am Gymnasium zu Romän (Rumänien), 
1910. Z. Zt. Bonn, Rheinufer 10 (Hotel 
Dissmann). 

Davidsohn, H., Dr., Sanitätsrat, 
Friedenau, Wiesbadenerstr. 3. 
Deiss, F. W., Oberleutnant a. d. Unter- 

offiziervorschule, 1909. 

Demetrikiewicz, Wladimir, Dr., Univers.- 
Professor für Prähistorie an der k. k. 
Universität, 1905. Krakau, Smolensk- 
Gasse 19. 

Dempwolff, Dr. med., Oberstabsarzt in den 
Schutztruppen, 1904. Berlin lagernd 
Postamt W. 8. 

Dieck, W., Dr. med., Professor, Abtlgs.- 
Direktor am Zahniirztlichen Institut d. 
Universität, 1910. Berlin W. 35, Pots- 
damerstr. 113, Villa 3. 

Dierbach, Carl, Dr. med., Sanitiitsrat, 1908. 
Berlin C. 25, Alexanderstr. 50. 

Diercks, Gustav, Dr. phil., 1888. Steglitz, 
Humboldtstr. 2a. 

Diergardt, Freiherr von, 1907. 
heim b. Bonn a. Rh. 

Dieseldorff, Erw. P., 1905. 
temala. 


Kgl. 
Wil- 


1372. 


Burg Born- 


Coban, Gua- 


Ordentliche Mitglieder. 


Diest, von, Generalleutnant z. D., Exzellenz, : Fabian, J, 


1904. Daber, Kr. Naugard. 

Diko, Fritz, Zahnarzt, 1910. Berlin W. 50, 
Marburger Sir. 5. 

Dill, Dr., Zahnarzt, 1911. 
graben 47. 

Dittmer, Georg, Gutsbesitzer, 1909. Strehlen 
i, Schlesien. 

Dittrich, Thekla, Frau Direktorin, 1909. 
Berlin NW.21, Bremerstr. 70. 
Domnick, Pfarrer, 1902. Pfaffendorf, Mark. 
Dönhoff-Friedrichstein, Graf, 1586. Friedrich- 
stein bei Löwenhagen, Ostpreussen. 
Dénitz, Wilh., Dr., Prof., Geh. Medizinal- 
rat, 1908, Steglitz, Lindenstr. 27. 

Dorn, Hermann, stud. phil., 1910. Stuttgart, 
Gutenbergstr. 4. 

Dorr, R., Dr., Professor, 1910. Elbing, 
Inn. Mühlendamm 34. 

Drontschilow, Krum, stud. phil., 
Charlottenburg, Leibniz Str. 47. 

Ebermaier, C., Geh. Ober-Regierungsrat, 
vortrag. Rat im Reichs-Kolonialamt, 
1910. Berlin W. 30, Freisingerstr. 3. 

Ebert, Max, Dr. phil., 1906. Berlin SW. 11, 
Möckernstr. 137. 

Ehlers, Dr. med., 1800. Berlin W. 62, 
Lüizowplatz 2. 

Eichhorn, Aug., Dr., 
Rubensstr. 28. 

Eiohhorn, Gustav, Dr., Konservator am 
Germanischen Museum, 1905. Jena. 

Eiseck, Ernst, Dr. med., 1910. Berlin SW.47, 
Yorckstr. 10. 

Elkan, Max, Kaufmann, 1903. BerlinNW.23, 
Holsteinerufer 7. 

Eisner, Friedr. Wilhelm, stud. med. dent., 
1910. Jauer, Goldbergerstr. 13. 

Eltz, Rich , Rittergutsbesitzer, 1910. Wald- 
hof, Kreis Riesenburg, Westpr. 

Elven, Eduard, 1910. Urdingen a. Nieder- 
rhein. 

Engel, Hermann, Dr. med., Geh. Sanitätsrat, 
1887. Berlin N.37, Schönhauserallee 172. 

Eperjesy, Baron Albert von, K. und 
K. Österr.-Ungar. Gesandter, Exzellenz, 
1880. Schloss Wehrburg, Post Iisens 
bei Launa a. Etsch, Südtirol. 

Erdeljanovic, Jovan, Dr., Dozent an der 
Universität, 1902. Belgrad, Serbien, 
Kralja Milutina ulica 32. 


1911. 


1905. Friedenau, 


Basel, Peters- | 


(9) 


Lehrer, 1911. Gardelegen, 
Bornemannstr. 

Falkenberg, Wilh., Dr. med., Oberarzt, 1903. 
Lichtenberg b. Berlin, Herzbergstr. 79. 
Falkenburger, Fritz, stud. med., 1911. 

Berlin O. 27, Schicklerstr. 2. 

Favreau, Paul, Dr. jur., Rechtsanwalt, 1903. 
Königswinter. 

Fechheimer, Frau Hedwig, 1910. Berlin W.30, 
Haberlandstr. 12. 

Fehlinger, Hans, Schriftsteller, 
München 44, Prinz Ludwigshöhe. 

Feist, Sigmund, Dr. phil., Direktor, 1909. 
Berlin N. 54, Weinbergswey 13. 

Fetzer, Chr., stud. phil. Charlottenburg, 
1910. Schlüterstr. 63. 

Feyerabend, Direktor des Kaiser Friedrich- 
Museums, 1890. Görlitz, Hartmannstr. 16. 

Fiedler, Eduard, Porträtmaler u. Zeichen- 
lehrer, 1910. Charlottenburg 2, Schlüter- 
strasse 4. 

Filchner, Oberleutnant, 1906. Berlin W. 30. 

Finckh, Carl, Dr., Berlin SO. 33, Cuvry- 
strasse 2. 

Fischer, Adolf, Professor, 1901. Cöln a. Rh., 
Hansaring, p. Adr. des Kunstgewerbe- 
museums. i 

Fischer, Eugen, Dr., Professor, 
Freiburg i. Br. Turnseestr. 54. 

Fleming, James, 1906. Mannheim, M. 5. 4. 

Filedner, Karl, Dr. med., 1894. Monsheim 
b. Worms. 

Florschiitz, Dr. med., 1896. Gotha. 

Foy, Willy, Dr., Direktor des Rauten- 
strauch-Joest-Museum, 1902. (Stiidtisches 
Museum für Völkerkunde), Cöln a. Rh. 

Frankel, Bernhard, Dr., Professor, Geh. Medi- 
zinalrat, 1871. Berlin W. 9, Lenné- 
strasse 5. 

Freund, G. A., Dr. phil., 1884. Berlin NW. 7, 
Unter den Linden 69. 

Friedel, Ernst, Geh. Regierungsrat, Stadt- 
rat, 1872. Berlin NW. 52, Paulstr. 4, 

Friedemann, Max, Dr. med., 1903. Zehlen- 
dorf, Stubenrauchstr. 6. 

Friedenthal, Hans, Dr., Privatdozent fiir 
Physiologie, 1909. Nikolassee/Wannsce- 
bahn, Prinz Friedrich Leopoldstr. 4. 

Friedländer, Immanuel, Dr. phil, 1890. 
Neapel, Vomero., Via Luigia Sanfelice. 
Villa Hertha. 


1910. 


1909. 


(10) 


Friedlander, Julius, 1910. Berlin W. 62, 
Lützowplatz 3. 

Friedrichsen, Fritz, Dr. med., 1910. 
Neuenahr. 

Frisch, A., Druckereibesitzer, 1876. Berlin 
W.35, Lützowstr. 66. 

Fritsch, Gustav, Dr. med., Professor, Geh. 
Medizinalrat, 1569. Gross-LichterfeldeO., 
Berlinerstr. 30. 

Fritsch, K. E. O., Professor, 1888. Grune- 
wald (Bezirk Berlin), Siemens- 
strasse 41. 

Frizzi, Ernst, Dr., 1908. Wien XIIT/10, 
Speisingerstr. 17. 

Frobenius, Leo, 1903. Halensee, Kurfürsten- 
damm 127. 

Fuchs, Rudolf, Dr., 1905. Charlottenburg, 
Knescbeckstr. 88. 

Fuchs, Albert, Herausgeber der Elsiiss. 
Monatsschrift für Geschichte und Volks- 
kunde, 1910. Zabern. | 

Fühner, Hermann, Dr., 1901. Freiburg ı. Br., 
Karlsplatz 23. 

Fülleborn, Dr. med., Professor, 1898. Ham- 
burg 9, Institut für Schiffs- und Tropen- 
krankheiten. 


Futterer, Johanna, Frau Professor, 1908. | Goldschmidt, 


Südende, Friedenauerstr. 4. 


Bad. 


Mitglieder -Verzeichnis. 


1911. Reval. Sektion zur Erhaltung 
einheimischer Altertümer. 

Gesellschaft, historische, 1887. Bromberg, 
Stadtbibliothek, Kaiserstrasse. 

Geselischaft, Senckenbergische Natur- 
forschende, 1911. Frankfurt-Main, Vik- 
toria-Allee 7. 

Gessner, Hans, Architekt, 1897. 
W.62, Bayreutherstr. 11. 

Giebeler, C., Ingenieur, 1905. Gross-Lichter- 
felde O, Wilhelmplatz 8. 

Glümer, von, Leutnant a. D. und Fabrik- 
beamter, 1898. Essen (Ruhr), Albrecht- 
strasse 14. 

Goering, Dr., Ministerresident, 1910, Burg 
Veldenstein bei Neuhaus a. d. Pegnitz. 

Görke, Franz, Direktor, 1886. Berlin W.62, 
Maassenstr. 32. 

Götze, Alfred, Dr. Professor, Direktorial-Assi- 
stent am Königl. Museum für Völker- 
kunde, 1888. Gr. Lichterfelde-West, 
Steglitzerstr. 42. 

Goldammer, Franz, Stabsarzt, Dr., 
Berlin W. 30, Luitpoldstr. 38. 
Goldschmidt,Oskar, Dr.jur., 1894. Schlachten- 

see, Waldemarstr. 70. | 

Hans, Dr., 


Berlin 


108. 


1907. Essen 


a. d. Ruhr. 


Gaedcke, Karl, 1893. Oberlehrer, Salz- | Goldschmidt, Artur, Dr., 1910. BerlinW.62, 


wedel, Salzstr. 7. 


Kurfürstenstr. 114. 


Gähde, Dr., Stabsarzt an der Kaiser Wil- | Gotthelf, Carl, 1905. Berlin W. 35, Lützow- 


helm-Akademie, 1911. 
Scharnhorststr. 35. 
Gaul, R., Dr., Sanitätsrat, 1910. Stolp i.P., 

Priisidentenstr. 2. 
6aupp, Hans, Dr. med., Stabsarzt, 
Bromberg, Elisabethmarkt 12. 
Gelb, Adhemar, Dr. phil., 1911. Wilmers- 
dorf, Nassauischestr. 31. 


Berlin NW. 40, 


1909. 


Gelinsky, Ernst, Dr., Stabsarzt, 1900. 
Deutsche Gesandtschaft, Peking. 
Dengen, Dr. med., prakt. Arzt, 1911. 


Berlin SW. 47, Grossbeerenstr. 68. 

Gerhardt, Max, Dr. phil., 1906. Schöne- 
berg b. Berlin, Prinz Georgstr. 4. 

Gesellschaft, Anthropologische, 1900. Cöln, 
Zugweg 44. 

Gesellschaft, Deutsche Kolonial-, 1900, 
(Abteilung Berlin-Charlottenburg), Berlin 
AW. A0. Alsenstr. 10. 

Gesellschaft, Estländische 


strasse 60a. 

Gottschalk, Sigismund, Prof. Dr. med., 
Privatdozent, 1886. Berlin W.35, Pots- 
damerstr. 106. 

Grabley, Dr., Paul, Chefarzt des Sanatori- 
ums Woltersdorfer Schleuse, 1911. 
Woltersdorfer Schleuse b. Erkner. 

Graf, Georg Engelbert, Schriftsteller, 1910. 
Steglitz, Peschkestr. 16. 

Graebner, Fritz, Dr., 1904. Cöln (Rhein), 
Rautenstrauch-Joest-Museum. 

Gretzer, W., 1910. Hannover, 
dorffstr. 8. 

Grimm, Paul, 1907. Berlin SW. 11, Bern- 
burgerstr. 30. 

Grosse, Hermann, Lehrer, 1897. 
NW. 87, Zwinglistr. 9. 

Grossheim, Dr., Generalarzt a. D., 1905. 
Berlin W. 50, Ansbacherstr. 28. 


Eichen- 


Berlin 


Litterärische, | Grossmann, Louis, Rabbiner und Professor 


Ordentliche Mitglieder. (11) 


am Hebrew Union College, 1894. Cin- | Hansemann, David von, Dr. med., Professor, 
cinnati, Ohio, America, 2212 Park Geh. Medizinalrat, Prosektor am 
Avenue. | Rudolf Virchow- Krankenhause, 1886. 

Grubauer, Albert, Dr., Zoologe, 1910. Grunewald (Bz. Berlin), Winklerstr. 27. 
Tempelhof, Berlinerstr. 16. Hardenberg, Freiherr von, Majoratsherr in 

Grubert, Dr. med., Sanitätsrat, 1889. Falken- Schlöben b. Roda, 1834. Sachsen-Alten- 
berg, Pommern. | burg im Sommer (im Winter Karls- 

Grünwedel, A., Dr., Professor, Direktor am ruhe, Stephanienstr. 46.) 

Kgl. Museum für Völkerkunde, 1882. ' Hartmann, Georg, Dr., 1910. Rathstock, 
Gross- Lichterfelde W., Albrechtstr. 8. ` Oderbruch. 

Guebhard, A., Dr., Professeur agrégé à la Hartwich, Carl, Dr. phil., Professor, 1883. 
Faculté de Médecine de Paris, 1909., Zürich (Schweiz), Polytechnikum. 
St.-Vallier-de-Thiey, Alpes-Maritimes. ` Hattwich, Emil, Dr. med., Geheimer Sa- 

Gudewill, John Carl, Rentner, 1901. Braun-, nitätsrat, 1850. Berlin NW. 40, Reichs- 


schweig, Kaiser Wilhelmstr. 7. | tags-Ufer 3. 

Günther, Carl, Photograph, 1881. Berlin Hauser, Otto, Archäolog, 190%. Basel, 
W. 64, Behrenstr. 24. | Margaretenstr. 109. 

Gunsett, Dr., A., 1911. Strassburg (Els.), Hausmann, Konrad von, General der 
Hoher Steg 27. ' Kavallerie z. D., Exzellenz, 1909. Char- 

Güterbock, Bruno, Dr. phil., 1885. Berlin lottenburg 2, Knesebeckstr. 74. 
W. 30, Nollendorfplatz 1. | Hauthal, R., Dr., Professor, Direktor des 

Guthknecht, Gustav, Professor, Maler, 1896.' Römer-Museums in Hildesheim, 1908. 
Steglitz, Humboldstr. 13. Hildesheim. 

Gutzmann, H., Dr. med., 1895. Berlin W. 35, | Havelburg, Dr., Arzt, 1907. Berlin W. 30, 
Schönebergerufer 11. Martin Lutherstr. 9. 

Haake, Dr. med., 1903. Braunschweig, | Heck, Dr. phil., Professor, Direktor des Zoo- 
Friedrich Wilhelmstr. 7. logischen Gartens, 1889. Berlin W. 62, 


J 


Haberer, K. A., Dr., Professor, ZE Karfiirstendamm 9. 
Regierungsarzt, 1905. Griesbach, Baden. | Hellborn, Ad., Dr. med., 1903. Steglitz, 
Hagen, B., Dr., Hofrat, 1903. Frankfurt a.M., Ahornstr. 10. 
Miquelstr. 5. Heilbronn, Alfred, 1910. Berlin-Grunewald, 
Hagen, Joachim Otto v. d., 1904. Schmiede-, Teplitzerstr. 32. 
berg bei Greifenberg (Uckermark). Heimann, Ernst A., Dr. med., 1903. Char- 
Hagenbeck, Karl, Tierhändler, 1878.| lottenburg 2, Joachimsthalerstr. 5. 
Stellingen (Bz. Hamburg.) Helbig, Georg, Wissenschaftl. Zeichner u. 
Hahn, Eduard, Dr. phil., Privatdozent, 1888" Maler, 1897. Schöneberg-Berlin, Ross- 
Berlin W. 30, Nollendorfstr. 31/32. bachstr. 5. 
Hahn, Ida, Fräulein, 1910. Berlin W. 30, | Hellmann, Gustav, Dr. phil, Professor, 
Nollendorfstr. 51/32. Gch. Regierungsrat, 1888. Berlin W. 10, 
Hahne, Hans, Dr. med., Direktorialassistent Margaretenstr. 2/3. 
am Provinzial-Mus., Privatdozent für | Hellmich, Max, Kgl. Landmesser, 1909. 
prähistor. Archäologie a. d Kgl. techn. Breslau V, Brandenburgerstr. 25. 
Hochschule, 1903. Hannover, Jäger-|Henius, Max, Dr. med., Arzt, 1909. Berlin 
strasse 8. W. 30, Motzstr. 35. 
Hake, Georg von, Ritierguts-Besitzer, 1007. Hennig, Paul, Rechtsanwalt, 1903. Berlin 
Klein-Machnow bei Stahnsdorf (Kr.| SW. 11, Anhaltstr. 15. 


Teltow). Hermann, Rudolf, Dr. phil, 1904. Berlin 
Hambloch, Anton, Grubendirektor, 1910.) SW.11, Tempelhofer Ufer 32. 
Andernach a. Rh. Hermes, Th., Ingenieur, 1911. Gmoien, 


Handtmann, E., Prediger, 1880. Potsdam, , Schwerin. 
Kronprinzenstr, 37. i Herold, Karl, 1907. Z. Zt. auf Reisen. 


(12) Mitglieder-Verzeichnis. 


Hertz, Wilh., Arzt, 1911. Charlottenburg 5, | Jacobi, Alfred, Dr., prakt. Zahnarzt, 1901, 


Dernburgerstr. 23, Steglitz, Kuhligshof 1. 
Herrmann, Wilh.,Eisenbahn-Ingenieur, 1903. |Jaoobl, Arnold, Dr., Professor, Museums- 
Gr.-Lichterfelde-West, Moltkestr. 36. Direktor, 1907. Dresden A., Zoologisches 


Heyl zu Hernsheim, Erwin, Freiherr von, Museum. 

Dr., Legationssekretär, 1903.Wormsa.Rh. | Jacoby, G., 1907. Berlin W.15, Uhland- 
Hindenburg, Dr., prakt. Arzt, 1905. Gross-| strasse 175. 

beeren bei Berlin. Jaeger, Erwin, Dr. med., 1905. Leipzig, 
Hirschberg, Julius, Dr. med., Professor, Ge-| Johannisplatz 1. 

heimer Medizinalrat, 1880. Berlin NW.6, | Jaffé, Benno, Dr. phil., 1879. Berlin W. 62, 


Schiffbauerdamm 26. Kurfürstenstr. 129. 
Hobus, Felix, Pfarrer, 1902. Dechsel, Kr. | Jahn, Martin, stud. hist., 1911. Berlin N.28, 
Landsberg a. W. Lortzingstr. 38. 


Hiner, F., Zahnkünstler, 1890. Berlin W. 50, | Jannasch, R., Dr. jur. et phil., Professor, 
Nachodstr. 2. Vorsitzender des Zentral-Vereins fiir 
Hoerschelmann, Werner von, Dr. phil., 1909.| Handels-Geographie, 1896. Berlin W. 62, 
Mexiko. Lutherstr. 5. 
Hoffmann, Joh., Dr. phil., Oberlehrer am | Jansen, Hubert, Dr., 1909. Wilmersdorf- 
Andreas-Realgymnasium, 1909. Berlin| Berlin, Hildegardstr. 19a. 
NW. 52, Alt-Moabit 21. Jellinek, Morton, stud. phil, 1910. W. 8, 
Hofmann, Cölestin, Lehrer, 1910. Rumberg, | U. d. Linden 29. 
Nordböhmen, Jenny, Ernst, Rittergutsbesitzer, 1910. 
Hofmeier, J., Dr. med., Geh. Sanitätsrat, I Berlin W. 30, Luitpoldstr. 20. 
1902. Nikolassee (Wannseebahn), a. d. | Jentsch, Hugo, Dr. phil., Prof., 1875. Guben. 
Rehwiese 25. lentzsch, Alfred, Dr., Professor, Geh. Berg- 
Hofmeister, Hermann, Dr., 1909. Lübeck, rat, Kgl. Landesgeologe, 1909. Berlin 
Lindenstr. 5. W. 50, Eislebenerstr. 14. 
Hofschlaeger, Reinhard, Dr. med., Frauen-  Jonghe, Ed. de, Dr. phil., Secrétaire au 
arzt, 1910. Krefeld. Cabinet du ministre des Colonies, 1905. 
Hoops, Joh., Dr. Professor, 1909. Heidel-| Brüssel, Rue St. Quentin 29. 
berg, Klingenteichstr. 18. Kaempf, Georg, Justizrat, Rechtsanwalt und 
Horn, O., Dr. med., Kreisarzt und Me-| Notar, 1905. Berlin W. 50, Rankestr. 5. 
dizinalrat, 1887. Tondern. Kaetel, Joh., 1909. Berlin NO. 43, Georgen- 
Hornbostel, Erich M. von, Dr., 1907.| kirchstr. 25. 
Wilmersdorf, Kaiser-Allee 180. Kallius, E., Dr. med., Professor, Direktor 
Hornbostel, Frau von, 1909. Wilmersdorf, | des anatom. Instituts der Universität, 
Kaiserallee 180. 1909. Greifswald, Karlsplatz 15. 
Hübner, Georg, 1907. Manáos, Estado de | Katz, Otto, Dr. med., 1896. Charlottenburg 1, 
Amazonas, Nordbrasilien. Berlinerstr. 50. 
Huguenel, E., Apotheker, 1904. Potsdam, | Kaufmann, Paul, Dr. med., Professor, 1900. 


a e 


Luisenstr. 53. Rom, Italien, Via Giovanni Lanza 178. 
Huth, Erich F., Dr., Ingenieur, 1909.) Kaup, J., Dr., Privatdozent, 1910. Berlin 
Berlin W. 30, Landshuterstr. 9. SW. 11, Dessauerstr. 14. 


Huth, Walter, Oberstleutnant a. D., 1910. | Kay, Charles de, General-Konsul a D., 1895. 
Charlottenburg 2, Knesebeckstr. 20/21.| New York, 413 West 23 St. 
Institut, Kaiserlich Archäologisches, 1902. |Kiekebusch, Albert, Dr., 1906. Karlshorst 


Berlin W. 50, Ansbacher Str. 46. (Bz. Berlin), Prinz Oskarstr. 7. 
Institut, Königl. Archaeologisches, 1910. Kiessling, Max, Dr. phil., Assistent am Se- 
Tübingen, Wilhelmstr. 9. minar für historische Geographie, 1903. 


Israel-Kautz, cand. med., 1910. Wilmers-! Villa Muscoli presso Fiesole (Firenze) 
dorf, Xanthener Str. 11. Italien. 


Ordentliche Mitglieder. 


Kind, Alfred, Dr., 1907. Zehlendorf bei 
Berlin, Landhaus Daheim (Machnower 
Strasse). 

Kirchhoff, Xaver, Ingenieur, 1904. Friedenau, 
Kirchstr. 28. 

Kissenbertk, Wilhelm, Dr., 1907. Maranhão, 
Brasilien, Consulado allemäo. 

Klaar, W., Kaufmann, 1883. Berlin W. 35, 
Karlsbad 3. 

Klaatsch, Hermann, Dr. med., etatsmässiger 
a.o. Professor der Anthropologie, Direktor 
des Anthropologischen Instituts und der 
Ethnographischen Sammlung, Kustos der 
Sammlungen des Kgl. Anatomischen In- 
stituts, 1900. Breslau XVI, Auenstr. 18. 

Kiahre, Pfarrer, 1910. Halenbeck bei 
Freyenstein. 

Klapp, Rudolf, Dr.. Professor, 1910. Berlin 
NW. 23, Klopstockstr. 4. 

Kiasske, Waldemar, Dr. med., Arzt, 1908 
Berlin N. 58, Dunckerstr. 9. 

Kliatt, Berthold, Dr., I. Assistent am Zoolog. 
Institut d. Kgl. Landwirtschaft). Hoch- 
schule, 1910. Berlin C. 54, Sophien- 
strasse 16. 

Kiepp, Hans, 1911. Potsdam, Branden- 
burger Str. 48. ` 

Koch, Max, Dr. med., 1900. Berlin S. 59, 
Freiligrathstr. 8. 

Koch, Frau Robert, Exzellenz, 1911. Berlin 
W. 15, Kurfürstendamm 52. 

Kech-Grinberg, Theodor, Dr. phil., Privat- 
dozent, 1902. Freiburg i. Br., Loretto- 
strasse 56. 

Kohl, Sanitätsrat Dr., 1905. Worms. 

Koehler, Bernhard, stud. phil., 1906. Berlin 
W. 30, Eisenacherstr. 103, Atelierhaus. 

Köhler, Julius, Dr., Sanitätsrat, 1909. 
Berlin W. 50, Augsburgerstr. 57. 

Köhler, Max, Architekt, 1910. Friedenau, 
Friedrich Wilhelmplatz 6. 

Körner, Franz, Grubenbesitzer, 1906. Berlin 
NW. 23, Händelstr. 9. 

Koetschau, Karl, Dr., Professor, Hofrat, 
Direktor, Kaiser Friedrich- Museum, 
Berlin, 1909. 

Koibow, Fritz, Bildhauer, 1909. Radebeul 
b. Dresden, Holweg 88. 

Kolim, Hauptmann a. D., Generalsekretär 
der Gesellschaft für Erdkunde, 1891. 
Charlottenburg 2, Hardenbergstrasse 41. 


(13) 


Kollokowsky, Georg, Stadtverordneter, 1910. 
Berlin W. 35, Steglitzerstr. 75. _ | 

Konioki, Julius, Rentier, 1892. Berlin W. 15, 
Kurfürstendamm 28. 

Kopp, Hans Fr., cand. med., 
Friedenau, Rönnebergstr. 13. 
Kossinna, Gustaf, Dr. phil., Professor, 1895. 
Gross-Lichterfelde West, Karlstr. 10. 
Kozierowski, Stanislaus von, Probst, 1908. 

Skorzewo b. Posen. 

Kraemer, Augustin, Prof. Dr., Generalober- 
arzt, 1903. Berlin W. 50, Bamberger- 
strasse 5. 

Kraemer, Hans, 
Corneliusstr. 2. 

Krause, Eduard, Konservator am Kgl. Mu- 
seum für Völkerkunde, 1876. Zehlendorf, 
Wannseebahn, Goethestr. 41. 

Krause, Max, 1911. Berlin S.42, Alexan- 
drinenstr. 93/94. | 

Krause, L., Archivsekretär, 1901. Rostock 
(Mecklb.), St. Georgstr. 111. 

Krause, Fritz, Dr. phil, Assistent am 
Museum f. Völkerkunde, 1906. Leipzig, 
Reichelstr. 3B. 

Krause, Hans, Dr. phil., Realgymn.-Ober- 
lehrer, 1909. Döbeln i. S., Thiele- 
strasse 6. 

Kretschmer, Konrad, Dr. phil., Professor, 
1899. Charlottenburg 1, Eosanderstr. 30. 

Kretschmer, Paul, Dr. phil., Professor, 1894. 
Wien VUI, Florianigasse 23. 

Krickeberg, Walter, stud. phil., 1905. Char- 
lottenburg 5, Schlossstr! 16. 

Kriegel, Friedr., Dr. med., 1903. Schöne- 
berg bei Berlin, Apostel Paulusstr. 18. 

Kroner, Moritz, Dr. med., Geh. Sanitätsrat, 
1886. Berlin S. 42, Oranienstr. 143. 

Kronthal, Karl, Dr. med., Sanitätsrat, 1890. 
Berlin-Wilmersdorf, Güntzelstr. 7/8. 

Kruse, W., Dr.med.,Professor, 1900. Königs- 
berg i. Pr. 

Kuczynski, Max H., stud. med., 
Freiburg (Breisgau), Rheinstr. 66. 

Kühl, W. H., Buchhändler, 1905. Berlin 
SW., Königgrätzerstr. 82. 

Kunze, Johannes, Dr. phil., Oberlehrer 
am Falk-Realgymnasium, 1907. Berlin 
W. 30, An der Apostelkirche 12. 

Kupka, Dr., Professor, 1903. Stendal, Fromm- 
hagenstr. 14. 


1910, 


1907. Berlin W. 10. 


1909. 


(14) 


Kurtz, F., Dr. phil, Professor, 1874. 
Cordoba, p. A. Herren Mayer & Miiller, 
Berlin N W. 7, Prinz Louis Ferdinandstr. 2. 

Kiister, Ernst, Dr., Professor der Chirurgie, 
Geh. Medizinalrat, Generalarzt, Mitglied 
des Herrenhauses, 1908. Charlotten- 
burg 4, Schlüterstrasse 32. 

Kuttner, Ludwig, Kaufmann, 1891. Berlin 
SW. 68, Ritterstr. 56. 

Kuttner, Olga, Dr. phil., 1910. Berlin W. 15, 
Kurfürstendamm 184. 

Lachmann, Georg, Kaufmann, 1859. Berlin 
W.10, Bendlerstr. 8. 

Lachmann, Paul, Dr. phil., Fabrikbesitzer, 
1889. Berlin W.10, Tiergartenstr. 3. 
Lampe, W., Lehrer, 1910. Harriehausen 

b. Gandersheim. 

Landau, H., Bankier, 1876. Berlin W. 64, 
Wilhelmstr. 71. 

Langen, Baronin von, geb. Gräfin Schlieffen, 
1910. Dresden-A. 26, Karcherallee 25. 

Langenmayr, Paul, Justizrat, 1891. Pinne, 
Prov. Posen. 

Langerhans, Wilhelm, Landgerichtsrat, 1901. 
Berlin W.15, Kaiserallee 221. 

Lasch, Richard, Dr. med., 1904. Wien VIII, 
Wickenburggasse 2. 

Laschke, Alexander, 
Oberbuchhalter, 1896. Berlin NW. 21, 
Essenerstr. 16. 

Lau, Max Ed., Dr. med., 1911. 
Marienstr. 31. 


Le Coq, Albert von, 1892. Halensee, Johann , 


Georgstr. 13. 
Lehmann, Edvard DDr., O. Professor d. 


Kais. Reichsbank-; Lippmann, Otto, stud. phil., 1911. 


Berlin, . 


Mit glieder-Verzeichnis. 


gierungsrat, 1891. 
strasse 8. 
Lemke, Elisabeth, Fräulein, 1882. Berlin 


W. 35, Genthinerstr. 33. 


Stettin, Pölitzer- 


Lennhoff, Rudolf, Professor, Dr., Arzt, 
1907. Berlin SO. 16. Schmidtstr. 37. 
Lennhoff, Julius, Fabrikbesitzer, 1908. 


Berlin SO. 16, Schmidtstr. 37. 

Levin, Moritz, Dr. phil., 1337. Berlin W.15, 
Meierottostr. 10. 

Levinstein, Walter, Dr. med., 1897. Schöne- 
berg b. Berlin, Maison de Sante. 

Lewitt, Dr. med., Arzt, 1905. Berlin SW. 48, 
Friedrichstr. 16. 

Liebermann, F. von, Dr. med., 1888. Berlin 
W. 62, Kurfürstenstr. 8S. 

Liebermann, F., Dr. phil., Professor, 1877. 
Berlin W. 10, Bendlerstr. 10. 

Lienau, Michael Martin, Leiter der vor- 
geschichtl. Abteilung des Museums für 
das Fürstentum Lüneburg, 1905. Lüne- 
burg, Villa Waldesruh. 

Lillenthal, Julius, Dr. med., 1910. Berlin 
S. 14, Kommandantenstr. 50. 

Lindenschmit, Professor, Dirigent des 
Römisch-Germanisch. Central-Museums, 
1894. Mainz. 

Neu- 

Babelsberg b. Berlin, Kaiserstr. 12. 


Lissauer, A., Fräulein, 1910. Charlotten- 
burg 4, Pestalozzistr. 88. 
‚Loewenthal, John, stud. phil., 1909. 


Berlin NW. 23, Klopstockstr. 23. 
Lohmann, Ernst, Pastor, 1901. Freienwalde 
a. d. O. 


Theologie a. d. Universität Berlin, 1910. | Lorenz, Oberlehrer, 1910. Frankfurt (Oder), 


Berlin W. 62, Kurfürstenstr. 112. 


Halbe Stadt 17. 


Lehmann-Haupt, Carl F., Dr. jur. et phil., Lorentzen, Dr. med., Arzt, 1910. Gevels- 


Professor, 1886. Berlin W. 50, Marburger- | 


strasse 6. 
Lehmann, Joseph, Dr. phil., 1908. 
lottenburg, Fasanenstr. 5. 
Lehmann, Walter, Dr. med., 1901. Kustos 


Char- 


'Lüders, Carl, Apotheker, 1906. 


berg i. W. 


Luckmann, O., Oberlehrer, 1911. Spandau, 


Hamburger Str. 112. 
Blanken- 
burg (Harz). 


am Ethnogr. Museum, München, Kaul- Ludwig, H., Professor, Zeichenlehrer, 1894. 


bachstr. 6la. 

Lehmann - Nitsche, R., Dr. med. et phil., 
Professor, 1893. La Plata, Argentinien, 
Mus. de La Plata. 


Lehnerdt, Otto, Dr. med., Geh. Sanitätsrat, 


1877. Berlin W. 9, Eichhornstr. 8. 


Lemcke, Dr. phil., Professor, Gch. Re-' 


Charlottenburg 5, Horstweg 13a. 
Luschan, F. von, Dr. med. et phil., o. Pro- 
fessor der Anthropologie, Geh. Reg.-Rat, 
1885. Siidende, Oehlertstr. 26. 
Lüthi, E., Gymnasiallehrer, Direktor der 
schweizer. perman. Schulausstellung, 
1910. Bern. 


ee ` ge EEE EEE OTS ETT <TR EEE EL ET TTS EE, 


Ordentliche Mitglieder. (15) 


Lyceum, Naturwissenschaftl. Sammlungen |Matschie, Paul, Dr., Professor, Kustos am 
des Kgl. Lyceums Dillingen, 1910. Zoolog. Museum, 1904. Berlin NW. 21, 


Dillingen (Donau). | Bundesratsufer 5. 

Maass, Alfred, Privatgelehrter, 1902. Maurer, Herman, Bureau-Vorsteher, 1896. 
Berlin W.10, Tiergartenstr. 18c. Friedenau, Stubenrauchstr. 28/29. 

Maas, Heinrich, Kaufmann, 1883. Berlin Mayet, Lucien, Dr. med., Dr. Sc., Charge 
W. 10, Hildebrandsche Privatstr. 24. du cours d’Anthropologie a l’Universite 

Maas, Julius, Kaufmann, 1883. Berlin W.10,! de Lyon, 1900. Lyon-Bellecour, Rue 
Hildebrandsche Privatstr. 24. Emile Zola 15. 


Mac Curdy, George Grant, Lecturer in | Mayntzhusen, Friedrich, 1907. Yaguarazapa 
Anthropology and Curator of the An-| am Alto Parana, Paraguay. 
thropol. Collection, Yale University, | Meisner, Dr. med., Generalarzt a. D., 1903. 
1897. New Haven, Connecticut U. S.! Berlin W.50, Culmbacherstr. 14. 


America, 237 Churchstreet. ; Mendelsohn - Bartholdy, Paul von, Bankier, 
Madsen, Peter, Baumeister, 1859. Berlin] Königl. Dänischer General-Konsul, 1906. 
N. 65, Müllerstr. 120. Berlin NW. 7, Sommerstr. 5. 


Magnus, P., Dr. phil., Professor, Geh. | Mennung, A., Dr., Oberlehrer, 1905. Schöne- 
Regierungsrat. 1870. Berlin W. 35,; beck (Elbe), Friedrichstr. 17. 
Blumeshof 15. Menzel, Hans, Dr., Königl. Bezirksgeologe, 

Magnus-Levy, Adolf, Dr. Professor, Privat-| 1905. Nikolassee-Berlin, Lückhoffstr. 1. 
dozent f. Innere Medizin, 1909. Berlin | Messing, Otto, stellv. Direktor d. Deutsch- 
NW. 6, Karlstr. 5B. Asiatischen Bank, 1905. Berlin W. 8, 

Malachowski, R., Frau Reg.-Baumeister, Unter den Linden 31. 

1911, Charlottenburg 5, Lietzensee- | Meyer, Alfred `G., Dr. phil., Professor, 
ufer 11. ' Direktor des Luisenstädtischen Real- 

Maltzan- Vidal, Freifrau, Agnes v., 1910. Gymnasiums, 1879. Berlin 8. 14, 
Z. Zt. auf Reisen. | Sebastianstrasse 26. 

Mandel, Helene, Frau Reg.-Baumeister, | Meyer, Friedrich, Dr., 1906. Tangermünde. 
1911. Gr.-Lichterfelde-West, Dürer- | Meyer, Eduard, Dr., Professor, 1903. Gross- 


strasse 23. Lichterfelde-West, Mommsenstr. 7/3. 
Manger, Martin von, Dr. med., Arzt, 1908.) Meyer, Ernst, Pastor, 1904. Königsmark 
Berlin N. 31, Bernauerstr. 17. | b. Osterburg in der Altmark. 
Mankiewicz, Otto, Dr. med., 1896. Berlin Meyer, Ferdinand, Bankier, 1592. Frank- 
W. 9., Potsdamerstr. 134. furt a M., Bockenheimer Landstr. 74. 
Mansfeld, Dr. med., Stabsarzt, 1904.| Meyer, Hans, Dr. phil., Prof., Geh. Hofrat, 
Dresden-A, Struvestr. 23. 1902. Leipzig-Reudnitz, Haydnstr. 20. 
Marcinowski, J., Dr., 1909. Sanatorium | Meyer, J., Dr., Arzt, 1907. Halensec, Kur- 
Haus Sielbeck, A. Uklei. fiirstendamm 109. 


Marquordt, Fred., Bergingenieur, 1909.|Meyer, Herrmann, Dr. phil., Konsul, 1898. 
Martin, A. E., Dr., Drot, Geh. Medizinalrat, | Leipzig, Bismarckstr. 9. 
1877. Berlin W. 62, Keithstr. 14. Meyer, Bernhard, prakt. Arzt, 1910. Gerzen 
Martin, Rudolf, Dr. med., Professor für. (Niederb.) 
Anthropologie, 1894. Zürich IV, Neue Michaelis, Hermann, Bergwerksdircktor, 
Beckenhofstrasse 16. 1906. Coblenz, Rheinzollstr. 10. 
Martini, Erich, Dr., Professor, Marine- Michaelis, Hugo, Dr., 1908. Berlin W. 30, 
Oberstabsarzt, 1905. Tsingtau, Deutsch- Luitpoldstr. 32. | 


China. i Michelsson, Gustav, stud. med., 1910. 
Maška, KarlJ., Oberrealschuldirektor, 1885. Dorpat, Teichstr. 9. 
Teltsch, Mährer. ' Mielke, Rob., Zeichenlehrer u. Schriftsteller, 


Matern, Karl Erich, Dr. med., Arzt, 1908., 1894. Berlin-Halensee, Karlsruher 
Berlin NW. 87, Turmstr. 66. | Strasse 27. 


(16) Mitglieder-Verzeichnis. 


Milchner, R., Dr. med., 1898. Berlin NW. 7, | Museum, Griiflich Dzieduszyckisches, 1900. 
Mittelstr. 18. Lemberg, Galizien. 
Minden, Frau Direktor Franka, 1904. Berlin ' Museum, Städtisches, 1904. Dortmund. 
W. 62, Kleiststr. 1. Museum, Grossherzogl. Germanisches, 1900. 
Minden, Georg, Dr. jur, Direktor des; Jena. 
Berliner Pfandbriefamts, 1885. Berlin Museum für Völkerkunde, 1888. Leipzig. 
W. 62, Kleiststr. 1. Museum für Völkerkunde, 1903. Lübeck. 
Miske, Kalman, Freiherr von, 1898. Köszeg | Museums-Gesellachaft Arnstadt i. Th., 1911. 
(Günz), Ungarn. Vors. Geh. Schulrat Fritsch, Arnstadt 
Möller, Armin, Kustos am städtischen | i. Th., Schönbrunnstr. 5. — 
Museum, 1894. Weimar, Städt. Museum. | Museum, Provinzial-, 1859. Halle a. S. 
Moliison, Theodor, Dr. med., Privatdozent Domstr. 5. Ä 
und Assistent am Anthropol. Institut der ; Museum, städtisches, 1900. Braunschweig. 


Universität Zürich, 1910. Zürich, | Museum, städtisches, 1897. Gera (Reuss j.L.). 
Stockenstr. 47. Museum für Völkerkunde, 1885. Hamburg. 

Moszkowski, Max, Dr. med., 1908. Grune- Museum, Landes-, Rudolfinum in Lai- 
wald, Herthastr. 2a. bach, 1911. 

Mühlpfordt, Arthur, stud. phil., 1909. Ber- Museum, städtisches, 1905. Halberstadt. 
lin SW.61, Teltowerstr. 62. Museum, Provinzial-, 1908. Hannover. 
Mühsam, Hans, Dr., 1907. Berlin W. 30,|Muzeum, Székely Nemzeti, 1910. Sepsis- 

Maassenstr. 11. zentgyörgy, Ungarn. 

Müller, F. W. K., Dr. phil., Professor, Mit- | Museum d. Comitates Vasvarmegyei, Prof. 
glied der Kgl. Akademie der Wissen-; Gilbert von Neogrady, Altertums Ab- 
schaften, Direktor am Kgl. Museum fiir; teilung, 1910. Szombathely, Ungarn, 
Völkerkunde, 1902. Zehlendorf (Wann- Comitat Vas. 
seebahn), Berlinerstr. 3. | Muskat, Gustav, Dr.med., 1901. Berlin W.9, 

Müller, W., Dr., 1903. Kgl. Museum für: Potsdamerstr. 16. 

Völkerkunde, Indische Abtg., Berlin Näbe, Max, 1906. Leipzig-Gohlis, Louisen- 
W 62, Courbierestr. 5. | strasse 24. 

Müller, Wilhelm, Landmesser, 1904. Gross- | Nachod, Oskar, Dr. phil., 1905. Grunewald 
Lichterfelde-West, Steglitzer Str. 21D I.' (Bez. Berlin), Hagenstr. 57. 

Mueller, Herbert, Dr. jur., 1907. Friedenau, | Naturwissenschaftl. Sammlungen des Kgl. 


Odenwaldstr. 22. ı Lyzeums Dillingen, 1910. Dillingen a. 
Müller, W., Dr. jur., 1909. Yokohama, | d. Donau. 
Kaiserl. Deutsches Generalkonsulat. Naumann, Dr., Professor, 1905. Bautzen. 
Müller, Paul, Dr., Gymnasial-Oberlehrer, | Neergaard, Dr., Inspektor am National- 
1909. Friedeberg, Neumark. Museum, 1901. Kopenhagen. 
Müller, Dr., Sanitätsrat, 1911, Berlin W.15, | Neuhaus, Aug., Dr., Assistent am German. 
Kurfürstendamm 40. Nationalmuseum, 1910. Nürnberg, 


Müller-Brauel, Hans, Schriftsteller u. Land-| Hallerstr. 5. 
wirt, 1910. Zeven, Haus Sachsenheim. | Neumann, Alfred, Dr. med., Professor, 
Müllerheim, Robert, Dr. med., Frauenarzt,' Arztl. Direktor der chirurg. Abteilung des 
1906. Berlin W. 62, Burggrafenstr. 6.| städt. Krankenhauses im Friedrichs- 
Münsterberg, Oscar, Dr. phil., 1896. Berlin ` hain, 1901. Berlin NO. 18, Landsberger 
W. 35, Derfflingerstr. 3. Allee 159. 
Minter, Friedr., Dr. med., Stabsarzt a. d. | Neumann, Oskar, Professor, 1896. Berlin N. 4, 
Kaiser Wilhelm-Akademie, 1909. Ber-!' Zoolog. Museum, Invalidenstr. 42. 
lin NW. 40, Scharnhorststr. 35. Nissen-Meyer, Oberstleutnant z. D., 1910. 
Munk, Hermann, Dr. med., Professor, Geh.) Friedenau, Bismarckstr. 1. 
Regierungsrat, 1569. Berlin W. IO. Nopcsa, Baron Franz, Dr., 1904. Ujarad, 
Matthäikirchstr. 4. Temesmegye, Ungarn. 


Egg Ce rn gp më wem, DE TI, 


Ordentliche Mitglieder. 


(17) 


Oesten, Gustav, Zivil-Ingenieur, 1879. Berlin | Pfuhl, F., Dr. phil., Professor, 1877. Posen, 


W. 66, Wilhelmstr. 51. 


Bergstr. 10a. 


Oishausen, Otto, Dr. phil., Professor, 1881. | Philip, P., Dr. med., 1896. Gr.-Lichterfelde- 


Berlin W. 50, Kulmbacher Str. 7. 


West III, Drakestr. 53. 


Oiskausen, Franz, Dr., Legationsrat, 1907.! Picard, Hugo, stud. med., 1910. Konstanz, 


Berlin W. 50, Kulmbacher Str. 7. 

Oishausen, Waldemar, Dr., 1909. Berlin 
NW. 23, Bachstr. 5. 

Oppenheim, Max, Freiherr von, Dr. jar., 
Minister-Resident a. D., 1887. Aleppo, 
Syrien, deutsches Konsulat. 

Oppenheim, Paul, Dr. phil., Professor, 1896. 
Gross-Lichterfelde-W., Sternstrasse 9. 
Orth, A., Dr. phil., Professor, Geh. Reg.-Rat, 

1876. Berlin W. 30, Zietenstr. 6b. 

Orth, Joh., Dr. med., Professor, Geh. Me- 
dizinalrat, 1903. Grunewald (Bez.Berlin), 
Humboldtstr. 16. 

Osberne, Wilhelm, Rittergutsbesitzer, 1880. 
München, Kaulbachstr. 93. 

Osten, v. d., Rittergutsbesitzer, 1911, Wisbu 
bei Muddelmow, Kreis Regenwalde, 
Pommern. 

Outes, Felix F., Generalsekretär des La 
Plata - Museums, 1907. La Plata, 
Argentinien. 

Paasohe, Hans, Kapitänleutnant a. D., 1910. 
Charlottenburg-Westend, Reichstr. 5 im 
Winter; Gut Waldfrieden bei Hochzeit, 
NM., ım Sommer. 

Paech, Fritz, Dr. jur., Amtsrichter, 1909. 
Berlin W. 57, Steinmetzstr. 3. 

Palliardi, Jaroslav, K. K. Notar, 1897. 
Mährisch-Budwitz, Mähren. 

Palm, Julius, Dr., Geh. Sanitätsrat, 1879. 
Charlottenburg 2, Grolmanstr. 39. 

Pape, Fritz, Bankdirektor, 1909. Berlin 
S. 53, Lehninerstr. 1. 

Passow, Dr. med., Professor, Geh. Medizinal- 
rat, 1895. Charlottenburg 2, Uhlandstr. 2. 

Pastor, Willy, Schriftsteller, 1906. Wilmers- 
dorf b. Berlin, Gasteinerstr. 4—5. 

Peiser, Felix, Dr., Professor, 1892. Königs- 
berg i. Pr., Golz-Allee 11. 

Peack, Albrecht, Dr., Geh. Regierungsrat, 
Professor an der Universität, 1908. 
Berlin W.15, Knesebeckstr. 48. 

Pfeiffer, Ludwig, Dr., Geh. Medizinalrat, 
1910. Weimar, Seminarstr. 

Pfugmacher, E., Dr. med., Generalarzt a. D., 
1589. Potsdam, Auguststr. 38. 
7.:itschrift für Ethnologie. Jahrg. 1911. 


Heft 1. 


Kreuzlingerstr. 68. 

Pinkus, Felix, Dr. med., 1895. Berlin W.9, 
Potsdamerstr. 7. 

Pippow, Dr. med., Geh. Medizinalrat, 1878. 
Wilmersdorf, Bregenzerstr. 3. 

Planert, Wilh., Dr. phil., Fransecki Str. 3 IIT. 

Piehn, Albert, Dr. Professor, Dirig. Arzt 
der Innern Abtlg. des Städt. Kranken- 
hauses am Urban. Berlin W. 62, Kleist- 
strasse 22. 

Plehn, Anna, Fräulein, 1910. Friedenau, 
Wielandstr. 32. 

Ploetz, Pauline, Dr. med., praktische Arztin, 
1910. Berlin SW. 48, Wilhelmstr. 42. 

Piötz, Alfr., Dr. med., 1903. München 23, 
Clemensstr. 2. 

Péoh, Rudolf, Dr. med., Privatdozent für 
Anthropologie an der k. k. Universitit. 
1901. Wien III, 3, Reisnerstr. 34. 

Poll, Heinrich, Dr. med., 1896. Berlin 
NW. 40, Hindersinstr. 3. 

Ponfick, Dr., Professor, Geh. Medizinalrat, 
1873. Breslau XVI, Novastr. 3. 

Porawskl, Paul, Lehrer, 1909. Berlin NW. 52, 
Alt-Moabit 17. 

Poser und Gross-Naedlitz, Elsa v., Fräulein, 
1910. Friedenau, Stierstr. 21. 

Preuss, Eugen, Bankier, 1908. 
NW. 23, Flensburgerstr. 2. 

Preuss, K. Theodor, Dr. phil., Kustos am 
Kgl. Museum für Völkerkunde, 1895. 
Friedenau, Hähnelstr. 18. 

Pröhl, F., Dr. med., Oberstabsarzt und Re- 
gimentsarzt des 1. Garde-Feldartillerie- 
Regiments, 1906. Berlin W. 15, Kur- 
fürstendamm 37, 

Prüfer, Friedrich, stud. ethnol., 
Leipzig, Emilienstr. 44. 

Putjatin, Fürst Paul Arseniewitsch, 1902. 
St. Petersburg, Perspektive Gresge 6. 
Puydt, de, Marcel, 1911. Liege, 116 
Boulevard de la Sauvenière. 
Quente, Paul, Kunstmaler, 1909. 

W. 62, Keithstr. 5. 

Radlauer, Curt, Dr., 1909. 

Traunsteinerstr. 3. 


Berlin 


1908. 


Berlin 


Berlin W. 30, 


B 


(18) 


Mitglieder-Verzeichnis. 


Ramsay, Hauptmann a. D., 1910. Halensee, | Ruge, Karl, Dr. med., Geh. Sanitätsrat, 


Westfälischestr. 42. 

Rathgen, F., Dr., Professor, 1905. Berlin 
C.2, Kleine Präsidentenstr. 7. 

Recho, O., Dr. phil., 1905. Hamburg 13. 
Mus. für Völkerkunde. 

Rehlen, W., Magistratsrat, 1910. Nürnberg, 
Sulzbacherstr. 22. 

Reich, Max, Dr. med., Professor, 1891. 
Berlin W. 30, Motzstr. 85. 

Relcher, Michael, cand. phil., 1910. Zürich, 
Clausiusstr. 46. 

Reinecke, Paul, Dr. phil, Kgl. General- 


konservator im National-Museum. 1892. 
München, Prinzregentenstr. 
Reinhardt, Dr. phil., Professor, Geh. 


Reg.-Rat, Direktor, 1870. Berlin W. 50, 
Würzburger Str. 8. 

Reitzenstein, Ferdinand, Freiherr von, 1908. 
Dresden, Viktoriastr. 21. 

Remak, E. J., Dr. med., Professor, Geh. 
Medizinalrat, 1896. Berlin W. 9, Pots- 
damerstr. 133. 

Richter, Berth., Bankier, 1870. Berlin W. 9, 
Königgrätzerstr. 4. 

Richter, Johannes, stud. phil., 1909. Char- 
lottenburg 4, Goethestr. 21. 

Riedel, Bernh., Dr. med., Geh. Sanitatsrat, 
1880. Berlin W. 62, Kalkreuthstr. 1. 

Rieken, Käte, Frau Dr., 1909. Cottbus. 


Professor, 1881. Berlin W.8, Jägerstr. 61. 

Ruge, Ludwig, Dr., Rechtsanwalt, 1910. 
Berlin W. 62, Burggrafenstr. 19. 

Ruge, Anita, Frau, 1911. Berlin W. 62, 
Burggrafenstr. 19. 

Ruge, Paul, Dr., Medizinalrat, 1883. Berlin 
W. 62, Keithstr. 5. 

Runkwitz, Dr. med., General-Oberarzt der 
Marine, 1893. Altenburg, S./A., Jo- 
hannisstr. 16. 

Ruprecht, Verlagsbuchhändler, 1903. Berlin 
W. 57, Potsdamerstr. 88. 

Sachs, Hans, Dr. med., prakt. Arzt. 1908. 
Berlin N.58, Rodenbergstr. 1. 

Samter, P., Dr. med., 1892. Berlin N. 58, 
Schönhauserallee 45. 

Sander, W., Dr. med., Geh. Medizinalrat, 
Direktor, 1876. Dalldorf (Bz. Berlin). 

Sander, L., Marine-Stabsarzt a. D., 1895. 
Friedenau, Niedstr. 36. 

Sarre, Friedrich, Dr., Professor, 
Neubabelsberg, Kaiserstr. 39. 
Sartorius-Preisnerk, F., 1910. Arlesheim 

bei Basel. 

Saude, Emil, Dr. phil., 1901. 
burg ó, Potsdamerstr. 10. 

Schäfer, Heinr., Dr., Professor, Direktor 
b. d. Kgl. Museen, Kustos, 1909. Steg- 
litz, Breite Str. 24. 


1908. 


Charlotten- 


Rochlitz, Fritz, stud. phil, 1910. Berlin |Schatow, Hermann, 1909. Berlin W. 30, 


W. 15, Kurfürstendamm 177. 


Traunsteinerstr. 2. 


` Roeber, Ernst, Professor, Historienmaler, | Scharrer, Viktor, 1899. Nürnberg, Deutsch- 


1904. Bonn-Kessenich, Rosenburg im 
Sommer, Berlin W. 10, Tiergartenstr. 17 
im Winter. 

Roesicke, Adolf, Dr., 1910. Berlin W. 9, 
Vossstr. 9. 

Rogatz, Hermann, Rektor, 1904. Gross- 
Lichterfelde-Ost, Lorenzstr. 68. 

Roemert, Georg, Dr. med., Arzt, 1908. 
Berlin SW. 47, Grossbeerenstr. 28d. 

Roheim, Géza, stud. phil., 1910. Budapest, 
Hermina-ut. 35a. 


Scheffelt, Ernst, Dr. phil, 1911. 


herrenstr. 7. 

Berlin 
NW. 23, Flensburger Str. 12, IT 1. 

Schenck, Adolf, Dr., Professor, 1906. 
Halle a S., Schillerstr. 7. 


| Scheuermann, W., Redakteur d. Deutschen 


Tageszeitung, 1911. Gr. Lichterfelde O., 
Boninstr. 4. 


Der Alfred, Prediger, Missions-Sekretär 


a. D., 1903. Hamburg-Horn, Rennbahn- 
strasse 119. 


Rosenow, Dr., Spezialarzt für Hals-, Nasen-  Schierstadt, Hans von, Rittergutsbesitzer, 


und Ohrenleiden, 1904. 
Uhlandstr. 159. 

Rotter, Dr. med., Professor, dirigierender 
Arztam St. Hedwigs-Krankenhause, 1399, 
Geh. Med.-Rat. Berlin N. 24, Oranien- 
burgerstr. 66. 


Berlin W. 15, 


1905. Alt-Baerbaum b. Pielburg. 
Schiff, Friedrich, stud. med., 1910. Berlin 
W. 66, Wilhelmstr. 94. 
Schilling, Hermann, Dr. med., Geh. Sani- 
tiitsrat, 1900. Berlin N 24, Friedrich- 
strasse 109. 


Ordentliche Mitglieder. 


Schirmer, Alfred, Dr., Zahnarzt, 1911. 
Berlin W. 15, Kurfürstendamm 204. 
Schlaginhaufen, Otto, Dr., 1905. Kgl. Zoo- 
logisches u. anthropol.-ethnogr. Museum, 
Dresden-A., Zwinger, Dresden-A. 1, 

Galeriestrasse 9 III. 

Sehliz, Dr., Hofrat, 1900. Heilbronn a. N. 

Schitehterer, Otto, Kaufmann, 1911. Wil- 
mersdorf, Prinz-Regentenstr. 114. 

Sebliter, Ernst, Kaufmann, 1910. Friedenau, 
Saarstr. 5. 

Schläter, Otto, Dr., Privatdozent, 1907. 
Bonn, Loéstr. 31. 

Schmidt, Frau Professor, 1906. Jena, Kaiser 
Wilhelmstr. 3. 

Schmidt, Hermann, Dr. med. Oberarzt an 
der Berliner Städtischen Anstalt - für 
Epileptische, 1911, Wuhlgarten b. Bies- 
dorf. 

Schmidt, Max, Dr. jur, Direktorial- 
Assistent am Kgl. Museum für Völker- 
kunde, 1900. Steglitz, Schildhornstr. 4. 

Schmidt, Hubert, Dr. phil., Privatdozent, 
Kustos am Kgl. Museum für Völkerkunde, 
1901. Berlin W. 62, Bayreutherstr. 28. 

Schmidt, Rob., Rud., Dr., Privatdozent, 
1909. Tübingen, Geolog. Institut. 

Schmidt, Erich, Professor Dr., 
Bromberg, Töpferstr. 20. 

Schmidt, Johannes, Pastor, 1910. Ketzin 
a. d. Harel. 

Schneider, Amtsgerichtsrat, 1910. Spremberg. 

Schaittger, Br., Assistent am National- 
Museum, 1909. Stockholm. 

Schoede, Hermann, 1905. Berlin W. 57, 
Bülowstr. 40a. 

Schöne, Richard, Dr. phil., Wirkl. Geh. 
Rat, Exzellenz, 1882. Grunewald, Wan- 
genheimstr. lo. 

Schösichen, Walther, Dr., 1907. Friedenau. 
Fregestr. 78. 

Schötensack, Otto, Dr. phil., Universitäts- 
professor, 1891. Heidelberg, Blumensir. 1. 

Schéppe, W., Dr. Ing. 1911. Berlin O. 17, 
Markgrafendamm 26. 

Scholl, Arthur, Dr.med., 1899. Berlin NO, 18. 
Straussbergerstr. 10. 

Schreiber, Wittold, Dr., 1907. Lemberg, 
(Galizien-Österreich), Kurkowagasse 45a. 

Schröder, Aug., Verlagsbuchhändler, 1909. 
Stuttgart, Cottastr. 56. 


1909, 


(19) 


Schröder-Bensier, Gustav, Zahnarzt, 1904. 
Cassel. 

Schröder, Pastor, 1905. Hainichen b. Dorn- 
burg a. Saale. 

Schuchhardt, Carl, Dr., Professor, Direktor 
am Königl. Museum f. Völkerkunde, 
1908. Gr.-Lichterfelde-West, Brienzer- 
strasse 5. 

Schiitz, Wilhelm, Dr. med., Professor, Geh. 
Regierungsrat, Rektor dertierärztl.Hoch- 
schule, 1869. BerlinNW.6, Luisenstr. 56. 

Schütz, L. H., Dr., 1909. Frankfurt a. M., 
Elsheimerstr. 4. 

Schulte im Hofe, Dr. phil., 1905. BerlinSW.11, 
Dessauerstr. 11. 

Scbultze, Major, 1895. Allenstein, Bahn- 
hofstr. 74. 

Sohultze, Rentier, 1889. Charlottenburg 1 
Berlinerstr. 87a. 

Schaitze, Martin, Fahrenwalde b. Brüssow. 
Schulze-Veltrup, Dr. phil., Professor, 1902. 
Berlin NW. 23, Schleswiger Ufer 12. 
Schuster, G., Dr. phil., Königl. Archivrat, 

1902. Halensee, Halberstädter Strasse 2. 

Schwabacher, Adolph, Bankier, 1886. Berlin 
W 10, Hohenzollernstr. 20. 

Schwalbe, Dr., Professor, 1905. Strassburg 
(Els.), Schwarzwaldstr. 39. 

Schwantes, G., Lehrer, 1909. Hamburg, 
Brahmsallee 125. 

Schweinitz, Graf Hans Hermann, Ober- 
leutnant, 1894. Charlottenburg 2, 
Koesebeckstr. 31. 

Seger, H., Dr., Professor, Direktor a. 
Schlesisch. Museum f. Kunstgew. u. 
Altertümer, 1907. Breslau, Victoria- 
strasse 117. 

Seher, Carl, Dr. med., 1909. Gr.-Lichter- 
felde-West, Steglitzerstr. 30. 

Selenka, Frau Professor, 1904. München, 
Leopoldstr. 9. 

Seler, Eduard, Dr. phil., Professor, Mitglied 
d. Kgl. Akademie d. Wissenschaften, Di- 
rektor am Kgl. Museum für Völkerkunde, 
1884. Steglitz, Kaiser Wilhelmstr. 3. 

Sergi, Sergio, Dr., 1907. Rom,ViaFinanzel. 

Sergiewska, Nadeschda, Frau Dr., 1910. 
Moskau, Djewitschje Pole, Olsufjewskij 
Per. 8 im Winter; im Sommer: Sysran 
(Russland), Haus E. W. Pustoschkin, 
Kasanskaja Str. 


B* 


(20) 


Sieglin, W., Dr. phil., Professor, 1899. 


Steglitz, Kaiser Wilhelmstr. 6. 


Sieoke, Erich, Regierungsbauführer, 1909, 


Berlin SW. 47, Grossbeerenstr. 69. 
Sierakowski, Graf Adam, Dr. jur., 1869. 
Waplitz bei Altmark, Westpreussen. 
Silberstein, Adolf, Dr., 1906. Charlotten- 

burg 2, Hardenbergstr. 12. 

Simon, J., Dr. phil. hon. c., 1905. Berlin C.2, 
Klosterstr. 30/84. 

Simons, E. M., Dr., Frauenarzt, 
Charlottenburg 4, Kantstr. 74. 
Sökeland, Hermann, Fabrikant, Stadtverord- 
neter, 1887. Berlin NW. 21, Stromstr. 56. 
Sökelan, Marie, Frau, 1909. Berlin 

NW. 21, Stromstr. 56. 

Soenderop, Fritz, Dr., Kgl. Geologe, 1909. 
Berlin NW. 21, Dortmunderstr. 2. 

Solberg, Ole, Dr., Ethnographisches Mu- 
seum, 1905. Kristiania, Norwegen. 

Soldanski, H., stud. phil., 1910. Wilmers- 
dorf, Güntzelstr. 22. 

Solger, Friedr., Dr. phil., 1903. Berlin N. 39. 
Reinickendorferstr. 2c. 

Soltmann, Albrecht, Fabrikbesitzer, 1908, 
Charlottenburg 5, Kaiserdamm 109. 
Speiser, Felix, Dr. phil, pr. Adr. Dr. 
P. Speiser, Freiestr. 31, 1908. Basel, 

Langegasse 86. 

Splegelberg, Erich, Dr. med., 1910, Berlin- 
Charlottenburg W.15, Kurfürstendamm 
203/204. 

Spiegelberg, Frau, Louise, 1911. Berlin- 
Charlottenburg W.15, Kurfürstendamm 
203/204. 

Staatsschule, höhere, 1892. Cuxhaven. 
Stahr, Hermann, Dr. med., 1904. Prosektor 
des Städtischen Krankenhauses, Kiel. 
Staudinger, Paul, Privatgelehrter 1890. 

Berlin W. 30, Nollendorfstr. 33. 

Stechow, Dr., Generalarzt und Inspekteur 
der 4. Sanitäts-Inspektion, etatsmäss. 
Mitglied des wissenschaftl. Senates b d. 
Kaiser Wilhelms-Akademie, 1881. Strass- 
burg i. E., Ruprechtsauer Allee 24. 


1904. 


Steensby, H. P., Dr. phil, 1905. Kopen- 
hagen, Upsalagade 6. 
Steinen, Leonore von den, Frau, 1909. 


Steglitz, Friedrichstr. 1. 
Steinen, Karl von den, Dr. med. et phil., 
Professor, 1882. Steglitz, Friedrichstr. 1. 


Mitglieder- Verzeichnis. 


Steinen, Wilhelm von den, Kunstmaler, 
1888. Gr.-Lichterfelde O., Augusta- 
strasse 36. 

Steinthal, Leop., Bankier, 1878. Steglitz, 
Friedrichstr. 8. 

Stephan, Gg., Miihlenbesitzer, 1894. Lichter- 
felder Buschmühle bei Sallgast, Kr. 
Luckau. 

Sternbeck, Alfred, Dr. phil., Oberlehrer, 
1910. Pankow, Hartwigstr. 32. 

Steuber, Werner, Generaloberarzt u. Divi- 
sionsarzt der 1. Garde-Division, 1910. 
Charlottenburg 4. Dahlmannstr. 26. 

Steudel, Hermann, Dr., a. o. Professor der 
Physiologie, 1911. Charlottenburg 4, 
Waitzstr. 1. 

Stimming, Arzt, 1904. Gross-Wusterwitz bei 
Brandenburg a. d. H. 

Stocky, Albin, Ingenieur, 
Bydzov-Bohmen. 

Stcecker, Helene, Dr. phil., 1909. Friedenau, 
Sentastr. 5. 

Stoenner, Dr. phil., Direktorial-Assistent 
a. Kgl. Museum f. Völkerkunde, 1908. 
Gr. Lichterfelde-Ost, Goethestr. 20. 

Stoller, J., Dr., Kgl. Geologe, 1911. 
Berlin N. 4, Invalidenstr. 44. 

Stolyhwo, K., 1907. Warschau, Krakowskie- 
Przedmiescie 66. 

Stramm, Dr., Postinspektor, 1911. 
horst, Kais. Wilhelmstr. 8/9. 
Strassmann, Paul, Dr. med., Professor, 1901. 

Berlin NW. 40, Alexanderufer 1. 

Stratz, Dr., Professor, 1902. Haag, Nieder- 
lande, Dendelstraat 31. 

Strauch, Curt, Dr. med., Privatdozent, 
1896. Berlin NW. 6, Luisenplatz 9. 

Strauch, Franz, Kontre-Admiral z. D., 1877. 
Friedenau, Niedstr. 39. 

Strebel, Hermann, Dr. phil. h. c., 1879. 
Hamburg 23, Papenstr. 79. 

Strunk, Heinrich, Dr., Corpsstabsapotheker, 
1909. Berlin NW., Bochumerstr. 4. 
Strutz, Kgl. Kreis- Bau-Inspektor, 1907. 

Pillkallen (Ostpr.). 

Stubenvoll, Hugo, Ingenieur, 1904. Vukovar 
a. d. Donau, Österreich-Ungarn. 

Stucken, Eduard, 1892. Berlin W. 62, 
Burggrafenstr. 2a. 

Stuhlmann, Dr. med., Geh. Regierungsrat, 
1893. Hamburg 25, Claus Groth-Str. 74. 


1911. Neu- 


Karls- 


Ordentliche Mitglieder. 


(21) 


Stummer, Alb., staatl. Weinbau-Assistent, | Verch, I.,, Fabrikbesitzer, 1909. Charlotten- 


1910. Klosterneuburg b. Wien, Martin- 
strasse 9. 

Stempf, Joh., Zahnarzt, 1906. Sonders- 
hausen, Richard Wagnerstr. 8. 


burg 2, Leibnizstr. 104. 

Verein, anthropologischer, 1895. Koburg, 
Löwenstr. | 

Verein, Museums-, 1907. Neubrandenburg. 


Stee, Paul, Professor, 1910. Schöneberg, | Verein, Museums-, 1880. Lüneburg. 


Post Friedenau, Hauptstr. 75. 


Tafel, Albert, Dr. med., 1909. Charlotten- 


burg 4, Schlüterstr. 35. 
Tatarinoff, E., Dr., Professor, Direktor des 


Verworn, Max, Dr., Professor, 1906. 
Bonn, Nussallee 11. 
Vierkandt, A., Dr., Privatdozent, 1903. 


Gross-Lichterfelde O, Wilhelmstr. 22. 


Historischen Museums, 1906, Solothurn. | Virchow, Hans, Dr. med., Professor, Geh. 


Taubner, K., Dr. med., 1887. Hamburg, 
Borsteler Chaussee 9. 

Teutsch, Julius, Likör-Fabrikant, 1900. Kron- 
stadt, Siebenbürgen, Rossmarkt 4. 

Thede, E, Dr. med., 1910. Augustenburg, 
Kr. Sonderburg. 

Thiel, Ernst, Fabrikbesitzer, 1909. Friedenau, 
Cranachstr. 19. 

Thilenius, Georg, Dr. med., Professor, 
Direktor des Museums für Völkerkunde. 
General-Sekretär der Deutschen Anthro- 
pologischen Gesellschaft, 1900. Ham- 
burg 37, Abteistr. 16. 

Thurswald, Richard, Dr., jur., 1901. 
W. 50, Fürtherstr. 1. 

Timann, F., Dr. med., Generalarzt und 
Inspekteur der 4. San.-Insp., 1875. 
Berlin W. 62, Keithstr. 5. 

Titel, Max, Kaufmann, 1883. Berlin W. 10, 
Kaiserin Augustastr. 57. 

Torok, Aurel von, Dr. med., Professor, Di- 
rektor des Anthropologischen Museums, 
1554. Budapest. 

Traeger, Paul, Dr. phil., 1899. Zehlendorf 
(Wannseebahn), Burggrafenstr. 7. 

Treutmann, Max, Dr. phil, 1909. Schöne- 
berg-Berlin, Hauptstr. 139. 

Troitzsch, Reinhold, Vorschullehrer am 
Sophien-Realgymnasium, 1909. Berlin 
N. 28, Granseeerstr. 7. 

Uhlig, R., Dr. med., 1906. Zittau, Töpfer- 
berg 18. 

Umiauff, J. F. G., Naturalienhändler, 1879. 
Hamburg, St. Pauli, Spielbudenplatz 8. 

Unger, Ernst, Dr. med., 1903. Berlin W. 35, 
Derfflingerstr. 21. 

Urach, Karl, Fürst von, Graf von Würt- 
temberg, 1892. Stuttgart, Neckarstr. 68. 

Velde, Gustav, Dr. med., Ober-Stabsarzt. 
1902. Charlottenburg 5, Schlossstr. 17. 


Berlin 


Medizinalrat, 1884. Berlin W. 62, Keith- 
strasse 4. 

Virchow, Lisbeth, Frau Geh.-Rat, 1909. 
Berlin W. 62, Keithstr. 4. 


Virchow, Rose, Frau Geh. Rat, 1907. 
Berlin W. 9, Schellingstr. 10. 
Virchow, Hanna, Fräulein, 1907. Berlin 


W. 9, Schellingstr. 10. 
Vizuete, P. Dr., 1910. Barcelona, Rambla 
de Cataluna 50. 


Voegler, Lehrer, 1909. Prieschka bei 
Liebenwerda, Bez. Halle. 

Voeltzkow, A. Dr., Professor, 1909. 
Berlin W. 30, Luitpoldstr. 3. 

Vogel, Max, Dr. med.. 1911. Basel, 


Römergasse 34. 

Vohsen, Ernst, Konsula. D., 184. ImWinter 
Berlin W. 35, Genthiner Str.13c; im Som- 
mer Caputh b. Potsdam, Villa Übersee. 

Vorländer, H., 1871. Dresden, Parkstr. 2. 

Vouga, Paul, Dr., Conservateur au Musee 
archeologique de Neuchätel 1910. Neu- 
chätel, Musee Historique. 

Vula, Romulus, 1911. Hatszeg Hunyad, 
Siebenbiirgen, Ungarn. 

Wagenfiihr, Felix, Hauptmann, 1910. Berlin 
W. 62, Martin Lutherstr. 79. 

Wagner, Ludwig, Dr. med., Stabsarzt, 1910. 
Westend b. Berlin, Nussbaum-Allee 14. 


Wahl, H., DBergwerksbesitzer, 1393. 
Berlin W. 10, Viktoriastr. 2. 
Wahle, Ernst, stud. archaeol., 190). De- 


litzsch, Bitterfelder Str. 25. 

Walden, Edgar, 1903. Wissenschaftlicher 
Hülfsarb. am Kgl. Mus. f. Völkerkunde. 
Berlin-Steglitz, Forststr. 11. 

Waldeyer, W., Dr. med., Professor, Geh. 
Medizinalrat, Ständiger Sekretar d. Kgl. 
Akademie der Wissenschaften, 1583. 
Berlin W. 62, Lutherstr. 30. 


(22) 


Waldschmidt, Otto, Apotheker, 1910. Berlin 
NW. 21, Turmstr. 19. 

Waloker, Fritz, cand. geogr., 1910. Zehlen- 
dorf, Gertraudstr. 10. 

Warnekros, Ludwig, Dr., Professor, Geh. 
Medizinalrat, 1908. Grunewald (Bez. 
Berlin), Bismarckallee 14. 

Weber, W., Rentier, 1881. 
bei Erkner. 

Wedding, Wilhelm, Rentier, 1910. Wilmers- 
dorf, Hildegardstr. 19a. 

Weeren, Julius, Dr. phil., Professor, Geh. 
Regierungsrat, 1887. Niedersedlitz bei 
Dresden. 

Wegner, Fr., Rektor, 1892. 
Mühlenstr. 50. 


Freienbrink 


Berlin O. 17, 


Welnitz, F., Dr., Professor, 1903. Berlin 
W. 57, Frobenstr. 23. 
Weiss, M., Oberleutnant, 1909. Berlin 


W. 30, Bayrischer Platz 13/14. 
Weissenberg, S., Dr. med., 1895. Elisabeth- 
grad, Süd-Russland. 
Weisstein, Herm., Kgl. Kreis-Bauinspektor, 
1882. Brieg (Bz. Breslau), Reussstr. 3. 


Mitglieder-Verzeichnis. 


Winckier, Hugo, Dr., Professor, 1892. 
Wilmersdorf b. Berlin, Bingerstr. 79. 
Winterstein, Pfarrer, 1910. Schollene bei 

Rathenow. 
Witt, N. H., 1908. 
strasse 36. 
Wolff, Frau Sanitätsrat Eva, 1910. Berlin 
W. 50, Nürnberger Str. 64. 
Weiff, Dr., Fritz, Stabsarzt an der Kaiser 


Wannsee, Bismarck- 


Wilhelm - Akademie, 1911. Berlin 
NW. 40, Scharnhorststr. 35. 
Wolff, M., Dr. med., Professor, Geh. 


Medizinalrat, 1874. Berlin W. 35, Pots- 
damerstr. 121a. 

Wolff-Rolaw, Frau Therese, Dr. phil., 1906. 
Berlin SW. 11, Königgrützer Str. 50 bei 
Frau Buchmann. 

Wolter, Carl A., 1893. Hamburg, Glocken- 
giesserwall 1 II. 

Wossidio, Dr. phil., Prof., Oberlehrer, 1900. 
Waren, Mecklenburg-Schwerin. 

Wüst, Ewald, Dr., Privatdozent für Gco- 
logie u. Paläontologie, 1907. Halle a S., 
Am Kirchtor 3. 


Wenslercki-Kwilecki, Graf, 1882. Karlshorst Zahn, Robert, Dr. phil, Kustos bei den 


(Bz. Berlin). 
Wentzky, Friedrich von, 1910. Heilbronn 
a. N., Vielmathstr. 53. 
Werner, Johannes, Direktor, 1908. Stolpi.P. 
Westphal, Dr. med., Arzt, 1910. Anstalt 
Wuhlgarten b. Biesdorf. 
Wernert, Paul, stud. rer. 
Tübingen, Geolog. Institut. 

Wessnigk, Edgar, Referendar, 1911. Char- 
lottenburg 2, Goethestr. 14. 

Weule, Karl, Dr., Professor, Direktor des 
Museums f. Völkerkunde, 1898. Leipzig. 

Widemann, Wilhelm, Professor, 1901. Berlin 
W.9, Schellingstr. 8. 

Wiechei, Hugo, Ober-Baurat, 1880. Dres- 
den-N., Wasserstr. 4, Bismarckplatz 14. 

Wiegers, F., Dr., Königl. Bezirksgeologe, 
1906. Berlin N. 4, Invalidenstr. 44. 

Wieck, Otto A., Dr. med., Arzt, 1910. 
Grunewald, Hubertusallee 25. 

Wiese, Karl, 1900. Berlin NW. 21, Perle- 
bergerstr, 40. 

Wilke, Dr. med., Generaloberarzt, 1903. 
Chemnitz, Heinrich-Beckstr. 56. 


nat.. 1910. 


Kgl. Museen, 1902. Berlin C.2, Lust- 
garten, Kgl. Museen. 

Zander, Kurt, Dr. jur., Geh. Regierungs- 
rat, 1897. Berlin W. 62, Kurfürsten- 
strasse 117. 

Zechlin, Konrad, Apothekenbesitzer, 1893. 
Salzwedel. 

Zernik, Franz, Dr., 1907. 
Uhlandstrasse 30. 

Ziemann, H., Professor, Chefarzt in der 
Schutztruppe für Kamerun und Med. 
Referent, 1911. Berlin W. 30, Viktoria 
Luise-Platz 11. 

Zschiesche, Paul, Dr. med., Sanitätsrat, 
1894. Erfurt, Walkmühlstr. 6a. 

Zuelzer, Margarete, Dr. phil., Assistent a. 
d. Kgl. Prüfungsanstalt f. Wasserver- 
sorgung, 1909. Berlin W. 50, Nürn- 
bergerstr. 70. 

Zürn, RB. K. Distriktschef a. D., 1908. 
Grunewald, Dunckerstr. 2. 

Zürn, Paul, Generalmajor, Prüses des In- 
genieurkomitees, 1910. Charlottenburg 4, 


Berlin W. 15, 


| Giesebrechtstr. 15. 


Abgeschlossen am 31. März 1911 mit 7 Ehrenmitgliedern, 114 korrespondierenden und 
787 ordentlichen, zusammen 908 Mitgliedern. 


Ubersicht der unserer Gesellschaft durch Tausch, Ankauf oder 
Geschenk zugegangenen periodischen Veröffentlichungen. 


Das nachstehende Verzeichnis dient zugleich als Empfangsbestätigung der uns im letzten Jahre 
zugegangenen Schriften. 
Die mit * vermerkten Gesellschaften, deren Schriften wir nicht erhalten haben, bitten wir um 
gefallige Nachlieferung der etwa erfolgten Publikationen ausschliesslich an die Adresse: 


Anthropologische Gesellschaft, Berlin SW. 11, Königgrätzer Strasse 120. 


Abgeschlossen am 1. Januar 1911. 


I. Deutschland, 
nach Städten alphabetisch geordnet. 


1. Berlin-Leipzig. Archiv für Rassen- und Gesellschafts-Biologie einschliess- 
lich Rassen- und Gesellschafts - Hygiene. Red. von A. Ploetz. 
VI. Jahrg. Heft 6. VII. Jahrg. Heft 1—5. (Angekauft.) 

2. Berlin. Amtliche Berichte aus den Königl. Kunstsammlungen. XXXI. Jahrg. 
Nr. 4—12. XXXII. Jahrg. Nr. 1—5. 

* 3. „  Veréffentlichungen aus dem Königlichen Museum für Völkerkunde. 

4. „ Zeitschrift der Gesellschaft für Erdkunde. 1909. Nr. 10. 1910. 
Nr. 1—10. 1911. Nr. J. 

5. » Mitteilungen von Forschungsreisenden und Gelehrten aus den deutschen 
Schutzgebieten. Bd. XXIII. Heft 1—5. Ergänzungsheft 3. 


6. » Jahrbuch der Königl. Geologischen Landesanstalt. XXVII. 1906. 
T. » Berliner Missions-Berichte. 1909. Nr. 4—12. 1910. Nr. 1—4. (Von 
Frau Bartels.) 
8. » Die Flamme. Zeitschrift zur Förderung der Feuerbestattung im In- 
und Auslande. XXVI. Jahrg. 1910. Nr. 428—450. XXVIII. Jahrg. 
1911. Nr. 451—452. 
WË »  Verwaltungsbericht über das Märkische Provinzial-Museum. 
10. » Brandenburgia. Monatsblatt der Gesellschaft für Heimatskunde der 
Provinz Brandenburg zu Berlin. XVIII. Jahrg. 1909. Nr. 7—12. 
XIX. Jahrg. 1910. Nr. 1—6. 
ZER » Brandenburgia. Archiv. 
12. » Zeitschrift des Vereins für Volkskunde. XX. Jahrg. 1910. Heft 1—4. 
13. » Deutsche Kolonial-Zeitung. XXVII. Jahrg. Nr. 2—53. XXVIII. Jahrg. 
Nr. 1—4. 
*14. » Mitteilungen der Deutschen Orient Gesellschaft, (Von Hrn. G. Minden.) 


(2 4) Übersicht 


*15. Berlin. Jahresbericht der Deutschen Orient-Gesellschaft. (Von Hrn. G. Minden.) 
16. » Mitteilungen aus dem Museum für deutsche Volkskunde. Bd. III, 
Heft 3. 
» Die Denkmalpflege: Herausgegeben von der Schriftleitung des Central- 
Blattes der Bau-Verwaltung. XII. Jahrg. 1910. 1—16. XIII. Jahrg. 
1911. Nr. 1. 
*18. » „Afrika“. Herausgegeben vom evangelischen Afrika-Verein. XVIL Jahrg. 
1910. Heft 1—4. (Von Hrn. Alfr. Maass.) 
19. »  Korrespondenz-Blatt des Gesamtvereins der deutschen Geschichts- und 
| Altertums-Vereine. 58. Jahrg. 1910. 1—12. (Angekauft.) 
20. Berlin-Leipzig. Mitteilungen der Vorderasiatischen Gesellschaft. Jahrg. XIV. 
Jahrg. 1909. Nr. 4. Jahrg. XV. 1910. Nr. 1—4. Jahrg. XVI. 1911. 
Nr. 1. (Angekaufl.) 
*21. Berlin. Helios. 26. Bd. 
*22. »  Societatum Litterae. 
23. » Amerika, Süd- u. Mittel-. Halbmonatsschrift. Herausgegeben von 
Dr. P. Traeger. 1909. Nr. 14—24. 1910. Nr. 1—24. 1911. Nr. 1. 
*24. Berlin-Charlottenburg. Verhandl. der Deutschen Kolonial-Gesellschaft. 
(Von Hrn. Minden.) 
25. Berlin-Charlottenburg. Zeitschrift ftir Demographie und Statistik der 
Juden. Jahrg. V. Nr. 12. Jahrg. VI. Nr. 1—12. Jahrg. VII. Nr. 1. 
26. Berlin-Leipzig. Baessler- Archiv. Beiträge zur Völkerkunde, heraus- 
gegeben aus den Mitteln des Baessler-Instituts unter Mitwirkung 
der Dircktoren der Ethnologischen Abteilungen des Königl. 
Museums für Völkerkunde in Berlin, redigiert von P. Ehren- 
reich. B. G. Teubner. 1910. 4° Bd. I, 1—2. Beiheft 1. 
27. Berlin-Stuttgart. Mitteilungen des Seminars für orientalische Sprachen. 
Jahrg. XIIl. 1910. 
28. Bonn. Jahrbücher des Vereins von Altertumsfreunden. Heft 118, 2—3. Heft 
119, 1—3 nebst Bericht. 
29. Brandenburg a. d H. Jahresberichte des Historischen Vereins. 41.—42. 
30. Braunschweig. Archiv für Anthropologie. Neue Folge. Bd. IX. Heft 1/2, 
3/4. (Von d. Herren Fr. Vieweg & Sohn.) 
31. „ Globus. Illustrierte Zeitschrift für Länder- u. Völkerkunde. Bd. XCVII. 
Nr. 1—24. Bd. XCVILI. Nr. 1—24. Von Herrn Andree München), 
32. „ Zentralblatt für Anthropologie. XV. Jahrg. 1910. Heft 1—6. (An- 
gekauft.) 
33. Breslau. Schlesiens Vorzeit in Bild u. Schrift. 

*34. Colmar (Elsass). Mitteilungen der Naturhistorischen Gesellschaft in Colmar. 
*35. Cöln. Jahresbericht des Vereins zur Förderung des Städtischen Rauten- 
strauch-Joest-Museum für Völkerkunde in Cöln. 

36. Danzig. Bericht über die Verwaltung der naturhistorischen, archäologischen 
und ethnologischen Sammlungen. XXX. Bericht. 1909. 

"37. » . Schriften der Naturforschenden Gesellschaft. 

38. Dresden. Sitzungsberichte und Abhandlungen der Naturwissenschaftlichen 
Gesellschaft Isis.. Jahrg. 1909, Juli-Dez. Jahrg. 1910, Jan.-Juni. 

*39. » Mitteilungen des Vereins für Erdkunde. 

40. Dürkheim.. Mitteilungen der Pollichia. LXVI. Jahrg. 1909. 

41. Erfurt. Mitteilungen des Vereins für die Geschichte und Altertumskunde 
von Erfurt. Heft 50 u. 31. 1909/10. 

42. Frankfurt a. M. Bericht der Römisch-Germanischen Kommission des 


17. 


70. 


der periodischen Veröffentlichungen. (25) 


Kaiserl. Archäologischen Instituts über die Fortschritte der Römisch- 
Germanischen Forschung. 1908. 


. Giessen. Mitteilungen des Oberhessischen Geschichtsvereins. Bd. XVII. 
. Görlitz. Jahreshefte der Gesellschaft für Anthropologie und Urgeschichte 


der Oberlausitz. 


. Gotha. Dr. A. Petermanns Mitteilungen aus Justus Perthes’ Geogra- 


phischer Anstalt. Bd. 56. 1910. Nr. 1—6. II. Halbbd. Heft 
1--6. Bd. 57. 1911. Heft 1. 

» Mitteilungen der Vereinigung für Gothaische Geschichte und Alter- 
tumsforschung. 


. Greifswald. Jahresberichte der Geographischen Gesellschaft. 


„ Berichte der Gesellschaft für Völker- und Erdkunde zu Stettin. 


. Guben. Mitteilungen der Niederlausitzer Gesellschaft für Anthropologie und 


Urgeschichte. Bd. XI. Heft 1—4. 
Halle a. S. Mitteilungen des Vereins für Erdkunde. 33. Jahrg. 109. 
34. Jahrg. 1910. 
„  Jahresschrift für die Vorgeschichte der sächsisch-thüringischen Länder. 
Bd. 9. 1910. 
Hamburg. Mitteilungen aus dem Museum für Völkerkunde. 


. Hannover. Zeitschrift des Historischen Vereins für Niedersachsen. Jahre. 


1910. Heft 1—4. 
„ Jahrbuch des Provinzial-Museums zu Hannover. 1909—1910. 


. Heidelberg. Neue Heidelberger Jahrbücher. Bd. XVI. Heft 2. 
. Heilbronn. Berichte vom Historischen Verein Heilbronn. 
. Jena. Jahresbericht über die Fortschritte und Leistungen auf dem Gebiete 


der Sozialen Hygiene und Demographie. Herausg. v. A. Grotjahn 
und F. Kriegel. 


. Kassel. Zeitschrift des Vereins für Hessische Geschichte und Landeskunde. 


Neue Folge. Bd. 34. 


. Kiel. Mitteilungen des Anthropologischen Vereins in Schleswig-Holstein. 


» Bericht des Schleswig-Holsteinischen Museums vaterländischer Alter- 
tümer. 


. Königsberg i. Pr. Sitzungsberichte der Altertums - Gesellschaft Prussia. 


„ Schriften der Physikalisch-Okonomischen Gesellschaft. 50. Jahrg. 1909. 


. Leipzig. Abhandlungen und Berichte des Königl. Zoologischen und Anthro- 


pologisch-ethnographischen Museums zu Dresden. Bd. XII. 1908. 
1—3. 

„ Archiv, Orientalisches, Illustrierte Zeitschrift für Kunst, Kultur- 
geschichte und Völkerkunde der Länder des Ostens. Heraus- 
gegeben von Hugo Grothe. Jahrg. I. 1. 

Archiv für Religionswissenschaft. Bd. XII. Heft 2-4. Bd. XIII. 
Heft 1. (Von Frau Bartels.) 

„ Mitteilungen aus dem Städtischen Museum für Völkerkunde. 

„ Der Alte Orient, Gemeinverständliche Darstellungen. XI. Jahrg. Heft 

2—4. XII. Jahrg. Heft 1—3. (Angekauft.) 
„ Hessische Blätter für Volkskunde. Bd. IX. Heft 1—3. 
„ Memnon, Zeitschrift für die Kunst- und Kultur-Geschichte des alten 
Orients. 1909. Bd. III. Heft 3. (Herausg. v. Hrn. Prof. Frhr. 
v. Lichtenberg.) 
Jahrbuch des städtischen Museums für Völkerkunde zu Leipzig. 
Bd. III. 1908/09. 


(26) 


Ubersicht 


. Leipzig. Veröffentlichungen des städtischen Museums für Völkerkunde. 


„  Vierteljahresberichte des wissenschaftl. human. Komitees. Fortsetz. d. 
Monatsber. u. des Jahrbuchs für sexuelle Zwischenstufen. Jahrg. 1. 
Heft 2—4. Jahrg. 2. Heft 1, 2. Herausgegeb. v. Dr. med. 
Magnus Hirschfeld. (Angekauft.) 


. Lötzen. Mitteilungen der Literarischen Gesellschaft Masovia. XVI. Jahrg. 


Heft 16. 


74. Magdeburg. Jahresberichte des Altmärkischen Vereins für vaterländische 


75. 


89. 


97. 


Wl 
100. 


Geschichte. 37. Jahresber. 

„ Abhandlungen und Berichte aus dem Museum fiir Natur- und Heimat- 
kunde und dem Naturwissenschaftlichen Verein in Magdeburg. 
Bd. II, 1. 


. Metz. Jahrbuch der Gesellschaft für Lothringische Geschichte und Alter- 


tumskunde. 


. München. Beiträge zur Anthropologie und Urgeschichte Bayerns. 


„ Altbayerische Monatsschrift. IX. Jahrg. Heft 3—6. 
„ Oberbayerisches Archiv. 54. Bd. Heft 3. 


. Münster. Jahresberichte des Westfälischen Provinzial-Vereins für Wissen- 


schaft und Kunst. 38. Jahresber. fiir 1909/10. 
„ Zeitschrift für vaterländische Geschichte und Altertumskunde. Bd. 67. 
2. Abteil. 
Neu-Brandenburg. Jahresbericht über das Museum in Neu-Branden- 
burg. 


. Nürnberg. Mitteilungen aus dem Germanischen National-Museum. Jahrg. 1909. 


„ Anzeiger des Germanischen National-Museums. Jahrg. 1909. Heft 4. 
Jahrg. 1910. Heft 1—3. 

„ Abhandlungen der Naturhistorischen Gesellschaft. Bd. XVII, 1. 

„ Jahresbericht der Naturhistorischen Gesellschaft. 

„ Mitteilungen der Naturhistorischen Gesellschaft. 


. Oldenburg (im Grossherzogtum). Schriften des Oldenburger Vereins für 


Altertumskunde und Landesgeschichte. Teil XXXVI. 
Osnabrück. Mitteilungen des Historischen Vereins. Bd. XXXIV. 1909. 
Register Bd. XVII—XXXII. 
Posen. Historische Monatsblätter für die Provinz Posen. X. Jahrg. 1909. 
XI. Jahrg. 1910. | 
Zeitschrift der Historischen Gesellschaft für die Provinz Posen. 
XXIV. Jahrg. 1909. XXV. Jahrg. 1910. 
Roczniki towarzystwa Przyj. nauk Poznanskiego. Tom XXXI, XXXII, 
XXXIV, XXXV. 


n 


D 


. Prenzlau. Mitteilungen des Uckermärkischen Museums- und Geschichts- 


Vereins. Bd. 1V. Heft 3. 

Schwerin. Jahrbiicher und Jahresberichte des Vereins fiir Mecklenburgische 
Geschichte und Altertumskunde. Jahrg. 75. 

Speyer. Mitteilungen des Historischen Vereins der Pfalz. 


. Stendal. Beiträge zur Geschichte, Landes- und Volkskunde der Altmark. 


Bd. II. Titel u. Inh. Bd. II. Heft 1. 
Stettin. Baltische Studien. Neue Folge. Bd. XIII. 
Monatsblätter. Herausgegeben von der Gesellschaft für Pommersche 
Geschichte und Altertumskunde. 1909. Nr. 1—12. 
Stuttgart. Württemberg. Vierteljahrshefte für Landesgeschichte. 
Fundberichte aus Schwaben. XVII. Jahrg. 1909. 


” 


H 


113. 
114. 
*115. 
*116. 
117. 
118. 


*119. 
120. 


121. 


*122. 


123. 


*124. 


der periodischen Veröffentlichungen. (27) 


. Stuttgart. Zeitschrift für Morphologie und Anthropologie. Bd. XII. Heft 3. 


Bd. XINH. Heft 1—2. 
» Zeitschrift für vergleichende Rechtswissenschaft. Bd. 1—22 
(1878—1908). Bd. 23 (1909. Heft 1/2. 3. Bd. 24. Heft 1—3. 
Bd. 25. Heft 1. 
Thorn. Mitteilangen des Coppernicus-Vereins für Wissenschaft und Kunst. 
Heft 17—18. 
Trier. Westdeutsche Zeitschrift für Geschichte und Kunst. XXVIII. Jahrg. 
Heft 4. XXIX. Jahrg. Heft 1—3. 
»  Korrespondenzblatt für Geschichte und Kunst. Jahrg. III. Nr. 1—6. 
Jahrg. IV. Nr. 1. 
Jahresberichte der Gesellschaft für nützliche Forschungen. N. F. 
II. Jahrg. 1909. 


” 


. Wernigerode. Zeitschrift des Harz-Vereins für Geschichte und Altertums- 


kunde. 


. Wiesbaden. Annalen des Vereins für Nassauische Altertumskunde und 


Geschichtsforschung. Bd. XXXIX. 1909. 
Mitteilungen des Vereins für Nassauische Altertumskunde und Ge- 
schichtsforschung. XIII. Jahrg. 1909/1910. Nr. 1—4. 


n 


. Wolfenbüttel. Braunschweigisches Magazin. Bd. XV. Jahrg. 1909. 


Jahrbuch des Geschichtsvereins für das Herzogtum Braunschweig. 
Jahrg. VIII. 1909. 

Würzburg. Mannus, Zeitschrift für Vorgeschichte. Bd. Il. Heft 1—3. 

Erganzungsb. I. 


N 


II. Europäisches Ausland. 
Nach Ländern und Städten alphabetisch geordnet. 


Belgien. 


Brüssel. Bulletins de la Classe des Sciences, des Lettres et des Beaux- 
Arts de Belgique. 1909. Nr. 9—12. 1910. No. 1—10. 

Annuaire de l’Académie Royale des Sciences, des Lettres et des Beaux- 
Arts de Belgique. 1910. 

» Annales de Musée du Congo ... Ethnographie et Anthropologie. 
» Bulletin et Mémoires de la Société d’Anthropologie. 

Brüssel. Annales de la Société d’Archeologie. Tome XXIII. 1909. Liv. 3 u.4. 
Tome XXIV. 1910. Liv. 1 u. 2. 

Annuaire de la Société d’Archéologie. Tome XXI. 1910. 

Bulletin de la Société Royale Belge de Géographie. 

Bulletin des Musées Royaux des arts decoratifs et industriels. 
Ze Série [Ie Année. No. 4—12. 2¢Série 3e Année No. 1—2. 
(Von Frau Bartels.) 

Lüttich. Bulletin de I’Institut archéologique Liégeois. Tome XXXIX. 1909. 


H 


H 


7 


Dänemark. 
Kopenhagen. Mémoires de la Société Royale des Antiquaires du Nord. 
1908/9. 1910. 
Aarböger for nordisk Oldkyndighed og Historie. 1909. Bd. XXIV. 
Heft 1—4. 
Nordiske Fortidsminder, udgevne af det Kgl. Nordiske Oldskrift 
Selskab. 


N 


9 


(28) 


*125. 
126. 


*127. 
128. 


Übersicht 


Kopenhagen. Meddelelser om Danmarks Antropologi. 
Reykjavik (Island). Arbok hins Islenzka fornleifafelag. 1909. 
Finnland. R 
Helsingfors. Finska Fornminnesföreningens Tidskrift. 
>» Suomen Museo. Suomen Muinaismuisto- Yhdistyksen Kuukauslethi. 


XVI. Jahrg. 1909. 
(123—124 durch Hrn. Aspelin.) 


Frankreich. 


. Bordeaux. Actes de la Société Linneenne de Bordeaux. Tome LXII. 
. Grenoble. Bulletins de la Société Dauphinoise d’Ethnologie et d’Anthro- 


pologie. T. XV, 1908. No. 3 u. 4. T. XVI, 1909. No.1 u. 2. 


. Lyon. Bulletin de la Société d’Anthropologie. Tome XXVIII, 1909. 


» Archives du Museum d'Histoire Naturelle de Lyon. Tome X. 


. Paris. L’Anthropologie. [Matériaux pour T’histoire de (homme, Revue 


d’Anthropologie, Revue d’Ethnographie reunis.] 1909. Tome XX. 
No. 5—6. 1910. Tome XXI. No. 1—5. (Von dem Verleger Hrn. 
Masson.) 

„ Le Tour du Monde. Jahrg. 1909. No.16—52. Jahrg. 1910. No.1—14. 

„ A Travers le Monde. Jahrg. 1909. No.16—.2. Jahrg. 1910. No.1—14. 
(134 u. 135 von Frau Bartels.) 

» Bulletin de Correspondence Hellénique. Jahrg. 1910. XXXIV. 1—4. 

» Mémoires de la Delegation Francaise en Perse. (V. M. J. de Morgan.) 

» Journal de la Société des Américanistes de Paris. Nouvelle Serie. 
N. S.-Tome V, No. 2. 

» Bulletins et Mémoires de la Société d’Anthropologie. Tome IX, 1908. 
Fasc. 6. Tome X. 1909. Fase. 1—2. 3. Tome XI, 1910. 


Fasc. 1—2. ; 
» Revue mensuelle de l’Ecole d’Anthropologie. Jahrg. XX. 1910. 
Heft 1—12. 


» Annales du Musée Guimet. Tome XXXII. 
» Annales du Musée Guimet. (Bibliotheque d'études.) Tome XXXIII. 


. Paris. Revue de histoire des religions. 


» Revue des Etudes ethnographiques et sociologiques. 1909. No. 21—24. 
1910. No. 1—10. 


Griechenland. 


. Athen. Acdriov 775 toropixys xar velo Eraipias rãs ‘EAAwoss. (Von der 


Historischen und Ethnologischen Gesellschaft von Griechenland.) 
Ipaxrıxa rìs èv Ava: Apyaiokoyinis ‘Eraipeias. 1909. 
’Ebnmepis aoxaichoyxy. Jahrg. 1909. Heft 4. Jahrg. 1910. Heft 1—2. 
’Erernpis Tlapvaccou. 
Mitteilungen des Kaiserlich - deutschen Archäologischen Institutes. 
Bd. XXXIV. 1909. Heft4. Bd. XXXV. 1910. Heft 1—3. 
e  Laographia 1909. Bd. I. Heft 1—4. 1910. Bd. Il. Heft 1—3. 


Grossbritannien. 


333 3 


. Cambridge. Biometrika. Vol. VIL Part 3—4. (Angekauft.) 
. Edinburgh. The Scottish Geographical Magazine. Vol. XXVI 1910. 


No. 1—12. Vol. XXVII. No. 1. 
» Proceedings of the Society of Antiquaries of Scotland. Vol. XLIII. 
1908—1909. 


160. 


162. 


*164. 
*165. 


166. 


167, 
168. 


169. 


170. 


171. 


172, 


der periodischen Veröffentlichungen. (29) 


London. Journal of the African society. Vol. IX. No. 34—36. Vol. X. 
No. 37—38. 


5. Liverpool. Journal of the Gypsy Lore Society. New-Series. Liverpool 


Vol. III. 1909. No. 3—4. Vol. IV. 1910. No. 1—2. 


. London. The Journal of the Anthropological Institute of Great Britain and 


Ireland. Vol. XXXIX, 1909, July-Dec. Vol. XL, 1910, Jan.-June. 
Man. (Angekauft.) Vol. X, 1910. No. 1—12. Vol. XI, 1911. No. 1. 


bgi 


. London. Journal of the african Society vol. IX. 34—36. X. 37. 


Italien. 


. Catania. Archivo storico per la Sicilia orientale. Anno V. Fasc. 3. 


Anno VI. Fasc. 2—3. Anno VII. Fasc. 1—3. 
Milano. Rivista archeologica della provincia e antica diocesi di Como. 
Fasc. 59—61. Anno 1910. 


. Florenz. Archivio per l’Antropologia e la Etnologia. 1909. Vol. XXXIX. 


Fasc. 1—4. 1910. Vol. XL. Fasc. 1—2. (Von Hrn. P. Mante- 
gazza.) 

Bollettino di Publicazione Italiane. 1910. No. 109—120. 
» Rivista Geografica Italiana. Vol.XVI. Fasc.10. Vol. XVII. Fasc. 1—10. 

Neapel. Bollettino della Società Africana d'Italia. 

Rivista mensile di Psichiatria forense, Antropologia criminale e scienze 
affini. 

Parma. Bullettino di Paletnologia Italiana. Serie IV. Tomo V. Anno XXXV. 

No. 5—12. Serie IV. T. VI. Anno XXXVI. No. 1—9. (Von 
Hrn. L. Pigorini in Rom.) 

Rom. Atti della Società Romana di Antropologia. Vol. XV. Fasc. 2.—3. 

Bullettino dell Istituto. Mitteilungen des Kaiserlich Deutschen Archäo- 
logischen Instituts. Vol. XXIV. 1909. Fasc. 1—4. Vol. XXV. 
1910. Fasc. 1—3. 

> Atti della Reale Accademia dei Lincei. Vol. XVIII. 2° Sem. 
Fasc. 12. Vol. XIX. 1° Sem. Fasc. 1—12. 2° Sem. Fasc. 1—12. 

Rendiconti della Reale Accademia dei Lincei. Vol. XVIII. Fasc. 4—12. 
Vol. XIX. Fasc. 1—8. 

Notizie degli scavi di antichità. Vol. VI. Fasc. 9—12. Vol. VII. 
Fasc. 1—6. 


” 


7 


2 


Luxemburg. 


Luxemburg. Ons Hémecht. Organ des Vereins für Luxemburger Ge- 
schichte, Literatur und Kunst. XVI. Jahrg. Heft 1—12. 


Niederlande. 


. Assen. Verslag van de Commissie van bestuur van het Prov. Museum 


van Oudheden in Drenthe aan de gedeputeerde staten. 


- "sa Gravenhage. Verslag van den Directeur van Rijks Ethnographisch 


Museum te Leiden. 1908/1909. 

Haag. Bijdragen tot de Taal-, Land- en Volkenkunde van Nederlandsch- 
Indie. 1909. 7e volgr. IX, 3—4. 1910. 7° volgr. X. 1910. 
8e volgr. I, 1—2. 


. Leiden. Internationales Archiv für Ethnographie. Bd. XIX, Heft 4—6, 


Suppl. Bd. XIX. Bd. XX, Heft 1 u. 2. 


(30) 
177. 

*178. 
179. 
180. 
181. 

*182. 
183. 
184. 
185. 
186. 


187. 
188. 


189. 
*190. 
191. 
*192, 
193. 
194. 
195. 


196. 
197. 


198. 
199. 
200. 
201. 


"Ou. 
203. 


*204. 
*205. 
206. 
207. 


* 208. 


Übersicht 


Norwegen. 


Bergen. Bergens Museums Aarsberetning. 1909. Heft 3. 1910. Heft 1—2. 

Kristiania. Aarsberetning fra Foreningen til Norske Fortidsmindesmerkers 
bevaring. 

Aarsberetning fra Foreningen for Norsk Folkemuseum. XI—XV. 
1905—1909. 

Stavanger. Stavanger Museum, 1909. 20. aargang. 

Trondhjem. Skrifter det kongelige Norske Videnskabers Selskabs. 1909. 


n 


Österreich- Ungarn. 


Agram. Vjesnik hrvatskoga arkeologičkoga družtva. 
Budapest. Anzeiger der ethnographischen Abteilung des Ungarischen 
Nalional-Museums. Jahrg. V. 

Budapest. Archaeologiai Ertesitö. XXX. Bd. 1910. No.1—5. 

Ertesité, Muzeumi és Zonyrtari. Budapest 1907—1910. Bd. I—IV. 

Hermannstadt Archiv des Vereins für Siebenbürgische Landeskunde. 

Bd. XXXVI. Heft 3. Bd. XXXVII. Heft 1. 
„ Jahresbericht des Vereins für Siebenbürgische Landeskunde. 1909. 

Innsbruck. Zeitschrift des Ferdinandeums für Tirol und Vorarlberg. 

Heft 54. 

Krakau. Anzeiger der Akademie der Wissenschaften. Mathem.-naturwiss. 
Klasse. Jahrg. 1909. Nr. 9—10. Jahrg. 1910. Nr. 1—10. Historisch- 
philosophische Klasse. Jahrg. 1909. Nr. 9—10. Jahrg.1910. Nr. 1—8. | 

Materialy antropologiczno-archeologiczne. 

» Katalog literatury naukowej polskie). Tom. IX. 1909. Zesz. 3—4. 

Laibach. Mitteilungen des Museal-Vereins für Krain. 

Carniola, Mitteilungen des Musealvereins fiir Krain. Neue Folge 
Letnik I. Zvezek 1—4. 

(Ljubjani.) Izvestja muzejskega drustva za Kranjsko. Letnik XIX. 
Sešit 1—6. 

Lemberg. Chronik der Uckrainischen Ševčenko-Gesellschaft der Wissen- 
schaften. Jahrg. 1908. Heft 3—4. Jahrg. 1909. Heft 1. 

Sbirnik [ruthenisch]. Ethnographische Sammlung. T. XXVI. T. XXVIII. 

Matériaux [ruthenisch] pour l'ethnologie ukraïno-ruthène. XI. und 
XII. 1909. 

Olmiitz. Časopis vlasteneckého Musejniho spolku Olomuckého. Ročnik XXVII. 
Čislo 1—4. T.XXVIII Čislo 1. 

Pravck. 1910. Nr. 1—4. Ustrédni list pro prachistorii u anthro- 
pologii zemí Českých. 

Prag. Památky archaeologické a místopisné. Dila XXIII. Sešit 7—8. 
Dilu XXIV. Sešit 1. 

Mitteilungen des Vereins für Geschichte der Deutschen in Böhmen. 
XLVIII. Jahrg. No. 1—4. 

Bericht der Lese- und Redchalle deutscher Studenten. 

Cesky Lid. Ročnik XIX. 1909. Čislo 4—10. Ročnik XX. 1910. 
Čislo 1—4. 

Časopis Společnosti Přátel Starožnitností Českých. 

Národopisný sbornik Českoslovanský. 

Närodopisny Věstník Ceskoslovansky. Ročnik V. Čislo 1—10. 

Bericht über das Museum des Königreichs Böhmen. Jahrg. 1909. 

Salzburg: Jahresberichte des städtischen Museum Carolino-Augusteum. 


H 


9 


D 


N 


N 


3 


3 


der periodischen Veröffentlichungen. (31) 


209. Teplitz. Tätigkeits-Bericht der Teplitzer Museums-Gesellschaft. Jahr- 


gang 1907/1908. 1909/1910. 


*210. Triest. Atti del Museo civico di storia naturale. 


*211. 
212. 


2 


Bollettino della Società Adriatica di Scienze naturali. 


Wien. Abhandlungen der k. k. Geographischen Gesellschaft in Wien. 


Bd. IX. 1910. Nr.1. 

Anthropos. Internationale Zeitschrift für Völker- und Sprachenkunde. 
Bd. V. Heft 1—6. Bd. VI. Heft1. 

Annalen des k. k. Naturhistorischen Hofmuseums. Bd. XXIII. Nr. 
3—4. Bd. XXIV. Nr. 1 u. 2. 

Mitteilungen der Wiener Anthropologischen Gesellschaft. Bd. XXXX. 
Heft 1—6. 

Mitteilungen der prähistorischen Kommission der Kaiserl. Akademie 
der Wissenschaften. 

Jahrbuch der k. k. Zentral-Kommission zur Erforschung und Erhaltung 
der Kunst- und historischen Denkmale. 

Jahrbuch für Altertumskunde. Bd. III. 1909. Heft 1—4. Bd. IV. 
1910. Heft 1—2. 

Mitteilungen der k. k. Zentral-Kommission für Erforschung und Er- 
haltung der Kunst- und historischen Denkmale. Bd. VIII. No. 
10—12. Bd. IX. No. 2—9. 

Abhandlungen der Kais. Königl. Geographischen Ges. Bd. VII. 
Nr. 1—3. Bd. VIII. Nr. 1—2. Bd. IX. Nr. 1. 

Mitteilungen der Kais. Königl. Geographen-Ges. Bd. 52, 12. Ba 
53, No. 1—12. 

Wissenschaftliche Mitteilungen aus Bosnien und der Herzegowina. 
Herausgegeben von dem Bosnisch - Herzegowinischen Landes- 
Museum in Sarajevo. 

Zeitschrift für österreichische Volkskunde. XV. Jahrg. 1909. Heft 
5—6. XVI. Jahrg. 1910. Heft 1—5. 


Portugal. 


Lissabon. O Archeologo Portuguez. Vol. XIV. No. 9—12. 
Porto. Portugalia. Materiaes para o estudo do povo portuguez. 


Russland. 


. Dorpat. Sitzungsberichte d. gelehrten Estnischen Ges. 1909. 


Verhandlungen der gelehrten Estn. Ges. XXII. Bd. Heft 2—3. 


. Kasan. Mitteilungen der Gesellschaft für Archäologie, Geschichte und 


Ethnographie. 


. Moskau. Arbeiten der anthropologischen Abteilung. [Nachrichten der 


Kaiserlichen Gesellschaft der Freunde der Naturwissenschaften.] 
(Von Hm. Anutschin.) 

[Russisch.] Denkschriften der Russischen geograph. Ges. AXAIV u. 
XXXV. 

„Erdkunde“. [Russisch.] Periodische Zeitschrift der geographischen 
Abteilung der Kaiserl. Gesellschaft der Freunde der Naturkunde 
Anthropologie und Ethnographie. 1910. 2 u. 3. 


(32) Übersicht 


252. Moskau. Rundschau, Ethnographische, [Russisch]. Herausgegeben von der 
Ethnographischen Abteilung der Kaiserlichen Gesellschaft der 
Liebhaber der Naturwissenschaft, Anthropologie und Ethnologie. 
Herausgegeb. von W. F. Millera und N. A. Jantschuka. Vol. 
20 und 21, Heft LXXVI—LXXXV. 1910. Nr. 1—2. 


"2903. a Kawkas. [Russisch.] Materialien zur Archäologie des Kaukasus und 
der östlichen Gouvernements Russlands. 
*234. „ Journal [russisch], Russisches anthropologisches. 


*235. St. Petersburg. Arbeiten der Anthropol. Gesellschaft der militär-medi- 
zinischen Akademie. 


236. „ Bulletin [russisch] de la Commission Imperiale Archeologique. 
Liv. 25—33. 

237. »  [Russisch.] Denkschriften der K. Russ. Geogr. Ges. T.XXXIV-XXXV. 

#9338. „ Jahrbuch der russischen anthropologischen Gesellschaft an der 


Kais. St. Petersburger Universität. 
*230. St. Petersburg. Matériaux [russisch] pour servir a l'archéologie de la 
Russie. Liv. 32. 


* 240, „ Compte rendu [russisch] de la Commission Impériale Archéologique. 
*241. St. Petersburg. Bericht [russisch] der k. Russischen Geographischen 
Gesellschaft. 


*242. Riga. Mitteilungen aus der livländ. Geschichte. Bd. XX. Heft 3. 

243. „ Sitzungsberichte der Gesellschaft für Geschichte und Altertumskunde der 
Ostseeprovinzen Russlands. Jahrg. 1909. 

"244. Warschau. Swiatowit. 


Schweden. 


*245. Stockholm. Antiqvarisk Tidskrift for Sverige. 

240. » Fornvännen meddelanden fran K. Vitterhets Historie och Antikvitets- 
akademien. 1909. Häftet 4—5. 1910. Häftet 1—4. 

247. „ Fataburen fran Nordiska Museet: 1909. Häft 1—4. 

*248. a Ymer. 

249. „ Svenska Landsmälen. 1909. Heft 1—4. 

250. Upsala. Le Monde Oriental. Vol. III. Fasc. 2—3. Vol. IV. Fasc. 1—3. 


Schweiz. 


251. Basel. Schweizerisches Archiv für Volkskunde XIII. Jahrg. Heft 4. 
XIV. Jahrg. Heft 1—3. 

252. Bern. Jahresbericht des historischen Museums pro 1909. (Von Herrn 
Wiedmer-Stern.) 

253. Neuchatel. Bulletin de la Socicté Neuchäteloise de Geographie. Tome XX. 
1909—1910. 

254. Zürich. Anzeiger für Schweizerische Altertumskunde. N. F. Bd. XI. 1909. 
Heft 3—4. N. F. Bd. XII. 1910. Heft 1—2. 

255. „ Jahresbericht des Schweizerischen Landesmuseums in Zürich. 
XVIII. Jahresbericht. 1909. 

256. » Jahresbericht der Geographisch - Ethnographischen Gesellschaft in 

Zürich. 1909—1910. (Von Hrn. Heierli.) 
» Mitteilungen der Antiquar. Ges. Bd. XXVII. Heft 2. 


der periodischen Veröffentlichungen. (33) 


III. Afrika. 


. Cairo: The archaeological survey of Nubia-Bulletin. No. 5—6. (Vom 


Generaldirektor des Departements.) 


. Tunis. Revue Tunisienne, publice par le Comité de l'Institut de Carthage. 


Année XVII. 1910. Nr. 79—84. Année XVII. 1911. Nr. 85. 


IV. Amerika. 


. Andover (Mass. U. S. A.) Bulletin, Department of Archacology Phillips 


Academy. 


. Austin. Transactions of the Texas Academy of Science. Vol. X. 


Berkeley, California. Publications of the University of California, American 
Archacology and Ethnology. Vol. V. No. 3-4. Vol. VII. No. 
4—5. Vol. VIL. No. 5—6. Vol. IX. No. 1. 


. Boston (Mass. U. S. A.). Proceedings of the Boston Soc. of Nat. History. 
- Buenos-Aires. Anales del Museo National. 


» Boletin de la Academia Nacional. 
Buenos Aires. Revista del Museo de La Plata. T. XVI. 
» Anales del Museo de La Plata. 
Cambridge, Mass. Memoirs of the Peabody Museum of American Archacology 
and Ethnology, Harvard University. Vol. IV. No. 3. 
Archaeolog. and ethnolog. papers of the Peabody Museum. Vol. II. 


” 
Vol. IV. No. 3. Vol. VI. No. 1. 
» Report of the Peabody Museum of American Archaeology and 
Ethnology. 
Caracas, El Musco Nacional, Organo oficial del Instituto del mismo notre. 
1909, 8°, 


Chicago. Publications of the Field Columbian Museum. Report Series. 
Vol. II. Nr.4. Anthropological Series. Vol. VII. No.3. 

Cincinnati. Annual report of the Cincinnati Museum Association. XXIX. 
1909. 

Colorado Springs, Col. Studies of the Colorado College. Publication, 
Science Series. Publication, Language. 


. Davenport. Proceedings of the Academy of Natural Sciences. 


Lancaster, Memoirs of the American Anthropological Association. 

Lima. Boletin de la Sociedad Geografica de Lima. Tom. XVIII. No. 4. 
XIX. No. 1. 

Lima-Perú. Revista Historica. 

Madison. Collections of the State Historical Society of Wisconsin. 


» Proceedings of the State Historical Society of Wisconsin. 54—57. 


- Milwaukee. Annual Report of the Board of Trustees of the Public Museum 


of the City of Milwaukee. 1905/1909. 


. Montevideo. Anales del museo nacional de Montevideo. Tom. IV. Nr. 2. 
3. New York. American Anthropologist. Vol. XI. 1909. Nr. 4. 


Anthropological Papers of the American Mus. of Natural History. 


Kl 

Vol. IV. Part 1—2. Vol. V. Partl. Vol. VI. Part]. 
„ The American Museum of Natural History. Annual Report for 190%. 
» Bulletin of the American Museum of Natural History. (V. d. M). 


Memoirs of the American Museum of Natural History. (V. d. M.) 
> Bulletin of the Archeological Institute of America. Vol. I. 
Number 2—4. Vol. II. No. 1. 


Zeitschrift für Ethnologie. Jahrg. 1911. Heft 1. © 


(34) 


2x9. 


290. 
P20 1s 


292, 
293. 


*294. 


* 299. 
296. 
"297; 
298. 
72. 
300. 


301. 


* 302. 
* 303. 
* 304, 
300. 
* 306. 
307. 
308, 


v09. 


310. 


Übersicht 


Norwood, Journal of american archaeology. Vol. XII. No.4. Vol. XIV. 


No. 1—4. 


Para (Brazil). Boletim do Museu Paraense. Vol. VI. 190%. 
Philadelphia. Bulletin of the Free Museum of Science and Art, Dep. of Arch. 


% 


x” 


n 


a. Pal., Un. of Pennsylvania. 
University of Pennsylvania the Museum Journal. Vol. I. 1—?. 
Proceedings of the American Philosophical Society. Vol. XLVI. 
1909. No. 193. Vol. XLIX. 1910. No. 194—196. 
Transactions of the Department of Archaeology Free Museum of 
Science. 


Rio de Janeiro. Archivos do Museu Nacional. 
Santiago de Chile. Boletin des Musco Nacional de Chile. Tomo Il. 1. 
Sao Paulo. Revista do Muscu Paulista. 


9 


Revista da Sociedade scientifica de Sao Paulo. Vol. IV. 190%. 


Toronto (Canada). Proceedings of the Canadian Institute. 
Toronto (Canada). Transactions of the Canadian Institute. Vol. VIII. 


Part. 4. 


Washington (D. C., U.S. A.). Annual Report of the Smithsonian Institution. 


Year 1908. 1909. 
Annual Report of the Geological Survey. 
Annual Report of the Bureau of Ethnology. 
Special Papers of the Anthropological Society. 
Bulletin of the Bureau of American Ethnology. Vol. 37. 45. 45. 
Publications of the Bureau of American Ethnology of the Smiths. Inst. 
Bulletin of the U. S. National Museum. No. 71--74. 
Proceedings of the U. S. National Museum. Vol. 37. 


V. Asien. 


Batavia. Tijdschrift voor Indische Taal-, Land- en Volkenkunde. Deel LI 


Afl.6. Deel LL Afl. 1—6. 

Notulen van de Algemeene en Bestuursvergaderingen van het Bataviaasch 
Genootschap van Kunsten en Wetenschappen. Deel XLVII. 1:09, 
Afl. 1—4. Deel XLVIII. 1910. Afl. 1—2. 

Verhandelingen van het Bataviaasch Genootschap van Kunsten en 
Wetenschappen. Deel LVIIL 1—s. 

J. A. van der Chijs, Dagh-Register. 

Rapporten van de commissie in Nederlandsch - Indie 1907—1€05 
v. oudheidkundig onderzoek op Java en Madoera. 


Bombay. The Journal of the Anthropol. Soc. Vol. VIII. Nr. 5—7. 


n 
. Calcutta. Epigraphia Indica and Record of the Archaeological Survey of 


Report ou the search for Sanskrit Mss. in the Bombay Presidency. 


India. 

A descriptive catalogue of Sanskrit Mss. in the Library of the Calcutta 
Sanskrit College. 27. (Government of India.) 

Report on the search of Sanskrit Mss. (Government of India.) 

Notices of Sanskrit Mss. pbl. under orders of the Government of Bengal. 
(Government of India.) 

Proceedings of the Asiatic Soc. of Bengal. 

Journal of the Asiatic Soc. of Bengal. Philological Series. Vol. 74. 
Part 2—4. 


338. 
339. 
*340. 
34l. 
342. 
343. 
344. 


der periodischen Veröffentlichungen. (35) 


2. Calcutta. Journal and Proccedings of theAsiatic Society of Bengal. Vol. IV. 


No. 5—11. 
. Memoirs of the Asiatic Soc. of Bengal. Vol. Tl. No. 5—9. 


. Colombo. Journal of the Ceylon branch of the Royal Asiatic Society. 


Vol. XXI. No. 62. 


. Hanoi. Bulletin de l'Ecole Francaise d’Extreme-Orient. TomelX- No. 4. 


Tome X. No. 1—2. 


26. Kyoto. The Calendar, Imperial University of Japan. 
‘. Madras. Bulletin of the Madras Government Museum. 


„ Report on a search for Sanskrit and Tamil Mss. prepared under the 
orders of the Government of Madras. 


. Manila. Publications, Ethnological survey from the Department of the 


„ Journal of Science. Vol IV. No.6. Vol. V. No. 1—5. 


. Shanghai. Journal of the China Branch of the Royal Asiatic Society. 


„ Der ferne Osten. (Angekautt.) 


. Singapore. Journal of the Straits Branch of the Royal Asiatic Society 
. Tokio. Mitt. d deutschen Ges. f. Natur- u. Völkerkunde Ost-Asiens. Bd. XII, 


Teil 2. 

„ Journal of the Anthropol. Soc. of Tokyo. Vol. XXIV. No. 282—283. 
Vol. XXV. No. 254—294. Vol. XXVI No. 295—296. 

„ Die Wahrheit, Erste Deutsche Zeitschrift in Japan. 


. Wladivostok. Denkschriften der Gesellschaft für Erforschung des Amur- 


Gebietes. 


VI. Australien. 


Adelaide. Memoirs of the Royal Society of South Australia. Vol. II. Part. 2. 
» Transactions. of the Royal Society of South Australia. Vol. XXXIII. 
Brisbane. Bulletin of North-Queensland Ethnography. (V. Hrn. W. Roth.) 
Sydney. Report of the trustees of the Australian Museum. Year 1909—1910. 
„ Records of the Australian Museum. Vol. VIT. No. 5. Vol. VIII. No. 1. 

» Memoirs of the Australian Museum. Vol. IV. Part 12. 
Science of man. Vol. XI. No. 7—12. Vol. XII. No. 1—3. Vol. 

XIII. No. 4 u. 6. 


VII. Polynesien. 


5. Honolulu. Memoirs of the Bernice Pauahi Bishop Museum of Polynesian 


Ethnology and Natural History. Vol. I. No. 4. 
» Occasional papers of the Bernice Pauahi Bishop Museum of Polynesian 
Ethnology and Natural History. Vol. IV. No. 4. 


(d 


L Abhandlungen und Vorträge. 


Ein zweites Goldland Salomos'). 
Vorstudien zur Geschichte Westafrikas. 


Von 
Pfarrer Johannes Dahse. 
Kapitel 1. 
Ziel und Einfuhrartikel der Tharschischfahrt. 


Wenn ich meinen Studien die Uberschrift gegeben habe „Ein zweites 
Croldland Salomos“, so deute ich damit schon an, dass ich in erster Linie 
nicht von dem berühmten Lande Ophir reden will, sondern eine neue 
Hypothese zu begründen versuchen werde. Während nämlich die meisten 
Forscher sämtliche auf Handelsfahrten Salomos bezügliche Stellen auf 
Ophirfahrten beziehen, unterscheide ich mit Josephus?), Keil?), Guthe‘), 
Oppert®) zweierlei Fahrten Salomos und lasse die einen nach Ophir, die 


1) Verzeichnis der Abkürzungen: Allg. Hist.: Allgemeine Historie der 
Reisen zu Wasser und zu Lande, Leipzig 1748. Arch. f. Rel.: Archiv für Religions- 
wissenschaft. CB.: Burton and Cameron, To the Gold Coast for Gold. DGBL: 
Deutsche Geographische Blätter. EB.: Encyclopaedia Britannica. EMM.: Evange- 
lisches Missions-Magazin, Basel. GGM.: Geographi Graeci minores, Paris. MFDSch.: 
Mitteilungen von Forschungsreisenden in den deutschen Schutzgebieten. NMG.: 
Norddeutsche Missionsgesellschaft. PRE: Protestantische Realencyklopiidie. RGG.: 
Religion in Geschichte und Gegenwart. WASk.: Ellis, West African Sketches. 
WAY.: West African Yearbook. ZE.: Zeitschrift für Ethnologie. OLZ.: Orient. 
Literaturzeitung. 

Barth: Reisen und Entdeckungen in Nord- und Zentralafrika. 

Bowdich: Mission from Cape Coast Castle to Ashantee, Neudruck 18753. 

Connolly: „Social Life in Fanti-land“, Journal of the Anthrop. Inst. 26. 189%. 

Christaller I: Dictionary of the Asante and Fante Language. 

II: Grammar of the Asante and Fante: Language. 

Dupuis: Journal of a Residence in Ashantee, London 1824. 

2) Antiq. Ind VIII 7. 2 (181). 

3) Keil, Über die Hiram-Salomonische Schiffahrt nach Ophir und Tharschisch, 
Dorpat 1834. 

4) In PRE? Bd. 14. „Ophir“, Bd. 17. „Schiffahrt“. 

5) ,Tharshich und Ophir“, Berlin 1905. 

Zeitschrift für Ethnologie. Jahrg. 1911. Heft 1. | 1 


> Dahse: 


andern nach einer anderen Gegend gehen. Von einer Ophirfahrt handeln 
die Stellen 1. Kg 926.23 und 1. Kg. 10,1. 32. An der ersten Stelle heisst 
es: „Auch Schiffe erbaute der König Salomo zu Ezeon Geber, das bei 
Eloth am Ufer des Schilfmeeres im Lande Edom liegt. Und Hiram sandte 
auf der Flotte Untertanen von sich — Schiffsleute, die mit dem Meere 
vertraut waren — zusammen mit den Untertanen Salomos. Und sie ge- 
langten nach Ophir und holten von dort Gold — 420 Talente — und 
brachten es dem Könige Salomo.“ Im 10. Kapitel ist dann von dem Be- 
such der Königin von Saba die Rede, die 120 Talente Gold, Spezereien 
und Edelsteine bringt, und dann heisst es V. 11: „Aber auch die Schiffe 
Hirams, die Gold aus Ophir geholt hatten, brachten eine grosse Menge 
von Sandelholz und Edelsteinen mit.“ Der Parallelbericht der Chronik 
zu 1. Kg..e-2s unterscheidet sich dadurch von dem älteren Bericht, dass 
der Chronist den Hiram nicht nur seine Knechte, sondern seine Schiffe 
nach Ezeon Geber schicken lässt, was zur Zeit des Chronisten sehr wohl 
möglich war, da ein von Pharao Necho II. begonnener, von Darius I. voll- 
endeter Kanal einen Wasserweg zwischen dem Roten und dem Mittel- 
ländischen Meer eröffnet hatte. Der Irrtum der Chronik besteht nur 
darin, dass der Chronist das, was zu seiner Zeit möglich war, in Salomos 
Zeit verlegte. Wenn nun 1. Kg. 10,, darin mit der eben angeführten 
Chronistenstelle übereinstimmt, dass hier auch von den Schiffen Hirams 
die Rede ist, so braucht mit dieser Bezeichnung nicht gesagt zu sein, 
dass Hiram seine Schiffe dorthin gesandt habe, was ja mit 1. Kg. 9,, in 
Widerspruch stehen würde, sondern es kann damit nur ein Eigentumsrecht 
Hirams an jenen Schiffen ausgedrückt sein. Was nun diese Ophirfahrt 
anlangt, so ging sie von Ezeon Geber aus südwärts auf dem Roten Meer; 
so denkt es sich auch der Chronist, wenn er die Schiffe Hirams vom 
Mittelländischen Meer zum Roten gebracht werden lässt. Die Produkte 
der Ophirfahrt sind drei: Gold, Sandelholz und Edelsteine. 

Von einer zweiten Unternehmung Salomos und Hirams handelt nun 
der Vers 1. Kg. 10,.: „Denn der König hatte Tharsisschiffe auf dem Meer 
bei den Schiffen Hirams; alle drei Jahre einmal kamen die Tharsisschiffe 
und brachten Gold, Silber, Elfenbein, Affen und Pfauen.“ Dass es sich 
an dieser Stelle um eine andere Fahrt handelt, zeigt erstens der Ausdruck 
Tharsisschiff, zweitens die Angabe über die Zeitdauer und Häufigkeit der 
Fahrt, was beides bei der Ophirfahrt fehlt und drittens die von den Ophir- 
produkten sich unterscheidenden Importartikel. Was zunächst den Aus- 
druck Tharsisschiff anlangt, so bedeutet allerdings manchmal dieser Aus- 
druck nur soviel wie „grosses Meerschiff“, wie man ganz ähnlich früher 
im Deutschen von „Östindienfahrern“ redete. So ist es z. B. sicher der 
Fall 1. Kg. 2245, vielleicht auch Jes. 2,, %48,. Auch wird in allen Über- 
setzungen des A. T. Tharsis mehr oder minder häufig durch „Meer“ 
wiedergegeben, so von LXX. Jes. 244; Vulg. Jes. 23, 6 10. 34, 609, 6645, 
Ezech. 27,;, 1. Kg. 224; Targum an allen Jesaias- und Kzechielstellen, 
ausserdem Jona 1,, 4, Ja, llieronymus sagt sogar zu Jes. (ue dass die 
Hebräer für Ozean das Appellativum „Tharschisch“ hätten. Aber diese 
allgemeinere Bedeutung für Tharschischschiff ist doch erst aus der speziellen 


Ein zweites Goldland Salomos. 3 


entstanden, die der Chronist an unserer Stelle noch richtig zum Ausdruck 
bringt, wenn er schreibt 2. Chr. 9,,: „Denn der König hatte Schiffe, die 
mit den Leuten Hirams nach Tharschisch fuhren; alle drei Jahre einmal 
kamen die Tharschischschiffe und brachten Gold, Silber, Elfenbein, Affen 
und Pfauen.*“ Wie der Ausdruck ,Ostindienfahrer* für Ozeanfahrer erst 
entstehen konnte, nachdem man nach Ostindien gefahren war, so konnte 
auch unter Tharschischschiff erst dann allgemein „grosses Meerschiff“ ver- 
standen werden, nachdem man Fahrten nach Tharschisch mit grossen 
Schiffen gemacht hatte. Wir haben es also 1. Kg. 10.. mit Fahrten nach 
Tharschisch zu tun, die durchs Mittelmeer gingen, da Jona sich in Joppe 
einschiffte, als er nach Tharschisch flüchten wollte. Wo lag denn nun 
dieses in 1. Kg. nur indirekt, in Chr. aber direkt als Ziel dieser Falırten 
angegebene Tharschisch? Da es sich um eine Unternehmung, die drei 
Jahre dauerte, handelt, kann es nicht, wie z. B. Josephus gemeint, das 
cilicische Tarsus, die Geburtsstadt des Paulus, sein; es muss in weiter 
Entfernung von Palästina liegen, wie die Zusammenstellung Jes. 66 ,, zeigt, 
wo es unter den entferntesten Gegenden aufgezählt wird. Dass es bekannt 
und berühmt war, zeigen Jes. 23 und Ezech. 37. An Produkten von 
Tharschisch werden Ezech. 27,, Silber, Eisen, Zinn und Blei, Jer. 10, 
Silber aufgezählt, ausserdem wird der Tharschischstein erwähnt Ex. 28,,, 
3943, Ezech. 1,4, 109, 28,3, Cant. 5,, und Dan. 10,. Da es nun dem Ver- 
fasser von 1. Kg. 10,,, wie der vorhergehende Vers („es war nichts von 
Silber, denn in den Tagen Salomos ward das Silber für nichts geachtet“) 
und Vers 27 („und der König machte, dass das Silber zu Jerusalem an 
Menge den Steinen gleichkam“) zeigen, auf die Menge der Silbereinfuhr 
ankam, so haben wir Tharschisch in einer Gegend zu suchen, die in jenen 
Zeiten Silber ausführte.e Da kann dann aber nur die Landschaft für 
Tharschisch in Betracht kommen, die ein Onomasticon vaticanum dafür 
halt, wenn es sagt: Oaooeıs o Bon, Es ist das Gebiet des Baetis, des 
heutigen Guadalquivir im südwestlichen Spanien, „dessen Quellen in 
Silber wurzeln.“ Dort befand sich ja die den römischen und griechischen 
Klassikern wohl bekannte phönizische Kolonie Tartessus, deren Hauptort 
Gadir, das heutige Cadiz war. Von 1100—600 blühte dort eine alt- 
phönizische Kolonie, dann setzten sich Griechen aus Phokaea dort fest, 
was ım A. T. dadurch zum Ausdruck zu kommen scheint, dass Tharschisch 
Gen. 10, zu Javan, den Griechen gerechnet wird. Von 500 an haben es 
die Karthager, also die Punier in Besitz genommen, was sich im A. T. 
wiederum dadurch kundgibt, dass LXX Ezech. 27,,. 25, 3845, Jes. 234. ¢ 10 14 
Tharschisch durch Aaoyndumv = Karthago wiedergibt. Diese Landschaft 
Tartessus ist nun aber das Silberland jener Zeiten. Berichtet uns doch 
Plinius?), dass die Phönizier von ihrer ersten Fahrt nach Tharschisch so 
viel Silber mitgebracht hätten, dass ihre Schiffe es nicht fassen konnten 
und sie deswegen sich aus dem Silber Anker gemacht hätten. Silberne 


1) PRE’ Bd. 12 „Metalle* S, 142; ebenso Diod. Sie. „Bibl. Hist. V 35. 56 und 
Aristot. „Mirabilia* cap. 147. 


d 


4 Dahse: 


Krippen und Weinfässer fand Hamilkar Barkas!) bei den Turdetaniern, 
den Bewohnern von Tartessus. In Neukarthago, dem heutigen Karthagena, 
arbeiteten nach Polybius?) 40000 Bergleute, die täglich 25 000 Drachmen 
Silber für den römischen Staat gewannen. Nach diesem Silberland gingen 
also die gemeinsamen Fahrten Hirams und Salomos auf dem Mittelländischen 
Meer. Sie dauerten drei Jahre, welche Angabe so zu verstehen sein 
wird, dass man im ersten Sommer hinfuhr, den zweiten zum Erwerb der 
Produkte auf von dort unternommenen Falırten benutzte und im dritten 
zurückkehrte. Im Winter ruhte natürlich die Schiffahrt. Auf der Hin- 
und Rückfahrt wurden dann noch andere phönizische Faktoreien besucht, 
die sich ja überall an den Küsten des Mittelmeers befanden. Zeit genug 
dazu hatte man, da die direkte Fahrt von Palästina nach Tharschisch da- 
mals nur etwa 30 Tage gedauert haben mae? Wir kommen nunmehr 
zu den übrigen Produkten, die man von jenen Fahrten mit heimbrachte. 
Da sich über dieselben ganz verschiedene Angaben in den verschiedenen 
alten Übersetzungen finden, gebe ich zunächst den verschiedenen Wortlaut. 

Im Hebräischen stimmt der Wortlaut der Chronistenstelle mit dem 
von 1. Kg. überein, beide Male sind fünf Produkte genannt: Gold, Silber, 
schenhobbim, kofim und tukkijim. In der griechischen Übersetzung haben 
wir dagegen an den beiden Parallelstellen voneinander abweichende Über- 
setzungen und an der Stelle 1. Kg. sogar in den verschiedenen Hand- 
schriften ganz verschiedene Auffassungen. Es lesen nämlich 1. Kg. 10. 
hinter yovoiov xai doyvotov die Handschriften B. und Genossen xai Aiden 
topevt@my xal nelezytov, d. h. gravierte und behauene; 44. 74. 106. 120. 
134. 144 xai Aidwy Toovevrar xai aehexntmy, d. h. gedrelite und behauene; 
19. 82. 93. 108. 119. 245 xai Adem Tooevrar xai azekerıtarv, d.h. gravierte 
und unbehauene Steine. Diese drei Auffassungen stimmen darin überein, 
dass nur vier Produkte von dieser Handelsfahrt mitgebracht werden, ausser 
Gold und Silber noch zwei Arten von Steinen. Auch die Chronistenstelle 
zählt in der griechischen Übersetzung nur vier Produkte auf, nämlich 
pvoiov xal doyvoiov xai Otto Zë option: zat adijzxor. Jedoch fügen die 
Handschriften 19. 93. 108. 158, also die Rezension Lucians, noch xai 
teyetu (Terjeiu, texzyu) und damit eine Transkription von Gap hinzu und 
erklären dies im Text oder am Rande mit ogıyyor (og y& = Schimpanse!). 
— Offenbar durch die griechische Übersetzung der Chronistenstelle ist in 
eine Anzahl der griechischen Handschriften von 1. Kg. (so vor allem in 
die mit der aldina-Bibelausgabe von 15:8 in Verbindung stehenden Hand- 
schriften) der Zusatz zu ddortwy &egarrivar xai awdijzor hinter yovoiov 
xai doyvoiov eingedrungen, so dass wir hier sechs Produkte aufgezählt 
finden. Eine Aufzählung von fünf Produkten, also hinsichtlich der Zahl 
Übereinstimmung mit dem Hebriier haben wir nur bei den Handschriften A 
und 247, und zwar nur an der 1. Kénigestelle, wo diese beiden lesen 
zorotov xal Agyvotovr xal ddorvtmy Èhepartirow za adizor xa tamov. 


1; Strabo III 2. 14. 
2) Nach Strabo IH 2. 10. 
o) PRE. Bd. 17 S. 572. 


Ein zweites Goldland Salomos. 5 


Während in der Chronik die Handschriften 19. 93. 108. 158 DIN noch 
als Affen deuten (also noch im 4. Jahrhundert nach Christus herrscht diese 
Deutung!) finden wir beim Griechen nur mn den Handschriften A und 247 
in 1. Kg. das hebräische Dan mit „Pfauen“ wiedergegeben! Dieselbe 
Auffassung wie A 247 in 1. Kg. vertritt die Vulgata, indem sie 1. Kg.: 
aurum et argentum et dentes elephantorum et simias et pavos und 
Chr.: aurum et argentum et ebur et simias et pavos gibt. Dagegen geht 
Josephus, der wie ich 1. Kg. 9% und 10, auf verschiedene Fahrten be- 
zieht und der 1. Kg. 10,, auf dem tarsischen Meere stattfinden lässt, seine 
eigenen Wege, indem er von dieser Tharschischfahrt: Gold, Silber, viel 
Elfenbein, Äthiopier und Affen heimgebracht werden lässt. Diese merk- 
würdige Übersetzung des Josephus zeigt uns, dass zu seiner Zeit für 
EN noch nicht die Deutung „Pfauen“ bestand. Er las vielmehr D"2E 
(vgl. 2. Chr. 12,3) = Athiopier und lässt also von dieser Handelsfahrt dem 
Salomo Sklaven mitgebracht werden, gerade so wie zur selben Zeit Plinius 
eine Aufzählung der Handelsartikel Thulas (in Ostafrika) mit „Affen und 
Sklaven“ schliesst. Sachlich wäre gegen eine solche Deutung nichts 
anzuführen, denn die Phönizier führten jaim Altertum den ausgedehntesten 
Sklavenhandel, und schon die Ägypter haben von ihren Fahrten nach 
Punt Zwerge als Sklaven mitgebracht. Ob aber diese Deutung sprach- 
lich haltbar ist, wird das folgende zeigen. Soviel haben wir bisher fest- 
gestellt, dass die lucianischen Handschriften in der Chronikastelle den 
vierten Importartikel kofim mit zudıjzwv, den fünften tukkijim mit 
opıyy@av wiedergeben, beides also als „Affen“ deuten, während die ursprüng- 
liche LXX kofim und tukkijim durch den einen Sammelausdruck udnzwr 
wiedergegeben hat?). 

Über das dritte Produkt unserer Handelsfahrt herrscht bis heute 
Übereinstimmung. Unter Grp versteht man allgemein „Elfenbein“, 
trotzdem letzteres in der Regel durch }% allein, so in unserem Kapitel 10,,, 
oder durch me Pm, Ezechiel 27,, wiedergegeben wird. Nun hat man aber 
gerade aus dem Vorkommen dieses Wortes D°33¥ an unserer Stelle weit- 
tragende Folgerungen gezogen. Man hat in den letzten Silben dieses 
Wortes DS das Sanskritwort ibha finden wollen, das Elefant bedeutet 
und daraus geschlossen, dass die Fahrt 1. Kg. 10,, nach Indien gegangen 


1) Peters, Ophir 1908, S. 19. 

2) Der ursprüngliche griechische Übersetzer der Chr. gibt häufig einen kürzeren 
Text als der Hebräer, indem er Unverständliches auslässt I 15, II 20,,, bei Auf- 
zählungen zusammenzieht I 16, oder ganz allgemein übersetzt II 13,,. Dagegen hält 
Lucian, der Revisor der griechischen Bibel im 4. Jahrhundert n. Chr., wie an unserer 
Stelle so auch sonst es für nötig, auch das zweite hebräische Wort noch besonders 
wiederzugeben. Vergleiche für diese Eigentümlichkeit Lucians die sachlich gerade mit. 
der in diesem Kapitel geführten Untersuchung in Berührung stehenden Ezechielstellen: 

27,, karnoth schen vhobnim: vor odovras kep. + xéoara xai 22, 23. 48.51. 251. 

27,, vrikmah ubuz: zoixılnara (+ soi Biooor 22. 36. 48. 51. 251) èx Oanarıs. 

28,, tharschisch: vor ardoaza + xai Taxırdov 22. 23. 36. 42. 48. 51 231. 
Durch diese beiderseitigen Eigentümlichkeiten der verschiedenen Übersetzer er- 
klären sich in der Chronikastelle die verschiedenen Übertragungen von kofim und 
tukkijim. 


6 Dahse: 


sein müsse, wofür auch die als „Pfauen“ verstandenen Dän sprachen. 
Andere Sanskritforscher aber, wie z. B. Lassen, haben sich gegen den 
Zusammenhang von ibha und D'27% erklärt. Was aber die Pfauen, „das 
einzig sichere indische Produkt“, anlangt, so haben wir oben gesehen, 
dass noch nicht einmal Josephus sie als Produkt unserer Handelsfahrt 
kennt. Wegen dieser Unsicherheit können sie nicht als Beweis für Indien 
herangezogen werden. Und noch weniger beweist das Elfenbein etwas 
für dieses Ziel unserer Fahrt. Denn Elefanten werden schon von Hero- 
dot 4,9, unter der Fauna Libyens aufgezählt, noch heute ist gerade das 
Elfenbein Afrikas besonders hochgeschätzt, und es erstreckt sich das Ge- 
biet des afrikanischen Elefanten heutzutage etwa bis zum 15° nordwärts. 
Elfenbein könnte also ebensogut aus Afrika wie aus Indien gekommen 
sein. Aber nun ist es überhaupt fraglich, ob in unserm Texte ursprüng- 
lich ein Ausdruck für Elfenbein stand. Josephus muss statt DATE‘ 
etwa 737 jw gelesen haben, zu seiner Zeit war also die Lesart D377 
noch unsicher. Zur Erklärung unserer Stelle hat man nuv ja Ezech. 27 ,; 
herangezogen, wo als Produkte der fernen Länder DSM je MP auf- 
gezählt werden. Aber wenn an dieser Stelle 0°33" nach dem Agyptischen 
für Ebenholz erklärt wird, und man darnach auch an unserer Stelle 
22271 jw „Elfenbein und Ebenholz“ zu lesen vorgeschlagen hat, so 
scheint mir dies doch unsicher zu sein und vor allem spricht LXX so- 
wohl Ezech. 27,5 wie an unserer Stelle gegen diese Deutung. Denn dort 
zieht sie mit Recht 033m) zum letzten Teile des Satzes und übersetzt 
es tois eisayouevors (Ayreöidovs Tote wiodovs cov), und an unserer Stelle 
redet sie in 1. Kg. von Steinen und nicht von Holz. Als LXX-Lesart 
haben wir ja für 1. Kg. 10,, festgestellt: Aidoı ropevtot (Tovrevroi) xai 
aghexntoi (Aneltxıyroı). Es fragt sich nun, ob sich für diese griechische 
Übersetzung nicht eine Emendation des jetzt verderbten hebräischen Textes 
finden lässt. Da möchte ich vorschlagen statt: 

Dam DEN DM 

DDN O°) ONIN 

Denn Ado führt auf DƏN, und bunte Steine von Tharschisch sind ja 
hochberühmt. Bei rooevroi (ursprünglich durchbohrt) fällt einem die Stelle 
Ezech. 28,, ein, wo 0°39) als „durchbohrte Arbeit“ gedeutet wird. Und 
ebendieselbe Stelle wirft auch ein Licht auf das Dan d. h. DSA ein- 
gefasste Arbeit, woran LXX mit ihrem zeiexıyroi zu denken scheint. Wie 
kommt dann aber das }%” in unseren Text hinein? Da führen uns die 
bunten Steine von Tharschisch weiter. Welche Farbe hat der schon oben 
erwähnte Tharschischstein gehabt? Da sehen wir zunächst, wie die Über- 
lieferung in der Wiedergabe des hebräischen Wortes WEN schwankt. 
Abgesehen von den Stellen Kz. 1,,, Cant. 514, Daniel (Theod.) 10,1), wo wir 
daooeis beim Griechen haben, finden wir in den griechischen Übersetzungen 
drei verschiedene Bezeichnungen für diesen Edelstein zorodiWos Ex. 28 a, 
39 5 Ez. Let Au. 3 und Dan. 10¢(Aq.), feiere Ex. 2829, Armenier, ebenso 39,5, 
La 1yg (Sym.) 28,,, Lucian, ardoas ka 109, 2843. 


1) Daniel (urspr. LAN) 10, dasasan:. 


zu lesen: 


Ein zweites Goldland Salomos. ri 


Was nun zunächst die letztgenannte Stelle anlangt, so darf auf die 
dortige Übertragung ävðoaë nicht zuviel Wert gelegt werden. Denn 
Ez 28,, finden sich für die an dieser Stelle im Hebräischen aufgeführten 
9 Edelsteine 12 Bezeichnungen, und zwar dieselben, die an den beiden 
Exodusstellen für die dort beim Hebräer und beim Griechen genannten 
12 Edelsteine gebraucht sind!). ğvðoa ist im Ex. = 9B), dagegen wie 
wir sahen Ez. = GG. Daran kann ja nun nicht gezweifelt werden, 
dass mit ärdoaS ein roter Edelstein gemeint ist: Rubin, Karfunkel oder 
edler Granat?). Auch der als zweite Übertragung in Betracht kommende 
Hyazinth-Zirkon ist in der Regel von gelblicher oder rötlicher (allerdings 
auch brauner oder grüner) Farbe. Chrysolith aber, nach dem heutigen 
Sprachgebrauch ein pistaciengrüner Stein, wurde nach Plinius im Alter- 
tum in Spanien gefunden, und zwar von goldgelber Farbe®). Nach all 
diesem dürfte unter WWAN ein gelber oder roter Edelstein zu verstehen 
sein. Ich mache beiläufig darauf aufmerksam, dass sich in dem „Mineral- 
reich in Bildern“ von Kurr auf Tafel III (Quarz) ein schöner gelbroter 
Eisenkiese]l aus Spanien abgebildet findet, ohne damit sagen zu wollen, 
dass der Tharschisch gerade ein solcher gewesen sei. Nun hat aber LXX 
1. Kg. 10,, den Plural Aal togevtoi xal neiexnroi. Ausser den speziellen 
Tharschischsteinen werden also noch andere von dorther gekommen sein 
Welche könnten da in Betracht kommen? Da lesen wir Ez. 27,, im 
Hebräischen bnaphek argaman vrikma wofür der Grieche hat ovdxtny xai 
zorxiluara èx Oaooeis. Die beiden letzten Worte 2x Oagoeis stehen im 
Griechischen für das im Hebräischen auf das vrikma folgende ubuz; LXX 
hat also an Stelle des den Zusammenhang störenden Byssos, einen Länder- 
namen gelesen, den sie mit ©aooeis in Verbindung bringt. Als Produkte 
kommen dorther oraxın xai noıxiluara. Nun geben uns die Handschriften 
XII 23. 62. 88. 147 die Auskunft, dass oraxınv für evapex steht. Kautzsch 
übersetzt nur naphek argaman mit ,karfunkelroten Purpur“. Das führt uns 
darauf, dass mit oraxın» ein roter Farbstoff, und zwar ein rotes Harz ge- 
meint sein kann. Nun brachten aber die Phönizier von ihren Handels- 
fahrten sowohl nach dem Osten (Sokotra) wie nach dem Westen das 
„Drachenblut“ mit, das Harz des Drachenblutbaumes (Daemonorops Draco 
oder Dracaena Draco), das bereits von Theophrast, Plinius und Diosco- 
rides genannt wird. Ausser dem rötlich-gelben Tharschischstein brachten 
die Tharschischfahrer also noch rotes Harz mit heim‘). Was endlich nun 
noch den Ausdruck rikma Ez. 27,, aulangt, LXX zomiiuara, so können 
an unserer Stelle darunter doch unmöglich bunte Gewänder verstanden 
werden. rikma sind auch bunte Steine (1. Chr. 29,, wo LXX ausdrück- 
lich übertragen Aidoı noixıloı). Da dürfen wir nun auch nicht vergessen, 


1) Und zwar beim Griechen Ez. in derselben Reihenfolge wie Ex., während 
beim Hebräer Ez. nicht bloss die Zahl, sondern auch die Anordnung eine andere ist. 

2) PRE V 8.157. 

3) PRE. V 8. 158. 

4) Dass rote und blaue Farbstoffe nach Phönizien aus dem Westen kommen, 
zeigt Ez. 27.. Auch wird Jer. 10, in ein und demselben Verse vom Tharschisch- 
stein, vom Golde aus Uphas und von aN) PDs gesprochen. 


8 | Dahse: 


dass noch heute, wie schon im Altertum (Plinius) aus Almaden in Spanien 
die schönsten Zinnoberkristalle kommen, die bekanntlich von kirschroter 
bis karmoisinroter Farbe sind. Auch die können unter den Aidoı aehexntot 
(kristallisiert) mit verstanden worden sein. Wenn so aber drei Arten 
zörxiAuara von roter Farbe aus Spanien mitgebracht wurden, dann nimmt 
es uns kein Wunder, wenn durch einen Leser, der darum wusste, zu der 
Stelle 1. Kg. 10,,, als deren ursprünglichen Wortlaut wir Drëpp 0°35) DSN 
angenommen haben, der erklärende Zusatz rap = rote zuerst an den Rand 
und später in den Text kam. Als man dies dann später nicht mehr ver- 
stand, hat man das JW auf Elfenbein gedeutet, das ja im selben Kapitel 
1. Kg. 10,, vorkam. Wie unter den Aiödoı nelexnroi Kristalle verstanden 
sein könnten, so unter den durchbohrten oder gravierten Steinen „Gemmen“. 
Sind doch die alten Etrusker, deren Küste die Tharschischfahrer ohne 
Zweifel berührt haben werden, wegen ihrer Gemmenschneidekunst all- 
bekannt. 

Es bleibt uns nun noch übrig, die Herkunft des Goldes von 1. Kg. 10., 
festzustellen. Da hat es nun im Altertum in Spanien Gold gegeben, wie 
uns Strabo, Plinius, Pomponius Mela, Diodorus Siculus, Marcianus Hera- 
cleota berichten!). Aber immer ist die Ausfuhr von Gold aus Iberien nur 
geringfügig gewesen, und wie Plinius uns erzählt, haben z. B. auch die 
Römer, als sie im Jahre 201 Hannibal besiegten, von den Karthagern, 
denen Spanien gehörte, keinen Tribut in Gold, sondern in Silber ge- 
fordert. Wenn wir nun eine Gegend finden, die reicher an Gold als 
Tharschisch, und von Tharschisch aus in einem Sommer zu erreichen 
war, wird von dorther das Gold der Tharschischfahrer stammen. Nun 
gibt es an der westafrikanischen Küste zwei Goldgebiete, das eine, weniger 
ergiebige, Senegambien mit seinen Hinterlandern Bambuk und Bure; das 
andere die Goldküste samt den Aschantiländern. An der letzteren er- 
strecken sich reiche goldführende Distrikte bis unmittelbar an die See; 
dort hätten es also etwaige Expeditionen sehr einfach gehabt, ihr Gold 
einzutauschen. Vielleicht lohnt es sich nachzuforschen, ob an dieser Gold- 
küste irgendwelche Spuren darauf hindeuten, dass dort das Ziel der 
_ Tharschischfahrer gewesen ist, das ihnen das ersehnte Gold bot. 

Nun gibt es aber noch zwei Stellen im Alten Testament, die bisher 
bei einer Untersuchung über Tharschisch wenig beachtet und die 
doch gerade von besonderer Bedeutung sind. Jeremias 10, lesen wir näm- 
lich von dem breitgehämmerten Silber, dass aus Tharschisch gebracht wird 
und von dem Golde aus Uphas, und ebenso ist Daniel 10, von dem „feinen 
Gold aus Uphas“ und 10, von dem Tharschischstein die Rede. Beide 
Male ist Uphas und Tharschisch zusammen genannt, aber doch voneinander 
unterschieden; ein Beweis dafür, dass Gold nicht aus Tharschisch, wohl 
aber bei Gelegenheit der Tharschischfahrt mitgebracht wurde?). Wie 


1) Oppert, Tharschisch und Ophir S. 8. 

2) Infolge seiner falschen Auffassung des hebräischen Textes lässt der griechische 
Übersetzer von Jeremias 10, von Tharschisch eine besondere Sorte Gold mitbringen 
ato Mooeis Hse zovoiov Moral. 


Ein zweites Goldfeld Salomos. 9 


Fürst in seinem hebräischen Lexikon angibt, bedeutet nun aber IDR 
soviel wie Goldküste. Denn W ist gleich aw: ` und 1 wechseln ja mit- 
einander. Das bisher vergeblich gesuchte Land Uphas haben wir also in 
der noch heute den Namen Goldküste führenden westafrikanischen Kolonie. 
Dorther stammt, wie nun das folgende zeigen wird, auch das 1. Kg. 10,, 
erwähnte Gold. 


Kapitel 2. 
Guinea als Goldland. 


Guinea ist das Land, das durch nunmehr drei Jahrtausende als Gold- 
land berühmt gewesen ist; haben wir doch für diese ganze Zeit die Zeug- 
nisse der Schriftsteller dafür. Wenn Jeremias 10,, welche Stelle wahr- 
scheinlich zur Zeit des Exils geschrieben ist, Tharschisch und Uphas, wie 
wir sahen, zusammenstellt, so war in der Mitte des 6. vorchristlichen 
Jahrhunderts Westafrikas Goldland in Westasien bekannt. Hundert Jahre 
später um die Mitte des 5. Jahrhunderts erzählt uns Herodot von dem 
stummen Goldhandel an der Westküste Afrikas 4,9. Dorthin ausserhalb 
der Säulen des Herkules bringen die Karthager ihre Waren, legen sie an 
der Küste nieder; ziehen sich auf ihre Schiffe zurück; unterdessen kommen 
die Eingeborenen und legen Gold neben die Waren am Ufer nieder und 
verschwinden. „Die Karthager aber gingen an das Land und sähen nach, 
und wenn des Goldes genug wäre für die Waren, so nähmen sie es und 
führen nach Hause: wäre es aber nicht genug, so gingen sie wieder an 
Bord und warteten es ruhig ab. Dann kämen jene wieder und legten 
noch immer etwas Gold zu, bis die Karthager zufrieden wären. Keiner 
aber betrüge den andern.“ Ähnliches erlebte Apollonius von Thyana?) 
im Jahre 70 p. Chr. an den Grenzen Ägyptens und Athiopiens; für die- 
selbe Gegend bezeugt es Philostratus!) 200 p. Chr., für das Gebiet der 
Sasu um 520 p. Chr. Kosmas Indicopleustes und im 15. Jahrhundert 
Yacouti?) für das „Belad-at-Tibr“ und Cadamosto für den Goldhandel 
von Melli. Nun soll freilich nach der Ansicht mancher Forscher (z. B. 
Pietschmann) der von Herodot erwähnte stumme Handel noch inner- 
halb des heutigen Marokko stattgefunden haben. Aber ausser dem 
stummen Goldhandel berichtet uns der „Vater der Geschichte“ nun auch 
noch von einer Insel Kúoavvıs 4,95, auf der von Mädchen aus dem Sumpfe 
Gold gewonnen werde mit Federkielen, die mit Pech bestrichen wären. 
Diese Insel kann aber nicht Cereina sein, sondern entweder das west- 
afrikanische Aeovy oder die von Hanno am ‘Kozfoov Aégoas erwähnte 
Insel. Auch Diodor 3;, kennt beim ‘Eoz£oov Kéoas die Aroavrıa don und 
lässt in ihrer Nähe Hesperia, die Insel der Amazonen liegen, reich an 
Früchten und Edelsteinen, und Aeschylos redet im Prometheus Avouevos 
fr. II von dem beim Ocean liegenden, allnährenden See der Athiopen, 
den er zaixox£oavvo»v nennt. Und wenn dann endlich noch Palaephatus 
Incred. 33 die Krovaioı als oy0Ö0a yovoot bezeichnet, so steht nach alle- 


1) Nouvean Journal Asiatique, Tom III S. 259. 
2) Ebenda, S. 369. 


10 Dahse: 


diesem fest, dass man den Goldreichtum der westafrikanischen Küste auch 
über Marokko hinaus im Altertum kannte. Wenn wir nun aber aus 
jenen Zeiten nicht zahlreichere und genauere Nachrichten von einer Gold- 
ausfuhr aus diesen Gegenden haben, so zeigt sich darin, wie erfolgreich 
die Phönizier und Karthager in ihrem Bestreben gewesen sind, die Her- 
kunft ihrer Handelsartikel möglichst zu verheimlichen. Ausdrücklich be- 
richtet uns Strabo von solch einem Bestreben der alten Handelsleute, 
wenn er sagt: „Die Punier allein machen diese Handelsfahrten von Gadir 
aus, und verheimlichen allen die Fahrt.“ So nimmt es uns denn auclı 
nicht wunder, wenn Ps. Skylax im 4. vorchristlichen Jahrhundert zahl- 
reiche andere Handelsartikel, aber kein Gold in seinem Periplus dieser 
Küste aufzählt. Er schreibt GGMI. S. 94 von dem Handel an der West- 
küste Afrikas: „Sie verkaufen ihre Waren gegen Haute von Hirschen 
und Löwen und Panthern und Elefanten, gegen Zähne und tägliche 
Nahrung.“ — Die punischen Kaufleute bringen ihnen Salben, ägyptische 
Steine, änoovs &aodxtovs?, attische Töpferwaren und Kannen, deren Muster 
anı Kannenfest (in Athen) käuflich sind.“ 

Wenn Ptolemaeus dann im 2. nachchristlichen Jahrhundert an der 
Westküste Afrikas die Hafenstädte Magnus portus und Periphosius portus 
kennt, so muss auch ihm ein mit diesen Städten bestehender Seeverkehr 
bekannt gewesen sein. Nach ihm hören wir aber nun für ein Jahrtausend 
scheinbar nichts mehr von einem Seeverkehr mit unserer Gegend. Dafür 
fliessen uns aber durch die Wüste Sahara reichliche Nachrichten über 
mächtige und reiche Staaten zu, die sich südlich der Wüste befanden und 
deren Goldreichtum das Gespräch der ganzen damals bekannten Welt 
bildete, vor allem über das Reich von Ghana. Wie aber Leo Frobenius 
auf seiner letzten Afrikareise festgestellt hat!), hat es schon vor dem 
Reiche von Ghana im mittleren Westafrika ein Reich gegeben, von dem 
eine Königsreihe von 74 Königen überliefert wird! Dessen Ursprung 
ınuss also manche Jahrhunderte vor Christi Geburt gewesen sein. Denn 
das auf jenes Reich folgende Königreich Ghana wurde in der oberen 
Nigergegend ungefähr um 300 p. Chr. gegründet, und soll bis zur Ein- 
führung des Islam 22 Herrscher gehabt haben. Wunderdinge werden von 
dem König von Ghana berichtet. An seinem glänzenden Hofe schmückten 
die Männer gleich den Frauen sich mit Hals- und Armbändern. Die 
Sklaven trugen goldverzierte Degen und die Söhne der Edlen golddurch- 
Hochtenes Haar. Ja, der König besass sogar nach Edrisi IT einen Gold- 
block von 30 Ratl (= 75 Pfd.) aus einem einzigen Stück, der dann im 
8. Jahrhundert von einem dortigen Prinzen veräussert worden ist. Im 
Jahre 765°) wurde dann die noch heute blühende Stadt Djenni, die Stadt 
der Goldschmiede, in der Nähe des Niger gegründet, dann das Reich 
Ghana abgelöst von dem Reiche von Melli, von dessen Königen zehn 
nacheinander die Pilgerfahrt nach Mekka machten, darunter Mensa Musa 


1) ZE 1909 S. 102. 
2) Barth gibt statt dessen 1045/44 an: IV N. 604. 


Ein zweites Goldland Salomos. 11 


1324 mit ungeheurem Gepränge!). Im Süden von diesen Reichen (dem 
von Ghana und dem von Melli) kannte man nun damals das Land Wan- 
sara, das bei den Arabern als Belad-at-Tebr gepriesen und hochberühmt 
war wegen der grossen Mengen Goldes, die von dort kamen. Wie aber 
Dupuis 1821 in Kumassi, der Hauptstadt Aschantis, mitgeteilt wurde, 
gehörte gerade auch die Goldküste samt ihrem Hinterlande zu diesem 
Wangara. Es mag noch erwähnt werden, dass auf der Katalanischen Erd- 
karte von 1375 der Negerfürst Mussemelly abgebildet ist: Herr der Neger 
von Guinea, der reichste und vornehmste Herr wegen der Menge Gold, 
die man in seinem Lande sammelt.“ Auf derselben Karte ist auch ein 
Tal Darha angegeben, „dadurch ziehen die Kaufleute, die nach dem 
Lande der Neger von Guinea reisen“. Wenn so im letzten Viertel des 
14. Jahrhunderts noch ein bekannter Karawanenhandel durch die Wüste 
mit unserem Gebiete stattfand, so beginnt um dieselbe Zeit nun auch 
wieder der Seeverkehr. Und zwar sind es die Franzosen, die bean- 
spruchen, die ersten gewesen zu sein, die von Elmina an der Goldküste 
Gold geholt haben. Es wird nämlich erzählt, dass die Normannen 1364?) 
die Goldküste entdeckt haben und Barbot berichtet, dass 1383?) Kauf- 
leute von Dieppe und Rouen bis Kommenda gekommen sein und ein 
Fort zu Elmina gegründet haben sollen. Andere lassen 14134) ein nor- 
mannisches Fort zu Elmina errichtet werden. Tatsache ist, dass in Elmina 
um 1670 noch von einer französischen Bastion gesprochen wurde, dass 
nach Aussage der Eingeborenen die Franzosen vor den Portugiesen dort 
Handel getrieben und die Holländer, als sie Elmina in Besitz nahmen, 
eine Jahreszahl 13.. gefunden haben sollen. Aus dem 15. Jahrhundert 
wissen wir nun Genaueres über mehrere dorthin gegangene Expeditionen. 
Zuerst, dass 1469 die Westküste Afrıkas bis hin nach Fernando Po von 
dem Portugiesen Fernando Gomez befahren wurde. Als dessen Beauf- 
tragte Joao de Santarem und Pedro de Escobar 1471 von ihrer Fahrt nach 
S. Thome und Annoböm (entdeckt am 1. Januar 1471) zurückkehrten, 
fanden sie einen ausgedehnten Goldhandel in Sama vor. Dieser Ort 
Esiama ist aber ein Seehafen des an Gold reichen Gebietes von Wasa, 
dessen Bewohner zuerst Gold entdeckt und einst über Aschanti geherrscht 
haben sollen5). Wir haben in diesem Teile der Goldküste noch heute 
Reste einer älteren Bevölkerung vor uns, die früher auch eine eigene 
Sprache redeten. Dies ist insofern wichtig, als es beweist, dass nicht erst 
von den Aschanti und Fanti, über deren Einwanderung hernach zu reden 
sein wird, der Handel mit Gold begonnen wurde. — Dieser in Sama von 
den Portugiesen entdeckte Goldhandel war die Veranlassung, dass König 
Joao II. von Portugal 1481 Don Diego d’Azembuja mit 700 Mann nach 
der Goldküste sandte. Als dieser zu dem Negerfürsten Karamansa, dem 
König von Afutu, kam, wurden seine Erwartungen in betreff des dortigen 


1) EMM. 1907 S. 120. 
2) West African Yearbook 1902 S. 10, 
3) CB. I S. 28. 

4) WAY. 1902 S. 10. 

5) Christaller II S. X. 


12 Dahse: 


Goldreichtums nicht getäuscht. Des Königs Arme und Beine waren mit 
Goldplatten bedeckt, um seinen Hals hing eine goldene Kette und viele 
Stränge Gold hingen von seinem Barte herab; ebenso war Haupthaar und 
Bart der vornehmsten Schwarzen mit Gold geschmückt. Trotz des Wider- 
spruchs von Karamansa baute d’Azembuja ein Fort St. Georg in „Oro de 
la mina“, jetzt „Elmina“, in der Kingeborenensprache Odena genannt. 
Von 1554 bis 1556 gingen dann die ersten englischen Expeditionen nach 
unserer Küste. Auch sie wissen von dem grossen Goldreichtum dieser 
Gegend zu erzählen. Von den Eingeborenen heisst es'): Many of them 
especially their women are as it were laden with collars, bracelets, hoops 
and chains either of gold, copper or ivory. Some also wear on their legs 
great shackles of bright copper, which they think to be no less comely. 
They likewise make use of collars, bracelets, garlands and girdles of 
certain blue stones like beads. Some of their women wear on their bare 
arms certain foresleeves, made of plates of beaten gold wire with a knot 
or wreath like that which children make in rush rings. Es ist interessant, 
diesen Bericht zu vergleichen mit dem, was 1902 über das Hinterland 
der Elfenbeinküste?), das ja erst in jüngster Zeit den Europäern cr- 
schlossen worden ist, berichtet wird: Throughout the land, there is not 
a man, who does not wear certain golden jewels and on holidays the 
women are literally covered with gold and certain chiefs wear collars 
made entirely of very weighty nuggets. Of these latter one seeing 
officers wear decorations got the idea into his head of wearing some 
nuggets on his chest, weighing up to 6 ounces in the same way as deco- 
rations are worn! Aus jenen Nachrichten von 1481 und 1554/56 geht nun 
aber hervor, dass damals hier nicht nur Gold gewonnen wurde, sondern 
dass auch die Goldschmiedekunst schon vor Ankunft der Europäer an 
unserer Küste bekannt war. Besonders wird die feine Filigranarbeit 
unserer Neger und das golddurchwirkte Zeug gerühmt?®). „Die Einwohner 
von Wanki (zwischen Denkera und Aschanti) nämlich, so heisst es, wissen 
die Kunst, feine Zeuge mit Gold zu wirken, welches sie dem Volke von 
Akanni (Akem) verkaufen, das solche den Arabern, die dicht an dem 
Niger wohnen oder auch den Leuten von Gago gegen Norden weiter ver- 
kaufet.“ 

Es können hier nun nicht alle Arten von Goldschmuck, die dort her- 
gestellt wurden und werden, einzeln aufgezählt werden. Unter den 
Sachen, die die Eingeborenen für den einheimischen Gebrauch machen, 
seien erwähnt vor allem die schweren Brust- und Kopfplatten von Fili- 
granarbeit, einzeln bis 50 Lstrl. an Wert, die Darstellungen aller Arten 
von Tieren, besonders als eins der am häufigsten vorkommenden ein- 
heimischen Muster?) a snakes head and coil, und die verschiedensten Hals-, 
Arm- und Beinringe. Dann die reich mit Gold versehenen ahenne°): 


1) Ellis, History S. 2%. 

2) West African Yearbook 1902 S., 162. 
3) Allg. Hist. IV S. 107. 

4) Connolly 8.149. 

5) Christaller I S. 174. 


Ein zweites Goldland Salomos. 13 


d. h. the insignia of the king or chief consisting in the chair, the sword 
and the ornaments (trinkets of gold and corals), ferner die weiteren Em- 
bleme der Herrscher und Staaten: Goldene Schirme, Sonnen und Miitzen, 
Musikinstrumente, Waffen und Jagdgeräte aller Art, auch silberne Pfeifen 
mit Tonköpfen, die sehr an ägyptische Muster erinnern‘). Endlich für 
den Fetischdienst bestimmte Gegenstände, vor allem die Fetischschwerter, 
die man überall auch im Hinterlande unserer Togokolonie auf den Fetisch- 
altären und in den Fetischhütten findet. Unter den Sachen, die an die 
Europäer verkauft werden, waren zu Bosmans Zeit besonders die 
goldenen und silbernen Hutschnüre berühmt wegen solch feiner Aus- 
führung dat de Goud Smits. in Europa het beswaarlijk zouden namaken?). 
Heutzutage sind es vor allem alle mögliche Arten Ringe, Kreuze. 
Broschen, Ohrringe, Ketten (siehe .Abb. A und C), besonders auffallend 
das Blumenkorbmuster und die grossen Flügeldecken eines Käfers in 
Gold gefasst als Broschen, endlich die bekannten Zodiakusringe, deren 
einzelne Sternbilderzeichen einzeln gearbeitet und auf den Goldreif auf- 
gelötet werden. Als Sitze der Goldschmiede sind besonders berühmt 
Akkra und Cape Coast, ferner Porto Seguro und in älterer Zeit auch 
Elmina und Barrako3). Doch fehlt es wohl in keiner der goldführenden 
Gegenden an Goldschmieden. In Tarkwa, inmitten von Wasa, hatten An- 
fang der achtziger Jahre des vorigen Jahrhunderts solche an ver- 
schiedenen Strassenecken ihren Sitz aufgeschlagen und anscheinend fort- 
während zu tun‘). 

Wenn nun Allg. Hist. IV S. 146 gesagt wird, dass die Schwarzen die 
(toldschmiedekunst von den Franzosen, Portugiesen und Holländern ge- 
lernt hätten, so haben wir schon gesehen, dass diese Schmiedekunst schon 
vor der Europäer Zeit hier gebräuchlich war, was natürlich nicht aus- 
schliesst, dass infolge der vielen europäischen Niederlassungen europäische 
Einflüsse und Anregungen auch auf die einheimische Goldschmiedekunst 
eingewirkt haben werden. Ist doch der Neger nach Kemp®) imstande, 
exakte Kopien auch der feinsten europäischen Schmucksachen zu machen. 
Dagegen ist schon 1874 von Wolsely und besonders 1900 von de la 
Fosse darauf aufmerksam gemacht worden, dass viele an der Goldküste 
jetzt einheimische Schmucksachen eine auffallende Ähnlichkeit mit .alt- 
ägyptischem Schmucke haben. Gerade dadurch unterscheidet die Gold- 
schmiedekunst unseres Gebietes sich von der Senegambiens, denn ähnlich 
wie von der Goldküste wird auch aus Senegambien berichtet, dass unter 
den dortigen Schmieden sehr geschicke Goldarbeiter sich befinden, die 
mit sehr primitiven Werkzeugen Erzeugnisse von gutem Geschmack her- 
zustellen wissen: Ringe, Schmetterlinge, Kreuze, Sterne, eingefasste Käfer- 


1) „Vier Jahre in Asante“ von Gundert (Ramseyer und Kiihne’s Tagebücher) 
S. 271. 

2) Bosman, Beschreibung von Guinea I S. 125. 

3) Allg. Hist. IV S. 44, 88. 

4) Paul Dahse in DGBl. 1882 S. 89. 

2) Nine Years at the G. C. S. 56. 


14 Dahse: 


decken, Ohrringe, Amulette und dergleichen. Hewett!) vergleicht ihre 


Arbeit mit der berühmten Malteserarbeit und berichtet, dass die Joloffen 
ihre Hauptweiber mit selbstverfertigten Schmucksachen überhäufen und 


ER 10 


Abb. A. 1 und 2 westafrikanische Holzstempel, Schlangenmotiv. 3 und 4 Gold- 

broschen von der Goldküste, Negerarbeit. 5 MIZPAH-Ring unbekannter Herkunft. 

6 MIZPAH-Ring aus Gold von der Goldkiste, (siehe Kap. 9 am Schluss). 7 und 8 

goldene Ringe von der Goldküste, Negerarbeit. 9, 10, 11 Rückseite der Goldgewichte 
Abb, CG Nr. 8, 6, 10. 


dass sie ihre Gold- und Silber-Bijouterien oder reines Gold gegen Leder- 
sachen der Mandingos verhandeln. Davon aber, dass die Goldindustrie 
Senegambiens ägyptischen Mustern folge, ist bisher nichts bekannt ge- 


Ein zweites Goldland Salomos. 15 


worden. Doch finden sich auch bei ihnen die eben genannten Zodiakus- 
ringe; nach dem Daheim 1909 Nr. 51 S. 32 konnte man auf der „Ila“ in 
Frankfurt senegalesische Goldschmiede an der Arbeit dieser Ringe sehen; 
über die Herkunft dieses Musters hernach. — An besonders interessanten 
Einzelheiten der Goldschmiedekunst der Goldküste und ihres Hinterlandes 
seien noch erwähnt: der Fussstuhl des Königs von Gyaman (Hauptstadt 
Bontuku) mit einem Gewicht von 32 lbs.1), getragen auf den Schultern 
zweier Männer, und desselben Königs Bett mit massiv goldenen Füssen?); 
ferner die Symbole der Macht von Aschanti: die goldenen Äxte, der 
goldene Stuhl und die Staatsschirme. Eine goldene Axt wurde beim 
Friedensschlusse 1881 freiwillig den Engländern ausgeliefert?), während 
zu Anfang desselben Jahres noch Aschantis Gesandte an den englischen 
Gouverneur eine goldene Axt mit sich als Zeichen der Drohung geführt 
hatten‘). Die 1900 verlangte Auslieferung des „goldenen Stuhles“5), der 
während des Aschantikrieges von 1896 vergraben worden sein sollte, 
führte zum letzten Aschantiaufstand. Von diesem Throne sagt Ramseyer®), 
er sei ein wohl 400 Jahre alter Landesstuhl, mit Golddraht und -platten 
so ausgebessert, dass man das Holz kaum sähe. Der grosse Staatsschirm, 
Boamong = Schläger der Völker, war zu Ramseyer und Kühnes Zeit von 
rotem und schwarzem Samt mit Goldlöwen auf der Spitze; er befindet 
sich seit 1873 ım Kensington Museum. Von anderen solchen Staats- 
schirmen berichtet uns Bowdich, der 1817 Kumassi besuchte; der 
Aschantikönig sass wenigstens unter 100 Sonnenschirmen, wenn er Audienz 
erteilte. Sie waren aus scharlachroten, gelben und den hellsten seidenen 
Zeugen verfertigt und auf der Spitze mit Halbmonden, Pelikanen, 
Elefanten, Fässern, Schwertern usf. von Gold geschmückt. Einige wenige 
waren mit Leopardenhäuten überzogen und mit ausgestopften Tieren be- 
setzt”). Wir haben den Sonnenschirm als Attribut königlicher Macht nun 
aber nicht nur in Aschanti, sondern auch in anderen Königreichen unserer 
Küste. In der Beschreibung der Krönung des Königs von Whyda®) ist 
von solch einem reich geschmückten Sonnenschirm die Rede, „von dem 
reichsten goldenen Stücke, die unterste Seite ist mit Gold eingefasst und 
der Saum mit goldenen Franzen und Schnüren umgeben. Oben steht ein 
Helm aus vergoldetem Holze in Lebensgrösse. Die Schirmstange ist 
sechs Fuss hoch und vergoldet. Der Bediente dreht den Schirm ständig 
zur Kühlung.“ Und beim 50 jährigen Jubelfest der Norddeutschen Mission 
in Ho wird vom König von Gbedz gbe berichtet, dass neben ihm der 
grosse Königsschirm aufgespannt war und dahinter sein Häuptlingsstab 
sich befand. „Ausserdem sah man dort 15 grosse aufgespannte Königs- 


1) African Times 1882 1. August. 

2) CB. II S. 350. 

3) Paul Dahse a. a. O. S. 98. 

4) WAY. 1902 S. 5. 

5) M. Schanz, Westafrika, S. 210. 

6) „Vier Jahre in Asanti“, S. 99. 

T) „Das Wissen“ 1910 S. 164. 

8) „Sklavenküste“, Hirschberg 1798 S. 108. 


16 Dahse: 


schirme, die fast alle oben an den Spitzen Gestalten trugen, meistens aus 
Holz geschnitzte Figuren: der eine trug einen Schiitzen im Anschlag, ein 
anderer einen Leopard. Der Königsschirm von Amedschove trägt die 
recht sinnigen Gestalten von Arbeitern auf dem Felde. Auf einem be- 
merkte ich sogar einen Götzen.“!) Wie in dieser Beschreibung der 
Häuptlingsstab von Gbedz gbe erwähnt wird, so ist noch ein Symbol der 
Machthaber von der Goldküste der Erwähnung wert, nämlich der elfen- 
beinerne goldbesetzte Stab von Elmina, der 1872 von dem letzten nieder- 
ländischen Gouverneur an die Briten überreicht wurde, nachdem er schon 
durch die Hände von 100 aufeinander folgenden Machthabern gegangen 
war?). Häufig winden sich um solch einen Herrscherstab an unserer 
Küste die sich kreuzenden Doppelschlangen. 

Nach diesen Ausführungen über den Goldreichtum ist es ver- 
ständlich, dass die Goldküste nach und nach von sämtlichen seefahrenden 
Nationen aufgesucht und besetzt worden ist. Wie schon erwähnt, 
wurde das erste portugiesische Fort 1481 zu Elmina errichtet, da 
desem Volke durch die Demarkationslinie Papst Alexanders VI. die 
neuen Entdeckungen in Afrika zugesprochen worden waren, und auch 
an anderen Stellen setzten sich die Portugiesen fest und bauten eine 
ganze Anzalıl Forts. Als aber Portugal 1581 bis 1640 spanische Provinz 
war, wurden die portugiesischen Forts der Goldküste von den Holländern, 
die sich ja von Spanien befreit hatten, als Feindesland angegriffen. 163% 
kam Moritz von Nassau mit einer Flotte von Brasilien und vertrieb die 
Portugiesen aus Elmina; 1642 fiel auch das Fort von Axim und damit die 
letzte portugiesische Besitzung in die Hände der Holländer, die dadurch 
in den Besitz einer Herrschaft gelangten, die sie mit grösster Rigorosität 
zugunsten ihres Handelsmonopols ausgeübt haben. Während sich dies 
vor allem im westlichen Teile der Goldküste abspielte, setzen sich im 
östlichen Teile nahe bei Akkra in Christiansborg 1660 die Dänen fest, 
die bis 1850 dort blieben und dann ihre Besitzungen an die Engländer 
verkauften. Zwischen beiden liess 1682/85 der Grosse Kurfürst von 
Brandenburg seine Forts ,,Gross-Friedrichsburg und Dorothea, Akkada 
und Takkarary‘“ gründen, die aber schon 1720 an die Holländer über- 
gingen. Die Engländer setzten sich nach verschiedenen kleineren Unter- 
nehmungen vor allem von 1618 an an der Goldküste fest, gründeten dort 
1624 Cormantine, kämpften 1665—67 mit den Holländern, denen sie 1667 
Cape Coast nahmen. Jahrhunderte lang dauerte dann die Rivalitiit 
zwischen beiden Nationen, 1867 wurde noch einmal ein Vertrag ge- 
schlossen, durch den der Sweet River den englischen östlichen Teil der 
Goldküste von dem westlichen holländischen Teile scheiden sollte, aber 
schon 1871 gingen die letzten holländischen Besitzungen an die Engländer 
über. Auch die Franzosen hatten einige Niederlassungen, vor allem im 
westlichen Teile der Goldküste, um ihren seit 1560 begonnenen (bzw. 
wiederbegonnenen) Handel zu schützen, sogar Schweden besetzte 1652 


1) Monatsblatt der NMG. 1895 S. 12. 
2) „Vier Jahre in Asanti“ S. 281. 


Ein zweites Goldland Salomos. 17 


bei Cape Coast den Carolusberg. Im ganzen belief sich die Zahl der 
europäischen Forts an der Goldküste im 17. Jahrhundert auf etwa 2811. 
Einige wenige derselben befanden sich auch im Innern des Landes, wie 
das holländische Fort Ruyghaver, ein paar Tagereisen den Ankobrafluss 
aufwärts, von dessen Besatzung noch heute an der Küste die Erzählung 
umläuft, dass sie, als ihr die Bleikugeln ausgegangen, mit goldenen 
Kugeln auf die Feinde geschossen haben sollen. Es war aber nicht 
allein das Gold, dass die Weissen dorthin zog: Huc naves auro ferrum 
ut magnete trahuntur (Medaille des Grossen Kurfürsten?), und auch nicht 
bloss Elfenbein und Pfeffer, sondern vor allem der Sklavenhandel, den 
die Portugiesen seit 1441 aus Afrika begonnen hatten. Von den Eng- 
landern war Sir John Hawkins 1562 der erste?), der aus Westafrika 
Sklaven ausfihrte. Auch Kurbrandenburg hielt sich nicht frei von jenem 
Handel. In dem Oktroi für die brandenburgisch-afrikanische Kompagnie 
vom Mai 1682 heisst es, dass es der Kompagnie erlaubt sei, ,,an der 
afrikanischen Küste mit Pfeffer, Elefantenzähnen, Gold, Schlaven oder 
was sonst daselbst zu negotiiren oder zu handeln verfallen möchte, ihre 
Kommercien und freies Gewerbe zu treiben.“*%) Ja der Sklavenhandel 
war sogar die Hauptsache: Ohne den Sklavenhandel auf Amerika kann 
die Kompagnie nicht emergieren, schreibt Raule*). Und Friedrich 
Wilhelm klagt, dass ein jeder der aus Guineagold geprägten afrikanischen 
Schiffsdukaten ihm zwei gekostet habe. So überwog lange Zeit der 
Sklavenhandel den Goldhandel. Trotzdem ist auch in jenen Zeiten die 
Goldküste ein goldausführendes Land gewesen, ja eine zeitlang waren 
viele der in Spanien und Portugal umlaufenden Münzen aus Guineagolde 
geprägt. Während die erste englische Expedition 150 lbs davon mit heim- 
gebracht®), exportierte Elmina allein am Anfang des 17. Jahrhunderts 
3000 000 Z, 1816 war der Export auf 400 000 ! zurückgegangen und betrug 
1866 sogar nur 120333 77). Von 1877 an begann man aber dort mit 
europäisch eingerichteten Bergwerken; während des Transvaalkrieges be- 
gaben sich dann viele Ingenieure von Südafrika nach unserer Küste. 
Seitdem besteht dort ein regelrechter Goldbergwerksbetrieb. 


Kapitel 3. 
Die Staaten der Westküste. 


Wir sahen im vorigen Kapitel, dass die Goldküste Westafrikas ein 
uraltes Goldland ist. Da wird es interessant sein, zu untersuchen, welche 
Geschichte dieses Land denn hinter sich hat, vor allem, was die eigenen 
Bewohner des Landes über dessen Vergangenheit auszusagen wissen. Das 


1) Siehe eine Liste bei Reindorf History of the Gold Coast S. 15 £. 
2) „Das Wissen“ 1910 S. 120. 
5) WAY. 1902 S. 2. 
4) „Das Wissen“ 1910 S. 120. 
5) A. a O. S. 132. 
6) WAY. 1902 S. 2. 
7) CB. UI S. 352/53. 
Zeitschrift für Ethnologie. Jahrg. 1911. Heft 1. 


to 


18 Dahse: 


Gebiet, das uns hier interessiert, zieht sich von den Bissagos-Inseln bis 
zum Niger hin, es ist im wesentlichen das Gebiet der ehemaligen drei 
Negerstaaten Aschanti, Dahome und Benin. Alle drei sind um die Wende 
des letzten Jahrhunderts ihrer Selbständigkeit verlustig gegangen. In die 
Hauptstadt Benins zogen 1897 die Engländer ein, die Franzosen haben 
1893 das Reich Dahome vernichtet und sein letzter König ist in Algier 
in der Verbannung gestorben, und Aschantis Hauptstadt Kumassi wurde 
1900 nach einem letzten Aufstande der Eingeborenen endgültig von den 
Engländern eingenommen und damit die Goldküste gegen unliebsame 
Überraschungen aus dem Innern gesichert. Wie jene Staaten ungefähr 
gleichzeitig untergegangen, so sind zwei von ihnen, nämlich Aschanti und 
Dahome, auch ungefähr zu gleicher Zeit gegründet. Über diese beiden 
Reiche findet sich nämlich in Barths geschichtlicher Tabelle!) die An- 
gabe, dass um 1600 die Königreiche Assianti und Dahome anfangen, 
mächtig zu werden. Besonders berühmte Könige waren Osai Tutu von 
Aschanti 1700—1720, der das Joch des Königs von Denkera abschüttelte 
und 1719 auch die dem Herrscher von Denkera gelieferten holländischen 
Kanonen erbeutete, und Trudo von Dahome, ebenfalls am Anfange des 
18. Jahrhunderts. Nun lässt sich aber ein Reich Dahome noch weiter 
zurück verfolgen. Auf Karten des 15. Jahrhunderts finden wir nämlich 
„Dauma“ verzeichnet, und auf solch ein älteres Reich Dahome weist die 
Tradition hin, die Mary Kingsley erzählt, dass vor der Ankunft der 
Weissen im 15. Jahrhundert ein Kampf zwischen Dahome und Benin 
„seinem Vetter‘ stattgefunden habe, der für den letzteren schlecht ab- 
gelaufen sei. Damals müsse Dahome sich von der Oberherrschaft Benins 
befreit haben?). Vorher war’s in diesem Teil Westafrikas eine Friedens- 
zeit und eine Erinnerung an solch eine goldene Zeit, die endete, als die 
Europäer kamen, lebt noch heute nach Bastian?) in den Sagen Benins, 
in Ardras Liedern, fort. Das war die Zeit, in der nach einstimmiger 
Tradition das Reich von Benin, das älteste jener drei Reiche unseres Ge- 
bietes, einen viel weiteren Umfang hatte als das kleine von den Eng- 
ländern zerstörte Reich desselben Namens. Wie der Däne Römer 1760 
berichtet®), soll auch die Goldküste einst ein Teil der westlichen Hälfte 
des Kaiserreichs Benin gewesen sein und dieses Reich soll sich nach 
Westen bis zum Gambia, ostwärts aber noch doppelt soweit als nach 
Westen erstreckt haben. Da andere Traditionen, wie wir hernach sehen 
werden, hierzu stimmen, so müssen wir annehmen, dass einst an der West- 
küste Afrikas ein grosses mächtiges Reich bestanden hat, das noch mehr 
umfasst hat, als das Gebiet der späteren drei Staaten: Aschanti, Dahome 
und Benin. Es fragt sich nun, wie sich dieses Reich zu den anderen 
grossen Staaten im Innern Westafrikas verhalten hat. Da hat es nun 
ausser den schon erwähnten Reichen von Ghana und Melli noch zwei 


1) IV. S. 664. 

2) West African Studies S. 144. 

3) Ethnol. in ihren geogr. Gesichtspunkten S. 65, 66, 
4) Reindorf S.3. 


Ein zweites Goldland Salomos. 19 


Staaten im Innern Westafrikas gegeben, deren Einflüsse sich geltend 
gemacht haben könnten. Nach Barth!) wurde nämlich bei Beginn des 
7. Jahrhunderts am Niger das Reich Songhai gegründet von einer 
Herrscherfamilie della stirpe di Libya, die von Osten gekommen ‘und in 
ihren verschiedenen Zweigen bis 1492 dieses Reich regiert hat, in welchem 
Jahre Askia?) als erster Einheimischer den Thron von Songhai bestieg 
und das Reich zu höchster Blüte brachte. Dieses Reich von Songhai hat 
aber in politischen und kommerziellen Beziehungen zum Süden gestanden. 
Denn die Landschaft Gurma zwischen dem Beninreiche und dem Niger 
im Norden ist von Songhai aus kolonisiert’). Wir hören von Kriegs- 
zügen der Songhaiherrscher nach Gurma‘). Handelswege führten von 
der alten Hauptstadt Songhais, von Kukia, durch Gurma bis nach San- 
sanne Mangu im Hinterlande Togos5). Und umgekehrt erfahren wir von 
Beziehungen der Küste Westafrikas zu diesem Reiche. Da heisst es von 
Dahome, es habe Tribut bezahlt an das grosse Kaiserreich Zogho 
(= Songhai®); nördlich von Dahome und Aschanti’) habe es kein anderes 
mächtiges Reich gegeben, denn das der Ayos (der Leute von Zogho); 
die Urheimat der Ewevölker wird nach einheimischer Tradition in irgend 
eine Beziehung zu Ayo gesetzt®). Von Elmina an der Goldküste sandten 
die Portugiesen 1534 eine Gesandtschaft nach Songhai?) mit reichen Ge- 
schenken, darunter auch portugiesischen gottesdienstlichen Gegenständen, 
die später von den Marokkanern bei der Eroberung von Gagho, der 
zweiten Hauptstadt Songhais, und der Zerstörung dieses Reiches 1694 
unter der Beute gefunden wurden. Bis nach Gagho kamen auch, wie schon er- 
wähnt, durch den Handelsverkehr die golddurchwirkten Zeuge der Wanki. 
Aus all diesen Nachrichten geht das hervor, dass Songhai auf die Küsten- 
reiche Westafrikas mannigfach eingewirkt haben muss; dass Dahome 
zeitweilig davon abhängig und Aschanti zu ihm in Beziehungen gestanden 
hat. Davon aber, dass Benin von dem Songhaireich in irgend einer Ab- 
hängigkeit geschwebt hätte oder davon beeinflusst wäre, erfahren wir 
nichts, doch sandte es häufig Geschenke an den dortigen Königshof 
(Dupuis S. LXV). Benins Verbindungen gingen vornehmlich nach einer 
anderen Himmelsrichtung. 

Ausser dem Reiche von Songhai muss aber nun noch das 2. Reich 
aus dem Innern Westafrikas erwähnt werden, auf das man im letzten 
Jahre besonders wieder aufmerksam gemacht wurde, als Leo Frobenius 
aus der alten Hauptstadt desselben die alten Reichskleinodien seiner 


1) IV 600. 

2) Barth IV 623. 

3) ıV 261. 

4) IV 638, 648. 

5) IV 574. 

6) Dupuis 8. XLVII. 

7) Datzel, Geschichte von Dahome, S. 11. Dupuis S. XLVI. 
&) Spieth, Die Ewestiimme, S. Air 

9) Barth 11 S. 637. 


20 Dahse: 


Kaiser mitbrachte!). Das ist das Reich von Mossi, westlich von Gurma. 
Im Jahre 1489 erzählte der Joloffenprinz Bemoing?) in Portugal von dem 
Volke der Mosen, östlich von Timbuktu, das in seinen Gebräuchen einige 
Ähnlichkeit mit den Christen habe. Infolgedessen sandte Jao II. von Por- 
tugal von Benin aus eine Gesandtschaft an den Herrscher von Mossi, in 
dem er den Priesterkönig Johannes zu finden hoffte. Ausdrücklich wird 
aber von den Mohammedanern immer betont, dass die Mossi Heiden 
waren; Dupuis schreibt S. CVII von Anghoa, the capital of the heathen 
kingdom of Mousee. Ungefähr 1329 hat dieser Stamm Timbuktu erobert, 
aber es nur kurze Zeit gegen Melli behaupten kénnen*). Als sich dann 
aus den südlichen Teilen von Melli im 16. Jahrhundert das Reich Man- 
dingo mit der Hauptstadt Kong bildete, wurden die Bewohner von Mossi, 
die Habes, die als tüchtige Handwerker, vor allem Schmiede, bekannt 
waren, vertrieben. 1896 sind dann die Franzosen in die letzte Haupt- 
stadt des ehemaligen Mossireiches Wagadugu eingezogen. Auch als Handels- 
leute sind die Bewohner von Mossi weitbekannt. Barth berichtet‘), dass 
auf dem Markt von Dore besonders ihre schönen Esel sehr gesucht waren 
und dass sie besonders billige Baumwollstreifen zu Markte brächten. Koste 
doch in ihrem Heimatlande z. B. ein gefärbtes Baumwollhemd nicht mehr 
als 700—800 Muscheln. Nach Christaller®) brachten sie ausser Eseln 
und Baumwolle auch Sklaven, Schafe, Geflügel und Schibutter auf den 
Markt von Salaga. 


Kapitel 4: 
Kenntnis der Alten von Westafrika. 


Nachdem wir so die Staaten Westafrikas kennen gelernt haben, fragt 
es sich, von welcher Seite dieses ganze Westafrikanische Gebiet An- 
regungen und Einflüsse höherer Kultur empfangen haben könnte. Da 
richten sich zunächst unsere Blicke von selbst nach dem fernen Osten 
Afrikas. Wäre es nicht möglich, dass Ägyptens oder Äthiopiens Einfluss 
sich bis hierher erstreckt habe? Eine dahingehende Tradition wurde Barth 
in Burrum erzählt®). Einst sei ein Pharao dorthin ins Gebiet des späteren 
Reiches Songhai gekommen, dann aber zurückgekehrt. Barth hält diese 
Sage für glaubhaft, da sie nicht an eine beriihmte, sondern an eine jetzt 
zerstörte Stadt am Nigerbogen anknüpfe. Auch weist er auf Manches hin, 
was auf ägyptische Einflüsse zurückgehen könnte; z. B. auf den Anbau 
von Reis, der von Ägypten hierher verpflanzt sei; auf die Sorgfalt, die 
man den Toten erweise; wenn jemand auswärts gestorben, wurde dessen 
Leichnam mit Honig gefüllt, zurückgebracht?); auf die Kornmagazine am 
Niger, die den ägyptischen Taubenhäusern nicht unähnlich wären®); auf 


1) ZE. 1909 S. 764. 

2) bei Barth IV 621 „Djolof-Prinz Bemoy“. 
3) IV 615. 

4) IV 208. 

5) I 649. 

6) V 194. 

T) IV 435. 

8) IV 256. 


Ein zweites Goldland Salomos. 21 


ägyptische Haartracht (Horuslocke) in Damerghu!), südlich von Agades 
und anderes mehr. Leider scheinen ägyptische Nachrichten über solche 
Züge nach dem fernen Westen ganz zu fehlen. Und auf den ersten Blick 
erscheint uns heutzutage solch ein Zug durch die Wüste von Ägypten bis 
zum Niger recht unwahrscheinlich. Aber es darf bei einer Beurteilung 
dieser Frage nicht ausser acht gelassen werden, dass in alter Zeit der 
Nil aller Wahrscheinlichkeit nach Nebenflüsse von der libyschen Wüste 
her gehabt hat?). Darauf deuten mannigfache Sagen, die vor allem 
romanhaft ausgeschmückt sind in der Schiffahrt der Kaufleute von 
Jinnie nach Kairo (Jackson, account of Marocco p. 312?) oder in dem, 
was Dupuis erzählt wurde, dass der Niger durch den Shady mit dem Nil 
verbunden seit). Doch das alles sind Sagen und als solche für einen 
Beweis der Verbindung des östlichen Afrikas mit dem westlichen belanglos. 
Dagegen können wir nun auf eine bisher nicht beachtete Stelle aus der 
Zeit vor Christi Geburt hinweisen, die Zeugnis davon ablegt, dass man 
schon damals ganz genau den Weg durch Zentralafrika nach dem At- 
lantischen Ozean kannte Sie findet sich in dem Buche der Jubiläen, 
das die Abessinier noch heute in ihrer Bibel haben, das aber ursprünglich 
hebräisch geschrieben war. Dort heisst es 8,, und „ von den Gegenden 
um den Gichonfluss: „Südlich vom Wasser des Gichon an dem Ufer dieses 
Flusses entlang gen Morgen, wo Sems Lande liegen, kommt man zum 
Garten Eden 15 16, jenseit des Gichon gen Süden aber geht's durchs 
Gebiet Hams zum ganzen Feuergebirge, zum Meere Atel, zum Meere 
Mauk, welches das ist, worin alles, was hinabfährt, umkommt, und im 
Norden an die Grenze von Qadir.“ Aus diesen Worten sehen wir, dass 
der Weg von den östlichen Ländern Afrikas durch Innerafrika nach West- 
afrıka bekannter gewesen ist, als man gewöhnlich annimmt. Wenn 
Roscher schon 1857 nachgewiesen hat5), dass Ptolemäus in seiner Geo- 
graphie Karten benutzte über zu seiner Zeit nicht mehr benutzte Kara- 
wanenstrassen quer durch Afrika zum Niger und zu den Goldländern, so 
sehen wir, dass schon der Verfasser des Jubiläenbuches diesen Weg quer 
durch Afrika kennt. Denn wenn er diesen zentralafrikanischen Weg von 
Osten nach Westen dahin beschreibt, dass man südlich vom Gichon (etwa 
dem Bahr el Ghasal mit dem Nebenfluss Bahr el Arab, oder weiter nörd- 
lich dem Wadi Malik) im Süden zuerst zum ganzen Feuergebirge, dann 
zum Meere Atel, dann zum Meere Mauk und dann nordwärts nach Gadir 
kommt, so verrät er einfach eine aufs höchste verblüffende genaue Kennt- 
nis dieser Gegenden. Denn dass das Meer Atel der Atlantische Ozean 
und zwar der Golf von Guinea ist, ist doch klar und deutlich. Zu der 
Angabe über das Meer Mauk aber vergleiche man das griechische Sprich- 
wort ta néoa I adeiowv ob neoara und Ps. Skylax: „Die Gegenden jenseit 


1) II 28. 

2) Lenz, Timbuktu Il 364. 

3) Roscher Ptolemäus und die Handelsstrassen S. 61. 
4) Dupuis S. XCIII. 

5) a. a. O. S. 112/113. 


29 Dahse: 


der Insel Kerne sind nicht weiter fahrbar wegen der Scichtigkeit des 
Meeres, wegen des Schlammes und wegen des Tanges!).“ Auch des Sa- 
taspes Fahrzeug wurde ja im Meere festgehalten?) — alles Nachrichten 
aus alter Zeit vom sogenannten Sargasso-Meer. Endlich kann nun aber 
das ganze Feuergebirge, das man vom Osten her vor dem Meere Atel er- 
reicht, kein anderes sein als das Kamerungebirge. Denn dieses ganze 
Feuergebirge muss identisch sein mit dem Aen dynua der Alten, der von 
des Anonymus Geographia compendiaria?) neben dem grossen Atlas als 
höchster Berg Libyens erwähnt wird, von dem Mela III, sagt: mons altus, 
ut Graeci vocant, dewv özıua perpetuis ignibus excelsus flagrat und Plinius 
VI, a media eius (meridiani Aethiopiae lateris) parte imminens mari 
mons aeternis ardet ignibus, Yewr öyyua dictus‘). An der ganzen West- 
küste Afrikas stimmt nun aber zu der Beschreibung mons altus imminens 
mari nur das Kamerungebirge. „Eine ganz ungewöhnliche Erscheinung 
an der sonst flachen Westküste Afrikas taucht nnr an dieser Stelle ein 
mächtiges Hochgebirge unmittelbar am Meeresgestade auf und erhebt sich 
wie eine Weltpyramide mit seinem höchsten Gipfel (Mongo ma Loba Berg 
Gottes?) bis zu 4070 m Höhe“:). Und dieses allein ist ein erloschener 
Vulkan, denn mit den perpetuis ignibus sind nicht „Buschfeuer“, sondern 
Vulkanausbrüche gemeint, wie denn auch noch am 26 /27. April 1909®) 
hier Erdstösse stattfanden und Lavamassen herunterkamen. Und wenn 
man nun bedenkt, dass diesem Gipfel gegenüber auf Fernando Po, nur 
durch eine 20 Seemeilen breite Meeresstrasse getrennt, der Clarence Pic 
sich bis zu 3000 m Höhe erhebt und wie ein zweiter Torpfeiler in die 
Lüfte ragt”), dann können wir es verstehen, dass die Alten nicht nur am 
Ende Europas, sondern auch an der Westküste Afrikas von einem „Atlas“ 
reden: musste doch jeden Seefahrer diese Gegend Libyens an die „Säulen“ 
des Herkules“ erinnern. So lässt ja, wie bekannt, Polybius zwischen dem 
dev Oynua und dem promontorium Hesperium den Atlas liegen, 8 Stadien 
von der Insel Cerne®) und Diodor?) kennt einen äthiopischen Atlas und 
lässt bei ihm die Atlanten wohnen. Dort läge aber auch am Tritonfluss 
die Insel Hesperia mit Mene, der heiligen Stadt der Aidiones tydvopayoı. 
Wenn man aber auch hier ein Atlasgebirge kannte, so ist es nicht ver- 
wunderlich, dass das, was von dem einen erzählt wurde, auf das andere 
übertragen wurde. So schreibt Plinius von dem mauretanischen Atlas: 
„Mitten aus dieser Sandwüste heraus soll er sich in den Himmel erheben, 
rauh und starr, wo er sich zum Meeresgestade neigt, dem er den Namen 
gegeben. Bei Tage erblicke man niemanden von den Bewohnern, alles 


1) GGM. IS. 9. 

2) Herodot IV 40. 

3) GGM. II. 501. 

+) GGM, IS. 13. 

5) Steiner, Kamerun S. 8. 

6) 95. Jahresbericht der Baseler Missionsgesellschaft S. XCVI. 
7) Steiner, Kamerun S. 8. 

$) Plinius V 1, VI 36, VI 199. 

9) IIL 53 in GGM. IS. XXIX. 


Ein zweites Goldland Salomos. 23 


schweige nur aus Furcht vor der Einsamkeit; eine stille Andacht ergreife 
die Gemüter der sich Nahenden und ausserdem Furcht vor dem über die 
Wolken und bis in die Nähe des Mondes Ragenden. Derselbe glänze 
nachts häufig von Feuern und werde erfüllt von der Pane und Satyrn 
Ausgelassenheit und rausche von der Flöten und Pfeifen Getön und der 
Cymbeln und Trommeln Getöse. Das erzählten berühmte Schriftsteller 
ausser den dortigen Taten des Herkules und Perseus.“ Mit dieser Be- 
schreibung wird uns nun aber nicht eiu Bild von dem Abschluss des 
mittelländischen Meeres gegeben, sondern von unserer Gegend. Denn 
vom äthiopischen #ewv öynua sagt Mela Illg: „Jenseit des Berges zieht 
sich ein langer grüner Hügelzug hin an dem weiten Meeresgestade, von 
wo man auf weite, unüberblickbare Gefilde schaut, der Pane und Satyrn 
(Heimat). Über dieses Gebiet herrscht die glaubwürdige Meinung, dass 
obwohl in diesen Gegenden keine Spur von Kultur ist, keine Wohnsitze 
und Fussspuren, tiefe Einsamkeit bei Tage und noch tieferes Schweigen, 
bei Nacht häufig Feuer glänzen und sich scheinbar weithinziehende Lager 
zeigen, es ertönen Cymbeln und Trommeln und man hört Flöten lauter 
tönen als Menschen?) Und wenn nun endlich Hanno, eben bevor er das 
vor Hitze unzugängliche Land, wo „die grössten Feuerströme ins Meer 
fielen, passiert, von der am Hesperu keras gelegenen Doppelinsel sagt: 
„Nachdem wir gelandet, erblickten wir bei Tage nichts als Wald, bei 
Nacht aber, viele brennende Feuer und hörten Flötenlaute und den Lärm 
von Cymbeln und Trommeln und hundertstimmiges Geschrei; da ergriff 
uns Furcht und die Wahrsager rieten, die Insel zu verlassen?), — so muss 
man doch sagen, diese drei Schilderungen von Plinius, Mela und Hanno 
stimmen so überein, dass ein und dieselbe Gegend damit gemeint sein 
muss, nämlich nach Hanno eine dem Kamerungebirge = Gen dynua und 
dem Clarence Pic=äthiopischer Atlas benachbarte Gegend, nicht weit 
von der nach Marcian dann auch der inddgouos Aldıönav liegt, „wo wie 
es feststeht der nach Süden rauschende Ozean ein Ende hat und im 
übrigen unbekanntes Land nachfolgt“;?) meines Erachtens kann man nicht 
deutlicher als Marcian es in den letzten Worten tut, die Kamerungegend, 
von der an der Ozean nicht mehr nach Süden, sondern nach Westen 
rauscht, beschreiben. Dann aber ist mit dem Vorhergehenden bewiesen, 
dass, während zu einer gewissen Zeit die Welt der Alten bei den euro- 
päischen Säulen des Herkules aufhörte, sie für die angeführten Geographen 
bis in unsere Gegend reicht. 

Dass aber Westafrika den Alten bekannt gewesen ist, bestätigen uns 
nun weiter verschiedene griechische Sagen. Schon Homer verlegt 
° Hàiúoov neöiov, wo Rhadamanthys, der Bruder des Minos regiert, in den 
äussersten Westen. So hat man denn Rhadamanthys nach dem Ägyptischen 
als Ra-amanthes, „König des Westens“, gedeutet*), und Elysion mit dem 


1) GGM. I S. 11. 

2) GGM. I S. 10ff. 

3) ebenda S. 542. 

4) Zoega nach Breusing, Nautik der Alten. II, 14. 


24 Dahse: 


Ägyptischen aalu, „das heilige Gefilde“, in Verbindung gebracht'). Ob 
das sprachlich möglich ist, müssen andere entscheiden. Wenn nun aber 
der nach Homer im Westen herrschende Rhadamanthys Bruder des Minos 
von Kreta genannt wird, so liegt die Möglichkeit vor, dass ebenso gut 
wie des Minos Reich jetzt auf Kreta wieder entdeckt ist, so auch im 
fernsten Westen einst ein mächtiges Reich bestanden hat. Diese Ver- 
mutung gewinnt an Wahrscheinlichkeit, wenn wir nun beachten, was eine 
andere griechische Sage von dem Könige der westlichen Äthiopen berichtet. 
Perseus kommt auf seinem Rückfiuge vom Atlas auch an die Küste 
Äthiopiens zu dem Könige Kepheus, dem Bruder des Danaus und 
Ägyptus, dessen Tochter Andromeda er rettet und im goldenen Königs- 
palaste heiratet. Bemerkenswert erscheint mir in dieser Perseussage, dass 
Kepheus dem Danaus und Ägyptus gleichgestellt wird. Daraus geht meines 
Erachtens hervor, dass es in alter Zeit neben dem griechischen (Danaus) 
und ägyptischen (Ägyptus) auch einen äthiopischen Kulturkreis gegeben 
hat, der wegen seines Reichtums an Gold (goldener Palast des Kepheus) 
berühmt war. 

Nicht nur aber die Geographen, und nicht nur die griechische Sage, 
auch die Geschichtsschreibung der Griechen kennt ein westliches König- 
reich der Äthiopen. Nach der Schlacht von Pelusium 525 zieht Kambyses 
nilaufwärts; er beabsichtigt gegen „die langlebigen Äthiopier’), die da 
wohnen in Lybien, an dem südlichen Meer, zu Felde zu ziehen.“ Man 
hat gemeint, dieses südliche Meer sei der indische Ozean; diese An- 
schauung ist aber falsch. Denn nach den klaren Worten Herodots wohnen 
die langlebigen Äthiopier im Westen. Es heisst nämlich 3,,,: „Gegen 
Mittag hinunter nach Sonnenuntergang zu grenzt das äthiopische Land 
am Ende der Welt. Es hat viel Gold und ungeheure Elefanten, und 

allerlei wilde Bäume und Menschen, die sehr gross und schön sind und 
sehr lange leben.“ Dieses Westafrika mit seinem wunderbaren Reichtum, 
wo im Gefängnis alle Leute goldene Ketten trugen), und mit seinen 
merkwürdigen Sitten und Gebräuchen war des Kambyses Ziel auf seinem 
verunglückten Äthiopenzuge. Herodot berichtet noch 3,,: „Diese Äthiopier 
aber, zu denen Kambyses sandte, sollen die grössten und schönsten von 
allen Menschen sein, und man sagt, dass sie ganz andere Sitten und 
Bräuche haben als alle andern Menschen, so z. B. über das Königreich: 
Nämlich, wen sie für den grössten halten von ihren Bürgern und dessen 
Kraft nach dem Masse der Grösse ist, der muss ihr König sein.“ Nach 
dem Periplus Westafrikas von Ps. Skylax*) aber wohnen die „grössten 
Äthiopier“ ununterbrochen von dort bis hin nach Ägypten“, und er sagt 
von ihnen: „Es sind aber diese Äthiopen die grössten von allen Menschen, 
die wir kennen; länger als vier Ellen, ja einige von ihnen sind auch 
fünf Ellen lang, und sie tragen Kinnbärte und langes Haupthaar und sind 


1) Lauth bei Autenrieth, Wörterbuch zu den homerischen Gedichten sub 
’Hivovov. 

2) Herodot lIJ, 17. 

3) III, 23. 

4) GGM. I, S. 94/95. 


Ein zweites Goldland Salomos. 25 


überhaupt die schönsten von allen Menschen. Und es herrscht über sie, 
wer immer der grösste ist... .. Sie haben aber auch eine grosse Stadt, 
bis zu welcher die Phönizier fahren.“ Vergleichen wir nun die letzte 
Bemerkung mit dem, was wir oben aus Diodor angeführt haben, so kann 
kein Zweifel daran sein, dass die zuletzt erwähnte, von den Phöniziern 
besuchte Stadt identisch ist mit Mene, der heiligen Stadt der Aidiones 
igdvogäayoı auf der Insel der Amazonen in der Nähe des Tritonflusses. Ist 
aber der sogenannte Mongö ma Loba das ded öynua, und der Clarence Pic 
der äthiopische Atlas, so muss der Tritonfluss der Niger sein, in 
dessen Nähe aber Benin liegt, identisch mit Mene, der heiligen 
Stadt der Äthiopier. Diese Aödones iydvopayor, wie Diodor sie nennt, 
sollen nun aber von Westafrika bis nach Ägypten wohnen, oben hörten 
wir von der in Westafrika umlaufenden Sage, dass das Reich von Benin 
westlich sich bis zum Gambia, östlich aber noch doppelt so weit erstreckt 
habe; jedenfalls geht aus diesen beiden Überlieferungen hervor, dass Benin 
Beziehungen nach dem Osten gehabt hat. 

Nun aber lässt Plinius') gegenüber dem Berge Atlas die Insel Atlantis 
liegen, Polybius die Insel Cerne, Diodor die Insel Hesperia. Mit dieser 
„Insel“ wird aber das Deltaland des Niger, das ja Fernando Po mit dem 
äthiopischen Atlas gegenüberliegt, uud überhaupt das ganze Lagunen- 
gebiet dieser westafrikanischen Küste gemeint sein. Nach Dupuis’) 
konnte man von der Stadt Benin aus nach Westen bis zum Volta au der 
Goldküste, und nach Osten bis hin nach Bonni und Calabar, ohne aufs 
offene Meer zu müssen, durch die Lagunen und diese verbindende Fluss- 
arme zu Schiffe kommen. Wer dies im Auge hat und Hannos Periplus 
liest, in dem davon die Rede ist, dass die Expedition?) „zuerst am Abend- 
horn“ eine Insel gefunden habe mit einem salzigen See, und in diesem 
wieder eine Insel, und ebenso am „Südhorn“ eine Insel mit einem See, 
worin wieder eine Insel sich befand, der kann gar nicht daran zweifeln, 
dass Hanno bei seiner Fahrt an der westafrikanischen Küste diese 
Lagunengegenden berührt haben muss. Liegt doch z. B. in der Togo- 
lagune der Ort Anyako mit der Bremer Missionsstation auf solch einer 
Laguneninsel, und ebenso weiter östlich in einer Lagune Lagos. Sehr 
wohl konnten Hannos Leute die Küste Afrikas in diesen Gegenden, wenn 
etwa östlich und westlich von ihrem Landungsplatz Buchten oder Flüsse 
waren, für eine Insel halten und fanden in dem „salzigen See“, d. h. einer 
Lagune, wiederum eine Insel. Wenn man nun wegen der von Hanno an- 
gegebenen Entfernungen seine Fahrt nicht bis hierher, sondern nur bis 
Sherboro gehen lässt, so vermag man auch dies Ergebnis nur durch eine 
Konjektur des Textes zu erreichen, indem § 8 statt d’'o: dwdexa gelesen 
wird. Aller Wahrscheinlichkeit nach ist Hannos griechischer Periplus 
nur eine gekürzte Ausgabe des Originals‘). Dann darf man aber auf die 


1) VI 36 in GGM. I 28. 

2) Dupuis, S. LV. 

3) GGM. I, S. 10 ff. ; 
4) Angefertigt nach dem im Saturntempel zu Karthago aufgehängten Auszug. 


26 Dahse: 


Angaben der Entfernungen, die der Grieche uns gibt, gar nicht zu viel 
Gewicht legen; die entscheidenden Gründe müssen die sachlichen Angaben 
bieten, aber auch dabei ist nicht zu vergessen, dass die Küste Westafrikas 
im Laufe der Jahrtausende Veränderungen erlitten hat: erzählen doch z. B. 
die Leute von Axim an der Goldküste, dass der Marktplatz ihrer Stadt 
jetzt von den Wellen des Meeres bedeckt sei. Nur das ist nach dein 
oben ausgeführten sicher, dass unter dem veðr öynua das Kamerungebirge 
zu verstehen und Hannos Fahrt demnach bis hierher gekommen ist, und 
also auch das Lagunengebiet, „das Inselland“, passiert haben muss. 

Ist aber dieses Inselland nun etwa wirklich das vielgesuchte alte At- 
lantis, welche Vermutung meines Wissens zuerst Leo Frobenius 1909 
in der ZE. geäussert hat? Auf der Insel Atlantis gebrauchte man nach 
Solon eine Art Messing „jetzt nur noch dem Namen nach bekannt“ — in 
Benin ist der Bronzeguss seit uralten Zeiten bekannt gewesen?) Liegt 
Benin doch auch nicht allzu weit von dem westafrikanischen Zinnlande 
entfernt. Bisher ist es noch immer eine offene Frage gewesen, woher in 
der Bronzezeit der Orient sein Zinn erhalten hat. Nach Meyer”) kommt 
Zinnbeimischung im Kupfer schon im alten Reiche Ägyptens vor. „Wo- 
her das Zinn kommt, ist gänzlich unbekannt.“ Nach ihm können die 
Zinngruben von England und Portugal hierfür ebensowenig in Betracht 
kommen, wie die von Iran und Hinterindien. Und doch müsse ein leb- 
hafter Handel mit Zinn durch die gesamte vorderasiatische-europäische 
Welt gegangen sein. Ich denke, wir haben die Heimat dieses Zinns in 
Afrika zu suchen. In dem Gebiet zwischen Tschadsee und Niger wird 
seit alten Zeiten in dem Granit des Goragebirges Zinn gewonnen. Be- 
sonders P. Staudinger hat in diesem Gebiete das Vorkommen von Zinn 
einwandfrei nachgewiesen®). Aber nicht nur nördlich, sondern auch west- 
lich von Benin kommt noch heutzutage der Zinnstein im Pegmatit vor. 
Mein Vater hat Anfang der 80er Jahre in einer seit uralten Zeiten berg- 
männisch ausgebeuteten Gegend der Goldküste reiche Zinnlager entdeckt, 
über die näheres in den Sitzungsberichten der bayrischen Akademie der 
Wissenschaften 1882 von Gümbel „Beiträge zur Geologie der Goldkiiste“ 
berichtet wurde‘). Leider bin ich nicht in der Lage, an dieser Stelle die 
genauere Örtlichkeit anzugeben, da nicht mir allein dies „Geheimnis“ ge- 
hört. Durch dieses Zinn der Goldküste und das von Sokoto erklärt sich 
aber sowohl die Bronzekunst von Benin, wie meines Erachtens auch das 
Vorkommen von Zinn in den alten Kulturreichen des Ostens. Wie oben 
nachgewiesen, war der Weg durch Zentralafrika ja bekannt. 

Nun stimmen aber noch verschiedene Punkte, die Plato bei seiner 
Schilderung von Atlantis hervorhebt, gerade mit unserer westafrikanischen 
Küste. Zuerst der Reichtum der dortigen Herrscher, „die so grossen 


1) Hierauf macht Frobenius in ZE. 1909, S. 781,82 aufmerksam: ich verweise 
auf das schon vorhin erwähnte Beiwort des Sees der Athiopen: yaixoxepavvos, 
siche Kap. 2. | 

2) Geschichte des Altertums I, § 225, 539. 

g 3) ZE. 1897 (S. 97), 1902 S. 247, 1903 S. 430. 

4) Vgl. auch CB. II, 366. 


Ein zweites Goldland Salomos. 97 


Reichtum besassen, wie er weder vorher jemals Herrscherfamilien zu 
eigen gewesen ist, noch zukünftig leicht zu eigen sein wird“!). Ihr Land 
wurde begrenzt von goldführenden Bergen, wem fallen dabei nicht die 
Berge der Goldküste ein? Ausser dem Golde aber „war aus der Erde 
gegrabeues Erz den damaligen Menschen dort am teuersten,“ mit Recht 
hat schon Leo Frobenius auf diese Parallele zwischen Atlantis und 
Benin aufmerksam gemacht. Aber auch Herodot?) kennt Leute, bei denen 
advtwy 6 yalxos onavıwrraror xal tuumrarov?). Das sind die Athiopen, zu 
denen Kambyses seine Gesandten schickt, womit wir eine weitere Be- 
stätigung für unsere Vermutung haben, dass jene Äthiopen im fernen 
Westen, in Westafrika gewohnt. Weiter aber gibt es auf Atlantis eine 
Frucht mit hölzerner Schale zujuara xal Bowpata zav alelunaru gEowr?) — 
die Kokosnuss. Wenn nach Reindorf*) diese auch erst 1843 durch die 
von Jamaica nach der Goldküste wieder übergesiedelten westindischen 
Neger gekommen sein soll, weshalb diese auch in der Ewesprache: 
vevune — Europanuss heisst, so ist doch nach Christaller®) eine kleinere 
Art derselben an unserer Küste einheimisch und nach Allg. Hist.) finde 
man südwärts der „Sanaga“ (von Senegambien) unter den Palmen auch 
Kokos, wenn auch nur wenige, an. Und wenn nun weiter die Fruchtbar- 
keit von Atlantis so gerühmt wird, so vergleiche man damit, was von 
Benin, von der Goldküste und Fernando Po berichtet wird. Letztere 
Insel mit den schönsten Urwaldungen und dem fruchtbarsten Ackerbau 
wurde gleich nach ihrer Wiederentdeckung durch die Europäer Ilha her- 
mosa genannt. Von der Goldküste heisst es in der neuesten Beschreibung®): 
„Alle tropischen Gewächse gedeihen hier unter dem Himmel eines ewigen 
Sommers in üppiger Fülle. Verschiedene Arten von Palmen — vor allem 
die Öl-, Kokos- und Raphiapalme — erheben da ihre stolzen Häupter, 
Bananen und Pisang gewähren im Verein mit Jam, Mais und Maniok dem 
Neger seine tägliche Nahrung. Erdbohnen, Mais, Kaffee und Zuckerrohr 
reifen zu zweimaliger Jahresernte; Pfeilwurz und Reis wird in manchen 
Gegenden des Gebirges gepflanzt; Indigo und Rizinus wachsen wild, 
und vor allem gedeiht die Staude des Pfeffers, sowie die köstlichen 
Frucht der Ananas und Guave. Baumwolle wird da und dort im Innern 
gezogen und liefert reichen Ertrag. Duftende Orangen- und Limonen- 
gruppen, dichtbelaubte Mangobäume und Tamarinden, die manches Dorf, 
manchen einsamen Weiher umstehen, spenden goldige Früchte und 
kühlenden Schatten. Die Wälder aber mit den gewaltigen Gebilden der 


1) Critias 114 D. 

2) III 23. 

3) Hier hat Herodot zu der in Ägypten gehörten Kunde, die wir auch bei Plato 
haben, dass Erz am geschätztesten sei, von sich aus das „am seltensten‘ hinzugefügt 
und damit den ursprünglichen Sinn ins Gegenteil verkehrt. 

4) Critias 115 B. 

5) Hist of the Gold Coast, S. 209. 

6) I, S. 296. 

T) IT, S. 286. 

8) Steiner, Die Basler Mission auf der Goldkiiste, S. 3. 


28 Dahse: 


Pflanzenwelt hegen eine Unzahl von Nutzhölzern und die feurigsten Ge- 
würze, während der Schoss der Erdrinde das edle Metall des Goldes birgt 
und die Flüsse Goldsand mit sich führen. Und selbst da, wo die Hand 
des Menschen den Boden gar nicht baut, schiesst aus demselben ein Gras- 
und Baumwuchs hervor, von dem man im nordischen Europa keine Vor- 
stellung hat.“ Fürwahr, diese Fruchtbarkeit ist einer Atlantis würdig. 
Und was hier die Eingeborenen auch ohne Europäer erreicht haben, 
schreibt uns Dupuis von Benin!): „the land itself is so fertile and popu- 
lous that it is usual to travel the day long amidst corn fields or planta- 
tions, of which the tall and stunted palm, date, plantain, banana, yam, 
cassada and some kinds of fruit trees besides, occupy the surface of many 
acres, which are enclosed with mud walls or bramble to distinguish them 
as private property.“ Und von dem Fischfang Benins heisst es: Infolge 
der Lagunen they enjoy in security from the surf and the tempest the 
most prolific inland fisheries known any where in Soudan —, wir befinden 
uns ja, wie oben nachgewiesen, nach Diodor bei den Aldiones Iydvogayoı. 
Wenn es nun endlich noch von Platos Atlantis heisst, es habe gereicht 
bis Etrurien und bis Ägypten?), so kann an Beziehungen zum Niltal nach 
dem, was hernach erwähnt werden wird, nicht mehr gezweifelt werden, 
aber auch in der Angabe über Etrurien findet sich eine höchst wichtige 
geschichtliche Erinnerung, über die unten Kapitel 9 zu reden sein wird. 
Mit Recht hat unseres Erachtens Leo Frobenius in Westafrika Atlantis 
wiedergefunden. 


Kapitel 5: 
Beziehungen Westafrikas zum Osten und Norden. 


Wir haben gesehen, wie Westafrika ein den Alten bekanntes Land 
gewesen ist, das man nicht nur auf dem Seewege aufgesucht, sondern 
auch auf dem Landwege erreicht hat. Wird uns doch sogar die Ent- 
fernung von Theben dorthin angegeben. Denn wenn Herodot?) von dieser 
Hauptstadt Ägyptens 50 Tage bis nach dem Atlas rechnet, so kann damit 
doch unmöglich das mauretanische Atlasgebirge gemeint sein, das be- 
deutend weiter entfernt von Ägypten liegt, rechnet doch auch Herodot 
von den Garamanten, die 30 Tage von Theben entfernt wohnen, bis zu 
den Lotosessern nach Westen noch 30 Tage und ebenso weit ist es nach 
der Karte noch von diesen bis nach Mauretanien. Vielmehr muss, wenn 
Herodot 4,,, zehn Tage von den Garamanten die Ataranten wohnen 
lässt; „die einzigen Menschen ohne Namen“, dies Volk identisch sein mit 
den Bewohnern von Bornu, von denen Leo Afrikanus S. 494 sagt: „Sie 
führen keine eigenen Namen nach der Weise der anderen Völker.“ Herodot 
hat sich also in seiner Beschreibung von den Garamanten aus nach Süden 
gewandt, die Karawanenstrasse entlang, die noch heute von Fezzan, dem 
Wohnsitz der Garamanten, nach dem Tschad führt. Weitere zehn Tage 


1) S. LIV. 
2) Timaeus 25B., Critias 114 C. 
3) IV 181—184 GGM I S. XXIX. 


Ein zweites Goldland Salomos. 29 


aber südwärts wohnen dann die Atalanten an dem Berge Atlas, von dem 
die dortigen Bewohner sagen, er wäre die Säule des Himmels. Damit 
kommen wir aber in das oben nachgewiesene Atlantis-Gebiet. Dass die 
Angabe „zehn Tage“ auf Genauigkeit keinen Anspruch macht, zeigt 
Herodot selbst 4,,,, nach welcher Stelle sich alle zehn Tage Salzbergwerke 
und Menschen in der Wüste finden. Kennt so aber Herodot sogar die 
Karawanenstrasse von Fezzan nach dem Tschad, dann gewinnt die von 
Barth erwähnte Sage von einem nach Westafrika gehenden Heereszuge 
eines Pharao sehr an Wahrscheinlichkeit. Ist diese Sage doch nun auch 
nicht die einzigste Nachricht, die uns von Beziehungen Ägyptens nach 
Westafrika zu berichten weiss. 

Da berichtet der nach Schurtz!) im allgemeinen zuverlässige arabische 
Reisende Zain el abidin, der im ersten Viertel des 19. Jahrhunderts 
Wadai besuchte, von Ruinen, steinernen Sarkophagen und Resten eines 
Sonnenkultus, die er in der Nähe der Hauptstadt Wadais entdeckt haben 
will, wohl einen Ableger ägyptischer Kultur aus alter Zeit. Südlich von 
Wadai liegt dann „Dar Runga“, wahrscheinlich identisch mit „Ruma“, 
dem Lande der Goldschmiede, wo man das Gold in Bergen und wohl 
bewässerten Distrikten fand?). Vielleicht ist damit das Vorkommen alt- 
ägyptischer Mumienperlen in Mokoanghai, ungefähr am nördlichsten Punkt 
des Uelle, ziemlich genau südlich von Wadai in Verbindung zu bringen?). 
Von dem mitten nach Zentralafrika reichenden Einfluss Ägyptens gibt es 
ja Spuren bei den Monbuttu und in Uganda. — Weiter nach Westen 
führt uns eine andere Tradition.t) Der erste König von Kanem soll näm- 
lich ein Araber und zwar ein Nachkomme der alten himjaritischen Königs- 
familie gewesen sein. Von himjaritischen Beduinen der Sahara hört man 
auch sonst. Es fehlte ja in Südarabien in den ersten christlichen Jahr- 
hunderten nicht an Gründen, die zu einer Auswanderung veranlassen 
konnten: Wirtschaftliche Bedrängnis und Übervölkerung des Landes ver- 
anlasste damals eine Anzahl südarabischer Stämme auszuwandern®). Das 
Meer haben die Himjariten ja nie gescheut und in den Kämpfen mit 
Abessinien wird’s nicht an Gelegenheit gefehlt haben, durch Abessinien 
hindurch nach dem Innern Afrikas zu kommen. Demnach können schon 
vor der islamitischen Zeit Araber sich nach Afrika gewandt und Einfluss 
unter den Stämmen der Sahara erlangt haben. — Dieser Tradition von 
Kanem geht nun aber zur Seite eine andere, die im äussersten West- 
afrika erzählt wird®). Der maurische Emir Mohamed Tarsyna el Lem- 
touni fiel in einem Kampfe mit Stämmen aus dem Sudan, die in der 
Nähe von Teklessyn wohnten und Araber waren, aber jüdischen Be- 
kenntnisses. Da finden wir also in einer Gegend nicht weit vom Niger 
arabische Juden wohnen. Noch heute zeigt sich ein jüdischer Typus bei 


1) in Helmolts Weltgeschichte I 530. 

2 Alfred Lock, Gold 1882 S.27 und Petermanns Mitteilungen 1889, S. 188. 
3) ZE 1903 S. 796. 

4) Helmolts Weltgeschichte I 525. 

5) PRE. Bd. I Arabien S. 768. 

6) le Chatelier, l'Islam dans l’Afrique occidentale S. 123. 


30 Dahse: 


den Beni Hassan am Senegal. Edrisi!) um 1150 gibt uns verschiedene 
Nachrichten über diese Juden des westlichen Sudan. S. 4 redet er davon, 
dass im Gebiete der Lamlam, wo die zwei Städte Mallel und Daw lägen, 
jüdische Einwohner seien, die von den Bewohnern von Barisa, Silla, 
Takrur und Ghana oft überfallen und als Sklaven fortgeschleppt würden. 
Nach S. 35 gibt es dann noch ein Judenland Camnouria, westlich ans 
Meer und östlich an die Wüste Nisar grenzend, durch welches Land die 
Kaufleute ziehen, die nach Ghana und Wangara wollen; auch dieses Juden- 
land hatte ehemals zwei blühende Städte, Camnouria und Naghira, und 
seine Bewohner sind ebenfalls eine Beute ihrer Nachbarn. Wie diese 
beiden Judenreiche sich zueinander verhalten (ob Doppelgänger, entstanden 
durch falsche Benutzung der Quellen?) kann ich nicht entscheiden. Nur 
soviel steht fest, dass einst nördlich vom westafrikanischen Negerlande 
Juden gewohnt haben; das bezeugt auch Leo Africanus?), der S. 42 sagt: 
„In der Folge (die Zeit lässt sich nicht genau angeben) kam die jüdische 
Religion dorthin“; „das Judentum ist aber ganz ausgerottet worden“, vgl. 
Edrisi: „Die Juden sind meist in Unglauben und Unwissenheit versunken.“ 
Von ihren Wohnsitzen berichtet Edrisi ferner noch, dass sie sich be- 
finden sur les bords d’une rivière, qui se jette dans le Nile. Dapper?), 
Beschreibung von Afrika S. 39, nennt sie uralte Eingeborene, welche „vor 
Zeiten die Länder auf beiden Seiten des Flusses Niger bevolkten.* Nach 
ihm S. 337 liegt das Land der Juden zwischen Bergen und grenzt nach 
Süden an den Mittelstrich, nach Westen an Berge auf der Seite des König- 
reiches Benin und im Norden an andere Berge, welche gegen Dauma und 
Medra über liegen. Es gehört „unter das Gebiet der Abessinier“. Inter- 
essant ist, dass die Existenz dieses Judenreiches uns nun aus dem Osten 
Afrikas bestätigt wird, indem de Barros im Westen von Abessinien einen 
jüdischen König „Negus Tederos“ kennt, von dessen Macht man grosse 
Dinge erzählt®). In Kumassi hörte Dupuis), dass die Juden des Sudan 
in viele grosse und kleine Stämme zerfielen, dass sie länger im Lande 
seien als die mohammedanischen Araber und von Beruf Hirten, Händler 
oder Kunsthandwerker. Man glaube, sie seien aus der Nachbarschaft von 
Oberägypten gekommen, „während die Kinder Israel in der Gefangen- 
schaft gehalten wären“. Dass Kunsthandwerk in unseren Gegenden auf 
Juden zurückgeführt wird, hat zu verschiedenen Malen schon Paul Stau- 
dinger betont. Zuerst machte er darauf aufmerksam, dass die Glas- 
industrie von Nupe nur bei wenigen Familien bekannt sei, die aus dem 
Osten gekommen und Juden gewesen sein sollen). Dann konnte er auf 
die merkwürdige Ähnlichkeit der Erzeugnisse dieser Industrie mit denen 
von Hebron in Palästina hinweisen”), Aber auch in der Goldschmiede- 

1) Ausgabe von Dozy und de Goeje, Leyden 1866. 

2) Ausgabe von Lorsbach, Herborn 1805. 

3) Deutsche Ausgabe Amsterdam 1670. 

4) Ausgabe von Soltau III 119, 

5) 8. CVI. 

6) ZE 1898 (S. 193). 

7) ZE. 1906 S. 231. 


Ein zweites Goldland Salomos. 31 


kunst Afrikas machen sich jüdische Einflüsse bemerkbar: Wie noch heute 
nach Schurtz!) in Yemen unter den Goldarbeitern viele Juden sind, so 
befand sich im 16. Jahrhundert nach Leo Afrikanus?) in der Hauptstrasse 
von Kairo eine Gegend, wo die Goldschmiede ihre Stelle hätten: „sie sind 
Juden und setzen vıele Kostbarkeiten ab“. Derselbe berichtet aber auch 
von Fes in Marokko3): Die meisten hiesigen Goldschmiede sind Juden, 
sie arbeiten in Neu-Fes und bringen ihre Waren nach der Altstadt zum 
Verkaufe. In Alt-Fes darf weder Gold noch Silber gemünzt werden, auch 
darf kein Mohammedaner das Goldschmiedehandwerk treiben. Denn sie 
sagen, es sei Wucher, wenn man Sachen von Gold oder Silber für teurere 
Preise, als sie nach dem Gewichte haben müssten, verkaufe; die Regenten 
erlauben es aber den Juden .... Ihre Menge hat, besonders seitdem 
ihre Glaubensgenossen vom König von Spanien vertrieben worden sind, 
so sehr zugenommen, dass sie sich nicht wohl zählen lässt) Da Leo 
eben vorher von den jüdischen Goldschmieden gesprochen hat, dürfen wir 
annehmen, dass sich unter diesen aus Spanien vertriebenen Juden auch 
Goldschmiede befunden haben werden. Von Marokko aus zogen solche 
dann auch nach dem Süden, denn nach Leo S. 452 sitzen auch an der 
Strasse von Fes nach Timbuktu jüdische Goldschmiede. Wenn nun auch 
nach de Barros bei der um des Goldes und der Sklaven willen nach 
der Goldküste unter d’Azambuja 1481/2 unternommenen Expedition sich 
neben 500 Mann Truppen auch 100 Handwerker befunden habent) und 
nach Ritter) Juden dabei gewesen sind, so könnten auch an der Gold- 
küste von dieser Seite her jüdische Einflüsse®) gewirkt haben; welche 
Spuren man davon noch findet, wird hernach gezeigt werden. Hier kommt 
es mir darauf an, auf den letzten Seiten bewiesen zu haben, dass schon 
vor der islamitischen Einwanderung und ausser der himjaritischen von 
Osten her auch eine jüdische nach Inner- und Westafrika aus der Gegend 
von Oberägypten erfolgt ist. — Wie die Mohammedaner Westafrika und 
Arabien in Verbindung bringen, mag folgende Sage’) zeigen: „Eine 
weisse Araberfrau Mina sei von Mekka nach der Goldküste gewandert. 
Als sie an den Platz kam, an welchem in Fasai Wasser aus dem Boden 
kommt, hielt sie, um ihr Kind zu baden. Dann habe sie sich länger in 
den Bergen aufgehalten und ihre Leute hätten die grosse Mauer (100 m 
lang, manneshoch und 1 m dick, aus Felsblöcken aufgeschichtet) gebaut. 
Nach ihr sei der Platz Amina benannt. Später sei sie über Tashi und 
Salaga nach der Goldküste gewandert, wo noch Elmina nach ihr benannt 
sein soll“. Dass noch heute die Handelsstrasse quer durch Afrika von 
Arabern viel benutzt wird, ist bekannt. Vollblutaraber aus Dschidda sind 
noch heutzutage in Salaga anzutreffen, wohin sie über Suakim, Wadai, 


1) Das afrikanische Gewerbe S. 35. 
2) S 520. 
3) S 265. 
A Ausgabe von Soltau I S. 60. 
5) Ritter, Geschichte der Erdkunde S. 248f. 
6) Verhdl. des Intern. Geographentages, Berlin 1899. Bd. I S. 59/61 Staudinger. 
7) MFDsch XI 120. 


32 Dahse: 


Bornu, Sokoto kommen, um die Kolanüsse einzutauschen!). Von den 
arabischen Geographen hat Leo Africanus am Anfang des 16. Jahrhunderts 
selbst die 15 Königreiche durchzogen, die man damals auf dieser langen, 
aber wie Leo?) sagt, sicheren Karawanenstrasse berührte; es sind von 
Westen nach Osten: Walata, Ginea, Melli, Timbuktu, Gago, Guber, 
Agadez, Cano, Casena, Zegzeg, Zanfara, Wangara, Bornu, Gaogao und 
Nubien am Nil. Und damit kommen wir zu einem Reiche, siidlich von 
Ägypten auf dem Wege, der von Yemen nach Westafrika führte, das viel- 
leicht engere Beziehungen zu Westafrika gehabt hat. Das ist das alt- 
äthiopische nubische Reich, das sich um 1100 v. Chr. von Ägypten un- 
abhängig machte und lange Zeit eine grosse Rolle in Afrika gespielt hat. 
Von seinen Königen hat Schabaka 750 ganz Ägypten unterworfen, und 
Taharka 672 sogar versucht, Syrien zu unterjochen. Aber nicht bloss in 
kriegerischer, sondern auch in kommerzieller Hinsicht war dieses Reich 
von Bedeutung. Ist doch Meroe, seit 600 die Hauptstadt dieses Reiches, 
ein Haupthandelsplatz gewesen, von dem nach Osten Handelsstrassen bis 
nach Yemen, Indopersien und Babylonien führten?). Wie wenig es diesen 
Nubiern an Reiselust gefehlt hat, zeigt der Eunuch der Königin Kandace 
in der Apostelgeschichte; von ihrem Kampfesmut zeugt der Kampf der 
Kandace, die mit vielen Myriaden Äthiopen andauernd Krieg führte gegen 
Petronius, den römischen Befehlshaber Ägyptens. Sie herrschte aber über 
die Gegenden, wo des Kambyses Heer von dem Sand und dem heftig 
wehenden Südwind verschiittet ward‘). Der Nubier Kunstfertigkeit zeigt 
der Goldschmuck einer dortigen Königin aus der Zeit um Christi Geburt, 
der sich jetzt im Berliner und Münchener ägyptischen Museum befindet®). 
Hat der Einfluss dieses Reiches sich aber nach Norden und Osten er- 
streckt, so ist nicht einzusehen, warum vom altnubischen Reiche nicht 
auch Verbindungsfäden nach Westen gereicht haben sollen. Denn die 
Entfernung vom Berge Barkal z. B. nach dem mittelländischen Meer ist 
ungefähr ebenso weit wie die von Nubien nach dem Tschad und bei 
etwaigen Handelszügen nach dem Westen brauchte nicht einmal die eigent- 
liche Wüste passiert zu werden, sondern der Weg ging südlich davon. 
Schon unter dem ägyptischen Könige Merenre®) ist der Häuptling von 
Amam (= Nubien) gegen die Libyer an der westlichen Ecke des Himmels 
gezogen, und wenn mit diesen Libyern auch wohl Oasenbewohner nieht 
allzu weit vom Niltal gemeint sein mögen, so werden spätere Unter- 
nehmungen sich doch weiter erstreckt haben. Reicht doch z. B. das Tal 
des Wadi Malik schon halb bis zum Tschad und konnte als Weg benutzt 
werden. Nach Roscher geht nun aber aus den Angaben des Ptolemäus 
klar hervor, dass er eine von Meroe ausgehende Karawanenstrasse durch 
Zentralafrika kennt. Und Leo Afrikanus, der uns eben schon den Weg 


1) MFDSch. II 83. 

2) S. T. 

3) Roscher, S. 44. 

4) GGM. II S. 633. 

5) RGG. „Äthiopien“ Sp. 217. 

6) Meyer, Gesch. des Altertums $ 265, 


Ein zweites Goldland Salomos. 33 


von Nubien nach Westafrika beschrieben hat, berichtet uns nun auch von 
einer kriegerischen Verwicklung, die sich vom Nillande bis nach West- 
afrika hin bemerkbar macht. Denn zu seiner Zeit musste der König von 
Bornu schleunigst von einem Kriegszuge gegen das Goldland Wangara 
zurückkehren, weil sein eigenes Reich von Osten aus von dem Könige 
von Gaogao, dem Nachbarn von Nubien, angegriffen wurde S. 492. Von 
Gaogaos "Beziehungen zu Nubien zeugt aber der Umstand, dass seine Be- 
wohner nach Leo S. 479 Christen waren. 

Nun haben wir aber zwei voneinander anabhangies Traditionen, die 
anscheinend Nubien und Westafrika in Verbindung setzen; zuerst den 
Reisebericht eines spanischen Mönches'), in dem der Priester Johann und 
der Goldfluss in Verbindung zueinander gebracht werden: Jenes Priesters 
Reich ist Dongola, das christliche Nubien, und sein Wohnort Melli am 
Goldfluss! In der Tat ist nun aber Nubien vom 6. Jahrhundert an ein 
altchristliches theokratisches Reich gewesen, das erst im 15. Jahrhundert 
durch die Araber gestiirzt wurde. Mit solch einem altchristlichen Reiche 
im Osten (and das ist die zweite Tradition) hat nun aber Benin in Ver- 
bindung gestanden. Denn der Gesandte des Königs von Benin, der 1486 
mit Johann Alphons d’Aveiro nach Portugal kam, erzählte dort von einem 
grossen Könige im Osten (die Entfernung wird verschieden angegeben: 
20 Monatsreisen*) oder 250 Meilen?) oder 350 lieues*), dem jeder neue 
König von Benin das Ableben seines Vorgängers anzeigen musste, worauf 
er als Bestätigungszeichen Stab, Helm und Kreuz von Messing erhielt. 
Ogane sei der Titel dieses Königs und er bleibe für die zu ihm 
geschickten Abgesandten unsichtbar, nur einen Fuss strecke er hinter 
einem seidenen Vorhang hervor. Von den Königen Nubiens aber 
heisst es: „Die Athiopen verehren ihre Könige wie Götter und 
sie sind eingeschlossen und ans Haus gebunden“ *). Und dafür, dass diese 
Könige auch Macht besassen und weithin etwas zu sagen hatten, spricht 
der Umstand, dass „zu Zeiten, wenn die Christen in Ägypten unter dem 
allzu harten Druck der Mohammedaner zu leiden hatten, die christlichen 
Herrscher Nubiens und Äthiopiens ihr Machtwort für die Glaubensbrüder 
in die Wagschale warfen. Wenn sie mit Krieg drohten oder gar in Aus- 
sicht stellten, dass sie Ägypten zur Wüste machen würden, indem sie das 
segen- und lebenspendende Wasser des Nil in die Wüste leiten würden, 
falls die Araber die Christen nicht schonten, dann gaben auch die fana- 
tischen Mohammedaner klein bei®).“ — Freilich hat man ja nun später 
den Priester Johann in dem abessinischen Negus Negesti wiedererkennen 
wollen, weshalb die Portugiesen dorthin Gesandtschaften schickten. Aber 
es ist nicht zu vergessen, dass ursprünglich „Äthiopien“ nicht Abessinien, 
sondern Nubien ist. Und da wir in Nubien nun gerade einen Priesterstaat 
(zuerst heidnisch, dann christlich) vor uns haben, und dies Land so viel 


1) Kunstmann, Afrika, 1853, S. 24. 
2) Soltau, S. 65. 
3) Oppert; Der Presbyter Johannes, S. 7. 
4) GGM. II, S. 634 in der Chrestomathie aus Strabo. 
5) EMM. 1907, S. 32. 
Zeitschrift für Ethnologie. Jahrg. 1911. Heft 1. 


cs 


34 Dahse: 


näher nach Westen und am Ausgangspunkt der alten Karawanenstrasse 
‚dorthin liegt, so suchen wir mit grösserem Rechte den Priesterkönig 
Johann dort in Nubien, zumal über dessen Könige gerade berichtet wird, 
dass sie eingeschlossen leben. Während man für die nubische Königin 
den Titel Kandace kennt, ist meines Wissens der einheimische Titel des 
Königs, dem dann Ogane entsprechen müsste, noch nicht bekannt. Zu 
jener Belehnung mit Stab, Helm und Kreuz haben wir eine interessante 
Analogie. Der König von Songhai erhielt beim Antritt als Moslim 
Schwert, Ring und Koran von einem Emir el Mumenin, nach Barth?!) 
offenbar aus Ägypten. Aus diesen Belehnungen aber geht hervor, dass 
das mittlere Westafrika sich abhängig vom Osten gefühlt hat, von dem es 
einen grossen Teil seiner Kultur erhalten. Lu 

Nun hat man aber behauptet, dass auch das abessinische Reich ein 
Träger und Ubermittler der Kultur für Westafrika gewesen sei. Darüber 
hat schon vor 30 Jahren der englische Captain George Peacock die 
Abhandlung geschrieben: The Guinea or Gold Coast of Africa, formerly 
a colony of the Axumites, or ancient Abyssinians in the reign of king 
Solomon, and the veritable Ophir of Scripture.“ Aber die Gründe, die er 
fiir die in diesem Titel ausgesprochene Ansicht anftihrt, vor allem west- 
afrikanische Namen, die an abessinische anklingen sollen, sind so nichts- 
sagend und so wenig beweisend, dass hier nicht darauf eingegangen zu 
werden braucht; schon Burton und Cameron haben sie in ihrem Werke 
„To the Gold Coast for Gold“ widerlegt. Dagegen bedarf es hier kurz 
der Untersuchung, wo die Goldexpeditionen des Königs von Axum nach 
Sasu, die Peacock anführt und nach Westafrika gehen lässt, ihr Gold 
geholt. Der Bericht des Kosmas Indicopleustes, auf den Peacock sich 
beruft, lautet wörtlich®?): „Die Sasu genannte Landschaft liegt nahe dem 
Ozean, wie auch der Ozean dem Weihrauchlande benachbart ist, und hat 
viele Goldbergwerke. Ein ums andere Jahr schickt der König der Axu- 
miten durch den Befehlshaber des Agaou-Landes dorthin besondere Leute 
des Goldhandels wegen, denen sich auch viele andere Handelsleute an- 
schliessen, so dass es über 500 Männer sind. Sie bringen aber dorthin 
Rindvieh und Salz und Eisen.“ — Nachdem dann der stumme Handel 
seschildert ist, wobei wir erfahren, dass die Eingeborenen das Gold in 
Körnern bringen, die sie Zayyaoa nennen, heisst es von der Rückkehr: 
„Bei der Rückkehr reisen sie geschlossen und bewaffnet, weil gewisse 
Leute des Gebietes, das sie durchziehen müssen, sie bedrohen und ihnen 
das Gold abzunehmen suchen. Bei solchem Verhalten machen sie die 
Expedition in sechs Monaten hin und zurück; indem sie den Hinweg 
langsamer reisen, vor allem wegen des Viehs, den Rückweg aber schneller, 
damit nicht die Unwetter und Regengüsse sie auf dem Marsche über- 
raschen. In jenen Gegenden ist nämlich die Quelle des Nilflusses und 
zur Regenzeit strömen infolge der vielen Regengüsse zahlreiche Flüsse 
aus ihm auf den Weg.“ So viel geht aus dieser Beschreibung hervor, 


1) Barth IV, S. 605. 
2) Ausgabe von Montfaucon, S. 139 f. 


Ein zweites Goldland Salomos. 35 


dass die Expeditionen nach Sasu nilaufwärts gingen in ein Gebiet, wo es 
an Rindvieh, Salz und Eisen fehlte. Nun findet sich aber im Süden 
Abessiniens am blauen Nilin Fazokli und ebenfalls in dem noch südlicher 
gelegenen Reich Kaffa, der Heimat des Kaffees, Gold. Vielleicht dürfen 
wir dort das Ziel der Sasu-Expeditionen suchen. Jedenfalls kann es nicht 
Westafrika sein, da Sasu als der Weihrauchküste angrenzend, aber weit 
von der ins Innere sich erstreckend geschildert wird, und da dorthin Salz 
gebracht wird, was in Westafrika nicht nötig ist. Die Entfernung von 
Axum nach Sasu ist weniger als von Axum nach Alexandrien, letztere 
gibt er auf 60, erstere auf plus minus 50 Tagereisen an!). Übrigens 
spricht Plinius*) auch von einem Berge Pangäus im Süden Athiopiens, 
der goldführend sei und Agatharcides*) beschreibt uns den Bergbau- 
betrieb Bischarins im Norden Abessiniens, wo ebenfalls reiche Goldlager 
waren, die aber als Sasu nicht in Betracht kommen‘). Nach de Barros 
III,,, wird auch im Westen Abessiniens Gold gefunden. 

Ehe wir nun auf den von Peacock erwähnten Schlangenkult näher 
eingehen, ist noch kurz ein anderer Weg zu betrachten, auf dem An- 
regungen und Einflüsse höherer Kultur zu Lande in unser Gebiet von 
der Westküste Afrikas eingedrungen sein könnten. Das ist der Weg von 
der Nordküste Afrikas quer durch die Sahara. Die älteste griechische 
Nachricht, die wir darüber haben, findet sich bei Herodot, der II}, von 
den Nasamonen erzählt, dass sie durch die Wüste bis zu einer an einem 
von Westen nach Osten fliessenden Strome gelegenen Stadt, die von 
Schwarzen bevölkert gewesen, vorgedrungen seien, ohne Zweifel eine 
Stadt am Niger. Aus karthagischer Zeit hören wir dann von den Reisen 
des Mago°): Mago Carthaginiensis ter Africae deserta aquis carentia 
peragravit sicca polenta victitans absque potu. Später sandten die Römer 
ihre Heerführer auf Karawanenpfaden über die Sahara nach dem Sudan, 
Gallus, Suetonius Paullinus, Septimius Flaccus, Balbus, Maternus. Uber 
des letzteren Reise haben wir die spezielle Angabe, dass er vier Monate 
gebraucht habe, um nach Agisymba zu kommen®). Unter Agisymba ist 
an dieser Stelle keine Stadt (etwa Simbabwe in Siidafrika) zu verstehen, 
sondern wie in der Geograph. Compend’). das Land benachbart den 
Aldiones dvdownöpayoı, die am foayeia Baddoon wohnen, d. h. den Niam- 
Niam, deren Wohnsitze sich bis znm Tschadsee erstreckt haben; wohnen 
sie doch auch bei Edrisi S. 4 südlich von Ghana, also in diesen Gegen- 
den. Aber hat man damals nun auch von Norden her wirklich schon 
eine genauere Kenntnis der Länder südlich der Sahara gehabt? Da fällt 


1) S. 188. 

2) VII, 57. 

3) Bei Lock, Gold S. 7. 

4) Bemerkenswert ist aber, worauf mich Prof. v. Luschan aufmerksam gemacht, 
dass abessinische und westafrikanische Dachhelme beinahe identisch sind, was auf 
irgendwelche Beziehungen hinweist. 

5) Nach Roscher S. 70 

6) Ebenda S 92. 

7) GGM. 11 8. 498. 


36 Dahse: 


das sehr ins Gewicht, was man gerade in diesem Jahre von Ruinen aus 
alter Zeit in diesen Gegenden gehört hat. Da ging im Frühjahr die 
Nachricht durch die Zeitungen, dass nach dem Journal officiel du Haut- 
Senegal = Niger der Kommandant von Sinder auf einem Streifzuge im Nord- 
osten von Air und an der Ostgrenze dieses Gebirgsmassivs merkwürdige 
Altertümer aufgefunden habe. Nach Aussage der Tuareg soll hier vor 
Jahrhunderten eine weisse Bevölkerung gesessen haben; übrigens eine 
Aussage, die man schon früher ähnlich gehört hat, spricht doch schon 
Ibn Batuta von weissen Christen, die Gasthäuser am Niger gehabt hatten*). 
Die neuen Funde sind Grabdenkmäler, Inschriften und Zeichnungen, 
Ruinen von Brunnen und Bauten, die davon zeugen sollen, dass dort 
einst eine nichtrömische Bevölkerung ansässig gewesen sein müsse. Diese 
Entdeckungen des Kommandanten von Sinder beweisen, dass die Oasen 
der Sahara in früheren Zeiten kulturfähiger und bewohnter gewesen sind 
als jetzt; dann wächst aber auch die Wahrscheinlichkeit, dass der Handels- 
verkehr zwischen Nordafrika und den Gebieten südlich der Sahara aus- 
gedehnter gewesen ist, als man sich denkt. Wie die zentralafrikanische 
Karawanenstrasse vom oberen Nil zum Tschad seit Jahrtausenden nie auf- 
gehört hat, ein Verbindungsweg von Osten nach Westen zu sein; so hat 
auch stets eine Karawanenstrasse vom Norden nach dem Süden bestanden. 
Wenn Leo Africanus?) sagt, dass erst im Jahre der Hedschra 380 (= 990) 
der Verkehr mit dem Negerlande angeknüpft sei, so spricht dagegen 
schon der Umstand, dass schon im Jahre der Hedschra 60 (= 679/80) in 
Ghanata ein mohammedanisches Stadtviertel mit 12 Moscheen gewesen 
sein soll®). Und Leo selbst lässt den Gründer der ältesten Songhai- 
Dynastie bei Beginn der Hedschra aus Libyen nach Kukia kommen 
und dasselbe zu seiner Hauptstadt machen. Diese Stadt bildete auf der 
einen Seite den Anfang der ägyptischen Karawanenstrasse und es heisst 
von ihr, dass sie der Haupthandelsplatz für das Gold des Negerlandes 
war und als Gegenwert ausserdem mit Salz, Muscheln, Kupfer und Glas- 
perlen handelte‘). Das Gold aber, das Kukia erhielt, kam von Sansanne 
Mangu, der alten Mandingo-Niederlassung in unserer Togokolonie. Auch 
von der zweiten Hauptstadt des Songhai-Reiches, von Gagho, wird be- 
richtet, dass dort im Anfang des 16. Jahrhunderts der Goldhandel einen 
schr bedeutenden Umfang erreicht habe und auch dorthin aus den 
Aschantiländern gekommen sei. Ja noch zu Barths Zeiten ging ein Teil 
des Goldes aus diesen Ländern nach Kano), und von den noch weiter 
östlich gelegenen Gegenden berichtet schon 1517 Leo Afrikanus, dass der 
König von Bornu sogar Hundeketten aus Gold gehabt habe, das aber aus 
unseren Gegenden dortlin gekommen sein wird®). — Aber der Handel 


1) Ritter, Gesch. der Erdkunde, 166 ff. 

2) Barth IV S. 603. 

3) 8. 601. 

4) S. 607. 

5) V 21 f. 

6) Soetbeer, Ergiinzungsheft zu Petermanns Mitteilungen, Nr. 57 S. 44, und 
Herborner Ausgabe S. 495. 


Ein zweites Goldland Salomos. 37 


Songhais ging auch direkt nach dem Norden, wo Agades noch heute die 
Songhaisprache spricht. Dies wird dadurch bewiesen, dass im 10. Jahr- 
hundert nach Abu Obeid in Agades verarbeitete Goldfäden aus den Ländern 
der Schwarzen gegen bearbeitetes Kupfer, blau und rot gefärbte Stoffe 
eingetauscht wurden!); dass schon frühe Tademekka?) (= es Suk) „das 
Ebenbild von Mekka“ neun Tagereisen von Gagho und 40 von Gadames 
als Handelsplatz eine Rolle spielte und dass noch 1892 in der Haupt- 
stadt von Fezzan, in Murzuk*), dem Treffpunkt der transsaharanischen 
Karawanenstrassen der Goldstaub der Aschantiländer als Münze diente. 
Nach Mungo Park handelten die Bewohner von Fezzan sogar mit Kong‘). 
Sehen wir uns nun danach um, woher die als Ausgangspunkte der Karawanen- 
strassen bisher genannten Orte Sansanne Mangu und Kong ihr Gold er- 
halten haben, so berichtet Nachtigal, dass von Bontuku, der Hauptstadt 
von Giaman, die Karawanen mit Goldstaub über Salaga nach dem Innern 
gehen). Nach Bontuku aber kommt, wie Christaller mitteilt, viel 
Goldstaub von einem wilden Volke zu Lobi in Tausch gegen Kauris’). 
Lobi aber bringt seinen Goldstaub auch nach Kong, wo es weder Eisen 
noch Schmiede gibt und empfängt dafür Kupferbarren und Sklaven. Von 
Kong aber geht das Gold nicht nur nach dem Osten, sondern auch nach 
dem Westen nach Djenni in Tausch gegen Baumwollegewebe und 
Pfeffer’). So sehen wir, die Hinterländer von Aschanti sind die Quellen 
des Goldes. 

Noch ein Punkt inbetreff des Goldhandels ist aber der Erwähnung 
wert, da er an Ähnliches in Altägypten erinnert. Wie im alten Pharaonen- 
lande kommt auch in einem Teile von Westafrika das Gold auf den 
Markt in Gestalt von Ringen. So berichten Barth®) und Lenz’) von 
Timbuktu und Dubois’) von Djenni. Da jedoch nach Timbuktu das 
Gold nicht aus unserem Goldgebiet kommt, sondern dorthin aus Bambuk 
oder Bure gebracht wird, so kommt jene Ringform des Goldes als etwaige 
ägyptische Reminiszenz für unseren Goldbezirk nicht in Betracht. Das 
Charakteristikum der Aschantiländer ist nicht der Goldring beim Gold- 
handel, sondern der Goldstaub!!). Auf das zweite westafrikanische Gold- 
gebiet, das von Bambuk und Bure, das eben erwähnt wurde, kann in 
dieser Untersuchung nicht näher eingegangen werden; jenes liegt zwischen 
Senegal und Gambia, dieses an der linken Seite des Dscholiba, also weit 
entfernt vom Zentrum des westafrikanischen Kulturgebietes, das wir hier 


1) Stüwe, Handelszüge der Araber, S. 116. 

2) Barth V 1%. 

3) „Ausland“ 1892 S. 6. 

4) Travels in the interior of Africa S. 535. 

5) Persönliche Mitteilung an meinen Vater. 

6) I S. 646. 

T) Globus, Band 60 S. 20/21. 

8) V 22. 

9) Timbuktu U 149/150. 

10) Tombouctou S. 205. 

11) Wie P Staudinger mir mitteilte, kommt manchmal auch hier der Gold- 
ring vor. 


38 Dalıse: 


im Auge haben. Das Gold dieser Gebiete geht ausser nach Timbuktu 
vor allem nach dem Westen. Es war im Jahre 1618, als die erste eng- 
lische Kompagnie zur Erforschung dieses Gebietes gegründet wurde und 
1623 erschien eine Beschreibung einer dahin unternommenen Expedition 
unter dem Titel: Der Goldhandel oder eine Entdeckung des Flusses 
Gambia und des Goldhandels der Ätbiopier von Richard Jobson. Viel- 
leicht bietet eine Fortsetzung dieser Studien Gelegenheit, darauf einzu- 
gehen. | 


Kapitel 6. 
Völkerverschiebungen in Westafrika. 


Wie oben erwähnt, hat Peacock in dem in Westafrika herrschenden 
Schlangenkult ausländische Einflüsse vermutet. Er ist nicht der erste, 
der solche Vermutungen geäussert hat. Seitdem Europäer nach West- 
afrika gekommen, hat immer der westafrikanische Schlangenkult in den 
Reisebeschreibungen eine grosse Rolle gespielt. Schon 1485 weiss man 
davon zu erzählen. In der Reisebeschreibung von Snelgrave 1727 
heisst est): Die Bewohner von Whida gingen morgens und abends hin 
Fetisch zu machen, d.h. ihrem vornehmsten Gotte, welches eine besondere 
unschädliche Schlange ist, ein Opfer zu bringen und ihn zn bitten, dass 
er ihre Feinde an dem Übergang über den Fluss verhindern solle. „Sie 
haben auch eine alte Erzählung, dass die Anrufung der Schlange um 
Beistand sie allemal von einem bevorstelienden grossen Elende befreit 
hatte. Ungefähr um dieselbe Zeit machte Atkins 1721 seine Reise 
nach Guinea, auch er erzählt von dem Schlangenkult und meint Allg. 
Hist.?): Die salomonische Flotte, die von Ophir-Zophala ihr Gold geholt, 
sei bis zur Goldküste geschifft und habe daselbst eine mündliche Sage 
von der alten Schlange oder der feurigen Schlange, die Moses in der 
Wüste aufgerichtet, hinterlassen. Er führt aber auch die Meinung anderer 
an, dass der Schlangendienst von dem Nutzen der betreffenden Schlangen 
hergekommen sein könnte. Auch in Aschanti gilt die Pythonschlange als 
heilig. Ramseyer und Kühne?) fanden während ihres Transportes nach 
Kumassi am Ende eines Aschantidorfes ein Fetischhaus, in dem ein kegel- 
förmiger, weissgetünchter Erdhaufen die Begräbnisstätte einer Python- 
schlange bezeichnete, mit einer Vertiefung oben, um dem Fetisch Palnı- 
wein hineinzugiessen, während daneben eine geschnitzte Menschenfigur 
mit Zeugkappe auf dem Kopf und Schwert in der Hand Wache hielt. 
Aus unsern Gegenden ist, wie bekannt, der Voduismus mit den Negern 
nach Mittelamerika gekommen und wird dort noch heute, z. B. in Surinam 
geübt?) An und für sich ist solch ein Schlangenkult ja nichts be- 
sonderes und um nichts merkwürdiger als irgend ein anderer Tierdienst. 


1) Allg. Hist. III 545. 

2) IV 348. 

3) S. 57. 

4) Westermann, Wörterbuch der Ewesprache S. 13* und P. Staudinger, 
ZE. 1904 727. 


Ein zweites Goldland Salomos. 39 


Das Merkwürdige ist nun aber das, dass die Dächer der Städte Benins, 
schon als die ersten Europäer 1485 davon hörten, mit ehernen Schlangen 
bedeckt waren und dass das Schlangenmotiv in allen Kunstarbeiten unseres 
Gebietes eiu immer wiederkehrendes Motiv bildet (siehe Abb. A Nr. 1, 2). 
Nyendael!) sah in Benin oben auf einem Tor eine grosse kupferne 
Schlange und fand Menschenköpfe in Kupfer gegossen. Und als 1897 
die Engländer in Benin einzogen, da fanden sie ausser den anderen 
wunderbaren Bronzestücken und Elfenbeinschnitzereien auch eine dieser 
ehernen Schlangen auf einem der Häuser des Königs liegen. Errichtung 
von ehernen Schlangen und dazu die oben erwähnte Sage, dass die An- 
rufung der Schlange um Beistand allemal Hilfe gespendet habe — da 
fällt einem doch unwillkürlich die Stelle des Alten Testament Numeri 21, 
ein: „Da machte Mose eine eherne Schlange und richtete sie auf zum 
Zeichen; und wenn jemanden eine Schlange biss, so sah er die eherne 
Schlange an und blieb leben.“ Auf irgend eine Weise scheint hier eine 
Jüdische Beeinflussung vorzuliegen. Da wir oben wahrscheinlich gemacht 
haben, dass Benin zu Nubien Beziehungen gehabt hat, so dürfte auch 
dieser Schlangenkult dorther stammen. Und da selıen wir nun, wie erstens 
an der Grenze Nubiens schon im 6. und 5. vorchristlichen Jahrhundert 
Juden sassen?), bei denen sich ein Dienst der Schlange erhalten haben 
kann. Zweitens aber stand Nubien in jener Zeit in enger Beziehung zu 
dem Amon von Theben?), in dessen Tempelbezirk nach Herodot II, 
heilige Schlangen bestattet wurden®). Damit dürfte die Herkunft dieses 
westafrikanischen Schlangenkultes aus Nubien als höchstwahrscheinlich 
gelten. 

Ausser der Schlangenverehrung gibt es in unserem Kulturgebiet aber 
noch eine ganze Reihe Zeremonien, die mit jüdischen Ähnlichkeit haben. 
Reindorf°) führt fünf Punkte solcher Art an, die man bei dem Ga-Volk 
finden könne: 1. eine Art Taufe acht Tage nach der Geburt, 2. Benennung 
der Kinder nach Grossvater, Grossmutter oder Vater und Erbrecht der 
Kinder und nicht der Neffen, 3. Beschneidung, 4. Bestreichen der Pfosten 
und Wände mit rotem Ton beim Herbstfeste und 5. Patriarchalisches 
Regiment. Auch behauptet er, dass die Tracht des Hauptpriesters von 
Accra Ähnlichkeit mit der des jüdischen Hohenpriesters habe®). Wilson?) 
führt als jüdische Reminiszenzen noch weiter an: die Einteilung der 
Stämme in Familien, wobei die Zwölfzahl häufig sei, nach Reindorf 
und Ellis die Siebenzahl; ferner Verbot der Verwandtenheirat, Neumond- 
fest, Trauergebräuche (das Scheren), Besessensein und Reinigungen; be- 


1) Allg. Hist. IV 449. 

2) RGG. I Spalte 100. 

3) Spalte 216/17. 

4) „In der Gegend um Theben gibt es heilige Schlangen, die den Menschen 
nichts tun, ... diese begraben sie .... in dem Heiligtum des Zeus, denn diesem 
Gotte sind sie heilig.“ 

5) S. 23/24, 

6) 8. 6. 

T) Westafrika S. 163. 


40 Dahse: 


sonders macht er darauf aufmerksam, dass bei den blutigen Opfern Altäre 
und Pfosten besprengt würden. In der Allg. Hist.!) wird die Meinung 
einiger Europäer angeführt, dass in Ardrah und Whida die Beschneidung 
und Namengebung von den Juden herkämen, wie auch die Sitten, dass 
die Neger den Mond verehren um die Zeit, wenn die Juden dieses Fest 
begehen, dass sie ihres Bruders Weib heiraten und viele alttestament- 
liche Namen hätten. Der Verfasser jenes Reiseberichtes ist der Ansicht, 
dass das alles von den Mohammedanern stamme, mit denen Ardrah und 
Whida handeln, während der Herausgeber des Sammelwerkes meint, es 
käme manches wahrscheinlich von den Franzosen und Spaniern her. Khe 
aber diese Frage, ob auch in diesen Punkten eine Abhängigkeit vom 
Judentum vorliegen könne, erörtert werden kann, fragt es sich, ob denn 
heute noch dieselben Volksstämme in unserem Gebiete sitzen wie vor 
Jahrhunderten bzw. welche Verschiebung im Laufe der Zeit die Be- 
völkerung unseres Gebietes erlitten hat. 

Da haben wir oben schon gesehen, dass im westlichen Teile der Gold- 
küste sich ein Rest älterer Bevölkerung erhalten hat, der teils Awowin 
(in Asini, Amanahia [Apollonia], Awowin, Ahanta und Wasa), teils Obutu 
(in Gomoa und Aguna) spricht?), beides wahrscheinlich Dialekte der 
Guansprache, die ihr Hauptverbreitungsgebiet nach Christaller?) bei 
Salaga und nach Westermann‘) von Kraty bis Ntschumru, in der Land- 
schaft Nta-Gondja hat. An Besonderheiten aus diesem Teil der Gold- 
kiiste ist erwähnenswert, dass man in Ahanta nach einer Woche von zehn 
Tagen rechnet®), dass in Aguna jahrhundertelang Königinnen die 
Herrschermacht inne hatten (1694 wird uns z. B. von einer solchen be- 
richtet®) und dass Wyete, der erste König von Obutu eine Fülle von 
Goldschmuck an seiner Person gehabt habe’). Diese älteste Bevölkerung 
der Goldküste wurde von den Fantistämmen vorgefunden, als sie zusammen 
mit den Aschantis und Giamans aus dem Norden (Takyiaman) in das 
Gebiet eingezogen®). Besonders mit den Leuten von Asabu, östlich von 
Elmina, hatten sie einen harten Kampf zu bestehen®). Die ursprüngliche 
Heimat der Tschivölker (Fanti, Aschanti, Giaman) ist nun aber nicht 
Takyiaman gewesen, sondern ein Gebiet jenseits Salaga!). Dafür sprechen 
sprachliche, geschichtliche, kulturgeschichtliche Gründe. In der Fanti- 
sprache gibt es viele Bezeichnungen für Pflanzen und Tiere, die in den 
jetzigen Wohnsitzen der Fanti nicht, wohl aber in den nördlichen und 
nordöstlichen Gegenden vorkommen. An solchen Tiernamen haben wir 


1) Band INS 134/155. 

2) Christaller I S. 664. 

3) I S. XVII. 

4) Wörterbuch S. 32”. 

5) Ellis, the Yoruba-speaking people S. 143. 

6) Allg. Hist. III S. 404. 

7) Reindorf S. 4. 

8) CB. II 324; Christaller I S. 646 African Times 1877 S. 27. 
9) Reindorf 8.8. 

10) Connolly, Social Life in Fanti Land S. 131. 


Ein zweites Goldland Salomos, 4} 


in Christallers Lexikon der Tschisprache: Das Pferd oponko, die Kuh 
nantwi, den Elefant esono, den Löwen gyata. Gerade diese Tiere finden 
sich aber nach Ramseyer!) in dem Steppenland im Norden, von dem 
die Landschaft Nta mit den Städten Salaga und Daboya den wichtigsten 
Teil bildet. Dort lebt man meist von Mais; Bananen und Jams sind un- 
bekannt. Dort trifft man gelegentlich noch heute den Elefanten und 
Löwen, und die Steppenbewohner, meist Mohammedaner, haben grosse 
Herden von Schafen und Rindern, gute Pferde und Kamele. Nun 
stammen aber auch die Eweer aus dem Norden?). Nach einer Ewe-Über- 
lieferung?) sollen ihre Vorfahren mit den Tschiern und Aschantiern, nach 
Kw. auch mit den Gaern, aus „Amedschowe“, dessen Lage man nicht 
mehr kennt, „weit hinter Atakpame in der Richtung auf eine grosse 
Wüste“ ausgewandert sein, weil sie sich die Tyrannei ihres grausamen 
Königs, der sie zwang, mit Dornen und Kaktus vermischten Lehm zu 
treten®), nicht länger gefallen lassen wollten. Es fragt sich nun, wer hat 
ursprünglich nördlicher gewohnt, die Ewe- oder die Tschivölker? Darüber 
lässt sich folgendes ermitteln. 

Nach Christaller hat die Guansprache, die um Salaga gesprochen 
wird, fast keine Berührungspunkte mit dem Ewe5), dagegen stehen Ewe 
und Tschi sich nahe. Daraus folgt, dass von diesen beiden letztgenannten 
Stämmen, die ursprünglich schon Nachbarn gewesen sind, die Tschi- 
zwischen den Guan- und Ewestämmen ihren ursprünglichen Wohnsitz ge- 
habt haben werden; dass die Guanbevölkerung das älteste Element dar- 
stellt, wurde oben schon mitgeteilt; die Ewestämme müssen nun aber, da 
sie am wenigsten mit den Guan gemeinsam gehabt haben, am weitesten 
von ihnen gewohnt, also nördlicher als die Tschi ihren Wohnsitz gehabt 
haben, wie die einheimische Überlieferung sagt, näher „der grossen 
Wüste“. Nach der eigenen Überlieferung sind aber die Eweer nun auch 
später zu einer höheren Kultur gekommen als die Tschi- und Gastärnme. 
Denn den äusseren Glanz des Königtums haben sie bei den Aschantiern 
gesehen) und die Aschantier bekamen ihn aus Denkera?). Von den 
Tschiern lernten sie nach A. Y. das Trommeln und den Gesang®). Und 
die Gaer, denen zuerst ein Europäer Flinten, Schwert, Messer und Hacke 
gegeben und deren Gebrauch sowie überhaupt Ackerbestellung und 
Häuserbau gezeigt, seien in all diesen Dingen ihre Lehrmeister ge- 
worden®). Aus diesen Überlieferungen geht hervor, dass die Tschi- und 
Gastämme eher eine höhere Kultur hatten als die Eweer. Einen weiteren 
Beweis dafür gibt uns die Vergleichung der Sprachen dieser Stämme. 
Während die Eweer für die meisten Metalle nur das eine Wort ga haben 


1) S. 290 unter Seremu, 

2) Spieth, Ewe-Stamme S. 10. 

3) S. 2. 

4) 8.4, 

5) II S. XX. 

6) Spieth, S. 94. 

T) erst 1719 von Aschanti unterjocht Christaller I S. 638. 
8) Spieth S. 96. 


42 | Dalıse: 


und durch Hinzufügung der Bezeichnung der Farbe die verschiedenen 
Arten unterscheiden: ga dzé rotes Metall (Kupfer, Messing) ga yibo 
schwarzes Metall (Eisen) ga gi weisses Metall (Zink, Zinn) und nur das 
Blei mit einem besonderen Namen tsumi („Kot, Exkrement des Tons“) 
bezeichnen, hat die Tschisprache für die verschiedenen Metallarten ver- 
schiedene Namen awowa Kupfer, dade Eisen, sanya Zinn; die Tschi- 
stämme scheinen also länger damit in Berührung gewesen zu sein. Gold 
wird von beiden Sprachen mit demselben Worte sika bezeichnet, während 
das Silber in Ewe klosalo, in Tschi dwete heisst. Beachtenswert ist, dass 
beide Völker auch den Reis (Ewe: mo; Tschi: e-mo) und die Guitarre 
(Ewe: sanku; Tschi: o-sanku) mit demselben Worte bezeichnen; de müssen 
beides also wohl durch dieselben Kulturträger erhalten haben. 

Nun hat es aber einst nördlich von Salaga ein grösseres Reich, be- 
stehend aus den Landschaften Gondja und Dagomba, mit der Hauptstadt 
Yendi gegeben, das durch seine Kunstfertigkeit hochberühmt wart). 
Bowdich berichtet uns?) noch vor 100 Jahren, dass die Leute von Da- 
gomba sogar die Aschantier in der Goldschmiedekunst übertroffen hätten. 
Nach Dupuis war die Hauptstadt dieses Reiches hochberühmt wegen 
ihres Reichtums und ihrer Erzeugnisse’). Und diesem Reiche benachbart 
näher zum Niger hin, nordwestlich von Benin lag Borghu, dessen Haupt- 
stadt Nikki‘) als Verarbeiterin des aus den heutigen Aschantilandern 
kommenden Goldes weitbekannt war und endlich noch der Erwähnung 
wert Rabba und Bida, die Städte von Nupe, nördlich von Benin, deren 
Glasindustrie hervorragend war). Zu diesem Kulturbezirk, dessen Haupt- 
ort Benin war, gehörten in ihren früheren Wohnsitzen auch schon die 
Tschistämme, woraus sich ihre die Eweer übertreffende Kultur erklärt. 

Ausser der Guan- und Tschisprache wird nun aber an der Goldküste 
in ihrem östlichen Teile noch die Gasprache gesprochen, vor allem in 
Accra. Nach einer einheimischen Tradition sollen die Gaer samt den 
ebenfalls Ga sprechenden Adangmeern aus dem Osten in ihre jetzige 
Heimat eingewandert sein, aus einem Lande Tetetutu oder Saıne zwischen 
zwei breiten Strömen®). Danach haben sie jedenfalls einst östlich vom 
Volta gesessen und westlich von Benin. Letzteres soll einst die Ober- 
hoheit über diese Stämme gehabt haben, was in folgender Sage zum Aus- 
druck kommt‘). Einst sei ein König Ayi Kuschi mit zwei Prinzen ge- 
landet, von denen der eine über Accra, der andere über Akem berrschen 
sollte. Nachdem er diesen das Schwert ausgehändigt, sei er wieder ab- 
gefahren. Reindorf bringt diese Sage in Verbindung mit der Ober- 
herrschaft Benins, dessen Herrscher jene Könige eingesetzt haben könne, 


1) Dupuis 8. XLVIL u. XLIX. 

2) S. 209. 

3) S. XC. 

4) S. LVIII u. CXIIf „Nikki is the great mint of Soudan south of the Niger 
as Bornou is that of the north. 

5) Staudinger in ZE 1898 (195) 1906 S. 251. 

6) Reindorff S 6. 

T) S. 4. 


Ein zweites Goldland Salomos. 43 


wie es ja Tatsache sei, dass einst die Könige von Lagos von Benin ein- 
gesetzt wären, ein Beweis für die einst bedeutend grössere Ausdehnung 
Benins. Auch macht Reindorf darauf aufmerksam!), dass die Insignien 
des Königs von Akkra mit denen von Benin identisch seien und ebenso 
die meisten religiösen Zeremonien, wie z. B. killing the sacrificial ani- 
ınals with sharp stones instead of knives. 

Nach dem bisher Dargelegten haben wir nun also in unserer heu- 
tigen Togokolonie von Süden nach Norden in alter Zeit folgende Reihe 
von Stämmen wohnen, die Gastämme, die Guanstämme und die Tschi- 
stämme, ‚die alle drei das gemeinsam haben, dass sie nach Wochen von 
sieben Tagen rechnen, während die Ewevölker ursprünglich die viertägige 
Woche hatten?), die man jetzt noch ganz im Norden z. B. in Wangara 
kenut*). Östlich in Yoruba*) und Benin®) hat die Woche fünf Tage, west- 
lich bei den Ahantas, wie schon erwähnt, zehn Tage. Jene ursprüngliche 
Reihenfolge der Stämme in unserer Togokolonie hat nun dadurch eine 
Verschiebung erlitten, dass die Ewevölker aus den Nigergegenden, wo sie 
in stark befestigten Städten gewohnt haben, vertrieben wurden. Sie 
schoben die Tschistämme westlich nach Takyiman, drängten die Guan- 
stämme zur Seite und trieben die Gastämme über den Volta. So wurde 
in das ursprünglich so grosse Beninreich ein Keil gesprengt von Völker- 
schaften, die auf einer niedrigeren Kulturstufe standen als die Bewohner 
von Gross-Benin. Wie für die Tschistimme Takyiman, so war für die 
Ewestämme Nodschie Zwischenstation®). Von letzteren trennten sich die 
Fonstimme und zogen nach Dahome’); den am weitesten nach Westen 
vorgedrungenen Teil der ersteren bilden die Agni in der Landschaft Baule 
an der Elfenbeinküste, die um 1750 in ihr jetziges Wohngebiet, wo ehe- 
dem die Gouros wohnten, einwanderten®). Hinter den Ewevölkern her 
werden viele der Völkerschaften gewandert resp. getrieben sein, deren 
Reste wir jetzt im Hinderlande Togos mit seinen zahlreichen kleinen 
Sprachinseln finden. Um der Sklaverei im Norden zu entgehen, zog man 
gen Süden und bot dort den weissen Sklavenhändlern willkommene Beute. 

Ist unsere Hypothese von den ursprünglichen Sitzen der Ewe-, Tschi-, 
Guan- und Gastämme richtig, so müssen sich bei den Ewevölkern weniger 
Berührungspunkte mit Benin zeigen als bei den übrigen genannten 
Stämmen. Dies ist aber in der Tat der Fall. Von der für Benin charak- 
teristischen Schlangenverehrung finden wir im Ewegebiet nur da etwas, 
wo Einflüsse von der Tschi- oder Yorubaseite stattgefunden haben, nicht 
aber bei den eigentlichen Eweern. Wohl wird an der westlichsten Grenze 
Togos in der Landschaft Avatime der Stadttro von Gadze in einer roten 


1) S. 3. 

2) Spieth, S. 311. 

3) MFSch. XI S. 142. 

4) Ellis, the Yoruba... 143. 

5) Allg. Hist. IV S. 458. 

6) Spieth, S. 2. 

7) Spieth, S. 54*. 

8) PAnthropologie 1900, S. 431ff. und Chatelier, l'Islam S. 72. 


44 Dahse: 


Schlange verehrt, der vor der Reissaatzeit und vor der Reisernte geopfert 
wird!). Aber die Vorfahren der Avatimer sind von der westlichen Seite 
des Voltagebietes?), aus dem jetzigen Gasprachgebiet in den Jahren 
1680—90 nach Togo eingewandert. Damals sollen nach einer Sage die 
Vorfahren des Volkes, naclidem sie auf den Bergen angekommen waren, 
unwissentlich ihre Häupter auf eine Schlange gelegt haben, die ihnen aber 
nichts zu leide tat. Daher wird jene rote giftige Schlange verehrt, wäh- 
rend alle übrigen Schlangen getötet werden dürfen. Mit dieser Schlangen- 
verehrung hat also das eigentliche Ewevolk nichts zu tun. Und wenn 
nun weiter heutzutage in dem in Ewe so verbreiteten Yewekultus die 
Verehrung der Schlange eine grosse Rolle spielt, so ist dieser Yewekult 
in Ewe noch gar nicht alt?) und er wird von den Eingeborenen stets als 
aus dem Osten, von Yoruba über Dahome, gekommen bezeichnet, dort 
ist man „im Bauche der Schlange“ da wo me, wie Dahome gedeutet wird. 
Aus Yoruba aber stammen nun auch, wie die Sprache beweist, die Leute, 
unter denen auch noch der Schlangenkult im Togogebiet sehr verbreitet 
ist, die Bewohner von Atakpame®). Bei ihnen herrscht eine Sage von 
der Regenbogenschlange. Man erzählt sich in Atakpame, dass die schönen 
blauen Perlen, die man in der Erde fände, die Exkremente der Regen- 
bogenschlange seien, die zur Erde fallen, wenn die Regenbogenschlange 
sich zum Himmel aufbäumt. Schon 1858 berichtet darüber der Bremer 
Missionar Schlegel°), dass diese Regenbogenschlange besonders im Innern 
des Ewelandes göttlich verehrt wird. Nach ihm erzählten die Eweer sich, 
dass die feinen, wunderschönen roten, dunkelblauen und hellbraunen 
Perlen, die aus dem Leibe der Riesenschlange herkommen, in Weda in 
Dahome aus der Erde gegraben werden. Man sieht deutlich, auch dieser 
Schlangenkult ist aus dem Osten gekommen. 

Neben der Schlangenverehrung ist die Metallindustrie für Gross-Benin 
charakteristisch. Da hat schon Klose, Togo S. 262, darauf hingewiesen, 
dass sich in unserer Kolonie nur wenig Goldschmiede fänden, deren Arbeit 
vielmehr von den Schwarzschmieden ausgeführt werden müsste. Wie ganz 
anders bei den Ga- und Tschileuten und welche Kunstfertigkeit in Benin! 
Dass in unserer Togokolonie seit alten Zeiten Eisen gewonnen wurde, 
zeigen viele Spuren, vor allem die Hochöfen von Sandrokofi; nach der 
Überlieferung der Eweer haben auch schon ihre Vorfahren Eisen ge- 
wonnen und geschmiedet®). Ob sie diese Kunst mit aus ihrer ursprüng- 
lichen Heimat gebracht, oder erst in der neuen Heimat gelernt haben, 
muss dahin gestellt bleiben. Interessant ist, dass in Hinsicht des Schmiede- 
fetisches Ga- und Ewestämme Berührungen zeigen. Bei Jen Gaern, die 
zum Leidwesen Reindorfs’) heutzutage die Schmiedekunst nicht mehr 


1) Missionsblatt d. N. M. 1889, Nr. 11 S. 105. 

2) ebendaselbst 1910, Nr. 9 S. 98. 

3) Westermann, Wörterbuch S. 31*. 

4) Plehn, Beiträge zur Völkerkunde des Togogebictes S. 7. 
5) Spieth S. At, 

6) S. 90, 92, 94. 

4) S. 272. 


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Ein zweites Goldland Salomos. 45 


betreiben, sie früher aber eifrig geübt haben, heisst der Schmiedefetisch 
Ligblö!); in der Ewesprache ist gbla der Anführer der jetzt nicht mehr 
existierenden Schmiedekaste?) und Sogbla der Gott des Schmiedes?). Jeden- 
falls haben die Eweer, falls sie etwas von der Kisengewinnung kannten, 
ihre Kunst in den früheren Sitzen des Gastammes vervollkommnet und 
von den älteren Bewohnern auch die Bezeichnung für den Oberschmied 
übernommen. Dann sind noch zwei Punkte zu erwähnen, die die Eweer 
in der neuen Heimat von den Gaern angenommen haben müssen. Erstens 
die Beschneidung, die sich nicht bei den Nachbarn ihrer früheren Heimat, 
bei den Tschi und auch nicht bei den heute im Hinterlande der Togo- 
kolonie wohnenden*) Tappa, Ntschumuru, Gonya, Bron, Adele, Anyanga, 
Tschautscho, Tschamba, Bassari, Semere, Sugu, Kabure und Sogba findet, 
wohl aber bei den Ga. Und zweitens haben die Eweer die spitzen Dächer 
ihrer Heimat®) gegen die Giebeldachhäuser der Küste, das Hauptmerkmal 
des westafrikanischen Kulturkreises®) eingetauscht. 

Es ist, denke ich, nunmehr zur Genüge nachgewiesen worden, dass 
die Ewevölker ursprünglich nicht zu dem westafrikanischen Kulturkreis 
gehört haben. Wann sind sie in ihn eingedrungen?. Bei Spieth heisst 
es, dass die Ewestämme etwa vor 300—400 Jahren in ihr jetziges Gebiet 
eingewandert seien’). Damit würde ungefähr eine Überlieferung der Ga- 
stämme stimmen. Denn nach Reindorf hatte in Accra der vierte König 
nach der Einwanderung des Gastammes: Mankpong Okai die Gewohnheit 
im Wagen zu fahren, was Reindorf dem Einfluss der Portugiesen zu- 
schreibt®). Nicht allzu lange vor deren Ankunft muss also die Wanderung 
der Galeute über den Volta in ihr jetziges Gebiet infolge des Einbruches 
der Ewevölker stattgefunden haben. Bis dahin waren die Ga-, Guan- 
und Tschistämme Nachbarn von Yoruba und Benin und bildeten mit dem- 
selben ein grosses Reich. Da ist es denn kein Wunder, dass in den ein- 
zelnen Teilen dieses Reiches gleiche Erscheinungen fremder Kultur zu- 
tage treten, wie in Benin selbst. Hat es ein Gross-Benin gegeben, so hat 
Gross-Benin auch gleichmässig fremde Einwirkungen erhalten. Für den 
Schlangenkult haben wir eben das Eindringen aus dem Osten, von Nubien 
her, wahrscheinlich gemacht. Über die Industrie ward gleichfalls schon 
die Überlieferung erwähnt, dass die Glasindustrie in Nupe auf Juden 
zurückgeführt wird, die aus dem Osten gekommen sein sollen. Mit Recht 
sagt unseres Erachtens aber Mary Kingsley®), dass das Volk, das von 
seiner Industrie ins Land brachte, auch einige Spuren seiner Religion 
hinterlassen haben wird. Wie heutzutage die Haussahändler die erfolg- 
reichsten Verbreiter des Mohammedanismus sind, so ist es wahrscheinlich, 


1) S. 264. 

2) Westermann, Wörterbuch S. 177. 
3) Spieth 8. 846, 860. 

4) ZE 1905 S. 67. 

9) Spieth S. X. 

6) ZE 1905 S. 56. 

7) S. 11%. 

8) S. 13. 

9) West Afr. Stud. S. 143. 


46 Dahse: 


dass in alten Zeiten auch auf religiösem Gebiet in unseren Gegenden die 
Juden, deren Vordringen bis hierher keine Hypothese mehr, sondern Tat- 
sache ist, Anregungen hinterlassen haben. Was aber nun gerade von den 
angeführten Parallelen zum Judentum wirklich auf die Juden zurückgeht, 
und was davon gerade auf die aus dem Osten gekommenen Juden zurück- 
geführt werden darf, muss vorläufig noch unentschieden bleiben, da auch 
noch auf anderem Wege Einflüsse solcher Art ins Land gekommen sind. 
Nur darauf möchten wir mit Nachdruck hinweisen, dass die Anregungen, 
die Gross-Benin auf dem Landwege erhalten hat, nicht von Norden, und 
nicht von Westen, sondern von Osten ausgegangen sind. Wie umgekehrt 
Westafrika auf den Osten eingewirkt haben könnte, wird unten angedeutet 
werden, Wir kommen nun zu dem anderen Wege, auf dem fremde An- 
regungen und Einflüsse auf unser westafrikanisches Gebiet eingewirkt 
haben, das ist der Seeweg. 


Kapitel 7. 
Spuren uralten Seeverkehrs I: Die aggry-beads'). 


Wir haben oben in Kapitel 2 gesehen, dass die Goldküste seit alten 
Zeiten ein berühmtes Goldland gewesen ist, wir haben dann die Staaten 
Westafrikas kennen gelernt, haben untersucht, welche Kenntnis die Alten 
von diesem Teile Afrikas hatten, sind den Beziehungen Westafrikas zum 
Östen und Norden nachgegangen und haben endlich auf Grund sprach- 
licher, geschichtlicher und kulturgeschichtlicher Momente die ursprüng- 
liche Besiedelung unseres Gebietes festgestellt. Nun fragt es sich, welche 
Beweise wir dafür haben, dass dieses Gebiet in uralter Zeit wirklich auch 
schon zu Schiffe besucht worden ist. Man hat die Forderung aufgestellt, 
dass nur ein solches Land Ophir sein könne, das sich durch archäo- 
logische Funde dafür legitimiere. Ebenso ist erst dann unser Beweis, 
dass die Goldküste ein zweites Goldland Salomos sei, geschlossen, wenn 
direkte Funde bzw. Reminiszenzen aus dem Lande selbst den indirekten 
Beweis ergänzen. Diese Funde sind nun aber vorhanden. 

Der französische Forscher de la Fosse berichtet”), wie bei den 
Aen in der Landschaft Baule im Hinterland der französischen Elfenbein- 
küste (westlich von Aschanti) sich ein Perlenberg fände, in dem man 
früher ganze Skelette gefunden habe, die an Hals, Arm und Fuss Perlen- 
kolliers, Bronzeringe und Goldschmuck getragen hätten. Trotz der 
eifrigen Durchwühlung des Bodens fände mau noch jetzt an der an- 
gegebenen Stelle wie auch in den andern Bergen von Safwi sowie im 
dortigen Flusse Tano Grabstätten, die merkwürdige Glasperlen enthielten. 
Dass diese Glasperlen einen auswärtigen Ursprung haben, spricht sich in 
einer bei den Baule herrschenden Sage aus, dass einst Himmelssöhne mit 
weisser Haut, grossen Ohren, langen Haaren unter Sturm und Regen zur 
Bestattung ihrer Toten mittels eines Kessels und einer Kette vom Himmel 


1) So nenne ich im folgenden alle voreuropäischen Perlen, wie der 
Sprachgebrauch schwankt, zeigt Anmerkung 3 auf Seite 49. 
2) Y’Antlıropologie 1900 S. 677—690, 


Ein zweites Goldland Salomos. 47 


herabgestiegen seien. Die Königin Pokou habe diese Himmelssöhne ge- 
fangen und von ihren Toten sollen die im Perlenberg gefundenen Gegen- 
stände stammen. Wenn andere Eingeborene behaupten, diese Perlen 
würden aus kostbaren Steinen im Bette des Flusses Tano gewonnen, so 
erklärt sich diese Annahme daraus, dass frühere Gräber jetzt vom Tano- 
flusse überflutet werden.. Gerade solche Perlen finden sich nun auch an 
der englischen Goldküste, im deutschen Togogebiet und östlich bis hin 
nach Benin im Nigerdelta; in unserm ganzen Kulturgebiet wird gewissen 
Perlen eine besondere Bedeutung beigelegt. So heisst es in der Allg. 
Hist. von den Leuten von Benin: Ihr vornehmstes Fest ıst das Korallen- 
fest, das im Mai gefeiert wird!). Leider weiss der Gewährsmann nichts 
über die Art dieses Festes, dagegen erfahren wir über die Korallen bzw. 
Perlen von fast allen Reisenden Näheres. Als ım Jahre 1554 die 
englische Expedition von John Lock die Goldküste besuchte, heisst es 
von den Eingeborenen von Cape Coast: they likewise make use of 
collars, bracelets, garlands and girdles of certains blue stones like 
beads). „Blaue Steine“ dienten ihnen also als Schmuck. Uber den 
Fundort dieser blauen Steine erfahren wir etwas von Dapper 1670, der 
berichtet, dass europäische Kaufleute in Benin sog. Akori aufkaufen: 
„Dieses blaue Koral, das man mit Tauchen aus dem Grunde holet — denn 
es wachset eben wie ein anderes Koral auf einem steinichten Grunde im 
Wasser (das ist Dappers irrtümliche Ansicht von der Entstehung dieser 
Perlen) — und davon die Eingeborenen länglich runde Korallen zu 
schleifen wissen, führen die Holländer an den Goldstrand und verhandeln 
sie allda den Schwarzen, deren Frauen sie zur Zierde in den Haaren 
tragen?).“ Von Benin kommen also diese blue beads: In Ardrah treiben 
die Holländer, in Praja und Offra die Engländer mit ihnen ein ansehn- 
liches Geschäft). Auch nach der Ansicht noch anderer Reisenden holt 
man solche Perlen aus dem Wasser: Der Fluss Forcado soll eine Art 
blaue, grüne oder schwarze Steine enthalten haben, die von den Negern 
hochgehalten, als Korallen gebraucht und auch auf der Goldküste in 
hohem Werte sind’). Aber auch an der Goldküste selbst gibt es Fund- 
stätten dieser blue beads. Von der Gegend von Issini®) heisst es bei 
Loyer, dass man dort einen grünlichblauen Edelstein, wie Glaskorallen 
aussehend, fände. „Die dort wohnenden Kompasschwarzen zerbrechen 
ihn in sehr kleine Stückchen, die sie mit dem Feuerstein sehr geschickt 
durchbohren, an Gras reihen und alsdann den Veteres (weiter im Innern) 
verkaufen, die sich ihrer anstatt des Geldes bedienen. Was Loyer hier 
von der Bearbeitung dieser „Steine* durch die Kompasschwarzen sagt, 
dürfte „halb Mär, halb mehr“ sein. Richtig wird sein, dass jene 
Schwarzen grössere Perlen in kleinere zerbrochen haben können. Dass 


1) IV S. 458. 

2 Ellis, history S. 26 27. 

3) Deutsche Ausgabe 4%. 
4) Allg. Hist. IV 431. 

5) S 479. 

6) III S. 454. 457 f. 


48 Dahse: 


sie aber diese „Steine“ mit dem Feuerstein durchbohrt hätten, erscheint 
doch sehr unwahrscheinlich, zumal die Baule, die wie die Bewohner von 
Issini im Gebiet des Tanoflusses wohnen, ausdrücklich von einem aus- 
ländischen Ursprung dieser Perlen zu erzählen wissen; doch vergleiche 
die von mir später angeführte Mitteilung Staudingers. Noch weiter 
nach Westen, bei den Krunegern, so erzählt uns Wilson!), stehen eben- 
falls blaue Perlen, von der Goldküste gebracht, in hohem Werte, man 
schätzt sie höher als Gold. Infolge der weiteren Erforschung der Binnen- 
länder hat man nun auch weitere Fundstätten der blue beads im Innern 
des Landes gefunden, auch damit wird die Ansicht widerlegt, dass diese 
Perlen noch heute gleich den Korallen in den Flüssen wüchsen, von 
den Schwarzen heraufgeholt, geschliffen und durchbohrt würden. Graf 
Zech berichtet?), dass auf den Märkten Tschambas diese blassblauen 
Perlen feilgeboten wurden und dass nach den Angaben der Eingeborenen 
an vielen Stellen des Hinterlandes von Togo, nämlich in Tschamba, Pedji, 
Sugu, Dagomba, Mungu und Kapre diese Perlen aus der Erde gegraben 
wurden. Nach Klose?) werden sie auf dem Markte von Kete von den 
Reichen gekauft, und ebenso von den Haussa in Akpande im Lande Bo 
feilgehalten. Graf Zech meint, es sei wohl denkbar, dass diese Perlen 
einer Bevölkerung angehört hätten, die infolge grösserer Völker- 
verschiebungen aus jenen Gegenden verdrängt worden sei, und dass 
dieselben seinerzeit bei Bestattungen den Toten mitgegeben worden 
wären. Nach ihm werden sie auch bei den Basarileuten auf den Märkten 
verkauft und dort, wie auch im Logbagebiet, als Schmuck um den Hals 
getragen. Gegenüber den von Graf Zech angegebenen zahlreichen Fund- 
stätten dieser Perlen betont Plehn*), dass diese mattblauen Röhren, die 
ziemlich teuer bezahlt würden, nur aus Atakpame und Pessi stammen, 
und meint, irgendwo auf einer jetzt verlassenen Kulturstätte seien wohl 
grössere Massen dieser Perlen aufgehäuft, die früher dorthin importiert 
oder dort hergestellt wurden; man könnte ja an alte Grabstätten denken. 
Plehn erwähnt auch die Sage von der Regenbogenschlange; von dieser 
dürfte es gelten, dass sie einen etwa auf Atakpame und Pessi be- 
schränkten Verbreitungskreis gehabt hat, während mit seiner Ansicht von 
der Verbreitung der Perlen selbst Graf Zech im Rechte sein dürfte. 
Kurz gesagt, finden sich diese Perlen im ganzen Kulturgebiet von Gross- 
Benin. 

Zu der Sage von der Regenbogenschlange gibt Zündel®) an, dass 
einheimische, mit Glasperlen handelnde Kaufleute das Volk dort glauben 
machen, diese Perlen stammten von der Haut einer einzigen ungeheuer 
grossen Schlange, welche ihre Haut während ihres Verweilens im Freien 
abgeschuppt habe. Zur Entstehung dieser Sage wird der Umstand bei- 


1) Westafrika S. 91. 

2) MFSch. XI S. 129. 

3) Togo S. 330. 454. 

4) Beiträge S. 12. 

5) Berl. Z. f. Erdk. 1877 S. 417, 


Ein zweites Goldland Salomos, 49 


getragen haben, dass diese Schmuckperlen, wie Merensky sagt, tief in 
der Erde gefunden werden, wie Wirbel einer verwesten Schlange, d. h. 
als wenn sie eine Schnur gewesen. Auch Christaller!) meint, dass die 
hauptsächlich aus dem Lande Benin stammenden, an der Gold- uud 
Sklavenküste hochgeschätzten, aus einer ein- oder mehrfarbigen porzellan- 
artigen Masse bestehenden Korallen wahrscheinlich einst Toten mit ins 
Grab gegeben und daher jetzt wie an eine inzwischen verweste Schnur 
gereiht in der Erde gefunden werden. Nach Ellis?) ist die Regenbogen- 
gottheit den Ewe- und Yorubaleuten gemeinsam; bei letzteren heisst die 
grosse Schlange der Unterwelt Oshumare, bei den Eweleuten Anyiewo. 
Sie kommt ans Tageslicht, um Wasser zu trinken, und geht wieder an 
die Enden der Welt, wenn sie ihren Durst gelöscht hat. Von ihr stammen 
die blue beads (= Popo beads) und die aggry beads?). Schon gelegent- 
lich erwähnten wir, dass auch Perlen mit andern Farben in Ansehen 
stehen. Steinemann?) unterscheidet drei Sorten, die bei Popo aus- 
gegraben würden, die fleischrote zui, die himmelblaue kploti und die 
hellbraune dzagba. Diese drei Sorten wurden auch 1858 von Schlegel 
erwähnt, bei Westermann, Wörterbuch, werden auch diese drei Namen 
genannt, zu gbloti und sui wird nichts über ihre Farbe bemerkt, dagegen 
heisst es von adzagba: eine längliche, durchbohrte, in der Erde ge- 
fundene Perle von schmutzig roter Farbe, sehr teuer. Bemerkenswert 
ist, dass dzonu Perle, auch Zauberding bedeutet und dzagbato (von 
dzagba) Zauberlied. Diese Perlen gelten den Eweern unter allen be- 
weglichen Gütern neben Gold- und Silberschmuck als das Höchste. 
Früher verschaffte sich ein reicher Mann, so erzählt der Eweer bei 
Spieth5), sui (rote Perlen), adzagba (wertvolle gelbe Perlen) und gbloti 
(blaue Perlen) [es werden also immer diese drei Sorten aufgezählt], und 
sehr lange silberne und goldene Ketten; heute legen sie aber nicht mehr 
so grossen Nachdruck darauf. Nach Steiner®) bilden diese Perlen auch 
auf der Goldküste den wertvollsten Familienschatz’), der mit Gold auf- 
gewogen wird, und sie werden von Familie auf Familie vererbt. Unter 
diesen ahene (ahene pa, ahene panyin) sind nach Christaller auch an 
der Goldküste die gelben (bota = kakawa) die kostbarsten, er nennt 
noch eine rote Art (nenkyinema) und eine adiaba, die der bei den 
Eweern adzagba genannten Art zu entsprechen scheint; andere Namen 
sind bodom, nnyane, asen und teteaso. Für die Landschaft Baule nennt 
de la Fosse die Namen der blauen („dies die eigentlichen und kost- 
barsten“) ouorye, der transparenten ouorye nzonin, der grünen akpekpo, 


1) „Afrikanische Sprachen“ 8. 41. 

2) The Ewe speaking people 8.48, the Yoruba speaking people S. 81. 

3) Wie Ellis unterscheidet Reindorf 8.17 die blue beads von den aggry 
beads und bezeichnet mit letzterem Namen S.3 die mosaic beads; in früheren 
Zeiten wurden die blauen besonders agori genannt. 

4) ZE. 1885 S. 110. 

5) 8. 116. 

6) Persönliche Mitteilung. 

7) Sieben Sklaven sind für eine bei einer Schlägerei zerbrochene Perle zu 
zahlen. Bowdich S. 210. 

Zeitschrift für Ethnologie. Jahrg. 1911. Heft 1. 4 


50 Dahse: 


der gelben amane aloko und der weiss und schwarzen mouwa. Nach 
Ellis!) werden auch bei den Fantiern in der Landschaft Wasa, dem 
reichen Golddistrikt, die dort gefundenen gelben am höchsten bewertet, 
während die Leute von Amanahea?) die blau und gelben vorziehen. 


Abb. B. 1 Negerfetischkamm mit alten und modernen Perlen, arabischen Münzen 
und astronomischen Darstellungen (vgl. Kap. 9). 2 u. 3 hölzerne Haarnadeln, 2 mit 
einer kleinen durch den Kopf gehenden Hand, 3 mit Landesstuhl an der Spitze. 


Ellis sagt, dass Perlen vorkämen with the most delicate flowers and 
leaves in the centre; the majority consist of various strata of different 
colours so imperceptibly blended, that one cannot detect any join or 


1) West African Sketches S. 118. 
2) Bowdich 8. 210. 


Ein zweites Goldland Salomos. 51 


division. Ich selbst besitze einen grossen Negerholzkamm, der ausser 
anderen ganz kleinen (modernen) Perlen und zwei Münzen mit arabischen 
Schriftzeichen sechs jener alten Perlen an hervorragender Stelle als 
Schmuck aufweist, und zwar zwei hellblaue, drei gelbe und eine von 
grüner Grundfarbe mit gelben, geschweiften Linien, die einen blau-weiss- 
roten Abschluss haben?). Wie dieser Holzkamm?) offenbar zu einem 
Fetisch gehörte, so sind auch sonst diese Perlen von einem Nimbus um- 
geben. Cabbalistic virtues are attributed to them, sagt Ellis’) von 
ihnen. Wherever they are buried a smoke-like vapour emerges from the 
ground. Zu welcher Anschauung Merensky bemerkt, dass „riechen“ von 
den Eingeborenen die Prozedur genannt wird, vermöge deren er ver- 
borgene Dinge auskundschaftet. Nach Schanz‘) gelten die Aggry- 
Perlen allgemein als Zaubermittel und Medizin. To find an aggry bead 
is considered a sure sign of a continuance of good fortune and the natives 
believe, that these beads breed and multiply if buried in a particular sort 
of sand). Bei den Aschantiern macht man ein Pulver von zermalmten 
aggry beads und reibt damit Kinder ein, weil man glaubt, man be- 
schleunige damit ihr Wachstum. Auch wenn man wissen will, ob jemand 
die Wahrheit sagt, benutzt man die Perlen: man legt eine in eine Schale 
voll Wasser, der betreffende nimmt einen Schluck davon und die Perle 
in den Mund, indem er gleichzeitig die Macht der Perle anruft, ihn zu 
töten, falls er lige. Auch sei hier noch die Anschauung in betreff 
Anyi-ewo erwähnt, die Ellis uns mitteilt, that his excrement is believed 
to have the power of transmuting grains of maize into cowries, whence 
comes the notion commonly held by Europeans in West Africa, that 
Anyi-ewo confers wealth on man®). Es ist erklarlich, dass man von so 
hoch geschätzten und mit einem solchen Nimbus umgebenen Gegen- 
standen auch Nachahmungen gemacht hat. Nach Ellis wurden solche in 
England und Venedig fabriziert’), aber er bemerkt ausdriicklich, dass die 
Eingeborenen sich durch solche Imitationen nicht täuschen lassen. Auch 
Merensky®) erwahnt, dass die Schwarzen die Nachahmungen erkennen, 
denn die alten Perlen leisten dem Feuer Widerstand, während die nach- 
gemachten leicht schmelzen. Wie versucht wird, moderne europäische 
Glasperlen in ground beads (so werden die aggry beads auch genanut) zu 
verwandeln, beschreibt uns Graf Zech®): man reibt sie mit Sand ab oder 
sucht ihnen auf andere kiinstliche Weise ein mattes, altes Aussehen zu 


1) Von diesen sechs Perlen hält P. Staudinger, der beste Kenner der 
afrikanischen Perlen, die gelbe und eine blaue fiir echt und die grüne für eine 
nach altem Muster nachgemachte. 

2) Siehe Abbildung B. 

3) S. 118 f. 

4) Westafrika S. 17. 

5) Ellis, WASK. S. 119 f. 

6) Ewe-speaking people S. 48. 

7) WASK. S. 119. 

8) ZE. 1882 (S. 543,5). 

9) MFSch. XI S. 129. 

re 


52 Dahse: 


geben. Aber die Käufer verstehen sich meistens sehr gut auf den 
Unterschied: Sie halten beim Einkauf die auf eine Schnur gezogene 
Perle gegen das Licht und sehen durch; sie sagen, man müsse die Schnur 
ziemlich deutlich sehen können. Auch Plehn!) weist darauf hin, dass 
die vielen neueren Glasperlen, die von Europa importiert werden 
(nebenbei bemerkt, heisst nach Westermann die billige rote europäische 
Perle anitsriwa und der Portugiese anitsriwayewu!), von den Kennern 
scharf von den echten Atakpame-Perlen getrennt werden. Endlich ist 
noch darauf hingewiesen worden, dass die Eingeborenen die falschen an 
ihrer grösseren Schwere zu erkeunen vermögen (Isert bei Andree)?). 
Es hat nirgends, selbst nicht in Venedig und nicht für grosse Opfer ge- 
lingen wollen, die echten Perlen, namentlich in bezug auf die spezifische 
Schwere genau nachzuahmen, so berichtet?) schon vor Jahrzehnten der 
Hamburger Epffenhausen, und ein österreichisches Haus, das in Afrika 
 Nachahmungen einführen wollte, hat nach de la Fosse die Schwarzen 
nicht täuschen können: le reflet et la transparence der echten Perlen 
habe den imitierten gefehlt. Wenn so nach allseitigem Zeugnis die 
nachgemachten Venediger Glasperlen scharf von den echten blue beads 
und aggry beads unterschieden werden, so dürfen wir annehmen, dass die 
echten nicht, wie Bastian?) und Schanz gemeint haben, venetianischen 
Ursprungs sind. Wir müssen uns vielmehr nach einem andern Ursprungs- 
land umsehen. 

Freilich werden nun ja auch in Afrika selbst Perlen hergestellt. 
P. Staudinger hat besonders auf die Achatperlen aufmerksam gemacht, 
die aus dem Kirotaschigestein hergestellt werden und die ebenfalls sehr 
beliebt sind. Auch zeigte er mir in seiner reichen Perlensammlung, in 
der in unserem westafrikanischen Kulturkreise gefundene Glasperlen der 
verschiedensten Art und verschiedensten Herkunft in den schönsten 
Stücken vertreten sind, in Afrika selbst hergestellte Glasperlen, wodurch 
die von mir oben angeführte Angabe Loyers von der „Perlen- 
industrie“ der Kompasschwarzen eine gewisse Bestätigung erhalten würde. 
Man muss also bei einer Bestimmung der Herkunft dieser Perlen vor- 
sichtig sein. Für einen Teil derselben hat aber Andree, der sie von 
den indianischen Perlen und dem sog. Palaugeld unterscheidet, mit seiner 
Meinung recht, dass es aggry beads gibt, die nach Muster und Modell 
altägyptisch sind. In der altägyptischen Sammlung des Louvre sowie in 
der altcyprischen Sammlung von Cesnola fänden sich z. B. auf solchen 
Perlen genau dieselben blau-weiss-roten Zickzacklinien wie bei diesen 
aggry-Perlen. Auch macht Andree und ebenso Ellis‘) darauf auf- 
merksam, dass in den Gräbern von Theben gerade solche Perlen ge- 
funden seien und dass noch zur Römerzeit nach Strabo dort die Glas- 
industrie blühte. Ferner hat Epffenhausen ganz ähnliche Perlen an 
ägyptischen Mumien beobachtet. Endlich, und damit ist der Beweis 


1) Beiträge S. 12. 

2) ZE. 1555 S. 110. 

Ə) Angeführt ZE. 1885 (S. 373 £.). 
+) Ellis, history S.9—11. 


Ein zweites Goldland Salomos. 53 


geschlossen, hat man, wie de la Fosse mitteilt, durch chemische Analyse 
auf der Sorbonne festgestellt, dass diese Perlen in Farbe und Art von 
demselben Glase seien, wie die im alten Ägypten und Assyrien ge- 
fundenen. Im British Museum kann man die mit der Etikette Egyptian 
beads versehenen nicht von diesen aggrys unterscheiden. Nach alledem 
dürfen wir mit Fug und Recht sagen, solche aggry beads sind 
ägyptischen Ursprungs. Wie sind sie aber nach der Westküste Afrikas 
gekommen? 

In dem Führer durchs Londoner Museum of Practical Geology!) 
werden in England gefundene Druidic beads beschrieben. Da heisst es: 
these beads were called „Glain Neidyr“, from „glain“ pure and holy and 
„neidyr“ a snake. It is curious to find these beads in the ancient British 
tombs, in the graves of our Roman conquerors, in the tumuli of the 
Anglo-Saxons and at the present day in the Ashantee district of Africa; 
while a bead in all respects similar is made in Venice. Natürlich können 
die glain neidyrs nicht erst von Venedig nach Britannien gekommen sein, 
sondern miissen denselben Ursprung haben wie die aggrys von der Gold- 
kiiste. Dafür spricht auch der Umstand, dass in England gerade so wie 
in Westafrika jene Perlen mit einer Schlange in Verbindung gebracht 
werden. In most parts of Wales and throughout all Scotland and in 
Cornwall we find it a common opinion of the vulgar that about Midsummer 
eve it is usual for snakes to meet in companies and by joining heads 
together and hissing, a kind of bubble is formed like a ring about the 
head of one of them, which the rest by continual hissing blow on till it 
comes off at the tail and then it immediately hardens and resembles a 
glass ring, which whoever finds shall prosper in all their undertakings. 
The rings, which they suppose to be thus generated are called Gleinu 
Nadroedh i. e gemmae anguinum; —- of a green colour usually, though 
some of them are blue and others curiously waved with blue, red and 
white. Schon Plinius weiss von solchem ovum anguinum in magna Galli- 
arum fama zu berichten. Es kann nicht zufällig sein, dass im alten 
Britannien wie in Westafrika Perlen und Schlange zueinander in Ver- 
bindung gesetzt werden. Nun finden wir aber noch in einer dritten 
Gegend ähnliches. Auch unter den Kaffernvölkern Siidostafrikas finden 
wir nach Christaller?) dieselben Perlen wie an der Gold- und Sklaven- 
küste bis heute hoch geschätzt. Und diese Kaffern kennen auch eine 
Sage von der Regenbogenschlange. The Zulus have almost exactly the 
same notion as the Ewe tribes, for they believe that the rainbow is a 
snake and when it touches the earth they say it is drinking at a pool®). 
Leider sagt uns Ellis dann nicht, ob in Siidostafrika diese Regenbogen- 
schlange nun auch zu Glasperlen in Verbindung gesetzt wird. Wohl aber 
erfabren wir durch Merensky*) von dort noch eine genaue Analogie zu den 
westafrikanischen Perlen. Merensky fand diese Schmuckkorallen 1860 


1) Ausgabe 1877 S. 160. 

2) Afrikanische Sprachen S. 41. 

3) Ellis, the Ewe speaking people S. 48. 
4) ZE. 1882 S. (543—545). 


54 Dahse: 


bei den Basutos Nordtransvaals, wo sie von den regierenden Häuptlingen 
und ihren Frauen getragen wurden. Sie dienten auch als Sühnegeld, und 
von den 17 Arten war die gelbe und schwarze Sorte am meisten geschätzt. 
Sie wurden im Lande Bonyae östlich von Sofala, im alten Monomotapa 
gefunden. Freilich sollen diese südafrikanischen beads nun kleiner sein 
als die agery beads und Merensky nimmt 1891 in ZE. 8.399 für sie 
einen indischen Ursprung an. Nun werden natürlich auch aus Indien 
Perlen nach Ostafrika gekommen sein), aber für ägyptischen Ursprung 
solcher Perlen an der Ostküste Afrikas haben wir aus dem Altertum ein 
direktes Zeugnis! Arrian erwähnt unter den Handelsgegenständen des 
östlichen Äthiopiens „zahlreiche Arten von Glassfluss und anderer murrhina, 
die in Theben hergestellt wird“. Was die verschiedene Grösse der west- 
und südafrikanischen Perlen anlangt, so wird sie sich aus der verschiedenen 
Zeit der Einfuhr erklären. Wie schnell wechselt doch gerade in Schmuck- 
sachen noch heutzutage die Mode; auch in den Wildnissen Afrikas ist 
eine Sucht nach beständigem Wechsel der Nouveautes noch heutzutage 
bemerkbar, so wird es auch schon im Altertum gewesen sein. Nun aber 
noch zur Analogie zu Westafrika. In Südafrika wird die teuerste Sorte 
in Beziehung zum Golde gebracht, sie heisst dlama = Gold”); wir be- 
finden uns dort ja in einem alten Goldlande. In Westafrika, in der Land- 
schaft Bron, südwestlich von Salaga, werden die aggry-beads: sika-kun- 
kurie = Goldeicheln genannt?); also auch dort in irgendeine Beziehung 
zum Golde gesetzt. Dass eine solche Beziehung bestanden haben muss, 
zeigt sich weiter darin, dass noch heute nach Ellis der Wert einer aggry- 
Perle berechnet wird nach ihrem Gewicht in Goldstaub. Im Handel 
werden sie nach Schanz ein- bis zweimal mit Gold aufgewogen. End- 
lich weist auch der Umstand auf eine Beziehung zum Golde hin, dass sie 
nach übereinstimmendem Zeugnis von Ellis und Merensky in den 
reicheren Goldländern häufiger vorkommen als anderswo. An der Gold- 
küste werden sie hauptsächlich in den Seestaaten, aber vor allem in dem 
reichen Golddistrikt von Wasa gefunden?). Demnach müssen diese Perlen 
als eine Bezahlung für Goldstaub ins Land gekommen sein. Dagegen 
spricht auch nicht, dass sie in nicht goldproduzierenden Gegenden eben- 
falls gefunden werden. Durch die Einfuhr für Gold kamen sie in den 
Gebrauch der Eingeborenen des ganzen Kulturbezirkes, dessen Hauptstadt 
Benin war, und man findet sie jetzt an den Bestattungsstätten der Gross- 
Beniner. 

Welches ist nun das Handel treibende Volk gewesen, das sie zur See 
nach Westafrika, nach Britannien und nach Südostafrika gebracht hat. 
Da können die Araber nicht in Betracht kommen, denn von einem Handel 
der Araber mit Britannien kann ja keine Rede sein, übrigens scheint ja 
Plinius das Vorkommen derselben in Britannien schon zu kennen. Und 


1) P. Staudinger macht mich auf die darauf bezüglichen Angaben Dappers 
aufmerksam. 

2) Merensky in ZE. 1891 S. o99f. 

3) ZE. 1882 S. (513—545). 

4) Ellis, WASk. S. 118. 


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Ein zweites Goldland Salomos. 55 


die Araber haben solche alten Perlen schon in Westafrika vor- 
gefunden. Edrisi im 12. Jahrhundert sagt nämlich nach der Aufzählung 
der Städte des Negerlandes Magzara (Oulil, Tacrour, Daw, Barisa, Moura) 
und nach der Beschreibung der südlich von Barisa wohnenden Lamlam 
von dem Schmuck all dieser Völker: Ils se parent d'ornements en cuivre, 
de breloques, de colliers de verre, de pierres nommé „loâbos-chaikh“ 
(= bave de veillard) ou bâdzouc (bàdzaroun) et de diverses espèces de 
faux onyx fabriqués avec du verre. Die Steine Sahel oder (yy dW 
beschreibt er dann näher S. 34, wo er von dem westlichen Meere sagt: 
Sur les rivages de cette mer on trouve la pierre dite „baht“ renommée 
dans l'Afrique occidentale, où elle se vend à très haut prix; surtout dans 
le pays des Lamtouna, qui prétendent que celui qui en est porteur réussit 
dans toutes ses entreprises. On dit aussi, que cette pierre jouit de la 
propriété de lier la langue. On y trouve encore un grand nombre d'autres 
pierres de formes et de couleurs variées, Ou on recherche beaucoup et 
qui passent de père en fils par héritage, attendu, dit-on, qu’elles s'emploient 
avec succes dans le traitement de plusieurs maladies. Telles sont celles 
que les femmes dont les mamelles sont malades suspendent sur leur sein 
et qui encalment promptement la douleur; telles sont encore celles qui 
facilitent les accouchements et celles au moyen des quelles en faisant un 
signe à des femmes ou à des enfants on s'en fait suivre. Ils (les Lam- 
touna) possèdent beaucoup de pierres semblables et sont renommés pour 
les opérations magiques, qu’ils pratiquent à laide de ces pierres. Man 
vergleiche mit diesem Aberglauben, was die Aschanti von den Aggri-beads 
denken. Auch Kazwini Cr 1283) führt diese Steine an. Diese Nachrichten 
beweisen erstens, dass die Araber nach dem Kulturbezirk von Benin ge- 
kommen sind, daher ihre Kunde davon, zweitens, dass jene Steine vor der 
arabischen Zeit dorthin gekommen, und nicht durch die Araber, zu deren 
Zeit heissen sie schon bave de veillard. Vielmehr ist mit Recht ver- 
mutet worden, dass die Phönizier jene Perlen als Tauschmittel gegen 
Gold (bzw. gegen Zinn in Britannien) in die genannten Gegenden ge- 
bracht haben. Dafür haben wir nämlich, soweit es Westafrika angeht, 
ein direktes Zeugnis eines alten Schriftstellers, was bisher allen, die dar- 
über Nachforschungen angestellt haben, entgangen ist. Die schon einige 
Male herangezogene, fälschlich dem 500 v. Chr. lebenden Geographen 
Skylax zugeschriebene Schrift über die Küsten des Mittel- und West- 
meeres aus dem vierten vorchristl. Jahrhundert berichtet von dem Handel 
der Phönizier (= Karthager) mit den Völkern der Westküste Afrikas 
(vgl. oben Kap. 2) of de Dowixes Europa eioayovow aitois poor, Aidov 
Alyvnatiav. Von diesen „ägyptischen Steinen“ finden wir noch heute 
welche unter den westafrikanischen aggry-beads. Wenn jene Stelle nun 
auch zunächst nur von den Karthagern redet, so werden ähnliche Perlen, 
die auch bei Arrian als Aıdlas balis leiova yévy bezeichnet werden, doch 
auch schon durch die alten Phönizier, die wie das folgende wahrschein- 
lich machen wird, auch schon bis hierher gekommen sind und deren 
Spuren die Karthager folgten, hier eingeführt worden sein. Zum Schlusse 
noch ein Wort über den Namen dieser Perlen. Es könnte sein, dass sich 


56 Dahse: 


darin noch eine Erinnerung an die Semiten erhalten hätte. Wir haben 
nämlich die verwandten Bezeichnungen: ouorye (Elfenbeinküste), koli (Ga), 
und a-gori, akori dafür. Nun hat der rheinische Missionar Vedder in 
seiner Schrift: Semitische Lehnworte in der Namasprache darauf hin- 
gewiesen, dass bei den Nama die eingehandelte fremdländische Perlen- 
schnur garas genannt wird; er bringt dieses Wort dann in Verbindung 
mit dem semitischen Gig = Perlen, Hohelied 1,9. Sollte sich in dem 


gori der Westküste Afrikas auch dieses semitische Wort erhalten haben? 
Kapitel 8. 


Spuren uralten Seeverkehrs II: H auf Goldgewichten. 


Uber die „Masse und Gewichte in Afrika“ hat Kürchhoff in der 
ZE. 1908 ausführlich gehandelt. Er gibt nach Lukas an, dass in Fezzan 
als Goldgewichte zwei Arten Samenkörner dienten: Habbet ell Goret von 
4 Gran und „Hahnenauge“ von Scharlachfarbe mit schwarzem Streifen, 
aus Nigritien stammend. Ersteres wiegt ebensoviel wie ein „Karat“, 
welche Bezeichnung ja ursprünglich den getrockneten Kern des Johannes- 
brotes (Ceratonia) bedeutete und dann zum orientalischen Gold- und 
Juwelengewicht wurde. Letzteres sind die Früchte des Abrus precatorius, 
der Paternostererbse, die schon in alter Zeit zu Verzierungen und Schmuck- 
sachen, später auch zu Rosenkranzperlen Verwendung fanden, aber auch 
seit Jahrtausenden schon als Feingewicht dienten. Sie bilden nämlich als 
Rati seit den wedischen Zeiten die Einheit des ostindischen Feingewichts 
und werden ebenso noch heute an der westafrikanischen Goldküste und 
ihrem Hinterland als Goldgewichte gebraucht, vgl. P. Staudinger, ZE. 
1896 S. 224. 

Schon 1675 erfahren wir von Müller!), dass das Gold an der Gold- 
küste schon lange vor Ankunft der Europäer von den Eingeborenen ge- 
wogen wurde, und zwar bediente man sich hierzu der Taku und Damba, 
beides Hülsengewächse gleich den Erbsen, länglich rund, von roter, 
schwarzer und weisser Farbe, ein Taku noch einmal so gross als ein 
Damba. In der 30 Jahre später erschienenen Reise nach Guinea von 
Bosman finden wir dann noch die genauere Angabe?), dass die kleinsten 
Bohnen, die dambas, rot mit schwarz vermengt, die schwereren takoes aber 
weiss mit schwarz gezeichnet, bisweilen auch ganz schwarz seien und 
etwas mehr als 4 Stüver gelten, während die dambas ungefähr 2 Stüver 
wert seien. In dem Lexikon der Tschi-Sprache von Christaller?) findet 
sich eine grosse Liste von Goldgewichten, darunter auch die damna und 
taku. Auch erfahren wir dort näheres über das in Bontuku: poussaba 
genannte Gewicht, das gleich 1/, damna ist. Es heisst in der Tschi- 
Sprache pesewa und ist the dark-blue seed of a Leguminous plant (climber). 
Nach Burton und Cameron II S. 155 ist taku = carat seed; damna ist 


1) „Die afrikanische Landschaft Fetu* S. 254. 
2) I S. 85. 
3) S. 636. 


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Ein zweites Goldland Salomos. 57 


die Goldgewichtsbezeichnung für die Paternostererbse. Seit wann diese 
Samenkörner so gebraucht werden, und von wem dieser Gebrauch ein- 
geführt wurde, lasse ich dahingestellt sein. 

Auch im Nordwesten unseres Goldgebietes rechnet man beim Gold- 
handel nach Bohnen. Mungo Park!) berichtet uns von den Mandingos am 
Oberlauf des Niger, dass sie das Gold in kleinen Wagschalen wägen, die 
sie stets mit sich herumführen. Sie machen bei dem Golde hinsichtlich 
des Wertes keinen Unterschied zwischen Goldstaub und verarbeitetem 
Golde, und als Gewichte dienen ihnen schwarze Bohnen. Näheres darüber 
und besonders über das Verhältnis dieser schwarzen Bohnen zu den in 
Jen südlicheren Gegenden gebrauchten Samenkernen kann ich nicht mit- 
teilen, ebensowenig darüber, wie das in der Liste der Gewichte von 
Djenni als geringstes Goldgewicht genannte Bonanakorn sich dazu ver- 
hält. Jedenfalls ist es eine in Afrika weit verbreitete Sitte, Gold mit 
Körnern zu wiegen. Durch die Araber ist dann die Bezeichnung in Ge- 
brauch gekommen, die im ganzen südlichen Teil von Nordwestafrika jetzt 
als Werteinheit gilt, der mitkal. Dupuis schreibt darüber’), dass der 
mitskal eine dünne Goldmünze sei, die im 2. bis 3. Jahrhundert der 
Hedschra über den Niger nach dem Süden eingeführt worden wäre. Es 
gäbe noch welche dort, die in Damaskus, Bagdad, Mehedia, Marokko 
geprägt seien und hochgeachtet würden. Und auch nach Barth?) ist es 
eine Folge des Einflusses der Araber, dass das Gewicht des mitkal beim 
Goldhandel eingeführt wurde; im Sudan seien verschiedene Arten des- 
selben in Gebrauch, besonders die von Agades, dem früheren Haupt- 
handelsplatz des Goldes, von Timbuktu und von Mangu, dem Mandingo- 
handelsplatz im äussersten Norden unseres Togogebietes. In der Türkei 
ist ja noch heute der mitskal ein Gewicht für Perlen, und so finden wir 
denn auch bei Kürchhoff den mutgal als Gewicht für Perlen angegeben. 
Letztere Namensform erinnert an die von Binger für Djenne ver- 
zeichneten moutoukhal. Dieses Gewicht beträgt in Djenne 4,5 g, über- 
haupt wird das Gewicht des mitkal in der Regel als etwas über 4 o 
angeführt. — An der Goldküste aber rechnet man nun nicht nach mitkal; 
dies beweist, dass diese Gewichtsbezeichnung sich von diesem alten Gold- 
lande an Westafrikas Küste aus nicht verbreitet hat, sie ist von Norden 
her, durch jenen arabischen Einfluss ins Hinterland gekommen. 

Wie sich nun die Summe der Gewichtsstücke, die einen mitkal 
bilden, in dem Hinterlande der französischen Elfenbeinküste zusammen- 
setzt, erfahren wir, nach Kürchhoff, aus dem Werke von Binger: 
Du Niger au Golfe de Guinée, wo es heisst): das Gold wird in Kong 
nach mitkal gerechnet. In jedem Dorfe gibt es einen oder zwei Leute, 
die eine Wage besitzen. Mit dieser wiegen sie für alle, die sie darum 
angehen, und erhalten dafür einige Kauris. Die von ihnen benutzten 
Gewichte sind nur ihnen bekannt; sie bestehen aus Kupfergewinden, 

1) S. 358. 

2) S. CXII. 


3) V 22. 
4) 1 309. 


58 Dahse: 


alten Wachspetschaften, Schliisseln, Ochsenzihnen usw. Jedes dieser alten 
Eisen füllt eine grosse Büchse. Ähnlich ist es in Salaga. Auch dort 
bedienen sich die Kaufleute mehr oder minder genauer Gewichte, die 
hauptsächlich aus alten Eisen- oder Kupferstücken bestehen. Auch ich 
besitze von der Goldküste solche Metallstücke, die als Goldgewichte dort 
benutzt wurden. (Abb. C Nr. 5 u. 12.) Neben den Samenkernen, die 


Abb. C. 1 und 2 goldene Ketten von der Goldküste, 3 und 4 goldene Knöpfe eben- 

daher, von Negern gearbeitet, nur der Verschluss von 1 europäische Arbeit. 5—13 

Aschanti-Goldgewichte: 6 dwowa, 7 suru. 8 amamfisuru, 9 borowofa, 10 nnomanu 
(nsano), 11 = zwei nansua. 


wir oben kennen gelernt haben, bilden nun solche Metallstiicke eine 
zweite Art Goldgewichte. Aber man hat doch den Eindruck, als ob dies 
nur Ersatzstiicke für wirkliche Gewichte seien, die die betreffenden 


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Ein zweites Goldland Salomos. ; 59 


Wägemeister nicht in der Lage waren, sich zu beschaffen. Und in der 
Tat haben wir nun auch noch eine dritte Art von Goldgewichten und 
erfahren sogar Näheres über Herstellungsort und art, Schon Bosman’) 
schreibt: Es gäbe Leute, die meinten, die Mohren hätten kein anderes 
Gewicht als von Holz. Aber diese Leute irren, da alle ihre Gewichte 
entweder aus Erz oder Zinn bestehen, die sie selbst gegossen haben, und 
wiewohl sie die bei uns gewöhnlichen Abteilungen nicht in acht nehmen, 
kommt es nichtsdestoweniger auf eins aus und ist ihre Rechnung allezeit 
richtig. Von solchen speziell zum Wägen des Goldes hergestellten Ge- 
wichten hören wir nun an den verschiedensten Stellen unseres Gebietes. 
In dem Buche „Vier Jahre in Aschanti“, das uns die Gefangenschaft der 
Missionare Ramseyer und Kühne in Kumassi schildert*), werden als 
solche Gewichte Bronzestücke, von denen die grösseren Menschen- oder 
Tierbilder oder irgend eine Szene des Aschantilebens darstellen, erwähnt. 
Im Berliner Museum für Völkerkunde findet sich eine grossartige Samm- 
lung derselben. Graf Zech berichtet?), dass er in Siade in einer 
Fetischhütte eine kleine Goldwage mit Goldgewichten, wie sie in Aschanti 
gebräuchlich, angetroffen habe. Nach Berlin sind solche aus dem Hinter- 
lande unseres Togogebietes, und zwar aus Kete, und aus dem Hinterlande 
der Goldküste, aus Salaga gekommen. Die einen von ihnen stellen Tiere 
dar, z. B. Leopard mit Schildkröte in den Klauen, Büffelantilope, Fische, 
Schlangen, kreuzweis übereinandergelegte Eidechsen usw. Andere stellen 
Gegenstände dar, die eine symbolische Bedeutung haben: Schwerter, 
Messer, Beile, gekrümmte Doppelschwerter usw. Jene aus Salaga nach 
Berlin gekommenen hat ein flüchtiger Aschantiprinz dort angefertigt*). 
Im Hinterland der Elfenbeinküste sind dieselben Gegenstände als Gold- 
gewichte in Gebrauch und werden auch dort von den Eingeborenen her- 
gestellt: Etranges petits bibelots (chains, tortues, pantheres, antilopes, 
oiseaux, cavaliers etc.) aus Kupfer und Bronze. Diese dienen zum Ab- 
wägen grösserer Quantitäten Goldstaubes, während bei kleineren Mengen 
Goldes Gewichte aus Kupfer in einfacheren Formen (Rechtecke und 
Kugeln) gebraucht werden). Die kleinen Goldgewichte, die ich besitze, 
haben fast alle solche geometrische Formen, doch vergleiche auch den 
interessanten kleinen Ambos mit Hammer (Abbildung C Nr. 11 u. 13). 
Bei Kürchhoff wird nun ausdrücklich darauf hingewiesen, dass sich die 
Eingeborenen der Elfenbeinküste bei anderen geschäftlichen Transaktionen 
keiner Gewichte bedienen, sondern nur beim Verkauf von Goldstaub und 
von Goldklumpen, sowie beim Abmessen der an die Häuptlinge als 
Tribut abzuliefernden Menge Goldstaubs. Also gerade auch im Verkehr 
der Eingeborenen untereinander sind diese Gewichtsstücke in Gebrauch. 
Wenn wir oben gesehen haben, dass die Goldschmiedekunst in unseren 
Gegenden schon vor Ankunft der Europäer blühte, werden auch diese 


1) Bosman I S. 85. 

2) S. 272. 

3) MFDSch. Bd. XI S. 109. 

4) ZE. 1896 S. (224). 

5) de la Fosse in V Anthropologie 1 1900 S. 431 ff. 


60 Dahse: 


Goldgewichte nicht erst durch Europäer eingeführt sein, sind doch nach 
Reichenow!) manchmal diese Goldgewichte aus Gold sehr zierlich 
gearbeitet, also selbst ein Erzeugnis der dortigen Goldschmiedekunst. 
Sowohl aber diese Goldgewichte aus Gold, wie die aus Bronze und 
ebenso mancher Goldschmuck werden durch das sog. „verlorene Wachs- 
verfahren“ hergestellt. So ist es bei den Aschantileuten, so bei den 
Baule der Elfenbeinküste, so hat man auch in Benin die berühmten 
Bronzen hergestellt. Das „verlorene Wachsverfahren* beim Metallguss 
ist ein weiteres Charakteristikum von Gross-Benin. Interessant ist, dass 
die Aschantier den Gebrauch der Gold- und Silbergewichte nicht aus 
ihrer nördlichen Urheimat mitgebracht haben, sondern erst während 
der Regierung von Opoku Ware (1731—1749) von dem König von 
Takyiman Amo Yaw gelernt haben wollen? Takyiman war demnach 
eher von der Kultur Benins berührt, als die aus dem Norden gekommenen 
Aschanti. Im Süden Benins aber, an der Loangoküste, hat man eben- 
falls nicht nur kunstvolle Bearbeitung der Metalle überhaupt, sondern 
auch gerade dieses Giessen über die verlorene Form; mit Recht sieht 
Staudinger?) darin einen Beweis dafür, dass auch die Loango zu dem 
Reiche Benin in seiner Glanzzeit in Beziehungen gestanden haben müssen. 
Nun wird uns aber gerade über das „verlorene Wachsverfahren“ eine 
sehr interessante Notiz aus dem Altertum überliefert. Der König Sanherib 
von Assyrien nämlich benutzte die Bewohner der Länder Kui, Cilicien, 
Philistaea, Tyrus als Arbeiter bei seinen Palästen und berichtet in bezug 
darauf: „In dem klugen Verstande, welchen mir der Herr der Weisheit, 
Ea, gegeben hat, machte ich für die Kupferarbeiten, welche ich für den 
Bedarf meiner Paläste in Ninive anzufertigen hatte, auf Befehl des Gottes 
Formen aus Lehm und goss Bronze hinein.“ Während bis dahin die 
Assyrer beim Giessen hölzerne Formen benutzten, führt er beim Metall- 
guss das sog. verlorene Wachsverfahren ein, das er von den Phöniziern 
erlernt hatte*)! Die Phönizier waren auch seine Lehrmeister im Metall- 
guss, wie schon 3800 Jahre vorher zu Salomos Zeiten für Israel 
(1. Kg. "Tel Ihre Metallindustrie war ja eine der berühmtesten jener 
Zeiten und versorgte den ganzen Markt des vorderen Orients. Woher 
mögen die Phönizier, deren eigenes Land so arm an Metallen ist, sie 
gelernt haben? 

Für die Herkunft unserer Goldgewichte kann ich auf drei Momente 
hinweisen. Zuerst, dass es in ganz Afrika ausserhalb unseres Kultur- 
gebietes nirgends ähnliche Gewichte, dagegen ganz ähnliche Goldgewichte 
bei den alten Ägyptern und Assyrern gibt. Die assyrischen®) Gewichte 
haben in der Regel die Form von liegenden Löwen, die babylonischen 


1) Geogr. Universalbibliothek VS 22. Vgl. auch Bowdich S. 260. The Kings 
scales ... ands weights were neatly made of the purest gold, that could be manu- 
factured. 

2) Reindorf S. 75. 

3) ZE. 1908 S. 282. 

4) ZE. 1908 S. 47. 

5) ZE. 1889 S. 215 ff., 1891 S. 515 ff. 


Ein zweites Goldland Salomos. 61 


die von Schwimmvögeln, aber es finden sich auch Darstellungen von 
Rindern, Schweinen, Antilopen u. del: die ägyptischen!) zeigen die 
Gestalt von liegenden Stieren und die kleineren die Form von Stier- 
köpfen und Steinziegeln (also rechteckig, wie die kleineren in Aschanti). 
Bei den Altbabyloniern unterscheidet man die doppelt wiegenden „Minen 
des Königs“ von den gewöhnlichen Gewichten, der Aschantikönig hatte 
seine eigenen „Königsgewichte“, die schwerer waren als die andern’). 
Die Gewichtsbezeichnung fand im Altertum?) durch Punkte statt, ebenso 
auf den Aschantigoldgewichten®). Dies alles erweckt die Vermutung, jene 
Aschantigoldgewichte seien auf ägyptischen Einfluss zurückzuführen. Jedoch 
liegt der Sachverhalt verwickelter. Auf dem auf Abb. C, Nr. 10 abgebildeten 
Goldgewicht sehen wir das bekannte Sauvastika-Zeichen, das sich auch 
sonst häufig auf Aschantigoldgewichten findet. Nun kommt freilich dieses 
symbolische Zeichen auch sonst in Afrika vor. Z. B. fand Weule°) es 
in Mwiti an der Haustür des Häuptlings Nakaam in sauberer aus Elfen- 
beinblättchen gefertigter Einlegearbeit. Dort war es etwas modern Ein- 
geführtes, „ein Stern“ nach der Meinung des Hiuptlings, den, wie auch 
andere dortige Ornamente, der Baumeister von der Ostküste Afrikas mit- 
gebracht hatte. Und wenn man dann weiter dieses Zeichen bei einer 
Basundifrau®) gefunden hat, so wohnen die Basundi ja in dem Hinter- 
lande der Loangoküste, deren Zusammenhang mit dem alten Kulturgebiet 
von Benin wir gerade eben beim „verlorenen Wachsverfahren“ erwähnt 
haben. Der Punkt aber, auf dem zuerst in Afrika sich jenes Zeichen, 
und zwar in ganz regulärer Form auf Bronze gefunden hat, ist ein Teil 
von Gross-Benin, die Goldküste Nun wird in der Abhandlung von 
Wilson über Swastika, Washington 1896 eingehend geschildert, wie fast 
alle Varianten des Swastika-Zeichens während des Bronzezeitalters 
in Gebrauch kamen; in Spanien und Portugal gehört es dem prähistorischen 
Eisenzeitalter an. Nach Ohnefalsch-Richter ist dieses Zeichen einst 
durch die Phönizier aus Indien über See eingeführt, da es sich in 
alter Zeit nicht in Babylonien, Assyrien, Persien; und in Ägypten nur 
auf fremder Importware und in späterer Zeit findet. Dagegen 
überall, wohin die Phönizier kamen, führten sie es ein. So haben wir es 
in Troja, Cypern, Karthago, Nordafrika, Etrurien usw.?). Interessant sind 
nun auch die Symbole, die in Verbindung mit dem Sauvastika- oder dem 
Swastika-Zeichen erscheinen. In Spanien und Portugal erscheint es in 


Verbindung mit einer Ente; auf Hüttenurnen Etruriens d l! d oder in 


Verbindung mit dem Zeichen ec: in Indien und in Troja in Verbindung 


mit Sternen. Zu dem indischen 2 vergleiche man den abgebildeten 


1) Peters, Ein Goldland des Altertums S. Out 

2) Kiirchhoff, ZE. 1908 S. 118. 

3) ZE. 1891 S. 530. 

4) Siehe Abbildung A, Nr. 9, 10, 11. 

5) Siehe Abbildung in seinem „Negerleben in Ostafrika“. 
6) ZE. 1896 (S. 138). 

7) Schliemann Ilios S. 396. 


62 Dahse: 


Negerfetischkamm (Abb. B), auf dem sich freilich nicht das Sauvastika- 
Zeichen, wohl aber ähnliche Sterndarstellungen finden. Was nun die 
Zeit anlangt, so sollen diese Symbole im 13. bis 12. vorchristl. Jahr- 
hundert in Terremario, 11. bis 6. Jahrhundert in Villanova und Etrurien 
in Gebrauch gewesen sein; nach italienischen Archäologen wird jener 
Stuhl auf den etrurischen Hüttenurnen dem den Etruskern vorhergehenden 
Volke und dem 12. bis 11. Jahrhundert zugeschrieben. Nach all diesem 
möchte ich vermuten, dass auch in Westafrika das Sauvastika-Zeichen 
durch die Phönizier eingeführt ist. Da hat nun aber v. Luschan die 
Ansicht geäussert, dass dieses Zeichen in Westafrika selbst, und zwar 
aus zwei sich kreuzenden Eidechsen, wie wir sie auf den abgebildeten 


Kalebasse Nr. 1. 


Kalebassen Nr. 2 und 3 sehen, entstanden sei. Diese Ansicht aber ist 
wenig wahrscheinlich. Schon der Umstand, das dieses Sauvastika-Zeichen 
in den vom Handel des Altertums beriihrten Gegenden sich gerade im 
Bronzezeitalter findet, spricht dafür, dass es auch nach Aschanti zur Bronze- 
zeit gekommen ist, wo wir ja das reguläre Zeichen noch heute gerade auf 
der Bronze finden. Dann aber geben die zwei sich kreuzenden Eidechsen, 
wenn sie stilisiert werden, in erster Linie nicht ein Sauvastika-Zeichen, 
sondern die Figur, die wir auf Kalebasse Nr. 1 sehen. Demnach möchte ich 
fiir Westafrika die Entstehung des Sauvastika-Zeichens aus den beiden 
Eidechsen ablehnen und aus den angeführten Gründen das fertige Zeichen 
nach Westafrika eingeführt sein lassen. Eine andere Frage ist es natür- 
lich, ob etwa in seiner Urheimat jenes Zeichen aus den beiden Eidechsen 


Ein zweites Goldland Salomos. 63 


entstanden ist. Man hat ja verschiedene Hypothesen über die Entstehung 
desselben aufgestellt. — Haben nun aber etwa die Phönizier mit dem 
Sauvastika-Zeichen auch die Goldgewichte nach Westafrika gebracht. So 
wenig ich mich schon jetzt für die Herkunft der Goldgewichte aus 
Ägypten entscheiden möchte, so wenig für ihre Einfuhr durch die 
Phénizier. Wir kommen jetzt zu dem Gewichtssystem der Aschanti- 
gewichte. 

Aus den Notizen meines Vaters, der 12 Jahre (1863—1869 und 1878 
bis 1484) als Kaufmann und Bergwerksbetriebsdirektor an der Goldküste 
gelebt hat, geht hervor, dass das mit dem mΠversehene Goldgewicht, das 
drei Punkte zeigt (siehe die Abbildung C Nr. 10 und Abbildung A 


Nr. 11), einen Wert von '*/, und das mit dem Zeichen | versehene, das 


vier Punkte hat, einen Wert von DL hat. Zieht man das erstere von 
dem letzteren ab, so bekommt man als Wert für einen Punkt */,, d. h. 
4sh. 2d. Das aber ist der Wert von einem ackie = dollar (siehe 
Gundert, Vier Jahre in Aschanti, S. 273), der entweder zu 4 sh. 6 d. 
oder 4 sh. 2 d. gerechnet wird. Somit heisst von den abgebildeten 
Gewichten das 
Abb. A Abb. C 

Nr. 11 Nr. 10 mit 3 Punkten: nnomanu = 3 ackie = 24 taku 

e „n 8, 4 e : amamfisuru= 4 ackie = 32 taku 

„ 10 » 6, 7 w : dwowa = 7 ackie = 56 taku 

Hier ist ein Ashanti-dwowa gemeint, das Akim-dwowa zählt 8 ackie, 
siehe die Liste bei Christaller. 

Ich habe nun schon vor Jahren durch einen Goldschmidt das Gewicht 
meiner Stücke feststellen lassen, und es ergab sich :.* = 5, -| - = 8, 

= 14 g. Mein -.--Gewicht ist, wie die Beschaffenheit des an- 

seid: abgeschabten Stiickes beweist, nicht genau; es müsste lg mehr 
wiegen, dann würde auch die Rechnung stimmen:.*-+-.-=-.-- 
oder 6+8= 14. Umgekehrt wiegt mein kleinstes Stück. mit einem 
Punkt (siehe die Abbildung C Nr. 9) 2,2 g, also anscheinend 0,2 g zuviel. 

Nun aber sind nicht nur die rechtwinkligen Gewichte mit Punkten 
versehen, auch mein Ambos zeigt solche, und zwar zwei; es liegt demnach 
eine andere Skala zugrunde. Mein Vater hat dies Gewicht gezeichnet 
mit 16 $}, das ist aber in Akim das Gewicht niwowa mmienu, d. h. 
2 dwowa Akimer Währung, oder nach Aschantirechnung 2 nansua. Damit 
ist als Wert jedes Punktes auf dem Ambos 8 ackie = 1 nansua fest- 
gestellt. Es wird sich nun empfehlen, im Berliner Museum nachzuforschen, 
ob die dortigen Gewichte mit Puukten versehen sind, die zu den beiden 
von mir jetzt nachgewiesenen Gewichtssystemen passen; vor allem werden 
die rechteckigen zu untersuchen sein, wobei ich besonders auf die läng- 
lichen Sauvastika-Gewichte aufmerksam mache. — Mein Vater hat nun 
auch noch das Gewichtsstück (Abbildung C Nr. 7), das nicht mit 
Punkten versehen ist, mit der Bezeichung 1 £ versehen. es wiegt 9 g. 
Nach den mir vorliegenden Tabellen ist es anscheinend das Gewicht 
suru = 4'/, ackie = 36 taku, das einen Wert von 1 £ 3 d. besitzt. 


64 Dahse: 


Es fragt sich nun, woher stammen diese Gewichtsbenennungen? 
Während die Worte suru, nansua, dwowa der Tschisprache anzugehören 
scheinen, muss das Wort ackie, das nach Gundert von den Kaufleuten 
an der Küste gebraucht wird, wie schon die Form zeigt, ausländischer 
Herkunft sein. Dafür zeugt auch schon seine Gleichstellung mit dem 
dollar. Nun weist die dollar-Rechnung auf Spanien hin, wo ja die Pesos 
auch dollar genannt wurden. Wie ein Peso früher in 8 Reales zerfiel, 
so ein ackie in 8 taku. Das Wort ackie erinnert nach Burton und 
Cameron II 155 an das arabische wukkah oder wukkiyah; vergleiche 
auch das marokkanische Handelsgewicht uckie = '/,, ratel und die 
marokkanische Münze uckie. Wenn sich auf spanischen (jüdischen oder 
arabischen) Goldgewichten der Punkt als Wertbezeichnung für einen 
dollar nachweisen lässt, würde dadurch die Frage nach der Herkunft 
dieses Gewichtssystems gelöst sein. Wichtig erscheint mir nun aber, dass 
sich die Punkte als Gewichtsbezeichnung auch auf dem Ambos, der doch 
zu den Figurengewichten gehört, finden. Hier ist die Werteinheit 
1 nansua (= 1 dwowa Akimer Währung) und wiegt 15,25 g, während ein 
Ashanti-dwowa 14 g wiegt. Durch dieses von mir auf dem Ambos nach- 
yvewiesene Gewichtssystem ist es bewiesen, dass die Asante-gold weights 
mit Figurendarstellungen auch wirklich Gewichte sind. Der Zweifel, den 
Meinhof darüber geäussert hat, ist also unberechtigt. Dass sich gleiche 
Darstellungen wie die der Goldgewichte auf Schnitzereien aus Togo und 
auf Beninsachen finden, worauf Meinhof hinweist!), ist längst bekannt. 
Symbolische Zeichen und Memoria technica gibt es von der Elfenbeinküste 
bis zum Niger in solcher Fülle, dass darüber in einer besonderen Arbeit 
zu reden sein wird. 


Kapitel 9. 
Spuren uralten Seeverkehrs III: Astronomisches. 


Wir kommen nunmehr zu einem dritten Beweise für die Beziehungen 
der westafrikanischen Küste zur altorientalischen Kultur. Das Volk der 
Baule im Hinterland der Elfenbeinküste, wo sich jener Perlenberg be- 
findet, hat eine gewisse Sternkunde. Und zwar kennen sie unter anderem 
den „Polarstern“ und seine Eigenschaft, den Norden anzuzeigen. Mit 
Hilfe des „Grossen Bären“ verstehen sie seine Stellung zu finden und 
orientieren sich danach. Wie de la Fosse schreibt”), sei das um so be- 
merkenswerter, als der Polarstern dort sehr tief am Horizonte steht und 
selten d’une facon nette zu sehen sei. Das merkwürdigste aber ist, dass 
sie den Polarstern „den Wegweiser“ me ati nennen; man denkt unwill- 
kürlich, dieser Name müsste durch Seefahrer dorthin gekommen sein. 
Nun soll nach einer Notiz bei Movers?) der Polarstern im Altertum bei 
den Phöniziern sehr angesehen gewesen sein und nach ihnen den Namen 
Domtzn erhalten haben. Von Direktor Archenhold aber hörte ich, dass 


1) Zeitschrift für Kolonialsprachen I S.73, Meinhof, Die moderne Sprach- 
forschung in Afrika S. 119. 

2) Anthropologie 1900 S. 431 ff. 

3) Movers Phönizier I S. 531. 


Ein zweites Goldland Salomos. 65 


der Polarstern im Altertum noch keine Rolle gespielt habe, und noch 
kein „Wegweiser“ gewesen sei. — Auch an der Goldkiiste') sind Sterne 
bekannt; man kennt dort ebenso wie in unserer Kolonie Togo”) den 
„Orion“, man kennt dort auch die ,Plejaden“ und nennt sie „die Henne 
mit ihren Küchlein“. An das Erscheinen des letzteren Gestirns knüpft 
sich in unserer Kolonie Togo in der Landschaft Avatime, deren Bewohner 
ja von der Goldküste stammen, ein besonderes Fest?). Zweimal in jedem 
Jahre wird ein besonderer Landesgotlesdienst gehalten, der je drei Wochen 
umfasst, in den Monaten Juli und November. Vor der Reissaatzeit und 
vor Beginn der Reisernte hat einer der Ältesten in Biakpa, dem Haupt- 
fetischplatz, jeden Morgen in der Frühe aufzustehen und nach dem Stern- 
bild der „Gluckhenne“ auszusehen. Erblickt er dies Sternbild im Norden, 
so macht er dem Ayapo-Oberpriester seiner Stadt sofort die Mitteilung, 
„die Gluckhenne ist erschienen“. Letzterer sendet augenblicklich eine 
Botschaft zu allen Ayapopriestern, die diese Nachricht mit Freuden be- 
grüssen. Ein ganz ähnliches Fest fand sich, wie Missionar Vedder mit- 
teilt‘), bei den jetzt verschwundenen Kaphottentotten Südafrikas, auch 
dort wurde das Erscheinen des Siebengestirns mit einem jährlichen Fest 
gefeiert. — Auch bei den in Westafrika östlich von der Sklavenküste 
wohnenden Yorubavölkern kennt man ein Sternbild die „Gluckhenne“. 
Wenn Ellis) darunter die Milchstrasse verstanden wissen will, so wird 
das eine irrtümliche Anschauung sein; auch hier wird der Name „Gluck- 
henne“ die Plejaden anzeigen. Ist das doch der Jahrtausende alte Name 
für dieses Sternbild; schon das Targum kennt den Namen „Glucke“ und 
meint wahrscheinlich die Plejaden damit®). — Nun ist auch westlich von 
unserem Gebiete, in der Landschaft Quoja am Vorgebirge Mesurado an 
der heutigen Liberiaküste das Sternbild des Stieres bekannt, zu dem ja 
die Plejaden gehören. Nach Allg. Diet") teilen die Quoja-Neger den 
Tag nicht in Stunden, sondern erkennen nur, wenn es Mitternacht ist, 
an den fünf Sternen, welche sie Monja Ding oder „des Herrn Sohn“ 
heissen, die ausser den Plejaden im Kopfe des Stieres erscheinen, also 
an den Hyaden. Nach Littmann’) heisst bei den Abessiniern das Stern- 
bild des Stieres Kema und ihr Sohn Ali. 

Nun haben aber im Altertum die Plejaden und die Hyaden eine 
wichtige Rolle gespielt®). Sie heissen die Schiffersterne Schol Arat 254, 
die in Verbindung mit dem kühnen Seefahrer Atlas gebracht werden. 
Der Frühuntergang der Plejaden (3. Nov.) bedeutete für die Mittelmeer- 
länder das Ende der Schiffahrt und den Eintritt des Winters, daher die 


1) Christaller I 210, 345. 

2) MFSch. I 165. Westermann, Wörterbuch 274. 
3) Monatsblatt d. Nordd. Miss. 1889 Nr. 11 S. 104, 
4) Semit. Lehnworte in der Namasprache S. 34. 


5) S. 83, 242. 
6) PRE. XIX 8. 13 Zeile 34 f. 
7) III 623. 


8) Arch. f. Rel. 1908 8. 317. 
9) Zum folgenden vgl. Roscher, Lexikon der Mythologie, ILI 2049 ft. 
Zeitschrift für Ethnologie. Jahrg. 1911. Hett 1 A) 


66 Dalise: 


Unruhe von Hannibals Soldaten, die sich zu dieser Zeit (occidente jam 
sidere Vergiliarum Liv. 21,,) noch in den Alpen befanden und von dem 
- ersten Schneefall betroffen wurden. Auch in der Landwirtschaft richtete 
man sich nach den Plejaden!). Ihr Wiedererscheinen vor Sonnenaufgang 
ist das Zeichen, dass man die Sichel zur Ernte schleifen soll (Hesiod 
384). Wenn aber Plejaden, Hyaden und Orion sich hinabneigen, soll der 
Bauer an die Aussaat denken (ibid. 614 ff... Nach Theon v. Alexandrien 
(um 380 p. Chr.) kündet der Frühaufgang der Plejaden in Ägypten den 
Anfang der Hitze und Ernte an, ihr Niedergang in der Morgenzeit den 
Anfang der Pflugzeit, der Spätaufgang die Kälte. Jupiter selbst hat 
ihnen ihre Stelle angewiesen, damit sie den Sterblichen getreue Ver- 
künder sein können der Veränderung der Jahreszeiten sowie des Auf- 
gangs von Sommer und Winter (ad Arat. Phoen. 133)?). Wie in West- 
afrika die Plejaden eine Rolle in der Landwirtschaft spielen, haben wir 
schon oben gesehen. Aus Ostafrika aber berichtet Burton), Zanzibar. 
von den Wasuahili, dass sie ihre Ackerbau-Jahreszeiten nach Sternen be- 
rechnen, die sie Kilimia nennen. Kilimia appearing in tlıe East is a signal 
for the agriculturist to prepare his land. Kilimia aber sind die Plejadent). 
Endlich ist es nun aber bekannt, dass auf dem Schilde des Achill Jl. 
XVIII 483 in dem mittelsten Kreise an erster Stelle die Plejaden zu sehen 
waren: 

néhov Täxauavra oediyyny te adjdovoar 

fy ÖE Ta rrioeg nayta, Ta Toloavos Zoreg drot 

Ilinuadas 9" Yadas te vote od vos “Soiovos 

Aoxtov Pijy xai duagay éatxdjow xadéovot. 
Die Plejaden haben nach diesem vielfaltigen Zeugnis der Alten fiir das 
ganze Leben einer gewissen Zeit eine bedeutsame Rolle gespielt. Diese 
Vormachtsstellung am Himmel hatten aber die Plejaden im „Stierzeit- 
alter“, als die Sonne in der Frühlingstag- und -nachtgleiche im Stiere 
stand, und zwar gegen Ende dieses Zeitraumes, da die Plejaden am 
weitesten nach dem Sternbild des Widders zu stehen, also etwa um Aus- 
gang des 2. Jahrtausends vor Christo; sie hatten sie noch zu Salomos 
Zeit. — 

Zu dem eben angeführten Schilde des Achill bemerkt Helbig5): 
„Ich halte es nicht für unmöglich, dass einmal eine phönizische Schale 
zutage kommt, deren mittlerer Kreis wie auf dem Schild mit einer Gruppe 
von Himmelskörpern geschmückt ist. Diese Erwartung Helbigs ist bis 
jetzt, soweit mir bekannt, hinsichtlich phönizischer Funde nicht eingetroffen, 
wohl aber gibt es — westafrikanische Kalebassen mit solchen Darstellungen. 
Mein Vater hat von der Westküste Afrikas zwei Kalebassen mitgebracht 


l) Jeremias, Alter der babylon, Astronomie 2. Aufl. S. Si f. 

2) E. Bunsen, Die Plejaden und der Tierkreis, S. 153. 

3, Burton, Zanzibar, S. 176. 

4) Bei den Masai zeigen die Plejaden ('n gokwa) durch ihr Wiedersichtbar- 
werden im Westen den Beginn der nach ihnen benannten grossen Regenzeit an. 
Weltall VI 192. 

5) Das homerische Epos S. 415, 


Ein zweites Goldland Salomos. 67. 


(jetzt im Museum für Völkerkunde, Berlin), die Sterndarstellungen zeigen!) 
(siehe Abbildung Kalebasse Nr. 2 u. 3). In der Mitte der einen sehen 
wir, durch einen Kreis von den übrigen Bildern getrennt, zwei kreuzweis 
übereinander liegende Eidechsen, Halbmond und Stern und eine Gruppe 
von sieben Sternen. Ausserhalb dieses Kreises finden sich rund um die 
Kalebasse herum, ausser Wellenlinien- und Vierblattornament, ein grosser 
zwölfeckiger Stern = Sonne, gekrümmtes Doppelschwert, stilisierter Stier- 
kopf, Pflanze, stilisierter Schmetterling, Schlüssel, Segelschiff mit englischer 
Flagge, und ein Bild, das ich nicht zu deuten weiss; ferner ist infolge 
späterer Schraffierung nicht mehr deutlich zu sehen: das einschneidige 
lange Messer, das sich auch auf dem Fetischkamm findet, und der Stab mit 


Kalebasse Nr. 2, 


zwei sich darum windenden Schlangen, der aber fast wie eine Brille aus- 
sieht. Während die Kalebasse Nr. 2 überall spitze Formen zeigt, was 
sich besonders bei der Sonne, dem Stierkopf und dem Wellenlinien- 
ornament bemerkbar macht, hat die andere, anscheinend bedeutend ältere 
Kalebasse runde Formen. Wiederum haben wir in der Mitte die beiden 
sich kreuzenden Eidechsen. Nun sind aber die Sternbilderdarstellungen 
nicht durch einen Kreis von den übrigen Darstellungen abgetrennt, sondern 
wechseln mit ihnen. Da sehen wir das sechsspeichige Sonnenrad (auch 
auf dem Fetischkamm), Halbmond und Stern, Gruppe von sieben Sternen, 
einen Mann mit viereckiger platter Mütze, der seinen einen Arm nach 


1) Die Liicken auf den flächentreuen Zeichnungen kommen von der starken 
Kriimmung der Schalen, 


ZA 


68 Dahse: 


oben, den andern nach unten streckt, ferner gekriimmtes Doppelschwert, 
stilisierter Stierkopf, Pflanze, stilisierter Schmetterling, Fetischstuhl, 
Vogel, der sich den Schwanz rupft, Schlange, Krokodil, Antilope, hocken- 
der Europäer und ein mir unverständliches Bild. Ornamentierung findet 
sich auf dieser Kalebasse nicht, wohl aber Schraffierung. Auf dem Fetisch- 
kamm sieht man ausser dem schon erwähnten Sonnenrad, Messer und 
stilisiertem Stierkopf noch Halbmond mit fünf Sternen und quadratische 
Ornamente, schachbrettähnlich (siehe Abb. B). — Es ist mir bisher nicht 
gelungen, festzustellen, ob meine Kalebassen von der Gold- oder Sklaven- 
küste stammen, auch habe ich bisher auf Kalebassen nichts Ähnliches 
gesehen, wohl aber auf Beninsachen; sind es doch neben den Sterndar- 


Kalebasse Nr. 3. 


stellungen auch meistens unserm Kulturbezirk eigentümliche Symbole, die 
wir auf diesen Kalebassen sehen: gekrümmtes Doppelschwert,. ein- 
schneidiges Schwert, Fetischstuhl, Stierkopf, Schlangenstab. Was nun 
aber die Sterndarstellungen: Sonne, Halbmond und Stern, und Sieben- 
vestirn anlangt, so fällt einem sofort die auf den ersten Blick sehr über- 
raschende Identität mit dem an babylonischen+Königsstelen, Grenzsteinen » 


und Haustüren zu sehenden Symbol 7" "E: GE auf!). Sogar die Sonne 


ist beiderwärts durch ein vier- oder sechsspeichiges Rad dargestellt; der 
in Verbindung mit dem Halbmond stehende Stern ist natürlich Venus 
(diese Verbindung findet sich in Nordafrika häufig auf punischen Grab- 
steinen; bei den Yorubavölkern Westafrikas heisst die Venus „des Mondes. 


1) Meyer, Gesch. des Altertums, X 427 8.027: Hommel, Gesch. des alten 
Morgenlandes, 1895 S.42; RGG. I Sp. 871. 


Ein zweites Goldland Salomos. 69 


Hund“ wegen der treuen Begleitung, beim Ewevolk „Des Mondes Braut“) 
und die sieben Sterne sind die Plejaden. Ich unterlasse es zur Zeit noch, 
argend welche Folgerungen aus dieser Identität zu ziehen, mache nur auf 
zweierlei aufmerksam. Zuerst, dass genau die ebengenannte westafrika- 
nische und babylonische Darstellung sich auf dem tönernen Spinnwirtel 
ilios Nr. 1969 findet und eine ähnliche Darstellung auf einem etruskischen 
Spiegel!). Auf dieser Darstellung ist nach Grimme die Mannesgestalt 
mit dem einen hocherhobenem Arm aller Wahrscheinlichkeit nach Orion, 
er ist begleitet von Hund und Hase, über ihm sieht man eine Gruppe 
von sieben grossen Sternen und einen kleinen und innerhalb dieser eine 
Mondsichel. Nicht bloss nach Grimme, sondern auch nach andern 
Forschern haben wir hier eine Darstellung des „Plejadenkampfes“ vor 
uns. Dass Troja mit Etrurien zu den verschiedensten Zeiten in Ver- 
bindung gestanden hat, steht nach vielen Funden, die man gemacht hat, 
fest. Ed. Meyer schreibt in der neuesten Auflage seiner Geschichte des 
Altertums S. 694, dass schon in den ältesten Gräbern Etruriens ganz 
gleichartige Elemente sich finden, wie auf den anderen Gebieten der 
trojanischen Kultur, woraus ein reger durch die See vermittelter Aus- 
tausch, neben dem es an Kriegen und Umwälzungen nicht gefehlt haben 
wird, folge. Für die sonstigen Beziehungen Etruriens nach dem Osten 
mache ich nur auf vier charakteristische Punkte aufmerksam. Zuerst 
auf das etruskische Weltjahr, über das Suidas sub Tvoonma berichtet’): 
Der Demiurg habe der Welt zwölf Jahrtausende zum Lebensalter an- 
beraumt und jedes Tausend unter die Herrschaft eines Tierkreiszeichens 
gestellt. Sechs Jahrtausende habe die Schöpfung gedauert, sechs soll der 
Bestand sein. Im ersten sei Himmel und Erde, im zweiten das Firmament, 
im dritten Meer und Gewässer, dann die beiden grossen Lichter, die 
Seelen der Tiere und zuletzt der Mensch geschaffen worden. Das sind 
aber, wie uns allen bekannt, altorientalische Ideen. Nach Jeremias 
zeigt 2. die systematische Hervorhebung der Zwölfzahl z. B. bei Stammes- 
einteilungen Bekanntschaft der Etrusker mit altorientalischen Gedanken. 
3. hat man in Vetulonia in Etrurien, wie Usener, Die Sintflutsagen, 
S. 248—253 mitteilt, ein kleines Schiff aus Bronze gefunden, mit Dar- 
stellungen verschiedenartigsten Getiers, dem Anschein nach durchweg 
Haustiere, wie Hund, Ackerstier, Schweinefamilie, Schaf, Kalb oder Esel 
und Gans. Nach Usener haben wir in diesem Funde eine Arche Noäh 
im kleinen vor uns, sie trägt phönizischen Charakter an sich, ist aber 
nicht phönizischer Import, sondern von einheimischem Handwerker fremd- 
ländischer Vorlage nachgebildet, das betreffende Grab gehört dem 7. Jahr- 
hundert v. Chr. an. Ein ähnliches Bronzeschiffchen wurde auch in Sar- 
dinien gefunden. 4. kommen auf etruskischen Spiegeln Darstellungen 
vor, die sich nach dem beigeschriebenen Namen Atunis zweifellos auf 
Aphrodite und Adonis beziehen?). 


1) Grimme, Das israelitische Pfingstfest und der Plejadenkult, Tafel II Nr. 7; 
Roscher, Lexikon, III Sp. 1026. 

2) Jeremias, Das alte Testament im Lichte des Alten Orients, 1. Aufl. S. 65. 

3) PRE. XIX 8. 375 Zeile 2f. 


vU Dahse: 


Wie Etrurien aber nach Osten Beziehungen gehabt hat, so auch nach 
Westafrika. Das wird unwiderleglich bewiesen durch den auf einer 
pränestiner Schale dargestellten westafrikanischen Affen (Cynocephalus 
sphinx, Mandrill)!). Weiter finden sich in Etrurien kleine Bronzefiguren, 
völlig analog den Aschantigoldgewichten, die für den Hausgottesdienst 
in Etrurien gebraucht wurden. In Etrurien und Westafrika haben wir 
wie in Troja das -zeichen und das Stuhlmotiv. Die Hüttenurnen 
Etruriens erinnern an das Giebeldachhaus Westafrikas. Wir haben beider- 
wärts Perlen und durchbohrte Zylinder aus Glas als phönizische Einfuhr. 
Bowdich schreibt von dem westafrikanischen sanko-Instrument?): the 
Etruscan character of the carving is very surprising und Leo Frobenius 
hat ZE.?) darauf aufmerksam gemacht, was der Vollständigkeit halber 
hier auch herangezogen werden mag, dass die Ornamente Benins Ähnlich- 
keit haben mit denen der — Langobarden. Nach all diesem kann nicht 
daran gezweifelt werden, dass Etrurien mit Westafrika uralte Verbindungen 
gehabt hat, die teils durch die Altphönizier vermittelt, teils aber wohl auch 
selbst unterhalten wurden. Waren die Etrusker doch neben den Phöniziern 
und Karthagern das bedeutendste Handelsvolk des Mittelmeers, das mit 
den letzteren ja nach dem Zeugnis des Aristoteles Handelsverträge ab- 
geschlossen hat. Dürfen wir nun aber überdies noch weitergehen und 
annehmen, dass umgekehrt auch Westafrika nach Etrurien hinübergewirkt 
hat? Was soll die Nachricht Platos bedeuten, dass Atlantis sich erstreckt 
habe bis nach Etrurien und bis nach Ägypten??? 

Durch meine beiden Kalebassen wird nun auch ein neues Licht 
geworfen auf einen merkwürdigen Holzteller, der in Rhodesia in 
Südafrika gefunden worden ist, und der in der Mitte ein Krokodil 
(meine Kalebassen haben, wie erwähnt, in der Mitte zwei ge- 
kreuzte Eidechsen) und am Rande allerlei symbolische Zeichen 
hat. Da haben wir Zeichen, die an den Tierkreis erinnern: Stier, 
Zwillinge, Jungfrau?, Bogenschütze, Wassermann’; da sehen wir die 
unter dem Namen „Dollos“ bekannten Wurfzauberhölzer der Kaffern; 
da haben wir ausser anderen nicht mehr deut- und erkennbaren aber 
auch Symbole, die wir eben in Westafrika kennen gelernt haben, nämlich 
4 und Eidechse; und endlich Sonnenrad, Halbmond und Venus, Gruppe 
von drei Sternen und eine nach Armhaltung und Kopfbedeckung ganz 
und gar an den auf der einen Kalebasse dargestellten Mann erinnernde 
Mannesgestalt; den man schon als Orion gedeutet hat (siehe Abb. 4). 

P. Staudinger?) hat die Darstellungen auf dieser Holzschüssel einen 
verdorbenen, mit negerischen Elementen vermischten Tierkreis genannt. 
Er hat unseres Erachtens Recht. Symbolische Zeichen verschieden- 
artigsten Ursprungs sind hier zu einem bunten Durcheinander vereinigt. 
Wichtig für unsere Untersuchung ist, dass sich darunter auch astronomische 


1) Helbig. Das homerische Epos. 
2) Bowdich S&S. 261. 

3) ZE. 1907 S. 3:30 ff. 

4) ZE. 1906 S. 921. 


- Ein zweites Goldland Salomos. ‘1 


Symbole zeigen, die an westafrikanische erinnern. Wenn wir oben sahen, 
dass sich in den beiden Goldländern West- und Südafrikas dieselben 
Perlen fanden, so haben wir jetzt beiderwärts gleiche symboliche Zeichen 
entdeckt. 

Unter den westafrikanischen astronomischen Zeichen findet sich nun 
auch, wie schon verschiedentlich bemerkt, die moderne Tierkreis- 
darstellung, die man ja jetzt so häufig auch in Deutschland auf den 
Goldringen aus Westafrika sieht. Bei den Baule werden diese Tierkreis- 
zeichen auf Ringen nicht im Innern des Landes, sondern nur an der 


ae i 


a LO e dE ZO H ws a 


Lk d, SP 


Abb. 4. 


Küste dargestellt, während das „verlorene Wachsverfahren“ überall geübt 
wird. Demnach muss diese Darstellung des Tierkreises später als letzteres 
dorthin gekommen sein, was ja auch schon daraus folgt, dass die jetzt 
üblichen Zodiakusbilder erst seit dem 10. Jahrhundert!) auf Darstellungen 
erscheinen. Ich hatte vermutet, dass diese Darstellung durch die am 
Ende des 15. Jahrhunderts als Pflanzer nach der Goldküste versetzten 
spanischen Juden?) dorthin gekommen sei, und war dazu veranlasst durch 
einen von der Goldküste stammenden Ring, der die Inschrift trägt 


1) EB. Bd. 24 S. 792. 
2) Ritter, Gesch. d. Erdkunde 8. 248f. und Staudinger in Verhandlungen 
des Intern. Geographentages, Berlin 1899, Bd. I, S. 59/61. 


12 Dahse: 


MIZPAH. Diese Vermutung wird mir durch eine gütige Mitteilung 
P Staudingers bestätigt, dass MIZPAH-Ringe als jüdische Verlobungs- 
ringe gelten (siehe Abb. A Nr. 5, 6). Nun hat aber M. Kirmes im Brief- 
kasten des Sammler-Daheim 1909 Nr. 51 S. 32 darauf hingewiesen, dass 
diese Tierkreisringe ursprünglich an der Ostküste Afrikas und in den 
Teilen Innerafrikas, die von altersher mit dem Osten in Verbindung 
standen, vorkamen. Auf persönliche Anfrage erfuhr ich von Professor 
Kirmes noch, dass diese Darstellung wohl ursprünglich in Asien ent- 
standen sei und dass es sehr alte Exemplare gäbe in Sammlungen von 
Konstantinopel und Kairo. In der ZE. 1906 S. 884 wird die Anschauung 
vertreten, dass der westafrikanische Tierkreis, der neuerdings auch in 
Ostafrika nachgemacht werde, auf portugiesische Vorbilder zurückgehe. 
Ich lasse die Entscheidung offen. Nur mache ich darauf aufmerksam. 
dass nach einer von F. Brandes in London verfassten Zeitungsnotiz in 
den „Bremer Nachrichten“ vom 16. September 1903 bei den alten Römern 
bereits Zauberringe in Gebrauch waren, auf denen Sterne, der Kopf von 
Anubis, ein menschlicher Fuss oder der Zodiakus abgebildet waren. Ich 
habe nicht in Erfahrung bringen können, auf welche Quellen sich diese 
Mitteilung stützt, und auch nicht, was für ein Tierkreis es war. Irgendwie 
werden da die signa panthea in Betracht kommen, ob die Mithras-Religion 
da hineinspielt!)? 
Kapitel 10. 
Sonstige Spuren phönizischer Westfahrten. 


Ausser in Etrurien lassen sich nun aber auch noch an andern Stellen. 
die auf dem Seewege nach Westafrika liegen, Spuren phönizischen Ein- 
flusses nachweisen. Da will ich keinen Wert legen auf das, was man 
sich im 16. Jahrhundert und schon vorher bei den Arabern von uralten 
Bronze- und Steinbildern erzählte, die auf den Inseln ausserhalb der 
Säulen des Herkules oder in der Nähe der letzteren sich befunden haben 
sollen. So sollen bei Cadiz und auf den kanarischen Inseln Bronzeidole 
gestanden haben, und auf der äussersten Insel der Azoren*) soll angeblich 
ein grosses Steinbild, ein Mann zu Ross, der mit ausgestreckter Rechten 
nach Nordwesten deutete, von den Entdeckern gefunden und nach Lissabon 
gebracht worden sein. Das alles können mehr oder minder Fabeln sein. 
Aber einen zwingenden Beweis für den Handel punischer Kaufleute 
bilden doch nun die vielen punischen Münzen, die auf den Azoren, wie 
Humboldt’) angibt, gefunden worden sind. Wie dieser Umstand 
beweist, dass die Azoren den Puniern bekannt waren, so geht aus andern 
Beweisstücken hervor, dass die alten Phönizier schon die Kanarischen 
Inseln kannten. Denn bis zum Jahre 1868 stand in Orotava auf der 
Hauptinsel Teneriffa*) ein uralter Drachenbaum, der nach den Schätzungen 
der Botaniker auf ein Alter von mehreren Jahrtausenden zurückblicken 


1) Vgl. den Tierkreis von Heddernheim bei Wiesbaden. 
2) Peschel, Zeitalter der Entdeckungen 8. S1. 

3) Kritische Untersuchungen I S. 455. 

4) CB. I 141—145. 


Ein zweites Goldland Salomos. 13 


musste; schon die Conquistadores, die 1493 die Insel betraten, waren von 
seinem Alter ergriffen. Von diesem Baume spricht Humboldt mit Ver- 
wunderung und fragt: „Ist sein Dasein ein Beweis dafür, dass die Bewohner 
der Kanarien einst mit asiatischen Völkern in Verkehr standen?“ Wir 
können Humboldts Frage mit Breusing!) dahin beantworten, dass jener 
Baum von den Phöniziern, die auf ihren östlichen Fahrten die Insel Sokotra 
besuchten, wo die Drachenbäume in üppiger Fülle gedeihen, mitgenommen 
und nach den westafrikanischen Inseln verpflanzt wurde. Haben wir doch 
auf ägyptischen Denkmälern Abbildungen davon, wie Blumenkübel von 
der Fahrt nach Punt mitgebracht wurden. Endlich hat man auch auf den 
Kanarischen Inseln Perlen gefunden, die nur von auswärts eingeführt sein 
können, vielleicht ebenfalls ein Beweis phönizischen Handele?) 

Durch solche Funde wird nun das bestätigt, was uus bei den alten 
Schriftstellern von phönizischen Kolonien ausserhalb der Säulen des 
Herkules berichtet wird. Nach Strabo haben die Phönizier schon vor 
Homer den besten Teil von Spanien und Afrika besetzt. Und er be- 
richtet nach Eratosthenes (geb. 276), der als Vorsteher der alexandrinischen 
Bibliothek und geborener Nordafrikaner und auch durch eigene Reisen 
über die Vorzeit des phönizischen Afrikas die beste Kunde haben konnte, 
dass in Nordwestafrika die Phönizier nicht weniger als 300 Städte gehabt 
haben sollen, welche die Pharusier und Nigriten zerstört hätten. Wenn 
man auch hinsichtlich der Zahl Bedenken gegen diese Angabe hat (und 
doch vergleiche man damit die 30 Forts, die im 17. Jahrhundert die 
europäischen Staaten bloss an der Goldküste hatten), so wird die Tat- 
sache selbst, dass die Phönizier an der westafrikanischen Küste Kolonien 
hatten, doch heutzutage von den Geographen als historisch angenommen. 
Denn jener Bericht des Strabo erfährt eine bestätigende Beleuchtung 
durch eine zweite Nachricht. Im Jahre 500 ungefähr erhielt der Karthager 
Hanno von seiner Vaterstadt den Auftrag, mit einer Flotte von 60 Fünfzig- 
ruderern eine Kolonisations- und Handelsexpedition an der Westküste 
Afrikas zu unternehmen. Von der Beschreibung dieser Reise wurde 
dann später auf Staatsbefehl ein Auszug gemacht und in dem Saturn- 
tempel zu Karthago aufgestellt, von dem wir noch eine griechische Über- 
setzung (JJ/eoınkovs) haben, deren Angaben oben schon verschiedentlich 
herangezogen wurden. Aus Hannos Periplus geht nun aber hervor, dass 
er sich bewusst war, nicht der erste zu sein, der jene Küsten besuchte. 
Während er von einer Stadt ausdrücklich sagt, dass er sie dort neu 
gegründet habe, nennt er andere Städte, die von seiner Expedition nur 
neu besetzt wurden, ein Beweis dafür, dass zu seiner Zeit wohl noch 
Überreste jener alten, von Eratosthenes und Strabo erwähnten Städte vor- 
handen gewesen sein müssen. Diese Expedition des Hanno hat nun aber, 
wie jetzt diejenigen annehmen, die die Westküste Afrikas aus eigener 
Anschauung kennen, sich mindestens bis zum Kamerungebirge erstreckt; 
dies ist, wie oben nachgewiesen, das Gen dynua des Periplus. Dass die 

1) Nautik der Alten. 

2) CB. I 126. 


74 Dahse: 


Fahrt auch an dem südlichen Ufer Westafrikas entlang gegangen, wird 
dadurch bestätigt, dass Arrians Periplus!) sie 35 Tage gegen Sonnen- 
aufgang, also ostwärts fahren lässt. | 

Ich möchte in diesem Zusammenhange noch auf einen Artikel hin- 
weisen, der in der „Wissensch. Beilage zur Münch. Allg. Ztg.* 1903 
Nr. 118/9 erschienen ist. Dort erklärt Th. Zell, der schon in seinem 
Buche „Polyphem = ein Gorilla“ die Anschauung vertreten hat, dass den 
Irrfahrten des Odysseus Seefahrerabenteuer der Phönizier zugrunde lägen, 
in bezug auf die Abenteuer des Odysseus bei Circe, dass dies die Krleb- 
nisse eines Seefahrers am Hofe einer afrikanischen Königin seien: 
Zähmung von Bestien, Frauenherrschaft, Kannibalismus, leichtes Heiraten 
durch einen Fremdling, Vorliebe der Neger für Musik, Lebensweise und 
Jagd des Kudu, der grösser als ein Edelhirsch, veränderter Stand der 
Sonne, dies alles spräche für Afrika als Heimat der Circe. Dass auch 
gerade in unseren Gegenden Königinnen geherrscht haben, zeigen die 
beiden oben erwähnten Herrscherinnen, die Baulekönigin Pokou und die 
von Aguna?). Zell steht mit seiner Grundanschauung von den Odyssee 
nicht allein; Breusing lässt z. B. auch des Odysseus Irrfahrten sich bis 
nach Westafrika erstrecken. Nach allem in dieser Untersuchung Aus- 
geführten kann wohl die Ausdehnung der Reisen der Alten bis in unsere 
Gegenden nicht mehr bestritten werden. Wir dürfen sie für die Alt- 
phönizier annehmen auf Grund der symbolischen Zeichen. die in West- 
afrika sich finden und im Alten Orient ihre Parallelen haben; wir 
schreiben sie weiter den Karthagern zu wegen der Angaben in dem 
Periplus des Hanno und des Ps. Skylax. Wir finden sie nun wiederum 
zur Zeit der Römer. Denn Polybius?) machte Scipione Aemiliano res in 
Africa gerente mit einer aufs beste ausgerüsteten Flotte eine Fahrt bis 
in unsere Gegenden. Ja noch darüber hinaus. Denn nach einer Fahrt 
von 10 Tagen und 10 Nächten über das Aen öyyua hinaus erreichte er 
„als südlichsten Punkt das promontorium Hesperium, nicht identisch mit 
dem “Eoaeoor z£oas des Hanno, sondern wohl gleich dem heutigen Kap 
Lopez. Wir sahen schon oben, wie er zwischen diesem Vorgebirge und 
dem ` de dynua den Atlas liegen lässt, den Clarence Pic auf Fernando 
Po. — Und auch noch weiter sind die Alten gekommen oder vielmehr 
sie haben diese Seite Afrikas auch von der Ostseite zur See erreicht. 
Denn es braucht wohl nicht mehr ausdrücklich erwähnt zu werden, dass 
durch die hier geführte Untersuchung auch die von Herodot berichtete 
Umsegelung Afrikas durch die Phönizier zur Zeit des Pharao Necho, die 
übrigens heute ja wohl allgemein als wirklich geschehen angenommen 
wird, eine neue Bestätigung erhalten hat. Ist aber Westafrika so im 
ganzen ersten vorchristlichen Jahrtausend zur See erreicht worden und, 
wie wir oben in Kapitel 2 gesehen haben, in dieser ganzen Zeit auch 
schon als Goldland berühmt gewesen, dann wird auch das von der 


1) 43 ,,. 

2) Was hier aber nur als Analogie, nicht als Beweis für eine Heimat der Circe 
an der Groldküste angeführt sei! 

3) Bei Göbel, Die Westküste Afrikas, S. 20. 


Ein zweites Goldland Salomos. 73 


Tharschischfahrt mitgebrachte Gold von hier stammen, und wir haben die 
Goldküste und ihre Hinter- und Nebenländer mit Recht ein zweites Gold- 
land Salomos genannt. 


Kapitel 11. 
Ablehnung anderer Vermutungen. 


Es wird bekannt sein, dass die Goldkiiste schon von manchen, be- 
sonders ausländischen Forschern für Ophir gehalten worden ist. Isert 
schreibt wegen der aggry-beads'): „It is not improbable that in the 
golden age of Egypt she had communication with the Gold Coast; indeed 
it has been thought and perhaps not without some reason, that the Gold 
Coast is the Ophir of Solomon.“ Atkins vertrat in seiner Reise nach 
Guinea die Anschauung, dass Ophir gleich Sofala sei und dass man dann 
umgeschifft sei zur Goldküste.e Nach Peacock?) war auch ein Dr. Doig, 
formerly master of the Grammar School at Stirling, der Meinung, dass 
die Goldküste das salomonische Ophir wäre, und er selbst schliesst sich 
dessen Meinung an und lässt Salomos und Hirams Flotten von Ezeon 
Geber aus zuerst durchs Rote Meer nach Adulis fahren, von dort mit 
abessinischen oder sabäischen Herrschern Verbindungen anknüpfen, dann 
um Afrika herum „die abessinischen Kolonien“ an der Goldküste auf- 
suchen und endlich über Tharschisch nach Tyrus und Joppe zurück- 
kehren. Ähnliche Anschauungen finden wir schon nach Cornelius de 
Lapide bei Pinedas, lib. 4 de rebus Salomonis, der die Ophirfahrten 
von Ezeon Geber um das Kap der Guten Hoffnung nach Tartessus, von dort 
um Afrika nach Ostindien und dann zurück nach Ezeon Geber gehen 
lässt. Nach Huetius?) war in jenen Zeiten Ophir der allgemeine Name 
für die Ostküste Afrikas und speziell für Sofala, Tharschisch aber der 
allgemeine Name für Westafrika und Spanien, speziell die Landschaft am 
Guadalquivir. Auch dieser Forscher nimmt bei den Handelsfahrten 
Salomos eine Umschiffung Afrikas an, und ebenso 50 Jahre später 
Michaelis‘), der die Fahrten vom älanitischen Meerbusen nach Ophir 
— Arabien gehen lässt, wo man für Silber, das andere Schiffe dorthin 
gebracht, Gold aus Arabien selbst oder Indien eingetauscht habe und 
dann über Tartessus heimgekehrt sei. Eine Modifikation letzterer An- 
schauung in betreff des Zwischenhandels schlägt Roscher vor), der das 
auf der zentralafrikanischen Karawanenstrasse vermutlich nach der Insel 
Dahlak (Massaua) aus dem Westen gebrachte Gold dort von Ophirfahrern 
abholen, sie dann nach Indien fahren, dort einen Teil des Goldes gegen 
indische Waren umtauschen und dann mit dem westafrikanischen, auf 
jenem Landwege erhaltenen Golde und mit indischen Produkten nach 
Ezeon Geber zurückkehren lässt. Alle diese Anschauungen aber gehen 
von der verkehrten Auffassung aus, dass alles im Alten Testament über 


1) Bei Bowdich S. 218.9. 

2) S. 8. 

3) Histoire du commerce et de la navigation des anciens S. 50. 
4) Spicilegium Geogr. Hebr. ext. 1769 S. 100. 

5) S. 57, 58. 


76 Dahse: 


den Seehandel Salomos Berichtete auf ein und dieselben Handelsfahrten 
sich beziehe, und sind daher zu kompliziert. Wie zu Anfang dieser 
Untersuchung nachgewiesen, sind aber zweierlei Fahrten, eine Ost- und 
eine Westfahrt zu unterscheiden, dann lösen sich alle Schwierigkeiten 
ganz einfach und man kommt nicht zu solch umständlichem Handels- 
verkehr, wie ihn Pinedas, Michaelis und Roscher schildern. . 

Von denen nun aber, die eine Westfahrt annehmen, lässt Keil!) die 
afrikanischen Produkte am wahrscheinlichsten an der nördlichen Küste 
Afrikas noch innerhalb der Säulen eintauschen, dort habe es nicht bloss 
Affen und Elefanten, sondern nach Eusthatius auch Pfauen gegeben; nach 
Guthe?) kommt aber als Heimat der Waren der westliche Teil der Nord- 
küste Afrikas in Betracht, er äussert sich nicht genauer über die Gegend. 
Durch die nun aber gerade an der Goldküste und überhaupt im Kultur- 
bezirk von Gross-Benin sich findenden Reminiszenzen an den Alten Orient 
dürfte dieses Gebiet in erster Linie als Herkunftsort der afrikanischen 
Produkte der Tharschischfahrt in Betracht kommen. Nicht unerwähnt mag 
bleiben, dass Niebuhr in der OLZ. 1900 Sp. 69 die Deutung BSD als 
Negersklaven vertreten hat und damit die westafrikanische Herkunft der 
Schiffsladungen vollkommen klargestellt sein lässt. Ähnlich schon zur 
Zeit des Cornelius a Lapide?) 1642 nonnulli putant (Ophir) fuisse An- 
golam, in qua sunt Aethiopes, qui in mancipia adducti sunt Salomoni, uti 
et hodie inde adducuntur in Hispaniam. Von westafrikanischen Sklaven 
ist aber in dem urspriinglichen Texte, wie oben nachgewiesen, nicht die 
Rede. Und auch nicht, wie ebenfalls nachgewiesen, von indischen Pro- 
dukten, weshalb fiir uns die von Oppert vertretene Anschauung, dass 
die Tharschischfahrten (Tharschisch gleich Meer überhaupt) nach Indien 
gegangen sein sollten, unannehmbar ist. 

Nun hat man aber behauptet, dass gerade auf den Kulturkreis von 
Benin Indien eingewirkt haben müsse. Da wird ZE 1906 S. 983 auf die 
alten Beziehungen von Goa zum portugiesischen Afrika hingewiesen; noch 
1881 wären in Angola „viele“ Inder als Priester und Ärzte tätig ge- 
wesen; wir hören von der Wanderung der Malaien quer durch Afrika von 
1704 ab schon in einem Reisebericht der Allg. Hist. IV S. 378. Die 
Beninkunst soll indischen Ursprungs sein und in besonders intimer Weise 
sollen die Goldgewichte der Aschanti an indische Kunst erinnern, ebenda 
S. 987: „Jeder, der sie zum erstenmal sieht, ohne zu wissen, woher sie 
kamen, wird zunächst auf Indien raten und es wäre schon merkwürdig, 
wenn dieser täuschenden Ähnlichkeit nicht etwas Wahres zugrunde läge.“ 
Merkwürdigerweise lässt dann aber der Vertreter dieser Anschauung 
Messing und Bronze aus Europa, d. h. Portugal nach Benin kommen und 
einen portugiesischen Kanonier den ersten Urheber sein S. 991. Nun soll 
hier keineswegs geleugnet werden, dass auch auf Benin indische Einflüsse 
eingewirkt haben können und auch wirklich eingewirkt haben, aber 


1) a. a. O. S. 91. 
2) PRE XVII S. 572. 
5) zu 1. Kg. Has 


Ein zweites Goldland Salomos. ran 


zwischen der vorhistorischen Einwirkung Indiens, von der in ZE 1905 
S. 54ff die Rede ist und der gelegentlichen Einwirkung, seitdem Afrika 
und Indien den Portugiesen gehörte, liegt die Zeit der phönizischen, 
etrurischen (?), karthagischen, griechischen und römischen Mittelmeer- 
fahrten, die bis hierher gekommen sind, und die ihre Dokumente an der 
Westküste Afrikas, wie nachgewiesen, niedergelegt haben. Und da mögen 
zum Schlusse noch einige Einzelheiten erwähnt werden, die auf solche 
Fahrten zurückgehen mögen. Da hat man an der Goldküste Überreste 
einer antiken Bronzelampe gefunden’), da ist aus Dahome nach Frank- 
reich eine tönerne Lampe gekommen, die wohl auf solche antike Muster 
zurückgeht?), da hat man einen antiken Bronzekessel im Hinterland der 
Elfenbeinküste bei den Baule entdeckt?) und dort auch einen seltsam 
ornamentierten Pomadentopf aus Ton‘) — Ps. Skylax führt unter den 
Handelsartikeln der Phönizier für die Westafrikaner an erster Stelle 
utooy an!5) Und des Skylax Bericht zeigt uns auch, auf welchem Wege 
griechische Ideen nach Westafrika gekommen sein können. Ausführlich 
erwähnt er unter den Einfuhrartikeln: xtoauov “Attixoy xai yovs' Ta yao 
aldouara Eoriv dma èv tois yoto tH ooti. Die yes aber sind das Kannen- 
fest, der zweite Tag der grossen dreitägigen Frühlingsfeier im Monat 
Anthesterion (Februar-März), ein Fest des Nyseischen Bacchus in Athen. 
Mit diesen nach Westafrika aus Griechenland gekommenen Trinkgeschirren, 
auf denen doch jedenfalls auch bildliche Darstellungen sich fanden, können 
auch griechische Ideen dort ihren Einzug gehalten haben®). 


Kapitel 12: 
Wechselbeziehungen zwischen dem Westen, Osten und Süden Afrikas. 


Nachdem wir so allseitig die Bedeutung des Handelsverkehrs zur 
See mit unserem Gebiete gewürdigt, haben wir nun noch kurz zu- 
sammenzufassen, was ausser dem schon Erwähnten wohl auf dem Land- 
wege nach Westafrika gekommen sein kann. Da sahen wir oben schon, 
wie der Schlangenkult, religiöse Anschauungen und mancherlei Industrie 
zu Lande aus dem Osten in unsere Gegenden eingewandert sind. Ausser 
dieser wahrscheinlich durch Nubien vermittelten Einwirkung ist nun be- 
sonders aber noch die echtägyptische hervorzuheben. Darüber hat vor 
allem de la Fosse gehandelt: Er findet bei den Baules die Häuser ähn- 
lich denen der ärmeren Klassen Ägyptens; er behauptet, die Kleidung sei 
dieselbe wie bei den niederen Ägyptern und ebenso der Färbeprozess bei 
den gewebten- Stöffen, ferner die Sessel. -Auf die Ähnlichkeit des Gold- 
schmuckes und der Goldgewichte wurde schon hingewiesen. Indem ich 


1) Ellis, history S. 9. 

2) ZE 1907 Fig. 26 S. 80. 

3) de la Fosse in der Legende vom Perlenberg. 

4) de la Fosse, Abbildung 1. 

A Dazu kommen nun noch die soeben ron Leo Frobenius gemachten neuen 
Funde im Gebiete des alten Atlantis. 

6) Wie es scheint, hat es in Griechenland Trinkyeschirr mit Sternbilder- 
darstellungen gegeben, siehe Stoll, Griech. Lyriker 11 S. 21 22. 


TS Dalıse: 


alles weitere, besonders das über die Religion von de la Fosse Aus- 
geführte übergehe, mache ich nur auf das aufmerksam, was er über das 
Paradeschwert sagt, weil das vielleicht einen Anhalt geben kann über 
den Zeitpunkt einer ägyptischen Einwirkung. Die Ähnlichkeit des ge- 
krümmten Aschantischwertes mit dem altägyptischen ist ja schon oft be- 
tont worden, wie auch, dass letzteres zu dem Wurfmesser der Monbuttu 
Beziehungen hat’). Besonders wird man da an Darstellungen aus der 
12. ägyptischen Dynastie erinnert. Aus dieser Dynastie hatte aber z. B. 
Sethos I in Lybien*) zu kämpfen. Von den Tonpfeifen der Aschanti, die 
fast wie ägyptische aussehen, war oben schon die Rede. De la Fosse 
führt auch Skulpturen, die an ägyptische erinnern, aus dem Gebiet der 
Baules an und Rütimeier redet mehrmals in seinem Vortrag über „West- 
afrikanische Steinidole“?) von beinahe ägyptischen Zügen derselben. Wenn 
wir ferner sahen, dass in Westafrika der Sonnenschirm solch hohe Be- 
deutung hat, so geht auch das wohl zweifellos auf ägyptische Einwirkung 
zurück. Endlich wird auch der Webstuhl Westafrikas von Hartmann 
mit dem ägyptischen in Verbindung gebracht‘), Wann alle diese Ein- 
wirkungen von Ägypten ausgegangen sind und in welcher Weise, ob ledig- 
lich durch Handelsverkehr oder durch Kriegszüge oder gar durch Wan- 
derungen, müssen wir vorläufig dahingestellt sein lassen. Nur soviel ist 
sicher, dass solche Beziehungen älter sind als die von Nubien aus- 
gegangenen. Auch ist das nicht ausgeschlossen, dass in uralten Zeiten 
West- und Zentralafrika die Gebenden und die Ägypter die Empfänger 
waren! 

Es ist bekannt, dass der Falke in Ägypten dem Horus heilig war; 
in Edfu wurde dieser Sonnengott in jenem Vogel verehrt, wie überhaupt 
die Sonnengötter mit Vorliebe Sperbergestalt annahmen. In Westafrika 
ist der Geier ein heiliges Tier. In Yendi wird nach Barth den Geiern 
Verehrung zuteil5), in Nupes Hauptstadt, Bida), wie auch in Salaga’) 
fressen sie unangetastet die Abfälle auf den Strassen. Zu hunderten 
fliegen die Raubvögel über Kumassi hin, alle unangetastet und als heilig 
verehrt; die Falken (sansa) sogar zur königlichen Familie gerechnet§). 
Und damit vergleiche man nun die in Nanatali in Südafrika von Bent 
entdeckten steinernen Vögel. Hier liegen Erscheinungen vor, die die 
Vermutung uralter Beziehungen der drei Gebiete zueinander erwecken. 
Dass das historische Ägypten in diesem Punkte auf Südafrika eingewirkt 
habe, erscheint uns unwahrscheinlich. Wenn wir daran denken, dass 
Horus mit den Schmieden?) in Verbindung gebracht wird und die Schmiede- 


~ mme 


1) So schon Bastian 1878 S. 96 in ZE (cf. auch Hartmann, Völker Afrikas 
S. 120: Frobenius Ursprung der afrikanischen Kulturen S. 202.) 

2) Meyer, Gesch. des Altertums § 281. 

3) 8. 202, 

4) Hartmann, Völker Afrikas S. 159. 

5) IV 574. 

6) MFDSch. II 99. 

1) ebenda I 160, 

S) „Vier Jahre in Asante“ S. 150 Bowdich 8. 276 

9) Lockyer S. 594, 


Ein zweites Goldland Salomos. 79 


kunst doch wohl im äquatorialen Afrika eine Urheimat hat!), so möchten 
wir Zentral- und Westafrika als Ausgangspunkt von Völkerbewegungen 
annehmen, die ihre Wellen bis hin nach Ägypten und andererseits bis 
nach Südafrika geworfen haben. Das würde natürlich in eine Zeit zurück- 
führen, die jenseit des ältesten, beglaubigten Datums?) der Weltgeschichte, 
jenseit des Jahres 4241 v. Chr. liegt. Nicht ohne Bedeutung dürfte es 
doch sein, dass de la Fosse immer darauf hinweisen kann, dass West- 
afrika mit der Kultur der ärmeren Bevölkerung Ägyptens, d. h. der nicht 
weiter fortgeschrittenen solch überraschende Ähnlichkeit hat. Man könnte 
sich denken, dass in Ägypten eine Kultur zur Blüte gelangt ist, deren 
Wiege in Zentral- und Westafrika gestanden hat. Schon Bastian?) hat 
ja 1884 von dem zentralafrikanischen Typus gesprochen, der immer deut- 
licher zutage träte und sich am nächsten an den ägyptischen Stil anlehnen 
würde. Doch bleiben diese Zusammenhänge für die Zukunft noch näher 
zu erforschen. 

Nun haben wir schon mehrfach auf die Parallelen zwischen West- 
und Südafrika hingewiesen: beiderwärts Perlen ausländischen Ursprungs, 
die mit dem Golde in Verbindung gebracht werden, beiderwärts astro- 
nomische Zeichen, die gleichen Ursprungs sein müssen, beiderwärts Steine 
„las Geld der Alten“ (vgl. CB II S. 155, Daheim 1909/10 Nr. 2 S. 30; 
an der Goldküste nach persönlicher Mitteilung Steiners genannt blamabii- 
asika). Wie erklärt sich das alles? In den 1871 von Mauch wieder ent- 
deckten Ruinen von Simbabwe in Südafrika haben wir ein Gebiet, das 
von denselben Seefahrern besucht wurde, wie Westafrika. Nach letzterem 
kamen sie durchs mittelländische, nach ersterem von Ezeon-Geber aus. 
Dies ist Ophir, das eine Goldland Salomos, jenes Uphas, das zweite 
Goldland Salomos, wie in vorliegender Untersuchung gezeigt worden ist. 


1) v. Luschan, ZE. 1907 S. 381f. 
2) Meyer, Gesch. d. Altertums § 19%. 
3) Ethnologie in ihren geographischen und historischen Gesichtspunkten, S. Di, 


Die syrischen Juden anthropologisch betrachtet. 
Von 
Dr. S. Weissenberg-Elisabethgrad. 


Mit vier Photographien nach Aufnahmen des Verfassers. 


Die geographische Lage sowie die Bodengestaltung Syriens und 
Palästinas brachte es wohl mit sich, dass beide Länder seit uralter Zeit 
in ihren Schicksalen eng miteinander verknüpft sind. Indem sie eigentlich 
nur eine geographische Provinz bilden, sind die häufigen Kämpfe mit ab- 
wechselndem Glücke verständlich, die meistens zu zeitweiligen Grenz- 
verschiebungen unter den einzelnen nicht selten ephemeren Königreichen 
führten. Im allgemeinen ist Syrien als das Land zu bezeichnen, wohin 
die Juden in ihrem Zerstreuungsdrange vielleicht am frühesten gelangt 
sind. Schon König David besiegte Damaskus und machte es sich durch 
hinterlassene Besatzungen untertan, welcher Zustand aber nicht lange 
dauerte (2. Sam. 8, 5 und 6). Nach der Teilung des jüdischen Reiches 
war es hauptsächlich das Reich Israel, das häufig in Verwicklungen mit 
Aram (Syrien) geriet. Nach der siegreichen Schlacht bei Afek, etwa in 
der Mitte des 9. Jahrhunderts v. Chr., bekam der König von Israel Ahab 
das Recht eine israelitische Kolonie in Damaskus anzulegen, wie es einige 
Jahre zuvor auch der Aramäer Ben-Hadad für sich in Samaria erwirkt 
hat (1. Kön. 20, 34). 

Die winzigen Königtümer am Gestade des Mittelmeeres konnten aber 
vor den mächtigen Reichen des Ostens nicht lange standhalten und sie 
fielen bald unter das Joch Assyriens und dann Babyloniens. Seitdem kam 
Judäa nur auf kurze Zeit unter den Makkabäern zur Selbständigkeit, 
teilte aber im grossen und ganzen das Schicksal Syriens. Es lässt sich 
vermuten, dass die häufigen politischen Wirren in Judäa dazu führten, 
dass Unzufriedene im nächstgelegenen Damaskus Zuflucht suchten und 
fanden. Jedenfalls ist aber nach Apostelgeschichte 9 zu schliessen, dass 
schon zu Beginn der christlichen Ära zahlreiche Juden in Damaskus an- 
sässig waren. Auch berichtet Jos. Flavius (Jüd. Krieg. II, 20, 2), dass 
die Damaszener nach einer für die Römer unglücklichen Schlacht 
10000 Juden ermordet haben. 

Für das ganze Mittelalter haben wir sichere Nachweise dafür, dass 
Syrien mehr oder weniger grosse jüdische Gemeinden beherbergt hat. 
So spielten die Juden keine geringe Rolle in den Kämpfen zwischen den 


Weissenberg: Die syrischen Juden anthropologisch betrachtet. 81 


Persern und Byzantinern. Der bekannte jiidische Reisende des 12. Jahr- 
hunderts, R. Benjamin von Tudela gibt an, dass zu seinerzeit in 
Damaskus 3000 und in Aleppo 1500 jüdische Familien wohnten, von 
denen viele reich und gelehrt waren. Ein anderer jüdischer Reisender 
aus derselben Zeit, R. Petachja aus Regensburg, schätzt die jüdische 
Bevölkerung von Damaskus auf 10000 Seelen. 

Nach der Vertreibung der Juden aus Spanien (1492) liessen sich viele 
Flüchtlinge in Syrien hauptsächlich in Damaskus und Aleppo nieder, wo 
sie eigene Synagogen bauten. Sie haben sich allmählich ganz und gar 
in der an Zahl überwiegenden und kulturell nicht tiefer stehenden älteren 
Jüdischen Bevölkerung aufgelöst und nur einige Familien weisen noch 
stolz auf ihre spanische Abstammung hin. 

Zur besonderen Blüte gelangten die jüdischen Gemeinden Syriens im 16. 
und 17. Jahrhundert, aus welcher Zeit viele hervorragende Rabbiner und 
Gelehrte bekannt sind. 

Die obige allzu kurze Schilderung der geschichtlichen Verhältnisse 
lässt erkennen, dass Syrien eigentlich nie judenrein war und dass die 
dortigen jüdischen Gemeinden auf eine ununterbrochene, Jahrtausende 
lange Existenz Anspruch erheben dürfen. Es darf deshalb mit einem ge- 
wissen Recht vorausgesetzt werden, dass sich unter der heutigen jüdischen 
Bevölkerung Syriens noch Elemente aus dem grauen Altertum erhalten 
haben, weshalb das Studium dieser Bevölkerung in mancher Beziehung, 
hauptsächlich aber in anthropologischer von grossem Interesse wäre, um 
so mehr als auch jetzt noch die syrischen Juden hauptsächlich in den 
(irossstédten in kompakten Massen wohnen. So wird die jetzige jüdische 
Einwohnerschaft von Aleppo und Damaskus auf je 10000 und die von 
Beirut auf 5000 Seelen geschätzt. Ausserdem zählen noch viele kleinere 
Städte jüdische Gemeinden und auch im Libanon sollen sich welche er- 
halten haben. 

Während meines Aufenthaltes in Palästina konnte ich auch Syrien 
einen kurzen Besuch abstatten und es gelang mir 30 Damaszener Juden, 
sowie zehn Juden und zehn Jüdinnen aus Aleppo anthropologisch zu 
untersuchen. Im folgenden möchte ich die Untersuchungsresultate kurz 
mitteilen und auf die sich ergebenden höchst bemerkenswerten Unter- 
schiede im Bau beider Gruppen aufmerksam machen, um weitere 
Forschungen in dieser Richtung anzuregen. 


(Siehe Tabelle S. 82.) 


In Tabelle I habe ich die von mir bestimmten Masse in ihren Mittel- 
und Extremwerten zusammengestellt, um eine bessere Übersicht beim Ver- 
gleich der verschiedenen Gruppen zu gewinnen. 

Schon eine ganz oberflächliche Betrachtung lehrt, dass die Damaszener 
Juden sich nach ihren Körpermerkmalen von den in Aleppo bedeutend 
unterscheiden. 

So sind die Damaszener Juden mit einer mittleren Körperhöhe 
von 1663 mm über mittelhoch, während die von Aleppo mit einer solchen 
von 1645 mm mittelhoch sind. 

Zeitschrift für Ethnologie. Jahrg. 1911. Heft L 6 


82 Weissenberg: 


Tabelle I. Körpermasse der syrischen Juden. 


Damaskus Aleppo 
ee Se Gd Manner 
Mass | Männer Frauen e? 
. (Mittel Max. I -rem BN [sammen 
| Min. Mite Max. || Min. 
| 


Mittal Max. 
Körperlänge . 
Klafterweite . 
Kopfunfang . 


Grésste Kopf- 
länge. ... 


Grösste Kopf- 
breite ‘ 


Gesichtslänge . 
Jochbreite . . 
Nasenhöhe . . 


~] 


SU Lë 
TS 
SZ ZS 
& 


Nasenbreite 
obere. ... 


Gi 


Nasenbreite 
untere e e e 


33 | 38 


3 


843} 91,2! 75,7 83,0. 92,0 


Kopfindex . .| 73,5] 80,0) 88,1 e 80.9 
Gesichtsindex | 81,7) 92,6) 102,3] 89,4 94,2 | 99,3, 81,9) 92,8) 102,4 92,6 
Nasenindex. .I 50,8: 58,9: 69,2 521 Se 65,4 | 58,8 58,38 66,0 58,9 


| | | 


Der Kopf der Damaszener (grösste Kopflänge 185, grösste Kopf- 
breite 148) ist mehr lang und schmal, der der Juden aus Aleppo (grösste 
Kopflänge 179, grösste Kopfbreite 151) ist dagegen mehr kurz und breit. 

Aus diesem verschiedenen Verhalten der Kopfdurchmesser resultiert 
der verschieden grosse mittlere Kopfindex beider Gruppen, der um ganze 
vier Einheiten differiert, indem er für Damaskus 80,0 und für Aleppo 84,3 
beträgt. 

Das Gesicht ist umgekehrt bei den Juden aus Aleppo, die eine Ge- 
sichtslänge von 129 und eine Jochbreite von 137 hatten, etwas länger als 
bei denen von Damaskus, deren entsprechende Masse 126 und 136 hoch 
waren. 

Dementsprechend ist auch der Gesichtsindex verschieden, indem 
er für Aleppo 94,2 und für Damaskus 92,6 beträgt. 

Den Gesichtsmassen entsprechend ist auch die Nase bei gleicher 
oberer und unterer Breite bei den Damaszenern etwas kürzer als bei der 
anderen Gruppe, was auch am Nasenindex, der bei den Damaszenern 
um eine Einheit grösser ist (58,9 gegen 57,9), seinen Ausdruck findet. 

Der auffallendste Unterschied zwischen den Juden von Damaskus und 
denen von Aleppo besteht somit in der Kopfform, indem die ersteren 
hart an der Grenze der Mesokephalie stehen, während die letzteren beinahe 
hyperbrachykephal sind. Man könnte einwenden, dass dieser Unterschied 


Die syrischen Juden anthropologisch betrachtet. 83 


ein zufalliger sei, indem nur zehn Juden aus Aleppo gemessen wurden, 
welche Zahl für irgend welche bindenden Schlüsse als unzureichend zu be- 
trachten ist. Demgegenüber sei aber darauf hingewiesen, dass auch die 
gemessenen zehn Jüdinnen aus Aleppo im Mittel einen stark aus- 
gesprochen brachykephalen Kopf mit einem Index von 83,0 hatten. 
Wird diese Erscheinung berücksichtigt, dann steigt die Kurzköpfigkeit 
der Juden von Aleppo aus dem Bereiche des Zufälligen in den des Tat- 
sächlichen. Übrigens spricht auch nach Tabelle II die Verteilung der 
Kopfindices nach den gebräuchlichen Formen dafür, dass in Aleppo mehr 
kürzere, in Damaskus mehr längliche Köpfe vorkommen. So liessen sich 
in Damaskus keine Ultrabrachykephalen, dagegen echte Dolichokephale 
feststellen, während in Aleppo umgekehrt keine langen, dagegen aber 
extrem kurze Köpfe nicht selten anzutreffen waren. 


Tabelle II. Kopfindex. 


Aleppo 
Damaskus Basen 
Männer Frauen 
Dolichokephal . . .. 2... 2.2.22 0.. — 
Mesokephal. wg & sw AER 2 
Brachykephal ...... 2200000 6 
Hyperbrachykephal. .......... 1 
Ultrabrachykephal ........... 1 


Bevor wir auf die Ursachen dieser Erscheinung eingehen, wollen wir 
noch kurz die beschreibenden Merkmale durchnehmen. 

Die Gesichtsform war bei den Damaszenern in 13 Fällen oval, in 11 
langoval, in 5 spitzoval und in 1 breitoval; ausserdem zeigten vier eine 
leicht fliehende Stirn. Unter den Juden von Aleppo zeigten vier Manner 
und sechs Frauen langovale, vier Manner und eine Frau ovale, zwei 
Manner und eine Frau breitovale und endlich zwei Frauen spitzovale Ge- 
sichter; ausserdem liessen sich bei drei Männern und einer Frau mehr 
oder weniger vorstehende Jochbeine feststellen. 


Messtabellen. 
| Abkürzungen: 
br. = breit, ger. = gerade, schw. = schwarz, 
brn. = braun, J. = Jochbeine, sem. = semitisch, 
d. = dunkel, h. = hell, sp. = spitz, 
e. = etwas, L = lang, St. = Stirn, 
fl. = fliehend, ov. = oval, v. = vorstehend. 


Körperhöhe, Klafter und Kopfumfang in Zentimetern. Alle übrigen 


Masse in Millimetern. 


84 Weissenberg: 


I. Juden aus 


Gr. Kopf-|Gr. Kopf-| Kopf- |Gesichts-| Joch- | Gesichts- Obere 


länge breite | index länge breite index -o 
| | i 
145 9310: 5 
37} 905 ` 3I 
45 89,7 3 
36 | 934 37 
87 ' 871038 
36 | 9,6 | 34 
37 87,6 32 
40 886 33 
35. 89,6 | 35 
39 | 885 ; 30 
32 ` 84 B 
37 92,7 32 
3 ` on | 3 
m on 28 
3T 12 | 30 
33 | 865 ` Oe 
3T "me "e 
2 098,8 29 
36 | 926 | 32 
39 971 31 
4 on 30 ` 
| 0.992 30 
| 99 | 102,3 30 
9 1014 | 28 
| H 90,3 32 
| 42 89,4 26 
| 32 94,7 25 
| 27 93,7 26 
| 48 80,0 2.8 91,7 | 38 
| au | 16,3 | 23 40 aa | 31 


t 
l 


Bei 5, 19 und 24 Kopf hoch, hinten abgeplattet. 


Was die Nasenform anbelangt, so war sie bei 14 Damaszenern ge- 
rade, bei 11 ausgesprochen und bei 3 leicht semitisch, die übrigen zwei 
hatten eiae Adlernase; eine Nase war auffallend breit. Von den Juden 
aus Aleppo zeigten sechs Männer und fünf Frauen eine gerade, zwei 
Männer und zwei Frauen eine echt semitische, zwei Frauen eine leicht 
semitische und endlich zwei Männer und eine Frau eine Adlernase; bei 
zwei Männern war die Nase ausserdem im ganzen gross. 

Uber das Verhalten der Farben der Augen und der Haare belehrt 
uns Tabelle III. Die Haarfarbe war meistens schwarz, hellbraun liess 


Die syrischen Juden anthropologisch betrachtet. 85 
Damaskus. 
en | Nasen- | Nasen- Gesichts- | Nasen- Iris- | Haar- Farben- 
breite höhe index form | form farbe | farbe typus 
DEE te | | 
Ay | vo 61,3 lov. St. e. fl.| e sem | hbrn. | schw. brünett 
D 53 623 | spov. ger, | brn. | schw. a 
Gs 5T | 649 ov ' ger. br. | hbrn. | dbrn. | S 
35 5G 62,5 lov F gen ` JL pe | schw. |, 
32 53 (0,4 ov. St. e fl. ger. | dbrn | schw. S 
36 52 | 692 lov | ger. | grau ' dbm. | gemischt 
DE | 55 61,8 ov ' sem. | brn. ' schw. brünett 
33.5 63,6 Ispov eem, i grau ; ddbrn. | gemischt 
32 5T | 6L lov sem. | dbrn. | schw. | brünett 
393 VI 60.0 | ov ger. | brn | s Š 
31 öl 60,8 OV. e. sem. : dbrn. e a 
38 Ib 67,9 Ov. e. sem. | dbrn | s e 
30 57 92,6 lov. sem. | hbrn. > e 
29 392.558 , brov. ger. | brn S S 
Sl at | 54,4 | Ispov. sem. Ä hbrn. ddbrn. = 
mm GTB. ger. | hbrn dbrn. S 
v2 | 59 54,2 ov. | sem hbrn. hbrn. R 
RÉI 58 | DRG lov | Adler brn. dbrn. Se 
34 53 GAL ov. ger , bm. schw. ; 
3 t 61 557 lov. St. e. fl. sem. brn. schw. 2 
32 58 55,2 lov. | e Adler | brn, — ddbrn. l 
30 dO 54,5 lov gen | dbrn. ` schw. a 
Al 08 06,4 | lov ger. | brn. schw. > 
83 | 58 | 56,9 lov. St. e. fl. ger grau hbrn. | gemischt 
DO | 87 59 | OV |! ger | dbrn. | schw. brünett 
32 63 50,8 | ov i sem brn. ddbrn. s 
3] 59 52,5 | Ispov. sem | dbrn. | schw. e 
30 Ai 54,5 | spov. | sem | hbrn. schw. a 
Do | 34 611 ; ov sem hbrn. `, schw. = 
A) | 55 66.0 | ov | ger. | dbrn. ddbrn. e 
sich nur bei zwei Damaszenern feststellen. Aber auch blondes Haar 


scheint, wenn auch selten, vorzukommen, indem ich es in Damaskus unter 
mehr als 200 Schiilern nur zweimal antraf. Dass unter den zehn unter- 
suchten Jüdinnen eine blond war, ist wohl einem Zufall zuzuschreiben. 
Den Haarfarben entsprechend, zeigte auch die Iris fast durchweg braune 
Farbe, indem nur drei Männer aus Damaskus, und je ein Mann und eine 
Frau aus Aleppo graue, sowie eine Frau blaue Augen hatten. Somit 
waren die untersuchten Personen ihrem Farbentypus nach überwiegend 
brünett, da nur etwa 10 pCt. gemischte Charaktere zeigten. 


86 Weissenberg: 


il. 

A. 

Körper: Kopf- | Kopf- | Kopf- | Kopf- Ge Joch- | Ge E 

ES höhe ES umfang | linge ; breite | index Se breite on höhe 

| | linge index 
| | 

1] 1665 | 745 | 53 182 | 144 | 791 | 126 | 182 95 57 
2} uw | 79 35 | 9 | 58 |785 ml 38 993 66 
3 59 65 4 77 4 | 870 , 29 37 942 GO 
4 | 54 59,5 1,5 73 46 84,4 | 26 41 99,4 59 
5 | 68 75 4 81 5 | 85.6 | 26 87 920] 54 
el a 8 ! 8 | 7 55 | 912 ' 24 37 «90,5 | 52 
el 64 | % | 7 | 9% | se | 35 43° 944] 5 
8 | 625 | 66 3 73 53 | 88,4 | 35 39 | 97,1] 59 
9 70 73,5 2 74 49 | 85,6 29 M | 96,3 | 54 
10 | 56 635 | 15 73 47 | 85,0 24 1, 47, 56 

B. 
Ss Be, | ae D WE 
IÍ 155 bi — 185 | 140 | 75,7 , 1% 126 92; 55 
I| 48 49 = 63 50 | 92,0 4 | Qi | 819 | 52 
HII] 525 | 54 = 83 50 | 82,0 22 | 21 | 100,8 : 52 
IV] 51 45 | — 60 32 | 825 19 18 100,8 | 51 
Vi 52 | 58 = G4 | 45 | 884 | 29 25 97,6; 52 
VI} 525 59 i — 74 46 8839 12 9% | gn 47 
VII} 45 40 — 70 40 ! 823 6 23 102,4 | 56 
VIII} 5 | 55 me 73 4 ! 815 | 10 30 846 46 
IX] 51 | 54 == 70 32 77,7 12 25 89,6 52 
X| 59 64 = 71 43 | 88,6 16 30 | mä 50 


Nr. 2 und 3 sollen aus Spanien stammen. 


Uberblicken wir kurz die gewonnenen Resultate, so sehen wir, dass 
die beiden jüdischen Gruppen, obgleich räumlich ziemlich eng beieinander 
wohnend, doch auffallende physische Unterschiede aufweisen. Ausser der 
verschiedenen Kopfform, worauf schon oben aufmerksam gemacht wurde, 
lassen sich noch folgende bemerkenswerte Unterschiede feststellen: das 
Gesicht der Juden von Aleppo, obgleich im allgemeinen länger als das 
der Damaszener, zeigt doch nicht selten vorstehende Jochbeine, und auch 
in der Form der Nase lässt sich insofern eine Differenz konstatieren, als 
diese bei den Damaszenern viel häufiger die semitische Krümmung zeigt 
als bei der anderen Gruppe. 

Wenn auch der Zufall dem Anthropologen manchmal bös mitspielt, 
so ist hier diesem Faktor kaum eine nennenswerte Bedeutung zu- 
zuschreiben, da beide Geschlechter, worauf ich schon bei dem Kopfindex 
hinwies, dieselben Besonderheiten zeigen. Es ist somit nach anderen 
Ursachen mehr innerlicher Natur zu forschen, die die besagten Differenzen 


Die stiechen Juden anthropologisch betrachtet. 87 


Aleppo. 
Juden. 
0 bere , Untere Nasen- | Gesichts- | , Haar- Farben- 
Nasen- | Nasen- | , Nasenform | Irisfarbe 
breite breite index form | farbe | typus 
SS SS Sees 
29) 33 57,9 ov. J. e. v. | Adler hbrn. schw. brünett 
35 35 53,0 ov. sem. gross brn. schw. 2 
34 36 60,0 Ov. ger. hbrn. schw. 8 
31 32 54,2 | brov. J. e. v.| Adler, gross grau | schw. | gemischt 
30 34 63,0 Ov. ger. dbrn. schw. briinett 
33 | 32 61,5 | brov. J. e. v. ger. dbrn. schw. Š 
35 36 65,4 lov. ger. | brn. | ddbrn. a 
28 3 52,5 ov. sem. | brn. ` schw. = 
25 33 61,1 lov. ger. | brn schw 4 
27 33 58,9 lov. ger. | brn schw | : 
Jiidinnen. 
| | 
28 30 | 54,5 | lov. | ger. brn. schw. brünett 
27 29 55,8 brov sem. dbrn dbrn ae 
29 30 57,7 Ispov. ger. hblau blond | blond 
28 29 56,9 lov. sem. dbrn schw | brünett 
29 28 53,8 lov. | e. sem. dbrn, dbrn. | A 
30 31 66,0 ov. ger. dbrn. ddbrn. 
33 31 55,4 lov. e. sem. brn. | ddbrn bs 
35 30 65,2 | spov. J. v. e. Adler dbrn. schw 
30 32 61,5 lov. | ger. grau | schw | Be a 
27 29 58,0 lov. ger. dbrn. | schw | briinett 
l 


Nr. 9 und 10 zeigten hohe, hinten abgeplattete Köpfe, bei 10 war der Kopf schief. 


hervorgebracht haben, und glaube ich, solche nur in der verschiedenen 
ethnischen Zusammensetzung der beiden Gruppen suchen zu müssen. 
Meiner Meinung nach sind die Damaszener Juden als weniger gemischte, 
dem Urtypus näherstehende Gruppe zu betrachten, während die von 
Aleppo viel fremdes Blut besonders durch die grössere Zuwanderung der 
spanischen Juden aufgenommen haben. So führten zwei Männer aus 
letzterer Stadt ihren Ursprung auf Spanien zurück. 

Nicht unerwähnt möchte ich lassen, dass unter den Gemessenen eine 
gewisse Verunstaltung des Kopfes in Form einer deutlichen Abplattung 
des Hinterhauptes sich bemerkbar machte, die entschieden zur im Mittel 
resultierenden Kurzköpfigkeit das ihrige beitrug. Einen in solcher Weise 
deformierten Kopf zeigten drei Damaszener sowie drei Aleppoer. 

Unsere Untersuchung lehrt, wie wichtig es sei, die einzelnen Pro- 
vinzen getrennt zu behandeln, denn nur dadurch kann man hoffen, ent- 
weder die vorhandenen Besonderheiten zutage zu fördern oder die 


88 Weissenberg: 


Abb. la. Juden aus Damaskus. 


Abb. 1b. Juden aus Damaskus. 


Die syrischen Juden anthropologisch betrachtet. 


Abb. 2b. Juden aus Aleppo. 


90 Weissenberg: Die syrischen Juden anthropologisch betrachtet. 


Tabelle III. Farbentypus. 


Damaskus I-—— -~ 


Männer Frauen 


BONG. ut an ra oe éi e E Ek 


Bränn Ag. a des cee a A St Ln hs ce Eer SS 


Blaz 5.2. 212 5 28 ee ee A 


Farbentypus: 
Briineltt an. Ze er aa pe 
Blond! .. & era es et. ae er 


pb ` ke 


Identitäten zu beweisen. Die letzte Kolonne der Tabelle I bringt die für 
beide Gruppen gemeinsam berechneten Mittelwerte, und ist daraus zu er- 
sehen, wie der Zahlenüberschuss der Damaszener die Besonderheiten der 
Aleppoer ganz und gar unterdrückt, indem die gemeinsamen Mittelwerte 
mit denen für die Damaszener allein sich fast decken. 


Die Ausrüstung eines Elefantenjigers der Baia nebst einigen 
Bemerkungen über die Elefantenjagd in Kamerun. 


Von 
Carl Seyffert in Leipzig. 


Dazu Anhang: Wortlaut und Übersetzung zweier zum Einlegen in Amulett- 
kapseln bestimmter Schriftstiicke in arabischer Sprache. 


Von 
Prof. Dr. Hans Stumme in Leipzig. 
(Mit 22 Figuren.) 


Das Kgl. ethnographische Museum zu Dresden erwarb vor kurzem 
von Herrn Oberleutnant v. Oertzen die Ausrüstung eines Elefantenjägers 
der Baia. 

Die Baia!) wohnen im französischen Kongogebiet; nur ein verhältnis- 
mässig kleiner Teil des Stammes kommt, namentlich dem Flusslauf des 
Kadei folgend, bis auf deutsches Gebiet. Ihre bedeutendsten Dörfer sind 
Gubu, Gaza und Bertua, letzteres auf deutschem Boden. In ständigem 
Verkehr mit handelstüchtigen Leuten, wie den Ngaundere, Tibati und 
Haussa sind die Baia selber tüchtige Händler geworden, deren Wirkungs- 
kreis sich bis nach Ngaundere im Norden, bis zu den Makkah im Süden 
erstreckt, vor allem aber bis in das Gebiet der Wute im Westen. Einige 
besonders Unternehmungslustige mögen wohl auch bis Bamum und in die 
Gabaris-Gegend vordringen, aber soweit wie die von Sokoto kommenden 
Haussahändler streifen sie doch nicht umher. 

Als Durchzugsgäste sind die Baia bei den Eingeborenen hoch ge- 
schätzt: sie gelten als Inhaber starker Medizinen und Amulette und als Her- 
steller eines sehr wirksamen Giftes. Fast alle Giftspeere, die v. Oertzen 
im Joko-Bezirk gefunden hat, hatten die Wute von den durchziehenden 
Baia erworben. Daneben bedeutet ihr Erscheinen aber auch eine ganze 
Reihe von Festtagen für die Eingeborenen. Sie gelten nämlich allgemein 
als gute Jäger und betreiben die Jagd sogar mit einer gewissen Passion, 
soweit sie ihnen Gewinn verspricht. Wo sie sich niederlassen, wird zuerst 
das Grosswild, Elefant und Büffel, mit Pulver, Giftspeer und Pfeil ver- 
folgt; unter dem geringeren Wilde räumen sie mit Netzen und Brenn- 


1) Brussaux, Bull. de l'Afrique francaise. Nov. 1907. Reitzenstein, Längs 
der Ostgrenze von Kamerun. Glob, 93, Bd. S. 229 ff. 


92 Seyffert: 


jagden auf. Hervorragende Jäger sind die Kaka, ein Baiastamm nord- 
westlich von Mbismu gegen Gaza hin. Es wird erzählt, das die Bewohner 
des grossen Kakadorfes Delele im Jahre 1905 300 Elefanten erlegt 
hätten‘). Die in jagdlicher Beziehung scheinbar ungeordneten Verhält- 
nisse unterliegen in Wirklichkeit ganz bestimmten Abmachungen, an denen 
unter allen Umständen festgehalten wird. Jedes Dorf, jedes Gemeinwesen 
besitzt seinen ziemlich festbegrenzten Jagdgrund. Will ein Fremder dort 
jagen, so bedarf es dazu der Erlaubnis des, sagen wir, Jagdherrn, der als 
Entschädigung für die erteilte Erlaubnis einen Teil der Beute, beim Ele- 
fanten gewöhnlich einen Stosszahn erhält. Das Fleisch wird zu Freund- 
schaftspreisen für etwas Pulver, Salz, Feldfrüchte, oder auch gegen Gummi 
eingetauscht. 

Da die Baia bei ihren Jagdzügen ganz skrupellos vorgehen und in 
kurzer Zeit alles vorhandene Wild ausrotten, so hatte ihnen v. Oertzen 
im Wute-Bezirk das Jagen verboten. Ein Mann hatte das Verbot über- 
treten, er wurde zwei Tagemärsche nördlich von Joko angetroffen und er- 
griffen. Mit vieler Mühe gelang es v. Oertzen, die Ausrüstung dieses 
Jägers, die jetzt dem Dresdner Museum einverleibt ist, zu erwerben. Eine 
solche Ausrüstung gilt dem Jäger höher als sein Leben. Ausser seinen 
Waffen besitzt er einen wahren Schatz an allen möglichen Zaubermitteln. 
Den Grundstock dieser Kostbarkeiten bilden einige von den Vätern er- 
erbte Medizinen, alles übrige aber hat er auf seinen Wanderfahrten ge- 
sammelt, zum Teil für teures Geld erstanden. Sie sind ihm unersetzlich, 
ohne sie wird er auf der Jagd niemals mehr Erfolg haben. Aber ausser- 
dem fällt er, wenn er diese Zaubermittel verliert, dem Spott seiner 
Stammesgenossen anheim, wenn nicht gar ihrer Rache, da auch sie sich 
durch den Verlust der Medizinen schwer geschädigt glauben; wird doch 
dadurch die Jagdbeute in Zukunft stark beeinträchtigt werden. 

Eine eigentliche Jägergilde, wie in Bornu, gibt es sonst in Kamerun 
nicht. Die Neger sind im allgemeinen keine Jäger aus Passion, sie 
schiessen den Elefanten nur seines Fleisches und seiner Zähne wegen. 
Im Norden sind die Jäger nur wenig geachtet, man nennt sie kirri-mina 
(kirri = Hund, also etwa Hundsfötter), im Gras- und Waldland dagegen 
„„werden geschickte, kühne Klefantenjäger mit Stolz gezeigt“**). Der 
Elefantenjäger steht sich bei seinem Berufe recht gut. Zwar muss er ge- 
wöhnlich dem Häuptling, in dessen Gebiet er jagt, einen Zahn des er- 
legten Tieres ablassen’), andrerseits aber erhält er unter allen Umständen 
als Jagdtrophäe den Schwanz des Elefanten‘). Im Lande der Ekoi und 
Keaka flechten sich die Frauen aus diesen Schwanzhaaren Ringe zu Hals- 
schmucken, auf die sie Perlen reihen. Der Jäger erhält für zwei solcher 
Haare 1 Brassrod = 25 Pfg. Da ein Schwanz 100—150 Haare hat. 


1) Glob. 9, Bd. 1907, S. 12. 

2) Hutter, Wanderungen und Forschungen ete. S. 472. 

5) Passarge, Adamaua S. 300. 

4) Mansfeld, Urwald-Dokumente, S. 70. Hutter, Wanderungen ete. S. 469. 
Auch in Ostafrika nach Weule, Ergebnisse etc. S. 38. 


Die Ausrüstung eines Elefantenjägers der Baia. 93 


bringt ihm ein Elefant also etwa 25 M. ein!). Aber was kostet auch die 
Ausrüstung dieses Jägers! An einem Gürtel um den Leib hängen die 
Amulette und die Taschchen mit Zaubersprüchen so dicht, dass es aus- 
sieht, als hätte der Jäger ein kurzes Röckchen an, um Ober- und Unter- 
arme trägt er Ringe und Schnüre mit Zaubermitteln, um den Hals und 
um die Beine, ja, sogar am Glied werden kleine Medizinen festgebunden’). 
Und die klugen, schreibkundigen Haussa, die.die Zaubersprüche herstellten, 
verstehen ihr Geschäft, sie lassen sich ihre Arbeit sehr teuer bezahlen, 
und der Zauber übt seine Wirkung erst aus, wenn er vollständig be- 
zahlt ist’). | 

Sehen wir uns nun die Ausrüstung, die dieser Baia-Elefantenjäger 
trug, genauer an. 

1. Auf dem Kopfe trug er eine kappenartige Mütze (Abb. 1 Kat. 
Dresden 24593) aus einem weitmaschigen Geflecht von einer braun- 
gelben, gedrehten Bastschnur. Die Mütze schliesst sich der Kopfform an, 
am untern Rande ist sie nach aussen umgeschlagen, dass ein schmaler 
Rand entsteht, obenauf sitzt eine Kugel, in der das Geflecht zusammen- 
läuft. Zwei einander gegenüberliegende Seiten sind mit kleinen Knötchen 
verziert, zu denen die Enden der Flechtschnüre zusammengedreht sind. 
Die beiden schmalen Seiten, die frei von solchen Knötchen sind, sind 
dunkelbraun gefärbt. Verziert ist die Mütze mit Elefantenschwanz- 
haaren, die mit einem einfachen Finger (= Anheftungs)knoten in die 
Maschen eingeknüpft sind. Auf die Haare sind bunte Glasperlen 
aufgereiht, und zwar weiss, hellblau, grün, rot, orange, schwarz. 

Ähnliche Mützen werden auch bei Ekoi und Keaka getragen, zur Jagd 
und zu grossen Festlichkeiten. Man nennt sie atscha-njonk (atscha 
= Schwanz, njonk = Elefant)*). 

2. An der linken Seite trug er an einem Girtel eine Pulverflasche 
(Abb. 2. Kat. Dresden 24515). Sie besteht aus einem Flaschenkürbis 
(Pulverkalabasse), der Boden ist mit einer Scheibe Messingblech be- 
schlagen und mit einem schmalen, aufrechtstehenden Streifen Kupferblech 
eingefasst. Der bauchige Teil ist mit Leguanhaut®) umkleidet und mit 
6 doppelten Längsreihen von Messingnägeln veriert, Um den unteren 
Teil des Halses herum gehen drei Stufen, deren Vorderflächen mit Kupfer- 
blech, deren Oberflächen mit Messingblech umkleidet sind. Der obere 
Teil des Halses ist mit Messingblech umgeben. Der Deckel besteht aus 
einer grossen Scheibe von Messingblech — etwa ll cm Durchmesser — 
an ihrer unteren Seite ist in der Mitte ein Zylinder von Eisenblech an- 
gebracht, in den der Flaschenhals gerade hineinpasst. Am Bauche der 
Flasche, sowie am Rande des Deckels befinden sich Ösen von Messing- 


1) Mansfeld, Urwald-Dokumente, S.54 und 78. 

2) Hutter, Wanderungen etc. S. 447. 

3) Morgen, Durch Kamerun S 1%. 

4) Mansfeld, Urwald-Dokumente S. 70 und 78. 

5) Die Zoologica bestimmte mir in liebenswiirdigster Weise Herr Professor 
Dr. Wandolleck, Direktorialassistent am Kgl. zoolog. Museum zu Dresden, 


94 Seyffert: 


draht, für die Aufhängeschnur bestimmt. Die ganze Flasche ist 
12,5 em hoch. 

3. Eine Flöte aus Antilopenhorn (Abb. 3. Kat. Dresden 24590), 
19,7 cm lang. Sie wird bei der Treibjagd und bei Beschwörungen des 
Wildes verwendet. 

4. Eine Flöte aus Holz (Abb. 4. Kat. Dresden 24591). Der walzen- 
förmige Körper verjüngt sich stark nach dem einen Ende zu und endet 
in einem spitzeiförmigen, auf der einen Seite abgeschrägten Ansatz. In 
der Mitte der abgeschrägten Fläche befindet sich das Mundloch. Ein 
kleiner, runder, angeschnitzter Henkel, an dem die Flöte angehängt 
wird, befindet sich nicht weit vom Schallloch. Die Flöte ist 
18,2 cm lang. 

Diese Flöte wird vor Beginn der Jagd zum Zusammenrufen der Jagd- 
gesellschaft benutzt, ihr monotoner Ruf ertönt oft stundenlang. 

Die Vermutung, dass wir es in Kamerun mit einem uralten Phallus- 
kult zu tun haben, ist oft genug ausgesprochen worden’); vielleicht deutet 
auch die Form dieser Flöte darauf hin. 

5. Eine Doppelglocke (Abb. 5. Kat. Dresden 24 592). Zwei flache 
eiserne Glocken, die eine 17 cm, die andere 17,8 cm lang, sind durch 
einen eisernen, schön mit Rohr umflochtenen Handgriff miteinander ver- 
bunden. Die Glocken werden mit einem Stäbchen oder auch mit der 
Hand geschlagen und werden entweder zum Zusammenrufen der Jagd- 
gesellschaft oder auch zum Lärmen bei der Treibjagd verwendet’). 

6. Ein Fliegenwedel (Abb. 6. Kat. Dresden 24589), aus einem 
Büffelschwanz bestehend. In der Mitte des Griffes ein spiralig aufgerollter 
Kupferring. 

Diese Büffelschwänze stehen sehr hoch im Werte, sie können nur von 
sehr wohlhabenden, also tüchtigen Jägern erworben werden, und dienen 
dazu, Fliegen und andere Insekten damit zu verscheuchen. Besonders 
schlägt man sich beim Laufen damit die Beine. 

7. Ein grosser Ring), am Oberarm getragen (Abb.7. Kat. Dresden 
24561). Er besteht aus mehrfach geflochtenen, zusammengedrehten 
starken Hanfstricken, die mit einem weichen rissigen Leder (vermutlich 
Schaffell) überzogen sind. 

8. 15 Armringe, an den Unterarmen und an den Fussgelenken ge- 
tragen (Kat. Dresden 24 570—24 584). Sie bestehen aus weichem, bieg- 
samem Holz oder sind aus einer Liane, aus Gras oder aus Hanfstricken 
geflochten und mit Leder überzogen. Der Lederüberzug ist stets an der 
Innenseite des Ringes zusammengenäht und mit einer harzigen Masse 
bestrichen. 


1) Hutter, Wanderungen etc. S. 296 und 447. Es sei auch an das noch zu 
erwähnende Hochbinden des Gliedes vor Antritt der Elefantenjagd erinnert, sowie 
an das schon erwähnte Befestigen von Amuletten an demselben. 

2) Vgl. dazu das Gong „akangkang“ bei Mansfeld, Urwalddokumente, 
S. 145, Abb. 112. 

3) Armringe auch sonst in Afrika von Elefantenjiigeru als Amulette getragen. 
z.B. Schomburgk, Wild und Wilde im Herzen von Afrika, S. 205. 


Die Ausriistung eines Elefantenjiigers der Baia. 93 


9. Drei glatte Armringe von Elfenbein (Kat. Dresden 24585— 24587). 

10. Armring von Holz (Abb. 8. Kat. Dresden 24 569) aus einem 
Stück geschnitzt, auf der Aussenseite mit drei Reihen von zinnernen 
Nägeln beschlagen. 

ll. Armring von der unter 8) beschriebenen Art (Abb. 9. Kat. 
Dresden 24568), daran ein Amulett, bestehend aus einem langlichen 
walzenförmigen Stück Holz, das mittels Sehne am Ringe befestigt ist. 
Das Holz ist in der Längsrichtung durchbohrt, in dieser Röhre steckt ein 
dünnes kleines Holzstäbchen. 

12. Armring wie 11), daran eine mit Leder überzogene Schild- 
krötenschale (Abb. 10. Kat. Dresden 24 562). 

Die Schildkröte (hier wahrscheinlich Testudo ibera) spielt in Kamerun 
eine Rolle beim „Fernzauber“. Der Medizinmann oder ein beliebiger 
anderer, der von ihm die Macht dazu bekommen hat, kann einen Feind 
oder einen Nebenbuhler in der Gestalt einer Schildkröte in seine Gewalt 
bekommen. Diese kann er nun krank machen, ja er kann sie sogar 
sterben lassen, und erreicht dadurch, dass auch der Feind krank wird 
und schliesslich sogar stirbt. Lässt er das Tier wieder gesund werden, 
so wird auch der Feind wieder gesund’), Nach Mansfeld?) wird am ` 
Crossfluss dem Gott Obashi, wenn eine Person erkrankt ist, eine Schild- 
kröte geopfert. In den Märchen der westafrikanischen Neger spielt sie 
die Rolle des Reinecke Fuchs’). 

13. Armring wie Il, daran als Amulett ein kleines Antilopenhorn, 
dessen Wurzel in Leder eingenäht ist (Kat Dresden 24 567). 

Auch die Antilope spielt eine besondere Rolle in Kamerun. So gilt 
sie bei den Fan-Leuten als Symbol der Schnelligkeit, die durch den Ge- 
nuss ihres Fleisches auf den Jäger übertragen wird. Ebenso erwirbt der 
Jäger durch den Genuss von Antilopenfleisch grosse Gewandtheit und 
Körperkraft. Man führt dies auf den merkwürdigen Glauben zurück, dass 
die Antilope Menschenfleisch fresse. Deshalb ist es auch den Frauen und 
Kindern vielerorts verboten, Antilopenfleisch zu essen. Dieser sonderbare 
Aberglauben ist nach v. Oertzens Beobachtungen darauf zurückzuführen, 
dass die Antilopen, wenn es ihnen an Salz fehlt, bisweilen Knochen be- 
nagen*). In Togo®) trägt der Jäger Antilopenhaare bei sich als Glücks- 
bringer. 

14. Armring wie 11), daran das ebenfalls unter 11) beschriebene 
Amulett von Holz und ein kleines festverschlossenes Lederbeutelchen, 
dessen Inhalt nicht bekannt ist (Kat. Dresden 24 566). 

15. Armring wie 11), daran an einer Hanfschnur ein kleines 


1) Plehn, Beobachtungen in Kamerun in Zeitschrift für Ethnologie 1904. S. 719. 

2) Urwald-Dokumente S. 226. 

3) Frobenius, Der schwarze Dekameron, S. 175 und bei anderen. 

4) Bei allen Stämmen des Westens gilt „njaka“, die kleine Antilope, als be- 
sonders klug und zauberkräftig: Frobenius, Der schwarze Dekameron, S. 212. 
Im Kongogebiet spielt sie nach demselben Autor (S. 175) die Rolle des 
Reinecke Fuchs. 

5) Klose, Togo, S. 144. 


96 Seyffert: 


festverschlossenes Lederbeutelchen mit unbekanntem Inhalt (Kat. 
Dresden 24 564). 

16. Armring wie 15) (Kat. Dresden 24 563). 

17. Armring wie 16), das Amulett ist mit einer Lederése am Ring 
befestigt (Kat. Dresden 24 565). 

Ausser diesen bisher beschriebenen Gegenständen trug der Baia 
nun noch 25 Gehänge mit allen E EE Amuletten an sich, um 
den Leib, um den Hals, an Ober- und Unterarmen und an den Beinen. 

18. An einer starken geflochtenen Baumwollschnur, deren Anfang 
und Ende ineinander geflochten sind, hängt ein kleines rechteckiges 
Täschchen von Fell. (Abb. 11. Kat. Dresden 28001). Auf die Schnur 
sind in der Mitte zwei längliche, blaugrüne Glasperlen aufgenäht. 

Es handelt sich um das Fell der Servalgenette (Genetta servalina). 
Die Negerinnen des Graslandes verfertigen ihre Anhängetäschehen häufig 
aus dem Fell der Zibetkatze (Viverra civetta)'). _ 

19. Korantasche (Kat. Dresden 28002). Es ist eine rechteckige 
kastenähnliche Ledertasche, ganz von der Form unsrer. Patronentaschen, 
mit zwei übereinanderliegenden Deckeln. Der untere Deckel ist mit 
Pressornamenten verziert, in den oberen, wie in die Vorderseite der 
Tasche sind mit schmalen farbigen Lederstreifen Ornamente eingeflochten. 
Zum Verschliessen dienen einmal zwei schmale Lederriemen, die über 
dem unteren Deckel verknotet werden können, dann ein Lederriemen 
mit ledernem Knopf am obern Deckel, der durch eine von Lederschnüren 
geflochtene Öse am untern Rande der Tasche gezogen wird. Die Tasche 
selbst hängt an einer sehr starken Doppelschnur von zusammengedrehtem 
Baumwollstoff, der mit rotbraun und gelblich gefärbtem Baumwollgarn 
umflochten ist. Am untern Ende sind die beiden Schnuren durcheinander- 
geflochten, an ihren Enden haben sie grosse eiförmige Quasten als Ab- 
schlüsse. 

Diese Taschen werden in Tibati gefertigt. 

Der Koran fehlt. Das Kgl. ethnogr. Museum zu Dresden besitzt in 
der Sammlung des Herrn Lt. Lessel einen prächtigen, ganz vollständigen, 
und zwar von nur einer Hand geschriebenen Koran aus Nord- 
kamerun. 

20. Ein längliches rechteckiges Ledertäschehen mit drei Abtei- 
lungen (Kat. Dresden 28003). Die beiden vorderen haben einen gemein- 
samen Deckel, der mit lila und roten Baumwollfäden bestickt ist. Der 
Deckel des hinteren Abteils ist grösser als der der beiden vorderen, geht 
über diesen hinweg und bildet zugleich den Deckel des ganzen Täsch- 
chens. Es hängt an einer geflochtenen Hanfschnur und hat zum Schutz 
ein Lederetui. Dieses ist an seinen beiden oberen Ecken durchlocht 
und durch diese Löcher geht die Hanfschnur hindurch, so dass es ver- 
schiebbar ist. Aus der Vorderseite sind sieben Sterne herausgeschnitten, 
die Ausschnitte sind wieder mit Leder unterlegt. Der Inhalt der drei 
Abteile des Taschchens ist folgender: 


1) Hutter, Wanderungen etc., S. 475 


Zeitschrift für Ethnologie. Bd. XLIII. Tafel I. 


N 


Seyffert: Die Ausrüstung eines Elefantenjiägers. 


Gren „Google 


Die Ausrüstung eines Elefantenjägers der Baia. 97 


a) im hintersten Taschchen befinden sich: 

a) em kleines Horn von einer Antilope mit ganz glatt abge- 
schliffener Oberflache; 

ß) drei kurze, runde Holzstäbchen, mit einem Baumwollfaden zu- 
sammengebunden; 

b) im mittleren Täschchen befinden sich: 

a) ein Zahn; 
B) eine verrostete Gewehrfeder (als Feuerstall); 

c) im vorderen Täschchen befinden sich: 

- a) ein scharfer Reisszahn, an der Wurzel durchlocht; 
ß) ein kleiner Feuersteinsplitter; Ä 
y) Zunder; 

6) ein Fingerring von Zink. 

Der ım mittleren Täschchen befindliche Zahn ist ein Schneidezahn, 
aber so stark abgenutzt, dass seine Bestimmung nicht mehr möglich ist, 
vielleicht ist er von Troglodytes niger(?). Die Gewehrfeder dient als 
Feuerstahl'). Der grosse Reisszahn im vorderen Täschchen ist vom 
Leoparden. Man trägt Leopardenzähne zur Stärkung der Körperkraft”), 
ganz speziell der Potenz, an einer dünnen Schnur um die Hüften; sie 
stehen ausserordentlich hoch im Preise. Im Grasland*) trägt man die 
Zähne und die Klauen des Leoparden als Amulette um den Hals oder 
auch in den langen Schopf am Kopfwirbel eingeflochten. Auch sonst 
spielt der Leopard in Kamerun eine Rolle. Böse Geister hausen in 
ihm, wie die Baken") glauben; nach Ansicht der Duala°) verlässt die 
Seele bisweilen den menschlichen Leib auf einige Zeit und fährt in ein 
Tier, besonders gern in einen Leopard. Im Crossflussgebiet ist er neben 
andern Totemtier®). 

Auch in Togo’) werden die Zähne dieses Tieres als Glücksbringer 
getragen und in den dortigen Märchen tritt der Leopard häufig auf®). 
In Ostafrika?) gelten die Panterklauen als ein Zaubermittel und in 
einem angreifenden Panter soll der Geist eines verstorbenen Zauberers 
hausen”®). 

Der Zunder ist ein Präparat aus der Wolle des Bombaxbaumes 
(alhauami). Nach Passarge!!) wird die Wolle über dem Feuer geröstet 
so dass sie leicht anbrennt, dann zerzupft und mit etwas Butter durch- 
gerieben. Zunder, Feuerstahl und der Feuersteinsplitter — kainkärra 
wuta h. gehören zu jedem Haussafeuerzeug. 


1) Passarge, Adamaua, S. 291, Abb. 157 ,,massa-bi wüta“. 
2) Plehn, Beobachtungen etc. S. 720. 
3) Hutter, Wanderungen etc. S. 474. 
4) Seidel, Kamerun, S. 207. 
5) Plehn, Beobachtungen etc. S. 723. 
6) Mansfeld, Urwald-Dokumente, S. 220. 
7) Klose, Togo, S. 144. 
8) Frobenius, Der schwarze Dekameron, S. 250ff. 
9) Matschi, Die Säugetiere Ostafrikas, S. 69. 
10) Ebenda. 
11) Adamaua, S. 291, Abb. 157. 
Zeitschrift für Ethnologie. Jahrg. 1911. Heft 1. 


-l 


98 Seyffert: 


91. An einer diinnen schwarzen, fiinffachen Lederschnur (Abb. 12. 
Kat. Dresden 28 004) hangen: | 

a) eine grosse, rechteckige, festverschlossene Ledertasche mit Press- 
ornamenten auf der Vorderseite; 

b) eine ebensolche Tasche; 

c) eine kleine Lederkalabasse mit Röhrenhals und darüber ein an 
den beiden Aufhängeriemchen verschiebbarer Deckel. Die obere 
Hälfte des Bauchteiles ist mit schmalen Lederriemchen zierlich 
umflochten, nach unten hängen Fransen von schmalen Lederriemen 
und vier breitere Lederstreifen, auf ihren Oberseiten mit Ritz- 

. ornamenten verziert. Darin findet sich noch ein Rest eines grauen 
Pulvers, das sich nicht entzünden lässt'). 
d) ein kleiner Lederknopf mit lederner Öse, auf seiner Oberseite ist 
ein Kreuz eingepresst. Durch die Ose ist eine schön geflochtene 
' Baumwollschaur gezogen, mittels der der Knopf am Gehänge be- 
festigt ist. Ein einfacher Knoten, mit ganz feinen, weissen Flaum- 
federchen verziert, lässt die Schnur nicht durch die Öse gleiten. 
ei ein Stück Wurzel?); 

f) ein längliches, sehr hartes Stück Holz mit Rinde. Die innere 
Holzseite ist ganz glatt poliert, in der Mitte der Aussenseite ist 
ein ovales Stück aus der Rinde herausgeschnitten; 

g) eine kleine hölzerne Flöte, wie die unter 4. beschriebene, nur ist 
der vordere Ansatz rechteckig; 

h) ein ledernes Nähbesteck nach der Art, wie wir es von den 
nordischen Völkern, Lappen, Eskimo usw. kennen. Die Hülle ist 
mit Schnitzmustern ornamentiert, das Innere mit Haaren gefüllt. 
Vielleicht sind es Antilopenhaare, die, wie wir sahen, in Togo*) 
der Jäger als Glücksbringer bei sich trägt; es ist aber anzunehmen, 
dass sie nur als Polster für Nähnadeln dienen, wie wir bei Nr. 41 
sehen werden; | 

i) Scheide aus Leder mit einem Dolchmesser darin. Damit das 
Messer nicht aus der Scheide fallen kann, ist eine besondere Vor- 
richtung vorhanden: an dem Riemen, an dem die Scheide hängt, 
ist ein kleiner schmaler Querriemen angebracht mit einem 
ledernen Knopf an dem einen, einem Knopfloch an dem andern 
Ende, zum Knöpfen um den Messergriff. 

Die unter a) und b) erwähnten Taschchen werden von des Arabischen 
mächtigen und schreibkundigen Haussa angefertigt. Sie enthalten auf 
Papier geschriebene, zauberkräftige Koransprüche und werden besonders 
im Kriege und auf der Jagd oft in ungeheuren Mengen auf dem Körper 
getragen‘). (Vgl. dazu die folgende Nr. 22.) 


1) Vgl die Antimonflaschen bei Ratzel, Wnde, Bd. II, S. 490, 522. 

2) Die Direktion des Kgl. botan. Gartens in Dresden konnte die botanischen 
Objekte leider nicht sicher bestimmen. 

3) Klose, Togo, S. 141. 

4) Bei den Wute z.B. nach Morgen, Durch Kamerun ete, S. 195, 206, 227; im 
Grasland bei Hutter, Wanderungen ete. S. 447. 


Zeitschrift für Ethnologie. Bd. XLIII. Tafel II 


Seyffert: Die Ausrüstung eines Elefantenjägers. 


Patten „Google 


Die Ausrüstung eines Elefantenjägers der Baia. 99 


22. An einer dünnen dreifachen Lederschnur (Abb. 13. Kat. Dresden 
28005) werden die folgenden Amulette getragen: 

a) vier rechteckige flache Ledertaschchen, fest verklebt, so dass der 
Inhalt nicht festzustellen ist. Bei dreien davon sind die Vorder- 
seiten ornamentiert, bei der einen mit bogenförmigen Press- 
ornamenten. 

Eines dieser Ledertäschchen wurde geöffnet. Es enthielt einen Bogen 
starken Papiers, in ganz bestimmter Weise zusammengefaltet, in ver- 
schiedene Felder geteilt und mit arabischer Schrift beschrieben. Über 
den Inhalt des Schriftstiicks wird am Schlusse berichtet werden. 

b) ein mit Hanfschnur fest umwickeltes Bündelchen, enthaltend ein 
Stück Rinde, Holzstäbchen und Blätter, vermutlich von einer 
Strophantusart; 

c) ein rechteckiges, aus Gras geflochtenes Täschchen, darin drei 
Stücke sehr hartes Holz. Auf der Vorderseite dieses Täschchens 
sind noch zwei kleinere Täschchen befestigt; 

a) das kleinere von weissem Fell, wahrscheinlich von einem un- 
geborenen oder ganz neugeborenen Schaf; 

ß) das grössere von Schlangenhaut, beide sind fest vernäht, so dass 
ihr Inhalt nicht festzustellen ist; 

e) ein halbkugeliger Ledergegenstand, an einem schmalen Leder- 
riemen hängend. 

23. Eine Lederschnur mit Öse, durch die das andere, freie Ende ge- 

knotet ist (Kat. Dresden 28006). Daran hängen: | 

a) ein Antilopenhorn, dessen Wurzel in eine Lederhülle eingenäht ist; 

b) ein kleiner runder, festverschlossener Ledergegenstand; 

c) ein länglich ovaler, festverschlossener Ledergegenstand. 

24. An einer achtfachen, feingeflochtenen Lederschnur (Abb. 14 Kat. 
Dresden 28007) werden folgende Amulette getragen: 

a) ein kleines rechteckiges, aus Gras geflochtenes Täschchen, auf 
dessen Vorderseite dreimal je zwei Holzröhrchen, wie längliche 
Perlen, aufgenäht sind. Darin befinden sich: 

a) ein längliches Stückchen Holz; 
ß) getrocknete und zerpflückte Blätter; 

b) ein rechteckiges Täschchen von Leder, dessen Vorderseite orna- 
mentiert ist. Es ist fest verklebt, daher der Inhalt nicht fest- 
zustellen; 

c) ein ovales ledernes Doppeltäschchen von der Form der Feuerstein- 
zeugtaschen, wie sie die Fulbe') tragen. Die Vorderseite ist 
ornamentiert, an jedem Täschchen befindet sich unten ein schmaler 
Lederriemen mit je zwei Kauris. In dem hintern Täschchen be- 
finden sich: 

a) ein flacher rechteckiger Gegenstand mit ganz dünner brauner Baum- 
wollenschnur umwickelt und verschnürt; 
f) ein kleiner Stein, in ein Blatt eingewickelt und verschnürt; 


1) Passarge, Adamaua, S.291, Abb. lov. 


100 Seyffert: 


y) eine kleine Frucht; 

ô) der halbe Unterkiefer einer EES 

e) ein Stückchen Feuerstein; 

¢) eine Anzahl kleiner Früchte; 

n) Zunder; 

d) eine doppelte Baumwollschnur, daran hängen: 

a) drei runde, in der Mitte durchbohrte Holzscheihchen; 

ß) ein länglich-rechteckiges, an einem Ende abgerundetes Stück 
weiches Holz mit harter Rinde; 

y) ein kleines schwarzes Antilopenhorn, das mit einer schwarzen 
harzigen Masse ausgefüllt ist. Darin stecken Schwanzhaare der 
Zibetkatze und Schwanzhaare der Stachelratte, die ein leises 
Rascheln verursachen; 

ô) ein ebensolches Horn, aber leer; 

£) die Schuppe von einem Schuppentier. 

Bei den Keaka!) tragen Männer und Frauen eine merkwürdige Frisur: 
sie ahmen nämlich geradezu das Fell des Schuppentieres nach. 

¢) ein kleines Leinwandbeutelchen, gefüllt mit ganz kleinen Kiesel- 
steinen. 

v. Oertzen beobachtete den vielgeübten Brauch, dem Magen des 
wilden Perlhuhns*) Steine zu entnehmen und sorgsam aufzuheben. 

n) ein feingeflochtenes, längliches Beutelchen, in dem zwei Stückchen 
Holz stecken, deren Enden nach auswärts ähnlich „Gemskrickeln“ 
gebogen sind und aus dem Beutelchen hervorstehen. Die beiden 
Hölzer sind von einander getrennt durch einen umgebogenen 
Federkiel; 

OI zwei längliche festverschlossene Lederhüllen ohne Inhalt, Messer- 
scheiden ähnlich; 

ı) ein kleines, von Gras geflochtenes Täschchen, mit Gras ange- 
füllt, darin ein rechteckig zusammengefaltetes Blatt, das mit 
Gras zusammengebunden ist. 

25. An einem doppelten Lederriemen (Abb. 15 Kat. Dresden 28008) 
hängt ein kleines Täschchen von feinstem Grasgeflecht. Quer über die 
Tasche geht eine einfach geflochtene Doppelschnur, die sich am Rande 
des Täschchens teilt und an jeder Seite einen Henkel bildet, wie bei 
unsern Markttaschen. Darin befinden sich drei Medizinen: 

a) ein rechteckig zusammengeschnürtes Blatt; 

b) ein länglich-runder in Baumwollstoff fest verschlossener Gegen- 
stand (wahrscheinlich von Holz), in der Mitte mit rötlicher Baum- 
wollschnur umwunden; 

c) wie das vorige, nur etwas kleiner, und unter die Umwicklung sind 
zwei flache Holzstäbchen geschoben. 


1) Mansfeld, Urwald-Dokumente, S. 58. 
2) Im Crossflussgebiet gilt das Perlhuhn als Verkünder des Tages, es weckt 
durch seinen Ruf alle Tiere des Waldes auf, Mansfeld, Urwald-Dokumente, S. 229. 


Die Ausrüstung eines Elefantenjägers der Baia. 101 


Interessant sind die Ledergehänge, an denen die Amulette befestigt 
sind. Es sind in den meisten Fällen Hanfschnuren, die mit einer Leder- 
hülle umgeben sind. An den Enden befinden sich runde Lederknöpfe. 
Der eine von ihnen trägt einen dünnen, zu einer Schlinge zusammen- 
gedrehten Riemen. Der Knopf des andern Riemen wird durch diese 
Schlinge gesteckt und diese dann zusammengedreht. Oft finden wir aber 
auch ganz prachtvoll geflochtene Lederriemem bei denen sich das Ge- 
flecht wie Glieder einer Panzerkette aneinanderschliesst (z. B. 34. Abb. 16). 

26. Eine einfache Lederschnur mit dem eben beschriebenen Ver- 
schluss (Kat. Dresden 28010) ist in der Mitte zu einem einfachen Knoten 
geschlungen. In diesen ist die Messinghülse einer europäischen Patrone 
eingeknüpft, deren vorderes, offenes Ende in eine Lederumhüllung ein- 
genäht ist. 

27. An einem schön geflochtenen Lederriemen (Kat. Dresden 28011) 
hängen sehr kleine flache rechteckige, festverschlossene Ledertäschchen. 
Zwei von ihnen weisen Spuren von Press- und Ritzornamenten auf. 

28. An einer Baumwollschnur (Kat. Dresden 28002) hängen 9 flache 
rechteckige Ledertäschehen verschiedener Grösse, ihre Vorderseiten sind 
ornamentiert. Sie sind fest verschlossen, so dass ihr Inhalt nicht fest- 
zustellen ist. 

29. Eine doppelte Lederschnur (Kat. Dresden 28013) ist in der 
Mitte zu einem doppelten Knoten verschlungen. Daran hängt ein kleines 
geflochtenes Beutelchen, darin sind kleine Knochenstückchen, vermutlich 
von Vogelknochen. 

30. Eine doppelte Lederschnur (Kat. Dresden 28014) ist in der Mitte 
einfach geknotet. 

31. Eine doppelte Lederschnur (Kat. Dresden 28015). 

32. Eine doppelte Lederschnur, in der Mitte einfach geknotet (Kat. 
Dresden 28016). 

33. Eine doppelte Lederschnur, in der Mitte zu einem doppelten 
Knoten verschlungen (Kat. Dresden 28017). 

34. An einem doppelten, prachtvoll geflochtenen Lederriemen (Abb. 16 
Kat. Dresden 23018) hängen: 

a) 7 kleine flache, festverschlossene Ledertäschehen. 5 davon sind 

fast quadratisch, eines von diesen hat in der Mitte der unteren 
Kante eine I,ederöse, in der ein kupferner Ring hängt. Von 
4 Stück sind die Vorderseiten mit Pressmustern verziert. 2 Stück 
sind länglich rechteckig; 

b) ein kleines schmales Lederetui. Darin ist ein gebogenes Stück 

Holz fest eingefügt, das unten etwas heraussteht; 

c) eine flache, nierenförmige Frucht?). 

35. An einer dreifach geflochtenen Lederschnur (Abb. 17. Kat. 
Dresden 28019) hängen: 

a) ein von Gras geflochtenes, rechteckiges Täschchen mit langen 

Henkeln von Baumwollstoff. Auf die Vorderseite sind aufgenäht: 


1) Pusaetha (?). 


102 Seyffert: 


a) vier längliche sechkantige blaue Glasperlen in der Mitte; 

ß) über die ganze sonstige Fläche kleine braune Holzstückchen. 
und zwar einmal einfach zylindrisch und dann solche mit 
schwarzen Dornen daran, Vogelkrallen ähnlich”). 

Das Täschchen ist fest vernäht, so dass sein Inhalt nicht festzustellen 
ist. Die beiden Henkel sind mit dem Tragriemen durch eine Strähne 
lilagefärbten Baumwollgarns verbunden. 

b) ein Antilopenhorn von etwa 16 cm Länge. Seine Oberfläche ist 
ganz glatt geschabt, an der Spitze sind vier parallele Ringe ein- 
geschnitten. Es ist noch zum Teil mit einem aromatisch riechen- 
den Harze ausgefüllt (vgl. 24d y); 

c) ein längliches Stück Holz; 

d) zwei Wurzeln; 

e) der Fruchtkolben einer Pflanze (kleine schwarze, stark aromatisch 
duftende Früchte) in ein weitmaschiges Geflecht von Baumwoll- 
garn eingeflochten;. 

f) eine kleine Lederkalebasse mit verschiebbarem Deckel. Darin 
Reste eines schwarzen Pulvers, das sich nicht entzünden lässt; 

g) ein flaches, rechteckiges Ledertäschchen, fest verklebt, so dass 
sein Inhalt nicht festzustellen ist; 

h) an einer langen Baumwollschnur ein kleines quadratisches Täsch- 
chen von Krokodilhaut. Seine Vorderseite ist verziert mit einer 
kleinen weissen und zwei grösseren, durch hohes Alter gebräunten 
Kauris, sowie mit zwei Leopardenkrallen. An den beiden unteren 

` Ecken sind je zwei Büschel von Schwanzhaaren der Zibetkatze 
befestigt. Da das Täschchen fest verschlossen ist, kann sein 

Inhalt nicht bestimmt werden; 

1) ein schmales Stückchen Kupfer von besonderer Form, das drei- 
fach zusammengebogen ist. Die Ränder sind nach innen zu um- 
gebogen, und in regelmässigen Zwischenräumen sind Stückchen 
aus dem umgebogenen Rande herausgeschnitten, so dass sich regel- 
miissig wiederholende Figuren entstehen. 

36. Eine doppelte Lederschnur (Abb. 18 Kat. Dresden 28020) ist in 
der Mitte zu einem zweifachen Knoten geschlungen. Daran hängt eine 
runde Frucht. 

87. Eine doppelte Lederschnur (Kat. Dresden 24596) ist in der 
Mitte zu einem zweifachen Knoten geschlungen. Daran hängen zwei 
kleine schwarze Antilopenhörner, beide mit den Wurzeln in Leder ein- 
genäht. 

38. Eine 27 cm lange lederne Messerscheide, am unteren Ende mit 
einem ledernen Knopf verziert, ohne Messer, hat eine Öse aus geflochtener 
Lederschnur und hängt damit an zwei Gehängen: 

a) an einem einfachen Lederriemen; 

b) an einem dreifachen Lederriemen, der in der Mitte zu einem ein- 

fachen Knoten geschlungen ist (Kat. Dresden 24 597.) 


1) Vielleicht von einer Liane (Dalbergia) (?). 


Die Ausrüstung eines Elefantenjägers der Baia. 103 


39. An einer doppelten Lederschnur (24 598), die zu einem einfachen 
Knoten geschlungen ist, hängen: 

a) ein kleines fllaches rechteckiges, festverschlossenes Ledertäschchen; 

b) ein länglich-keulenförmiger, in ein Netz eingeflochtener Gegen- 
stand unbestimmbarer Natur. 

40. An einer geflochtenen Lederschnur (Kat. Dresden 24 599) hängt 
ein ganz flaches Ledertäschchen, unten mit Lederfransen verziert. Die 
lederne Hülle dazu, deren Oberseite reich mit Ritz- und Pressornamenten 
verziert ist, hat an ihren beiden oberen Ecken je ein Loch, durch das 
sie über die Lederschnur verschiebbar ist. Ohne jeden Inhalt. 

41. An einer dünnen, vierfachen Lederschnur (Abb. 19 Kat. Dresden 
28 009): 

a) ein längliches Lederetui, in dem sich eine eiserne Pinzette be- 

findet. 
Sie dient zum Ausziehen der Haare, besonders der Barthaare, 
das spitze Ende zum Ausbohren der Sandflöhe;') 

b) ein Lederetui mit einer Schere europäischen Fabrikats; | 

c) ein Nähetui von der schon beschriebenen Art (vgl. 21h), nur 
doppelt. Darin Haare, wohl von einer Antilope, und 3 Nähnadeln 
europäischen Fabrikats, mit Fadenresten; 

d) ein ledernes Doppeltäschchen, die Vorderseite mit Ritzornamenten 
verziert. An der Mitte der unteren Kante jedes Täschchens je 
zwei Lederriemen, an denen jedesmal sechs grosse, schwarze 
kugelige Glasperlen europäischen Ursprungs hängen. In dem 
Täschchen befindet sich Zunder. Es ist wohl das übliche Feuer- 
steinzeugtäschchen; 

e) ein kleiner, aus zwei Hälften bestehender Lederbehälter, der eine 
stark riechende Schmiere und zwei kleine Bäuschchen rohe Baum- 
wolle enthält. Der Behälter ist etwa pflaumenférmig und hat an 
dem oberen und unteren Ende je zwei lederne Strippen, durch 
welche der schmale Aufhängeriemen hindurchgeht. Ist er fest an- 
gezogen und oben durch einen verschiebbaren Lederknopf zu- 
sammengeschnürt, so ist das Büchschen fest verschlossen. 

Es handelt sich um ein Schminkbüchschen mit dem Sekret der Zibet- 
katze, das besonders bei den Graslandnegerinnen als ein ausserordentlich be- 
liebtes Parfüm gilt.) Um es stets zu haben, wird das Tier sogar ge- 
halten.”) Dasselbe gilt für Bornu; dort reiben sich die Eingeborenen 
das Drüsensekret unvermischt auf die Haut.*) 

41. Ein kleines flaches, quadratisches Taschchen von Baumwollstoff 
mit Indigo blau gefärbt. 

Fs wurde geöffnet und enthielt ein in ganz besonderer Art zusammen- 
gefaltetes und mit den Enden ineinandergesehobenes Papier, mit arabischen 


1) „tschadde“ nach Ratzel, Völkerkunde, Bd. Il, S. 519. 
2) Dominik, Vom Atlantik zum Tschadsee, S. 97. 

3) Seidel, Kamerun S. 97. 

4) A. Schultze, Das Sultanat Bornu usw. S. 65. 


104 Seyffert: 


Schriftzeichen beschrieben, (vgl. Abb. 24) über deren Bedeutung am 
Schlusse berichtet werden soll. 
42. Eine doppelte Lederschnur ist in der Mitte zu einem zweifachen 
Knoten verschlungen (Abb. 20. Kat. Dresden 24 600), daran hängen: 
a) ein rechteckiges, aus Gras geflochtenes Täschchen, das fest ver- 
schlossen ist, so dass sein Inhalt nicht festgestellt werden kann; 
b) ein kleines, schwarzes Antilopenhorn, bis zum Rande mit einer 
harzigen Masse ausgefüllt (vgl. dazu 24d y); 
c) ein eisernes, in Leder eingenähtes Amulett von der in Nord- 
kamerun allgemein bekannten Form; 
d) dasselbe Amulett, nur kleiner und ohne die Lederumhillung. 
43. Zu allen diesen Geräten und Amuletten trug der Baia-Jäger das 
allgemein gebräuchliche Feuersteingewehr,') und 
44. die etwa '/, m langen Elefantenlanzen mit eiserner Spitze, die 
aus dem Gewehr herausgeschossen werden. Unter anderen sind sie auch 
von Passarge”*) beschrieben und abgebildet. 


Im Anschluss an diese Beschreibung sei es verstattet, einige Be- 
merkungen über die Elefantenjagd in Kamerun anzufügen. 

Das Vorkommen des Elefanten in Afrika erstreckt sich etwa vom 
17° n. Br. bis 21° s. Br., also vom Südrande der Sahara bis zu 
einer Linie, die ungefähr mit dem Wendekreis des Steinbocks zusammen- 
fällt. Dazu gibt es ausserdem am Südostrande der Kapkolonie, zwischen 
Knysna und Grahamstown noch einige, besonders geschonte Herden.’) 
Die Jagd auf Elefanten ist ausserordentlich lohnend, da das Elfenbein 
noch immer hoch im Werte steht. Trotz aller Bestrebungen der Be- 
hörden, die gänzliche Ausrottung der im Aussterben begriffenen Tiere zu 
verhindern, wird die Jagd doch immer noch derartig betrieben, dass 
Sachverständige eine nicht allzu ferne Vernichtung des Elefanten in 
Afrika befürchten, um so mehr, als beim afrikanischen Elefanten, im 
Gegensatz zum asiatischen, auch das weibliche Tier Stosszähne hat.‘) 
Einen Begriff von dem Vernichtungskrieg, der gegen diese Dickhäuter 
geführt wird, kann man sich machen, wenn man bei Hutter’) liest, dass 
„„nach der Schätzung eines des berühmtesten Elfenbeinhändlers und 
Kenners, Westendorp, jährlich an 60000 Elefanten das Leben lassen. 
müssen, um der Nachfrage nach Elfenbein Genüge zu tun““. Um noch 
einige Zahlen sprechen zu lassen, sei auch das Urteil eines zweiten Fach- 
mannes, Schillings,*) angeführt, wonach auf dem Antwerpener Elfenbein- 
markt von 1888—1902 allein 3212700 kg Elfenbein in Handel kamen, 


1) Passarge, Adamaua, S. 800 u, a. m. 

2) Adamaua, S. 305, fig. 164. 

3) Matschi, Die Säugetiere von Ostafrika, S. 88. 

4) siehe schon Schweinfurth, Im Herzen von Afrika S. 475. 
5) „Kamerun“ in „Das überseeische Deutschland‘, S. 70. 

6) Mit Blitzlicht und Biichse, S. 113, 121. 


Die Ausrüstung eines Elefantenjägers der Baia. 105 


im Jahre 1902 allein 322700 kg! Und ähnliche Zahlen gelten auch für 
die übrigen hauptsächlichsten Elfenbeinhandelsplätze der Welt. 

In Kamerun findet sich der Elefant noch häufig genug, besonders 
im nordwestlichen, im südlichen und östlichen Teil der Kolonie.!) Er 
ist nicht nur auf das Urwaldgebiet beschränkt, sondern kommt auch in 
der Savannenregion vor. Wahrscheinlich gibt es in Kamerun mehrere 
Varietäten, sogar im Urwaldgebiete selbst. So berichtet Passarge*) 
dass Lottner (Deutsches Kolonialblatt 1900, S. 505.) „„bei der Station 
Yaunde eine Varietät unterscheidet, die hellfarbig sei und einen spitzen 
Schädel habe, die andere sei dunkelfarbig und habe einen breiten Schädel.“ “ 
Im Nordwesten soll der Elefant einer anderen Varietät angehören, als in 
Südkamerun „„da er niedriger ist, breiten Kopf und dicke kurze Zähne 
hat.““*) „,„In den nördlichen Adamauagegenden ist der Elefant freilich 
durch die guten Waffen der Mohammedaner fast ausgerottet““*) in Nord- 
Mabum dagegen „„gibt es so viele Elefanten, dass sie geradezu eine Land- 
plage sind““;®) ebenso ist es im Ossidingebezirk,*) wo das Tier noch in 
1200 m Höhe vorkommt, und aus dem Gebiet zwischen Sanaga- und 
Njongmündung berichtet Frh. v. Stein zu Lausnitz’) „„von dem massen- 
haften Auftreten von Elefanten. Die Tiere haben schon öfters Bakoko- 
ansiedler zur Auswanderung und zur Aufgabe ihrer Anpflanzungen ge- 
zwungen.““®) 

Was den Export von Elfenbein aus Kamerun anlangt, so wurden in 
Jahre 1893 allein aus dieser Kolonie 65 860 kg Elfenbein exportiert, das 
sind für 755000 Mk. (etwa 740 Elefanten).*) Im Jahre 1906 war der 
Export auf 904 733 Mk. gestiegen, 1907 sogar auf 1073 802 Mk.'°) Einen 
nicht unbedeutenden Teil des Elfenbeins liefert der Haussahandel, der 
sich stark entwickelt und bis zur Küste ausgedehnt hat; schon 1902 
brachte die erste grosse Karawane für 10000 Mk. Elfenbein mit.'') 

Betrachten wir nun die Methoden, die die Eingeborenen anwenden, 
um das so beliebte Jagdwild in ihre Hände zu bekommen. Der Elefant 
ist tatsächlich eine gesuchte und sehr begehrte Jagdbeute. Nicht nur das 
Elfenbein ist es, das den Elefanten begehrenswert erscheinen lässt, sondern 
vor allen Dingen das Fleisch, da auf lange Zeit hinaus sich die Möglichkeit 
bietet, sich einmal ordentlich satt zu essen. Die Erlegung eines Elefanten 
ruft stets grosse Freude hervor, und die Reisenden geben drastische 


1) Seidel, Kamerun S. 92. 

2) „Kamerun“ in Meyer, Das deutsche Kolonialreich, I S. 445. 

3) Ebenda S. 447. 

4) Seidel, Kamerun S. 92. 

5) Hutter, Wanderungen, S. 460. 

6) Mansfeld, Urwalddokumente, S. 72. 

7) Die Njongexpedition 1904/05 in „Deutsches Kolonialblatt* 1907. XVIII. Jahrg. 
8) Weniger optimistisch urteilt Dominik, Vom Atlantik zum Tschadsee, S. 248. 
9) Seidel, Kamerun, S. 96. 

10) Passarge, Kamerun, in Meyer, Das Deutsche Kolonialreich I, S. 530. 

11) Passarge, Kamerun, in Meyer, Das deutsche Kolonialreich, I, S. 540. 


106 Seyffert: 


Schilderungen davon, wie schnell das riesige Wildpret zerwirkt und ver- 
speist ist.) 

Was nun die Jagdmethoden betrifft, so stellt man dem Elefanten mit 
den für ganz Afrika gebräuchlichen Fallen und Gruben nach, oder 
man stellt ihn und greift ihn direkt an. Um mit der ersten Art zu be- 
ginnen, so haben die Tshinga*) am Mbam längs des Flussufers umfangreiche, 
tiefe Gräben gezogen, in welche die Tiere hineinfallen; es gibt aber auch 
schon eine ganz primitive Art von Fallen, die Morgen?) so beschreibt: 
„„An den Stellen, wo der Elefant nach dem Wasser wechselte, gruben 
sie ein etwa 1 m tiefes und '/, m breites Loch und bedeckten dasselbe 
mit einer Matte, welche an den Rändern mit Steinen beschwert war. Au 
dieser Matte wurde eine Liane befestigt, welche über einen darüber be- 
findlichen Ast gezogen wurde. Am Ende dieser Liane hing ein starker, 
nach unten zugespitzter und im Feuer gehärteter Baumklotz. Der Elefant 
sollte nun beim Passieren dieser Stelle durch die Matte in die Grube 
hineintreten, im selben Augenblick sollte alsdann die Liane reissen und 
der zugespitzte Klotz dem Tier in den Nacken fahren.““ Dass diese 
Art, Elefanten zu fangen, höchst problematisch ist, braucht wohl nicht 
erst erläutert zu werden. Trotzdem behauptete Balinga, im letzten 
Jahre zwei Elefanten auf diese Weise erlegt zu haben.““*) 

Im Grasland legt man häufig Wildgruben an, etwa 4—5 m tief und 
breit. Sie werden mit einem dünnen Pfahlrost bedeckt, auf den eine 
Schicht von Erde, Laub und Gras gelegt wird, um dem Tiere die Grube 
gänzlich zu verbergen. Auf der Sohle sind angespitzte Phähle cingerammt, 
auf denen sich das Tier anspiesst.°) 

Nicht eben viel waidgerechter ist die Jagd in dem Falle, wo rings 
um eine äsende Herde eine Hürde errichtet wird. Morgen®) erzählt uns 


1) Dominik, Kamerun, S. 168, Vom Atlantik zum Tschadsee, S. 249, und bei 
anderen. 

2) Morgen, Durch Kamerun von Süd nach Nord, S. 109. 

3) daselbst. 

4) Ähnlich die Elefantenfallen im Njassagebiet bei Weule, Ergebnisse usw., 
S. 90. Dort werden sie aber mit mehr Erfolg angewendet. 

Die Anwendung der kurzen eisernen Elefantenspecre, wie sie in Ostafrika ge- 
bräuchlich sind — ein Exemplar befindet sich im Dresdner Museum, — schildert 
Schomburgk, Wild und Wilde im Herzen Afrikas, S. 79 und 80: „„Der Wechsel 
der Tiere wurde genau ausgekundschaftet, und auf einem Baume, unter dem höchst- 
wahrscheinlich die Tiere zur Triinke durchwechseln würden, fassten die Jäger 
Posten. Sie waren mit einem grossen Speer bewaffnet, dessen eiserne Spitze un- 
gefähr einen Meter lang war. Über der Spitze war ein schwerer Holzklotz an- 
gebracht. Kamen nun die Elefanten unter dem Baum hindurch, so liess der Jäger 
den Speer fallen, so dass er zwischen die Schulterblätter traf. Das Gewicht des 
Holzklotzes trieb den Speer tief hinein. Rasend vor Schmerz stürzte das Tier 
davon. Durch die Bewegungen drang der Speer immer tiefer ein, bis er ein edles 
Organ traf oder aber der Blutverlust allein genügte, um den Elefanten zu téten.“* 

5) Hutter, Wanderungen usw., S. 411. Derartige Fallen sind auch in Ost- 
afrika gebräuchlich, z. B. am Kilimandjaro (Schillings, Mit Blitzlicht und Büchse, 
S. 131.) Nicht mehr üblich sind sie im Südosten von Deutsch-Ostafrika nach Weule, 
Ergebnisse usw., S. 40. 

6) Durch Kamerun von Süd nach Nord, S. 156. 


Die Ausrüstung eines Elefantenjägers der Baia. 107 


eine solche Jagdszene. Man hatte mit grösster Schnelligkeit um die 
Elefanten eine ganz provisorische Hürde errichtet aus ganz dünnem, 
höchstens 1 m hohem Strauchwerk, das man bequem hätte mit dem Fusse 
umstossen können. Es ist kaum verständlich, wie sich der Elefant, dieses 
so kluge Tier, vom Menschen so leicht übertölpeln lässt. Es wäre ihm 
eine Kleinigkeit, aus der Hürde auszubrechen, er tut das aber nicht, 
sondern bleibt oft 14 Tage und noch länger darin, bis endlich die ganze 
Herde den unzähligen auf sie abgegebenen Geschossen erlegen ist. 
Morgen fragte einen Eingeborenen, wie das wohl käme, und erhielt 
zur Antwort: „„Der Elefant ist ein so dummes Tier, dass er sich in einem 
Käfig, den eine Fliege zerreissen kann, einfangen lässt.““ 

Eine ganz ähnliche Art der Elefantenjagd schildert Dominik!) von 
den Mwelle. Man hatte um eine grössere Elefantenherde einen Zaun 
von halbmannsdicken Stämmen, die in den Erdboden eingegraben waren, 
errichtet und diese mit Lianen untereinander verbunden. Eine gewaltige 
Volksmenge umstand die Hürde und scheuchte die Tiere, wenn sie die 
Absicht zeigten, durchzubrechen, durch Lärm und Geschrei wieder zurück. 
Ausserdem umschritten einige alte Medizinmänner das Gehege, die in den 
Händen Elefantenschwänze trugen und den Zaun unter Beschwörungen 
besprengten, um die Tiere an Ort und Stelle zu bannen. Dies geschieht. 
wie v. Oertzen beobachtete, auch dadurch, dass die Medizinmänner, die 
sich mit Elefantenkot beschmieren, Zaubermittel um die Herde herum 
auf den Boden legen.”) 

Neben diesen Jagdmethoden gibt es nun aber auch andere, die er- 
heblich mehr Mut und Überlegung erfordern. Es gibt Jäger, die dem 
gewaltigen Tier ganz allein zu Leibe gehen und dabei nur allzu oft in 
höchste Lebensgefahr geraten, ja oft genug ihre Kühnheit mit dem Leben 
bezahlen müssen. | 

Für gewöhnlich schliessen sich mehrere Jäger zusammen, um auf 
das grosse Wild eine regelrechte Treibjagd zu veranstalten; eine grosse 
Menge Treiber werden dazu verwendet. Die Baia?) „„treiben die Tiere 
durch Grasbrände, Schreien und Lärmen in die Enge; von dem Rauch 
betäubt, durch den Spektakel eingeängstigt lassen sich die armen Tiere 
dann ohne Widerstand tdten.““ Auch im Graslande*) kennt man eine Art 
Kesseltreiben: Analog dem im Urwald üblichen Fenzen, d. h. Einzäunen, 
brennt man die Tiere dort ein. Unter sorgfältigster Berücksichtigung 
des herrschenden Windes, des Geländes usw. werden in der Richtung, 
nach der das Wild abzugehen verspricht, Hunderte von Menschen auf- 
gestellt, die langsam gegen die Schützenlinie in konkavem Bogen vor- 
rücken oder auch das dürre Gras anzünden, so dass das Feuer und der 
Rauch die Treiberdienste verrichten. Der Feuerring ist in der Regel 


1) Kamerun. Sechs Kriegs- und Friedensjahre in deutschen Tropen, S. 241. 
2) Dasselbe auch in Deutsch-Ostafrika nach Weule, Ergebnisse usw. S. 38/40. 
3) Passarge, Adamaua, S. 25. 

4) Hutter, Wanderungen usw., S. 472. 


108 Seyffert: 


nicht ganz geschlossen mit Riicksicht auf den Wind, an den Liicken sind 
dann Treiber mit Lärminstrumenten und Waffen aufgestellt.1) 

Weit gefährlicher ist es natürlich, wenn nur ein Einzelner den Ele- 
fanten angreift. In früheren Zeiten, als noch keine Feuerwaffen im Lande 
existierten, wurde das Tier mit dem Speer oder mit Pfeil und Bogen an- 
gegriffen. Zur grösseren Wirksamkeit wurden die eisernen Spitzen ver- 
. giftet, was auch heute noch geschieht. Denn wenn heute auch an Stelle 
des Bogens das Vorderlader-Feuersteingewehr getreten ist, so wird im 
allgemeinen doch nicht mit Kugeln geschossen, sondern mit vergifteten 
Lanzen. Ihr Schaft ist etwa 50 cm lang und steckt so weit in dem Laufe, 
dass nur die Spitze aus der Mündung hervorsieht. Der Lauf wird so voll 
Pulver geladen, dass die Lanze, aus 20 Schritt Entfernung abgefeuert, 
angeblich durch die Weichteile des Tieres hindurchgeht.*) Die Lanzen- 
spitze ist vergiftet, bei den Wute*) z. B. mit einem starken, vegetabi- 
lischen Gift, aus einer Pflanze gewonnen, die Mada genannt wird.*) Dieses 
Gift tötet den Elefanten in etwa einer halben Stunde. Auch bei den Haussa 
in Gari Maharba am Mao Deo wurden diese vergifteten Lanzen von Pas- 
sarge’) gefunden. Die Kameruner Zwerge jagen wie v. Oertzen mehrfach 
sah, den Elefanten mit Speeren aus Rotholz. Sie schleichen sich ganz dicht 
an das Tier heran und stossen dann zu. Ihre Speerspitzen sind vergiftet. 

Hat der Jäger von der Anwesenheit eines Elefanten gehört, so er- 
hebt er sich vor Tagesgrauen, um seine Vorbereitungen für die Jagd zu 
treffen. Wenn er alles Notwendige beisammen hat, entkleidet er sich, 
soweit er überhaupt etwas an hat, das Glied wird hochgebunden‘), der 
Körper vielfach mit einem Gemisch aus gestampftem Rotholz und trockener 
Elefantenlosung eingerieben, um die menschliche Witterung abzuschwächen’”) 
und der ganze Körper wird in der schon beschriebenen Weise mit den 
Amuletten behängt. Hat der Jäger vor dem Elefantenfetisch, den es z. B. 
im Ossidinge-Bezirk*) gibt, sein Opfer dargebracht, so macht er sich auf 
die Spur des Tieres. Hat er sie gefunden, so folgt er ihr, stösst er auf 
Losung, so fährt er mit den Zehen hinein, um zu prüfen, ob sie noch 
warm ist’). Hat er nun endlich das Wild entdeckt, so schleicht er sich 


1) nach v. Oertzens Angaben. 

2) Passarge, Adamaua, S. 300. 

3) Morgen, Durch Kamerun usw. S. 92. 

4) Strophantus. 

5) Adamaua, S. 300. Schillings, Mit Blitzlicht und Biichse, S. 131 erwähnt 
von Ostafrika, dass ,,die Wanderobbo ihnen mit vergifteten Pfeilen nachstellen. 
Einige pflegen auch vergiftete Stossspeere zu benutzen.““ Desgl. bei den Mushu- 
kulumbwe: Schomburgk, Wild und Wilde, S. 80: „„schlichen sich die Jäger heran 
und trieben ihm die Speere mit voller Wucht in die Weichteile. Manch älterer 
Jüger hat aber hierbei seinen Tod gefunden.““ 

6) Hutter, Wanderungen usw., S. 447. 

7) Die Wakua in Ostafrika „pflegen ihre Kleidungsstücke fast ganz abzulegen 
und reiben sich den ganzen Körper, besonders aber die Achselhöhlen, mit Erde 
intensiv ein“. (Schillings, Mit Blitzlicht und Biichse, S. 130.) Vgl. auch Weule 
Ergebnisse usw. S. 38/40. 

8) Mansfeld, Urwald-Dokumente, S. 221 ff. 

9) Hutter, Wanderungen usw., S. 467. Zintgraff, Nordkamerun, S. 104. 


Die Ausrüstung eines Elefantenjägers der Baia. 109 


bis ın seine allernächste Nähe heran, denn er hat ja unter den vielen 
Zaubern einen ganz besonders mächtigen, der ihn für den Elefanten un- 
sichtbar macht!). Freilich kann inzwischen ein anderer Zauber entstehen, 
der stärker ist, als dieser, und der kühne Jäger ist verloren, der Elefant 
wird ihn töten. Hat er aber Waidmannsheil gehabt, hat er das Tier er- 
legt, so schneidet er ihm zunächst die Schwanzspitze ab, die er als Jagd- 
trophäe behalten darf, die einzige Jagdtrophäe, die der Neger überhaupt 
kennt”), und bricht ihm die Zähne heraus; einen davon muss er gewöhn- 
lich, wie wir sahen, seinem Jagdherrn abliefern®). Das Fleisch erhalten 
die Bewohner des Jagdreviers zu ganz geringem Preise: für sie bedeutet, 
wie oben schon erwähnt wurde, die Erlegung eines Elefanten den Beginn 
zu einer ganzen Reihe von Freudenfesten. 

Auch wenn das Tier tot ist, hat der Jäger noch mancherlei zu beob- 
achten; so glaubt man z.B. nach Hutter‘), dass, wenn man einem er- 
legten Elefanten eines seiner Ohren aufklappt, das Regen bringt. 

Dass geschickte und kühne Elefantenjäger in hohem Ansehen stehen 
und eine bevorzugte Stellung geniessen, wurde schon erwähnt, und kostet 
ihnen ihr Beruf nicht das Leben, so werden sie reiche und angeseheen 
Manner‘). 

Der Elefant spielt im Leben der Neger eine grosse Rolle, und daher 
ist es nicht zu verwundern, dass sich an ihn eine Menge Fabeln und 
abergliubische Anschauungen anknüpfen. So herrscht im Graslande, wie 
auch im Waldlande der sonderbare Glauben, dass sich irgend jemand in 
einen Elefanten verwandeln kann. In dieser Verwandlung sucht er seinem 
Feinde irgend welchen Schaden an Leib und Leben oder an seinem Eigen- 
tum zuzufügen®). Freilich kann diese Macht der Familie des Zauberers 
recht unangenehm werden. Bei den Nkossi’) z. B. herrscht der Aber- 
glaube, dass die Seele den Körper noch bei Lebzeiten verlassen kann 
und dann irgend ein grosses Tier, also auch den Elefanten, aufsucht. 


1) Dr. Plehn, Beobachtungen usw., S. 719. 

2) Mansfeld, Urwald-Dokumente, S.70. Auch nach Schomburgk, Wild und 
Wilde, S. 203 am Bangweolo-See. Stanley, Durch den dunklen Weltteil Bd. II, 
8. 280 usw. 

3) Passarge, Adamaua, S. 306. 

4) Wanderungen usw., 3.448. Siehe auch Schomburgk, Wild und Wilde, 
S. 208: „zog aus dem Maule des Tieres etwas von den zuletzt zerkauten Blättern 
hervor, bestrich damit sorgfältig seine Amulette und nahm etwas davon in den 
Mund, kaute es einige Male durch und spuckte es dann dem Elefanten in den 
Mund, hob alsdann den Wedel des Tieres in die Höhe, um ihm ebenfalls etwas in 
den After zu spucken. Nun wird der Wedel abgetrennt, und feierlich geht der 
stolze Jäger um den Elefanten und überschlägt ihn mit seinem eigenen Wedel, 
ehe er ihn auf das Hinterteil des Tieres niederlegt.“ 

5) Schillings, Mit Blitzlicht und Büchse, 8. 159 erzählt aus Ostafrika: „Die 
vewerbsmässigen schwarzen Jäger glauben vielfach, dass nach glücklicher Erlegung 
von etwa 15 Elefanten sich eines Tages das Blatt zu Ungunsten des Jägers wenden 
müsse. Sie ziehen es vor, von da ab nur noch „Elefantendaua“ (Zaubermedizin) 
zu machen“. — Auch Schomburgk, Wild und Wilde, S. 203. 

6) Hutter, Wanderungen usw, S. 446. 

7) Plehn, Beobachtungen usw., 8.723. 


110 Seyffert-Stumme: 


Wird nun durch Zauber ermittelt, dass die Seele irgend eines Menschen 
so gewandert ist, und haben gerade in dieser Zeit Elefanten in den Pflan- 
zungen grösseren Schaden angerichtet, so wird die Familie desjenigen, 
der in dem Elefanten war, zum Schadenersatz herangezogen. Stellen bei 
demselben Volksstamm die Zauberer fest, dass ein Verstorbener Pleuren- 
verwachsungen hat, so bedeutet das, dass seine Seele in einen Elefanten 
überging!), Wie die Bakwiri*) glauben, hausen im Elefanten böse 
Geister; sie haben daher eine grosse Scheu vor ihm. 

Eine ganz besonders bedeutende Rolle spielt der Elefant im Ossidinge- 
Bezirk. Hier ist er nämlich unter anderen Tieren Totemtier*). Er wird 
trotzdem gejagt, wenn auch mit einiger Vorsicht. Ein jeder Ort hat 
seinen Jilefantenfetisch‘), vor welchem vor Antritt der Jagd geopfert 
werden muss. Der Jäger darf dies ja nicht unterlassen, da man aus 
Erfahrung weiss, dass stets nur die Jäger von einem Elefanten ge- 
tötet wurden, die dies Opfer unterlassen hatten. Derjenige aber, der 
diese Pflicht erfüllte, kann sicher sein, dass sich ihm jeder Personen- 
Elefant sofort dadurch kenntlich macht, dass er den einen Vorderfuss 
hochhebt und vor das Gesicht hält. Sollte er versehentlich das Tier ver- 
wunden, so wird auch die dazu gehörige Person krank. Da er aber wohl 
weiss, dass er dann der Rache der Familie des Erkrankten anheimfallen 
wird, hütet er sich schon davor, das Tier zu verletzen. Gehört der 
Jäger selbst zum Elefanten-Totem, und trifft er gar etwa seinen eigenen 
Totem-Elefanten, so werden sich beide ohne weiteres sofort erkennen 
und einfach aneinander vorübergehen.*) Nach allem darf es nicht wundern, 
dass auch in unzähligen Märchen und Erzählungen der Neger immer 
wieder der Elefant auftritt als eine der volkstümlichsten Erscheinungen 
der Tierwelt.®) 

Im Anhang soll noch die Rede von zwei arabischen Amulettbriefen 
sein, die den Täschchen unter Nr. 22a und 41f entnommen wurden. 
Herr Prof. Dr. Hans Stumme in Leipzig, dem auch an dieser Stelle 
für seine Mühe ein besonderer Dank ausgesprochen sei, hatte die grosse 
Liebenswürdigkeit, die beiden Schriftstiicke zu transskribieren und zu 
übersetzen. 

Es handelt sich um zwei der auf S. 10 erwähnten Koransprüche, die 
in kleine Ledertäschcehen eingenäht, von den Negern bei Jagd und Krieg 
zum Schutze am Körper getragen werden. Der erste (Tafel III) soll „erretten 
von allen Schrecknissen und Ungliicksfillen*, der zweite (Tafel IV) ist 
geradezu als ein ,Schiess-Schutzbrief* bezeichnet. 

Zum Schluss möchte ich Herrn Oberleutnant v. Oertzen für die 
reichhaltigen und interessanten Mitteilungen, die er zum Thema zu machen 
wusste, ganz besonderen Dank aussprechen! 


1) Ebenda. 

2) Seidel, Kamerun S. 207. 

3) Mansfeld, Urwald-Dokumente, S. 221 ff. 

4) Mansteld, Ebenda, S. 221 ff. 

5) Mansfeld, Ebenda, S. 221 ff, 

6) Stanley. Durch den dunklen Weltteil, Bd. I, S. 430 und an vielen anderen 
Orten. 


Zeitschrift für Ethnologie. Bd. XLIII. Tafel III. 


Seyffert-Stumme: Die Ausrüstung eines Elefantenjägers. 


hielten „Google 


aaien „Google 


Die Ausrüstung eines Elefantenjägers der Baia. 111 


Anhang. 
Wortlaut und Ubersetzung zweier augenscheinlich zum Einlegen in 


Amulettkapseln bestimmter Schriftstücke in arabischer Sprache, im Maghreb 
von Algieriern, Tunisern oder Tripolitanern geschrieben. 


Von Professor Dr. Hans Stumme in Leipzig. 


Tafel UI, auf grau-blauem Papier, 23 cm hoch, 17’/, cm breit. 
(1.) Das Schriftstück eröffnet oben folgende Zeile: 


plang de S29 lee A Am ‚she si ihe Br ae) SÉ nt 


ech d er wd ` ae 
bismi-llahi-rrahmani-rrahim(i), salla-llahu ‘ala sajjidina muhammad 
wa alihi wasahbihi, wasallama tasliman; ja hajj, ja qajjüm! „Im Namen 
Allahs, des Allbarmherzigen, des Erbarmers; Gott schütze unseren Herrn 
Muhammad und seine Familie und seine Freunde, und gebe ihm voll- 
ständiges Heil; o Lebendiger, o Ewiger! 

(2.) Das Schriftstück schließt unten folgende Zeile: 

Aen ab EE opt de le abt, alle a säi AR all 
innahu kulluhu-lchairu min ‘indi-llahi, wallahu galibun ‘ala ’amrihi, fama- 
kada gaira ba‘idin! „Siehe, alles Gute (kommt) von Allah, und Allah setzt 
seine Sache durch, und er weilt nicht ferne. 

(3.) Im Karree in der Mitte des Schriftstückes steht in acht Zeilen 
(zum Karree siehe die Bemerkung zu 4!): 
ud, Aal oye Kiel, vi Jä Il a Cle eu m > al 

um's Le A cy us Ns 
allahumma, ’aqdi hädjatı min alhadjat, min al-'adwab walma‘isa, min al‘abid 
walima’, wakull Sai’ min al’asja’; amin! „O Gott, erfülle mein Verlangen, 
meine Bedürfnisse alle, an Kleidern, Unterhalt, Sklaven und Sklavinnen, 
und an allen Dingen; Amen!“ 

(4.) Mit Auseinanderziehungen (die auch hier in der arabischen Schrift 
gekennzeichnet werden) läuft über das ganze Schriftstück weg von oben bis 
unten in elf übereinanderstehenden (von rechts nach links laufenden Zeilen): 

ho m. (a) allahumma, salli 
Gye che (f) ‘ala sajjidinä 
GW? (7) muhammad 
sik (6) salatan 
w Lu suis Lë) tundjina biha 


o— 3 > ¿ya (6) min djami‘ 


MN FS} (7) al alten) 

Oe Ale (9) wal’afat 

ny) D) watugdi 
a tic) LS) lana bihä 


Eu —— > (yA (4) min djami‘ 


112 Seyffert-Stunime: 


a „O Gott, schütze #unsern Herrn Muhammad (und durch ibn mache 
wirksam) dein Gebet, «durch dessen Erhörung Du uns errettest ‘von 
allen 7Schrecknissen und Unglücksfällen « «und durch dessen Erhörung 
Du uns verschaffst Avon allen“ (fortgesetzt sub 5!). 

Bemerkung: Statt AN Zeile a sollte ».—,Ut stehen. Aus dem 
+ (dem Buchstaben m) in Zeile £ ist das Karree fabriziert worden! 


(5.) Mit Auseinanderziehungen (hier markiert) läuft über das ganze 
Schriftstück hinweg von links nach rechts, in elf nebeneinanderstehenden 
Zeilen, die inhaltliche Fortsetzung und den Abschluss von dem sub 4 
Gegebenen bildend, das Folgende: 

wists} (a) alhädjät 
2 GU hi e LÉI watutahbiruna bihä 
Seed eg (y) min djamı 

DELL nd (ô) assajji at 
wy Uret g (E) watarfa‘una biha 
i> rd N glei (CH ’a‘la addaradjat 
i Kei, (7) watubliguna biha 

All at LÉI aqsa algajat 


Ne u ye (1) min djamı‘ alchairat 


Bm l å (x) filhajat 
wl of Az (4) waba‘da-Imamät! 
a „Bedürfnissen fund d d. E. Du uns reinigst yvon allen ¢schlechten 
Dingen «und d d. E. Du uns erhebst ¢zum Höchsten der Stufen und d. 


d E. Du uns erreichen lässt das äußerste der UbermaBe ‘von allen 
guten Dingen xim Leben ‘und nach dem Sterben!“ 


(6.) In den vier Ecken stehen, nach den äussersten Ecken des Papiers 
geschrieben, die Namen der vier Hauptengel (deren letzter der Todes- 
engel ist): 

>> djubril „Gabriel“ (rechts oben), 

Sear Kase mikail „Michael“ (links oben), 
hast! Senf „Asräfil“ (links unten), 
Jle ‘azraıl „Azrael“ (rechts unten). 

(7.) Von innen nach aussen gerichtet stehen in den je zehn offenen 

äußerstseitlichen Karrees die Epitheta Allahs: 
pees! aldjabbär „der Allmächtige“, 
jee} algahhär „der Allsiegreiche“, 
pews almu‘izz „der Alle zu Ehren bringende‘, 
Gë alhafiz „der Allbewahrer“. 


Tafel IV, auf gelblichem Papier, 45 cm hoch, 331/, em breit. 
(1.) Die Schrift in den Gängen zwischen den vier großen Recht- 
ecken, die je einmal (einmal von oben nach unten, das andere Mal von 


Zeitschrift für Ethnologie. Bd. XLIII. Tafel IV. 


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Seyffert-Stumme: Die Ausrüstung eines Klefantenjäwers 


Bitzen „Google 


aaie „Google 


Die Ausrüstung eines Elefantenjägers der Baia. 113 


rechts nach links) über das Papier läuft, von einer etwa eiförmigen Um- 
schließung in der Mitte (zwischen > und en) unterbrochen, soll 
wohl bedeuten: 

Awe! SV Use ces > BSH ëch aw As, 
rasd annısan di-lqarnain, hatta tawalla ‘arid almalik alhumam „Schieß- 
Schutzbrief des Aulgarnein (4. ist ein sagenhafter Held; er wird auch 
mit Alexander dem Großen identifiziert), (den er trug), als er gegen den 
hehren König zog“. 

Bemerkung: Es steht aber allerdings nicht ża \o, da, sondern 
das eine Mal (bei der Schrift von rechts nach links) etwa os kat und 
das andre Mal (bei der Schrift von oben nach unten) etwa , All? 
über „x> jener Zeile steht dann auch noch „.,5 tammat „sie ist fertig 


geworden“ (es ist unklar, was gemeint ist!). 


(2.) In der ei- oder kreisférmigen Umschliessung des Zentrums steht 
AS SKicie> ei baina djama‘atak kullhum „unter Deinem gesamten 
Bekanntenkreise“. Zusammenhang ist mit dem sub 6 gegebenen = 
muhabb „geliebt“ zu suchen. 


(3.) Viermal in den Komplexen von je 16 Karrees stehen die Buch- 
staben in der Reihenfolge des arabischen Alphabets, wie sie im Maghreb 
üblich ist, oder aber wie die Buchstaben des arabischen Alphabets (über- 
haupt) als Zahlenwerte geordnet zu werden pflegen: 


(<-«) wer. wege rede. Doreen dd 
(»->) ’b.dj.d.h.w.z.h.t.j.k.l.m.n.s.‘.fd 


Zahlenwerte: 12.3.4.5.6.7.8.9.10.20.30.40. 50.90. 70. 880. 


(4.) Von der Grenze des linken oberen Karreekomplexes ziehen sich 
(zweimal) nach oben zu, schief auf dem Kopfe stehend, die Buchstaben 
(die aber wohl, wie vorher, als Zahlenwerte aufzufassen sind) e 3 W l; 
die ersten sechs Buchstaben stehen aber tiber einem Striche, der im , 
endigt. 


(5.) Je 16mal im rechten oberen und in den beiden unteren Karrees, 
bloß 14mal aber im linken oberen Karree, erblickt man die Kombination 
> f zl (,8,’, h; Zahlenwert: 1, 60, 1, 5). Also wiederum eine 
Zahlensymbolik. 


(6.) In schiefem Rechteck steht in jedem der Komplexe von 16 Karrees, 
in der Mitte: „=, muhabb „geliebt“. Dies gehört also augenscheinlich 
zu 2! 


Zeitschrift ffir Ethnologie. Jahrg. 1911. Heft 1. Ss 


Sitzung vom 21. Januar 1911. 
Vorträge: 


Hr. David von Hansemann: Demonstration eines syphilitischen Schädels 
aus Südamerika. 
Hr. Richard Neuhauss: Deutsch-Neuguinea. Mit Lichtbildern. 


Vorsitzender: Hr. Hans Virchow. 


(1) Verstorben sind Herr Architekt Honzik, seit 1904, und Heır 
Rentier Morwitz, seit 1892 Mitglieder der Gesellschaft. 


(2) Die neuen Mitglieder sind unter der Dezembersitzung des vorigen 
Jahres schon mit aufgeführt (s. vor. Jg. S. 988). 


(3) Nach $ 30 der Statuten erfolgt die Walıl des Ausschusses für das 
Jahr 1911. Sie ergibt die Wahl der Herren Ehrenreich, Friedel, 
Goetze, Maass, Minden, F. W. K. Müller, Seler, Staudinger. 
C. Strauch. Der Ausschuss tritt nach Schluss der Sitzung zusammen 
und wählt zu seinem Obmann wiederum Hrn. Friedel. 


(4) Von Herrn Max Friedemann ist eine Diskussionsbemerkung 
zu dem Vortrage des Herrn Friedenthal über „Die Stellung des 
Menschen im zoologischen System“ (vor. Jg. S. 989) eingegangen, welche 
folgenden Wortlaut hat: 

Der Herr Vortragende hat an der Hand eines grossen Tatsachen- 
materials zu zeigen gesucht, dass der Huxleysche Pithecometrasatz zu 
Recht besteht. Ich möchte es aber nicht unerwähnt lassen, dass wir 
andererseits gezwungen sind, die Allgemeingiiltigkeit dieses Satzes ein- 
zuschränken und zwar gilt dies für dasjenige Organ, das ja den Menschen 
besonders auszeichnet, das Gehirn. Untersucht man die örtlichen Ver- 
schiedenheiten der Grosshirnoberfläche mitZellfärbungen (Cytoarchitektonik) 
und Markscheidenfärbungen (Myeloarchitektonik), so gelangt man dazu, 
die Grosshirnoberfläche in eine mehr oder weniger grosse Anzahl 
strukturell verschiedener Felder einzuteilen, denen mit Wahrscheinlich- 
keit eine physiologische Bedeutung zukommt. Brodmann hat zuerst 
systematisch die Grosshirnoberfläche der Säugetiere nach diesen Gesichts- 
punkten untersucht und die Grundlage zu einer vergleichenden Morpho- 
logie der Hirnrinde geschaffen. Dabei hat es sich nun herausgestellt, 
dass die menschliche Hirnrinde ganz nach demselben Typus wie die der 
übrigen Säugetiere gebaut ist und dass wiederum die Primaten (bzw. 


Brandenburg: Höhlenwohnungen. 115 


Mensch und Anthropoiden) eine Gruppe fiir sich innerhalb der Säugetiere 
auch in bezug auf die Grosshirnrinde bilden. Trotz unverkennbarer 
Übereinstimmungen lässt es sich aber bei einem Vergleich der Hirnkarte 
des Menschen mit derjenigen der übrigen Affen nicht leugnen, dass dem 
Menschen eine Sonderstellung innerhalb der Primaten zukommt. Seine 
Grosshirnrinde zeigt eine so beträchtlich grössere Oberflächenentwicklung, 
die strukturelle Differenzierung ist eine so viel weiter gehende, dass die 
Unterschiede bei den einzelnen Affengattungen untereinander dagegen 
gar nicht in Betracht kommen. Konnte doch O. Vogt neuerdings allein 
im Stirnhirn des Menschen über 50 myeloarchitektonische Felder auf- 
finden, eine Zahl, die von der Felderanzahl der gesamten Grosshirnober- 
fläche der Affen noch nicht erreicht wird. Wenn nun auch bei einzelnen 
Meuschenrassen (z. B. Javanen, Herero, Ägypter, Australier), wie wir 
durch die Forschungen Elliot Smiths, Brodmanns und Flashmans 
wissen, Anklänge an die Anthropoiden vorkommen, so lassen sich damit 
die erwähnten übrigen Differenzen nicht aus der Welt schaften. Es zeigt 
sich hier wieder, dass die verwandtschaftlichen Beziehungen im Tierreich 
je nach dem Organ, das man als Untersuchungsobjekt wählt, in sehr ver- 
schiedener Weise zum Ausdruck kommen können, und dass man nicht 
ohne weiteres die Ergebnisse, die man bei einem Organ erzielt hat, auf 
de Verhältnisse bei einem anderen übertragen darf. 

Ich möchte auch zum Schluss nicht unerwähnt lassen, dass nicht nur 
die Krallenaffen ein höheres relatives Hirngewicht als der Mensch be- 
sitzen, sondern dass sich, wie das z. B. aus der ausführlichen Arbeit von 
Wanecke zu ersehen ist, dieses höhere relative Gewicht auch in anderen 
Säugetierklassen, sogar in den sogenannten niederen, beobachten lässt. 


(5) Hr. E. Brandenburg hat aus EES? die im Bericht 
der Dezembersitzung erwähnte Mitteilung über 


Höhlenwohnungen 


eingesendet. 

Im vergangenen Jahre untersuchte ich zahlreiche Grotten, hauptsäch- 
lich in Süd- Etrurien. Besonders kam dabei das Tibertal mit seinen 
kleinen Seitentälern in Betracht. Am ergiebigsten war die Umgebung von 
Civita Castellana (Falerii). Die Funde wurden in der Revue des Etudes 
Ethnographiques usw., Nov.-Dez.-Nummer 1909, Paris, publiziert. Viele 
dieser Grotten erwiesen sich genau wie solche, die ich in früheren Jahren 
in Anatolien gefunden habe, als Wohnungen und Viehställe, charakteri- 
siert durch Bänke, Kamine, Krippen, Wasserbehälter usw. (vgl. auch 
Z. f. E. 1907, HI, S. 410f. und 1. c. 1908, UL S. 383ff.). Das allein frei- 
lich würde Sech nicht genügen, um Beziehungen zwischen beiden Ländern 
zu konstatieren, denn die Übereinstimmung der Anlagen liesse sich 
zwanglos aus den gleichen Bedingungen, d.i. dem gleichen Material und 
den gleichen Bedürfnissen des praktischen Lebens ableiten. Wir können 
aber solche Beziehungen annehmen, d. h. eine Beeinflussung von Osten 
her, wenn wir auch in beiden Gebieten sich gleichende Details finden bei 

Q* 


116 Brandenburg: Héhlenwohnungen. 


Anlagen, die offenbar nicht zu praktischen, sondern allem Anschein nach 
zu Kultzwecken gedient haben. Besonders sind es da Nischen (vgl. l. c.) 
die zu keinem praktischen Gebrauch gedient haben können und hier wie 
dort eine grosse Ähnlichkeit aufweisen. Man vergleiche z.B. Z. f. E. Le 
S.386 Abb 8b mit R. E. E. S. 1l. c. Abb. 15, ferner Z. f. E. l.c. Abb. 9a 
mit R. E. E. S. Le Abb. 16a, b u. A. In allen diesen Fällen handelt es 
sich wohl um einen Kult der im Felsen wohnenden Berggottheit, sagen 
wir der Kybele, der man gewissermassen in kleinen Nischen Imitationen 
einer Höhle zum Wohnen schaffen und anweisen wullte. 

Auch meine angefochtenen „Stufen“ (meine Theorie, dass es sich 
um rudimentäre, „abgekürzte“* Sitzbilder einer Gottheit handelt, ent- 
gegen den Reichelschen „Götterthronen“, vgl. O. L. Z. 1907/08, ist bis 
jetzt als falsch usw. bezeichnet, aber innerhalb — ich konstatiere das aus- 
drücklich — von vier Jahren, nachdem ich damit hervortrat, nirgends 
widerlegt worden!) fand ich sicher in zwei Exemplaren. Mehrere andere 
Fälle, wo ein praktischer Zweck nicht absolut auszuschliessen war, z. B. 
bei Kastell S. Elia, habe ich absichtlich nicht erwähnt. 

Die in Etrurien so häufigen mysteriösen engen Gänge, für die wohl 
mehrere Erklärungen möglich sind, als etwa in einem Fall zur Flucht, ın 
einem anderen als Wasserleitung usw., haben in Anatolien, allerdings 
nicht zu oft, Gegenstücke: bei Sarikevi (vgl. Memnon I, 1), bei Arzlan- 
Kaja, bei Düver (B. A. 06 S. 658) und bei Aiaiasin. Bei den beiden letzten 
Gängen ist der „Fluchtzweck“ deutlich erkennbar, rätselhaft, wie auch 
noch bei so vielen Gängen in Etrurien (vgl. auch R. E. E. S. Abb. 9a, b 
bei Villa Spada, sowie Abb. 8) ist aber der Zweck des sich gabelnden 
Ganges von Sarikevi. 

Wir können also annehmen, dass zwischen Anatolien und Etrurien, 
was die Grotten anbelangt, Beziehungen bestanden haben, denn es ist 
nicht unwahrscheinlich, dass etwa ein Kult wie der einer Berggottheit 
sich länger im Volke hielt und bei Wanderungen mitgebracht wurde. Vor- 
läufig ist auch auf diesem Gebiet das Material noch etwas dürftig; es 
stehen obige Ergebnisse aber durchaus nicht im Widerspruch mit denen 
auf verwandten Gebicten, im Gegenteil ergänzen sie dieselben (vgl. auch 
Basil Molestow, Introduction usw.). Auch hoffe ich später noch über 
ähnliches in Süditalien berichten zu können. 

Endlich möchte ich noch bei dieser Gelegenheit auf eine gewisse 
Ähnlichkeit des Grundrisses des Mithräums von Aquincum (A. O. 12, III, 
S.11) mit der merkwürdigen Kultstätte von Bajad (Z. f. E. 1. c. 08, III, 
S. 388) hinweisen; vielleicht wird auf diesem Wege eine Erklärung mög- 
lich sein. 

Im Frühjahr 1910 konnte ich dann einige „Höhlen-Städte* im Süden 
von Tripoli, in Djebel Garian besichtigen. Sie gehören in dieselbe Kate- 
gorie, wie die von Träger (Z. f. E. 1906, S. 100ff.) in Matmata gefundenen. 
Die Publikation ist in O. L. Z. in der Januarnummer erfolgt. Um einen 
viereckigen Hof herum gruppiert liegen die einzelnen Kammern, 5 bis 
6 m tief unter der Erdoberfläche. Es würde hier zu weit führen, die 
„Bauform“ dieses Hofes, sein Verwandtschaftsverhältnis zum nordafrika- 


Seler: Amerikanisten-Kongress. 117 


nischen Patio usw. zu untersuchen. Träger glaubt, dass diese Art des 
Wohnens von den Leuten gewählt sei, um sich besser verbergen und ver- 
teidigen zu können. Ich glaube, dass das nicht der Hauptgrund war, 
sondern dieser mehr in der leichten Bearbeitung des Materials, festem 
Lehm, und dem Mangel an Holz zu suchen ist. Der Hauptwert dieser 
Funde liegt aber darin, dass man hier noch eine vollkommen „troglody- - 
tisch“ lebende Bevölkerung beobachten kann und so manche Aufklärung 
über gewisse Details in prähistorischen Grotten erhält, deren Zweck 
bisher nicht recht ersichtlich war (vgl. O. L. Z. 1. c.). 


(6) Bericht des Hrn. Ed. Seler: 


Über den Internationalen Amerikanisten-Kongress in Buenos Aires und 
Mexico. 


Mexico D. F., 2. Oktober 1910. 

Aus Europa waren zu diesem Kongresse (17. bis 24. Mai) der General- 
sekretär des vorigen Kongresses, Regierungsrat Heger aus Wien, Prof. 
Cordier aus Paris, Prof. Mochi aus Florenz, Miss Adela C. Breton 
(als Vertreterin des Royal Anthropological Institute in London), der 
Direktorialassistent am Königlichen Museum für Völkerkunde Dr. Max 
Schmidt und der Unterzeichnete erschienen; aus Nordamerika der 
Gieologe Prof. Baily Willis und der Anthropologe Ales Hrdlička; aus 
Brasilien der Direktor des Museums von Sao Paulo, der bekannte 
Zoologe v. Ihering; aus Pert der Direktor des Museo Histórico Nacional 
de Lima, Prof. Max Uhle; aus Chile der Historiker José Toribio 
Medina, der Anthropologe Dr. Aureliano Oyarzun und der Linguist 
Rudolf Lenz; aus Paraguay der Kolonialdirektor Mayntzhusen. 
Argentinien hatte eine stattliche Zahl von Fachleuten und Interessenten 
entsandt, von denen ich den Direktor des Museums von La Plata, Prof. 
Samuel A. Lafone Quevedo, den Direktor des Nationalmuseums von 
Buenos Aires, Dr. Florentino Ameghino, den Direktor und Begründer 
des Museums der Facultad de Filosofia y Letras von Buenos Aires, 
Prof. Juan B. Ambrosetti und seinen jungen Adlatus Salvador de 
Benedetti, den Geographen Francisco B. Moreno, den Geologen 
Santiago Roth, den Anthropologen Prof. Lehmann-Nitsche und den 
ehemaligen Staatsminister Dr. Estorislao A. Zeballos hervorhebe. Als 
Präsident fungierte der Dekan der Facultad de Filosofia y Letras, 
Dr. Matienzo, als Generalsekretär Prof. Lehmann-Nitsche. Wie aus 
der obigen Aufzählung zu ersehen ist, und auch im allgemeinen klar 
hervortrat, war das deutsche und deutschsprechende Element auch diesmal 
wieder in erfreulicher Weise am Kongresse vertreten. 

Die Amerikanistenkongresse, international wie sie sind, pflegen doch 
durch das Land, in dem sie abgehalten werden, ihre besondere Signatur 
zu erhalten. In Argentinieu ist insbesondere nach zwei Richtungen hin 
wissenschaftliche Arbeit geleistet worden. Unter der Führung des ver- 
storbenen Burmeister hat sich die Forschung mit Macht darauf ge- 
worfen, den wunderbaren Reichtum eigentümlicher Tierformen, den die 


118 Seler: 


geologischen Formationen des Landes bergen, zu sammeln und zu 
studieren. Und indem man dann weiter die Gleichzeitigkeit menschlicher 
Reste mit gewissen dieser Tierformen nachweisen zu können glaubte, 
sind argentinische Gelehrte, vor allem Florentino Ameghino dazu 
gelangt, das Alter des Menschen in Argentinien bis in Zeiten hinaufzu- 
‘rücken, für die an anderen Punkten der Erde nirgends bisher die Existenz 
des Menschen nachgewiesen ist. Ja ein vereinzelter Knochenfund hat in 
neuerer Zeit Gelegenheit gegeben, für Argentinien eine neue Spezies, 
den Homo neogaeus, eine Art Zwischenstufe oder Vorläufer des Menschen 
zu konstruieren. 

Diese Frage war auch für die Kongressisten offenbar von grösstem 
Interesse, es kam aber nicht zu einer eingehenderen Diskussion, ge- 
schweige denn zu einer Entscheidung. Florentino Ameghino selber 
legte Steinwerkzeuge vor, die er dem Menschen der mittleren Pampas- 
formation zuschrieb, und die nach ihm in der Weise hergestellt worden 
seien, dass Rollkiesel mit einem ihrer Enden in die Höhlung eines 
Quarzits gestellt und durch einen Schlag auf das obere Ende längs- 
gespalten worden seien. Prof. v. Ihering hatte eine Karte ausgehängt, 
auf der er einer ihm aus geographischen Studien erwachsenen Anschauung 
Ausdruck gab, der, dass in alter Zeit Ostasien mit Südamerika irgendwie 
in Verbindung gestanden habe, und dass später erst die Landbrücke 
zwischen Nord- und Südamerika sich gebildet habe, und er schloss nun, 
dass dieses Verhalten ein indirekter Beweis für die Ameghinosche 
Theorie sein könne, dass das Alter des Menschen in Südamerika in un- 
gleich frühere Zeiten zuriickreiche, als in Nordamerika. Das war aber 
auch alles, was unter direkter Bezugnalime auf die Frage auf dem Kon- 
gresse zur Sprache kam. Dagegen hatte, gerade zum Studium dieser 
Frage, die Smithsonian Institution die Herren Willis und Hrdlicka 
zum Kongress nach Buenos Aires entsandt. Die beiden Herren haben 
nicht nur das von Ameghino und anderen gesammelte Material in den 
Museen von Buenos Aires und La Plata eifrig studiert, sie haben auch 
in Begleitung Ameghinos die Hauptfundstellen bei Mercedes in der 
Pampa westlich von Argentinien und am Rio Negro in Patagonien be- 
sucht, um über diese Frage ins klare zu kommen. Es scheint nun in 
der Tat, wie ich vorläufigen privaten Mitteilungen entnehmen muss, dass 
die Ameghinosche Deutung einer unbefangenen Prüfung der vorliegen- 
den Tatsachen nicht standhält, und es wird wohl auch für Südamerika, 
wie für Nordamerika gelten müssen, dass für die Existenz des Menschen 
in der Tertiärzeit noch keine haltbaren Beweise beigebracht sind. — Neben 
dieser Hauptfrage wurden auch die physischen Verhältnisse der tatsächlich 
existierenden prähistorischen und historischen Rassen Amerikas eifrigst 
diskutiert. Ein gewisses Aufsehen machte der Vortrag des Frl. Dillenius, 
einer in Buenos Aires von deutschen Eltern geborenen jüngeren Dame, 
einer Schülerin Lehmann-Nitsches, die nach der von P. Aigner an- 
gegebenen Methode durch Studium des Scheitelbeins die ursprüngliche 
Gestalt der verdrückten Schädel der Calehaqui-Gräber zu bestimmen ver- 
sucht hatte und zu dem Resultat gelangt war, dass diese Schädel, die in 


Amerikanisten-Kongress. 119 


ihrer verdrückten Gestalt das Aussehen hyperbrachykephaler Schädel 
haben, ursprünglich dolichokephal gewesen seien und dem sogenannten 
paläoamerikanischen Typus angehört haben müssen. 

Ein zweites Feld wissenschaftlicher Tätigkeit, auf welchem die Arbeit 
der argentinischen Gelehrten in den letzten Jahrzehnten in besonders leb- 
hafter Weise eingesetzt hat, ist die alte Kultur der Stämme, die im Nord- 
westen Argentiniens in den Tälern der hohen Kordilleren und auf den 
kalten, an Bolivien grenzenden Hochflächen wohnten, — der Diaguita 
(oder, wie sie nach ihrem Hauptwohnorte auch genannt werden, Calchaqui), 
der Atacama und der Humahuaca und anderer noch weniger erforschter 
Stämme an den Grenzen von Chile. Diese Stämme, von denen man bis 
dahin nicht viel mehr gewusst hatte, als dass sie in langen hartnäckigen 
Kämpfen ihre Unabhängigkeit den spanischen Kolonisatoren gegenüber 
zu verteidigen wussten, aber ihnen schliesslich doch erlagen, sind uns in 
letzter Zeit dadurch näher gerückt worden, dass man ihre zumeist auf 
strategisch gut gewählten Punkten angelegten Wohnplätze und ausge- 
dehnte Grabfelder hat untersuchen können, die eine unglaubliche Fülle 
von Gegenständen aus Ton, Stein, Kupfer und Bronze geliefert haben, 
zum grossen Teil sehr eigenartigen Stils, mit Figuren von Menschen, 
Schlangen, Straussen und mit merkwürdigen geometrischen oder 
geometrisch gewordenen Ornamenten bemalt. Während wir in Berlin, 
nach der kleinen, aber doch die Haupttypen gut zur Anschauung 
bringenden Sammlung Dr. Max Uhles, {den Eindruck gehabt hatten, 
dass wir es hier in der Hauptsache mit durchaus eigenartigen Halb- 
kulturen zu tun ‚haben, — deren Eigenart ja auch in besonderen Ge- 
bräuchen sich aussprach (Bestattung von neugeborenen Kindern und 
Fötussen in grossen bemalten, in besonderen Grabplätzen vereinigten 
Urnen), — während daneben uns nur die unverkennbaren Beeinflussungen 
von Seiten der zivilisierten Stämme des peruanischen Hochlandes zu 
denken gaben, ist die Forschung der argentinischen Gelehrten von Anfang 
an nach einer anderen Richtung gegangen. Der belgische Anthropologe, 
Dr. Ten Kate, der eine Zeitlang für das Museum von La Plata tätig 
sewesen war, hatte die Kultur der Calchaqui-Stämme der der sogenannten 
Pueblo-Indianer des Südwestens der Vereinigten Staaten von Nordamerika 
vergleichen zu müssen geglaubt, — eine Ähnlichkeit, die anderen, und 
so auch mir, aber mehr ein Produkt gleichartiger klimatischer Verhält- 
nisse und gleicher Höhe des Kulturzustandes zu sein scheint. Die argen- 
tinischen Gelehrten aber, Lafone Quevedo und vor allem Ambrosetti, 
hatten damals auf das Vorhandensein einer Urrasse geschlossen, die in 
gleicher Weise im Norden, wie im Süden Amerikas ihre Kultur entwickelt 
hätte, und die der Vorläufer der höher entwickelten Kulturen, der peru- 
auischen und anderer, gewesen sei. Diese Auffassung ist indes auch von 
anderer, sehr beachtenswerter Seite, unter anderem auch von Erie 
Boman, in seinem ausgezeichneten Werke über die Stämme der Anden- 
region von Argentinien zurückgewiesen worden. Das Auftreten der 
argentinischen Gelehrten auf dem Kongresse war denn auch ein der- 
artiges, dass man den Eindruck hatte, dass sie selbst nunmehr diese Auf- 


120 Seler: 


fassung aufgäben. Sie begnügten sich, was gewiss im allgemeinen zu 
loben ist, die tatsächlichen Verhältnisse klar zu legen. Carlos Bruch 
beschrieb die Anlage der alten befestigten Städte der Region. 
Ambrosetti und De Benedetti schilderten die Verhältnisse der alten 
Ruine der Quebrada von Humahuaca, des uralten Verbindungsweges, der 
von Bolivien nach Argentinien, bezw. von Peru über Bolivien und Argen- 
tinien nach Chile führt, Verhältnisse, die sie in wiederholten Aus- 
grabungskampagnen für das Museum der Facultad de Filosofia y Letras 
eingehend studiert hatten, und Lafone Quevedo brachte eine neue 
Deutung für gewisse kunstvoll geschnitzte Röhrchen, die in Gräbern der 
Calchaqui-Region zusammen mit Bündeln von Kaktusstacheln gefunden 
wurden, und die er als Miniaturblasrohre zum Schiessen vergifteter Pfeile 
erklärt. Nach einer anderen Richtung erörterte Max Uhle das Problem 
der Calchaqui-Kultur. Uhle hat bei seinen Ausgrabungen in Pachacamac 
an der Küste von Peru den Nachweis erbracht, dass dort die Tiahuanaco- 
Kultur und gewisse Schichten der Kultur der Küstenstämme der 
Blütezeit des Incareiches vorausgehen, und er glaubt auf Grund gewisser 
von ihm einerseits in der Chimu-Region, andererseits in den südlichen 
Küstenstrichen von Nazca und Ica beobachteter Verhältnisse annehmen 
zu können, dass sowohl die sehr eigenartige buntbemalte Keramik der 
letzteren Fundstellen, wie die feinbemalten Gefässe der Chimu-Region 
einer noch älteren Kultur als die Monumente von Tiahuanaco angehören, 
— einer Kultur, die in der Zeit um oder vor Christi Geburt ansetzt. 
Auf diese Weise unterscheidet er an der Küste von Perü in der Haupt- 
sache_drei ihrem Inhalt und ihrem Ursprunge nach verschiedene und auch 
zeitlich weit auseinanderliegende Kulturperioden. Demselben Schema 
will Uhle nun aber auch das Material der prähistorischen Kulturen 
Argentiniens einfügen, indem er von den Fundorten wie La Paya, wo 
der Inca-Einfluss klar zutage liegt, zunächst die ältere eigentliche 
Calchaqui-Kultur der Gräberfelder von Santa Maria, Amaicha usw. ab- 
sondert, die der Tiahuanaca-Kultur in Perú und Bolivien vergleicht, und 
als vor dieser liegend und einer besonderen Kulturperiode angehörig die 
stilistisch abweichenden sogenannten drakonianischen Gefässe von Anda- 
gala und anderen Fundorten annimmt. Das ist aber vorläufig eine durch 
und durch hypothetische Konstruktion, deren Richtigkeit oder Zulässigkeit 
erst durch die Auffindung von Überschichtungen oder andere ähnliche 
tatsächliche Feststellungen erwiesen werden kann. — In den geogra- 
phischen Verhältnissen liegt es endlich auch, dass auch für die altperu- 
anische Kultur in Argentinien ein besonderes Interesse vorhanden ist. 
Wird doch die Sprache der Inca auch heute noch in nicht unwesentlichen 
Teilen der westlichen Distrikte gesprochen. Auf dem Kongresse wurden 
indes von den Argentiniern selbst keine Arbeiten über dies Gebiet vor- 
gelegt. Dr. Schmidt berichtete über seine Studien an den Geweben der 
Gretzer’schen Sammlung des Königlichen Museums für Völkerkunde. 
Der Unterzeichnete sprach über altperuanische Vasengemälde, die Typen 
unterscheidend, die dem Gegenstande der Darstellung nach unter ihnen 
sich erkennen lassen. Und Uhle erörterte die (ieschlechterverfassung 


Amerikanisten-Kongress. 121 


der Inca, nach der Liste in dem Werke Pedro Sarmiento de Gamboas, 
das von Pietschmann in Göttingen aufgefunden und publiziert worden 
ist. Uhle kommt dabei zu dem Schlusse, dass auch im Tale von Cuzco 
chemals Aimara geherrscht haben müssen, — die Indianerbevölkerung, 
die noch heute in kompakten Massen die Hochländer um den Titikaka- 
See bewohnt, — und dass im Kampfe gegen diese die Khechua und ihre 
Führer, die Inca, zur Macht gelangt seien. Zu sehr lebhaften Diskussionen 
innerhalb und ausserhalb des Kongresses gab endlich ein Vortrag Anlass, 
den Arthur Posnanski, ein in Bolivien ansässiger deutscher Ingenieur, 
über die Monumente von Tiahuanaca hielt. In Bolivien ist man zum 
Teil zu ganz exorbitanten Vorstellungen über das Alter dieser Monumente 
gelangt, und Posnanski dachte diese Anschauungen zu rechtfertigen, 
indem er die Tatsache. dass die Monumente von Tiahuanaca, insbesondere 
das grosse Steinpfeilerviereck, nicht genau nach den Himmelsrichtungen 
orientiert sind, als einen Beweis dafür in Anspruch nahm, dass zur Zeit 
der Errichtung dieser Monumente die Erdachse eine andere Neigung 
vehabt habe. 

Gegenüber den prähistorischen, anthropologischen und archäologischen 
Fragen, die eingehend erörtert wurden, kam die Ethnologie der lebenden 
Indianer nur spärlich zum Wort. Prof. v. d. Steinen hatte ein hand- 
schriftliches Unicum, eine Grammatik der Zamuco-Sprache, eingesandt, die 
in dem Kongressbericht veröffentlicht werden wird. Lafone Quevedo 
sprach tiber die Guaicuru- und die Chiquitosprache. Lehmann-Nitsche 
legte Arbeiten des Rev. Theophilus Schmid über patagonische Sprachen 
vor. Rudolf Lenz, der bekannte Erforscher der araukanischen Sprache 
und des araukanischen Folklore, überreichte ein sorgfältig gearbeitetes, 
höchst interessantes Werk über die indianischen Elemente in der heutigen 
Sprache Chiles. Prof. v. Ihering sprach über die heutige Verteilung der 
Indianerstämme Südbrasiliens, dabei die schwierige Frage berührend, wie 
die noch vorhandenen Reste der alten Indianerbevölkerung vor Ver- 
nichtung bewahrt und der europäischen Kultur gewonnen werden könnten. 
Vojtech Frič, der eben von einer Reise zu den Chamacoco zurück- 
vekehrt war und eine schöne und reiche Sammlung von Ethnographicis 
dieses Stammes mitgebracht hatte, die zum Teil für das Petersburger 
Museum bestimmt ist, sprach über Mythen und religiöse Vorstellungen der 
von ihm besuchten Indianerstämme. Leider missbrauchte er wieder die 
Redefreiheit, die ihm für seine Mitteilung gewährt war, zu einem mit dem 
Gegenstande gar nicht in Verbindung stehenden, ganz unangebrachten und 
in der Hauptsache völlig ungerechtfertigten Angriffe auf die Jesuiten und die 
Missionen überhaupt. Herr Mayntzhusen endlich, ein deutscher Lands- 
mann, der in Yaguarazapa am Alto Parana eine Kolonie eingerichtet hat 
und sie verwaltet, hatte zwei interessante Sammlungen ausgestellt, — die 
eine stammt von den Guayaki, einem Indianerstamme, der in den dichten 
Wäldern des östlichen Paraguay umherzieht, jede Berührung mit den 
Weissen und der europäischen Mischbevölkerung ängstlich meidend; die 
zweite enthät die Ergebnisse von Ausgrabungen, die Herr Mayntzhusen 
an alten Wohn- und Begräbnisplätzen der Guarani-Indianer veranstaltet 


122 Seler: 
hat. Beides sind wertvolle und seltene Sammlungen. Erfreulicherweise 
hat sich Herr Mayntzhusen bereitfinden lassen, sie dem Königlichen 
Museum für Völkerkunde zu überweisen. 

Neben den Sitzungen und Vorträgen fanden Besichtigungen der Museen 
und öffentlichen Institute statt. Das Museo Nacional de Buenos Aires, das 
seinerzeit unter der Leitung Burmeisters stand, ist leider in gänzlich 
ungenügenden Räumen und in einem so baufälligen Hause untergebracht, 
dass man es nicht wagt, es für die Besichtigung durch ein grösseres 
Publikum zu öffnen. Hier findet sich die erste Calchaqui-Sammlung, die 
seinerzeit zum Verkauf kam, und die so gerechtes Aufsehen erregte. Die 
Bronzegegenstände, Glocken, Reliefscheiben usw., die zu dieser Sammlung 
gehören, erregten das besondere Interesse der Kongressisten. Buenos 
Aires ist Bundeshauptstadt, und das Museum von Buenos Aires ist National- 
museum. Der Landdistrikt von Buenos Aires bildet einen besonderen 
Staat, dessen Hauptstadt La Plata ist. Hier ist eine Staatsuniversität er- 
richtet worden und daneben befindet sich in einem Haine von Eichen- 
und Eukalyptusbäumen ein neues, prächtiges Gebäude, das das Museum 
des Staates Buenos Aires birgt. Dieses „Museo de la Plata“ ist von 
Moreno gegründet worden; sein gegenwärtiger Leiter ist Samuel 
Lafone Quevedo. Hier befindet sich neben anderen naturwissenschaft- 
lichen Sammlungen eine prachtvolle Kollektion von den grossen vorwelt- 
lichen Tieren des Landes, deren Kustos der deutsch - schweizerische 
Gelehrte Santiago Roth ist; ferner eine sehr gute anthropologische 
Sammlung, die Lehmann-Nitsche verwaltet; endlich eine archäologische 
Sammlung, die unter der besonderen Obhut von Lafone Quevedo steht. 
Das Hauptstück sind die Sammlungen aus der Calchaquiregion. Lafone 
Quevedo, der in der Gegend von Andalgala begütert ist und regelmässig 
einen Teil des Jahres dort zubringt, hat einen guten Teil dieser Samm- 
lungen zusammengebracht; andere entstammen den sehr sorgfältigen Aus- 
grabungen des verstorbenen Carlos Methfessel. Das Tagebuch Meth- 
fessels, das von einer Fülle in grossem Massstabe ausgeführter 
Zeichnungen begleitet ist und alle Daten über die gesammelten Gegenstände 
enthält, wird von der Verwaltung des Museums veröffentlicht werden. In 
dieser Sammlung gewinnt man erst den richtigen Massstab für die Be- 
deutung der Calchaquikultur. Eine geradezu erdrückende Fülle eigen- 
artiger Typen und besonderer Ornamente tritt einem hier entgegen und 
man bedauerte nur, dass Musse und Zeit für ein eingehenderes Studium 
fehlten. Ein drittes Museum ist das der Facultad de Filosofia y Letras in 
Buenos Aires, das in den Kellerräumen der Facultad untergebracht ist. 
Es enthält in der Hauptsache die Ergebnisse der von Ambrosetti und 
De Benedetti im Auftrage der Facultad unternommenen Reisen und 
Ausgrabungen. Besonders wichtig sind hier die aus den alten Wohn- und 
Begräbnisplätzen der Quebrada von Humahuaca stammenden Funde 
und eine kleine Sammlung von Gegenständen der Chacoindianer, die De 
Benedetti unter den Indianern zusammenbringen konnte, die regelmässig 
für die Zuckerhacienda der Provinz Tucuman geworben werden. 

In Verbindung mit dem Kongresse waren endlich von dem leitenden 


Amerikanisten-Kongress. 123 


Komitee in Buenos Aires verschiedene Exkursionen in Aussicht genommen 
worden, eine nach den Fällen am oberen Parana, eine andere nach der 
archäologisch so interessanten Region der Calchaqui, eine dritte nach 
Bolivien und Peru. Für die erste Exkursion fanden sich nur zwei Teil- 
nehmer. Die zweite kam nicht zur Ausführung, da die nötigen Vor- 
bereitungen nicht getroffen waren und die Exkursion selbst auch unver- 
hältnismässig viel Zeit erfordert hätte Dagegen ermöglichte eine 
Einladung, die von seiten der bolivianischen Regierung an den Kongress 
ergangen war, deren Träger Herr Posnanski war, einer kleinen Zahl 
von Teilnehmern, unter denen das deutschsprechende Element wiederum 
beträchtlich überwog, die Reise nach Bolivien und Pert. 

Wir besuchten zuerst die Städte Cordoba und Tucuman. Cordoba 
besitzt eine Universität, an der schon seit einer Reihe von Jahren deutsche 
Professoren wirken. Ein kleines Museum existiert in der Stadt, von einem 
Geistlichen P. Geronimo D. Lavagua zusammengebracht, das neben 
allerhand anderem auch eine Anzahl Gegenstände aus Ton und Stein ent- 
halt, die von den Ureinwohnern der Gegend stammen, den unter dem 
Namen Comechingones bekannten Indianern, die aber längst ausgestorben 
oder in der Mischbevölkerung aufgegangen sind. In Tucuman hatte ein 
Deutscher, Herr Rudolf Schreiter aus Chemnitz, von dem ich vor zwei 
Jahren eine kleine Sammlung für das Berliner Museum erwarb, wieder 
eine Anzahl Calchaquiurnen zusammengebracht, die Regierungsrat Heger 
für das Wiener Museum erstand. 

In La Quiaca, am Endpunkte der argentinischen Eisenbahn, zugleich 
der Grenzstation gegen Bolivien, wurden wir von einem Abgesandten der 
bolivianischen Regierung, Herrn Manuel E. Aramayo, empfangen und 
erreichten unter seiner Führung nach dreiundeinhalbtägiger Wagenfahrt 
auf einem neuen Wege, der von Tupiza über die Hochflächen am Süd- 
fusse des Schneeberges Chorollque führt, den Salzsee von Uyuri und die 
Eisenbahn, die Antofagasta an der Küste des Stillen Ozeans mit La Paz, 
der Hauptstadt von Bolivien, verbindet. In Bolivien ist für die wissen- 
schaftlichen Interessen seit einer Reihe von Jahren Herr Manuel Y. 
Ballivian besonders tätig, — der Sprössling einer alteingesessenen 
Familie, die den letzten Inca, Atauhuallpa unter ihren Ahnen zählt, die 
aber auch in Spanien reich begütert ist. Herr Ballivian ist zurzeit Leiter 
des Ackerbau- und Einwanderungsdepartements und ist Präsident der 
Geographischen Gesellschaft. Er hat auch das Museum von La Paz ge- 
gründet, in dem sich, neben einer schönen Sammlung von Mineralien des 
Landes und anderen naturwissenschaftlichen Sammlungen, Gegenstände 
von den noch lebenden Indianerstämmen Boliviens und Altertümer be- 
finden. Unter den letzteren ist, neben Stein- und Tongegenständen aus 
Tiahuanaco, eine Suite eigentümlicher, in ziemlich primitiver Art bemalter 
Krüge und Becher aus der Gegend von Uyuri besonders bemerkenswert, 
von denen ich mir die Haupttypen kopieren Konnte. 

Der Hauptzweck unserer Exkursion nach Bolivien war natürlich der 
Besuch der weltbekannten Ruinenstätte von Tiahuanaco. Daneben hatten 
wir noch den Wunsch, die Inseln des Titikakasees und die Incabauten 


124 Seler: 


auf ihnen zu sehen und zu studieren. Die Monumente von Tiahuanaco 
sind durch die Veröffentlichungen von Squier, von Stübel und Uhle und 
neuerdings die der Mission francaise unter de Crequi-Montfort und Sene- 
chal de La Grange bekannt genug. Die vielen Rätsel, die sie dem Be- 
sucher aufgeben, sind darum noch nicht gelöst. Uns war es betrübend, 
zu sehen, wie viel von dem, was noch vor wenigen Jahren vorhanden 
war, zerstört worden ist. Der Besuch der Inseln des Titikakasees, die 
als Geburtsstätten der Sonne und des Mondes auch in der Inca-Sage eine 
grosse Rolle spielen, wurde uns durch das Entgegenkommen der perua- 
nischen Regierung, die uns einen der kleineren auf dem See stationierten 
Dampfer zur Verfügung stellte, ermöglicht. Der peruanischen Regierung 
hatten wir es auch zu danken, dass wir in bequemer Weise die alte 
Hauptstadt des Inca-Reiches, Cuzco, und einige Ruinen der Nachbarschaft, 
der Feste Saxay huaman und des Inti huasana von Pisac besuchen konnten. 
Von Sammlungen ist in Cuzco zurzeit nicht viel vorhanden. Die alte 
Sammlung Centeno ist bekanntlich von Adolf Bastian für das Berliner 
Museum erworben worden. Daneben gab es noch eine öffentliche Samm- 
lung in der mit der Universität verbundenen öffentlichen Bibliothek von 
Cuzco. Davon scheint aber der grösste Teil zerschlagen oder sonst 
wie abhanden gekommen zu sein. 

In Lima endete offiziell der für den Kongress von Buenos Aires ver- 
anstaltete Ausflug. Infolge der langen Reisen und der unvermeidlichen 
Aufenthalte war bis zu dem für den Kongress in Mexiko in Aussicht ge- 
nommenen Termin nicht viel Zeit mehr übrig. Ich benutzte sie dazu, 
soviel als irgend möglich von den Ruinen und Gräberfeldern der Küste 
und den öffentlichen und privaten Sammlungen zu sehen. Als seinerzeit 
Adolf Bastian die Sammlung Macedo für das Berliner Museum erwarb, 
und dann der Inhalt des von Reiss und Stübel ausgebeuteten grossen 
Gräberfeldes von Ancon auch unserem Museum zufloss, waren wir der 
Meinung, dass wir die Haupttypen des archäologischen Materials der 
peruanischen Küste in unserem Museum vereinigt hätten. Wie sehr wir 
darin im Irrtum waren, zeigte sich, als vor einigen Jahren die grossen 
Grabfelder der Gegend von Nazca und Ica aufgedeckt wurden. Wenn 
man jetzt die Sammlung Gaffron in München, die Gretzersche Sammlung 
im Königlichen Museum für Völkerkunde, die Sammlung des Museo 
Historico Nacional in Lima und die verschiedenen Privatsammlungen in 
Peru durchsieht, so findet man dort zu Hunderten jene buntbemalten und 
veclatteten Gefässe mit den Ungeheuerfiguren, die ein Beil und einen 
abgeschnittenen menschlichen Kopf ın der Hand halten — Stücke, von 
denen wir in der Macedoschen Sammlung zwei oder drei gehabt und als 
ganz seltene wunderbare Vorkommnisse betrachtet hatten. Und weiter, 
sieht man unsere Sammlungen durch, so findet man Fundorte wie Chancay, 
Recuay, Chimbote, Trujillo, Lambayeque durch Gefässe von ziemlich ein- 
heitlichem Typus vertreten, während Ancon, Pachacamac eine grössere 
Mannigfaltigkeit von Formen und Mustern aufweisen. Kommt man nun 
aber an diese Fundorte selbst, und durchwandert man die riesigen Gräber- 
felder, wo von Berufenen und Unberufenen seit Jahrzehnten der Boden 


Amerikanisten-Kongress. 125 


um und um gewühlt worden ist, so sieht man zwischen den Schiideln, den 
bleichenden Knochen, den Haarschöpfen, den Fetzen von Mumieneinwick- 
lungen usw., Scherben und ganze Gefässe von oft ganz ansehnlichen 
Dimensionen und von bestimmtem Typus und mit bestimmter Verzierung, 
die aber in unseren Sammlungen von diesen Fundorten nicht vorkommen, 
einfach weil man nur die guten, die feingearbeiteten und verzierten und 
ganzen Stücke gesammelt, die gröberen, grösseren und zerbrochenen 
Stücke als wertlos liegen gelassen hat. Für das archäologische Bild der 
betreffenden Lokalität sind aber die letzteren nicht minder wichtig als die 
ersteren. Endlich hat sich in den letzten Jahren, und gerade auch durch 
die Bemühungen Uhles, der in den ersten Jahren seines Direktorats 
Mittel für Ausgrabungen zur Verfügung hatte, gezeigt, dass hier an der 
Küste von Peru neben den Fundorten, die die bekannten Typen enthalten, 
andere vorkommen, wo sich Reste von abweichenden, eigenartigem, 
primitiverem Typus finden, und wo es auf der Hand liegt, dass ethnische 
Verschiedenheit oder vielleicht auch eine ältere Kulturschicht anzunehmen 
ist. Arequipa ist eine solche Lokalität, ferner die Muschelhügel bei Ancon 
und einige der grossen Huacas in der Nähe von Lima, die Uhle aufge- 
graben hat. Das sind wichtige Vorkommnisse, die aber in unseren 
heimischen Sammlungen noch in keiner Weise vertreten sind. Aber auch, 
was die bekannten und typischen Stücke betrifft, die feinbemalten Ge- 
fässe von Chimbote, Trujillo, Chicama und anderen Fundorten, so ist die 
Mannigfaltigkeit eine so grosse, die Produktivität der alten keramischen 
Künstler (oder Künstlerinnen) eine so erstaunliche, dass man in jeder 
neuen Sammlung wieder neues sieht. Und Sammlungen hat in Perú, man 
möchte sagen, fast jeder wohlhabende Mensch. Von den Sammlungen, die 
ich kennen gelernt habe, erwähne ich hier zunächst die des Museo 
Historico Nacional in Lima. Man kann sagen, dass Dr. Uhle, der gegen- 
wärtige Direktor, diese Sammlung in den wenigen Jahren, wo er Mittel 
zur Verfügung hatte, neu geschaffen hat. Ein älterer Bestand existierte, 
der war aber gering und ziemlich minderwertig. Und von den Haupt- 
fundorten, Chimbote, Trujillo usw., besitzt auch jetzt das Museum herz- 
lich wenig. Dagegen hat Uhle das Museum durch prachtvolle Samm- 
lungen aus der Gegend von Nazca bereichert, die aus Gefässen, aus 
Mumien, Stoffen und den mannigfaltigsten Grabbeigaben bestehen. Er 
hat aus einer grossen Huaca unterhalb Lima eine Menge Riesengefässe, 
allerdings zumeist in Scherben, von eigenartiger, primitiver, schwarz-weiss- 
roter Bemalung gezogen. Er hat in einem Grabfelde bei der alten Stadt 
Cajamarquilla oberhalb Lima besondere Arten der Bestattung und auch 
wieder eine besondere Facies von Grabbeigaben gefunden. Er hat end- 
lich auf der kahlen Felseninsel San Lorenzo, die den Hafen von Callao 
auf der Südseite begrenzt, die Reste einer Fischerbevölkerung gefunden, 
deren Grabausstattung einen ganz beachtenswerten Kulturstand zeigt. 
Nach Abschluss meiner peruanischen Reisen und Studien habe ich, 
um rechtzeitig zum Kongress in Mexiko zur Stelle zu sein, den Weg über 
Panama und New Orleans genommen. Zu dem Kongresse, der vom 8. 
bis 14. September stattfand, waren ausser mir von Europa wieder Re- 


126 Seler: 


gierungsrat Heger aus Wien, und mit ihm Dr. Lenz und Professor 
Oberhummer, erschienen; aus Frankreich Dr. Capitan, der Inhaber 
der Loubat-Professur am Collége de France, und mit ihm die Herren 
Dr. Marcou und Falcoz; aus Spanien Professor Sanchez-Moguel; aus 
den Vereinigten Staaten von Nordamerika Dr. Franz-Boas aus New York, 
Herr Aleš Hidlicka aus Washington, George B.Gordon aus Philadelphia, 
Dr. Alfred M. Tozzer aus Cambridge Mass., Dr. Roland B. Dixon u. a. 
Zum Präsidenten des Kongresses wurde der Unterzeichnete gewählt. Als 
Generalsekretär fungierte, da der ursprünglich in Aussicht genommene 
interimistische Direktor des Nationalmuseums Lic. Genaro Gorcia eines 
Trauerfalles halber verhindert war, Lic. Jose Romero. — Dem Kon- 
gresse in Mexiko gab diesmal die verhältnismässig starke Beteiligung 
der Nordamerikaner sein besonderes Gepräge. Dr. Franz Boas, der 
Altmeister der indianischen Linguistik legte die ersten Bände des Hand- 
buchs der indianischen Sprachen vor, das unter seiner Leitung heraus- 
gegeben und von dem Smithsonian Institution in Washington veröffentlicht 
wird. Dr. Tozzer, der seinerzeit mit Mitteln des Maya Exploration Fund 
in Yukatan und Chiapas gereist ist, um die Maya-Sprache und den Maya- 
Folklore zu studieren, sprach über die Formation des Maya-Verbums. 
Herbert J. Spieden erörterte die Chronologie der grossen Relief- 
skulpturen von Copan, Aleš Hidlicka gab einen ganz interessanten Be- 
richt über einen vor wenigen Wochen von ihm (zum Teil im Verein mit 
dem Unterzeichneten) unternommenen Besuch der peruanischen Grabfelder 
und die Ergebnisse seiner dort vorgenommenen anthropologischen Studien. 
Frau Zelia Nuttall, die zwar seit einigen Jahren ihren dauernden Wohn- 
sitz in Mexiko (in dem alten Hause Pedro de Alvarado’s in Coyoacon) 
hat, aber doch als Amerikanerin zu zählen ist, legte eine höchst inter- 
essante Bilderschrift vor, die sie in dem mexikanischen Staatsarchiv auf- 
gestöbert hat, die in Bildern und begleitendem Texte Aufschluss darüber 
gibt, was unmittelbar nach der Eroberung der Stadt Mexiko mit den 
grossen Idolen des Haupttempels, Uitzilopochtlis und anderer, — über 
deren Verbleib man bisher absolut nichts wusste, — geschah. George 
Grant Mac Curdy beschrieb ein interessantes Altertum, das in dem 
Museum der Yale-University in New Haven sich befindet, auf dem, ähn- 
lich wie auf dem grossen sogenannten Calendario Azteca, die gegenwärtige 
und die vier prähistorischen Sonnen, die die Mexikaner annahmen, ab- 
gebildet ist. Eine von Stansbury Hagar vorgelegte Arbeit über Tier- 
kreissymbolismus in dem mexikanischen und dem Maya-Kalender beruht 
meiner Überzeugung nach auf irrigen Voraussetzungen. 

Was die europäischen Gelehrten betrifft, die an dem Kongresse teil- 
nahmen, so legte Dr. Capitan drei Arbeiten vor. Eine beschreibt eine 
Bilderschrift vom Jahre 1534, die denselben Charakter trägt, wie ver- 
schiedene der Bilderschriften der Alexander von Humboldtschen Samım- 
lung in Berlin, die ich als Klageschriften wegen unbezahlter Leistungen 
und Tribute gedeutet habe, auf der aber diese ihre Bedeutung durch einen 
begleitenden Text ausdrücklich bezeugt ist. Kine zweite Arbeit 
Dr. Capitans behandelt ein Altertum, das sich in seinem Besitze be- 


Amerikanisten-Kongress. 127 


findet, und das eine zusammengerollte Schlange darstellt, wo aber ähn- 
lich wie bei dem Kolossalbilde, den Couatlicue in Mexiko und bei ver- 
schiedenen der sogenannten quauhxicalli oder Opferblutgefässe, die Unter- 
oder Bodenseite des Monuments durch ein Reliefbild der Erdkröte 
markiert ist. In einem dritten Vortrage sprach Dr. Capitan über die 
abgeschnittenen Menschenköpfe auf den buntbemalten Gefässen von Nazca 
in Peru. Ich konnte ihm bemerken, dass ich einen solchen Kopf in 
natura als Geschenk Dr. Gaffrons dem Königlichen Museum für Völker- 
kunde in Berlin übersenden konnte. 

Ein Landsmann Dr. Capitans, Herr George Engerrand, der die 
geologische Abteilung des Nationalmuseums von Mexiko leitet, legte ge- 
schlagene Steine aus Concepcion im Staate Campeche vor, die, wie es 
scheint, das älteste Zeugnis von der Existenz des Menschen auf der Halb- 
insel Yukatan sind. Auch unsere deutschen Geologen, die für das In- 
stituto Geologico Nacional Mexicano tätig sind, die Herren Waitz und 
Wittich, hatten Vorträge über die mineralogischen altmexikanischen 
Steinperlen des Nationalmuseums angekündigt, zogen diese aber zurück, 
da ihnen, entgegen den Verfügungen des Ministers, die betreffenden Ob- 
jekte nicht zur Untersuchung ausgeliefert worden waren. — Einen philo- 
logischen Beitrag zu den amerikanischen Studien gab der Madrider Pro- 
fessor Antonio Sanchez Moguel. Er erläuterte in längerem Vortrage 
die Sprache der Briefe des Columbus, indem er nachwies, dass in ihr so- 
wohl der längere Gebrauch der portugiesischen Sprache, wie die Idiotismen 
des Dialekts von Andalusien zu erkennen seien. — Ich selbst beschränkte 
mich diesmal auf eine kleine Mitteilung über die Formen der Hiero- 
glyphen der Tageszeichen auf den Monumenten des Distrikts von Peten. 

Unter den mexikanischen Teilnehmern des Kongresses waren, wie 
gewöhnlich, die verschiedensten Berufsklassen vertreten, und eine sehr 
mannigfaltige Reihe von Thematen wurde behandelt. Der frühere 
Gouverneur des Staates Tamaulipas, Alejandro Prieto, sprach über die 
Ethnologie und die Altertümer der südlichen Hälfte dieses nordöstlichsten 
Staates der Republik. Die Doktoren Francisco A. Flores und 
Alberto M. Carreno behandelten die Medizin der alten Mexikaner; der 
Geistliche Vicente de P. Andrade die Überreste heidnischer Vor- 
stellungen und heidnischer Gebräuche, die unter den heutigen Indianern 
noch bestehen. Der Philologe Francisco Belmar sprach über die 
Sprachen der sogenannten .nauatlakischen Gruppe Herr Marcos 
E. Becerra sprach über den Zug des Cortes nach Honduras. Herr 
Fernandez del Castillo über das von ihm aufgefundene Original- 
manuskript des Testaments des Cortez. Herr Juan Martinez Herandez 
behandelte den grossen Zyklon der Maya-Geschichte. Herr Abraham 
Castellanos endlich, ein Schüler Rebsams, also nach deutscher Methode 
ausgebildeter Pädagoge, der an der Normalschule tätig ist, der aber, 
reiner indianischer (mixtekischer) Abkunft, das lebhafteste Interesse für 
die Sprache, den Folklore und die Altertümer seines Volkes hat, legte 
Photographien einer grossen aus der Mixteca stammenden Bildermalerei 


128 v. Hansemann: 


vor und suchte an ihr — allerdings in nicht sehr glücklicher Weise — 
zu Feststellungen über die alte indianische Chronologie zu gelangen. 

Im. grossen und ganzen muss man sagen, dass an dem Kongresse 
von Mexiko, wenn auch grosse grundlegende Fragen nicht zur Erörterung 
kamen, wenn auch, wie es eigentlich immer der Fall ist, mancherlei 
Minderwertiges oder gar Schematisches mit unterlief, doch so viel Gutes 
und Brauchbares, die Wissenschaft Förderndes zum Vorschein kam, dass 
er mit Ehren neben seinen Vorgängern genannt werden kann. 

Für den nächsten Kongress im Jahre 1912 lagen zwei Einladungen 
vor, eine von der holländischen Regierung, eine andere von dem Royal 
Anthropological Institute in London. Man entschied sich für die letztere 
Einladung, beschloss aber Holland für den nächst nächsten europäischen 
Kongress in Vorschlag zu bringen. | 

Exkursionen wurden von dem Kongresse drei veranstaltet: eine in 
der Kongresswoche selbst, an der alle Mitglieder teilnahmen, nach Teoti- 
huacan, der alten prähistorischen Stadt im Norden des Tals von Mexiko; 
zwei andere, an denen sich aber immer nur einzelne beteiligten, nach der 
Pyramide von Xochicalco im Staate Morelos und nach den Ruinen von 
Mitla bei Oaxaca. 


(7) Hr. David von Hansemann demonstriert vor der Tages- 
ordnung 


„einen syphilitischen Schädel aus Südamerika‘. 


Von Herrn Kunike wurde mir mitgeteilt, dass sich im Museum für 
Völkerkunde ein präkolumbischer Schädel befindet, der mit grösster 
Wahrscheinlichkeit syphilitische Veränderungen aufweist. Es wurde mir 
die Bitte ausgesprochen, denselben in der Anthropologischen Gesellschaft 
zu demonstrieren. Ich bin dieser Bitte um so lieber nachgekommen, als 
der Schädel in der Tat von besonderem pathologischen Interesse ist. 

Es handelt sich, wie Herr Dr. Preuss die Liebenswürdigkeit hatte 
mir mitzuteilen, um den Schädel Katalog Nr. IC. 8877, Sammlung La 
Valeta 1906 aus der amerikanischen Abteilung des Museums, und er 
stammt aus den Calchaquitälern, Staat Salta in Argentinien. Herr 
Dr. Preuss schreibt dazu, dass nähere Angaben über die Fundstätte 
fehlen, so dass ein Urteil über das Alter nicht abzugeben ist. „Immer- 
hin darf man der Angabe des Sammlers Glauben schenken, dass der 
Schädel aus präkolumbischen Gräbern stammt, da auch die grosse von 
ihm gekaufte Calchaquisammlung fast völlig ohne europäische Bei- 
gaben ist.“ 

Ich will den Schädel hier natürlich nicht vom ethnographischen 
Standpunkt aus betrachten, sondern lediglich vom pathologischen. Die 
Veränderungen daran betreffen ganz vorzugsweise den Gesichtsschädel, 
wie es die beifolgende Abbildung zeigt. Auf der Stirn sind eine grosse 
Menge Knochennarben zu sehen, die zum grössten Teil glattrandig sind, 
mit flachen wulstigen Verdickungen des Schädels in der Umgebung. Nur 
auf der rechten Seite nach der Schläfe zu, über der Orbita, befindet sich 


Syphilitischer Schädel. 129 


eine frische Knochenulceration, die noch nicht in Heilung übergegangen 
ist. Der Naseneingang ist in ein rundliches Loch verwandelt, und von 
dem inneren Nasenknochen ist alles verloren gegangen, offenbar schon 
während des Lebens des Individuums, denn die Knochenränder sind über- 
all glatt vernarbt und zeigen keine Bruchstellen. Die Nasenbeine selbst 
sind aber noch vorhanden. Sie lassen noch eine Andeutung der Mittel- 
naht erkennen, sind aber im übrigen unter sich und mit der Nachbar- 


schatt fest verwachsen. Der vordere Rand des Alveolarfortsatzes ist voll- 
standig verschwunden, so dass der Gaumen stark verkiirzt erscheint. 

Bei einer solchen Schädelaffektion können drei Dinge in Frage 
kommen: 1. eine Geschwulst, 2. Tuberkulose und 3. Syphilis. Alle 
übrigen durch eitrige Entzündung, Aktinnomykose, Erysipel und sonstige 
ulzerative Prozesse hervorgebrachten Störungen sind hier mit Sicherheit 
auszuschliessen. 

Was nun zunächst die Geschwulstbildung betrifft, so macht dieselbe 
niemals solche Narben mit hyperostotischen Rändern, wie sie hier vor- 
handen sind. Entweder zerstören Geschwülste den Knochen glattrandig, 

Zeitschrift für Ethnologie. Jahrg. 1911. Heft 1. d 


130 Neuhauss: 


ohne Hyperostose hervorzubringen, oder sie machen stachlige poröse 
Exostosen. Was die Tuberkulose betrifft, so muss man hier zwei Dinge 
unterscheiden, nämlich die gewöhnliche ulzeröse Hauttuberkulose und 
tuberkulöse Periostitis einerseits und den Lupus andererseits. Die beiden 
ersten Affektionen machen niemals Hyperostosen am Schädel, sondern 
immer nur glatte Defekte, die auch glattrandig sind und ohne Verdickung 
des Knochens ausheilen. Auch der Lupus pflegt keine Hyperostosen zu 
machen. Jedoch komme ich auf die lupösen Veränderungen am Schädel 
gleich noch zurück. 

Die Syphilis ist nun, wie Vergleiche mit rezenten syphilitischen 
Schädeln zeigen, in ganz ausgezeichneter Weise imstande, das zu machen, 
was man hier am Stirnbein des Schädels sieht, frische Ulzerationen und 
glattrandige Narben mit hyperostotischen Wülsten in der Umgebung. Es 
kann also gar keinem Zweifel unterliegen, dass die Veränderung am 
Stirnbein auf Syphilis zu beziehen ist. Was aber nicht ganz in das Bild 
der Syphilis hineinpasst, das sind die Veränderungen an der Nase. Die 
Syphilis hat ganz vorzugsweise die Gewohnheit, die Nasenbeine zu zerstören. 
Aber sie zerstört nur äusserst selten die Innenknochen der Nase. ohne 
die Nasenbeine selbst zu ergreifen. Wenn es sich hier also um einen 
syphilitischen Prozess handelt, so würde er eine ganz ungewöhnliche 
Form angenommeu haben. Dagegen ist der Lupus sehr wohl imstande, 
eine solche Zerstörung in der Nase hervorzurufen; besonders diejenigen 
Formen des Lupus, die an der Nasenschleimhaut selbst beginnen, machen 
solche Zerstörungen der Nasenmuscheln und des Vomers, ohne Beteiligung 
der Nasenbeine. Die Veränderung an der Nase würde also mehr für 
Lupus sprechen, während diejenige an der Stirn für Syphilis charakte- 
ristisch ist. Dass also der Schädel einem syphilitischen Individuum ange- 
hörte, ist zweifellos, aber es besteht die Möglichkeit, dass ausser der 
Syphilis auch Lupus vorhanden war, jedoch lässt sich diese Kombination, 
die man ja gelegentlich beim Menschen findet, hier nicht mit absoluter 
Sicherheit behaupten, da auch die gesamten Veränderungen auf syphiliti- 
scher Basis, wenn auch nur ausnahmsweise, zustande konımen können. 


(8) Hr. Richard Neuhauss hält unter Vorführung von 212 Licht- 
bildern einen Vortrag über seine von 1908 — 1910 ausgeführte 


l 


Reise nach Deutsch - Neu - Guinea 


(Kaiser Wilhelmsland). Er beginnt mit Besprechung einer Auswahl der 
von ihm mitgebrachten ethnographischen Gegenstände, die im Saale aus- 
gelegt sind. Wohl das bemerkenswerteste Stück, welches wir überbaupt 
aus Neu-Guinea besitzen, ist eine kleine, aus überaus hartem grünen Ge- 
stein gearbeitete Figur, die in ihrer Technik so hoch über allen aus Neu- 
Guinea stammenden Steinarbeiten steht, dass wir kaum annehmen können, 
die jetzt dort vorhandene Bevölkerung habe das Stück hergestellt. Gleich- 
wohl ist die Darstellung rein papuanisch, und dasselbe grüne Gestein wird 
am Huongolf gefunden, wo die kleine Steinfigur seit Menschengedenken 
als Zaubermittel benutzt ist. Redner brachte in Erfahrung, dass ein ähn- 


Deutsch-Neu-Guinea. 131 


liches Stück vor Jahren durch die Frau eines Missionars nach Europa 
gebracht sein soll. Er ist dabei, dies Stück ausfindig zu machen, und 
hofft, dass hierdurch vielleicht Licht über das sehr seltsame kleine Kunst- 
werk verbreitet wird. | 

Unter den ausgestellten Gegenständen beanspruchen ferner ganz be- 
sonderes Interesse die Sachen, welche Neuhauss vom Augustafluss mit- 
brachte. An diesem gewaltigen Strome befindet sich ein Kulturzentrum, 
welches für Neu-Guinea ganz einzigartig dasteht. Manche Verzierungen 
erinnern an die Arbeiten der Maori. Die mit Ton übermodellierten, dann 
sorgfältig bemalten und mit Haaren geschmückten Schädel übertreffen in 
bezug auf Feinheit der Ausführung und auf lebenswahre Darstellung alles 
ähnliche, was wir aus der Südsee kennen. 

Leider ist dies in jeder Beziehung so überaus vielversprechende, weite 
Ländergebiet von der Forschung bisher in geradezu sträflicher Weise ver- 
nachlassigt. Man verausgabt Millionen zur Erforschung des Süd-- und 
Nordpols, aber das für uns Deutsche weit wichtigere Stromgebiet des 
Augustaflusses liegt für den Forscher jenseits von jeder Initiative. Un- 
mittelbar nach der Besitznahme von Kaiser Wilhelmsland liess die Neu- 
Guinea-Co. durch eine kleine Expedition den Strom befahren (1886). Man 
konnte mit dem Seedampfer ungefähr 400 englische Meilen auf dem 
Strome vordringen. Dann bekümmerte man sich 22 Jahre lang nicht im 
ınindesten um diese herrliche Eingangspforte in ein gewaltig ausgedehntes 
Ländergebiet. Erst als an den Küsten die Arbeiter-Anwerbungsverhält- 
nisse immer schlechter wurden, dachte man wieder an den Augustafluss. 
Eine von der Neu-Guinea-Co. unternommene Anwerbungsfahrt machte 
Neuhauss mit. Allerdings konnte man wegen der Trockenzeit mit dem 
grossen Seedampfer nur rund 200 Seemeilen auf dem Strome vordringen; 
dies genügte aber, um die herrlichsten Schätze einzuheimsen. 

Es bleibt eine Ehrenschuld für den Deutschen, das Versäumte sobald 
wie möglich nachzuholen. Das Eis am Südpol wird auch nach 100 Jahren 
noch genau an derselben Stelle liegen; auf dem Augustafluss ist vielleicht 
schon nach fünf Jahren auf ethnologischem Gebiete nichts mehr zu holen. 
Denn schon werfen die Amerikaner ihr Augenmerk auf diese herrliche 
Fundgrube, und wenn eine einzige Expedition gründlich aufgeräumt und 
Unmengen von modernen Messern und Beilen als Tauschwaren an die 
dortigen Papua verteilt hat, ist es mit der alten Kunstfertigkeit vorbei. 
Neu-Guinea liefert für diese betrübende Tatsache eine endlose Fülle von 
Beispielen. 

Zur gründlichen Durchforschung des Stromgebietes ist ein eigener, 
flach gehender Heckraddampfer notwendig, dassen Kosten sich auf etwa 
50000 M stellen. Weitere 50000 # sind für die Ausführung der Ex- 
pedition erforderlich, so dass sich also mit rund 100 000 M ein grossartiger 
Erfolg erzielen liesse. Das ist der vierzehnte Teil derjenigen Summe, 
welche für die deutsche Südpolexpedition benötigt wird. Aber natürlich, 
der Südpol liegt uns Deutschen viel näher, als die eigene Kolonie. 

Während seines Aufenthaltes in Neu-Guinea richtete Neuhauss sein 


Augenmerk darauf, möglichst viele Typenaufnahmen der verschiedenen 
de 


132 Neuhauss: Deutsch-Neu-Guinea. 


Völkerstämme zu machen, um einiges Licht in diesen ungeheuren Wirr- 
warr zu bringen. Unter den 1110 entwickelten Negativen, die Neuhauss 
von seiner Reise mitbrachte, befinden sich rund 800 Typenaufnahmen, 
die in fast lückenloser Reihe die Stämme von der holländischen bis zur 
englischen Grenze veranschaulichen. 

Unter den vom Vortragenden mit dem Projektionsapparat gezeigten 
Bildern befanden sich u. a. die verschiedenartigsten Krankheiten (Lupus, 
Lepra, Elephantiasis, Ovarialtumor usw,), ferner eine Penis-Amputation, 
die wahrscheinlich ausgeführt wurde, um den Frauenverführer zu bestrafen, 
schliesslich die ausgedehntesten und seltsamsten Narbenverzierungen, 
Schmuck und Bekleidung mannigfaltigster Art. Gezeigt wurden weiterhin 
Hausbauten aus fast allen Teilen des Landes, einige grossartige Brücken- 
bauten und die verschiedenen Methoden der Bestattung. Unter den zahl- 
reichen Kinderspielen verblüfft die exakte Ausführung der Schnurfiguren, 
von denen Erwachsene und Kleine mit wenigen, geschickten Griffen eine 
fast unbegrenzte Anzahl herzustellen vermögen. 

Da das mit rund 1000 Abbildungen ausgestattete dreibändige Reise- 
werk von Neuhauss voraussichtlich noch im J.aufe dieses Jahres er- 
scheinen wird, so erübrigt es sich, auf den sonstigen Inhalt des Vortrages 
an dieser Stelle ausführlicher einzugehen. 


_ Ausserordentliche Sitzung vom 28. Januar 1911. 
Vorträge: 


Hr. Rich. Neuhauss: Kinematographische und phonographische Aufnahmen 
aus Deutsch-Neuguinea. 
Hr. Herbert Mueller: Über das taoistische Pantheon der Chinesen. 


Vorsitzender: Hr. Hans Virchow. 


(1) Vor der Tagesordnung legt auf Wunsch des Hrn. Dr. G. von 
Buchwald in Neu-Strelitz Hr. Hans Virchow 


das Fragment eines Schädels aus einem neolithischen Begräbnisplatze 


vor. Die Fundstelle ist ein flacher Hügel im Revier der Försterei 
Bannerbrück in Mecklenburg-Strelitz, welcher jetzt im Walde liegt, jedoch 


Abb. 1. Fragment eines neolithischen Schädels von Bannerbriick, 
von der rechten Seite, 


in früheren Zeiten zu Ackerland gehörte. Leider hat weder eine genauere 
Untersuchung, noch eine sachgemässe Bergung der Gegenstände statt- 
gefunden. Der Hügel wurde nämlich von Forstarbeitern zum Zwecke der 
Kiesgewinnung geöffnet und ausgebeutet. Der Förster hat einige der 
zerschlagenen Knochenstücke und einige Scherben aufbewahren lassen. 


134 Virchow-von Buchwald: 


Abb. 2. Das Schädelfragment von Bannerbriick Abb. 3. Das Schädelfragment von Bannerbrüc 
von unten, von oben. 


Abb. 5. 2 Tonscherben von einem Gefäss aus dem Begräbnishügel 
von Bannerbrück. 


Neolithischer Schädel. 135 


Nach seiner Angabe lagen die Schädel alle nach Süden und dicht neben- 
einander; die Scherben fast einen Klafter davon. 

Die Betrachtung der übersendeten Knochen zeigt, dass sämtliche 
Schädel bei der Aufgrabung in Stücke zerschlagen sind und von den 
einzelnen Schädeln nur wenig aufbewahrt worden ist, so dass sich gar 
nicht einmal mit Sicherheit sagen lässt, wie viele Skelette vorhanden 
waren. Am reichlichsten sind Stirnstücke und Hinterhauptstücke erhalten. 
Den Stirnstiicken nach müsste man sechs, den Hinterhauptstücken nach 
sieben Schädel zählen. Eines der letzteren ist von einem älteren Kinde. 
Die Hinterhauptstücke zeigen zwei charakteristische Typen, einen mit 
starkem Torus occipitalis, den anderen mit eleganter Protuberantia occi- 
pitalis externa; jeder Typus in zwei Exemplaren. 

Dasjenige Stiick nun, welches die Aufmerksamkeit des Hrn. von Buch- 
wald fesselte, und um dessentwillen er die Vorlage wünschte, zeichnet 
sich durch flache niedrige Stirn (Abb. 1) und grosse Stirnwülste mit ge- 


Ca 


/ 


N 


Abb. 4. Sagittalkurve des Schädelfraginentes von Bannerbrück, mit Fortlassung 
des unteren (verbogenen) Stückes. 


räumigen Stirnhéhlen (Abb. 2) aus. Diese Kombination hatte Hrn. 
von Buchwald veranlasst, an eine primitive Form zu denken. In der 
Tat sah auch das Stirn- und Scheitelstück in der ursprünglichen Isolierung 
sehr auffallend aus, wovon man sich noch jetzt an der Abb. 1 einen Be- 
griff machen kann, wenn man die unteren (angesetzten) Stücke abdeckt. 
Auch die Oberansicht, in welcher die schmale Form zum Ausdruck 
kommt, ist beachtenswert (Abb. 3). Es haben sich jedoch gerade von 
diesem Schädel einige Stücke hinzugefunden, und nach dem Ansetzen 
dieser ist doch der Eindruck des ganz Ungewöhnlichen zum grossen Teil 
geschwunden. 

Leider sind an dem Schädelfragment die Nähte nicht erhalten, ins- 
besondere auch nicht die Kranznaht, so dass eine völlig strenge Be- 
ziehung des Stirnbeins auf andere Stirnbeine nicht möglich ist. Dagegen 
gestattet das erhaltene Stück des Jochbogens eine hinreichend genaue 
Orientierung auf den Horizont. 

Zur Vervollständigung der Anschauung gebe ich auch die Median- 
kurve (Abb. 4). Das unterste Stück musste dabei fortgelassen werden, 
weil diese Teile seitlich verbogen sind. 


136 Neuhauss: 


Der Fund befindet sich im Besitze der Grossherzoglichen Bibliothek 
in Neu-Strelitz. 


Diskussion. 


Hr. von Buchwald, der selber zu dieser Sitzung erschienen ist, legt 
zwei Topfscherben vor, um die Art der Tonware zu zeigen (Abb. 5). Aus 
den Schädeln glaubt er den Schluss ziehen zu dürfen, dass eine gemischte 
Bevölkerung dort gelebt habe, und dass auch in den einzelnen Schädeln 
die Merkmale ursprünglicher Rassen gemischt gewesen seien. 


(2) Hr. Rich. Neuhauss: 


Kinematographische und phonographische Aufnahmen 
aus Deutsch-Neuguinea. 


Hr. Neuhauss gibt eine Fortsetzung seines vor acht Tagen gehaltenen 
Vortrages über Deutsch-Neu-Guinea. Hatte Redner damals ausschliess- 
lich Einzelbilder (212 Diapositive) seinen Ausführungen zugrunde gelegt, 
so wurden heute lediglich Bewegungsbilder (über 800 m kinematographi- 
scher Aufnahmen) in Verbindung mit phonographischen Aufnahmen zur 
Darstellung gebracht. 

Das Entwickeln gewöhnlicher photographischer Platten in einem so 
feuchtwarmen Klima wie Neu-Guinea ist keine Annehmlichkeit. Gleich- 
wohl ist es zum Erzielen bester Resultate unerlässlich notwendig, das 
Hervorrufen an Ort und Stelle vorzunehmen. Andernfalls würde die Zahl 
der Fehlaufnahmen ins Unermessliche steigen. Bei kinematographischen 
Aufnahmen liegen die Verhältnisse noch ganz besonders ungünstig: der 
in den Tropen belichtete Film geht schon nach wenigen Wochen rapide 
zurück und bekommt grosse Neigung zur Schleierbildung. Nach zwei 
Monaten ist es überhaupt nicht mehr möglich, ein irgendwie brauchbares 
Bild herauszuholen. Nun erfordert aber der Transport von Neu-Guinea 
bis Europa rund zwei Monate. Dazu kommen die seltenen und schlechten 
Verbindungen der entlegeneren Punkte der Insel. Die Aufnahmen, welche 
Neuhauss dort fertigte, hätten durchschnittlich erst vier Monate nach der 
Exposition in Europa eintreffen können. Neuhauss bereitete sich also 
von vornherein darauf vor, die Aufnahmen an Ort und Stelle selbst zu 
entwickeln. Von den 50 Films (zu je 20 m), die er dort entwickelte, ist 
nicht ein einziger missraten. Sechs probeweise nach Europa gesandte 
Films waren völlig unbrauchbar. 

Das Hervorrufen der Films dort im Lande, ohne Dunkelkammer, 
also nur zur Nachtzeit, mit einem Wasser, in dem die Bildschicht jeden 
Augenblick zu schmelzen droht, stellt an die Kräfte und Ausdauer des 
Reisenden fast übermenschliche Anforderungen. Redner versichert, dass 
dies auf der Reise die einzige Arbeit war, der er sich körperlich mitunter 
nicht mehr gewachsen fühlte. 

Bevor Neuhauss den kinematographischen Apparat in Bewegung 
setzte, besprach er kurz einige höchst bedeutsame Gegenstände, die ihm 
am Tage vor der Sitzung zugegangen waren. 


Deutsch-Neu-Gruinea. 137 


Es handelt sich um die kleine Steinfigur und einige verwandte Stücke, 
die Redner in der vorigen Sitzung erwähnte. Durch Vermittelung des 
Missionars Flierl, des Seuiors der neuendettelsauer Mission, welcher seit 
1886 fast ununterbrochen in Deutsch-Neu-Ciuinea wirkte, und der sich 
unter den Gästen der heutigen Sitzung befindet, erhielt Redner die drei 
kleinen Steingeräte, unter denen sich besonders eins durch ungemein feine 
Durcharbeitung auszeichnet. Das Stück ist etwa 20 cm lang, wovon 10 em 
auf den als hockende menschliche Figur behandelten Griff entfallen. Die 
übrigen 10 em bilden eine löffelartige Rinne. Es kann keinem Zweifel 
unterliegen, dass es sich um den steinernen Ersatz des heute von den 
Papuas ganz allgemein gebrauchten Spatels aus Kasuarknochen handelt. 
Natürlich können derartige steinerne Geräte 
niemals allgemeiner verbreitet gewesen 
sein, da die ausserordentliche Härte des 
grünen Gesteins viele Jahre zur Herstellung 
des Gerätes erforderte. Jedenfalls war es 
das nur bei feierlichen Gelegenheiten be- 
nutzte Werkzeug eines grossen Häuptlings. 
Das Stück ist besonders dadurch inter- 
essant, dass es über das vor acht Tagen 
vorgelegte, von Neuhauss mitgebrachte 
Stück volle Aufklärung gibt. Technik, 
Gliedmassen der Figur und Gesichtszüge 
sind bei beiden Stücken genau die gleichen. 
Nur ist bei dem früher vorgelegten der 
löffelförmige Ansatz abgebrochen. Man hat 
dann die Bruchstelle aufs sorgfältigste ab- 
‚geschliffen und das nunmehr seiner eigent- 
lichen Bestimmung entzogene Instrument 
zu Zwecken der Zauberei verwendet. — 

Bei Vorführung der Bewegungsbilder 
begann Neuhauss mit den von der Arbeit 
heimkehrenden Männern und Weibern. IL nat. Grösse. 

Letztere tragen die mit Feldfrüchten ge- 

füllten, schweren Netztaschen an einem über den Kopf geschlungenen 
Band. Bei einzelnen thront obenauf noch der jüngste Spréssling Die 
Männer halten es für unter ihrer Würde, irgend etwas zu tragen, ab- 
gesehen von ihren Waffen; man muss auf seiner Hut und für einen un- 
vorhergesehenen Überfall gerüstet sein. 

Es folgten Kriegsspiele von Kindern und Scheinkämpfe von Er- 
wachsenen. Dergleichen Scheinkämpfe werden bei Festlichkeiten veran- 
staltet, auch bei ernsten Streitigkeiten im Dorfe, wobei man sich aber hütet, 
den Gegner zu verletzen, damit nicht die Blutrache in ihre Rechte tritt. 

Dann folgte eine sehr lange Reihe verschiedenartigster Tänze aus 
dem Innenlande und von der Küste. Zum Teil wurden diese Vor- 
führungen mit phonographisch aufgenommenen Gesängen begleitet. 

Hieran schloss sich die Darstellung einer Reihe der verschieden- 
artigsten Beschäftigungen, wie Palmklettern, Kochen von Bananen und 


138 Neuhauss: Deutseh-Neu-Guinea. 


Fischbrut, Bereitung von Sago, Fischen in der Lagune, Fahren mit grossen 
und kleinen Booten, Niederschlagen des Urwaldes, Betelkauen, Tabak- 
rauchen, Essen, Überschreiten eines wilden Bergstromes auf schwankender 
Tianenbrücke, Mimik beim Rufen und Lachen usw. 

Der letzte Teil der einstündigen Vorführung wurde eingeleitet durch 
das Herstellen von Kuchen aus Kokus uud Tarobrei. Wir sehen die Ein- 
geborenen die Kokusnüsse zerreiben, den Rahm auspressen und den Brei 
sorgfältig mischen. Die Mischung wird in Bananenblätter geschüttet und 
das Ganze verschnürt. 50 bis 100 derartige Pakete bilden das Ergebnis 
der Tagesarbeit. Mittlerweile haben andere Leute einen grossen Holz- 
stoss entzündet, der über einer mit Steinen ausgepflasterten Grube er- 
richtet ist. Der Holzstoss ist niedergebrannt, die Steine sind zur Rotglut 
erhitzt und man macht sich daran, die Grube sorgfältig zu reinigen. Zuerst 
werden die Kohlenreste mit Bambuszangen entfernt, dann wird die Grube 
mit grünen Zweigen ausgefegt. Zum Schluss packt man die Bananenblatt- 
Pakete in die heisse Grube und bedeckt das Ganze mit heissen Steinen 
und grünem TLaubwerk. Nach 24 Stunden ist der Kuchen durchgebackeu. 

Darauf führte Redner verschiedenartige Spiele vor: Schaukeln der 
Kinder und Erwachsenen, Kreiselspiel und Abnehmen von Fäden. In 
letzterem sind die Schwarzen ungemeiu geschickt nnd wir sehen die 
kunstvollsten Figuren vor unseren Augen entstehen. 

Ein über 100 m langer Film veranschaulicht die Töpferei am Huon- 
golf (Laukanu). Vom Einweichen und Kneten des Tons bis zum Brennen 
sehen wir alle Stadien des entstehenden Topfes vor uns. Den Schluss 
der Vorführungen bildeten drei verschiedene Methodeu des Feuermachens. 
Bemerkenswert ist, dass bei der von den Inland-Kai geübten Methode 
schon nach etwa 10 Sekunden dicker Qualm emporschlägt. — 

Nebst einem Flötenliede und den Tönen der Balumspfeifen führte 
Neuhauss mit dem Phonographen auch noch einige Proben der Trommel- 
sprache vor. letztere ist ungemein gut ausgebildet, so dass sich die 
Leute die verschiedenartigsten Meldungen auf weite Entfernungen hin 
telegraphieren können. Nur ein Beispiel sei angeführt: Plötzlich ist ein 
Mann im Dorfe gestorben und seine auf dem weit entfernten Felde be- 
findliche Frau soll herbeigeholt werden. Man trommelt also auf der 
grossen Signaltrommel: I = Anrufsignal. II = Signal, dass eine Frau ge- 
meint ist. II] = Todessignal. IV = Tanztakt des gestorbenen Mannes. 

Nun weiss unter den zahlreichen auf dem Felde beschäftigten 
Frauen diejenige, welche den Tanztakt ihres Mannes hörte, dass ihr das 
Signal gilt und dass ihr Mann gestorben ist. 

Höchst überraschend hierbei ist, dass jeder Mann im Dorfe seinen 
eigenen Tanztakt hat. 

Auch das Einladungssignal zu einem grossen Festschmause bekamen 
wir zu hören: Es enthielt für die Festteilnehmer die Meldung, dass es 
Hundefleisch uud Schweinefleisch zu essen vibt. 


(5) Hr. Herbert Müller: 
Uber das taoistische Pantheon der Chinesen. 


Der Aufsatz wird später erscheinen. 


Sitzung vom 18. Februar 1911. 
Vortriige: 
Hr. Karl Schuchhardt: Götterkult und Ahnenkult. Mit Lichtbildern. 


Hr. Ernst Börschmann: Ein vorgeschichtlicher Fund aus China (Provinz 
Schantung) Mit Lichtbildern. 


Vorsitzender: Hr. Hans Virchow. 


(1) Neue Mitglieder: 

Hr. Seminaroberlehrer Ernst Amende, Altenburg, 
Frl. Margarete Blau, Marienfelde, 

Estländische Litterärische Gesellschaft, Reval, 
Hr. stud. med. Fritz Falkenburger, Berlin, 

Hr. stud. hist. Martin Jahn, Berlin, 

Hr. Dr. med. Max Lau, Berlin, 

Fr. Regierungsbaumeister Helene Mandel, Gross-Lichterfelde, 
Hr. Sanitätsrat Dr. Müller, Berlin, 

Hr. Dr. phil. Wilhelm Planert, Berlin, 

Hr. Dr. phil. Ernst Scheffelt, Berlin, 

Hr. Dr. med. Erich Spiegelberg, Berlin, 

Hr. Ingenieur Albin Stocky, Neu-Bydiov, 

Hr. Dr. med. Max Vogel, Basel. 


(2) Vorstand und Ausschuss haben beschlossen, die Herren Professor 
Romiti in Pisa und Missionar Bamler in Deutsch-Neuguinea, Insel 
Rook. zu korrespondierenden Mitgliedern zu erwählen. 


(3) Hr. Generalstabsarzt a. D. Weisbach in Graz ist seitens des 
Vorstandes zu seinem 50 jährigen Doktorjubiläum beglückwünscht worden 
und hat ein Dankschreiben geschickt. 


(4) Am 3. Februar ist die Amtliche Stelle für Naturdenkmalpflege 
eröffnet worden, wobei die Gesellschaft durch den Vorsitzenden vertreten 
war. Der Direktor der neuen Anstalt, Hr. Geh. Regierungsrat Conwentz, 
entwickelte bei dieser Gelegenheit in einer längeren Ansprache die Ziele 
und Aufgaben der Anstalt, die Mittel zur Erreichung dieser Ziele und 
die Beziehungen zu staatlichen und städtischen Behörden, Korporationen 
und Privatbesitzern. 


140 Staudinger: 


(5) Eingegangen ist die Einladung zum VII. Congres prehistorique de 
France, welcher am 6. bis 12. August in Nimes unter dem Vorsitz des 
Hrn. Armand Vire stattfinden wird. 


(6) Hr. Rich. Neuhauss legt 
1028 photographische Aufnahmen 


von seiner Reise in Deutsch-Neuguinea, auf 134 Tafeln in 6 Mappen ge- 
ordnet vor, welche einen Überblick über sämtliche Völkerschaften des 
venannten Gebietes geben, und macht dieselben der Gesellschaft zum 
Geschenk. 


(7) Hr. Curt Strauch legt vor der Tagesordnung die bei einer ge- 
richtlichen Obduktion am gleichen Nachmittag herausgenommenen 


Geschlechtsteile eines Zwitters 


vor. Die (von einem plötzlichen Tode überraschte) Person hatte als Frau 
gelebt, jedoch einen ansehnlichen Bartwuchs von männlichem Typus be- 
sessen. Es fanden sich Labien und eine lange und dicke, an ein männ- 
liches Glied erinnernde Klitoris. Der Uterus war ungewöhnlich klein. 
Die Geschlechtsdrüsen waren bis dahin nicht aufgefunden worden. 


(8) Hr. P. Staudinger legt vor der Tagesordnung 


Funde und Abbildungen von Felszeichnungen aus den alten Gold- 
gebieten von Portugiesisch-Südostafrika 
vor. 

Vor beinahe zwei Jahren trat der durch seine Reisen und geogra- 
phischen Aufnahmen in unserer Kolonie Deutsch-Ostafrika bereits gut 
bekannte Kapitän J. Spring eine neue Forschungsreise nach Portugiesisch- 
Südostafrika an, die sich hauptsächlich in dem Gebiete der alten Gold- 
minen bewegte. Wenn auch der Hauptzweck seiner Expedition die geo- 
graphische Aufnahme und Erkundung sein sollte, so bat ich Herrn Spring 
in Rücksicht auf meine langjährigen Forschungen auf diesem Gebiete, 
sein Augenmerk neben ethnographischem Sammeln allgemeiner Art auf 
folgende Spezialpunkte zu richten: 1. Auf das Vorkommen alter Glas- 
und Steinperlen bei den Eingeborenen, 2. auf alle alten Bronze-. Eisen- 
oder gar Goldgerite, namentlich aber Steinwerkzeuge und Waffen, 
seien sie auch der primitivsten Art, 3. auf etwaige Inschriften an Felsen 
und alten Bauten. Herr Kapitän Spring hatte nun meinen Wunsch nicht 
vergessen und mir eine Anzahl interessanter älterer und neuer Gilas- und 
Muschelperlen, vorgeschichtliche Funde, die er zum grossen Teil selbst 
bei seinen Ausgrabungen machte, sowie Photographien von Felszeich- 
nungen, „sogenannten Inschriften“, vor ungefähr Jahresfrist mitgebracht, 
wofür ich ihm im Interesse der Wissenschaft auch an dieser Stelle meinen 
besten Dank ausspreche. Auf die Glasperlen kann ich heute nicht ein- 
sehen, sie zeigen zum Teil Typen, die auch in andern Gegenden Afrikas 


zeichnungen aus dem Sahara- 


Afrikanische Felszeichnungen. 141 
mit alten Berührungen sich finden, sondern ich komme gleich auf die 
Felszeichnungen, resp. Kritzelungen zu sprechen, welche Herr Spring 
für Inschriften hielt, die aber keinerlei Form von Buchstaben haben und 
die man daher nicht als Schriftzeichen ansehen kann. Indessen etwas 
Besonderes ist doch bei den zunächst gezeigten zwei Photographien, welche 


Herr Spring in Tschikoloni in der Landschaft Manu von Felsen aufnahm 
zu bemerken (Abb. 1 u. 2). 


IX Sen na, 5 | 
E re Ji hi 
BA ge 


Abb. A 


Recht ähnliche Felszeichnungen bildet Desplagnes in seinem für 
die Kenntnis der Prähistorie usw. von Afrika so wichtigen Werke: Le 
plateau Central-Nigérien unter Abb. 86 ab und auch auf einer der Photo- 
graphien oder Zeichnungen, die Frobenius von seiner Reise aus dem 
französischen Sudan mitbrachte, glaube ich ebenfalls einige derartige 
Zeichnungen gesehen zu haben. Auf so manche Ähnlichkeit der Fels- 
und daran anstossenden südlichen Gebiet 


142 Staudinger: 


mit südafrikanischen habe ich schon früher hingedeutet. In Tschikoloni 
hat tibrigens Herr Wiese aus Tschifumbasi, derselbe Herr, dem wir direkt 
und zuerst indirekt durch Schweinfurth Berichte und Felszeichnunven, 
resp. Abbildungen sogenannter Inschriften verdanken, auch Ausgrabungen 
vorgenommen. 

Ich komme nun zu einer Felszeichnung, die Spring bei Katzombo 
in der Landschaft Tschipeta abnahm (Abb. 3). Um diese „Inschrift“ 
photographieren zu können, musste er erst Figuren von Menschen und 
Tieren (also wohl sogenannte Buschmannszeichnungen?) abwaschen lassen, 
die anscheinend mit einem roten, weichen Stein, von welchem er mir 
ein Stückchen mitbrachte, auf den Felsen gemalt waren. Die Über- 
malungen waren leicht abwaschbar, während die hier gezeigten Zeichen 
unverwischt blieben, also zu einer vanz anderen, viel früheren Zeit und 
wohl auch von einem andern Volke gemacht waren. 

Auch hier kann man keine eigentlichen Buchstaben herausfinden, 
aber sie zeigen doch einen andern Charakter, als die vorher gebrachten 
und gehen vielleicht über eine planlose Kritzelei hinaus, und es ist nicht 
absolut von der Hand zu weisen, dass einige Marken und Zeichen eine 
gewisse Bedeutung hatten, die vielleicht den Arbeitern in den Gold- 
bergwerken oder sonst eingewanderten Leuten verständlich war. Nament- 
lich möchte ich die, worunter ich ein a, b und c gesetzt habe, eventuell 
auch noch einige andere dafür ansprechen. Aber als Inschriften im Sinne 
des Wortes kann man diese Felsbemalungen nicht ansehen. Eher kann man 
die von Herrn C. Wiese aufsefundenen Zeichnungen, von denen die eine, 
sehr interessante, auf S. 538 des Jahrgangs 1896 abgebildet ist, als solche an- 
sprechen, sie würde aber mehr unter die Gruppe der Hieroglyphen fallen. 
Es bleibt also für die alten Goldbezirke in Sül-, resp. Südostafrika. wo so viele 
alte Minengänge und eine Anzahl noch unerklärter Bauten gefunden sind, 
nur die Schlichtersche Inschrift. Ich erwähnte (dieselbe auf a 917 im 
Jahrgang 1906 unserer Zeitschrift, allerdings damals mit dem Bemerken, 
dass sie mir nicht zu Gesicht gekommen sei. Jedoch bald darauf wurde 
ich in liebenswürdiger Weise von Herrn Andree-München und besonders 
F.E.Peiser-Königsberg darauf aufmerksam gemacht, dass die von dem leider 
zu früh gestorbenen Dr. Schlichter in Inyanga gefundene Inschrift ab- 
gebildet wurde, und zwar im 1. Jahrgang der von Peiser herausgegebenen 
Orientalischen Literatur-Zeitung und unter dem Titel „Die erste Inschrift 
aus den alten Ruinenstätten Südafrikas“ von C. F. Seybold, Tübingen, 
besprochen worden ist. Leider konnte mir dieser Herr sonst keine 
näheren Angaben darüber machen, da Schlichter sehr bald nach seiner 
Entdeckung starb. 

Ich gebe hiermit (Abb. 4) eine Kopie der fünf Zeichen. Leider sind 
es ja nur fünf, und mit fünf Buchstaben (als solche möchte man sie doch 
wohl bezeichnen, wenn man sie nicht als eine eigentümliche Bilderschrift 
ansehen will) lässt sich wenig machen. Schlichter fand den Stein in 
einem Torbogen horizontal eingesetzt und er schreibt an Professor 
Seybold, dass er nicht wisse, welche Seite die obere oder die untere sei. 
Ich sollte meinen, dass so wie Seybold die Inschrift wiedergibt. die Lage 


Afrikanische Felszeichnungen. 143 


richtig ist, denn ein gleichschenkliges Dreieck als Buchstabenzeichen wird 
man doch nicht mit der Spitze nach unten abbilden. Dieses, sowie die 
Stellung der beiden letzten Zeichen spricht auch gegen die auf S. 261 in 
Nr. 8 desselben Jahrganges von W. M. Müller geäusserte Möglichkeit der 
vertikalen Richtung der Schriftzeichen. Wohl kann es aber fraglich sein, 
wenn der Stein nachträglich eingesetzt, d. h. also die Inschrift nicht an 
Ort und Stelle gemacht wurde, ob die Richtung von vorn nach hinten 
richtig ist, d. h. ob die Buchstaben von rechts nach links oder umgekehrt 
zu lesen sind. Auf die Ausführungen von W. M. Müller, ob man es mit 
einer vorlybischen Schrift zu tun habe, und die interessanten Auslassungen 
der Redaktion kann ich hier nicht eingehen. Die Annahme Müllers 
aber, dass man doch nicht an eine Verbindung der so entfernten Gegenden 
(Lybien und Südafrika) denken dürfe, ist für mich persönlich und wohl 
für manchen anderen auch nicht hindernd; wir wissen noch nicht, welche 
Wanderungen vom Norden nach dem Süden von Afrika stattgefunden 
haben, und die Möglichkeit der Beeinflussung desselben durch auf dem 
Landweg gekommene Einwanderer, liegt (ganz abgesehen von den von 
der Küste, also auf dem Seeweg eingedrungenen) vor. Auch andere nıeiner 
Bekannten, darunter ein grosser Schrift- 

gelehrter, vermochten diese Zeichen nicht IN ER _) 

zu entziffern, es sollen ähnliche primitive 

Buchstaben auch bei asiatischen Völker- 

schaften vorkommen. Kürzlich hat einer Abb. 4. 

meiner Bekannten das Dreieck und den 

vierten Buchstaben als gewisse bildliche Darstellungen aus dem Sexualleben 
gedeutet, aber dann würden die anderen Zeichen nicht erklärt sein, und 
es bleibt also auch eine gewagte Hypothese. 

Ich komme nun zu den Stücken, welche Herr Spring teilweise unter 
dem „Inschriftfelsen“ ausgrub, oder in den alten Minengängen fand. Ein Teil 
der Gegenstände ist nach Springs Angaben in einer Tiefe von 5—6m 
in Tschikoloni (Landschaft Manu), ein anderer in 3 m Tiefe in Katzombo 
(Landschaft Tschigela) gefunden worden. Es sind zunächst eine Anzahl 
von Pfeilspitzen, Messerchen, Kratzern, Kernstücken aus Quarz resp. Berg- 
_ krystall, wie sie an verschiedenen Stellen in Südafrika auftreten und wie 
sie teilweise von Randall Macıver, mit dessen Ansichten über das Alter 
der Ruinen von Zimbabwe etc. ich nicht übereinstimme, in seinem Werke: 
Mediaeval Rhodesia auf Tafel XII. abgebildet sind. Das grösste der mir 
überbrachten in einem Minengange gefundenen Stücke aus Urgestein, das 
als „Schraper“ bezeichnet wurde, zeigte keine deutlichen Spuren der Be- 
arbeitung, kommt daher vorläufig nicht in Betracht. Von derselben Stelle 
wie der letzterwähnte Gegenstand stammt auch der durchbohrte runde 
Stein, ein Steinhammer, wie er dort genannt wird (Abb. 5). Wir kennen 
diese durchbohrten, runden, oft beinahe kugeligen Steine aus Südafrika, 
wo sie von den Buschleuten zum Beschweren der Grabstöcke benutzt 
werden, womit sie hauptsächlich eine kleine Zwiebel, ontjes, aus der Erde 
graben. Selbst gemacht haben sie die Buschleute wohl auch früher in 
alten Zeiten nicht und ihr ursprünglicher Zweck war wahrscheinlich ein 


144 Staudinger: 


anderer Aber auch in Ostafrika östlich der Seen sind diese Zeugen aus 
der Vorzeit, deren Herkunft den Negern natürlich unbekannt ist, gefunden 
worden. Es ist möglich, dass die Steine als Waffen, d. h. als Keulenköpfe 
gebraucht wurden. So erhielt ich neulich aus Basel eine Anfrage, ob ich 
mit Leder bekleidete Steinkeulen aus Englisch-Ostafrika (Viktoria Nyanza- 
gegend) kenne. Es mag sich eben jemand mit einem solchen Stein eine 
Waffe gemacht haben, vielleicht waren solche früher bei einigen Stämmen 
überhaupt allgemeiner. Hingegen hier in den Landschaften der alten 
troldbergwerke werden sie wohl nicht mit Unrecht als Hämmer, richtiger 
„Zerklopfer* bezeichnet. Sie treten in grossen Mengen dort auf. Das 
vorliegende Stück macht ganz den Eindruck, dass es zum Zerklopfen be- 
nutzt worden ist. Es wiegt etwa 2 Pfund und hat einen Durchmesser von 
etwa 10 cm. 

Spring erhielt eine recht interessante Mitteilung von einem genauen 
Kenner des Landes. einem Ingenieur van (iracht, über die Ruinen in 


Se 
Abb. A. Abb. 6. Abb. 7. 


Maschonaland. bei denen dieser vier Bauperioden unterscheidet. Viel- 
leicht kann ich ein anderes Mal auf die Aufzeichnungen zurückkommen. 
Über dieWerkzeuge in Ophir (dieser Name hat sich natürlich bei vielen jetzt 
für die genannte Gegend eingebürgert) äussert sich van G. dahin, dass ausser 
eisernen auch Steinwerkzeuge viel gebraucht wurden. Als letztere gibt 
er Hammer, Beile, Keile und Schraper an und schreibt, dass das 
Gewicht der Hammer zwischen "1. und 50 Pfund variiere. Die letzteren 
wären also ungemein grosse und schwere Stücke! Die Durchbohrung des 
vorliegenden Hammers ist gut. 

Als einen wohl noch sehr wenig bekannten Gegenstand muss ich 
Ihnen den vorliegenden bearbeiteten Stein (Abb. 6) vorweisen. Die 
Oberfläche und Unterflache sind eben, die vier Seitenflächen zeigen 
aber geringe Vertiefungen zum bessern Festhalten mit den Fingern. 
Das Stück liegt sehr gut in der Hand und wurde wahrscheinlich zum 
Zerpochen des goldführenden Gesteins benutzt. Der Reisende grub es 
in Katzombo in der Landschaft Tschipeta aus. Es ist sehr handlich und 
man kann es gut mit den Fingern umfassen. Ein kleinerer, weit roherer 
Klopfer aus Quarz wurde in Tschifumbasi gefunden. Es sollen noch 
Cioldspuren daran gewesen sein, ebenso wie man ja in den Schmelz- 


Prähistorische afrikanische Funde. 145 


tiegeln dort noch mitunter Gold findet. In den Felsen am Flusse treten 
inuldenartige Vertiefungen auf, wo das schon in kleinere Stücke zer- 
schlagene erzführende Gestein zerklopft und mit Flusswasser ausge- 
schlemmt wurde. Auf noch zwei andere unscheinbare Steine möchte ich 
Ihre Aufmerksamkeit lenken. Der eine ist ein ovaler auf einer Seite 
flacher und ganz glatter Kiesel, wie sie in Flussgeröllen usw. liegen. Auch 
er wurde ausgegraben, doch dienen ähnliche noch heute zum Polieren der 
Töpfe und heissen Kulundu. Ein kleiner runder Stein, dessen Benutzung 
man deutlich sieht, soll zum Einschlagen von Zeichnungen in den Felsen 
benutzt sein. 

Aus den alten Minengängen in Manu stammt auch dieser (Abb. 7) 
Kegel aus gebranntem Lehm, der an der Basis eine runde Vertiefung 
besitzt. Er wurde mir als „Gussform“ bezeichnet. Es ist nicht ganz be- 
stimmt, wozu er gedient hat. Vergeblich sah ich mich nach ähnlichen 


LN 
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or A x 
e. e e Eë gë gg gg E fr 


Abb. 8 u. 9. 


Stiicken um. In Lindau im Museum fand ich ein solches nicht gar zu 
verschiedenes prähistorisches Objekt, das man als Gewicht für einen 
Webstuhl ansah. Ich halte diese Bestimmung für fraglich und in diesem 
Falle kommt die Vermutung nicht in Betracht. Vielleicht war es das 
Kernstück zu irgend einer Gussform. 

Drei Topfscherben erhielt ich ebenfalls aus Manu. Ich zeige Ihnen 
hiermit zwei mit gut erkennbarem Verzierungsmuster. (Abb. 8 und 9). 
Eine Altersbestimmung ist schwer möglich. Ähnliche Ornamente sieht 
man auch in Europa bei prähistorischen Gefässen und vielleicht auch jetzt 
noch in Afrika. 

Ich gehe nun zu den Metallfunden über. Da ist eine sehr gut er- 
haltene und schön ausgeschmiedete Pfeilspitze, die in Tschiwesi in der 
Landschaft Tschipete ausgegraben wurde. Sie ist ohne Rost! Unter Um- 
ständen kann sich ja auch Eisen im Boden gut halten. In nicht so 
gutem Zustande befindet sich das Bruchstück eines dünnen eisernen 
Armringes. 

Von Herrn Wiese rühren Perlen aus Bronze oder Kupfer her; sie 

Zeitschrift für Ethnologie. Jahrg. 1911. Heft 1. 10 


146 Staudinger: 


wurden im Mazoeriver, einem Nebenfluss des Luenja, der sich in den 
Zambesi ergiesst, von Goldwiischern gefunden, da sie sich in den Wasch- 
kästen festgesetzt hatten. Auch Goldperlen sollen dort noch vorkommen. 
Von derselben Stelle stammen kupferne oder bronzene Häkchen mit 
konischem Kopf, d.h. als Häkchen erscheinen sie jetzt, wahrscheinlich 
sind es aber Ziernägel, welche in Leder oder dünnes Holz geschlagen 
waren und deren Spitze dann umgeschlagen wurde. Das Leder oder 
Holz verfaulte und die Nägel blieben übrig. Ein paar Ohrringe, welche 
ich vorlege, zeigen ein feines, an indische, bzw. arabische Formen er- 
innerndes Muster, sie können älter sein, mögen aber auch noch heute von 
den Eingeborenen getragen werden. Es ist sehr bedauerlich, dass von 
den feinen aufgefundenen Goldarbeiten so wenig nach Europa und nach 
Deutschland wohl gar nichts gekommen ist, und so viel ich weiss, noch 
nichts davon richtig abgebildet und beschrieben wurde. Der frühere 
(toldreichtum dieser Gegenden ist als sehr bedeutend anzusehen, selbst 
Eisen soll mit Gold verziert worden sein; bei den Skeletten fand man 
öfters Goldschmuck, aber die Funde scheinen nicht in die richtigen Hände 
gelangt zu sein. 

Mau hat versucht das gewonnene Gold nach den abgebauten Gängen 
der Minen an den ungemein zahlreichen Stellen zu berechnen und ist 
auf grosse Summen gekommen. Spring stellte fest, dass die Grenzen 
des alten Goldgebietes noch über den Zambesi nördlich hinausgehen, 
weiter nordöstlich in Katanga haben wir die grossen Kupferlager, die 
auch schon seit alten Zeiten von Eingeborenen abgebaut wurden, mehr 
südwärts in Transvaal sehr viel Eisen und auch Kupfer. Selbst Zinnlager 
hat man dort entdeckt. Vielleicht sind auch diese schon im Altertum 
ausgebeutet worden. Ich verdanke ferner Herrn Spring die Grundrisse 
verschiedener Gehöfte mit Wohnhäusern und Sklavenkasernen, die teilweise 
sich noch im Besitze der Nachkommen der früher eingewanderten Portu- 
siesen befinden, die sich natürlich mit den Eingeborenen vermischten. 
Ein anderes im Grundriss abgezeichnetes viereckiges Gebände ist vielleicht 
wesentlich älter. 


(9) Derselbe spricht vor der Tagesordnung über das 


Bruchstück eines westafrikanischen Riesensteinbeiles. 


Von Südafrika wende ich mich nach der Goldküstenkolonie inı Westen 
des dunklen Erdteiles, also einem Gebiete, wo ebenfalls schon in grauer 
Vorzeit das glänzende Metall gewonnen wurde und deshalb eine gewisse 
Kultur bestand. Aber was ich Ihnen heute zeige, soll nur eine Ergänzung 
der früheren Demonstration eines riesigen 55 cm langen Steinbeiles aus 
der Landschaft Akem sein. Damals blieb die Frage offen, ob es sich um 
ein Gebrauchswerkzeug oder wirkliche Waffe oder nur um ein Zere- 
monialgerät handle. Dr. Fisch-Aburi, dem auch dieses etwa halb so 
grosse Bruchstück gehörte (es ist nun nach dem Baseler Museum über- 
gegangen, wo der sehr eifrige Professor Rütimeyer für Afrika wirkt), 
meint, dass an einem neuerdings aufgefundenen ähnlich grossen Stück 


Zinnschmelzen afrikanischer Eingeborener. 147 


Spuren der Benutzung zu sehen seien und neigt zur Ansicht, dass derartige 
Beile wohl zum Bearbeiten weicher Hölzer (z. B. wie desjenigen des dort 
vorkommenden Seidenwollbaumes (Ertodendron anfractuosum) gut benutzt 
werden konnten. Grosse steinerne Gebrauchsbeile oder Hacken scheint 
es an verschiedenen Stellen in Westafrika gegeben zu haben. Die Frage 
des Zweckes bei dem vorliegenden Stücke ist noch nicht ganz geklärt. 
Im übrigen verweise ich auf meine Ausführungen in der Zeitschrift 
Bd. 40, 5. 809—813. 


(10) Derselbe spricht vor der Tagesordnung über das 


Zinnschmelzen afrikanischer Eingeborener. 


Nun gelange ich zur letzten meiner heutigen Vorlagen, die aus einem 
weiter im Innern gelegenen Gebiet stammt, nämlich Zinnstäben aus 
Bautschi, sowie der Skizze eines Zinnschmelzofens. 

Über diese hochwichtige Tatsache, dass Zinn in Innerwestafrika von 
den Eingeborenen verhüttet und dann als Rohzinn weiter verhandelt 
wurde, um von anderen KEingeborenen verarbeitet zu werden, habe ich Ihnen 
schon früher berichtet und Ihnen auch schon Zinnstäbe vorgelegt, die ich 
mir vor etwa zehn Jahren auf eine mühevolle Weise durch den sich da- 
mals in Akkra aufhaltenden G. A. Krause verschaffen liess, der Haussa- 
händler mit der Besorgung der Stäbchen beauftragte, welche aus einer Ent- 
fernung von 1200 bis 1500 km herbeigeholt werden mussten. Aber heute 
bin ich in der glücklichen Lage, Ihnen Zinnstäbe vorzuführen, die ich 
einem Herrn verdanke, welcher sie selbst, nachdem er das Ausschmelzen 
der Erze beobachtet hatte, an Ort und Stelle von den Eingeborenen er- 
warb. Ich hatte Herrn Hanns Vischer, Direktor des Erziehungswesens 
in Nord-Nigerien, bekannt durch seine Reise von Tripolis durch die 
Wüste nach dem mittleren Sudan, eine kleine Wunschliste übersandt 
für Beobachtungen bzw. Sammlungen in dem Gebiete seines Wirkungs- 
Kreises, die sich in erster Linie auf alte Glas- und Steinperlen, Steinzeit- 
und alte Bronzefunde bezog, und auch um die genauere Erkundung der 
Zinnverhüttung durch die Eingeborenen, sowie einer vorläufig noch nicht 
erledigten, damit unmittelbar zusammenhängenden Frage gebeten. Ich 
war schon vor 19 oder 20 Jahren durch das häufige Auftreten von 
zinnernen Verzierungen auf Pfeifen, Messerscheiden usw. auf die Ver- 
mutung gekommen, dass die Eingeborenen in Westafrika selbst an irgend- 
einer Stelle Zinn gewinnen müssten, und ein Jahr darauf wurde auch durch 
einen Bericht von Macdonald bestätigt, dass am Benué englische Agenten 
yon Eingeborenen das Metall aufkauften. Ich wartete aber mit der Ver- 
öffentlichung darüber noch drei bis vier Jahre, bis ich genauere Nach- 
richten hatte, und der Übersichtlichkeit wegen gebe ich hiermit an, wo 
einige der kurzen Bemerkungen von mir über diesen Punkt zu finden 
sind. 1. In den Verhandlungen unserer Gesellschaft für A. E. u. U. Bd. 29, 
1897, S..97; Bd. 34, 1902, S. 247; 2. in der Deutschen Kolonialzeitung, 
Jahrgang 1899, S. 34; 1902, S. 238; 3. in den Verhandlungen des Inter- 
nationalen Geographenkongresses 1899, Bd. 1, S. 60. 

10* 


148 Staudinger: 


Ich bin nun Herrn Vischer zu ganz besonderem Danke verpflichtet, 
dass er sich noch kurz vor seiner Reise nach Europa die Mühe der Be- 
obachtung machte, denn bald wird die Zinnschmelzerei der Eingeborenen 
wohl aufhören. Seit einer Anzahl von Jahren sind nämlich englische 
Zinnminengesellschaften in den Nigerbenueländern gegründet worden, und 
die Industrie der Europäer wird die der Schwarzen verdrängen. 

Der Zinnschmelzofen lag in Riruwei in Bautschi. Gerhard Rohlfs, 
der hochverdiente Afrikaforscher, erwähnt in seinem Werke über seine 
grosse Reise einen Ort Rirue in Sokoto (der Name ist wohl identisch mit 
dem ebenangeführten), von wo Zinn kommen solle, aber die Nachricht 


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Abb. 10. 


war recht unbestimmt und wurde von den meisten Lesern des Buches 
übersehen, ebenso wie auch die Notiz aus dem alten, vor etwa 240 Jahren 
erschienenen Sammelwerk Dappers, wo man Zinn bereits als ein Aus- 
fuhrprodukt einer Landschaft der Westküste von Afrika genannt findet. 
Wir werden bald in einer sehr interessanten Arbeit von Herrn Pfarrer 
Dahse noch einen anderen Punkt in Westafrika kennen lernen, wo Zinn- 
erze auftreten. Es ist nun möglich, dass noch andere Zinnfundstellen in 
der Gegend, vielleicht auch mit demselben Namen Rirue oder Riruwei 
vorhanden waren, denn die Zinnschmelzer wurden verschiedentlich ver- 
trieben. Ich gebe zunächst die nach der Skizze von Vischer von Wil- 
helm v. d. Steinens Meisterhand umgezeichnete Abbildung des Zinn- 
schmelzofens, und lasse den Bericht, den mir Herr Vischer von Afrika 
mit der Schreibmaschine geschrieben sandte, wörtlich folgen und füge nur 
einige Fussnoten und kurze Erklärungen als Anmerkungen hinzu. 


Zinnschmelzen afrikanischer Eingeborener. 149 


Notizen über das Zinnschmelzen der Eingeborenen in Riruei 
(Riuwei) Bautschi, Province Northern Nigeria. 


Geographisch: Riruwei, auch Liruwei') genannt und geschrieben, be- 
findet sich in der westlichen Ecke der Provinz Bautschi, ungefähr halb- 
wegs zwischen Bautschi?) (Yakuba) und Zaria (Saria). 40 Am nördlich 
von diesem Riruwei liegt ein zweites Riruwei, von den Eingeborenen 
auch Riruwei Kano genannt. Diese beiden kleinen Städte sind von 
Hügeln und Felsen ungeben. 

Geschichtlich: Die Leute vom südlichen oder Bautschi Riruwei kamen 
vor ungefähr 50 Jahren von dem nördlichen Orte. Nach langen Kämpfen 
zwischen Kano und Ningi, in welchen die Riruwei Leute als Kano-Bürger 
auf der Seite Kanos fochten, yvaben die Leute schliesslich die nördliche 
Stadt auf und kamen nach Süden in das Gebiet von Bautschi, um hier 
ihre Zinnindustrie weiter zu treiben, oft gestört durch beständige Fehden. 
Im nördlichen Riruwei zeigt man mitten in der ummauerten Stadt, hinter 
dem Hause des Häuptlings einen tiefen Schacht. Hier sagen die Leute 
gruben die Ureinwohner von Riruwei, Heiden, nach Zinn. Die Kano-Leute 
hatten diese vertrieben und nalımen den Handel und das Schmelzen von 
Zinn für sich, jedoch gruben sie nie selbst nach dem Metall. Die wilden 
Heidenstämme von den benachbarten Hügeln, oder die Viehzucht treibenden 
Fulani brachten die Zinnerde zu den Schmelzöfen von Riruwei, um dafür 
Geld oder Tauschwaren zu empfangen. Brauchte man Geld in die Haus- 
haltung für neue Kleider oder dergleichen, so ging man die Flüsse oder 
Bäche entlang, sammelte dort die angeschwemmte Erde und trug sie, 
nachdem sie ausgewaschen war, nach Riruwei. Die Riruwei-Leute sind, 
wie gesagt, Kano-Bürger und haben bis zur Stunde alle ihre Häuser in 
Kano. Die umwohnenden Heiden sind Sangawa. Die Riruwei-Leute 
wurden verdrängt aus ihrer nördlichen Stadt durch die Ningi, im Osten, 
vor 50 Jahren. Später wurden die Ningi endgültig von Riruwei ge- 
schlagen, die Zinnindustrie wurde aber in der alten Stadt nicht wieder 
aufgenommen. 

Handel: Es scheint mir zweifelhaft, ob Zinn früher je von hier über 
die Grenzen Afrıkas kam. Dagegen bin ich überzeugt, dass durch die 
Haussa-Händler Zinn von hier bis an den Nil und nach Ashanti und 
Benin, nach Timbuktu und selbst bis Tripoli exportiert wurde. Später 
kauften die Faktoreien am Binue die Zinnstäbchen und heute arbeitet 
eine ganze Reihe von Gesellschaften mit einem Kapital von zwei Millionen 
Pfund an der Eröffnung und Bearbeitung von Zinnminen. 


1) R. u. L. wird bei den Haussa, wie bei vielen Afrikanern häufig ver- 
wechselt bzw. von Ungebildeten falsch ausgesprochen. 

2) Bautschi oder Garun Jakuba-n-Bautschi ist die Hauptstadt des gleich- 
namigen Reiches, d h. einer Provinz von Sokoto. Seine Grenzen erstrecken sich 
bis über den Benin hinaus. Die Stadt soll nach Berichten von Rohlfs damals 
sehr bevölkert gewesen sein. Nur ein Teil der Bewohner sind muhammedanische 
Haussa bzw. Fulla, die meisten der Bewohner sind noch freie oder unterworfene 
Heiden, Gari h. = Stadt, also eigentlich Gari-n-Jakubu. 


150 Staudinger: 


Schmelzprozess der Eingeborenen (Haussas) in Riruwei: Die Zinn- 
erde wurde längs den Bächen zusammengetragen und von den Leuten 
selbst gewaschen. (Haussa-Name: Kuza). 

Dann wurde die Erde, d. h. die Stücklein Cassiterit im Holzmörser 
(turmi) zerstossen. Darauf mit etwas Wasser vermischt zu einem Teig ge- 
macht und in kleinen Klössen aufs Feuer gelegt. War das so heraus- 
geschmolzene Metall nicht gut, so 
wurde es abermals in Mörsern zer- 
stossen!) und geschmolzen. Dann 
kam das Zinn in einem irdenen 
Topf, (kasko) Abb. 11, (der Topf 
wird anscheinend im zerbrochenen 
Zustand benutzt), nochmals übers 
Feuer und wurde von da, wenn 
flüssig, mit einem Gurken löffel”), 

Abb. 11 u 12. Abb. 12, ausgeschöpft und in die 

Form gegossen. Als Stäbchen war 

es dann bereit für den Export. Die Form war aus Asche mit Wasser 
zu einem Teig geknetet und auf einen länglichen Haufen geschichtet. 
Die Oberfläche war schräg abgeflacht und dann wurden eine Anzahl Gras- 
halme in gleichen Abständen darauf gelegt. Die Grashalme wurden dann 


wiederum mit Erde zugedeckt. Wenn beinahe trocken, wurden die Gras- 
halme herausgezogen. Oben wurde eine Rinne freigelassen, und in diese 
Rinne wurde dann das flüssige Zinn gegossen’), Abb. 13. 

Der Schmelzofen, siehe S. 148. Aus Lehm gebaut und gegen 2'/, bis 
3 Fuss vom Boden. Der Mann rechts hat zu seiner Rechten einen Haufen 
feuchter Zinnerde, die er in kleinen Klössen auf das Feuer legt. Die 
zwei Männer links arbeiten an je zwei aus Ziegenfell genähten Blasebälgen, 
die abwechselnd ausgedehnt und zusammengedrückt werden. Dies muss 


1) Hier ist vielleicht die Zinnschlacke bzw. das angeröstete Erz gemeint. 
Schon richtig ausgeschmolzenes Zinn kann man wegen seiner Zähigkeit nicht 
mehr zerstossen, höchstens mit Beilen zerhacken. 

2) Es ist ein aus einem Flaschenkürbiss (Lagenaria) gemachter Löffel gemeint; 
einen solchen Naturlöffel nennen die Haussa lude, während der geschnitzte, dem 
unsrigen ähnliche Löffel tschokalli heisst. Man sollte nun annehmen, dass ein 
solcher Kürbisslöffel schnell durch das geschmolzene Zinn verbrannt würde, aber 
vielleicht wird er feucht erhalten, und dann hält ein solcher Löffel doch wohl 
kürzere Zeit. 

9) Die Zinnstäbe, welche ich sowohl durch Krause bzw. die Haussa erhielt, 
als auch später von englisch deutscher Seite hatten genau dieselbe Form. 


Zinnschnielzen afrikanischer Eingeborener. 151 


äusserst geschwind gemacht werden, um die Luft durch die Höhlung bis 
in den eigentlichen Schmelzofen zu stossen. Diese zwei Leute werden 
daher beständig abgelöst. Ist genug Erde vorhanden, so geht das 
Schmelzen Tag und Nacht fort. Der Schmelzofen, oder der Schmelz- 
kamin ist von unten bis oben mit Holzkohle gefüllt. Das geschmolzene 
Zinn wird in einer Höhlung ungefähr drei Fuss vom Ofen angesammelt. 
Ob irgendwelche Säuren!) von den Eingeborenen gebraucht werden, 
konnte ich nicht erfahren. Ich schreibe hier genau nieder, was mir die 
Leute in Riruwei, wo ich das Schmelzen beobachtete, sagten. 


Riruwei, August 1910. Hanns Vischer. 


Der Schmelzofen ist nach dem Grundriss (Abb. 14) und einer andern 
Zeichnung zu urteilen, anscheinend von einer Rohr- oder Grashiitte um- 
geben. Ich unterliess deren Wiedergabe, da mir ihre Konstruktion nach der 
Zeichnung nicht ganz klar ist. Der Ofen ist wesentlich niedriger und roher 
im Bau als die Eisenhochöfen, namentlich 
aber verschieden von denjenigen besonders 
gut für afrikanische Verhältnisse hergestellten, 
die ich Ihnen in der Abbildung aus dem 
J.emaireschen Werke gelegentlich der Er- 
örterung über die Eisenindustrie zeigte (vgl. 
unsere Zeitschrift Jahrgang 1909, S. 101/4) 
oder gar von den Öfen zum Kupferschmelzen 
in Katanga, über die ich. seit längerer Zeit 
Angaben und Skizzen besitze. Es liegt eben i 
auch keine Notwendigkeit für die Eiu- 
geborenen vor, höhere oder kunstvollere Öfen 
zu bauen, da ja Zinn bekanntlich bei einer 
weit niedrigeren Temperatur als Eisen schmilzt. Weshalb die Leute nun 
in so schmalen, grashalmdünnen Formen das Erz giessen, erscheint nicht 
ohne weiteres verständlich. Vielleicht geschieht es, um es leichter zur 
Folie zu schlagen, d. h. breit verhämmern zu können. Als jetzigen Preis, 
der wohl durch die englischen Faktoreien beeinflusst ist, gibt Vischer 
für etwa 100 Stäbchen im Gewicht von etwa 1 Pfd. à 500 g 1 Schilling 
= 1200 Kauri an. Das Wertverhältnis von Kauri zum Bargelde schwankt 
natürlich je nach der Gegend. 

Das wäre also für ein Stäbchen à 5 g Gewicht im Durchschnitt 
‚1 Pf., also nach europäischen Verhältnissen nicht zu billig, vielleicht wird 
aber der Preis nicht in bar, sondern in Waren gezahlt. Bei den Angaben 
über den Handel möchte ich bemerken, dass es eben früher nicht bekannt 
war, dass Zinn doch über die Grenzen Afrikas kam. Ob es durch Haussa 
vertriebenes Zinn war, ist natürlich fraglich, ebenso aber auch, ob sie es 
nach Timbuktu brachten, wohin zur Zeit meines Aufenthaltes im Haussa- 
land keine direkte Verbindung mehr von dort aus bestand; einen Handel 
mit gewissen Produkten vermittelten die Tuareggs. Auch der Export 


Abb. 14. 


1) Säuren sind für den Schmelzprozess nicht nötig. 


152 Staudinger: Zinnschmelzen. 


nach Tripolis dürfte aus verschiedenen Gründen nicht praktisch sein. Ein 
Handelsplatz der Nigergesellschaft für Zinn am Benu& war Lau. Welches 
grosses Interesse und welche Wichtigkeit die Feststellung hat, dass Zinn 
schon seit Hunderten, vermutlich auch schon Tausenden von Jahren in 
Westafrika gewonnen wurde und dass auch in Südafrika bei den alten 
Goldbergwerken, d.h. nicht zu weit davon, ebenfalls Zinn auftritt, soll nur 
angedeutet werden. Vielleicht wird die Frage, woher .die Leute im Alter- 
tum einen Teil des Zinnes erhielten, in nicht zu ferner Zeit geklärt. 

Ich möchte nun, da wir einmal das Altertum erwähnt haben, kurz 
mit einigen Worten auf die jetzt durch alle Zeitungen gehenden Nach- 
richten über Funde des Herrn Leo Frobenius und die Entdeckung des 
sogenannten Atlantis zurückkommen. Atlantis in dieser jetzt genannten 
Lesart ist nur ein Schlagwort, wie es mitunter auch in Verlegenheit von 
dem verschwundenen Erdteil Lemurien gebraucht wird. 

Dass an der Westküste von Afrika, z. B. Goldküste, Aschanti, Da- 
homey, Benin usw. und im Innern eine gewisse alte Kultur gewesen ist 
und diese Länder von fremden Völkern berührt wurden, haben diejenigen, 
die sich darum kümmerten, schon längst geglaubt und vermutet. Auch 
Orte in Yoruba und Nupe gehören dazu, wie ich des öfteren in Gegenwart 
von Herrn Frobenius besprach. Wenn nun der Name unseres Altmeister 
Bastian neulich in der Weise erwähnt wurde, dass man auf irgend eine 
Gleichgültigkeit oder Unterlassungssünde seinerseits für jenes Gebiet, resp. 
für Benin und Yoruba schliessen konnte, so möchte ich hier ausdrücklich 
feststellen, dass Bastian schon vor 24 Jahren, bald als ich von meiner 
innerafrikanischen Reise zurückgekehrt war, auf die Wichtigkeit und 
Notwendigkeit der Erforschung gewisser Städte in Yoruba hinwies und 
mich für eine Reise dorthin zu gewinnen suchte. Aus damals leicht er- 
klärlichen Gründen ging es nicht. Ehe man nun zu einem Urteil über 
die Wichtigkeit der Funde kommt, muss man sie sehen, namentlich den 
erwähnten Poseidonkopf!) und die Fayencen. Von der Giesskunst der 
Yoruba berichtete ich vor Jahresfrist gelegentlich eines besonderen Falles. 
Auf die Glasindustrie der Nupe wies ich schon früher hin. Die Granit- 
säulen bei Ifé usw. sind bereits von den Engländern beschrieben und ab- 
gebildet (Elgee und Denett). Letzterer glaubt, dass sie von in Portugal 
zu Handwerkern erzovenen Negern gemacht seien. Ich habe hier zwar eine 
Kopie, aber man kann daraus nichts Endgültiges entscheiden; man müsste 
namentlich den viereckig beschlagenen Stein, der auch in „Nigerian 
Studies* abgebildet ist, sehen; es ist möglich, dass die runde Säule und 
der eckige Stein von ganz andern Meistern stammen als die steinerne Naclı- 
bildung eines Elefantenzahnes und eine eigentümliche konische Säule, bei 
der viele an den Phalluskult denken werden. Ein steinerner Stuhl aus 
Ife, sowie rohe Skulpturen, nicht sehr entfernt von der Gruppe der durch 
Rütimeyer beschriebenen Köpfe aus der Sherbrogegend, sind ebenfalls 


1) Nach der Niederschrift dieser Zeilen bekam ich Kenntnis von der im 
„Burlington Magazine, London“ erschienenen Veröffentlichung über die genannten 
Gegenstände. Nach der Abbildung hat der von den Eingeborenen verehrte Kopf 
ganz das Aussehen der Beninköptfe. 


Börschmann: Vorgeschichtlicher Fund aus China. 153 


bereits abgebildet. Ich kann nur nochmals auf die epochemachenden 
Steinzeitfunde der Franzosen ın den letzten Jahren hinweisen, so z. B. 
auch auf die von Flamand beschriebenen sogenannten Eulenkopfsteine 
aus der Zentralsahara, deren Abbildung man mit dem in unserem Museum 
befindlichen Gesichtspfeilerstein aus Old Calabar vergleiche. Wichtig 
wären Funde von Fayencen, obgleich diese ja nicht so alt zu sein brauchen. 
Ich kenne nur zwei Beninköpfe aus Steingut, resp. gebranntem Ton der 
Abbildung nach. Also wir müssen abwarten, was neues gefunden ist. 
Hoffentlich bringt es neue Beweise längst vermuteter Beziehungen. 


(11) Hr. Karl Schuchhardt spricht über 
Götterkult und Ahnenkult. 


Der Inhalt des Vortrages ist in dem Aufsatz „Stonehenge“ in der 
Prähistor. Ztschr. II. Bd. 1910 S. 331—340 ausführlich wiedergegeben. 


(12) Hr. Ernst Börschmann: 


Ein vorgeschichtlicher Fund aus China (Provinz Schantung). 


Die Ostasiatische Abteilung des Museums für Völkerkunde ist vor 
einiger Zeit in den Besitz eines glasierten Tontopfes gelangt, der ein 
besonderes Interesse verdient durch die Umstände, unter denen er auf- 
gefunden wurde. Denn diese sichern ihm ein hohes Alter von einer be- 
stimmten unteren Grenze, nämlich 500 v. Chr. Das ist für chinesische 
Verhältnisse ganz ausserordentlich. Soweit bisher bekannt, ist es der 
einzige Fund eines unbestritten hohen Alters, und es rechtfertigt 
sich «deshalb, dass wir uns eingehender mit diesem Topfe befassen. 

Einige Worte mögen vorausgeschickt werden über die chinesische 
Archäologie oder, wie wir sie einstweilen noch nennen müssen „Vorge- 
schichte‘ und über die Bedeutung alter Funde für die chinesische 
Altertumsforschung überhaupt. Mehr noch, als auf anderen Gebieten 
der Archäologie, sind hier einigermassen datierte Fundstücke aus früher 
Zeit von der grössten Wichtigkeit, um einige Klarheit zu bringen in das 
Chaos der Anschauungen und Theorien über frühgeschichtliche Formen. 
China bietet uns das merkwürdige Bild, dass eine fest umschriebene, ge- 
sicherte Geschichte vorhanden ist, mindestens seit dem Jahre 800 v. Chr., 
dass aber fast keine wirklich beglaubigten Überreste in die Zeit vor 
Christi Geburt zurückreichen. Allenfalls noch einige Baudenkmäler. Das 
Grabdenkmal auf dem Siao tang shan in Shantung wird in das erste 
Jahrhundert v. Chr. gesetzt, die Steintrommeln in dem Konfuziustempel 
in Peking in das 7. Jahrhundert, die Inschrifttafel des Kaisers Yü auf 
denı Heng shan in Hunan gar in das 10. Jahrhundert. Sind das aber 
bereits grosse Fragezeichen, so verliert man völlig den Boden unter den 
Füssen bei der kunstgeschichtlichen Wertung der zahlreichen Bronzen 
und Tongefässe, die bisher immer unter dem Sammelnamen „Han-Zeit“ 
(200 v. bis 200 n. Chr.) zusammengefasst wurden, soweit sie nicht unter 
der ehrwürdigen Flagge der Chou- (1100-200 v. Chr.) oder gar der 


154 Börschmann: 


Shang-Dynastie (1800—1100 v. Chr.) segeln auf dem Meere der chinesi- 
schen Altertumskunde. Ist man in der Lage, zwei gleiche Stücke gegen- 
einander zu halten, wie z. B. die bekannten Bronzekannen in den beiden 
Abteilungen des Ostasiatischen Museums in Berlin, die beide „alt“ sein 
sollen, so springen derinassen grosse Verschiedenheiten in die Augen, 
dass ganze Epochen zwischen ihrer Herstellung zu liegen scheinen. Ein 
Beweis für die Unsicherheit des Urteils auf diesem Gebiet, aber auch für 
die Notwendigkeit eines Fortschrittes in der Erkenntnis. Natürlich gibt 
es unter den altchinesischen Bronzen und Tonwaren, die jetzt unsere 
Museen zu füllen beginnen, auch viele wirklich alten Stücke. Indessen 
die Schwierigkeit liegt darin, sie unter der Menge der übrigen herauszu- 
finden und sie zu sondern von den übrigen, die in jüngster Zeit als 
Nachahmungen älterer Formen hergestellt wurden. 

Es könnte eine Unterscheidung allein nach der Technik, der Linien- 
führung und der Ornamentik in Frage kommen. Indessen eine solche 
Unterscheidung ohne die Hilfe von äusseren Datierungen erscheint auf 
dem Gebiete chinesischer Kunst unmöglich für uns, denen ein ähnliches 
Unterfangen bei unseren eigenen alten Kunstwerken Misserfolge genug 
eingebracht hat noch bis in die jüngste Zeit. Und wenn es gar unter- 
nommen worden ist, wie z. B. von W. von Hoerschelmann in seiner 
„Entwicklung der altchinesischen Ornamentik“, aus den vagen chinesischen 
Zeichnungen alter Gefässornamente in späteren chinesischen Druckwerken 
so etwas wie eine Systematik, ja sogar eine geschichtliche Entwicklung 
der alten Kunst aufzustellen, so erscheint das zum mindesten verfrüht. 
Ausserdem stimmt die ganze altbeliebte These nicht von dem Aufsteigen 
vom geometrischen zum stilisierten Tier- und Pflanzenmuster und endlich 
zu den realistischen Formen einer „freien“ und mehr entwickelten Kunst. 
Vielmehr ging der Realismus stets der Stilisierung voran. Doch das nur 
nebenbei. Ks soll durch diese Bemerkung nur darauf hingewiesen werden, 
in welchem Dunkel man noch tappt und wie wichtig es ist, da Licht 
hineinzubringen. 

Und dieses Licht muss kommen. Wenn vorher auf den fast gänzlichen 
Mangel an alten Monumenten in China hingewiesen wurde, ein Mangel, 
der vielerlei Ursachen hat geschichtlicher, technischer und allyemein 
kultureller Natur, so macht eine Gruppe von Denkmälern eine Ausnahme. 
Das sind die Gräber, von denen im ganzen Lande eine reiche Zahl noch 
aus uralter Zeit erhalten ist, mitsamt ihrer Tradition. Um nur em 
Beispiel zu nennen — das Grab des Konfuzius in Shantung ist sicherlich 
noch das wirklich alte vom Jahre 480 v. Chr. Aus dieser Unzahl von 
Gräbern haben wir in der kommenden Zeit ungemein wertvolle Funde 
zu erwarten. Einstweilen verbietet es den Chinesen noch ihr Gefühl, die 
Gräber zu öffnen. Aber die moderne Zeit wird hier bald eine Änderung 
bringen. Unser Wissensdrang macht nicht Halt vor der heiligen Tradition 
einer ehrwürdigen Kultur und wird sie vernichten helfen. Schon hat der 
geschäftskluge Chinese hier und dort angefangen, den Bann zu durch- 
brechen. Schon sind in den letzten Jahren zahlreich Gräberfunde zu uns 
vekommen. Aber, wie es nun einmal in der Art des Chinesen liegt, 


Vorgeschichtlicher Fund aus China, 155 


ausnahmslos ohne Datierung, geschweige denn mit einem Fundbericht. 
Dass ein Europäer bei der heimlichen Ausgrabung etwa zugegen sein 
könnte, ist natürlich gänzlich ausgeschlossen. Und nun hat man hier zwar 
eine Menge neuer Formen, aber keinen Anhalt für die Zeitbestimmung. 
Für die,Wissenschaft liegt eine gewisse Gefahr in dieser Überschwemmung 
durch eine Unzahl gänzlich neuer Formen, ohne dass man imstande ist, 
sie in eine kunstgeschichtliche Verbindung zu bringen. 

Der vorliegende Fund, der glasierte Tontopf, stammt nicht aus 
einem Grabe, sondern er ist zufällig gemacht worden (s. Abb. 2). 
P. Erlemann, der Baumeister der Steyler Mission in der bedeutenden 
Präfekturstadt Tsiningchow in Shantung am Kaiserkanal, stiess beim 
Graben eines Brunnens in 5 m Tiefe auf zwei alte Kupfermünzen, deren 
Herstellungszeit Hr. Dr. Herbert Müller auf etwa 1000 n. Chr. bestimmt 
hat, alsdann durchgrub er eine homogene, zähe Lehmschicht, die keine 
Spuren einer früheren Bewegung zeigte, traf jetzt auf schwarzen Boden 
und in ihm, in einer weiteren Tiefe von 1 m, also in einer gesamten 
Tiefe von 7 m, auf den Topf. Er erkannte sofort die Bedeutung 
des Fundes und hatte die Liebenswiirdigkeit, folgenden Fundbericht 
abzufassen: 

Zining, 11. November 1907. 
P. P. 

Den tausendjährigen Topf gebe ich mit, nebst zwei Kupfermünzen, 
welche letztere allerdings über der gestern bereits von mir angegebenen 
starken Lehmschicht, etwa bei Aufhören der Schuttlagen, ungefähr in 
einer Tiefe von 4'/, bis 5m gefunden wurden. Der Topf wurde aber, 
wie ich gestern bereits angab, auf etwa 7 m Tiefe und zwar unter der 
l m starken, zähen Lehmschicht etwa 1m tief in dem schwarzen, mit 
Muscheln und Schneckenhäuschen stark durchsetzten Boden — der offenbar 
mit dem Niederschlag der Zining benachbarten Seen genau gleich ist und 
sicher wohl denselben Ursprung hat — unter meinen Augen gefunden 
und ausgehoben. Wenn ich nicht selbst zugegen gewesen wäre, als man 
den Topf fand und aushob, so würde ich nach der Art und Erhaltung 
seiner Glasur durchaus nicht glauben, dass er in solcher Tiefe gefunden 
sei, und daher wohl sicher älter ist als die Stadt Zining und der feste 
Boden innerhalb der umliegenden Seen. Die dicke Lehmschicht über 
dem Fundorte des Topfes lässt auch nicht leicht die Annahme zu, dass 
er allmählich in diese Tiefe hinabgesunken sei; ergo: 


P P. 


Die Persönlichkeit des Hrn. Pater, der zugleich Techniker ist und 
zahlreiche grosse und schöne Bauten für die Steyler Mission in jener 
Gegend teilweise unter recht schwierigen Gründungsverhältnissen aus- 
geführt hat, lässt es ohne weiteres als sicher annehmen, dass kein 
Beobachtungsfehler bei der Grabung vorgekommen ist, besonders was die 
homogene Lehmschicht betrifft. Bevor aber darauf der Schluss der 


Datierung aufgebaut wird, mag der Topf selbst beschrieben werden 
(vgl. Abb. 1). 


156 Börschmann: 


Der Topf ist hergestellt aus einem hartgebrannten, dichten, wenig 
porösen Ton von chamottegelber Farbe und hat eine Höhe etwa von 
10 cm und einen grössten Durchmesser etwa von 12cm, wiegt trocken 
etwa 550g (spez. Gew. 2,11). Er ist auf der Töpferscheibe gefertigt. 
Der Boden zeigt innerhalb der Vertiefung inmitten des kräftigen Boden- 
ringes die spitze Nabe. Die Linienführung des Modellhölzchens ist 
sichtbar an den spiralförmig, aber sehr flach nach oben ansteigenden vier 
bis fünf Streifen, durch die eine Aufteilung der gebauchten Fläche erfolgt 
ist. Die einzige Verzierung bilden die beiden kleinen, flachgerillten 
Öhre, die in die Winkel zwischen den straffen Halsring und den Körper 


Abb. 1. Der glasierte Tontopf aus Tsi ning chow. 


eingeklebt sind und als Gegensatz die kräftig gedrungene Form des 
Topfes erhöht zur Geltung bringen. 

Geradezu auffallend ist die Glasur. Der Topf ist mit der Öffnung 
bis etwa zu seiner Hälfte hineingetaucht worden in die Glasurmasse, die 
sich dann beim Umdrehen nach unten verdickt hat und an einigen Stellen 
in Tropfen herniedergeflossen ist. Die Farbe der Glasur ist ganz eigen- 
artig, nämlich chokoladenbraun und zeigt einen violett-metallischen Glanz. 
Dieser metallische Ton ist offenbar durch das lange Lagern im Seeboden 
entstanden — was andererseits wieder die Ursache für die gute Erhaltung 
ist — und erscheint als Ansatz zu einem ausgesprochenen Irisieren. 
Ausserordentlich wichtig ist die Feststellung, dass man bereits 500 v. Chr. 
in China eine solche schöne Glasur herzustellen verstand. 

Der blossen Form nach könnte der Topf fast als modernes Er- 
zeugnis angesprochen werden, wenn nicht die gedrungene, in sich be- 


Vorgeschichtlicher Fund aus China. 157 


schlossene kräftige Linie des Umrisses als hervorragende Eigenart in die 
Augen fiele. Diese Linie verrät den Charakter der altchinesischen Zeit 
mit ihrer monumentalen Kunst, wie sie in den Reliefs der Han-Gräber ın 
Shantung andeutungsweise uns überliefert ist. Doch soll diese Erkenntnis 
des Stiles allein aus der Linie heraus nicht etwa als bestimmtes Kriterium 
gelten, sondern nur auf den Zusammenhang hinweisen, in dem selbst die 
einfachsten Äusserungen des Kunsthandwerks mit dem künstlerischen 
Gesamtinhalt ihrer Zeit stehen. 


Mia hsiang Aarten. [Shanlung): Dining chow (Shantung) 


Wu liang sze, Fundslelle eines alten Tönlonfes 
Pfeiler des Man-Grabes aus d- 7. Beim Dohren eines Drunnens 
143 n Chr- gefunden durch PErlemann. 


Jeizige Gela ndehöhe yon 
f /Siningchow 


Schufflagen der alten 
Siedelungen von 


nz 
’ Tsing 


o 


Wahrscheinliche Gelände 5,90 


hohe ımJahre WnC 


1 


V gé 8 
Fundamen PFiefe 
unbokannt 


Fundort der 2 Kupnferkäsch: 
Zahe Lehmschicht- 
I. Fundort des Jonlop/es: 


hl > - 2 Schwarzer Boden , slark 
- durchse?z# mil Muscheln 
und Schneckenhäuschen: 


e so km- 


Abb. 2. Pfeiler des Han-Grabes und Fundstelle des Tontopfes. 


Die Datierung nun, die im vorigen mit der Zahl 500 v. Chr. vorweg- 
genommen ist, wird ermöglicht durch eine Betrachtung der geologischen 
Verhältnisse der grossen, sogenannten gelben Ebene. Diese Ebene nimmt 
den ganzen Nordosten Chinas ein und verdankt ihr Werden und Ver- 
ändern in erster Linie dem Hoang ho. Dieser Strom, die „Sorge Chinas“, 
hat in den letzten 2500 Jahren nicht weniger als siebenmal seine 
Mündung verlegt, dabei Hunderttausenden von Menschen den Untergang 
bereitet und immer von neuem alle Kultur zerstört, aber gerade durch 
seine beständigen Wanderungen und die Ablagerungen von Löss die 
grosse Ebene allmählich aufgehöht. Seit Richthofen es mit aller 


158 Börschmann: 


Schärfe ausgesprochen, ist es allgemein bekannt, dass das Gebiet des 
Unterlaufes des Hoang ho in früheren geologischen Zeiten aus einer 
grossen Kette von zum Teil abflusslosen Seen bestand. Durch die all- 
mähliche Aufhöhung der Ebene infolge der ständigen Überschwemmungen 
des Hoang ho verschwanden diese Seen, zum Teil noch in historischer 
Zeit, ja heute ist der Prozess noch nicht abgeschlossen, aber die Über- 
bleibsel sind noch erkennbar in einer Kette von flachen Seen, die sich 
von Peking und Tientsin im Norden nach dem Süden bis zum Yangtse 
hinziehen. In diesem Linienzuge liegt auch der Kaiserkanal und Tsi 
ning chow selbst (s. Kartenskizze auf Abb. 2). 


Abb. 3. Altes Baudenkmal: Han-Grab. 


Für die Aufhöhung der Ebene hat man bisher kein genaues Mass er- 
mitteln können. Man wusste nur, dass es sich um eine beträchtliche 
Höhe handele, aber um welche, konnte man nicht angeben. Hierbei 
kommt uns aber jetzt ein altes Baudenkmal zu Hilfe, nämlich ein Han- 
Grab, dessen Grabpfeiler heute in einem tief ausgehobenen, weiten Loche 
stehen und genau datiert sind, nämlich aus dem Jahre 147 n. Chr. (s. 
Abb. 3). Es ist der Grabpfeiler von Wu liang sze, jenem kleinen 
Häuschen, das etwa 30 km südwestlich von Tsi ning liegt und durch die 
in ihm aufbewahrten, vielfach veröffentlichten Han-Reliefs berühmt ge- 
worden ist. Das Grabmal liest in der Nähe einer Anzahl von heraus- 
ragenden Bergkuppen inmitten der flachen Ebene, die gerade dort so flach 
ist wie ein Teller. Deshalb war es mir möglich, genau den Unterschied 


ëmm, A, EE EE mn e mmm, AS E ` L o 


Vorgeschichtlicher Fund aus China. 159 


zu messen zwischen der Höhe des Pfeilersockels, gleichbedeutend mit dem 
alten Gelände von 147 n. Chr. und der Höhe des heutigen Geländes. 
Der Unterschied beträgt 3 m und bedeutet die gesamte Aufhöhung inner- 
halb des verflossenen Zeitraumes von 1800 Jahren. Danach berechnet sich 
der Zeitraum, der erforderlich ist für die Aufhöhung von 1 m auf 
600 Jahre. Diese Masszahl kann man verwerten für die Zeitbestimmung 
des Topfes von Tsi ning. 

Die Volksüberlieferung lässt die Stadt erbaut sein auf der Fläche 
eines früheren, ausgetrockneten Sees. Das deckt sich mit den geologischen 
Verhältnissen und mit dem Bohrprofil von 6m Tiefe ab (s. Abb. 2). 
Man muss vermuten, dass zu jener Zeit, bevor die Ablagerung der Lehm- 
schicht begonnen hatte, der Topf verloren ging, vielleicht von einen 
Boote aus, und 1 m in den Morast einsank. Dann kam eine 600jahrige 
Periode der Überschwemmungen und führte zur Ablagerung der 1m 
starken Lehmschicht, die jene untere Schicht abschloss. Auf jener Lehm- 
schicht wurde die Stadt Tsining gegründet, wie es Grabungen an anderen 
Orten der Stadt übereinstimmend beweisen, und zwar, nach der Geschichte 
und der Überlieferung, etwa um Christi Geburt. Die genaue Zeit ver- 
mochte ich nicht festzustellen, aber ich möchte vorsichtig annehmen, 
100 n. Chr. Jedenfalls taucht der Name der Stadt zum ersten Male in 
der Han-Dynastie auf. Seit jener Zeit hat sich die Stadt durch die 
Schuttablagerungen beständig erhöht, nach Art aller chinesischer Städte 
und jetzt eine Höhe von 5 m erreicht über ihrer ursprünglichen 
Gründungsebene. 

Zieht man von der Zeit der Gründung, 100 n. Chr., die oben er- 
mittelten 600 Jahre ab, so kommt man, vorsichtig gerechnet, als unterste 
Grenze auf den Zeitpunkt von 500 v. Chr., an dem die Lehmschicht be- 
gann, den Topf zu überdecken. Mindestens also aus dieser Zeit stammt 
der Topf selbst. 

In der Annahme gerade von 600 Jahren für 1m Lehmschicht scheint 
eine gewisse Unbestimmtheit des Schlusses zu liegen. Und es wird sich 
das Mass ja natürlich ändern nach den jeweiligen örtlichen Bedingungen. 
Indessen glaube ich es nach meinen sonstigen Beobachtungen im Gebiet 
des Hoang ho auch für Tsi ning als ein vorsichtiges Mittelmass annehmen 
und in die Beweisführung einstellen zu dürfen. 

Zum Schluss mag noch auf die Wichtigkeit hingewiesen werden, die 
der gelben Ebene beizumessen ist für künftige Funde aus Gräbern, deren 
Kuppen, oft gerade noch erkennnbar, ein wenig über das jetzige Gelände 
herausragen. Es liegen da in Tiefen von 3—5 m und darüber ganze 
Kulturschichten begraben, die uns vielleicht schon in naher Zeit die über- 
raschendsten Aufschlüsse geben werden über die Formenwelt des 
chinesischen Altertums. 


Diskussion. 


Hr. Herbert Müller: Ich ınuss es mir versagen, auf die hier an- 
geregte Frage der chinesischen Archäologie bzw. Prähistorie im allge- 
meinen einzugehen. Eine kurze Bemerkung zu den von dem Herrn Vor- 


160 Diskussion. 


redner so genannten ‘Sphinxen’ möge aber auch zu dieser Stunde noch 
erlaubt sein. Es sind diese auf den ersten Blick allerdings an die liegende 
Sphinxfigur erinnernden kleinen Tonstatuetten nichts anderes als Miniatur- 
nachbildungen von Kopfstützen. Die Kopfstütze ist in Ostasien uralt und 
allgemein verbreitet. Sie kommt in den verschiedensten Formen vor, 
meist aus Holz, Bambusgeflecht oder als Kissen. Doch wurde und wird 
noch heute vielfach Ton oder Porzellan zu solchen Kopfstützen verwandt. 
Ein Stück aus der Sammlung Pander im Museum für Völkerkunde ist ein 
genaues Gegenstück zu diesen ‘Sphinxen’. Es zeigt einen in derselben 
Weise auf Knieen und Ellenbogen liegenden Knaben, der ein flaches Ge- 
fäss zwischen seinen Armen hält und ist mit einer blaugrünen Glasur be- 
deckt. Ähnliche Stücke sind auch sonst bekannt. Manchmal sind der- 
artige Kopfstützen als Gefässe ausgebildet, die warmes Wasser aufnehmen 
können und dienen dann zugleich als Wärmer. 

Derartige Miniaturwiedergaben von Gebrauchsgegenständen in alten 
Gräbern zu finden, braucht nicht zu überraschen. In der chinesischen 
Literatur ist solcher Ersatz der wirklichen Gebrauchsgegenstände durch 
kleinere Nachbildungen schon aus früher Zeit überliefert. Ein Gesetz 
vom Jahre 696 machte diesen Brauch obligatorisch. 


Prähistorische Fachsitzung vom 2. März 191. 


Vorträge: 


Hr. Hubert Schmidt: Zur Bedeutung der Kammmuster. 

Hr. Quente: Ein neues langobardisches Urnenfeld aus dem 3. Jahrhundert n. Chr 
zu Dahlhausen, Priegnitz. 

Hr. Willy Pastor: Stonehenge. Mit Lichtbildern. 


Vorsitzender: Hr. O. Olshausen. 


(1) Herr Hubert Schmidt gibt vor der Tagesordnung einen neuen 
Beitrag zur 
Bedeutung der Kammmuster 
(einreihige und Doppelkämme), die er in einem Vortrage auf dem Kölner 
Anthropologen-Kongress'") behandelt hat, um die Beziehungen des alt- 


Abb. 1. 


ägäischen Kulturkreises zu Mitteleuropa zu beleuchten. Der Doppel- 
kamm, der als Bilderschriftzeichen des 18. oder 17. Jahrhunderts v. Chr. 
Geb. auf dem Diskos von Phaistos (Kreta) erscheint und auf die älteren 
Grundformen zurückgeführt werden kann, wie sie in der Keramik von 
Tordos am Marosflusse (Siebenbürgen) in einer grossen Reihe von 
schriftartigen Zeichen oder Marken”) neben der ihr eigentümlichen Orna- 
mentik sich finden, lässt sich in rein ornamentaler Bedeutung auch auf 
der steinzeitlichen Keramik Thessaliens nachweisen. Das fragliche Ge- 


1) Korresp.-Bl. d. dtsch.-anthrop. Ges. 1910, Nr. 9-12, 8,125 f. 
2) Zeitschr. f. Ethnol, 1903, S. 457 ff., Abb. 38—41. 
Zeitschrift für Ethnologie. Jahrg. 1911. Heft 1. 11 


162 Hub. Schmidt: Kammmiuster. 


fässfragment gehört zu der von Tsuntas!) auf Taf. 16 bis 19 veröffent- 
lichten Keramik mit eingeritzten Verzierungen aus der „zweiten Periode“ 
seines Steinalters in Dimini und Sesklo; es hat die Form der zierlichen 
Amphoren, wie sie Taf. 16,1 und 17,1 bei Tsuntas abgebildet sind, und 
zeigt entsprechend den Bildformen von Tordos den Doppelkamm mit je 
vier Zinken und einem doppelstrichigen Mittelgliede auf dem Gefäss- 
bauche in mehreren Reihen untereinander eingeritzt. (Abb. 1). Eine Be- 
stätigung der Behauptung eines Zusammenhanges des thessalischen Neo- 
lithikums mit der Tordosgruppe in den unteren Donauländern bieten 
andere Ornamentmotive derselben thessalischen Keramik. Sie könnten 
zum Teil wenigstens auch als kammartige Motive angesehen werden, sind 
aber im Zusammenhange betrachtet, Kombinationen von sich schneidenden 
Vertikalen und Horizontalen. Sie werden entweder entsprechend dem 
Doppelkamm, in freilich weniger regelmässigen Reihen, auf dem Gefäss- 
bauche verteilt (Taf. 16, 1) oder treten als Füllmuster in schrägen Bändern 
auf (Taf. 17,3,9; 18,2; 19,11). Dieselben Formen finden wir nun unter 
den schriftartigen Zeichen von Tordos, teils einzeln und allein, teils in 
Verbindung mit anderen Strichkombinationen (vgl. Ztschr. f. Ethnol. 1903, 


dE EE SS 


Abb. 2. Abb. 3. 


S. 457, Abb. 38 a.a. O.; 39k.). Von der in Ritztechnik verzierten Keramik 
Thessaliens ist aber die bemalte nicht zu trennen, wie der Geist der 
Ornamentik im allgemeinen beweist; so finden wir das H- Motiv als Fill- 
muster auch aufgemalt auf einem Gefässfragment der Gruppe B 3a (Taf. 20, 3 
bei Tsuntas). Wir haben also zwei Gruppen von Mustern zu unter- 
scheiden: Strichmuster als willkürliche Linienkombinationen und Kamm- 
formen als konkrete Darstellungen. Beide bringen die Diminigruppe 
Thessaliens und die Tordosgruppe der unteren Donauländer in einen 
engeren Zusammenhang; dieselben Formen werden hier als schriftartige 
Zeichen, dort als ornamentale Gebilde verwendet. Der Doppelkamm zieht 
in diesen Kreis weiterhin auch die Insel Kreta hinein, so dass wir Thessa- 
lien gewissermassen als Brücke zwischen dem unteren Donaugebiete und 
Kreta betrachten können. 

Die beifolgenden Vergleichstabellen (Abb. 2 und 3) veranschaulichen 
diese Zusammenhänge in schematischer Form und fügen das Beispiel von 
Polada (Italien) hinzu. Jedenfalls wäre so die Tordosgruppe als Aus- 
gangspunkt für Beziehungen oder Verbindungen irgend welcher Art nach 
dem ost- und zentralmittelländischen Kreis zu betrachten. Was das Ägäum 
betrifft, so hat man unter allgemeiner Zustimmung die neolithische bemalte 
Keramik in einen Zusammenhang mit der donau - balkanländischen ge- 


— 


IX Tsuntas, Jr mooiorarzaı azooadsrıs Auajprion zai Yioziov 1908. 


Diskussion. 1 63 


bracht. In diesen Kreis von Analogien lassen sich also auch die schrift- 
artigen Zeichen weniger im künstlerischen als im intellektuellen Sinne 
einreihen. In Kreta aber treten solche, man kann sagen, nordischen 
Elemente im Zusammenhange mit Schriftformen auf, die von der ein- 
heimischen, für die Entwicklung der minoischen Palastkultur massgebend 
gewesenen Bilderschrift abweichen. Hätten sie für die Entwicklung dieser 
südlichsten der ägäischen Inseln eine Bedeutung gehabt, so müssten unter 
den kretischen Funden noch andere Analogien zu finden sein, die auf den 
Norden weisen. In der Tat glaubt der Vortragende solche auch zu kennen 
und will bei nächster Gelegenheit darüber Mitteilung machen. Über die 
Probleme der Schriftzeichen soll ausführlicher an anderer Stelle gehandelt 
werden. 


(2) Hr. Quente spricht über einen 


langobardischen Urnenfriedhof bei Dahlhausen, Kr. Westpriegnitz, 


wo er eine grosse Anzahl Brandgräber mit Beigaben an Nadeln und 
Fibeln aufgedeckt hat und eine zeitliche Entwicklung des Friedhofs von 
Norden nach Süden glaubt annehmen zu dürfen. Der Vortrag wird aus- 
führlich in der Präh. Ztschr. Bd. III, 1911, erscheinen. 


Diskussion. 


Hr. Kiekebusch: Die Ausgrabungen bei Dahlhausen sind ja nach 
allem, was wir gehört haben, in guten Händen. Über gewisse Dinge — 
„Opferstein“, Männer- und Frauenfriedhof, ethnologische Schlüsse — wird 
sich erst reden lassen, wenn der ausführliche Bericht vorliegt. Ich möchte 
nur darauf aufmerksam machen, dass die Frage, wo die älteren und wo 
die jüngeren Gräber lagen, von äusserster Wichtigkeit ist und sich unter 
Umständen doch noch entscheiden lässt an der Hand namentlich auch des 
keramischen Materials. Vielleicht gelingt es auch hier — wie ich es beim 
Friedhofe von Darzau getan habe) — ungefähr die Grösse der zum Fried- 
hofe gehörigen Ansiedlung zu berechnen. 


(3) Herr Willy Pastor hält den angekündigten Vortrag über 


Stonehenge. 


Stonehenge hat für unsere Vorgeschichte eine Bedeutung wie kein 
anderes Monument. Bis vor wenigen Jahren war es der Prähistorie nicht 
gelungen, über die sogenannte relative Chronologie hinauszukommen. 
Man sprach freilich auch von einer absoluten Chronologie. Aber die 
runden, abgerundeten Zahlen, die man unter dieser Bezeichnung buchte, 
hatten als Stützpunkte doch selber nur strittige Zeitbestimmungen. Der 


D Einfluss der rom. Kultur usw., Stuttgart 1908, S.7S ff. Vgl H. Delbrück: 
Geschichte der Kriegskunst. 2. Aufl. If. Teil. Berlin 1909. S.o u. S. IS f. 
11* 


164 Pastor: 


Untersuchung des Stonehengemonumentes haben wir es zu verdanken, 
wenn hier seit einigen Jahren endlich Wandel geschaffen werden konnte. 
Die Astronomen Penrose und Lockyer kamen übereinstimmend zu dem 
Ergebnis, dass Stonehenge in seiner jetzigen Gestalt 1680 v. Chr. angelegt 
worden sei. Beide waren, um das zu wiederholen, nicht Prähistoriker, 
aber Montelius konnte ihre Gründe bei seiner Nachprüfung nur gut- 
heissen. Weitere Bestätigungen fand diese Ansicht in der Volkskunde, 
und selbst an einem literarischen Zeugnis fehlte es nicht. Hekatäos 
von Abdera spricht, laut Diodor, von einem „merkwürdigen Tempel von 
kreisrunder Form“, der auf der Hyperboreerinsel gegenüber dem Kelten- 
lande liege und dem Apollo heilig sei. 

Bei dieser Gelegenheit wollen wir auch gleich aufräumen mit dem 
alten Vorurteil, dass der europäische Norden in vorchristlicher Zeit min- 
destens nach dem vorliegenden philologischen Material keine Tempel ge- 
habt hätte. Das ist ein Irrtum, selbst dann, wenn man sich auf Tacitus 
beschränken will. Allerdings betont Tacitus in der „Germania“, die Ger- 
manen hätten keine Tempel. Trotzdem entschläpft ihm bei Nennung der 
Nerthus das Wort „Templum“. In seinen späteren Geschichtswerken zeigt 
er sich dann noch besser orientiert. Er spricht vom Tempelbau der 
Tanfana, der von Germanicus dem Erdboden gleichgemacht wurde, und 
ferner davon, dass die Trophäen der Varusschlacht, die zum Teil dann 
wieder nach Rom kamen, auf die Tempel der verschiedenen Völkerschaften 
verteilt waren. l 

Zurück zu Stonehenge. Als einen Sonnentempel hatten alle sachlichen 
Überlieferungen dieses Heiligtum genommen. Vorübergehend hatte ja 
allerdings die seit Worsaae so beliebte Grabhypothese wie alle anderen 
Megalithen so auch Stonehenge als Grab ansprechen können. Genauer 
begründet wurde das Urteil aber nicht. Nun schien mit der Entdeckung 
Penrose-Lockyers die Bestimmung Stonehenges als eines Sonnentempels 
endlich gesichert. Mehr als das: die Vorgeschichte hatte hier das erste 
absolute Datum. Der so lange gesuchte feste Punkt war endlich ge- 
wounen, an dem man sich verankern konnte. 

Unter diesen Umständen war es wohl nicht nur mir eine grosse Über- 
raschung, als ich vor Jahresfrist in der Anthropologischen Gesellschaft über 
Megalithen sprach, in der Diskussion von Herrn Schuchhardt die Be- 
hauptung zu hören, Stonehenge sei kein Tempel, sondern ein Grab. Die 
Behauptung war so umfassend, dass sie in der kurzen Zeit, die der Dis- 
kussion an jenem Abend noch zugemessen war, irgendwie erschöpfend 
nicht mehr behandelt werden konnte. Die Beweismomente, die Herr 
Schuchhardt damals andeutete, waren: 

1. Der bisher als Altar angesprochene Mittelstein sollte nur als Grab- 
platte gedeutet werden können. 

2. Die ganze Anlage müsse früher in einem Rundhügel gesteckt 
haben, dessen Erdmassen man später abgetragen und fortgeschafft 
habe. 

3. Stonehenge habe, was bei einem Tempel doch unmöglich sei, 
keinen Zugang. 


Stonehenge. 165 


Wenige Wochen nach jener Sitzung hatte ich die Freude, von Herrn 
Schuchhardt aufgefordert zu werden, mich ihm anf einer Reise nach 
Stonehenge anzuschliessen. Eine solche gemeinsame Expedition war aller- 
dings, da wir von so verschiedenen Voraussetzungen ausgingen, die beste 
Gewahr fir eine unparteiische Beobachtung und die Klärung der ganzen 
Streitfrage. 
| Am Nachmittag des 15. September standen wir dann in der Ruine 
von Stonehenge. Wenn es für mich persönlich noch eines Beweises be- 
durft hätte, dass Stonehenge nur ein Sonnentempel sein könne, so war er 
durch diesen Besuch geliefert. Das Heiligtum hat nicht einen, sondern 
dreissig Zugänge; der ganze äussere Kreis ist, wie ein älterer Autor sich 
gut ausdrückt, ein einziger Kranz von Portalen. Wenn dieser dreissig- 
torize Tempel keinen Zugang hatte, dann hatte ihn auch kein antiker . 
Peripteros. Zudem war das nach Osten, in der Richtung der Tempel- 
strasse gelegene Tor ein wenig erweitert, und die Pfeiler zeigten hier 
seitlich einen geraderen Schnitt. In einem Hügel konnte die Anlage 
niemals gelegen haben. Von den ungeheuren Erdmassen, die hier abzu- 
tragen waren, hätten irgend welche Spuren sich erhalten. Was die um- 
liegenden Hügel anlangte, so hätten sie mindestens dreimal so hoch sein 
müssen, wenn sie, wie Herr Schuchhardt das angenommen hatte, eine 
Stonehenge ähnliche Steinsetzung bergen sollten. Schliesslich konnte das 
Ganze vor der postulierten Zuschüttung auch nicht mit irgend einer Holz- 
konstruktion überdacht gewesen sein, da die Trilithen des zweiten und 
höchsten Kreises (was ja übrigens von Anfang an bekannt war) von un- | 
gleicher Höhe waren, und damit keine Stützpunkte für eine Eindachung 
boten. 

Alle bis zu jenem Tage für die Grabhypothese vorgebrachten Gründe 
waren somit erledigt. Ks fragte sich nun, welche positiven Anhalte für 
die Tempeldeutung da seien. Zunächst war hinzuweisen auf das schon 
Bekannte: die Volksüberlieferungen, die in Sitte und Sage gleich bestimmt 
waren, die strenge Orientierung des Schlacht- und Astronomsteines, die 
heilige Strasse, in die die Umwallung des Schutzringes auslief. Aber 
noch etwas anderes kam hinzu: die Deutung der fünf Trilithen um den 
Altarstein, deren Sinn mir aus keiner der vielen Abbildungen klar ge- 
worden war, und der mir offenbar schien im Anblick der Wirklichkeit 
selbst. Auf diesen Punkt komme ich noch zurück. Genug, dass auch 
Herr Schuchhardt, dem ich meine Beobachtung gleich mitteilte, zu- 
stimmte und der Ansicht war, meine Deutung sei geeignet, die letzten 
Bedenken zu zerstreuen. Ja zwei wesentliche literarische Bestätigungen 
meiner Ansicht habe ich Herrn Schuchhardt zu verdanken. 

Das war im September. Im Oktober sahen die Dinge leider wieder 
anders aus. Herr Schuchhardt -hatte in London einen Ausgrabungs- 
bericht gelesen, nach dem innerhalb Stonehenges in sechs Fuss Tiefe einige 
Holzkohlenreste und Gefässscherben gefunden worden waren. Dieser Fund 
bestiminte ihn, von der Tempeldeutung wieder abzusehen und zur Grab- 
hypothese zurückzukehren. Die Möglichkeit einer gauz unwesentlichen 
Beisetzung, die doch eigentlich recht nahe lag bei der Kümmerlichkeit 


166 Pastor: 


des Fundes und bei der Pracht des Tempels, sollte nicht gelten’). Der 
Fund war nicht unter dem von Herrn Schuchhardt als Grabplatte an- 
gesprochenen Mittelstein gemacht worden. Danach hielt er diesen nun 
weder für eine Altar- noch eine Grabplatte, sondern eine umgestürzte 
Stele. Die beiden Orientierungssteine draussen sollten die Reste zweier 
vewaltiger Steinringe sein, die seltsamerweise bis auf diese beiden Reste 
verschwunden waren, während alles andere noch da war; über den Um- 
stand, dass ihre Orientierung mit der heiligen Strasse ebenso gut zusammen- 
eing wie mit der Volksüberlieferung, sollte man sich hinwegsetzen können 
als einen blossen Zufall. In den letzten Monaten hat Herr Schuchhardt 
freilich auch diese Deutung wieder aufgegeben, und nun nimmt er die 
beiden Aussensteine gleichfalls für Grabstelen. 

Die beste Widerlegung ist noch immer die positive Darstellung. In 
Erkenntnis dieses Satzes möchte ich hier von jeglicher Debatte absehen 
und ganz einfach bestimmen: welcher engeren Gruppe von Steinsetzungen 
gliedert das Stonehengemonument sich an? Die Antwort gibt ein Blick 
auf den Grundriss: um ein besonders markiertes Zentrum her lagern sich 
vier konzentrische Kreise. Das ist ein sehr weitverbreiteter Typus, dessen 
einfachste Form die sogenannten Walls of Troie darstellen. Die 
Trojawälle weisen zugleich auf die Herkunft der Grundanlage aus dem 
Sonnenkult”). 

Aber der Grundriss von Stonehenge zeigt doch einige selır wesentliche 
Unterschiede, die vor allen Dingen erklärt sein wollen. Zunächst sind die 
ersten beiden Kreise (vom Mittelpunkt aus) nicht geschlossen; sondern 
nach der Tempelstrasse zu offen gelassen, so dass zwei hufeisenförmige 
(Gebilde entstehen. Und auch weiter sind die vier Kreise durchaus nicht 
wie in allen übrigen Fällen gleichwertig behandelt. Der äusserste hat 
als blosser Umfassungsring alle eigene Bedeutung eingebüsst. Der ihm 
zunächst liegende, und ebenso der innerste Ring sind aus vergleichsweise 
so niedrigen Steinsäulen gebildet, dass diese beiden Ringe fast wie ata- 
vistische Organe anmuten. Während hier alles nachlässiger behandelt ist, 
finden wir den zweiten Ring in einer Weise künstlerisch betont, der unter 
allen Megalithen ohne jedes Beispiel dasteht. Dieser zweite Ring um- 
fasst die fünf mächtigen Trilithen; der höchste erhebt sich hinter dem 
Mittelstein, während die beiden Paare nach vorn zu sich abstufen. Auf 
diese fünf Trilithen hin ist die ganze Anlage gebaut, ihr zuliebe wurde 
alles andere umgeformt. Folgerecht muss jeder Deutungversuch 
ausgehen vom Trilithenring, und jeder Deutungsversuch unzu- 
reichend bleiben, der mit diesen Trilithen nichts anzufangen 
weiss. 

Ich hoffe, es wird nicht als allzu unwissenschaftlich empfunden, wenn 
ich einfach erzähle, wie ich zu der Deutung kam, die, wie ich glaube, 


1) Was die Beisetzungsfrage anlangt, so verweise ich einstweilen auf das. was 
ich hierüber im 6, Heft, Jahrgang 1910 dieser Zeitschrift sagte. 

2) Die Typen der Megalithen im Allgemeinen und dieser konzentrischen An- 
lagen im Besonderen habe ich entwicklungsgeschichtlich so oft behandelt, dass 
sich Weiteres darüber hier wohl vor der Hand erübrigt. 


Stonehenge. 167 


dieses ganze Trilithenrätsel löst. Als ich an jenem 15. September in den 
Umfassungsring von Stonehenge trat und zum Innenraum hinübersah, löste 
dieser Eindruck eine merkwürdige Erinnerung in mir aus. Ich musste 
an eine Kirche zurückdenken, die ich als Schulknabe regelmässig be- 
sucht hatte. Es stand da hinter dem Altar eine Christusgestalt, an Grösse 
alles andere überragend, und rechts und links von ihr, den Altar huf- 
eisenförmig umschliessend, je zwei Apostel. Die ganze Anlage der 
Christenkirche schien mir mit der in diesem Heidentempel so seltsanı 
verwandt, dass es mir kein Zweifel mehr war, worin das Rätsel der fünf 
Stonehengetrilithen lag: dieser Tempel war fünf Gottheiten geweiht, unter 
denen eine durch den gewaltigsten Trilithen, den unmittelbar hinter dem 
Altar, als Hauptgottheit klar ausgezeichnet war. Die Gottheiten selbst 
konnten natürlich in Trilithen nicht nachgebildet sein, wohl aber war es 
im höchsten Grade wahrscheinlich, dass in diesen Trilithen Leerthrone 
geschaffen waren, auf denen man sich die Gottheiten bei den heiligen 
Handlungen gegenwärtig dachte. 

Was Leerthrone sind, hat Herr Schuchhardt, der als erster nach 
Reichel diese Frage ernstlich behandelte, mehrfach hier auseinander- 
gesetzt. Man wird zugeben müssen, dass die Vorstellung einer gewissen 
Grösse nicht entbehrt, sich auf solch einem Trilith eine unsichtbare Gott- 
heit in jener wuchtig stilisierten Art zu denken, wie sie der nor- 
dischen Kunst noch tief ins zweite nachchristliche Jahrtausend hinein bei 
monumentalen Werken eigentümlich war. Diese Vorstellung steht an 
Kraft und Monumentalität in Nichts den altägyptischen granitenen Königs- 
statuen nach. 

Die erste Bestätigung dafür, dass die fünf Stonehengetrilithen in der 
Tat als Götterleerthrone zu deuten seien, wurde mir, wie gesagt, von 
Herrn Schuchhardt selbst. Er machte mich auf zwei Stellen eines 
Werkes über Stonehenge von Edgar Barcley aufmerksam. An der einen 
ist nach alten Autoren berichtet, dass die Kelten fünf Gottheiten verehrten. 
An der anderen ist ein vierkant zugehauener Menhir aus der Bretagne mit 
Bildern der Gottheiten selbst wiedergegeben (die eine der Seiten trägt, 
um die Fünfzahl voll zu machen!) zwei Götterbilder).. Beim Suchen in 
der Literatur fand ich eine weitere Bestätigung in Krauses „Tuiskoland“. 
Krause berichtet, dass. in alten Schriften Trilithen mehrfach unter der 
Bezeichnung „Fanum Mercoris* und unter Namen wie Markore, Mar- 
kole erwähnt werden. Dieser Markor, latinisiert Mercurius, war nach 
Tacitus (Germania IX) die oberste Gottheit der Germanen. Von 'ihm 
scheint also die Sitte des Trilithen als eines Leerthones dann auch auf 
kleinere Gottheiten übergegangen zu sein. 


1) Es bedarf noch genauerer Untersuchung, was es mit dieser „keltischen“ 
Fiinfgottheit auf sich habe. Im Britischen Museum verweilten Herr Schuchhardt 
und ich länger beim bildnerischen Schmuck einer buddhistischen Stupe von Ama- 
ravati. Eines der Reliefs zeigt einen Altar, umstanden von fünf Säulen, deren 
mittlere durch besondere Grösse ausgezeichnet ist, genau in der Rangordnung von 
Stonehenge. 


168 Pastor: 


Die Einsicht, dass die Trilithen als Götterleerthrone zu deuten sind, 
dürfte von einiger Bedeutung sein für die Erkenntnis der Megalithen über- 
haupt. Die wissenschaftliche Bearbeitung der Megalithen liegt ja noch 
sehr im argen, und eigentlich hält man im herkömmlichen Schema nur 
drei Gruppen auseinander. Was man nicht als einen Menhir oder als 
einen Cromlech deuten kann, sieht man als einen Dolmen an. Die Dolmen 
selbst hat man dann in einer ähnlich summarischen Art früher ausschliess- 
lich als Altäre, und später ausschliesslich als Gräber genommen. Auch 
an dieser Stelle habe ich darauf hingewiesen, wie weder die eine noch 
die andere Deutung in dieser Ausschliesslichkeit zu Recht besteht, und 
wie man den zeitlich früheren Typus des Altar- von dem späteren des 
Grabdolmen unterscheiden müsse. Aber noch ein dritter Typus ist, wie 
wir jetzt sehen, vom Gros der Dolmen abzugliedern: Dolmen, die nur als 
Götterleerthrone in Betracht kommen. Und zu ihnen möchte ich ausser 
den Markore-Trilithen auch die (in den Handbüchern gleichfalls als Dolmen 
geführten) Bilithen rechnen’). 

Zum Schluss seien mir noch zwei Bemerkungen allgemeinerer Art 
gestattet. Ich ging aus von der grossen Bedeutung, die Stonehenge für 
die Wissenschaft gerade in letzter Zeit gewonnen hat. So schön hier alles 
ineinanderfasst, was Volkskunde, Prähistorie und Astronomie überein- 
stimmend aussagen, würden wir uns selbstverständlich — es ist eigentlich 
ein Gemeinplatz, das auszusprechen — nicht einen Augenblick besinnen. 
alles fahren zu lassen, sobald ein hinreichend starker Grund vorliegt, jene 
übereinstimmenden Aussagen zu beanstanden. Es fragt sich, ob ein solcher 
Grund beigebracht worden ist: und diese Frage glaube ich unbedingt ver- 
neinen zu müssen. | 

Zunächst ist noch einmal das folkloristische Zeugnis zu erwähnen. 
Das Zusammenarbeiten von Volkskunde und Prähistorie ist bisher beiden 
Wissenschaften gleich gut bekommen. Nun soll bei Stonehenge plötzlich 
eines der unzweideutigsten volkskundlichen Zeugnisse, der Frühgang am 
Mittsommertag, für den Prähistoriker wertlos sein. Weshalb? Weil 
Stonehenge sicher über 3000 Jahre alt ist, und jene Sitte möglicherweise 
nur wenige Jahrhunderte alt sein könnte. Die Möglichkeit eines solchen 
geringeren Alters wäre ja nicht ausgeschlossen. Aber wenn nun alle 
anderen Zeugnisse so ausgezeichnet mit dem volkskundlichen überein- 
stimmen, dann ist es doch mehr als gewagt, eine solche vage Möglichkeit 
ohne die Spur eines positiven Beweises behaupten zu wollen. Nicht uns 
kann die Aufgabe zufallen, neue Beweise für das hohe Alter jener Volks- 
sitte zu geben, sondern Sache der Gegenpartei ist es, das geringere Alter 
zu erweisen. Solange das nicht geschieht, wird man es uns nicht ver- 
denken, wenn wir dieses „Argument“ von vorneherein ausschalten. 

Der zweite Einwand geht aus von der, wie behauptet wird, un- 
genauen Orientierung anderer Monumente mit vorgelagerter heiliger 


1) Genaueres über diese Typen bringt mein Essay „Bild und Altar im nor- 
dischen Sonnenkult*, „Tägliche Rundschau“, Jahrgang 1911, Unterhaltungsbeilage 
Nr. 46, 47 und 49). 


Stonehenge. 169 


Strasse. Von diesen anderen Monumenten wurde bisher noch keines pra- 
historisch nachgeprüft. Aber selbst, wenn es sich bewahrheiten sollte, dass 
die Orientierung hier nicht stimmt, so ist damit noch nicht die Spur eines 
Beweises erbracht. Bewiesen ware damit nur das eine, dass in den anderen 
Fallen gedankenloser Formalismus wurde, was bei Stonehenge noch Plan 
und Leben zeigt. 

Wie leicht die Geer sakraler Baukunst in Vergessenheit 
geraten, möchte ich erläutern an einem ganz anderen Beispiel, auf das 
mich Herr von Unruh aufmerksam macht. In der Architekturabteilung 
der Grossen Berliner Kunstausstellung war vor drei Jahren der Entwurf 
für einen Kirchenbau zu sehen, dessen Architektur auf das 12. bis 14. Jahr- 
hundert schliessen liess, und dessen Chorseite mit Apsis in voll auf- 
fallendem Abendsonnenschein gemalt war. Man würde dem Architekten 
wohl etwas ganz Neues gesagt haben, wenn man ihn auf das Unmögliche 
einer solchen Phantasiebeleuchtung hingewiesen hätte mit der Bemerkung, 
dass jede alte Kirche von Ost nach West steht, Türme nach Westen, 
Altar mit Chor nach Osten. Die alten Grundgedanken sind eben in Ver- 
vessenheit geraten, und seit dem Anfang des 19. Jahrhunderts baut man 
Kirchen planlos meist so, wie man gerade Platz hat. Sicher wird auch 
das wieder einmal anders werden. Man wird wieder Sinn bekommen für 
die Schönheit des altgermanischen (nicht christlich-orientalischen!) Ge- 
dankens, dass die Gemeinde vor dem Hochaltar die Stellung mit dem 
Gesicht der aufgehenden Sonne zu haben soll, so dass in der Frühmesse 
die Sonnenstrahlen durch die Chorfenster Hochaltar nnd Priester um- 
spielen. 

So auch liegen die Dinge bei Stonehenge. Wenn sich bei anderen 
Monumenten, die zeitlich noch voraufliegen können, die Unrichtigkeit der 
Orientierung erweist, so liegt die Erklärung doch nicht weit. Wir wissen 
ja auch aus anderen Zeugnissen, wie gegen Ende der jüngeren Steinzeit 
der aus dem Süden heraufkommende Totenkult die Kerngedanken des 
uralten Sonnenkultus mehr und mehr verwischte. In der älteren Bronze- 
zeit erst erlebte der Sonnenkult wieder eine glänzende Renaissance, und 
der Wechsel in der Bestattungsart zeigt, wie jetzt die Macht des Toten- 
kultus gebrochen war. Ihren gewaltigsten Ausdruck fand diese wieder- 
erstandene nordische Weltanschauung in dem Wunderwerk von Stone- 
henge, dessen Bedeutung als die eines Tempels wohl, wie die Trilithen 
zeigen, durch neue Beweise erhärtet, nicht aber mehr erschüttert werden 
kann. 


Diskussion. 


Hr. Schuchhardt: Ich bin zu der Anschauung, dass Stonehenge ein 
monumentaler Grabbau sei, gekommen, als ich 1905 erkannt hatte, wie 
schon unsere norddeutschen Megalithgräber ansehnliche architektonische 
Gebilde gewesen sind (s. diese Ztschr. 1908, S. 813 ff.) und wie auch 
unsere Rundhügel vielfach in Holz gebaute Schacht oder auch Kuppelgräber 
enthalten haben (Präh. Ztschr. I 1909, S. 374 ff. Holwerda). Wie man sich 
dabei das ursprüngliche Aussehen von Stonehenge zu denken habe, konnte 


170 Diskussion. 


nur durch eine genaue Untersuchung des Denkmals festgestellt werden, 
und ich habe daher in diesem sekundären Punkte meine ursprünglichen 
Vermutungen nachher korrigiert. 

Um den Charakter von Stonehenge wissenschaftlich festzustellen, 
wird man meines Erachtens fragen: Was ist in dem Denkmal gefunden? 
Gibt es ähnliche Denkmäler und was ist in ihnen gefunden? In welche 
Zeit gehören somit diese Denkmäler, und kann es sich in ihr bei uns 
schon um „Sonnentempel“ handeln? Herr Pastor stellt aber keine dieser 
Fragen. Vielmehr geht er bei seiner Beurteilung von lauter modernen 
Dingen aus und überträgt sie ohne weiteres auf die Zeit vor fast 
4000 Jahren: so dass heute das Volk zu Stonehenge wallfahrte, um am 
Mittsommertage die Sonne aufgehen zu sehen, dass in neuerer Zeit in 
Kirchen und Domen allgemein bestattet worden sei, dass er aus seiner 
Konfirmandenstunde ein Christusbild mit je zwei Aposteln links und rechts 
vor Augen habe als (Gegenstück zu den fünf Göt!erthronen bei Stone- 
henge. Er glaubt auch diese Rückschlüsse für bindend halten zu dürfen, 
bis die Gegenpartei ihre Unzulässigkeit erweise. Das wäre nun hier gar 
nicht allzu schwer. In allen Chroniken des Mittelalters (von 1130 an) 
wird Stonehenge als Grab betrachtet, es hat damals also sicher niemand 
daran gedacht, hier die Sonne zu beobachten; erst 1723 hat Stukeley 
seine „Orientierung“ entdeckt und es hat sich offenbar erst von da an, 
also, wie so vielfach, auf Grund gelehrter Spekulation die Volkssitte ent- 
wickelt. Ebenso ist der Rückschluss von dem Bestatten in gotischen 
Domen unzulässig. Man soll mir ein einziges antikes Heiligtum nach- 
weisen, das zugleich als Bestattungsplatz gedient hätte! 

Die Hauptsache bleibt, dass einerseits die Theorie der Orientierung 
nach der Erbauungszeit durch Lockyers Berechnungen selbst unmöglich 
geworden ist, andererseits über 200 Stonehenge verwandter Anlagen heute 
nachweisbar sind, die, wo nur immer sorgfältig in ihnen gegraben wurde, 
sich stets als Gräber erwiesen haben. Für das Erstere führe ich an: 
Lockyer hat für drei Anlagen, die gerade durch Ausgrabungen als 
gleichzeitig um 2000 vor Chr. entstanden erwiesen sind, Stonehenge, 
Stripple Stones in Cornwall und Criechie in Aberdeenshire, nach ihrer 
jeweiligen Orientierung als Erbauungszeiten berechnet: 1680 vor Chr., 
1250 v. Chr., 600 vor. Chr. Wenn die Orientierung so fehlweist, ist sie 
eben keine Orientierung. 

Zum anderen aber sind ullein in Aberdeenshire 175 Steinkreise wie 
Criechie vorhanden, die, wie Mr. Ritchie berichtet (bei Lockyer S. 385 
Anm.), bei jeder ordentlichen Untersuchung das Grab geliefert haben. 
Ausserdem hat aber kein (ieringerer als unser verelirter und höchst zu- 
verlässiger Lissauer schon 1874 20 solcher Anlagen in Westpreussen aus- 
segraben und sie ebenfalls Stück für Stück als Gräber erwiesen 
(Lissauer: Die Prähist. Alt. Westpreussens S. 31, 42). 

Wenn nun in Stonehenge selbst die deutlichen Anzeichen eines 
Schachtgrabes gefunden sind, wenn in seiner Umgebung die „Diskus- 
sräber“ zeigen, dass die rund umhegte Fläche dieselben Schachtgräber 
birgt wie der runde Hügel und dass beide Grabformen gleichzeitig sind, 


Diskussion, 171 


wenn damit das umhegte Rund von Stonebenge seine klassische Parallele 
erhält in dem Gräberrund von Mykenä, das ebenfalls Schachtgräber mit 
Stelen aufweist, so ergibt sich, dass wir in allen Fällen Grabanlagen vor 
uns haben und dass die Einzelsteine, die innerhalb der Umwallung von 
Stonehenge stehen oder liegen, Stelen von Schachtgräbern sind, die sich 
‘ebenso wie die kleinen Hügelgräber in die grosse Anlage hineingeflüchtet 
haben. 

Für alles weitere verweise ich auf meinen umfassenden Aufsatz 
„Stonehenge“, der in der Präh. Ztschr. erscheinen wird'), und bemerke 
nur noch, dass der Sonnentempel der Hyperboreer bei Diodor nach dem 
Originaltext nicht „rund“ (xvxłociðijs), sondern kugelförmig (oqarooedis) 
war, also ein reines Phantasiegebilde nach der Lehre des „hyper- 
boreeischen“ Phythagoras, dass die Idealform aller Dinge die Kugelform 
sei. Und ferner bemerke ich, dass für die Germanen Tacitus allgemeine 
Bemerkung: sie verehrten die Götter nicht in geschlossenen Räumen, 
(Germ.) massgebend ist und die gelegentliche Erwähnung eines Templum 
der Tamfana (Ann. I. 51) oder der Nerthus (Germ. 40) nur eine Ent- 
gleisung, ein zu speziell gewählter Ausdruck für „Heiligtum“. Da noch 
bei der Irminsul der Sachsen, die Karl d. Gr. zerstört, von keinem Tempel 
die Rede ist, hat es gewiss auch vorher in jenen Gegenden keinen ge- 
geben. 


Hr. Kiekebusch: Meiner Ansicht nach ist die Frage nach der Be- 
deutung des Denkmals von Stonehenge auch jetzt noch nicht völlig ge- 
klärt. Wohl aber haben die Herren Schuchhardt und Pastor zweifel- 
los das grosse Verdienst, durch gründliche Behandlung die Frage ihrer 
Lösung näher gebracht zu haben. Die Betrachtung des Denkmals von 
zwei ganz verschiedenen Standpunkten aus ist ebenso wie die gemeinsame 
Reise der beiden Herren zur Besichtigung au Ort und Stelle für die 
Beurteilung überaus fruchtbar geworden. Beide Herren gehen sicher in- 
sofern zu weit, als sie auch nicht einmal die schwerwiegendsten Gründe 
der gegnerischen Ansicht gelten lassen wollen. Durch die von beiden 
Seiten geübte einseitige Betonung bzw. Widerlegung der Gründe, die für 
ein Grab oder für einen Sonnentempel sprechen, ist aber die wahre Be-. 
deutung jedes einzelnen Grundes grell beleuchtet worden. 

Hr. Schuchhardt hat — was ihn nur ehren kann — rückhaltlos 
erklärt, dass er seine frühere Meinung, das Steindenkmal wäre von einem 
Hügel überwölbt gewesen, nach der Besichtigung der Steine habe auf- 
geben müssen. Damit ist aber eine Hauptstütze der Grabtheorie zu- 
sammengesunken. Auch an der Erklärung der beiden Steine — des 
„astronomischen“ und des „Schlachtsteines* — als Reste zweier weiterer 
Kreise hält Sch. nicht unbedingt fest. Dass der „Altarstein“ eine Grab- 
stele gewesen ist, liegt durchaus im Bereiche der Möglichkeit. Es kommt 
darauf an, ob der ,Altarstein* unten behauen oder unbehauen ist; das 
kann aber nur durch eine Ausgrabung entschieden werden. Ist damit 


1) Inzwischen erschienen ist. Bd. Il, 1910, S. 292 - 340. 


172 Diskussion. 


nicht — und auch nicht mit der Heranziehung gefundener Brandreste — 
der Nachweis gelungen, dass Stonehenge unbedingt ein Grab ist, so steht 
durch Schuchhardts Auseinandersetzungen fest, dass Stonehenge zu 
Gräbern in Beziehung steht. Eine gewisse Ähnlichkeit mit dem mykeni- 
schen Gräberrund ist tatsächlich unverkennbar, und ebenso entscheidend 
ist das Vorkommen von den beim Bau von Stonehenge abgesplitterten 
Steinbruchstücken in benachbarten Gräbern. Auch die Erörterungen über 
die Chronologie sind stichhaltig. Sehr interessant war Schuchhardts 
Exkurs über die Beziehungen des Nordens zum Süden, auf die ja bisher 
viel zu wenig Gewicht gelegt worden ist. Wenn Hr. Schuchhardt aber 
nachweist, dass die Nachrichten der Alten über den äussersten Norden in 
der Tat einen reellen Hintergrund haben, dann darf er nicht einzig uud 
allein den Wert gerade der Stelle bezweifeln, die seiner Theorie unbequem 
wird. Wenn wir aus den diirftigen Bemerkungen alter Schriftsteller ent- 
nehmen kénnen, dass die Bewohner des Nordens fiir Sonnenanbeter ge- 
halten wurden, so ist das eine, wenn auch nicht entscheidende, so doch 
auch nicht kurzer Hand beiseite zu schiebende Stütze fiir die Ansicht, 
dass der Sonnendienst im religiösen Leben des Nordens eine hervor- 
ragende Rolle spielte. Die Forschung hat sich auch mit diesen Fragen 
bisher zu wenig beschäftigt. Auch heute müssen wir natürlich mit 
grösster Vorsicht und streng kritisch an diese Fragen herangehen, aber 
die V-orgeschichtsforschung braucht sich nicht mehr vor dem Verdachte 
eines gewissen Dilettantismus zu fürchten. Wer da glaubt, dass die Vor- 
geschichte für die Lösung derartiger Probleme gar keine Anhaltspunkte 
bietet, ist eben im Irrtum. Kein Geringerer als O. Montelius hat auch 
neuerdings diese Dinge mit vollem Rechte und mit ausgezeichnetem Er- 
folge behandelt. 

Von den Gründen des Herrn Pastor kommen einige — z.B. der 
Vergleich der drei höchsten Trilithen mit drei Figuren in einer christ- 
lichen Kirche — für mich überhaupt nicht in Betracht. Auch bei Er- 
wähnung und Heranziehung der Germanen muss kritisch verfahren werden. 
Zwei Gründe Pastors sind aber unbedingt nicht von der Hand zu weisen. 
Wenn die Astronomen — ohne von archäologischer Chronologie irgend 
eine Ahnung zu haben, die Erbauung des Denkmals in das Jahr 1680 
setzten und wir aus archäologischen Gründen fast genau dieselbe Zeit an- 
zunehmen gezwungen sind, so dürfen wir die Grundlagen der astronomi- 
schen Berechnung nicht ohne zwingende Gründe als falsch bezeichnen, 
selbst wenn die Berechnung der Erbauungszeit anderer Denkmäler, die 
nicht nach der Sonne orientiert sind, weniger sicher ist. 

Der zweite von Hrn. Pastor angeführte Grund darf erst recht nicht 
als unwesentlich oder gar völlig belanglos abgetan werden. Die noch 
heute zur Zeit der Sommersonnenwende bei Stonehenge gefeierten Volks- 
feste können sehr wohl auf so alte Zeiten zurückgehen. Für die hier in 
Betracht kommenden Vorgänge hat das Volk ein gutes Gedächtnis. Ich 
erinnere nur an die Sage vom Seddiner Königsgrabe, die sich durch drei 
Jahrtausende hindurch und über zweimaligen Bevölkerungswechsel hinweg 
in voller Treue erhalten hat. — Entschieden ist die Stonehengefrage noch 


Diskussion. 173 


nicht. Mir will es scheinen, als ob Stonehenge doch auch irgend welche 
Beziehungen zur Sonne gehabt habe, ob nun gerade als Kultstätte, das 
ist eine andere Frage. 

Auf jeden Fall haben wir Ursache, Hrn. Schuchhardt und Hrn. 
Pastor fir die vielfachen Anregungen, die sie uns geboten haben, dank- 
bar zu sein. 


Hr. Schuchbardt: Hr. Kiekebusch hat mich missverstanden, wenn 
er meint, ich hatte von den Hyperboreern — als Sonnenanbeter — nur so- 
weit gesprochen als meiner Theorie bequem sei. Dass sie alle die Sonne 
als Gottheit verehrten, mag schon sein, die Griechen betrachteten sie aber 
als lauter berufsmässige Sonnenanbeter und sprachen von ganzen Ort- 
schaften von Lautenspielern, weil sie alle Hyperboreer, die zu ihnen 
kamen, sich so betätigen sahen. Deshalb habe ich gesagt, es sei ähnlich, 
als wenn heute die Eingeborenen von Zentralafrika oder Zentralbrasilien 
uns Deutsche als ein ganzes Volk von Forschungsreisenden ansehen wollten. 


Hr. Hubert Schmidt möchte die lebhafte Debatte auf einen 
Ruhepunkt bringen und bemerkt, man habe Tatsachen von Deutungen zu 
unterscheiden. Tatsachen sind bedingt durch eine strenge Analyse der 
Formen. In dieser Hinsicht sind sie noch nicht genügend geklärt, um 
eine Grundlage für sichere Deutungen abzugeben. Was ım besonderen 
das von dem Vortragenden beigebrachte Material betrifft, so werden ver- 
schiedenartige Dinge zusammengestellt, die nicht zusammen gehören. 
Steinkreise allein genügen nicht zu ihrer Verknüpfung. Der Typus Stone- 
henge ist zu unterscheiden von anderen Steinkreisen, in deren Mittel- 
punkt ein Megalithgrab einerseits oder ein Menhir andererseits steht. 
Das gilt auch von den Trilithen. Diejenigen Trilithen, die vereinzelt sich 
finden und mit den Bilithen zusammen gehen, haben einen tischförmigen 
Aufsatz und lassen sich mit Recht in Beziehung zu göttlichen Ideen 
bringen. Anders sind die Trilithen am Stonehenge, deren Auflage in 
einem Architrav besteht; sie sind nichts anderes, als der äussere Kreis 
von Steinpfeilern, die durch Architrave verbunden sind, stellen also den 
durchbrochenen Pfeilerkreis im Innern dar und mögen ihre Erklärung 
in den architektonischen Verhältnissen der Anlage finden. Bevor nicht 
eine Sonderung der Typen von Megalithbauten durchgeführt ist, sollte 
man sich auf Deutungen und Zweckbestimmungen derselben nicht ein- 
lassen oder wenigstens die nötige Vorsicht walten lassen. 


lll. Literarische Besprechungen. 


Hartland, Edwin, Sidney F. S. A. Primitive paternity the myth of 
Supernatural Birtlı in Relation to the History of the family. London 
David Nutt. 1909. 2 vol. 325 und 328 pag. 


Der Verfasser, der sich vor Jahren durch sein dreibändiges Werk über die 
Perseusmythe bekannt machte, bringt in dem vorliegenden Buche eine umfang- 
reiche Arbeit über die Ursprünge der Vaterschaft und die übernatürliche 
Schwängerung. Schon seit langem konnte man annehmen, dass es einmal eine 
Zeit gegeben haben müsse, in der der uns so selbstverständlich dünkende Vorgang 
der Schwängerung nicht erkannt wurde und man andere mystische Erklärungen 
dafür suchte, aus denen beispielsweise unser Storchmärchen entsprang. Das dart 
uns nicht wundern, wenn man bedenkt, dass primitives Denken sich nicht einmal 
die Entstehung des Körperschattens erklären konnte und darin ein eigenes Wesen, 
den Folgegeist, sah. Aber trotz der Vermutungen kam der Stein erst richtig ins 
Rollen, als die Arbeiten von Roth (Ethnological Studies among the North-West- 
Austral Queensland Aborigines, Brisbane — London 18%), Spencer-Gillen (The 
native tribes of Central Australia London 1899 und The northern tribes of Central 
Australia, London 1904), Howitt (The native tribes of S.-E. Australia, London 1904), 
v. Gennep (Mythes et legendes d'Australia, Paris 1905), besonders aber Strehlow, 
die Aranda- und Loritja-Stämme, bearbeitet von Mor. Frhr. v. Leonhardi 
(Veröff. des Frkf. Völkerk.-Museums, Frankfurt 1908—1910 Teil I-III) erschienen. 
Aus ihnen ergab sich, dass es heute noch Stämme gibt, denen der Gang der Be- 
fruchtung nicht klar ist. Hartland zieht in seinem Werke die Konsequenzen. 
lst es nicht bekannt, dass der Mann der Verursacher ist, dann ist er auch mit dem 
Kinde nicht verwandt und dieses folgt so einzig und allein dem Stamme der 
Mutter, ein Zustand, der ebenfalls längst bekannt war und seit Backofen mit 
„Mutterrecht“ bezeichnet wird. Hartland gibt ihm aber hier erst die eigentliche 
Grundlage. Die Erbfolge im Stamme des Vaters ist also nicht ursprünglich, sie 
muss geworden sein. Das sind im grossen die Gedanken, die das Buch leiten. 
Hartland bringt ein gewaltiges Belegmaterial bei, das in sieben Kapitel gegliedert 
wird. Zunächst wird ein Überblick über jene Erzählungen gegeben, die eine über- 
natürliche Schwängerung schildern. Die Geburt erscheint als Resultat von Essen 
und Trinken, als Folge bestimmter Gerüche oder Berührungen. Das folgende 
Kapitel zeigt die Zaubergebräuche, durch die man Kinder erlangen zu können 
meint, so durch Gebrauch pflanzlicher, tierischer und mineralischer Substanzen. 
durch Reifezeremonien usw. Man muss also geglaubt haben, dass Schwangerschaft 
durch andere Momente als den geschlechtlichen Verkehr verursacht wird. Kapitel 
zeigt uns die Geburt als eine Manifestation einer Person, die bereits früher existiert 
hat. Hier geht der Autor vielleicht etwas weit, bringt aber eine Menge guten 
Materials bei. Dem „Mutterrechte“ ist das folgende Kapitel gewidmet, wobei aller- 
dings eigentlich nur die sogenannte „Mutterfolge“ behandelt wird, aber ebenso, wie 
bei der folgenden Schilderung der Entstehung des Vaterrechts, wesentlich neue 


Literarische Besprechungen. 175 


Momente nicht beigebracht werden. Der Eifersucht wird in einem folgenden 
Kapitel ein grösserer Einfluss auf die Durchführung vaterrechtlicher Beziehung zu- 
geschrieben. Das Gesamtresultat, zu dem der Verfasser kommt, ist also der Schluss, 
dass die Idee der Vaterschaft von den ersten Menschen nicht erfasst wurde und 
dass die Ursache der Geburt noch jetzt mehr oder weniger ein Geheimnis für ver- 
schiedene Völker tiefstehender Kultur ist. Im wesentlichen ist dies die gleiche 
Ansicht, die genau zur selben Zeit in dieser Zeitschrift (1909 Heft V S. 644) unab- 
hängig vom Referenten und in „Folklore“ 1909 geäussert wurde. 

Sie hat bedingten Widerspruch erfahren, und für die Stellungnahme zu Hart- 
lands Arbeit ist in erster Linie die Kritik, die Frhr. v. Leonhardi der Arbeit 
des Referenten widmete, von Interesse. In einem Briefe an den Referenten gibt 
Leonhardi, der Herausgeber der Aufzeichnungen Strehlows, die Richtigkeit der 
Grundthese zu, hat aber Bedenken gegen die Hereinziehung der heutigen An- 
schauungen der australischen Völker zum Beweis für die Vorstellungen der Urzeit. 
An sich tut es dabei nichts zur Sache, ob die Australier von heute eben in das 
Geheimnis von Cohabitatio und Conceptio eingedrungen sind, wenn es nur Tat- 
sache bleibt, dass die Zeit ihrer Unkenntnis soeben erst vergangen ist. Und das 
ist durch die neueste Mitteilung Strehlows im 3. Heft der Veröffentlichungen des 
Frankfurter Museums 1910 S. X ausser Zweifel gestellt Strehlow berichtet da, 
dass die alten Männer den jungen Leuten nach wie vor das orthodoxe ratapa- 
Dogma lehren, obwohl sie selbst — oder doch einige von ilınen — heute zu einer 
rationelleren Auffassung gekommen sind, diese aber verheimlichen, damit ihr An- 
sehen nicht leidet. Wenn Leonhardi an gleicher Stelle (5. Heft S. XI) sagt, dass 
Referent sich über die von ihm selbst zugegebene Tatsache, die erste Kenntnis des 
wahren Zusammenhangs müsse an den Haustieren beobachtet sein, zu leicht hin- 
wegsetze, so ist das nicht richtig. Eine solche Erkenntnis war nur an den Haus- 
tieren zu machen und eigentlich nur im Stadium des Nomadentums, dem die 
Australier im vollen Sinne des Wortes nicht angehört haben. Damit ist also für 
die Gegner nichts gewonnen. Ja, sie schaffen selbst das beste Material bei für 
die Anschauung, dass die Australier auch jetzt noch teilweise den Vorgang der 
Schwängerung nicht richtig erfassen. Strehlow, wie Leonhardi selbst schreibt, 
beeinflusst durch die Lektüre der entgegenstehenden Ausführungen des Pater 
Schmidt, glaubt ihm entgegenzukommen, wenn er nachträglich feststellt, dass 
Spencer und Gillen (Nat. trib. S. 265) Recht gehabt hätten, wenn sie äusserten, 
dass die cohabitatio eine Art Vorbereitung der Mutter zur Empfängnis eines Kindes 
sei. Der Coitus müsse die Gebärmutter des Weibes erweitern, damit der ratapa 
eindringen könne; ohne vorhergehenden Coitus sei die (Gebärmutter eine ver- 
schlössene, eine ilba worranta. Damit ist aber gerade die Ansicht Hartlands 
und des Referenten bestätigt, denn das Kind wird so vollständig von aussen auf 
übernatürlichem Weg empfangen. Der Coitus trägt zum Werdeprozess gar nichts 
bei, er erleichtert nur den Eingang. Schliesslich läuft die Ansicht vieler Eskimo, 
dass das männliche Sperma zur Ernährung des Embryo diene, auf das gleiche 
hinaus. Leonhardi, der auch den Balınen des Pater Schmidt wenigstens teil- 
weise gefolgt ist, gerät dann auch in eine Sackgasse. Er muss (S. XI im 3. Heft) 
natürlich schreiben: „Unklar bleiben mir nach wie vor die Angaben Strehlows 
über die Beziehung des Essens von Speisen und der Kinderempfiingnis. Diese 
Vorstellungen passen nicht, recht zu der sonstigen ratapa-Lehre.* Sie passen im 
Gegenteil eben sehr gut. Geht der ratapa, wie die Australier glauben, von Pflanzen 
aus, dann ist natürlich das Essen von Vegetabilien der einfachste Weg, auf dem er 
in den Leib der Mutter wandert. Es ist eine ähnliche Ideenassoziation wie die, 
nach der die Kannibalen glauben, durch das Essen von Menschenfleisch der Fähig- 
keiten des Aufgegessenen teilhaftig zu werden. Selbstverständlich glaubt man 
nicht von jeder pflanzlichen Nahrung befruchtet zu werden, genau so, wie der 
Volksglaube nicht jeden Baum für einen Seelenbaum und jeden Brunnen für einen 
Kinderbrunnen hält. Wir dürfen von primitiven Völkern nicht verlangen, «dass 
sie sich eines lückenlosen, logischen Denkens befleissigen. So hat die Arbeit des 


176 Literarische Besprechungen. 


PaterSchmidt, die seinem von vornherein feststehenden Ergebnis eine nachträgliche 
Beweisführung sein sollte, zwar eine kleine Verwirrung hervorgerufen. die auch 
Leonhardi und selbst Strehlow etwas beeinflusste, eine Entkräftung der 
Resultate Hartlands und des Referenten war sie aber ebensowenig, wie sein 
Pygmäenwerk, in dem er die dauernde Monogamie als ursprüngliche Geschlechts- 
verbindung bezeichnet, weil sie bei vielen niederen Jägervölkern besteht, eine An- 
sicht, die er übrigens Grosses „Formen der Familie“ entlehnt hat. Beide Autoren 
vergessen, dass ein primitives Volk, das durch missliche Verhältnisse auf einer 
tiefen Kulturstufe stehen geblieben ist, in einzelnen kulturellen Erscheinungen eine 
separate Entwicklung nehmen kann. Bei ihnen ist die Monogamie eine Ver- 
armungserscheinung, nicht der Rest des Urzustandes, den die höheren Jäger in 
manchen Punkten besser bewalırt haben. Man kann also auch nicht schliessen: 
weil viele der primitivsten unserer Völker heute monogam leben, ist Monogamie 
ursprünglich und mithin müssen auch die primitivsten Menschen den Zusammen- 
hang von Cohabitatio und Conceptio erkannt haben. Dieser Schluss ist falsch. weil 
die Voraussetzung falsch ist. Es bleibt also auch nach dieser Seite hin die durch 
ein gewaltiges Material gestützte Anschauung Hartlands und des Referenten auf- 
recht. Ferd. Frhr. v. Reitzenstein. 


Castes and Tribes of Southern India by Edgar Thurston C. L E. 
assisted by K. Rangacharı M. A, Government Press, Madras 1909, 
7 vols. 


Ein siebenbändiges, reich illustriertes Sanımelwerk kurz anzuzeigen, ist keine 
ganz leichte Aufgabe. Das uns vorliegende Werk, welches wohl den Abschluss 
der langjährigen verdienstvollen Bemühungen um die Ethnographie Südindiens 
Edgar Thurstons (now retired) während seiner Amtstätigkeit in Indien darstellt, 
ist in der für solche Arbeiten zunächst noch besten Form, der eines Lexikons, er- 
schienen. Soweit wir in Europa die Quellen kontrollieren können, sind die früher 
in den Bulletins des Madras Government Museums erschienenen Materialien, 
zum Teil mit denselben Bildern, manchmal vermehrt, manchmal gekürzt. zum 
Neuabdruck gelangt. Schon 1906 hatte E. Thurston dieselben Materialien zu 
einem vergleichend gearbeiteten Buche: „Ethnographic Notes“ verwendet, 
einem Buche, bei dessen Benutzung der Mangel eines Index sehr empfunden wird. 
Über die Verwendung des Stoffes vergleiche man z.B. Art. Nayar mit Bull. LT 3, 
IV 3, 143 ff., oder Art. Paraiyan mit Bull. V 2, 58—91. Ethn. N. 487 ff, oder Art. 
Kordh mit Bull. IV 1, 51—534, Etlın. N, 510—519., 504-507, 155 f, 10-13 usw. 

Für die ungemein zahlreichen und wichtigen anderen Materialien aus ver- 
schiedenen Lokalberichten, welche uns hier nicht zugänglich sind, ist es unmöglich, 


die Quellen nachzuprüfen. Bei der Schwierigkeit, diese Literatur in Europa zu er: . 


langen, haben sich die Herausgeber ein ausserordentliches Verdienst erworben. da- 
durch, dass sie uns eine wahre Hochflut des interessantesten Materials auf einmal 
bandlich zugänglich gemacht haben. 

Die Art der Entstehung des Buches schliesst eine Eigenart ein, welche ich 
erwähnen muss. Es ist dies die Ungleichheit in der Orthographie der Namen 
und die ungenaue Wiedergabe derselben, indem di? für die Bedeutungsbestimmung 
der indischen Namen so wichtigen Cerebrallaute nirgends bezeichnet sind. Die 
Namen der Kasten und Stämme werden bald in der Basisform, bald in der Singular- 
form (so in den meisten Fällen), bald in der Pluralform angegeben. Es sind dies 
Kleinigkeiten für den mit den Drävida-Sprachen nur einigermassen vertrauten 
Leser, sie können aber zu bösen Fallen werden, wenn jemand ohne jegliche 
Kenntnis einer indischen Sprache das Buch benutzt. 'TTamil-Transskriptionen von 
Sanskritnamen sind nur selten als solche bezeichnet, so ist z. B. der mehrfach vor- 
kommende Dämon Kantakaranan niemand anders als Ghantakarna usw. 


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Literarische Besprechungen. 177 


Aus der ungeheuren Masse von Artikeln heben sich eine Reihe grisserer AL- 
handlungen heraus. Man wird bei der Lektüre gut tun, mit diesen grösseren Ab- 
schnitten zu beginnen und die zusammengehörigen nacheinander aufzusuchen. So 
gehört zusammen: Badaga I 63—124, Toda VII 116-167, Kota IV 3—31 und Irular 
II 372-391 oder Kondh III 356 - 415, Savara VI 304—347 oder Kallan III 58—91, 
Maravan V 22-48 und Agamudaiyan I 5 ff., ferner: Izhava II 392—418, Tiyan VII 
36—116, Billava I 243ff,, Halepaikaru II 320ff., ferner Holeya II 329—351, 
Paraiyan VI 77-139, Cheruman II 45 ff, Thanda Pulayan VII 19 ff. 

Ganz enorm reich ist das mythologische Material sowohl in bezug auf die 
Kulte der Aboriginer (Grämadevatäs, Teufelsdienst, I 17, 157, 251, II 251, 346, IIl 
192, IV 4, 37, 97, V 68, 141 ff., 390, VI 30, 135, 139, 141, 206, 230, 374, VII 69, 321 
usw.) als auch für die aufgepfropfte Hindümythologie. Es ist im höchsten Grade 
interessant, zu beobachten, wie die Hindü-Götter, die Sippe Sivas, die Helden des 
Mahabharata und Ramayana, ferner Parasurama, der brahmanische Kultivator von 
Kürala (Malabar) mit den alten Göttern in Ausgleich gebracht werden Da ich 
hoffe, an einer anderen Stelle einen ausführlichen Bericht geben zu können, gehe 
ich hier nicht weiter auf dies glänzende Material ein. Nur möchte ich noch er- 
wihnen, dass auch die Geschichte der südindischen Tempel und besonders die 
Darstellung der Feste (Schwingfest, sog. Carkh-püjä, Tam. cetil III 45, Pongal II 
375, III 89, 213, IV 429, VI 9, 279, VII 201 usw) durch reiche Notizen bekannter 
werden, ferner die Heiratsgebräuche, das Erbrecht der verschiedenen Kasten und 
Kastenlosen und die Geschichte der Stämme selbst. 

Von sonstigen Notizen, welche besonders Ethnographen interessieren, hebe ich 
hervor: die Erwähnung von Puppenspielen mit Stoffen aus dem Rämäyana und 
den Püränas s. v. Thakur VII 19, von Ledermarionetten (bewegliche Lederfiguren) 
mit ähnlichen. Stoffen HI 293, über heilige Fische I 120, Hahnenkämpfe I, 156 f., 
Blasrohre IV, 128. Interessant ist das zusammengebrachte Material über die selt- 
same Sitte der Mütter der Morasukaste, vor der Ohrbohrzeremonie, d. h. vor der 
Verheiratung der ältesten Tochter im Tempel des Bhairava das erste Glied zweier 
Finger (des dritten und vierten Fingers) sich abhacken zu lassen, vgl. z. S. Journ. of the 
Anthrop. Soc. of Bombay 1449 ff., mitAbbildungen, ferner die aus Buchanan wieder 
reproduzierte Notiz von der Freilassung gefangener Vögel bei Beginn der Durgi- 
püja in Kalkutta VI 263, eine Sitte, welche offenbar ein Rest aus buddhistischer 
Zeit ist, und endlich die drollige Geschichte von dem doppelten Sektenzeichen 
eines klugen Hucavan IV 197, der sich die Tempelkundschaft beider Mürgas, der 
Saivas und der Vaignavas dadurch sicherte, dass er sich das Tilaka der Saivas auf 
die Stirne und das der Vaisnavas auf den Bauch malte. Die beispiellose Liberalität, 
mit der das Werk von der Regierung an alle Interessenten frei versandt wurde, 
verdient unsern lebhaftesten Dank. Grünwedel. 


-Wörter und Sachen. Kulturhistorische Zeitschrift für Sprach- und 
Sachforschung. Herausgegeben von R. Meringer, W. Meyer- 
Lübke, J.J. Mikkola, R. Much, M. Murko. Band I. Heidelberg, 
Carl Winters Universitätsbuchhandlung. 262 S. 4° mit 175 Ab- 
bildungen und 2 Karten. 


Der Titel dieser neuen Zeitschrift, deren Ankündigung an dieser Stelle durch 
mehr als einen bösen Zufall so weit hinaus verschleppt ist, enthält ja das Pro- 
gramm in so gedrängter Kürze, dass es keines Wortes der Erläuterung bedart. 

Weil nun aber bekanntlich auch das beste Programm einer neuen Zeitschrift 
nur dann den Erfolg verbürgt, wenn sie wirklich die verdiente Verbreitung findet, 
hatte ich es mir schon lange zur Pflicht gemacht, den Mitgliedern unserer Gesell- 
schaft eine Übersicht über den Inhalt des ersten Bandes zu geben, und sie weiteren 
Kreisen über unsere Mitglieder hinaus recht warm zu empfehlen. 

Zeitschrift für Ethnologie. Jahrg. 1911. Heft 1. 12 


178 Literarische Besprechungen. 


Die Namen der fiinf Herausgeber sind in philologischen Kreisen ja recht gut 
bekannt und die Energie und Umsicht Meringers gibt uns die beste Aussicht 
auf ein weiteres Gelingen des immerhin schwierigen Unternehmens. Aber der 
Inhalt des ersten Bandes biirgt uns auch dafiir, dass das ganze, ausgedehnte Ge- 
biet und der unerschöpfliche Reichtum an Beziehungen zwischen Philologie, 
Archäologie und allen Grenzgebieten in der neuen Zeitschrift ausgiebig zu Geltung 
kommen werden, wenn auch zunächst noch eine streng genommen prähistorische 
Arbeit fehlt. 

Dass die neue Zeitschrift nicht davor zurückschreckt, die weitgehendsten 
Theorien unserer jüngsten Forscher, wenn sie nur anregend wirken, aufzunehmen. 
beweist Pesslers ja freilich geradezu programmatische Arbeit: „Ethno-gesgraphische 
Wellen des Sachsentunis“, während einige philologische Arbeiten Indisches und 
Slawisches heranziehen, und Meyer-Lübckes interessante Arbeit über das 
romanische „Bast“, die alte Erklärung des Ausdrucks Bastard als Sattelkind auf- 
hebt, ohne freilich schon eine genügende neue Auslegung dafür zu geben, denn die 
Bedeutung von Bast = Stock, frz. Baton, führt uns in ejn ausserordentlich viel- 
gestaltiges und vieldeutiges Gebiet, lässt uns aber ohne Entscheidung. 

Ein ebenso wichtiges, wie doch nur durch eine ausserordentlich ausgebreitete 
sachliche Kenntnis zu bezwingendes Thema behandelt Strzygowski: „Der sigma- 
förmige Tisch und der älteste Typus des Refektoriums“ in einer Arbeit von 
10 Seiten und 112 z. T. grossen Abbildungen, die aus den ältesten christlichen 
Zeiten bis zum Bauriss des Klosters St. Gallen führt; während Bünker das 
‚Bauernhaus in der Gegend von Köflach mit 47 Textabbildungen behandelt. 

Natürlich fehlen einige rein sprachliche Arbeiten nicht, von denen eine kleine 
Arbeit von R. Much über Holz und Mensch ein schwieriges Thema kühn und ent- 
schlossen packt, aber die entscheidende Bedeutung von Wörter und Sachen 
liegt doch in den beiden grossen Abhandlungen, der von Meringer, die Keule, 
Stampfe, Hammer usw. als Zerkleinerungs- bzw. Mahlgeräte behandelt (25 Seiten 
mit 35 Abbildungen), und von W. Meyer-Lübke, Wien: Zur Geschichte der 
Dreschgeräte (34 Seiten, 40 Abbildungen und 1 Karte). Diese Aufsätze behandeln 
zwei ausserordentlich wichtige Gegenstände des wirtschaftlichen Lebens in Bild 
und Wort mit so ausgezeichneter Sachkunde, dass wir uns wohl Glück dazu 
wünschen können, eine so lang erwünschte Fachzeitschrift in so ausgezeichneten 
Händen zu wissen. Ed. Hahn. 


Iyer, Anantha Krishna, The Cochin Tribes and Castes, Vol. I. Madras, 
1909. London: Luzac & Co. XXX und 366 Seiten. 


Der Verfasser behandelt folgende Kasten, deren Namen ich hier in korrekter 
Schreibung!) wiedergebe: Von den Jungle-Stämmen die Kader, Nättu-Malayer, 
Konga-Malayer oder Malaéer, Villu-Véder, Näyädi-mär und Ulläder; von den Feld- 
arbeitern die Parayer, Pulayer bzw. Tserumer, Véttuver, Kätter?. (Kudaver?) und 
_ Kanakker; ferner die Bettlerkaste der Pulluver; von Teufelstänzern die Véler; die 
als Barbiere und Schirmmnacher fungierenden Päner; die Vilkuruppanmär: die als 
Kaniyär bezeichneten Sterndeuter bzw. Schirmmacher; die Fischerkasten der Vajer: 
Kadal-Arayer und Mukkuver; die Palmzapferkaste der Ilaver (Tiyer, T&tyaver, 
Tséyor, Tsöyer); endlich die Handwerkerkaste der Kammiler, zu denen die Zimmer- 
leute (Maraläri- -mär), Maurer (Kallasari- -mir)3 Grobschmiede. (Koller),. Metallarbeiter 


(MiSari-mar), Goldschmiede (Tattir) und Lederarbeiter (Tölkoller) gerechnet 
werden. 


1) Eine solche ist wegen der vielen gleichlautenden oder doch ganz ähnlichen 
Kastennamen usw. unerlässlich. 


Literarische Besprechungen. 179 


Das Werk ist mit guten Illustrationen versehen und bringt ausführliche An- 
gaben über Tradition, Dorfanlage, Ehe, Erbfolge, Religion, Beschäftigung, Kleidung, 
Schmuck usw. Die Vernachlässigung der sprachlichen Seite und die damit zu- 
sammenhängende ungenaue Transkription aller möglichen Namen lässt den Leser 
über manche Probleme nicht ins Klare kommen. Auch vermisst man spezielle 
Abbildungen ethnographischer Gegenstände. Andrerseits enthält das Buch jedoch 
eine so grosse Menge unschätzbaren Materials, dass man dem Autor von Herzen 
dankbar ist und gern über die kleinen Lücken hinwegsieht. Hoffentlich lässt er 
dieser Publikation den angekündigten zweiten Band bald nachfolgen. 

Hinsichtlich der Jungle-Stämme sowie der dem Buche beigegebenen Ein- 
leitung, die aus der Feder A. H. Keanes stammt, dürften folgende Bemerkungen 
am Platze sein: Je besser und umfangreicher das Material zur südindischen Ethno- 
graphie wird, desto mehr Wahrscheinlichkeit verleiht es der Annahme einer vor- 
dravidischen bzw. vorkolarischen Bevölkerung. Dieselbe ist pygmoid, dunkelfarbig, 
dolichokephal und platyrhin: das Haar ist wellig oder kraus (eine Tatsache, die 
vielleicht bei besserer Kenntnis eine Zweiteilung der Urbevölkerung gestatten wird). 
Hierhin gehören besonders die Pulayer!) in Malabar, Cochin und ‘Travancore 
(Körperhöhe 150,5 - 153 im Durchschnitt), die Känikkärer in den Bergen von Süd- 
Travancore (155,2—158,7), die Näyädi-mär in Siid-Malabar und Cochin (153), die 
Paniyer in Malabar (Wynad) mit 157,4 Kérperh., die TSerumer in Süd-Malabar (156,6 
bie 157,5), die Kader in den Anaimalai (157,7), die Yenädivarı in den Telugu 
sprechenden Distrikten der Madras Prisidentschaft mit Ausnahme von Bellary, die 
Paliyer in Tinnevelly und Madura (150,9), die Bettada-Kurubaru in Mysore, die 
Mala-Vider in Travancore (154,2) und last not least die Felsen-Veddahs (richtiger 
Wäddö) in den Badulla bzw. Nilgala-Bergen Ceylons (153,8— 157,6). 

Welche Stellung in dieser Hinsicht die DZuäng oder Datun in Dhenkanal und 
Keonjhar (Durchschnitt unter 152,5) und Santäl in Manbhum?) einnehmen, lässt 
sich vor der Hand noch nicht angeben. Die Körpergrösse geht bei den Pulayer 
bis 143,1 herunter, bei den Mala-Véder bis 140,8. Die hier angeführten Stämme 
haben alle ohne Unterschied ihre eigene Sprache längst verloren und sprechen 
heute ein dravidisches Idiom bzw. Sinhalesisch; ihr Stammesname ist ganz 
sekundär (Käder = Jungle-Bewohner, VüJer = Jäger usw.). Nicht selten bemerkt dieser 
‘oder jener (rewährsmann, dass diese Autochthonen eine eigentümliche Aussprache 
besässen, ein Gemisch von Tamil und Malayälanı redeten, und ähnliches mehr. Da 
natürlich die ursprüngliche Sprache obiger Stämme nicht mit Stumpf und Stiel 
ausgerottet sein kann, so wären ausführliche Lexika der betreffenden Idiome von 
der allergrössten Wichtigkeit. 

Möge diese Notiz auch den Autor dieses Buches dazu veranlassen, den Jungle- 
Stämmen sowohl in ethnographischer als auch linguistischer Beziehung seine be- 
sondere Aufmerksamkeit zuzuwenden. Wilhelm Planert. 


1) Vgl. Jagor-Koerbin, Messungen an lebenden Indiern. Zeitschr. f. Ethn. 
1819. E. Thurston, Castes and Tribes of Southern India. Madras, 1909. Vol. I 
bis VII. Risley, The People of India. Caleutta, 1908. E. Schmidt, Beiträge 
zur Anthropologie Stidindiens, Archiv für Anthrop. Neue Folge, Band IX, Heft 1 
und 2. 

2) Der im Berliner Museum für Völkerkunde befindliche Abguss eines Santäl 
tiber den lebenden Körper geformt) ist etwa 150 cm hoch. 


180 l Literarische Besprechungen. 


Ethnographische Beiträge zur Germanisch-Slawischen Altertumskunde von 
K. Rhamm. Zweite Abteilung, zweiter Teil, Germanische Altertümer 
aus der slawisch-finnischen Urhöimat. Erstes Buch: Die altslawische 


Wohnung. Braunschweig, Kommissions-Verlag von Fr. Vieweg 1910, 
X und 431 S. 8°. 


Früchte einer fast vierzigjährigen, intensiven Sammler- und Forscherarbeit sind 
in diesen „Beiträgen“ niedergelegt, die sich würdig den vorausgegangenen Beiträgen, 
speziell dem Riesenbande über die urzeitlichen Bauernhöfe im germanisch-slawischen 
Waldgebiet (von 1908), anreihen. Allerdings befand sich der Verfasser bei der Aus- 
arbeitung dieses Bandes in einer wesentlich ungünstigeren Lage; beruhte nämlich 
der vorige Band auf eigener Anschauung, gewonnen durch langjähriges Durch- 
streifen deutsch-slawischer Gegenden von der Eider bis zur Save, so ist bei diesem 
Bande der Verfasser ausschliesslich von Anderen abhängig gewesen. Er kennt 
nicht mehr aus eigener Anschauung die russischen und polnischen Gegenden und 
Bauten und ist bloss auf die sehr zerstreute und öfters versagende Literatur des 
Gegenstandes (die er mit erstaunlicher Sorgfalt zusammengebracht hat), angewiesen; 
daher wird sein Material lückenhaft und sind sogar Missverständnisse nicht aus- 
geschlossen, namentlich ein verhängnisvoller Irrtum unterläuft ihm auf S. 129: die 
Angabe dort bezieht sich gar nicht auf die Stuben, wie Verfasser meint, sondern 
auf die Bauernhäuser selbst und ihre gegenseitige Lage: Das russische izba, das 
Stube und Haus bedeutet, täuschte den Verfasser. Trotzdem bleibt das Werk 
äusserst verdienstvoll, ist es doch der erste Versuch überhaupt (nicht nur in deutscher 
Sprache), das slawische Bauernhaus nach allen seinen Typen darzustellen und zu 
erklären. Freilich geht bei dieser Erklärung der Verfasser vom grossrussischen 
Bauernhaus aus; ihm hat stets „das grossrussische Haus von allen slawischen 
Bauten der alten Heimat die meisten Reste des Altertums bewahrt“ (II, 1, 216), und 
andererseits sind „bei den Grossrussen die Anklänge an die germanischen Vorbilder 
in den Bauten am kenntlichsten erhalten“ (409); diese „germanischen Vorbilder“ 
bei den Slawen zu erweisen, ist ein Hauptzweck seiner Arbeit, der meiner Ansicht 
nach gar nicht erreicht ist oder höchstens nur für grossrussische Verhältnisse 
einigermassen .passt. 

Wohl beruft sich der Verfasser hierbei auf wirkliche und noch viel öfters auf 
vermeintliche Lehnwörter des Slawischen aus dem Germanischen, da ja die Namen 
mit den Sachen zu wandern pflegen, aber das beweist bei der bekannten „Xeno- 
manie“ der Slawen gar nichts. Die Slaven pflegen nämlich schon im frühesten 
Mittelalter Bezeichnungen der eigenen Sprache aufzugeben, sie ohne Grund und Not 
durch fremde, germanische oder orientalische, zu ersetzen; wer darauf Schlüsse 
baut, muss folgerecht den Slawen z.B. die Milch erst durch Germanen bekannt 
werden lassen, da ja alle Slawen nur den einen germanischen Ausdruck für Milch 
besitzen. Die eigene Terminologie der Slawen für den gesamten Hausbau ist jedoch 
eine sehr reiche und selbständige; man vergleiche hierfür die Termini dom, dvor 
chatupa, trém (das ja nicht aus dem Griechischen entlehnt ist), chram, kosSta, 
jata, klétr, sénr, u.a.; dass sie noch dazu aus dem Deutschen chyz (Haus), und 
istuba (Stube, falls dies nicht aus dem Romanischen zu ihnen gekommen ist), 
entlehnt haben, besagt somit nichts. Übrigens haben sie istuba nur in der Be- 
deutung „Badestube* übernommen und erst später ist istuba auch ,Wohnstube- 
überall geworden; die ältesten einheimischen Quellen brauchen istuba als Bade- 
stube (z. B. der sog. Nestor, d.i. die altruss. Chronik; man vgl. auch in Christians, 
des Böhmen Wenzelslegende aus dem Ende des X. Jahrh. die Wendung: in asso 
balneo quod populari lingua stuba vocatur): das Wort ist aus der Bad- in die 
Wohnstube gewandert, weil gerade die Hausnamen in steter Umformung begriffen 
sind. Man vergleiche nur, was alles aus trém, chyz, oder kosta geworden ist, 
konnte doch z.B. chyz (deutsch hus) in einem und demselben Dialekte in zwei 
erundverschiedene Wörter auseinandergehen, in his Keller, Gaden und in hiša 
Wohnstube; in Wollin 1125 war stuba nicht mehr Badestube, wie wir es aus den 


Literarische Besprechungen. 181 


Biographen Otto v. Bambergs wissen. Aus der Entlehnung von istuba folgern 
zu wollen, dass der Slave die Badestube oder gar Wohnstube von den Germanen 
bekommen hätte, geht schon darum nicht an, weil er daneben einheimische Aus- 
drücke für das Bad (Dampfbad) seit jeher hatte, bania und taznia, die aus dem 
Germanischen (bad-stube, lang-stube), oder aus dem Romanischen (balneum, bain 
usw.) herleiten zu wollen, ganz vergebene Mühe ist, sind dies doch klare, ur- 
slawische Bildungen. Und eben so muss ich eine ganze Reihe anderer Ent- 
lehnungen des Verfassers entschieden abweisen; die Übereinstimmung von deiftsch 
parc Schober, mit slaw. borg (brog usw.) das ist äusserliche zufällige Laut- 
vleichheit, wie die von bania-bagno, Auge-avyy) u.a. Ebensowenig stammt russ. 
&utan Vorratskammer aus altnord. kylna; das Wort lässt sich aus einheimischen 
Sprachgut ohne weiteres deuten, wenn es nicht aus irgend einer orientalischen 
Sippe stammt, eben so wenig ist poln. wyrko = Werk usw. 

Ich bezweifle aber überhaupt, ob es richtig ist, von dem grossrussischen Wolin- 
haus als dem altertümlichsten auszugehen. Die klimatischen Verhältnisse: der 
ausserordentliche Holzreichtum; das altnordische Beispiel, doch erst von der 
Warigerzeit her, da Nordmannen Russland beherrschten: die Wohlhabenheit und 
grössere Selbständigkeit des nordgrossrussischen Bauern haben eine Entwicklung 
begünstigt, die sich gerade von der altslavischen sehr entfernt. Was beweist z. B. 
der Umstand, dass dem Grossrussen heute (und so schon seit Jahrhunderten), der 
Gebrauch des offenen Feuerherdes (wofür er nur die peč, den Backofen, kennt) 
völlig fremd geworden ist, für uralte Verhältnisse? Die Behauptung (S. 94), „dass 
die letzte auf wissenschaftlichem Wege zu erschliessende Wohnung, die altslawische 
istuba, denn weiter kommen wir nicht zurück, nur den Ofen, nie den Herd gehabt 
hat“, ist für mich, sowohl was die istuba (eine verhältnismässig junge Entlehnung. 
etwa wie chyz', als was den Ofen anbelangt, unannehmbar. 

Ich habe absichtlich meine völlige Abweichung von den Grundanschauungen 
des Verfassers hervorgekehrt, um seinen beschreibenden und resumierenden Aus- 
führungen desto gerechter werden zu können. Namentlich der ganze erste und zu- 
gleich Hauptteil des Bandes, „Das Wohnhaus der russischen Slawen und seine ver- 
schiedenartige Einrichtung“ (S. 1—298) ist für den deutschen wie für den slavischen 
Ethnographen nicht hoch genug einzuschätzen, wegen des zum ersten Male in dieser 
Vollständigkeit und Ubersichtlichke zusammengebrachten Materials, das durch 
viele Zeichnungen anschaulich gemacht wird. Es wird zuerst das nordrussiche 
Hofhaus, das höhere oder niedere Stockhaus (d.h. auf einem Unterbau, Erdgeschoss 
aufgeführt), charakterisiert, sowohl der Einbau von Haus und Hof unter einen 
Dache wie der Zwiebau (mit seitlicher Verbindung von Haus und Hof). Das zweite 
Kapitel (S. 71 ff.) zeigt das Wachstum des russischen Hauses von seiner Urzelle, 
der istuba, an; der Name ist falsch, an der Sache wird damit nichts geändert. 
Im dritten Kapitel wird die izba des grossrussischen Stockhauses nach allen ihren 
Bestandteilen (Ofen, Verschlag, Schlafstätten u. dgl.) genau erläutert; das vierte 
Kapitel bespricht die izba des Niederhauses, von dem als dem älteren ich aus- 
gegangen wäre; Verfasser muss mit Vereinfachungen der altslawischen Wohnung in 
Zeiten unstäten Wanderns rechnen, während nach allen Analogien der umgekehrte 
Vorgang von vornherein ungleich wahrscheinlicher ist; hier werden das Wohnhaus 
der Kleinrussen, Polen, Böhmen, Südslawen erörtert. Zuletzt wird das Strohdach 
und dessen Technik eingehend behandelt. 

Der zweite Abschnitt, „das altslawische Wohnhaus und sein germanischer 
Hintergrund“ (301 ff.), gipfelt in der Behauptung (311), „dass die altslawische 
Wohnung mit allem, was in ihr niet- und nagelfest ist, nicht auf eigenem Grunde 
ruht, sondern auf einer Nachahmung germanischer Wohnungsverhältnisse* usw., 
was durch eine Reihe von Entlehnungen erwiesen werden soll. Wenn ich vom 
izba selbst absehe, das allerdings entlehnt ist, woraus jedoch nichts besonderes zu 
folgern ist, zumal die altnordische stofa (= Wohnstube, als unmittelbare Quelle von 
slaw. stuba dass.), gar keinen Ofen besitzt, der ja das eigentliche Merkmal der 
izba ausmachen soll, so sind die anderen Entlehnungen und die daraus gezogenen 


182 Literarische Besprechungen. 


Schlüsse irrig; nur für ganz lokale, nordgrossrussische Einrichtungen (solnysz, 
golbiec) hat Verfasser das Richtige getroffen. Die Annahme einer alten Schlaf- 
bühne im urslav. Hause, wobei natürlich wieder Sache und Name aus dem germ. 
entlehnt wären, wird einfach durch die Angabe des Dlugoz, des ausgezeichneten 
Kenners poln. Volkstums im XV. Jahıh., widerlegt, wonach ausdrücklich die alten 
Polen (auf keinem pol = Bühne, sondern) auf der Erde geschlafen haben. Ich betone 
nochmals, die sachlichen Ausführungen des Verfassers lassen nichts zu wünschen 
übrig, desto mehr dafür die sprachlichen; sein etymologisches Rüstzeug ist ein ganz 
loses; desto erfreulicher, belehrender und von bleibendem Werte sind die tatsäch- 
lichen, zum ersten Male in dieser Vollständigkeit über ein riesengrosses Terrain 
(das ganze slawische Osteuropa, oft mit Berücksichtigung namentlich der Finnen) 
gegebenen Ausführungen zu bewillkommnen; ein völlig brach liegendes Feld ist 
zum erstenmal von kundiger Hand erschlossen. In der ausserordentlich reichen 
Literatur des Verfassers vermisste ich nur das, leider durch den Tod seines Ver- 
fassers unterbrochene Wörterbuch von Z. Gloger (Budownictwo derewne w dawnej 
Pohce, altpolnische Holzbauten, 2 Bde., Warschau, 1907 und 1909, mit ausser- 
ordentlich zahlreichen Abbildungen) und Mohtowskis Werk tiber polnische Volks- 
kunst (Holzbau u. ä.). A. Brückner. 


Thonner, Franz, Vom Kongo zum Ubangi, 1168. 8° mit Textbildern, 
114 Lichtdrucktafeln und 3 Karten, Berlin, Dietrich Reimer (Ernst 
Vohsen). 


Der Verfasser hat bereits im Jahre 1896 eine kurze Reise nach dem Kongo- 
staate unternommen und darüber ein Buch: „Im afrikanischen Urwalde“ veröffent- 
licht. Lag der Hauptwert desselben damals in den schönen Abbildungen, so kann 
man dieses auch wiederum von dem vorliegenden Werke sagen. 114 Tafeln zu 
63 S. ebenfalls noch mit Bildern versehenen Textes der eigentlichen Reise gibt schon 
den Schwerpunkt an. Die Reise war nur von kurzer Dauer, etwa 3 Monate im In- 
lande, sie bertihrte aber das namentlich für den Ethnologen so interessante Gebiet 
von Itimbiri zum Ubangi. Der Reisende hat fleissig gearbeitet. Der Flora des 
Landes hat er ebenso, wie bei der ersten Reise sein Hauptaugenmerk gewidmet. 
Aber auch die Ethnographie und Linguistik kommt nicht zu kurz. Er bringt 
Wörterverzeichnisse aus den Sprachen der Bangala, Budja, Mobenge, Mong- 
wandi, Yakoma, Sango, Banziri, Gobu, Banza, Bonduru, Bwaka, Mondjembo, 
Wgombe, Lubala; natürlich sind dies zum Teil untereinander ganz nahe verwandte 
Stämme. 

Er führt in einem anderen Abschnitt Gesichtstätowierung, Kleidung, Lage 
und Bauart der Hütten, Sprache, Zahlwörter, der Bangala, Ngombe, Ababua, 
Mandja, Bwaka, Banda, Sango, Mondunga an. Er nennt diese Gruppen und führt 
von diesen wiederum verschiedene Stämme auf, z.B. von Bangala5, Mongala 5. 
Sango 4 usw. 

Die meistens sehr schönen Lichtdrucktafeln werden genau beschrieben. Die 
Tafeln zeigen Landschaften, Häuser, Eingeborene und Ethnographika (namentlich 
Waffen). Die Eingeborenen sind gruppenweis, nicht in Einzelbildern vom anthro- 
pologischen (tesichtspunkt aus aufgenommen worden; das letztere wäre für den 
Anthropologen besser. Namentlich unter Berücksichtigung des Umstandes, dass 
die Eigenart der Bevölkerung durch die Aufrichtung der europäischen Herr- 
schaft und den damit bedingten starken Verkehr usw. sich vielfach schon ver- 
wischt hat und noch mehr verloren gehen wird, haben diese Abbildungen und 
kurzen Beschreibungen ihren guten Wert für den Forscher. Der schlichte Reise- 
bericht macht einen zuverlässigen Eindruck. Die Verhältnisse beurteilt der Ver- 
fasser ruhig. Die bekannte rührige Verlagsanstalt hat das Buch vorzüglich aus- 
gestattet. Es kann also gut empfohlen werden. P. Staudinger. 


Literarische Besprechungen. 183 


Johnson, J. P. Geological and archaeological notes on Orangia, Longmans, 
Green & Co., London 1910, 8° 102 S. mit 45 Abb. Preis 10%. 


Der Verfasser, ein junger Geologe von zweifellos ungewöhnlicher Begabung, 
veröffentlicht unter diesem Titel eine Anzahl von kurzen Abhandlungen, die sich 
auf das Gebiet des früheren Oranje-Freistaats beziehen. Auf die Abhandlungen 
geologischen Inhalts und auf eine kurze Notiz über „Farming Prospects* brauche 
ich hier nicht einzugehen. Hingegen möchte ich an dieser Stelle auf die sehr wert- 
vollen Kapitel über prähistoriche Kieselmanufakte und über Buschmann-Petro- 
glyphen und -Malereien ganz besonders aufmerksam machen. Der Verfasser hat 
schon 1905 auf einem Vortrage vor der British Association in Johannesburg eine 
Anzahl sehr merkwürdiger kleiner Kieselmanufakte gezeigt, die damals allgemeines 
Staunen erregten. Sie haben meist die Form von Schabern, sind aber so klein, 
dass sie häufig nur die Grösse eines Fingernagels erreichen. Er bezeichnet sie als 
-Piemy-implements“, natürlich nur wegen ihrer Kleinheit und ohne jede Spur eines 
4;edankens an Pygmien, was freilich einen deutschen Kollegen nicht gehindert hat, 
ähnliche kleine Manufakte als „Pygmäen-Werkzeuge“ zu bezeichnen. Verfasse 
hält diese Stücke für prähistorisch und spricht von ,Solutric Sites“, bildet aber 
auch grosse, schöne Stücke vom St.-Acheul-Typus ab. Über den Zweck jener ganz 
kleinen Werkzeuge ist natürlich nichts Sicheres bekannt; vielleicht haben sie zum 
Einritzen von Verzierungen auf Strausseneiern gedient, jedenfalls sind sie mehr- 
fach zugleich mit Bruchstücken von verzierten Strausseneischalen gefunden worden. 
Ganz gleichartige kleine Werkzeuge sind übrigens kürzlich auch aus Deutsch-Süd- 
west-Afrika bekannt geworden. Ihr Entdecker, Dr. H. Peyer, hat eine Anzahl als 
Geschenk an das Berliner Museum eingesandt. 

Unter den von Johnson reproduzierten Buschmann-Malereien ist besonders 
eine bemerkenswert, die eine Anzahl von Leuten darstellt, die Grabstöcke mit. 
Steinkugeln tragen. v.Luschan. 


T. de Arauzadi. A propósito de algunos °/, lapones y castellanos. — 
Buscapie de zortzicos y ruedas. Paris (Geuthner, Champion) 1910, 
16 S. 


In der europäischen Volksmusik haben sich vielfach Rhythmen erhalten, die 
in der Kunstmusik nur gelegentlich als Pikanterien gebraucht werden. Bekannt ist. 
die Häufigkeit fünfteiliger Taktarten in slavischen Volksliedern. Von „Taktarten“ 
muss die Rede sein, weil innerhalb einer fünfzeitigen Gruppe sehr verschiedene 
Rhythmen möglich sind: nicht nur die Einteilungen nach 3+2 oder 2+3, sondern 
auch noch innerhalb dieser mannigfache Akzentverteilungen. Das Studium der 
Varianten einer Melodie ist in dieser Hinsicht lehrreich: der °/,-Takt mag einem 
® Takt verwandt sein, dessen erste oder zweite Hälfte verkürzt erscheint, oder 
einem ?/,-Takt mit einer Triole im ersten oder zweiten Viertel usw. — Verfasser er- 
läntert diese Unterschiede durch die Gegenüberstellung von lappischen und kasti- 
lischen Melodien: die einen sind der Sammlung von A. Launis (Lappische Juoigos- 
Melodien, Helsingfors 1908), die andern der von Olmeda (Folk-lore de Castilla 6 
Cancionero popular de Burgos, 1903) entnommen. Besonders in der Provinz Soria 
finden sich, neben Melodien im °/,- und ?/,-Takt, ältere im ®/,-Takt. Von den kasti- 
lischen Tanzliedern sind die zortzicos durch Betonung des 2. und 4. Achtels, 
die auch meist punktiert sind, charakterisiert, die ruedas (Rundtänze) durch Be- 
tonung des 1., 2. und 4. Achtels. Die Fünfzeitigkeit ist durch die Tanzschritte be- 
dingt: wie natürlich dieser Rhythmus den Leuten ist, beweist ein Fall, dass bei der 
Übernahme einer französischen Operettenmelodie der originale 7/,-Takt durch 
Dehnung bzw, Auflösung des 1. Achtels in 9, verändert wurde. In manchen kasti- 
lischen Tanzliedern kompliziert sich der Rhythmus durch zwischen die ® Takte 


184 Literarische Besprechungen. 


eingeschaltete 3/, oder Triolen, in andern wechseln die Taktarten (7/,+9/,+3/,, USW.). 
Es ist möglich, dass sich die °/,-Rhythmen von den Basken aus über Nordspanien 
verbreitet haben. (Auch viele Ortsnamen in Kastilien sind baskischen Ursprungs). 
Die erste der beiden von Ch. Bordes (La tradition au pays basque, 1899) aufge- 
zeichneten Melodien, die Verfasser anführt, zeigt auch eine auffallende Ährlichkeit 
mit Olmedas rueda Nr. 15. 

Es wäre nach Ansicht des Referenten sehr zu wünschen, dass auch die 
spanischen Folkloristen sich beim Sammeln von Volksmelodien des Phonographien 
bedienten. Nicht nur die tonalen, auch die rhythmischen Verhältnisse sind nur 
an Phonogrammen mit absoluter, objektiver Sicherheit festzulegen. Und gerade die 
spanische Volksmusik bietet noch viele musikethnologische Probleme. Nur um 
eines anzudeuten: Der in Afrika weitverbreitete Wechsel von °/, und fl, findet sich ` 
auch vielfach in spanischen Weisen. Vielleicht berichtet Verfasser einmal auch 
iiber diesen merkwürdigen Rhythmus. E. v. Hornbostel. 


10. 


11. 


IV. Eingänge für die Bibliothek.) 


. Giuffrida Ruggeri, V., La quistione dei pigmei e le variazioni morfologiche dei 


Gruppi etnici. Firenze 1910. 8°. (Aus: Archivio per l’Antrop. e la Etnol. 
vol. XL.) | 


. Tatarinoff, E., Eine prähistorische Ansiedelung im Rinthel (Gem. Trimbach, Kt. 


Solothurn) o O. u. J. 8° (Aus: Anzeiger f. schweiz. Altertumskunde. 
N. F, XII.) 


. Goldenweiser, A. A., Totemism, an analytical study. o. O. 1910. 8°. (Aus: 


Journ. of Amer. Folk-Lore, vol. XXIII.) 


. Czekanowski, Jan., [Polnisch] Badania w miedzyrzeczu Nilu i Kongo. Kraków 


1910. 8°. (Aus: Akad. Umiejetnosci Ser. IIL Tom 9.) 


9. Friedel, Ernst und Mielke, Robert, Landeskunde der Provinz Brandenburg, 


Bd. I u. If. Berlin: D. Reimer (E. Vohsen) 1909—1910. 


. Weissenberg, S., Der jüdische Typus. Braunschweig: F. Vieweg & Sohn 1910. 


4°. (Aus: Globus Bd. XCVII). 


. Weissenberg, S., und Grunwald, Max, Josef und seine Brüder. Wien 1910. 


8°. (Aus: Mittel, zur jiid. Volkskunde 13. Jhrg.) 


. Weissenberg, S., Hundert Fehlgeburten, ihre Ursachen und Folgen. Leipzig- 


Berlin: B. G. Teubner 1910. 8°. (Aus: Archiv f. Rassen- u. Gesellsch.- 
Biolog. 7. Jhrg.) 


. Fuhse, F., Beiträge zur Braunschweiger Volkskunde. Braunschweig: J. Krampe 


1911. 4°. 

Sera, G. L., Sul significato della platicefalia con speciale considerazione della 
razza di Neanderthal. Firenze 1910. 8°. (Aus: Arch. per l’Antrop. e la 
Etnol. vol. XL e vol. XLT). 

Hausmann, R., Prähistorische Archäologie von Estland, Livland, Kurland 
Dorpat 1910. 8°. (Aus: Balt. Landeskunde Riga.) 

Nr. 1—11 Verfasser. 


. Ailio, Julius, Übersicht der steinzeitlichen Wohnplatzfunde in Finnland, Helsing- 


fors: Akad. Buchhandlung 1909. 4". (Akadem. Abhandl.) 


. Mansikka, V. J., Über russische Zauberformeln mit Berücksichtigung der Blut- 


und Verrenkungssegen. Helsingfors 1909. 8°. (Akad. Abhandl.) 
Brummer, O. J., Uber die Bannungsorte der finnischen Zauberlieder. Helsing- 
fors. 1908. 8°. (Akad. Abhandl.) 


A. Schück, Henrick, Studier i Beowulfsagan. Upsala 1909. 8°. (Dissert.) 
. Johannsson, Karl Ferdinand, Solfageln i Indien, en religionshistorisk-mytologisk 


studie. Upsala 1910. 8°. (Dissert.) 


— a 


1) Die Titel der eingesandten Bücher und Sonder-Abdriicke werden regelmässig 


hier veröffentlicht, Besprechung der geeigneten Schriften vorbehalten. Rücksendung 
unverlangter Schriften findet nicht statt. 


186 Eingänge fiir die Bibliothek. 


17. 


18. 
19. 


23. 


Ekholm, Gunnar, Upplands stenålder. Upsala 1909. 8° (Aus: Upplands 
Fornminnesförenings Tidskr. H. XXVI). 
Ambrosiani, Sune, Odinskultens härkomst. Stockholm: J. Cederquist 1907. 8° 
Schnittger, Bror, Forhistoriska Flintgrufvor och Kulturlager vid Kvarnby och 
S. Sallerup i Skane. Stockholm 1910. 8° (Akad. Abhandl.) 
Nr. 12—19 Kol. Universitdtsbibliothek Upsala. 


. Giles, Herbert A., A chinese biographical Dictionary. London: B. Quaritsch 


Shanghai Yokohama: Kelly & Walsh 1898 8", 


. Ahmad Shah, Pictures of Tibetan life. Benares: E. J. Lazarus & Co. 


1906. 8°. 
Nr. 20—21. Anna Lissauer-Stiftung. 


. Frobenius, Leo, Kulturtypen aus dem Westsudan. Gotha: J. Perthes 1910. 


8°. (Aus: Petermanns Mittel Ergänzungsheft 166). 
Angekauft. 
Führer, Illustrierter, durch die prähistorische Abteilung. Städtisches Museum 
für Völkerkunde zu Leipzig. Leipzig 1910. 8°. 
Direktion des Museums, 


. Andreas, F. C., Bruchstiicke einer Pehlewi-Obersetzung der Psalmen aus der 


Sassanidenzeit. o. O. 1910. 8°. (Aus: Sitzungsber. d. Kgl.-Preuss. Akad. 
der Wissensch. XLI Sitzung d philos. hist. Cl.) 
Hr. v. Le Coq. 


. Gates, William E., Commentary upon the Maya-Tzental Perez Codex with a 


concluding note upon the linguistic problem of the Maya Glyphs. Cam- 
bridge Mass. 1910, 8° (Aus: Papers of the Peabody Museum vol VI.) 
Peabody Museum. 


. Rutot, A., Note sur l’existence des couches a Rongeurs arctiques dans les 


cavernes de la Belgique. Bruxelles 1910. 8°. (Aus: Bull. de l’Acad. royale 
de Belgique (Classe des scienc.) 


, Rutot, A., Les nouvelles fouilles a la caverne de Fond-de-Foret. Seraing 1910. 


8°. (Aus: Bull. des Chercheurs de la Wallonie.) 


28. Rutot, A., Sur la découverte de corbicula fluminalis a Hofstade. Bruxelles 


1910. 8°. (Aus: Bull. de l'Acad. roy. de Belgique.) 
Nr. 26-28 Musée Royal d’Ilist. Natur, de Belgique. 


. Hartman, C. V., Eric Boman antiquités de la region Andine de la Republique 


Argentine et du desert d’Atacama. Stockholm 1909. 8°. 


. Hartman, C. V., Sextonde internationella Amerikanist-Kongressen Stockholm 


1909. 8°. 


. Hartman, C. V., Some features of Costa Rican Archeology. Wien: A. Hartleben 


1909. 8°. (Aus: XVI. Internat. Amerikanisten-Kongr.) 


32. Antze, Gustav, Einige Bemerkungen zu den Kugelbogen im Städtischen Museum 


für Völkerkunde zu Leipzig. Leipzig: R. Voigtländer 1910. 8° (Aus: 
Jahrb. des Städt. Mus. f. Völkerk. zu Leipzig Bd. Ill.) 
Nr. 29—32 Hr. Weinitz. 


. Samter, Ernst, Geburt, Hochzeit und Tod. Beiträge zur vergleichenden Volks- 


kunde. Leipzig und Berlin: B. G. Teubner 1911. 8°. 


. Parker, H., Village folk-tales of Ceylon vol. I London: Luzac & Co. 1910. 8°. 
. Moorehead, Warren K., The Stone Age in North America vol. I-II. 


Boston and New York: Houghton Mifflin Company 1910. SE 
Nr. 38-55 Verleger. 


6. Outes, Felix F, y Calos Bruch Texto explicativo de los ae murales 


SE veyas razas Argentinas* Buenos Aires 1910. 8%. Dazu sechs grosse 
Tafeln. 


. Wenzl, Joseph, Das Hiigelgriiberfeld bei Eching und Dietersheim, Bez.-Amt 


Freising. o. O. 1905. 4°. (Aus: Altbayer. Monatschr.) 


35. Wenzl, Joseph, Hügelgräberfriedhof und Strassenzug aus der älteren Bronzezeit 


in der Riegerau, Bez.-Amt Freising. 0, 0.1911. 4°. (Aus: Altbayer Monatschr.) 
Nr. 386—38 Verfasser. 


41, 


49. 


Eingänge für die Bibliothek. 187 


. Tyer, L. K., Anantha Krishna, The Cochin Tribes and Castes, vol. I. Madras: 


Higginbotham & Co London: Luzac & Co. 1909. 8°. 
AnnaLissauer-Stiftung. 


. Moore, Clarence B., Antiquities of the St. Francis, White, and Black Rivers, 


Arkansas. Part Iand Il. Philadelphia: P. C. Stockhausen 1910 4°. (Aus: 
Jour. of the Acad. of Nat. Scienc. of Philadelphia vol. XIV 1. Bd.) 

Schlaginhaufen, O., Ein anthropologischer Querschnitt im Südosten von 
Neu-Mecklenburg. Braunschweig: F. Vieweg & Sohn 1910. 4°. (Aus: 
Korrespond.-Bl. d. Deutsch. Gesellsch. f. Anthrop, Ethnol. u. Urgesch. 
XLI. Jg.) 


. Le Coq, A. von, Chuastuanift, ein Sündenbekenntnis der manichäischen Audi- 


tores. Gefunden in Turfan (Chinesisch-Turkistan). Berlin: Kgl. Akad. 
der Wissenschaften 1911. 4%. (Aus: Anhang z. d. Abhandl, d. Kgl. Preuss. 
Akad. d. Wissensch. v. Jahre 1910.) 


. Guébhard, A. Supplement à la notice presses et moulins à huile primitifs. 


Le Mans 1910. 8". (Aus: Bull. de la Soc Préhist. de France T. VII.) 


. Guebhard, Adrien, Sur une spécialité céramique méconnue de l’arrondisse- 


ment d'Uzès avant l'histoire. Le Mans 1910. 8°. (Aus: Congr. Soc. sav. 
de Provence, II. sess. Arles 190%.) 


». Labrador, P José Sanchez, El Paraguay católico Tomo I—II. Buenos Aires 


1910. 2 Bde. 


»% Boas, Franz, Introduction. Washington 1910. 8°. (Aus: Handbook of amer. 


ind. languag. [Bull 40].) 


. Boas, Franz, Tsimshian an illustrative sketch. Washington 1910. 8° (Aus: 


Handbook of amer. ind. languag. [Bull. 40].) 


. Boas, Franz, Kwakiutl an illustrative sketch. Washington 1910. 8% (Aus: 


Handbook of amer. ind. languag. [Bull. 40].) 
Boas, Franz, Chinook an illustrative sketch. Washington 1910. 8° (Aus: 
Handbook of amer. ind. languag. [Bull. 40].) 


. Dixon, Roland B., The Chimariko indians and language. Berkeley 1910. 8°. 


(Aus: Univers. of California Publicat. ... vol. V.) 


. Fowke, Gerard, Antiquities of Central and South-Eastern Missouri. Washington 


1910. 8°. (Aus: Smithson. Jnst. Bur. of amer, Ethnology Bull. 37). 


. Müller, Ernst W., Ein Fund aus der jüngeren Steinzeit vom Körba’er Teich 


bei Dahme (Mark). Berlin-Spandau: Selbstverlag 1908. 4°. 


. Raschid Tahssin Böy, Die Geisteskrankheiten und die Psychiatrie in der 


Türkei. Berlin 1910. 8° (Aus: IV. Int. Kongr. z. Fürsorge f. Geistes- 
kranke.) 


. Breuil, H, Mobiliers funéraires de l'âge du Bronze, conservés au musee de 


Fribourg. o O. u. J. X". (Aus: II Jahresber. d. Schweiz. Gesellsch. f. 
Urgesch.) 


. Breuil, Le gisement aurignacien de Gorge d’Enfer et les silex solutreens qui 


lui étaient attribués. o. O. u.J. 8°. 


. Breuil, H, Sur la présence d'eolithes a la base de l’eocene parisien. Paris: 


Masson et Cie. 1910. 8°. (Aus: l’Anthropologie T. XXI.) 


. Breuil, H., Bibliographie 1899—1910. Fribourg 1910. 8°. j 
. Cartailhac, E, et H. Breuil, Les peintures et gravures murales des cavernes 


pyrénéennes. Paris: Masson et Cie 1910 Bn (Aus: l’Anthropologie 
T. XXI.) 


. Lundberg, Oskar, Smörkullen och andra ortnamn på Smör —. Om nordiska 


kultorter. Stockholm 1910. 8". (Aus: Fataburen.) 


. Koch-Grünberg. Theodor, Die Miränya (Rio Yapurá. Amazonas). o. O. 1910 


8° (Aus: Zeitschr. f. Ethnol.) 


;j1. Schmidt, Rob. Rud, Die spätpaläolithischen Bestattungen der Ofnet. Beitrag 


zur Paläovethnologie des Azilien-Tardenoisien. Würzburg: C. Kabitzsch o. J. 
8’. (Aus: Mannus, Zeitschr. f. Vorgesch. I. Ergbd.) 


62. 


63. 


64. 


6. 


66. 


188 Eingänge für die Bibliothek. 


Schmidt, Rob. Rud., Die diluvial-prähistorische Sammlung Deutscher Funde 
in Tübingen. Würzburg: C. Kabitzsch o. J. 8° (Aus: Mannus, Zeitschr. 
f. Vorgesch.) 

Schmidt, Rob. Rud., Der Sirgenstein und die diluvialen Kulturstätten Württen- 
bergs. Stuttgart: E. Schweizerbart 1910. 8°. 

Schmidt, Rob. Rud., Zur Stratigraphie der Wildscheuer. 0.0. 1910. 8°. (Aus 
Prähist. Zeitschr. Bd. IT.) 

Schmidt, R. R.. und P. Wernert, Die archäologischen Einschlüsse der Löss- 
station Achenheim (Elsass) und die paläolithischen Kulturen des Rhein- 
tallösses. o. O. 1910. 8°. (Aus: Prähist. Zeitschr. Bd. II.) 

Schmidt, Rob. Rud., Die paläolithischen Kulturen und die Klimaschwankungen 
in Deutschland nach dem Maximum der letzten Eiszeit. Braunschweig: 
F. Vieweg & Sohn 1910. 8”. (Aus: Korresp.-Bl. d. Deutsch. Gesellsch. 
f. Anthrop., Ethnol. u. Urgesch. XLI. Jhrg.) 


. Brandenburg, E., Die Troglodyten des Djebel Garian. Leipzig: J. C. Hinrichs 


1911. 4°. (Aus: Orientalistische Literaturzeit. 14. Jhry.) 


. Mehlis, C., Eine Prunkwaffe der Vorzeit. Berlin 1911. 4°. (Aus: Korre- 


spondenzbl. d. Gesamtver. d. deutsch. Gesch. u. Altertumsver.) 


. Friederici, Georg, Die geographische Verbreitung des Blasrohres in Amerika. 


o. O. 1911. 4° (Aus: Dr. A. Petermanns Geogr. Mitt. I 1911.) 


. Rivet, P., Recherches sur le prognathisme. Paris: Masson et Cie. 1909. 8°. 


(Aus: l’Anthropologie T. XX.) 


. Beuchat, H., et P. Rivet, Affinités des langues du sud de la Colombie et du 


nord de l’Equateur (groupes Paniquita, Coconuco et Barbacoa\. Louvain: 
J. B. Istas 1910. 8". (Aus: Le Museon.) 
Nr. 40—11 Verfasser. 


. Krause, Ernst (Carus Sterne), Tuisko-Land der arischen Stämme und Götter 


Urheimat. .. . Glogau: C. Flemming 1891. 8°. 


. Krause, Ernst (Carus Sterne), Die Trojaburgen Nordeuropas, ihr Zusammen- 


hang mit der indogermanischen Trojasage von der entführten und ge- 
fangenen Sonnenfrau... Nebst einem Vorwort über den deutschen Ge- 
lehrtendünkel. Glogau: C. Flemming 1893. S“. 

Nr. 72—73 Professor Lissauer-Stiftung. 


. Haddon, Kathleen, Cat’s cradles from many lands. London: Longmans, Green 


and Co. 1911. 8°. 


. Krämer, Hans, Der Mensch und die Erde. 7. Band. Berlin-Leipzie, Wien, 


Stuttgart: Deutsches Verlagshaus Bong & Co. o. J. 4°, 
Nr. 14-75 Verleger. 


. Bugge, Sophus, Der Runenstein von Rök in Östergötland, Schweden. Nach 


dem Tode des Verfassers herausgegeben von der K. Akademie der schönen 
Wissenschaften, Geschichte und Altertumskunde durch Magnus Olsen unter 
Mitwirkung und mit Beiträgen von Axel Olrik und Erik Brate. Stockholm 
1910. 8°. Kgl. Akademie Stockholm. 


. Calendar, The, 2569 - 70 (1909—1910). Imperial University of Tokyo . . . Tokyo 


Biennially by the University. o JL 8° Universität. 


7s. Densmore, Frances, Chippewa music. Washington 1910. 8°. (Aus: Smithson. 


Inst. Bur. of amer. Ethnolog. Bull. 45.) Smithson. Inst. 


. Gross, Karl, Die Spiele der Menschen. Jena: G. Fischer 1899. 8° Professor 


Lissauer-Stiftung. 


. Reise, Zur Erinnerung an die, des Prinzen Waldemar von Preussen nach 


Indien in den Jahren 1844—1846. Vorwort von Alexander von Humboldt. 
Bd. I u. II. Berlin 1853. gr: 2". 
Nr. 19—50 Prof. Lissauer-Stiftung. 


. Kazarow, Cawril, Quelques observations sur la question de la nationalite des 


anciens Macedoniens. Paris: E. Leroux 1910. 8°. (Aus: Rev. des etud. 
grecques Tom. XXIII). 


S2. 


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$9. 


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‘M1, 


gi. 


Eingänge fiir die Bibliothek. 159 


Hoffmann-Krayer, E., Cysatiana. Volkskundliches aus dem Kanton Luzern 
um die Wende des 16. Jahrhunderts. Nach der Schrift von R. Brand- 
stetter im Auszug mitgeteilt. o. O. 1910. 8". (Aus: Schweiz. Archiv f. 
Volkskde. Bd. XIV.) 

Nr. 81—82 Verfasser. 


. Sobotta, J., Die neuesten Ergebnisse der Paläontologie des Menschen und das 


Abstammungsproblem der heutigen Menschenrassen. Würzburg: C. Ka- 
bitzsch 1911. 8° (Aus: Verhandl. der phys. med. Gesellsch. N. F. Bd. XLI) 
Angekauft. 


. Mae Curdy, George Grant, Recent discoveries bearing on the antiquity of 


man in Europe. Washington 1910. 8° (Aus: Smithson. Rep. for 1909.) 


. Mac Curdy, George Grant, Anthropology at the Winnipeg meeting of the 


British Association. o. O. 1900. 8°. (Aus: Amer. Anthrop. vol. II.) 


. Mac Curdy, George Grant, Anthropology at the Boston meeting, with procee- 


dings of the American Anthropological Association. Lancaster Pa., U.S. A. 
1910. 8° (Aus: Amer, Anthrop. vol. XII.) 


7. Frassetto F., Relazione intorno all’ „Atlante antropologico dell’ Italia“... 


Firenze 1910. 8°. (Aus: Arch. per l’Antrop. e la Etnol. vol. XL.) 

Uhlenbeck, C. C., Original Blackfoot texts from the southern Peigans Black- 
foot Reservation Teton County Montana with the help of Joseph Tatsey. 
Amsterdam: J. Müller 1911. 8". (Aus: Verhandl. der Konink. Akad. van 
Westensch. te Amsterdam.) 

Hahn, E. Die Entstehung der Bodenwirtschaft. Bologna: N. Zanichelli. 
London: Williams and Norgate. Paris: F. Alcan. Leipzig: W. Engelmann 
1911. 8°. (Aus: „Scientia“ Riv. di Scienza Vol. IX.) 

Erdeljanovic, Jovan, [Serbisch] Die Zahl der Serben und Kroaten. Belgrad 
1911. 8°. (Aus: Glasnik.) 

Rutot, A., Note complémentaire sur l’authenticite des ossements humains 
quaternaires de Grenelle et de Clichy. — Note sur les nouvelles trouvailles 
de squelettes humains quaternaires dans le Périgord. Bruxelles 1910. 3”. 
(Aus: Bull. de la Soc. Belge de Géolog. .. . Tom. XXIV.) 


2, Rutot, A, Un homme de science peut—il, raisonnablement, admettre 


l'existence des industries primitives, dites ¢olithiques? Paris o. J. 8°. (Aus: 
Bulletins et Mem. de la Soc. d’Anthrop. de Paris.) 


. Friederici, Georg, Pidgin-Englisch in Deutsch-Neuguinea. Berlin: D. Reimer 


(E. Vohsen) 1911. 8". (Aus: Kol. Rundschau.) 


. Sarasin, Paul, Über die Fehlerquellen in der Beurteilung der Eolithen. Basel 


1911. 8°. (Aus: Verhandl. d. Naturforsch. Gesellsch. in Basel Bd. XXII.) 


. Gupte, Rai Bahadur B. A., A Prabhu Marriage... With a chapter on 


some Curiosities of Marriage Customs in India. Calcuta 1911. 8° (Aus: 
Ethnogr. Surv. of India ) 


n» Demetrykiewicz, Wladimir, Altertiimliche steinerne Statuen, sog. „Baby“ 


(Steinmütterchen, Becherstatuen) in Asien und Europa und ihr Verhältnis 
zur slavischen Mythologie. Krakau 1911. 8". (Aus: Bull, de l’Acad. des 
Scienc. de Cracovie .. . 1910.) 

Uhlenbeck, C. C., Geslachts- en Persoonsnamen der Peigans. Amsterdanı: 
J. Müller 1911. 8° (Aus: Versl. en Mededeel. d. Koninkl. Akad. van 
Westensch., Afdeel. Letterkde. 4R. Deel XI.) 


. Haberlandt, M., Zur Kritik der Lehre von den Kulturschichten und Kultur- 


kreisen. 0. O. 1911. 4°. (Aus: Dr. A. Petermanns Mitteil. I.) 


. Outes, Félix F., u. Carlos Bruch, Los Aborigenes de Ja República Argen- 


tina... Buenos Aires: Angel Estrada y Cia 1910. 8°. 


. Friederici, Georg, Ein Beitrag zur Kenntnis der Tuamotu-Inseln. Leipzig 


1910. 8°, (Aus: Mitteil. d. Ver. f. Erdkde.) 


. Lehmann, Walter, Der Kalender der Quiche-Indianer Guatemalas ... Wien: 


Verlag der Mechitharisten-Buchdruckerei 1911. 4". (Aus: Anthropos 
Bd. VI.) 


190 Eingänge für die Bibliothek. 


102. Meyer, Hans, Über die Erforschung der deutschen Schutzgebiete durch die 
landeskundliche Kommission des Reichskolonialamtes. o. O. u J. 8° 

103. Meyer, Hans, Wilhelm Reiß. Leipzig 1910. Hu. (Aus: Mitteil. der Gesellsch. 
f. Erdkde. z. Leipzig.) 

104. Queraltó, Aspecto social de la lucha contra la tuberculosis, Barcelona 
1910, 8°. 

Nr. 81-104 Verfasser. 

105. Stuhlmann, F., Entwicklung und Aussichten der europäischen Pflanzungen 
in unseren tropischen Kolonien. Berlin 1910. 8% (Aus: Verhandl. des 
Deutsch. Kolonialkongr.) 

Zentralstelle des Hamburg. Kolonialinstitut. 

106. Torii, R. Etudes Anthropologiyues. Les Aborigenes de Formose, Tokyo: 

University 1910. 8° (Aus: Journ. of the College of Science vol. XXVIII.) 
Kaiserl. Universität Tokyo. 

107. Travaux, de la Section numismatique et archéologique du Musée National 

de Transylvanie a Kolozsvár (Hongrie). Kolozsvár 1911. 8". 
Museum. 

108. Jhering, H. von, Residuos da idade de pedra, na cultura actual do Brazil. 

S. Paulo 1905. 8° (Aus: Revista do Inst. Hist. de S. Paulo vol. IX.) 
Ed. Hahn. 

109. Webster’s Complete Dictionary of the English Language... New Edition of 

1880. London: Georg Bell & Sons... 1889. 4°. 
Hr. Ehrenreich. 

110, Encyclopaedia of Religion and Ethics edited by James Hastings with the 
assistance of John A. Selbie. Vol. I—III. Edinburgh T. & T. Clark New 
York: Ch. Scribner’s Sons. 1908—1910. 4°. 

Angekauft. | 

ill. Publications of the Egyptian Department of the University Museum of 

Pennsylvania. Oxford 1909—1910. 4°. 4 Bde. 
Univ. Museum. 

112. Talens, J. P., Een en ander over het Talaoetsch ... medegedeeld door N. 
Adriani. Batavia: Albrecht & Co. ‘sHage: M Nijhoff 1911. 4° (Aus: 
Verband, van het Bat Genootsch. v. K. e. W. Deel LIX.) 

Batav. Genootsch. vr. K. e W. 

113. Frazer, J.G, The Golden bough, a study in magic and religion. Third Edition 

Vol. I—II. London: Macmillan and Co. 1911. 8°, 2 Bde. 
A. Behrend, 

114. Pehmler, J. Ed., Die preußische Beamten- und Militär-Herrschaft und der 
polnische Aufstand im Großherzogtum Posen im Jahre 1848. Zweite Auf- 
lage. Krakau: J K. Zupanski & K. J. Heumann 1886. 8°. 

Akademti Uniejetnoxci Krakow, 

115. Pawlowsky, J, Deutsch - Russisches und Russisch - Deutsches Wörterbuch, 
Dritte... Auflage Riga: N. Kymmel. Leipzig: C. F. Fleischer 1902. 4°. 
2 Bde. 

116. Krauss, Friedrich 8. Beiwerke zum Studium der Anthropophyteia. 
Bd. I—IH 1. Leipzig: Deutsche Verlagsaktiengesellschaft 1909—1911. 3 Bde. 

117. Aigremont, Fuß- und Schuh-Symbolik und — Erotik ... Mit einem Geleit- 
wort von Dr. Friedrich S. Krauss. Leipzig: Deutsche Verlags- Aktien. 
Gesellschaft 1909. 8°. 

118. Groos, Karl, Die Spiele der Tiere. Zweite umgearb. Auflage. Jena: G. Fischer 
1907. 8". 

119. Sonnerat, Voyage aux Indes Orientales et a la Chine... Paris: Chez 
Fauteur, Froule, Nyon, Barrois. 1182. 8°. 3 Bde. 

120. Frobenius, Leo, Der schwarze Dekameron, Belege und Aktenstücke über 
Liebe, Witz und Heldentum in Innerafrika. Berlin: Vita, Deutsches 
Verlagshaus. o. J. 8°, 


121. 


128. 


129. 


Eingänge für die Bibliothek. l 191 


Glas, George, The history of the discovery and conquest of the Canary 
Islands: .. . With an Enquiry into the Origin of the Ancient Inhabitants. 
To which is added a Description of the Canary Islands, including the 
Modern History of the Inhabitants, ... London MDCCLXIV. 4°. 


. Mendelssohn, Sidney, Mendelsohn’s South African Bilbliography ... with a 


descriptive introduction by J. D. Colcin ... Vol. I—II London: Kegan 
Paul, Trench, Triibner & Co. Ltd. 1910. 2 Bde. 


. Johnston, Harry. George Grenfell and the Congo ... Vol. I—II London: 


Hutchinson & Co. 1908, 4°. 2 Bde. 


. Hall, R N., and W. G. Neal, The ancient ruins of Rhodesia (Mononıotapae 


imperium). Second edition. London: Methuen & Co 1904. 4°. 


. Dennys, N. B, The Folk—lore of China and its affinities with that of the 


aryan and semitic races. London: Trübner & Co. Hongkong: „China Mail“ 
office 1876. 8". 


Nr. 110-120 Professor Lissauer-Stiftung. 


. Kropp, Philipp, Latenezeitliche Funde an der keltisch-germanischen Völker- 


grenze zwischen Saale und Weißer Elster. Würzburg: C. Kabitzsch 
(A. Stuber’s Verlag) 1911. 8°. (Aus: Forsch. z. Früh- u. Vorgesch. Europa’s.) 


. Weissenberg, S, Das Wachstum des Menschen nach Alter, Geschlecht und 


Rasse. Stuttgart: Strecker & Schröder 1911. 3°. (Aus: Stud. u. Forsch. 
z. Mensch.- u Völkerkde. VIII.) 
Photographen-Apparat. Pößneck i. Thür.: H. Schneider Nachf. o J. 8". 
(Aus: lllustr. Hausbibl. ... Bd. XV.) 
Wundt, Wilhelm, Probleme der Völkerpsychologie, Leipzig: E. Wiegandt 
1911. 8°. 
Nr. 126—129 Verleger. 


(Abgeschlossen am 18, Februar 1911). 


L Abhandlungen und Vorträge. 


Die Li auf Hainan und ihre Beziehungen zum asiatischen 
Kontinent. 


Von 


Walter Strzoda (Soochow)?). 


Die Insel Hainan. Die den Golf von Tungking im Osten ab- 
schliessende Insel Hainan gehört zur chinesischen Provinz Kuang-tung 
(Kanton) und wird nur durch einen schmalen Meeresarm vom Kontinente 
getrennt, der hier in die Halbinsel Lei-chou ausläuft. 

Mit ihren 36 200 gim entspricht sie an Grösse etwa den Inseln For- 
mosa und Ceylon. 

Die ersten geschichtlichen Nachrichten tiber Hainan datieren aus der 
Zeit der Früheren Han-Dynastie (206 v: Chr. bis 25 n. Chr.). 


1) Der Verfasser der nachstehenden Abhandlung hielt in der Sitzung der 
Anthropologischen Gesellschaft vom 25. Juni des vergangenen Jahres einen Vortrag 
über das gleiche Thema. Da er sich wenige Tage darauf nach China begab, war 
es ihm nicht mehr möglich, seine Ergebnisse längerer Studien im Kgl. Museum für 
Völkerkunde zu Berlin noch in Europa zum Drucke vorzubereiten. Dankenswerter- 
weise hat er — in einer neuen und interessanten Umgebung — die in seinem Vor- 
trage naturgemäss zum Teil nur angedeuteten Untersuchungen zu Ende geführt und 
ein umfangreiches Manuskript eingesandt. Die Raumverhältnisse der Zeitschrift 
gestatten es leider nicht, es in extenso wiederzugeben. Ich habe daher, da mir der 
Verfasser den Auftrag der Herausgabe und Drucküberwachung seiner fleissigen 
Arbeit, die zu interessanten Ergebnissen führt, gegeben hat, mit seiner im voraus 
erteilten Einwilligung einige Kürzungen vornehmen müssen. Insbesondere verboten 
die Umstände die Wiedergabe seiner einleitenden Ausführungen, deren Inhalt aber 
für das Verständnis des Ganzen derartig wichtig ist, dass ich ihn hier kurz zu- 
sammenfassen möchte, 

Uber der ältesten Geschichte Chinas schwebt noch immer ein undurchdring- 
liches Dunkel. Wir wissen nur so viel, dass im dritten vorchristlichen Jahrtausend 
ein gesittetes Volk von Ackerbauern sich vom Norden oder Nordwesten her in das 
obere Huang-ho-Tal hineinschob und dort, wo der Fen- und der Wei-Fluss in den 
Gelben Strom einmünden, zuerst einen fester organisierten kleinen Staat bildete, 
die Keimzelle des gewaltigen Chinesischen Reiches. Sehr langsam drang dieser 
Staat weiter vor, und besonders der Süden blieb noch lange, bis weit in das zweite 
Jahrtausend vor unserer Zeitrechnung hinein, dem Norden unbekannt. Der Yang- 


Zeitschrift für Ethnologie. Jahrg. 1911. Heft 2. 13 


194 Strzoda: 


Die damals notwendig gewordene Expedition aus Nordchina, welche 
im Jahre 111 v. Chr. unter General Lu Po-té in Nan-Yüeh erschien, 
setzte 110 v. Chr. tiber die Hainan-Strasse und nahm die Insel in Besitz, 
auf welcher das Chu-yai- („Perlenküste*) und Tan-erh-chün errichtet 
wurden. (Die Einteilung Chinas in 36 chün rührt von Shi Huang-Ti her). 

Unter den mannigfaltigen politischen Umwandlungen ist besonders die 
aus der Zeit der Mongolen (Yüan-) Dynastie (1280—1368) insofern be- 
deutungsvoll, als nach der Eroberung Chinas durch Khubilai-Khan im 
Jahre 1278 die Insel mit der Provinz Kuang-hsi und dem westlichen 
Teile von Kuang-tung zum ‘Hai-nan... Hai-pei-tao’ zusammengelegt wurde, 
und der erste Teil dieses Namen ‘Hainan’ sich als Bezeichnung der Insel 
allgemein eingebürgert hat. ` ` 

Den Chinesen allerdings mehr unter dem Namen K‘iung-chou-fu be- 
kannt — nachdem sie im Jahre 1370 zu Beginn der Ming-Dynastie (1368 
bis 1644) zu einer Präfektur erhoben war — stand sie noch gegen Ende 
des 19. Jahrhunderts unter der Verwaltung eines Abteilungsintendanten 
von Lei-chou- und K‘iung-chou-fu, dem ein Brigadegeneral (Ch‘en-t‘ai) 
beigegeben war: 


tzé-kiang bildete etwa die südlichste Grenze auch noch der Macht der Chou- 
Dynastie (1122—255 a. Chr... Aber auch in Shantung hielt sich noch bis in das 
dritte Jahrhundert vor Christus hinein ein unabhängiger Volksstamm der Lai. Die 
eigentliche Eroberung des Südens begann erst unter dem Einiger Chinas, dem 
Kaiser Shi-Huang-ti der Ch‘in (Ts‘in-) Dynastie (221 - 206). Im Jahre 220 überschritt 
sein Feldherr Tu Huei den Yang-tze-kiang, aber erst dessen Nachfolger Jen Nao 
konnte wirklich einen Teil der südlichen Länder als Provinz Nan-hai („am süd- 
lichen Meer“) seinem Staate einverleiben. Diese wie andere Eroberungen waren 
zwar zunächst nicht von langer Dauer, es bildeten sich neue unabhängige Staaten, 
aber der endliche Sieg blieb doch den Kulturschöpfern des Nordens. Nur ein Teil 
der im Laufe der Jahrtausende eroberten Länder ist aber auch wirklich innerlich 
an das Reich angegliedert. Noch leben in den Nordprovinzen selbst anders ge- 
artete und zum Teil auch anders sprechende kleine Völkerschaften zwischen den 
eigentlichen Chinesen, im Süden aber und im Westen sind ganze grosse Distrikte, 
Dreivierteile mancher Provinzen bis zum heutigen Tage Aboriginerland geblieben. 
Mit grosser Vorsicht suchen die Chinesen, so lange es irgend möglich ist, auch nur 
den Anschein äusseren Eingreifens zu vermeiden. Die Folge davon ist, dass die 
Durchyuerung dieser Gebiete nur mit einem besonderen Passe und unter bestimmten 
Kautelen möglich ist. Als weitere Folge empfindet die Wissenschaft manche 
schmerzliche Lücke in den Kenntnissen von den Ureinwohnern Chinas, und es 
können noch viele Jahrzehnte vergehen, bis diese Lücken einigermassen ausgefüllt 
sind, wenn sich nicht die Möglichkeit ungestörter Forschung erst zu spät bietet. 
Weniger streng verboten und ungefährlicher ist die Erforschung der der süd- 
chinesischen Küste vorgelagerten Insel Hainan, auf der wir eine Anzahl Aboriginer- 
stämme in zum Teil noch sehr primitiven Verhältnissen lebend antreffen. Ihre an 
sich schon interessante Erforschung gewinnt erhöhtes Interesse eben darum, weil an 
die Erforschung der Aboriginer des kontinentalen Chinas bis jetzt noch nicht in 
grösserem Massstabe gegangen werden konnte. Vorwegnelimend sei bemerkt, dass 
die grosse Mehrzahl der Kennzeichen, besonders die linguistischen, die Li (Loi oder 
K‘lai) von Hainan in die nächste Nachbarschaft der Tai-Völker Indochinas stellt, 
während Beziehungen zu dem tibeto-birmanischen Kreis sich nicht nachweisen 
lassen. Im übrigen steht für die in dieser Arbeit niedergelegten Anschauungen der 
Herr Verfasser allein ein. Herbert Mueller. 


Die Li auf Hainan. 195 


Die Bevélkerung der Insel wird allgemein in drei Gruppen ein- 
geteilt, die einen Aussenring, einen Innenring und das Innere bewohnen. 
Den Aussenring bilden die chinesischen Niederlassungen, in denen höclıst- 
wahrscheinlich auch Nachkommen von Mohammedanern zu finden sind; den 
Innenring hat eine etwas gemischte Bevölkerung inne, von der später aus- 
führlicher die Rede sein wird; und das Innere bewohnt die einheimische 
Urbevölkerung, welche in den bewaldeten Höhen und Tälern des Central- 
bergsystems der Insel (Wu-chih-shan oder „Fünffingergebirge“) ein bis 
heut im grossen ganzen unabhängiges Dasein führt. 

Über nachweisbare Spuren nicht unbedeutender mohammedanischer An- 
siedlungen in früheren Zeiten gibt Hirth interessante Details („die Insel 
Hainan nach Chao Ju-kua“ (in der Bastian-Festschrift). 

Im Osten der Stadt Wan-an im südwestlichen Teile der Insel stand 
ein dem Kapitän Tu-kang geheiligter Tempel, wo vorüberfahrende Schiffer 
zu opfern pflegten. Die spätere Bezeichnung: „Tempel des fremden 
Gottes“ und der Umstand, dass kein Schweinefleisch geopfert wurde, deuten 
auf frühere mohammedanisch-arabische Beziehungen. Dass schon in jener 
Zeit eine mohammedanische Kolonie im Süden der Insel ansässig war, wird 
durch einen Bericht der Chronik von K‘iung-chou-fu im T“u-shu_ chi- 
ch‘éng Cap. 1380: Feng-su-k‘ao p. 8 wahrscheinlich gemacht, wo von den 
Sitten und Gewohnheiten der Bevölkerung von Ai (Ngai-chou) die Rede 
ist. „Was an fremden Sitten hier zu finden ist, fällt mit denen des 
Volkes in Cochin-China zusammen.“ Unter der Sung- und Yüan-Dynastie 
durch Aufstände von dort nach Hainan vertrieben, liessen sie sich an der 
Küste in Fan-ts‘un und Fan-p‘u („Fremdendorf, Fremdenufer“), auch in 
San-ya, nieder. Die San-ya-Li des 17. Jahrhunderts in Yü-lin-kan z. B. 
gehören zu diesen Leuten. Dafür spricht auch der häufige Familienname 
P‘u, den Hirth mit Abu (Vater) zusammenbringt. Sie essen kein 
Schweinefleisch, kennen keine Ahnenopfer und halten Gottesdienste unter 
Ablesen heiliger Gesänge, sind aber sonst in ihrer Lebensweise fast ganz 
Chinesen geworden. 

Wie überall die Nähe der Zivilisation neue Wünsche und Bedürfnisse 
bei wilden Völkerschaften erregt und so einen Tauschverkehr zwischen 
diesen und den Ansiedlern in die Wege leitet, so entstand auch hier im 
Laufe der Zeit eine zwischen Chinesen und der Ürbevölkerung ver- 
mittelnde Rasse von teilweise einheimischer Abkunft, die, wahrscheinlich 
ein Amalgam von Lois und in früheren Zeiten auf kriegerischen Ex- 
peditionen vom Festlande aus Kuang-hsi und Kuei-chou herübergekommenen 
Bergstämmen darstellend, in grossem Masse chinesische Sitten annahm, 
die Oberhoheit Chinas anerkannte und sich zu einem unentbehrlichen 
Mittelglied zwischen Chinesen und Eingebornen herausgebildet hat, indem 
sie vortrefflich mit beiden zu fraternisieren versteht. (Du Halde be- 
hauptet allerdings das Gegenteil, im Widerspruch mit anderen Autoren.) 

Hierher gehört auch, was Parker in seiner Arbeit: „The Old Thai 
or Shan Empire of Western Yünnan“ berichtet, dass nämlich nach der 
Versicherung eines Muong-Häuptlings ein Mr. Taupin, welcher ein ganzes 
Jahr unter den Laos herumgereist war, erzählte, er sei durch Gegenden 


Zi 


196 Strzoda: 


gekommen, in denen man von der Auswanderung eines grossen Teils der 
(an Ort und Stelle „Li“ genannten!) Laos nach Hainan sprach. 

Es sind das die Shu (oder „reifen“, zivilisierten) Loi, wie sie der 
Chinese nennt, im Gegensatz zu den Shéng (oder „wilden“, unkultivierten) 
Loi des Innern. 

Der Name Li wurde in der chinesischen Literatur vor und seit der 
Zeit der Späteren Han-Dynastie mit zwei verschiedenen Charakteren ge- 
schrieben, deren Lautwert: li, im Kantonesischen (das neben dem Annami- 
tischen die alte Aussprache am besten konserviert hat): lai dem Namen 
nahe gekommen sein muss, den sich die wilden Stämme beilegten. Als 
Variationen desselben kommen vor: Moi, Bian, Klai, Lakia (Kia , Familie‘), 
Lai, La, Loi, Lao, Dli und Li. 

Die unsichere Etymologie wenigstens des zweiten Charakters in der 
Bedeutung „schwarzhaarig“, „die Massen“, — mit dem ursprünglich die 
Hügelketten auf der Insel bezeichnet gewesen sein sollen —, spricht jeden- 
falls dafür, dass er erst in jenen Tagen und nur zu dem Zwecke der 
Wiedergabe des Lautes erfunden worden ist. Das erste Zeichen ist 
nicht weniger farblos und bedeutet: „Leute vom Lande“, „ungebildet“, 
„niedrig“. 

Ihre eigene Kosmogonie und Mythologie weist nach Cochin- 
China. Die Chinesen haben uns eine Legende über die Abstammung der 
Insulaner, allerdings in verschiedenen Variationen, überliefert, wonach auf 
dem „Li-Mutter-Gebirge“*, dem Li-mu-shan (Loi-ma-lia) aus einem Ei 
— nach anderer Überlieferung aus einem Schlangenei —, durch Blitz und 
Donnerschlag oder auf natürliche Weise ein schönes Weib entstanden sei, 
das sich nach langer Einsamkeit mit einem Kräuter oder wohlriechende 
Hölzer suchenden Einsiedler aus Cochin-China vermählt habe. (Nach 
Sandal-Wood ist das Ei vom Gott des Donners nur auf dem Gipfel des 
höchsten Berges niedergelegt worden.) 

Einer andern Version zufolge soll gar dem Ei ein Hund entsprungen 
sein, in den sich eine Prinzessin — ebenfalls aus Cochin-China — ver- 
liebte, und diese seien die Stammeltern der Li gewesen. Eine dunkle 
Reminiszenz vielleicht an die für viele Tai-Shan-Völker charakteristische 
gynäkokratische Verfassung und eine frühere gemeinsame Abstammung. 

Friedrich Hirth in „The Peninsula of Lei-chou* (China Review 2, 
1873—1874) erwähnt bei einer Beschreibung des Donnergott-Tempels auf 
dem Ying-pang-Hügel in Lei-chou, dass einer der den Lei-Kung um- 
gebenden himmlischen Generale einen runden, weissen Gegenstand aus 
gipsartiger Masse in den Händen halte, und dass der Donnergott aus 
einem Ei gekommen sein soll. Weiter werden u. a. die Bilder des Lei- 
Kung („Herzog Donner“) und der Tien-Ma („Mutter Blitz“) erwähnt. 
Das erinnert sofort an jene Loi-Sage von dem seltsamen Ursprung ihrer 
Stammutter. 

Nun bedeutet Lei-chou wörtlich die Donnerprovinz, und diese Be- 
zeichnung wird nach Hirth, in Übereinstimmung mit den chinesischen 
Topographen, auf die tatsächlich ungewöhnlich grosse Anzahl heftiger Ge- 
witter In dieser Provinz zurückgeführt. Es wäre ausser Yünnan aber das 


Die Li auf Hainan. 197 


einzige Beispiel in der politisch-geographischen Nomenklatur der Chinesen, 
dass sie ein Gebiet nach seinen meteorologischen Eigenschaften benannt 
hätten. Vielmehr glaube ich, dass die Silbe Lei in Lei-chou nichts 
anderes ist, als der missverstandene und späterhin falsch geschriebene 
Name eines ursprünglich hier angesessenen Stammes, als dessen Zweig 
die hainanesischen Insulaner anzusehen sind; ein Name, der, wie wir 
wissen, auch Loi, Lai, Lä, Li und Lao ausgesprochen werden kann und 
ohnehin auf die Lao-Stämme Hinterindiens hinweist. Die Konsequenzen, 
welche sich aus dieser Annahme für die ursprüngliche Bedeutung der heut- 
zutage als Lei-Kung verehrten Gottheit ergeben, bedürfen in diesem Zu- 
sammenhange keiner weiteren Details. 

Ist meine Annahme richtig, so hat es jedenfalls viel Wahrscheinlich- 
keit für sich, dass der eine Teil einer den Süden Chinas einnehmenden 
Urbevélkerung auf seiner Flucht vor den eindringenden Chinesen nach 
Hinterindien zog, der andere — wenn er es überhaupt nicht schon vorher 
getan hatte — über die enge Hainanstrasse nach der nahen Insel setzte, 
wo er seine Eigenart besser bewahren konnte, als es seinen zurück- 
gebliebenen Stammesgenossen möglich war. 

Diese scheinen zu einem erheblichen Grade in den Chinesen anf- 
gegangen zu sein — soweit die Provinz Kuangtung in Betracht kommt —; 
doch nicht so völlig, dass das „Kuang-tung t‘ung-chih“ oder die „Allge- 
meinen Annalen der Provinz Kuangtung“* im Kapitel „Sitten und Bräuche 
von Lei-chou* neben den zwei hier zur Sung-Zeit gesprochenen Dialekten: 
dem Kuan-yü (der „Beamtensprache*) und dem K‘o-yü (der „Fremden- 
sprache“) nicht auch noch das Li-yü: die Sprache der Li, erwähnte. 

Es gibt nach Henry etwa 15—16 Li-Stämme auf der Insel, welche 
unter bestimmten Namen bekannt sind und in Kleidung, Sprache und 
Gewohnheiten mehr oder weniger voneinander abweichen, aber alle zu 
einer gleichartigen Rasse gehören, unter der gegenseitige freundschaftliche 
Beziehungen die Regel sind. 

Versuche, aus ihrem Namen (La, Lai, Loi, Lao, Moi, K‘lai und B‘lai) 
durch Interpolierung eines M ein M‘lai und Malai zu konstruieren, und 
Schlüsse auf eine malayische Abkunft zu ziehen, sind nicht ernst zu 
nehmen. (Mit grösseren Rechte könnte man nach diesem Verfahren auf 
eine Verwandtschaft mit hinterindischen Stämmen oder mit den Laka-Lolo 
in Ssech‘uan schliessen!) 

Die K‘lai von Nychou im südlichen Teil von Hainan sind allerdings 
grosse, starkknochige und dunkle Gestalten, welche mit ihren betelnuss- 
gefärbten Lippen den Singapore-Malayen nahekommen. Stark hervor- 
springende Backenknochen, buschige Augenbrauen und horizontal liegende 
Augen sind diesen Li eigentümlich, und einige haben sehr grosse Köpfe. 
— Wenn auch Calder in „Notes on Hainan and its Aborigines“ (China 
Review 1882—1883) berichtet, dass in Fung-Ka ziemlich viel malayisch 
gesprochen wird, so ist diese Erscheinung eher auf den starken Seeverkehr 
dieses Hafens mit Singapore zurückzuführen. 

Äussere Erscheinung der Li. Im übrigen finden sich grosse, 
starke Männer und Frauen mit hübschen Gesichtern und hellem Teint 


198 | Strzoda: 


von Lung-kun, an der Ostküste, südwärts und in der Gegend von Ta-Man- 
Tin; eine hellere Hautfarbe, fast weisse Kinder in Kwai-fung; über den 
Norden und Osten der Insel verstreut sehr hässliche, kleine Individuen 
von rötlicher Hautfarbe — womit offenbar Shu- (oder Miao-) Li gemeint 
sind —; ein kleiner, leicht gefärbter Menschenschlag in T‘aip‘ing im Innern 
der Insel und noch kleinere, dunklere Li in Ling-shui und Yü-lin-kan. 

Swinhoe berichtet in „Narrative of an exploring visit to Hainan“ 
von Li-Typen aus Ling-mun mit flachen, eher schon zu nennenden Gesichts- 
zügen!), leicht schräg geschlitzten Augen, bronzener Gesichtsfarbe und 
vorspringender Nase. 

Bei einem Individuum des Lao-Kwang-Stammes und bei einem Lao 
aus Tan-chou, welche er als einzige Vertreter ihrer Stämme zu Gesicht 
bekam, waren die hohe, schlanke Figur von fast frauenhafter Erscheinung 
(— „eine feine Rasse von starkem, bisweilen etwas weiblichem Körper- 
bau“ sagt Sandal-Wood —) und ein oft kindisches, albernes Betragen 
besonders auffallend. 

Die Verschiedenartigkeit in diesen ebenso allgemeinen wie dürftigen 
Angaben über die anatomischen Eigentümlichkeiten der Stämme gestattet 
kaum, ein auch nur einigermassen sicheres Urteil über die Rassenzugehörig- 
keit zu fällen. 

Geistige Eigenschaften. Nicht weniger geteilt sind die Ansichten 
über die Bewertung der Li in psychologischer Beziehung. 

Sehr gerühmt wird von dem amerikanischen Missionar Henry ilre 
grosse Gastfreundlichkeit. Diese und ihr milder, gütiger Charakter werden 
von sämtlichen Reisenden, welche die Gebiete der Laos, Shans, Muongs u. a. 
in Hinterindien und Südwest-China bereist haben, einmütig als ein be- 
sonderes Charakteristikum der Gemütsart dieser Völker anerkannt. Frei 
von vielen abergläubischen Ansichten und Gewohnheiten der Chinesen 
— fährt der amerikanische Missionar fort — seien sie freundlich und ge- 
lehrig, ohne freilich in den ihnen offenstehenden chinesischen Schulen 
allzuhäufig den ersten literarischen Grad eines Hsin-ts‘ai zu erreichen. 

Ihr Benehmen gegen die Chinesen sei immer das eines unabhängigen 
Volkes gewesen, welches sich gegen seine Unterdrücker wehrt. Die Be- 
schuldigung der Feigheit und Furchtsamkeit sei kaum aufrechtzuerhalten 
und habe seinen Grund wohl nur in der schlechteren Bewaffnung mit 
Pfeil und Bogen, während die Chinesen über Feuerwaffen verfügten, 
hinterlistig seien und mit Verrat und Bestechung arbeiteten. 

Davon ist vieles gewiss richtig. Auch Sandal-Wood bestätigt diese 
Ansicht in „The Capture of a Lee Stockade“ (China Review 19, 1891), 
wo er von dem höchst unrühmlichen Verhalten der Chinesen bei der Er- 
stürmung einer Li-Palisadenstellung bei Sa-malı berichtet, die nur durch 
eine englische Kanone gelang. Trotzdem schufen aber erst später ver- 
räterische Aktionen der chinesischen Behörden, deren Willkür die 
meisten Rebellionen zuzuschreiben sind, einen leidlich friedlichen Zustand. 


1) Welche sich nicht immer von der Struktur chinesischer Gesichter unter- 
schieden. 


- 0 un 


Die Li auf Hainan. 199 


Nach Du Halde unternahmen sie von Zeit zu Zeit Einfälle in 
chinesisches Gebiet, die indessen an ihrer Feigheit und Disziplinlosigkeit 
scheitern. Fünf Chinesen seien imstande, hundert Li durch ihren blossen 
Anblick in die Flucht zu schlagen. 

Swinhoe konstatierte in Ling-shui an der Südostküste bei einer 
spasshaften Inszenierung eines Angriffes den völligen Mangel an persön- 
lichem Mut und — im Innern der Insel — sehr grossen Respekt vor den 
Mandarinen und ihm selbst. Die ihm vorgeführten Li in Ling-mun baten 
erschreckt um ihr Leben, während die chinesisch gekleideten Miao-Li viel 
kecker und selbstbewusster auftraten. 

Die K‘lai von Ny-chou haben ein scheues, nervöses Betragen Fremden 
gegenüber und versuchen, ohne Neugier zu zeigen, jeder Beobachtung aus 
dem Wege zu gehen. Im übrigen wird ihnen von chinesischer Seite — 
eine mit Glossen versehene Karte von Hainan und die Chronik von 
K‘iung-shan-hsien kommen hier in Betracht — ein heftiger, jähzorniger, 
aber aufrichtiger Charakter zugesprochen. Ihre Wildheit sei eine natür- 
liche, durch Sitten und Bräuche genährte. Ein Wort könne sie — ohne 
Rücksicht auf Verwandtschaft usw. — zu heller Wut entflammen,. doch 
liessen sie sich ebenso schnell wieder durch ihre Frauen besänftigen. 
Ihnen weit überlegen in diesen Beziehungen sind die schön gewachsenen!) 
Hügelbewohner von Formosa. Nicht Furcht, sondern das tödliche Klima 
kann die Tatsache erklären, dass noch nicht ganz Hainan unter chinesischer 
Herrschaft steht. 

Verfassung. In einige 16 Stämme geschieden, leben die Li unter 
ihren eigenen Häuptlingen zusammen, welche den chinesischen Behörden 
mehr oder weniger oder gar nicht verantwortlich sind. Von einer voll- 
ständigen Unterwerfung, die von den Chinesen oft in Anspruch genommen 
wird, kann jedenfalls keine Rede sein, da sie zum grössten Teil noch weit 
davon entfernt sind, sich die Köpfe zu rasieren oder Hosen zu tragen. 

In Ny-chou?) bildet jene Anerkennung einer gewissen Verantwortlich- 
keit das einzige Unterscheidungsmerkmal zwischen diesen Li und den 
wilden Stämmen, mit denen sie in engen Beziehungen leben. 

Die Häuptlingswürde vererbt sich vom Vater auf den ältesten Sohn 
und beim Tode des Gatten — wahrscheinlich wenn keine Kinder da sind, 
oder solange ihre Minderjährigkeit währt — in bemerkenswerter Weise 
auf die Witwe. 

Auch die Ureinwohner von Lei-chou kannten nach dem Kuang-tung 
t‘ung-chih (Hirth: The Peninsula of Lei-chou) die Häuptlingsnachfolge 
vom Vater auf den Sohn, vor welchem, selbst wenn noch ein Kind, sich 
sogar Oheime beugen mussten, ein den Shan-Stämmen im Gegensatz 
zu den moral-philosophischen Ansichten der Chinesen ‘eigentiimliches 
Charakteristikum. 

Öffentliche Lasten kommen bei den Li in Form von Abgaben und 
Diensten, in Verbindung miteinander oder getrennt, vor. 


1) malayischen. 
2) (= Ai-chou). 


200 Strzoda; 


Eine andere Erscheinung des öffentlichen Lebens sind Kornspeicher, 
die neben jedem Dorfe stehen und ausser Cerealien auch anderes Gemein- 
gut enthalten. 

Ähnliche Speicher stehen, wie Edouard Diguet in: „Etude de la 
langue Tai‘ erwähnt, auch neben jedem, oft die Bewohnerschaft eines 
ganzen Dorfes beherbergenden Pfahlhause der Tai oder Shan Hinter- 
indiens. 

Körperdeformationen. Die Etymologie des Namens eines der 
beiden chün, in die Hainan in ältester Zeit eingeteilt wurde: Tan-Erh- 
chün (wörtlich: „herunterhängende Ohren“), weist auf die Tatsache hin, 
dass auch auf dieser Insel das Oberhaupt der eingeborenen Stämme sich 
durch seine langgezogenen, bis auf die Schultern reichenden Ohrläppchen 
von den gewöhnlichen Sterblichen unterschied, und beweist die Existenz 
einer gewissen staatlichen und gesellschaftlichen Organisation der Stämme 
unter einem Oberhaupt schon in den ältesten Zeiten. Dafür, dass diese 
Tradition sich im Volksbewusstsein noch erhalten hat, spricht ein von 
Swinhoe berichteter, in neuerer Zeit unternommener Versuch der Li, 
einen Kaiser aufzustellen, der aber wegen seiner allzuhohen Anspriiche 
bald wieder abgesetzt wurde („Narratire of an Exploring Visit to 
Hainan‘). 

Wichtiger ist, was uns E. H. Parker in einer: „The Old Thai or 
Shan Empire of Western Yünnan“ (China Review 20, 1892—1893, S. 337) 
überschriebenen Arbeit erzählt, wonach die frühesten chinesischen Be- 
schreibungen berichten, dass die Ai-Lao!) ihre Nasen zu durchbohren und 
ihre Ohren zu dehnen pflegten — je höher der Rang, desto grösser die 
Dehnung —, so dass das Ohr bisweilen die Schulter erreichte. An anderer 
Stelle („The Early Laos and China“, ibid. 19, 1891) ist gar gesagt, dass 
die Ohren gewöhnlicher Leute schon bis dahin, die der Könige sogar 
noch 3 Zoll hinter die Schultern gereicht hätten. 

Erstere Sitte werde nicht mehr geübt bei den modernen Shans, den 
Nachkommen jener Ai-Laos, wohl aber noch die letztere, chinesisch: tan- 
oder li-erh genannte, in bescheidenen Umfange und sei auch in Mogonk 
(Birma) noch beobachtet worden. (Gehören die Kuanghsi- und birmanischen 
Shan mit den Loi und Siamesen zu einer Einheit, wie die Prüfung einer 
Wortliste der zwei letzteren Sprachen durch einen birmanischen Shan- 
Gelehrten in Bhamo und ihr Vergleich mit einer Liste von To-jen-Worten 
(Kuanghsi) bewiesen haben soll, so gewinnt das vorher Gesagte an Be- 
deutung.) 

Die meisten Shans und viele Birmanen tragen auch heute noch schön- 
geformte Röhren oder Zylinder in den Ohrläppcheu, und die Kawas, ein 
in der Nähe von Meng-Liem in Stid-Yéinnan ansässiver Stamm (bei dem 
beide Geschlechter gewöhnlich ein lächerlich kleines Lendentuch und nur, 
wenn sie zum Markte gehen, ein Tuch hemdartig um den Leib tragen 
sollen) fallen besonders durch ungeheure Ohrringe auf. Von hier bis 


1) Die interessante Geschichte der Ai-Lao, die Hr. Strzoda dargestellt und an 
dieser Stelle eingefügt hatte, muss aus Raummangel fortbleiben. H. M. 


Die Li auf Hainan. 20} 


Indien ist nur ein Schritt, und wir erinnern uns sofort der an Buddha- 
figuren üblichen, überaus langen Ohren. 

Des Zusammenhangs wegen sei hier auch noch verwandter Bräuche der 
Ai-Laos Erwähnung getan, dieD.J.Mac Gowan in „Gynaecocracies in Eastern 
Asia etc.“ beschreibt: Ohr- und Nasenringe von Gold, Silber oder Kupfer 
waren beliebte Schmucksachen. Der König der Ai-Lao trug einen Ring 
an jedem Nasenloch, der bis unter die Unterlippe hing. Daran war je 
ein seidener Strick befestigt, den Diener hielten, wenn sie den Herrscher 
führten. Dieser sinnige Brauch: „Leading by the nose“ oder an der 
Nase führen“, war hier eins der staatserhaltenden Vorrechte des Königs. 
Edelleute trugen goldene Nadeln, welche horizontal durch die Nasenflügel 
gestossen waren. 

Was zunächst die eigentümlicheSitte der Nasendurchbohrung u.ä.be- 
trifft, so findet sich in dem Berichte von T.W. Kingsmill in „Notes and 
Queries“ der China Rev. 24 die hainanesische Sitte, sich die Zunge zu durch- 
bohren, erwähnt. Danach sind auf dieser Insel und in Lei-chou noch 
einige abergläubische Gebräuche in Übung, welche nach Ansicht des Ver- 
fassers aus Fu-kien gekommen sein sollen. Der wildeste ist der „sui- 
liah“ genannte: Je nach der Örtlichkeit verschieden, ist sein gemeinsames 
und wesentliches Merkmal die Durchstossung der Wange, Zunge, oder 
sonst eines Gesichtsteiles (also auch der Nase!) mit einem eisernen Draht. 
Der Verfasser beobachtete selbst während der Feier des (seburtstages des 
Kriegsgottes in Hoi-how die häufige Vornahme dieser schmerzhaften Pro- 
zedur. Während der Fahrt des Götterwagens vom Tempel stieg ein Mann 
hinter dem Idol auf die Plattform, wo ihm ein Priester einen scharfen, 
stählernen, 5—6 Fuss langen Draht in Form eines Bleistiftes durch die 
Zunge, das Ohr oder die Wange stiess. Darauf trug man ihn in den 
Tempel, wo er dem Gotte ein Opfer darzubringen hatte und von dem 
Draht befreit wurde. Diese Szene wiederholte sich wohl über 20 mal. 
Man glaubt, dass diese Opfer übermenschliche Kräfte erhalten, dass sie 
z. B. einen Knoten in den Stahl schlingen könnten, mit dem sie gestochen 
wurden, und dass sie unter dem besonderen Schutze des Gottes stehen. 

Nach meiner Ansicht scheint es sich hier um nichts anderes als den 
den Ar Laos vertrauten ancestralen Brauch zu handeln, dessen ursprüng- 
licher Zweck und Sinn mit dem Vordringen chinesischer Kultur allmählich 
in Vergessenheit geraten, missverstanden und mit dem chinesischen Gott 
des Krieges und der Tapferkeit in Zusammenhang gebracht worden ist. 

Am weitesten verbreitet und von fast allen Stämmen geübt ist das 
Tätowieren, eine Sitte, die unter anderen auch den Völkerschaften vom 
Malayischen Archipel bis hinauf zu den Ainos auf Yezo eigentümlich ist 
oder war!). Es muss aber hervorgehoben werden, dass das Tätowieren 
auf Hainan allein Vorrecht der Frauen, und zwar der verheirateten Frauen 
ist, während auf Formosa sich zwar auch Männer tätowieren, die Zeich- 


1) Die Sung-Geographie und Ma Tuan-Lin berichten von einem sog. Wen-shen 
Königreich, 1000 li nordöstlich von Japan gelegen, dessen Bewohner sich tätowieren 
sollen. 


202 - Strzoda: 


nungen der Frauen aber komplizierter sind als die des starken Ge- 
schlechtes. Insekten: Schmetterlinge und Motten; Blumen und Gräser; 
Linien und Muster, die mit der Gegend wechseln, müssen herhalten, in 
blauen Konturen Stirn, Wangen, Kinn und Arme, Hände und Beine, 
Brust und Rücken, meistens aber das Gesicht zu verschönern. In Yu-lin- 
kan und Ny-chou (Ai-chou) sind es z.B. eine Reihe von runden Punkten 
zwischen zwei Linien, welche von den Augen herunter und quer über das 
Kinn laufen. 

Dabei soll diese Prozedur, deren Spuren nicht immer dauerhaft sind 
und vor dem Alter verschwinden, nach der Versicherung einiger 
Reisenden die Schönheit der Frauen keineswegs beeinträchtigen. — Es 
ist nun durchaus nicht notwendig, die Aboriginer von Hainan wegen 
dieses weitverzweigten Brauches mit den Malayen in einen Topf zu 
werfen. 

Finden wir doch bei D. F. Mac Gowan in „Gynaecocracies in Eastern 
Asia etc.“ (China Review 19) die Vermutung ausgesprochen, dass fast alle 
aboriginären Stämme Chinas das Tätowieren geübt haben, in Che-kiang 
noch in der Han-Zeit; in Korea sogar noch später, und ın Japan soll es 
noch heutzutage nicht ungewöhnlich sein. Es sei ein Merkmal, die Rassen, 
welche vom Nordwesten nach China kamen (Chinesen und Mongolen), 
von denen zu unterscheiden, welche von der See her und vom Süd- 
westen, aus dem malayischen Archipel und Indochina einwanderten. 
Nach Parker (The Early Laes and China) schnitten sich die Männer das 
Ai-Lao-Stammes Elefanten und Drachen in die Haut und eine noch gegen 
Ende des 18. Jahrhunderts P‘u-J genannte Grenzbevélkerung von Birma 
und Yünnan ist wahrscheinlich mit einer in den T‘ang-shu erwähnten 
Rasse gleichen Namens identisch, welche sich das Gesicht tätowiert und 
es mit schwarzem oder dunklem Pigment gefärbt haben soll. 

Sitten und Gebräuche. Im Frühling halten sie, wie Bowra in 
der Übersetzung der Chronik von K‘iung-shan-hsien mitteilt, ein grosses 
Fest ab, wobei die Männer und Frauen benachbarter Niederlassungen in 
festlichen Gewändern, Hand in Hand, herumspringen und singen, das ist 
die beste Heiratsgelegenheit. Die Eltern haben keine Macht, sich der 
Wahl des Kindes zu widersetzen, und Rücksichten auf Namensgleichheit 
sind unbekannt. Entsprechend heisst es bei Hirth, in „The Peninsula 
of Lei-chou* (China Rev. 2, 1873—74): Jedes Jahr zurzeit des Laternen- 
festes, , Yiian-hsiao*, im Februar oder März, kommen Männer und Frauen 
von fern und nah zusammen, „den Rattan“ zu schlagen, d. h. sich zu 
treffen und nach dem oder der Künftigen Ausschau zu halten. 

Diese Bräuche — fährt Bowra fort — sind den unter den wilden 
oder Sheng-Li in Übung befindlichen ähnlich: 

An schönen Frühlingsabenden singen und spielen die jungen Leute 
von 16—17 Jahren, beiderlei Geschlechts, miteinander, indem sie über 
sich selbst verfügen, ohne dass die Eltern bei der Wahl mitzusprechen 
hätten. 

Die Sitte erinnert lebhaft an eine Reihe von Tai-Shan-Stännmen auf 
dem Kontinent: 


Die Li auf Hainan. 203 


Bei den Hsi-hsi (Westfluss) Miao ziehen gleichfalls die jungen 
Männer (mit Weidenfléten!), die jungen Mädchen (mit dem nötigen 
Proviant) ins Freie hinaus, um miteinander zu singen, zu spielen, und sich 
nach Neigung zu paaren, worauf nach der Geburt eines Kindes die Ehe 
endgültig geschlossen wird. 

Ähnliche freie Sitten herrschen bei den K‘a-meng-ku-yang Miao-tse. 
Die Pai-chung-chia Miao-tse feiern zu Anfang des Frühlings das Mond- 
fest, wobei die junge, ledige Generation sich um die Hüften fasst, und 
zum Klange einer Trommel tanzt und allerlei Scherz treibt, während die 
Eltern dabeisitzen, ohne dem Treiben Einhalt zu tun. 

Um zu den Li zurückzukehren, so erfolgt, wenn alles zwischen den 
Verlobten klar ist, der Austausch der Hochzeitsgeschenke (Kleidungs- 
stücke, Wein und besonders Vieh) seitens der Eltern, bei dem eigen- 
tümliche Feierlichkeiten beobachtet werden sollen. 

Am Tage der Hochzeit folgt der Bräutigam dem Vermittler(?) in das 
Haus der Braut, welche auf Befehl der Eltern ihr Haupt bedeckt, das 
Kleid löst und zu ihm, hinausgeht, um auf seinem Rücken in ihr neues 
Heim getragen zu werden. Nach Calder: „Notes on Hainan and its 
aborigines“ bringt der Vater die Braut zur Hütte ihres künftigen Mannes, 
wo sie nach dem unter freiem Himmel stattfindenden Hochzeitsschmaus 
von der Mutter zu der Tür der Kammer geführt und dem Bräutigam 
übergeben wird. 

Bleibt die Frau kinderlos, wird sie zurückgeschickt, und beim Tode 
des Mannes geht sie ins Eigentum des nächsten Bruders über!). Be- 
merkenswert ist, dass die Familie des Bräutigams das Muster schenkt, 
nach dem das Gesicht der nunmehr zur Treue dem Mann ihrer Wahl 
gegenüber verpflichteten jungen Frau tätowiert wird. 

Im Süden der Insel (Yü-lin-kan) werden die Hochzeiten mit ähnlichen 
Ergötzlichkeiten gefeiert, und Betelnussgeschenke gegeben. Der Gatte 
tritt hier aber noch in die Familie der Frau ein, die seine einzige bleibt. 

Vom grössten Interesse sind in diesem Zusammenhange die Aus- 
führungen Edouard Diguets in „Etude de la langue Tai“: 

Die Eltern haben bei der Verlobung nichts zu sagen, nur die W ahl 
der Kinder zn ratifizieren. Das Herz gibt den Ausschlag. Die jungen 
Leute ziehen am 15. und 80. des zweiten und am 5., 10., 15., 20., 25. und 
30. des dritten Monats aus nach einer berühmten Grotte im Tal von 
Nghia-lô, wo sie sich finden. Hat der junge Mann darauf um die Hand 
seiner Angebeteten angehalten, sendet sein Vater die Geschenke. Die 
Verlobungszeit beträgt sechs Monate bis drei Jahre. Der Verkehr vor der 
Hochzeit ist. frei, doch ist bei vorzeitiger Schwängerung eine Strafe an 
das Ortsoberhaupt — und umgekehrt an die Gemeinde, wenn dieses der 


1) Bei derartigen freudigen Anlässen wird an manchen Orten ein Hahn ge- 
schlachtet. Das ganze Dorf feiert mit und ergötzt sich nach dem Schmause an 
Trommel- und Glockenmusik. „Alle wichtigen Anlässe, gute wie schlechte, sind 
überhaupt ein Anlass, Schweine, Schafe oder Ochsen zu schlachten, wozu Freunde 
und Verwandte eingeladen werden,“ sagt Hirth in der schon erwähnten Arbeit 
über Lei-chou. 


204 Strzoda: 


Schuldige ist — zu zahlen. Die Hochzeit wird bei den Eltern des 
Mädchens gefeiert, fällt aber zu Lasten des Vaters des Mannes. Das 
ganze Dorf ist eingeladen, und der Schmaus dauert 2—3 Tage. 

Mit den Heiratsgebräuchen der Li eng verbunden ist der Tanz. 
Swinhoe sagt, dass ihre Art zu tanzen, mit der der Pepo oder Shu-Fan 
auf Formosa genau übereinstimmt, ist aber vorsichtig genug, diese Tat- 
sache als eine vielleicht rein zufällige Erscheinung zu erklären, da von 
einer Auswanderung von Bergstännmen aus China nach Formosa nichts 
bekannt sei, vielmehr die Ansicht vorherrsche, dass die Insel von den 
Philippinen aus bevölkert worden ist. (Die andere Möglichkeit einer 
malayischen Einwanderung auf die Insel Hainan zieht er gar nicht in 
Betracht.) 

Männer und Frauen bilden einen unterbrochenen Kreis derart, dass 
die Männer auf der einen, die Frauen auf der anderen Seite stehen. 
Jede Person kreuzt vorn die Arme über der Brust, so dass die linke 
Hand die rechte der rechtsstehenden Person erfasst und umgekehrt. Die 
Männer führen den Gesang nnd die Frauen folgen. Wie sie singen, wird 
der Kreis, indem jeder zwei Schritt vorwärts und zwei Schritt rückwärts 
tut, bald enger, bald weiter. : 

Ein Mann in der Mitte mit einem Weingefäss in der Hand, sorgt für 
die lustige Gesellschaft, deren Freude immer ausgelassener wird, und 
welche in Frühlingsnächten oft noch die Morgendämmerung beisammen- 
sieht. 

Es bedarf nach dem Vorhergegangenen nicht der Erwähnung, dass 
auch in dieser Beziehung eine unverkennbare Übereinstimmung — wenn 
nicht in den Details des Tanzes, so doch in den begleitenden Neben- 
umständen!) herrscht. 

Ausser der schon erwähnten Reminiszenz an das Mutterrecht findet 
sich an derartigen Symptomen für das primitive Entwicklungsstadium eines 
Volkes nur noch die Blutrache auf Hainan, welche ein heiliger Brauch 
ist und für den Vater, Grossvater und Freund mehrere Generationen 
dauert. | 

Doch kannte man nach chinesischen Quellen des 12. und 13. Jahr- 
hunderts zu dieser Zeit schon das Kompositionssystem oder die friedliche 
Beilegung des Streites. 

Der Tod der Eltern und anderer naher Verwandter wird nicht laut 
beklagt oder beweint; es ist Sitte, rohe Nahrung zu sich zu nehmen. 

Auch die K‘a-möng-ku-yang Miao-Tze enthalten sich beim Tode eines 
Verwandten jedes Ausdrucks ihres Schmerzes. Sie lobpreisen vielmehr 
den Abgeschiedenen in Liedern und Scherzen und beschliessen den Tag 
mit dem üblichen Mahle. Wenn aber im nächsten Jahre der Ruf eines 
bestimmten Vogels ertönt, so brechen sie in Klagen aus, indem sie rufen: 
„Die Vögel sind zurückgekehrt, aber unser teurer Tote ist nicht wieder- 
gekommen!“ 


1) Auf Hainan wie bei den zum Vergleich herangezogenen Stämmen des Fest- 
landes. 


Die Li auf Hainan. 205 


Als Sarge dienen ausgehöhlte Baumstimme, und die Beerdigung, bei 
der Vieh geopfert zu werden pflegt, findet in der Weise statt, dass dem 
Leichenzuge ein Mann vorangeht, der von Zeit zu Zeit ein Ei auf die 
Erde fallen lässt. Die Stelle, wo es beim Aufschlagen nicht zerplatzt, 
wird für geeignet und von guter Vorbedeutung gehalten. Dort findet 
dann, nachdem der Tote beigesetzt worden ist, ein Leichenschmaus statt 
und werden Totenwachen gehalten. 

Am 49. und 65. Tage nach dem Tode versammeln sie sich wieder am 
Grabe zu einem anderen Feste. 

Bei Krankheiten werden — nach chinesischen Berichten — den 
bösen Geistern Ochsen geopfert. Derselbe Gedanke findet sich auch bei 
den Pai-ou-tse Miao-Tze, welche zu den Geistern ihrer Verstorbenen beten; 
und bei den Man, welche — nach dem Sung-Shih — dem Kranken keine 
Medizin geben, sondern die Bronzepauke schlagen, dabei den Geistern ein 
Stück Vieh opfernd 

Bei Chao Ju-kua ist dasselbe auch von den Li gesagt, nur mit der 
Erweiterung, dass sich niemand der Schwelle des Kranken nähern darf. 

Die Weissagekunst ist den Li nach einer chinesischen Quelle un- 
bekannt. Sie bestimmen aber die Zukunft aus den Füssen eines ge- 
schlachteten Huhnes, dessen Knochen und Erzeugnisse überhaupt eine 
wichtige Rolle im Haushalt und Leben der Li zu spielen scheinen. 

Tracht. Unter den mannigfaltigen Haartrachten ist die häufigste 
und charakteristischste die, das Haar in einem nach oben geschlungenen 
Knoten, der bisweilen mit weissem oder rotem Band unterbunden ist, als 
formlose Masse oder zu einem Horn gedreht, auf dem Scheitel zu tragen, 
und zwar allein oder in Gesellschaft eines zweiten kleineren Haarknopfes 
dahinter. 

Bisweilen kompliziert sich die Geschichte ein wenig, wie z. B. in 
Yü-lin-kan, wo zu dem in Windungen zusammengedrehten oder einfach ge- 
schlungenen Knopf auf dem Scheitel die Haare des Hinterkopfes in ein, 
zwei Schwänzchen auf einer oder auf beiden Seiten emporgeführt und 
dort mit silberbeschlagenen, gewöhnlich aus Affenbein hergestellten Nadeln 
befestigt werden. 

Einfacher ist die Art, die Henry beobachtet hat, das Haar von der 
Stirn zurückzubinden und mit einem Kamm aufzustecken. Oder man 
dreht es zusammen und legt es rings um den unrasierten Kopf, wie in 
Yai-(Ngai-) chou. 

Dagegen scheiteln die Frauen der Stämme, die Swinhoe in „Abo- 
rigines of Hainan“ beschreibt, sofern sie verheiratet sind, ihr Haar in der 
Mitte und befestigen es in einem grossen Knoten auf dem Hinterkopf; 
bisweilen lassen sie es lose herumhängen wie in Yü-lin-kan?). 

Daneben findet sich bei den Frauen von Tan-chou, und besonders 
unter den dortigen Fischerfrauen, eine besondere Art, das Haar zu 
tragen. 

Ein weisser Streifen aus ungebleichter Baumwolle wird durch das 


1) Oder vereinigen es zu einem Knoten auf dem Rücken. 


206 ` Strzoda: 


Stirnhaar gezogen und hinten unter einem ungeheuren chignonartigen Haar- 
knoten, der mit vielen Haarnadeln durchstochen ist, zusammengebunden. 

Nicht weniger interessant ist endlich auch eine von Du Halde be- 
schriebene Frisur: Männer und Frauen tragen das Haar durch einen Ring 
an die Stirn gedrückt. | 

Allen diesen Haartrachten gemeinsam ist ein das Haar zusammen- 
haltendes Tuch oder Seidenzeug, welches die Stelle eines Turbans vertritt. 
Je nach Gegend und ‚Geschlecht variiert es in Farbe und Schnitt und ist 
bald weiss, rot oder blau, bald einfach befranst oder bestickt. Nicht 
selten wird diese turbanförmige Krönung des Kopfes durch helle Stroh- 
oder Rattanhüte ersetzt, welche unter dem Kinn festgebunden werden. 
Ihre Form ist verschieden; sie sind meistens klein, doch finden sich im 
nördlichen wie südlichen Teil der Insel auch Typen mit spitzen Köpfen 
und breiten Krempen, an denen lange, einfarbige, meist blaue Fransen 
hängen. 

Verwandte Haartrachten unter den Shan-Stännmen des chinesischen 
und hinterindischen Kontinents finden sich bei den Frauen der Pu-Yüan 
Shan wie bei den Tai in Nan-pien-hsin-chai und Hsiao-ho-kuan (Fred. 
W. Carey: „Journeys in the Chinese Shan States“ in The Geographical 
Journal 15), deren Kopfbedeckung aus einem bisweilen mit Goldfäden 
bestickten Tuchhut oder Turban besteht. 

Ferner sagt Mac Gowan bei der Schilderung der äusseren Er- 
scheinung der Ché-kiang-Miao-tzc, dass ihr Haar in Form eines Bogens 
über der Stirn steht, von dem in der Regel ein Silberschmuck herab- 
hängt. 

Und endlich findet sich auch bei G. Dumontier (The Black River 
of Upper Tonquin and Mount Ba-Vi, Chine Rev. 19, 1891) der Turban 
als übliche Kopfbedeckung!) wiederholt erwähnt, mit dem Unter- 
schiede, dass er, gewöhnlich aus blauem Tuch bestehend, nach Art der 
neapolitanischen Bauerntracht auf dem Kopfe liegt, ihn nicht um- 
schliesst. 

Die Kleidung der Insulaner besteht bei Männern aus zwei Schurz- 
lappen, aus meistens schwarzem, braunem oder tintenblauem, auch mehr- 
farbigem, seltener weissem ungebleichten Baumwolltuch, welche, je nach 
Stamm und Gegend bald breiter, bald schmäler, auf der Vorder- und 
Rückseite die Hüften bis zu den Knien in der Weise bedecken, dass ihr 
Verbindungsstück an die linke Hüfte zu liegen kommt die rechte dagegen 
freibleibt, um beim Spannen des Bogens nicht hinderlich zu sein. Diese 
leichte Art ihrer Bekleidung, welche stellenweise auch mit dem „malayischen“ 
Sarong abwechselt, erinnert an die der Bewohner des südlichen Formosa. 
Das Gewebe ist grob und hart, dabei äusserst dauerhaft und meist in 
Linien- und Punktmotiven — bei blauem Grundton — weiss, bei weissem 
(rundton — blau — gemustert. 

In Yü-lin-kan ist es ein Lappen, der zwischen den Beinen hindurch- 
seführt und vorn und hinten an einer Hüftschnur befestigt wird. 


1) der Man — Frauen. 


Die Li auf Hainan. 207 


Als Besonderheit findet sich in der Übersetzung der K‘iung-shan-hsien 
Chronik von Bowra ein Kleidungsstück der Shu-Li erwähnt, welches aus 
einem baumwollenen, mit einem für den Kopf bestimmten Loch in der 
Mitte versehenen Umhang ohne Ärmel besteht. Dazu werden auf dem 
Kopfe bestickte Tücher und sechseckige Rattanhüte getragen. 

Eine eigentümliche Mischung chinesischer und einheimischer Tracht 
stellt die Kleidung der Li in Ling-mun im Innern der Insel dar, wo die 
chinesiche Jacke zum einheimischen Vorder- und Hinterschurz ge- 
tragen wird. 

Das wichtigste Bekleidungsstück der Frauen ist noch immer ein von 
den Hüften bis zu den Knien, selten tiefer, reichendes, zylindrisches und 
enges Hemd aus meist schwarzem oder tiefblauem, auch buntem Baum- 
wollzeug, das stark an den malayischen Sarong erinnert, aber etwas kürzer 
als dieser ist. 

Gleichwohl scheint die chinesische Kleidung seit kurzem Anhängerinnen 
unter ihnen zu finden. 

Doch unterscheiden sich die Frauen von den Männern besonders 
durch eine Art Leibchen oder knappe Jacke, mit engen, kurzen Ärmeln, 
aus denselben Stoffen, welche an den Rock anschliesst. Vorder- und 
Rückseite sind mit lebhaft bunten Stickereien in zum Teil geschmack- 
vollen Ornamenten und angenehmer Farbenwirkung bedeckt und je nach 
Dorf und Clan verschieden. Neben der häufigen Anwendung des Mäanders 
und anderer geometrischer Muster, welche nicht immer symmetrisch an- 
gebracht sind, findet sich auch das wahrscheinlich einheimische Motiv 
eines stark stilisierten tanzenden Mannes. 

Zum Verschluss dienen — neben der Verschnürung und mit farbigen 
Wollfäden durchwebten Perlzieratgürteln — grosse Bleirosetten, in deren 
schlüssellochartige Öffnungen gegenüberliegende löffelförmige Zäpfchen 
hineinpassen. 

Ein Vergleich mit den Kostümen konkinentaler Shan-Stämme ergibt 
ausser einer Reihe von Übereinstimmungeu auch die Tatsache, dass das 
Kleidungsstück der Li, welches allgemein als malayischer Sarong an- 
gesprochen wird, nicht unbedingt malayisch zu sein braucht. Es müsste 
denn sein, dass auch diese Stämme in ihrer Kleidung malayischen Ein- 
fliissen unterlegen sind. 

So tragen die Frauen der am Oberlauf des Schwarzen Flusses 
(Song-Bo) in Tonking lebenden Man neben einer allerdings besonderen 
Tunika und einem bis zu den Knien reichenden, sehr eng sitzenden Paar 
Hosen ein Bruststück, mit schmalen, weissen Schnüren und Schlingen und 
einer Reihe von dünnen Zinnknöpfen verziert. Nacken, Ärmel und 
Ränder der Hosen und Tunika sind mit Svastika-Zeichen bestickt, und 
ein grosses Ornament wie ein lateinisches Kreuz an der Spitze eines 
Dreiecks schmückt die Rückenseite in weisser, schwarzer oder roter 
Stickerei, je nach dem Stamm. 

Ferner tragen die Frauen der Akkas — einer nach Fred. W. Carey 
(A Trip to the Chin. Shan Tribes) von den Shan unterworfenen und 
wahrscheinlich zu den Lolos gehörigen Rasse ohne eigene Sprache mehr — 


208 ) Strzoda: 


einen sehr kurzen, engen, bis zu den Knien reichenden Rock und ein 
offenes Jacket mit gesticktem Schniirleib; die Pa-i Shan-Frauen ein 
langes, bis an die Fussgelenke reichendes Hemd mit vielfarbigen Rändern 
und gleichfalls ein enges Jacket oder Schnürleibchen, welches, neben 
einem Paar weisser, kurzer Kniehosen auch den Frauen der Pu-Yüan Shan 
eigentümlich ist und hier stets offen getragen wird. Ein schwarzer 
Schnürleib ist die Mode bei den Shan-Frauen in Nan-pien-hsin-chai und 
Hsiao-ho-kuan, und!) nach Dumontier bei den Muong, einer im oberen 
Tonking dominierenden Shan-Rasse. 

Aus dem Vorhergehenden ergibt sich also jedenfalls mit einiger 
Wahrscheinlichkeit die Gemeinsamkeit des Turbans, des sog malayischen 
Sarong und des kurzen engärmeligen Jackets hüben wie drüben, d. h. bei 
Stämmen, die anerkanntermassen zu der Tai-Shan-Familie gehören, und 
solchen, bei denen diese Zugehörigkeit zweifelhaft erscheint. 

Als Schmucksachen dienen 1 Zoll lange Stücke aus Hirschhorn, 
welche in die Ohren (d. h. wahrscheinlich: durch die Ohrläppchen) gesteckt 
werden. Diese, sowie grosse Ringe aus Kupfer und Messing, welche bis 
auf die Schultern reichen, dürften wohl als Überbleibsel des uralten 
Brauches angesprochen werden, der bei der Etymologie des Namens Tan- 
erh eingehender beschrieben worden ist. Nach Berichten Du Haldes 
tragen beide Geschlechter auch Ohrringe aus Gold- oder Silberblech in 
rundgelegter Birnenform, die vielleicht chinesischen Ursprungs sind. Dazu 
kommen grosse Halsringe aus weissen und blauen, auf Draht gezogenen 
Glasperlen, von denen oft zwanzig und mehr auf einem Halse zu sehen 
sind, oder Ringe aus dünnem, 2—3 cm breitem Silberblech. Kämme von 
schmaler, hoher, keilarticer Form zeigen auf dem Rücken feine Reth- 
flechterei in Rhombenmustern, während ihre Enden mit Blei eingefasst 
sind, und viereckige, spitz zulaufende Haarpfeile aus Affenbein sind zum 
Teil mit einem rechtwinkligen Linienmuster, das sich aus kleinen, schwarzen 
Kreisen mit Punkten in ihrer Mitte zusammensetzt, verziert. Daneben 
gibt es Nadeln aus Silber, Kupfer und Zinn. 

Wohnart. Die Li wohnen in Dörfern, die meistens in der Nähe 
von fliessendem Wasser gebaut sind, wie es auch bei den Niederlassungen 
der Miao-tzé der Fall ist. 

Oft läuft ein aus Bambusstangen errichteter Zaun um die An- 
siedelung, welcher an der Stelle, wo der Weg ihn kreuzt, niedriger wird. 
Um das Übersteigen dort zu erleichtern, ist an der Aussen- und Innen- 
seite des Zaunes eine zweistufige Bambusleiter oder ein roh eingekerbter 
Holzstamm angebracht. Dergleichen roh hergestellte und beiderseitig an 
die Umhegung gestellte Stufenbalken sind auch auf Feldern zu sehen; 
sie nehmen die Stelle der Tür ein, verhindern das Ausbrechen der Haus- 
tiere und schützen zugleich gegen die wilden Tiere, Haus und Herde, 
da Vich stellenweise in nicht unbeträchtlichem Masse gezüchtet wird. 


1) Ein kurzer Unterrock (sic), der bis zu den Knien reicht, mit einer die 
Hüften gerade bedeckenden Tunika und einem mehrfach gefalteten Bruststück. 


Die Li auf Hainan. 209 


In einem der grösseren Dörfer mit Namen Loi-han wurde an einem 
Tore eine sinnreiche Federvorrichtung, bestehend aus einem bogen- 
förmigen, elastischen Stück Holz, beobachtet, welche das Tor zuschlug 
und schloss, sobald der Druck der Hand aufhörte. 

Die Häuser der Li sind hinsichtlich ihrer Bauart je nach Gegend ver- 
verschieden. In Choi- (oder Chio (?)-) tung z. B. bestehen ihre Wände 
aus Bambusflechtwerk und sind innen wie aussen mit Erde beworfen. 
Das Dach ist mit Stroh gedeckt. Strohbedeckte Hütten, ohne Wände, 
deren Dach auf jeder Seite bis zur Erde reicht, sind die Regel in Yü-lin- 
kan, in Ny-chou, und die Chronik von K‘iung-shan-hsien beschreibt die 
Wohnungen der Li als „in Gestalt umgestürzter Becken aus zusammen- 
gelestem Gras gebaut.“ „Oben befänden sich die Wohnräume für die 
Menschen, darunter die Ställe für das Vieh und die Schweine.“ 

Nach einer anderen chinesischen Quelle (Karte von Hainan mit An- 
gabe der Städte und wichtigsten Plätze; mit kleinen Illustrationen — dar- 
stellend Pflanzen, Tiere und Insulaner bei ihrer Beschäftigung — und 
begleitendem Text) sind die Häuser der Li lang und hoch und haben 
Bootsform, je eine Tür an der Schmalseite und in der Mitte ein zweites 
Stockwerk, in dem sie wohnen, während die unteren Räume für die 
Schweine bestimmt sind. Calder endlich behauptet, dass jeder Li zwei 
Hütten zu haben scheint, eine für sich und seine Waffen, die andere für 
Frau und Familie. Damit sind vielleicht die Stämme gemeint, bei denen 
noch das Mutterrecht in Geltung ist. | 

Bemerkenswert ist aber, dass, je tiefer man in das Innere vordringt, 
die Bauart der Häuser immer reiner den Typ eines malayischen Pfahl- 
hauses wiederzugeben scheint. Die Wohnungen in Huang-a und Tau-ta 
nämlich sind wesentlich verschieden von denen im bereits erwähnten Chio- 
tung und in Pi-sui, Orte, die beide im südwestlichen Teile der Insel 
liegen. Sie sind hier auf Pfählen in 1'/, bis 2 Fuss Höhe über dem Boden 
errichtet, haben Wände und Dielen aus Bambusgeflecht — derart, dass 
zwei Lagen fingerdicker Stangen im rechten Winkel übereinander gelegt 
werden —, Strohdächer und ein zweites Stockwerk für die Bewohner. 
Schweinen und anderen Haustieren ist der Raum darunter zugewiesen. 
Die Herde bestehen aus viereckigen Einschnitten in die Erde, die mit 
Lehm verkleidet sind, oder, was das gewöhnliche ist, aus „gespaltenen 
Bambusstäben“. 

Die Frage ist nun, ob das Haus der Li wirklich auf ein malayisches 
Vorbild zurückgeht oder, ob wir es auf Hainan mit einem Typ zu tun 
haben, der sich selbständig entwickelt hat oder auch vom Festlande her 
gekommen sein kann. 

Dass Pfahlhäuser ähnlichen Typs auf dem malayischen Archipel die 
Regel sind, beweist noch lange nicht, dass in dieser Beziehung tatsächlich 
ein Zusammenhang zwischen Malayen und Li besteht, geschweige denn, 
dass die Li selbst Malayen sind, wie es von vielen behauptet wird; denn 
es ist Tatsache: eine ganz heterogene Rasse, wie die Shan- und Thai- 
Stämme des südwestlichen China und Hinterindiens, baut Häuser in dem- 
selben oder ähnlichem Stil. 

Zeitschrift für Ethnologie. Jahrg. 1911. Hett 2 14 


210 l Strzoda: 


Ob und inwieweit auch hier malayische Einflüsse anzunehmen sind, 
ist allerdings eine andere Frage. 

Zunächst sagt Edouard Diguet in „Etude de la langue Tai“, dass 
das Haus der Tai stets auf Bambuspfeilern in Mannshöhe über dem Boden 
errichtet ist, Bootsform hat, sehr gross, oft 75 m lang und 25 m breit ist, 
so dass oft 12 Familien Platz haben und unten die Haustiere: Pferde, 
Büffel, Schweine usw. beherbergt. Daneben befände sich ein kleiner 
Speicher. 

Nach den Ausführungen G. Dumontiers in der China Review 19, 
1891 bestehen die Dörfer der Muong, der wichtigsten Rasse am Song-Bo 
oder Schwarzen Flusse im oberen Tonking — deren Bezeichnung „Muong“ 
kein Rassename, sondern das Äquivalent für das annamitische chäu und 
das siamesische chao ist — nur aus 10— 20 Häusern, welche auf Pfeilern 
in Höhe von etwa 7 Fuss erbaut sind. Leitern dienen zum Aufstieg, und 
das Untergeschoss ist der Aufenthalt für Schweine usw. Die Häuser 
stehen isoliert und ihr Boden ist, weil aus Bambus hergestellt, sehr 
elastisch. Gewöhnlich sind sie nur ein grosser Raum mit einer manns- 
hohen Abteilung von Bambusmatten (etwa ein Viertel des Ganzen) für 
die Frauen. Das zweite Viertel desselben Endes ist der Feuerplatz, der 
viereckig und 7—8 Fuss lang ist. Der Herd besteht aus langen, flachen 
Steinen, die auf der Bambusdiele liegen, worüber dann noch eine dicke 
Schicht Asche gebreitet wird. Ein Balken an der Decke dient als 
»whatnot“ zum Aufhängen allerhand Geräte; auch die Wiege, ein langer, 
flacher Korb aus Bambus hängt an der Decke genau so wie bei den Li, 
deren Babys in weidengeflochtenen, mit drei Stricken an den Balken der 
Hütte aufgehängten Schwingen ruhen. 

Eine dritte Abteilung vorn, mit Holz ausgelegt, ist das Ehrenzimmer 
für Besuche und Gäste, denen stets der beste Empfang zuteil wird. 

Pfahlhäuser aus Bambus, in der Ebene, nahe an fliessendem Wasser 
liegend und einzelne Gehöfte bildend oder zu kleinen Dörfern gruppiert, 
finden sich endlich auch im Gebiete der Sip-song-pan-na oder „12 Staaten“ 
(nämlich: Meng-Wang, Cheng-Tung, Pu-Teng, Wu-Tei, Meng-Wu, Liu- 
Shun, I-Bang, I-Wu, Méng-La, Meng-Lung, Meng-Cheh und Meng-Ah), 
deren Bewohner, grésstenteils Shans, von den Franzosen Lü oder Tai 
genannt werden, während ihr chinesischer Name Pai-I oder T‘u-Chia 
lautet. 

Waffen und Jagd. Der Li, in erster Linie Jäger und Holzschnitzer, 
führt stets ein hirschfängerartiges Messer bei sich, welches am Gürtel in 
einem kleinen, hohen Körbehen hinter der Hüfte getragen wird, wie der 
Muong vom Berge Ba-Vi am Schwarzen Fluss nie ohne einen kurzen 
Säbel (!) in hölzerner Scheide zu sehen ist. 

Ihre Lieblingswaffe ist der Speer, mit dem sie auf über 100 Schritt 
Entfernung, ohne zu fehlen, auf Vögel und Tiere schiessen. Die Wurf- 
speere haben verschieden geformte eiserne Spitzen; die Bogen, aus hartem 
Holz hergestellt, sind mit Bambusstreifen bespannt, und die vergifteten 
Bambuspfeile, meist mit eiserner, knöcherner oder feuergehärteter (Holz-) 
Spitze oder einseitig herausgeschnittenem Widerhaken versehen, haben 


Die Li auf Hainan. 211 


keine Schwungfedern, sondern nur ein herzförmiges Stück Blatt, welches 
durch einen am Schaftende befindlichen Schlitz gezwängt wird. Jedes 
Jahr im Dezember sollen sie in Scharen auf die Jagd ausziehen und so 
gute Schützen sein, dass neun von zehn Schüssen immer treffen. Des- 
gleichen heisst es, dass ihr Gehör und die Fähigkeit, sich geräuschlos an 
das Wild heranzuschleichen, zu einem hohen Grade entwickelt sind. 

Allerdings wird das von anderen Reisenden wieder bestritten, welche 
ihnen eine besondere Geschicklichkeit in der Handhabung von Pfeil und 
Bogen absprechen. Nach der oben gegebenen Beschreibung der Pfeile 
hat es einige Wahrscheinlichkeit für sich, dass derartige Geschosse auf 
weite Entfernungen nicht gerade fliegen können. Ihre Taktik ist infolge- 
dessen die, sich ganz nah an das Ziel heranzuschleichen, ehe sie schiessen. 
Das getroffene Wild wird dann so lange verfolgt, bis sich die Wirkung 
des Giftes zeigt. — Da die Li ferner weder Netze noch andere Fisch- 
fanggeräte haben, werden auch Fische mit Pfeilen geschossen; die Kon- 
servierung mit Salz soll ihnen schon bekannt sein. 

Der Köcher besteht aus einem dicken Bambusrohr mit dichtschliessen- 
dem Lederdeckel in Form einer hohen Mütze, und zwei kleineren, durch 
Bastschnüre an seiner Seite befestigten Röhrchen. 

Ackerbau. Wo auf der Insel, wahrscheinlich von Miao- oder Shu- 
Li, Ackerbau betrieben wird — und es ist besonders das nördliche flachere 
Vorland, das sich dazu eignet —, findet die Aussaat erst während der 
Regenzeit statt. Dabei wird das Pflügen des Bodens durch das Vieh be- 
sorgt, welches, in Herden freigelassen, das Wasser und den Boden zu einer 
dicken Masse zerstampft, in die das Korn gesät wird. Eine vorzügliche 
Ernte soll bei diesem Verfahren erzielt werden. 

Auch das Abbrennen und ein rascher Wechsel der Felder und kul- 
tivierten Hügelseiten kommt vor und erinnert lebhaft an die Praxis einer 
Reihe von Shan-Stämmen auf dem Festlande. 

Die Hainan Miao. Vierzig Meilen von der Westküste Hainans, 
sagt Fr. P. Gilman (China Rev. 19), in den Vorbergen zwischen Chinesen 
und Loi, wohnen viele Miao, Miao-Loi genannt, welche behaupten, vor 
200 Jahren von Ko-chou auf dem Kontinente!) gekommen zu sein, und in 
grossem Masse Sprache und Sitten beibehalten haben, welche sich auch 
von denen der Loi unterscheiden. Sie zeigen den Bekannten den Ver- 
trag über ihre Rechte, ein angebliches Dekret des „ersten Kaisers Pan- 
ku, datiert Jahr 1%, welches ihnen Steuerfreiheit, freie Bebauung der 
Hügel, Heirat untereinander und Schutz durch die Lokalbehörden garantierte. 
Auch sollen sie angehalten sein, den „Schöpfer“ zu verehren. Ihre Frauen 
haben mehr die ererbten Traditionen bewahrt. Das kommt besonders in 
der Kleidung zum Ausdruck, welche aus einer blauen Jacke mit engen 
Ärmeln, bis zu den Knien reichend und einem engeren Gewande darunter, 
von derselben Länge, besteht. Das Haar wird einfach nach oben gelegt 
und mit einem bestickten blauen Tuch bedeckt. Ihre Bebauungsinethode 
ist sonderbar: sie brennen eine Hügelseite ab und säen und ernten und 


1) Nordöstlich von Leichou. 
14 * 


212 Strzoda: 


im nächsten Jahre eine andere. Daher haben sie weder feste Nieder- 
lassungen noch feste Häuser, weil bei dieser Wirtschaftsmethode der 
Boden schnell unbrauchbar wird. Ihre Dörfer bestehen aus zehn bis 
dreissig Familien. 

Mit diesen Miao-Loi identisch sind wahrscheinlich die von Du- 
moutier erwähnten Meo-Stämme im Tale des Schwarzen Flusses, welche 
aus Kuei-chou gekommen sein sollen und sich nach ihrer Kleidung in drei 
Familien scheiden: die Back Moo, Hach Méo und Höng-Meo. Weil den 
Man ähnlich, werden sie auch Man-Meo genannt. Sie bewohnen die 
Spitzen der Berge, verbrennen die Toten und sollen durch vornehme 
Muong-Familien ins Land gebracht worden sein, um die Bevölkerung zu 
vermehren. Ihre Ansiedlungen lagen um Hong-Hoa, Thuy-Vi und Van- 
Ban und erstreckten sich bis zur Yün-nan-Grenze und bis nach Kuanghsi 
hinein. Zunichst hatten sie beträchtliche Privilegien, Steuerfreiheit, kosten- 
losen Landbesitz, und auch sie kultivierten den Boden sehr primitiv. Zu 
hohe Bedrückung führte später zu Aufständen, in denen mehr als 70 pÜt. 
der Bevölkerung unterging. 


Ferner üben die tonkinesischen Man und Muong — welch letztere 
allerdings auch den Boden mit einem mit lang zugespitzter und im Feuer 
gehärteter Spitze versehenen Bambuspflug pfliigen — und eine Anzahl 


Miao-tze in China diese einfache Art der Bodenbestellung durch Ab- 
brennen mit dem System des Felderwechsels, der meist alle drei Jahre 
stattfindet und eine Veränderung des Wohnortes nach sich zieht. 
Hausgeräte sind äusserst primitiv. Steinmörser fehlen, so dass der 
Reis in hölzernen zerstossen werden muss, wozu drei bis vier Mann er- 
forderlich sein sollen. Überhaupt finden sich Schüsseln mit Deckeln, 
Näpfe und dergleichen in sehr roher Ausführung häufiger aus Holz als 
aus dem sehr leicht zerbrechlichen Tépfermaterial. Kugelférmige Koch- 
töpfe mit zwei dicken llenkelösen haben einen schrägen Rand und 
konischen, durchlochten Deckel. Zu erwähnen sind ferner an Rethfasern 
hängende Wasserbehälter, Näpfe und Schöpfkellen, sämtlich aus einem 
Stück Bambus hergestellt; aus drei dornenbesetzten Leisten zusammen- 
geschlagene Reibhölzer für Rettiche; pferdeschweifartige Handfeger aus 
Rethfasern und eine äusserst primitive Lampe, deren Bambusholzunter- 
satz in einem nach Art unserer Rohrklopfer geflochtenen Rethreifen hängt. 
Die Pfeifen bestehen aus einem gekrümmten Kloben Holz mit enger 
Durchbohrung, in den am längeren, geraden Ende ein Bambusröhrchen 
eingeführt wird. Eine etwas sorgfältigere Ausführung in Brandmalerei 
und eingeritzten Pfeilschaft- und Rhombenmustern zeigt eine Flöte im 
Museum für Völkerkunde. Ebenda befindet sich auch eine interessante, 
fassformige Trommel mit einem Hirschgeweih an beweglichem Zapfen als 
ITandhabe und einem hölzernen Schligel. Der längliche Körper ist an 
beiden Enden mit starkem Rindsleder bespannt, welches mehrere Reihen 


viereckiger Holznägel straff halten. Verwendung finden sie — wie wir 
gesehen haben — bei Festlichkeiten, Tänzen und Geisteranrufungen oder 


-vertreibungen sowie vor den Häusern der Häuptlinge. 
Ob sie in irgendeiner Beziehung zu den mysteriösen Bronzetrommeln 


Die Li auf Hainan, 213 


(T‘ung ku, Man-ku) stehen, die im Süden Chinas, auf Hainan, in Hinter- 
indien und auf dem Ostindischen Archipel vorkommen, ist schwer zu 
sagen?). 

Im „Ch‘i-Man-ts‘ung-hsiao“ wird erwähnt, dass man bei Ma-yang. 
(Provinz Hu-nan) eine Bronzetrommel aus dem Flussbett gegraben habe» 
die einer grossen Glocke oder einem länglichen Fass ähnlich gewesen 
sei, 36 Buckel (wie die alten chinesischen Bronzeglocken) gehabt hätte 
und dass an anderen Orten Bronzetrommeln häufig gefunden worden seien. 

Diese Beschreibung passt nicht schlecht auf die erwähnte hölzerne 
Li-Trommel, zumal, wenn man mit einiger Phantasie die immerhin 
auffallenden dicken, hervorstehenden Köpfe einiger drei, vier Reihen von 
Holznägeln mit den Buckeln der alten „fassförmigen“ Glocken in Ver- 
bindung bringt. 

Wir hätten in diesem Falle also eine der traditionellen Form ent- 
sprechende hölzerne Nachahmung des zweiten Typs alter T‘ung-ku 
vor uns. | 

Ein einfacher Webstuhl, welcher bei den Li gebräuchlich ist, 
nımmt insofern etwas mehr Interesse in Anspruch, als die Baumwolle am 
Ende des 14. Jahrhunderts gerade von einer Bewohnerin Hainans, mit 
Namen Huang Tao-po, in die Yangtzé-Gebiete eingeführt worden sein 
soll, zu einer Zeit, als sich ihre Kultur, obwohl schon 800 Jahre früher 
bekannt, unter der Mongolen-Dynastie intensiver von Chinesisch-Turkestan 
aus über Nord-China zu verbreiten begann. Die Tatsache aber, dass auch 
Cochin-China lange vor jener Zeit ihren Anbau pflegte, in Verbindung 
mit der wahrscheinlichen Annahme ihrer Einführung aus dem isolierten 
Hainan würde gleichfalls auf einen früheren Zusammenhang hainanesischer 
und hinterindischer Tai-Shan-Stämme deuten. 

Die einzige Art Baumwolle, welche bei ihnen wächst, blüht ım 
Frühling und reift im Sommer und wird von den Frauen mit der Hand 
und einem Fuss zu Fäden zusammengedreht und für den Webstuhl 
präpariert. | 

Eine eigentliche Schrift besitzen die Ureinwohner Hainans nicht 
Sie bedienen sich zur ,brieflichen* Verständigung gewisser Kerbzeichen 
auf Holz und Pfeilen, welche der Adressat versteht, und das ist insofern 
bemerkenswert, als in den Sui-Shu oder Büchern der Sui-Dynastie (589—618) 
von den Man gesagt wird, dass sie als Schrift das Kerbholz gebrauchten 
(Hirth, Bastian-Festschrift). | 

Eine Schriftprobe aus dem Tempel eines Dorfes, nahe Yü-lin-kan, 
welche von einem „Medizinmanne“ geschrieben sein soll und von Calder 
in „Notes on Hainan and its aborigines“ (China Review 1882—83) als ein 
Gemisch von Chinesisch und Malayisch hingestellt wird, erweist sich mir 
als sehr chinesisch und der unbeholfene Versuch eines des Schreibens 
unkundigen Eingeborenen, die Charaktere: „der Himmel ist weit“ zu 
kopieren, welche ich auf hainanesischen Teppichen wiederholt gesehen 
habe. 


1) Nähere Ausführungen über die Trommelfrage müssen aus Raummangel 
fortfallen. H. AL 


214 Strzoda: 


Zeichen fiir Zahlen und die Vorstellung von Zeit und Raum fehlen 
ihnen gleichfalls nach Ansicht desselben Autors. 

Die Sprache der Li und ihre Beziehungen zu kontinentalen 
Sprachen’). Der zuverlässigste Wegweiser nach der Urheimat unserer 
Insulaner ist vielleicht die Sprache, welche sorgfältig von einer Fülle 
fremdartiger Sprachen und Dialekte zu sondern ist. 

Nichts mit dem Idiom der ureingesessenen Li zu tun hat zunächst 
das sog. Hainanesische, die lingua franca der Insel, welche sogar von den 
Li in ausgedehntem Masse, besonders aber im Osten und Süden der Insel, 
gesprochen und auf allen Marktplätzen verstanden wird (Fr. P. Gilman): 
ein südchinesischer, mit dem Kantonesischen verwandter Dialekt. Es 
folgen der Swatau- und Amoy-Dialekt, welche an der Nordostküste bis 
Ka-chek 6 Meilen inlandwärts gesprochen werden; doch ist bereits 
16 (engl) Meilen in westlicher Richtung von Hoi-hou an der Nordküste 
der Insel im Li-Dorf Ti-dae fast gar kein Chinesisch mehr in Übung, und 
die Dialekte von Tam-chou (nicht weit von der südlichen Nordwestküste) 
und Ling-shui (Lingtui), an der Südostküste, sind dort unverständlich 
(Parker: The Li aborigines of K‘tiungshan, China Review 19). 

Andere chinesische Mundarten werden neben den Miao-tze-Dörfern des 
Siidwestens und an der Kiiste gesprochen, wie das reine Kantonesisch, das 
Hakka und eine Art Mandarin-Chinesisch. 

Die Dialekte von Tam-chou — vgl. Reihe X der Sprachtabelle —, 
dem Verbannungsort des berühmten chinesischen Dichters und Staats- 
mannes Su-Tung-Po, und von Lim-Ko — vgl. Reihe XI —, welche von- 


1) Die Sprachtabelle, die diesen Abschnitt begleitet, war von Hrn. Strzoda 
bedeutend umfassender angelegt. Ich habe aber geglaubt, eine gewisse Beschränkung 
eintreten lassen zu müssen — nicht nur aus äusserlichen Gründen, um die Über- 
sichtlichkeit zu erhöhen, sondern auch aus inneren. Die Aufnahmen hainanesischer 
Sprachen, die bisher veröffentlicht worden sind, sind von sehr verschiedenem Werte. 
Ganz ausschalten musste ich die von Calder herrührenden Aufnahmen aus Jü-lin- 
kan, Nga-lung und Samah, alles drei südhainanesische Sprachen. Es ist mir un- 
möglich gewesen, festzustellen, welche Lautwerte Calder mit seinen Transkriptionen 
verbindet. Ausserdem scheint er bei den Zahlen zum Teil die Numerative und 
wohl noch ein Substantiv mit aufgeschrieben zu haben, so dass solche Monstrositäten 
die Folge sind, wie bei einer Aufnahme aus Jü-lin-kan: 1 kom-chec hum, 2 lo (dlo) 
hum, 3 sa- (sauh-) hum usf. Die Calderschen Aufnahmen sind in der Tabelle 
also unberücksichtigt geblieben. Die von Swinhoe (abgekürzt Sw.), Jeremiassen 
(J.) und Parker (P.) aufgenommenen Listen wurden durchgesehen und ihre Ortho- 
graphie vereinheitlicht. Es ist das zwar ein gewagter Schritt, doch tat ich ihn erst 
nach reiflicher Überlegung und nachdem ich die Überzeugung gewonnen hatte, 
dass sich aus dem Material feststellen lasse, welche Laute gemeint seien. Die 
Vokale sind wie im Deutschen, die Konsonanten wie im Englischen auszusprechen, 
ao, ou, ou ei usw. sind als Diphtonge zu sprechen. Aus der grossen Reihe der von 
Hrn. Strzoda zum Vergleich herangezogenen Sprachen des asiatischen Kontinentes 
habe ich eine Miao-tze — [nach Edkins = Ed.] und zwei Jao-Sprachen [nach 
Souchieres = Sou] ausgewählt, sowie das Siamesische und Annamitische, andere 
Sprachen sind in den Anmerkungen benutzt. Für das Siamesische wählte ich die 
Transkription von Pallegoix, für das Annamitische die von Taberd. Im Texte 
sind Änderungen der Transkriptionen nicht durchzuführen gewesen. 

Herbert Mueller. 


Die Li auf Hainan. 215 


einander abweichen, sind ohne Zweifel die am stärksten vom Chinesischen 
beeinflussten (obwohl sie von der in Frage kommenden Bevölkerung selbst 
für aboriginal(!) gehalten werden), und zwar der erstere mehr vom 
Mandarin, der letztere vom Hainanesischen. Im Süden, Westen und Innern 
finden sich die aboriginären Sprachen, nach Fr. P. Gilman etwa östlich 
von der vom Leng-ang-Fluss gebildeten Teilungslinie, welcher bei Hoi-hou 
in die Hainanstrasse mündet, während die westlich davon gesprochenen 
Mundarten von ihm als dem Siamesischen und anderen Abarten der Tai- 
Sprachenfamilie angehörig noch besonders aufgeführt werden. 

Frd. Hirth in der bereits zitierten Arbeit „die Insel Hainan nach 
Chao Ju-Kua berichtet, dass sechs Sprachen auf Hainan gesprochen werden 
sollen. 

Ob darunter nur aboriginäre Dialekte des Li-yü oder auch andere 
Sprachen zu verstehen sind, ist nicht ganz klar. 

Die von einigen Schriftstellern wie Sandal-Wood in „Capture of a 
Lee Stockade‘, Taintor und Calder in „Notes on Hainan and its 
aborigines“, von Henry und auch Swinhoe (an einer Stelle) vertretene 
Ansicht, die Ureinwohner der Insel seien malayischen Ursprungs oder 
«doch noch mit ihnen verwandt, ist unhaltbar. 

Das in der Sprache der (malayischen) Shu-Fan (Pepo) und anderer 
formosanischer Stämme so häufige R zeigt keine Ähnlichkeit mit dem der 
Lis. Ihrer Sprache fehlt ferner das für Japan und Formosa gleich wichtige 
R als Anfangskonsonant. 

Diese Tatsache, der zum grössten Teil monosyllabe Charakter und 
das jeder Klasse von Substantiven eigentümliche Zählwort sind durchaus 
Erscheinungen der chinesischen Sprachenfamilie und veranlassten 
Swinhoe später, den Loi-Dialekten bündig ihren Platz hier anzuweisen. 

Die sprachlichen Unterschiede zwischen den einzelnen Stämmen der 
Li selbst sind nur dialektischer Art und bei einer Rasse ohne eigene 
Schrift und Literatur, die ein unwegsames gebirgiges Land bewohnt, leicht 
erklärlich. In Formosa dagegen sprechen benachbarte Stämme sogar ver- 
schiedene Sprachen, eine Erscheinung, die entweder auf das Vorhanden- 
sein verschiedener Rassen oder darauf zurückzuführen ist, dass lange 
Zeitläufe zwischen den einzelnen Kolonisationsperioden lagen und die 
durch die Natur des Landes begünstigte Isolierung lange genug dauerte, 
einen durchgreifenden Wandel in allem zu schaffen. — Neben den nur 
dialektischen Variationen, die jedenfalls nicht so weit auseinandergehen 
wie auf Formosa oder in China, zeigen, wie Swinhoe feststellt, die 
Idiome der vier weit auseinander wohnenden Shu- und Sheng-Li-Stämme: 
der Lakia von Lingmun im Innern; der Lai von Yülinkan (-kong) an 
der Südküste; der K‘lai von Nychou (Ngai-chou) und der Lao-kwang von 
Hoi-tow (vgl. Sprachtabelle) bisweilen eine auffallende Übereinstimmung. 
Noch deutlicher wird diese Tatsache durch meine vergleichende Sprach- 
liste, auf welcher 13 Stämme mit einem mehr oder weniger umfangreichen 
Wortschatze vertreten sind. 

Auch Jeremiassen in „Loi Aborigines and their speech“ sagt: „Alle 
Loi-Dialekte stimmen mehr oder weniger miteinander überein. Alle sind 


216 Strzoda: 


sie urspriinglich dasselbe. Aber die Vermehrung der Bevélkerung, die 
sie zwang, neue Wohnsitze zu suchen, mit der isolierenden Unwegsamkeit 
und Abgeschlossenheit des bergigen Landes taten das ihrige, die „Stämme“ 
zu schaffen und die Verwirrung unter ihnen zu vermehren. Ihre friihere 
einheitliche Sprache ist korrumpiert durch das Hainanesische, das Mandarin 
und die Miao-tze-Dialekte. 

Es muss zugegeben werden, dass auch hier — unter den Li-Dialekten! 
— grosse Differenzen vorhanden sind; aber eine Verständigung zwischen 
den einzelnen Stämmen ist nicht absolut ausgeschlossen. 

Nimmt man daher mit den Chinesen als feststehend an, dass die Shu- 
Li oder Miao-Li vom chinesischen Kontinente herübergekommene Miao-tze 
sind, so müsste nach Swinhoe dasselbe für die wilden (Sheng-) Li 
postuliert werden. 

Die sprachlichen Unterschiede zwischen ihnen sind nun aber nach 
einer von Swinhoe aufgestellten Tabelle der von den vier oben er- 
wähnten Stämmen gesprochenen Dialekte so bedeutend, dass sie diesen 
Schluss auf die Herkunft der Sheng-Li kaum gestatten, da überhaupt nur 
die Zahl 5 in beiden übereinstimmt und 1, 2, 10 und 100 in den Miao-Li- 
Sprachen wohl chinesisch sind. 

Josef Edkins glaubt einen ziemlich deutlichen Zusammenhang 
zwischen den Sprachen der Miao-tzé aus Kus-chou und denen der Aboriginer 
von Hainan konstatieren zu können, und nimmt an, da z.B. das. Wort 
für Wasser „nam“ sowohl auf Hainan wie in Siam (Menam) vorkommt, 
bei den Miao-tzé in Kuei-chou aber fehlt, dass der Li-Dialekt. Hainans in 
der Mitte zwischen den ursprünglichen Dialekten Siams und denen der 
wilden Völker im südwestlichen China steht. In seinen Bemerkungen 
zur Swinhoe-Liste sagt er: die Chinesen nennen die Völker, die wir 
mit dem Namen Lao bezeichnen, Lo, ein Name, der in der gewöhnlichen 
Bezeichnung für Siam (Hsien-Lo) enthalten ist. So nennen die 
Könige von Siam sich selbst Beherrscher der Laos und die birmanischen 
Kaiser Beherrscher der Mon und Talaing (chin.: Mien-Tien). Der Name 
Li oder Lakia usw. auf Hainan ist wahrscheinlich identisch mit dem der 
Kolo oder Lolo(?) genannten Aboriginer der Provinz Kuei-chou und 
ebenso mit dem Wort Jiao in Siam. | 

Wenn Edkins am Ende seiner Ansführungen die Hoffnung aussprach, 
dass es sich in nicht zu ferner Zukunft zeigen würde, dass auch die Li- 
Dialekte mit denen der Miao-tzé Kuang-sis verwandt sind, so befand | er 
sich ohne Zweifel auf der richtigen Spur. 

Meiner Ansicht nach empfiehlt es sich aber, die Dialekte der Miao- 
Li auf Hainan bei der Frage nach der Bestimmung der ursprünglichen 
Li-Sprache nicht zu sehr in den Vordergrund treten zu lassen, da sie 
vielleicht stärker vom Chinesischen beeinflusst worden sind als die anderer 
Shan-Stämme auf dem Festlande. 

Inwieweit diesem Standpunkt bei der Aufstellung der Sprachliste 
Rechnung getragen worden ist, ist allerdings schwer zu sagen, da nicht in 
jedem Falle in den Beriöhlen mit Sicherheit zu erkennen war, ob die 
wilden oder zivilisierten Li (Sheng-, Shu-Li) gemeint waren. | 


Die Li auf Hainan. 217 


Vor allen Dingen möchte ich aber der Vermutung Ausdruck geben, 
dass die den Li verwandten Stämme weiter südlich zu suchen sind, als es 
gewöhnlich angenommen wird. Denn es liegt nahe, dass die heutigen 
Bewohner der südlichsten Teile Chinas, also auch Hainans und Indo- 
chinas (Siams usw.) zur Zeit der chinesischen Invasion zunächst an der 
Reihe waren, den eigentlichen chinesischen Kontinent zu verlassen, wo 
sie bis dahin als Einheit zusammengelebt haben mochten, während die 
heutigen Bewohner der südwestlichen Provinzen Chinas damals weit höher 
im Norden gewohnt haben und vielleicht in manchen Beziehungen ver- 
schieden von jenen gewesen sein können. 

Parker konstatiert dementsprechend in einem bereits erwähnten 
Aufsatz, dass 20 von 300, und zwar monosyllaben, Worten der Ti-dae Li 
reines Siamesisch oder Muong sind nnd ebenso viele zusammengesetzte 
Worte diese Verwandtschaft in einer Silbe wenigstens zeigen. Eine un- 
leugbare Tai-Shan-Verwandtschaft stellt auch Terrien de Lacouperie 
fest, trotzdem er zugibt, dass die Sprache nicht rein ist und Spuren anderer 
Einflüsse zeigt. 

Das folgende ist ein Versuch diese Behauptungen auf eine breitere 
Basis zu stellen und, wenn möglich, den endgültigen Beweis für diese 
Verwandtschaft zu liefern. 

Aus der vergleichenden Sprachtabelle, auf welcher die Dialekte oder 
Sprachen einer grösseren Zahl von Stämmen Hainans und des benach- 
barten Kontinents mit Namens- und — soweit möglich — Ortsangabe ver- 
treten sind, ergibt sich zunächst allgemein, dass in einigen Kolumnen 
70 pCt., in den übrigen der 13 verschiedenen Li-Dialekte aber ungefähr 
50 pCt. unverkennbar Tai-Shan-Worte sind. 

Am auffallendsten tritt diese Verwandtschaft zutage bei den K‘iung- 
shan-Li (Kheng-toa-Loi), Reihe XII, welche als Shu-Li gelten, eine Er- 
scheinung, auf welche auch E. H. Parker in Vol. XIX 6 der China Review 
aufmerksam macht, wo er zu beweisen sucht, dass zum mindesten diese 
Li von den Siamesen abstammen müssten. 

Carl C. Jeremiassen nimmt in gleicher Weise in seiner Ab- 
handlung „Loi aborigines of Hainan and their speech“ (China Review 
20, p. 296) Siam oder West-Annam als Heimat der Li in Anspruch, sich 
dabei auf ihre allgemeine Erscheinung und_ ihre Sitten stiitzend, die er 
jedenfalls sehr gut gekannt hat. 

Alle Li-Dialekte — vielleicht mit Ausnahme des von Tam-chou — 
haben weiter dieselben grammatischen Besonderheiten in der Konstruktion 
der Sprache wie die siamesische Grammatik zum Beispiel. 

So folgt das Adjektivum meist dem Hauptwort und als charakteristisches 
Merkmal der Genetiv ohne ein ihn vermittelndes Bindeglied dem Wort, 
von dem er abhängt, wenn freilich auch die entgegengesetzte Reihenfolge 
vorzukommen scheint: 

Einige Beispiele: 


218 Strzoda: 


Hainan: Tai-Shan-Stämme (Kontinent): 
1. nam dam: schwarzes Wasser. nam dam: schw. Wasser (Siam.). 
ma-lek hau-shit: schönes Mäd- am yang: reines Wasser (Man- 
chen. Dialekt). 


(Hier steht sogar das offenbar chinesische Adjektivum: hao-se (hau- 
shit) dem Substantivum nach.) 


slög phaman: Knabe. dek-phu-zai: Knabe (Siam.), 
2. bet(hit) nam: die Wasser- tô pête namme: Wildente (Diguet, 
(Wild-)ente. Rh. 24). 
de-yen: der Tabaksbeutel. Xe pet: Entenei (Dumontier). 
(Trotz der chinesischen Laute: me-nam: . Mutter der Gewässer 
dai (de) und yen schantaistische (Siam.). 
Wortstellung.) | 


Terrien de Lacouperie gibt allerdings nur die Verbindung: Gene- 
tiv + Hauptwort und nicht die: Hauptwort + Genetiv als ideologischen 
Index an, worunter er Formeln für 14 Möglichkeiten der Wortfolge ver- 
steht, in welcher Gedanken in verschiedenen Sprachen ausgedrückt 
werden müssen und können, um ein und denselben Sinn zu geben. 

Die vierte, ihm nicht bekannte Formel, welche die gegenseitige 
Stellung von Subjekt und Verb betrifft, ist einfach gegeben: 

Das Subjekt steht vor dem Verb, wie aus folgenden Originalsätzen 
Swinhoes hervorgeht, welche gleichzeitig die Stellung des Adverbs ver- 
anschaulichen: 

1. Mow-poo kun-ka külä chan? 

Habt(?) Ihr gegessen Reis oder nicht? 

2. Ho tun mow elen: 
Ich sehe(?) dich gut. 

3. Vatney ho lat mow: 

Jetzt ich sehe dich (ihn?). 
Pailuo ho lat-mow: 

Gestern ich sah dich (ihn?). 
Batho ho lai mow: 
Morgen ich sehe dich (ihn?). 

4. Pehiny chin moo-én: das ist gut. 
Pehiny chin kého clen: das ist besser. 
Pčhiny clen: das ist am besten. 

Die Stellung des Objekts hinter dem Verb, sowie die auch dem 


Chinesischen eigentümliche Erscheinung, ein Transitivum nie ohne ein 
allgemeines Objekt zu gebrauchen, illustrieren die folgenden Beispiele: 


Hainan: Tai-Shan-Stämme (Kontinent): 
l. Ok-ja: Rauch trinken (rauchen). kin ja: Rauch essen (rauchen) 
(Siam.). 
2. k‘an-ka: Reis essen. kin khao: Reis essen (Siam.). 


3. nga bum, nga bam a bak: den Mund öffnen (Siam.). 
ga-bom, la-bom oa 


bom 


öffne den 
Mund. 


Die Li auf Hainan. 219 


Khoe kha, offenbar chinesisch, khoe bik dagegen ist halb chinesisch, 
halb siamesisch, wobei der erste Bestandteil: khoe auffallenderweise auch 
mit dem Dumoutierschen Shan-Wort „khay“: öffnen, identisch wäre. 


Hainan: Siamesisch: 
4. Gö blong phat ban. 
Bay blong 
Bög-ta-blong nach Hause 
Bui (bat) blong gehen. 
Boe-lun 
Zusanımenhänge bestehen ferner zwischen folgenden Reihen: 
Hainan: Tai-Shan-Stämme (Kontinent): 
Mo tha-slai-bou Mo ki lai pi: Wie alt bist du? 
Mög-tai-bo (Dumoutier). 
Tai fut bo Wie alt bist Mung bay ro (Dumoutier). 
Mo tha phi-bou du? 
Soe da pho 
Mo ki liau tui | 


Grössere Verschiedenheit herrscht unter den Zahlwörtern. 

Ein auf Grund einer Vermutung Terrien de Lacouperies an- 
gestellter Vergleich der Li-Zahlwörter mit denen einiger formosanischer 
Stämme („Vocabulaire du dialecte Tayal“ par M. Guerin im Bulletin de 
la Societe de Geographie, 15, 16, 1868) hat auch nicht die geringste Spur 
einer Ähnlichkeit ergeben. 

Ebensowenig lässt sich ein Zusammenhang mit den Zahlwörtern der 
Lolo oder Kolo, eines Zweiges der Tibeto-birmanischen Familie der Kun- 
lun-Sprachgruppe herstellen, der von Siid-Sz¢-ch‘uan bis zu den Shan- 
Stämmen in Süd-Yün-nan reicht. 

Sie lauten: 


1 = Tsz oder Chi 

2 = N (chines.) 

3 , = Su (Souu) 

4 . = Erh, Li 

5 . = Ngu (chines.) 

6 .= Fo, Hu, Ku 

7 . = Shih (chines.) 

Brenn nenn. = Ohie, hei 

OF o wel & u a 2k & eae (chines.) 

10... 2 2 nn en 20.2. = Teei, cke 

Die meisten Li-Numeralia — ich erinnere an Formen wie: 

Sög, moh, Kuhe . . a el 

Tow, Slau, Tau, = es Lë E Sou, Chau, 
Ban-moh . . SEENEN, 

Ts‘o, Sao, Sah, Sanh, Shi; Thao Re, & ae ër we 4 

Tum, Tom, Töm, Nom, Lom, Thom, Lowm. . zs 6 


T‘o, Thou, Si-too, Thwoh, Touh, Tow (vgl. Zahl 2!), T'o = 7 


220 Strzoda: 


Doo, Doh (ef. Zahl 2), Louh, Luhe, Douh, Gow, 
Khou, O, Gou . . 
Fan, Fag, Fow, Pow, Hühe, Pout, Fai ; 
Lindan: Fut, Poo-tit, Moun, Tweit, Powat, Foo-üt, 
Tob, Tap. . . . . ; su s SO 
sind Rätsel und lassen sich GC unterbringen: Ganz erheblich 
erschwert wird die Identifizierung durch die Verschiedenartigkeit der 
Transkriptionen in der Wiedergabe der fremden Laute. 

Mit wenigen Ausnahmen und Veränderungen setzen sich die meisten 
Zehner bis 20 aus dem Wort für 10 und einem folgenden Einer — wie 
im Chinesischen zusammen. Die Lautwerte: a für 1 und i für 2 kommen 
sowohl bei den Miao-Li den Man Tonkings, im Siamesischen und bei 
anderen Shan-Stämmen, wie in der kantonesischen Umgangssprache und 
im Hakka vor und 10 heisst entsprechend siap, tchap, sap, sh'p und sip, 
während das bô für „3“ in allen diesen Dialekten annamitisch zu sein 
scheint. 

Ein wichtiges Argument für die Verwandtschaft mit den Tai-Shan- 
Sprachen ist aber wieder der ausgedehnte Gebrauch von Numerativen oder 
Klassenwörtern, wie z. B.: 


8 
9 


Dow Kö ao . . . . . . . 2 Männer (ao: der Mann) 

Tao chun wan ao . . . H S 

Tao chun ao... . . . . 2 

Tao lang tat. . . . . .. 2 Vögel (auch long!) 

Chith tun chi . .... 1 Baum (auch tu-un transkribiert) 
Chith poon shai. .....1 , 

Tow moon tek . . . . . . 2 Pfeile 

E vare vat .. . 1 Bogen usf. 


Diese Numerative (Kö, Ge la, tun, poon, vare usw.) lassen sich 
wegen der Unzulänglichkeit der Vokabulare leider nicht mit entsprechen- 
den Worten der Shan-Stämme des Festlandes identifizieren. 

Entsprechende Klassenwörter hier sind: 

1. Das „tou“ der T‘u-jen im Osten und Zentrum von Kuei-chou bis 
in das westliche Kuang-hsi hinein; das „teou“ und „tou“ der Pan-Yao eben- 
dort; das der Pan-i-shan-tze oder Mo-Yao an der tonkinesischen 
Grenze; das „to“ der Chung-chia-tze; das „to, to, tu, fu“ der Lao-Shan- 
Stimme, und a „tot, tua“ des EE e 

So heisst in der angegebenen Reihenfolge der Hund: .. . tou ma, 

teow klow, ... tow Dog, ... to mà, ...td (tu) ma und... tou 
(tuu) ma. Es ist ein Klassenwort, das für alle lebenden Tiere gebraucht 
wird. | 

2. Das Numerativ für Menschen ist bei den T‘u-jen „ong“ (-ong-hon), 
bei den Siamesen „onk“ (ning onk khon: 1 Mensch). 

3. Allgemein für Gegenstände wird „an“ gebraucht: z.B. 

. an-moy die Hand, 
. an-ten der Fuss, 

, . an-loun das Haus und 
. an-tu die Tür. 


Die Li auf Hainan. 221 


Die Bezeichnungen fir Hund und Pferd unterscheiden sich in allen 
Tai-Shan-Dialekten nur phonetisch. Dieselbe — auch dem Chinesischen 
eigentümliche — Erscheinung einsilbiger Sprachen findet sich gleichfalls 
auf Hainan in den Dialekten von Lim-ko und Kheng-toa, wo das Pferd: 
ma und der Hund: ma heisst, während in den übrigen Idiomen die Unter- 
scheidung in da und ka eingetreten ist. 

Die Bildung des Maskulinums durch Vorsetzung der Silbe pha endlich 
spricht nicht weniger deutlich, da der Hahn z. B. in fast allen Li-Dialekten 
pha-khai und im Siamesischen phü-khai heisst. 

Terrien de Lacouperie stellte die Behauptung auf, dass die Tai- 
Shan-Sprachenformation sich in historischen Zeiten entwickelt hat aus der 
Vermischung von südlichen, zum grössten Teil dem Mön- (Man-)Typ an- 
gehörigen Sprachen mit dem Chinesischen, und zwar den alten Formen 
des Mandarin, welche ein Drittel ihres gesamten Sprachschatzes aus- 
machen. 

Ein Blick auf die beigefügte Sprachtafel wird die Richtigkeit dieser 
Behauptung ergeben; denn der, — wenn auch weniger im Siamesischen, 
das durch das Kambodjanische und Indische stark beeinflusst worden ist — 
so doch in anderen Tai-Shan-Sprachen des Kontinents und besonders 
auch Hainans enthaltene Prozentsatz von chinesischen Worten ist ganz 
erheblich. 

Sie brauchen nicht immer so offen ihren Ursprung zu verraten, wie 
z. B. ka-mun: die Tür; hob, hap, ok: trinken; mien: das Gesicht; ap, ab, deb 
(a): die Ente; yen, in: der Tabak: mok: der Baum; douh, dauh: der 
Kopf u. a. m. 


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Heft 2. 


Zeitschrift für Ethnologie Jahrg. 1911 


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Uber Kinderspielzeug. 


Von 
Dr. Karutz-Lübeck. 


Vor einiger Zeit hat Nordenskiöld in dieser Zeitschrift!) einen 
interessanten Artikel über „Spiele und Spielsachen im Gran Chaco und 
in Nordamerika“ veröffentlicht. Die Äbnlichkeit zwischen diesen „aus- 
gezeichneten anthropogeographischen Leitfossilien* im Norden und Süden 
beweist ihm „dass wir im Chaco einen Kulturkreis haben, der gewisse 
Sachen aus einer Zeit bewahrt hat, wo der kulturelle Austausch zwischen 
Nord- und Südamerika ein sehr bedeutender gewesen ist. Die Spiele 
Ble. Dee müssen als Überbleibsel aus jener Zeit betrachtet werden“. 

Ich ziehe die Richtigkeit der gefolgerten Tatsache, d.h. den Zu- 
sammenhang zwischen Nord- und Südamerika nicht in Zweifel, aber ich 
glaube, dass der Übereinstimmung der Spielzeuge keine Beweiskraft zu- 
kommt. 

Von den verschiedenen dort erwähnten nehme ich nur zwei heraus, 
den „bean-shooter* und den „buzz“. Jene „Flinte“ besteht aus einem 
Stück Rohr und einem Bügel, der darin mit dem einen Ende in einer 
Durchbohrung festsitzt, mit dem anderen in einem Längsschlitz federt. 
Man drückt dieses Ende gegen den hinteren Rand des Schlitzes, legt ein 
Projektil (im Chaco Fruchtkerne) davor, lässt los, und das zurückfedernde 
Bügelende schleudert das Geschoss aus dem Rohr heraus. Nordenskiöld 
hält es für wahrscheinlich, dass die Flinte rein indianischen Ursprungs 
und nicht wie Culin meint, von den Weissen gekommen ist. Meines Er- 
achtens mit Recht, sie dürfte indianischen Ursprungs sein — in Amerika. 
Die Kinder der brasilianischen Waldstämme haben sich mit ihr gewiss 
vergnügt und geübt, lange bevor ein Weisser den Fuss auf den Boden 
der neuen Welt gesetzt hat, in ihrem vertrauten Verkehr mit der Natur 
längst selbst probiert und entdeckt, was europäische Freunde ihnen doch 
wohl erst vor recht kurzer Zeit hätten vormachen können. Die Dauer 
unseres friedlichen Einflusses reicht wohl aus, um die Übertragung auf 
Nordamerika, nicht aber, um sie auf das Innere von Südamerika zu er- 
klären. 


1) Bd. 42 S. 427. 


938 Karutz: 


Ausserdem ist dasselbe Stiick von den verschiedenen Teilen Afrikas 
belegt. Weule!) hat ein Kindergewehr von den Makonde mitgebracht, 
das denselben Mechanismus zeigt, wenn auch kompliziert durch die Ver- 
bindung mit einem zweiten Typ afrikanischer Kinderflinten; es ist aber 
nicht zweifelhaft, dass sein Fund eine spätere Kombination darstellt, und 
dass die Makonde-Jungen den Bügel allein ebenfalls haben. Von West- 
afrika besitzt das Lübecker Museum für Völkerkunde drei analoge Stücke, 
zwei aus Togo und eins aus dem Pangwe-Gebiet; ihr Prinzip ist das 


Abb. 2. Kindergewehr aus); 
Lübeck. 


Abb. 1. Kindergewehr aus Togo. 


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Abb. 3. „Zunzui“ (= Geriiusch machen wie der Wind), Togo. 


Abb. 4. ,Zunzui* aus Togo. 


Abb. 5. Knallbüchsen aus Togo. 


gleiche, ein federnder Biigel, der beim Zuriickschnellen das Geschoss aus 
dem Lumen eines Rohres treibt. Bei den Togo-Gewehren stimmt die 
Form auch im einzelnen mit der amerikanischen und der ostafrikanischen 
überein, insofern der Schlitz, in dem das federnde Ende des Bügels spielt, 
durch die ganze Dicke des Rohres geht, und das festsitzende Ende des 
Bügels in einer eigenen Durchbohrung der massiven Rohrwand ein- 
gelassen ist (Abb. 1). Das Pangwe-Exemplar weicht in dieser Beziehung 
ab, das Rohr ist nicht zu einem Schlitz ausgeschnitten, sondern nur durch 
Wegnahme der halben Wandung in eine Hohlrinne verwandelt, und das 
feste Ende des Bügels sitzt nicht in einer getrennten Durchbohrung, 


1) Mitteilungen aus den Deutschen Schutzgebieten, Ergänzungsheft 1908, 
Tafel 27 und Seite 92. 


Cher Kinderspielzeug. 239 


sondern in dem Lumen des Rohres unterhalb des Ausschnittes. Es sitzt 
fest dadurch, dass der Biigel am unteren Rande dieses Ausschnittes recht- 
winklig umgeknickt ist!). Dieselbe Formvariante, die für das Prinzip 
ohne Bedeutung ist, haben die kleinen Gewehre, die unsere norddeutschen 
Jungen noch heute sich anfertigen (Abb. 2). 

Das zweite der Nordenskiöldschen Spielzeuge, das ich hier er- 
wähnen wollte, ist die für eine Schnur ohne Ende doppelt durchbohrte 
Scheibe, die beim Drehen der Schnur selbst in Rotation gerät und einen 
summenden Ton gibt. Ebendasselbe Spielzeug hat das Lübecker 
Museum von Togo und zwar als gezähntes Rad (auch die amerikanischen 
Scheiben sind nach der Abbildung des genannten Artikels am Rande ge- 
zähnt) (Abb. 3), sowie als rechteckige Holzplättchen (Abb. 4); wir haben 
es von den Pangwe als länglichen Splitter von der Rinde des Raphia- 
stengels, von den Kirgisen als ein Paar Schafknéchel?); Koch-Grün- 
berg?) beschreibt es von seinen südamerikanischen Indianern als zwei an 
Schnüren befestigte leere Fruchtschalen, Hajnel*) aus Ungarn, in drei 
Formen, als Knopf, als Holz und als Knöchelchen („beim Schweine- 
schlachten“). Man darf also wohl von einer universalen Verbreitung des 
Spielzeugs sprechen, dessen Vorkommen nichts über Völkerzusanımen- 
hänge aussagt. 

Kurz möchte ich ein Drittes hier anreihen, das nicht von Norden- 
skiöld, wohl aber von Koch-Grünberg erwähnt ist, und dessen ameri- 
kanische Provenienz — wie bei den vorigen zwei — in afrikanischen 
Stücken unseres Museums Analoga findet, die Knallbüchse. Sie besteht 
in Brasilien®) aus einem Stück Ambauva-Rohr und einem glatten Stab, 
der Pfropfen aus gekauter Holzrinde herausstösst. In Afrika hat sie 
Widenmann®) als ,Zimmerpistole* bei den Dschaggakindern gesehen, das 
Lübecker Museum besitzt sie von den Pangwe aus einem ausgehöhlten 
Kassavestengel mit Ladestock aus Holz, der einen Pfropfen aus den Fasern 
von Plantenblattscheiden treibt, und von Togo (Abb. 5). Aus Europa ist 
sie uns Allen von der Kinderzeit her in guter Erinnerung. 


1) Vgl. das Ende des Jahres erscheinende Werk über die Lübecker Pangwe- 
Expedition. 

2) Vgl. mein Buch „Unter Kirgisen und Turkmenen“, Leipzig, Klinkhardt 
& Biermann, 1911. S. 92 und Fig. 16. 

3) Zwei Jahre unter den Indianern, I S. 274. 

4) Anzeiger der Ethnographischen Abteilung des Ungarischen Nationalmuseums, 
V, 1910. 8.32 und Fig. 2. 

5) L.c. I. 119. 

6) Kilimandscharo-Bevölkerung, Erg.-Heft 129 v. Peterm. Mitteilungen. S. 81. 


Uber einige altertümliche afrikanische Waffen und Geräte 
und deren Beziehungen zur Prähistorie!). 


Von 


L. Rütimeyer (Basel). 


In der modernen Völkerkunde herrscht bekanntlich, vor allem veran- 
lasst durch die Arbeiten von Frobenius, Ankermann, Gräbner, Foy 
und anderer das Bestreben, ähnlich wie ın der Prähistorie einzelne 
Kulturschichten und deren gegenseitige Beziehungen zu konstruieren 
und in denselben gewisse Leitartefakte*) hervorzuheben. Diese Leit- 
artefakte kann man gewissermassen als Relikte oder geologisch gesprochen 
als Leitfossilien von Sedimenten einzelner Kulturwellen oder auch ganzer 
Kulturströme ansehen, Sedimente von Strömen, die sich durch ganze 
Weltteile oder grosse Teile derselben ergossen haben, und die sich 
in heute allerdings vielfach gestörter Lagerung neben- und übereinander 
schichteten. In der Konstruierung solcher Kulturschichten ist gewiss 
zurzeit noch manches hypothetisch und wird durch neue Funde und 
Anschauungen späterer Modifikation und anderer Deutung bedürfen. Die 
hier massgebenden Methoden, einerseits die statistische, welche die 
Dokumente menschlicher Ergologie, die Objekte der materiellen Kultur 
geographisch feststellt, und die neuerdings als wichtige Ergänzung hinzu- 
tretende vergleichend biologische, welche den organischen Zusammen- 
hang und namentlich auch die Entwicklung und Umbildung der Kultur- 
formen und der ihnen entsprechenden Völkerwellen erforschen will, lassen 
aber doch heute schon gewisse Umrisse von kulturgeschichtlichen Zonen 
und Querprofile durch Kulturschichten erkennen. 

Jedenfalls gewährt es einen grossen Reiz, solchen Leitartefakten 
zunächst in statistisch-geographischer Weise nachzugehen und sie in die 
ihnen zukommenden Kulturschichten unter grösseren Gesichtspunkten 
wenigstens „theoretisch“ einzuordnen. Hier besteht auch der intimste 
Zusammenhang mit der Prähistorie, die uns ja auch bei der grössten 
Ergiebigkeit ihrer Fundgruben niemals ein vollständiges Bild der Kultur- 
entwicklung der Menschheit geben kann, da eine Menge der wichtigsten 
Zeugen ihrer Ergologie wegen der Vergänglichkeit des Materials uns 
nicht mehr erhalten geblieben ist. Wie auch Schurtz?) betont, geben 


1) Nach einem in der Jahresversammlung der Schweiz. Gesellschaft für Ur- 
geschichte am 30. Oktober 1910 in Basel gehaltenen Vortrag. 

2) Den bezeichnenden Ausdruck „Leitartefakte* verdanken wir P. Sarasin. 
Siehe „Zur Einführung in das prähist. Kabinett der Sammlung für Völkerkunde 
im Basler Museum“. Basel 1906, p. 34. 

3) H. Schurtz, Urgeschichte der Kultur, p. 363. 


_ 


Altertümliche afrikanische Geräte und Priihistorie. 241 


die prähistorischen Steingeräte allein oft ein falsches Bild prähistorischer 
Kultur, da der Stein vielfach nur als Verstärkung hölzerner Geräte 
diente. Hier tritt nun eben die Völkerkunde, Ethnographie und Ethno- 
logie, in die Lücke und lehrt uns an Hand ihres Materiales bei noch 
heute lebenden und gewissermassen in natürlicher Lagerung ihrer ver- 
schiedenen Kulturelemente noch verharrenden Naturvölkern, aber auch 
bei Halb-Naturvölkern und bis in die Untergründe der hohen Kultur- 
völker hinein, die allgemeine menschliche Kulturentwicklung von den 
niedersten Anfängen zu höheren Zielen verstehen. 

So mögen hier einige im Besitze der Basler Sammlung für Völker- 
kunde befindliche derartige ergologische afrikanische Dokumente, die 
offenbar sehr alten allgemein menschlichen Kulturschichten angehören, 
kurz aufgeführt werden, zunächst in statistisch-geographischer Weise. 
Bei einzelnen möge auch versucht werden, sie vergleichend biologisch 
den ihnen zukommenden Kulturhorizonten zuzuweisen. 

Ich möchte dabei im allgemeinen ausdrücklich das erste Moment, die 
statistisch-geographische Konstatierung des Materiales in erster Linie 
betonen. Denn die Resultate einer unter diesem Gesichtswinkel aus- 
geführten Kleinarbeit werden ihre tatsächliche Bedeutung für eine 
theoretisch biologische Einordnung auch behalten, wenn sich in den 
grossen Zügen der heutigen und spätern ethnologischen Wissenschaft neue 
Gruppierungen des Tatsachenmaterials als notwendig erweisen sollten. 
Auch ist der Streit zwischen der Erklärung einer geographisch-statistisch 
festgelegten Ergologie durch Kulturwanderung oder durch autochthone 
Entstehung, Konvergenz usw. noch keineswegs durch definitiven Sieg der 
einen oder andern Anschauungsweise ausgetragen (es werden wohl beide 
unter bestimmten Umständen zu Recht bestehen wenn auch der ersteren 
meiner Ansicht nach die weit vorwiegende Bedeutung zukommt) und 
mahnt zur Vorsicht in der Deutung der tatsächlichen Befunde. 

Zunächst seien, ich folge hier vor allem den Aufstellungen der ein- 
gangs erwähnten Autoren, speziell denjenigen von Foy, einige dieser 
ältesten ethnographischen Kulturschichten kurz skizziert. 

Als ältesten Kulturbesitz der Menschheit bezeichnet Foy!) Steinwerk- 
zeuge, Schlagstöcke zum Werfen und Parieren, einfache Holzspeere, 
Grabstöcke, Felltaschen, Fellumhänge, Feuerbohrer, Körbe, Windschirme. 
Repräsentiert wurde unter den bis in die Neuzeit noch lebenden Natur- 
völkern diese älteste Schichte durch die leider ausgestorbenen oder aus- 
gerotteten Tasmanier, deren verfrühtes Verschwinden vom Schauplatz des 
Völkerlebens gar nicht genug bedauert werden kann, da sie, lebten sie 
noch in ihrer früheren Weise heute, den modernen Wissenschaften der 
Prähistorie und Völkerkunde unendlich viel zu sagen hätten. 

Eine weitere Vervollkommnung und Differenzierung dieser Urkultur 
brachte eine Ausbildung des Schlag-, Wurf- und Parierstockes, der mit 


Le 9) 
Knauf versehen war, zu den verschiedenen Keulenformen, dem Bumerang 


1) W. Foy, Führer durch das Rautenstrauch-Joest-Museum der Stadt Cöln, 
3. Auflage, p. 25. Cöln 1910. 


Zeitschrift für Ethnologie. Jahrg. 1911. Heft 2. 16 


242 L. Riitimeyer: 


und Parierschild, der dann allmählich in den Breitschild übergeht. Der 
Holzspeer erhielt eine Spitze aus anderem, hirterem Material, aus Stein 
oder Knochen. 

Wir finden diese Kulturschichte gegenwartig in ihren Leitartefakten 
vor allem in Australien vertreten 1). 

Um nun nach Afrika zurtickzukehren, dem die zu beschreibenden 
Objekte angehören, so werden auf diesem Weltteil von Ankermann’) 
nicht weniger als sechs Kulturschichten unterschieden, von denen hier nur 
die allerälteste erwähnt werden soll, die von Frobenius nigritische ge- 
nannte, deren Ergologie den ältesten australischen Kulturschichten, der 
Urkultur der Tasmanier und der ältesten australischen Schichte, der 
sogenannten Bumerang-Kultur entspricht. Die Relikte dieser nigritischen 
Schichte ziehen sich nach Foy vor allem in einem Streifen vom blauen 
Nil durch die nördlichen Kongogebiete nach Südafrika hin. Die von den 
genannten Autoren aufgedeckten afrikanisch-australischen Beziehungen 
innerhalb der nigritischen Schichte rechtfertigen es meiner Ansicht nach, 
einige der im folgenden zu erwähnenden Objekte derselben einzureihen. 


1. Afrikanische Speere mit Knochenspitzen. 


Im Jahre 1908 brachte uns Herr Dr. A. David von Basel von einer 
Reise zum weissen Nil vier Speere mit (drei weitere nahm sein Be- 
gleiter an sich), die er in Faschoda von Schilluks erworben hatte. Es 
war sofort klar, dass es sich hier um seltene Stücke handelte, die, soweit 
eine Durchsicht der Literatur erkennen liess, noch ethnographische Nova 
darstellten. Ich habe diese Stücke im Jahresbericht der Sammlung für 
Völkerkunde damals kurz beschrieben®). Wie ich später durch Herrn 
Staudinger erfuhr und mich beim Besuche der grossen deutschen ethno- 
graphischen Sammlungen selbst überzeugen konnte, besitzt oder besass 
wenigstens damals nur das Museum von Stuttgart drei solcher Speere, 
während sie sonst unbekannt zu sein schienen. Auch in der Fundgrube 
für die typische Ergologie der Gebiete am oberen weissen Nil, in den 
Artes africanae von Schweinfurth, sind sie nicht angeführt; überdies 
versicherte mir dieser so überaus kompetente Kenner der dortigen Stämme 
persönlich, er hätte in den von ihm bereisten Ländern niemals von 
solchen Speeren gehört; es musste somit ihre Provenienz eine andere 
und die Speere nur sekundär zu jenen Schilluk in Faschoda gelangt 
sein. In der Tat teilte mir der leider viel zu früh verstorbene Vorsteher 
der Stuttgarter ethnographischen Sammlung, Herr Graf e Linden, mit, 
dass seine drei Speere von den Jambo, die am Gelo, einem Nebenrlusse 
des Sobat, wohnen, also von einem äthiopischen Stamme im Südwesten 
Abessiniens herstammen. Die Knochenspitzen, die nach im Stuttgarter 
Naturalienkabinet gemachten Untersuchungen aus Rölhrenknochen der 
Giraffe bestehen, haben bei den Stuttgarter Exemplaren laut einer brief- 


1) F. Gräbner, Kulturkreise in Ozeanien. Zeitschrift für Ethnologie 1905 


2) B. Ankermann, Kulturkreise und Kulturschichten in Afrika, 1. ec. 
1905 p. 8. 
% Verhandlungen der naturf. Gesellschaft in Basel. Bd. XX p. 89, 1909. 


Altertiimliche afrikanische Geräte und Prähistorie. 243 


lichen Mitteilung, die ich der Freundlichkeit des Herrn v. Linden ver- 
dankte, eine Länge von 22, 25 und 45 cm; bei unseren vier Exemplaren 


ist dieselbe je etwa 48 cm lang und die kantige, 
lange, scharfe Spitze ebenfalls wahrscheinlich aus der 
Tibia der Giraffe gefertigt. Die Spitze ist durch Leder- 
verbindung auf dem geraden Speerschaft befestigt. Von 
weiteren Exemplaren dieser jedenfalls recht seltenen 
Stücke nenne ich vier uns von der ethnographischen 
Handlung von Oldham in London zum Kaufe offerierte 
Exemplare, bei denen die Knochenspitzen eine Länge 
von 11 bis 24 englische Zoll hatten und endlich drei 
weitere nach Aussage von Herrn Dr. David im Besitze 
eines englischen Arztes in Chartum befindliche. Leider 
vermag keiner dieser Gewährsmänner, auch Herr Dr. 
David nicht, genau zu sagen, woher die Speere 
ursprünglich stammen. 


2. „Adium“, Speere mit Spitzen aus Antilopenhorn. 


Ein weiteres im klassischen Erdteil der Eisenkultur, 
die ja wohl lange schon vor Europa in Afrika ein- 
gedrungen ist, auffallendes Beispiel eines Reliktes aus 
älteren Kulturschichten sind Lanzen mit Antilopen- 
hörnern als Spitzen anzuführen. Da ich dieselben aus 
dem Werke von Ratzel!) kannte, hatte ich Herrn 
Dr. David vor seiner Reise in die Nilländer gebeten, 
womöglich mir solche Lanzen mitzubringen, und es war 
ihm auch möglich gewesen im Distrikt Tonga bei den 
dortigen Schilluk drei solcher, auch dort eher seltener 
Stücke zu erwerbev. Diese Lanzen bestehen aus teil- 
weise mit Quirlen aus Ziegenhaar am unteren Schaft- 
ende geschmückten einfachen Holzschäften, an deren 
oberem Ende ein gerades Antilopenhorn angebracht 
und durch eine lederne Umwicklung befestigt ist. Die 
Länge der Hörner beträgt 33-53 cm, diejenige der 
Lanzen 174—225 cm. 

Von grossem Interesse ist hier eine Notiz des 
Herodot VII 69, deren Angabe ich Herrn Dr. P. 
Sarasin verdanke. Herodot sagt dort bei der Be- 
schreibung der Musterung und Zählung des persischen 
Heeres bei Dareiskos 481 a. Chr., wie die Hilfstruppen 
aus Äthiopien Speere führten, „darauf war zugespitztes 
Antilopenhorn gemacht, das diente statt der Spitze, sie 
führten auch beschlagene Keulen“. Im gleichen Zu- 


1 2 
Abb. 1. Speer mit 
Knochenspitze. 
Abb. 2. „Adium“, 
Speer der Schilluk 
mit Spitze aus Anti- 
lopenhorn. 


sammenhange werden auch die mit Steinspitzen versehenen Pfeile dieser 
Athiopier genannt, die P. Sarasin in seiner Arbeit über die ägyptische 


1) Ratzel, Völkerkunde 1895, Bd. II p, 263. 


16* 


244 L. Riitimeyer: 


Prähistorie und das Dreiperiodensystem erwähnt!). Dass diese Athiopier 
Neger waren, geht aus der weiteren Angabe Herodots hervor, dass sie 
oberhalb Agyptens wohnten und das wolligste Haar von allen Menschen 
hatten. Es spricht da nichts gegen die Annahme, dass es Schilluk oder 
verwandte nilotische Stämme waren, die im Persischen Heere gegen 
Griechenland geführt wurden. 

In dieser Lanze mit Antilopenspitze haben wir also ein wohl be- 
glaubigtes historisches Relikt einer sehr altertümlichen afrikanischen Waffe; 
doch sind ja diese 2400 nachgewiesenen Jahre ein Nichts, wenn wir an das 
wirkliche Alter dieser ehrwürdigen Speere mit Spitzen aus Antilopenhorn und 
Giraffenknochen denken, deren Ursprung ja wohl sicher weit hinter die 
Metallzeit Afrikas zurückreicht. Wir gehen wohl kaum fehl, wenn wir 
diese Waffen der uralten nigritischen Kulturschichte zuweisen. Hierfür 
spricht auch die Art ihres Vorkommens in den Gegenden am oberen Nil. 
Wie schon erwähnt, gibt Foy?) an, dass in Afrika die Spuren der 
ältesten Kulturkomplexe (entsprechend der australischen Urkultur und 
Bumerangkultur) sich ganz besonders in einem Streifen am oberen Nil 
nach Südafrika hinunterziehen und namentlich an beiden Endpunkten kon- 
zentriert vorkommen. 

Eine direkte europäische prähistorische Parallele zu diesen Speeren 
mit Knochen- oder Hornspitzen haben wir in den dem späteren Magdalenien 
angehörigen und in Frankreich mehrfach gefundenen Speerspitzen aus 
Knochen oder Horn von Rentier oder Hirsch zu erblicken, wie drei 
solcher gerade neuerdings (September 1910) bei der durch die Herren 
F. Sartorius und F. Sarasin durchgeführten Ausgrabung einer Höhle 
in Arlesheim bei Basel zum Vorschein kamen. Es ist dies eine Fund- 
stelle, die sich nach dem Urteil kompetenter Kenner als dem Übergang 
des Paläolithicum zum Mesolithicum, speziell den Azylien angehörig, aus- 
gewiesen hat. 

Ob in Afrika heute noch Lanzen mit Steinspitzen vorkommen, wie 
das in Australien noch der Fall ist, ist unbekannt; absolut undenkbar 
wäre es nicht, dass noch solche zum Vorschein kämen ebensogut wie die 
bis dahin unbekannten mit Knochenspitzen. Pfeile mit Steinspitzen?®) 
sind neben solchen mit Knochenspitzen noch bei den Buschmännern ge- 
bräuchlich, also am südlichen Endpunkte jenes genannten Streifens mit 
Spuren der nigritischen Kulturschichte. 


3. Afrikanische Wurfhölzer, Wurfkeulen und Bumerangs. 
a) Wurfhölzer von Darfor und vom Kongo. 


Weitere diesem Kulturhorizont und überhaupt dem ältesten allge- 
meinen menschlichen Kulturgut zukommende Urwaffen sind Wurfstöcke 
und ihre sekundären Differenzierungen in Wurfkeulen verschiedener 


1) P. Sarasin, Die ägyptische Praehistorie und das Dreiperiodensystem. Ver- 
handlungen der naturforschenden Gesellschaft in Basel, Bd. XXI 1910 p. 261. 

2) L. c. p. 182. 

3) Vgl. British Museum, Handbook to the ethnographical Collections p. 214 
fig. 188. . , 


— a - EEE „öl „SEE 


Altertümliche afrikanische Geräte und Prähistorie. 245 


Formen und Wurfhölzer oder Bumerangs. Eine dem australischen Bume- 
rang sehr nahestehende Form eines Wurfholzes, die auch dem alten 
Ägypten bekannt ist, wird heute noch in den oberen Nilländern gebraucht 
zur Jagd auf Vögel und kleineres Wild. Unser Exemplar haben wir 
durch Tausch erworben von der im Berner Museum befindlichen Samm- 
lung Zurbuchen (1881), es stammt aus Darfor. Eine direkte zentral- 
europäische Parallele 
zu demselben bildet 
das Wurfholz aus dem 
der Kupferzeit ange- 
hörenden Pfahlbau 
von Sutz am Bieler 
See, welches die 
Berner prähistorische 
Sammlung besitzt, 
und von dem wir Abb. 3. Bumerang aus Darfor. 
einen Gipsabguss der Abb. 4. Wurfholz aus dem Pfahlbau Sutz (Bieler See) 
Freundlichkeit des 
Herrn Direktor Wiedmer zu ver- 
danken haben. Soviel mir bekannt, 
ist dieses interessante Stück ein 
Unikum aus der Zeit der Pfahl- 
bauten, wenigstens für die Schweiz. 
Von Interesse ist ferner eine 
kleine Sammlung hölzerner Waffen, 
die unser Museum besitzt, ent- 
stammend einer in den 1890er 
Jahren von Herrn Woog, einem 
Angestellten des Kongostaates mit- 
gebrachten Sammlung. Herr Woog 
war damals, wie er mir mehrmals 
persönlich des bestimmtesten ver- 
sicherte, als erster Europäer im 
Jahre 1894/95 zu den Issenghe 
der oberen Maringa gekommen, 
einem Stamm, der damals nur Abb.5. Hölzerne Sichelkeulen der Issenghe. 
Holzwaffen hatte Laut Aussage 
meines Gewährsmannes ist die Maringagegend bis zum Lomami sehr 
arm an Eisen, und dieses spielte damals eine Hauptrolle als Handels- 
und Tauschobjekt. Diese Waffen sind teilweise offenbar Wurfhölzer 
verschiedener Form, vor allem Sichelkeulen, also eine Art von diffe- 
renziertem Bumerang und wohl die Vorbilder der eisernen Sichel- 
schwerter und Wurfmesser, wie sie aus dem Kassai- und Kongogebiet, 
den Mombuttu usw. zur Genüge bekannt sind. Auffallend ist nur, dass 
bei diesen Holzwaffen, worunter sich auch keulenartige Prügel und eine 
eigentümliche Form von Holzschwertern befindet, auch eine hölzerne 


246 L. Rütimeyer: 


Lanze ist, die eine Nachbildung der gewöhnlichen eisernen Kongolanzen 
zu sein scheint. 

Es erhebt sich nun die Frage, wie kommen diese Stämme der oberen 
Maringa zu ausschliesslichen Holzwaffen? Sind sie zu erklären durch Ver- 
armung, wodurch jene Leute es nicht mehr vermochten, von auswärts 
Eisen zu beziehen, und so zur Anfertigung nur hölzerner Waffen genötigt 
waren oder erklärt sich diese Erscheinung aus einem grossen Konser- 
vatismus, wonach die Holzwaffen Relikte aus einer vormetallischen „Holz- 
zeit“ wären?“ Für letztere Auffassung spricht die Form dieser 
hölzernen Sichelkeulen, die auch nach Foy?) Bestandteile der 
ältesten Kulturschichten sind und jenem mehrfach genannten 
Urwaldgebiete angehören. 

Dass wir in diesen Holzwaffen, speziell den Sichelkeulen 
wohl sicher die Vorbilder der späteren eisernen für Afrika so 
typischen Wurfmesser haben, dafür spricht sich auch Schurtz?) 
aus in seiner vortrefflichen Abhandlung über die Wurfmesser der 
Neger. Er sagt dort: „ist doch überhaupt die Frage zu erwägen, 
ob nicht die meisten der gekrümmten, säbelartigen Waffen, deren 
auch Afrika eine grosse Zahl aufweist, auf aus Holz gefertigte 
Vorbilder hinweisen. Das Holz als Vorgänger des Eisens dürfte 
in dem zum Teil steinarmen Afrika, wo man oft, wenn man über- 
haupt Kulturformen als „Zeiten“ bezeichnen will, eher von einer 
Holzzeit als von einer Steinzeit reden dürfte, der grössten Beach- 
tung wert sein.“ Als Schurtz dies im Jahre 1889 schrieb, waren 
allerdings die Dokumente der afrikanischen Steinzeit noch unbe- 
kannt, vielleicht auch die Holzwaffen aus dem Kongogebiet. Durch 
deren materiellen Nachweis hat aber seine Ansicht zweifellos 
Recht erhalten. Ä 

Die Holzlanze allerdings, vielleicht auch das Holzschwert?) 
unserer Sammlung ist wohl nur als Nachahmung von Eisenwaffen 
der Nachbarstämme in Holz anzusehen, wohl erklärlich bei einem 
in der Holzzeit oder Holzmanufaktur lebenden eisenarmen Stamme, 
der eben bei dem ungeheuren ergologischen Konservatismus der 

Neger auch bei Nachahmung anderer Waffen sich an das ihm 
Abb. 6. : : : 
Holz. vertraute Arbeitsmaterial des Holzes hielt. 
schwert Diese Holznachahmungen bilden dann eine Parallele zu den 
der von Frobenius?) beschriebenen teilweise prachtvoll geschnitzten 
Issenghe.Holzmessern vom Kassai, „die eben beweisen, wie nahe hier noch 
Holz- und Eisengeräte verwandt sind.“ 

Die direkten Vorbilder späterer Eisenwaffen, unsere Sichelkeulen oder 
Wurfhölzer und ähnliche in der Literatur beschriebenen Holzwaffen 
kommen, wie auch Frobenius) erwähnt, im Kerne des Kongobeckens 


1) L. c. p. 182. 

2) Schurtz, Das Wurfmesser der Neger, Leiden 1889, p. 4. 

3) Vgl. Ankermann, l. c. p. 60. 

4) Frobenius, der Ursprung der afrikanischen Kulturen, 1898, p. 95. 
5) L. c. p. 99. 


Altertiimliche afrikanische Geräte und Prähistorie. 247 


nicht so sehr selten vor; er bildet auch drei solcher Holzkeulen, wie er 
sie nennt, aus dem Berliner Museum ab. Sie sind aber nach seiner 
eigenen Definition eher als Wurfhölzer denn als Keulen zu bezeichnen; 
dass es Wurfwaffen sind, scheint mir, wenn auch Frobenius das nicht 
ausdrücklich erwähnt, wenigstens für zwei derselben wohl zweifellos. Sie 
stammen vom oberen Tschuapa, also aus der Nachbarschaft der Maringa; 
er spricht sie an als zurückzuführen auf das Wurfholz, ein Jagdgerät oder 
eine Waffe echt nigritischen Ursprungs. Aus dieser Urform entwickelten 
sich nicht nur diese afrikanischen Holzwaffen, sondern auch die Messer 
und insbesondere die vielgestaltigen eisernen Wurfmesser. 


b) Wurfkeulen aus Nigeria und Nordafrika. 


Frobenius!) unterscheidet in seinen afrikanischen Kulturen scharf 
zwischen Wurfkeule, einem Stock mit terminalem Knauf und kreisförmigem 
Durchschnitt und dem Wurfholz, einer mehr platten, meist gekrümmten 
Waffe oder Jagdgerät mit streifenförmigem Querschnitt. Im allgemeinen 
ist nach ihm die Wurfkeule für die Südhälfte des Kontinentes, wo sie bei 
Kaffern, Ovambos usw. in Form des Kirri eine grosse Rolle spielt, 
typisch, während das Wurfholz der Nordhälfte zukommt. 

Im Sudan unterscheidet Ankermann?), wenn von der modernen 
arabischen Kultur abgesehen wird, unter den ursprünglichen Heiden- 
völkern zwei Gebiete, deren Grenze etwa mit derjenigen zwischen Bornu 
und den Haussaländern zusammenfällt. 

Die östliche Provinz hat das Wurfholz und Wurfeisen, während die 
westliche dafür den Bogen hat. Wir verdanken nun einer schönen 
Schenkung des verdienten Gönners unserer Sammlung, des Herrn Hanns 
Vischer, gegenwärtig Direktor des Erziehungswesens in Nord-Nigeria, 
unter anderem einige Wurfkeulen, die von den Heidenstämmen der 
Murchison Ranges in Nord-Nigeria herrühren und, soweit ich sehe, ein 
neues Gebiet für diese uralten Waffen der nigritischen Kulturschichte 
nachweisen. Sie sind auch deshalb von Interesse, weil sie nur bei den 
alteingesessenen Heidenstämmen auf den genannten Bergen (Murchison 
Ranges, Montoil) vorkommen. Die eine dieser Waffen, die, wie Vischer 
mir persönlich mitteilte, in einer von ihm mitgemachten kriegerischen 
Expedition gegen jene Stämme tatsächlich als Kriegs- und Wurfwaffe 
vielfach gebraucht wurde, ist eine richtige Wurfkeule. An einem geraden 
Stocke ist ein etwas zugespitzter Knauf angeschnitzt. Die Länge der Wurf- 
keule beträgt 67 cm. Eine hübsche europäisch-prähistorische Parallele zu 
diesen Wurfkeulen hat ganz neuerdings P. Sarasin nachgewiesen, indem 
er eine solche Wurfkeule von ungefähr derselben Form in einem Holz- 
artefakt eines Pfahlbaues von Wauwyl (Kanton Luzern) erblickt. Das 
Stück ist 43 cm lang, allerdings etwas defekt an Knauf und Stiel, so dass 
einige Verbindungen durch Pechmasse hergestellt werden mussten. Das 


948 L. Riitimeyer: 


Stiick ist aber unverkennbar ein Analogon zu unserer Wurfwaffe, nur ist 
der Knauf abgerundet, beim afrikanischen Gegenstiick zugespitzt. 

Also in der neolithischen Pfahlbaukultur von Wauwyl finden wir die 
Wurfkeule von Nigeria wieder, im Kupferpfahlbau von Sulz das Wurf- 
holz von Darfor und das ihm völlig analoge von Altägypten, beides Zeugen 
uralten menschlichen Kulturgutes. 


b a Abb. 9. 
Abb. 7. „Matraque“, 
a) Wurfkeule aus Nigeria, ‚Wurfkeule 
b) Wurfkeule aus einem neolithischen Abb. 8, der Araber 
Pfahlbau von Wauwyl(KantonLuzern). Wurfholz aus Nigeria. und Berber. 


Von Interesse war mir, ganz neuerdings unter den Beständen der 
ethnographischen Sammlung in Stuttgart eine der Wurfkeule von Wauwyl 
sehr ähnliche Wurfkeule vom Lachland River, Süd-Ost-Australien, zu 
sehen. Der Keulenknauf ist in Form einer etwas facettierten Kugel an 
den Stiel angeschnitzt. Die offenbar seltene Waffe besteht aus hartem, 
dunklem Holze. 

Das Wurfholz von Nigeria ist nach der Definition von Frobenius 
unbedingt als Wurfkeule zu bezeichnen, obschon es der Nordhälfte des 


Altertümliche afrikanische Geräte und Prihistorie. 249 


Kontinentes angehért. Die andere von Vischer mitgebrachte Wurfholz- 
form (Abb. 9), sah er nicht als Kriegswaffe verwendet, sondern sie diente 
zur Jagd auf kleinere Tiere und ist gleicher Provenienz wie die Wurfkeule. 

An dem 77 cm langen Stiick befindet sich an einem Stiel eine Art 
leicht gekriimmter hölzerner Schneide zugeschnitzt und es ist somit das 
Objekt mit seinem elliptischen Querschnitt eher als eigeutliches Wurfholz 
im engeren Sinne zu bezeichnen. Es stammt aus Yergum, Murchison 
Ranges. 

Von weiteren Vorkommen von Holzwaffen in Westafrika berichtet 
Frobenius') von Wurfhölzern an der Goldküste und aus Senegambien. 
Diese dürften vielleicht dem letztgenannten von Nigeria entsprechen. 

Aus Nordafrika ist nach Frobenius von solchen hölzernen Wurfwaffen 
nichts bekannt, nur von Schlagkeulen. 

Es fiel mir nun auf einer im Frühjahr 1910 unternommenen Reise 
nach Süd-Algerien, speziell in das Süd-Oranais, nach Colomb Bechar, 
Beni Ounif, Figuig und Ain Sefra auf, dass die dortigen Berbermänner 
einen eigentümlichen Stock mit sich führen, Matraque genannt, von rundem 
Querschnitt C., 75cm lang und mit terminalem Knauf, bei dessen Anblick 
mir sofort die Vermutung aufstieg, es möchte sich hier um ein altes 
Wurfholz, bzw. eine Wurfkeule handeln. Genauere Nachfragen bei 
Augenzeugen, französischen Offizieren und Lehrern bestätigte denn auch, 
dass wir es hier mit einer typischen Wurfkeule zu tun haben, die heute 
noch vielfach als solche gebraucht wird, und zwar von Berbern und 
Arabern. So sind Hirten imstande, auf 20 m und weiter Hasen mit der 
Matraque zu treffen, ja zu Pferde im Galopp, wurde mir erzählt, erreichten 
sie auf weite Distanzen mit dem Wurf ihrer Matraques mit Sicherheit ihr 
Ziel, kleineres Wild und Vögel. Neben den gewöhnlichen roh gearbeiteten 
Matraques werden auch speziell in Figuig hübsche mit Kerbschnitt ver- 
zierte Exemplare mehr als Spielerei und Schmuckstücke verfertigt und 
den Fremden verkauft. Ich sah hier auch säbelförmige Exemplare; ob 
wir wohl in dieser Form ein altes Pendant zur Wurfkeule, ein ursprüng- 
liches Wurfholz erblicken können? 

Wir hätten also hier in Nordafrika eine typische Wurfkeule noch er- 
halten, über deren ursprüngliche Herkunft ich mir allerdings kein sicheres 
Urteil erlaube. Es scheint mir aber doch denkbar, dass wir es hier mit 
einem alten Relikt afrikanischen Kulturgutes zu tun haben könnten, viel- 
leicht ebenfalls den nigritischen Schichten angehörend, wenn auch jetzt 
nicht mehr auf nigritischem Boden befindlich. Wir dürfen vielleicht um 
so mehr eine solche Annahme wagen, als ja, je länger je mehr viele 
Anzeichen dafür sprechen, dass die älteste Bevölkerung von Nordafrika 
bis zum Meer eine negroide war. Speziell auch der Fund von Skeletten 
mit ausgesprochen negroider Schädelbildung in der Grotte du Polygone 
bei Oran durch Pallary und Doumergue in der Schichte des sog. 
ibero-mauretanien, einer unserem Mesolithikum, denı Tardenoisien unge- 
fähr entsprechenden Schichte, könnte für eine solche Annahme sprechen. 


1) L. c. p. 102. 


250 L. Rütimeyer: 


Auch heute bedienen sich übrigens neben den Arabern und Berbern 
auch noch Neger für gewisse (kultische?) Zwecke der Matraque, wie ich 
einer schriftlichen Mitteilung des Herrn Pallary an mich entnehme: „j’ai 
vu dans le Mzab a Ghardaia exécuter une danse des matraques par des 
negres: cela a lieu la nuit, aux flambeaux; les negres forment un cercle 
et chantent, ils tournent et du temps a autre choquent leurs matraques 
en cadence. C’est d'un effet tres original.“ 

Übrigens würden diese Wurfkeulen, auch wenn sie von den späteren 
asiatischen oder mediterran-europäischen Einwanderern (Berber, Araber) 
mitgebracht worden wären und hier konserviert blieben, einer alten Kultur- 
schicht angehören. Gegenwärtig kommt die Matraque nach meinen eigenen 
Beobachtungen und nach Mitteilungen des Herrn Pallary verbreitet vor 
im Departement Oran und südlich bis nach Figuig, in Marokko soll sie 
nach Pallary nicht gebräuchlich sein, doch wurde mir in der Gegend 
von Udschda, Nordost-Marokko erzählt, dass sie heute noch vielfach als 
Jagdgerät benutzt wird. Sie soll nach Pallary bei arabischen Stämmen 
besonders verbreitet sein, aber auch bei solchen die stark mit Berberblut 
durchsetzt sind. 

Eine weitere nordafrikanische Parallele zu dieser Matraque hätten 
wir auch in der Wurfkeule der Tuaregs oder Teda; leider besitzt unsere 
Sammlung kein Exemplar davon. 

Schliesslich möge noch erwähnt werden, dass Frobenius’) in seiner 
Tabelle über die Verwandtschaft der Wurfhölzer aller Weltteile, wobei 
für die in Europa fehlende Urform die theoretisch konstruierte Waffe, 
welche dem geschleuderten steinernen Streithammer des Thor voran- 
gegangen ist, als Urform eingesetzt wird, nun diese Lücke ausfüllen 
könnte. Diese Urform ist zurzeit im Wurfholz von Sutz und in der Wurf- 
keule von Wauwyl, diesen uralten Formen neolithischer Holzwaffen für die 
europäische Prähistorie nachgewiesen. 


4. Steinkeulen der Ja-Luo. 


In neuester Zeit konnte unsere Sammlung drei Keulen erwerben, die 
auch einer uralten Kulturschichte angehören, die wohl sicher der Schichte 
der sog. Urkultur, bzw. der nigritischen Kultur zuzurechnen ist. Die 
Stücke können deshalb sowohl ihrer „Idee“ nach, als auch, wie wir sehen 
werden, ihrem Materiale nach als eigentliche prähistorische, vielleicht paläo- 
lithische Relikte angesehen werden, die heute noch in Gebrauch sind. 
Da diese Objekte, soweit ich sehe, auch in der Literatur noch nicht 
figurieren und ethnographische Nova zu sein scheinen, mögen sie deshalb 
etwas genauer beschrieben werden. 

Die Keulen stammen von den Ja-Luo, einem nilotischen Stamme in 
der Umgebung von Kavirondo am Viktoria Nyanza. Sie haben die auf- 
fallende Eigentümlichkeit, dass sie noch erhaltene afrikanische echte Stein- 
waffen sind, indem ihre Knäufe aus einem harten kristallinischen, granit- 
artigen Steine bestehen. Sie haben einen 41—49 cm langen stabförmigen 


1) L. Frobenius, Weltgeschichte des Krieges p. 247. 


Altertümliche afrikanische Geräte und Prähistorie. 251 


Griff aus einem etwa kleinfingerdicken entrindeten, mehr oder weniger 
geraden Zweigstücke, dem vorn der in seiner Umhüllung zitronenförmig 
gestaltete steinerne Knauf aufgesetzt ist. Dieser ist etwa 9cm lang, mit 
einem grössten Umfang von 18—21 cm. Die Befestigung des letzteren 
geschieht, wie schon angedeutet, durch ein Stück enthaartes Fell, welches 
teilweise noch Reste der Behaarung erkennen lässt, den Knauf überzieht 
und als eine Art lederne Hülle noch einige Zentimeter weit auf den Griff 
übergeht. Eine etwas irreguläre Naht hält das Lederstück zusammen. 
Da mich nun die genauere Art der Be- 
festigung des Steinknaufs interessierte — 
Merker!) sagt von den alten Holzkeulen 
der Masai auch, dass sie aus zwei Teilen 
bestanden, aus einem kugeligen Kopf, in 
welchen durch ein zentrales Bohrloch der 
stockartige Stiel gesteckt war — und zu- 
dem die Frage vor allem von Interesse 
erschien, ob etwa auch der Stein selbst 
prähistorisch bzw. der afrikanischen Stein 
zeit angehörig sei, entschloss ich mich, 
eines der seltenen Stücke zu öffnen und 
eine „Sektion“ desselben vorzunehmen. 
Hierbei ergab sich, dass nach Trennung 
der Naht und nach Entfernung der ledernen 
Hülle, eine Art von Gitterwerk aus straff 
um einen dadurch festgehaltenen körnigen 
dunklen Stein gespannten longitudinalen 
Baststreifen erschien; zur weiteren Ver- 
stärkung diente eine zirkulär angelegte 
dünnere Bastschnur, beides zog zum oberen 
Ende des Stieles hinab und wurde dort 
durch dichte zirkuläre Baststreifen fest- 
gehalten, die oben am Ende des Holz- 
griffes eine Art von kleinen Becherchen 
bildete, welches dem unteren Pol des Stein- EE EE ded E 
knaufes zum Lager diente. Der Knauf pei a der Stein (prähistorischer Klopf- 
war also durch diese Bastverschnürung und hammer) herausgenommen. 

den straffen Lederiiberzug fest am Stiel 

fixiert. Die genaue Untersuchung des Steines ergab nun, wie schon 
erwähnt, ein schweres, hartes, dunkles, granitartiges Gestein, der untere 
Pol zeigt Reste von Rotfarbung. Bei näherem Zusehen ergab sich, 
dass wir es zweifellos mit einem prähistorischen Stein zu tun haben. 
Es ist ein zweifelloser sog. Klopfhammer, wie wir solche in der euro- 
päischen Steinzeit vom ältesten Paläolithikum bis ins Neolithikum reich- 
lich finden. Auf zwei Seiten zeigte der Stein glatte, spiegelnde, offen- 
bar durch Handpolitur geglättete, unregelmässig rundliche Flächen von 


1) Merker, Die Masai, 1904, p. 129. 


252 l L. Rütimeyer: 


2,5—3 cm Durchmesser, während dazwischen ein breiter Gürtel von 
körnigem Aussehen die Schlagmarken des Klopfhammers aufweist. Herr 
Dr. P. Sarasın, der auch das Stück zu untersuchen die Güte hatte, 
hat dasselbe unbedingt als steinzeitliches Artefakt anerkannt. Dasselbe 
ist auch zahlreichen Klopfhämmern unserer prähistorischen Sammlung, 
die aus dem Chelléen bis zum Neolithikum stammen, durchaus analog 
gebildet, abgesehen von Grössenunterschieden und solchen der Farbe und 
Art des Steines. Der grösste Umfang des Klopfhammers beträgt 19 cm. 

Eine genauere Angabe, welchem Abschnitt der afrikanischen Steinzeit 
dieses Stück angehört, ist natürlich unmöglich, die Hauptsache ist, dass 
das Stück ein echtes prähistorisches Relikt ist. — Es wurde wohl zweifel- 
los vor ungezählten Jahrtausenden als Klopfhammer benutzt, wie die reich- 
lichen Schlagnarben beweisen, es ist ein „Protolith“ und wurde dann von 
diesem Primitivgeräte, indem 
statt des menschlichen Armes 
ein Holzstiel angesetzt wurde, 
zur Keule, sei es nun zur 
Wurf- oder Schlagkeule, auch 
so noch einer uralten mensch- 
lichen Kulturschichte ange- 
hérend. Die interessanten 
Stücke — ob freilich die 
anderen auch prähistorische 
Steinknäufe enthalten, kann 


ich nicht angeben, da ich sie 
Abb. lla. b. a Klopfhammer als Knauf der > oh Les 
Ges j vorerst nicht „sezieren“ will 
Steinkeule der Ja-Luo. b Klopfhammer aus dem ` : 
neolithischen Pfahlbau Gerlafingen am Bieler — werfen auch ein Licht auf 
See. die prähistorischen Klopf- 


hämmer selbst und ihre frü- 
here Benutzung. Der Gedanke liegt wohl sehr nahe, dass manche der- 
selben auch als Steinknäufe von Keulen benutzt wurden, nur lässt sich 
das wegen der Vergänglichkeit des Materiales der Bindung und des Griffes 
nicht mehr nachweisen, während bei einer Menge anderer mit Einkerbun- 
gen versehener Steinknäufe, prähistorischer und heute noch gebräuchlicher 
(Ozeanien, Nordamerika), ihre Bedeutung als Keulensteine, die durch 
Bindung an einen Griff befestigt werden, sofort klar erhellt. 

Unser Stein in seiner Eigenschaft als früherer Klopfhammer und 
späterer Keulenstein, der, wenn er reden könnte, über ungeheure Zeit- 
räume menschlicher Kulturentwicklung berichten könnte, ist so recht eine 
Illustration zu den Ausführungen von P. Sarasin’), wenn er sagt: „ich 
glaube, dass das erste Steingerät ein aufgelesener gerundeter Rollstein 
war, und dass dieser das einfachste Mittel abgab, den Arm zum Hammer 
und zur Keule zu machen. Er diente zum Aufschlagen und Zerquetschen 
harter Gegenstände und zur Wehr, im letzteren Fall ebensowohl als Keule 
wie als Wurfstein. Diesen Stein, welcher durch gewohnten Gebrauch eine 


b a 


1) P. Sarasin, Uber die Fehlerquellen in der Beurteilung der Eolithen. Ver- 
handlungen der Naturforschenden Ges. in Basel, Band XXII, Heft 1, 1911, p. 20. 


Altertümliche afrikanische Geräte und Prähistorie. 253 


körnige Schlagflache zeigen muss, neune ich den Protolithen, und ich - 
finde ihn in der gesamten Prähistorie vom Chelléen bis zum Neolithikum, 
wo er als Klopfhammer dient, ja in gewissen Formen bis zur Gegenwart 
im Gebrauch zähe beibehalten.“ 

Es ist bedauerlich, dass es nicht möglich war, etwas zu erfahren über 
den heutigen Gebrauch der Steinkeulen. Dass es seltene Stücke sind, 
erscheint sicher, wenigstens finden sie sich im grossen Reservoir für 
afrıkanische Ergologie, im Berliner Museum für Völkerkunde nicht vor, 
wie ich der freundlichen Mitteilung der Frau Professor Futterer entnehme, 
die auf mein Ansuchen die Güte hatte, sich in den dortigen Beständen 
nach solchen Keulen umzusehen. 

Ich kann also nicht sagen, ob die Keulen als Kriegswaffen oder Wurf- 
waffen bei der Jagd gebraucht wurden. Vielleicht dienten sie bei ihrer 
Schwere auch, wie dies Merker für die heutigen Keulen der Masai aus- 
führt, zum Zerschlagen von Knochen, wobei sie ja ihrer uralten Aufgabe 
als Klopfhämmer wieder gerecht würden. Sehr wohl möglich wäre auch, 
dass sie, wie wir dies bei prähistorischen Relikten öfters sehen, ich er- 
innere nur an die in Westafrika und dem Sudan zu Fetischzwecken 
vielfach verwendeten prähistorischen Steinbeile, zu gewissen kultischen 
oder Zeremoniengebräuchen dienen, vielleicht auch nur als Auszeichnung, 
etwa wie die bekannten Keulen aus Rhinozeroshorn, die der Sprecher der 
Krieger im Masai Kraal?) bei seinen gestenreichen Reden gebraucht, um 
seinen einzelnen Worten Nachdruck zu geben. Jedenfalls wäre es von 
Interesse, näheres über ihren heutigen Gebrauch zu erfahren. 

Bei diesen Steinkeulen befand sich auch eine Holzkeule der Ja-Luo 
von ähnlicher Form. Das aus einem Stück harten braunen Holzes ge- 
schnitzte Objekt ist 58 cm lang und hat vorn einen 9 cm langen zitronen- 
förmigen, mit seichten Längsrillen versehenen Knauf. Das Stück gleicht 
sehr dem Kirri der Ovambos. 

Wie schon erwähnt, sind meines Wissens solche Steinkeulen als 
echte prähistorische Relikte aus Afrika nicht bekannt. Sie sind natürlich 
nicht zu verwechseln mit jenen wohlbekannten Grabstöcken der Busch- 
männer?) und der Gallaländer, wo ein Stein in Form eines Keulenknaufes 
mit zentraler Durchlochung dem Stock als Beschwerung aufgesetzt wird. 
Auch diese Steine sind wohl meist von prähistorischer Provenienz, sie 
können aber schon, wenigstens zum Teil. wegen ihrer Grösse, Form und 
Schwere (faust- bis doppeltfaustgross und durchlocht), keine ursprünglichen 
Klopfhämmer oder Protolithen sein. Es würde sich jedenfalls empfehlen, 
dieselben einer genauen prähistorischen Analyse zu unterziehen. Gehören 
sie der afrikanischen Steinzeit an, so waren es wohl meist auch ungefüge 
Keulensteine, ähnlich manchen analogen ozeanischen.*) 


1) Merker, l. c. p. 85. 

2) Vel British Museum, handbook to the Ethnographical Collections, London 
1910, p. 212, fig. 186. 

3) Vgl. auch Staudinger, Prähist. afrikan. Funde, diese Zeitschrift 1911, 


254 | L. Rütimeyer: 


5. Stockschilde der Dinka und Schilluk, Faustschild vom Senegal. 


In der Sammlung David befanden sich auch fünf Stockschilde der 
Dinka und Schilluk, die Herr Dr. David auf meine Veranlassung am 
oberen Nil erwarb. Da dieselben durchaus in unser Kapitel gehören 
und zwei davon eine von der gewöhnlichen abweichende Form zeigen, 
mögen sie hier aufgeführt werden. Diese Stockschilde vom oberen Nil, 
„Quer“ genannt!) (Schweinfurth!) schreibt „Kuerr*), sind, wie 
Frobenius?) ausführt, eine urafrikanische Schutzwaffe und gehören eben- 
falls der nigritischen Kulturschichte an. Sie müssen schon deshalb, wie 
Frobenius weiter sagt, sehr alte Waffen sein, weil diese Stock- und 

Parierschilde gegen Speerwurf und Pfeile wenig 
nützen, „sie gehören einer früheren Kriegsform an, 
derjenigen des Knüppels, sei es des geworfenen, 
sei es des geschwungenen.* Aus ihnen ent- 
wickelten sich die Fellschilde. 

Die Stockschilde lehnen sich ganz direkt an 
australische Formen an und sind sicher deshalb 
der nigritischen Kultur zuzuweisen. Unsere drei 
Stücke haben die bekannte, schon von Schwein- 
furth abgebildete Form, auf der hinteren Seite 
des mit einem zentralen Knauf versehenen Schildes 
ist eine Handhabe eingeschnitzt, und diese ganze 
Seite mit einer Längsrille versehen. Die Länge 
dieser drei Schilde beträgt 89, 104 und 135 em. 
Nun finden sich neben diesen bekannten Formen 

| noch zwei interessante Stockschilde, welche von 
Dr. A. David, der je ein Stück bei den Dinka 
(Bor) und den Schilluk (Tonga) erwarb, als Schlaf- 
Abb. 12au.b. a „Quer“, hölzer oder Nackenstützen bezeichnet wurden. Das 
Stockschild und Schlaf- yon den Schilluk stammende Stück hat aber be- 
S ere zeichnenderweise den Namen Quer, wie die ande- 
australien. (Nach Fro- Yen Parierschilde, während dasjenige der Dinka 
benius.) »loj* heisst. Beides sind ganz zweifellos alte 
Stock- oder Parierschilde, deren Bedeutung jetzt 

vergessen sein mag. Ihre Länge beträgt 68—75 cm, ihr Umfang etwa 30 cm. 
Ähnliche australische Schilde, nur bedeutend breiter, sind auch bekannt; 
nun finde ich aber bei Frobenius?) einen Schild aus Westaustralien ab- 
vebildet, der in seiner Form ganz jener unserer nilotischen Stockschilder 
entspricht. Letztere sind aus leichtem llolze, walzenförmig mit abgerundeten 
Enden und zeigen in der Mitte einen Handgriff eingesenkt, ganz genau wie 
bei jenem australischen Schild. Eine wirkliche Nackenstütze aus demselben 
Holze gefertigt, aber ohne Handgriff, nur in Form einer rohen Walze, 
wurde ebenfalls mitgebracht. Ihr Name ist Aded. Dass die dortigen 


1) Schweinfurth, Artes afric., Tab. I, fig. 13—15. 
2) L. e. p. 34. 36, 38. 
3) L. c. p. 49. 


Altertiimliche afrikanische Geräte und Prähistorie. 255 


Schilluk und Dinka die ursprüngliche Bedeutung dieses Objektes ver- 
gessen haben, ist nicht allzu verwunderlich, wenn man bedenkt, dass 
einige jener uns auch von Herrn David mitgebrachte Dinka-Bogen von 
asiatischer Form, von denen Frobenius?) ebenfalls eine Abbildung gibt 
und die sich auszeichnen durch ihre spiralig umgebogenen Enden und be- 
sonders dadurch, dass das ganze Bogenholz mit einem Eisenband um- 
wickelt ist, als „Tanzstäbe“ bezeichnet waren. Er sah sie (ohne Sehne) 
tatsächlich auch nur als solche verwendet, und war ganz verwundert, dass 
dies Bogen sein sollten. Hier war eben auch, wie offenbar bei jenen 
Kopfstützen die ursprüngliche Bedeutung vergessen worden. Die völlige 
Analogie dieser walzenförmigen Parierschilde mit jenem westaustralischen 
Schild reiht die ersteren um so sicherer in die nigritische Kulturschichte ein. 

Ein weiterer eigentümlicher Schild unserer Sammlung gehört aller- 
dings nicht dem nigritischen Kulturbesitz an, mag aber hier auch Er- 
wähnung finden, da er wohl sicher entwicklungsgeschichtlich eine alte 
Form des Schildes repräsentiert. Es ist ein kleiner hölzerner Rundschild, 
ein Faustschild von 18 cm Durchmesser. Er ist gewölbt kreisförmig, mit 
Buckel und Rand, ohne Randwulst versehen, der Griff ist aus Holz, auf 
der Innenseite ausgeschnitzt. Das Stück stammt aus Senegambien. Es’ 
stellt also wohl eine Urform des laut Frobenius nach Afrika im- 
portierten asiatischen Rundschildes dar, und eben aus Holz gefertigt, 
während der genannte Autor 1898 noch sagen konnte, dass solche sonst 
ledernen Rundschilde „gemeiniglich gepresst, stets aber in Afrika aus 
Leder hergestellt sind‘“2). Er fügt hinzu, dass die Rundschilde vor- 
kommen von Senegambien bis nach Abessinien, also längs der afrikanischen 
Nordachse. | 


6. Steinstössel aus der Sahara. 


Gegenüber den oben erwähnten, grösstenteils der nigritischen Ur- 
schichte angehörenden Objekten, dieser Relikten, wo wohl die ergologische 
Idee, nicht aber (mit Ausnahme der Steinkeule) das Material selbst aus 
uralter vorhistorischer Zeit stammt, möge noch ein anderes, einer jüngeren 
Schichte angehöriges Stück genannt werden, welches mit Wahrscheinlichkeit 
als solches materiell neolithischer Provenienz ist und heute noch gebraucht 
wird. 

Es ist dies ein Stössel, eine Art Mörserkeule aus hartem schwarzem 
Stein, wie mir von mineralogischer Seite mitgeteilt wurde, von Ophit, 
einem basaltischen Ergussgestein. Über die genaue Provenienz lässt 
sich natürlich nichts aussagen, doch finden wir solche Eruptivgänge in 
der westlichen Sahara zwischen Tschad und Marokko. Ich erwarb das 
Objekt in der südwestmarokkanischen Oase Figuig im April 1910 von 
einem Berber, welcher das Gerät mit einem Körbchen Dattelkernen, die 
er damit zerstossen wollte, bei sich trug. Der Stössel, aus einem Stück 
harten Gesteins gearbeitet, besteht aus einem Handgriff und einem unten 
halbkuglig verdickten Ende mit vielen Gebrauchsnarben. Ich zeigte das 


1) L. c. p. 61. 
2) L. c. p. 54. 


256 L. Rtitimeyer: 


interessante Objekt, von dem sofort feststand, dass die heutigen Berber 
ein solches nicht herstellen kénnten, einem der kompetentesten Kenner 
der nordafrikanischen Prahistorie, Herrn Paul Pallary in Oran, der 
dasselbe als wahrscheinlich aus neolithischer Zeit stammend bezeichnete 
und mich auf eine betreffende Stelle im Werke von Gautier!) verwies, 
ın der ähnliche, sicher neolithische Geräte beschrieben werden. 

Gautier führt dort aus, wie aus vielen Gegenden der Sahara, Uargla, 
Taudeni, Igidi usw. reichliche Funde aus neolithischer Zeit gemacht 
wurden, welche Geräte zum Mahlen des Getreides dienten. Vor 
allem sind es zylindrische, ellipsenférmige oder runde rouleaux écraseurs, 
wie er sie nennt, die in einem innen polierten, entsprechenden Steinnapf 
gerollt das Getreidekorn zermalmen. 

Diese écraseurs, welche sich aus neolithischer Zeit auch in Spanien 
finden, waren nach Gautier die Vorläufer der jetzt allgemein gebräuch- 
lichen nordafrikanischen Steinmühlen, bestehend aus zwei Steinstücken, die 
mittelst einer zentralen Achse aus Holz oder Eisen umeinander bewegt 
werden. Die neolithischen Ecraseurs sind aber heute noch 
stellenweise im Gebrauch bei den Tuaregs des Air. Einen 
letzten Repräsentanten dieses neolithischen Gerätes sieht 
Gautier noch in einer heute äusserst selten gewordenen 
Art von Steindiskus, der dazu dient, die Dattelkerne zu 
zermalmen, so dass der genannte Autor von diesen uralten, 
der Mehlbereitung dienenden Steingeräten sagt: „Dans 
l'Afrique mineure le matériel (a moudre le grain) appartient 
à un passé très lointain, quon exhume péniblement. Au 


Abb. 13 © Sahara et au Soudan il est actuel.“ Neben diesen 
Steinstössel aus écraseurs sind nun auch aus derselben neolithischen Zeit 
Figuig. stammende Stössel, pilons, aus Stein gefunden worden. 


So hat Gautier selbst einen solchen keulenförmigen 
Stössel von 50 cm Länge in der Gegend von Uargla gefunden, so 
auch Foureau reichliche rouleaux écraseurs und meules dormantes 
nachweisslich sicher neolithischer Lagerung. Ferner beschreibt er aus 
Tanesruft aus dem Gebiete der Hoggar Tuareg einen steinernen Stössel, 
der nur zum Stossen und Quetschen, nicht aber als rouleau benutzt 
werden konnte. Da nun im Aïr wie bei den Stämmen der Susu, 
Malinke, Bamane?) im Nigergebiet das Getreide, wie bei den Negern 
üblich, zuerst in einem Holzmörser mit einem hölzernen Stössel zer- 
quetscht wird, bevor es von den Frauen in Näpfen mit den rouleaux 
ecraseurs oder den gewöhnlichen Steinmühlen zu feinem Mehl verarbeitet 
wird, so haben wir hier zweifellos in unserem Stössel ein solches steinernes 
Instrument zu sehen, um so mehr, als es, wie ich mich selbst überzeugen 
konnte, noch heute zum Zerquetschen der Dattelkerne gebraucht wird. 
Gautier?) nimmt an, dass ein solches Geräte „nous reporte a une periode 


1) Gautier, Sahara algérien, Tome I Paris 1908, p. 130. 
2) Desplagues, Le plateau Central nigerien planche XXI, pag. 37. 
3) L. c. pag. 132, 


Altertiimliche afrikanische Geräte und Prihistorie. 257 


aujourd’hui close, ou tout le matériel a moudre était lithique depuis le 
pilon jusqu’au rouleau“ und weiter „l'usage du materiel a moudre neoli- 
thique est partiellement disparu, mais il s’est maintenu partiellement“. 

Auch Desplagues erzählt uns, wie im Zentralplateau des Niger- 
bogens sich zahlreiche Mihlsteine in den alten neolithischen Stationen 
finden die bei gewissen Stämmen, die sich als Descendenten der Urein- 
wohner betrachten, heute noch im Gebrauch stehen, während die Ab- 
kömmlinge der späteren Eroberer, die Bambaras, Malinkes und Fulbe, 
sich ausschliesslich hölzerner Mörser und Stössel bedienen zum Zer- 
quetschen der Getreidekörner. 

Es ist mir allerdings nicht gelungen, in der mir zugänglichen Literatur 
einen sicher neolithischen Stössel von gleicher Form und Grösse wie der 
vorliegende nachzuweisen. Desplagnes!) bildet einige „broyeurs“ von 
ähnlicher Form, aber in Doppelbildung ab, wobei an jedem Ende des 
Steingriffes ein Knauf angebracht ist. Doch ist ja denkbar, dass die 
Formen gewechselt haben, und wenn unser Stössel, wie es ein so yor- 
züglicher Kenner der Prähistorie der Sahara 
wie Pallary als wahrscheinlich betrachtet, 
neolithisch ist, so würde seine Wanderung 
aus irgend einem neolithischen Atelier des 
Nigergebietes oder der Zentral-Sahara bis 
nach Figuig durchaus keine Schwierig- 
keiten machen. Unter allen Umständen 
ist es durchaus ausgeschlossen, dass das Bs Gan b 
Stiick in absehbarer Zeit an Ort und Stelle Abb. 14. a Versteinerter Seeigel aus 
angefertigt wurde, es ist zweifellos von Kano, als Amulett getragen. 
sehr hohem Alter. Ist dem so, so hätten b Seeigel aus neolithischer Lage- 

. 8 SÉ rung aus Vorburg bei Delsberg. 
wir wie dort bei jenen von Desplagnes 
beschriebenen neolithischen, heute noch gebrauchten Mühlsteinen im 
Plateau des Niger auch hier ein prähistorisches Gerät, welches sich nicht 
nur als survival in seiner ergologischen Idee erhalten, sondern auch aktuell 
als Objekt seinen Gebrauch durch Jahrtausende bewahrt hat, wieder ein 
Dokument des denkbar engsten Zusammenhanges von Prähistorie und 


Ethnographie. 


7. Versteinerte Seeigel als Amulette. 


Ebenfalls eine direkte prähistorische-ethnographische Parallele ergeben 
vier versteinerte, in der Mitte durchlochte Seeigel, welche wir Herrn 
Erziehungsdirektor H. Vischer in Kano verdanken. Die Stücke wurden 
nach seiner Angabe in der Umgebung von Kano gefunden und dem dortigen 
Residenten von Eingeborenen überbracht. Sie wurden von Männern und 
Frauen am Halse als Amulett getragen, und zwar jedes Stück einzeln. 
Eins der Exemplare ist gut konserviert, drei ziemlich abgeschliffen. 

Ähnliche Fundstücke liefert uns die Prähistorie. So besitzt unsere 
Sammlung in Basel zwei durchlochte, offenbar als Gehänge getragene ver- 


1) L. c. Pl. XVI, fig. 31, pag. 32 bis. 
Zeitschrift für Ethnologie. Jahrg. 1911. Heft 2. 17 


258 L. Rütimeyer: 


steinerte Seeigel von Vorburg bei Delsberg und von Hochwald aus neoli- 
thischer Zeit. Auch Heierli!) erwähnt in seinem Werke einen als Ge- 
hänge getragenen durchlochten Ammonit, durchbohrte Seeigel und Rhyn- 
chonellen. Wir gehen wohl kaum irre, wenn wir annehmen, dass jene 
prähistorischen, in der Steinzeit getragenen Seeigel ebensogut Amulette 
waren, wie die heute in der Umgebung von Kano getragenen. Auch bei 
den alten Arabern und mohammedanischen Negern Nordafrikas hatten, 
wie Doutté?) in seinem vortrefflichen Buche über Magie und Religion 
in Nordafrika ausführt, Muscheln eine bestimmte Beziehung zu magischen 
Kräften: „ils garnissaient les idoles anciennes et on les portait comme 
amalettes. Celui qui portait des coquillages noirs sur le mollet était 
réputé à labri du mauvais oeil“; die Wahrsagerinnen südlich von Mogador 
schliessen in Schachteln gewisse versteinerte Terebrateln ein, die sie an- 
geblich zum Sprechen bringen usw., kurz es vereint auch hier wieder bei 
diesem einfachen kultischen Schmuckstück ein uraltes geistiges Band 
graue Vorzeit mit der Gegenwart als Beweis der Konstanz so mancher 
menschlichen Vorstellungen in den 
verschiedensten Zeiten und Milieus. 


8. Gefässe der Ababde aus Speck- 
E stein. 

Eine letzte Gruppe altertümlicher 
Geräte führt uus nicht in die Tiefen 
der Prähistorie zurück, doch immer- 
hin, wie dies Schweinfurth§) aus- 

Abb. 15. Holzschale der Ababde. geführt hat, in die ersten Anfänge 
der ägyptischen Geschichte. Dieser 
Autor beschreibt und bildet ab steinerne Kochgeräte der Ababde, die er 
schon im Jahre 1864 gesehen und 1897, da sie in der Literatur kaum 
bekannt waren, näher beschrieben hat. Ich habe auf diese Gefässe in 
anderem Zusammenhange aufmerksam gemacht‘). Herr Dr. F. Sarasin, 
den ich gebeten hatte, auf seiner Reise nach Oberägypten sich nach diesen 
originellen Steintöpfen umzusehen, brachte für unsere Sammlung sechs 
Stücke mit, die er in einem Lager der Ababde nahe Assuan, wo sie als 
Kochtöpfe verwendet wurden, erwerben konnte. Dabei war noch ein 
Holzbecher, der mit seinem Ausguss und ganzen Form durchaus einem 
der Steinbecher gleich und gewissermassen als dessen Vorbild angesehen 
werden kann. 

Die Steingefässe sind, genau wie sie Schweinfurth beschreibt, 

schalen-, napf- und schüsselförmige Gefässe aus schieferfarbigem Speck- 


1) J. Heierli, Urgeschichte der Schweiz, p. 164. 

2) E. Doutté, Magie et Religion dans l’Afrique du Nord, Alger 1909, p. 82 
und 394, 

3) G. Schweinfurth, Über den Ursprung der Ägypter, Zeitschrift für Ethno- 
logie 1897, p. 272 ff. 


4) L. Rütimeyer, Über westafrikanische Steinidole. Internat. Archiv für 
Ethnographie, Bd. XIV, 1901, p. 209. 


Altertiimliche afrikanische Geräte und Prihistorie. 259 


stein (Steatit), rund oder oval, innen fast zylindrisch, mit 1—2 cm dicken 
Wandungen, 4—16 cm hoch, mit einer obern Öffnung von 8—19 cm Durch- 
messer. Einige sind roh geschnitzt, andere aber sehr sorgfältig gearbeitet 
und geglättet. 

Die Mehrzahl ist mit zwei seitlichen, kurzen Henkeln versehen, und 
besitzt einen schnabelförmigen Ausguss wie das Holzgefäss Abb. 15. Das 
Gestein stammt aus dem ‚„Etbai“, aus den östlichen Wüsten von Ober- 
ägypten und Nubien und steht auch zwischen Qossér und Qeneh an. 
Schweinfurth führt nun in höchst interessanter Weise aus, dass diese 
seit Jahrtausenden in gleich dürftigen Verhältnissen lebenden . Hamiten 
hier gewissermassen in atavistischer Gewöhnung noch an einer Manufaktur 
festhalten, die aus der prähistorischen Steinzeit stammt. Diese heutigen 
Talkschiefergefässe sind nach seiner Auffassung entartete Rückbildungs- 
formen der bekannten, alten, in den Gräbern der Negada-Periode, die 
zum Teil noch als neolithisch anzusehen ist, gefundenen Steingefässe. 


a b c 
Abb. 16. 
Steintöpfe der Ababde. 


Letztere sind ja allerdings meist aus harten Gesteinsarten, teilweise in 
technisch bewundernswerter Vollendung gearbeitet, es war mir aber doch 
von grossem Interesse von einem so vorzüglichen Kenner Altägyptens wie 
Herr Professor Naville, dem ich die Ababde-Gefässe zeigen konnte, zu 
hören, dass eines derselben (b) in der Form durchaus gewissen Negada- 
gefässen entspreche. Auch (c) erinnerte mich einigermassen an Negada- 
formen, die ich im ägyptischen Museum von Berlin gesehen hatte. 
Dieses zähe Festhalten an der mihsamen Herstellung von steinernen 
Kochtöpfen, die die Ababde weit einfacher, um billiges Geld bei ihren 
reichlichen Verkehr mit Assuan, einem Zentrum «der Töpferei, auf dem 
dortigen Markt sich holen könnten, erhält noch eine weitere Illustration 
durch die Herstellung zahlloser kleiner Tabakpfeifen aus Speckstein, 
welche die gleichen Stämme seit Einführung des Tabaks in ihre Gegend 
vor etwa 2'/, Jahrhunderten statt der technisch ja viel leichter herzu- 
stellenden Tonpfeifen verfertigen und fast ausschliesslich brauchen. Auch 
von diesen, von Schweinfurth beschriebenen Pfeifen verdanken wir 
einige Exemplare Herrn Dr. F. Sarasin. Man sieht aus diesen Bei- 
spielen, wie ganz ausserordentlich zähe von afrikanischen Stämmen ge- 
wisse Beziehungen und technische Gepflogenheiten — auch die süd- 


17 * 


960 L. Rütimeyer: Altertiimliche afrikanische Geräte und Prähistorie. 


afrikanischen mundspitzenartigen Tabakpfeifen aus Speckstein gehören 
wohl hierher — Gepflogenheiten, zu denen der Anstoss vor vielen Jahr- 
tausenden einst gegeben wurde, festgehalten werden. 

Das Interesse solcher oft unscheinbarer ethnographischer Sammlungs- 
objekte, wie der in den obigen Ausführungen geschilderten, scheint mir 
vor alleın darin zu liegen, dass sie nachweisen, wie in Afrika von dem 
noch vor relativ kurzer Zeit eine Steinzeit geleugnet wurde, noch vielfach 
die Beziehungen zwischen Prähistorie und Gegenwart in der Ergologie 
des Menschen ausserordentlich intim sind. Die Fäden führen von 
manchen heutigen Objekten des täglichen Gebrauches gerade und lückenlos 
hinunter in die ältesten Kulturschichten, in die entlegensten prähistorischen 
Untergründe und Zeiträume bis zur Wurzel menschlicher Tätigkeit über- 
haupt, eine Tatsache, die ja übrigens auch bei uns in Europa unter der 
oft dünnen Lavadecke unserer Kultur, unter der noch vielfach materiell 
und ideell die Vorgeschichte glüht, mannigfache Analogien findet. 

Daneben scheint mir aber speziell der Hinweis nicht unwichtig, dass 
einige der hier besprochenen Objekte (Lanzen aus Knochen und Horn- 
spitzen, Steinkeulen und walzenförmige Parierschilde, hölzerne Wurf- 
keulen und Bumerangs) als teilweise neue Glieder die bisher bekannten 
Bande, welche die nigritischen Kulturschichten von Afrika einerseits und 
der altaustralischen Kultur andererseits zusammenhalten, zu verstärken ge- 
eignet sind. 


Musik und Tänze der grönländischen Eskimos und die 
Verwandtschaft der Musik der Polareskimos mit der der 
Indianer'). 

Von 
Christian Leden. (Christiania). 


Mit 5 Abbildungen und 8 Notenbeispielen. 


Im Frühling des Jahres 1909 reiste ich mit dem Polarforscher Knud 
Rasmussen nach Grönland, um die west- und nordgrönländischen 
Eskimos zu besuchen und ihren primitiven Kulturbesitz, besonders ihre 
Musik, zu studieren, zu welchem Zweck mir eine dänische öffentliche 
Unterstützung zuteil wurde. 

Mein Arbeitsfeld erstreckte sich wesentlich auf den Umanakdistrikt 
in Dänisch-Grönland, wo ich in Ikerasak und besonders in Umanatsiak 
noch Eskimos von ursprünglicher Kultur antraf, ferner auf die Polareskimos 
am Kap York und der North-Star-Bucht. Bei diesen Polareskimos, die 
bis dahin frei vom Einfluss der Missionare geblieben waren und ihre alte 
Kultur vollstandig bewahrt hatten, machte ich eine reiche musikethno- 
logische Beute. 

Die Eskimos in den südlichen Kolonien von Dänisch-Grönland haben 
schon lingst das meiste von ihrer alten Kultur und besonders ihre alten 
Lieder vergessen. Bat ich sie um ein Lied, so gaben sie mir europäische 
Gassenhauer und Operettenmelodien, die sie natürlich etwas verkehrt 
sangen, zum Besten, oder sie sangen in schleppendem Tempo einige 
geistliche Lieder, die sie von den Missionaren gelernt hatten. 

Im vergangenen Sommer (1910) unternahm ich mit Hilfe einer Unter- 
` stützung Sr. Majestät des Königs von Norwegen eine zweite Grönlandreise, 
und zwar nach Angmagsalik an der Ostküste. In diesem Eskimodorf wohnen 
die meisten Ostgrönländer. Sie sind erst seit 25 Jahren von Weissen 
beeinflusst, daher traf ich noch eine ganze Anzahl prachtvoller Menschen 
von der alten Kultur, und es gelang mir, auch eine Reihe Original- 
Eskimolieder phonographisch zu fixieren, und die mit denselben ver- 
bundenen Trommeltänze mit dem Kinematographen aufzunehmen.”) 


1) Nachtrag zur Dezember-Sitzung des vorigen Jahres (s. Jahrgang 1910 S 994), 

2) Die Resultate meiner beiden Grönlandreisen wollte ich eigentlich schon 
diesen Winter publizieren, aber da mein Reisegenosse Knud Rasmussen, mit 
dem ich den Vertrag gemacht hatte, zusammen mit ihm ein gemeinsames Werk 
über unsere Forschungen in Grönland zu veröffentlichen, wieder nach Grönland ge- 
fahren ist, muss ich mit einer grösseren Publikation noch bis zu seiner Rückkehr 
warten. Ich kann deshalb jetzt nur eine vorläufige Skizze der Musik und Tänze 
der grönländischen Eskimos geben. 


262 Chr. Leden: 


Die musikalischen Ausserungsmittel der Eskimos beschränken sich 
auf ihre Singstimme und eine Trommel; sie wissen auch nichts von 
mehrstimmiger oder harmonischer Musik, sondern singen immer unisono. 

Ihre musikalischen Leistungen zeigen aber doch bei näherer Beob- 
achtung, sowohl was den oft komplizierten Rhythmus, als auch die Technik 
des Melodiebaues und der Vortragsweise betrifft, schon eine vorgeschrittene 
künstlerische Entwicklung. Sie haben eine Menge kleine rhythmische und 
tonale Nuancen, die unsere europäische Musik gar nicht kennt, auf welche 
die Eskimos aber sehr viel Gewicht legen. Es ist anfangs überaus 


Abb. 1. Eskimoische Sänger aus Umanatsiak, Westgrönland, (versammelt beim 
Zelt des Verfassers, in der Mitte Knud Rasmussen). Phot. von Chr. Leden. 


schwer für unser europäisches Ohr, die Feinheiten dieser eigentüm- 
lichen Musikäusserungen zu erfassen, und es ist oft mit Schwierigkeiten 
verbunden, selbst nach dem Phonographen und mit Hilfe von Metronom 
und Tonmesser ihre Gesänge niederzuschreiben. Unsere Notenschrift 
reicht hierzu natürlich lange nicht aus, und man muss sich noch anderer 
Zeichen bedienen, um die für uns ungewohnten Intervalle und die eigen- 
artige Vortragsart einigermassen genau wiederzugeben. 

Wie bei anderen primitiven Völkern ist auch bei den grönländischen 
Eskimos die Musik eng verbunden mit dem Tanz. Ihr Tanz ist eine Art 
Bauchtanz, der aus einigen sonderbaren, ziemlich primitiven Bewegungen 
besteht. Paartänze gibt es nicht bei ihnen, nur Solotänze. In diesen 
Tänzen können die verschiedensten Stimmungen ausgedrückt werden, doch 
drücken sie meistens Freude oder erotische Gefühle aus. Manchmal 


— 


Musik und Tänze der grönländischen Eskimos. 263 


können auch diese Tänze sehr ernster Art sein, z. B. wenn der eine Eskimo 
den anderen zu einem Duell auf Bauch- oder Trommeltanz herausfordert. 
Bei diesem Duell singen die beiden Gegner abwechselnd Spottlieder 
aufeinander. Diese Lieder sind teilweise im voraus gedichtet, werden zu- 
weilen jedoch auch improvisiert. In einem solchen Duell gilt es, alle 
Fehler und Mängel des Widersachers und alles, was er verbrochen hat, 


Abb. 2. Polareskimo-Sänger aus der North-Star-Bucht (76° 32 Min. nördl. Breite). 
Rechts der Geisterbeschwörer Masaitsiak, links seine Frau, in der Mitte der Geister- 
beschwörer Ajorsalik. Phot von Chr. Leden. 


hervorzuheben und ihn überhaupt so lächerlich als möglich zu machen. 
Derjenige von beiden, dem es am besten gelingt, die Zuhörer durch 
seine Witze und Anklagen zum Lachen zu bringen, ist dann Sieger. 
Diesen Trommeltanz gibt es in Grönland nur noch an der Ostküste und 
bei den Polareskimos. Leider haben die Missionare an der Westküste die 
Tänze ganz ausgerottet. In Umanatsiak an der Westküste Grönlands 
existiert wohl auch noch etwas Ähnliches, als Überrest der alten Kultur, 
aber die Einwohner von Umanatsiak sind sehr vorsichtig mit dem Trom- 
meltanz und wagen nur in den langen Winternächten sich damit zu 


264 Chr. Leden: 


amüsieren, oder sonst, wenn sie sicher sind, dass niemand in der Nähe 
ist, der den alten Tänzen und Gebräuchen feindlich gesinnt sein könnte. 

Tanzt und singt der Eskimo, so schlägt er gewöhnlich die Trommel 
dazu. Die Trommel wird jedoch nicht immer im Takt mit Gesang und 
Tanz geschlagen, sondern oft scheinbar ganz unregelmässig und zu- 
weilen in anderen Taktarten. Es kommt z. B. vor, dass eine Gesang- 
vorführung in 4/, Takt von Trommelschlägen 
in %/, Takt begleitet wird. Oft kehrt auch in 
der Trommelbegleitung ein bestimmtes rhyth- 
misches Motiv wieder, ohne Rücksicht auf 
den Gesang und Tanz zu nehmen. 

Die Trommel der Eskimos besteht aus 
einem kleinen Knochen- oder Treibholz- 
rahmen, auf dessen einer Seite ein Stück 
Darmhaut aufgespannt ist und wird mit einem 
Knochen oder Holzsplitter geschlagen, jedoch 
nicht auf das Trommelfell selbst, sondern 
auf die unbespannte Seite des Trommel- 
rahmens. Hierbei entsteht ein nicht sehr 
starker, aber eigentümlich mystischer Klang. 
Bei den Geisterbeschwörungen der Angakut 
oder Zauberer wird denn auch die Trommel 
immer angewendet. 

Die Eskimos pflegen möglichst wenige 
Töne in ihren Gesängen zu gebrauchen, und 
bei den Polareskimos gilt es sogar als ein 
Zeichen von Unbeholfenheit und Unbegabt- 
heit, viele Töne ın einem Liede zu benutzen. 
Da ich gern die Meinung der Eskimos über 
die europäische Musik hören wollte, trug ich 
einmal ein sehr berühmtes Lied eines unserer 
grössten neueren Komponisten einem der 
besten Polareskimosänger vor. — Da lachte 
aber der alte Eskimo mitleidig, indem er sagte: 
So viele Töne und keine bessere Musik! 

Bei den Polareskimos komponiert jeder 
selbst seine Lieder und jeder Eskimo besitzt 
seine eigene Weise — oft mehrere — die er nur selbst singt. Ausser- 
dem haben sie jedoch auch eine Anzahl Lieder, die sie von ihren Vor- 
vätern, besonders von den Angakut, ererbt haben. 

Die Polareskimos haben eigentlich keine Texte zu ihren Melodien, 
sondern sie wiederholen fortwährend dieselben sinnlosen Silben: Aj-jai-ja 
immer und immer wieder. Zuweilen unterbrechen sie die leitende Melodie 
und sprechen ein oft improvisiertes Rezitativ. 

Dagegen haben die Eskimos an der Westküste von Dänisch-Grönland 
meistens Texte zu ihren Liedern. 

Der Inhalt dieser Texte ist verschiedenartig. Sie haben Scherz- und 


Abb. 3. Tanzende Eskimofrau 
aus Umanatsiak, Westgrönland. 
Phot. von Chr. Leden. 


Musik und Tänze der grönländischen Eskimos. 265 


Spottlieder, z. B. das Lied von den Hosen einer Frau, und Liebeslieder, 
z. B. das Lied vom „Spielkamerad“, in welchem ein junges Mädchen von 
den Liebkosungen ihres Liebsten singt und diese in sehr grellen Farben 
bis zu dem sexuellen Akt schildert. 

Ferner haben sie Schauspiellieder und verschiedene Tier- und Vogel- 
pantomimen, wie z. B. Kugsassuak (was „Schaukelschweif“ bedeutet) und 
die „Sturmvogel“-Pantomime, in welcher sie beim Tanzen die Be- 
wegung dieses Vogels nachahmen. 

In einem Lied, dessen Text wahrscheinlich aus der Zeit der ersten 
Missionare stammt, singen sie von 
der Zeit, da sie noch guter Dinge 
waren und sich auf ilıre eigene heid- 
nische Weise ergötzen durften. 

Auch die ostgrönländischen Es- 
kimos haben meistens Texte zu ihren 
Liedern, und zwar ebenso mannig- 
facher Art, wie die an der Westküste. 

Das nachstehende Notenbeispiel 
ist das schon erwähnte Schauspiel- 
lied „Kugsassuak“ (Schaukelschweif), 
welches von Arkalu, einem alten 
Eskimo aus Umanatsiak in Dänisch- 
\West-Grönland gesungen wurde. Der 
Text, der für die Auffassung der Es- 
kimos scherzhaft ist, lautet in Über- 
setzung: „Der grosse Schaukelschweif 
ist aus seinem Nest herausgekommen, 
Viutiuvi utiu* usw. Die letzten 
Laute sollen den Gesang des Vogels 
nachalımen und während des Singens 
der sinnlosen Worte „aja ja-a-ja ja“ 
Pan oe ur ner Abb. 4. Bauch- und Trommeltanz-Duell 
gungen des Vogelschweifes in komi- a EE Ostgrönland; 
schen Bewegungen mit seinem Hinter- Phat. ton Che Loder 
teil nach. 


1. „Kugsassuak“ (Schaukelschweif).') 


Eskimolied aus Umanatsiak in Westgrönland. 


Kug-sas-su - ak i- ni- mi - nik a - nig- dla - ka-ak vi- u- 


See 


SSS 


1) Zeichenerklärung s. S. 269/270. 


Du- ei u - tju-a- ja ja-a- ja - ja usw. 


266 Chr. Leden: 


Das nächste Notenbeispiel (No. 2) stammt von der North-Star-Bucht 
und wurde von der Polareskimofrau Tukuminguak gesungen. Es unter- 
scheidet sich von dem vorigen Lied sowohl, was die Struktur des Melodie- 
baues, als auch die Vortragsart betrifft. Es wird mit Trommelschlägen, 
aber in einer anderen Taktart als der Gesang, begleitet. 


2. Polareskimolied.’) 
(Von der North-Star- Bay.) 


M. M. „= 160 
> 


= 
Unregelmässige Trommelbegleitung 


| 
e a wn — ll ——— 
— mn 

RW 


Mn — —— Suse Same Ze. 
| SE = =! 


Abb. A. Eskimotrommel. a= Trommelstock. b= Trommel aus Westgrénland. 

c = Trommelstock. d = Trommel von der North-Star-Bucht (Nordgrönland). 

Photographie nach den vom Verfasser mitgebrachten Sammlungen im Museum 
für Völkerkunde, Berlin. 


Charakteristisch für die Musik der Polareskimos ist in ihrem Melodie- 
bau Hinabgehen auf einen tieferen Ton am Schluss einer Strophe und 
längeres Verweilen auf einem tiefen Ton zwischen jedem Vers. In der 


1) In Beispiel Nr. 2 werden die Trommelschläge, die zu Anfang in "/,-Takt 
gehen, nachher scheinbar unregelmässig und so undeutlich, dass es mir nicht möglich 
gewesen ist, dieselben genau zu verzeichnen. 


Musik und Tänze der grönländischen Eskimos. 267 


Vortragsweise wird man besonders ihr Glissando und ihren kräftigen An- 
satz auf den höheren Tönen zu Beginn der Motive bemerken, ausserdem 
das Decrescendo und Piano auf den tieferen Tönen am Schluss einer 
Strophe. In diesen Punkten unterscheidet sich die Musik der Polareskimos 
von derjenigen der Dänisch-Grönländischen Eskimos, aber nähert sich 
derjenigen der nordamerikanischen Indianer. 

In folgendem Lied (No. 3) des Polareskimo-Angakok (Geister- 
beschwörer) Masaitsiak von der North-Star-Bucht tritt die Abweichung 
von der Musik der Dänisch-Grönländischen Eskimos und die Annäherung an 
die Musik der Indianer noch deutlicher hervor. Die Melodie fängt auch hier 
in höherer Lage an und gebt dann am Schluss jeder Strophe allmählich 
nach unten, bis sie endlich längere Zeit auf einem tieferen Ton verweilt. 
Ferner ist auch die starke Exspiration auf den höheren Ténen, sowie das 
Glissando und am Ende einer Strophe das Decrescendo und Piano, wie 
man sich durch Anhören der Phonogramme überzeugen kann, typisch 
sowohl für die Polareskimoweisen als auch für die Gesänge der Indianer. 


3. Polareskimolied. 


M. M. d = 160 
g > = > — 
b —e-F-0— 9 — E EE E RR EE 
ma 4 — 0 — 0 E ei SC es Ze “_s —y- 
J Ze = 
> - > > ~ = N 
# EE 
E EE SE 
—_/—-v — ø -$ - Zn e o -0 — 0 ~o! Est. de, deeg ~-=- 
e —— e ec e 2 1 — 
l “ee ~~ 
b bh mm Tee, 
EE N 
RR NRF RE REN ES e EE 
EE e o°'—o— 
= = 
eS er m SEES ae 
Sr — e — 4-4 — 8- SC EE KR Soe 
= Seier “a ET — 
= a 


N 4 
IN SR SE Denn NN: 
Kees EE 


Wenn wir die nachfolgenden Beispiele von Indianerliedern (No. 4, 5) 
betrachten, so werden wir hier die besprochenen Eigentümlichkeiten der 
Polareskimomusik wiederfinden. 


4. Pawnee-Indianerlied. 
Aufgezeichnet von Edwin S. Tracy. Aus: A. C. Fletcher, The Hako: A Pawnee 
Ceremony, 22. Ann, Rep. Bureau Amer. Etlınol. 1904, S. 39. 


M. M. g= 126 


268 Chr. Leden: 


$— = Zu m zog oe co 

u SC eg = as =} Ita tr arao been = 

EE ee ee ee ee 
~~ 


5. Indianerlied vom Thompson-River. 


Aus: OQ. Abraham und E. N. v. Hornbostel, Phonographierte Indianermelodien 
aus British Columbia, Boas Anniversary Volume, New York 1906. S. 458. Nr. 11. 


M. M. ¢ = 160 


ee EE, | — SS 
HE EE nr JEE ar IE a =t-] usw. 
EE SE = Se 


Natürlich haben die verschiedenen Indianerstämme in ihrer Musik auch 
Eigentümlichkeiten, worin sie sich wieder von einander unterscheiden. 
Ich habe aber bei dieser Gelegenheit die typischen Kennzeichen der In- 
dianermusik in sozusagen gröberen Umrissen angedeutet, nur um zu 
zeigen, dass, was die Indianerstämme in ihrer Musik gemeinsam haben, 
auch mit der Musik der Polareskimos verwandt ist. 

Die Lieder der ostgrönländischen Eskimos, wovon folgendes Beispiel 
(No. 6) eine Probe gibt, zeigen dagegen, ebensowenig wie die westgrön- 
ländischen Gesänge, eine Verwandtschaft mit der Indianermusik. 


6. Eskimolied von Kap Dan in Ostgrönland. 
M. M. ¢ = 192 


LEE A E E Ee E EE GE 
E E KEE EE E EE EE E EE 
Pë Ee he 
— 1 E keng geg — +77 SE TI hl 
— emm 
SE E ER See EE nn: EE a SS IA m 
EE E SE E == Rh = = 
DEI ZIEHEN — HI ZINN - -< KE e 
Ë Q 4S jl a E ~ 4 Eis „rn n 
4, E En er ee mS 
u REES 


Een EE HEA 


NR E 44.709 an 
e —= > 
Ve Se 
BEE EE EE SE 
EE SE EE EE 
(7) Lé < 
NI 


Um so mehr zeigt das jetzt folgende Polareskimo-Phonogramm (No. 7) 
eine unverkennbare Verwandtschaft mit Indianerliedern. Sowohl was die 
ganze Struktur des Melodiebaues, als auch die Eigentümlichkeiten der 
Vortragsart betrifft. | 


Musik und Tiinze der grénliindischen Eskimos, 269 


7. Polareskimolied. 


M. M. J=132 
EE SE E 


ër EE =i ea 


———* Fe — weg —— 


peer SE =: Er Br: = 
a 


Zuletzt wollen wir noch ein Lied von den Hopi-Indianern zum 
Vergleich heranziehen (No. 8). Auch hier ist die Verwandtschaft mit der 
Musik der Polareskimos, trotz der grossen Entfernung dieser beiden 
Völkerstämme, ganz entschieden vorhanden. 


8. Hopi-Indianerlied. 


Aus: Benjamin Ives Gilman, Hopi Songs, Amer. Journ. Archaeol. and Ethnol. 
Vol. V. 8.201. Nach dem subjektiven Eindruck Gilmans wiedergegeben. 


pe ie ea 


kad ae aca eee Sec 
SE 


Es zeigt sich also eine so nahe Verwandtschaft zwischen der Musik 
der Polareskimos und derjenigen der Indianer, dass man eine gemeinsame 
Quelle annehmen muss. Und da bis jetzt noch nichts wirklich Stich- 
haltiges über die Abstammung der Eskimos bekannt ist, dürfte es wohl 
von Interesse sein, die Musik der Kanadischen Eskimo- und der nörd- 
lichsten Indianerstämme einer gründlichen Untersuchung zu unterwerfen. 


Erklärung der in den Notenbeispielen angewandten diakritischen 
Zeichen. 


-+ kleine Erhöhung 


— kleine Vertiefung \ bis zu einem Viertelton, 


n _ : 
(8) Tonhöhe einigermassen bestimmbar, 


N unbestimmbare Ton-Höhe, 


Glissando, 


270 Chr. Leden: Musik und Tänze der grönländischen Eskimos. 


~~ Verlängerung der Zeitdauer eines einzelnen Tones, 
w Verkiirzug der Zeitdauer eines einzelnen Tones, 


-= Accentuierung eines einzelnen Tones, 


gg d 


P e Portamento, 
ad 


Mittelding zwischen Portamento und Legato. 


we 
ve 


N. B. Diese Zeichen sind, mit Ausnahme des letzten, aus O. Abraham 
und E. M. v. Hornbostel, Vorschläge für die Transskription exotischer 
Melodien, Sammelb. d. Intern. Musikgesellschaft, XI. 1909, genommen. 


Was die Vorzeichen betrifft, so sind nur diejenigen, die wirklich vorkommen, 
angegeben, da die eskimoische Musik nichts mit unserer Tonleiter zu tun hat. So 
hat das erste Notenbeispiel als Vorzeichen nur 5 und as, Notenbeispiel Nr.6 ò und 
des, Nr. 3 gis und dis. 


ll. Verhandlungen, 


Anthropologische Fachsitzung vom 18. März 1911. 


Vorträge: 


Hr. G. Fritsch: Über Verwertung von Rassenmerkmalen für allgemeine Ver- 
gleichungen. 

Hr. R. Neullauss: Über die Pygmiien in Deutsch-Neuguinea. 

Hr. F. von Luschan: Zur Stellung der Tasmanier im anthropologischen 
System. 


Vorsitzender Hr. von Luschan. 


(1) Hr. v. Luschan legt einen Schädel eines sehr grossen männlichen 
Gorilla vor, der zu einem im Besitz von J. F. H. Umlauff in Hamburg 
befindlichen Skelett und Balg gehört. 

Der Schädel ist durch ganz extreme Schiefheit des Gesichtes aus- 
gezeichnet, die anscheinend auf eine in frūher Jugend erlittene Ver- 
letzung des rechten Kiefergelenkes zurückzuführen ist. 


(2) Hr. v. Luschan demonstriert eine Haarprobe von einem Tasmanier, 
die er 1878 in London hatte erwerben können. Das Haar hat un- 
verkennbar die spiraligen Löckchen der Melanesier und unterscheidet sich 
durchaus von irgend welchen Australier-Haaren. 


(3) Hr. H. Virchow demonstriert eine Tätowierte, welche gegen- 
wärtig in Castans Panoptikum gezeigt wird. Es ist ein deutsches Mädchen, 
welches in Hamburg durch einen englischen Tätowierer geschmückt ist. 
Die Figuren nehmen den Hals und den oberen Teil der Brüste, die Arme 
und Beine ein und zeichnen sich durch grosse Eleganz der Zeichnung, 
Vollständigkeit der Füllung, Mannigfaltigkeit und Lebhaftigkeit der Farben 
und dabei einen weichen samtigen Ton der letzteren aus, wofür aller- 
dings die über ein gesundes Fettpolster ausgespannte Haut eine gute 
Grundlage abgibt. Von Farben sieht man ein sehr leuchtendes Rot, ein 
nach Orange neigendes Gelb, Grün, Blau und Schwarz, das Schwarz 
deutlich vom Blau zu unterscheiden. Über die Natur der Farben vermag 
der Impresario keine Angaben zu machen. Die Punktierung wurde mittels 
eines durch Elektrizität betriebenen Apparates ausgeführt. 


272 Fritsch: 


Hr. v. Luschan bemerkt zu den Erklärungen des Impresario, dass er 
nicht den Eindruck habe, als seien für die verschiedenen Abstufungen 
von Hellblau gegen fast schwarz erscheinendes Dunkelblau irgend ver- 
schiedene Farbstoffe angewandt worden. Bei allen diesen Abstufungen 
handle es sich ganz gleichmässig immer nur um schwarze Kohle, die 
entweder in der Form von Russ oder von Tusche oder etwa von Schiess- 
pulver in das Gewebe der Cutis gebracht sei. Die bläuliche Farbe sei 
immer nur auf Interferenz durch trübe Medien zurückzuführen und sie 
erscheine naturgemäss um so heller, je kleiner und spärlicher die schwarzen 
Kohlenpartikelchen in der betreffenden Hautpartie seien. 


(4) Hr. Fritsch spricht über: 


Verwertung von Rassenmerkmalen für allgemeine Vergleichungen. 


Die neuere Forschung wendet sich mit erhöhtem Interesse ver- 
gleichenden Rassestudien zu, was gewiss mit grosser Freude zu begrüssen 
ist, doch darf man davon bleibende Ergebnisse wohl nur erwarten, wenn 
die Untersuchungen auf einer einigermassen sicheren Grundlage aufgebaut 
werden. Ein grosser Teil der Forscher bevorzugt augenblicklich bei der 
Betrachtung des Gegenstandes physiologische und psychologische Gesichts- 
punkte und kommt dabei zu vielfach widersprechenden Anschauungen, 
deren sichere Begründung in dem einen oder anderen Sinne ausgeschlossen 
erscheint. 

Man darf behaupten, dass die morphologische Grundlage, von 
der billigerweise ausgegangen werden sollte, stark vernachlässigt wird, 
und dadurch eine grosse Unsicherheit in die Abgrenzung der Begriffe 
hineingebracht worden ist; es scheint dringend erforderlich, darüber eine 
bessere Verständigung zu erzielen, wozu die nachfolgenden Ausführungen 
beitragen sollen. 

Man hat zunächst die Frage aufzuwerfen: Was haben wir uns unter 
dem ursprünglich doch unzweifelhaft morphologischen Begriff „Rasse“ zu 
denken, und müssen wir dazu auf die Anschauungen zurückgreifen, welche 
herrschend waren, als man den Begriff wissenschaftlich feststellte. 

In dieser vordarwinischen Zeit, als die Systematik noch unerschüttertes 
Vertrauen in ihre „guten Arten“ hatte, fasste man als solche bekanntlich 
Lebewesen zusammen, welche miteinander in wesentlichen Merkmalen 
übereinstimmten und dieselben konstant auf ihre Nachkommen 
weiter vererbten; die ungehinderte fruchtbare Kreuzung untereinander 
war die beste Probe auf die Zusammengehörigkeit. 

Individuengruppen, welche sich von anderen nahestehenden Formen 
durch wichtige, vielleicht sogar sehr auffallende Merkmale unterschieden, 
die aber nicht konstant fortgeerbt wurden, sondern unberechen- 
baren Abänderungen, besonders durch Rückschlag unter- 
lagen, nannte man Rassen. Somit ergibt sich von selbst, dass die 
Abgrenzung von Rassen eine Untereinteilung der feststehenden Arten 
darstellte, und die angenommene oder erwiesene Unbeständigkeit der 
Merkmale das charakteristische Unterscheidungsmoment bildete. 


Verwertung von Rassenmerkmalen. 273 


Nachdem Darwin durch sein Werk „Die Entstehung der Arten“ die 
Unmöglichkeit nachgewiesen hatte, die bisherige Anschauung der Systematik 
über die Ewigkeit der Art festzuhalten, sondern sie als etwas allmählich 
Entstandenes nachwies, fiel der Hauptunterschied zwischen den Begriffen 
Art und Rasse, von denen der letztere gerade durch die Unbeständigkeit 
der Merkmale charakterisiert sein sollte. Es erscheint mir daher logisch 
unmöglich, wie es seinerzeit Kollmann zu beweisen versucht hat, zwar 
die Arten als etwas Gewordenes anzusehen, aber gleichzeitig an die 
Ewigkeit der Rasse zu glauben. Die eigentümliche Anschauung ist wohl 
so zu erklären, dass der Autor dem beständigen Kampf zwischen der 
Konstanz und Divergenz der Charaktere, wie ihn die Verhältnisse 
der natürlichen Zuchtwahl mit sich bringen, nicht genügend Rechnung 
getragen hat: Die Merkmale scheinen unveränderlich, die Rassen als 
Träger derselben „ewig“, wenn sich die Bedingungen der natürlichen 
Zuchtwahl gleichbleibt (Konstanz der Charaktere), sie gehen sofort Ab- 
änderungen ein und zeigen schwankendes Verhalten, wenn diese Be- 
dingungen schwanken (Divergenz der Charaktere). | 

Es ergibt sich aus dem soeben Angeführten, dass wir nicht berechtigt 
sind, bei Rassemerkmalen, auch wenn sie noch so auffallend sind, eine 
gesicherte Konstanz anzunehmen, sondern dass wir uns auf unsicheres 
Auftreten gefasst machen müssen. Dieser bedauerliche, aber doch selbst- 
verständliche Übelstand findet sich auf allen Gebieten der menschlichen 
Rassenvergleichung nachweislich vor, sei es, dass es sich um die Merk- 
male des Schädels, des Skelettes überhaupt, um die Hautfarbe, Bildung 
der Augen oder der Haare handelt. Sieht man darin einen Hinderungs- 
grund Rassen abzugrenzen, so sollte man auf solche Vergleichungen von 
vornherein verzichten, und offenbar haben sich viele Autoren bis in die 
neueste Zeit dadurch abschrecken lassen. 

Als vor einer Reihe von Jahren der berühmte englische Forscher 
Richard Owen in meiner Gegenwart von befreundeter Seite befragt 
wurde: Ob er denn nun einen menschlichen Schädel nach seinen Merk- 
malen unterscheiden könnte? antwortete er mit schmerzlichem Lächeln: 
„Als ich nur über Hunderte bestimmter Schädel blickte, glaubte ich es 
zu können, als es aber Tausende wurden, musste ich die Unterscheidung 
aufgeben.“ Er hatte offenbar der bei einem riesigen Material unver- 
meidlichen Divergenz der Charaktere nicht gebührend Rechnung ge- 
tragen. | 

Aber auch die modernste Richtung unserer anthropologischen Forschung 
wirkt aus dem gleichen Grunde lähmend auf eine verständige Rassen- 
vergleichung ein, zu der eine freie Auffassung der Form absolut un- 
erlässlich ist. Ich möchte diese, in ihrer Weise sehr verdienstliche 
Richtung die „hyperexacte“ nennen; auf sie passt aber Mephistos Aus- 
spruch: 

„Wer etwas Lebendiges will erkennen und beschreiben, sucht erst den 
Geist herauszutreiben. Haben die Teile in der Hand, fehlt leider nur 
das geistige Band.“ Schon Heraklit der Dunkle stellte bekanntlich den 
Satz auf: ndrra oei! (Alles fliesst!), was in besonders hervorragendem 

Zeitschrift für Ethnologie. Jahrg. 1911. Heft 2. 18 


274 Fritsch: 


Masse von der lebendigen Form gilt. Die Natur ist kein Rechenexempel, 
sie lässt sich nicht durch mathematische Konstruktionen und algebraische 
Formeln festlegen, sondern sprengt diese Fesseln durch das Gesetz der 
freien Variabilität, welches sich noch stets jeder Berechnung ent- 
zogen hat. 

Oft genug gewinnt der Forscher, welcher sich verständnissinnig in eine 
organische Form versenkt, Einblicke in ihr Wesen und ihre Besonderheit, 


Abb. 1. Längsschnitt durch den Haarboden vom Scheitel eines Chinesen. 


welche sich durch die exakteste Messung nicht feststellen lassen. Das 
souveräne Misstrauen, welches die Hyperexakten den Darstellungen morpho- 
logisch geschulter Forscher entgegenbringen, ist daher unberechtigt und 
wirkt nicht fördernd, sondern lähmend auf den Fortschritt unserer Wissen- 
schaft. Der Morphologe erfasst das Wesen der ihm gegenübertretenden 
Form, er registriert die auftauchenden Besonderheiten und wird versuchen 
sie mit dem ursprünglichen Bilde in Übereinstimmung zu setzen; aber 
auch wenn dies im einzelnen Falle nicht gelingen sollte, wird er deshalb 


a 


Verwertung von Rassenmerkmalen. 275 


noch keine Veranlassung in der Abweichung sehen, seine Vorstellung von 
dem typischen Bilde des Gegenstandes fallen zu lassen. 

Ebenso wie Richard Owen haben auch neuere Autoren, gestützt 
auf unvermutete Abweichungen der Schädelformen, die ganze Kraniologie 
zu diskreditieren versucht, in welcher sie die ganz unberechtigterweise 
geforderte Konstanz nicht finden konnten. Von anderen Gebieten ist es 
besonders die Ausbildung der Rassenmerkmale des menschlichen Haupt- 
haares, deren Bedeutung zur Kennzeichnung verschiedener Völkerstämme 
mit Achselzucken abgelehnt wird, obgleich zahlreiche Autoren, darunter 
ich selbst, seit drei Jahrzehnten bemüht gewesen sind, den grossen Wert 


Abb. 2. Längsschnitt durch den Haarboden vom Scheitel eines Hottentotten. 


der Haarbildung für Rassenvergleichungen festzustellen. Unsere Be- 
miihungen haben nur den tragikomischen Erfolg gehabt, dass wir ge- 
Jegentlich, z. B. von Buschan!) zitiert werden als Autoritäten gegen die 
Möglichkeit einer solchen Verwertung der Merkmale; nur weil 
eine von uns gar nicht behauptete Konstanz im Auftreten der Besonder- 
heiten fehlt, wird eine unterscheidende Vergleichung überhaupt für un- 
tunlich erklärt. Dabei weiss ich gar kein wissenschaftliches Gebiet zu 
nennen, wo eine präzis gestellte, wissenschaftliche Frage an das Unter- 
suchungsmaterial dem Forscher so klare, übersichtliche Antworten gäbe. 
‚Solche unberechtigte Diskreditierung der zu erwartenden Resultate ist 
wohl zum Teil der Grund gewesen, dass dies schöne, leicht zu behandelnde 


1) Menschenkunde S. 109. 
18* 


276 Fritsch: 


Gebiet der Anthropologie bis auf den heutigen Tag so wenig Bearbeiter 
gefunden hat, was ich mit einiger Genugtuung bestätige, da ich selbst 
wegen zu grosser Lückenhaftigkeit des Materials meine in den achtziger 
Jahren des vorigen Jahrhunderts begonnenen Arbeiten betrübten Herzens 
vertagen musste. 

Dass durch meine Weltreise ergänzte Material gibt mir die Möglich- 
keit einer übersichtlichen Darstellung der Verhältnisse, welche demnächst 
in einem umfangreichen Tafelwerk veröffentlicht werden sollen. 

Das grosse Interesse, welches die Untersuchungen des menschlichen 
Haares erfahrungsgemäss in weiten Kreisen finden, veranlasst mich aber 


Abb. 3. Oberflächlicher Flachschnitt durch die Kopfhaut eines Chinesen. 


auch vor dem Forum der anthropologischen Gesellschaft die Haupt- 
ergebnisse in einer Reihe von Projektionsbildern vorzuführen, welche 
hoffentlich den Beweis liefern werden, dass die Haarvergleichungen in 
der menschlichen Rassenkunde doch kein leerer Wahn sind. An dieser 
Stelle freilich muss ich mich damit begnügen, durch ein paar Proben den 
Massstab dafür festzulegen. 

Zwei Beispiele, welche ich in bezug auf die Ausbildung des Haupt- 
haares als die Grenzen der Menschheit zu bezeichnen pflege, dürften be- 
sonders geeignet sein, um die geradezu überraschenden Abweichungen, 
zwischen denen natürlich unendlich viele graduelle Unterschiede Platz 
finden, zur Anschauung zu bringen. Die beiden Abb. 1 und 2, Haarboden 
vom Scheitel eines Chinesen, parallel zu den austretenden Haaren durch- 
schnitten und ein entsprechendes Bild vom Scheitel einer Hottentottin 


I IO | gr" mp mmm eure u d'r TTT EE, ge em IE D y a 


mmm 


Verwertung von Rassenmerkmalen. 277 


werden auch ohne nähere Erklärung den Beweis liefern, dass die in Frage 
kommenden Merkmale so eingreifend sind, wie kaum ein anderes körper- 
liches Merkmal. So schwerwiegende Unterschiede als unwesentlich für 
eine Rassenvergleichung anzusehen, dürfte selbst einem Hyperexacten 
gegen den Strich gehen. 

Da die Bemängelung der Haarvergleichungen sich an erster Stelle 
gegen die Haarquerschnitte richtete, so folgen hier als Beispiele 
noch zwei Flachschnitte der Kopfhaut, welche die Haare wesentlich genau 
im Querschnitt zeigen. Offenbar unterliegt die Anfertigung richtiger 
Querschnitte gewissen Schwierigkeiten, und mangelhafte Beurteilung der 


Abb. 4. Oberflichlicher Flachschnitt durch die Kopfhaut eines Hottentotten, 


gewonnenen Bilder hat wohl häufig zu der auch bei Buschan vorhandenen 
naiven Anschauung Veranlassung gegeben, dass bei jeder Rasse alle 
möglichen Querschnittsformen vorkämen, wenn auch nicht in 
gleicher Häufigkeit; ganz peremptorisch wird erklärt: „Diese Tatsache 
genügt nicht, um darauf Rassenunterschiede aufzubauen.“ Ich 
bedauere, gestützt auf ein sehr umfangreiches Material in dieser Hinsicht 
anderer Meinung zu sein. 

Die Hauptschwierigkeit bei der Herstellung der Haarquerschnitte 
beruht in der grossen Widerstandsfähigkeit des Objektes gegen das vor- 
dringende Messer; kann das Haar auch nur wenig ausweichen, so stellt 
es sich zur Schneide in einem grösseren oder kleineren Winkel, und man 
erhält Schrägschnitte anstatt richtiger Querschnitte. Gleichwohl sollte auch 
in solchem Falle ein erfahrener Mikroskopiker sich nicht täuschen lassen, 


278 Fritsch: Verwertung von Rassenmerkmalen. 


da ein genaues Studium am schrägen Haardurchschnitt zwei etwas gegen- 
einander verschobene Querschnittbilder zeigen muss, welche durch kurze, 
gerade Seitenlinien miteinander verbunden sind, je nach der Dicke des 
Schnittes. 

Feste, straffe Haare von erheblicher Dicke, wie das Chinesen- und 
Japanerhaar, lassen sich natürlich schwieriger schneiden als dünnere und 
weichere; für die angeführten Volksstämme kommt aber auch die notorische, 
mannigfache Vermischung in Betracht, welche eine Trübung der Rassen- 
merkmale bewirken kann. So erklärt sich wohl zum Teil das absprechende 
Urteil, welches seinerzeit Hilgendorf und neuerdings Bälz über die 
Verwertung von Haarquerschnitten als Rassenmerkmal gefällt haben. 
Hilgendorfs Präparate waren ausserdem nicht einwandsfrei, da die nur in 
Celloidin eingebetteten Präparate beim Schneiden in dem Einbettungs- 
material zu wenig Widerstand fanden. Wie Bälz zu der ihm von 
Buschan in den Mund gelegten Äusserung gekommen ist, das Barthaar, 
welches ausserordentlich unregelmässig gebildet ist und meist kantige 
Querschnitte aufweist, eigene sich eher zu solchen Vergleichungen wie das 
Haupthaar, ist mir unverständlich. 

Man vergleiche, um sich ein Urteil über die Sachlage zu bilden, die 
beigefügten Abb. 3 und 4, von denen 3 einen ganz oberflächlichen Flach- 
schnitt der Chinesenkopfhaut, 4 einen solchen der Hottentottin darstellt. 
Trotz der bemerkenswerten Unterschiede und Unregelmässigkeit der Haar- 
querschnitte in Abb. 3 wird man doch kaum leugnen können, dass die 
dürftigen, in typischer Form nierenförmigen Querschnitte des Hotten- 
tottenhaares ein Mass von Abweichung zeigen, welches ein Forscher, der 
ohne Voreingenommenheit an die Untersuchung herantritt, unmöglich über- 
sehen kann. | 

Wem derartige Unterschiede nicht genügen, beweist nur seinen 
Mangel an morphologischem Blick; er sollte dann nach meiner Über- 
zeugung seine Hände von Rassenvergleichungen lassen. 

Was hier an zwei typischen Beispielen gezeigt wurde, gilt in ähn- 
licher Weise von einer langen Reihe entsprechender Präparate, aus denen 
eine Auswahl im Projektionsbilde vorgeführt wird, während sie tunlichst 
bald in grösserer Vollständigkeit als Atlas veröffentlicht werden sollen. 

Mit Rücksicht auf diese Veröffentlichung mögen die mancherlei 
anderen Besonderheiten des Haarbodens, welche die Vergleichung der 
Bilder als Kassenmerkmale erkennen lässt, hier unberücksichtigt bleiben. 
Nur auf einen Punkt möchte ich noch hinweisen, weil derselbe ein Mittel 
veranschaulicht, die Schwierigkeit der Herstellung richtiger Querschnitte 
zu mildern und gleichzeitig den Überblick über die anderen Gewebs- 
elemente der Kopfhaut zu erleichtern. 

Wenn man nämlich einen Haarboden vor sich hat, in welchem 
ziemlich gestreckt verlaufende Haare unter einem erkennbaren Winkel 
eingepflanzt sind, so kann man die Schnittrichtung senkrecht auf die 
Achse der schrägstehenden Haare wählen, und erhält so bei richtiger Wahl 
nicht nur genaue Querschnitte, sondern die verschiedenen Schichten der Kopf- 
haut von der Epidermis bis hinunter zum Unterhautzellgewebe folgen sich 


Diskussion. 279 


naturgemäss mehr oder weniger dicht wegen der schrägen Schnittrichtung, 
so dass ein Gesichtsfeld sie zu umfassen vermag. 

Auch solche Präparate wurden zur Vergleichung in grösserer Anzahl 
angefertigt und zum Teil photographisch abgebildet. 

Die Untersuchungen auf dem Gebiet der Haarbildung, ebenso wie 
auf anderen Gebieten der Körperbildung des Menschen können inbetreff 
der Rassenunterscheidung zu keinen befriedigenden Ergebnissen führen, 
wenn man sich in seinem Urteil durch die selbstverständlichen, gelegent- 
lichen Abweichungen beirren lässt; auch die pedantische Durchführung 
von Durchschnittsberechnungen möglichst langer Reihen, zu denen un- 
vermeidlich der Verlängerung wegen manches zweifelhafte Material hinzu- 
gezogen wird, ist nicht geeignet eine tiefere Einsicht zu gewähren, weil 
jeder Durchschnitt mit Notwendigkeit die charakteristischen 
Merkmale abschwächt. 

Zu einem brauchbaren Ergebnis wird der Forscher bei den Rassen- 
vergleichungen nur gelangen, wenn es ihm gelingt, aus möglichst umfang- 
reichem Material durch vorurteilslose Betrachtung die typische Form des 
Untersuchungsobjektes herauszuschälen. Freilich wird ein solches Er- 
gebnis stets einen mehr oder weniger subjektiven Charakter tragen, aber 
es erscheint dann wenigstens in einer greifbaren Gestalt, und schliesst die 
Möglichkeit einer Verständigung bzw. einer Korrektur durch eingehende 
Vergleichung mit den Resultaten anderer, auf gleicher Basis stehender 
Forscher nicht aus. 


Diskussion. 


Hr. Hans Friedenthal fragt an, ob die natürliche Länge des 
Papua- und Tasmanienhaares bekannt sei. Krauses Haar pflegt durch- 
schnittlich bedeutend kürzer zu sein als borstiges und straffes Haar. 
Soweit seine bisherigen Untersuchungen reichen, sind Papua- und Neger- 
haare zur Zeit des natürlichen Haarausfalles gleich lang. Das Vorkommen 
spiralgekrausten Haares ist geographisch streng lokalisiert, indem heute 
ausserhalb Afrikas und den Inseln des stillen Ozeans keine Menschenrasse 
mit spiralgekrausten Haaren mehr gefunden wird. Ebenso streng lokalisiert 
ist der Verbreitungsbezirk von extrem straffem Haar. Mehr als drei 
Urhaartypen können wir heute nicht unterscheiden, jeder Typus umfasst 
aber somatisch sehr verschiedene Menschenrassen, wie das Vorkommen 
der Spiralkrausung bei Togonegern, Papua und Buschmann beweist. 


Hr. P. Staudinger: Auf Anfrage des Hrn. Friedenthal wegen 
Länge des Haares bei den Negeru möchte ich nur kurz bemerken, dass 
man in vielen Gegenden, resp. bei vielen Stämmen deshalb selten längeres 
Haar beobachten kann, weil die Neger es rasieren oder durch Schneiden 
sehr kurz halten. Aber auch in solchen Gegenden, wo dies üblich ist, 
findet man mitunter Individuen mit längerem Haar. So erinnere ich mich 
mehrerer Fälle gelegentlich meiner Reise im Innern der Haussaländer, 
wo ich einige Männer mit verwildertem, weit vom Kopf abstehendem 
Haar, das auch eine helle rötlichere Färbung hatte, sah. Ob die letztere 


280 Neuhauss: 


künstlich hergestellt war, konnte ich nicht untersuchen. Dass wiederum 
bei einigen Stämmen Männer oder Frauen künstliche Haarfrisuren mit 
längeren, steifen, abstehenden Zöpfen haben, ist bekannt. Selbstver- 
ständlich spreche ich nur von Negern, nicht den eingewanderten anderen 
Völkerschaften. 


Hr. Moszkowski: Ich möchte Hrn. Friedenthal darauf aufmerksam 
machen, dass wir auch ausserhalb des afrıkanischen und ozeanischen 
Gebiets echte autochthone Negritos kennen, nämlich im Innern der 
malayischen Halbinsel (die Semangs), früher wahrscheinlich auch im 
Innern Sumatras und dann auf den Philippinen. Ausserdem besitzen die 
Urmalayen welliges Haar, und nur an den Küsten der Insel des malayi- 
schen Archipels sitzt eine Mischbevölkerung, die neben andern mongoloiden 
Eigenschaften auch das schwarze, straffe Mongolenhaar besitzt. 


Hr. v. Luschan: Die von Hrn. Friedenthal bemerkte grosse 
Ähnlichkeit der Haare von Togoleuten mit denen von Buschmännern scheint 
nicht weiter verwunderlich. Die Stämme an der Küste von Ober-Guinea 
stehen ja auch in sehr vielen anderen Beziehungen den primitiven 
afrikanischen Typen ungleich näher, als etwa die Bantu redenden Stämme, 
von denen jetzt fast allgemein angenommen wird, dass sie sich erst 
unter fremdem, also doch wohl unter hamitischem Einfluss aus primitiveren 
Typen entwickelt haben. 


(5) Hr. Neuhauss spricht unter Vorlage ` von zahlreichen Photo- 
graphien, Gipsabgüssen und Haarproben 


über die Pygmäen in Deutsch-Neuguinea und über das Haar der 
Papua. 


Das Hauptzentrum der Pygmäen befindet sich in der Umgegend 
des Sattelberges nahe bei Finschhafen. Wahrscheinlich drängten die 
einwandernden imelanesischen Jabim die zwerghafte Urbevölkerung von 
der Küste in die Berge zurück. Nördlich von Finschhafen, in der 
Umgebung von Kap König Wilhelm, wo die klippenreiche Steilküste keine 
geeigneten Wohnplätze für die seefahrenden Jabim bietet, findet man auch 
unmittelbar am Meere unter den dort ansässigen Papuas zahlreiche Pyg- 
mäen. In den übrigen Teilen des Landes, am Huongolf, ferner in der 
Umgebung von Friedrich-Wilhelmshafen und von Dallmannshafen fand 
Redner nur vereinzelte Pygmien. 

Wenn die Pygmäen auch keine besondere. in die Augen fallende 
Gesichtsbildung haben, so zeigen sie doch eine Reihe von Merkmalen, 
mit deren Hilfe man sie, ganz abgesehen von dem zwerghaften Wuchse, 
mit Leichtigkeit von den übrigen Papuas unterscheiden kann. Hierher 
gehört in erster Linie der gedrungene Körperbau: ein langer, kräftig ge- 
bauter Rumpf und kurze, kräftige Extremitäten. Schon durch dieses 
Merkmal kann man den Pygmien, ganz ohne Rücksicht auf seine Körper- 
grösse, ohne weiteres von dem schlanken, hageren Papua unterscheiden. 


Pygmäen in Deutsch-Neuguinea. 281 


Die obere Grenze des Pygmäenwuchses liegt bei Männern bei unge- 
fähr 150 cm, bei Weibern (die im allgemeinen viel kleiner sind als 
Männer) bei 140 cm Körperhöhe. Die kleinsten vom Redner gemessenen 
Männer haben 135,5 cm, die kleinsten Frauen 131,5 cm Körperhöhe. 

Ein weiteres Merkmal ist die grössere Breite des Schädels. Bei 
260 Papuas, bei denen Redner Körpermessungen vornahm, beträgt der 
Längenbreitenindex des Schädels durchschnittlich 76,8 cm, bei 32 Pyg- 
mäen dagegen 78,8cm. DBerücksichtigt man nur die in der Umgebung 
des Sattelberges wohnenden Pygmäen, so stellt sich der Durchschnitt 
sogar auf 79,7 cm. Dabei finden sich unter den Pygmäenköpfen in bezug 
auf den Längenbreitenindex einige ungewöhnlich hohe Zahlen: 83,1 cm; 
83,4 cm; 84,6cm. Wenn man, wo sich im übrigen Lande vereinzelt 
Zwergwuchs findet, über die Pygmäennatur (d. h. über Zwergwuchs als 
Rassen-Eigentümlichkeit) nicht ganz im Klaren ist, wird man in erster 
Linie die Breite des Schädels berücksichtigen müssen. 

Ein weiteres Merkmal der Pygmäen ist das kurze, breite Ohr und 
das Fehlen des Ohrläppchens, ferner der ungewöhnlich kleine, zierliche 
Fuss und die kleine Hand. Durch Demonstration von Gipsabgüssen 
konnte Redner dies in augenfälliger Weise erläutern. 

Ein weiteres Rassenmerkmal ist, worauf zuerst Prof. v. Luschan an 
der Hand der von Neuhauss mitgebrachten Photographien und Gipsab- 
güsse aufmerksam machte, die Konvexität der ganzen Oberlippenpartie, 
die sich auch bei den afrikanischen Pygmäen findet. 

Im Gegensatze zu den afrikanischen Pygmäen, die in dem ungeheuer 
grossen Lande in Wälder und Wüsten zurückgedrängt wurden, wo sie 
sich in verhältnismässiger Reinheit und mit eigener Sprache erhielten, 
sind die Pygmäen in dem kleinen Neuguinea in der übrigen Bevölkerung 
vollkommen aufgegangen. Dass wir in einzelnen Gebietsteilen trotzdem 
einen ziemlich hohen Prozentsatz ausgeprägter Pygmäen finden (in der 
Umgebung des Sattelberges etwa 3 bis 4%), haben wir lediglich der 
ausserordentlich grossen Neigung zu Rückschlägen zu verdanken. Ledig- 
lich durch diese in ganz Neuguinea vertretene Neigung lässt sich z. B. 
auch das häufige Auftreten von schlichtem Haar und das vom Redner am 
Huongolf beobachtete Vorkommen von mongolischem Gesichtsschnitt mit 
Mongolenfaite erklären. 

Dass der Zwergwuchs in Neuguinea eine rein zufällige Erscheinung 
sei, muss mit grösster Entschiedenheit in Abrede gestellt werden. Ganz 
abgesehen von den oben angeführten spezifischen Merkmalen ist hierbei 
auch entscheidend, dass die Pygmäen in Sagen und Erzählungen eine 
Rolle spielen. 

Ebenso entschieden muss die Ansicht bekämpft werden, dass es sich 
bei den Pygmäen generell um Kümmerwuchs handelt. Kümmerwuchs ist 
in Neuguinea, zumal im Innenlande, durchaus nicht selten, und es dürfte 
wohl besonders das Fehlen von Salz im Innenlande hierbei eine mass- 
gebende Rolle spielen. Aber das Endergebnis sind niemals Pygmäen, 
sondern Zwerge mit kurzem Rumpf und dünnen, langen Gliedmassen. 
Auch dies belegte Redner durch ein drastisches Beispiel aus der grossen 


282 Neuhauss: 


Zahl der von ihm gefertigten photographischen Aufnahmen. Mit Worten 
wird man Zweifler schwer überzeugen. Aber das Bild einer durch 
Nahrungsmangel klein gebliebenen Jammergestalt neben dem ebenso 
kleinen, kräftigen, gedrungen gebauten Pygmäen muss jeden Zweifel 
über die Gründe des Zwergwuchses (auf der einen Seite Nahrungsmangel, 
auf der anderen Seite Rasseneigentümlichkeit) ausschliessen. 

Im zweiten Teile seines Vortrages sprach Neuhauss über das Haar 
des Papua und gab zuerst an der Hand zahlreicher Lichtbilder einen 
Überblick über die grosse Verschiedenartigkeit der Haartracht. Vom voll- 
ständig rasierten Kopfe des jungen Mädchens bis zur gewaltigen Haar- 
perrücke des Warapu- und Sissanu-Mannes wurden im Bilde alle Uber- 
gänge vorgeführt. Sehr bemerkenswert sind die bis tief auf den Rücken 
herabhängenden Lockensträhnen der Kaiwa (Innenland am Huongolf). 
Da es sich um enge Spiralwindungen handelt, so müsste das einzelne 
Haar von der Wurzel bis zur Spitze mindestens eine Länge von 2 »n 
haben. Redner konnte aber in diesen Strāhnen (ebenso wie in den 
grossen Sissanu-Perrücken) niemals Haare entdecken, die länger sind als 
20 cm. Das ausfallende Haar bleibt dank der Spiralwindungen und des 
überreichlichen Schmutzes an den übrigen Haaren hängen und durch den 
stetigen Nachwuchs erhalten die Strähnen und Perrücken schliesslich eine 
so ungewöhnliche Länge. Ohne Bilder auf die verschiedenen Haartrachten 
näher einzugehen wäre zwecklos. In dem voraussichtlich im Herbste 
d. J. erscheinenden Reisewerke werden all diese Dinge abgebildet sein. 

Hierauf gine Neuhauss auf die Form und Farbe des Haares über. 
Während spiralige Kräuselung der Grundtypus ist, findet man durchaus 
nicht selten welliges oder sogar ganz schlichtes Haar, zweifellos als Rück- 
schlag auf früher stattgehabte Vermischungen mit schlichthaarigen Rassen. 
Wann und mit wem diese Vermischungen stattfanden — niemand weiss 
es, und es ist völlig zwecklos, hierüber Theorien aufzustellen, bevor wir 
nicht eine weit umfangreichere Materialkenntnis haben. Leider ist die 
Neigung zu theoretisieren um so grösser, je geringer die faktischen Kennt- 
nisse sind. Redner gesteht ein, dass auch er, als er zwei Monate im 
Lande war, alles ganz genau wusste. Als er nach beinahe zweijährigem 
Aufenthalte das Land verliess, wusste er, dass er gar nichts weiss. 

Noch weit auffallender als die Gestalt des Haares ist die Farbe des- 
selben. Für den Theoretiker gilt es natürlich als ausgemacht, dass der 
Papua pechschwarzes, spiralig gekräuseltes Negerhaar hat. Das bisher 
vorliegende Photographiematerial scheint dies vollständig zu bestätigen. 

Das vom Redner aus Neuguinea mitgebrachte Haarmaterial verteilt 
sich auf rund 30 ganze Perrücken oder wenigstens umfangreiche Teile 
derselben und auf 50 Einzelproben. Während die erste Gruppe durch- 
weg von älteren Individuen herstammt, zum mindesten von solchen, welche 
die Mannbarkeit längst erreicht haben, wurden bei den 50 Einzelproben 
vorwiegend junge Individuen, etwa bis zun 16. Lebensjahre, also bis zum 
Eintritt der Geschlechtsreife, berücksichtigt. Dass bei vorrückenden 
Jahren das Haar bei allen Menschen stark nachdunkelt, ist eine so be- 
kannte Tatsache, dass es sich nicht verlohnt, hierüber ein Wort zu verlieren. 


Haar der Papua. | 283 


Man muss daher bei Untersuchung der Haarfarbe in bezug auf ihre Verwend- 
barkeit als Rassenmerkmal vorwiegend jugendliche Individuen benutzen. 

Um nicht arg getäuscht zu werden, ist natürlich die grösste Auf- 
merksamkeit auf künstliche Haarfärbung zu richten. In erster Linie 
kommt Ausbleichen durch Kalk und durch Meerwasser in Betracht. Was 
das Meerwasser anbelangt, so ist Berührung mit demselben bei den zahl- 
reichen Haarproben, welche Redner aus dem Innenlande mitbrachte, 
gänzlich ausgeschlossen. Auch bei den von der Küste stammenden Haar- 
proben hat Ausbleichen durch Meerwasser nicht stattgefunden, denn 
einerseits haben, abgesehen von den Bewohnern der Tami-Inseln, viele 
Kinder grosse Scheu vor dem Meere, andererseits müsste das durch 
Meerwasser ausgebleichte Haar ziemlich gleichmässig hell sein, was, wie 
wir später sehen werden, nicht der Fall ist. 

Behandlung des Haares mit Kalk ist in Englisch-Neuguinea sehr ver- 
breitet, in Deutsch-Neuguinea recht selten. Redner sah während seines 
fast zweijährigen Aufenthaltes in Deutsch-Neuguinea niemals einen Papua 
mit gekalkten Haaren, ausgenommen einige wenige, aus den britischen 
Gebietsteilen stammende Arbeiter. Bei allen Haarproben, die Redner 
mitbrachte, ist Kalkbehandlung mit absolutester Sicherheit ausge- 
schlossen. Redner hat dıe in Frage kommenden Individuen zum grossen 
Teil monatelang vor Augen gehabt; ausserdem wurde in allen Fällen 
durch die der Landessprache kundigen Missionare genau nachgeforscht, 
ob vielleicht früher Kalkbehandlung stattfand. Übrigens ist die durch 
Kalk herbeigeführte Entfärbung unverkennbar: es resultiert hierbei ein 
fahles Graugelb, welches himmelweit verschieden ist von dem für junge 
Papuas so charakteristischen dunkelen Rotblond. 

Von sonstigen Haarfärbungen kommt ausser der Schwarzfärbung, von 
der wir später sprechen werden, nur noch das Röteln in Betracht, das zu 
irgendwelchen Verwechselungen keine Veranlassung geben kann. Um 
jede Spur von Rötel und sonstigem aufgetragenen Schmutz zu entfernen, 
hat Redner die von ihm mitgebrachten Haarproben sorgfältig gereinigt. 

Wenn ein Haarkundiger die vorgelegten Proben durchmustert, ohne 
irgend etwas über deren Herkunft zu wissen, wird er der Sache ziemlich 
ratlos gegenüberstehen, auf keinen Fall aber auf Neuguinea schliessen; 
am wahrscheinlichsten wird er sie für Proben rotblonder Semiten halten. 

Auf das Vorkommen von blondem Haar wies u. a. B. Hagen hin 
in seinem Buche „Unter den Papuas“ (Wiesbaden 1899). Auf S. 158 
schreibt derselbe in bezug auf das Papuahaar: „Die natürliche Farbe des- 
selben war schwarzbraun, doch kam auch blond als Ausnahme vor, und 
dass dies natürlich und nicht etwa eine durch die beliebte Kalkeinreibung 
hervorgebrachte Erscheinung war, konnte man daraus ersehen, dass auch 
das übrige Körperhaar, das nicht mit Kalk behandelt wird, hellblond war.“ 

In bezug auf die Bismarckinsulaner schreibt dann B. Hagen auf der- 
selben Seite: „Das Kopfhaar zeigt häufiger als bei den anderen 
Abteilungen ein rötliches Blond.“ 

B. Hagen kannte aus eigener Anschauung von Neuguinea die Um- 
gebung der Astrolabe-Bai. Redner lernte Deutsch-Neuguinea von der 


284 | Neuhauss: Haar der Papua 


holländischen bis zur englischen Grenze kennen und machte mehrere Vor- 
stösse tief in das Innere hinein. Hierbei konnte er feststellen, dass das 
Rotblond überall vorkommt, also ein ausgeprägtes Rassenmerkmal ist. 

Rotblondes Haar findet sich bei jugendlichen Individuen der Regel 
nach nicht gleichmässig über den Kopf verteilt, sondern in zwei Zonen 
von Dreiecksform rechts und links vom Scheitel derart angeordnet, dass 
die Basis des Dreiecks in der Schläfengegend, die Spitze oben am Hinter- 
kopfe liegt. In den übrigen Abschnitten ist das Kopfhaar erheblich 
dunkler, aber keineswegs schwarz. 

Auch in den hellsten Kopfpartien pflegt längeres Haar in den oberen 
Abschnitten wesentlich heller zu sein, als nahe der Kopfhaut. 

Neben diesen Zonen mit hellem Haar, welches sich in manchen 
Gegenden bei mehr als 50% der heranwachsenden Jugend zeigt, kommt 
viel seltener allgemein rotblondes Haar vor. Das Dorf Wasa am Abhange 
des Sattelberges, unweit von Finschhafen, ist ein Zentrum für derartige 
Behaarung. Hier lebten 1909 mehrere Individuen, alte und junge, mit 
durchaus rotblondem Haar. Bei einem vom Redner photographierten 
Knaben aus diesem Dorfe ist das hellrotblonde Kopfhaar schlicht und der 
ganze Körper ist ınit einem auffallend langen, gelbrötlichen Wollhaar 
(Lanugo) bedeckt. Reichliches Vorkommen von rötlichem Wollhaar auf 
dem ganzen Körper ist bei Papuakindern sehr verbreitet, aber bei ge- 
nanntem Knaben aus dem Dorfe Wasa ist die Entwickelung dieses 
Haares derart stark, dass der Knabe aussieht, als wäre er mit einem kurz- 
haarigen Pelz bekleidet. Dass dort am Sattelberge auch das Haupt- 
zentrum der Pygmäenbevölkerung ist, bleibt vielleicht nur ein zufälliges 
Zusammentreffen. 

Aus genanntem Dorfe Wasa wurden vor Jahren zwei Frauen an 
Jabim unten an der Küste bei Finschhafen verheiratet. Als Nachkommen 
dieser Frauen sah Redner zwei Kinder (Geschwister) mit gleichmässig 
über den ganzen Kopf verteiltem hellrotblonden Haar und ferner einen 
älteren Mann mit rötlichblondem Haupthaar und rotblondem Bart! 
Letzteres ist bei den Papuas eine ausserordentliche Seltenheit. Jedenfalls 
legen auch diese Fälle Zeugnis dafür ab, mit wie grosser Zähigkeit Rück- 
schläge in frühere Generationen bei den Papuas stattfinden. 

Einen vollständigen Albino, einen etwa 15jahrigen Knaben, unter- 
suchte und photographierte Redner in Bukana am Huongolf. Das Haar 
desselben ist ganz pigmentlos. 

Häufiger als völlige Albinos sind Individuen, die in Haut und Haaren 
einen erheblichen Teil ihres Pigmentes behielten; man wird dieselben am 
besten als Halbalbinos bezeichnen. Ihre Hautfarbe entspricht etwa Nr. 2] 
der v. Luschanschen Farbentafel. Das gesamte Haar ist hell rotblond. 

Betrachtet man gegenüber der Jugendbehaarung das Haar älterer 
Individuen, so macht dasselbe, verschwindende Ausnahmen abgerechnet, 
allerdings den Eindruck, wie wir das Papuahaar in Bilderbüchern zu sehen 
gewohnt sind. Bei genauerem Zusehen ist es aber durchaus nicht tief- 
schwarz; vielmehr handelt es sich um ein fahles Braunschwarz. Einen 
wie grossen Anteil an dem Gesamteindruck Schmutz, Farbe und sonstige 
Zutaten haben, ist nicht immer leicht festzustellen. 


Diskussion. 285 


Im Anfange seiner Neuguinea-Laufbahn war Redner eines Tages 
hocherfreut, endlich den Urtypus des negritischen Papuahaares, ein tiefes 
Blauschwarz, gefunden zu haben. Der Mann hatte sich zu einem bevor- 
stehenden Tanzvergnügen sein Haar schwarz gefärbt, was bei verliebten 
Papua ein sehr beliebtes Verschönerungsmittel ist. 

Bei vorrückendem Alter ergraut das Haar und kann schliesslich 
schneeweiss werden, bei Männern sowohl wie bei Frauen. Bei Frauen 
sind weisse Haare allerdings sehr selten, graue anscheinend auch seltener 
wie bei Männern. Bei ihnen ergraut derjenige Streifen, welcher beim 
Tragen der Lasten unter dem Kopfbande liegt, wesentlich früher als der 
übrige Teil des Kopfes. Da Männer niemals Lasten tragen, so fehlt bei 
ihnen diese Erscheinung. Offenbar handelt es sich bei dem frühzeitigen 
Ergrauen dieses Streifens um Druckatrophie. Natürlich entspricht dieser 
Streifen genau dem Eindruck, den jeder weibliche Papuaschädel zeigt 
und der eine unbeabsichtigte, künstliche Schädeldeformation darstellt. 

Bei Männern ist Altersglatze recht verbreitet. Allerdings wird die- 
selbe der Regel nach durch eine Perrücke oder durch eine Fellmütze 
verdeckt. Bei Frauen sah Redner niemals eine ausgesprochene Alters- 
glatze; ob dieselbe vorkommt, wagt er nicht zu entscheiden. 

Während aus den schönen Untersuchungen von Gustav Fritsch sich 
eine grosse Ähnlichkeit ergibt zwischen dem Bau des Haarbodens eines 
afrikanischen Negers und demjenigen eines Papua, scheint das häufige 
Vorkommen des blonden Elementes bei letzterer Rasse eine unüberbrück- 
bare Kluft zu bilden zwischen Afrika und Neuguinea. Vielleicht wird 
weitere Forschung auch diese Brücke schlagen helfen. Aber viel Arbeit 
muss hier noch geleistet werden, viel ernste Arbeit und recht wenig 
reklamehaftes Trommelgerassel, welches jetzt auch in bezug auf Neu- 
guinea sich einzubürgern beginnt. 


Diskussion. 


Hr. Moszkowski: Ich kann Hrn. Neuhauss nur bestätigen, dass 
auch ich an der Mündung des Mamberamo und besonders auf Biak, einer 
der Schouteninseln, sehr häufig rötliches Haar gefunden habe. Es ist ja 
bekannt, dass die Eingeborenen gern ihr Haar mit Kalk und tanah mera 
rot färben. In den Fällen aber, von denen ich hier sprechen will, ist 
jede künstliche Färbung ausgeschlossen. Die mächtige Mähne, die das 
Haupt der Küstenbewohner von Niederländisch-Nordostneuguinea umgibt, 
hat in sehr vielen Fällen im durchfallenden Licht einen deutlich rötlichen 
Schimmer. Ich habe aber Leute gesehen, deren Haar auch im auffallen- 
den Licht deutlich rot war. Sobald ich freilich wirklich ins Innere ge- 
kommen bin, d. h. etwa 250 bis 300 km Wasserlinie von der Küste ent-- 
fernt, habe ich bei vielen hunderten von Eingeborenen, die ich gesehen 
habe, immer nur das typische schwarze melanesische Haar gefunden. 

Was nun die Pygmäenfrage betrifft, so meine ich, dass wir mit dem 
Ausdruck Pygmäen gar nicht vorsichtig genug sein können. Ich glaube, 
dass wir nur dann von Pygmäen zu sprechen das Recht haben, wenn in 
einem Stamm das Grössenmittel unter 150 cm liegt, nicht aber, wenn 


286 Diskussion. 


sich in demselben Stamm eine so kleine Minderheit von kleinwiichsigen 
Leuten findet, wahrend der Rest von normalem Wuchse ist, besonders 
wenn, wie in diesem Falle, .sich die sogenannten Pygmäen in ihrem 
sonstigen Habitus gar nicht von ihren Stammesgenossen unterscheiden. 


Hr. v. Luschan: Ich würde es nicht für richtig halten, im Sinne von 
Hrn. Moszkowski von Pygmäen nur dann zu sprechen, wenn in einem 
ganzen Stamm „dass Grössenmittel unter 150 cm liegt“. Das schiene mir 
eine gefährliche und schädliche Übertreibung des Prinzips des arith- 
metischen Mittels. Eine solche Übertreibung hat doch schon wahrlich oft 
genug zu einer vollständigen Verschleierung des tatsächlichen Befundes 
geführt. Natürlich mag es Fälle geben, in denen einzelne kleinwüchsige 
Leute in irgend einem ganz einheitlichen Stamme einfach an der untersten 
Grenze der physiologischen Variationsbreite stehen, aber das scheint mir 
für die von Hrn. Neuhauss als Pygmäen entdeckten Kai vollständig 
ausgeschlossen und ebenso für eine Anzahl von anderen exzessiv 
kleinen Leuten, die uns in den letzten Jahren aus der Südsee bekannt 
geworden sind. Ich schliesse mich also der Auffassung von Hrn. Neu- 
hauss durchaus an und verweise gleichzeitig auf meine Mitteilungen in 
der Sitzung vom 1. Juli 1910, Z. f. E., Bd. 42, p. 939 ff. 

Ich glaube also, dass es bei dieser Frage nicht im geringsten auf 
irgendwelche Mittelzahlen ankommt, sondern ich denke, dass man von 
Pygmäen dann wird reden dürfen, wenn bei einer grösseren Anzahl von 
Leuten neben geringer Körperhöhe auch andere Eigenschaften gefunden 
werden, die wir bei in sich geschlossenen und einwandfrei anerkannten 
Pygmäenstämmen als ihnen typisch zukommend erkannt haben. 

Der im Verhältnis zu der geringen Gesamthöhe sehr lange Rumpf, 
die an die Proportionen von kleinen Kindern erinnernde extreme Kürze 
der unteren Extremitäten, die sehr kurzen und breiten Ohren, das oft 
schlecht entwickelte oder ganz fehlende Ohrläppchen, die im Medianprofil 
konvexe Bildung der Oberlippe im Bereiche des Philtrums, die flaum- 
artige Behaarung des Körpers und ähnliche Erscheinungen würden ja, 
wenn sie sich ganz vereinzelt fänden, natürlich auch auf „Zufall“, viel- 
leicht auf Konvergenz zu beziehen sein, wenn sie aber nebeneinander bei 
einer grösseren Anzahl von ganz kleinen Leuten zur Beobachtung 
kommen, ist die Wahrscheinlichkeit, dass es sich um wirkliche Pygmäen 
oder um Nachkommen von solchen handelt, doch eine sehr grosse und sie 
muss als um so grösser bezeichnet werden, je grösser der Prozentsatz so 
beschaffener Leute in einer sonst höher und anders gestalteten Ge- 
sellschaft ist. 

Neben der Mischung von Rasseneigenschaften wird man eben immer 
noch mit dem Gesetz der Entmischung zu rechnen haben und also 
Individuen mit mehr oder weniger reinen Rasseneigenschaften auch in 
einer somatisch stark und durch viele Generationen vermischten Ge- 
sellschaft erwarten können. 


Hr. Fritsch: In bezug auf Behaarung, glaube ich, dass wir vor- 


läufig noch nicht Rassen diagnosticieren können, sondern nur drei Haar- 


von Luschan: Tasmanier. 287 


typen unterscheiden, welche auf der Erde geographisch fixierte Herkunfts- 
örter angeben. Die Ähnlichkeit der Haare verschiedener Menschenrassen 
desselben Haartypus ist oft erstaunlich gross. Namentlich Togoneger, 
Buschmann und Papua zeigen ähnlichen Haartypus, sind aber in der 
üblichen Bezeichnung nicht als Menschen einer und derselben Rasse zu 
bezeichnen. 


(6) Hr. v. Luschan: 


Zur Stellung der Tasmanier im anthropologischen System. 


Zwar sind für den Inhalt der Abhandlungen in dieser Zeitschrift die 
Autoren allein verantwortlich, es scheint mir aber doch richtig, die 
S. 175ff. des 42. Bandes dieser Zeitschrift abgedruckte Arbeit von 
Herbert Basedow „Der Tasmanier-Schädel ein Insular-Typus“ nicht 
ganz ohne formellen Widerspruch zu lassen. 

Herr Basedow ist ein junger Mann von ausgezeichneten Fähig- 
keiten, den ich sehr hochschätze, der sich bereits vielfach um die Völker- 
kunde von Neu-Holland verdient gemacht hat und von dem die Ethno- 
graphie wohl auch in Zukunft noch viel zu erwarten hat; hingegen ist er 
auf dem Gebiete der physischen Anthropologie ein vollständiger Outsider, 
so dass seine oben erwähnte anthropologische Arbeit mich zu meinem 
aufrichtigen Bedauern an das grosse Werk von G. A. Koeze, Crania 
ethnica philippinica, erinnert, über das ich im Zentralblatt für Anthro- 
pologie, 1905, 5. 347ff. berichtet habe. Ich habe es damals für meine 
Pflicht gehalten, klar und eindeutig den Wunsch auszusprechen, dass Ge- 
lehrte, welche sich mit craniometrischen Arbeiten beschäftigen wollen, 
sich nicht als Autodidakten an eine solche Sache heranwagen möchten. 

Auch die Arbeit von Herrn Basedow würde die grosse und ehrliche 
Mühe, die er an sie gewandt hat, sehr viel besser lohnen, wenn er sich 
bei seinen Messungen an die alten und bewährten Methoden gehalten 
hätte, statt neue Techniken zu ersinnen. So kommt es, dass ein nicht 
ganz kleiner Teil seiner Masse nur unter sich, aber nicht mit denen 
anderer Autoren zu vergleichen ist. 

Den kubischen Inhalt bestimmt er mit Senfkörnern, aber ohne Be- 
nutzung von Kontrollschädeln, so dass seine Zahlen naturgemäss nicht ein- 
wandfrei sind; ebenso misst er die grösste Länge des Schädels vom 
Ophryon (!) bis zu dem in sagittaler Ebene entferntesten Punkte am Oceiput, 
also mit Ausschluss der Supraorbital-Wülste; seine Masse erscheinen 
dadurch sehr wesentlich kleiner als wie die der anderen Autoren. 

Den Winkel zwischen Körper und aufsteigendem Ast des Unterkiefers 
misst er, indem er „die Achsen beider auf einer Projektionszeichnung zu 
bestimmen sucht.* Dabei erwähnt er ausdrücklich, dass Klaatsch diesen 
Winkel messe, indem er eine basale und eine Ramus-Tangente einführe 
Dieser „Klaatsch’sche Winkel“ gebe aber nicht den eigentlichen 
„Angulus-Winkel“ an, da er abhängig von der Entwicklung der vor- 
springenden Punkte sei. Man könnte darüber zweierlei Meinung sein, 
ob es nicht vielleicht gerade erst recht auch auf diese vorspringenden 


SEL von Luschan: 


Punkte ankäme, aber jedenfalls ist dieses alte Verfahren nicht nur seit 
Jahrzehnten ganz allgemein verbreitet, sondern auch sehr exakt und 
objektiv zuverlässig, während jeder Versuch, Achsen einzuzeichnen, ein 
ganz subjektives, schwankendes Element in die Technik einführen würde. 

Wie wenig Herr Basedow in anthropologischen Dingen Bescheid 
weiss, kann man u. a. daraus ersehen, dass er alle überzähligen Naht- 
knochen glattweg als „Epypterica“ (noch dazu mit „y“!) bezeichnet 
und in einer eine ganze Seite füllenden Tabelle das Vorkommen solcher 
„Epypterica“ in der Kranznaht, in der Pfeilnaht, in der Lambda-Naht — 
überhaupt in jeder einzelnen Naht des Schädels zur Darstellung bringt. 
Aber es liegt mir unendlich fern, ihm aus dieser Unvertrautheit mit der 
Sache einen Vorwurf machen zu wollen! Es schien mir nur nötig, den 
Umfang seiner anthropologischen Vorbildung festzustellen, weil die souveräne 
Sicherheit, mit der er die Ergebnisse seiner Untersuchung vorbringt, 
Unkundige zu täuschen imstande ist. Die Frage aber, um die es sich 
handelt, ist an sich so wichtig, dass es nicht gleichgültig ist, wenn Ver- 
mutungen als Tatsachen hingestellt werden. 

B. vergleicht im ganzen 126 Schädel von Australiern und 36 von 
Tasmaniern und kommt zu dem Schlusse, dass der Tasmanier ursprünglich 
„ein echter Australier-Typus“ gewesen sei; „dieses geht unwiderleglich 
aus den vorhergehenden anthropologischen Betrachtungen hervor, aber 
auch ethnologisch, geologisch und geographisch findet man diese Annahme 
nur bestätigt. Auf welchen Umwegen müsste melanesisches, polynesisches 
oder gar negroides Element gerade nach Tasmanien gelangt sein.“ Weiter 
heisst es am Schlusse der Arbeit: „Das interessante (aber jedenfalls nicht 
gegen die Gesetze der Natur strebende) des Tasmaniers ist, dass er gleich 
anthropologisch wie ethnologisch-kulturell betrachtet, durch die Abtrennung 
Tasmaniens vom Festland in einer so verhältnismässig kurzen geologischen 
Periode, sich durch seine Abkapselung einige oberflächliche Charakteristika 
erworben hat, die zu den verschiedensten Hypothesen schon Veranlassung 
gegeben haben. Der Tasmanier war ein insularer „Typus des echten 
Australiers.“ 

Wie das aber zugehen konnte, wie durch die Abtrennung Tasmaniens 
vom Festland die Schädel breiter und die Haare krauser geworden sein sollen, 
wird freilich nicht gesagt. An sich scheint mir eine derartige Beeinflussung 
fixierter Typen durch die Umwelt in hohem Grade unwahrscheinlich; aber 
es gibt ja auch Autoren, die annehmen, dass der Aufenthalt im Gebirge 
die Schädel kurz, breit und hoch machen könne. 

Inzwischen bin ich persönlich der Ansicht, dass die Tasmanier echte 
Melanesier waren und dass man sie mit anderen Melanesiern vergleichen 
müsste, nicht mit Australiern. Dies scheint mir sowohl aus der Betrachtung 
der Schädel als auch aus dem Studium der Haare zwingend hervorzugehen. 
Gewiss kann ab und zu einmal auch australisches Haar, sei es durch 
melanesische Blutmischung, sei es im Bereiche physiologischer Variations- 
breite, etwas stark gekräuselt erscheinen — aber es wird niemals jene 
spiralen Locken zeigen, die für das Melanesierhaar und für das der 
Tasmanier so überaus charakteristisch sind. 


Tasmanier. 289 


Natürlich wird man dabei immer im Auge behalten müssen, dass 
Neu-Holländer und Melanesier irgendwie zusammengehören und von ge- 
aneinsamen Voreltern abstammen. Was sie jetzt trennt, beruht jeder 
Wahrscheinlichkeit nach auf späten Eirrwerbungen. Gegenwärtig steht 
freilich nicht mit voller Sicherheit fest, wie die gemeinsame Stammform 
beschaffen war. Wegen der Ähnlichkeit der Australier mit den dunklen 
Südostasiaten (Toala, Wäddah, viele Inder usw.) ist allerdings mit einiger 
Wahrscheinlichkeit anzunehmen, dass die australische Form die ältere, die 
melanesische die jüngere ist. Wo, wann und unter welchen Einflüssen 
die jedenfalls sehr lange Zeiträume bedingende Umformung vor sich ge- 
gangen ist, wird vielleicht mit zunehmender Einsicht in die tatsächlichen 
Verhältnisse der Gegenwart einstmals noch erschlossen werden können, 
ist aber heute noch unbekannt. 

Ich denke an die Möglichkeit, dass die spirale Haarform zuerst bei 
Pygmäen entstanden ist und vielleicht sogar irgendwie mechanisch mit 
dem Zwergwuchs zusammenhängt. Einmal entstanden, würde sie dann 
auch, durch Blutmischung mehr oder weniger abgeschwächt, auf andere 
Gruppen übergegangen sein. In solcher Art könnte man vielleicht be- 
greifen, dass die Haare der Melanesier häufig um so weniger spiralgerollt 
sind oder um einen um so grösseren Radius spiralgerollt erscheinen, je 
weiter sich diese Leute auch sonst von dem allgemeinen Typus der 
Pygmäen entfernen. 

Vermutlich wird es aber zunächst der vergleichenden Sprach- 
forschung beschieden sein, Licht in diese jetzt noch sehr dunklen Zu- 
sammenhänge zu werfen. Gerade deshalb aber scheint es mir jetzt 
doppelt nötig, auf dem Gebiete der physischen Anthropologie keine 
schiefen Meinungen aufkommen zu lassen. Ich bin unendlich weit davon 
entfernt, mich für uffehlbar zu halten, aber es scheint mir in hohem 
Grade gefährlich, gerade jetzt, wo die Linguisten anfangen, sich mit den 
uns überkommenen Sprachresten der Tasmanier ernsthaft zu beschäftigen, 
in einer anthropologischen Arbeit den Zusammenhang der Tasmanier mit 
den Australiern als gesichert hinzustellen, ohne dabei auf die grosse 
Masse der anderen dunklen Oceanier mit krausem und spiralgerolltem 
Haar Rücksicht zu nehmen. 

Ich bin im übrigen voll Bewunderung für Herrn Basedow und 
schätze ihn wegen seiner ethnographischen Arbeiten und wegen seiner 
jugendfrischen Energie. Ich weiss auch, dass ihm so gut wie irgend 
jemandem allein nur an der Feststellung von Tatsachen und an der best- 
möglichen Erforschung der grossen und kleinen Zusammenhänge gelegen 
ist. Ich hoffe deshalb auch, dass er es mir nicht persönlich übel nehmen 
‘wird, wenn ich meinen sachlichen Bedenken gegen seine anthropologische 
‚Arbeit schroffen Ausdruck zu geben für meine Pflicht gehalten habe. 
Diese Arbeit halte ich für eine Entgleisung, aber für eine Entgleisung, 
wie sie auch dem intelligentesten Forscher nicht erspart bleiben kann, 
wenn er sich mit unzureichenden Mitteln auf ein ihm fremdes und noch 
“dazu so schwieriges Gebiet wagt. 


Zeitschrift für Ethnologie. Jahrg. 1911. Heft 2, 19 


Sitzung vom 25. Marz 191l. 


Vortriige: 


Hr. Augustin Krämer-Bannow: Die Hamburger Siidsee-Expedition 1909/10 
nach den Karolinen. Mit Lichtbildern und kinematographischen Vor- 
führungen. 

Hr. K. Th. Preuss: Die Opferblutschale der alten Mexikaner, erläutert durch 
die heutigen Cora-Indianer. Mit Lichtbildern. 


Vorsitzender: Hr. Hans Virchow. 


(1) Die Gesellschaft hat 2 Mitglieder durch den Tod verloren: den 
ordentlichen Honorarprofessor an der Universität Berlin, Herrn Geh. Med.- 
Rat Professor Dr. A. Lucae, Mitglied seit 1883, und den Kustos bei den 
Königl. Museen, Herrn Dr. L. Messerschmidt, Mitglied seit 1903. ` 


(2) Neue Mitglieder: 

Hr. stud. phil. Senekerim ter Akopians Gumuch-Khane z. Zt. 
in Berlin. 

Hr. Landrichter Dr. jur. Andree, Berlin. 

Hr. cand. med. Ferd. Berna, Berlin. 

Hr. Byron Cummings, Dean of School of Arts and Sciences an der 
University of Utah, z. Zt. in Steglitz. 

Hr. Dr. Gähde, Stabsarzt an der Kaiser Wilhelms-Akademie in Berlin. 

Hr. Dr. Paul Grabley, Chefarzt des Sanatoriums Woltersdorfer 
Schleuse. 

lir. Dr. A. Gunsett, Arzt in Strassburg i. E. 

Frl. Anıta Kocherthaler, Berlin. 

Fr. Reg.-Baumeister R. Malachowski, Charlottenburg. 

Hr. Dr. Alfred Schirmer, Zahnarzt, Berlin. 

Hr. Dr. ing. W. Schöppe, Berlin. 

Fr. Spiegelberg, Berlin. 

Hr. Dr. Hermann Steudel, a.o. Professor der Physiologie, Char- 
lottenburg. 

Hr. Postinspektor Dr. Schramm, Karlshorst. 

Hr. Dr. Fritz Wolff, Stabsarzt an der Kaiser-Wilhelms-Akademie 
in Berlin. 

Hr. Professor H. Ziemann, Chefarzt in der Schutztruppe für Ka- 

merun. 


Sitzung vom 25, März. 291 


(3) Von Herrn Professor Romiti in Pisa ist ein Dankschreiben ein- 
gelaufen für seine Ernennung zum Korrespondierenden Mitgliede. 


(4) Manuskripte sind eingegangen von Hrn. Carl Seyffert: Die 
Ausrüstung eines Elefantenjägers der Baia nebst einigen Bemerkungen 
über die Elefantenjagd in Kamerun (abgedruckt S. 91 bis 113); von Hrn. 
Karutz: Über Kinderspielzeug (abgedruckt S. 237 bis 239). 


(5) Die Einladung zur diesjährigen (42.) Versammlung der Deutschen 
Anthropologischen Gesellschaft, welche zugleich die 5. gemeinsame Ver- 
sammlung der Deutschen und Wiener Anthropologischen Gesellschaft, 
sein wird, ist eingegangen. Dieselbe wird vom 6. bis 9. August zu 
Heilbronn stattfinden und wird mit dem Besuch von Stuttgart und Tübingen 
und mit Ausflügen nach der Schwäbischen Alb vom 10. bis 15. August 
verbunden sein. 


(6) Am 14. März hat eine Sondervorstellung der in Castans Panop- 
tikum weilenden Samoaner-Truppe für die Mitglieder der Anthropologischen 
Gesellschaft stattgefunden. Dieselbe war vorbereitet und von Erläuterungen 
begleitet durch Herrn Professor Krämer. Das Nationalgetrink Kawa 
wurde von einem der Mädchen hergestellt und den Gästen dargeboten; 
darauf wurden mehrere Tänze mit Gesangsbegleitung vorgeführt. 


(7) Vor der Tagesordnung berichtet Hr. Hans Virchow über das 
Ergebnis der Untersuchung der einen Mamma des in der Sitzung vom 
18. Februar besprochenen Zwitters (s. S. 140). Die Brustgegend war 
flach und der Fettkörper nicht voluminöser, als er sich an männlichen 
Brüsten findet. An Stelle des Drüsenkörpers fand sich nur eine schlecht 
abgegrenzte Bindegewebsmasse von 10 mm Durchmesser. Auch die 
Warze ist nicht grösser, als man sie an männlichen Brüsten findet. Es 
liegen also keine Anhaltspunkte vor, um dieser Mamma die Merkmale 
einer weiblichen zuzusprechen. 


(8)Hr.Klaatsch:Gegenüber der abfälligen Kritik die Hr. von Luschan 
an der Arbeit meines Schülers und Freundes Dr. H. Basedow geübt hat, 
halte ich mich für verpflichtet, hier öffentlich auszusprechen, dass die 
Redaktion der Zeitschrift für Ethnologie auf meine Empfehlung und Ver- 
antwortung hin die betreffende Publikation aufgenommen hat. Zur Klar- 
stellung des Tatbestandes sei hervorgehoben, dass Dr. Basedow während 
seines dreijährigen Aufenthaltes in Deutschland drei Semester hindurch 
in Breslau Medizin studiert hat und in dieser Zeit mein Zuhörer und 
Schüler war, dass er aber die betreffende Arbeit sich selbständig bezüglich 
des Themas gestellt und unabhängig von mir ausgeführt hat. Dies erhellt 
ja deutlich aus den beträchtlichen Abweichungen in manchen Punkten der 
Methodik von meinen Prinzipien. Ich denke in diesen Dingen sehr liberal 
und habe ihm die ganz bewussten (keineswegs aus Autodidaktentum ent- 
springenden) Abweichungen ebensowenig verargt, wie seine vom nationalen 
Standpunkt aus verständliche Anlehnung an die Methoden englischer 

19* 


292 Klaatsch: Bemerkung zur anthropologischen Fachsitzung. 


Craniologen. Meine Aufgabe erkannte ich lediglich darin, seine mir über- 
sandten Niederschriften zu kritisieren und ihn möglichst vor „Eutgleisun- 
gen“ zu schützen. Dass ich diese Kritik sehr scharf angewendet habe, 
wird Basedow mir gern zugestehen; er hat auf meine Veranlassung 
manchen Passus der ursprünglichen Abfassung bedeutend geändert, manchen 
ganz fortgelassen. Die letzte Niederschrift konnte ich nicht mehr einsehen, 
da Herrn Basedow sehr viel an schnellem Abdruck lag, aus äusseren 
Gründen. Auf seine Versicherung, dass er die von mir monierten Punkte 
geändert habe, glaubte ich berechtigt zu sein, die Arbeit zur Aufnahme 
in die Zeitschrift zu empfehlen, da ich die gründliche Sicherung tatsäch- 
lichen Materials als Garantie für den Wert dieser fleissigen Untersuchung 
ansehen konnte, ganz abgesehen von den persönlichen Meinungen und der 
Fassung der Ergebnisse, die zum Teil nur eine Bestätigung der Ansichten 
früherer Autoren und auch der von mir schon längst vorgetragenen An- 
schauungen waren. 

Auf Meinungsdifferenzen beruht ja der Fortschritt der Wissenschaft, 
und aus solchen ergibt sich noch kein Anlass zu einer so schroffen Ab- 
urteilung, wie sie Herr von Luschan im Interesse der Sache für seine 
Pflicht zu halten scheint. Über den Wert der Linguistik für die Anthro- 
pologie kann man wahrhaftig recht verschiedener Meinung sein und die 
Theorie des Zusammenhangs von „spiraler Haarform“ mit Pygmäentum 
in ihrer Bedeutung für die Anthropologie der Tasmanier bedarf einer 
Begründung, auf die man recht gespannt sein darf. Jedoch will ich in 
der Erwiderung bezüglich des Themas selbst meinem Freunde Basedow 
nicht vorgreifen, dem es ja an Selbständigkeit und Energie auch darin 
nicht fehlen wird. Ich muss nur meinen Freund schützen vor dem falschen 
Eindruck, den vielleicht der Passus in der Kritik des Herrn von Luschan 
bezüglich der „Epypterica“ bei solchen, die Basedows Arbeit nicht kennen, 
hervorrufen könnte. 

Eine genauere Prüfung der betreffenden Stelle in der Publikation 
von Basedow, pag. 191, zeigt ohne weiteres, dass hier lediglich ein 
Lapsus der Feder und ein Druckfehler vorliegt. Den Ausdruck „Epyp- 
terica braucht Basedow nur einmal, sonst spricht er immer von Schalt- 
knochen. An der betreffenden Stelle soll es scheinbar heissen „von Epip- 
terica und anderen Schaltknochen*. Denn dass ihm die Bedeutung des 
betreffenden Wortes ganz genau bekannt war, geht aus der Stelle auf der 
vorhergehenden Seite 190 hervor, wo er von den Schaltknochen sagt: 
„Am häufigsten treten sie in der Lambdoidea und am Alisphenoid“ 
usw. „auf“, und bei dem Worte Alisphenoid die Anmerkung macht „am 
sogenannten Pterion Brocas“. 

Die Tabelle, auf der er pag. 192 eine Übersicht über die Schalt- 
knochen gibt, trägt keine Überschrift, und nirgends findet sich eine Stelle, 
die eine Auslegung in dem Sinne gestattete, dass Basedow Schaltknochen 
in der Kranznaht, Pfeilnaht oder Lambda-Naht als „Epypterica“ bezeichne’). 


1) Dr. Basedow hat in Breslau seinen philosophischen, in Göttingen seinen 
medizinischen Doktor gemacht; die anthropologische Gesellschaft in Göttingen hat 


Preuss: Mexikanische Opferblutschale. 293 


(9) Hr. Aug. Krämer hält den angekündigten Vortrag: 
Die Hamburger Südsee-Expedition 1909/10 nach den Karolinen. 


(10) Hr. K. Th. Preuss hält den angekündigten Vortrag 


Die Opferblutschale der alten Mexikaner erläutert nach den Angaben 
der Cora-Indianer. 


Wenn man einen Volksstamm verstehen will, so ist die altbewährte 
philologische Forschungsmethode die, möglichst viel und möglichst 
gesicherte Tatsachen über das Volk zusammenzubringen und sie zu- 
einander in Beziehung zu setzen. Das muss selbstverständlich auch in der 
Völkerkunde die grundlegende Methode bleiben. Nur ist es gerade der 
Völkerkunde besonders eindringlich geworden, dass vieles gewandert und 
daher nur lose mit dem Kulturgut des betreffenden Stammes verknüpft 
sein kann. Durch eine solche Überlegung wird leicht ein unberechtigter 
Pessimismus hervorgerufen, der für die Forschung üble Folgen zeitigen 
kann. Denn man könnte nun den Schwerpunkt der Forschung mit schein- 
barem Recht in die Vergleichung legen, und auf diese Weise würde der 
Mangel an eingehenden Nachrichten, der sich so wie so in der Völker- 
kunde fast bei jedem einzelnen Volksstamme bemerkbar macht, weniger 
fühlbar werden. Man würde weniger danach streben, diesem Mangel ab- 
zuhelfen, bis ein allgemeiner Zusammenbruch des ethnologischen Baues 
zu spät den unzureichenden Unterbau erkennen lässt. 

Diesem in die Ferne schweifenden Pessimismus, der in Ermangelung 
exakter Forschung auf kleinem Gebiet sensationelle Zusammenhänge 
zwischen weit entlegenen Ländern und Völkern aufzuweisen sucht, soll 
hier an einem Beispiel gezeigt werden, eine wie geheimnisvolle Durch- 
dringung von Kulturelementen zwischen nahe wohnenden Völkern festzu- 
stellen ist, wenn eingehende Studien vorliegen, und wie ein solches In- 
einandergreifen von Kulturelementen die beste Gewähr dafür bietet, dass 
kompakte Kultureinheiten bestehen, die sich in der Weise nicht in der 
Welt wiederholen. Mögen nun auch genug Erscheinungen übrig bleiben, 
die sich aus einem solchen Kulturkreis nicht erklären lassen, so fordert 
es doch die besonnene Forschung, dass wir ihnen erst in zweiter Linie 
unsere Aufmerksamkeit widmen. Wir dürfen allenfalls ihrer psychologi- 
schen Eigenart durch Vergleichung nachgehen, um dadurch Fingerzeige 
für die Möglichkeit der Entwicklung innerhalb des betreffenden Kultur- 
kreises zu gewinnen, wir dürfen sie aber nicht als Beweise von Wande- 
rungen nehmen, gewissermassen als Kristallisationskerne für die weitere 
Forschung überhaupt. Selbst wenn wir der Meinung wären, dass die 
Ähnlichkeit durch Wanderung zu erklären ist, dürfen wir das nicht. Es 
würde chronisches Siechtum des noch so unscheinbaren Pflänzchens 


ihn zum korrespondierenden Mitglied ernannt. Nach neuester brieflicher Mitteilung 
von Anfang Mai ist Dr. Basedow nun zum Chief-Protector und Chief Medical- 
Inspector der gesamten Eingeborenen Australiens ernannt worden, eine Stellung, 
die nicht von einer der Kolonien, sondern vom gesamten Commonwealth geschaffen 
worden ist. | 


994 Preuss: 


„Ethnologie“ zur Folge haben. Bewahre uns daher der Himmel vor den 
Vergleichern, namentlich vor denen, die nur vergleichen: Ohne ein ganz 
allmahliches, viele Menschenalter erforderndes Vorriicken von Kulturkreis 
zu Kulturkreis lassen sich dauernde Ergebnisse nicht schaffen, sondern 
nur Meinungen, die der Mode unterworfen sind, und die der Diskussion 
nur deshalb bedürfen, um die in dieser Methode der Ethnologie drohende 
Gefahr vor Augen zu führen. 

Der mexikanische Kulturkreis, auf den ich hier zu sprechen kommen 
will, ist keineswegs ein feststehender, in seinen Grenzen und Aus- 
strahlungen bestimmter Bezirk, sondern ein unbestimmtes Gebiet mit 
handgreiflichen Kulturbeziehungen, die an die alten Mexikaner als den 
am besten bekannten Teil angegliedert werden. Zu diesem Kulturkreis 
gehören eine Menge sprachlich völlig fremder Völker, ausser den Nahua- 
Stämmen z. B. die Tarasca, Zapoteken, Mixteken und Maya. Aber wir 
sehen bei ihnen denselben Kalender, wir sehen ähnliche Gottheiten und 
Feste. Die Federschlange ‚Quetzalcouatl reicht als Kukulcan und Kucu- 
matz weit ins Mayagebiet hinein und gleich ihr die merkwürdige Sage 
von Tollan, Tezcatlipoca findet sich als Hurakan in den Quichemythen. 
Selbst solche merkwürdigen Sitten wie das Hautabziehen der Opfer, wie 
es an mexikanischen Festen geübt wurde, und das Bekleiden anderer 
mit der abgezogenen Haut wurde nach der Relacion de Michoacan unter 
den Tarasca geübt!). Auch auf dem Gebiet der Soziologie, der Kunst 
und Gerätekunde finden sich viele Übereinstimmungen. Leider liegen 
aber über alle diese Völker mit Ausnahme der Mexikaner so wenig Nach- 
richten vor, dass nirgends klar zu erkennen ist, wie weit die Überein- 
stimmungen und wie weit die Verschiedenheiten reichen. Selbst in der 
Religion fehlt auch im Maya-Gebiet so sehr mythisches Material, dass 
ein Verständnis für die Götterwelt nicht gewonnen werden kann. Sogar 
den eingehenden Untersuchungen Tozzers über die Religion des Maya- 
volkes der Lacandone?) fehlen die Mythen, für die auch in dem übrigen 
Zentralamerika wenig neues Material zu erwarten ist, da es besonders viel 
Zeit erfordert, die Mythen in den Ursprachen zu erhalten. 

Die einzigen Stämme, die heute eingehend studiert sind und am 
ersten mit den Mexikanern, namentlich in religiöser Beziehung, verglichen 
werden können, sind die Cora und Huichol im Territorium Tepie und 
dem Staate Guadalajara in der Sierra Madre occidental, deren Sprachen 
unter sich verwandt sind und auch mit der Nahua-Sprache in entfernter 
Verwandtschaft stehen. Schon vor einem Jahre hatte ich die Ehre, hier 
über die Übereinstimmung der religiösen Anschauungen dieser Stämme mit 
denen der alten Mexikanern zu berichten®). Auf jene Ausführungen wird 
hier der Kürze halber mehrfach Bezug genommen werden. Ferner ist die 
Übereinstimmung eines der Feste der Cora, des Festes des Erwachens 


— 


1) Relacion de la Provincia de Michuacan Morelia S. 292 

2) Tozzer A Comparative Study of the Mayas and the Lacandones. 
New York 1907. 

3) Zeitschr. f. Ethnol. 1910 S. 793. 


a re ve e, 


Mexikanische Opferblutschale. 295 


(xisireame)!) mit den altmexikanischen Festen des kleinen und grossen 
Wachens (tocoztontli und ueitocoztli) auf dem XVI. Amerikanisten-Kon- 
gresse zu Wien von mir nachgewiesen’). Heute will ich an einem kon- 
kreten Beispiel zeigen, dass nicht nur eine äusserliche Überein- 
stimmung besteht, wie sie durch Übertragung zustande kommen kann, 
sondern eine Übereinstimmung in den Grundlagen des Denkens, die 
schwerlich übernommen sein kann, sondern eher einer Urverwandtschaft 
zugeschrieben werden muss. Der sogenannten Opferblutschale (quauhxicalli) 
der Mexikaner entspricht nämlich einerseits die auf dem Festaltar der Cora 
stehende Kürbisschale in der Darstellung, die sie im Innern enthält, 
andererseits erklären die Erläuterungen, die die Cora mir dazu gaben, 


Abb. 1. Opferblutschale (quauhxicalli) der Mexikaner aus poliertem Stein, 
von oben gesehen. Königl. Museum für Völkerkunde, Berlin IV Ca 1. 
Etwa !/, nat. Grösse. 


und die in allen Einzelheiten im Anschauungskreise der Mexikaner liegen, 
auch die Bedeutung der Figur in der Opferblutschale. 

Über diese ist bereits von Eduard Seler an zwei Stellen in seinen 
Gesammelten Abhandlungen I S. 704 und 712 gehandelt worden, aus denen 
ich das Folgende wiederhole: es stellt z. B. in der kostbaren Steinschale des 
Berliner Museums der obere Rand ausgerissene Herzen plastisch dar, die 
Aussenseite Adlerfedern, das Innere das Bild der Sonne mit dem Zeichen 
der Sonne 4 olin (oder auch olin allein vgl. Abb. 3d), die Unterseite die 
sogenannte Erdkröte, d.h. ein hockendes Ungeheuer, das auf den Hinter- 


1) x=ch in ach, x=chinich, 5=sch, v=w in Wasser, w = englisch w, au 
bezeichnet den Diphtong, eine „ unter einem Vokal bezeichnet die flüchtige Aus- 
sprache, ’ ist der dynamische Akzent, ‘ der Saltillo. 

2) Verhandlungen S. 489. 


996 Preuss: 


beinen kauert, dem Beschauer den Riicken zukehrt und den weit zuriick- 
gebogenen Rachen aufsperrt, in dem ein Opfermesser steckt. Es ist die 
Personifikation der Erde (Abb. 1). In diese Opferblutschale wurde das 
Herz gelegt, nachdem es zur Sonne emporgehoben wear"), Die ent- 
sprechende Kürbisschale der Cora wird heute überhaupt nicht zur Auf- 
nahme blutiger Opfer gebraucht, sondern enthält ausser einer Darstellung 
aus Wachsstreifen, in die Glasperlen gedrückt sind und einer Art Guirlande 
ringsherum (Abb. 2) auf der Innenseite ungesponnene Baumwolle, die 
Wolken und Wasser bedeutet, Blumen und anderes. Doch wird berichtet, 
dass bei der Eroberung des Cora-Landes 1722 ein mit dem Bilde der 


d 
>.. O05 è A 8 
EM: 


Abb.2. Kürbisschale (tuša) auf dem Altar der Cora des Dorfes Jesus Maria, 
von oben gesehen. Berliner Museum. Etwa !/, nat. Gr. 


Sonne geschmücktes Steingefäss aus dem Hauptheiligtum auf der Mesa de 
Nayarit nach Mexiko gebracht sei, und dieser Schale sei monatlich ein 
Kind geopfert worden?). Ob Menschenopfer früher vorgekommen sind, 
kann heute nicht mehr festgestellt werden. Die Menschenopfer in Mexiko 
stellten die Götter selbst dar, und bei den Huichol werden noch heute 
Hirsche in Vertretung der Götter geopfert, so dass die Ideen, die zu der 
Opferung führten, dieselben sind. Jedenfalls aber glaube ich, dass die 
erwähnte Steinschale mit dem Bilde der Sonne das Prototyp der heutigen 


1) Wie das Herausreissen des Herzens mit Hilfe eines Steinmessers anatomisch 
vor sich ging, ist jüngst von L. Pfeiffer in Weimar nach praktischen Versuchen 
überzeugend dargelegt worden, Korrespondenz-Blätter des Allgemeinen ärztlichen 
Vereins von Thüringen 1911. 

2) „Gaceta de Mexico“ Nr.2 Februar 1722 bei Seler, Gesammelte Abhand- 
lungen III, S. 355. 


Mexikanische Opferblutschale. 297 


Kirbisschale auf dem Altar war, denn wir werden sehen, dass auch das 
Gebilde innerhalb der Schale ebenso als Sonne bzw. Lichthimmel mit 
dem Olin-Zeichen darin aufzufassen ist, wie die Darstellung in der alt- 
mexikanischen Opferblutschale. 

Die Zeichnung der Altarschale scheint nicht in allen Dérfern bzw. 
Ranchos dieselbe zu sein — denn auch die Ranchos haben ihre eigenen 
Feste, soweit noch der Hausherr die Gesänge kann oder sich ein anderer 
Sänger für das Fest gewinnen lässt. Sehen durfte ich die Schale nicht, 
aber der Häuptling (gobernador) von Jesus Maria Matias Canare fertigte 
mir eine Nachbildung (Abb. 2) und der Cora Jacinto Silverio entwarf eine 
Zeichnung davon (Abb. 3a). Alle Cora aber waren darüber einig, dass 
die Kürbisschale den Festplatz und zugleich die Welt bedeute. Jacinto 
Silverio gab auch Parallelerklärungen, indem er bei jedem Teil auf die 
Welt und den Festplatz Bezug nahm. Ich reihe sie nebeneinander auf: 


Die Welt. 
1. Der Rand der Welt bzw. die 
ganze Welt oder ihre Gestalt. 


Der Festplatz. 

1. Der Rand des Festplatzes bzw. 
die ganze Kürbisschale, die die 
Welt bedeutet. 

Man tanzt zwischen dem Ende 
der Welt und der Mauer der 
Götter, zwischen dem Sänger und 
dem Altar. 


2. Die zwölf Bögen dienen den | 2. 
Göttern als Mauer nahe dem 
Ende oder Rande der Welt. 


3. Die vier Weltrichtungen, der | 3. 


Aufenthaltsort der Götter. 


Die zwölf Alten, soviel wie die 
ersten Bewohner der Welt. 

Der Mittelpunkt der Welt, wo 
unser Vater, die Sonne, wohnt. 


Die vier Richtungen des Fest- 
platzes, wo die Götter wohnen 
und die Huldigungen von seiten 
ihrer Söhne empfangen. 


. Die Alten des Dorfes, der Dorf- 


häuptling mit den Angesehensten. 


. Das Feuer, das die Sonne dar- 


stellt und den Mittelpunkt des 


Platzes anzeigt. 


Dazu ist zu bemerken, dass in Wirklichkeit die Leiter der Zere- 
monien, die „Alten und Denker“ (ivaxsi timuakas) um das Mittelfeuer 
sitzen, jedoch nicht gerade in der Zahl von zwölf, dass davor mit dem 
Gesicht nach Osten sich der Sänger befindet und ganz im Osten der Altar 
steht, der nach dieser Beschreibung und ebenso nach den Gesängen und 
Angaben den östlichen Rand der Welt bilde. Denn zwischen dem 
Sänger und dem Altar, zwischen den zwölf Bögen, der „Mauer der Götter“ 
und dem Rande der Welt geht der Tanz vor sich, der die Hauptzeremonie 
bildet und sich unmittelbar um das Feuer und den Sänger bewegt. 

Die Erklärungen des Matias Canare zu seiner Nachbildung der Dar- 
stellung in der Kürbisschale aus Perlen auf Wachs (Abb. 2 und 3b) 
nahmen dagegen auf die Bedeutung als Festplatz gar nicht Bezug, obwohl 
er sie auch als Festplatz hinstellte. Es ist ein Weltbild, in dem die vier 
dargestellten Richtungen Osten (1—3), Westen (4—6), die Unterwelt 
(7—9) und den Himmel (10-12) bezeichnen sollen, und zwar liegt, wenn 


298 Preuss: 


Sen CDS 


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Abb. 3. Darstellungen in Schalen der Cora (ab) und in Opferblutschalen der 
Mexikaner (cde) a) Nach einer Zeichnung von Jacinto Silverio. b) Schema aus 
Abb. 1. c) Der sogenannte Kalenderstein des Museo Nacional de Mexico, nach 
Photographie. d) Wiener Hofmuseum, nach Seler, Abhandlungen II, S. 713, 
Abb. 2. e) Museo Nacional, Mexico nach-Peñafiel) Monumentos II p. 305. 


Mexikanische Opferblutschale. 299 


wir Osten nach unserer Gewohnheit nach rechts orientieren, Westen links, 
die Unterwelt am oberen Rande und der Himmel am unteren. Die diese 
vier Richtungen teilenden, am Ende gegabelten Stränge werden nicht als 
besondere Richtungen, sondern als Blumen bezeichnet, die zu je einem 
der in den gezeichneten vier Weltrichtungen wohnenden Götter gehören. 
Auch werden die „Blumen“ nicht fortlaufend der nächstliegenden Richtungs- 
gottheit zugeteilt, sondern die zu beiden Seiten des Westens liegenden 
zweiteilig gegabelten „Blumen“ gehören dem Osten (13) und dem Westen 
(14), die zu beiden Seiten des Ostens gelegenen „Blumen“ mit je vier 
Enden gehören ihrer Lage entsprechend der Unterwelt (15) und dem 
Himmel (16). 

Matias Canare bezeichnete die Richtungen nicht mit ihren Namen, 
sondern mit den Namen der Götter, die in ihnen wohnen. Es sind Tahas 
„unser älterer Bruder“, der Morgenstern (Osten), Tatex Näsisa „unsere 
Mutter der Mais“, zugleich Erd- und Mondgöttin, deren Wohnsitz stets 
im Westen angegeben wird, Tatex tahete vakan „unsere Mutter, die unter 
uns (d. h. in der Unterwelt) lebt“ und Tayáu „unser Vater die Sonne 
(Himmel). In der Mitte aber ist der Aufenthalt von Tatéx „unserer 
Mutter“, worunter in den Gesängen stets die mit Näsisa identische Erd- 
und Mondgöttin zu verstehen ist. Wie die Blumen (Susu) den vier ge- 
nannten Richtungsgottheiten zugeschrieben werden, so beziehen sich die 
Deutungen der Einzelheiten in den vier Weltgegenden ebenfalls nur auf 
ihre Person. Die auslaufenden Perlenschnüre 1, 4, 7, 10 sind ent- 
sprechend ihre Wege (huye), auf denen sie wandeln, z. B. tahäs huyarä 
usw. Beim Sonnengott sagte Matias statt dessen tayau wikäxra „unser 
Vater steigt herab“. Die schräge zu jedem Wege gerichteten beiden 
Perlenketten (2, 5, 8, 11) sind die Hände bzw. Arme der Gottheiten: 
tahas moaxkara usw. Die gebogenen Figuren, von denen die „Wege“ 
und „Arme“ ausgehen, sind die „Kronen“ der Gottheiten: tahas kuruneara 
usw. Auf ihnen ist je etwas ungesponnene Baumwolle nebst Federchen 
des Amazonenpapageis (Amazona autumnalis) aufgeklebt, die zusammen 
Mais bedeuten. Endlich sind die sechzehn Perlenbögen anı Rande, deren 
Zahl aber vom Verfertiger willkürlich gewählt sein soll, „der Aufenthalt 
der Haustiere und Menschen“. 

Besonders interessant ist auf diesen Bögen die Reihenfolge der auf- 
geklebten Perlen. Es müssen nämlich auf jedem Bogen die Farben rot, 
grün, blau, gelb, schwarz und weiss aufeinander folgen, und diese Farben 
müssen überhaupt in der Darstellung der Kürbisschale vorhanden sein. 
Man wird daher nicht in der Annahme fehlgehen, dass diese sechs Farben 
den sechs Richtungen entsprechen sollen und zwar der gewöhnlichen 
Reihenfolge der Richtungen in den Gesängen: Osten (rot), Westen (grün), 
Norden (blau), Süden (gelb), unten (schwarz), oben (weiss). DBerück- 
sichtigt man die strikte Einhaltung der Sechszahl in bezug auf die Perlen- 
farben der Bögen, wo die genaue Aufeinanderfolge doch ganz gleichgültig 
sein müsste, so ist man geneigt, Jacinto Silverios Zwölfzahl der Bögen und 
die Zwölfzahl der Alten, die ums Feuer sitzen, davon abzuleiten. 


300 Preuss: 


Dass einmal die Sonne bzw. das Feuer, das andere Mal die Erd- 
und Mondgöttin Tatéx im Mittelpunkt der Welt angegeben ist, entspricht 
ganz den mexikanischen Verhältnissen, die ich vor einem Jahre hier aus- 
einandergesetzt habe (a.a.0.). Die Sonne hat den Beinamen Adler 
(Kuölreabe), der eigentlich der Lichthimmel ist. Und von diesem er- 
zählen die Cora, dass er bei Sonnenuntergang, wenn das Feuer auf dem 
Festplatz entzündet wird, als das Feuer erscheint, nackt und noch nicht 
fliigge, dass ihm dann gegen Morgen die Federn wachsen und er mit dem 
Anbruch des Tages gen Himmel fliegt. Die Sonne und das Feuer sind 
bei den Cora noch eins, während es bei den Huichol und bei den Mexi- 
kanern einen besonderen Feuergott gibt. Dieser wohnt bei den letzteren 
im Nabel der Erde (tlalxicco) und gleich ihm ist die Erd- und Mond- 
göttin Teteoinnan dort vorhanden, da sie tlalli iyollo „Herz der Erde“ 
genannt wird, und einer anderen entsprechenden Göttin, Quaxolotl Chan- 
tico wird als Aufenthalt ebenfalls tlalxicco „Am Nabel der Erde“, die 
Mitte der Welt, angegeben. Letztere Göttin wird zugleich als Feuer- 
göttin bezeichnet, was sich daraus erklärt, dass die Gestirngottheiten 
sämtlich zugleich das Feuer vorstellen. Es ist also so, wie es von den 
Cora für die Mitte der Altarschale angegeben ist. Es mag auch noch 
zum Verständnis wiederholt werden, dass in Mexiko und bei den Cora 
die Mondgöttinnen deshalb zugleich Erd- und Unterweltsgéttinen sind, 
weil die Unterwelt, die zudem bis zur Erdoberfläche heraufreicht, und 
der Nachthimmel, den sie repräsentieren, einander gleichgesetzt werden. 
In der Unterwelt befindet sich alles, was hier auf Erden erscheint und 
ebenso kommt es von den Orten der Fruchtbarkeit am Nachthimmel 
herab. Auf diese Weise steht auch die Mond- und Erdgöttin Tatéx, die 
im Westen residiert, der Unterweltsgöttin Tetewan (téte „unten“) sehr 
nahe, obwohl beide als getrennte Gottheiten genannt werden. 

Fassen wir nun die Erklärung, die die Cora von ihrer Schale ge- 
geben haben, nach ihrem Werte zusammen, so haben wir als primären 
Gehalt die Einteilung der Welt in einen östlichen und westlichen Teil 
dargestellt durch die Attribute des Morgensterns und der Mondgöttin, die 
Zeichnung der oberen und unteren Region in den Attributen der Sonne 
bzw. des Lichthimmels und der Unterweltgöttin und die Mitte als Feuer 
bzw. Sonne und als Erdgöttin. Dagegen ist die Deutung der den Göttern 
zugehörigen Einzelheiten oder Attribute als Krone, Weg, Arme und Blume 
ohne Wert und offenbar sekundär, ebenso wie die Erklärung der Perlen- 
bögen am Rande als Mauer der Götter bzw. als Ort, wo die Menschen 
und Haustiere wohnen. 

Wenden wir uns nun zu der entsprechenden Darstellung in der 
mexikanischen Opferblutschale, dem Sonnenbilde mit dem Zeichen 4 olin 
darin, an dessen Stelle auch das blosse Olin in der Sonne steht (Abb. 3d). 
Die verschiedenen Typen der Olin-Zeichen in den Bilderschriften sind in 
Abb. 4 zusammengestellt. Eine Erklärung zu ihnen ist nicht überliefert. 
Wir sehen aber besonders aus den Formen 4g—k und aus de, wie 
ähnlich sie dem inneren Teil der Cora-Schale sind. Denn da haben wir 
besonders die vier sich kreuzenden „Blumen“ mit einem Kreise in der 


Mexikanische Opferblutschale. 301 


Mitte und in 4h vier gleiche halbrunde Auswiichse, die dem Osten, 
Westen, (oben) und (unten) entsprechen würden, während in 4 g nur 
zwei Rundungen nach Osten und Westen vorhanden sind und 
(oben) und (unten) durch Sonnenstrahlen, wie man sie in fast allen 
Sonnenbildern findet (vgl. Abb. 3c—e) zum Ausdruck gebracht sind. 
Diese Formen 4g—k des Olin sind aber nicht der Anfang der Ent- 
wicklung. Am ursprünglichsten sind die Formen 4a und b, da sie einen 
besonders ausgesprochenen Charakter zeigen. In 4a ist der Morgenstern 
Quetzalcouatl (rechts) und eine Göttin verschlungen, gewissermassen in- 
einander gehakt und das lineare Schema dazu wäre 4b. Abb. 4a stellt 
also die Ost- und Westhälfte der Welt in dem Morgenstern und der 


Abb. 4. Das Olin-Zeichen. a) Codex Aubin 13. b) Cod. Borgia 10. c) Cod. Borbo- 

nicus 14. d) Cod. Aub. 14. e) Cod. Borgia 71. f) Wiener Codex. g) Cod. Vati- 

canus 3738,27. h) Sahagun-Ms. der Bibl. Nazionale Florenz nach Seler, Humboldt- 

bilderschriften S. 10 Fig.12. i) k) Personennamen Olin. Personenregister der Orte 

Uexotzinco und Xaltepetlapan: Manuscrit mexicain III der Bibl. Nationale, Paris, 
nach Seler a. a. O. S. 10 Fig. 12. 


Göttin dar, ganz wie in der Cora-Schale, und Himmel und Unterwelt fällt 
in die Öffnung, die die beiden Gestalten zwischen sich lassen. Abb. 4b 
zeigt diesen Kreis deutlicher. Und die beiden Felder sind hier durch 
ihre Farben rot und blau bemerkenswert, die den Farben rot und grün 
für Osten und Westen bei den Cora einigermassen entsprechen. Diese 
Farben rot und blau bzw. griin finden sich überhaupt fast immer bei den 
Olin-Zeichen im Codex-Borgia (Abb. 4b und e), Vaticanus Nr. 3773, 
Feyervary-Mayer und Bologna. 

Weshalb sich die Mexikaner gerade in dieser Weise die Vereinigung 
des Ostens und Westens der Welt gedacht haben, ist freilich schwer zu 
sagen. Es scheint, dass die beiden Hauptgesichtspunkte, die zu der Form 
geführt haben, die waren: Wie vereinigt man Osten und Westen in 


302 Preuss: 


Gestalt der beiden die Ost- und Westhälfte darstellenden Gottheiten in 
der Weise, dass die durch das Feuer charakterisierte Mitte zum Ausdruck 
kommt? Die Lösung geschah auf die einzig mögliche Weise der Abb. 4a. 
Dagegen darf man wegen der Stellung der Beine nicht an eine Coitus- 
stellung in der Abbildung denken. 

Der Kreis in der Mitte der Flächendarstellung der östlichen und west- 
lichen Welthäfte ist eigentlich viel richtiger zur Kennzeichnung der oberen 
und unteren Region verwandt, als wenn Himmel und Unterwelt noch 
gesondert in derselben Ebene zum Ausdruck gebracht wären. Um deut- 
licher auszudrücken, dass hier in der Mitte das Feuer, die Sonne wohnt, 
ist dann noch ein Auge als Symbol des Lichtes in den Kreis gezeichnet 
worden (Abb. 1, 3d, 4c, d, g), und auf dem Sonnenbild des sogenannten 
Kalendersteins im Museo Nacional de Mexico (Abb. 3c), der eine Riesen- 
Opferblutschale vorstellt, befindet sich sogar der Kopf des Sonnengottes 
in der Mitte des Olin-Zeichens, Um den Kreis in der Mitte des Olin- 
Zeichens (Abb. 3e) sieht man die bekannte Darstellung des Mondes 
bzw. des Nasenmondes (yacametztli) gelegt, des bekannten Schmuckes in 
der Nasenscheidewand vieler nächtlicher Gestalten. Da müssen wir an die 
Erklärung der Cora-Schale denken, dass in der Mitte die Erd- und Mond- 
göttin wohnt, die wegen des feurigen Gestirns, das sie vertritt, zugleich, 
wie erwähnt, eine Art Feuergöttin ist. 

Weiter fühlte man sich veranlasst, auch das Ausstrahlen des Feuers 
nach der oberen und unteren Region darzustellen, wo oben der Licht- 
himmel, unten die feurigen Nachtgestirne zuhause sind. Dazu wurden 
Strahlen von dem mittleren Kreise aus nach oben und unten angelegt. 
Das konnte aber nur geschehen, indem die verschlingenden Bögen oben 
und unten senkrecht durchteilt und auseinandergeschoben wurden. Auf 
diese Weise entstand das Olin-Zeichen Abb. 4c, und diese Form blieb 
natürlich nun auch, wenn die Strahlen der Einfachheit halber weggelassen 
wurden (Abb. 4d, e). Durch Schematisierung kamen dann die Formen 
Abb. 4g—k und das besonders einfache Olin in der Mitte des Sonnen- 
bildes Abb. 3e zustande, in denen besonders die schräge auf- und abwärts 
ragenden Äste ausgestaltet wurden, die in der Cora-Schale als Blumen 
erklärt wurden. 

Diese Schale hat dann noch die besondere Eigentümlichkeit, dass 
die obere und untere Region in gleicher Weise durch je einen nach oben 
bzw. unten offenen Bogen mit umgebogenen Enden gekennzeichnet wird, 
der natürlich nicht willkürlich gewählt ist, sondern in dem wir unschwer 
die schon erwähnte gewöhnliche Darstellung des Mondes bzw. der Sterne 
in den mexikanischen Bilderschriften erkennen (Abb. 3e). Der Mond- 
und Erdgöttin ist also die Rolle zugefallen, sowohl den Himmel wie die 
Unterwelt zu bezeichnen, wie ja von ihr auch gesagt wurde, dass sie in 
der Mitte der Welt sitzt. Diese Göttin repräsentiert, wie in meiner 
früheren Abhandlung erörtert wurde, sowohl Nachthimmel wie die mit 
ihm identische Unterwelt bzw. das Feuer der Gestirne darin. Die ge- 
wöhnliche Auffassung der Cora ist aber, dass der Himmel vom Licht- 
himmel, dem Adler, bzw. von der Sonne; die Unterwelt von der Unter- 


Mexikanische Opferblutschale. 303 


weltsgöttin Tétewan personifiziert wird, wie es auch in der Erklärung der 
Schale mitgeteilt wurde. 

Nun sind wir so weit, auch die Perlenbögen rings um die Cora- 
Schale in Angriff zu nehmen. Diese als „Mauer der Götter“ oder als 
„Ort, wo die Menschen und Haustiere wohnen“ zu erklären, würde be- 
friedigen, wenn die Form nicht eine so seltsame wäre. Wenn die Welt 
von den Göttern eingenommen wird, so müssen doch irgendwo die 
Menschen und Haustiere untergebracht werden. Nun heisst es aber, wie 
erwähnt, dass die von der Mesa de Nayarit 1722 mitgenommene Steinschale 
das Bild der Sonne gezeigt habe, wie die Opferblutschale der Mexikaner 
sie trägt. Die Bögen müssen also die Sonnenstrahlen sein, die das sonstige 
Weltbild umschlossen, ganz ebenso wie die Sonne das Olin-Zeichen in 
sich enthält. Und wir werden auch durch Vergleich mit den an der Basis 
eingerollten Sonnenstrahlen der mexikanischen Sonnen (Abb. 3 c, d, e) sehr 
wohl erkennen, dass die Perlenbögen der Cora-Schale eine fortlaufende 
Kette von Sonnenstrahlen der Form nach sein können’). 

Wie Olin in der ostwestlichen Erstreckung doch nur ein flächen- 
haftes Erdbild darstellt, das in Nacht getaucht oder von der Sonne be- 
strahlt sein kann, auf das sich der Nachthimmel oder der Lichthimmel 
herabgesenkt hat, so ist hier in den Opferblutschalen das letztere, die 
Einschliessung der ganzen Erde durch den Lichthimmel, als Abschluss 
gewählt. Eine solche Erklärung erhält in der Darstellung des Kalender- 
steins (Abb. 3c) eine besondere Beleuchtung. Dort ist nämlich nicht nur 
der auf die Erde herabgesenkte Lichthimmel in der Sonne und dem Olin- ` 
zeichen dargestellt, sondern auch die ringsum daranstossende und aus der 
Unterwelt heraufquellende Nacht in Gestalt zweier Federschlangen, die 
sie im Osten und Westen umlagern und aus deren einander zugekehrten 
Rachen zwei Gesichter mit menschlichen Zügen herausschauen. Die 
beiden Schlangen stellen, wie es die Gesänge der Cora dartun und in 
meinem früheren Vortrag erörtert wurde, die nächtliche Wasserschlange 
dar, die im Westen wohnend den Himmel in der Nacht überzieht und 
des Morgens von dem Morgenstern getötet und von dem Adler, dem 
Lichthimmel, verzehrt wird. 

Olin bedeutet „Bewegung“, was für die Bedeutung als Welt oder 
Erde nur den Sinn haben kann, dass sie eins gedacht ist mit den als 
Göttern angesehenen kreisenden Gestirnen, die das Weltall ausmachen, 
während die Eigenschaft der Erde, dass sie sich gelegentlich im Erdbeben 
schüttelt, wohl kaum zur Bezeichnung des Weltalls als Olin Anlass ge- 
geben haben kann, obwohl das Olin-Zeichen in den historischen Bilder- 
schriften gelegentlich zur Bezeichnung von Erdbeben gebraucht ist. Dass 
diese Erklärung des Olin-Zeichens als Bewegung richtig ist, geht auch 
daraus hervor, dass der Patrongott des Tageszeichens olin Xolotl als Herr 


1) Es ist zu bemerken, dass die Bögen am Rande der Opferblutschale 3d von 
der Aussenwand des Gefässes ins Innere hereinragen und nichts mit der Darstellung 
der Sonne im Innern zu tun haben. Diese Bögen stellen den oberen Rand der 
auf der Aussenseite angebrachten Federn dar. | 


304 Preuss: 


des Ballspielplatzes bezeichnet wird, und dieser Ballspielplatz bedeutet 
ebenfalls das Weltall, auf dem die Sonne und übrigen Gestirne als Bälle 
kreisen, ist also dasselbe wie das Olin-Zeichen. 

Damit wäre das mir in diesem Vortrag gesteckte Ziel erreicht. Aber 
ich kann nicht umhin, wenigstens einige der Folgerungen, die sich an die 
Erklärung des Olin-Zeichens für die Deutung der mexikanischen Bilder- 
schriften knüpfen, schon hier kurz hervorzuheben. Da ist zunächst der 
eben erwähnte Ballspielplatz. Diese Ballspielplätze (Abb. 5) sind immer 
so angeordnet gefunden, dass die T-förmig erweiterten Enden im Norden 
und Süden, die durchlochten Steine in der Höhe der Seitenmauern, durch 
die der Ball fliegen sollte, im Osten und Westen liegen. Bedeutet nun 
das Fliegen des Balles das Kreisen der Sonne und der Gestirne durch 
den Ost- und Westpunkt, so sind die göttlichen Spieler, die an den er- 
weiterten Enden im Norden und Süden stehen, nicht dort, sondern in der 
oberen und unteren Region stehend anzunehmen, ganz wie beim Olin- 
Zeichen. Vgl. Abb. 4f. Ist die Ost- und Westhälfte genau ostwestlich 
gegeben, so muss die obere und untere Region in der Nordsüdrichtung 
liegen. Bestätigt wird dieser Schluss da- 
durch, dass die Ballspielplätze der Bilder- 
schriften sehr häufig durch einen Längs- 
strich in zwei Hälften geteilt sind und in 
den so gebildeten beiden Feldern je eine 
besondere Farbe aufweisen. Ferner ist in 
Abb. 5. Ballspielplatz (tlachtli) demselben Sinne bemerkenswert, dass in 

Aubinsches Tonalamatl 19. einzelnen Fällen statt der beiden durch- 
"la d. Orig.-Gr. lochten Steine im Osten und Westen, die 

also den Ein- und Ausgang der Unterwelt 

darstellen, nur ein Kreis in der Mitte des Platzes gezeichnet ist (Abb. 5), 
der die geschilderte Mitte der Welt vorstellen muss, durch den senkrecht 
zur Ebene die Richtung zum Himmel und zur Unterwelt geht. Man muss 
sich in der Tat diese Mitte als eine Art Verbindung zwischen Himmel und 
Unterwelt vorstellen, in derselben Weise wie der Weg der Gestirne für den 
Naturmenschen die Verbindung zwischen beidem im Osten und Westen 
dartut. Eine solche Auffassung wird z. B. durch die Beschreibung des 
Ballspielplatzes nahe gelegt, die Tezzoomoc Historia ecclesiastica Kap. 1 
gibt. Dort lässt der Sonnengott Uitzilopochtli einen Ballspielplatz anlegen 
und darin in der Mitte ein Loch graben, das etwas grösser ist als der 
Ball, also statt der beiden durchlochten Steine im Osten und Westen 
steht. Aus ihm heraus dehnt sich nun eine Wasserfläche, die Nacht aus, 
die Uitzilopochtli schliesslich als aufgehende Sonne zum Abfluss bringt!). 

Eine zweite Anknüpfung an die Opferblutschale ergibt sich bei der 
Betrachtung eines anderen Symbols der Bilderhandschriften, nämlich des 
in einem Kreise oder Halbkreise angeordneten Zeichens Sonne — Nacht. 
In den kleineren Opferblutschalen ist, wie erwähnt, nicht nur im Innern 
die vom Lichthimmel bzw. der Sonne überflutete Welt dargestellt, sondern 


1) Vgl. meinen früheren Vortrag, diese Zeitschr. 1910 S. 798. 


Mexikanische Opferblutschale. 305 


auch auf der Unterseite die Unterwelt in Gestalt der sogenannten Erd- 
kröte, obwohl auch schon im Olin-Zeichen des Sonnenbildes selbst die 
untere Region angedeutet ist. Auf diese Weise wird noch deutlicher, 
dass die Schale die Welt darstellt, nämlich innen die Oberwelt, den 
Himmel, die Sonne, und unten die Unterwelt, die Nacht. 
„Sonne — Nacht“ bedeutet also die Mitte der Welt, die Verbindung 
zwischen der oberen und unteren Region. Das wird bestätigt durch das 
Vorkommen des Zeichens über dem Haupte des Tlaloc der Mitte Codex 
Borgia 27, wo die andern vier Tlalocgestalten des Ostens, Westens, 
Nordens und Südens es nicht haben. Und dann sind vor allem die vier- 
hundert Pulquegötter damit versehen, die den Halbmond in der Nasen- 


Abb. 6. Pulquegott. Codex Magliabecchiano 57. */, d. Orig.-Gr. 


scheidewand tragen, und die Pulquegöttin Mayauel, die mit ihren vier- 
hundert Brüsten den Nachthimmel repräsentiert. Diesen Pulquegottheiten 
ist das Zeichen Sonne Nacht offenbar deshalb besonders eigen, weil 
denen, die Pulque trinken, der Tod vor allem vor Augen steht, nämlich 
den über 70 Jahre alten Leuten und den Kriegern, während den übrigen 
das Pulquetrinken verboten war und sogar mitunter die Todesstrafe darauf 
stand. Die Pulquegötter waren daher Patrone des Todes, des Hinab- 
stürzens in die Nacht, in die Unterwelt, wo die Toten zu Sternen 
wurden. 

Deshalb haben auch die Pulquegötter eine höchst merkwürdige Ge- 
sichts- und Schildbemalung (Abb. 6), nämlich je ein dunkles Feld an 
den Seiten und in der Mitte von oben nach unten einen blutroten, an den 

Zeitschrift für Ethnologie. Jahrg. 1911. Heft 2. 20 


306 Preuss: Mexikanische Opferblutschale. 


Enden sich verbreiternden Streifen, in dessen Mitte der gelbe Mond ge- 
zeichnet ist. Dieser Mond erinnert sofort an die Mondzeichnung in der 
Mitte des Olin-Zeichens Abb. 4e, an die Monddarstellungen zur Bezeichnung 
von Himmel und Unterwelt in der Cora-Schale und an die Angabe, dass 
in der Mitte der Schale die Mond- und Erdgéttin wohnt. Die Bemalung 
der Pulquegötter ist also so zu verstehen, dass die beiden dunklen Felder 
die mit Nacht bedeckte Ost- und Westhälfte der Welt mit den gelben 
Flecken als Sternen darin, der rote Streifen in der Mitte die feurige 
Mitte bedeutet, in der sich der Feuergott und das Feuer der Sonne und 
der Gestirne befindet. Das Zeichen Sonne—Nacht sowie die an den 
Seiten schwarze, in der Mitte rote Gesichtsbemalung findet sich bekanntlich 
(Codex Borgia 62) auch bei dem Windgott und Morgenstern Quetzal- 
couatl, der überhaupt in der Tracht vieles mit den Pulquegöttern ge- 
meinsam hat. Bei den Cora ist ja auch der Morgenstern Hätsikan der 
Gott des Weines. 

Endlich sei auf die blutrote mit Sternaugen besetzte Schlange auf- 
merksam gemacht, die im Codex Borgia 66 neben der Erd- und Mond- 
göttin Teteoinnan an Stelle der beiden als olin verschlungenen Gestalten 
des Aubinschen Tonalamatls (Abb. 4a) steht. Diese Schlange ist nämlich 
sehr häufig die Begleiterin dieser Göttin, befindet sich im zerrissenen 
Zustand neben Xolotl, dem Gott des Ballspielplatzes (Codex Borgia 65) 
und überhaupt da, wo es sich um Opfertod der Sterngötter handelt, z. B. 
auf dem Ballspielplatz Codex Borgia 21, ferner 19 usw. Es scheint, dass 
diese besondere Schlange ebenfalls zu dem Feuer der Region der Mitte, 
zu der Verbindung von Himmel und Unterwelt in der Mitte der Welt 
in Beziehung steht. 

Freilich wäre es sehr viel besser, wenn wir über diese Figuren der 
Bilderschriften wenigstens bescheidene Angaben der Mexikaner hätten. 
Dann hätten wir doch einen festen Anhaltspunkt und brauchten nicht 
Vermutungen nachgehen, die nur durch den blossen Zusammenhang der 
Figuren gestützt werden. An diesem einen Beispiel der Opferblutschale 
können wir sehen, wie sehr uns erklärende Angaben der Eingeborenen 
helfen. Wie unendlich viel bleibt aber noch übrig, wo Erklärungen so 
überwiegend Kombinationen darstellen, dass es kaum lohnt, darüber Ver- 
mutungen zu äussern. 


Sitzung vom 29. April 1911. 


Vorträge: 


Hr. Emil Carthaus: Ergebnisse der Ausgrabungen in der Veledahöhle bei 
Velmede a. d. Ruhr. Mit Lichtbildern. 

Hr. Max Moszkowski: Die Stämme am Flusslaufe des Mamberamo in 
Holländisch - Neu- Guinea und auf den vorliegenden Inseln. Mit Licht- 
bildern. | 


Vorsitzender: Hr. Hans Virchow. 


(1) Neue Mitglieder: 

Hr. Fritz Berwerth, stud. phil., Wien, 

Hr. Dr. Emil Carthaus, Geologe, Halensee, 
Hr. Dr. Dill, Zahnarzt, Basel, 

Hr. Dr. Gensen, Arzt, Berlin, 

Hr. Dr. Wilh. Hertz, Arzt, Charlottenburg, 
Hr. Max Krause, Berlin, 

Hr. Dr. phil. Otto Lipmann, Neubabelsberg, 
Hr. O. Luckmann, Oberlehrer, Spandau, 
Museums- Gesellschaft Arnstadt in Thüringen, 
Hr. Dr. Ernst Scheffelt, Berlin, 

Hr. Otto Schlüchterer, Wilmersdorf, 

Hr. Dr. J. Stoller, Kgl. Geologe, Berlin. 


(2) Hr. Seler ist zum Direktor des Internationalen Archäologischen 
Institutes in Mexiko für das erste Jahr des Bestehens dieses Institutes 
ernannt. Das Institut ist gegründet für amerikanische Altertums- und 
Völkerkunde; es wird von den Vereinigten Staaten von Nordamerika und 
von verschiedenen europäischen Staaten, darunter auch Preussen, unter- 
stützt. | 


(3) Hr. Otto Schlaginhaufen hat die Professur für Anthropologie 
an der Universität Zürich erhalten. 


(4) Von unserem Mitgliede Hrn. Dr. Felix Speiser erhalten wir 
einige 
Mitteilungen von den Neuen Hebriden. 
Noumea, 8. März 1911. 
„Ich stehe vor der Rückkehr nach den Neuen Hebriden, nachdem ich 
mich in Noumea einige Wochen aufgehalten habe, teils uin die Regenzeit 
in den Neuen Hebriden einigermassen zu umgehen, hauptsächlich aber, 


am mit Herrn Dr. Fritz Sarasın zusammenzutreffen. 
Ə()* 


308 Sitzung vom 29. April. 


Nach Überwindung langweiliger Hindernisse — es waren hauptsäch- 
lich Diener- und Transportfragen — konnte ich nach Verlust von zwei 
Monaten meine Arbeit aufnehmen. Ich begann in Espiritu Santo, der 
grössten und nördlichsten Insel der Gruppe, und habe dort im Osten eine 
sehr gross gewachsene Bevölkerung gefunden, die jedoch bald völlig aus- 
gestorben sein wird. Neben vielen Photographien und Messungen konnte 
ich eine gute Anzahl Schädel und Skeletteile erwerben. 

Meine zweite Station war in Die Ba, Esp. S. Von dort machte ich 
eine Reise südlich ins Innere, in das Grenzgebiet der östlichen Rasse 
und einer sehr kleinwiichsigen Bergrasse (Mittel der Männer etwa 1520 cm), 
die im ganzen Gebirge von West Santo zu finden ist. Sie ist aber schon 
vermischt, und ich habe auf mehrfachen Durchquerungen des Gebirges 
kein reinblütiges Dorf mehr finden können. Von dieser höchst inter- 
essanten Bevölkerung habe ich viele Messungen, ziemlich viel Photo- 
graphien, aber leider keine Schädel. Diese Rasse ist es, die die ge- 
fiederten Pfeile herstellt; sie dürfte auch mit der Töpferei in Verbindung 
gebracht werden, wie solche in zwei Dörfern, aber in jedem nach einem 
anderen System, betrieben wird. 

Überall an der Küste fand ich dann noch fremde Typen, die wohl 
auf Mischung mit polynesischen Elementen zurückzuführen sind, wie denn 
überhaupt die Inselnatur des Archipels eine Rassenmischung ungemein 
begünstigt, eine Mischung, die vielerorts sehr weit vorgeschritten ist und 
meine Arbeit sehr erschweren wird. 

Ich habe ferner noch von der Südküste der Insel aus mehrere Ex- 
kursionen ins Innere unternommen, die aber wenig Neues zeigten. 

Dann war das Jahr zu Ende. Ich gedenke jetzt die anderen Inseln: 
Epi, Ambrym, Arba usw. zu besuchen und Mallicollo auf später zu ver- 
sparen. Vielleicht stattet mir gegen Ende des Jahres Dr. Fritz Sarasın 
einen Besuch ab und wir könnten dann selbander die interessante Insel 
durchstreifen. 

Ich beschränke meine Studien auf Anthropologie und Ergologie, und 
lasse Sprachen und abstrakte Fragen beiseite. Es wird in diesen Gebieten 
von den Missionaren ziemlich fleissig gearbeitet, ich könnte nicht Ähn- 
liches leisten.“ 


(5) Das Unterrichtsministerium hat wiederum der Gesellschaft 
gütigst eine Unterstützung von 1500 A für das laufende Jahr bewilligt, 
wofür an dieser Stelle verbindlichst gedankt sei. 


(6) Es liegt eine Anzeige des 16. Orientalistenkongresses vor, welcher 
in Athen von 7. bis zum 14. April 1912 stattfinden soll. 


(7) Hr. O. Hauser berichtet in einem Briefe 


Über die Ergebnisse seiner vorjährigen Ausgrabungen. 


JLaaugerie Haute, Les Eyzies, 6. April 1911. 
„Die Ausgrabungsarbeiten auf meinen paläolithischen Stationen fanden 
im vergangenen Jahre mit Mitte November ihren Abschluss; etwa 


Hauser: Ausgrabungen. 309 


810 Arbeitstage waren nötig zum Aufschluss der neuen Niederlassung 
La Rochette, Station 50, bei St. Leon sur Vezere und zur Fortsetzung der 
Grabungen in den Solutreenschichten von Badegoule (Station 54), im 
Acheulleen von Le Moustier und in der Magdalenienhalbhöhle von 
Longueroche. 

Trotz der Ungunst der Witterungsverhältnisse, wodurch die Arbeiten 
zuın Teil recht sehr erschwert wurden, blieben die Studienergebnisse sehr 
zufriedenstellend. 

La Rochette, mit seinem fast 150 m langen abri sous rouche, schien 
ursprünglich nur eine Aurignacienniederlassung zu sein; als ich dann 
aber zur genaueren Festlegung der stratigraphischen Verhältnisse unter 
der Aurignaciensohle Sondierungen vornehmen liess, traten zu meiner 
Freude in einem tiefer liegenden Horizont reine Mousterienartefakte zu- 
tage und unter diesem, steril getrennt, ein in seinen Werkzeugtypen herr- 
liches Acheulleen; wir haben somit hier Superpositionen von drei reinlich 
getrennten Epochen. Ähnlich wie auf La Micoque 1908 arbeite ich nun 
seit Wochen daran auch für La Rochette ein grosses Profil blosszulegen, 
das etwa 25 m lang und etwa 6—7 m hoch werden wird. Hier dürften 
in wenigen Wochen die Ablagerungen des Acheulleen, des Mousterien und 
des Aurignacien (dieses eventuell in zwei Phasen) deutlich gesondert zu 
sehen sein. 

Das Jahr 1910 brachte mir ausser dem schönen Solutreen-Inventar 
auch die Fragmente eines Kinderschädels auf Badegoule, in Le Moustier 
(44) ein menschliches Calottenbruchstück, auf La Rochette (im Aurignacien) 
mehrere isolierte menschliche Zähne und einige sehr gut erhaltene mensch- 
liche Extremitätenknochen. 

‘Durch einen glücklichen Zufall konnten im vergangenen Jahre die 
Landgüter de Lachapoulie und Leyssalles, d. h. die ganze Laugerie inter- 
mediaire und Laugerie haute, diese beiden letzten und bedeutendsten 
klassischen Stätten des Paläolithikums zu meinem Ausgrabungsgebiet hin- 
zuerworben werden. Damit wird es nun möglich sein, der Frage über 
die Stratigraphie des Solutreen volle Klarheit zu geben. — Wohl hatte 
die Erwerbung dieser Grundstücke einen Sturm gegen meine ganze Arbeit 
zur Folge; der Unterstaatssekretär der Schönen Künste erliess gegen 
mich ein dreimonatliches Grabungsverbot auf meinem eigenen Grund und 
Boden, ein „ballon d’essai“, der den glücklichen Erfolg hatte, noch immer 
weitere Kreise für die Prähistorie zu interessieren. Im übrigen habe ich 
mich offiziell mit dem Regierungsvertreter geeinigt und besteht für die 
ruhige Weiterführung meiner Arbeiten kein Hindernis. Der Gesetzentwurf 
betr.. die Ausgrabungen wird in der heute bestehenden Gestalt niemals 
angenommen werden können, weil er sowohl den Interessen aller fran- 
zösischen gelehrten Gesellschaften entgegensteht, als auch, in Frankreich 
niemals mögliche, Eingriffe in die Rechte der Grundeigentümer im Gefolge 
haben würde. 

Im Juli 1910 löste sich in der Laugerie intermédiaire der etwa 850 chm 
mächtige Felsblock los, der unmittelbar bei der Laugerie haute über den 
Solutreenschichten lag; er wälzte sich gegen die Strasse hin und liess uns 


310 Seler: 


nun einen Blick werfen auf einen abri-Vorplatz, der seit dem Solutréen 
nicht nur von keines Menschen Hand mehr berihrt, sondern der selbst 
nicht mal von Humus überdeckt worden ist, weil während der Besiedelungs- 
zeit der grosse Block sich auf den Platz stürzte, wo kurz vorher die 
_ Höhlenbewohner ihre Tierknochen aufgeschlagen und ihre Knochenwerk- 
zeuge hergerichtet hatten. Neben Silexmanufakten liegen da, natürlich 
gequetscht, alle möglichen Tierabfälle, gebrochene Knochenspitzen, 
„poinçons“ usw.; wir konnten alles so von der Stelle zusammenlesen, wie 
wenn der Werkplatz erst tagszuvor von Paläolithikern verlassen worden 
wäre! 

Im Juli dieses Jahres erscheint mein „Führer“ durch das Tal der 
Vézère: „Le Périgord Préhistorique“ mit einer Topographie aller seit 
1859 gegrabenen Stationen, mit einem Übersichtsplan über die Besiedelung 
des Tales (60 Stationen), mit Schnitten und Profilen und einem Literatur- 
verzeichnis über die speziell das Vezeretal behandelnden Publikationen. 
Diese kleine Arbeit wird jedem Touristen in der Dordogne willkommen 
sein und ihm die Übersicht über die Siedelungsverhältnisse in prähistori- 
scher Zeit wesentlich erleichtern. 

1910 hatte ich die Freude, zahlreiche deutsche Gelehrte hier be- 
grüssen und führen zu dürfen und ich hoffe, dass Viele auch in diesem 
Jahre meine Arbeiten zu besichtigen kommen möchten. Ich gestatte mir, 
ganz speziell die Herren der Berliner Anthropologischen Gesellschaft zu 
einem Besuche des Dordognetales zu ermuntern.“ 


(8) Manuskripte sind eingegangen von Herrn Walter Strzoda: „Die 
Li auf Hainan und ihre Beziehungen zum asiatischen Kontinent“ (ab- 
gedruckt S. 193 bis 236); Herrn L. Rütimeyer: „Über einige altertüm- 
liche afrikranische Waffen und Geräte und deren Beziehungen zur Prä- 
historie“ (abgedruckt S. 240 bis 260); Herrn Christian Leden: „Musik 
und Tänze der grönländischen Eskimos und die Verwandschaft der Musik 
der Polareskimos mit der der Indianer“ (abgedruckt S. 261 bis 270). 
Herrn Fritz Nötling: „Beiträge zur Kenntnis der archäolithischen Kultur 
der Tasmanier“. 


(9) Hr. Eduard Seler sendet einen 


Brief aus Mexico. 


Monte Cristo am R. Usumacinta 28. März 1911. 

Nach beinahe dreiwöchentlichem Aufenthalt in den Ruinen von 
Palenque, während dessen weder Briefe mich erreichten — Schuld 
allerdings des Geschäftshauses, dem wir Auftrag gegeben hatten, sie uns 
nachzusenden —, noch Nachrichten von der Aussenwelt zu uns kamen — 
ich glaube, die Revolution nimmt zu, und die Mächte denken daran, sich 
einzumischen —, sitzen wir hier in Monte Cristo, auf den Dampfer 
wartend, der uns flussabwärts nach Frontera und zurück nach der Haupt- 
stadt Mexico bringen soll. Denn auch über die Dampferabfahrten war, 
obwohl eine Art Postdienst besteht, in denı 12 Leguas entfernten Dörfchen 


Ruinen von Palenque. all 


Santo Domingo de Palenque nichts Sicheres zu erfahren, und ist schliesslich 
auch hier in Monte Cristo nicht mit Sicherheit in Erfahrung zu bringen. 
Aber Langeweile und Ärger treten zurück gegenüber der nachwirkenden 
Freude, dass ich endlich einen lang gehegten Traum meines Leben ver- 
wirklichen konnte, und dem Vielen und Schönen, was wir gesehen, und 
dem Vielen, was wir erreicht haben. 

Der Ausflug zu den Ruinen war als erste Exkursion der Internationalen 
Schule für Amerikanische Altertums- und Volkskunde gedacht, deren 
Leitung für das erste Jahr ich provisorisch übernehmen nıusste, obwohl 
die endgültige Entscheidung meiner Regierung noch ausstand. Es nahmen 
an ihr, ausser mir und meiner Frau, noch Dr. W. von Hörschelmann, 
der erste Stipendiat der preussischen Regierung für diese Schule, ferner 
Fräulein Ramirez-Castaneda, die von der Columbia Unviversity das 
Stipendium für dieses Jahr bekommen hat, und einer der Alumnen des 
Nationalmuseums, Herr Porfirio Aguirre, teil. Wir hatten uns in 
einem der beiden Mittelkorridore des Palastes installiert, und der intelligente 
und für das Wohl der Ruinen nach besten Kräften sorgende Subinspektor, 
Herr Benito La Croix, der schon mit Maudslay während der ganzen 
Zeit von dessen Aufenthalt zusammengearbeitet hat, war uns nicht nur 
ein liebenswürdiger Führer, sondern hatte auch, in durchaus ausreichender 
Weise, die Sorge für unsere Verpflegung usw. übernommen. 

Die erste Empfindung, die der Anblick dieser Ruinen in dem Be- 
schauer auslöst, ist die des Bedauerns über ihren traurigen Erhaltungs- 
zustand. Und zwar hat hier, wie immer, der Mensch zerstörender gewirkt, 
als die tropische Natur. Es ist gewiss richtig, dass die Wurzeln der 
Urwaldbäume die Mauern der Gewölbe und die Wände zersprengen, aber 
sie halten auch die Trümmer wie mit gewaltigen Klammeru zusammen, 
und der tiefe Schatten des Urwalds schützt vor der Ansiedlung neuer, 
Sprengkolonnen in den Boden sendender Gewächse und vor den schäd- 
lichen Wirkungen der Temperaturschwankungen. Es ist sehr wahr- 
scheinlich, dass die Bauwerke von Palenque in ihrem bildnerischen 
Schmuck noch ziemlich intakt waren, als um die Mitte des achtzehnten 
Jahrhunderts die Ruinen von einer Abteilung Spanier von der Laguna de 
Carmen entdeckt wurden. Aber da kam in den achtziger Jahren des 
achtzehnten Jahrhunderts der Kapitän Antonio del Rio mit einer Ab- 
teilung Dragoner und im Auftrage der Mediocia de Guatemala, die 
Ruinen, von denen der Regierung berichtet worden war, zu untersuchen, 
und er begann damit „rein“ (limpio) zu machen, d.h. die Bäume zu 
fällen und das Holz, nachdem es in der Sonne getrocknet, in Brand zu 
setzen. Und durch diesen gewaltigen Brand zersprangen die kostbaren 
Stuckornamente, die Figuren, Symbole und Hieroglyphen, die die Flächen 
der Wände und der Pfeiler bedeckten, so dass wir an den traurigen Resten 
heute nur noch ahnen können, welche Schönheit hier zugrunde ging. Und 
nicht genug damit, überall in den Tempelzellen und den wichtigeren der 
Korridore brach er den Boden auf, um nach Schätzen zu suchen. In den 
Korridoren des Palastes hat Maudslay den Boden wieder herstellen 
lassen, aber vor den Altarplatten der fünf berühmten Tempel und in den 


312 Seler: 


Fussböden der andern Häuser gähnen noch überall die gewaltigen Löcher, 
von den Bruchstücken der. Fussbodenplatten in unordentlichen Haufen 
umgeben. Die verschiedenen Expeditionen, die hinterher gekommen sind, 
haben den Hochwald bis auf einzelne gewaltige Exemplare, von der Haupt- 
masse der Ruinen entfernt. Aber das Gestrüpp der Bruchfelder, das in 
wenigen Jahren zu doppelter Mannshöhe emporwächst, hat seine Stelle 
eingenommen. Und die Seiten der Pyramiden und der Terrassen, die 
Höhe und die flachen Prismen der Dächer sind heute von einer licht- 
grünen Vegetation bedeckt, die die Formen verdeckt, und durch die man 
erst mit dem Machete sich den Weg bahnen muss. Gewaltig und ernst 
erhebt sich dahinter, die Höhen emporziehend, der Wald dunkelgrün, 
in verschiedenen Schattierungen, aber aufgehellt durch die mit gelben, 
roten, weissen Blüten überschütteten Kronen verschiedener Waldbäume, 
die gerade jetzt, in der kurzen Zeit der Trockenheit, ihre Blütenfülle 
entwickeln —, ein Bild von unbeschreiblicher Schönheit. 

Wir begannen damit, die Anlage und den Bau der verschiedenen 
Gebäude, die ja durch Stephens, durch die schöne Arbeit von Holmes 
und die grossartige Publikation Maudslays bekannt genug sind, ein- 
gehend zu studieren, dabei auch auf Einzelheiten Gewicht legend, wie die 
Schnurlöcher an den Türen, dem oberen Rande der Wände und dem 
unteren Rande der Dächer, die offenbar für Vorhänge und Wand- 
bekleidungen gedacht sind. Mit besonderer Sorgfalt studierten wir den 
sogenannten Palast, einen Komplex verschiedener und wohl auch aus 
verschiedenen Zeiten stammender Bauwerke. Ein besonderer und wesent- 
licher Teil dieses Komplexes ist das Subterrarium, das die ganze Süd- 
seite der Palastterrasse einnimmt, und zu dem drei lange, nahe dem Ein- 
gange winklig gebrochene Gänge hinabführen. — Von den grossen Altar- 
platten von Palenque, vom Sonnentempel, den beiden Kreuztempeln, dem 
Inschriftentempel oder Templo de las leyes, wie er hier genannt wird, 
und anderen besitzen wir durch Desire Charnay Abgiisse. Aber wir 
sind eifrig bemüht gewesen, auch von den kleineren Reliefen, den Hiero- 
glyphenplatten usw. Abklatsche zu machen, und es ist uns sogar gelungen, 
von den interessanten Reliefen, die die Torbögen der Eingänge in das 
Subterrarium schmücken —, Reliefe, die niemals abgeklatscht, noch ge- 
zeichnet worden sind —, zwei der schönsten und besterhaltenen ab- 
zuklatschen. Eine Kiste mit etwa 30 Abklatschen ist gepackt und zur 
Versendung bereit. Eine besondere Freude wurde uns in einem Bauwerke 
des Palastkomplexes, das etwas niedriger als die andern gelegen ist, und 
wohl zu den ältesten Bauten des Palastes gehört. Es ist ein von Norden 
nach Süden sich erstreckender Doppelkorridor. In dem östlichen der 
beiden Korridore befindet sich an der Innenseite der Nord- oder Eingangs- 
wand das Himmelsschild mit den beiden Drachen- oder Ah bolon tz’acab- 
Köpfen an den Enden, das eine Parallele zu der Hauptdarstellung auf 
der berühmten Cedrela-Holzplatte von Tikal bilde. In dem westlichen 
der beiden Korridore führt an dem Südende der erste der drei Eingänge 
in das Subterrarium hinab. Auf der Innen- und der westlichen Aussen- 
wand dieses Korridors bemerkten wir Reste von Malereien. Deutlich 


Ruinen von Palenque. 313 


waren auf einem Stiicke des Karniesses, der sich unmittelbar unter der 
unteren Gewölbkante der Innenwand hinzieht, Hieroglyphen im Stile der 
Dresdener Handschrift. Bei vorsichtiger Untersuchung ergab sich, dass an 
der ganzen Innenwand dieses Gemaches verschiedene Stuckschichten über- 
einander lagerten, deren jede eine besondere Bemalung trug —, eine 
Tatsache, die übrigens schon Stephens aufgefallen ist. Es sind zum 
mindesten drei verschiedene bemalte Schichten nachzuweisen: — eine. 
tiefste, mit bunten Ornamenten, von der ich gleich sprechen werde, eine 
zweite Schicht, die rote Wandbemalung mit schwarzen Ornamentlinien 
und einzelnen grossen, farbigen Symbolen zeigt, und eine jüngste Schicht, 
auf der, wie es scheint, ausschliesslich Hieroglyphen im Stile der Dresdner 
Handschrift, zum Teil auf blauem Fond, von roten Linien eingefasst, wie 
auf den Blättern 61 und 69 der Dresdener Handschrift, zur Dekoration 
verwendet waren. Von diesen drei Schichten scheinen die beiden jüngeren 


Abb. 1. Abb. 2. 


auf der Aussenwand nur partiell vertreten zu sein, z. B. die jüngste, die 
Hieroglyphenschicht, nur auf der Innenseite der Türwände und einem 
schmalen Streifen ausserhalb jederseits des Türeingangs; die zweite 
vielleicht nur durch eine gleichmässige dünne rote Wandbemalung. Jeden- 
falls bekamen wir auf der Aussenseite beim vorsichtigen Entfernen der 
mit grüner Algenvegetation bedeckten äussern Schicht gleich die Malereien 
zu sehen, die auf den Innenwänden die tiefste Schicht unter der roten 
und der Hieroglyphenbemalung bildete, und die glücklicherweise an einer 
Stelle der Innenwand durch natürliches Abbröckeln freigelegt worden war. 
In kurzer Zeit gelang es uns, auf der Aussenwand vier lange, über die 
ganze Wand sich erstreckende Horizontalreihen von je 20 in bunter 
Malerei ausgeführten Ornamentbildern freizulegen. Diese Ornamentbilder, 
die also den ältesten bis jetzt bekannten Palenque-Stil zeigen, stellen 
Blumen, oder Kombination einer Blume mit einem Auge oder mit anderen 
figürlichen Elementen dar, eine Dekoration, die offenbar in engster Be- 
ziehung zu dem Zwecke dieses Gebäudes und vielleicht auch dem des 
Subterrariums, zu dem man durch dieses Gebäude gelangt, stehen. Jch 
gebe hier zwei der einfachsten dieser Bilder wieder. 


314 Seler: 


Mit diesen Reihen von Ornamentbildern waren an der Aussenwand 
ein, an der Innenwand zwei Friese verbunden, die in fortlaufenden Reihen 
das Ornament zeigen, das ich hier in dem dritten Bilde wiedergebe —, 
das bekannte Symbol des Auges, mit einer Pupille, einer Augenbraue 
oben und unten und einem roten Conjunctiva-Fleck, infolgedessen sowohl 
in dem rechten wie in dem linken Augenwinkel. 
Ich hatte glücklicherweise eine Quantität Pauspapier mitgenommen 
und habe alle Haupttypen dieser Ornamentbilder in natürlicher Grösse 
(etwa 30 cm) und in Farben kopieren können. Es sind gegen 24 Bilder. 
Dazu vier Bilder von dem Friese der Innen- und der Aussenwand und 
Pausen von den Hieroglyphen der jüngsten Schicht, auf dem Karniesse 
der Innenwand und auf der Aussenwand zur Seite des Türeingangs, wo 
eine Sinter-(Stalaktiten-)Schicht —, sonst der ärgste Feind der Reliefe 
und Malereien —, eine Partie der Hieroglyphensäule geschützt hatte. Ich 
glaube, dass man mit diesen in kurzer Zeit erlangten Resultaten zufrieden 
sein kann, und dass mit dieser ersten 

. Exkursion die Internationale Schule 
für amerikanische Altertums- und 
Volkskunde sich ganz gut einge- 
führt hat. 

Auf dem Herwege haben wir von 
Vera-Cruz aus, noch die Ruinen der 
alten Totonaken-Hauptstadt Cempo- 
allan besucht. Und auch dieser Aus- 
flug war nicht ohne Ergebnisse. Von 
der ganzen Anlage hat im Jahre 1890 
Francisco del Paso y Troncoso 
im Auftrage der mexikanischen Re- 

gierung und von einer Kompagnie Pioniere unterstützt, eine genaue 
Aufnahme gemacht. Aber dieser Plan ist ziemlich unbekannt geblieben. 
Mir waren schon in der Publikation Strebels in den Verhandlungen «er 
Hamburgischen Wissenschaftlichen Gesellschaft die eigentümlichen 
Malereien aufgefallen, die der eine dieser Tempel zeigte, der in Kassetten 
der Innen- und der Aussenwand mit in Mörtel eingesetzten tönernen 
Schädeln dekoriert war (eine Variation der bekannten Sternhimmel- 
verzierung der mexikanischen Bauwerke), und der deshalb unter den 
Leuten der Nachbarschaft als der „templo des las caritas“ bekannt ist. 
Jetzt konnte ich konstatieren, dass dieser Tempel, dessen Fassade 
nach Osten gerichtet ist, ringsum an den Innen- und Aussenwänden, unter 
den Kassetten mit den Tonschädeln, mit Bildern geschmückt ist, die ab- 
wechselnd das Symbol des Mondes und eine eigentümliche Figur zeigen 
die im Zentrum ein grosses, von einem roten Ringe umgebenes Auge 
trägt, — ein Auge, das sich aber bei näherer Betrachtung als das Schläfen- 
loch des mexikanischen Schädelbildes entpuppt, und das der Sitte, die 
Schädel der Geopferten auf Querstangen zu reihen, seinen Ursprung 
verdankt. Nur in der Mitte der ganzen Reihe alternierender Bilder, genau in 
der Mitte der Hinterseite des Tempels, ist ein schönes Sonnenbild zu sehen. 


Ruinen von Palenque. | 315 


Das Bild des Mondes zeigt den gelben Nasenring, mit blauer 
Farbe (Wasser) gefüllt, darin aber statt des Kaninchens das 
Bild eines Steinmessers, ein Mondbild, das aus dem Codex 
Nuttall und anderen Handschriften wohl- bekannt ist. Es unter- 
liegt mir keinem Zweifel, dass dieser nach Osten gerichtete und mit 
Schädeln geschmückte Tempel ein Tempel des Mondes war. 

Von Frontera aus haben wir die im Urwalde vergrabenen Ruinen 
einer alten Stadt besucht, von der bisher nur durch den verstorbenen 
Dr. Berendt, d. h. durch Brinton, der die Notiz darüber in Berendts 
hinterlassenen Papieren fand, weiteren Kreisen etwas bekannt geworden 
ist. Die Bauten bestehen hier ausschliesslich aus Erde. Denn in dem 
ganzen Mündungsgebiet des Rio de Grijalva und Ummacinta ist weit und 
breit kein Stein zu finden. Aber den in bestimmte Formen gebrachten 
Erdbauten hat man durch Überkleidung mit einem harten Mörtel Festigkeit 
und Formbeständigkeit gegeben. 

Hier in der Nähe werden auch verschiedene Dinge gefunden. Wir 
sahen einen schönen Tonbecher yukatekischer Form; Perlen und Figürchen 
aus jadeitähnlichem Stein, und aus dem eine Tagereise flussabwärts ge- 
legenen Jonuta sind Tonfigürchen und das schönste Maya-Relief, das ich 
kenne —, es befindet sich jetzt im Nationalmuseun in Mexico — bekannt 
geworden. Aber die Verbindung mittels der nur alle zehn Tage regel- 
mässig gehenden Flussdampfer ist zu unsicher, so dass wir, da die Zeit 
drängt, wohl gleich bis Frontera hinunter und von dort mit dem ersten 
Dampfer nach Vera-Cruz und Mexico zurückgehen werden. 


(10) Hr. Emil Carthaus hält den angekündigten Vortrag 


Ergebnisse der Ausgrabungen in der Veledahöhle bei Velmede a. d. Ruhr. 


Der Vortrag wird in der Prähistorischen Zeitschrift erscheinen. 


(11) Hr. Max Moszkowski hält den angekündigten Vortrag 


die Völkerstämme am Mamberamo in Holländisch-Neuguinea und auf 
| den vorgelagerten Inseln. 


Ich habe Ihnen über eine Expedition zu berichten, die ich im vorigen 
Jahre nach Holländisch-Neuguinea zur Erforschung des Stromlaufes des 
Mamberamo und seiner Bewohner unternommen habe. Die Expedition 
ist geschehen im Auftrage der Baessler Stiftung, die ein Drittel der Kosten 
getragen hat, und mit hochherziger Unterstützung der Herren Robert 
und Franz von Mendelssohn, denen ich auch an dieser Stelle meinen 
tiefgefühltesten Dank aussprechen möchte. Des weiteren habe ich zu 
danken Herrn Paul Staudinger, für seine weitgehende moralische 
Unterstützung und freundliche Empfehlung; Sr. Exzellenz Baron Gevers, 
dem niederländischen Gesandten in Berlin, Sr. Exzellenz dem Herrn 
Generalgouverneur von Niederländisch-Indien, dem Herrn Residenten 
von Ternate und ganz besonders dem Herrn Assistent-Residenten von 
Hollandisch-Nord-Neuguinea in Manokuari, Herrn van Osterzee. Nicht 


316 Moszkowski: 


minder gebührt mein Dank Herrn van Koestfeld, dem Kommandanten 
des Gouvernements-Dampfschiffs Pelikan, dem Herrn Kontrolleur Schmidt 
in Manokuari und dem verdienten Leiter der Utrechter Missionsgesell- 
schaft zu Doreh, Herrn van Hasselt, sowie endlich dem Norddeutschen 
Lloyd und Kapitän Minsen vom R. P. D. Manila. 

Ich bitte mir einige geographische Vorbemerkungen zu gestatten. 
Der Mamberamo, der grösste Strom von Niederländisch-Nord-Neuguinea 
mündet unter 137° 50° östlicher Länge, 1° 26° südlicher Breite bei Kap 
d'Urville in den Grossen Ozean. Bis zum Jahre 1910 war vom Mamberamo 
nur der Unterlauf bis zu den Stromschnellen im van Rees-Gebirge 
bekannt. Die Aufnahme des Oberlaufes bis zum Zentralgebirge ist im 
Jahre 1910 zuerst von einer holländischen Militérexpedition unter 
Franssen-Herderschee und dann unabhängig davon, ohne deren Resultate 
zu kennen, und noch weiter stromaufwärts von mir gemacht worden. Der 
Mamberamo entspringt mit wahrscheinlich drei Quellfliissen aus dem 
Schneegebirge Neuguineas. Der östlichste, der Ostfluss, kommt mit zieni- 
licher Sicherheit von der Wilhelminenspitze; die von der Grenzexpedition 
geäusserte Ansicht, er könne im Zusammenhang mit dem von der Grenz- 
expedition entdeckten sogenannten Kehrumflusse in Verbindung stehen, ist 
sicherlich falsch, wie ich dies bei anderer Gelegenheit des näheren ausführen 
werde. Der zweite Quellfluss, der Südfluss, kommt aus der Umgebung der 
Karstenspitze, der dritte, der Westfluss, harrt noch seiner Entdeckung. Der 
Mamberamo, oder vielmehr der Südfluss, fliesst erst etwa 75 km innerhalb 
des Zentralgebirges in ungefähr südnördlicher Richtung, wendet sich dann 
nach Westen, dabei die einzelnen Ketten des Zentralgebirges dicht an 
ihrem Fusse begleitend, um schliesslich an der Einmündungsstelle des 
Ostflusses wieder nach Norden abzubiegen. Er durchbricht dann das van 
Rees-Gebirge auf eine Strecke von 60 km, bildet hier zuerst die von mir 
sogenannten Baessler-Schnellen, wo er in seiner ganzen, ungefähr 125 hm 
betragenden Breite über etwa 23 Treppen herunterstürzt, windet sich dann 
zwischen den steilen Wänden des von ihm durchgesägten Gebirges, überall 
zahlreiche kleine Stromschnellen bildend, hindurch, bildet dann die so- 
genannten Edi-Schnellen, nach dem Kriegsschiff Edi, das sie zuerst ver- 
messen hat, so genannt. Dies ist der mächtigste Schnellenkomplex des 
Mamberamo, und hier bin ich, wie Ihnen wahrscheinlich bekannt sein 
wird, auf der Bergfahrt gescheitert, und habe dabei meine sämtlichen 
Effekten, Waffen und Ausrüstung verloren, und im wahrsten Sinne des 
Wortes nur das nackte Leben gerettet. Einige Kilometer weiter nördlich, 
bildet er den dritten und letzten Schnellenkomplex, die sogenannten 
Marineschnellen. Von hier aus bis zu der etwa 26 km nördlich liegenden 
Havik-Insel, bildet der Fluss noch eine Menge kleinerer Schnellen, 
dann verbreitert er sich allmählich, die Berge werden niedriger, und 
endlich tritt er in die grosse Küstenebene, die seinen Uuterlauf be- 
gleitet, ein. Sowohl diese Küstenebene, wie die zwischen Zentralgebirge 
und van Rees-Gebirge befindliche Ebene sind alluvialen Ursprungs und 
in ihrem Charakter ziemlich gleich. Auf das hügelige Vorland mit Hoch- 
wald folgt eine Zone, die ich Pandanazeen-Zone nennen möchte, weil im 


wem 


KE 
TA, eee, ee ee e, eee Oe 


Völkerstämme in Holländisch-Neuguinea. 317 


Strandwald hier Pandanazeen vorherrschen. Wenn man etwa 100 m land- 
einwärts geht, beginnt sofort dichter, reichlich mit Sagopalmen bestandener 
Sumpf. Mit den Pandanazeen wechseln sich ab, grosse mit wildem Zucker- 
rohr bewachsene Strecken. Die Mangroven-Zone beginnt 30 km südlich 
der Mündung. Am Meeresufer selbst ist der charakteristischste Baum 
die zierliche Strandkasuarine. Bezeichnend für den ganzen Stromlauf des 
Mamberamo ist sein ausserordentlicher Reichtum an Sagopalmen. Was. 
die Erschliessung des Mamberamo bis jetzt so sehr schwierig gemacht 
hat, sind vor allen Dingen die dort herrschenden Krankheiten; nach 
Ausspruch eines holländischen Gelehrten ist der Mamberamo durch eine 
Schranke von Beri-Beri und Malaria gesperrt. 

Auch die grosse holländische Expedition, von der ich Ihnen eben 
erzählte, ist durch eine furchtbare Epidemie von Beri-Beri und Malaria, 
von der fast sämtliche Teilnehmer an der Expedition mit Ausschluss 
der mitgeführten Papuas ergriffen wurden, schwer geschädigt, und zur 
Umkehr genötigt worden. Wie Sie wissen, ist es mir gelungen durch 
eine Reihe prophylaktischer Massnahmen meine kleine erst aus sieben, 
später aus zehn Mann bestehende Expedition sowohl vor der Beri-Beri, 
wie vor der Malaria vollständig zu bewahren, so dass ich während meines 
achtmonatlichen Aufenthalts am Mamberamo nicht einen Mann verloren 
sondern alle Teilnehmer wieder heil und gesund in ihre Heimat zurück- 
geführt habe. Das zweite Hindernis ist die Ernährungsfrage. Es ist mir 
währeud eines grossen Teils der Expedition möglich gewesen, vom Lande, 
also von den Gartenfrüchten der Eingeborenen und vom eingetauschten 
Sago und der Jagd zu leben. Es war dies nur möglich, infolge der 
Kleinheit der Expedition und dadurch, dass ich scheinbar gut verstanden 
habe, mir das Vertrauen und die Sympathien der Eingeborenen zu er- 
werben, so dass ich stets in lebhaftester Fühlung mit ihnen bleiben 
konnte. 

Die Stämme am Flusslauf des Mamberamo müssen scharf in zwei 
grosse Kategorien geteilt werden, die natürlich unter sich wieder in eine 
Reihe von Unterklassen zerfallen. Es sind dies erstens die Küsten- 
stimme, und zweitens die Inlandstämme. Beide sind sowohl anthropo- 
logisch wie ethnologisch bisher unerforscht, die Inlandstämme überhaupt 
gänzlich unbekannt gewesen. Die Küstenstämme sind zum grossen Teil 
erst in den letzten Jahrzehnten nach dem Mamberamo eingewandert. Sie 
stammen von den Inseln im Norden der Geelvink-Bai, besonders den 
Schouten-Inseln und den Padeido-Inseln. Augenblicklich sitzen letztere 
direkt in der Mündung des Mamberamo und nennen ihr Dorf auch 
Padeido oder Paraido, d und r wird bei den Leuten ja häufig verwechselt. 
Die Leute zeichnen sich aus vor allen Dingen durch ihre kolossale Haar- 
mahne, die in den mannigfachsten Frisuren aufgesteckt wird. Es ist 
sehr interessant, dass diese Haare durchaus nicht immer den ulotrichen 
Charakter haben, wie wir das bei Papuahaaren gewohnt sind. Es kommen 
besonders bei diesen Leuten auf den Biak und Padeido sehr häufig Haare 
vor, die ihrer Form nach direkt an das cymotriche Haar der Wedda- 
Stämme erinnern, und das ist nicht der einzige Anklang mit den Wild- 


318 Moszkowski: 


stämmen Hinterasiens, die man bei den Inselbewohnern der Geelvinkbai 
und an der Mamberamo-Mündung findet. Hierfür spricht ferner der 
ausserordentlich zierliche, geradezu grazile Knochenbau, kleine Hände 
und Füsse, die verhältnismässig kurzen Extremitäten, im Vergleich zum 
Oberkörper und die Kleinwüchsigkeit — nur wenig Leute sind über 156 
ein grosser Prozentsatz unter 150 gross —, auch die für die Wildstimme 
charakteristische konvexe Oberlippe findet man hin und wieder. Die 
Sprache der Küstenstämme gehört zum malaio-polynesischen Sprachstamm. 

Aus allen diesen Gründen neige ich 
zu der Annahme, dass die Inselwelt der 
Geelvinkbai ursprünglich von prä- 
malaiischen Wildstämmen, nach Art der 
Wedda, Sakai, Senoi und Toala be- 
wohnt worden sind, und dass die heutige 
Bevölkerung ein Resultat der Kreuzung 
zwischen diesen Wildstämmen und zu- 
gewanderten melanesischen Stämmen 
ist. An der Westküste der Geelvinkbai, 
wie in ganz Nordwest-Neuguinea über- 
haupt, kommt dazu ganz zweifellos noch 
eine spätere echt malaiische Zu- 
wanderung. 

Ich darf dabei gleich ein paar Worte 
über die Sprachen einfügen. Die ver- 
breitetste Sprache an den Küsten der 
Geelvinkbai, gewissermassen das dortige 
Französisch, dasvon allen Inselbewohnern 
verstanden wird, ist das Numfor, so 
genannt nach der Insel Numfor. Südlich 
davon, bis herunter zur Südküste, am 
Mac Kluer-Golf wird windessi gesprochen. 
Die Insel Jappen hat ihren eigenen 

Abb. 1. Séréni (Padeaido-Inseln). nile ; 
Wedda-Typ. Auf den Schouten-Inseln, in der 
westlichen Hälfte wird numfor ge- 
sprochen, auf der Insel Biak ein eigener Dialekt, ebenso auf den Padeido- 
Inseln. Die Inlandstämme sprechen davon gänzlich verschiedene, wahr- 
scheinlich echte Papuasprachen. 

Die Farbe der Haare ist schwarz, doch schimmern sie beim durch- 
scheinenden Licht oft rötlich. Das rote Pigment ist ja, wie wir schon 
lange wissen, dem brünetten Typus viel verwandter als dem blonden (rot- 
blondes Haar der Juden). Bei einigen Individuen tritt sogar das schwarze 
Pigment zugunsten des roten soweit zurück, dass das Haar direkt rot 
erscheint. Rote Haarfarbe entspricht offenbar sehr dem Schönheitsideal 
der Inselstämme, denn sie rufen rotes Haar oft auch künstlich durch 
Kalk, sowie durch Färben mit einer in der Nähe der Humboldts-Bai 
gefundenen roten Erde — tanahmera — hervor. Das schwarze Pigment 


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Völkerstämme in Hollindisch-Neuguinea. 319 


pflegt beim Ergrauen der Haare eher zu verschwinden als das rote, und 
so habe ich oft Männer gefunden, deren Barthaar von derselben schmutzig- 
gelben Farbe war, wie wir dies häufig bei ergrauenden rotblonden 
Europäern sehen. Kahlköpfige Individuen habe ich bei Leuten mit rein 
melanesischem Haar recht häufig, bei Leuten mit der grossen Mähne, 
meiner Erinnerung nach, eigentlich niemals gesehen. 

Grauköpfige Männer sieht man 
ziemlich häufig, grauhaarige Frauen 
seltener. Das kommt daher, dass 
die Frauen durchschnittlich, aus 
leicht begreiflichen Gründen, früher 
sterben wie die Männer. 

Bart kommt bei den Papuas 
der Küste in schon verhältnis- 
mässig jungen Jahren zum Vor- 
schein. Die Barttracht ist bei den 
verschiedenen Stämmen ganz ver- 
schieden. Während z. B. Leute 
von Sowek und Biak sehr gern 
Schnurrbart und oft auch eine 
Fliege tragen, pflegen die Paraido- 
Leute sich zu rasieren und jedes 
Messer, was man ihnen gibt, wird 
erst darauf geprüft, ob es gut 
rasiert. Das Rasieren erstreckt 
sich übrigens nicht nur auf das 
Gesicht, sondern auch die übrigen 
Körperhaare, allerdings mit Aus- 
nahme der Schamhaare, werden 
gern abrasiert. Ursprünglich ist 
die Behaarung der Papuas nämlich 
eine recht erhebliche und nur durch 
die Sitte des Rasierens wird man 
oft getäuscht. 

Die Stirn ist ausserordentlich 
hoch, 50 und sogar 60mm sind keine Abb. 2. Merongai (Kerudu). 
Seltenheit. Die Kopflänge schwankt 
zwischen 180 und 200, die Breite zwischen 140 und 150, die Ohrhöhe um 
120 herum, der durchschnittliche Schädelindex ist etwa 76. Das Gesicht 
ist schmal, Jochbogenbreite 136—140, Unterkiefer etwa 95. Die Nase 
der Küstenstämme ist verhältnismässig schmal. Im Durchschnitt ist die 
Breite 2—3 cm, die Höhe etwa 2. Der Nasenrücken ist oft scharf und 
hakenförmig gekrümmt. Die Lippen sind schmal, die Unterlippe etwas 
aufgeworfen. Die Muskulatur der Küstenbevölkerung ist verhältnismässig 
schwach entwickelt, besonders die Wadenmuskulatur ist fast gar nicht 
vorhanden. 

Die Augen liegen sehr tief, die Arcus superciliares sind sehr stark ent- 


320 Moszkowski: 


wickelt und meist mit sehr buschigen kräftigen Augenbrauen versehen. 
Die Farbe der Augen ist braun, dunkelbraune Augen sind an der Küste 
sehr selten, dagegen findet man verhältnismässig häufig hellbraune Augen. 
Bei sehr vielen Individuen habe ich einen schmalen blauen Ring um die 
Iris ganz deutlich erkennen können. Die Konjunktiva ist oft ganz leicht 
gelblich. 

Die Hautfarbe variiert ausserordentlich stark, doch ist sie an der 
Küste ganz erheblich heller wie bei der Binnenbevölkerung. Bei den 
Leuten auf Biak habe ich hin und wieder geradezu hellrote Leute ge- 
sehen. 

Küsten- und Inlandstämmen gemeinsam ist die ausserordentlich 
blühende Phantasie und das starke Temperament. Ich habe in meinem 
ganzen Leben noch nicht soviel Lügen gehört wie in Neuguinea, und 
zwar haben die Leute meist gar nicht das Bewusstsein, dass sie lügen. 
Ihre ungezügelte, durch keinerlei äussere oder innere Hemmungen ge- 
regelte Phantasie hebt sie über alles Mass und Ziel hinaus. Alles ist 
ungeheuer gross, ungeheuer viel. Sie sprechen mit Händen und Füssen, 
mit Hals und Kopf, mit dem ganzen Körper. Werfen sich auf die Erde, 
um anzuzeigen, dass einer tot ist, klopfen laut schallend auf die Stelle, 
wo sie das Schwein oder den Kasuar getroffen haben; auch bei ganz 
gleichgültigen Dingen sprechen sie laut und erregt, so dass man die 
Hälfte ihrer Erzählungen aus den Gesten verstehen kann. Die Sprache 
hat einen rauhen, heiseren Klang, ganz ähnlich wie ich das bei den 
Wedda in Ceylon beobachtet habe. Gewöhnlich erzählt einer, und dann 
wiederholen die andern genau dieselben Worte in genau demselben Tonfall, 
mit genau denselben Gesten ein oder mehrere Male. Sie versprechen 
Gott und die Welt, halten ihre Versprechungen aber nie. Ausserordentlich 
entwickelt ist der musikalische Sinn. Sie singen sehr viel, fast zu jeder 
Arbeit, auch zum Rudern, mit sehr hübscher wohllautender Stimme, und 
sind ausserordentlich befähigt, europäische Melodien nachzusingen. So ist 
es gekommen, dass beispielsweise in Doreh die einheimischen Melodien 
fast ganz verdrängt worden sind und man überall nichts anderes hört 
wie — deutsche Volkslieder. Auch die gegenseitige Verständigung auf 
grosse Entfernungen geschieht musikalisch. Die von der erfolgreichen 
Jagd zurückkehrenden Leute teilen ihre Jagdbeute schon weit draussen 
im Walde durch einen ganz bestimmten Gesang mit, ebenso wird die 
Ankunft von Freunden oder Feinden durch ganz bestimmte Gesangs- 
strophen vermittelt. Wenn ich mich z. B. im Binnenlande einem Dorfe 
näherte, so stiessen meine Begleiter stets ganz bestimmte Laute aus. An 
Musikinstrumenten besitzt die Küste nur Trommeln von Sanduhr- oder 
Kesselpaukenform, die mit Haifisch oder Leguanhaut bespannt sind und 
vor dem Gebrauch am Feuer angewärmt werden müssen, und Maul- 
trommeln. 

Geradezu verblüfft hat mich die kolossale Intelligenz und das starke 
aetiologische Bedürfnis der Papua. Die Leute sind von einer Wiss- 
begierde, die erstaunlich ist. Sie trieben mit mir mindestens so ein- 
gehende ethnologische Studien wie ich mit ihnen. Es fragte mich z. B. 


Völkerstämme in Holländisch-Neuguinea. 321 


einer, woraus Schokolade gemacht wird, woher die Rohstoffe bezogen 
werden. Wer die Schokolade macht, ob Männer oder Frauen. 

Auch für die europäischen Sprachen zeigten sie grosses Interesse 
und eine bemerkenswerte Befähigung, vorgesprochene Worte richtig nach- 
zusprechen. Sie merkten auch schon nach kurzer Zeit, was ich von ihnen 
wissen wollte, und als wir zum Schluss sehr befreundet waren, machten 
sie mich ganz von selbst auf ihre Sitten und Gebräuche, ihre täglichen 
Verrichtungen aufmerksam. Zuerst freilich waren sie recht scheu und 
misstrauisch. Bei allem was ich tat, oder was ich ihnen zu essen gab, 
fürchteten sie, dass ich irgend eine Zauberei treiben wollte, an der sie 
sterben müssten. Irgendeine unvorsichtige Bemerkung, oft aber auch 
Dinge, über die ich mir gar keine Rechenschaft geben konnte, hielten sie 
manchmal tagelang von meinem Lager fern. In sehr starkem Wider- 
spruch zu ihrer sonstigen Intelligenz steht ihr geringer Zahlenreichtum. 
Die Leute von Paraido konnten nur bis 10 zählen, die von Pauwi, ein 
Stamm etwas weiter landeinwärts, sogar nur bis fünf. Dabei werden 
immer die Finger und die Hände mitbenutzt, und selbst bei Zahlen, für 
die sie ein Zahlwort haben, wurde immer die entsprechende Anzahl von 
Fingern gezeigt. Ob sie subtrahieren können, weiss ich nicht, addiert 
wird 1+1-+1-+ 1. Im Binnenlande gebrauchen einige Stämme die 
Namen der Finger als Zahlworte, andere haben ein Vierersystem, im 
Zentralgebirge endlich zeigen die Leute statt der Zahlen einfach soviel 
Finger. 

Die Kleidung der Küstenstämme besteht bei den Männern in einer 
Gürtelschnur, aus den Stengeln eines rankenden Farrnkrautes oder aus 
dünnem Rotan, und daran befestigt ein Schamschurz aus Bananenbast, 
der zwischen den Beinen durchgezogen und hinten wieder in den Gürtel 
gesteckt wird. Die Frauen tragen Schamtücher aus europäischen Stoffen. 
Als Schmuck tragen sie strohgeflochtene Oberarmbänder, oder solche aus 
Tridacna, Halsketten aus Glasperlen oder Muscheln, sehr häufig Schärpen 
aus Pflanzenfasern, die mit kleinen weissen Muscheln benäht sind, Ohrringe 
aus Muscheln oder Schildpatt, und zwar nicht nur in den Ohrlappchen, 
sondern auch oft, namentlich die Frauen, am ganzen äusseren Ohrrand bis 
oben hinauf. Ohrpflöcke habe ich bei den Küstenstämmen nicht gefunden. 
Ihr wichtigster Schmuck ist der Nasenpflock, mit dem irgendwelche aber- 
gläubischen Vorstellungen verknüpft sein müssen, die ich aber leider nicht 
habe herausbringen können. Weniger an der Küste, aber ganz besonders 
im Innern mag kein Eingeborener ohne Nasenpflock sein, ich glaube das 
ist ihnen genau so unangenehm, wie wenn unsereins in Hemdsärmeln in 
Gesellschaft erscheinen sollte. Wenigstens habe ich oft gesehen, dass die 
Leute, wenn sie mir einen Nasenpflock eingetauscht hatten, sich sofort 
den ersten besten Gegenstand den sie fanden, und wenn es ein zusammen- 
gedrehtes Stück Papier war, in die Nasenscheidewand steckten. 

Im Haar tragen sie einen Kamm, der aber sicher nur sekundär zum 
Schmuck geworden ist, primär dient er zum Kratzen, denn Läuse gehören 
zum Primitivmenschen, wie Seife zum Kulturmenschen. 

Ein Gebrauch, der nur an der Küste, niemals im Innern herrscht, ist 

Zeitschrift für Ethnologie. Jahrg. 1911. Heft 2. d 


322 Moszkowski: 


die Tätowierung; sowohl Männer wie Frauen tätowieren sich. Die Tatuage 
wird auf Gesicht, Stirn und Brust, hin und wieder auch auf dem Arm 
und dem Rücken angebracht. Die Tätowierung geschieht auf die übliche 
Weise, das Muster wird mit Fischgräten angelegt und dann mit Russ oder 
in manchen Fällen auch mit blauer Farbe eingerieben. Die Tatuage 
beginnt nicht vor dem 10. Lebensjahre, während die Durchbohrung von 
Nasen und Ohrknorpel oft schon im ersten Lebensjahre vorgenommen 
wird. Die eingeritzten Ornamente sollen das Bild eines Fisches dar- 
stellen. Es ist natürlich ausserordentlich stark stilisiert und nur noch am 
Fischschwanz zu erkennen. Ich besitze indessen ein Paar Muschelohrringe, 
auf denen eine kleine Zeichnung eingeritzt ist, die einen Fischfang vor- 
stellen soll. Auf dieser lässt sich sehr gut erkennen, dass es wirklich 
das Bild eines Fisches, wie ihn die .Eingeborenen zu zeichnen pflegen, 
ist, das als Urbild für die Tätowierung gedient hat. Mit diesem Fisch 
hat es seine eigene Bewandtnis. 

Nach dem Glauben der Küstenbewohner stammt nämlich das ge- 
samte Menschengeschlecht von einem grossen Fisch ab, der im Meere 
haust und darum, erzählte mir mein Freund Merongai, sagen die Eltern 
ihren Kindern, wenn sie 10 Jahr alt sind, nun musst du dir dieses Bild 
eingraben lassen, denn das ist dein Urgrossvater, und der muss wissen, 
dass du zu ihm gehörst. Ausser diesem allgemeinen Stammvater des 
Menschengeschlechtes, besitzen bei den Küstenpapua aber die einzelnen 
Familien noch ihre privaten Stammviter, die sie sich ebenfalls hin und wieder 
einzutätowieren pflegen. Als solche Totemtiere gelten Krokodil, Kasuar, 
Königsfischer usw. Natürlich sind diese Totemtiere den betreffenden 
Mitgliedern der Familie heilig, und dürfen nicht gegessen werden, sonst 
schwillt der Bauch an, die Haare fallen aus und der Betreffende muss 
sterben. Denn diese Tiere sind in früheren Zeiten die älteren Brüder 
des Menschen gewesen, sagt Merongai. 

Das Totem wird so gehandhabt, dass sowohl Leute, die demselben 
Totem angehören, als Leute von verschiedenen Totems sich heiraten 
dürfen. Die Kinder pflegen merkwürdigerweise beide Totems zu erben, 
und hier wird wohl mit einer der Gründe zu suchen sein, der bei den 
höheren Völkern nach und nach zu den bekannten, durch das Totem be- 
dingten Heiratsbeschränkungen geführt hat. Wenn ein Jüngling ein 
Mädchen heiraten will, so muss er es zuerst der Mutter sagen; kann er 
den nötigen Kaufpreis erlegen, so ist die Sache gut, die Heirat kann 
vollzogen werden. Der Kaufpreis besteht aus Messern, Tüchern, Schüsseln, 
und vor allen Dingen Tabak, der unter die Eltern und Verwandten der 
Braut verteilt wird. Die Hochzeit wird mit oft tagelang währenden 
Schmausereien und Tänzen gefeiert. In Doreh wird dann die Braut von 
einem Verwandten in das Haus des Bräutigams getragen. Dann folgen 
zehn Tobiasnächte. In Sowek wird die erste Nacht im rumbekoar (altes 
Haus) verbracht. 

Gehören die Brautleute verschiedenen Stämmen an, so verbringen sie 
das erste Jahr im Stammdorfe des Mannes Wird dann ein Kind ge- 
boren, so kommen die Verwandten der Frau, besuchen das junge Paar 


Völkerstämme in Holländisch-Neuguinea. 323 


und bringen dem Kinde Geschenke. Dann werden dem Kind Nase und 
Ohren durchbohrt; Schmausereien und Tänze beschliessen auch dieses 
Fest. Wenn das Kind entwöhnt ist, kehrt die Frau häufig in ihr Stamm- 
dorf zurück, manchmal nimmt sie ihr Kind mit, hin und wieder bleibt 
sie aber auch noch einige Jahre bei dem Manne. Kurz bevor das 
Kind mannbar wird, muss es zum Stamme der Mutter zurückgebracht 
werden, zu dem es unter allen Umständen gehört, und dessen Tracht es 
auch Zeit seines Lebens trägt, selbst wenn es, was häufig vorkommt, als 
erwachsener Mann wieder zum Stamme des Vaters zurückkehrt. Es 
lassen sich also bei den Küsten-Papua, und übrigens noch weit aus- 
geprägter im Innern, die ersten Anfänge des Maternats, wie ich sie bereits 
früher postuliert habe, ganz einwandsfrei feststellen. 

Ebenso ist ja fast alle fahrende Habe, mit Ausnahme der Waffen, 
Eigentum der Frau, so weit man bei Papua überhaupt von Eigentum 
reden kann. Ks herrscht nämlich bei den Papua, sowohl an der Küste 
wie im Inland, Kommunisınus insoweit, als an allem Eigentum, das sich 
innerhalb des Stammes vorfindet, alle Stammesangehörigen Nutzniessungs- 
recht haben. Man darf sich des Messers, der Glasperlen, des Amuletts 
eines anderen zur Benutzung bedienen, aber das Verfügungs- und Ver- 
äusserungsrecht steht nur dem eigentlichen Besitzer zu, und das sind eben 
meistens die Frauen. Was den Frauen eine ganz besonders einflussreiche 
Stellung zusichert, ist, dass sie das wichtigste Nahrungsmittel der Papuas, 
den Sago, bereiten und darüber Verfügung haben, so dass sie im wahrsten 
Sinne des Wortes, den Männern, die nicht parieren wollen, den Brotkorb 
höher hängen können. Als Reaktion gegen diese Tyrannei der Frauen 
haben sich die Männer zu Gesellschaften und Klubs zusammengetan, die 
ihren Mittelpunkt im Männerhause finden. Über dieses Männerhaus werde 
ich bei Gelegenheit der Besprechung der Inlandstämme noch mehreres 
mitteilen. 

An der Mamberamomündung ist es ziemlich in Verfall geraten, hier 
schlafen Männer und Frauen allgemein durcheinander. Die Häuser stehen 
auf ziemlich hohen Pfählen, haben Wände aus Baumrinde, und dienen 
oft mehreren Familien zum Aufenthaltsort. Dann ist für jede Familie 
eine Tür, und geradeüber davon ein Herd vorhanden. Vor einer Reihe 
von Häusern befindet sich gewöhnlich eine grosse Plattform, zu der aber 
‚keine Leiter vom Wasser aus führt. 

In Doreh und auf den Schouten-Inseln werden die Kinder oft schon 
ganz früh miteinander verlobt. Die Braut wird dann gewöhnlich in der 
Familie des Bräutigams, dieser in der Familie der Braut erzogen, doch ist 
‘es streng verboten, dass Braut und Bräutigam sich während der Ver- 
Jobungszeit zu Gesicht bekommen. Schwiegerscheu dagegen existiert nicht, 
doch darf man weder den Namen seiner Schwiegereltern, noch den seines 
.‚Schwagers aussprechen, ein Tabu, das sehr streng gehalten wird. Weniger 
‚streng nimmt man es mit dem Verbot, den eigenen Namen auszusprechen. 
Ich habe da gar keine bestimmte Regel finden können. Manche scheuten 
sich ihren Namen auszusprechen, manche taten es ohne jedes Bedenken, 


-oft sogar aus freien Stücken, um sich vorzustellen. 
2lr 


324 Moszkowski: 


Ist wie gesagt die Tätowierung ausschliesslich Sitte bei den Küsten- 
stämmen, so ist die Sitte sich Schmucknarben auf dem Körper anzu- 
bringen, bis weit ins Innere hinein verbreitet. Die Narben werden mit 
glühender Kohle eingebrannt, bei den Küstenstämmen hübsch regel- 
mässig, bei den Inlandstämmen unregelmässig, über den ganzen Körper 
verbreitet. | 

Ich glaube, dass diese Sitte daher stammt, dass die Leute sehr stolz 
auf die Narben sind, die sie bei der Schweinejagd davongetragen haben. 


Abb. 3. Frau aus Pauwi. 


Je mehr Narben einer hat, ein desto mutigerer Jäger ist er. Wenigstens 
habe ich über jede Narbe, die einer von meinen schwarzen Freunden bei einer 
wirklichen Schweinejagd davongetragen hat, endlose Erzählungen mit an- 
hören müssen. Ausser diesen bohnenförmigen Narben werden öfters auch 
sowohl an der Küste wie im Innern grosse strichförmige Brandnarben quer 
über die Brust gezogen. Beschneidung findet man weder an der Küste 
noch im Innern. 

Die Religion der Küstenstämme kennt sowohl ein gutes wie ein 
böses Prinzip. Ihr guter Gott oder vielmehr die gute Göttin ist der 
Vollmond, Bimbajo genannt, der Halbmond ist ihr Schiff, der Abendstern 
ihr Hund. Wenn der Vollmond aufgeht, pflegt man die Hände zu ihm 
zu erheben und zu beten: Bimbajo, gib uns alles Gute, alles Schlechte 


Völkerstämme in Holländisch-Neuguinea. 325 


aber deinem Hunde. Wenn die Papuafrau Sago schlägt, so sagt sie: 
Bimbajo für uns den Sago und den Abfall für deinen Hund usw. Der 
Gemahl der Bimbajo ist Mangossi; ob dies der Sonnengott sein soll, kann 
ich nicht mit Sicherheit sagen, vielleicht ist es auch eine Personifikation 
des Himmels. Zu Mangossi gehen die Toten. Er versieht sie mit Speise 
und Trank, und bei ihm sitzen sie dann in der Hockerstellung im Zeichen 
seligster Ruhe. Im allgemeinen kümmern sich die Toten um ihre Nach- 
kommen nicht, nur darf man das Gebot der Blutrache nicht vergessen. 
Wer z.B. im Gebiete eines mit Blutschuld beladenen Stammes Speise 
oder Trank annımmt, ist der Rache seiner Vorfahren verfallen, bekommt 
einen dicken Bauch und stirbt. Daher kommt es, dass an der Küste die Leute 
so sehr scheu sind, ausserhalb ihres Heimatsdorfes zu schlafen, denn fast 
jeder Stamm steht mit dem Nachbarstamm in Fehde und Feindschaft. 
Es herrscht nämlich unter der Bevölkerung, an der Mündung des Mambe- 
ramo und überhaupt an der ganzen Geelvinkbai, auch heute noch in sehr 
erheblichem Masse der Sport der Kopfjägerei. Die Totengebrauche sind 
bei den verschiedenen Stämmen verschieden. In den Arfakbergen werden 
die Toten in der Hütte aufgehängt und im Rauche getrocknet. Der 
herabfliessende Saft wird in Bambusgefässen aufgefangen. Dann werden 
diejenigen Leute, die man im Verdacht hat am Tode des Betreffenden 
schuld zu sein, zu einer Totenfestlichkeit eingeladen, und müssen diesen 
Leichensaft trinken. Derjenige, dem dabei übel wird, und der brechen 
muss, ist der schuldige Zauberer und wird getötet. Die trockenen 
Mumien werden in hohlen Bäumen auf den höchsten Bergen beigesetzt. 

In Windessi, Biak und den übrigen Inseln werden im Kampfe ge- 
fallene Feinde in den Wald geworfen und liegen gelassen bis sie ver- 
fault sind, dann werden die Schädel geholt und entweder im Hause auf- 
bewahrt oder wie in Numfor und Sowek auf grossen Schädelstätten. 
Stammesangehörige werden auf den zahlreichen Koralleninselchen, von 
denen die dortige Gegend wimmelt, ausgesetzt. Es hat dies seinen Grund 
darin, dass auf diesen Koralleninseln weder Schweine noch Hunde sind, 
die die Leichname verschleppen. Darüber geht in Windessi eine sehr 
schöne Sage. 

Als vor grauen Jahren die Vorväter der heutigen Einwohner von 
fern hergesegelt kamen, kamen die Kronentauben auf sie zugeflogen und 
sagten ihnen, ihr müsst eure Toten auf die kleinen Inseln legen, dort 
werden sie von den Leguanen gehegt und gepflegt und ihre Seelen zu 
Mangossi geleitet werden, und weil es die Kronentauben gewesen sind, 
die diese Nachricht gebracht haben, essen verschiedene Familien in Win- 
dessi noch heute keine Kronentauben. 

Die Stämme an der Mamberamomündung bahren ihre Leichen in 
kleinen Schiffchen, auf hohen Gerüsten, die sie mit bunten Tüchern 
schmücken, in der Nähe ihrer Dörfer auf. Solange bis das Fleisch 
verwest ist, dauert die Reise der Seele zu Mangossi. Da diese Reise 
sehr lange währt, wird den Toten Speise und Trank, sowie ein Teil ihrer 
persönlichen Habe, Schalen, Schüsseln, Schlafmatte, Wasserkrug, Pfeil 
und Bogen usw. an das Gerüst gehängt. Ist die Leiche total verwest, 


326 Moszkowski: 


nimmt man den Schädel herunter. Es wird nun eine kleine, sehr niedrige, 
etwa 30cm hohe Hütte im Walde gebaut und der Schädel auf diese 
Hütte gelegt. Die übrigen Knochen lässt man liegen. Wenn der Schädel 
abgenommen wird, wird ein grosser Totenschmaus veranstaltet. Um den 
Schädel selbst kümmert man sich dann nicht mehr sehr viel. Höchstens 
die Frauen zeigen einige Anhänglichkeit an diese Reliquie. Dagegen 
schnitzt man sich nunmehr den sogenannten Korvar, eine Figur in Hocker- 
stellung, in welche die Seele des Verstorbenen von Zeit zu Zeit einfahren 
und den Nachkommen ihren Willen verkündigen oder auch die Zukunft 
vorausagen kann. Zu dem Zweck ergreifen, an der Mamberamo- 
mündung wenigstens, die Frauen die Korvars und klopfen sie sich auf 
die Kniee. Aus den Klopftönen können sie dann den Willen des Toten 
erkennen. In Doreh und Mansinam wurde mir erzählt, dass die Frauen 
hier mit den Korvars in der Hand zu Trommelklang tanzen, bis sie in 
einen Trance ähnlichen Zustand verfallen. Dies würde vollkommen dem 
entsprechen, was wir yon den ‚ähnlichen Gebräuchen im malaiischen 
Archipel kennen. Ich hatte vor einigen Jahren Gelegenheit Ihnen eine 
solche Tanzszene ausführlich zu erzählen. In Doreh und Mansinam habe 
ich übrigens noch andere absolut malaiische Zeremonien gesehen. So 
baut man z. B., wenn eine Frau zum erstenmal auf Reisen geht, ein 
kleines Gerüst innerhalb des Hauses, dessen Pfähle mit buntgefärbten 
Strohstreifen umwickelt sind. Auf dieses Gerüst stellt man eine kleine 
Pyramide aus dem gleichen Material, über deren Spitze ein Vogel schwebt. 
Das ist natürlich nichts anderes als die Balai Semengat (das Seelenhaus), 
wie ich sie in meinem Buche über Sumatra veröffentlicht habe, und sie 
dient auch genau denselben Zwecken, sie soll eine Heimatstätte für die Seele 
der Frau sein, wenn diese träumenderweise nachts auf Wanderung geht. 

Das böse Prinzip wird durch einen bösen Geist verkörpert, der im 
Westen Suängir, an der Mamberamo-Mündung Sinompi heisst. Der sitzt 
unter den Stelzwurzeln der Pandanazeen im tiefen Walde und heult dort. 
Ist jemand krank, so tätowiert man sich ein Bild des Sinompi auf die 
Brust, in anderen Gegenden werden diesem bösen Geist Opfer gebracht. 
Man hängt Schalen mit Sago oder Glasperlen, auch wohl Pfeil und Bogen 
an den Bäumen des Flussufers auf und daneben einen Apparat wie ich 
ihn Ihnen hier zeige. Eine kleine Figur stellt die Seele des Kranken 
dar. Diese vielen Stäbe hier unten heissen: wir zahlen für die Seele des 
Kranken die und die Gegenstände. Ich habe diese Figur zuerst total 
missverstanden und ihre Bedeutung ist mir zuerst klar geworden als mir 
der Assistent-Resident von Manokuari, Herr van Osterzee, einen ähn- 
lichen Brief, wie ich mich ausdrücken möchte, an ihn zeigte. Da war in 
einer Gegend, wo er sich Feuerholz für seinen Dampfer bestellt hatte, 
ein Mann ermordet worden; als er nun hinkam, fand er das Holz fein 
säuberlich aufgestapelt und daneben hing eine kleine menschliche Figur 
aus Holz, mit einen Pfeil durch den Hals, an diese war ein Stückchen 
Feuerholz angebunden und dann auch wieder eine ganze Menge solcher 
Stäbe. Das hiess: Hier ist ein Mann ermordet worden, wir sind weg- 
gelaufen, wollt ihr das Holz, so müsst ihr es bezahlen. 


Völkerstämme in Holländisch-Neuguinea. 327 


Soweit mir bekannt, sind dies die ersten Proben einer papuanischen 
Schriftsprache. Eine andere habe ich gleichfalls an der Mamberamo- 
mündung gefunden. Da hatte ein Mann aus Kerudu seinem Schwager 
eine Schnur mit einer Anzahl Knoten geschickt, d. h. löse jeden Tag 
einen Knoten, wenn alle Knoten aufgelöst sind, komme ich zu dir. 

Eine der merkwürdigsten religiösen Ideen, die ich bei den Papua 
gefunden. habe, ist aber der Glaube an den Manseren Koreri, es ist dies 
eine alte Kulturheroensage, die überall bei den Küstenstämmen ver- 
breitet und ganz sicher älter ist als das Auftreten der ersten Missionare. 

Vor grauen Zeiten lebte einmal ein Mann, der mit übernatürlichen 
und göttlichen Kräften ausgestattet war. Er hat den Papua Gesetze und 
Rechte gegeben und auch das Männerhaus gegründet. Weil aber die 
Papua seinen Geboten nach und nach untreu wurden, verschwand er 
eines Tages, doch geht die Sage, dass er einmal wiederkommen würde, 
und dann würde sich alles erneuern. Darum heisst er auch der Manseren 
Koreri, d. h. der Gott, bei dessen Wiederkehr sich alles häuten wird. 
Es ist ganz verständlich, dass bei dem elenden, von wirklichen und ein- 
gebildeten Gefahren umringten Leben der Papua die allen Menschen 
tief eingewurzelte Sehnsucht nach Erlösung ganz besonders stark ist, und 
sich zu dieser Messiasidee verdichtet hat. Ich glaube, dass darum auch 
kein geeigneteres Feld für die Tätigkeit der Missionare vorhanden ist, als 
Neuguinea. Der ganze christliche Wunderglaube sagt dem mit reicher 
Phantasie begabten Papua ganz besonders zu, während ihm z. B. der grob- 
sinnlich-materialistische Islam nichts zu geben vermag, so dass in Neu- 
guinea trotz Jahrhunderte langer Propaganda der Islam nie festen Fuss 
zu fassen vermochte. 

Nun kommt etwas sehr Merkwürdiges: Die Papua konnten natürlich 
nicht begreifen, was so viele Europäer am Mamberamo zu suchen hatten. 
Erst war die grosse holländische Expedition dagewesen, kaum war die 
fort, kam meine Expedition, da musste doch irgend etwas besonderes 
dahinter stecken. Und so geschah es, dass sich nach und nach an der 
ganzen Küste bis herüber nach Manokuari der Glaube verbreitete, der 
Manseren Koreri wäre wiedergekommen und hielte sich am Mamberamo 
auf. Und da kamen denn von allen Küsten und Inseln die Leutchen auf 
ihren grossen seegehenden Prauen übers Meer gefahren, um den Manseren 
Koreri zu suchen. Wie das so geht, kam ich denn schliesslich in den 
Geruch selbst der Manseren Koreri zu sein. Ich hatte ein paar Leuten 
wegen Bauchschmerzen Opium gegeben, ein paar anderen Ricinusöl, 
beides mit durchschlagendem Erfolge, hatte ein paar scheussliche Bein- 
wunden, die die Leute sehr gequält hatten, durch sachgemässe Behandlung 
in kurzer Zeit zur Heilung gebracht, was bei der kolossalen Heilhaut der 
Papua kein grosses Kunststück war, daraus war natürlich bald die Sage 
entstanden, ich könnte Tote zum Leben erwecken, aus Sand Gold machen, 
und was dergleichen angenehme Künste mehr sind. Unter den vielen 
Besuchern, die auf dieses Gerücht hin zu mir gewallt waren, befand sich 
auch der Korano von Mokmer mit seinen Leuten. Ich hatte inzwischen 
die Küste verlassen, und hatte mein Hauptquartier am Nordabhang des 


328 Moszkowski : 


Van Rees-Gebirges schon im Bereich der eigentlichen Inlandstämme ver- 
legt, da war dann der brave alte Herr mit seinen Leuten die 250 km 
stromaufwarts gefahren und lockte mich unter falschen Vorspiegelungen 
wieder an die Küste. Es war in der Vollmondwoche des Juli, eine Zeit, 
die den Küsten-Papuas ganz besonders heilig, weil sie die Hochzeitszeit 
von Bimbajo und Mangossi sein soll. In diesen Vollmondnächten ist 
Bimbajo daher besonders gnädig und geneigt, die Bitten ihrer Anhänger zu 
erfüllen. 

Die Anrufung der Bimbajo geschieht durch Lieder und Tänze. Auch 
die Mokmer-Leute hatten sich vorgenommen in meiner Gegenwart, die 
sie natürlich für besonders glückverheissend ansahen, ein grosses Tanzfest zu 


Abb. 4. Leute aus Mokmer (Insel Biak). 


feiern. Die Papua haben einen ausserordentlich ausgeprägten tbeatralischen 
Sinn, und sehr viel Verständnis für effektvolle Aufmachung. Mein Haus 
an der Küste stand direkt an der Mündung, die Mokmer-Leute kampierten 
einige Kilometer weiter stromaufwärts. Nachdem sie in ihren Lager- 
plätzen ein grosses Schweineessen veranstaltet hatten, kamen sie in ihrem 
grossen Seeschiff bei aufgehendem Vollmond, laut singend, den Fluss 
heruntergefahren, eine Auffahrt, die wirklich einen ausserordentlich 
feierlichen und tiefen Eindruck auf mich machte. Dann wurden vor 
meinem Hause am Strand grosse Feuer angezündet. Die Zuschauer, 
Leute aus Paraido, Kerudu, Kaipuri, Jobi, Sowek, Saonek, Sarmi, Samberi 
gruppierten sich längs meines Hauses. In die Mitte stellte sich ein Mann, 
der den Gong schlug. Dann fassten sie sich zu zwei und zwei an den 
Händen und gingen, aber weder im Schritt noch im Takt, laut singend 
um das Feuer, ziemlich langsam in entgegengesetzter Uhrzeigerrichtung. 


Völkerstämme in Holländisch-Neuguinea. 329 


Von Zeit zu Zeit verfiel einer, hinten ausschlagend, in Laufschritt, pfiff 
auch wohl und stiess zischende Laute zwischen den Zähnen aus. Um 
11'/, war Esspause. Ich hatte Reis und Erbsen aufgetischt, um 12,30 
ging es wieder los. Bald wurde der Tanz wilder, die Paare verfielen im 
Laufschritt, einzelne traten aus, andere wieder ein, an der Spitze trugen 
die Leute in den äusseren Händen grosse Stöcke und hatten einen Dritten 
in die Mitte genommen. Wenn der Gesang einmal verstummte, begann 
gleich wieder einer und sofort fiel der ganze Chor ein. Der Tanz ist jetzt 
ganz im Laufschritt, Oberkörper vorgebeugt, die Kniee gebogen, elastisch 
in den Sprunggelenken, federnd nach hinten ausschlagend. Von Zeit zu 
Zeit tanzt ein Paar einen kurzen Rundtanz im Polkaschritt, einer von 
den Vortänzern tanzt wohl auch rückwärts. Da sie keine Trommeln 
haben, ergreifen sie Kloben weichen Holzes, die herumliegen und schlagen 
darauf. Immer wilder und heisser wurden Tanz und Gesang. Die Masse 
ist förmlich berauscht. Ich hole Mauser und Browning, die Sache kann 
unbedingt gefährlich werden. Indessen sah es schlimmer aus als es war, 
denn als ich um 4 Uhr morgens erklärte, dass mein Bedarf nunmehr 
gedeckt wäre, und mich zurückzog, fuhren auch die Papua ohne weiteres 
nach Hause. 

Wie mir später der Assistent-Resident von Manokuari erzählte, ist 
der Korano von Mokmer bis vor kurzem als einer der gefährlichsten 
Banditen und Seeräuber, dem schon mancher Europäer zum Opfer ge- 
fallen ist, bekannt gewesen. Zu mir war er sehr nett, hat mir sogar als 
er hörte, dass mir der Tabak ausgegangen war, Tabak geschenkt, dabei 
hat der Tabak bei den Papuas ungefähr den Wert von Diamant-Shares. 

Bei diesen Tänzen in den Vollmondnächten des Juli werden auch 
die Amulette geweiht. Seit langer Zeit sind diese geschnitzten Holz- 
stäbchen, welche von den Küsten-Papua um den Hals, mit Vorliebe auf 
dem Rücken getragen werden, bekannt. Man weiss auch, dass sie gegen 
allerhand Schädigungen gut sein sollen und ihren Träger vor Leid und 
Gefahren zu bewahren im Stande sind. Bis jetzt ist man über die 
spezielle Bestimmung der einzelnen Amulette im Unklaren gewesen. Wie 
ich bereits in meinem Brief aus Neu-Guinea an Sie mitgeteilt habe, ist 
die Schnitzerei dieser Amulette gänzlich gleichgültig. Ein Amulett das 
gegen Speerwurf gut ist, kann genau so aussehen wie eins gegen Krank- 
heiten, und ein einfaches und ungeschnitztes Stück Holz kann grösseren 
Wert haben, als eine wunderschöne Schnitzerei. Es kommt eben ganz 
darauf an, wofür das Amulet bei den Tänzen geweiht worden ist, und ob 
es sich bewährt hat. Wichtiger ist schon das Material, aus dem das Amulett 
geschnitzt ist, besonderen Wert soll ein Baum haben, der in den Gebirgen 
der Insel Biak wächst. Ich will gleich hinzufügen, dass im Binnenlande 
diese Amulette gänzlich unbekannt sind. Von sonstigen Zaubermitteln 
möchte ich Ihnen hier noch diese Holzbretter zeigen. Man legt auf diese 
ein Stückchen Holzkohle, das man anzündet, und über dieses Holzkohlen- 
feuer einen Pandanus-Blattstreifen, der auf ein kleines Stück Holz aufgerollt 
ist. Aus der Art und Weise wie das Blatt sich beim Verkohlen kräuselt, 
erkennt man ob der Plan, den man vor hat, Erfolg oder nicht haben 


330 Moszkowski: 


wird. Dies Orakel wird besonders befragt, wenn man einen Mord 
vor hat. 

Wir kommen jetzt zur Ergologie der Küstenbewohner. Sie sind, wie 
sich das ja bei ihren Wohnorten auf Inseln von selbst versteht, vor allen 
Dingen Seefahrer, gleich geschickt als Kaufleute wie als Krieger und See- 
räuber. Auf ihren grossen, mit schönen Schnitzereien verzierten See- 
schiffen führen sie weite Expeditionen aus. Sie sind es, die das ganze 
Hinterland des Mamberamo mit europäischen Erzeugnissen wie Messer, 
Stoffe usw. versorgen. In Biak und in Doreh wird auch selbst etwas 
Schmiedekunst verstanden. Ich habe tief im Zentralgebirge kleine messer- 
artige Instrumente gefunden, die deutlich die Stempel biakscher Fabri- 
kation getragen haben. Dagegen tauschen die Küstenvölker im Inlande 
vor allem Bogen und Pfeile ein. Bogen und Pfeile werden nur im Inlande, 
besonders von den Bewohnern des van Rees-Gebirges verfertigt. 

Die Küstenpapua sind, wie übrigens auch ihre Stammesgenossen, im 
Inlande ausserordentlich geschickte und passionierte Handelsleute. Wenn 
sie mir z. B. irgendwelche Ethnologica verkaufen wollten, besonders solche, 
die keinen grossen Wert hatten, dann boten sie dieselben nicht etwa an, 
sondern stellten sie vor sich hin, oder hingen sie um und kokettierten 
gewissermassen damit, brachten auch niemals alles was sie zum Verkauf 
hatten auf einmal an, sondern immer nur Stück für Stück in der gewissen 
Überzeugung, dass sie im Einzelverkauf die Sachen vorteilhafter los 
werden könnten als beim Engroshandel. Natürlich brachten sie auch immer 
die wertloseren Sachen zuerst und erst später die wertvolleren. Auf der 
andern Seite ist es einem Papua nicht möglich ein Stück, das zu ver- 
kaufen er sich einmal vorgenommen hat, wieder mit nach Haus zu nehmen. 
Oft brachten sie mir irgendwelche Gegenstände und forderten exorbitante 
Preise dafür, und wenn ich dann ablehnte sie zu kaufen, so gingen sie 
nach und nach mit ihren Preisen herunter, bis sie sie mir schliesslich für 
ein Butterbrot abgaben. Kreditwesen ist natürlich ganz unbekannt, zumal 
ja auch kein Geldverkehr vorhanden ist. 

Ausser durch Schiffahrt und Handel erwerben sich die Küstenpapua 
den Unterhalt durch Jagd und Fischfang. Die Fische werden mit Netzen 
und Reusen gefangen, auch mit Pfeilen geschossen und gespeert. 

Die Jagd auf Schweine und Kasuare wird mit Pfeil und Bogen be- 
trieben. Neu-Guinea ist das Land, wo man so recht sehen kann, ein wie 
unendlich nützlicher Diener der Hund dem Menschen ist. Ohne Hunde 
könnte ein Papua wahrscheinlich kaum jemals ein Schwein oder einen 
Kasuar erlegen. Ich habe manche Jagd mitgemacht und oft genug 
Gelegenheit gehabt, den Mut und die Ausdauer dieser kleinen unschein- 
baren Köter zu bewundern. Ein einziger Hund ist im Stande ein mittel- 
grosses Schwein zu stellen. Mit dem Kasuar freilich wird ein Hund 
nicht fertig. Drei bis vier Hunde mindestens sind dafür nötig, und oft 
genug wird ein Hund durch der Sporentritt eines Kasuars getötet. Es 
ist nämlich ganz unglaublich, was für eine Kraft solch ein Kasuar in 
seinen Beinen hat. Ich habe selbst gesehen wie ein Kasuar aus dem 
Stand 1,50 m und höher gesprungen ist. 


Völkerstämme in Holländisch-Neuguinea. 331 


Die Papuahunde zeichnen sich übrigens dadurch aus, dass sie nicht 
bellen können wie unsere Hunde, sondern nur heulen, dagegen ist der 
Standlaut derselbe wie bei uns. Die Hunde wohnen zusammen mit ihren 
Herren in den Hütten, wo sie meist in der warmen Asche des Herdes 
liegen. Im übrigen sind sie genau so faul und genau so schmutzig und 
wimmeln genau so von Ungeziefer wie ihre Herren; Herren ist eigentlich 
nicht der richtige Ausdruck, da auch die Hunde meist Eigentum der 
Frauen sind. Eine merkwürdige Eigenschaft haben sie: Zu ganz be- 
stimmten, aber von Tag zu Tag wechselnden Tag- oder Nachtzeiten be- 
ginnen sie auf einmal ohne jede erkennbare Ursache fürchterlich an zu 
heulen. D. h. ein Köter fängt an, und dann fällt mit einem Male der 
ganze volle Chor ein, ein Lied zum steinerweichen, das jeden Nichi-Papua 
rasend machen muss. Gefüttert werden die Hunde übrigens reichlich, 
trotzdem aber schlecht behandelt und mit Steinwürfen und Fusstritten 
regaliert. Sehr schwer ist es nach einer Jagd die Hunde wieder einzu- 
fangen. Ich habe oft gesehen, wie Papuas stundenlang nachher mit ihren 
Booten die Ufer entlang gefahren sind und die Hunde gelockt haben. 
maries—es— es— es. 

Die Zubereitung der Jagdbeute geschieht so, dass die Jager zuerst 
mal das erlegte Wild unter sich verteilen, und dabei gebtihrt demjenigen 
der den Fangschuss getan hat die Lendenpartie, demjenigen der das Wild 
zum Boot tragt der Kopf. Dann werden Roste aus Holz gebaut, die Federn 
resp. die Haare abgesengt und das Fleisch auf den Rosten geräuchert, 
kleinere Vögel und Säugetiere werden einfach mit Haut und Haaren ins 
Feuer geworfen und gebraten. Fische werden gleichfalls geräuchert, 
Salz ist den Stämmen am Mamberamo vollständig unbekannt. 
Gesalzene Sachen, die ich ihnen zu essen geben wollte, haben sie mit 
Abscheu zurückgewiesen. Das physiologische Salzbedürfnis wird eben 
dadurch befriedigt, dass die Speisen halb verkohlt gegessen werden. Die 
Inselbewohner auf Biak und die Leute von Doreh kennen dagegen natür- 
lich das Salz. 

Das Hauptnahrungsmittel ist aber der Sago. In der Küste wird der 
Sago meist in Form eines Sagobreis, der sogenannten Papedda gegessen. 
Zum Herausfischen des Breis aus der Schüssel dienen kleine Essstäbchen. 
Eine andere Zubereitung des Sagos ist das Rösten zwischen zwei Steinen 
oder nachdem er in Bananenblätter eingewickelt worden ist. Über die Her- 
kunft des Sago geht die Sage, dass ein Mann von den Quellen des Meeres 
gekommen wäre und in jedem Dorfe ein Mädchen zur Frau begehrt habe; 
erhielt er eine Gattin, so lehrte er dieser die Sagobereitung, wo er keine 
Gattin bekam, lernten die Völker auch den Sago nicht kennen. Nachdem 
er dies eine Zeitlang getrieben hatte, verschwand er wieder woher er ge- 
kommen war. Der ausserordentliche Reichtum des Mamberamo an Sago 
hat zu der Sage geführt, dass an seinen Quellen ein Dorf wäre, neben 
dem drei Sagobäume stünden, diese aber würden nicht gefällt, um den 
Sago zu gewinnen, sondern man schnitte sich jeden Tag den Sago aus 
dem lebenden Baum heraus und in der Nacht wüchse wieder neuer Sago. 


332 Moszkowski: 


Feuer wird entweder gerieben, oder aber durch Anstreichen eines Porzellan- 
stückchens an Bambus erzeugt. 

Unter den kleinwüchsigen mähnenumwallten Leuten in Paraido war 
mir ein Mann aufgefallen, der sich durch grossen Körperbau, besonders 
durch lange Beine und kleingelocktes Haar, ausgezeichnet hatte Er 
wohnte auch abseits von den übrigen Leuten. Diesen Typus bekam ich 
häufiger zu Gesicht, als ich das 25km stromaufwärtsliegende Pauwi auf- 
suchte. Die Einwohner dieses Dorfes bestanden aus zwei recht ungleichen 
Elementen. Die eine Hälfte ähnelte dem Gros der Küstenbewohner, die 
andere dem eben erwähnten Manne. Nach längerem Aufenthalt bei den 
Pauwileuten erfuhr ich denn auch, dass die eigentlichen, aus dem Innern 
stammenden Pauwileute sich mit einem andern Stamm, den Bossumassin 
von der Küste, vermengt hatten. Es war dies so geschehen, dass eine 
Anzahl Pauwimänner nach Bossumassin und eine Anzahl Bossumassin- 
Männer nach Pauwi gezogen und sich mit den dortigen Frauen vermählt 
hatten. Die Kinder aus diesen Ehen gehörten zum Stamm der Mutter 
und sprachen dessen Sprache. Diese selben Pauwileute, die mich in der 
freundlichsten Weise aufgenommen, mir ein Haus gebaut und sich in 
jeder Weise als gute Gastfreunde erwiesen hatten, haben im Januar d. J. 
ein scheussliches Verbrechen begangen: Eine Anzahl Schiffbrüchiger, 
vermutlich Palau-Leute — also deutsche Schutzbefohlene — waren durch 
den Nord-West-Monsum zu ihnen verschlagen und anfänglich ganz gut 
aufgenommen worden. In der Nacht aber wurden drei der Flüchtlinge 
ermordet, während es dem Rest gelang in den Busch zu flüchten. An 
der ganzen Geelvinkbai gilt es eben allgemein als religiöses Gebot Schiff- 
brüchige zu erschlagen, denn man fürchtet die Rache des Wori, des 
grossen Fisches, der im Meere haust, und dem man seine Opfer nicht 
entreissen darf. Ähnliche Sitten haben ja bis vor noch gar nicht so langer 
Zeit auch an unsern Küsten bestanden. Von den Pauwileuten wurden 
wir weiter stromaufwärts zu ihren Nachbarn, den Koassa Kamboi Ramboi 
gebracht. 

Diese gehören nun bereits zu den eigentlichen, bis jetzt wohl gänzlich 
unbekannten Inlandstämmen, ethnologisch charakterisiert als Angehörige 
des Bogenkulturkreises, anthropologisch durch ihr von den Küsten- 
bewohnern gänzlich verschiedenes Aussore. Die Koassa Kamboi Ramboi 
bewohnen den Nordabhang des van Rees-Gebirges, von dort aus machen 
sie während der Regenzeit Vorstösse nach der Küste zu. Ihre letzte 
Niederlassung stromabwärts befindet sich etwa 100 4m Wasserlinie von der 
Küste entfernt. Während der Trockenzeit halten sie sich im van Rees- 
Gebirge und in dessen Vorland auf. Hier treiben sie — d. h. die Frauen — 
etwas Gartenbau. Yams, Taro, Bananen, Zuckerrohr, Kokospalmen werden 
von ihnen angepflanzt. In der Regenzeit verlassen sie diese Wohnsitze 
im Gebirge und leben dann in den unteren Partien des Flusses mehr vom 
Fischfang. Es wird nämlich während des Nord-Ost-Monsums, also der 
Trockenzeit, sehr viel Salzwasser in den Mamberamo hereingetrieben, und 
dann verschwinden natürlich die Flussfische und ziehen sich in die Gebirgs- 


Völkerstämme in Holländisch-Neuguinea. 333 


gegenden zurück, daher lohnt der Aufenthalt am unteren Mamberamo nur 
zur Regenzeit. 

Die Wanderung von den weiter stromabwärts gelegenen Nieder- 
lassungen nach dem Gebirge und zurück geschieht gewöhnlich so, dass 
die einzelnen Leute familienweise ihre gesamte Fahrhabe auf die Boote 
verladen und sich auf die Reise begeben, dann begibt man sich zum 
nächsten Dorf, bleibt dort wieder drei bis vier Tage, dann weiter zum 
nächsten u. s. w. Mehr wie einen Tag hintereinander pflegt man nicht 
zu rudern. Der Auszug des gesamten Stammes von der Küste zum Gebirge 
und vom Gebirge zur Küste umfasst etwa einen Zeitraum von 8 bis 14 
Tagen. Die äusseren Antriebe zum Beginn der Wanderungen sind wohl 
in erster Linie Nahrungssorgen. Der Fischfang lohnt sich nicht mehr, es 
finden sich keine schlagreifen Sagobäume in der Nähe, Schweine und 
Kasuare sind durch zu häufige Jagden vergrämt u.s.f. In zweiter Linie 
aber sind auch hygienische und abergläubische Gründe dafür massgebend. 
Falls Stammesangehörige sterben, verlässt man sofort das Dorf. Ferner, 
je länger man an einem Orte bleibt, desto mehr vermehren sich Moskitos 
und anderes Ungeziefer. In Samberi z. B., dem am weitesten stromabwärts 
gelegenen Dorfe der Koassa Kamboi Ramboi, sagten mir die Leute: Sobatti 
(Gastfreund), hier gibt es zuviel Mücken, wir ziehen ins Gebirge, komm 
mit. — Bereits im nächsten, eine Tagereise stromaufwärts liegenden 
Dorfe gab es erheblich weniger Mücken, aber als wir drei Tage dort ge- 
blieben waren, stellten sich diese ungebetenen Gäste in so grosser Zahl 
ein, dass wir mit unsern Gastfreunden schleunigst weiter flüchteten. Ganz 
ähnliche Erfahrungen -machte ich späterhin im Gebiet des mittleren 
Mamberamo, jenseits des van Rees-Gebirges. Hier waren zur Trockenzeit 
die Ufer dicht von Menschen bevölkert, während die Moskitoplage 
eine nur geringe war. Drei Monate später, als ich desselben Weges 
flussabwärts zog, waren die zahlreichen Niederlassungen vollständig ver- 
ödet. Dagegen wurden wir allnächtlich, sofort nach Sonnenuntergang, von 
wahren Wolken von Moskitos eingehüllt, so dass jegliches Verweilen ausser- 
halb des Moskitonetzes, oder gar eine nächtliche Fahrt, wie ich sie einmal 
gemacht habe, zu einer furchtbaren Qual wurde. Aber auch anderes Un- 
geziefer, besonders Kakerlaken vermehren sich während der Anwesenheit 
von Menschen an einem Platz sehr stark, so dass die Wanderungen direkt 
einer Lüftung und Desinfektion gleichkommen. 

Anthropologisch gehören die Stämme vom Nordabhange des van Rees- 
Gebirges bis zum Nordabhange des Zentralgebirges offenbar eng zusammen. 
Kulturell muss man die noch im Steinzeitalter befindlichen Stämme im 
Zentralgebirge am Südfluss und am mittleren Mamberamo — die Tori 
und die Sidjuai — von den Borumessu und Koassa Kanıboi Ramboi, die 
sich eiserner Werkzeuge bedienen, unterscheiden, doch lässt sich nach- 
_ weisen, dass auch kulturell ein ursprünglicher Zusammenhang zwischen 
den verhältnissmässig am höchsten kultivierten Borumessu und Koassa 
Kamboi Ramboi einerseits und den Tori, Südfluss- und Zentral-Gebirgs- 
stämmen andrerseits besteht, wogegen die Sidjuai ein kulturell fremdes 
Element darzustellen scheinen. Diese sind wahrscheinlich den Ostfluss 


334 Moszkowski: 


heraufgekommen und stammen also aus den östlichen Partien des Schnee- 
gebirges. 

Die Inlandstämme von Holländisch-Neu-Guinea zeichnen sich aus 
durch einen grossen kräftigen Körperbau. Die mittlere Grösse ist un- 
gefähr 160 bis 162cm, doch sind Körperhöhen von 170cm und darüber 
keine Seltenheit. Im Vergleich zu den Küstenstämmen fällt besonders 
die Länge der Beine im Verhältnis zum Oberkörper auf. Besonders ein 
Stamm am mittleren Mamberamo, in der Nähe der Südflussmündung, 
zeichnet sich durch lange untere Extremitäten aus, sodass wir diesen 
Leuten, die in sehr sumpfigen Gegenden hausen, geradezu den Namen 
Sumpfriesen gegeben haben. Es war ein höchst ergötzlicher Anblick, diese 


Abb. 5. Männer aus Taua (Koassa Kamboi-Ramboi). 


langbeinigen Kerle in den Sümpfen herumpatschen zu sehen wie die 
Stérche. Die Muskulatur der Inlandstämme ist ausserordentlich kräftig 
entwickelt, namentlich die Brustmuskulatur und die Muskulatur der Arme. 
Die mächtige Mähne, die wir bei den Küstenstämmen kennen gelernt, 
fehlt ım Inland. Die Koassa Kamboi Ramboi und ihre Nachbarn, die 
Borumessu tragen diese eigentümliche Frisur die Sie hier sehen. Die 
Haare werden auf einem Rotangestell aufgewickelt, das spiralig um den 
Kopf gelegt wird. Im Verein mit dem Bauchpanzer aus Rotanschnüren 
und dem Brustgehänge, das Sie hier sehen, ergibt diese Frisur eine treff- 
liche Bogenschützenrüstung. Die weiter südwärts wohnenden Stämme 
tragen diese komplizierte Frisur nicht mehr. Gewöhnlich scheren diese 
sich die Haare kurz und lassen nur auf dem Schopfe einen Büschel 
längerer Haare stehen, andere scheren nur den Vorderkopf kurz und ver- 
filzen die übrigen Haare zu zehn oder zwölf lockenähnlichen Gebilden, 
ja einige hängen sich auch falsche Locken an, falls das eigene Haar nicht 


Völkerstämme in Holländisch-Neuguinea. 335 


ausreicht. Bei den Koassa Kamboi Ramboi und den Borumessu pflegen 
sich die jüngeren Leute glatt zu rasieren, während die älteren Leute sehr 
häufig Vollbärte tragen. Diese älteren Leute tragen dann auch nicht 
mehr die Frisur, für die übrigens beide Stämme dasselbe Wort gebrauchen 
wie für unsere europäischen Hüte. Bei den Sidjuai, Tori, Südfluss- und 
Zentralgebirgsstämmen ist Rasieren nicht üblich, hier sieht man auch 
jüngere Leute meist mit Vollbärten. Der Grund ist ganz klar der, dass 
hier die Messer fehlen. Immerhin babe ich doch sehr häufig in den 
Taschen auch von Angehörigen dieser 
Stämme kleine Epilationsinstrumente in 
Gestalt einer Muschel gefunden, so dass 
wahrscheinlich von Zeit zu Zeit, vermutlich 
zu den Festen, die Bart- und Körperhaare 
entfernt werden dürften. Von Kopf- 
messungen habe ich natürlich bei diesen 
Leuten von vornherein abgesehen. Die 
Gesichter, obgleich immer noch schmal, 
sind doch breiter wie an der Küste. Joch- 
bogenbreite ist etwa 140—145, die Nase ist 
sehr breit, 4 bis 5: 1,5 mm. 

Die Augen sind meist dunkelbraun, 
auch im Inland wird sehr häufig der blaue 
Irisring getroffen, die Hautfarbe ist er- 
heblich dunkler als bei den Küstenstämmen. 
Kahlköpfigkeit bei älteren Leuten ist recht 
häufig. Bei den Stämmen am oberen 
Mamberamo und am Südfluss tragen die 
kahlköpfigen alten Leute Perrücken aus 
Kasuarhaaren, und genau in derselben 
Weise wie sich bei uns im 17. Jahrhundert 
aus der Schutzperrücke die Schmuck- 
perrücke entwickelt hat, hat sich auch bei 
den Papuas aus der Kasuarperrücke, die 
die kahlköpfigen alten Herren tragen, ein Abb. 6. Abusso 
Schmuck entwickelt, der von den stutzer- (Koassa Kamboi-Ramboi). 
haften jungen Leuten getragen wird. 

Unter dieser Kasuarkrause werden von den Borumessu und Koassa 
Kamboi Ramboi um die Stirn sehr häufig noch Bänder aus Muscheln und 
Perlenbänder, die sie von der Küste eintauschen, oder aufgereihte Rotan- 
früchte getragen. Sehr beliebt ist ferner ein Stirnschmuck aus gespaltenen 
Eberzähnen, den man von den Koassa Kamboi Ramboi ab bis ins Zentral- 
gebirge hinein, vorfindet, und der ursprünglich wohl auch den Zweck 
gehabt hat, die Stirne gegen Pfeilschüsse zu schützen. Ausser dem eben 
beschriebenen Bauchpanzer tragen die Koassa Kamboi Ramboi und die 
Borumessu einen Lappen aus europäischem Tuch oder Baumrinde vor den 
Geschlechtsteilen herunterhängend, er wird nicht zwischen den Beinen 
durchgezogen. Auch weiter im Hinterlande wird dieser Schamlappen 


836 E Moszkowski: 


als einziges Kleidungsstück getragen, aber auch dieser fehlt zuweilen 
noch, so dass sie dann nur mit ein paar Schnüren um die Hüften 
bekleidet herumlaufen. Die Frauen tragen Lendentiicher aus Baumbast. 
Der rechte, bzw. der linke Arm wird sehr häufig mit einer grossen Menge 
von Armbändern aus Schweinsleder geschmückt, doch ist dies wohl 
weniger ein Schmuck, als ein Schutz des betreffenden Armes gegen die 
zurückschnellende Bogensehne. 

Je nachdem diese Armbänder an der linken oder an der rechten 
Hand getragen werden, kann man erkennen, ob der Träger Rechtser oder 
Linkser ist. Das Verhältnis von rechtshändigen zu linkshändigen Individuen 
ist nach meinen Beobachtungen etwa gleich. Die genaue Statistik, die ich 
darüber angestellt habe, ist mir leider verloren gegangen. Gewöhnlich 
tragen die Inland-Papua in einem Ohr eine Büchse aus Holz oder 
Bambus, in der sie Tabak aufzubewahren pflegen. Sie sind ausser- 
ordentlich starke, leidenschaftliche Raucher. Merkwürdigerweise bauen 
die Koassa Kamboi Ramboi keinen Tabak an, während die weiter land- 
einwärts wohnenden Borumessu, Tori und Südflussstämme dies tun; die 
Zentralgebirgsstämme kennen den Tabak nicht und haben die Zigaretten, 
die ich ihnen gab, nach dem ersten Zuge mit Abscheu weggeworfen. 
Betel wird gleichfalls sehr stark gekaut, ist aber schon am Südfluss un- 
bekannt. 

Die Koassa Kamboi Ramboi und Borumessu tragen in der Nasen- 
scheidewand meist ein kleines gebogenes Stückchen Porzellan oder Glas- 
fluss, meist alte Tassenhenkel, ausserdem aber pflegen sie sich noch die 
Nasenflügel zu durchbohren und eine Gabel aus Kasuarknochen, manche 
aber auch Haarnadeln oder Nägel, durchzustecken. 

Weiter im Inlande fehlt häufig der quere Nasenpflock, dagegen 
haben sowohl Männer wie Frauen die Nasenflügel durchbohrt und tragen 
Pflöcke aus Kasuar- oder Schweinsknochen darin, die sie oft auch übers 
Kreuz stecken. Während die Koassa und Borumessu viel Glasperlen als 
Schmuck tragen, sieht man diese Verzierungen im weiteren Inlande nur 
sehr selten. 

Ihr Schmuckbedürfnis befriedigen diese Leute, indem sie Stückchen 
Knochen oder Krokodilzähne an den Gürtel und um den Hals hängen, 
häufig sah ich auch Schärpen, die aus zusammengerollten Blättern be- 
standen, die auf Bastfäden aufgereiht waren. 

Wie Sie hier sehen, tragen die Koassa und Borumessu im Gürtel 
hinten eine Art Schwanz, meist aus Blättern der Sagopalme gefertigt. 
Weiter im Inland findet man diesen Schwanz nicht mehr, doch habe ich 
in sehr vielen Hütten ganz ähnliche Schwänze gefunden, die aber aus 
Kasuarfedern gefertigt waren und nur bei grossen Tanzfesten getragen 
werden. 

Es ist also auch hier wieder das Staatskleid im Wandel der Zeiten 
zum Alltagskleid geworden. Die Koassa und Borumessu besitzen reichlich 
Hauer und Messer; je weiter man ins Innere kommt, desto mehr treten 
die eisernen Werkzeuge gegen solche aus Stein und Knochen zurück, doch 
habe ich bis ins Zentralgebirge hinein, wie gesagt, kleine meisselartig 


Völkerstämme in Holländisch-Neuguinea. 337 


geformte Stückchen Eisen gefunden, die roh angeschärft waren und die 
zum Verfertigen der Pfeile dienten. Irgendwelche Schnitzereien habe ich 
weder bei den Koassa Kamboi Ramboi noch bei den andern Inland- 
stimmen gefunden, trotzdem ich monatelang in den Hütten der Leute 
gelebt und Hunderte von Hiitten bis in ihren letzten Winkel durchsucht 
habe. Nur ihre Pfeile und die Obrtaschen werden mit Mustern verziert, 
die mit den Zahnen der Unterkiefer einer Baumratte eingeritzt werden. 
Da ich andere Reliquien wie Haare von Verstorbenen, Unterkiefer, die 
mit Bastfäden zierlich umwunden und mit Tragbändern versehen waren, 
also gelegentlich getragen wurden, Schädel, Tanzschmuck aus bunten 
Kronentaubenfedern usw. reichlich gefunden habe, so möchte ich die 
Behauptung aufstellen, dass den Inlandstämmen am Mamberamo der reiche 
Kunstsinn, der die Bewohner des Augustaflusses auszeichnet, vollständig 
abgeht. 

Auch die täglichen Gebrauchsgegenstände sind sehr roh, besonders 
bei den tief im Inland befindlichen Stämmen, die ja über keine eisernen 
Werkzeuge verfügen. Die Koassa Kamboi Ramboi und die Borumessu haben 
noch sehr gute Boote, sie haben die Kunst des Bootbauens ganz zweifel- 
los von den Küstenstämmen gelernt, denn sowie man das van Rees-Gebirge 
überschritten hat, also eine Zone erreicht, in welcher der Einfluss der Küsten- 
stämme nur noch ein sehr indirekter sein kann, weil ja die Strom- 
schnellen am van Rees-Gebirge eine absolute, für die Küstenvölker nicht 
überschreitbare Barre bilden, findet man einen ganz anderen Typ von 
Booten. Grosse Baumstämme werden mit Feuer und der Steinaxt aus- 
geliöhlt, sonst aber nicht weiter bearbeite. Am hinteren Ende lässt man 
eine Wand stehen, um Abschluss nach hinten zu bilden, und vorn wird 
ein roher Sitz zurecht gehauen; auf diesem sitzt ein Manu, der mit einem 
sehr roh gearbeiteten Schaufelruder das Fahrzeug vorwärts rudert und 
steuert, ein oder zwei Männer helfen ihm mit langen Stossstangen. Ausser 
den Booten sieht man auch sehr viel einfache, nur aus vier bis fünf 
Stämmen bestehende Flésse. Im Südfluss kennt man Ruder über- 
haupt nicht. Das Boot wird hier nur mit Stangen vorwärts gestossen. 
Nur hin und wieder habe ich, und auch nur im Unterlauf, gesehen, 
dass Männer sich aus halben Bambusrohren so eine Art Ruder zurecht 
gemacht haben. Am oberen Südfluss sind die Boote noch elender. Hier 
versteht man offenbar die Kunst, vorn und hinten eine Wand stehen zu 
lassen, noch nicht. Die Boote sind da einfache hohle Baumstämme, die 
vorn und hinten mit Lehm abgedichtet werden. Auf einem solch elenden 
Fahrzeug habe ich selbst 5—600 km im Innern Neuguineas zurückgelegt. 
Im Zentralgebirge selbst endlich ist dies Boot vollständig unbekannt. 
Diese Löcher hier, die bei all diesen Einbäumen an den beiden Flanken 
angebracht sind, sollen wohl dazu dienen, dass das Wasser, wenn die 
Boote vollregnen oder vollschlagen, rasch wieder abfliessen kann. 

Tätowierung fehlt, wie gesagt, ganz, dagegen pflegen sich jenseits 
des van Rees-Gebirges sowohl Männer wie Frauen mit Russ zu bemalen 
und zwar sowohl das Gesicht wie die Brust. Bei den Stämmen im Zentral- 
gebirge gilt die Bemalung mit weisser Farbe als Zeichen des Friedens. 

Zeitschrift für Ethnologie. Jahrg. 1911 Heft 2. 22 


338 Moszkowski: 


Einmal erwartete uns ein Zentralgebirgsmann, in dieser Weise bemalt, 
mit bunten Blättern geschmückt, vor seinem Dorfe, dabei tanzte er fort- 
während von einem Bein aufs andere, rollte die Fäuste umeinander und 
schrie dazu in einemfort wau wau wau. Gewöhnlich allerdings waren 
es nicht die Männer, die uns empfingen, sondern die Frauen, während 
das tapfere Mannsvolk, hinter den Weibern verborgen, im Schilfe stand 
und zitterte. Erst wenn ich dann auch meinerseits anfing wau wau wau 
zu schreien und die Hände übereinander zu rollen, kamen auch die Männer 
hervor. 


Abb. 7. Pémari (Koassa Kamboi-Ramboi). 


Die Rolle, welche die Frauen im Innern spielen, ist überhaupt eine 
noch bedeutendere als bei den Küstenstämmen. Herr im Hause ist meist 
die Schwiegermutter, welche auch den Tauschhandel leitete und uns oft 
genug die Preise verdorben hat. Sehr charakteristisch für die Inland- 
stämme ist es, dass das Leben von Mann und Frau fast vollständig 
getrennt ist. 

Schon bei den Koassa Kamboi Ramboi schlafen die Frauen in andern 
Häusern als die Männer. Die Häuser der Männer stehen auf niedrigen 
Pfählen und haben meist keine Wände; die Frauenhäuser sind ebenfalls 
Pfahlbauten, viel kleiner, etwa 2 m im Quadrat, und ebenso hoch, dabei 
bis zu einer Höhe von 1,50 m mit Wänden auf allen vier Seiten ver- 


Völkerstämme in Holländisch-Neuguinea. 339 


sehen, so dass die Frauen zwischen Dach und Wand hindurchkriechen 
müssen. Sowohl die Männer- wie die Frauenhäuser haben ihre eigenen 
Herde zu beiden Seiten des Hauses. Bei den Borumessu, Tori und 
Südflussstämmen schlafen die Frauen unter dem Hause, wo sich auch der 
Herd befindet, die Männer oben. Im Zentralgebirge selbst und bei den 
'Sidjuai schlafen Männer und Frauen zusammen. Die Kohabitation darf 
nicht im Hause ausgeübt werden, sondern nur im Walde, gewöhnlich in 
den frühen Morgenstunden. Jungverheiratete Paare pflegen die ersten 
Zeiten ihrer Ehe im Busch zuzubringen. Polygamie ist häufig, aber nicht 
die Regel. Sie sind recht eifersüchtig, dabei aber doch sehr erpicht auf 
die Frauen der andern. So war z. B. die erste Frage der Koassa, als ich 
aus dem Zentralgebirge zurückkam, wie mir die Frauen der Tori dort 
gefallen hätten. Scheidung ist recht häufig, und zwar ist es dann meistens 
die Frau, die den Mann verlässt, um einem anderen, kräftigeren zu 
folgen. 

Auch in der Nahrungsaufnahme besteht ein grosser Unterschied 
zwischen Mann und Frau. Die Papedda, der Sagobrei, wird am oberen 
Mamberamo schon von den Borumessu an aufwärts nur von Frauen 
gegessen. Für einen Mann gilt es als Schande Sagobrei zu essen. Die 
Männer essen den Sago entweder roh oder im Feuer geröstet. Schwein 
und Kasuar gelten als Männerspeise, Kronentauben als spezielle Frauen- 
speise. Feuer wird jenseits des Zentral-Gebirges mittels einer Art Feuer- 
sage, d. h. einer um ein Stück Holz gewundenen Bastschnur gemacht. 

Geheiratet wird von den Männern verhältnismässig spät. Die un- 
verheirateten Männer leben zusammen im Mannerhaus. Der Ursprung 
des Männerhauses ist offenbar in gewiesen Emanzipationsbestrebungen der 
Manner von der Tyrannei der Frauen zu suchen. Eine ganz direkte Folge 
‚dieser Bestrebungen ist es, dass in den Männerhäusern die schlimmsten 
~Orgien homosexueller Art gefeiert werden. Schamgefühl in dieser Be- 
‘ziehung scheinen die Papua überhaupt nicht zu kennen. Es wurde in 
unserer Gegenwart nicht nur in der abscheulichsten Weise gezotet, drei- 
‘viertel der Unterhaltung der Papua besteht aus Zoten, sondern auch 
homosexuelle Akte direkt markiert und gegenseitige Masturbation be- 
trieben. Wenn ich versuchte Worterlisten bei irgend einem Stamm auf- 
zunehmen, so wurde mir meist schon nach den ersten drei, vier Worten 
in sehr handgreiflicher Weise das Wort für Penis, und oft auch für 
Vagina und Cohabitation mitgeteilt. Ich möchte hierbei daran erinnern, 
«dass es ja schon schon seit längerer Zeit bekannt ist, dass die Männer- 
häuser bei den Küstenstämmen mit unzüchtigen Schnitzereien verziert 
-sind. Leider sind die Pfeiler des berühmten Männerhauses der Rumsram 
-zu Doreh, von dem Wallace berichtet, verloren gegangen oder befinden 
-sich doch irgendwo in einem Speicher zu Leyden wohl verborgen. Ich 
‚habe hier einen Pfeiler von einem Jünglingshause in Wandammen er- 
‘werben können, der ja auch eine deutliche Sprache spricht, und den ich 
die Herren nachher anzusehen bitte. Der Eintritt ins Männerhaus erfolgt 
angefahr mit dem 10. Lebensjahre. Es wird dabei ein grosses Fest ge- 
feiert, das ich anzusehen Gelegenheit hatte. 


22* 


340 Moszkowski: 


Am Tage vorher miissen alle Frauen und Kinder das Dorf verlassen. 
Die Novizen werden in das Mannerhaus gebracht, wo sie aber nach der 
Sage noch blind sind und nicht sehen. Dann ertönt am Morgen kurz vor 
Sonnenaufgang, die heilige Bambusflöte. Ein Gerät, das ängstlich vor den 
Frauen gehütet werden muss, denn wenn die Frauen es sehen, oder gar 
seinen Ton hören dann brausen die Wasser des Mamberamo auf, über- 
schwemmen das Land und verschlingen alles Lebendige. Die Novizen 
aber werden, wenn sie die heilige Flöte hören, sofort sehend und können 
das Heiligtum des Männerhauses erkennen. Den Beschluss des Festes 
macht ein grosses Festessen, bei dem aber nur Schweine und Kasuare 
gegessen werden dürfen, und danach müssen die Schädel und die Bein- 
knochen ins Feuer geworfen und verbrannt werden. Der Glaube an eine 
Sündflut, wie ich sie Ihnen eben erzählt habe, spielt auch sonst in den 
Sagen der Inlandstämme eine gewisse Rolle, wie aus beifolgender hübschen 
Sage hervorgeht: Vor Zeiten lebte auf dem Naumoni ein Mann, Frauen 
gab es nicht, der pflanzte Pisangs und daraus wurden Männer. Da kam 
eines Tages eine Frau (woher?) und heiratete den Mann. Und nach °/, 
Jahren genas sie eines Kindes. Der Mann aber ging tagsüber auf die 
Jagd und tötete die Kasuare und Schweine und Rau-Raus (Kängeruhs) 
und Kronentauben, soviel er fand. Das verdross die Tiere und sie be- 
schlossen sich zu rächen. Eines Tages als der Mann wieder auf der Jagd 
war, kamen die Tiere und fanden die Frau mit dem Kind an der Brust 
schlafend. Da töteten sie das Kind und die Frau packte ein grosser 
Kasuar am Gürtel und schleppte sie fort. Als nun der Mann nach Hause 
kam, fand er seine Frau nicht vor. Da klagte er und weinte. Dann 
aber schliff er sein Messer und ging seine Frau zu suchen. Von allen 
seinen Hunden aber folgte ihm nur einer (Nekar). Da kam er an ein 
kleines Flüsschen Bagudja. Da hörte er die Schweine und Kasuare und 
Rau-Raus und Kronentauben tanzen und trommeln und singen. Seine 
Frau aber hörte er klagen und der Kasuar hielt sie am Gürtel und tanzte- 
mit ihr. Die Rau-Raus aber standen am Wasser und soffen. Auf diese- 
stürzte sich der Hund. — Sagten die Rau-Raus, was denn, wir sind doch 
Freunde! Schöne Freunde das sagte der Hund — ich werde Euch alle- 
fressen. Und frass die Rau-Raus bis er sich ganz kugelrund gefressen 
hatte, dann soff er und ging nach Hause schlafen. War der Mann nun 
ganz allein. Da nahm er seinen Bogen, legte einen Pfeil auf, und schoss. 
den grossen Kasuar, der die Frau am Gürtel hielt, aufs Blatt, dass er 
-hinfiel und gleich tot war. Da lag aber ein grosser Baum, der sperrte 
das Flüsschen Bajadja ab und eine dicke Liane hielt ihn am Ufer fest. 
Nahm der Mann seinen Parang und schlug die Liane mitten durch, der 
Baum fiel ins Wasser, und nun brauste der Mamberamo auf, gewaltige 
Wassermassen stürzten in das Flüsschen hinein und überschwemmten weit 
und breit das Land. Die Schweine und Kasuare und Kronentauben wollten 
fliehen, aber immer höher und höher stieg die Flut. Da kamen sie auf 
den Berg Vanessa, aber die Wasser überschwemmten auch diesen und so 
‚mussten sie alle sterben, nur ein Schwein, ein Kasuar, ein Rau-Rau, eine 
Kronentaube entrannen dem Verhängnis und von denen stammen die 


Völkerstämme in Holländisch-Neuguinea. 


341 
heutigen Tiere ab. Auf dem Vanessa liegen heute noch die Knochen 


herum. Der Mann aber bestieg seine Prau und fuhr wohlgemut mit seiner 


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Abb. 8. Borumessu-Mann. 


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Frau nach Hause und wurde der Stammvater des heutigen Menschen- 
geschlechtes. 


342 Moszkowski: Völkerstämme in Holländisch-Neuguinea. 


Dieses Männerhausfest wird offenbar von allen Stämmen bis ins 
Zentralgebirge hinein gefeiert. Bei den Tori bin ich mitten in ein solches 
Fest hineingeschneit. Fast am südlichsten Punkt meiner Reise habe ich 
ein Haus gefunden, vor dem ein grosser Haufen verbrannter Schweine- 
und Kasuarknochen lag, ein Zeichen, dass hier ein Männerhausfest statt- 
gefunden haben musste. Sonst habe ich über die Religion der Inland- 
stämme nicht viel herausbringen können. Sie stellen sich vor, dass alle 
Berge, Steine, Pflanzen, überhaupt die gesamte umgebende Natur belebt 
ist. Wenn es donnert, so ist ein Berg in der Nähe böse, wenn jemand 
ertrinkt, ist der Fluss erzürnt u. s.f. Ihre Toten pflegen sie auf hohen 
Gerüsten im Walde, oft auch in der Nähe des Dorfes aufzubahren, wo 
man sie liegen lässt bis das Gerüst zusammenstürzt. Die Geister der 
Verstorbenen scheinen sie zu fürchten, da ein Dorf sofort verlassen wird, 
wenn ein Todesfall eintritt. Witwen tragen zum Zeichen der Trauer 
verschiedenartigen Kopfschmuck. Irgendwelche Behandlung von Krank- 
heiten scheinen sie, nach dem was ich gesehen habe, nicht zu kennen. 
Fieberkranke lieben es, sich in die Sonne zu legen und sich braten zu 
lassen. Im allgemeinen gelten Kranke als verzaubert. Um gesund zu 
werden, muss man den Zauberer finden, töten und essen. Menschenfleisch 
wird nicht gebraten wie anderes Fleisch, sondern zwischen gespaltenem 
Bambus oder Baumrinde in kleinen Stücken gekocht und dann mit einem 
Gemüse von Farrnkräutern verspeist. 

Über den Charakter der Inlandstämme kann ich eigentlich nur das 
Beste berichten. Meine Erfahrungen sind hier diametral denen entgegen- 
gesetzt, die man sonst mit Papua gemacht hat. Wohl erschien, wenn 
ich mich einem Dorfe näherte, die gesamte Mannschaft, bis an die Zähne 
bewaffnet am Ufer, schrie und tobte, schwang die Waffen, liess die Sehnen 
der Bogen erklingen und forderte uns auf uns wegzuscheren. Da ich es 
aber bei meiner unzureichenden Bewaffnung auf ein Gefecht nicht an- 
kommen lassen konnte, war ich in diesen Fällen jedesmal ruhig auf sie 
zugefahren und hatte ihnen meine sehr begehrenswerten Tauschartikel 
gezeigt, ohne auch meinerseits zu den Waffen zu greifen, nach der alten 
Regel, dass man einen bissigen Hund am ehesten damit beruhigt, dass 
man sich nicht vor ihm fürchtet, sondern auf ihn zugeht und ihn streichelt. 
Das hat denn auch immer Erfolg gehabt, und sobald die Leute von unserer 
Harmlosigkeit und Friedfertigkeit überzeugt waren, haben sie ihre an- 
fängliche Scheu und Wildheit bald abgelegt. — Es kam dazu, dass ich 
mich von vornherein bemüht hatte, die am Ufer des Mamberamo ge- 
sprochenen Sprachen kennen zu lernen, sodass ich mit den Leuten meist 
in ihrer eigenen Sprache verkehren konnte. Wenn wir dann zum zweiten 
Mal ın dasselbe Dorf kamen, dann hiess es nicht mehr: dola dola, mach’ 
dass du wegkommst, sondern dolachi, dolachi, du tarido — geh nicht weg, 
geh nicht weg, bleib bei uns. Ich hatte in den Vorbergen des Zentral- 
gebirges zwei meiner Jungens verloren, die sich im Walde verirrt hatten, 
und in demselben Inner-Neu-Guinea, von dem es heisst, dass ein Ein- 
geborener 100 Schritt von seinem Dorfe entfernt schon nicht mehr sicher 
ist getötet zu werden, sind diese beiden Jungens überall von den Papua 


Diskussion. 343 


in liebenswürdigster Weise aufgenommen worden. Die Leute haben ihnen 
Boote, Nahrung, Feuer und sogar Tabak gegeben. Und ich selbst, der 
ich nur mit einem einzigen Papua die 300 km vom Zentralgebirge bis zu 
den Stromschnellen habe zurücklegen müssen, bin nicht ein einziges Mal 
in Gefahr gewesen, sondern bin überall auf das freundlichste aufgenommen 
worden. Als ich einmal in einer Hütte übernachtete, besuchten mich - 
zehn Papua und schwammen zu dem Zweck quer durch den Strom, dann 
wollten sie in derselben Hütte schlafen, wie ich, was mir aus begreiflichen 
Gründen natürlich nicht passte. Da genügte ein einfacher, in ent- 
schiedenem Tone gegebener Befehl, ohne dass ich zu den Waffen ge- 
griffen hätte, sie zu bewegen die Hütte zu verlassen und mir das Feld 
zu räumen. 

So kann ich mich rühmen 2000 km im Innern des verrufensten Landes 
zurückgelegt zu haben, mit einer lächerlich kleinen Macht, ohne jemals 
ın ein Gefecht verwickelt zu werden, und wenn ich auf etwas stolz bin, 
so ist es das Bewusstsein, dass meine Expedition keinem Menschen, weder 
einem meiner Begleiter, noch einem Papua das Leben gekostet hat. 


Diskussion. 


Hr. Neuhauss: Die vom Herrn Vorredner vorgeführten Papuas mit 
den gewaltigen Haarperrücken aus dem Mündungsgebiete des Mamberamo 
sind durch eine Reihe guter Aufnahmen seit ziemlich langer Zeit be- 
kannt. Diejenigen Typen mit dem welligen bis lockigen Haar stellen 
durchaus keine Sonderklasse von Papuas dar, sondern sind, worauf schon 
der Gesichtsschnitt unzweideutig hinweist, durch Mischung von papuani- 
schem und malaiischem Blut entstanden. Der Einfluss der Malaien ist in 
jenen Gegenden seit langen Jahren ausserordentlich gross und macht sich 
bis in das deutsche Gebiet hinein geltend. Die vom Herrn Vorredner 
weiter im Innern aufgenommenen Typen sind an Zahl zu geringfügig, 
als dass man über die Stellung dieser Völkerschaften ein Urteil abgeben 
könnte. Ausserdem ist ein Teil der Bilder technisch zu unvollkommen 
und zu stark retuschiert. Ich warne davor, aus einem vereinzelten Papua- 
bilde einen Schluss auf die Körper- und Gesichtsbildung ziehen zu wollen. 
Wenn Sie die von mir aus Deutsch-Neuguinea mitgebrachten 800 Papua- 
typen, die sich hier oben in der Bibliothek unserer Gesellschaft befinden, 
durchmustern, so werden Sie immer wieder sehen, dass in demselben, 
engbegrenzten Stamme in bezug auf Körper- und Gesichtsbildung die 
allergrössten Variationen auftreten. 

Es wäre nun zur Klassifizierung dieser weiter im Inneren am Mambe- 
ramo wohnenden Stämme ausserordentlich wichtig, wenn es sich mit 
Sicherheit feststellen liesse, ob die Sprache dieser Leute melanesisch oder 
papuanisch ist. Der Herr Vorredner behauptete vorher mit grosser Be- 
stimmtheit, die Sprache sei papuanisch. Ich glaube ihm dies nicht so 
ohne weiteres, wenn er uns hierfür nicht strikte Beweise liefert. Wir 
finden nämlich, dass in Neuguinea die grösseren Ströme häufig die Ein- 
fallspforten für eine melanesische Bevölkerung sind. Wie Sie wissen, 
sind die melanesischen und papuanischen Sprachen streng geschieden. 


344 Diskussion. 


Die eine derselben verändert das Zeitwort durch Präfixe, die andere durch 
Suffixe, bei der einen fehlen vereinzelte Buchstaben, die andre hat be- 
sondere Verbalformen für Bedingungssätze usw. Im allgemeinen sind die 
papuanischen Sprachen in bezug auf Grammatik und Wortschatz weit 
komplizierter als die melanesischen. Ich bitte also den Herrn Vorredner, 
uns in erster Linie in diesem Punkte Aufklärung zu geben, da er doch, 
wie er uns mitteilte, mit den Leuten in ihren Sprachen verkehrte. 

Was nun die religiösen Vorstellungen und Sagen anbelangt, so ist es 
dem Europäer, der sich nur wenige Monate im Lande aufhält, unmöglich, 
hier wirklich Authentisches in Erfahrung zu bringen. Der Papua hat viel 
zu grosse Angst vor der Rache der ihn allerwärts umschwärmenden 
Geister, als dass er irgend etwas verraten würde. Dabei ist er aber ein 
sehr höflicher Mann und erzählt, soweit die Schwierigkeiten der Sprache 
dies zulassen, dem ihn ausfragenden Europäer alles was er hören will; 
nur verrät er nichts von seinen eigentlichen, altväterischen Überlieferungen. 
Ferner hat er grosse Neigung, allerhand Modernes mit einem papuanischen 
Mäntelchen zu umhängen und als alte Anschauungen auszugeben. Erst 
nach jahrelangen Bemühungen, wenn der alte Glauben bereits ins Wanken 
gebracht ist, wird es den Missionaren möglich, Verborgenes aus dem 
Papua herauszuholen. In dem soeben ausgegebenen dritten Bande meines 
Reisewerkes finden Sie all diese Verhältnisse eingehend erörtert. Am 
verschlossensten ist der Papua dort, wo die Mission überhaupt noch nicht 
mit ihm in Berührung kam. Das habe ich, als ich monatelang unter den 
Sissanuleuten, nahe der holländischen Grenze lebte, zur Genüge erfahren. 

Die vom Herrn Vorredner uns mitgeteilte Messiassage und die Sint- 
flutsage gehören zweifellos zu den mit einem papuanischen Mäntelchen 
umhängten biblischen Erzählungen. Die an der Küste stationierten 
Missionare haben ihren schwarzen Schülern diese Geschichten vorgetragen, 
und von Papuamund zu Papuamund sind sie, natürlich mit den nötigen 
Abänderungen, bis tief ins Innere gelangt. Überflutungssagen gibt es in 
Neuguinea überall, zumal dort durch die gewaltigen Erdbeben bis in die 
neueste Zeit hinein mächtige Überflutungen stattfanden. Aber die uns 
hier mitgeteilte Sintflutsage erinnert durch den Umstand, dass von jedem 
Getier ein Exemplar übrig bleibt, doch allzu lebhaft an die Bibel. 

Wegen der vorgeschrittenen Zeit kann ich auf verschiedene andere 
Punkte des Vortrages nicht mehr eingehen. Ich möchte nur noch kurz 
erwähnen, dass das Tragen von Schnurrbärten und „Fliegen“ keine 
ursprüngliche papuanische Sitte ist. Vielmehr haben dies die Papua den 
Europäern und Malaien nachgeahmt. Auch die Schwarztätowierung ist 
importiert. 


Hr. W. Müller: Zur Frage der von Herrn Dr. M. festgestellten 
„echten“ Papuasprachen möchte ich folgendes konstatieren. Vor einigen 
Tagen fragte mich Herr Dr. M., ob ich ihm einen Bearbeiter seines 
papuanischen Sprachmaterials zu nennen wisse. Auf meine Frage, worin 
denn dieses Material bestehe, erklärte Herr Dr. M., dass es sich aus- 
schliesslich um Vokabularien handle. Meinem Einwand, dass bei 


Diskussion, 345 


papuanischen Sprachen im Gegensatze zu den melanesischen nur die 
Grammatik zur Beurteilung ihrer Stellung zu verwerten sei, begegnete 
Herr Dr. M. mit der Erklärung, dass seine Papuasprachen eine Gram- 
matik nicht besässen. Ich erwiderte ihm, dass solche Sprachen selbstver- 
standlich ein Unding seien, worauf ich zur Antwort erhielt, wie ich das 
behaupten könne, ich sei doch in jenem Teil Neuguineas gar nicht ge- 
wesen. 


Hr. Moszkowski: Herr Neuhauss rennt mit den ersten zwei 
Dritteln seiner Entgegnung offene Türen ein. Ich habe zu wiederholten 
Malen erwähnt, dass in NW.-Neuguinea ein starker malayischer Einschlag 
vorwaltet, sowohl kulturell wie anthropologisch. Gänzlich verkehrt ist 
aber die Annahme, dass die zahlreichen Typen mit welligem Haar, die 
z. B. auf Biak zu finden sind, etwa auf rezenten malayischen Einfluss 
zurückzuführen wären. Hier liegt, wie ich schon im Vortrag ausgeführt 
habe, offenbar eine uralte Vermischung prämalayischen Blutes mit 
melanesischem vor. Das gleiche gilt auch von den cymotrichen Typen, 
die Neuhauss nach seiner eigenen Angabe in Deutsch-Neuguinea ge- 
funden hat. 

Der blaue Irisring ist „natürlich“ kein arcus senilis, sondern etwas 
ganz anderes, was Herr Neuhauss in dem Martinschen Buche: „Die 
Inlandstämme der malayischen Halbinsel“ nachlesen mag. 

Dass Herr Neuhauss selbst keinerlei Sagen aus den von ihm be- 
reisten Gebieten mitgebracht hat, „obwohl er viel länger dort war“ als 
ich, beweist eigentlich wenig gegen mich. Ks ist ganz natürlich, dass, 
wenn man unter dem Schutz der Missionare reist und nur in solche 
Gebiete kommt, die unter dem Einfluss der Missionstätigkeit stehen, man 
zwar alle nur wünschenswerte Sicherheit für Leib und Leben hat, aber 
dafür andere Forschungshindernisse in Kauf nehmen muss. Wo die 
Missionare walten, deren Tätigkeit ich nicht etwa unterschätze, ist der 
Eingeborene scheu und misstrauisch, traut sich nicht aus sich heraus. 
Wenn man aber das Glück hat, in gänzlich unberührte Gebiete zu 
kommen, wo man den Weissen noch nicht kennt und nicht scheut, da 
kann man zwar eventuell einige Gefahr laufen, hat dann dafür aber auch 
die Chance, das Vertrauen der im Grunde naiven und harmlosen Wilden 
zu gewinnen. Und ebenso wie ich nicht gespeert und nicht gebraten 
worden bin, ist es mir eben auch gelungen, über das Seelenleben meiner 
schwarzen Gastfreunde dieses und jenes auszukundschaften. Im übrigen 
ist die Sage vom Manseren Koreri verbürgt älter als das Auftreten der 
ersten Missionare in NW.-Neuguinea und ausserdem eine geradezu 
typische Kulturheroensage. Nicht minder typisch ist die Sintflutsage, 
speziell in ihrer Verbindung mit der Jagd. 

Herr Neuhauss zweifelt ferner an, dass die Typen, die ich Ihnen 
als Inlandstämme gezeigt habe, wirklich echte Inlandpapuas sind. Nun, 
den geradezu krassen Unterschied gegen die Typen der Küste kann wohl 
keiner leugnen, die längeren Beine, die kolossale Muskulatur und die 
breiteren Gesichter sind eben da und lassen sich nicht wegdiskutieren. 


346 Diskussion. 


Und schliesslich, wo sollten sich denn Inlandpapuas finden, wenn nicht im 
Innern? Und dass ich im Innern Neuguineas war, etwa fünfmal’) weiter 
von der Küste entfernt, als Herr Neuhauss je gekommen ist, tiefer als 
je ein Europäer vor mir, das kann doch auch Herr Neuhauss nicht 
leugnen! Und was sollten es denn sonst für Leute sein? Malayen und 
Melanesen gehen nicht über 60 km lange Stromschnellen hinaus. 

Herr Neuhauss versuchte mir endlich auf linguistischem Gebiet 
Fallen zu stellen. Ich bin kein Linguist und habe auch nie prätendiert 
einer zu sein. Aufs schärfste aber protestiere ich gegen die merkwürdige 
Art und Weise, in der Herr Neuhauss versucht, um seine Verdienste in 
ein helleres Licht zu setzen, die ehrliche und mühevolle Arbeit eines 
anderen herunterzusetzen und zu verkleinern. 

Herrn Müller gegenüber habe ich allerdings erklärt, dass die von 
mir aufgenommenen Sprachen keine Grammatik hätten, denn z. B. dola 
heisst gehe weg, ich gehe weg, du gehst weg u. s. f£ Ob es aber Sitte 
ist, Privatgespräche ohne Not in die Diskussion zu tragen, möchte ich 
füglich bestreiten. 


Hr. W. Müller: Ich wünsche nur festzustellen, dass Herr Dr. M. in 
Gegenwart von Zeugen selbst den Wunsch geäussert hat, ich möge ihn 
interpellieren, da ihm daran gelegen sei, mir Öffentlich Rede und Antwort 
zu stehen. 


1) (Anmerkung bei der Korrektur) Auf meiner Inlandreise westlich vom 
Sattelberge gelangte ich bis zu einem Punkte, der von der Küste in Luftlinie 
60 Kilometer, auf meiner zweiten Markham-Reise bis zu einem Punkte, der von 
der Mündung in Luftlinie 70 Kilometer, auf der Augustafluss-Reise bis zu einem 
Punkt, der von der Mündung in Luftlinie 130 Kilometer entfernt liegt. 5x 130 
macht 650. Ganz Neu-Guinea ist aber an der Stelle, wo Dr. Moszkowski reiste, 
nur rund 400 Kilometer breit. Neuhauss. 


Prahistorische Fachsitzung vom Il. Mai 1911. 


Vortrige: 


Hr. Hermann Busse: Neue und ältere Ausgrabungen von vorgeschichtlichen 
Einzelfunden, Gräberfunden und Wohnplätzen bei Woltersdorf, Kreis Nieder- 
Barnim. Mit Lichtbildern. 

Hr. Hans Menzel: Die geologische Entwicklungsgeschichte der älteren Post- 
glacialzeit im nördlichen Europa und ihre Beziehungen zur Prähistorie. 


Vorsitzender: Hr. Otto Olshausen. 


(1) Hr. Kiekebusch hat durch Postkarte aus Niedergörsdorf bei 
Jüterbog mitgeteilt, dass in dortiger Gegend, auf dem Dennewitzer 
Schlachtfelde, beim Chausseebau ein Gräberfeld mit ältesten Buckelurnen 
angeschnitten sei, welches aber auch schon Eisen aufwiese, vor allem grosse 
Mengen von Eisenschlacken in mit Lehm ausgekleideten Gruben. An der- 
selben Stelle, in Niedergörsdorf selbst an der Dorfstrasse, fand er den 
Grundriss eines Bauernhauses mit Stallung aus der Zeit der frühesten 
deutschen Eroberung nach Vertreibung der Wenden (13. und 14. Jahr- 
hundert) mit Herdraum und zwei Kammern, den Herd aus Feldsteinen. 
Endlich traf er einen Burgwall aus vorwendischer Zeit, der jedoch im 
frühesten Mittelalter schon verfallen war. 


(2) Hr. Busse hält den angekündigten Vortrag 
Neue und ältere Ausgrabungen von vorgeschichtlichen Einzelfunden, 


Gräberfunden und Wohnplätzen bei Woltersdorf, Kreis Nieder-Barnim. 
Der ausführliche Bericht wird ım 3. Heft der Zeitschrift erscheinen. 


(3) Hr. Hans Menzel hält den angekündigten Vortrag 


Die geologische Entwicklungsgeschichte der älteren Postglacialzeit im 
nördlichen Europa und ihre Beziehungen zur Prähistorie. 


Sitzung vom 20. Mai 191. 


Vortriige: 
Hr. Otto Messing: Uber die chinesische Staatsreligion und ihren Kultus. Mit 
Lichtbildern. 
Hr. Hans Virchow: Über die Weichteile des Chinesinnenfusses, Mit Licht- 
bildern. 


Vorsitzender: Hr. Hans Virchow. 


(1) Verstorben Hr. Baumeister Peter Madsen in Berlin, Mitglied 
seit 1889. 


(2) Neu aufgenommen sind: 


Hr. Regierungsrat Drescher in Frankfurt a. M. 

Hr. Professor F. Förster in Bretten in Baden. 

Krainisches Landesmuseum Rudolfinum in Laibach. 

Hr. Rittergutsbesitzer v. d Osten, Wisbu bei Muddelmow in Pommern. 
Hr. Direktor Marcel de Puydt in Liege, Belgien. 

Hr. Dr. Hermann Schmidt, Wuhlgarten bei Biesdorf. 

Hr. Romulus Vuia in Hatzeg Hunyad in Ungarn. 

Hr. Dr. Paul Ziegenhagen in Danzig. 


(3) Der Verband der Vereine für Volkskunde wird eine Delegierten- 
versammlung in Einbeck abhalten. Hr. Sökeland wird gebeten werden 
dabei die Gesellschaft zu vertreten. 


(4) Ein interaationaler Rassenkongress (First universal Races Congress) 
soll in London vom 26. bis 29. Juli stattfinden. Hr. von Luschan wird 
dabei die Gesellschaft vertreten. 


(5) Ein Ausflug soll im Juni, am 24. und 25., stattfinden, worüber 
näheres noch mitgeteilt werden wird. 


(6) Hr. Otto Messing hält den angekündigten Vortrag: 


Über die chinesische Staatsreligion und ihren Kultus. 


Nächst der Sprache ist es die Religion und deren Kultus in erster 
Linie, die wir verstehen müssen, um den Charakter ihrer Träger ver- 


Messing: Chinesische Staatsreligion. 349 


stehen, um einen wahren Einblick in die Seele eines Volkes tun zu 
können. | 

Beide, Sprache und Religion, sind in China die ältesten Zeugen be- 
stehender Kultur; das mittlere und nördliche China, die Ursitze chine- 
sischer Gesittung, sind zugleich Heimat des edelsten Dialektes, und die 
religiösen Ideen haben in China ebensowenig einen übernatürlichen Ur- 
sprung wie in anderen Religionen, sie wurzeln im grauesten Altertum der 
Geschichte, greifen sogar auf die Prähistorie des Landes zurück. Sie mit 
einem dieser ehrwürdigen ältesten Kulturfaktoren des chinesischen Staates, 
der sog. „Staatsreligion* und mit ihrem Kultus bekannt zu machen, ist 
meine Absicht. 

Es liegt dabei nicht in meinen Intentionen über diese Darstellung 
hinauszugreifen, für die Probleme egene Lösungen zu bieten oder Fol- 
gerungen aus eigener Machtvollkommenheit zu ziehen; nur das allgemeine 
Interesse zur Sache lässt mich zu Ihnen über ein Thema sprechen, dessen 
Tiefe bei weitem noch nicht durch die wissenschaftlichen Untersuchungen 
der Sinologen ergründet ist. 

Gleich dem Schauplatz der Weltgeschichte im Westen hat sich auch 
der im Osten des Kontinents in der nördlich gemässigten Zone abgespielt, 
der Typus und Charakter des Volkes sich auch hier dem Naturtypus der 
Lokalitäten angepasst und im Laufe der weltgeschichtlichen Entwickelung 
bis auf unsere Tage behauptet. 

Wie und ob überhaupt eine Einwanderung der Bewohner des heutigen 
Chinas erfolgt ist, liegt ausserhalb unseres Themas. Tatsache ist, dass die 
Chinesen bei ihrem ersten Erscheinen in der Geschichte sich in der Ge- 
gend der heutigen Provinz Shansi befinden, in einem Gebiet welches durch 
die östliche Hälfte der heutigen Provinz Shensi, den Westen von Chihli 
und Shantung und den nördlichen Teil der Provinz Honan begrenzt wird. 
Die Hauptstadt war Yang Hsia, in der Nähe des heutigen Taikang Hsien 
in Honan, 34° nördl. Br., 114,54° östl. L. 

Wie uns ein Blick auf die Karte zeigt, war es die mittlere Talebene 
der Huangho, des Gelben Flusses, nachdem er den Weiho in sich auf- 
genommen, und nachdem beide Flüsse das Hochgebirge durchbrochen 
haben und in die grosse Tiefebene getreten sind, welche bestimmt war, 
den Mittelpunkt chinesischer Kultur, den Kern des Reiches in seiner noch 
unaufgeschlossenen Selbständigkeit zu bilden. 

Infolge der Regelmässigkeit der Jahreszeiten wurde das Volk seit 
Beginn seiner Existenz auf den Ackerbau, oder vielmehr Gartenbau, als 
erstes Prinzip seiner Tätigkeit verwiesen; die ältesten Berichte erwähnen 
bereits die Begriffe des Grundeigentums und die sich darauf beziehenden 
Rechtsverhältnisse. 

Wir finden ferner schon in den ältesten Zeiten die Anfänge einer 
Schriftsprache, die sich im Wechsel der Zeit, wie mitten im Gewirr der 
lebenden Dialekte stets als einheitliches Ganzes repräsentiert. Die als 
Ausdruck der Sprache gestalteten Zeichen dienten in erster Linie als 
Mittel zur Staatsordnung, sie galten von jeher bis heutigen Tages noch 
als etwas Heiliges. 


850 Messing: 


Seit den ältesten Zeiten bis zum Ende des zweiten Jahrhunderts v. u. Z., 
als der sich zum erstenmal in der Geschichte ti „Kaiser“ nennende be- 
rühmte und berüchtigte Herrscher Shi huangti die Dynastie der Tsin, 255 
bis 206 v. u. Z., gegründet und die Nachkommen der „Hundertfamilien“, 
unter seinem Szepter zu einem grossen Gemeinwesen, der Basis des 
heutigen China, vereint hatte bis zu dieser Zeit hielt sich das Volk von 
den umwohnenden Völkern abgeschlossen, auf eigenem Boden der inneren 
Entwicklung zugewandt, einen seiner Rasse eigentümlichen Typus der 
Zivilisation entfaltend, den eine besondere kontinentale Sesshaftigkeit, 
dem Handel und der Schiffahrt oder einer kolonisatorischen Ausdehnung 
abgeneigt, charakterisiert, bei der nicht das Individuum als solches, 
sondern die patriarchalisch kommunistische Familie zur Geltung kam, 
und das Familienpatriarchat zum gesellschaftlichen Patriarchat mit dem 
Fürsten an der Spitze wurde. Das Individuum war nur ein Glied des 
Volkes, der Sippe, sofern es mit der Rasse durch das Band der Bluts- 
verwandtschaft verknüpft war. 

Die chinesischen Urkunden, aus denen wir die Kenntnisse des Alter- 
tums und somit auch die = religiösen Zustände der alten Zeiten 
schöpfen, sind dia 

5 kanonischen Biicher, die Wu King, 
und die 

4 klassischen Bücher, die Sze Shu, 
zusammen die 9 den Chinesen heiligen Bücher. 

Von den Wu-king, es sind dies das Yi-king oder kanonische Buch 
der Wandlungen, das Shu-king, das kanonische Buch der Urkunden, 
das Shi-king, das kanonische Buch der Lieder, das Liki, die Auf- 
zeichnung über die Riten, das Chun tsiu, Frühling und Herbst, die 
Chronik des Staates Lu, interessieren uns hauptsächlich das Shu-king, 
Shi-king und das Li-ki, während die Sze shu einer späteren Kultur- 
epoche angehören und aus der nach-Confuzianischen Zeit stammen. 
Diese 5 kanonischen Bücher liegen ihrer zeitlichen Entstehung nach weit 
auseinander. Während das Yi-king, eins der ältesten Denkmäler des 
chinesischen Schriftentums, aber das dunkelste und am schwersten ver- 
ständliche Produkt der gesamten Literatur, wohl zu Anfang der Chou- 
Dynastie, also im 12. Jahrhundert v. u. Z, entstanden, datiert das Liki, 
in der vorliegenden Fassung, erst aus dem zweiten Jahrhundert nach unserer 
Zeitrechnung. Allerdings rühren die meisten der darin aufgenommenen 
Texte aus einer sehr viel älteren Zeit her. Das Chun tsiu, die Chronik 
des Staates Lu von 722—481 v. u. Z, ist das einzige Buch, dessen Ver- 
fasser wir genau kennen, es ist Kung; anscheinend ein Werk seiner 
eigenen Hand, religionswissenschaftlich aber von geringer Bedeutung. 

Das Shi-king überliefert uns Gedichte, die wohl der ältesten Periode 
der chinesischen Geschichte angehören, und die nach dem Berichte Sze 
ma tsiens, dem alte und gute Quellen zu Gebote standen, von Kung aus 
3000 alten Liedern gesammelt und der Nachwelt überliefert wurden. Das 
Shu-king beginnt in bescheidener Weise mit chronologischen Auf- 
zeichnungen über die Regierung des Häuptlings, oder wie er bei den 


Chinesische Staatsreligion. 351 


Chinesen seit alters bis auf den heutigen Tag genannt wird „Kaiser“ 
Yao, ungefähr 2400, und endet mit Herzog Mu des Fürstentums Tsin, 
ungefähr 627 v. u. Z., umfasst also einen Zeitraum von 1600 Jahren. Es 
zerfällt in zwei an innerem Wert nicht gleichen Hälften, von denen die 
erste meist aus Aufzeichnungen älterer Überlieferungen besteht, und das 
was wir heute haben, ist der Rest der teils bei der Bücherverbrennung 
Tsin Shi huangtis übrig geblieben, teils durch mündliche Traditionen 
gerettet worden ist. Diese sämtlichen Bücher sind aber keineswegs 
religiöse Urkunden, nicht gleich den Literaturen anderer Kulturvölker des 
Altertums ausschliesslich religiösen Inhaltes. Die chinesischen Historiker 
haben überhaupt nicht in unserem Sinne Geschichte geschrieben, sie haben 
nur in prosaischer Weise chronologisch eine Menge historischer Tatsachen 
in ihren Werken erwähnt und angehäuft und in deren Angaben sich 
allerdings als sehr zuverlässig erwiesen, sie haben sich aber nicht der Ar- 
beit unterzogen, Tatsachen auf ihre Ursachen und Wirkungen hin zu 
prüfen, und so finden wir auch den Glaubensinhalt der altchinesischen 
Religion in diesen kanonischen Büchern nur in allgemeinen Umrissen 
wiedergegeben. Angaben über das bei den Opfern zur Verwendung ge- 
langende Material und über das Ritual der Opfer selbst fehlen gänzlich. 
Das Shu enthält hauptsächlich Reden, Ermahnungen, kurze Aussprüche 
der alten Herrscher in „lapidarer Kürze“, wie Grube es ausdrückt, die 
meist mit den Worten beginnen: 

„wenn wir die alte Geschichte zu Rate ziehen, so finden wir...“, 
sie greifen also auf die weite Vergangenheit zurück. Den sich aus den 
alten Überlieferungen ergebenden Mangel haben wir uns aus dem Ent- 
wicklungsgang der Staatsreligion seit der Chou-Dynastie, also seit der 
Zeit, wo die Geschichte uns durch Überlieferungen nahezu oder ganz sicher 
verbürgt ist und aus den Aufzeichnungen späterer Dynastien bis auf die 
gegenwärtige der Tsing, wie sie im grossen Staatshandbuch, dem Ta Tsing 
hoei tien, niedergelegt sind, zu ergänzen. 

Die Berichte jener alten legendenhaften und halbgeschichtlichen Zeit 
überliefern die religiöse Anschauung als eine primitive Gottesverehrung, 
verbunden mit einem Naturkultus. Als Shun, einer der legendenhaften 
Herrscher, den Thron bestieg, opferte er dem „Shangti“, dem „erhabenen 
Herrscher“, den sechs Verehrungwürdigen, den Bergen, Flüssen und den 
hundert Geistern. Gleichzeitig und in engem Zusammenhange mit diesem 
Kultus finden wir die Einrichtung der Ahnenverehrung. 

Diese Verehrung des „Shangti“, des höchsten Herrschers bildet die 
ursprüngliche chinesische Staats- oder Reichsreligion, sie ist die Religion 
des Staates, des Reiches, d. h. des chinesischen Staates, des chinesischen 
Reiches, Shen ° tao * tsiao*, die „Lehre des obersten wahren Geistes“. 
Sie steht als solche in keinem nachweisbar historischen Zusammenhange 
mit der anderer Kulturvölker. 

Wie der religiöse Zustand des Volkes in seinen alten Zeiten im All- 
gemeinen war, lässt sich natürlich heute nicht mehr feststellen; der Kultus 
aber war wahrscheinlich schon damals, was er heute ist, eine religiöse 
Zeremonie der regierenden Klassen, an deren Spitze als einziger Hohe- 


352 Messing: 


Priester der Kaiser, als Sohn des Himmels, Tien-tsze, Repräsentant und 
Mittler zwischen dem höchsten Herrscher und dem Volke, d. h. ausschliesslich 
dem chinesischen Volke stand, welches als solches der Zeremonie als stummer 
Zuschauer beiwohnte. 

In seinen wesentlichen Formen hat sich der Kultus unter allen 
Dynastien, wie sie im Laufe der Zeit einander gefolgt sind, aufrecht- 
erhalten. Ist es allerdings Gebrauch gewesen bei Antritt einer neuen 
Dynastie neue Vorschriften über die Handhabung religiöser Gebräuche zu 
erlassen, so erheischte doch das Interesse der aufeinander folgenden 
Dynastien stets in sehr weitgehendem Masse die alten Gebräuche fort- 
zusetzen und an der geheiligten religiösen Überlieferung festzuhalten, um 
mit der neuen Dynastie dem Volke das Bild eines hilfsbereiten Schützers 
in Zeiten der Not vor Augen zu führen, mit dem Volksinstinkt zu 
rechnen, und somit in dem konservativen Element durch den steten Hin- 
weis auf die Verknüpfung mit den fernsten Vorgängen in der Heiligkeit 
der Tradition der Zusammengehörigkeit der chinesischen Rasse zu beharren. 

Wenn aber das Liki ausdrücklich erwähnt, dass Neuerungen und 
Änderungen seit den ältesten Zeiten vorgenommen wurden, so ist es 
ausserdem klar, dass jede neue Dynastie es in ihrem Interesse hielt, die 
Zeremonie feierlicher und wirkungsvoller zu gestalten, die wir uns in den 
ältesten Zeiten unter primitivsten Lebensbedingungen nicht anders als im 
höchsten Grade einfach vorzustellen haben. 

Als Resultat der Wandlungen der Anschauungen, wie sie im Laufe 
der Jahrtausende stattgefunden haben und in der religiösen Auffassung 
zum Ausdruck gelangen, können wir anführen, dass den uns überkommenen 
Überlieferungen nach die älteste vorgeschichtliche, halbmythische 
Zeit, d. 1. 2500—1200 v. u. Z. rein monotheistisch war, die sich seit der 
Chou-Periode, mit der wir auf halbgeschichtlichen und wirklich 
geschichtlichen Boden zu stehen kommen, in eine dualistische — Himmel 
und Erde — umwandelte, und sich in einer dritten Periode seit dem 
6. Jahrhundert v. u. Z. bis auf den heutigen Tag zu einer materialistischen 
oder vielmehr agnostischen, mit einem leisen Anklang monotheistischer 
Auffassung gestaltete. Die wesentliche Änderung der philosophischen 
Weltanschauung unter der Chou-Dynastie musste allerdings auch eine 
durchgreifende Änderung des Zeremoniells nötig machen. 

Aber seit der von Kublai Khan gegründeten mongolischen (Yuän) 
Dynastie 1280—1368 u. Z. sind keine wesentlichen Änderungen des Kultus 
eingetreten, wie er heute noch unter der jetzigen Dynastie, im Ta Tsing 
hoei tien, im ,Staatshandbuch der grossen Tsing“ niedergelegt zur Aus- 
führung gelangt. Fand diese alte Staatsreligion, als solche weiterbestehend, 
in der Lehre des Kung ihre Weiterentwicklung und ihren Abschluss, so 
gaben Überlieferungen einer vermutlich von altersher bestehenden anderen 
Volksreligion, die jedoch durch die ältesten Literaturdenkmäler, soweit 
sie uns überkommen, nicht belegt ist, sich aber mehr an die Traditionen 
der Shang-Dynastie 1766 — 1122 v. u. Z. der Vorgängerin der Chou- 
Dynastie gehalten zu haben scheint, die Grundlage für den späteren 
Taoismus, dem wiederum in dem 5. und 4. Jahrhundert v. u. Z. die ersten 


Chinesische Staatsreligion. 353 


tiber Land eindringenden Nachrichten der Hindulehre mit ihren charak- 
teristischen Eigenschaften der ländlichen Abgeschlossenheit und des 
Asketismus ein markantes Gepräge gegeben haben, der aber nicht auf 
den Taoteking der Laotsze als Quelle zurückzuführen ist. 

Aus dieser zweifachen Abzweigung, der Lehre des Confuzius, in den 
9 kanonischen Biichern wurzelnd, dem Taoismus, aus einem alten Volks- 
glauben hervorgegangen, denen sich als dritte Lehre, der zu Anfang u. Z. 
in China eingeführte Buddhismus hinzugesellte, entwickelte sich der zum 
Terminus technicus gewordene Begriff der „drei Lehren“ San chiao‘; 
diese drei Lehren, von denen wiederum namentlich Buddhismus und 
Taoismus in der chinesischen Welt eine starke Wechselwirkung auf ein- 
ander ausgeübt haben, bilden in krassester Form des Geister-, Spuk- und 
Aberglaubens, die animistische Volksreligion des heutigen Chinas. 

Der alte chinesische Religionskultus der Verehrung des Shangti 
nimmt keine persönliche Offenbarung an, er kennt keinen besonderen 
Priesterstand, obgleich gerade unter den obwaltenden Verhältnissen die 
für Jahrhunderte lange vollkommene Isolierung und Fernhaltung aller 
fremdartigen störenden Einflüsse von dem Geiste des Volkes, dem Empor- 
kommen und Erblühen der — ich bediene mich dabei der Worte Köppens — 
yin jedem Boden, unter jedem Klima und unter den verschiedensten Ver- 
haltnissen gedeihenden Pflanze“ der Hierarchie besonders günstig gewesen 
wäre; der alte chinesische Religionskultus kennt keine Bilder — für eine 
bildliche Darstellung des Gottheitsbegriffes ist in der Staatsreligion nie 
ein Bedürfnis gewesen — er kennt keine Tempel, kein Dogma, und ist 
trotzdem ein strengen Zeremonien unterworfener Kultus, reich an Schau- 
gepränge. Auch geschahen im alten China keine Wunder! Shangti ist 
ferner nicht mit schöpferischer Kraft bekleidet, er ist nicht „Gott“ im 
Sinne der Juden, Christen und Mohammedaner, der im Anfang den Himmel 
und die Erde schuf, und im Hinblick auf diese Funktionen des biblischen 
Gottes erscheint eine Übersetzung des Wortes „Gott“ mit „Shangti“ 
nicht möglich. 

Die ursprüngliche Auffassung einer Weltschöpfung war, dass alle 
Dinge aus sich selbst kamen, ihre Erzeugung eine spontane war. Die 
Philosophie lässt aus einer Einheit die dualen Mächte, Yang und Yin, das 
männliche und weibliche Prinzip der Natur, und aus diesen die Dinge 
hervorgehen; aber die Mythologie, die übrigens bei den Chinesen nur eine 
geringe Rolle spielt, setzt dafür Pankoo ein, das erste Individuum in 
Zwerggestalt und in Bärenfell gekleidet, welches die Herkulesarbeit voll- 
brachte, das Chaos zu formen, welches ihn hervorgebracht, und die Erde 
auszumeisseln, damit sie ihm einen Aufenthalt gäbe. — Und als Beweis 
dafür, dass das China des Altertums dasselbe schon war, wie es heute ist, 
heisst es weiter: 

„Die Insekten an seinem Körper wurden zu Menschen.“ 

Was haben wir nun unter Shangti zu verstehen? 

In allen Klassikern finden wir die konstante Bezeichnung ti, shangti, 
huang shangti. Die chinesischen Lexika erklären „ti“ als rechtsprechen, 
herrschen, also, da das Chinesische keiner Flexion und keiner Wortformung 

Zeitschrift für Ethnologie. Jahrg. 1911. Heft 2. 23 


354 Messing: 


fähig ist, das Wort als solches nur Begriffswert hat, — auch Richter, 
Herrscher, Lord, ,Shangti* heisst daher oberster Herrscher oder Richter, 
huang shangti, Grosser oder Erhabener Herr — Herrscher —. 

Dem Volke war er von jeher ein Geist voller Erhabenheit, ein 
lebendes, denkendes Wesen, allwissend, allmächtig, allgegenwärtig, ihm 
aber menschliche Züge zu geben, eine anthropomorphe Vorstellung sich 
von ihm zu machen, dazu hat sich die Phantasie der Chinesen, wie erwähnt, 
nie verstiegen. Die einschlägige Literatur bietet hierzu nur vereinzelte 
Belege, die Vorstellung einer von ihm ausgehenden Natur- und Welt- 
ordnung war überwiegend; ebenso kommt nur in einem Gebet eines 
Kaisers der Ming-Periode ein augenfälliger, auf eine schöpferische Eigen- 
schaft des Shangti hinweisender Passus vor. Das Gebet lautet in der 
Übersetzung ungefähr wie folgt: 

„Zu Anfang war ein grosses Chaos, farblos ohne Form, in seiner 
Mitte zeigte sich weder Form noch Klang. Du, o erhabener Geist tratest 
in Erscheinung in Deinem Reiche, und das erste was Du tatest war, 
Reines vom Unreinen zu trennen, Du schufst den Himmel, Du schufst 
die Erde, Du schufst den Menschen. Alle Dinge erhielten ihr Leben mit 
der Kraft sich fortzupflanzen.“ 

Im Glauben an diesen obersten Herrscher „Shangti“, sind die Ordnung 
der Natur und der Hergang der Begebenheiten der Ausdruck des göttlichen 
Gesetzes; durch ihn gelangen Könige zur Herrschaft, und Fürsten zur 
Gewalt, also ein wahres „Gottesgnadentum“. Er setzt sie ein und setzt 
sie ab. Die Könige sind seine Minister, von ihm eingesetzt zum Schutz 
und zur Führung des Volkes sind sie die Ausführenden seines Willens 
und seiner Pläne. Seine Augen ruhen auf ihnen, Billigung oder Miss- 
billigung, Lohn oder Strafe wartet ihrer, je nach ihren Taten oder 
Leistungen. Von ihm kommt Wohl und Wehe, Gedeihen und Unglück, 
ohne Ansehen der Person; durch ausserordentliche Phänomene, wie Über- 
schwemmungen, Dürre, Erdbeben gibt Shangti zu erkennen, dass die 
Harmonie zwischen den 3 Grundwesen (san tsai), der Welt nämlich, dem 
Himmel, dem Menschen und der Erde gestört ist; der sündige Mensch 
und namentlich der Fürst muss dann in sich gehen, durch Reue und 
Besserung den Himmel wieder zu versöhnen, die Ordnung wieder herzu- 
stellen suchen. Wer Gutes tut, ist seines Segens sicher, der Schlechte 
seiner Verdammnis. Der lasterhafte Tyrann wird durch ihn nieder- 
geschmettert, der Würdigste auf den Thron erhoben. Gegen seinen 
Richterspruch gibt es keine Berufung und kein Entfliehen, ausser durch 
Reue und Besserung; gnädig zu den Guten ist er, erbarmungslos zu den 
Schlechten. Er leitet und beschützt den guten Herrscher. 

Wir sehen also, wie im alten Judentum besteht auch in der Staats- 
religion Chinas das intimste Verhältnis zwischen der Gottheit und ihrem 
Volke; Shangti ist auch hier der Gott „seines Volkes“, er ist das oberste 
Mitglied des Gemeinwesens, er lebt innerhalb und mit der sozialen Ein- 
heit, er ist der Ausdruck derselben; eine Auffassung, die die Chinesen 
seit ihrem ersten Auftauchen in der Geschichte bis auf den heutigen Tag 
sich bewahrt haben. 


Chinesische Staatsreligion. 355 


Aber ebenso häufig wie den Ausdruck Shangti finden wir in den 
Klassikern für den Namen des höchsten Wesen, vielleicht noch häufiger, 


Dien K Himmel, shang t‘ien, hoher, höchster Himmel, huang Gen, er- . 
habener Himmel, hao Dien grosser, mächtiger Himmel; Gen gebildet aus 
dem Klassenzeichen 37, X, ta gross, und darüber — die alle Menschen 


überragende und leitende Macht, deren Sinnbild das Fundament, deren 
Herrschaft auch das Grösste, den Menschen, unter sich halt. Ein würdiges 
Element des Gottbegriffes! „Himmel“ ist vorzugsweise der Ausdruck bei 
den alten Chinesen für den Gottesgedanken, die einzige erhabene 
Gottesgewalt; er kommt im Shu king fast auf jeder Seite vor, wobei 
Himmel und Shangti abwechselnd gebraucht werden. Oft begegnet man 
beiden in ein und demselben Satz. Was von Shangti an einer Stelle ge- 
sagt wird, heisst an einer anderen vom Himmel. Es scheint also kein 
Unterschied zwischen beiden Ausdrücken zu bestehen. Ein Kommentator, 
Chu Hsi, berühmter Philosoph 1130—1200 u. Z., der Sung-Dynastie 960 
bis 1260 u. Z. sagt: „Himmel ist Gott, und Gott ist Himmel“, aber er 
resumiert, dass, „wenn in dem Gedanken Macht und Weltordnung be- 
sonders zum Ausdruck kommen soll, der Name Shangti gebraucht wird, 
ist jedoch der Begriff des Schutzes, der Pflege und des Gedeihens hervor- 
zuheben, dann heisst es der „Himmel““. Der Himmel bringt die Mensch- 
heit hervor, flösst ihnen Leidenschaften ein, zieht für sie gute und weise 
Herrscher heran, er erwählt die Besten des Volkes und macht sie zu 
Königen, er bestimmt Fall und Aufschwung der Menschen; Reiche, Könige 
und Minister sind nur des Himmels Diener. Das Auge des Himmels ist 
stetig auf den Herrscher gerichtet und vermerkt Gutes und Böses. Vor 
ihm gibt es keine Günstlinge, Tugend allein unterstützt er. Dem Bösen 
entzieht er seinen Schutz und gibt den Thron einem Würdigeren. Der 
Himmel ist allwissend und überall und ein Vorbild den weisen Königen. 
Er ist allmächtig, niemand kann seinem Willen widerstehen; der Mensch 
ist nichts vor dem grossen Himmel. Seine Majestät ist erhaben, ihm wird 
von allen Menschen gehuldigt. Der Himmel liebt das Volk, er hat mit 
den Armen und denen, die im Elend sind Erbarmen. Er ist der Rächer 
böser Taten. Der Himmel hört und sieht, wie das Volk hört und sieht. 

Das sind in kurzen Skizzen Übersetzungen aus dem Shu king über 
den Himmel. 

Und das Shi king sagt: „des hohen Himmels Wirkungsweise ist 
ohne Geruch und Lant.“ Der Ausdruck dieser Wirkung des Himmels, 
„ohne Geruch und Laut“, die nichtsdestoweniger alles in der Welt ent- 
stehen lässt, ist die Bestimmung, die Fügung des Himmels, das Leben 
des Menschen geradezu. 

Beweisen diese Stellen deutlich, dass die Chinesen des Altertums unter 
dem Begriff „Himmel“ neben seiner Eigenschaft als Aufenthaltsort der 
Kaiser und Könige nach ihrem Tode und in derselben Metapher wie in 
europäischen Sprachen eine lebende, denkende, allwissende, allmächtige 
und allgegenwärtige Macht verstanden, eine Macht, von der auch die All- 
gewalt über den Menschen und sein Schicksal ausgeht, so ist doch 


23* 


356 Messing: 


daran festzuhalten, dass der Ausdruck t‘ien, Himmel, ursprünglich nur das 
Himmelszelt, welches die Erde umgibt, an dem man die regelmässigen 
Bewegungen der Gestirne beobachtet, welches die Jahreszeiten und die 
meteorologischen Erscheinungen hervorzubringen scheint, bedeutet, und 
dass die chinesische Sprache für die wirkliche wie die metaphorische Be- 
deutung nur den einen Ausdruck t‘ien hat, überhaupt je gehabt hat. 
T‘ién-ti, Himmel und Erde, stehen sich auch nach chinesischen Begriffen 
in wirklicher und übertragener Bedeutung gegenüber, und wie dem 
Himmel, so wird mit Beginn der Chou-Dynastie auch in der Staatsreligion 
der „Erde“ als koordinierter Kraft eine in gleichem Masse göttliche Attri- 
bute besitzende Gewalt zugesprochen, es wird sogar auch in Verbindung mit 


Shangti hit selbst ti 4f, Erde, genannt; dagegen weiss die alte chinesische 


Reichsreligion ebensowenig wie das Alte Testament von einem Gegensatz 
zwischen Himmel und Hölle, als Aufenthaltsort nach dem Tode zur Be- 
lohnung oder Bestrafung guten oder bösen Lebenswandels oder von einem 
Paradies in biblischer Auffassung. Der grosse König Wu, Gründer der 
Chou-Dynastie, spricht zu den versammelten Edlen, denen er seinen 
Willen, den Tyrann Chou hsie zu bekämpfen, kundgab, vom Himmel und 
Erde als „Vater und Mutter aller Dinge“. Als dann der Kampf vorüber 
war und Wu eine Art Krönungsrede hielt, ruft eraus: „dem grossen Himmel 
und der Herrscherin Erde“ von seinem Plan Kenntnis gegeben zu haben. 

Ausser dem Shangti, dem obersten Herrscher — (Gen dem Himmel 
— und ti der Erde —, werden auch den Geistern des Himmels und der 
Erde, denen des Landes, der Feldfrüchte, der Berge und Flüsse in der 
chinesischen Staatsreligion göttliche Verehrung erwiesen. Nicht, dass die 
göttliche Verehrung den Bergen und Strömen, den Feldfrüchten als solchen 
zuteil wurde, sie galt den Geistern, von deren Wesen man allerdings keine 
klare Vorstellung hatte, von denen man aber das ganze Weltall beseelt 
glaubte, die man selbst für unsichtbar, aber durch ihre Kraft alles be- 
wirkend, in ihren Funktionen eher für ausübende Organe des himmlischen 
Geistes, Vermittler zwischen dem Menschen und dem Himmel hielt. 

Im allgemeinen spielen die Geister im Shu-king eine untergeordnete 
Rolle und der Stellen, wo sie erwähnt werden, sind nicht viele. 

Zu diesen Naturgeistern des Himmels und der Erde kommt aber noch 
die Kategorie der menschlichen Geister hinzu, — dem Glauben an die 
Fortdauer abgeschiedener Menschenseelen, der zweifelsohne bestand, ent- 
sprungen. Alle nehmen sie Anteil an menschlichen Dingen, auf die sie 
einwirken, weshalb denn auch ihre Gunst durch Opfer gesucht, sie ange- 
rufen und ihnen alle Vorgänge des persönlichen und Familienlebens an- 
gezeigt, die menschlichen Geister namentlich aber durch besondere Zere- 
monien sofort nach dem Eintritt des Todes des betreffenden Angehörigen 
zurückgerufen werden. 

Die Verehrung der Geister der Verstorbenen, der Ahnen, tzu? tsung!, 
entspringt den besten Prinzipien menschlicher Natur. Der Ahnenkultus, 
seinem Wesen nach auf die Träger eines gleichen Geschlechtsnamens be- 
schränkt, hat keine Staatsgemeinschaft, sondern nur Geschlechts- oder 
Stammesgenossenschaft zur Voraussetzung. Es scheint daher, da er bereits 


Chinesische Staatsreligion. 357 


in den ältesten Schriften, dem Shu-king und Shi-king als etwas Bestehen- 
des, als ein Kultus mit Tempeln, vorgeschriebenen Riten Erwähnung ge- 
tan wird, dass er seinen Ursprung in der frühesten, gleichsam prähisto- 
rischen Entwicklungsphase des chinesischen religiösen Glaubens hat, und 
bereits der eingangs erwähnten, patriarchalisch kommunistischen An- 
schauung und Entwickelung des Volkscharakters als Basis diente. 

Der Ahnenkultus bildet in der Tat seit alters her die eigentliche 
„Religion“ des chinesischen Volkes, und die halbmythischen Kaiser Yao 
und Shun, die bis auf den heutigen Tag dem Fürsten und Volk als 
Herrscherideale gelten, sind es, die in den alten Überlieferungen des 
Shu-king als erste Träger des Ahnenkultus handelnd vorgeführt werden. 

Es war im Ahnentempel, als, diesen Überlieferungen nach, Yao dem 
Shun die Zügel der Regierung übergab, und als Shun von seiner ersten 
Rundfahrt im Reich zurückkehrte, ging er zum Tempel des „edlen Ahnen“ 
und opferte einen Stier. Als Yao nach Jahren starb, ging Shun nach dem 
Tempel des „vollendeten Ahnen“, um ihm seine Thronbesteigung anzu- 
zeigen. Er setzte darauf einen Religionsminister ein, der „Leiter des 
Ahnentempel“ genannt wurde, womit die Bedeutung der Ahnenverehrung 
in jenen alten Zeiten kundgegeben wird. 

Die Stelle im Shu-king lautet: „Der Kaiser Shun sagte: ‚Du, Meister 
der vier Berge, sage mir, ist hier jemand, der die Leitung der drei re- 
ligiösen Zeremonien übernehmen kann?‘ Alle im Hofe Versammelten 
riefen: ‚Das kann nur Baron Jr Der Kaiser sprach: ‚Du Baron J sollst 
der Leiter des Ahnentempels sein. Von Morgen bis Abend musst du 
deinen Pflichten obliegen, sei aufrichtig, halte dich rein‘.“ 

Die drei religiösen Zeremonien sind den Dienst zu verrichten für die 
Geister des Himmels, (Gen shen’, für die Geister der Erde ti chi? und 
für die Geister der Verstorbenen jen kuei‘. 

Über das Ritual beim Ahnenkultus gibt das Liki eingehendste Vor- 
schriften, ausserdem enthält das Shu und das Shi jene ergänzende Infor- 
mationen. Im Altertum musste bei der Zeremonie der Darbringung des 
Opfers der Ahne, dem das Opfer galt, persönlich vertreten sein. Dieser 


persönliche Vertreter — durch Friedrich Rückerts Übersetzung des 
Shiking ist die Benennung „Der Totenknabe“, in die deutsche sinologische 
Literatur übergegangen — musste ein direkter Nachkomme des Ahnen, 


und ein Sohn des das Opfer vollziehenden Herrschers sein. Während der 
Zeremonie stellte dieser Vertreter, Shi D „Leiche“ genannt, den Ver- 


storbenen dar, und wurde als ob er selbst gestorben angesehen. Er 
bildete den Vermittler zwischen dem Verstorbenen und den Leid- 
tragenden, deren Petitionen für den Verstorbenen er entgegennahm, und 
dessen Erwiderungen er den Leidtragenden, die das Opfer darbrachten, 
überbrachte. Diese altehrwürdige Sitte wurde seit der Tsin-Dynastie im 
3. Jahrhundert v. u. Z. abgeschafft, es traten an ihre Stelle die Ahnentafeln, 
Shen chu oder Shen chu pai, als Repräsentanten des Geistes des Ver- 
storbenen, der wenigstens für die Dauer der Opferdarbringung als in der 
Tafel weilend gedacht wurde. Jede Familie hat ihren Schrein für ihre 
Vorfahren, aber es gibt nur einen Ahnentempel für das regierende 


358 Messing: 


Herrscherhaus, welcher unmittelbar dem regierenden Souverän untersteht. 
Dies ist der „grosse Tempel“ tai miao. 

Der Ahnentempel ist seit prähistorischen Zeiten ein ganz wesentliches 
Hilfsmittel souveräner Macht gewesen. Die Dynastie und somit die 
Familie eines gestürzten Herrschers hatte ihr Ende erreicht, denn die 
öffentlichen Opfer konnten von einem entthronten Herrscher nicht mehr 
dargebracht werden. Als Zeichen seiner Macht errichtete dagegen der 
neue Herrscher einen Tempel für die Ahnen seiner eigenen Vorfahren, 
durch deren Verdienste er zur Regierung gelangt war und denen, als 
Vorfahren seiner Dynastie, er nunmehr opferte. Die hervorragende Wich- 
tigkeit die man, nächst der Verehrung des Shangti dem Ahnenkultus 
innerhalb der Staatsreligion beilegte, beweist, dass der Minister dem die 
Gesamtleitung oben genannter 3 Zeremonien, d. i. die Opfer für die Geister 
des Himmels, der Erde und der Abgeschiedenen übertragen war, „Leiter 
des Ahnentempels“ genannt wurde, und es ist bis auf die heutigen Tage 
noch eine Ehrenbenennung für den Präsidenten des Li pu gewesen, 
ta tsung po, d. h. Chef des Ahnentempels zu sein. 

Wie ein katholischer Dom seine Kapellen, Nischen und Altäre, so 
hat auch ein chinesischer Ahnentempel seine verschiedenen Abteile, und 
zwar waren es unter der Shang Dynastie 7 Schreine; unter den Chou 
wurden zwei hinzugefügt für die Gründer der Dynastie: Wen Wang und 
Wu Wang. Ersterer erhielt einen Schrein im Nordwesten, letzterer im 
Nordosten. Bei jedem Wechsel der Dynastie änderte sich natürlich das 
Bild, und die Ahnen der alten Dynastie mussten denen der neuen den 
Platz räumen. | 

Hinter dem Miao ist an jeder Seite ein Chao, den Ahnen des 
Gründers der Dynastie dediziert, dahinter das Tan für weiter zurück- 
liegende Ahnen und dann das Shan für noch entferntere Vorfahren. 
Hinter dem Shan waren die Kuei, die namenlosen Vorfahren. Gelegent- 
lich des Todes des vorigen Kaisers Kuang Hsü erschien für die Auf- 
stellung der Kaiserlichen Seelentafeln nachfolgendes Edikt, welches die 
Verhältnisse unter der jetzigen Dynastie klarstellen dürfte. Das Edikt 
lautet: 


Kaiserliches Edikt. 


Die für den Ahnentempel Unserer Dynastie geltenden Normen werden 
wohl überlegt und in Ehrfurcht befolgt. In der ersten Halle stehen die 
Seelentafeln Seiner Majestät des verewigten ersten Kaisers Tai-tsu Kao- 
huang-ti (1616—1627) und der folgenden sieben Generationen alle nach 
Süden gerichtet. *) 

Die Seelentafeln Seiner Majestät des verewigten Kaisers Hsüan-tsung 
Cheng-huang-ti (Tao Kuang 1821—1851) und der ihm folgenden drei 
Generationen?) 


1) Das sind: Tai Tsu = Tien ming, Tien tsung, Tsung tê, Shun chih, Kang 
hsi, Yung ching, Kien lung, Kia king. 
2) Das sind: Tao kuang, Hsien féng, Tung chih, Kuang bet, 


Chinesische Staatsreligion. 359 


stehen alle zu beiden Seiten nach Osten und Westen gerichtet. Das 
stimmt eigentlich nicht mit dem Worte des Altertums überein. dass Rechts 
gegen Norden und Links gegen Süden schauen soll. Ihre Majestäten die 
verewigten Kaiser Mu-tsung I-huang-ti (Tung Chih 1862—1875) und 
Te-tsung Ching-huang-ti (Kuang Hsü 1875—1908) sind als Sprossen der- 
selben Generation ohne Leibeserben verstorben. Da gilt es nach dem 
Worte des Meisters Chu der Sung-Dynastie (Chu Hsi siehe oben S. 355) 
zu handeln, welcher sagt: „Die Aufstellung der Seelentafeln muss rechts 
und links erfolgen und es dürfen bei der Aufstellung keine Rangunter- 
schiede gemacht werden“. Die Riten sind aus dem entstanden, was recht 
ist, wie Tai (Tai Te im 2. Jahrhundert n. Ch.) in seinem Werke über die 
Riten anschaulich schildert, und dürfen nicht eigenmächtig geändert 
werden, weil Stellen der kanonischen Bücher sich widersprechen. 

Das Grosssekretariat hat uns jetzt das Zeremoniell für die Aufstellung 
der Allerhöchsten Seelentafeln vorgelegt und darin vorgeschlagen, die 
Tafel Seiner Majestät des verewigten Kaisers Te-tsung Ching-huang-ti in 
der zweiten Halle des Ahnentempels in der fünften Nische hinter dem 
zweiten Pfeiler im Westen und in der ersten Halle im Westen die 
Tafel Seiner Majestät des verewigten Kaisers Wentsung Hsien-huang-ti 
(Hsien Feng 1851—1862) aufzustellen, so dass die im Westen ehrfurchts- 
voll niedergestellten Seelentafeln nach Osten blicken und so zur Genüge 
bekundet wird, dass Seine Majestät der verewigte Kaiser derselben 
Generation angehörte wie sein Adoptivvater. Da so die Wünsche aller 
Unserer im Himmel weilenden heiligen Ahnen erfüllt werden, soll dieser 
Vorschlag Norm sein. 

„Die Aufstellung der Seelentafel im Tempel Hsin-feng-tien soll in 
derselben Weise geschehen, damit die Opfer richtig erfolgen und Unsere 
kindliche Pietät bekundet wird. Das einzuhaltende Zeremoniell soll die 
zuständige Behörde ehrerbietig ausarbeiten“. 

In beiden ältesten Quellen, dem Shu king und Shi king, handelt es 
sich stets nur um fürstliche Ahnen, und das Volk, die grosse Masse, spielt 
auch hier keine Rolle. 

Dass das Shu nnd das Shi nie von der Masse des Volkes spricht, 
darf aber nicht Wunder nehmen, denn die Schicksale fast jeden Volkes 
in der ersten Zeit seiner Entwicklung werden mehr oder weniger aus- 
schliesslich durch Charaktere und Taten seiner Herrscher bestimmt; die 
Geschichte der Häupter ist zugleich die der Gesamtheit, und so führen 
auch hier die alten Herrscher, deren Ratgeber und Grosswürdenträger, 
allein das Wort. Aber die grossen Ritualwerke, vor allem das Liki, sagen 
ausdrücklich, dass auch in alten Zeiten das niedere Volk den Manen seiner 
verstorbenen Vorfahren regelmässig Opfer darbrachte. 

In alten Zeiten bestand ein enger Zusammennang der Verehrung der 
kaiserlichen Ahnen mit den Göttern des Bodens, ursprünglich Lokal- 
Gottheiten; vor dem Antlitz der Ahnen, d. h. vor den Alınentafeln wurden 
von dem Herrscher Belohnungen, angesichts der Götter, d. h. der Tafeln 
der Geister des Grund und Bodens, Todesstrafen erteilt. 


360 Messing: 


Ferner war es in jenen alten Zeiten auch Brauch, dass der Fürst 
bei seinen Rundfahrten in den verschiedenen Teilen seines Reiches, be- 
sonders aber, wenn er in den Krieg zog, einen kleinen Wagen, in dem 
die Tafeln seiner Ahnen und solche der Götter des Grund und Bodens 
verwahrt waren, mit sich führte. Der Fürst hatte so seine Ahnen stets 
um sich, er erfreute sich stets des Bewusstseins unter ihrem Schutze zu 
stehen, und hatte Gelegenheit, ihnen so oft es die Vorschrift erheischte, 
Verehrung zuteil werden zu lassen. Der Kaiser wollte die Verantwortung 
in wichtigen Angelegenheiten nicht auf sich allein nehmen, er wollte 
Strafen und Belohnungen erteilen in Verbindung mit diesen unsichtbaren 
Kräften, deren Tafeln er zu diesem Zwecke mit sich führte und mit ihrer 
Zustimmung. Dass Belohnungen vor den Ahnentafeln, Strafen vor den 
Tafeln der Schutzgottheiten des Bodens erteilt wurden, birgt wieder die 
dualistische Natur chinesischer Gottesverehrung in der chinesischen Philo- 
sophie in sich, deren wir bereits oben gedachten. Der Ahnentempel ist 
zur linken Hand, d. h. nach Osten zu gelegen, das ist Yang, die mächtigere 
der dualen Mächte, während der Altar der Götter des Grund und Bodens 
rechts gelegen ist, oder nach Westen, d. i. Yin, die untergeordnete duale 
Macht. Links nnd rechts wurden natürlich von dem Palast des Kaisers 
aus bestimmt, der nach Süden zu gelegen, so dass links Ost, rechts West 
war. Im Ahnentempel, Tai Miao, sind die Tafeln an der nördlichen Seite nach 
Süden zugewandt aufgestellt, so dass der die Verehrung Verrichtende von 
Süden herankommt und nach Norden sich vor den Tafeln niederwirft. 
Beim Altar der Götter des Bodens sind dagegen die Tafeln vom Süden 
nach Norden zu angebracht und der Anbetende, von Norden kommend, 
wirft sich gen Süden nieder. 

Der Ahnentempel, den Platz des höheren Prinzips Yang einnehmend, 
ist somit der Platz für Belohnungen, denen demnach in der Staats- 
verwaltung ein höherer Rang zugesprochen wird, während der Altar des 
Gottes des Bodens als untergeordnetes Prinzip Yin der Platz für Strafen 
war, letztere somit in der Staatsmaschine als von untergeordneter Be- 
deutung angesehen werden. 

Die Geister der Ahnen der Kaiser nahmen schon sehr früh, wenn 
überhaupt nicht von Anbeginn, einen höheren Rang ein; sie waren při 
wei, d. h. sie wurden zusammen mit Shangti und dem Himmel verehrt, 
sie waren „Tafelgenossen“ d. h. ihre Ahnentafeln wurden bei den Opfern 
beim Sommer- und Wintersolstitium zusammen aufgestellt. 

Diese Sitte ist für mehr oder weniger 243 Kaiser von den 24 Dynastien 
der chinesischen Geschichte in Anwendung gekommen und zu allen diesen 
Kaisern sind während der Dauer ihrer Dynastie, als pei wei Gebete 
emporgestiegen, sie hatten im Rang gleiche Ahnentafeln mit Shangti inne. 
Nach dem Fall einer Dynastie, deren Kaiser von der neuen Dynastie nicht 
mehr derartige göttliche Verehrung zuteil wurde, waren es nur einige von 
ihnen, die noch beim vorigen Kaiser Kuang hsü in dem ti wang miao, dem 
„Tempel der Kaiser und Könige“, dieses Vorrecht genossen, gleichsam, als ob 
sie nicht der Verdammnis einer vergangenen Dynastie anheimgefallen wären. 

Im westlichen Teil der sog. Tartarenstadt Pekings befindet sich dieser 


Chinesische Staatsreligion. 361 


Tempel mit Schreinen für 188 Kaiser und Könige und 79 berühmte 
Minister vergangener Dynastien. 

Die verstorbenen Kaiser wurden von den hohen Beamten, die ihnen 
bei Lebzeiten gedient hatten, umgeben geglaubt, die sich an den ihren 
Souverinen dargebrachten Opfern gemeinsam erfreuten; es spiegelte sich 
so Rang und Reihenfolge der niederen Welt wieder in dem Staats-Ahnen- 
kultus, ein Abglanz des kaiserlichen Staates in der oberen Welt. Der 
gestaltlosen Macht des höchsten Herrschers und des Himmels gegenüber 
blieb alles Menschliche menschlich und natürlich. 

Dies sind im allgemeinen die Grundzüge der Ahnenverehrung, wie 
sie dem Shu king entnommen, ausführlicher aber, und für jeden einzelnen 
Fall bestimmt, im Buch der Riten, dem Liki, enthalten sind. 

Dem Gefühl der Zugehörigkeit zu den übermenschlichen Mächten, 
den Naturkräften, und der ganzen Abhängigkeit von ihnen Ausdruck zu 
geben, mit diesen Mächten in Verbindung zu treten, die durch wissentlich 
oder unwissentlich begangene Fehler gestörte Verbindung wieder her- 
zustellen, jene ursprüngliche Form der Gottesverehrung, wie wir sie im 
. Shu king zum Ausdruck gelangt finden, führt uns zur Betrachtung der 
Handlungen, die mit dem Namen Kultus, in ihrer Urform als Opfer und 
Gebet, in Erscheinung treten. 

Die Chinesen des Altertums hatten gewisse feststehende Gebete, sie 
kannten jedoch nicht die stete Wiederholung gewisser heiliger Worte, 
ich erinnere dabei an das „Nama amitabbha“ und das „Omitöfoo“ der 
Buddhisten, an das „Allah il allah!“ „Im Namen Allahs, des Erbarmers 
des Barmherzigen“, die Einleitungsworte der Suren des Koräns, an das 
Ave Maria und das Rosenkranzbeten der Katholiken Auch suchten sie 
nicht aus solchen Wiederholungen einen besonderen Einfluss auf die 
Gottheit auszuüben, sie besonders gnädig zu stimmen, oder den Betenden 
von besonderer Ehrerbietung erfüllt hinstellen zu wollen. Nach dem 
Chou li, dem Buch der Riten der Chou-Dynastie, gab es mehrere Beamte 
für das Gebet, an der Spitze stand der Grossbeter (ta tshuh), dessen Auf- 
gabe es war, gewisse Gebete zu verrichten. Die Gebete trugen im Alter- 
tum den Charakter freier Gebete, man betete zum Himmel, zu den ver- 
schiedenen Geistern und den Ahnen. Die mit Gebeten verbundenen, 
dem Himmel dargebrachten feierlichen Opfer waren aber dem Kaiser 
allein vorbehalten, dem Himmel für seine Wohltaten zu danken, Wünsche 
und Bitten an ihn zu richten, stand Jedem frei. 

Der Zweck des Opfers ist, die Gottheit zu „informieren“, ihr, den 
Ahnen oder den Geistern Kenntnis zu geben von den Vorgängen des 
Reiches oder des Einzelnen, wobei der Opfernde die Stellung eines der 
Gottheit, den Ahnen oder den Geistern Subordinierten einnimmt. 

Alle Gebete sind Bitt- oder Dankgebete, von Sühnopfern sowie 
Bussgebeten wissen wenigstens die Chinesen der späteren Zeit nichts. 
Der Chinese ist nicht in Sünde geboren, er weiss von keiner Erbsünde; 
der Mensch ist von Natur aus gut, nur unter dem Druck der Verhältnisse 
kann er schlecht werden. 

Kann man die Gebete wie die Opfer in solche teilen, die zu be- 


362 Messing: 


stimmten feststehenden Zeiten stattfinden, wie Bittgebete vor, und Dank- 
gebete nach der Ernte, und in solche, die bei besonderer Veranlassung, 
Thronbesteigung, Beginn oder gliickliches Ende eines Krieges, stattfinden, 
so kann man doch im allgemeinen sagen, dass alle Gebete auf ein 
irdisches Wohlergehen, Gesundheit, langes Leben, reichliche Ernte, hohes 
Alter, Erhaltung der Herrschaft, wie die Wünsche der Chinesen über- 
haupt nur auf Weltliches gerichtet sind. Ebenso lag den dargebrachten 
Opfern nicht ein symbolischer Gedanke, nicht der Gedanke der Entrichtung 
eines Tributes der Busse oder Sühne zugrunde, sondern der eines Banketts, 
wie ja eins der Charaktere für „Opfer“ überhaupt in der Übersetzung 
„ein Bankett geben“ lautet. Was Delitzsch!) von der altisraelitischen 
und babylonischen Religion sagt, findet ebenso Anwendung auf die 
chinesische Staatsreligion, es waren Religionen des Diesseits, wie dort 
so auch hier hat alles Dichten und Trachten des Menschen ausschliesslich 
das irdische Leben zum Inhalt. Opfer, namentlich der Ahnen, gilt aber 
den Chinesen für eine heilige Pflicht, und ein Beweis dafür, dass der 
Opferdienst stets ein ausgedehnter gewesen ist, ist die grosse Anzahl der 
Schriftzeichen für Opfer, deren die chinesische Sprache hat. | 

Die Machtstellung und der Rang der Geister, denen das für be- 
sondere Zwecke mit einem besonderen Namen belegte Opfer galt, einer- 
seits, andererseits der Rang und die Machtstellung der Opfernden, waren 
die massgebenden Faktoren für das Opfer. 

Das Liki nennt vier grosse Opfer: 1. das Kiao, d. i. die „Grenze“, 
2. das grosse Hsiang, 3. die drei Hsien, 4. das eine Hsien. 

Das Kiao gilt dem Shangti und wurde im Altertum an der Grenze 
des Reiches dem obersten Herrscher, Shangti, dargebracht, das grosse 
Hsiang, ta Hsiang findet alle drei Jahre im Ahnentempel statt, die Hsien- 
Opfer gelten den Geistern. 

In dem Liki heisst es ferner: „Der Himmelssohn opfert dem Himmel 
und der Erde, den berühmten Bergen und grossen Strömen des Reiches. 
Die fünf heiligen Berge (das sind der Tai shan, der Berg des Gedeihens, 
im Osten, Hua shan, Blumenberg im Westen, Heng shan im Süden 
(Hunan), Heng shan, Berg des Ausharrens in Chihli, und Shun shan in 
Honan), behandelt er dabei wie die höchsten Würdenträger des Reiches; 
die vier heiligen Ströme (das sind: der Yangtsze, Huangho, Wei und Tsi, 
wie Lehnsfürsten“. 

Der Himmelssohn und die Lelmnsfürsten opferten ferner den Manen 
derer, die ihren (d. h. des Himmelssohnes und des Lehnsfürsten) Staat 
ursprünglich inne gehabt hatten, und denen, die niemand hatten, der 
dem Ahnenopfer vorstand, d. h. die keine lebenden Nachkommen mehr 
hatten. 

Der Himmelssohn brachte im Frühjahr den Ahnen gesonderte Opfer 
dar, im Sommer, Herbst und Winter gemeinsame Opfer; d. h. im ersten 
Fall wurde den Ahnen einzeln geopfert, im zweiten Falle wurden sämt- 


1) Friedrich Delitzsch, Das Land ohne Heimkehr, die Gedanken der 
Babvlonier-Assyrer über Tod und Jenseits. 


Chinesische Staatsreligion. 363 


liche Ahnentafeln in den Tempel des Urahn geschafft, wo der Kaiser 
allen gemeinsam opferte. 

Das höchste Opfer Kiao, das Himmelsopfer, welches auf dem Himmels- 
altar und ausschliesslich vom Kaiser in eigener Person ausgeführt wird, 
ist aus vorgeschichtlicher Zeit herübergekommen, es ist eine Opfer- 
zeremonie, deren Ursprung und eigentliche Bedeutung den Chinesen voll- 
kommen entschwunden ist, aber ein Fest hehrer Freude, wobei jegliches 
Zeichen der Trauer, jegliche Wehklage bei strengen Strafen in weitem 
Umkreise verboten ist, denn alles, was mit einem Toten im weitesten 
Sinne in Zusammenhang steht, ist Unglück bringend. Seit altersher ist 


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Abb. 1. Der Himmelstempel Chi Nien Tien, Peking. 


es stets die Hauptstadt gewesen, in deren südliche Vorstadt die ent- 
sprechenden Anlagen gelegen sind und seit dem Jahre 1421, als der dritte 
Kaiser der Ming-Dynastie Nanking verliess und Peking zur Hauptstadt 
machte, hier in der Chinesenstadt, die sich im Süden an die Tartaren- 
Stadt anschliesst der Ort der heiligen Handlung. (Abb. 5, S. 369). Der 
Komplex misst 1750 m im Umfang, ist zweifach von Mauern umschlossen, 
zwischen denen ein Hain herrlicher Zypressen sich erstreckt, und zerfällt in 
zwei Tele, der nördliche mit dem sog. Himmelstempel, der Chiku Tan, 
der Altar für das Gebet um Getreide, oder wie er offiziell mit Namen belegt 
wird, Chi Nien Tien, d. h. der Tempel für ein glückliches Jahr (Abb. 1), 
und der südliche, der Yuen kiu, „der runde Hügel“, mit dem Himmels- 


364 Messing: 


altar, dem Tien-Tan (Abb. 2). Das Gebäude des Himmelstempels ist 
reich mit kostbarem Schnitzwerk versehen, im Aussern in seiner einzigen 
Symetrie der Proportionen ein wunderbares Bauwerk; ein magisches Licht 
durchflutet durch blaue Glasjalousien sein Inneres. In schweigender Ma- 
jestät in der Tat ein heiliger Ort. 

Der Tempel wurde vom Kaiser Chien Lung, dem 5. Kaiser der jetzigen 
Dynastie errichtet, und nachdem das Gebäude im Jahre 1889 nieder- 
gebrannt war, neuerdings genau nach den alten Plänen wieder aufgebaut. 
Wie das einfallende Licht azurblau, so ist während der Zeremonie im 
Innern alles blau, die Opfergeräte sind von blauem Porzellan, die bei der 
Zeremonie Beteiligten sind in blaue Brokatgewänder gekleidet; soll doch 
der irdische Tempel einen Widerschein des Himmelsgewölbes geben, 
wo dem Himmel göttliche Verehrung auf Erde erwiesen wird. 

Farbensymbolismus ist ein besonderer Charakter des chinesischen 
Ritus. Beim Tempel der Erde ist alles erdfarben, gelb, beim Tempel der 


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Abb. 2. Der Himmelsaltar Tien-Tan, Peking. 


Sonne rot, beim Tempel des Mondes weiss, oder vielmehr ein fahles grau- 
blau, yüeh pai „Mondschein weiss“. 

Der Tien-tan, das den Chinesen allerheiligste Bauwerk, besteht aus 
drei runden offenen Marmorterrassen mit Balustraden und 4 Haupttreppen 
an den 4 Kardinalpunkten, den Himmelsrichtungen, auf denen man zu der 
obersten Terrasse emporsteigt. Die Dimensionen sind: Höhe 27, Durch- 
messer der Terrassen 210, 150 und 90 Fuss. Die Treppen haben je 9 Stufen, 
auf der obersten Plattform bilden Marmorsteine 9 konzentrische Kreise, 
9 Himmel darstellend, wobei sich die Zahl der verwandten Steine in pro- 
portionalem Verhältnis vervielfältigt bis im äussersten Kreis die Zalıl 81 
erreicht wird, wie überhaupt alles auf die Zahl 9, die Lieblingsnummer 
der Zahlenphilosophie, oder deren Mehrheit hinauslauft *). 

Wenn der Kaiser sich bei der Opferzeremonie in der Mitte des Altars 
niederwirft, umgeben von der sich dreifach abstufenden Terrasse, deren 
(Geländer und in der Ferne vom Horizont, scheint er in der Tat im 


1) Einen ausführlichen Grundriss hat Boerschmann in seinem Vortrag 
„Architektur- und Kulturstudien in China“ gegeben. Seite 403 unserer Zeitschrift, 
Jahrg. 1910. 


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Chinesische Staatsreligion. 365 


Mittelpunkt des Weltalls dem Himmel seine Huldigung darzubringen, vor 
dem, und vor dem nur allein, er sich beugt. 

Die heiligen Tafeln werden neben dem Altar in einem Gebäude mit 
rundem Dach und blauglasierten Ziegeln, der sog. „Kaiserlichen blauen 
Kammer“ aufbewahrt (Abb. 3), der Ofen für sämtliche Brandopfer befindet 
sich in Pfeilschussweite südöstlich vom Altar, von aussen mit grünen 
Ziegeln bekleidet. Die Stiere und andere Opfertiere, welche für die Opfer zur 
Verwendung gelangen, werden in den Parkanlagen gehalten. Als Opfer- 
tiere gelten nur solche, die den Menschen als Nahrung dienen. Das 
geweihte Fleisch wird nach dem alten Ritual zugerichtet, in eigenen zu 


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Abb. 3. Tempel „die blaue Kammer“ in dem Komplex des Himmelstempels, Peking. 


diesem Zwecke gebauten Küchen, denen sich besondere Schlachthäuser 
und Zubehör, wie Lagerräume für Gemüse, Früchte, Korn und Wein an- 
schliessen. Nach dem Ta Tsing hoei tien untersteht das Himmelsopfer 
dem Ministerium der Zeremonien, der Riten, früher Lipu jetzt Min- 
chengpu, Ministerium des Innern geheissen, und speziell dem Opfer- 
Departement, und zwar enthält das Staatshandbuch ein besonderes Kapitel 
über das 
„erste grosse Opfer“, 

worüber zwei wesentliche Bestimmungen bestehen; die erste ist, dass ein 
Kalbbulle von durchaus gleicher Farbe, ohne jeglichen Fleck, geopfert 
wird, eine Bestimmung die allgemein im Kultus der alten Kulturvölker für 
die Opfer sich wiederfindet, z. B. bei den alten Israeliten (Leviticus 1, 3); 


366 Messing: 


die zweite ist, das Opfer als Brandopfer auf einem Altar unter freiem 
Himmel darzubringen. 

Diese beiden Verordnungen gelten heute noch wie vor 4000 Jahren, 
zu Zeiten der Yao und Shun. Bei der Opferzeremonie ist auf der 
obersten Terrasse des Altars (Abb. 4)!) das Tablet unter einem Schutz- 


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Abb. 4. Linearzeichnung des Himmelsaltars mit Positionsangabe des Kaisers, der 
hohen Beamten, der Opfergegenstände usw. 
(Nach John Ross, The Original Religion of China.) 


dach aufgestellt, nach Süden gerichtet (1), mit der ehrfurchtsvollen In- 
schrift: 
Huang-t‘ien Shang-ti 
was früher mit: 
„dem erhabenen himmlischen obersten Herrscher“ 


1) Nachstehende Zahlenangaben (1—46) nehmen auf diese Abbildung bezug. 


Chinesische Staatsreligion. 367 


übersetzt wurde, aber im dualistischen Sinne zergliedert, eine Über- 
setzung mit: 


Huang-t'ien — dem erhabenen Himmel 
„und“ 
Shang-ti — dem obersten Herrscher 


zulässt. 

Auf derselben Plattform stehen die Tabletten der fünf Kaiser der 
Dynastie ebenfalls unter blauem Schutzdach, rechts und links, nach Osten 
und Westen gerichtet (2). — Es sind dies die Kaiser: Taitsu, Taitsung, 
Shunchih, Kanghsi, Yungchéng; die als p‘ei wei der Zeremonie gedacht 
werden. 

Die zu opfernden Gegenstände sind vor jedem Tablett aufgestellt. Es 
sind dies für Shangti 

1 Szepter aus blauem Jade, 12 Stück Seide, 1 Kalb, 

ferner ist aufgestellt: 

1 Dreifuss mit den Schalen für das zubereitete Fleisch der Opfer- 
tiere, Rinder und Schweine, Fische, Wild, Hasen, Gemüse, 
Bambusknospen mit Oel angerichtet; 1 Tischplatte; 2 kuei 
(Hohlmass, aussen rund, viereckig inmitten), 2 Arten kleiner 
Hirse enthaltend; 2 fu (Hohlmass, innen rund, viereckig aussen), 
Reis und grosse Hirse enthaltend; 12 pien (Hohlmasse aussen 
rund, viereckig inmitten); 12 tiu, sie enthielten die Produkte 
der 4 Jahreszeiten, die des Landes und des Wassers, 

diese Hohlmasse waren innen vergoldet, um die Harmonie darzulegen, 
ferner 

l tsun für Wein; 3 chiao, Gefässe für Wein; 1 Weihrauchgefäss, 
Weihrauch in allen Religionen: „ein Tribut für Götter und für 
die Sterblichen ein Gift“! 6 Lampen; 1 Kalbbulle für das 
Brandopfer. 

Für jeden der Kaiser wird geopfert und vor den Tafeln niedergelegt 
und aufgestellt: 

1 Stück Seide, 1 Kalb, 1 Dreifuss, 2 kuei, 2 fu, 12 p‘ien, 12 tiu, 
1 tsun, 3 chiao, 1 Weihrauchgefäss, 4 Lampen. 

(3) Gebetplatz mit dem Tisch, auf dem das geschriebene Gebet liegt. 

(4) tsun — Weingefäss. 

(5) Platz, von dem aus der Vorleser das Gebet abliest. 

(6) lei — Weihrauchgefässe. 

(7) Kaiserliche Garde. 

(8—12) Plätze für bei dem Opfer tätige hohe Beamte. 

(13) Zensoren. 

(14) die Kwangiu, Beamte, die dem Kaiser Fleisch und Getränke 
darreichen. 

(15) Beamte. 

(16) Beamte des Ministeriums der Riten. 

Auf der zweiten Terrasse stehen die Schreine der Sonne (21), des Ge- 
stirns des grossen Wagens (22), der fünf Planeten (23), der 28 Konstella- 
tionen (24) und einen für sämtliche Sterne (25) auf der Ostseite; auf der 


368 | Messing: 


Westseite die Tabletten des Mondgeistes (26), der Wolken (27), des 
Regens (28), Windes (29) und Donners (30). 

(17) Platz für den Kaiser. 

(18) dem Kaiser assistirende Beamte. 

(19, 20) Beamte. 

Dritte Terrasse: 

(31) Platz der Prinzen. 

(32) Platz der Zensoren. 

(33) Platz des Ministeriums der Riten. 

(34—39) Platz verschiedener Beamten und Diener. 

(40) Platz der Sänger. 

(41) liao — Ofen für das Brandopfer für Seide usw. 

(42) Platz der hierzu Angestellten. 

(43) der grosse Altar für das Brandopfer des Stieres. 

(44) Ausblick. 

(45) Führer. 

(46) Opferbeannte. 

Vor den Tabletten der Sonne und des Mondes liegen je: 

1 Stück Seide; 1 junger Stier; 1 Dreifuss; 1 Tafel mit den Opfer- 
schalen; 2 fu, 2 kuei, 10 pien, 10 tiu, 2 tsun, 3 Chiao, 
20 Opferschalen; 1 Weihrauchgefäss, 2 Lampen, 
vor denen der Geister der Sterne: 11 Stück Seide, der Wolken, Regen, 
Wind, Donner 4 Stück Seide, 1 Stier, 1 Schaf, 1 Schwein, 1 Platte, 
2 Goldplatten, 2 fu, 2 kuei, 10 pien, 10 tiu, 1 tsun, 3 chiao, 30 Tassen, 
1 Weihrauchgefäss, 2 Lampen, 1 Korb mit Jade und Seide. 

Während vor dem Schrein des Shangti 6 Lampen, vor denen der 
kaiserlichen Ahnen 4 Lampen, vor denen der Geister der Sonne und des 
Mondes, der Sterne, Wolken, Regen, Winde, des Donners nur je 2 Lampen 
aufgestellt sind, so scheint durch die Anzahl der Lampen die Würde be- 
sonders dokumentiert zu werden. 

Das rohe Fleisch liegt auf einen Anrichtetisch (tsu), und verschiedene 
Gefässe (tsun) sind mit Wein angefillt. Am Tage vor dem das Opfer 
stattfindet, spielen die Musikanten unter dem Tan ein Stück die „Cen- 
trale Harmonie“, am kaiserlichen Palast werden Fahnen und Standarten 
rechts und links aufgestellt, die Reihenfolge des Aufzuges und die Escorte 
für den Kaiser wird am Südtor der Hauptstadt durch Maueranschlag be- 
kannt gegeben. 

Am Tage vor dem Opfer, zwei Stunden vor Mittag, begibt sich der 
Tai-chang-ching, der Präsident des Opferhofes, nach dem Chien-ching- 
Tor des kaiserlichen Palastes, um den Kaiser ehrerbietigst aufzufordern, 
nach der Halle des Fastens, dem Chai-kung, (Abb. 5a) sich zu begeben. Der 
Kaiser besteigt eine Sänfte und begibt sich mit grossem Gefolge und unter 
Geläute der Glocken des Mittagstores (Wumen) und des Chai-kung nach dem 
Altar (Abb. 5), den er durch das Westtor betritt, und von dem aus er 
durch die Toröffnung linker Hand des Uhao-heng-Tores (5 des Planes) 
vom Tsan-Yin und dem Opferpräsidenten, dem Tai-chang-ching, auf dem 
heiligen Weg (6 des Planes) nach der „kaiserlichen blauen Kanımer“ 


Chinesische Staatsreligion. 369 


(Abb. 3) geführt wird, wo er vor den Tabletten dem Shangti und den 
Kaisern Weihrauch opfert und die Zeremonie der „drei Kniebeugen* und 
der neun Kotows verrichtet. Opferbeamte zweiten Grades verrichten zu 
gleicher Zeit gleiche Opfer und Zeremonien des Sichniederwerfens auf der 
zweiten Terrasse. Der Kaiser inspiziert die Schreine auf der obersten 
Plattform, die Weihgefässe und das Fleisch der Opfertiere und verlässt 
den Altar durch die Tore linker Hand der inneren und äusseren Um- 
fassungsmauern (D. E.) auf dem heiligen Weg, um sich zu Wagen nach 
dem Chai-kung zu begeben. 


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Abb. 5. Komplex des Himmelstempels (Chi nientien) — nördlicher Teil) 
und der Himmelsaltar (Tien tan) — siidlicher Teil des Planes. 


Nachdem er daselbst die Nacht unter Gebet und Schweigen zugebracht 
hat, legt er sich in früher Morgenstunde die Opfergewänder an, auf denen 
Sonne, Mond, Sterne, Drachen mit fünffacher Klaue (für gewöhnlich wird 
der Drache mit vierfacher Klaue dargestellt) als Embleme des Himmels 
gestickt sind, sein Haupt bedeckt eine Art Krone, von der zwölf Perlen- 
schnüre herabhängen. Unter dem Geläute der Glocke der Halle des 
Fastens verlässt er diese und begibt sich, von den Zeremonienmeistern 
geleitet, nach dem grossen Zelt. Inzwischen holt der Präsident des 
Ministeriums der Riten die Tafeln des Shangti und der fünf Kaiser aus 
der blauen Kammer, und stellt sie auf der obersten Plattform unter dem 
blauen Schutzdach auf. Der Opferpräsident ladet den Kaiser ein, die 

Zeitschrift für Ethnologiv. Jahrg. 1911. Hett 2. 24 


370 Messing: 


Zeremonie der „drei Neunen“ zu verrichten. Der Kaiser verlässt das 
„grosse Zelt“, wäscht sich Gesicht und Hände und besteigt, begleitet von 
den hohen Beamten, durch die Tore linker Hand der äusseren und inneren 
Umfassungsmauer, auf der „Mittagstreppe“ den Altar bis zur zweiten Platt- 
form, wo er vor dem Betplatz, das „gelbe Zelt“ genannt, stehen bleibt 
(Plan 4, 17). Der Opferpräsident, die assistierenden Beamten des Ministe- 
riums der Riten und vier der assistierenden Unterbeamten betreten durch die 
rechten Tore den Betplatz und nehmen an den Stufen Platz. Zeremonien- 
meister geleiten die Prinzen und die Peilaw, welche mit dem Opfer be- 
schäftigt sind, nach dem Platz oberhalb der Stiegen der dritten, untersten 
Plattform, die Peitszu und Herzöge unterhalb der Stiegen und andere hohe 
Beamten ausserhalb der Plattform. Sie stehen ihrem Range nach rechts 
und links ausserhalb des Tores, alle mit dem Gesicht nach Norden ge- 
richtet. Der Leiter der Zeremonien, die Musiker und Tänzer nehmen 
ihren angewiesenen Platz ein. 

Der Kaiser beobachtet von diesem Betplatze auf der zweiten Terrasse 
das dem Shangti dargebrachte Brandopfer; die diensttuenden Beamten 
nähern sich dem Kaiser mit Weihrauchgefässen, Musik ertönt, mit einem 
Stück der „höchste Frieden* zu Ehren Gottes; Sänger begleiten mit Gesang. 

Ein Beamter bittet den Kaiser, die oberste Plattform zu besteigen, 
führt ihn auf die Höhe des Altars und lässt ihn gegenüber dem Tablett 
des Shangti Platz nehmen (Plan 4, 3). 

Beamte reichen dem Kaiser knieend Weihrauch, ein Zeremonien- 
meister fordert den Kaiser auf zu knieen; der Kaiser kniet nieder, dann 
wird der Kaiser aufgefordert Weihrauch zu opfern. Der Kaiser opfert 
zunächst grosses starkes, dann gewöhnliche Weihrauchstäbchen, dreimal, 
dann erhebt er sich und führt dieselbe Zeremonie vor den Tabletten der 
Kaiser aus. 

In dieser Form der Darreichung der Speisen vor den verschiedenen 
Tafeln durch den Kaiser, während zu Füssen des Altars von Tänzern in 
grosser Zahl langsamen Schrittes ein elegischer Tanz ausgeführt wird, 
verläuft die heilige Handlung. Wenn der Gesang zu Ende, ruft ein 
Herold von der oberen Terrasse mit lauter Stimme: „Reiche den Becher 
des Segens und Fleisch der Glückseligkeit.“ Darauf wird Becher und 
Fleisch dem Kaiser dargereicht, dieser kostet vom Wein und reicht ihn 
zurück. Darauf wirft sich der Kaiser dreimal nieder, berührt mit der 
Stirn neunmal den Boden, um seinen Dank für Wein und Fleisch zum 
Ausdruck zu bringen. Die versammelten Prinzen und Noblen tun das 
gleiche. Eine Stimme ruft: „Entferne die Speisen“, Musiker spielen ge- 
eignete Weisen und ein Gesang, „Gesang des glorreichen Friedens“, ertönt. 
Das Tablett des Shangti wird wieder zu der Ahnenkapelle im Norden des 
Altars zurückgebracht. Ein Rufer spricht die Worte: „Bringt das Gebet, 
den Weihrauch, die Seide und das Fleisch weg und schafft es ehrfurchtsvoll 
nach dem Tai-tan.“ Dies ist der alte klassische Name des Altars für 
Brandopfer (Plan 4, 41). Der Name besteht noch, doch ist aus dem 
Altar seit vielen Jahrhunderten ein Ofen geworden. 

Wenn nun Rauch und Flammen im Dunkel der Nacht zum Himmel 


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Chinesische Staatsreligion. 371 


emporsteigen und der Geruch des von den Flammen verzehrten Fleisches 
sich nach allen Seiten hin bemerkbar macht, ist der Teil der Zeremonie 
eingetreten, der „das Blicken nach den Flammen“, „wanglio“, genannt 
wird. Der Rufer schreit: „Schaut nach dem Verbrennen.“ Musik ertönt 
und der Kaiser schreitet nach einer bestimmten Stelle (Plan 4, 44), um 
das Brandopfer (Plan 4, 43) zu beobachten. Der Rauch und die Flammen 
des Brandopfers gelten den Geistern des Himmels, während mit dem ver- 
brannten Blut und den schwelenden Haaren der Opfertiere sich die Geister 
der Erde begnügen müssen. 

Mit dem Verbrennen der Gebetstafel, der Seide, der Speisen und des 
Bullen für Shangti in dem grünen Ofen und den entsprechenden Gegen- 
ständen für die kaiserlichen Ahnen in einem Kohlenbecken, endet die 
Zeremonie, und der Kaiser kehrt nach seinem Palast zurück. 


Abb. 6. Blick auf den Altar der Erde (im Hintergrunde), Peking. 


Die Tageszeit, zu welcher die Opferzeremonien stattfinden, ist, dem 
Kultus entsprechend, verschieden; auf dem Südaltar findet sie um Mitter- 
nacht statt, zur ersten Stunde des Tages, an dem die Sonne am niedrigsten 
steht, am Wintersolstitium. Diese Periode — man teilte den Tag in zwölf 
Perioden von je zwei Stunden ein — heisst tze. Das Frühlingsopfer, um 
chinesisch Neujahr herum, wird bei Tagesanbruch dargebracht. Der Sonne 
wird auf dem Altar der Sonne um 4 Uhr morgens, dem Mond auf dem 
Altar des Mondes um 10 Uhr abends geopfert. Die Festsetzung der Opfer 
steht den Astrologen zu, und die Festsetzung eines Opfers, an dem der 
Kaiser teilnimmt, geschieht selbstverständlich nur unter strenger Beob- 
achtung der Übereinstimmung der geheimen Naturgesetze, welche man 
in den Zyklen der Astrologie niedergelegt glaubt. 

Der Charakter der kaiserlichen Verehrung auf dem Altar der Erde 
(Abb. 6) ist im Grunde genommen derselbe, wie auf dem Altar des Himmels, 
wieer ja auch in früheren Zeiten als ein Kultus vereint war. Jetzt ist er ein 


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372 Messing: 


zeitlich und räumlich getrennter Kultus; und an Stelle der Geister der 
Sterne, der Sonne und des Mondes treten die Geister der Berge, Flüsse 
und Seen. 

Der Altar der Erde, Ti-Tan (Abb. 7), im Norden ausserhalb der Stadt- 
mauern gelegen, erhebt sich auf zwei viereckigen Terrassen, denn der Himmel 


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Abb. 7. Linearzeichnung des Altars der Erde, Peking. 


ist rund, die Erde viereckig ua chinesischer Anschauung, acht Treppen 
führen hinauf. Die obere Terrasse ist 60 Fuss im Umfang und 6,2 Fuss 
hoch, die untere 106 Fuss im Umfang und 6 Fuss hoch. Er ist ohne Dach, 
dem Frost und Tau, dem Wind und Regen und allen Einflüssen der 
Witterung vom Himmel und Erde ausgesetzt; nur Stufen und Steine in 
gerader Zahl sind verwendet; mit gelben Ziegeln ist die Umfassungs- 


Chinesische Staatsreligion. 373 


mauer bedacht. Ausserhalb des Nordtores, ein wenig nach Westen, ist 
eine Grube, in der die Tafel des verlesenen Gebetes und die dem Erd- 
geist geweihte Seide, ebenso die den Ahnen des Kaisers zu gleicher Zeit 
geopferte Seide vergraben wird. 

Der Geist der Erde ist ausser dem Geist des Himmels der einzige, 
zu dem der Kaiser sich als „Untertan“ bekennt. Die Farbe des zu 
opfernden Jades ist gelb, das Gebet ist auf ein gelbes Tablett ge- 
schrieben. Das Vergraben von Seide findet nur für den Geist der Erde 
statt, während die Opfer für die Kaiser, deren Tafeln auf dem Altar mit 
dem des Geistes der Erde zusammen stehen, wie auf dem Himmelsaltar 
in einem Kohlenbecken verbrannt werden. Die Musikinstrumente sind 
für den Erdgeist dieselben wie für den Himmelsgeist. Die bei der Musik 
verwendete Glocke ist vergoldet, um die gelbe Farbe wiederzugeben. 
Musiker und Tänzer tragen aber anstatt blaue, schwarze, mit Goldfiguren 
bestickte Roben; blau ist die Farbe beim Kultus des Himmels. „Huang“ 
heisst gelb und braun, die Farbe der Erde des nördlichen Chinas, doch 
schwarz ist die Farbe des Nordens; der Altar der Erde ist der Nordaltar, 
pei-tan, daher die schwarze Kleidung der Tänzer und Musikanten. 

Wird die Opferzeremonie unter Leitung eines Beamten oder eines 
Prinzen von Geblüt ausgeführt, wie z. B. jetzt zurzeit der Minderjährig- 
keit des Kaisers Hsuan-tung, so wird die Zeremonie unter Weglassung 
von Einzelheiten vereinfacht, was klar beweist, dass nur dem Kaiser, 
kraft seiner Stellung, der Charakter eines Hohenpriesters beigelegt wird. 

Die Tempel der Sonne im Osten und des Mondes im Westen liegen 
ebenfalle ausserhalb der Stadt. 

Ich bin hier am Schluss meines Vortrages angelangt und will meine 
Mitteilungen auf den Kultus beschränken, wie er aus dem Altertum auf 
die Gegenwart überkommen ist. 

Dank dem Umstande, der von altersher geradezu instinktiven Ab- 
neigung gegen alles Fremde, so dass, wie eingangs erwähnt, das Volk 
sich von den umwohnenden Völkern abgeschlossen, auf eigenem Boden 
der inneren Entwicklung zugewandt hat, ist sein Land nie der Tummel- 
platz fremder Gottesbegriffe geworden ın dem Masse wie andere alte 
Kulturländer, Persien, Griechenland, Rom; trotz des späteren Eindringens 
des Buddhismus hat es doch seinen religiösen Individualismus, gegenüber 
einem religiösen Kosmopolitismus, zu bewahren gewusst. 

Die Entwicklung der Religionen hat allerdings einen breiten Boden 
analoger Vorstellungen und verwandter Glaubensformen geschaffen, welche 
wir als allgemeine, dem menschlichen Geiste eigene Grundvorstellungen des 
religiösen Begriffes zu betrachten haben, und so darf es nicht wunder- 
nehmen, wenn wir gemeinsam in China und im Westen solche 
finden, die als Basis aller orientalischen Religionen gelten müssen. 

‘Je mehr uns die Literatur Chinas eröffnet und bekanntgegeben 
wird, desto mehr werden die Schwierigkeiten, die sich jeden Nichtsino- 
logen beim Studium chinesischer Verhältnisse entgegenstellen, gehoben, 
und die Wege geebnet, um die Religionsanschauungen mehr als seither 
möglich, in das Gebiet der vergleichenden Religionswissenschaft zu ziehen, 


374 Messing: Chinesische Staatsreligion. 


und so ist wohl auch die eingangs erwähnte Annahme, dass wir es bei 
der alten Staatsreligion mit einer Religion zu tun haben, die nachweis- 
bar in keinem Zusammenhang mit der anderer alter Kulturvölker stünde 
zu modifizieren. Denn wenn wir auf Schritt und Tritt Gleichartigkeiten 
des religiösen Kultus zwischen räumlich nalıe stehenden Völkern begegnen, 
so muss das wohl in erster Linie auf eine innere Verwandtschaft der 
Völker selbst zurückzuführen sein, und nicht auf eine Gleichartigkeit des 
Gedaukenganges der Menschheit überhaupt. 

Und solche Übereinstimmungen finden wir bei diesem chinesischen 
Staatskultus in weitestem Umfange und in prägnanter Weise. Ich möchte 
z. B. nur an den wandernden Götterthron, den heiligen Wagen des Zeus 
erinnern, von dem Herodot, Kapitel 7, 40 berichtet. 

Als Xerxes gegen Griechenland aufbrach, führte er einen solchen 
Wagen mit sich; der Sonnengott auf dem fahrenden Thron geleitet un- 
sichtbar gegenwärtig als oberster Heerführer den König und sein Volk in 
den Kampf, ebenso wie den Sohn des Himmels die Ahnentafeln und die 
der Götter des Bodens bei den Rundfahrten des Herrschers im Lande, 
von dem wir oben gehört. Allgemein ist, dass den Naturgottheiten bei 
allen Völkern nicht in Tempeln geopfert wurde, sondern an der Stätte 
ihres Seins und Wirkens auf freien Altären in freier Natur, unterm Auge 
des Universums. 

Dem Shangti, dem Himmel, der Erde und den Naturgeistern wurde 
analog den entsprechenden Gottheiten der Assyrer, Babylonier, Perser, 
Griechen und Römer auf Altären Speise- und Trankopfer. dargebracht; 
für die Ahnen ist die Stätte ihres Seins. das Haus, daher für sie der 
Tempel, d. h. die Ahnenhalle. 

Der Überblick, den ich Ihnen zu geben versucht habe, ist nur ein 
allgemein referierender und sollte nur ein solcher sein. Ich habe die 
besten Männer der Wissenschaft sprechen lassen, Tatsachen und Er- 
scheinungen, welche diese aufhäuften, aneinandergereilit, ihre Resultate, 
die aus dem Material folgten, vorgebracht. Was wir aber demselben ent- 
nommen haben, ist der erhabene, moralische Ton des alten chinesischen 
Kultus, der seinem reinen Inhalte, seiner Ausdrucksweise und seiner Art 
der Darstellung nach weit höher als der Kultus irgend eines der alten 
Kulturvölker steht. In den Gebeten und Aussprüchen der alten Herrscher, 
wie sie die Literatur uns bietet, von denen ich Ihnen nur wenig Proben 
habe geben können, wird nicht rohe Tapferkeit, nicht einmal Weisheit 
vepriesen, nein, nur die Tugend, Vortrefflichkeit in höchster, reinster 
Auffassung des Wortes, eine erhabene Auffassung, würdige Leitmotive! 

Die Götter des alten Kultus bleiben wohl ganz auf der Stufe des 
nationalen Polytheismus, doch sie sind alle rein und keusch, weder einen 
Bachus, noch eine Venus, nicht einen einzigen religiösen Akt aus- 
schweifenden oder obscönen Charakters finden wir. 

Die Begriffe der dualistischen Auffassung, Yin und Yang, waren den 
Chinesen keine populären Götter, nur philosophische Theorie oder physi- 
kalische Tatsachen. Sie wurden in elegischster Form verherrlicht; wie 


Virchow: Uber die Weichteile des Chinesinnenfusses. 375 


z. B. „die Sonne ist der reine Ausdruck des männlichen Prinzips, der 
Mond ist der Ausdruck des weiblichen Prinzips in der Natur“. 

Shih tshe yang ching yue tshé yin ching. 

Erst buddhistischen Einflüssen, dem einzigen fremden Kulturelement, 
das bisher dauernd in China festen Fuss gefasst hat, ist es vorbehalten 
gewesen, die in alten Zeiten unbekannten Einrichtungen: Priestertum, 
Göttertempel und Bilderkulte einzuführen. Die für die Geschichte des 
Volkes so ausschlaggebenden Verhältnisse, die seine Nationalität so ganz 
und gar bewahrt, die Menschenmassen seit der Dämmerung der Geschichte 
an der gleichen Scholle festgehalten, sie gelenkt, geregelt, stets mit neuen 
Lebenskräften versehen, sie so vor dem Schicksal anderer Kulturvölker, 
vor dem Anheimfallen an das universelle Gesetz, des zeitigen Hinsterbens 
geschützt haben, basieren zunächst auf der Homogenität der Masse, auf 
die der Rasse innewohnenden reproduktiven Kraft, ihrer Anpassungsfähig- 
k-it an die verschiedenen Lebensverhältnisse; Homogenität, reproduktive 
Kraft und Anpassungsfähigkeit fanden aber eine Stütze in der alten, dem 
Volke eigenen Auffassung des religiösens Gedankens der allwaltenden 
Naturkräfte des obersten Herrschers und der Himmelsgewalt. Dieser 
Gedanke in einer dem Volke heiligen Literatur niedergelegt, ist von 
Kung des weiteren ausgearbeitet, Gemeingut des ganzen chinesischen 
Volkes geworden, und während seiner tausendjährigen Existenz Leiter 
seines Schicksals geblieben. Die chinesische Staatsreligion basiert seit 
den ersten Zeiten erwachender Kultur auf dem System, auf welchem alle 
Religionen aufgebaut sind, jenem System, welches Kant mit den Worten 
kennzeichnet: 

Es ıst nur eine Religion, aber es gibt verschiedene Arten des Glaubens, 
verschiedene Formen der sinnlichen Vorstellungsart des göttlichen 
Willens, um ihm Einfluss auf die Gemüter zu verschaffen. 


(7) Hr. Hans Virchow hält den angekündigten Vortrag: 


Über die Weichteile des Chinesinnenfusses. 


Vortragender hatte vor einigen Jahren durch Hrn. Professor Max 
Reich die beiden Füsse einer 63jährigen, an Flecktyphus verstorbenen 
Chinesin erhalten mit den unteren Enden der Unterschenkel. Dieselben 
waren in starkem Spiritus gut in ihrer Form gehärtet. An einem dieser 
Füsse wurden die Weichteile, wobei es insbesondere auf die Muskeln an- 
kam, aufs Genaueste durchpräpariert; in jeder Phase der Präparation 
Photographie, Zeichnung und Protokoll gewonnen. Das Ergebnis hinsicht- 
lich der Muskeln ist, dass diese zwar in ihrem Volum verringert und auch 
der veränderten Fussform entsprechend verkürzt sind, dass aber ihre Sub- 
stanz von guter, gesunder Beschaffenheit ist und alle Bestandteile bis in 
so feine Einzelheiten hinein erhalten sind, dass nur der Geübte es auf- 
zufassen vermag. 

Eine ausführliche Veröffentlichung, in welcher auch das nach Form 
zusammengesetzte Skelett des Fusses Berücksichtigung finden soll, wird an 
anderem Orte erfolgen. 


lll. Literarische Besprechungen. 


H. Parker: Village folktales of Ceylon. Vol.I. London, Luzac 1910. 


Die Sammlung umfasst, wie zu erwarten ist, Erzählungen verschiedensten 
Charakters. Neben einfachen Tierfabeln und Volksschwänken von echt indischem 
Humor, finden sich Natur- und Kunstmärchen, iu denen zahlreiche Motive unserer 
Volksmärchen wiederklingen, ferner aber auch echt mythische Materialien. Vieles 
ist anderen indischen Märchensammlungen aus Kaschmir, Panjab, Südindien, anderes 
den buddhistischen Jätakas entlehnt. In den Hinweisungen auf diese Quellen sowie 
die in Afrika und Europa auftretenden Varianten liegt der besondere Wert der 
Arbeit. 

Für die vergleichende Märchen- und Mythenforschung seien folgende Erzählungen 
als bedeutsam hervorgehoben: Nr. 4 Die Glasprinzessin, mit Mondmotiven. Nr. 6 
mit einer neuen Variante des Niemandmotivs, Nr. 12 ein Menschenfressermärchen 
mit neuer Variante der „magischen Flucht“, Nr. 15 mit Anklängen an Grimm 
KHM. 60, Nr. 13 erinnert in einzelnen Zügen an Schneewittchen und Melusine (Mond- 
motive). Nr. 48 beweist die Identität der Motive „Augenraub“, „Speise wegnehmen“ 
und „In die Zisterne werfen“. 

Als interessante Analogien zu europäischen Stoffen seien erwähnt Nr. 18 „Kaiser 
und Abt“ und Nr. 25 mit Zügen des Gangs nach dem Eisenhammer. Unter den 
Schwänken befindet sich eine Variante der von den drei Freiern und der wieder- 
belebten Braut aus der Vetälapaficavimsatikä, auf deren sicher entlehnte afrika- 
nische Parallelen hingewiesen wird. 

Die Einleitung gibt eine gute Darstellung des ceylonesischen Dorflebens. 

P. Ehrenreich. 


Wörter und Sachen, Bd. II, Heidelberg, C. Winters Universitätsbuch- 
handlung, 1910 u. 1911, 40. 


Wie dem ersten Bande möchte ich auch dem zweiten dieser wertvollen Zeit- 
schrift ein paar Geleitworte mitgeben, um die Kreise unserer Gesellschaft auf diese 
Publikation aufmerksam zu machen, die das für uns alle erstrebenswerte Ziel ver- 
folgt, die Sprachforschung und Sachforschung zu vereinen und die Philologie aus 
ihrem Sondergebiet heraus in lebhaftere Fühlung mit allen den andern Zweigen 
der Forschung und der Technik zu bringen. Das kann ja nur zur Förderung der 
Wissenschaft im ganzen beitragen, wird sicher aber auch für die philologische 
Forschung die wertvollsten Anregungen geben und zur Klärung des hier gärenden 
Mostes in bester Art beitragen können und müssen; liegen hier doch die schwierigsten 
sachlichen Fragen auf den weitesten Gebieten überall zutage. | 

Denn, wenn auch sicher „durch die Sprachwissenschaft urgeschichtliche und 
geschichtliche Vorgänge beglaubigt werden können“, (Kapp, Grundlinien einer 
Philosophie der Technik. Braunschweig 1877, 8° 8.47), so ist doch Kossinna sehr 


Literarische Besprechungen. 377 


berechtigt „vor übereilten Folgerungen aus der Sprachforschung“ zu warnen 
(Correspondenzbl. der deutschen anthrop. Ges., Bd.34, 1902, S. 161‘, denn „noch 
heute spielt die Verwechselung von Rasse und Sprache eine unerfreuliche Rolle* 
(Hirt, Indogermanen, Strassburg 1907, 8° (II) S. 555) in der Literatur, und das wird 
kaum so bald verschwinden, namentlich überall da nicht, wo wie so oft, Archäologie 
und Wortforschung nationalistischen Zwecken der verschiedensten Art dienen 
müssen, auch wenn wir mit Kretschmer [Einleitung in die Geschichte der 
griechischen Sprache (Göttingen 18%, 8° 8.21) anerkennen, dass „die Voraussetzung, 
dass die Verbreitung des Wortes nur innerhalb eines ungeteilten, einheitlichen Ur- 
'volkes vor sich gehen konnte, durch die gesamte Sprachgeschichte widerlegt“ wird. 
Zunächst bedarf es ja noch einer gründlichen Erörterung und Klärung der Grund- 
prinzipien und vielfach vielleicht auch noch einer Umarbeitung der allgemein zu 
grunde gelegten Fundamentalauffassungen und der Forschungsmethoden hüben und 
drüben. 

Was lässt sich z.B. aus den Ortsnamen alles machen oder auch nicht machen, 
wenn für ein bekanntes, im Mittelalter wichtiges Städtchen in Schottland so ganz 
verschiedene Namenformen nebeneinander auftreten können, wie Jedburgh, Jedhart 
und Jedworth mit allen nur denkbaren Variationen! Und dabei beweist uns doch 
das liburnische Städtchen Ortpla, dessen Ruinen noch heute so heissen, dass der 
Name durch alle möglichen Veränderungen der (Bevölkerung? und der) Sprache 
am Orte haften kann. Wenn es einer der grundlegenden Sätze der Philologie ist, 
dass „ein Wort in keinem Falle in gleicher Bedeutung durch mehrere Sprachen 
geht“ (Hirt, Indogermanen (I) S. 344), wie steht dazu die Tatsache, dass das Wort 
Busa für Bier aus den Zeiten Hammurabis sich einmal am Orte bis in unsere 
Zeiten erhalten hat und dass es zugleich nach Indien, Nubien, Serbien und Ru- 
mänien wandern konnte, immer in derselben Bedeutung als eine Bezeichnung für 
Bier und dass es sogar bis ins mittelalterliche Deutschland gekommen ist; Buse, 
. eine Bierart in Osnabrück (Schranka, Das Buch vom Biere, Frankfurt a. O., 1886 
(I) S. 60). Auf der andern Seite, was soll der Wirtschaftsforscher mit einer Gleichung 
machen: Rechen = Harke, Rogus = Scheiterhaufen, goyos = Getreidescheune? (Hirt, 
S. 683) oder mit der Mitteilung, der Speer wäre die Hauptwaffe der Ackerbauer? 
(S.678). So interessant es ist, wenn Schrader, Reallexikon S.580/581, Hehn, 
Kulturpflanzen und Haustiere, 6. Aufl., S. 510, meint, Netz und Nessel zusammen- 
bringen zu dürfen, so können wir doch nichts damit machen, wenn, wie es immer 
noch geschieht, unser deutsches Kohl mit lateinisch Caulis zusammengebra cht wird, 
denn Caulis ist doch der Stengel und der wird beim Kohl ja doch nicht ge- 
gessen, höchstens bei der sehr späten Form des Kohlrabi. Und müssen wir nicht 
wenigstens versuchen, hinter das Verhältnis von Kopfkohl und Blattkohl zu kommen, 
zu dem der für Norddeutschland so wichtige Grünkohl und wichtige Abarten älterer 
Zeit gehören? Muss denn Butter immer noch lateinisch sein, obgleich die Römer 
die Butter kaum gebrauchten und die griechische Etymologie Sov rvgow = Kuhkäse 
doch ein Schlag ins Gesicht der Sachforschung ist!? So wird es auch nicht an- 
gängig sein, auf Grund indogermanischer Theorien die Ansichten der Zoologen über 
die Verbreitung des Aales im Schwarzen Meere korrigieren zu wollen (Deutsche Lit.- 
Ztg. 1906, Nr. 7, Spalte 435). Wir müssen doch anerkennen und dann gelten lassen, 
dass die Sprache allein nicht viel entscheiden kann, wenn nach Hoops (Waldbäume 
und Kulturpflanzen im germanischen Altertum, Strassburg 1905, 8°, S. 119) eine 
ununterbrochene Reihe von Namen die Eiche mit der Föhre in Verbindung setzt, 
und wenn die Eibe das Wurzelwort für ihren deutschen Namen litauisch mit dem 
Faulbaum, slawisch mit der Weide teilt. Der Hollunder wird nicht von den Polen 
zu den Litauern gekommen sein, auch wenn der litauische Name wirklich von ihnen 
entlehnt ist und dass unser Wort Bogen von biegen abgeleitet ist, bedeutet nicht etwa, 
dass die Sache bei uns erst aufkam, als schon deutsch gesprochen wurde. Wenn 
Schrader meint, er könne Europäer und asiatische Arier sprachlich danach scheiden, 
ob ihnen das Salz bekannt sei oder nicht, so möchte ich doch diese Unter- 
scheidung für zu weitgehend halten. Lapicque, L’Anthropologie, t. VII, 1896, 8%, 


378 Literarische Besprechungen. 


S. 43/45 erklärte freilich Jäger und Nomaden, die er noch als Wirtschaftsform hinter- 
einander stellte, brauchten beide kein Salz. Für die Türken stimmt das aber jeden- 
falls nicht, denn nach ihrer Stammsage erfand Jlak, einer ihrer Urpatriarchen, den 
Genuss des Salzes, als ihm sein Hammelbraten auf den Boden fiel, aus dem das 
Salz ausgeblüht war. Das Vorkommen von Salz nimmt ja auch nicht etwa ab, 
wenn man aus den russischen Steppen gegen den asiatischen Kontinent vordringt, 
und die indischen Arier hatten bei dem Einbruch in das Fünf- Stromland erst noch 
die bekannte Saltrange zu überschreiten. 

Ich sage das alles nicht. um nur zu kritisieren und es besser wissen zu wollen, 
vielleicht freilich, um ein wenig zu warnen, jedenfalls aber als Sach- und Wirtschafts- 
forscher, der den grössten Wert auf die gemeinschaftliche Arbeit mit den Philo- 
logen legt; ich will nicht etwa die angezogenen Autoren mit den angeblich „ety- 
mologischen* Phantasien eines Mucke zusammenbringen, der findet, die Kraft des 
Herkules wird in seiner „Keule“ repräsentiert, welche den „kul“torischen Ackerbau 
kennzeichnet (Urgeschichte des Ackerbaus und der Viehzucht, Greifswald 1808, 8°, 

315) und S.255, in 5'/, Zeilen Hag zu Hagen = Stier; Wall zu Wallach = Pferd; 
Pferch zu Pferd, park zu parafredus stellt und Ross als Pferdename ebenfalls von 
einer Verbindung des Wortstammes mit einern Worte für Geflecht ableitet. Aber 
wie soll ich z. B. einen Kritiker den Sachforschern zurechnen, der es in einer Be- 
sprechung „unverständlich“ findet, „warum der Vergesellschaftung von Zugtier und 
Pflug solche Bedeutung beigemessen wird, und warum die Erfindung des Wagens 
der des Pfluges vorangegangen sein muss?“ (Ztschrft. f. Sozialwissenschaft VII, 1904, 
8°, S. 29.) Wer solche Fragen so obenhin anfasst, der sollte doch nicht mitgerechnet 
werden. Aber freilich ist mir auch kaum für die Sachkunde geholfen, wenn ich 
von Schrader gelegentlich erfahren muss, dass die Einführung des Wagens „eine 
durch die Not gebotene Erfindung“ wäre! Und überhaupt muss ich gegen die Wort- 
forschung entschieden Protest erheben, wenn sie meint, Rind und Wagen wäre als 
Urbesitz der Indogermanen, also als sehr alt, anzuschen. Der Besitz auch nur eines 
Transporttieres, wie des Rindes an dem als Transportgerät so wichtigen Wagen, 
musste notwendig den Völkern, die sie zuerst erwarben, eine ausserordentliche Be- 
wegungsfähigkeit geben und damit auch eine ausserordentliche Ausdehnunegsfähig- 
keit und andererseits eine ausserordentliche Verkehrsmöglichkeit in sich, so dass 
dadurch der Sonderung der Sprachgruppen, die doch die Sprachgeschichte 
voraussetzen muss, notwendig sehr stark entgegengewirkt worden wäre! Für mich 
fängt ja auch Rind und Wagen ganz erheblich viel später an, wie für die Sprach- 
forscher. Übrigens hätten längst die Erörterungen eines Technikers, Forestier 
(La Roue, Etude paléotechnologique, Paris 1900, 8°) die Anschauungen beseitigen 
müssen, der Wagen habe als primitives Gerät und daher mit dem Scheibenrade an- 
gefangen, weil in einigen zurückgeblicbenen Gegenden im späteren Altertum wirk- 
lich Scheibenräder auftreten, die wir ja gelegentlich auch heute noch vorfinden. 
Gerade die Sachforschung weist doch immer wieder mit Deutlichkeit darauf bin, 
dass die scheinbar einfachste Lösung nicht immer die richtigste ist; Vorstellungen, 
wie sie immer sich noch finden: in den alten Zeiten müsse notwendig alles primitiv 
gewesen sein, und die Urmenschen seien selır einfache Leute gewesen, müssten all- 
mählich doch durch den Anschauungsunterricht in unseren Museen gründlichst 
widerlegt worden sein. 

Unter den Abhandlungen des zweiten Bandes von „Wörter und Sachen“ gehen 
zwei grössere auf eine Anregung Strzygowskis zurück, die er im ersten Bande 
gab, wenn Mucke das Grab als Tisch und Richard Hartmann den tischförmigen 
Grabstein behandelt. Sonst hebe im ersten Hefte noch eine fleissige und umfassende 
Abhandlung von Behagel über die deutschen Weilerorte hervor, die nur eine Karte 
schmerzlich vermissen lässt, denn das Kartenbild lässt sich doch durch die klarsten 
Auseinandersetzungen nicht ersetzen. Bei dem Aufsatz von Friedr. Kaufmann 
über die altdeutschen Genossenschaften bin ich ganz besonders auf die Fortsetzung 
gespannt, die die Hansa und verwandte Genossenschaften und die Jungmannschaft 
bringen wird, wie ich hoffe; denn das sind Verbände, wie sie uns jetzt ganz be- 


Literarische Besprechungen. 379 


sonders interessieren, der eine fiir die Geschichte des Mittelalters, der andere fiir 
die allermodernsten Bestrebungen des Fortbildungsunterrichts. 

Aus den kleinen Artikeln möchte ich noch die Gleichstellung von Mond und 
Kahn für Altindien von Bloch hervorheben, die mir sehr wertvoll ist. Dagegen 
möchte ich darauf hinweisen, dass die Gleichstellung von Schlitten und Schlitt- 
schuh von Kalima in Helsingfors für das Finnisch-ugrische und Slawische nicht 
ganz plausibel ist, denn sachlich stellt der lappische Rennschlitten, im Gegensatz 
zu dem des Eskimo immer noch einen Kahn dar, der nicht auf zwei Kufen läuft, 
sondern auf einem Kiel; das ist für die selbständige Entstehung der Verwertung 
des Rens und seine Verwendung als Zugtier wichtig. Dass nun gar das finnische 
riihi = Darrgerüst für Getreiderige aus dem finnisch-ugrischen Sprachstanım für 
das litauische, lettische, russische, schwedische und das deutsche der 
Ostseeprovinzen entlehnt sein soll, das entspricht denn doch der ganzen 
Auffassung vom Ackerbau und seiner Geschichte ein bischen wenig; aber solche 
Anregungen sind ja auch dann wertvoll, wenn sie den Widerspruch hervorrufen. 

Aber ich kann meine Besprechung nicht schliessen, ohne gerade in bezug auf 
diese so schöne und so wertvolle Publikation den Wunsch nach einer ganz ähr- 
lichen Zeitschrift aus dem Gebiete der Ethnologie und der ethnologischen Kultur- 
geschichte Ausdruck zu geben. Zu guter Letzt möchte ich auch noch einmal her- 
vorheben und in diesem Sinne die Zeitschrift für alle Kreise unserer Gesell- 
schaft bestens empfehlen, dass mir am aussichtsreichsten nicht ein scharfer Kampf 
entgegenstehender Richtungen zu sein scheint, sondern ein Zusammenwirken aller 
Wissenschaften im Sinne der schönen Worte Ratzels: „die Möglichkeit des Erfolges 
aller Forschungen über Völkerursprung sehen wir nur in der Teilung der Arbeit: 
Rasse-, Sprachen- und Kulturforschung mögen getrennt marschieren: sie werden 
nur so am gemeinsamen Ziele einst zusammentreffen* (Kleine Schriften, München 

906, 8°, IL S. 585). , Ed. Hahn. 


Weissenberg, Dr. S. Das Wachstum des Menschen nach Alter, 
Geschlecht und Rasse, mit 60 Zahlen- und 22 graphischen Tabellen 
und 2 Tafeln. 222 S. 8°. Stuttgart, Strecker & Schröder. 1911. 
(Geheftet 6 M.) 


Im Rahmen der „Studien und Forschungen zur Menschen- und Völkerkunde“, 
in dem uns die riihrigen Stuttgarter Verleger schon manche wertvolle und zeit- 
gemässe Studie dargeboten, ist jetzt als VIIL. Heft eine Untersuchung über mensch- 
liche Wachstumsverhiltnisse erschienen. Der Verfasser, den Fachgenossen schon 
durch eine frühere Studie über die siidrussischen Juden und durch einen lebhaften 
Meinungsaustausch über methodologische Fragen bekannt, hat in mehrjähriger 
Arbeit über 4000 südrussische Juden gemessen und sein Material von fast 50 000 
Zahlen in zahlreichen Tabellen und Kurventafeln übersichtlich gruppiert. 

Es liegt jetzt eine nicht nur ungemein fleissige, sondern auch sicher sehr 
wertvolle Studie vor uns, deren offenkundiger Nutzen anerkannt werden muss, 
auch wenn man die Messungsmethode des Verfassers nicht gerade für die zweck- 
mässigste hält. 

Die Arbeit beginnt mit einem Kapitel über fötale Kérpermasse. Da sind 
13 Föten von 42 bis 340 mm Körperlänge genau gemessen und nach allen Richtungen 
miteinander verglichen. Aus den vielen lehrreichen Ergebnissen sei hier nur her- 
vorgehoben, wie ganz ausserordentlich kurz die Beine menschlicher Embryonen in 
den ersten Monaten des intrauterinalen Lebens sind. So beträgt die Sitzhöhe bei 
einem Embryo von rund 40 mm Körperlänge volle 90% der Gesamtlänge, bei einem 
von 20 mm Länge noch 75%, bei einem von 250mm aber nur noch 68%, so dass im 
sechsten Monate fast schon die Verhältnisse des Neugeborenen erreicht sind, bei 
dem die Sitzhöhe etwa 67% der Körperlänge beträgt. 


380 Literarische Besprechungen. 


Der zweite Abschnitt handelt über die Körperproportionen des Neugeborenen. 
Ihm liegen Messungen an 15 Knaben und 14 Mädchen aus dem Berliner patholo- 
gischen Institut zugrunde, ein älteres Material, das noch aus der Zeit von R. Virchow 
stammt. Es ist an sich spärlich und vermutlich auch im einzelnen kümmerlich im 
Vergleiche mit lebenden und gesunden Kindern — aber es gibt zurzeit kaum ein 
besseres Material, auch nicht der Zahl nach. Ebenso wird man sich wohl auch in 
Zukunft meist auf Messungen von Leichen Neugeborener beschränken müssen, da 
das Messen an Lebenden mit zu grossen Schwierigkeiten verknüpft ist. Ich würde 
es aber für sehr wünschenswert halten, dass bald grössere Mengen von Neugeborenen 
in verschiedenen Ländern nach einer einheitlichen und einwandfreien Methode ge- 
messen würden. 

Im dritten Abschnitt werden die Körperproportionen des Erwachsenen be- 
handelt; die Untersuchungen basieren hier auf Messungen von 500 Männern und 
300 Frauen, also auf einem so grossen Material als es nur irgend wünschenswert ist 
— soweit südrussische Juden in Frage kommen. Wenn aber jemand aus diesen Zahlen 
auch auf die Verhältnisse bei anderen Europäern schliessen würde, dürfte er ver- 
mutlich nicht selten irregehen; Verf. scheint zwar anzunehmen, dass seine Messungen 
etwa denen am Durchschnitts-Europäer entsprechen, weil die mittlere Körperhöhe 
seiner Juden mit 165 cm der „mittleren“ europäischen gleicht. Aber die Masse des 
mittleren Europäers würden uns sehr viel weniger interessieren als etwa die Masse 
des mittleren Schotten und die des mittleren Sizilianers. Ich bebe das hervor, 
weil solche Messungen bisher noch fast völlig fehlen. Man kann nur hoffen, dass 
W.’s Beispiel bald in sehr vielen Ländern Nachfolger findet. Erst dann wird man 
wirklich etwas über „das Wachstum des Menschen“ wissen; deshalb meine ich 
aber auch, dass W. in der Wahl des Titels für sein Buch nicht ganz glücklich ge- 
wesen ist. 

Im einzelnen interessieren im dritten Kapitel besonders die relativen Zahlen 
von Mann und Weib; W. bemüht sich, da vielleicht sekundäre Geschlechtsunter- 
schiede nachzuweisen, wo einzelne seiner Vorgänger nur einfache Grössenunter- 
schiede angenommen hatten. Dass überhaupt die Frauen kleiner sind als die 
Männer, braucht nicht erst durch Messungen nachgewiesen zu werden, aber es ist 
wichtig, zu wissen, dass Sitzhöhe und Rumpflänge der Frau relativ grösser sind als 
die des Mannes, während ihre Beinlänge, ihre Armlänge und ihre Klafterbreite 
relativ kürzer sind. Relativ grösser scheint auch der Kopfumfang der Frau zu sein, 
doch geht aus dem Buche nicht hervor, auf welchem Materiale diese Angabe des 
Verfassers beruht; an sich sollte man vermuten, dass sie auf der Messung seiner 
WA) erwachsenen Frauen basiert ist, aber in der Einleitung gibt W. ausdrücklich 
an, dass er „wegen der störenden Frisuren den Kopfumfang nur am Manne ge- 
messen“ habe. Nun gibt er den mittleren Kopfumfang der Männer mit 550, den der 
Frauen (welcher?) mit 536 mm an, oder auf die Körperhöhe gleich 1000 bezogen: 334 
für die Männer und 349 für die Frauen. Sehr interessant ist hier der Vergleich 
mit den betreffenden Zahlen von Quetelet, absolut 564 und 538 mm, relativ 335 
und 840. 

Das einzige Mass, das bei der Frau auch absolut grösser ist als beim Manne, 
ist die Hiiftbreite. W. gibt da für seine Juden allerdings ganz enorme Masse: 
217 mm beim Mann, 281 mm bei der Frau (Quetelet hat da nur 236 und 237 mm), 
Dem entsprechend gehen auch die relativen Masse da sehr weit auseinander. Die 
Körperlänge gleich 1000 gesetzt, haben Wa Juden eine Beckenbreite von 168, die 
Frauen von 183, während bei Quetelet dieselben Zahlen nur 140 und 150 betragen. 
Noch sehr viel geringer würden sie natürlich bei Engländern der höheren Stände 
und erst recht bei Afrikanern ausfallen. 

Das den grössten Teil des Buches einnehmende vierte Kapitel behandelt das 
Wachstum während der Entwicklungsperiode. Es ist wohl der wichtigste Abschnitt 
der ganzen Arbeit und mit grosser Sorgfalt und Umsicht durchgeführt. Das Material 
beginnt mit Kindern von zwei Jahren und ist von Jahr zu Jahr in Gruppen geteilt 
Sehr anerkennenswert ist, dass tatsächlich nur solche Kinder ausgewählt wurden, 


Literarische Besprechungen. 381 


deren Alter nahe an volle Jahre herankam. So wurden als zweijährig nur gezählt 
Kinder mit 2 Jahren + 2 Monaten, ebenso die dreijährigen; als vierjährig die mit 
4 Jahren + 3 Monaten usw. Für die vielen interessanten Einzelheiten dieses Kapitels 
verweise ich auf das Original; ebenso für die anderen Abschnitte des Buches, unter 
denen ich hier nur den über Zwerg- und Riesenwuchs noch besonders hervor- 
heben will. 
Sehr erfreulich ist W.’s schroffe Ablehnung von Stratz, dessen Versuch, mit 
einem Modulus zu arbeiten, er als ganz verfehlt und in das Gebiet der ,sportativen® 
Anthropometrie gehörig, bezeichnet. Das Wort ist unschön, aber dem Sinne nach 
sicher zutreffend. Hingegen geht er sicher sehr viel zu weit, wenn er der ver- 
dienstvollen Arbeit von Sarah Teumin „jeden wissenschaftlichen Wert ab- 
spricht“. 
Bei aller Anerkennung, die ich dem verdienstvollen Buche W.’s gerne zolle, 
kann ich aber ein schweres Bedenken nicht unterdrücken; es betrifft seine Mess- 
technik. Dass er an den direkt genommenen Massen festhält und am Lebenden 
jede Projektion und alle aus solchen berechneten Masse verwirft, ist Ansichtssache. 
In Zukunft wird man sich da vielleicht nach der Majorität der Fachgenossen richten, 
weil man die Einheit der Methode für richtiger halten wird, als das eigensinnige 
Festhalten an Einzelheiten, wenn auch diese vielleicht richtiger oder logischer sein 
sollten, als die von der Mehrheit gewählten. Aber man sollte auf Masse verzichten, 
die an sich schwierig oder unsicher zu ermitteln sind und man sollte in der Technik 
jedes einzelnen Masses auf die Erreichung möglichst grosser Genauigkeit mehr 
Gewicht legen als auf irgend andere wirkliche oder scheinbare Vorteile. 
W. misst „ohne Schuhe, bei strammer Haltung, in leichten Unterkleidern* und 
bestimmt folgende Masse: 
Körperhöhe, Kopf in der deutschen Horizontalen. 
Klafterbreite, Arme stark gestreckt. 
Sitzhöhe, vom Scheitel bis zur Sitzfläche. 
Rumpflänge, von der oberen Fläche des Akromion bis zur Sitzfläche. 
Armlänge, vom Akromionrand bis zur Spitze des mittleren Fingers. 
Beinlänge, vom oberen Rande des grossen Trochanters bis zum Fussboden. 
Handlänge, von der tiefsten Falte am Handgelenke bis zur Spitze des 
ınittleren Fingers. 
8. Fusslänge, von dem am meisten nach hinten vorspringenden Punkte der 
Ferse bis zur Spitze der längsten Zehe. 

9. Schulterbreite, von einem Akromionrande zum anderen. 

10. Hüftbreite, Diameter cristarum, zwischen den am meisten abstehenden 
Punkten der Beckenschaufel. 

11. Kopfumfang in horizontaler Richtung. 

12. Brustumfang, vorne, beim Mann etwas unterhalb der Brustwarzen, beim 
Weib oberhalb der Brüste, hinten unterhalb der Schulterblätter. 

13. Körpergewicht. 

14. Hubkraft. 

15. Druckkraft. 

Für 1, 3 und 4 wurde ein aus Holz kontruierter Anthropometer gebraucht; für 
2 diente ein graduierter, hinten angelegter Holzstab, dessen eines Ende sich gegen 
irgendeinen festen Stützpunkt stemmte; 5, 6, 7, 11 und 12 wurden mit dem Band- 
masse bestimmt; 8 mit einem Tischlerwinkelmass; 9 und 10 mit einem Taster- 
zirkel.“ 

W. verschmäht also das von der überwiegenden Mehrheit der Fachgenossen be- 
nutzte einheitliche Instrumentarium und weicht auch sonst in seiner Technik von 
uns anderen mehrfach ab. So vermeidet er jede Benützung des Symphysenrandes. 
Das letztere wird man verstehen und für sein Material wohl auch billigen können. 
Seine Art, die Rumpflänge zu bestimmen, ist unter diesen Umständen sogar als 
besonders geschickt zu bezeichnen. Hingegen scheint es mir prinzipiell verfehlt, 
5,6 und 7 mit dem Bandmasse zu messen; ebenso nehme ich Anstoss an der Be- 


kb 


in 


38? Literarische Besprechungen. 


nützung des grossen Trochanters zur Bestimmung der Beinlänge. Nach meiner per- 
sönlichen Erfahrung — ich messe seit 40 und unterrichte im Messen seit 29 Jahren 
— ist es bei einigermassen kräftigen Leuten sehr oft unmöglich, den oberen Rand 
des grossen Rollhügels auch nur mit dem geringen Grade von Genauigkeit abzu- 
tasten, der für Messungen am Lebenden als unerlässlich bezeichnet werden muss, 

Noch gibt es keine einheitliche Technik für die Kérpermessung; vielleicht ge- 
lingt es in diesem Jahre, sie in Heilbronn zu schaffen. Gerade das Buch von W, 
zeigt wieder von neuem, wie dringend erwünscht ein wenigstens für die Haupt- 
masse einheitliches Verfahren sein würde 

Inzwischen kann ich nicht ohne Freude feststellen, dass W. in dem neuen 
Buche in allen Tabellen die Zahlen wieder ganz ausschreibt. In seiner sonst sehr 
wertvollen Arbeit über die jemenitischen Juden (Z. f. E. 41 S. 323) hatte er, einem 
Beispiele von Iwanowsky folgend, es konsequent durchgeführt, in sämtlichen 
Tabellen die „eigentlich ganz überflüssigen“ ersten Ziffern wegzulassen; er schrieb 
damals für eine Kopflänge von 189 mm einfach 89, für eine Körperhöhe von 164 cm 
einfach 64, für einen Kopfumfang von 58 cm einfach 8 nur — „um Raum, Zeit und 
somit auch Geld zu ersparen.“ Er ist von dieser sehr übel angebrachten Sparsam- 
keit jetzt freiwillig zurückgekommen, und so ist zu hoffen, dass er allmählich auch 
in seiner Messtechnik sich den westlichen Kollegen mehr und mehr annähern wird. 

v. Luschan. 


Erwiderung auf die Besprechung meines Buches „Die altslavische Woh- 
nung“ durch A. Brückner (vgl. diese Zeitschrift S. 180—182). 


Die Bemerkung Brückners, dass bei der Fremdwörtersucht der Slaven (mehr 
als bei den Germanen und Finnen?) die slavischen Lehnwörter für die Entlehnung 
der Dinge gar nichts bedeuten, berührt mich nicht, da ich als Ethnograph von den 
Sachen ausgehe und erst durch augenfällige Übereinstimmungen in den Einrich- 
tungen hüben und drüben auf die Heransiehung der Lehnwörter geführt bin. Wenn 
Brückner behauptet, dass banja und &ulan ohne Schwierigkeit aus einheimischem 
Sprachgute erklärt werden können, so hat bis jetzt kein Slavist an eine derartige 
Möglichkeit gedacht. Dass banja bei den Slaven von jeher die Bedeutung der 
Badstube gehabt hat, ist ja auch meine Ansicht. In diesem Falle aber kann bei 
demselben Stamme, z. B. den Grossrussen, istuba von Anfang an nur die Wohn- 
stube bedeutet haben, und damit ist die Anlehnung an die skandinavische stofa 
gegeben. Die Behauptung Brückners, dass die älteste russische Chronik istuba 
in der Bedeutung der Badstube kenne, bezieht sich offenbar auf die Stelle (Miklo- 
sich, Chronica Nestoris, S. 32, mein Buch, S. 317, Anm. 1), in der die Grossfürstin 
Olga den Abgesandten der Drewljanen in Kiew ein Bad bereiten lässt (um %90). 
Aber in jener Zeit gab es in Kiew bei den Poljanen ebensowenig Badstuben, wie 
heutzutage, denn nach der Legende des heiligen Andreas traf dieser auf seiner Reise 
nach Norden die Badstube erst oben am Ilmensee. Es blieb also nichts übrig, als 
eine gewöhnliche Stube, istupka, so oder so, für diesen Zweck herzurichten. Und in 
zwei späteren Stellen gebraucht derselbe Nestor unzweifelhaft istuba für die Wohn- 
stube. In der einen (Nest. S. 141, anno 1095) wird dem Fürsten der Prolowzer, 
Itlar, eine istubika angewiesen, um dort zu schlafen und zu frühstücken. Und im 
folgenden Jahre wird unweit Kiew in der istuba die peč erwähnt, ein Wort, das 
nie für den Steinofen der Badstube gebraucht wird (Nestor, S. 165, 6, mein Buch 
S. 331, Anm. 1). Was noch die von Brückner angezogene Wendung der Wenzels- 
legenden (Ende des 10. Jahrh.) anlangt: „in cesso balneo, quod populariter lingua 
istuba vocatur“, so kann ich in stuba keine Vertretung eines tschechischen izba 
sehen; der Verfasser will sich mit dem Ausdruck „pop. ling.“ entschuldigen, dass 
er zum besseren Verständnis zu dem gut lateinischen in asso balneo das aus dem 
(emeindeutschen in das Vulgärlatein übergerangene stuba fügt. Nun will ja Br. 


Literarische Besprechungen. 383 


selbst in einer um 1125 in Wollin erwähnten stupa (= izba?) die Wohnstube finden, 
während nach dem (von Br. nicht angezogenen) Berichte des arabischen Reisenden 
Ibrahim Ibn Jakub noch zu Ende des ersten Jahrtausends bei den westlichen 
Slaven itba die Badstube gewesen sein soll (jeder Ethnograph weiss, wie sehr Rei- 
sende, die der Landessprache nicht kundig sind, sich Missverstindnissen ausgesetzt 
sehen). Wenn das richtig ist, so mtisste im Laufe des ersten Jahrhunderts unseres 
Jahrtausends auf der ungeheuren, dünn bevölkerten, öfters durch pfadlose Wild- 
nisse unterbrochenen Strecke von der Mündung der Oder bis zum Schwarzen 
Meere, die istuba sich aus der Badstube zur Wohnstube entwickelt haben, und 
zwar zu einer Wohnstube mit ganz besonderer, überall gleicher Einrichtung, niim- 
lich mit der der peč’. Ich habe dargetan (mein Buch S. 170 ff., S. 181 bis 183), dass 
auf der ganzen Strecke von der Ostsee bis zur Adria, überall wo Slaven und 
Deutsche zusammenstossen, die Slaven in der Wohnstube den Backofen haben, oder 
doch den Stubenofen zum Brotbacken benützen (Slovenen), wogegen das im inneren 
Deutschland nirgends der Fall ist; ferner (S. 96 bis 98), dass auf derselben 
Strecke die mannigfachsten Übergänge zwischen der slavischen Gewohnheit, im 
Ofen selbst in Töpfen mittels der Ofengabel zu kochen und dem deutschen Brauch, 
im Kessel am offenen Feuer, nachzuweisen sind; endlich (S. 97 unten), dass im ganzen 
östlichen Deutschland der Brauch herrscht, Winters im Kachelofen mit der Ofengabel 
in Töpfen zu kochen, eine Einrichtung, die nur von den Slaven angenommen sein 
kann, da sie weiterhin nach Westen zu, desgleichen in Niedersachsen und Skandi- 
navien, vollständig unbekannt ist. Diese Tatsachen sind unwiderleglich und können 
in ihrern Zusammenhange nicht anders verstanden werden, als dass die Slaven die 
istüba mit der peč von vornherein aus der alten Heimat in diese Gegenden ge- 
bracht, aber nicht erst an Ort und Stelle unter ganz verschiedenen Einflüssen und 
ohne jeden inneren Zusammenhang der Stämme entwickelt haben. 
K. Rhamm. 


én 


=] 


10. 


IV. Eingänge für die Bibliothek.” 


. Brühl, Gustav, Die Kulturvölker Alt-Amerikas. New York, Cincinnati, St. Louis. 


Benziger Bros., 1875—1887. 8°. 


. Dessauer, Friedrich, und Paul C. Franze, Die Physik im Dienste der Medizin 


mit besonderer Berücksichtigung der Strahlungen. Kempten u. München: 
J. Kösel 1906. 8° (Aus: Sammlung Kösel Bd. 9.) 


. Franze, Paul C., Uber die Gültigkeit naturwissenschaftlicher Erkenntnis und 


über die Entwicklung der Erkenntnis überhaupt. o O. u. J. 8°. (Aus: 
Philos. Wochenschr. Bd. 7 u. 8. 


. Schweinfurth, G, und L. Levin, Beiträge zur Topographie und Geochemie 


des ägyptischen Natron-Thals. Berlin 1898. 8°. (Aus: Zeitschr. f. Erdkde. 
Bd. XXXIIL.) i 


. Lewin, L., Über eine angebliche Carbolsäurevergiftung. Leipzig: G. Thieme 


1898. 8°. (Aus: Deutsch. Med. Wochenschr. 1898.) 


. Lewin, L, Über eigentümliche Quecksilber-Anwendungen. Berlin 1899. 8°. 


(Aus: Berl. klin. Wochenschr. 1899.) 


. Lewin, L., Über die Fruchtabtreibung. Berlin 1899. 8°. (Aus: Berliner klin. 


Wochenschr. 1899.) 


. Lewin, L, und M. Brenning, Die Fruchtabtreibung durch Gifte und andere 


Mittel. Berlin: A. Hirschwald 1899. 8". 


. Lewin, L., Über einige biologische Eigenschaften des Phenylhydrazins und ` 


einen grünen Blutfarbstoff. München: R. Oldenbourg 1901. 8°. (Aus: 
Zeitschr. f. Biolog. Bd. XLII.) 

Lewin. Louis, Sur une substance colorante verte extraite du sang des animaux 
empoisonnés par la phenylhydrazine. Paris: Ganthier-Villars 1901. 8". 
(Aus: Comptes Rendus des Séances de l’Acad. des Sciences.) 


. Offner, Max, Das Gedächtnis ... Berlin: Reuther & Reichard 1909. 8°. 


Nr. 1—11 Hr. Grünwedel. 


. Schrader, O, Die Indogermanen. Leipzig: Quelle & Meyer 1911. 8°. (Aus: 


Wissenschaft und Bildung Bd. 77.) 


. Weber, Friedrich, Beiträge zur Charakteristik der älteren Geschichtsschreiber 


über Spanisch-Amerika. Leipzig: R. Voigtländers Verlag 1911. 8°. 


. Volz, Walter, Reise durch das Hinterland von Liberia 1906—1907. Nach 


seinen Tagebüchern bearbeitet von Dr. Rudolf Zeller. Bern: A. Francke 
1911. 8°. 


. Bloch, Iwan, Der Ursprung der Syphilis.... I. Jena: G. Fischer 1901. 8°. 


1) Die Titel der eingesandten Bücher und Sonder-Abdrücke werden regelmässig 


hier veröffentlicht, Besprechung der geeigneten Schriften vorbehalten. Rücksendung 
unverlangter Schriften findet nicht statt. 


16. 


23. 


24. 


20. 


31. 


33. 


34. 


Eingänge für die Bibliothek. 385 


Hodson, T. C., The Naga Tribes of Manipur. London: Macmillan and C. 
1911. 8°. 
Nr. 12—16 Verleger. 


. Catalogue, A descriptive of the Sanskrit manuscripts in the government 


oriental manuscripts library, Madras by M. Rangacharya, M. A., Rao Ba- 
hadur, vol. IIL-grammar, lexicography and prosody, Madras 1906. 8°. 


. Catalogue... vol. IV first part: Itihasa and puräna. Madras 1907. 8°. 
. Catalogue... vol. IV, second part: Upapuränas and sthalamähätmyas. Madras 


1908. 8°. 


. Catalogue... vol. V.-Dharma-sästra. Madras 1909. 8°. 
. Catalogue... vol. VI.-Dharma-sästra (continuet). Madras 1909. 8°. 
. Catalogue... vol. VIIL-Arthasästra, Kamasästra, and systems of indian 


philosophy-Nyaya, Madras 1910. 8°. 
Catalogue ... vol. IX-Systems of indian philosophy: Vaisésika, yoga 
mimäamsä and védanta-advaita philosophy. Madras 1910. 8°. 
Nr. 11-23 Superintendent Gov. Press. 
Hoernes, M., Kunsthistorische Übersicht aus dem V. Bande der österreichischen 
Kunsttopographie (Bezirk Horn). 0.0. u.J. 4% (Aus: K K. Zentral- 
Komm. f. Kunst- u. hist. Denkmale.) 


. Carus, Paul, Philosophy as a science ... Chicago: The Open Court Publishing 


Company. 1909. 8°% 


. Puydt, Marcel de, Ville de Liege Musée Archéologique Maison Curtius . . . Section 


préhistorique. Liege o J. 8°. 


. Puydt, Marcel de, Notes sur une partie de cräne humain trouvee dans le 


Limon d'une Grotte pres de Pepinster. Quatre instruments néolithiques 
perforés, des silex taillés paraissant quaternaires trouvés a Sainte-Gertrude. 
Un vase néolithique de Tourinne. Bruxelles 1884. 8°. (Aus: Bull. de la 
Soc. d’anthrop. de Bruxelles tome XIII.) 


. Puydt, Marcel de, Au sujet de poignards de l’äge de la pierre et de quelques 


silex taillés trouvés a Epinois, canton de Binche, province de Hainaut 
(Belgique). Bruxelles 1900. 8° (Aus: Communication faite a la Soc. 
d’Anthrop. de Bruxelles.) 

Puydt, Marcel de, Fonds de cabanes néolithiques de la Hesbaye. Le village 
des tombes compte rendu de fouilles exécutées a Omal par M. M. E. Davin- 
Rigot et Marcel de Puydt, en 1900-1901. Bruxelles 1902. 8° (Aus: 
Communication faite a la Soc. d’Anthrop. de Bruxelles.) 


. Puydt, Marcel de, Antiquités préhistoriques trouvées sur le territoire de la 


Ville de Liege, haches du type acheuléen de Visé et de Waremme, 
Bruxelles 1903. 8°. (Aus: Communication faite a la Soc. d’Anthrop. de 
Bruxelles.) 

Puydt, Marcel de, Fonds de cabanes néolithiques du Niva et de Bassenge. 
Compte rendu de fouilles exécutées par M. M. Davin-Rigot et M. de Puydt 
a les Waleffes. Bruxelles 1904. 8°. (Aus: Communication faite a la Soc. 
d’Anthrop. de Bruxelles.) 


32. Puydt, Marcel de, Habitations de l’äge du bronze en Hesbaye. Compte rendu 


de fouilles pratiquées, en 1905, avec M. M. Davin-Rigot et Herman Davin, 
à Lens Saint-Servais, provinze de Liege. Bruxelles 1907. 8% (Aus: 
Communication faite a la Soc. d’Anthrop. de Bruxelles.) 

Puydt, Marcel de, Fonds de cabanes de la Hesbaye. Groupe du Grandchamp. 
Compte rendu de fouilles exécutées, en 1907, avec M. M. Davin-Rigot et 
Herman Davin, commune de les Waleffes. Bruxelles 1909. 8°. (Aus: 
Communication faite à la Soc. d’Anthrop. de Bruxelles.) 

Puydt, Marcel de, Les emplacements d’habitations protohistoriques de la 
Bruyère de Neerhaeren (commune de Reckheim). Bruxelles 1909. 8°. (Aus: 
Communication faite 4 la Soc. d’Anthrop. de Bruxelles.) 


Zeitschrift für Ethnologie. Jahrg. 1911. Heft 2. 25 


386 Eingänge für die Bibliothek. 


35. 


46. 


47, 


48. 


49 


50. 


51. 


Puydt, Marcel de, Le fond de cahane néolithique découvert a Liege sous la 
place Saint-Lambert. Liege 1909. 8°. (Aus: Compte-rendu du Congr. de 
la Federation archeol. et hist. de Belgique XXI sess.) 


, Puydt, Marcel de, Notice. Station néolithigue de Sainte-Gertrude (Limbourg 


néerlandais). Ateliers néolithiques de Sainte-Gertrude et de Ryckholt. 
Collections préhistoriques déposées au Musée Curtius. Liége 1910. 8°. 
(Aus: XLI. allgem. Versamml. in Cöln.) 


. Boas, Franz, Changes in bodily form of descendants of immigrants. Washington 


1911. 8°. (Aus: The Immigration Commission.) 


. Neergaard, Carl, Un amas de débris provenant d'une fonderie du récent Age 


du bronze. Copenhague 1910. 8°. (Aus: Mém. de la Soc. Roy. des Antiqu. 
du Nord.) 


. Viollier, D., Essai sur les rites funéraires en Suisse des origines a la conquete 


romaine étude, sur les moeurs et les croyances des populations pre- 
historiques. Paris: E. Leroux 1911. 8° (Aus: Biblioth. de l’Ecole des 
hautes études vol. 24.) 


. Le Coq, A. v., Dr. Steins turkish khuastuanift from Tun-Huang ... 0.0.1911. 


8° (Aus: Journ. of the Royal Asiatic. Soc.) 


. Lehmann-Nitsche, Robert, Europäische Märchen unter den argentinischen 


Araukanern. o. O. u. J. 8°. (Aus XIV. Amerikanisten-Kongress.) 


2. Lehmann-Nitsche, Robert, Schädeltypen und Rassenschädel. Braunschweig 


1906. 4°. (Aus: Arch. f. Anthrop. N.F. Bd. V.) 


. Lehmann-Nitsche, Robert, Dibujos primitivos . . . La Plata 1909. 8°. (Aus: 


Tirada especial de Univers. Nac. de la Plata.) 


. Lehmann-Nitsche, R., Clavas cefalomorfas de piedra procedentes de Chile 


y de la Argentina. Buenos Aires 1909. 4°. (Aus: Rev. del Mus. de la 
Plata tomo XVI (2. serie tom. MI.) 


. Lehmann-Nitsche, R, Hachas y placas para ceremonias procedentes de 


Patagonia. Buenos Aires 1909. 4°. (Aus: Rev. del Mus. de la Plata tomo 
XVI (2. serie tom. IIL.) 

Lehmann-Nitsche, R, Zu den Anthropophyteia aus Alt-Peru. Leipzig: 
Deutsche Verlagaktiengesellschaft 1909. 8° (Aus: ANOPQITOSYTEIA 
Bd. VI.) 

Lehmann-Nitsche, Robert, Homo sapiens und Homo neogaeus aus der 
argentinischen Pampasformation. Wien: A. Hartlebens Verlag 1909. 8°. 
(Aus: Verhandl. d. AVI. Internat. Amerikanisten-Kongr.) 

Lehmann-Nitsche, Robert, Homo sapiens und Homo neogaeus aus der 
argentinischen Pampasformation. Jena: G. Fischer 1909. 4° (Aus: Natur- 
wissenschaftl. Wochenschr. N. F. VIII. Bd.) 

Lehmann-Nitsche, R., Programa del Curso libre de Paleoantropologia Año 

' 1904. La Plata 1909. 8°. (Aus: Facultad de filosofia y letras de la Univers. 
de Buenos Aires.) 

Lehmann-Nitsche, Robert, El hombre fosil pampeano La Paz, Bolivia 1910. 
4°, (Aus: Bol. de la Oficina nac. de estadistica.) 


. Lehmann-Nitsche, Robert, Vocabulario Chorote 6 Solote (Chaco occidental’. 


Buenos Aires 1910. 4°. (Aus: Rev. del Mus. de la Plata tomo XVIII. 
2. serie tomo IV.) 


2. Lehmann-Nitsche, Robert, Programa del curso de antropologia año 


1905—1907 u. 1910. Buenos Aires 1905—1910. 8°. (Aus: Facultad de 
filosofia y letras de la Univ. de Buenos Aires) 4 Hefte. 


. Lehmann-Nitsche, R., Programa de curso libre del antropologia año 1903. 


La Plata 1909. 8° (Aus: Facultad de filosofia y letras de la Univ. de 
Buenos Aires.) 

Torres, Luis Maria, El Totemismo su origen, significado, efectos y superviven- 
clas. Buenos Aires 1911. 4°. (Aus: Anales del Mus. Nac. de Buenos Aires. 
Tom. XX. Ser. 3t. XIIL) 


Ov. 


56. 


61. 


62. 


63. 


Eingänge fiir die Bibliothek. 387 


Sera, G. L., Sull’ uomo fossile sud-americano. Firenze 1911. 8°. (Aus: Moni- 
tore See Ital. anno XXII.) 

Buschan, G., Literatur iiber die Landes- und Volkskunde Pommes für die 
Jahre 1908 und 1909 unter Mitwirkung von G. Enderlein, A. Hahn, L. Sauer 
und E. Walter. Greifswald 1911. 8". (Aus: Ihresber d. Gesellsch. f. 
Völker- und Erdkde. z. Stettin). 


. Wichmann, H., Die deutsch-niederländische Grenzkommission in Neuguinea. 


Gotha: J. Perthes 1911. 4°. (Aus: Dr. A. Petermanns Geogr. Mitteil. 1911). 


. Pöch, Rudolf, Bericht über meine Reisen nach Südafrika 1907—1909. Wien 


1908/1909. 8°. (Aus: Akad. Anz. d. kaiserl. Akad. d. Wissensch. Nr. VI.) 


. Pöch, Rudolf, Das Photographieren auf anthropologischen Forschungsreisen. 


Wien: K. k. Photographische Gesellschaft 1910. 8°. (Aus: Photogr. 
Korrespondenz Nr. 594) 


. Pöch, Rudolf, Meine beiden Kalahari-Reisen 1908 und 1909, Berlin 1911. 8°. 


(hive: Zeitschr. d. Gesellsch. f. Erdkde.) 

Verlagskatalog von Friedr. Vieweg & Sohn in Braunschweig. Herausgegeben 
aus Anlass des hundertjiihrigen Bestehens der Firma in Braunschweig 
1799 April 1899. Braunschweig 1899. 8°. 

Verlagskatalog von Friedr. Vieweg & Sohn in Braunschweig 1186-1911. Her- 
ausgegeben aus Anlass des hundertfünfundzwanzigjährigen Bestehens der 
Firma, gegründet April 1786. Braunschweig 1911. 8° 

Roberti, Giacomo, L’eta neolitica nel Trentino. Trento 1909 8°, (Aus: Rivista 
tridentino 1909.) 


. Roberti, Giacomo, Appunti di paletnologia Trentina. Parma 1910. 8°. (Aus: 


Bull. di paletnolog. ital. Anno XXXV.) 


. Roberti, Giacomo, Inventario degli oggetti litici del Trentino. Trento 1910. 


8". (Aus: Supplemento di Pro Cultura Anno I.) 


. Roberti, Giacomo, Scavi della „Pro Cultura“ o. O. 1911. 8”. (Aus: Rivista 


Pro Cultura Anno 1911.) 


. Roberti, Giacomo, Le nuove scoperte della Stazione neolitica a Mont’ Athans 


di Mori o O. u. J. 8° (Aus: Pro Cultura I.) 


. Roth, Walter E., Some technological notes from the Pomeroon District, British 


Guiana. Loddon: Royal Anthrop. lnst. of Great Britain and Ireland 1910. 
4°, (Aus: Journ. of the Royal Anthrop. Inst. Vol. XL.) 


. Hollis, A. C., Vocabulary of english words & sentences translated into six 


isn or dialects, viz.: o O. u. J. 8°. 


, Koch-Grünberg, Theodor, ‚Aruak-Sprachen Nordwestbrasiliens und der an- 


grenzenden Gebiete. Wien: Anthropologische Gesellschaft 1911. 4°. (Aus: 
Bd. XLI (d. dritten Folge Bd. XI) d. Mitteil. d. Anthrop. Gesellsch. in Wien.) 
Nr. 24—70 Verfasser. 


. The onus Court a monthly Magazine devoted to the Science of Religion, the 


Religion of Science, and the Extension of the Religions Parliament Idea 

founded by Edward C. Hegeler. Chicago: The Open Court Publishing 

Company. London: Kegan Paul, Trench, Triibner & Co. Ltd. 1911. 8°. 
Hr, P. Carus. 


. Düben, G. von, Crania Lapponica opus posthumum auctore. With a preface ` 


by professor Gustaf Retzius edited by Prof. C. G. Santesson. Holmiae 
MCMX. Jena: G. Fischer 1909. 2° 
Hr. Santesson. 


. Bosman, William, A New and Accurate Description of the Coast of Guinea, 


divided into the Gold, the Slave, and the Jvory Coasts. London 1705. 8°. 
Professor Lissauer-Stiftung. 


. Guimet, Emile, Les chretiens et l’empire romain. Le malentendu entre les 


Chrétiens et le Gouvernement Paris: Editions de la Nouvelle Revue 1909: 
8°. (Aus: La Nouv. Rev.) 
Musée Guimet. 


388 Eingänge für die Bibliothek. 


82 


83 


. Guimet, Emile, Lucien de Samosate, philosophe. Paris: Editions de la Nouvelle 


Revue 1910. 8°. (Aus: Nouv. Revue.) 
Musée Guimet. 


. Journal, The Sarawak Museum. Sarawak 1911. 8% Vol. I, 1. 


Curator des Museums. 


. Volkskunde Leipzig: O. R. Reisland 1911. 8° (Aus: Jhrsber. über die Erschein. 


auf dem Geb. d germ. Philolog. 31. Jhrg) 
Gesellsch. f. deutsche Philologie. 


. Freimark, Hans, Das Sexualleben der Afrikaner. Leipzig: Leipziger Verlag 


G. m. b. H. o. J. 8° (Aus: Sexualleben der Naturvölker Bd. II.) 
Professor Lissauer-Stiftung. 


. Topinard, Paul, L’Anthropologie. Paris: Schleicher Frères o. J. 8°. 


Professor Lissauer-Stiftung. 


. Weimann, E., Lebensbeschreibung des Prinzen und der Prinzessin Colibri. 


Berlin 1857. 8°. 
Hr. Virchow. 


. Prusse occidentale, Carte archéologique de la, (Ancienne Province polonaise) 


et des parties contigues du Grand Duché de Posen d’apres les recherches 
de Godefroy Ossowski (1875—1878) par les soms et aux frais de Sigismond 
Dzialowski. Paris 1880. gr. 2°. 

Frau Geh. Rat Virchow. 

Rathgen, F., Uber einige antike Mörtel. Berlin: Chem. Laboratorium f. Ton- 
industrie und Tonindustrie-Ztg. . . . 1911. 8% (Aus: Tonindustrie-Ztg. 
Jahrg. 1911.) 

. Pittard, Eugene, L’indice cephalique chez les Tsiganes de la péninsule des 
Balkans (1261 individus des deux sexes). Lyon 1904. 8° Aus: Soc. 
d’Anthrop. de Lyon 1904.) 


84. Pittard, E., Le plus ancien outillage humain en os connu jusqu, à ce jour 


| 85. 
86. 
87. 
88. 


89. 


93. 


94. 


(période moustérien). Köln 1907. 4°. (Aus: Bericht über die Prähist. Vers. 
1907 ... in Köln). 

Pittard, Eugène, Ossements utilisés (diaphyses) de la période moustérienne 
station des Rebiéres (Ourbiéres) Dordogne. Paris: F. Alcan 1908. 8" 
(Aus: Rev. de l’École d’Anthrop. 18. Année.) 

Pittard, Eugène, Anthropologie de la Roumanie. Étude de 50 crânes roumains 
déposés au Monastère de Varatic (Moldavie). Bucarest 1910. 4° (Aus: 
Bull. de la Soc. des Scienc. de Bucarest-Roumianie, An. XIX.) 

Pittard, Eugene, Découvertes préhistoriques dans la Dordogne. Une nouvelle 
station moustérienne (note préliminaire). Genève: R. Burkhardt 1910. 8°. 
(Aus: Globe Tome XLIX.) 

Pittard, Eugène, Contribution a l’&tude anthropologique des Serbes du royaume 
de Serbie. Paris: F. Alcan 1910. 8°. (Aus: Rev. de l'École d’Anthrop. 
20. Année.) 

Pittard, Eugène, Comparaisons sexuelles dans une série de 795 crânes de 
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(Aus: Bull. de la Soc. d’Anthrop. de Lyon, tome 28.) 

Pittard, Eugène, L’indice nasal et le développement des dimensions du nez en 
fonction de la taille chez 1266 Tziganes des deux sexes. Paris: F. Alcan 
1911. 8° (Aus: Rev. anthrop. 21 année) 

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(Charente-Inférieure) Angoulème: Constantin MDCCCXI. 8°. 


92. Roth, Walter E., North Queensland ethnography. o. O. 1910. 8°. (Aus: Records 


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(Aus: Dr. A. Petermanns geogr. Mitteil. I.) 

Baye, Le Baron de, Les casques de l'époque barbare (second mémoire). 
Paris 1911. 8°. (Aus: Mémoires de la Soc. nat. des Antiquaires de France 
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Eingänge für die Bibliothek. | 398 


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Huttern, Johann, Die siebente Erdenwelt in Zeit, Sprache und Schrift. 
Leipzig: Zürich IV, Selbstverlag des Verfassers, Universitätsstr. 80. 1911. 8° 

Bertholon, Etude comparée sur des cranes de Carthaginois d’il y a 2400 ans 
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Herman, Otto, Vortrag gehalten in der Sitzung der Kommission für Höhlen- 
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o. O. 8° (Aus: Angewandte Photogr. in Wissensch. u. Techn.) 

Alsberg, Moritz, Tropismen und Lebensvorgänge. Leipzig: J. A. Barth 1910. 
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Alsberg, Moritz, Die geistige Entwicklung bei Tier und Mensch im Lichte 
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poprzednikow w Argentynie, oraz Sprawozdanie z delegacyi na Kongres 
naukowy miedzynarodowy amerykanski w Buenos Aires w 1910 roku... 
Warszawa 1911. 8”. (Aus: Ber. u. Sitz. d. Gelehrt. Ges. Jhrg. IV.) 

Stolyhwo, Kazimierz, [Polnisch] Poszukiwania archeologiczne w Zameczku w 
Radomskiem. Warszawa 1911. 8° (Aus: Ber. u. Sitz. d. Gelehrt. Ges. 
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„Museum Przemysłu i Rolnictwa“ à Varsovie.) 

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Kaiserl. Gesellsch. d. Freunde d. Naturkunde . .. Tome XXVII.) 

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Nac. de Mexico . . . Seccion.) 

Stuhlmann, Franz, Handwerk und Industrie in Ostafrika, kulturgeschichtliche 
Betrachtungen nebst einem Anhang: die Gewinnung des Eisens bei den — 
Nyamwezi von R. Stern. Hamburg: L. Friederichsen & Co. (Dr. L. und 
R. Friederichsen) 1910. 4°. (Aus: Abhandl. des Hamburg. Kolonialinst. 
Bd. I). 

Nr. 82—112 Verfasser. 

Petrie, W.M. Flinders, Ernest Mackay and Gerald Wainwright, Meydum 
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B. Quaritch 1910. 4° (Aus: British School of Archaeology in Egypt and 
egyptian research account sixteenth year 1910.) 

Angekauft. 


390 


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Eingänge für die Bibliothek. 


Petrie, W. M. F, E. B. Knobel, W. W. Midgley, J. G. Milne, and 
M. A. Murray, Historical studies. London: School of Archaeology in 
Egypt and B. Quaritch 1911. 4°. (Aus: British School of Archaeology in 
Egypt Studies. Vol. II.) 

Angekauft. 

Spicyn, A., [Russisch] Archaeologische SE S. Petersburg: R. Golike 

u. A. Vilborg 1910. 8°. 
Commission imp. archaeol. 

Jahresbericht, XIX, des Museums für Völkerkunde zu Lübeck. Berichtsjahr 

1910. Lübeck 1911. 8°. 
Mus. f. Völkerkunde. 

Nanjio, Bunyiu, A catalogue of the chinese translation of the Buddhist 
Tripitaka the sacred canon of the Buddhists in China and Japan... 
Oxford: MDCCCUXAXNIIL 4° 

Professor Lissauer-Stiftung. 

Chavannes, Edouard, Cinq cents contes et apologues extraits du Tripitaka 

chinois ... Tome IJ—III. Paris: Leroux 1910—11. 4° 3 Bde.: 
Professor Lissauer-Stiftung. | 
A. W., Mammuthknochen in den Miiggelsbergen. Berlin 1877. 2° (Aus: 
National-Ztg. 30. Jahrg.) 
Hr. Virchow. 
Report, First annual, Canadian Folk-Lore Society. Toronto 1911. 8°. 
Canad. F.-L. Soc. 
Putnam, Charles E., Elephant pipes and inscribed tablets in the Museum of 
the Academy of Natural Sciences Davenport, Jowa. Dawenport, Jowa 1885. 8°. 
Hr. von Le Coq. 
Chavannes, Ed., Bulletin critique. o. O. 1911. 8° (Aus: T’oung-Pao.) 
Hr. Chavannes. 

Selenka, Emil, Menschenaffen (Anthropomorphae) Studien über Entwicklung 
und Schädelbau. Zehnte Lieferung. Über die Richtung der Haare bei den 
Affenembryonen nebst allgemeinen Erörterungen über die Ursachen der 
Haarrichtungen von G.Schwalbe. Wiesbaden: C. W. Kreidels Verlag 1911. 4°. 

Angekauft. 


. Kauffmann, Oscar, Aus Indiens Dschungeln, Erlebnisse und Forschungen. 


Bd. I—II. Leipzig: Klinkhardt und Bierman 1911. 8° 2 Bde. 
Verleger. 

Graebner, F., Methode der Ethnologie. Mit einem Vorwort des Herausgebers 
W. Foy. Heidelberg: C. Winters Universitätsbuchhandlung 1911. 8°. (Aus: 
Kulturgeschichtliche Biblioth. 1. Reihe 1.) 

Verleger. 


1 Westermann, Diedrich, Die Sprache der Haussa in Zentralafrika, Berlin: 


D. Reimer (E.Vohsen) 1911. 8°. (Aus: Deutsche Kolonialsprachen. Bd. IIL.) 
Verleger. 


. Chavannes, Edouard, Le T'ai Chan essai de monographie d'un culte chinois, 


appendice le dieu du sol dans la Chine antique. 
Paris: E. Leroux 1910. 8% (Aus: Annales du Musée Guimet tom, XXI.) 
Professor Lissauer-Stiftung. 


. Frazer, J. G., The Golden bough, a study in magic an religion. Third Edition. 


Part. I. The Magic Art and the Evolution of Kings. London: Macmillan 
and Co. 1911. 2 vol. 
Part. II. Taboo and the Perils of the Soul. London: Macmillan and Co. 
1911. 8°. 1 vol. 

Verleger. 

Hough, Walter, The Hoffmann Philip Abyssinian ethnological Collection. 

Washington 1911. 8% (Aus: Proceed. of the U. S. Nat. Mus. vol. 40.) 

U. S. Nat. Mus. 


130. 


142. 


143. 


144. 


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147. 


148. 


149. 


150. 


Eingänge für die Bibliothek, 391 


Bericht des Burzenländer sächsischen Museums in Kronstadt 1908—1910. 
o. O. u. J. 8°. 


Museum. 


. Buttel-Reppen, H. v., Aus dem Werdegang der Menschheit. Der Urmensch 


vor und während der Eiszeit in Europa: G. Fischer 1911. 8°. 
Verleger. 


2. Friedenthal, Albert, Das Weib im Leben der Völker I—II. Berlin: Verlags- 


anstalt für Literatur und Kunst 1910. 4°. 2 Bde. 


. Morse, Edward S., Review of Frank H. Chalfant’s early chinese writing. o. O. 


1906. 4°. (Aus: Science, N. S, vol. XXIV). 
Morse, Edward S., Chinese Pottery of the Han Dynasty. By Berthold Laufer, 
Leyden: E. G. Brill 1909. 8° (Aus: Amer. Anthropologist vol. 12). 


. Posnansky, Arthur, El clima del altiplano y la extension del lago Titicaca 


con relaciòn à Tihuanacu en èpocas prehistoricas ... La Paz (Bolivia) 
1911. 8°. 


. Erdeljanovič, Jovan, [Serbisch] Uber den Piper-Stamm. Belgrad 1911. 8° 


(Aus: XVII. Bd. der ,Ethnogr. Berichte“ der serbisch. Königl. Akad.) 


. Giuffrida-Ruggeri, V, Per una sistemazione del tipo di Cro-Magnon e una 


rara anomalia (ossificazione nello spazio suturale coronale) Firenze 1911. 
8°. (Aus: Arch. per. l’Antrop. e la Etnol. vol. XLI). 


. Rutot, A, Le Préhistorique dans l'Europe Centrale ... Malines 1911. 8°. 


(Aus: Mém. du Xlle Congr. d’Archéol. et d’Hist. 1911.) 


. Sergi, Giuseppe, Sul diprothomo platensis, Amechino. Roma 1911. Hi (Aus: 


Riv. di Antrop. Vol. XVI). bg 


. Aranzady, D Telesforo de, Antropologia y etnologia del pais vasco-navarro. 


Barcelona: A. Martin 1911. 8°. 


. Virchow, Hans, Das Verhalten des Navikulare bei Flexionsbewegungen der 


Hand. Berlin: Urban & Schwarzenberg 1911. 8°. (Aus: Med. Klinik 1911). 
Kobert, R., Über das älteste in Deutschland befindliche echte Papier. Berlin 
1911. 4° (Aus: „Der Papier-Fabrikant“.) | 

Nr. 132—142 Verfasser. 

Spiess, Karl, Die deutschen Volkstrachten. Leipzig: B. G. Teubner 1911. 8", 
(Aus: Natur u. Geisteswelt Bd. 342). 

Neuhauss, R., Deutsch Neu-Guinea Bd. III. Beiträge der Missionare Keysser, 
Stolz, Zahn, Lehner, Bamler, herausgegeben mit Unterstützung des Baessler- 
Instituts in Berlin. Berlin: D. Reimer (E. Vohsen) 1911. 8". 

W olf-Czapek, K. W., Angewandte Photographie in Wissenschaft und Technik. 
Berlin: Union, Deutschs Verlagsgesellschaft 1911. 8”. 

Leyen, Friedrich von der, Das Märchen, Leipzig: Quelle & Meyer 1911. 8". 
(Aus: Wissenschaft u. Bildung . .. Bd. 96). 

Nr. 143 - 146 Verleger. 

Catalogue, A descriptive, of the Sanskrit manuscripts in the Government 
oriental Manuscripts Library, Madras by M. Rangäcärya, M. A. Rao Bahadur 
... Vol. X. — Systems of indian philosophy — Dvaita — Védanta, 
Visistädvaita — Vēdānta and Saivä — Vēdānta. Madras 1911. 8°. 

Gov. Press. Madras. 

Hrdliéka, Ales, Some results of recent anthropological exploration in Peru. 
Washington: Smithsonian Institut. 1911. 8°. Aus: Smithsonian Miscell. 
Collect. vol. 56). 

Smithson. Institut. 

Führer durch die Sammlungen des Nordiska Museet Stockholm, herausgegeben 

durch Sune Ambrosiani. Stockholm 1911. 8°. 
Museum, 

Frobenius, Leo, Auf dem Wege nach Atlantis, herausgegeben von Herman 

Frobenius. Berlin-Charlottenburg: Vita, Deutsches Verlagshaus o. J. 8”. 
Herausgeber. 


32 Eingänge für die Bibliothek. 


151. Parent, Aubert, Beiträge zur solothurnischen Altertumskunde. o. O. 1911. 
8°, (Aus: „Soloth. Tagblatt“ 1911.) 
Tatarinoff. 
152. Archivio per la Etnografia e la Psicologia della Lunigiana fondato e diretto 
da G: Sittoni e da G. Podenzana. Spezia 1911 8°. 
Achir. 


(Abgeschlossen am 15. Juli 1911). 


L Abhandlungen und Vorträge. 


Uber das taoistische Pantheon der Chinesen, seine Grund- 
lagen und seine historische Entwickelung. 


Von 
Herbert Mueller. 


Vorbemerkung. Uber das taoistische Pantheon sprach ich in einem 
kurzen Vortrage am 28. Januar 1911. Ich musste mich darauf beschränken, 
die Hauptprobleme zu formulieren, und gab im übrigen lediglich eine Er- 
klärung der gleichzeitig ausgestellten Bilder und Statuen. Das gleiche 
Thema kann ich an dieser Stelle wesentlich anders behandeln, kann weiter 
ausgreifen und mehr Material heranziehen. Mit Recht aber bleibt als 
Überschrift bestehen: „Über das taoistische Pantheon“; denn eine syste- 
matische Darstellung dieser fast unübersehbaren Götterwelt, ihrer Grund- 
lagen und ihrer historischen Entwickelung ist heute — und wohl noch 
auf lange Zeit hinaus — unmöglich: das Gebiet ist gross und die Zahl 
der Vorarbeiten ist gering’). Ich muss mich bescheiden, das eine und 
das andere zu diesem Thema zu sagen, und wenn ich nichtsdestoweniger 
eine gewisse systematische Anordnung dieser Wissensfragmente versucht 
habe, so leitete mich dabei die Überzeugung, dass es manchmal besser ist, 
zu irren, als gar nichts zu tun. Man möge bedenken, .dass es eben nur 
ein Versuch ist, der zu weiteren Arbeiten auf dem behandelten Gebiete 
anregen und zugleich eine Einleitung bilden soll. 


Einleitung. 


Definition. Den Ausdruck ,taoistisches Pantheon‘ gebrauchen wir 
für die Gesamtheit von Gestalten, die in China rituelle Verehrung ge- 
niessen, sofern sich diese Verehrung nicht beschränkt auf die Kreise der 
Familie, der buddhistischen oder der lamaistischen Kirche. Wir setzen 


Die in diesem Aufsatz verwandten chinesischen Zeichen wurden dankenswerter 
Weise von der Reichsdruckerei zur Verfügung gestellt. 

1) Als bemerkenswert sind zu nennen: Ch. de Harlez, Shen-sien-shu, Le 
Livre des Esprits et des Immortels, Bruxelles 1893, basierend im wesentlichen auf 
dem chinesischen Werke eines Konvertiten; Popoff, Le Pantheon Chinois (russ.), 
St. Petersburg 1907. Vereinzelt findet sich mancher interessante Beitrag in den 
auf Asien bezüglichen Zeitschriften und in den allgemeinen Werken über chine- 
sisches Religionswesen von de Groot, Grube u. a. 

Zeitschrift für Ethnologie. Jalırg. 1911. Heft 3 u. 4. 26 


394 Herbert Mueller: 


also diesen Ausdruck als terminus technicus in Gegensatz zum ,Familien- 
Pantheon‘, das die Seelen der abgeschiedenen Vorfahren einer bestimmten 
Familie umfasst, zum ‚Pantheon des Buddhismus‘*) und zum ,lamaistischen 
Pantheon"), deren beider Umfang durch eine dogmatische Literatur mit 
grösserer oder geringerer Schärfe umschrieben wird. Es handelt sich 
demnach um den Götterhimmel des eigentlichen chinesischen Volksglaubens 
im weitesten Sinne’), in dem selbst Figuren der drei anderen Pantheia 
einen Platz gefunden haben, ohne dass dadurch die prinzipiell (wenigstens 
im Verhältnis zum buddhistischen und lamaistischen Pantheon) vorhandene 
Gegensätzlichkeit aufgehoben würde. Wir charakterisieren dieses Volks- 
pantheon als ‚taoistisch‘, weil das ‚Tao‘ richtunggebend für das ganze 
innere Leben des chinesischen Volkes ist. 

Tao‘). Das Wort ‚Tao‘ bedeutet „Weg, Richtung“, und das ihm ent- 


sprechende Zeichen H ist zusammengesetzt aus % „gehen“ und E 


„Kopf“. Aus dieser graphischen Kombination lassen sich bereits gewisse 
Schlüsse auf die innere Bedeutung des Wortes ziehen. Die europäischem 
Wort- und Gedankenschatz entnommenen Worte „Norm, Kanon, :Logos, 
Vernunftprinzip, Weltordnung“ sind nur Annäherungen an den chinesischen 
Begriff. Besser lässt man das Wort ‚Tao‘ uniibersetzt. Seinen Inhalt 
völlig klarzumachen, müsste man alle Stellen der alten Literatur sammeln, 
in denen es in metaphysischem Sinne gebraucht wird. Es sind deren 
schon in den von Konfuzius der Nachwelt überlieferten fünf klassischen. 
Werken, Wu-king, nicht wenige. Ein Beispiel mag einem anderen Werke, 
dem Lun-yü, entnommen werden, da es Konfuzius’ eigenem Munde ent- 
stammt, der vom Weisen sagt: „Gibt es unter dem Himmel Tao, so lässt 
er sich blicken; gibt es kein Tao, so verbirgt er sich.“ Einen Schlüssel 
zum Verständnis bietet uns eine Stelle aus dem Yi-king (I-luan). Sie 
lautet: „Ein Yin und ein Yang, das heisst Tao. Das Tao des Himmels, 
das heisst der Einklang von Yin und Yang. Das Tao der Erde, das heisst 
der Einklang des Zarten und des Harten. Das Tao im Menschen, das 
heisst der Einklang von Menschenliebe und Gerechtigkeit.“ Das Tao ist 
die Harmonie, in der Welt wie im Einzelwesen, im Makrokosmos und im 
Mikrokosmos: es ist das rechte Verhältnis von Yin und Yang, den Dual- 
kräften, die, aus dem Ungetrennten entstanden, untrennbar den Lauf der 
Welt regieren. 


1) Über das buddhistische Pantheon, wie es sich in Ostasien entwickelt hat, 
ist heute noch die umfassendste Arbeit: J. Hoffmann, Das Buddha-Pantheon von 
Nippon, Buts zô dsui, Leyden 1851. 

2) Hierüber vgl. E. Pander, Das lamaistische Pantheon, ZfE. 1889; Pander- 
Grünwedel, Das Pantheon des Tschangtscha Hutuktu, Veröffentl. des Museums. 
für Völkerkunde, Berlin, vol. 1, 1880; Grünwedel, Die Mythologie des Buddhismus 
in Tibet und der Mongolei, Leipzig 1900; Waddel, The Buddhism of Tibet, 
London 1895. 

3) Diesem Taoismus als Volksglauben schreiben wir auch den sogenannten 
Staatskult zu, da er auf denselben Ideen beruht; doch soll er hier ausser Betracht. 
bleiben, um einer von anderer Seite angekündigten Arbeit nicht vorzugreifen. 

4) In den chinesischen Worten sind die Konsonanten wie im Englischen, die 
Vukale wie im Deutschen auszusprechen. 


Das taoistische Pantheon der Chinesen. 395 


Dualismus. ‚Yin‘ Ka ist die nach Norden gerichtete Schattenseite 


des Berges, , Yang‘ B seine nach Siiden blickende Sonnenseite. Yin ist 


die Nacht, das Dunkle, Tiefe, Weibliche; Yang der Tag, das Helle, Hohe, 
Männliche. In den Angeln Yin und Yang dreht sich um die Tao-Achse 
die ganze Welt, darin ist das gesamte Denken der Chinesen gebunden. 
Dieser Dualismus scheint wohl dem altpersischen Dualismus verwandt, wie 
er sich im Zoroastrismus und Manichäismus dokumentiert, und ist doch 
von ihm unterschieden. Es fehlt als Wesentlichstes die anthropomorphe 
Gestaltung der beiden Prinzipien und ihre schroffe Kampfstellung zuein- 
auder, die nach persischer Lehre mit dem endlichen Siege des Lichtes 
enden soll: Yin und Yang aber sind gleichgeordnet, gleichberechtigt. 
Nicht der Sieg des Einen und der Untergang des andern wird erstrebt, 
sondern ein richtig abgewogenes Verhältnis beider, eben das Tao. In der 
Praxis der Dämonologie allerdings werden hier wie dort die Träger des 
Lichtes gegen die der Finsternis aufgerufen, und darum ist es wohl ver- 
ständlich, dass in China zwar Verwechselungen der zoroastrischen und 
manichäischen Priester mit Taoisten vorkamen, dass die Manichäer sich 
aber, wie es scheint, in ihren chinesischen Werken nie der Worte Yin 
und Yang zur Bezeichnung der Dualkräfte bedienten, sondern diese 
HI ming „Helle“ (man. rösan) und Dë an „Finsternis“ (man. tar) 
nannten. 

Kosmogonie. Aus dem ursprünglichen Chaos spalteten sich Yın 
und Yang. Das Helle und Leichte, das Yang stieg nach oben und bildete 


den Himmel (tien X), das Dunkle und Schwere sank nach unten und 


bildete die Erde (ti HB). Als sich aus der gegenseitigen Vermischung 


von Yin und Yang die fünf Elemente aussonderten, entstand zugleich auch 
auf der Erde der Mensch (jen)'). Die Zwei (Yin und Yang) bilden im 


Vereine das Urprinzip (t‘ai-ki A Ak). Himmel, Erde und Mensch sind 


die drei Mächte (san ts‘ai =7). Eins, zwei, drei (und fünf) sind die 
heiligen Zahlen erster Ordnung. Lao-tzé sagt im Tao-te-king: „Aus der 
Eins entsteht die Zwei, aus der Zwei die Drei, und aus der Drei ent- 
stehen die zehntausend Dinge“ °’). 


1) Vgl. W. Grube, Taoistischer Schépfungsmythus nach dem Shen-sien-kien, 
in der Bastian-Festschrift, Berlin 1896, S. 445 —482. 

2) Die Zahlenmystik spielt eine grosse Rolle im religiösen Leben, doch kann 
hier nicht näher darauf eingegangen werden. Erwähnt möge nur die dadurch ge- 
förderte Gleichsetzung der verschiedensten Dinge sein, wie in folgender Tabelle: 


Die fünf 
Die fünf Die fünf Die fünf atmosph. Die fünf Die fünf Die fünf 
Elemente Planeten Richtungen Er- Farben Öffnungen Gewächse 
scheinungen 
Holz Jupiter Osten Regen Blau Augen Mais 
Metall Venus Westen Gut Wetter Weiss Nase Hanf 
Feuer Mars Süden Hitze Rot Ohren Hirse 
Wasser ~ Merkur Norden Kälte Schwarz Öffnungen Bohnen 
Erde Saturn Zentrum Wind Gelb Mund Reis 


20 * 


396 Herbert Mueller: 


Seelenlehre'). Die beiden Kräfte Yin und Yang sind aber nicht 
nur die Komponenten des Makrokosmos, sie sind wirkend auch im Mikro- 
kosmos, im Menschen. Das Yang bildet die immaterielle Seele des 
Menschen (shen), die als ‚hun‘ im Lebenden tätig ist und als ‚ming‘ 
(„Glanz“) nach seinem Tode zum Himmel emporsteigt. Das Yin bildet 
die materielle Seele (kuei), die als ‚p‘o‘ im Lebenden wirkt und nach 
dem Tode in die Erde zurückkehrt. Spätere Philosophen unterscheiden 
noch weitere Seelen, teilen die immaterielle Seele in drei, die materielle 
Seele in sieben, andere sprechen selbst von hundert Seelen, indem sie die 
Lebenskraft in den einzelnen Gliedern und Organen des Menschen indi- 
vidualiter lokalisieren. Das, worauf es hier ankommt, ist aber der ge- 
waltige Gedanke von der Gleichsetzung des Menschen mit der wen der 
eine wie die andere aus a. beiden Elementen bestehend. 


Die Entwickelung des Pantheons. 


Die alte Religion. Die in den einleitenden Abschnitten dar- 
gelegten Ideen bilden von jeher die philosophische Grundstimmung des 
chinesischen Volkes, und aus ihr entwickelten sich die eigentlich religiösen 
Vorstellungen. Konfuzianischen Schriften entnahmen wir oben Beispiele 
für die Auffassung des ‚Tao‘, die von Konfuzius (551—478 a. Chr.) ge- 
sammelten Werke lassen uns auch einen Blick in das religiöse Leben 
seiner und selbst früherer Zeiten tun; denn wenn sie in ihrer Fassung 
zum grössten Teile auch nicht älter sind als rund das Jahr 500 v. Chr., 
so enthalten sie doch einzelne Bestandteile und vor allem Ideen weit 
höheren Alters. Zwar sind diese Schriften nicht gerade reich an religions- 
geschichtlichem Materiale selbst, aber sie bieten uns doch genügend Anhalt 
zu der Annahme, dass die Elemente der heutigen Volksreligion auch da- 
mals schon vorhanden waren, nur reiner und schärfer voneinander ge- 
schieden: das Vertrauen zu einem höchsten Wesen, dem Tien 
„Himmel“ oder Shang-ti „Höchsten Herrn“, wie es auch heute noch, nur 
dumpfer und weniger klar, dem religiösen Fühlen der Chinesen zugrunde 
liegt; der Naturkult, der sich auf Sonne und Mond, die „Sechs Ehr- 
würdigen“ (Gesner), auf Berge und Ströme erstreckte, und der Ahnen- 
kult. Von einer ausgebildeten Kosmogonie, „Mythologie und ähnlichen 
Ergebnissen metaphysischer Spekulation erfahren wir nichts. Und auch 
aus den persönlicher gehaltenen Schriften der konfuzianischen Zeit, wie 
dem reizvollen Lun-yü, das uns ein lebendiges Bild von Konfuzius und 
seiner sokratischen Methode des Lehrens gibt, ersehen wir nur das Eine, 
wie ruhig das religiöse Leben damals gewesen sein muss und wie auf das 
Praktische gerichtet und diesseitig im Grunde das ganze Denken jener 
Zeit sich selbst in ihren am stärksten weiter wirkenden Persönlichkeiten 
offenbart. Konfuzius selbst, der an den zeremoniellen Opfern und dem 
Ahnenkult tätigen Anteil nahm, lehnte jedes Gespräch ab, das übersinn- 
liche Gegenstände berührte. Seine Ethik baut sich ganz auf dieser Welt 


1) Vgl. hierzu die ausgezeichnete Darstellung bei de Groot, Religious System 
of China, vol. 4, Leiden 1901. 


AE, EREECHEN 


| = == (0.20 SD 0% fo eg —ı 


Das taoistische Pantheon der Chinesen. 397 


auf und rechnet mit keinem Lohn und keiner Strafe in einer andern 
Welt. Konfuzius selber aber hat ein Werk den späteren Geschlechtern 
gerettet, das — wohl aus grauer Vorzeit stammend — ganz anderen 


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Abb. 1. Wan-shih-shih-piao „Gedenktafel des Meisters der 10000 Geschlechter”: 
Konfuzius (K‘ung-fu-tzé) umgeben von seinen 16 Haupt-Schülern. Nach einem 
Relief in Kiü-fou. 


Charakters ist, als alle seine anderen Schriften, das Yi-king, ein Monument 
ältester, auf dem Dualismus bauender Philosophie. Konfuzius empfand 
eine tiefe Ehrfurcht vor ihm; ein rührend-resignierter Ausspruch des alten 
Moralisten ist uns überliefert: „Wäre ich jung, so begänne ich mit dem 
Studium des Yi.“ 


398 Herbert Mueller: 


Das Yi-king Ae Das Yi-king, das „Buch der Wandlungen“, 
enthält 64 Hexagramme, bestehend aus je acht gebrochenen oder un- 
gebrochenen Linien, und diese 64 Hexagramme gehen wieder zurück auf 
acht Trigramme, die pa-kua AA þ, die aus je drei solcher Linien be- 
stehen. Die Bedeutung und Geschichte dieses eigenartigen Werkes ist 
völlig in das Dunkel gehüllt, und nur Legenden berichten darüber. Sie 
führen die Pa-kua zurück auf Fu-hi, der für den Begründer der mensch- 
lichen Kultur gilt, nachdem Jahrtausende hindurch halbgöttliche Wesen 
die Welt regiert hatten. Das Li-tai Shén-sien-t‘ung-kien erzählt von ihm 
und seiner Schwester Niü-kua das Folgende. 


Chu-ying hatte zwei Kinder, Fu-hi und Niü-kua. Ersterer 
hatte einen Schlangenkörper und Menschenkopf mit hervor- 
stehenden Zähnen und Hörnern gleich einem Ochsen und runde 
Augen. Seine Mutter ging mit ihm 16 Monate (nach anderer 
Quelle zwölf Jabre) schwanger. Nach weiteren drei Monaten 
gebar sie Niü-kua. Diese hatte fleischerne Hörner auf dem Kopfe 
und ihr ganzer Körper glich einer Schnecke; darum nennt man 
sie auch Niü-wa („weibliche Schnecke“). Chu-ying wohnte in 
einem dichten Walde und hatte ein Nest in einem Baume. 

Fu-hi gewann die Herrschaft über das noch wilde Volk, das 
bis dahin wohl seine Mütter kannte, nicht aber seine Väter, ohne 
Schan sich paarte, rohes Fleisch genoss und sich in Blätter hüllte. 

Fu-hi sah, dass es nicht so leicht war, das Volk zu regieren, 
wenn es sich auch vorläufig noch ruhig verhielt. Er dachte an 
das hohe Alter seiner Mutter und die jungen Jahre seiner Schwester 
und machte sich auf den Weg, um sie abzuholen. Seine heilige 
Mutter lebte ruhig und selbstbeschaulich im Walde, mit Niü-kua 
zusammen untersuchte und verstand sie das Tao. An diesem 
Tage aber war Niü-kua in das Gebirge gegangen, um Holz und 
Wasser für ihre Mutter zu holen. Fu-hi begrüsste knieend die 
heilige Mutter und erklärte ihr, er sei gekommen, um sie zu sich 
zu holen und von nun an für sie zu sorgen. Als er erfuhr, dass 
Niü-kua ausgegangen sei, ging auch er in die Berge, um sie auf- 
zusuchen. Er sah Wolken und Berge wie in alter Zeit und in 
Gedanken an die alte Heimat versunken suchte er umher nach 
seiner Schwester. Da kam Niü-kua mit einer Holzlast auf dem 
Rücken daher. Nachdem sie sich begrüsst hatten, frug Niü-kua: 
„Bruder, du warst lange fern von uns, wie ist es dir ergangen?“ 
Fu-hi zeichnete anstatt einer Antwort die Pa-kua in den Sand 
und frug: „Kennst du das?“ Niti-kua betrachtete sie und sprach: 
„Darin liegt das menschliche Prinzip der Gerechtigkeit. Wenn 
man es aber in seinen Einzelheiten prüft, so ist es doch lediglich 
das Prinzip von Yin und Yang!“ Fu-hi war darob hoch erfreut 
und zog nun mit Mutter und Schwester in seine Hauptstadt 
Wan-k ‘iu. 


Das taoistische Pantheon der Chinesen, 399 


Die acht Trigramme der Pa-kua setzen sich zusammen aus gebrochenen 
und ungebrochenen Linien. Mit dem Yin-Yang-Symbol zusammen bilden 
sie die T‘ai-ki-t‘u A eR lø]. Die Linie 
Linie —— sc Yin-i, wobei f% i eigentlich die „Haltung des Menschen“ 
oder auch „Prinzip“ bedeutet. Das männliche Prinzip Yang entspricht 
also darin der ungeraden, das weibliche Prinzip Yin der geraden Zahl, so 
dass sich mit der Pa-kua-Theorie auch die Zahlenmystik verbindet. Aus 
den Pa-kua die 64 Hexagramme des Yi-king geformt zu haben, wird dem 
Vater des Begründers der Chou-Dynastie, dem Wen-wang (starb 1135 a. 
Chr. n.), zugeschrieben, der das Yi-king verfasst haben soll, als er in 


heisst Yang-i, die 


Abb. 2. Metallspiegel der T‘ang-Zeit mit symbolischem Dekor, den Namen der 28 
Mondhäuser, den 12 Tieren des Zodiacus, den Pa-kua und den 4 Tieren, die die 
| 4 Weltgegenden symbolisieren. 


Gefangenschaft des lasterhaften letzten Herrschers der Yin- (oder Shang-) 
Dynastie, Chou-wang, in Yu-li sass. Auf Einzelheiten, und vor allem auf 
die an die einzelnen Hexagramme geknüpften dunklen Deutungen braucht 
bier nicht näher eingegangen zu werden. Betont sei nur noch einmal der 
Charakter dieses Werkes als eines ehrwürdigen Dokumentes einer auf 
dualistischer Grundlage aufgebauten Philosophie, die selber wieder ihre 
Wurzeln in ursprünglichem Schamanentum haben mag. 

Dieselbe Philosophie wird nach anderer, mehr ethischer Richtung ent- 
wickelt im Tao-te-king, dem Buch vom ‚rechten Weg und der rechten 
Tugend‘, vom ‚Logos und der Tugend‘, von der ‚Vorsehung und der Gnade‘ 
oder wie ıman seinen Titel sonst noch übersetzt hat. Es enthält meist 


aphoristische Aussprüche, die Lao-tze zt zugeschrieben werden. Ob 
Lao-tze nun wirklich eine historische Persönlichkeit und als solcher ein 


400 Herbert Mueller: 


älterer Zeitgenosse des Konfuzius war (604 a. Chr. geboren und ein Alter 
von mehr als 100 Jahren erreichend), oder ob ‚Lao-tze‘ gar kein Eigen- 
name ist und vielmehr übersetzt werden muss mit ‚die alten Philosophen‘, 
deren Gedanken das Tao-té-king wiedergibt, das sind Fragen, die schlüssig 
nicht zu beantworten sind. In China selbst ist kaum je an der Historizität 
Lao-tze’s gezweifelt worden. 
Lao-tze. Die historischen Nachrichten über Lao-tzé sind gering an 
Zahl und geben der Legende übergenug Raum. Lao-tze’s eigentlicher 
oe Name soll Li-érh gewesen sein. Es wird 
bi Ä E — überliefert, dass er Archivbeamter im Chou- 
Se = | ` Staate war, diesem aber schliesslich den 
Rücken kehrte, um zum Grenzpasse im 
Westen hinauszuziehen. Dem Grenzkomman- 
danten Yin-hi hinterliess er auf seinen Wunsch 
das Tao-té-king — und ward nicht mehr ge- 
sehen. Das Volk nimmt den Namen Lao-tzé 
wörtlich und sagt: ‚Lao‘ heisst „alt“ und 
‚tze‘ heisst „Kind“, Lao-tze also „altes Kind“, 
und begründet das in folgender Legende — 
von den verschiedenen Versionen gebe ich 
hier eine noch unbekannte wieder, die ich 
meinem früheren Lehrer Hsüeh-Shen ver- 
danke: 


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Lao-tze’s Mutter war 81 Jahre alt 
und hatte noch keine Kinder geboren, 
da empfing sie durch einen Sonnen- 
strahl und ging weitere 81 Jahre 
schwanger. Eines Tages hörte sie 
eine Stimme fragen: „Mutter, hat der 
Himmel noch einen Riss?“ Mit Er- 
Abb. 3. Lao-tze mit dem Yin- staunen nahm sie wahr, dass es das 


Yang-Symbol in den Händen, Kind unter ihrem Herzen war, das 
auf dem Lotosthron (Padmä- 


Pakt 


Sana) eitzend: Nachdem Tai. so sprach. Sie antwortete: „Ja, der 
yang - tien - tzé - siao - tsai- yen- Himmel hat noch einen Riss!“ Nach 
shuo-kin-chen-fa-kieh. einiger Zeit tat das Kind dieselbe 


Frage und erhielt dieselbe Antwort. 
Das wiederholte sich viele Male, bis endlich die Mutter des 
ewigen Gefrages müde wurde und sagte: „Jetzt ist der Himmel 
ganz!“ Da öffnete sich ihre Hüfte, als sie gerade unter einem 
Pflaumenbaum im Garten stand, und heraus sprang ein Kind mit 
weissen Haaren, ein kleiner Greis, Lao-tze, ‚das alte Kind‘. Da 
er unter einem Pflaumenbaum geboren war, nannte man ihn 
Li-érh, den ,Pflaumenbaum-Sohn‘. Als Lao-tze nun aber sah, dass 
die Antwort seiner Mutter nicht der Wirklichkeit entsprach, trieb 

er Niti-kua an, den Schaden wieder gutzumachen. 
Über die der Niü-kua damit zugefallene Aufgabe erzählt die Legende 

nach dem Li-tai Shen-sien-t‘ung-kien das Folgende. 


Das taoistische Pantheon der Chinesen. 401 


Nach Fu-hi’s Tode wurde Niü-kua, die sich schon vorher 

durch viele Reformen verdient gemacht hatte (sie begründete u. a. 
die exogame Ehe, die durch die Tätigkeit eines Ehevermittlers 
abgeschlossen werden musste), von den hohen Beamten zur Herr- 
scherin ausgerufen. Unter dem niederen Volke gab es daraufhin 
einen Aufstand und zugleich entstand eine grosse Uberschwemmung. 
Niü-kua gebrauchte ihre Wunderkräfte, machte ein Gerüst 

aus Holz und setzte es auf vier Schildkröten als Füsse im Norden, 

Süden, Osten und Westen. Das war der Palast des Himmels, 
und die Wasser vermochten ihn nicht umzustossen. Kung-kung | 

(ein wegen seiner Ubeltaten verbannter ehemaliger Minister 
Fu-hi’s, der die Rebellion gegen Niü-kua geleitet hatte) stiess 

mit seinem Kopfe gegen die südliche Himmelssäule, die umfiel 

und zerbrach. Die Leute konnten nicht mehr in jene Gegenden 
reisen, die Sonne wagte sich nicht mehr hin, es wehte ständig 

ein :kalter Wind und es fiel ein Tränenregen. Als nun das Volk 
sich bittend an Niü-kua wandte, überlegte diese, dass, wenn die 

. . ursprüngliche Kraft verloren geht, man sie mit feurigen Steinen 
wieder herstellen köme. Sie ging mit allen Menschen zum Bambus- 
berge und liess die zahlreich dort herumliegenden Steine auf dem 

Gipfel sammeln. Sie verteilte sie gemäss den fünf Richtungen 
und schichtete rings um sie viel. Holz auf, das sie, als sich im 

SW. ein Wind erhob, anzündete, so dass alles verbrannte. Einen 
Knaben und ein Mädchen liess sie mit grossen Fächern Wind 
fächeln. Das Holz verhalf zu einem guten Brande, und es brannte 
sieben Tage. Die Luft war von den fünf Farben erfüllt, wie ein 
Faden stieg der fünffarbige Rauch in die Höhe. Nun drang der 
Hauch des Yang in den NW. hinein, wohin er bis dahin nicht 
kommen konnte, das Yin schwand dahin, und die Himmelsdecke 

zeigte wieder ihr altes Bild. | 

Taoismus. Die Philosophie des Tao-te-king kann hier füglich un- 
behandelt bleiben: sie spricht vom Entstehen des Sein aus dem Nichtsein, 
von dem Tao als dem Untätig-Wirkenden und folgert für das ethische 
Leben das Axiom des Wu-wei, des Nichthandelns, des Geschehenlassens. 
Die Sprache ist schön und dunkel, und auch darin gleicht dieses Werk 
dem Yi-king, dass es mannigfache Deutungen zulässt. Wie die christliche 
Mystik an die Offenbarung Johannis mit Vorliebe anknüpft, so die chine- 
sische Mystik an das Yi-king und das Tao-te-king. Die praktische Moral- 
philosophie eines Konfuzius konnte tiefer angelegten Naturen nichts bieten, 
hier aber, im Tao-te-king und im Yi-king, waren die Quellen gegeben, 
aus denen sich der von konfuzianischer Ethik ungestillte metaphysische 
Durst befriedigen konnte. Hier fand jede Art Mystizismus, Alchymie und 
Makrobiotik, Magie und Prophetentum einen Anknüpfungspunkt. Die ent- 
scheidende Entwicklung wird meist in das zweite vorchristliche Jahrhun- 
dert gelegt, doch wissen wir herzlich wenig davon. Man pflegt zu sagen: 
damals erfolgte die Umbildung vom philosophischen zum religiösen Taois- 
mus, aber richtiger drückt man es wohl aus: der alte Volksglaube, aus 


402 Herbert Mueller: 


dem sich der Taoismus des Lao-tzé.zu einer hohen Philosophie entwickelt 
hatte, nahm diese wieder in sich auf. 

Den sekundären Taoismus, der sich so herausbildete, nennen die Fran- 
zosen gerne Taosseismus. Tao-sze oder Tao-shih nennt man den Meister 
des Tao, ihn, der das Tao in seiner Vollkommenheit erlangt hat und in 
diesem Besitze zugleich die Macht über die dem Tao unterworfene Materie 
hat. Dass dem so ist, wird schon in den ältesten Schriften der taoistischen 
Literatur angedeutet, eine Hauptrolle spielt es bei Liu-ngan (oder Huai- 
nan-tzé, der König des Staates Huai-nan war und 122 a. Chr. durch Selbst- 
‘mord endete), den Grube als ander Wegscheide von ,philosophischem‘ und 
„religiößsem‘ Taoismus stehend ansieht. Damals, unter der Han-Dynastie, 
war die goldene Zeit des Taoismus. 

Taoismus der Han-Zeit. Im Jahre 246: v. Chr. hatte der Fürst von 
Ts‘in, Shih-huang-ti, die verrottete Chou-Dynastie gestürzt und in wenigen 
Jahrzehnten gelang es ihm, alle die zahlreichen Vasallenstaaten, die sich 
unter den Chou gebildet hatten, zu einem gewaltigen Reiche zusammen- 
zufassen. Der verderblichen Entwicklung, die der Staat unter der letzten 
Dynastie durchgemacht hatte, glaubte der Kaiser nicht entschiedener Ein- 
halt gebieten zu können, als wenn er das, was er als ihre Grundlage an- 
nahm, den Konfuzianismus zerstöre. .So erfolgte die berüchtigte Bücher- 
verbrennung vom Jahre 213. Nur das Yi-king sollte ausgenommen bleiben 
von allen Schriften, die der antiquarische Eifer des Konfuzius gesammelt ` 
hatte. Der Mystizismus war am Hofe der Ts‘in- Dynastie die regierende 
geistige Macht, Alchymisten verlockten zu abenteuerlichen Expeditionen, 
die: nach den P‘eng-lai-Inseln auf Suche nach dem Kraute der Unsterblich- 
keit (ling-chih) gingen und nie wiederkehrten. Der kurzlebigen-Dynastie 
der Ten folgten schon 206 a. Chr. die Han-Kaiser, die zwar die Schriften 
des Konfuzius wieder sammeln liessen und zum ersten Male 196 a. Chr. an 
seinem Grabe opferten, die im übrigen aber den Tao-shih und Fang-shih 
(Zauberern) denselben bevorzugten Platz einräumten, den diese schon 
unter der vorigen Dynastie einnahmen. Es erscheint mir charakteristisch, 
dass erst auf Bronzespiegeln der Han-Dynastie die Pa-kua auftauchen, 
während meines Wissens nur auf einem einzigen Bronzegefäss einer 
früheren Zeit die chinesischen Archäologen eines dieser mystischen Zeichen 
gefunden haben wollen‘). 

Unter den Han zum ersten Male finden wir Darstellungen von 
göttlichen Wesen. Bis dahin war überhaupt — nach den uns über- 
kommenen Zeugen der Chou- und früherer Zeit zu urteilen — die Dar- 
stellung menschenähnlicher (Gestalten nicht üblich. Jetzt aber wurde 
es Brauch, wie uns (teilweise datierte) Funde aus der Provinz 
Shan-tung beweisen, Grabkammern auf den Innenseiten mit Reliefs zu 


1) Vgl. Po-ku-t‘u-lu, vol. IX, p. 16. 


Das fragliche Zeichen = = = sieht einem der Pa-kua kaum ähnlich und ist 


‘wohl eher ein altes Zeichen oder eine Eigentumsmarke. 


Das taoistische Pantheon der Chinesen. 403 


Taoistische Darstellungen auf den Reliefs von Wu-liang-tzi, 
ca. 147 p. Chr. n. 


a...» 


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> tenang Adhliuchi u sas 


= pia > > 


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Abb. 4. Gestirn-Gottheit im Siebengestirn, cf. Ed. Chavannes, Mission archéologique 
dans la Chine Septentrionale (Paris 1909), Nr. 133, pl. LXIX. 


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Abb. 5. Wind- und Wolken - Götter, cf. Ed. Chavannes, Mission archéol., Nr. 134, 
pl. LXX. 


Abb. 6. Meeres-Götter, cf. Ed. Chavannes, Mission archéol., Nr. 130, pl. LXVI. 


404 Herbert Mueller: 


schmiicken'). Unter anderen offenbar traditionellen Darstellungen finden 
wir gewisse Götterfiguren des öfteren wiederkehrend: Fu-hi und Niü-kua, 
eine Gestirngottheit, im Siebengestirn (dem „Grossen Wagen!“) sitzend, 
den Donnergott mit seinen Trommeln in einem Wagen, eine andere 
Himmelsgottheit in von Drachen gestreckten Laufes über Wolken dahin- 
gerissenem Gefährt, eine Gottheit des Meeres, von Karpfen getragen und 
von auf Fischen reitenden niederen Gottheiten umgeben. Niedere Gott- 
heiten blicken aus jeder Welle, umschweben die Wagen der Fürsten, jede 
Wolke nimmt die Gestalt eines göttlichen Wesens an. Die höheren Gott- 
heiten sind Kaisern gleich gekleidet, die niederen sind oft von grotesker 
Form und vielfach geflügelt, reiten auf Fischen, Tieren, Drachen, Ein- 
hörnern. Oft meint man eine Illustration zu einer Stelle aus Huai-nan- 
tze‘s Werk vor sich zu sehen. Leider enthalten diese Reliefs*) keinerlei 
Beischriften, und ihre Deutung ist sehr unsicher. Jedenfalls sehen wir 
die Beseelung der gesamten Natur hier klar ausgeprägt vor uns. Auffällig 
ist nur dieses plötzliche Erscheinen von künstlerisch durchweg hoch- 
stehenden Götterdarstellungen, denen gegenüber man sich angesichts 
des ornamentalen Schmuckes der älteren Bronzen fast in eine andere Welt 
versetzt fühlt. Ob hierin und überhaupt in dem anscheinend plötzlichen 
Auftauchen des exoterischen Taoismus der Einfluss fremder Kulturen 
(Indien? Persien?) zu erkennen ist, mit denen das neu erstarkte und unter 
den Han ganz wesentlich vergrösserte Reich in Berührung trat, muss noch 
dahingestellt bleiben. 

Der T‘ien-shih KR Ém. Unter den Anachoreten, die — an sich eine 


in China alteinheimische Erscheinung — unter den Han-Kaisern an Zahl 
bedeutend zunahmen, gelang es einem, sich eine besondere Stellung zu 
schaffen: Chang-tao-ling. 

Seine Mutter hatte einst einen Traum: der Geist des Polar- 
sternes gab ihr ein duftendes Kraut, Heng-wei-ts‘ao. Als sie er- 
wachte, dufteten ihre Kleider und das ganze Haus danach. Darauf 
ward sie schwanger und gebar den Chang-tao-ling auf dem Berge 
T‘ien-mu-shan (Provinz Che-kiang). Er war über neun Fuss hoch, 
hatte eine breite Stirne, dreieckige Augen und grüne Pupillen; 
seine Arme reichten bis unter seine Kniee; in der Ruhe glich er 
einem Drachen, in der Bewegung einem Tiger. Verschiedene 
Aufforderungen, an den kaiserlichen Hof zu kommen, lehnte er ab 
und blieb in seinen Bergen, wo er eine Art Freistaat begründete. 
Als er eines Tages an der Herstellung des Drachen -Tiger- Elixiers 
arbeitete, besuchte ihn ein Geist und teilte ihm mit, dass in einem 
alten Steinhause auf einem Berge sich die Schriften der ältesten 


1) Vgl. vor allem die Abbildungen im 1. Bande von Chavannes, Mission 
archeologique en China, Paris 1909. Drei Originalsteine und eine Säule befinden 
sich durch den Sammeleifer Prof. Ad. Fischers im Berliner Museum für Völkerkunde. 

2) Die hierher gehörigen Abbildungen 4 bis 6 sind dem Kin-shih-so entnommen, 
da die Abklatsche der Originalsteine in letzter Zeit mehrfach publiziert worden 
sind. Es wird manchem interessant sein, die chinesischen Holzschnitte mit den 
bei Chavannes a. a. O. zu findenden Abklatschen zu vergleichen. 


Das taoistische Pantheon der Chinesen, 409 


drei Kaiser (Fu-hi, Shen-nung und Huang-ti) befänden, sowie ein 
liturgisches Buch. Chang-tao-ling ging hin, grub nach und fand 
die Bücher. Mit Hilfe der in ihnen enthaltenen Lehren konnte 
er fliegen, in der Ferne Gesprochenes hören und seinen Körper 
verlassen nach Gutdünken, während das sonst nach chinesischer 
Anschauung nur ohne das Zutun des Menschen im Traume vor- 
kommen kann. Er erhielt noch Unterricht von einer Göttin, und 
nach 1000 Tagen war er imstande, zwischen den Sternen zu lust- 
wandeln. Er begann einen Kampf mit dem Fürst der Dämonen, 


Abb. 7. Chang-tao-ling, der erste Abb. 8. Amulett (fu), mit dem. 


T'ien-shih, in einem mit dem Pa-kua Stempel des T‘ien-shih. Weissgelbe 


© geschmückten Gewand. Seide mit schwarzer Schrift und 
l roten Stempeln. 


spaltete Berge und Meere und befahl dem Wind und dem Donner. 
Er besiegte und vertrieb die Dämonen. Viele Gottheiten, die 
Sünden begangen hatten, kamen herbei, bezeigten ihm ihre Ver- 
ehrung und baten um Verzeihung. Auf dem Lung-hu-shan gelang 
es ihm endlich, den Stein der Weisen zu entdecken, das Lebens- 
elixier (zu seiner Bereitung dient Zinnober, das eine grosse Rolle 
in der chinesischen wie in jeder Alchymie spielt!), er genoss etwas 
davon und stieg im Alter von 123 Jahren zum Himmel empor. 
Nach anderer Quelle erschien ihm auf dem Berge Yang-ping-shan 
der ‚Höchste Herr‘ Shang-ti selbst, übergab ihm drei Tafeln aus Jade 


406 F Herbert Mueller: 


(Yü-shih), ein doppeltes Schwert zur Ausrottung der bösen Geister und 


das magische Siegel B FY Ah H HI Yang-p‘ing-chih-tu-kung-yin und 
machte ihn dadurch zum KÉ T‘ien-shih „Himmelsmeister“. Das Amt 
des T‘ien-shih ist erblich in der Familie des Chang-tao-ling seit nunmehr 
2000 Jahren. Sein Nachkomme in der 61. oder 62. Generation lebt heute 
noch als T‘ien-shih, Oberexorzist und in gewissem Sinne auch Haupt der 
Taoisten, auf dem Berge Lung-hu-shan in der Provinz Kiang-si. An jedem 
Ersten des neuen Mondes besuchen ihn dort, so sagt man, die Götter, 
Halbgötter und Genien und bringen ihm ihre Glückwünsche dar. Die 
wichtigste Rolle spielt er als Exorzist (mit seinem Siegel gestempelte 
Amulette sind besonders wirksam) und im Zusammenwirken mit dem 
chinesischen Staate bei der Ernennung und Beförderung von Göttern. 
Diese letztere Funktion des T‘ien-shih wird uns noch an anderer Stelle 
beschäftigen. 

Buddhismus. Der Buddhismus, begründet durch den Säkya-Prinzen 
Siddhartha Gautama Sakyamuni, den Buddha (geboren in Kapilavastu, an 
der indisch-nepalesischen Grenze, gestorben zu Kusinagara 477 a. Chr.n.), 
kam wahrscheinlich schon in vorchristlicher Zeit nach China. Von Be- 
deutung aber wurde er erst, als im Jahre 62 unserer Zeitrechnung der 
Kaiser Ming-ti der späteren Han-Dynastie — nach der Legende durch 
einen Traum dazu bestimmt — eine Gesandtschaft nach Indien oder doch 
in das Reich der Indo-Skythen schickte, um Schriften und Priester des 
Buddhismus in sein Reich zu bringen. Der Buddhismus, der auf diesem 
Wege nach Ostasien kam, hatte bereits in Nordwest-Indien unter dem 
Patronat der Indoskythen-Könige eine wesentliche Umbildung erfahren und 
hatte, angeregt wohl durch einen in den griechisch-baktrischen Königreichen 
erhaltenen Ausläufer der griechischen Kunst (vgl. die gräco-buddhistischen 
Skulpturen aus Gandhära!), sich einen ganzen Götterhimmel mit Buddhas, 
Bodhisattvas, Devas, Nagas und anderen, zum Teil dem hinduistischen 
Pantheon entnommenen Gestalten geschaffen. Dieser als Mahayana 


(‚grosses Fahrzeug‘, chinesisch ta-sheng A JÆ) oder nördlicher Buddhismus 


von dem Hinayäna (‚kleines Fahrzeug‘, chinesisch siao-sheng Ah FE) oder 


südlichen Buddhismus geschieden, war es also, der nach China kam und 
auf die Ausgestaltung auch des taoistischen Pantheons um so stärker ein- 
wirken musste, als bisher, wie wir gesehen, dieses noch keine fest um- 
rissenen individuellen Gestalten geschaffen hatte. So finden wir denn im 
taoistischen Pantheon eine ganze Reihe von buddhistischen Erscheinungen, 
und wenn wohl auch hinter mancher von ihnen sich eine alte chinesische 
Gottheit verbirgt, so ist doch der Fall durchaus nicht selten, dass nicht 
nur die äussere Form, sondern auch der Inhalt einer Gestalt des 
buddhistischen Pantheons in das taoistische übernommen wurde. Beispiele 
dafür werden wir weiter unten kennen lernen. Erwähnt aber mag hier 
schon sein, dass insbesondere die Höllendarstellungen der Taoisten fast 
unabgeändert den buddhistischen entlehnt sind. 

Durch die in den folgenden Jahrhunderten in Nord-China Staaten be- 


Das taoistische Pantheon der Chinesen, 407 


gründenden Fürsten fremder, meist türkischer, tungusischer und tibetischer 
Nationalität erheblich gefördert, erlebte der Buddhismus in China eine 
schnelle und hohe Blüte. Von der T‘ang-Dynastie, die das Reich im 
Jahre 618 wieder einigte und zum höchsten Gipfel der Macht führte, bald 
patronisiert, bald verfolgt, erlitt der Buddhismus einen jähen Absturz erst 
im Zeitalter der Sung (960-1279), als durch die Schriften eines Shou- 
yung, Chou-tun-i und insbesondere eines Chu-hi eine völlige Wiedergeburt 
der alten Moralphilosophie auf Grund der von Konfuzius überlieferten alt- 
chinesisehen Ideen erfolgte, andererseits aber auch der Taoismus zeitweise 
wieder Terrain gewann. Seitdem hat der Buddhismus keine Rolle mehr 
in China spielen können. 

Fremde Religionen. Begünstigt war der Buddhismus besonders 
worden durch das rege religiöse Interesse zur Zeit der T‘ang, als innerhalb 
ganz kurzer Zeit vier fremde Religionen ihren Einzug in China hielten: 
der Manichäismus wahrscheinlich im 6., vielleicht schon im 4. Jahrhundert, 
621 das Zoroastertum, 628 [?] der Islam und 635 das Christentum in Form 
des Nestorianismus. Dieses plötzliche Eindringen :der fremden Missionare 
erklärt sich wohl aus den politischen und wirtschaftlichen Verhältnissen. 
Vorher in viele kleine Staaten zerrissen, konnte erst nach der Einigung 
unter den T‘ang China wieder daran denken, auf die alten Eroberungen 
der Han-Kaiser in Turkistan zurückzugreifen. Dort hatte sich inzwischen 
ein’Vorgang abgespielt, der uns in seinen Einzelheiten zwar nicht bekannt 
ist, den man sich aber — glaube ich — etwa folgendermassen vorstellen 
kann. Unter den Sassaniden hatte die persische Macht eine grosse Aus- 
dehnung: erfahren: überallhin drangen iranische Stämme und haben uns 
selbst in der Nordmongolei ein Denkmal ihrer Sprache’) hinterlassen. 
Vor sich her warfen sie die Sektierer, die schwer. verfolgten Manichäer 
und die Nestorianer, deren Lage ebenfalls eine sehr unsichere war, wenn sie 
auch zeitweise von den Sassaniden recht freundlich behandelt wurden. Beide 
waren froh, wenigstens in den Aussenprovinzen unbehelligt leben zu dürfen, 
und dann betätigten sie sich wohl auch — eine bei Sektierern oft bemerkte 
Eigentümlichkeit — gerne als Pioniere des Handels. Kaum öffnete sich 
ihnen das bis dahin verschlossene Reich im fernen Osten, so stürzten sie 
geradezu hinein, und es will mir charakteristisch erscheinen, dass die 
Manichäer, die zeitweise bis aufs Blut gepeinigt wurden, die schwerer in 
ihrer Heimat Verfolgten, es waren, die sich als erste und noch zur Zeit 
innerer Unruhen nach China wagten, während die Christen, die sich mit 
den Sassaniden besser standen, erst die Stabilisierung der Macht der 
T‘ang-Kaiser abwarten konnten, ehe sie sich in China selbst niederliessen. 
Es ist wohl anzunehmen, dass, als erst das Schwert des Islam über Persien 
hinfuhr, die nun tödlich verfolgten Religionen in erhöhtem Masse eine 
Zuflucht in China suchten. Zum Manichäismus und Christenstum gesellte 
sich nun auch das Zoroastertum, starb doch auch der letzte Prinz der 
Sassaniden im Asyl beim Kaiser von China. 


1) Nämlich die die Einführung des Manichäismus bei den Uiguren erzählende 
Inschrift von Kara Balgassun, deren iranischen Charakter F. W. K. Müller in 
den Sitzungsberichten der Akademie 1909, S. 726 ff. nachgewiesen hat. 


408 Herbert Mueller: 


Persische Einflüsse Man wird sich daran gewöhnen müssen, 
Persien als einen höheren Kulturfaktor in die Entwicklung des Ostens 
wie des Westens einzustellen, als das bisher geschehen ist. Wenn man 
allerdings Beziehungen Chinas zu den alten mesopotamischen Kulturen 
konstruieren will (wie das u. a. Terrien de Lacouperie getan hat), so sind 
das bestenfalls geistreiche Phantasien; noch fehlen uns alle Beweise für 
eine solche Spekulation. Die Verbindung Chinas mit dem mittelalterlichen 
Persien der Sassaniden- und wohl auch schon der Arsaciden-Dynastie lässt 
sich hingegen schlechterdings nicht mehr ableugnen. Wie weit dieser Ein- 
fluss gegangen ist, ist allerdings eine Frage, die vorläufig — hauptsächlich 
mangels Kenntnis der sassanidischen Kultur — noch unbeantwortet bleiben 
muss. Uns interessieren in diesem Zusammenhange auch nur die Zu- 
sammenhänge auf religiösem Gebiet. Dass persische Ideen auch auf die 
Ausbildung des Mahäyäna-Buddhismus in Nordwestindien eingewirkt haben, 
haben Rhys Davids, Eitel und Grünwedel bereits betont, insbesondere 
hat man zoroastrische Vorstellungen in der Theorie von den Dhyäni- 
buddhas und Dhyänibodhisattvas und in der vorherrschenden Stellung des 
Amitäbha-Buddha („Buddha des unermesslichen Glanzes*) erkennen und 
den Maitreya-Kult (des kommenden Buddhas) in Parallele mit der Lehre 
Mani‘s vom Paraklet setzen wollen. Diese Vermutungen haben eine starke 
Stütze durch die Auffindung manichäischer Literatur in Chinesisch-Tur- 
kistan seitens der preussischen Turfan-Expeditionen gefunden. Diese, von 
Prof. F. W. K. Müller als solche nachgewiesene manichäische Literatur 
zeugt von einem ausserordentlich nahen Verhältnis zwischen Manichäis- 
mus und Buddhismus. Manichäismus und vielleicht auch schon Zoroa- 
strismus haben aber auch zu dem Taoismus Chinas Beziehungen ge- 
habt. Dafür ist ein Beweis ein chinesisches Werk, das Lao-tze-hua-hu- 


king, FH HARK das „Buch von der Bekehrung der Hu (= Türken) 


durch Lao-tzé*. Dieses Werk gibt ein erstes Beispiel für manichäisch- 
taoistische Beziehungen und verdient daher besondere Beachtung. 
Manichäisch-taoistisches. Lao-tz@ kehrte, wie oben S. 400 nach 
den chinesischen Berichten wiedergegeben, dem Staate Chou den Rücken 
und zog zu einem Passe, dessen Kommandant Yin-hi ihn noch zur Abfassung 
des Tao-te-king bewog, hinaus gen Westen und ward nicht mehr gesehen. 
In späterer Zeit verbreitete sich der Glaube von allerlei Wundertaten, die 
Lao-tzé nach Verlassen Chinas im fernen Westen vollbracht haben sollte, 
und zu einer Zeit, die wir nicht genau bestimmen können, entstand ein 
Buch, in dem diese Taten Lao-tzé‘s in der Fremde erzählt wurden, eben 
das Hua-hu-king. Von diesem Buche waren bis vor kurzem nur wenige 
Sätze bekannt, die sich in anderen Werken zitiert fanden. Der reiche 
Fund einer mittelalterlichen Bibliothek in Tun-huang (Prov. Kan-su), der von 
den bekannten Gelehrten M. A. Stein und Paul Pelliot ausgebeutet wurde, 
hat unter anderen Schätzen auch grössere Fragmente dieses interessanten 
Werkes ergeben. Sie sind bisher lediglich im! chinesischen Original 


in Peking in der Arbeit Tun-huang Shih-shih-i-shu Au JD. AZ ME 
veröffentlicht worden, und bestehen demnach leider nur aus Fragmenten 


Das taoistische Pantheon der Chinesen. 409 


des ersten Kapitels und dem vollständigen zehnten Kapitel. Den Haupt- 
inhalt des Hua-hu-king und Bilder dazu, die vielleicht auf eine 
illustrierte Ausgabe dieses Werkes zurückgehen, finden wir aber auch in 
einem bisher unbekannt gebliebenen Werke, das ich in den ostasiatischen 
Sammlungen des Kgl. Museums für Völkerkunde in Berlin fand. Es ist 
uns überliefert, dass zur Zeit der Mongolen-Dynastie in China ein von 
den Taoisten sehr verbreitetes Buch den Unwillen der Buddhisten heraus- 
forderte, so dass diese sich beim Kaiser beschwerten mit der Folge, dass 
es zu einem Religionsgespräch kam, bei dem beide Parteien zu gunsten 
des Konfuzianismus recht schlecht abschnitten. Dieses Werk wird in der 
Geschichte jener Zeit, den Yüan-shih, erwähnt unter dem Titel: Lao-kiün- 


hua-hu-ch‘eng-fo-king EZ MH AH HK HE HK und es wird folgendermassen 


beschrieben: „es enthält 81 Bilder von Bekehrungen (hua-t‘u) und ist 
ziemlich verbreitet, der Text dazu aber ist gemein, oberflächlich, falsch 
tind erdichtet, und das in der Absicht, die buddhistische Lehre verächtlich 


Abb. 9. Die Geburt Lao-tze's. Nach dem Pa-shih-i-hua-t‘u-shuo. 


zu machen und die eigene Lehre zu erhöhen“. Es ist kaum daran zu 
zweifeln, dass dieses Buch auf das Hua-ku-king zurückging, und es selber 
oder ein ihm nachgebildetes Werk liegt in dem, äusserlich einem 
buddbistischen Sutra sehr ähnlichen zweibändigen Buche des Museums 
vor. Dieses, 1598 gedruckt, enthält in dem unteren von zwei horizontal 
geschiedenen Teilen das Tao-té-king mit Kommentar, in dem oberen aber 
81 Abschnitte mit je einem Bilde unter dem Gesamttitel: 
Kin-k‘üeh-hüan-yüan-t‘ai-shang-lao-kiün-pa-shi-i-hua-t‘u-shuo. 


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. Eine ganze Reihe dieser Abschnitte lassen sich ohne weiteres mit solchen 
des Hua-hu-king identifizieren, soweit dieses aus seinen Fragmenten und 
Zitaten bekannt ist. Noch auffälliger ist aber, wie genau die Bilder zu dem 
Texte des Hua-hu-king passen, während der neben ihnen stehende Text 
bedeutend kürzer und meist weniger passend ist. Ein Beispiel mag 
genügen, das hier von besonderem Interesse ist, als es die Geburt von 
Lao-tzé in genauer Anlehnung an die buddhistische Legende von der 
Geburt Gautama Sakyamuni‘s erzählt. Ich gebe die beiden Texte des 

Zeitschrift für Ethnologie. Jahrg. 1911. Heft 3 u. 4. 27 


410 


Herbert Mueller: 


Hua-hu-king und des Pa-shih-i-hua-t‘u-shuo nebeneinander, vgl. dazu 


das Bild auf der vorigen Seite. 
Hua-hu-king. 

Einst unter dem Könige der Yin- 
Dynastie Yang-kia verliess T‘ai-shang 
lao-kiün das Gebiet des ewigen Tao 
und als Reittier benutzend eine 
Wolke des dreifachen Hauches ritt 
er in Gestalt eines Sonnenessenz- 
Tropfens .... 9 Leuchten (?) und 
trat in Yü-niü-hüan-miao ein durch 
den Mund, machte sie so auf wunder- 
bare Weise schwanger und wurde 
Mensch. Im Jahre keng-ch‘en, am 
15. Tage des 2. Monates wurde er 
in Po geboren. Neun Drachen spieen 
Wasser, das sich in neun Brunnen 
verwandelte. Damals schon hatte 
T‘ai-shang-lao-kitin weisses Haupt- 
und Barthaar. Er konnte sogleich 
gehen, und jeder Schritt liess einen 
Lotos aufspriessen, im ganzen neun 
an der Zahl. Mit der Linken zeigt 
er zum Himmel, mit der Rechten 


zurErde und sprach zu den Menschen: . 


„Im Himmel und auf Erden bin 
ich der einzige Verehrungswürdige 


(tsun Fo) usw.“ 


Pa-shih-i-hua-t‘u-shuo. 

Unter dem 18. (! 16.) Könige der 
Yin-Dynastie Yang-kia bezog Lao 
kiin im Jahre keng-shen (= 1381 
a. Chr.) den Leib der Chen-miao-yü- 
nii. Als sie am Tage schlief, 
schluckte sie Sonnenessenz in Ge- 
stalt einer fünffarbigen Perle. So 
wurde sie schwanger, und nach 81 
Jahren, unter dem 22. (! 18.) Könige 
Wuting im Jahre keng-ch‘en (=1301) 
im 2. Monat am 15. Tage sprang, 
als die heilige Mutter gerade etwas 
von einem Baume pflücken wollte, 
aus ihrer rechten Seite Lao-tze 
hervor. 


Im ersten Buche des Hua-hu-king (p. 5r. der Pekinger Ausgabe) wird 


nun eine sehr merkwürdige Geschichte von Lao-tzé erzählt, wie er im 
Reiche Su-lin als Mär Mant (chin. KM IE) geboren wird, und dieselbe 


wird in dem Pa-shih-i-hua-t‘u-shuo als 42. der 81 Geschichten erzählt. 
Im Hua-hu-king heisst es: 

Nach 450 Jahren verliess ich (d. h. Lao-tzé) auf dem in eigenem 
Glanze erstrahlenden Tao-Hauch die Grenze des ewigen Tao und 
begab mich im Fluge zur Grenze von Si-na-yü in das Reich Su- 
lin und wurde dort im Königsschlosse als Kronprinz geboren. Ich 
verliess meine Familie und trat in den Pfad ein, nannte mich Mär 
Mani und drehte das grosse Rad des Gesetzes usw. 

Das Pa-shih-i-hua-t‘u-shuo fasst sich bedeutend kürzer und verbindet 
damit zugleich eine andere Erzählung. Es sagt: 

T‘ai-shang-lao-kiün kam nach Ma-kieh-kuo [Magadha]. Er 
erschien mit einer leeren Kanne in der Hand (Maitreya-Typ!), 
um den König zu bekehren. Er begründete die Fou-t‘u-Lehre, 
er wird Ts‘ing-tsing-Fo.genannt und hiess Mär Mant. Er hiess 
Ch‘a-li, P‘o-lo-men und andere seiner Lehre folgen. 


Le En en 


Das taoistische Pantheon der Chinesen. 411 


Daran, dass also Beziehungen zwischen Manichäern und Taoisten 
bestanden haben, ist kaum zu bezweifeln. Welcher Art sie waren und 
wie sie weiter gewirkt haben, etwa auf die Ausbildung der Göttertypen, 
das sind Fragen, die bei dem lückenhaften Zustande des Materials auch 
nur vermutungsweise kaum zu beantworten sind. Man wird jedenfalls 
diese Beziehungen nicht aus den Augen verlieren dürfen. 

Die monotheistischen Religionen. Weniger wahrscheinlich ist 
es, dass die drei monotheistischen Re- 
ligionen, Christentum, Judentum und Islam 
direkt auf die religiösen Verhältnisse in 
China eingewirkt haben. Die Annahme, 
dass der Apostel Thomas ausser Indien 
auch China bekehrt habe, hat heute kaum 
noch Vertreter. Zum ersten Male kam das 
Christentum mit nestorianischen Mönchen, 
die von O-lo-pen geführt wurden, im Jahre 
635 nach China, wie uns das berühmte 
nestorianische Denkmal von Si-ngan-fu 
(errichtet 781) erzählt. Der erste nestoria- 
nische Metropolit wurde unter dem Patri- 
archen Saliba Zacha (714—718) ordiniert. 
Als letzte nestorianische Metropoliten für 
China werden uns Joannes (ordiniert a 
Graec. 1801 = 1490 p. Chr. n.), Jacobus 
und Josephus genannt. Ob diese aber 
noch in China gelebt haben, ist fraglich, 
‘da Jacobus einen Brief aus Calecut mit- 
unterschrieben hat und von Josephus be- 
sonders hervorgehoben wird, dass er gleich- 
zeitig auch Metropolit von Indien war. 
Längst waren aber auch schon katholische 
Priester nach China gelangt, und 1299 
schon errichtete Joannis de Monte Corvino 
in „Cambaliech“ (Khanbalik = Peking) 
eine christlich-katholische Kirche. Von 
einem Einflusse des Christentums jener 
früheren Zeit auf die Gestaltung der chine- 
sischen Religion ist nur wenig zu bemerken. Allein die Gestalt der 
Kuan-yin, dieser lieblichsten Figur des buddhistischen wie des taoistischen 
Pantheons in China, geht aller Wahrscheinlichkeit nach auf ein christ- 
liches Vorbild zurück: auf die Mutter Maria. Nach dieser Gestalt wohl 
deutete man die (männliche) Avalokitesvara-Gestalt des indisch-buddhi- 
stischen Pantheons in einer dem chinesischen Familiensinne kongenialen 
Weise um und schuf damit die populärste Gottheit im ganzen fernen Osten. 
Dass noch weitere Beeinflussungen stattgefunden haben, ist wohl möglich, 
ist uns doch sogar bekannt, dass die Übersetzung eines buddhistischen Sutras 
aus dem Türkischen die gemeinschaftliche Arbeit eines ausKabul stammenden 


97 x 


Abb, 10. Kuan-yin mit dem Kind. 


412 Herbert Mueller: 


Mönches Prajna und eines nestorianischen Priesters Adam ist. Bis nach 
Japan reichende Einflüsse nestorianischen Christentumes auf die Bildung 
buddhistischer Sekten hat Rev. Lloyd kürzlich nachzuweisen versucht. 
Der Islam kam wohl im Jahre 628, also bereits sechs Jahre nach der 
Hedschra, nach China, und er hat sich im Laufe der Jahrhunderte dort 
auch eine ansehnliche Anhängerschaft von einigen Millionen geschaffen, 
von irgend einem Einflusse dieser Religion und ebenso des Judentums, 
das anscheinend erst einige Jahrhunderte später in China auftauchte, kann 
aber gar nicht gesprochen werden. 

Die weitere Entwicklung. Der verschiedenen fremden Elemente, 
die, wie wir in den letzten Abschnitten gesehen haben, so im Verlaufe 
einiger Jahrhunderte in China eindrangen, ist das Chinesentum durchaus 
Herr geworden. Nichts ist übernommen worden, was nicht den im chine- 
sischen Geiste vorhandenen Anlagen entsprach, und alles hat eine Umbil- 


‘dung und Umdeutung nach den von uns im ersten Teile geschilderten 


philosophischen und religiösen Grundgedanken erfahren. Der Staat hat, 
nur in kurzen Zeitspannen darin schwankend, mit fester Hand die Zügel 
geführt und sie jedesmal scharf angezogen, wenn irgendwo sich religiöse 
Bestrebungen in einer Form zeigten, die dem Staate hätten gefährlich 


werden können. Da nun der Staat nach konfuzianischen Grundsätzen ge- 
‚leitet wird, hat man ein gewisses Recht, von Religionsverfolgungen durch 


— +. 


den Konfuzianismus zu sprechen. Nicht aber ist es eine Religion, die 


‘andere Religionen unduldsam verfolgt, sondern eine Staatsidee, die alle 
‚Religionen sich unterordnen will. Den einzelnen Religionen gegenüber 
ist der Staat schon seit Ende der T‘ang - Dynastie, noch ausgesprochener 


unter den Yüan-, Ming- und Ts‘ing-Dynastien, also seit fast 1000 Jahren, 
stets durchaus indifferent gewesen, mit nicht zu verkennender Verachtung 
der „törichten Masse, die immer noch an Geister und an ein Jenseits ge- 
glaubt hat“, wie sich der Kaiser Tao-kuang vor noch nicht 100 Jahren 
ausdrückte. Der Staat ist es auch gewesen, der eine feste Organisation 
eines Klerus, sei es des buddhistischen oder des taoistischen, zu verhindern 
gewusst hat, und aus solchem Bestreben sind wohl auch die grossen Ver- 
folgungen der Buddhisten (und Manichäer) im Jahre 873 und kleinere Ver- 
folgzungen dieser wie auch der Taoisten in jedem Jahrhundert zu erklären. 
Eine Ausnalıme macht nur der Lamaismus, dessen ganze Organisation sich 
zum Teil sogar unter dem Einflusse der chinesischen Regierung aus- 
gebildet hat und die begünstigt wurde, weil sie geeignet schien, die 
kriegerischen Tibeter und Mongolen gefügiger zu machen, und ausser 
diesen Barbaren (nach chinesischer Auffassung) gehört ja niemand in 
China dem Lamaismus an. So sehen wir alle Religionen in China vom 
Staate geduldet, solange sie an seinen Grundfesten nicht zu rütteln wagen. 
Wie es sich zu den einzelnen Religionen stellen will, bleibt dem Volke 
selbst überlassen, und wie es sich zu ihnen stellt, erscheint unseren 
Empfinden recht befremdend. 

Die heutigen religiösen Verhältnisse. Von den eigenartigen 
religiösen Verhältnissen, wie sie sich auf der Basis der in den ersten 
beiden Teilen geschilderten religiös - philosophischen Grundstimmung in 


Das taoistische Pantheon der Chinesen. 413 


der geschichtlichen Entwicklung herausgebildet haben und sich uns heute 
zeigen, ist es sehr schwer, sich und anderen ein klares Bild zu machen. 
Die Religionsstatistiken beschränken sich meist darauf, die 400 Millionen 
Chinesen mit Ausnahme von 10 bis 30 Millionen Mohammedanern dem 
Buddhismus zuzurechnen und geben damit zugleich ein durchaus falsches 
Bild von dem Buddhismus als Weltreligion. „Buddhist“ oder „Taoist“ 
nennt sich in China nur der professionelle Buddhist bzw. Taoist, mit 
anderen Worten: der Priester. Als | 
Konfuzianist bezeichnet sich jeder 
Chinese von einiger Bildung, will da- 
mit aber nichts anderes sagen, als 
dass er in den konfuzianischen Ideen 
erzogen ist und sie als Richtschnur 
im praktischen Leben anerkennt, ohne 
damit aber zugleich über seine 
Stellung zum Übersinnlichen präjudi- 
zieren zu wollen. Nur der mohamme- 
danische oder der christliche Chinese 
kann sein Glaubensbekenntnis mit 
einem Worte ablegen. Und doch 
ist der Chinese durchaus nicht un- 
religiös. Es ist ein bekanntes Wort: 
„Auf den Himmel uns stützend, essen 
wir unsern Reis‘, das gerne versinn- 
bildlicht wird durch einen reisessenden 
Mann, der sich mit einem Arme auf 


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das Riesenzeichen tien „Himmel“ 
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stiizt. Es ist allgemeine Uberzeugung, 
dass eine höhere Macht die Ge- 
schicke der Welt lenkt, und mit den 
Worten: „es ist T‘ien-ming (der 
Befehl des Himmels)!“ fügt sich der 
Chinese ebenso ruhig in sein Schicksal 
wie der Mohammedaner, der vom 
Fatum oder von Allahs Willen spricht, 
und wie der fromme Psalmist, der up. 11. „Auf den Himmel uns stützend, 
sagt: „Gott hat es gegeben, Gott hat essen wir unsern Reis!“ Nach einem 
es genommen, der Wille Gottes sei Relief in Si-ngan-fu. 
gelobt!“ Aber den einzelnen Reli- | 

gionsformen gegenüber verhält sich der Chinese gleicherweise gleichgültig 
oder wohlwollend. Mit Recht hat man sagen können: der Chinese wird 
als Taoist geboren (denn ein taoistischer Astrolog stellt ihm das Horoskop), 
er lebt als Konfuzianist (denn die konfuzianische Ethik beherrscht die 
ganze Erziehung und das Leben) und er stirbt als Buddhist (denn nur 
die ärmste Familie versagt sich gezwungenermassen die Zuziehung 
buddhistischer Priester zu den Exequien). „Die drei Religionen sind eine“, 
ist ein oft gehörtes und oft illustriertes Wort. 


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414 Herbert Mueller: 


Sehr charakteristisch ist auch der Besuch der Tempel; derselbe 
Chinese besucht sowohl buddhistische als auch taoistische Tempel, ja selbst 
christliche Kirchen werden sehr häufig von Nichtchristen besucht, wenn 
sich die glückliche Erfüllung eines dort getanen Gebetes unter den Leuten 
verbreitet. Ein solcher Fall, in dem dieses grösseren Umfang annahm, 
ist aus Singapore bekannt geworden. 

Am schärfsten aber tritt der fast synkretistisch zu nennende Charakter 
der chinesischen Religionsverhältnisse in den Tempeln selbst in Erschei- 
nung. Es gibt wohl nicht sehr viele Tempel, die nur buddhistische oder rein 
taoistische Gottheiten enthalten. Herr Regierungsbaumeister E. Börsch- 
mann hat auf seinen dreijährigen Reisen in ganz China — meines Wissens 
als Erster — darauf sein Augenmerk gerichtet und sehr wertvolle Götter- 
listen aus Tempelu der verschiedensten Gegenden mit heimgebracht. Es 
ist zu hoffen, dass dieses Material bald veröffentlicht wird. Inzwischen 
hat Herr Börschmann sich in liebenswürdigster Weise dazu bereit er- 
klärt, in einem Anhange zu dieser Arbeit einige konkrete Beispiele der 
gegenseitigen Durchdringung der drei Religionen zu geben, und hat mir 
auch sonst Einblick in sein reiches Material gestattet. 

Besondere Beachtung verdient es, dass in den Tempeln auf dem 
O-mi-shan, dem heiligen Berge der Buddhisten, ebenso taoistische Gott- 
heiten einen Platz gefunden haben, wie umgekehrt auf dem taoistischen 
Berge Heng-shan buddhistische Gottheiten. Es sind fast immer dieselben 
Figuren, die von dem einen Pantheon aus dem anderen übernommen 
werden: die buddhistischen Gottheiten Kuan-yin (= Avalokitesvara), Mi- 
lo-fo (= Maitreya) und Ti-ts‘ang-wang (= Kshitigarbha); sowie die vier 
Ta-t‘ien-wang (Mahadevaraja, Lokapala „Welthüter“); die taoistischen Gott- 
heiten: Kuan-ti oder Lao-ye (der Gott der Virtus), Wen-ch‘ang (der Gott 
der Literatur), sein Gegenstück K‘uei-sing, Ts‘ai-shen (der Reichtums- 
gott) u.a. mehr. In den meisten Tempeln befinden sich in der ersten 

Halle in der Richtung des Eingangs zwei einander den Rücken 

b | zukehrende Figuren, vgl. die nebenstehende Skizze. An der mit 

m b bezeichneten Stelle steht immer Wei-t‘o (= Veda), eine bud- 

dhistische Gottheit; die andere Stelle, a, aber wird entweder von 

= einer buddhistischen Figur, dem Mi-lo-fo oder Tsieh-yin-fo ein- 

A genommen, oder aber von einer taoistischen, etwa Lao-ye, Ts‘ai- 
shen, K‘uei-sing oder Pai-yiin-tsu-shih. 

Im übrigen verweise ich auf den Beitrag von Herrn Börschmann, 
in dem man eine Reihe interessanter Beispiele für solche Vereinigungen 
von Figuren verschiedener Religionssysteme in einem Tempel finden wird. 

Charakteristisch sind auch solche Verbindungen buddhistischer und 
taoistischer Gestalten in derpopulär-religiösen Literatur der Chinesen. Ein Bei- 
spiel dafür sei dem Yü-li, ‚Edelsteinbericht‘, einem der verbreitetsten Erzeug- 
nisse dieser Gattung der chinesischen Literatur entnommen. Von europäischer 
Seite ist, charakteristischer Weise, dieses Buch bereits als buddhistisch wie 
auch als taoistisch bezeichnet worden. In der Einleitung wird zunächst die 
Anschauung der Konfuzianisten zurückgewiesen, dass die Seele, gebildet aus 
den beiden Dualkräften Yin und Yang, sich nach dem Tode in ihre Bestandteile 


un 


Das taoistische Pantheon der Chinesen, 415 


auflise. Den Konfuzianisten gegenüber, die so sprechen, wird Konfuzius 
selbst gestellt, der doch das Yi-king der Welt überliefert habe, jenes merk- 
würdige mystische Werk, das leider nur so oft missverstanden werde. 
Betrachte man aber dessen Inhalt richtig, so komme man zu ganz anderen 
Ergebnissen als die gewöhnliche konfuzianische Schule. Um deren Miss- 
verständnissen zu begegnen, sei der Welt das Yü-li gegeben worden, das 
auf die ewige Wahrheit von dem Fortleben der Seele als solcher und von 
der Vergeltung nach dem Tode hinweisen solle. Yü-huang-shang-ti, der 
oberste der taoistischen Götter, habe die Korrekturen gelesen und zur 


Durchsicht einer späteren Ausgabe gar eine 
Konferenz der Götter und Genien einberufen. Ki 
Das Buch beginnt mit den Worten: „Yü-ti FUN 


(d. i. Yü-huang shang-ti) will, dass alle 
Menschen beiden Geschlechtes ihre Sünden 
bereuen, auf dass er ihnen vergebe. Der 
oberste Herr der Unterwelt ist Ti-ts‘ang- 
wang.“ ‘Ti-ts‘ang-wang aber ist niemand 
anders als der Bodhisattva Kshitigarbha, also 
eine Figur des buddhistischen Pantheons. So 
sehen wir schon in der Einleitung und in 


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den ersten Worten dieses Buches Konfuzia- | (oe wes 
nismus, Taoismus und Buddhismus in engem Zi FUN NS 

Vereine. Das Buch selber schildert dann. pu? N S e 
nacheinander die zehn Höllen mit dem ganzen N eer, Y d 
Inventar buddhistischer Héllen und e dazu Ce © ER, 
eine Reihe von Historien und Anekdoten, > SB + 
die die Vergeltung nach dem Tode näher U ILS) E 
illustrieren sollen. Eine dieser Anekdoten RPA a 
ist so charakteristisch für die volkstümliche N aan GG 
Anschauung von dem Verhältnisse der Re- | de YG vb 


ligionen zueinander, dass ich sie hier wieder- 
geben möchte. ae eal ae 
Kin buddhistischer Priester kam EE 

zufällig in den Besitz eines Exem- shou-kin-chen-fa-kich. 
plares des Yü-li und fand darin die 
für falsch singende Priester angedrohten Strafen. Er ging mit dem 
Buche zu einem taoistischem Amtsbruder und beide gerieten bei dem 
blossen Gedanken an eine solche Strafe in grosse Erregung und be- 
fürchteten von einer weiteren Verbreitung dieses gefährlichen Buches 
Schaden für ihr Ansehen und ihr Einkommen. Sie beschlossen, dem 
beizeiten vorzubeugen. Der Buddhist kehrte in sein Dorf zurück 
und erzählte überall herum, es würde demnächst in seinen Tempel 
ein Taoist kommen, der Geister beschwören und mit ihrer Hilfe die 
Zukunft befragen könnte. Am festgesetzten Tage versammelte 
sich eine grosse Menge im Tempel. Der Taoist, der sich der 
Verabredung gemäss eingefunden hatte, verfiel in einen natürlich 
nur vorgespiegelten Trancezustand und schrieb auf eine Frage des 


Abh.12. Ti-ts‘ang-wang (Kshiti- 


416 | Herbert Mueller: 


Buddhisten auf ein sandbestreutes Brett: „Erstens ehret die 
taoistische Religion, zweitens achtet den buddhistischen Klerus, 
und wir geben euch einen Freipass zum ewigen Leben. Die 
buddhistischen Priester können euch leichten Durchgang durch 
die Höllen verschaffen und eine Wiedergeburt im westlichen Para- 
dies usw.“ mit dem Schlusse: „Wer das Yü-li vernichtet, erwirbt: 
sich besonderes Verdienst.“ Kaum ward dieses aber verkündet, so 
erschien eine Deputation der wahren Geister, rettete das Ansehen 
des Yü-lı und verkündete den betrügerischen Priestern baldigen 
Lohn ihrer schlechten Tat. Und wirklich starben sie bald darauf 

einen qualvollen Tod. 
Ich glaube, dass mit diesen Beispielen wohl zur Genüge die Eigenart 
der religiösen Verhältnisse in China charakterisiert ist. Buddhismus und 
Taoismus schliessen einander eben gar nicht aus, bestehen nicht nur 


Abb. 13. Opfer eines Shih-kung, taoistischen Priesters, vor Yü-huang shang-ti. 
Komposition nach buddhistischem Schema. Nach dem Kao-shang-yü-huang-pen-hing- 
tsi-king. 


nebeneinander, sondern in enger Verbindung miteinander, so dass 
es weiter nicht verwunderlich ist, dass für das gemeine Volk ein rechter 
Unterschied kaum noch besteht. 


Das taoistische Pantheon in seiner heutigen Gestalt. 


Quellen. In gedrängter Kürze haben wir die äusseren Geschicke des 
religidsen Leben Chinas an unserem Ange vorüberziehen lassen. Wir 
stehen nun am Ende der Entwicklung und müssen jetzt den Versuch 
wagen, uns ein geschlossenes Bild von dem Götterhimmel, der das Resultat 
dieser Entwicklung ist, zu machen. Das aber hat grosse Schwierigkeiten. 
Denn wo sind die Quellen, aus denen wir authentische Kunde von den 
Göttergestalten schöpfen könnten? a 

Die Vorbedingung authentischer Quellen ist die Existenz einer reli- 
giösen Autorität. Diese aber ist für den Taoismus, für den chinesischen 
Volksglauben, nicht gegeben. Ein fest organisierter Klerus ist nicht vor- 
handen. Es gibt zwei Arten taoistischer Priester: Laienpriester (wu-shih, 


Das taoistische Pantheon der Chinesen, 417 


shih-kung usw.), die irgend einem bürgerlichen Berufe angehören, ver- 
heiratet sind und nur zu gottesdienstlichen Zwecken ein besonderes 
Priestergewand anlegen, und mönchisch lebende Priester (im Volksmunde 
Mao-shan-tao-jen ,Haarberg-Taoisten* oder Ch‘u-kia-tao-jen „aus der 
Familie ausgeschiedene Taoisten“ genannt), die in Klostergemeinschaft 
oder einzeln als Tempelpriester oder als Einsiedler im Gebirge leben. 
Es scheint, soweit man nach den gerade hierüber sehr spärlichen Angaben 
urteilen kann, als ob nur die Mönch-Priester eine gewisse Organisation 
hätten und zu einem allerdings auch nur lose organisierten Klerus mit 
dem T‘ien-shih an der Spitze zusammengeschlossen seien. Ebenso und 
mit aus diesem Grunde existiert auch keine dogmatische Literatur. Früher 
mag es anders gewesen sein (und viele Gründe lassen das annehmen), 
heute aber: kann man weder von einem eigentlichen Klerus noch von 
einem Dogma sprechen. In jedem Tempel finden wir andere Götter 
oder doch die Götter in anderer Kombination. Jedes taoistische Buch 
gibt uns ein anderes Pantheon, über die gleichen Gestalten eine andere 
Legende. Selbst über solche Punkte, die uns die wesentlichsten scheinen, 
herrscht nicht die geringste Übereinstimmung. Zu erklären wird das wohl 
einmal sein daraus, dass verschiedene Überlieferungen verschiedener 
Schulen vorhanden sind. Noch aber wissen wir von diesen nichts. Dann 
aber ist diese Erscheinung auch zu erklären aus der schon dargelegten 
Interesselosigkeit der Chinesen für die äussere Gestaltung religiöser Ideen 
und aus ihrer Abneigung gegenüber dem Dogmatismus. Mögen wir die Gründe 
auch nicht erkennen, das Resultat ist jedenfalls das, dass man mit grösserem 
Rechte wohl von einer Anzahl von Pantheia sprechen könnte, als von 
einem Pantheon. Wenn wir das letztere tun, so müssen wir uns darüber 
klar sein, dass wir es sind, die die Einzelheiten zu einem Ganzen zu- 
sammenfassen, nicht die Chinesen. Nur eine Klasse göttlich verehrter 
Wesen ist in ihrer Zusammensetzung genauer bestimmt: dio deifizierten 
Heroen. Ehe wir aber diesen uns zuwenden können, müssen wir eine 
Einteilung der Götter und Genien nach einem gewissen Schema ver- 
suchen. | 

Klassifizierung der Götter. Ein chinesisches Schema kann zu 
einer solchen Klassifizierung nicht benutzt werden. Es fehlt im Chine- 
sischen überhaupt eine feststehende Terminologie auf diesem Gebiete. Wir 
finden als Bezeichnungen für Gestalten des Pantheons: Shang-ti „oberster 
Herrscher“, Tsien „Himmel, Gott“ (= sanskr. deva), T‘ien-tsun „Ehr- 
würdiger im Himmel“ (= sanskr. devajyeshtha), Tao-kiün „Tao-Fürst“, 
Tao-jen oder Tao-shih „Taoist“, Fa-shih „Meister des Gesetzes“ [Dharmapati], 


Li-shih „Meister der Kraft“, Shen „Geist“, Bien „Geist“ (dieses Zeichen fili 


besteht aus den Zeichen für „Mensch“ und für „Berg“, bezeichnet also 
zunächst einen Einsiedler) und vieles andere mehr. Eine anscheinend 
schon alte, vielleicht aber auch auf ein buddhistisches Vorbild zurück- 
gehende chinesische Einteilung gibt folgendes Schema: 1. T‘ien-sien „Gott- 
heiten des Himmels“, 2. Shen-sien „Gottheiten der Geisterwelt“, 3. Ti- 
sien „Gottheiten der Erde“, 4. Jen-sien „Gottheiten der Menschenwelt“, 


418 Herbert Mueller: 


5. Kuei-sien „Gottheiten der Dämonenwelt“'). Dieses Schema hat aller- 
dings nun den Nachteil, dass wir nichts tiber die Verteilung der ver- 
schiedenen Göttergestalten auf die einzelnen Klassen erfahren, und darum 
ist es auch für eine von uns vorzunehmende Klassifizierung nicht geeigneter 
als irgend eines sonst aufzustellende. Einen gewissen Einblick gewährt 
es immerhin. 

Ein ganz brauchbares Schema hat Ch. de Harlez in seinem schon 
erwähnten Buche aufgestellt. Er teilt die Gestalten des Pantheons in 
folgende fünf Gruppen ein: 1. Etres divins, 2. Esprits originaires, c'est-à- 
dire ayant en cette nature des leur origine, 3. Immortels élevés à ce rang 
par les Tao-she ou les bouddhistes, et que l’on honore d’un culte public, 
4. Immortels veneres par le peuple ou les Tao-she sans culte spécial, 
5. Saints du bouddhisme honorés en Chine. Leider aber verlässt der 
Verfasser dieses Schema gleich wieder und ordnet das Pantheon nach 
folgenden Gesichtspunkten: 1. Les étres divins ou divinisés, 2. Les 
Immortels, 3. Les Saints, 4. Les dieux et venerables du bouddhisme. 

Jedes der gegebenen Schemata hat gewisse Vorziige, keines aber der- 
artige, dass sie seine unbedingte Annahme rechtfertigen könnten. Die 
Schwierigkeiten einer solchen Klassifikation sind auch nicht gering, zumal 
wir uns kaum auf chinesische Vorarbeiten stützen können. Der Versuch, 
eine Klassifikation nach historischen und qualifikatorischen Momenten vor- 
zunehmen, gab folgendes vorläufige Resultat: 

1. Naturgottheiten, ursprünglich und zu einem Teile auch heute noch 
unverbunden mit anthropomorphen Vorstellungen, heute im Staatskult 
verehrt. 

Himmel (Huang-t‘ien-shang-ti), Erde (Hou-t‘u huang-ti-k‘i), 
Sonne (Ji, Ta-ming), Mond (Yüe, Yeh-ming), die fünf Planeten 
(Wu-sing: Venus, Jupiter, Merkur, Mars, Saturn) und der Zodiacus 
(sing-ch‘en, wenn dieses nicht die Gesamtheit der Sterne bedeutet). 
Während der Kult dieser Gottheiten für die ältesten Zeiten ge- 
sichert ist, wird des Kultes einzelner Gestirne erst in späterer Zeit 
Erwähnung getan, so wird der Kult des Pei-t‘ou (Ursus major) 
und Nan-t‘ou (eine der 28 Stationen, Mondhäuser, umfassend sechs 
Sterne des Sagittarius) zum ersten Male unter der Ts‘in-Dynastie 
erwähnt (221 a. Chr. n.). 

Ferner Wind (Feng-shih, Feng-po), Regen (Yü-shih), Wolken 
(Yün-chung-kiün, zur Han-Zeit erwähnt).”) 

Endlich die heiligen Berge, unter denen fünf besonders her- 
vortreten (Wu-yo, als älteste Kultstätte gilt der T‘ai-shan in 
Shan-tung). 


1) Die Übersetzungen dieser termini sind recht frei, insbesondere ist Sien hier 
mit „Gottheit“ wiedergegeben worden, um einen möglichst indifferenten Ausdruck 
für das hier ausnahmsweise als Oberbegriff gebrauchte Wort zu haben. 

2) Es verdient besonders hervorgehoben zu werden, dass es gerade „Wind® und 
„Regen“ sind — also Faktoren, von denen das ackerbauende Volk abhängig ist —, 
die uns zuerst von allen Naturerscheinungen in anthropomorpher Auffassung er- 
scheinen: Féng-shih „Wind-Meister“. Yü-shih ,Regen-Meister*, so schon im Chou-h, 
dem Ritualbuch der Chou-Dynastie. 


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Das taoistische Pantheon der Chinesen. 419 


2. Personifikationen von Ideen, deren Ursprung wahrscheinlich in der 
taoistischen Literatur zu suchen ist. 

T‘ai-yi („grosse Einheit“, Kult zuerst im Jahre 116 a. Chr. n. er- 
wähnt), T‘ai-ki („grosses Prinzip“, oft mit dem vorstehenden gleich- 
gesetzt), Yüan-shih („ursprünglicher Anfang“), Ling-pao („Wunder- 
barer Schatz“) und endlos viele der Art mehr. Meistens werden diesen 
Namen ehrende Bezeichnungen hinzugesetzt, wie wir einige schon 
oben kennen gelernt haben, so sagt man: T‘ai-yi chen-jen (= der 
Heilige T‘ai-yi), Ling-pao ta-fa-shih (= der grosse Gesetzes- 
meister Ling-pao), Yüan-shih t‘ien-tsun (= der Himmelsgeehrte 
Yüan-shih) u. s. f. 

3. Deifikationen prä- oder protohistorischer Persönlichkeiten. Die 
Deifikation erfolgte zu einer nicht bestimmbaren Zeit, grössten- 
teils wohl nur in der Literatur. 

Die mythischen Kaiser (Wu-ti, der Kult anderer Wu-ti, der 
Regenten der fünf Planeten, der fünf Elemente usw. wurde zur 
Ts‘in-Zeit eingeführt, später aber aufgehoben), nämlich: T‘ai-hao 
oder Fu-hi, Yen-ti oder Shen-nung, Huang-ti oder Hien-yüan, 
Shao-hao oder Kin-t‘ien, Chuan-hü oder Kao-yang. Jeder dieser 
Kaiser gilt als der Erfinder gewisser Kulturgüter, so Shen-nung, 
der am meisten verehrte, als Erfinder des Ackerbaues. | 

Ferner die 365 in der nicht historischen Deifikation des 
Kiang-shang (Kiang-tze-ya, Kiang-t‘ai-kung) zu Göttern erhobenen 
Helden. Darüber wird weiter unten noch mehr zu sagen sein. 

Endlich auch Gestalten ‘reiner Phantasie, wie: Si-wang-mu 
(„die königliche Mutter des Westens“), Tung-wang-kung („der 
königliche Fürst des Ostens“), Shou-sing, der Gott des langen 
Lebens usw. 

Hierher gehört schliesslich das ganze Heer taoistischer Ein- 
siedler, die einst in Bergen gelebt haben und in die Unsterblich- 
keit eingegangen sein sollen: Am bekanntesten unter ihnen sind die 
Pa-sien („acht Genien“), nämlich: Chung-li-k‘üan, Chung-kuo, 
Lü-tung-pin, Ts‘ao-kuo-k‘iu, Li-t‘ieh-kuai, Han-siang-tze, Lan- 
ts‘ai-ho, Ho-sien-ku, zu. einer Achtheit erst unter der Mongolen- 
Dynastie zusammengefasst, seitdem aber sehr populär und in den 
verschiedensten Materialien immer wieder dargestellt. 

4. Deifikationen aus historischer Zeit. Diese stellen das bei weitern 
grösste Kontingent zum chinesischen Pantheon und gerade unter 
ihnen finden sich die populärsten Gottheiten. 

Der bekannteste der Götter dieser Kategorie ist wohl: Kuan-ti, 
gestorben 219, kanonisiert 1116, der Schutzpatron der jetzt re- 
gierenden Dynastie. Während nur sehr wenigen Gestalten aus den 
ersten drei Kategorien eigene "Tempel errichtet sind, sind den 
Göttern dieser Gruppe unzählige grosse und kleine Tempel geweiht, 
und von ihnen finden sich dementsprechend auch die zahlreichsten 
bildlichen Darstellungen. Sie werden uns im folgenden noch be- 
schäftigen. 


420 


Herbert Mueller: ` 


5. Gestalten des buddhistischen Pantheons, die in das chinesische 


übergegangen sind. 
scheiden: 


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Unter ihnen sind zwei Gruppen zu unter- 


a) Ursprünglich dem Brah- 
manismus angehörige 
Géttergestalten. Fan- 
tien (Brahma), Yen-lo 
(Yama), Ji-shen (Surya) 
Yüeh-shen (Soma), die 
vier Mahäräjas (sze-ta- 
t‘ien-wang) u. a. m. 


ép, b) Eigentlich buddhistische 
At Gestalten. Buddhas: 
Jan-teng-fo (Dipaü- 


kara Buddha), O-mi- 
t‘o-fo (Amitabha Bud- 
dha), Bodhisattvas: Kuan- 
yin (Kuan - shih - yin 
p‘u-sa, eine interessante 
Umdeutung des Avalo- 
kitesvara Bodhisattva in 
das Weibliche), Mi-lo-fo 
(Maitreya Bodhisattva), 
P‘u-hien p‘u-sa (Sa- 
mantabhadra Bodhi- 
sattva), Wen-shu p‘u-sa 
(Manjusri Bodhisattva). 
Populär sind auch die 
16 Arhats (Lo-han), 
Schüler des Buddha Sa- 
kyamuni, deren Zahl zu 
18, .und selbst zu 500, 
erweitert ist. Erwähnt 
sind nur diejenigen Ge- 
stalten, die auch über 
den engeren Kreis des 


chinesischen Buddhis- 
L mus hinaus gedrungen 
sind. 


Abb. 14. Pai-shou-t‘u, Tafel mit 100 Formen 
des Zeichens fiir shou „langes Leben“. In der 


Mitte: Shou-Sing, der Gott des langen Lebens te 
und die Pa-sien. Nach einem Relief in Si- Volke verehrten Göttern übrig, 


ngan-fu. die neun Göttinnen (kiu- 

niang-niang) zum Beispiel, 

u.a., deren Zugehörigkeit zu keiner der fünf Gruppen nachweisbar ist. Bs 
ist wohl aber anzunehmen, dass dieser Nachweis uns nur durch Fehlen der 
Überlieferung in diesen Fällen unmöglich gemacht wird. Immerhin mag 


Schliesslich bleibt noch 
eine ganze Anzahl von im 


Das taoistische Pantheon der Chinesen. 491 


sich in einzelnen Gestalten eine alte Lokalgottheit erhalten haben. Das 
hier gegebene Schema ist, wie ich selbst fühle, höchst unbefriedigend. 
Hoffentlich gelingt es bald, ein besseres zu finden. 

Feng-shen. ,Belehnen mit der Götterwürde“ (feng-shen) ist der 
technische Ausdruck für die Deifikation. Zugrunde zu liegen scheint eine 


Abb. 15. ‘Kuan-shih-yin p‘u-sa (Kuan-yin, Avalokitesvara Bodhisattva) mit dem 
Jade-, Gold- und Drachen-Siegel. 


Idee, die in etwas an die buddhistische Lehre vom Karma erinnert: die 
an der Substanz des Guten, dem Yang, überreichen Seelen hochverdienter 
Menschen sind den Seelen anderer so überlegen, dass es ein Unrecht 
wäre, wollte man ihre Verehrung allein ihrer eigenen Familie überlassen 


und ihren Segen damit zugleich auf diese beschränken. Sie sind gewisser- 


422 Herbert Mueller: 


massen durch die Grösse ihres Verdienstes um das Ganze Gemeingut des 
Volkes geworden, und dieses muss darum auch die Möglichkeit haben, 
sie verehren zu dürfen. Ob ihr Verdienst aber ausreicht, die Ausdehnung 
ihres Kultes von der Familie auf das Volk zu rechtfertigen, darüber muss 
eine höhere Instanz entscheiden. Diese Instanz ist der Kaiser, der als 
„Himmelssohn“ (t‘ien-tze) Vollzieher des „himmlischen Willen“ (tien- 
ming) auf Erden ist. Wenn in einem Bezirke, der oft unter Über- 
schwemmungen zu leiden hat, ein Mandarin tätig gewesen ist, der sich 
um die Abwendung solch schadenbringender Ereignisse bemüht hat, so 
wendet sich nach seinem Tode oder auch schon, wenn er versetzt wird, 
das Volk durch Vermittelung der lokalen Behörden an den Kaiser mit der 
Bitte, die Errichtung eines Tempels für diesen verdienten Mann und seinen 
Kult gestatten zu wollen, und hofft, so auch fürder sich den guten Einfluss 
des Verelhrrten sichern zu können. Nach Prüfung des Gesuches im Kultus- 
ministerium (Li-pu) erfolgt dann der kaiserliche Bescheid, der jedoch im 
Falle der Genehmigung meist auch den Bezirk umschreibt, innerhalb 
dessen der Kult gestattet wird. Nicht immer aber lässt Pietät diesen 
Brauch sympathisch erscheinen, es gibt auch zahlreiche Fälle, in denen 
nur krasser Aberglaube der Beweggrund des Gesuches ist, so, wenn die 
Genehmigung ersucht wird für den Kult einer Schlange, Schildkröte, eines 
Brunnens, eines von irgend Jemand angeblich gesehenen Schemen. 
Solche Gesuche werden oft eingereicht und oft genehmigt. Jeder Ort 
ist auf diese Weise in den mehr oder minder ausschliesslichen Besitz ge- 
wisser Lokalgottheiten, „Stadtgötter xar’ e&oynv“ gekommen. Wenn man 
heute von Stadtgöttern spricht, meint man allerdings meistens die Ge- 
samtheit der überhaupt im Haupttempel einer Stadt vereinigten Götter. 
Diesen Göttern aber werden auch, wenn die Fürbitte erfolgreich war, 
Titel und Rangerhöhungen gewährt, ja, es scheint, als wenn ein ganz be- 
stimmter Turnus stattfände. Jedes Jahr reicht der T‘ien-shih dem Kultus- 
ministerium eine Liste ein, die seine Vorschläge hinsichtlich der Ver- 
änderungen im Range der Götter und neuer Ernennung von solchen ent- 
hält. Auch hier findet wieder eine Prüfung statt, und schliesslich erfolgt 
der kaiserliche Bescheid. Über die Einzelheiten dieser ganzen Vorgänge 
sind wir bis heute durchaus noch nicht genügend und vor allem nicht 
nach authentischen Quellen unterrichtet; es scheint jedoch, als ob im 
ganzen ein Vergleich mit dem Verfahren der katholischen Kirche bei 
Heilig- bzw. Seligsprechung — bei aller im Wesen beider Religionen be- 
gründeten Verschiedenheiten — möglich wäre: hier wie dort ein processus 
canonicus, hier wie dort eine für die ganze Welt geltende Canonisatio und 
eine für eine bestimmte Gegend geltende Beatificatio. Man tut vielleicht 
auch der chinesischen Religion unrecht, wenn man in allen diesen Fällen 
immer von „Göttern“ spricht, aber zum mindesten hat man die Ent- 
schuldigung, dass die Haltung des Volkes diesen Gestalten gegenüber 
— ob sie nun als Götter gemeint sind oder nur als Heilige und Für- 
sprecher bei Shang-ti — ihre Auffassung als göttlich nahe legt. 

Wann diese Sitte der Deifikation aufgekommen ist, lässt sich nicht 
sagen. Nach Ansicht des Volkes datiert sie von uralter Zeit her und ist 


Das taoistische Pantheon der Chinesen, 423 


stets geübt worden. Drei grosse Götterernennungen aber werden besonders 
unterschieden: die erste fand statt unter dem mythischen Kaiser Huang-ti 
(= Hien-yüan), die zweite am Beginne der Chou-Dynastie, im Jahre 
1122 a. Chr. n., durch Kiang-shang, die dritte unter dem ersten Kaiser 
der Ming-Dynastie im 14. Jahrhundert. Die grösste Rolle spielt die 
mittlere dieser drei Götterernennungen, ihr ist auch ein Werk gewidmet, 
das wir als eine Hauptquelle für die Kenntnis des chinesischen Pantheons 


betrachten müssen : das Feng-shen-yen-yi $f jill ği 3%. „Die Erzählungen 
von derBelehnung mit derGötterwürde“, oder, wie man denTitel auch wieder- 
geben könnte, „die Metamorphosen der Götter.“ Dieser mythologisch- 
historische Roman von recht beträchtlichem Umfange (100 Kapitel) ist 
wahrscheinlich in der Mingzeit entstanden, und es ist nicht zu viel be- 
hauptet, wenn man sagt, dass der Durchschnittschinese aus ihm haupt- 
sächlich seine Kenntnisse von dem Pantheon schöpft. Darstellungen 
gerade der hierin genannten Götter sind ausserordentlich häufig, und selbst 
aus dem abgelegenen Kan-su von Dr. Tafel mitgebrachte „500 Stadtgötter 
von Lan-chou-fu“ sind zum grossen Teile nichts anderes, als Figuren 
dieses Feng-shen-yen-yi. 

Das Pantheon des Feng-shen-yen-yi. Zwei Kategorien göttlicher 
Wesen heben sich in ihm klar voneinander ab: Gottheiten, die uns schon 
am Anfange der Handlung als solche entgegentreten, und Gottheiten, die 
in der Handlung selbst noch gewöhnliche Sterbliche sind und erst am 
Schlusse und nach ihrem Tode zu göttlichem Range erhoben werden. 
Die Gottheiten der ersten Kategorie staffeln sich nun in folgender Weise: 

Hung-kiün fa-shih 
oder Lao-tsu. 
Er hat drei grosse Schüler?): 


Lao-tzé Yüan-shih t‘ien-tsun T‘ung-t‘ien kiao-chu 
ohne Schüler, mit nur hat zwölf Schüler, die hat eine grosse Anzahl 
einem Begleiter: Yüan- selber wieder viele von Schülern. 
t‘ou. Schüler haben. 


Die ersten beiden der drei Schüler Hung-kiün fa-shih‘s folgen der ortho- 
dozen Lehre, T‘ung-t‘ien kiao-chu aber hat sich von ihr abgewandt und 
verbreitet unter seinen Anhängern heterodoxe Lehren. Worin Orthodoxie 
und Heterodoxie liegen, tritt nicht zutage: beide Lehren beschäftigen sich 
in praxi mit allen nur erdenkbaren Zaubern. Bemerkenswert sind unter 
den Schülern des Yüan-shih t‘ien-tsun die buddhistischen Gestalten, wie 
z. B. Jan-teng tao-jen („der Taoist Dipankara“!), Wen-shu-kuang-fa 
t‘ien-tsun (= Manjusri), P‘u-hien chen-jen (= Samantabhadra). Ebenfalls 
als Gottlieiten von Anfang an treten uns Naturgötter entgegen, wie 
Drachenkönige der Gewässer, und ein ganzes Heer von Tiergespensten: 
Fuchsdämon, Fasanengeist, Skorpionendämon usw. Diese stehen an sich 


1) Diese drei bilden die taoistische Trias der San-tsiing („drei Reinen“), meist 
aber werden folgende, etwas abweichend, genannt; 1. Yüan-shih t‘ien-tsun. 2. Ling- 
pao t‘en-tsun, (hier als Ling-pao ta-fa-shih unter den Schülern Yüan-shih’s ge- 
nannt), 3. T’ai-shang lao-kiün (= Lao-tze). 


424 Herbert Mueller: 


auf keiner der beiden sich feindlich gegenüberstehenden Seiten der 
orthodoxen und der heterodoxen Lehre. ni | 
Der Inhalt des Romanes ist nun kurz folgender: 

Chou-wang, der letzte Kaiser der Shang- oder Yin-Dynastie 
(regierte bis 1123 a. Chr. n.) liess sich verleiten, an die Wand 
eines der Niü-kua (s. o. S. 398) geweihten Tempels ein Gedicht 
zu schreiben, das die Schönheit in einer sie beleidigenden Weise 
pries. Um sich zu rächen, beschloss die erzürnte Göttin, den 
König samt seinem ganzen Hause zu stürzen. Sie befahl einem 
tausendjährigen Fuchsgeiste, sich in ein Mädchen zu verwandeln, 
in Su Ta-ki, die Tochter eines Lehnsfürsten, die zur Nebengemahlin 
des Kaisers bestimmt war. So geschah es. Ta-ki, deren eigener 
Geist auf dem Wege zur Hauptstadt ihren Körper verlassen und 
durch den Fuchsgeist ersetzt worden war, verleitete den Kaiser 
zu den übermütigsten Taten und zu den scheusslichsten Greueln. 
Überall kam es zu Aufständen, bis sich die Unzufriedenen um 
den Fürsten des Lehnsstaates Chou sammelten. Die Götter selbst 
griffen in den Streit ein. Lao-tze und Yüan-slıih t‘ien-tsun standen 
mit ihren Geisterscharen auf der Seite der neuen Dynastie Chou, 
T‘ung-t‘ien kiao-chu auf der Seite der alten Dynastie, bis der 
oberste Lehrer der Götter, Hung-kiün selbst, eingriff und T‘ung- 
Dien kiao-chu wegen des bewiesenen Ungehorsams zu weiterer 
Belehrung wieder zu sich rief. Nun ging es mit der Yin-Dynastie 
gänzlich zu Ende. Wu-wang von Chou siegte und begründete 
eine neue Dynastie. Die drei Religionsfürsten aber hatten schon 
lange vorher alles bestimmt und auch festgesetzt, dass alle die 
Helden, die sich in den Kämpfen auszeichneten, sei es auf welcher 
Seite es sei, zu Göttern ernannt werden sollten. Die „Tafel der 
Götterernennungen“, feng-shen-pan, war von ihnen aufgestellt und 
dem Kiang Tze-ya (heute meist Kiang-tai-kung genannt) über- 
geben worden. Dieser, der den ganzen Kampf auf seiten der Chou 
leitete, bestieg nach dessen Beendigung einen hohen Berg, ver- 
sammelte die Geister der im Kampfe gefallenen Helden um sich, 
ernannte sie zu Göttern und gab jedem ein bestimmtes Amt und 
einen Sitz auf einem Gestirn. Im ganzen waren es 365 Götter, 
die so diese Würde erlangten. 

Die von Kiang-t‘ai-kung auf göttlichem Befehl mit der Götter- 
würde belehnten Helden verteilen sich auf eine Reihe von 
Gruppen, so gibt es unter ihnen: 24 Donnergötter, 6 Feuergötter, 
6 Pockengötter mit je einem Oberhaupte. Die Göttin Kin-ling- 
sheng-mu wurde zur Tou-mu („Scheffelmutter“, sonst Marici- 
deva) gemacht und an die Spitze des Heeres der 84000 Sterne 
gestellt. Dann folgen grosse Scharen von Sterngöttern, unter 
denen hervorzuheben sind die 28 Mondhäuser (siu, sanskr. nakshatra). 
Es folgen weiter die Geister der fünf heiligen Berge (wu yo), 
Reichtumsgötter usw. Nur zwei der Götter seien ausführlicher 
geschildert. 


Das taoistische Pantheon der Chinesen. 425 


Eine der auffallendsten Erscheinungen aus dem Figurenkreise des 
Feng-shen-yen-yi ist Yang Jen (kanonisiert als Kia-tzé t‘ai-sui chi shen). 
Er war einer der treuen Minister und Warner des Chou-wang, erlitt fiir 
seine Warnungen aber die furchtbare Qual, dass ihm beide Augen aus- 
gerissen wurden. Aber der ,wahrhafte First des Tao und der Tugend 
der blauen Leere“ (Ts‘ing-hü tao-te chen-kiün) entrückte ihn auf seinen 
Berg. Er befahl seinem dienenden Knaben Po-yün t‘ung-tze zwei Körner 
vom Stein der Weisen in die Augenhöhlen Yang Jen’s zu legen. Dann 


Abb. 16. Yang Jen. Nach einer Zeichnung aus den ,500 Stadtgöttern von Lan- 
chou-fu*. Sig. Dr. Tafel 


blies der Heilige ihm den ursprünglichen wahrhaften Odem ins Gesicht 
und rief ihm zu, sich zu erheben. Da wuchsen aus dessen Augenhöhlen 
zwei Hände hervor, auf deren inneren Flächen sich je ein Auge befand. 
In dieser Form finden wir Yang Jen oft dargestellt, wie auf nebenstehender 
Zeichnung aus den „500 Stadtgöttern von Lan-chou-fu“. 

In Feng-shen-yen-yi finden wir auch die Legende von Lei-chen-tzé, 
dessen Bild oft auf dem Schlussblatte taoistischer Schriften zu finden ist, 
wo buddhistische Sutras ein Bild des Wei-t‘o (= sanskr. Veda) zeigen. 

Er war ein Sohn des Wen-wang und wurde von Yün-chung- 
tzé auf dem Chung-nan-shan im Tao unterrichtet. Als die Zeit 
Zeitschrift für Ethnologie Jahrg. 1911. Heft 3 u. 4. D9 


426 Herbert Mueller: 


herangekommen war, wo er seinem Vater von Nutzen werden 
sollte, gab ihm sein Lehrer den Auftrag, im Garten nach den 


Abb. 17. Lei-chen-tzé. Schlussbild im T‘ai-shang- 
tao-te-king-chu-sien. 


Waffen zu suchen, mit 
denen er seinem Vater bei- 
stehen könnte. Lei-chen-tze 
begab sich dorthin, fand 
aber nichts waffenähnliches, 
zwei Aprikosen aber reizten 
ihn, er pflückte sie und 
ass sie auf. Da hörte er 
plötzlich ein Geräusch 
unterhalb derlinken Rippen, 
und ein Flügel wuchs dort 
hervor. Während er, halb 
ohnmächtig vor Schreck, 
versuchte, ihn mit beiden 
Händen zu fassen und her- 
auszureissen, wuchs ihm 
auch auf der rechten Seite 
ein Flügel hervor und auch 
sein Gesicht veränderte 
sich: die Nase wölbte sich 
vor, das Antlitz färbte sich 
graublau, die Haare wurden 
rot, die Augen traten her- 
vor, Stosszähne schoben 
sich schräg zwischen den 
Lippen heraus und sein 
Leib wuchs bis zu einer 
Höhe von zwei Klaftern. 
Das waren die Waffen, die 
ihm die Götter schenkten. 
Als ein Beispiel der dunklen 
taoistischen Sprache sei das 
Gedicht angeführt, mit dem 
Yün-chung-tze den so ver- 
wandelten Lei-chen-tze be- 
grüsste: 

Die beiden Aprikosen 

werden das Reich be- 

ruhigen, 

Ein goldener Stab 

festigt Himmel und 

Erde, 


Die beiden) Fittiche „Donner“ und „Wind“ erfreuen die 


Vorfahren 


Und bringen durch tausenderlei Umwandlungen die Nach- 


kommenschaft hervor, 


Das taoistische Pantheon der Chinesen. 427 


Die Augen, goldenen Scheiben gleich, durchdringen die Unterwelt. 
Die Haare gleichen kurzgeschorenem Purpurgrase. 
In die Geheimlehre der Wahrhaften Unsterblichen eingeweiht, 
Erlangte er einen nimmer dunkelnden Diamantleib! 
Hunderte solcher Legenden sind im Feng-shen-yen-yi vereinigt und 
machen es zu einer wahren Fundgrube für Forschungen auf diesem 
Gebiet. Der leider zu früh verstorbene ausgezeichnete Gelehrte, Prof. 
Wilhelm Grube, hat die Übersetzung dieses Werkes, dessen Wert er 
immer wieder hervorhob, begonnen. Die von mir besorgte Ausgabe des 
hinterlassenen Werkes wird in zwei Bänden von etwa je 350 Seiten 4° im 
Verlage von Brill (Leiden) demnächst erscheinen. 
Literatur-Pantheia. Sol- ` 
cher Pantheia wie das Feng- 
shen-yen-yi liesse sich eine 
ganze Anzahl aus den ver- 
schiedensten Werken der chi- 
nesischen Literatur zusammen- 
stellen. Eine derartige Arbeit 
würde zweifellos ihren Wert für 
die Religionswissenschaft und 
die chinesische Kulturgeschichte 
haben. In diesen Rahmen ist 
sie aber unmöglich hineinzu- 
passen. Doch seien wenigstens 
einige der Hauptquellen ge- 
nannt. Eine der wichtigsten ist 
wohl das Li-tai Shen-sien-t‘ung- 
kien von Sü-tao, das im Jahre 
1700 veröffentlicht wurde unter 
Approbation des T'ien-shih 
Chang-ki-tsung (Lung-hu-shan 
Chang ta-chen-jen) und des 


Abb. 18. Ta-tu-tzé Mi-lo-fo (Maitreya Bodhi- 
: sattva), der „Dickbauch-Buddha“, auch mit 
Pao-shan Huang Chang-lun sien- einem buddhistischen Mönch identifiziert und 
sheng und das in 22 Büchern dann P‘u-t‘ai Ho-shang genannt. Porzellanfigur. 
die Legenden einer grossen Zahl 

göttlicher Wesen enthält. Ein gleichnamiges älteres Werk von Sieh 
Ta-hün (1640 erschienen) enthält in 60 Büchern ein noch vielleicht 
reichhaltigeres Material. Eine ganz besonders reiche Quelle ist, wie 
für so vieles andere auch für das chinesische Pantheon die bekannte 
Riesen-Encyclopädie Ku-kin-t‘u-shu-tsi-ch‘eng. Besonders sei auf eine 
darin enthaltene Rangtafel taoistischer Götter hingewiesen, die im 
221. K‘üan des Abschnittes Shen-i-tien enthalten ist und den Titel Chen- 
ling-wei-ye-t'u trägt. Sie gibt den genauen Platz an, der jeder der 
genannten Gottheiten im Yü-ts‘ing-san-yüan-kung zukommt. Daran knüpft 
sich die Überlieferung, dass T‘ai-shang-lao-kiün auf der Wolken-Terasse 
(yün-t‘ai) die genaue Kenntnis der Rangtafel der Götter (kuan-t‘u) erfuhr 
und sie durch 41 Generationen weitergab bis auf Lin T‘ung-yüan, der 


28° 


428 Herbert Mueller: Das taoistische Pantheon der Chinesen. 


wohl gleichzusetzen ist mit Lin Ling-su, einem berühmten, zum Taoismus 
übergetretenen buddhistischen Mönch zur Zeit des Sung-Kaisers Hui-tsung, 
dem die Ausbildung des Pantheons zugeschrieben wird und auf dessen 
Einfluss unter anderem auch die Autorisation des Kultes des Yü-huang- 
shang-ti 1116 erfolgte. | 

Bedeutsamer noch ist die Untersuchung der Pantheia bestimmter 
Gebiete. Nur für Amoy ist diese Arbeit bisher geleistet worden, in dem 
bekannten Werke J. J. M. de Groots „Les fetes annuellement célébrés 
à Emoy“. Für Peking findet sich wertvolles Material in dem Wilhelm 
Grubeschen Werke „Pekinger Volksbräuche“ und sonst an verschiedenen 
Stellen verstreut. Das aber ist auch sozusagen alles, was bisher auf diesem 
Gebiete geleistet ist. Das Material, das noch der Bearbeitung harrt, ist ausser- 
ordentlich umfangreich. Wiedergabe von chinesischen Literaturquellen 
und Beschreibung einzelner Kultobjekte, die ihren Weg in europäische 
Sammlungen gefunden haben, genügen dabei allerdings nicht: persönliche 
Anschauung und Beobachtung des realen Lebens sind unentbehrliche Vor- 
bedingungen fruchtbringender Arbeit auf diesem Gebiet. Da sie mir noch 
nicht zu Gebote stehen, verzichte ich, näher darauf einzugehen. 

Schluss. Die Aufgabe, die ich mir hier gestellt hatte, war: einen 
kurzen Überblick über Vorbedingungen, Entwicklung und heutige Gestalt 
des Pantheons der chinesischen Volksreligion zu geben. In dem engen 
Rahmen eines Zeitschriften-Aufsatzes und bei dem sehr fragmentarischen 
Zustand unseres Wissens auf diesem Gebiete, konnte ich grösstenteils 
nur Andeutungen machen, von denen ich hoffe, dass sie auch zugleich 
Anregungen werden möchten zu eigenen Arbeiten auf diesem sehr ver- 
nachlässigten Felde für alle, die dazu Gelegenheit haben. 


Anhang. 


Einige Beispiele für die gegenseitige Durchdringung der drei 
chinesischen Religionen. 


Von 
Ernst Boerschmann. 


Der Chinese hat die verschiedenen Seiten seines religiösen Empfindens 
und Bedürfnisses in drei feste Formeln gebracht, nämlich in die san-kiao, 
die „drei Religionen“, den Taoismus, den Konfuzianismus und den Bud- 
dhismus. Zwar ist diese Einteilung nicht erschöpfend, bietet z. B. nicht 
Raum für die Einordnung des Staatskultus und der Ahnenverehrung, 
gibt jedoch immerhin das Hauptgerippe für nähere Betrachtungen. Die 
Chinesen selbst unterscheiden jene drei Richtungen im allgemeinen scharf 
durch den Aufbau der Tempel und in diesen durch die Anordnung der 
Gottheiten. 

Wie nun aber die drei Religionen nicht etwa nur äusserlich neben- 
einander bestehen, sondern gemeinsam im chinesischen Denken wurzeln, 
dessen Teile sie nur darstellen, so fühlt der Chinese zuweilen das Be- 
dürfnis nach einer Synthese, nach einer Vereinigung der verschiedenen 
Richtungen. Diese. Einheit bringt er zum sichtbaren Ausdruck einmal 
durch Tempelinschriften, die Bezug nehmen auf die oft und gerne auch 
mündlich von den Priestern zitierte Gleichheit der drei, wie überhaupt 
aller Religionen. Nur die Formen sind verschieden, pflegen sie wahrhaft 
tolerant zu sagen, im Grunde glauben alle Menschen dasselbe. Dann aber 
verkörpern in den Tempeln die Götterfiguren selbst jene Einheit. Laotsze, 
der als Stifter des an sich viel älteren Taoismus gilt, Buddha und Kon- 
fuzius thronen dann friedlich nebeneinander. Es gibt kaum einen Bezirk 
oder Kreis, in dem nicht wenigstens ein derartiger Tempel sich findet. 

Als Beispiel diene der Grundriss eines Tempels, den ich auf meinen 
Reisen durch China im Norden der Provinz Sze-ch‘uan antraf. Er liegt 
zwischen den beiden Städten Mien-chou und Lo-kiang-hien an der grossen 
Heerstrasse, die von der Provinz Shen-si nach Ch‘eng-tu-fu, der Hauptstadt 
von Szö-ch‘uan, führt. Er krönt eine kleine Bergkuppe und ragt merkbar 
empor über das weite hügelige Gelände. Ausnahmsweise ist er ganz aus 
Werkstein erbaut, selbst die Pfeiler sind aus Stein, und deshalb wird er 
Shih-miao, Steintempel, genannt. Die beiden Teile des Tempels gruppieren 
sich um die beiden Höfe I und II, deren Lichtraum durch die weit aus- 
ladenden Dächer auf das geringste Mass gebracht ist. Den ersten Hof 


430 E. Boerschmann: 


umgeben abgeschlossene Wohnungen, der zweite Hof bildet den Teil einer 
offenen Halle, wie sie in Szé-ch‘uan und im mittleren und siidlichen China 
sich oft als Hauptbestandteil der Tempel findet. Die Anordnung der 
Götter, die in der erwähnten Dreieinigkeit gipfelt, zeigt ein merkwürdiges 
Durcheinander der drei Religionen. 

Über dem Eingang, in einem kleinen Turmaufbau, thront K‘uei-sing 
(Kwei sing), der Gott der Literatur, der in dem Siebengestirn, dem grossen 
Bären, wohnt. Er ist eine echt 


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Ñ 5 e é taoistische Gottheit, die aber 
eek © ~ a 2 d naturgemäss dem Konfuzius nahe 
Sas afk a x à 9 Sn steht und in der Nebenerschei- 
ase SST o Y ie A e nung als Wen-ch‘ang (s. unten) 
zea Sov a he Pe. eS mit Vorliebe einen Turm- oder 
eigenen Tempelbau im Südosten 


der Konfuziustempel zu erhalten 
pflegt. Rücken an Rücken mit 
ihm steht Wei-t‘o, der Beschützer 
des Buddhismus, und blickt ins 
Tempelinnere gegen den Doppel- 
altar. In diesem Altar thront 
als Hauptgottheit des vorderen 
Tempelteiles Ch‘uan-chu, der 
Herr von Sze-ch‘uan. Es ist das 
Li-ping, der berühmte Ingenieur, 
der um Christi Geburt durch 
seine Regulierung des Min- 
Flusses bei Kuan-hien den Grund 
legte zu der grossen Frucht- 
barkeit der Ebene von Ch‘eng- 
tu-fu, und der jetzt überall in 
Sze-ch‘uan als Gottheit verehrt 
wird. Bei derartigen Erhebungen 
historischer Persönlichkeiten zu 


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Hof Í 


TS Gottheiten gehen Taoismus und 
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[rım Turmaufdau) Ahnenverehrung eine gewisse 
Abb. 19. Steinstempel im Bezirk Lo-kiang- Verbindung mit einander ein. 


Wohnungen 
Wohnungen 


hien, Prov. Sze-ch‘uan. Rücken an Rücken mit ihm 
thront Kuan-yin, die buddhisti- 
sche, im Grunde aber echt chinesische Göttin der Barmherzigkeit, und 
blickt gegen die Trias in der Mitte der Götterreihe. Indem sie hier als 
Spiegel der höchsten Göttlichkeit der Drei angeordnet ist, lässt sie die 
Liebe und Barmherzigkeit ebenso sehr als den Grundzug jeder Religion 
erscheinen, wie sonst, wenn sie in rein buddhistischen Tempeln an der 
Rückseite der buddhistischen Trias thront und ebenfalls jene Eigenschaften 
als untrennbaren Bestandteil der Lehre, als ihre Kehrseite, offenbart. 
Die Trias selbst zeigt in einem gemeinsamen Altar Buddha in der 
Mitte zwischen Konfuzius und Lao-tzé. An Konfuzius schliessen sich an 


Durchdringung der drei chinesischen Religionen. 431 


zwei Altäre mit je zwei Figuren. Zuerst Ma-wang und Niu-wang, die 
Könige der Pferde und der Büffel, dieser Tiere, die für Krieg, Verkehr 
und Reisbau von der grössten Bedeutung sind. Dann Lao-ye, der Gott 
der tüchtigen Lebensführung, gemeinhin der Kriegsgott genannt, mit Wen- 
ch‘ang, dem Gott der Literatur und der Literaten, einer anderen Erscheinung 
des K‘uei-sing. Diese beiden erschöpfen als die Zweiheit Wen und Wu, 
Zivil und Militär, den Begriff des öffentlichen Lebens in China. (s. Z. f. E. 
1910, S. 424.) 

Nach der anderen Seite folgt zunächst ein Altar mit drei Gottheiten, 
nämlich dem Huo-shen, dem Feuergott, in der Mitte zwischen den beiden 


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Geister der fünf 
heiligen Berge. 
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Tempel des eisernen Buddha. 


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Abb. 21. Bergtempel vom Heng-shan. 


Reichtumsgöttern Wen- und Wu-ts‘ai-shen, die Erfolg bescheren bei 
Tüchtigkeit in Angelegenheiten des Geistes und der Tatkraft, entsprechend 
der vorhin genannten Zweiheit Zivil und Militär. Diese Doppelerscheinung 
des Ts‘ai-shen, der gewöhnlich in einer Figur als Einheit dargestellt wird, 
trifft man wiederholt in Tempeln an. Wen, Literatur, nimmt dann stets 
den bevorzugten Platz im Osten ein, wie hier, während Wu, die nur 
praktische Tatkraft, auf dem zweiten Platz im Westen sitzt. Dass der 
Huo-shen, der gefürchtete Gott des Feuers und der Dürre, seinen Platz 
zwischen den beiden Reichtumsgöttern gefunden hat, geschieht um ihm zu 
schmeicheln und ihn zu bannen in seinem unheilvollen Wirken. In dem 
Altar der äussersten westlichen Ecke deuten drei weibliche Gottheiten auf 
das Familienleben hin als Gegenstück zu dem östlichsten Altar, in dem 


432 E. Boerschmann: 


durch Wen und Wu (Lao-ye) das öffentliche Leben verkörpert war. Es 
sind das die folgenden niang-niang, Göttinnen: Sung-tsze, die kinder- 
bringende, Tou-chen, die Beschützerin der Kinder vor Pocken, und eine 
dritte Shan-shen (?), die ich nicht genau zu bestimmen vermochte und 
als das Berggeist-Fräulein bezeichnen muss. 

Die Gruppierung der Trias und der anderen zahlreichen Gottheiten 
zeigt dank der axialen Anordnung und dank des gebundenen Systems des 
Tempels schon äusserlich, dann aber durch die logische Verbindung der 
religiösen Gedanken auch innerlich den wohltuenden Rhythmus chinesischer 
Komposition. 


Abb. 22. Tempel des eisernen Buddha auf dem Heng-shan. Hauptaltar mit dem 
Berggeist und seiner Frau 


Das besprochene Beispiel bot das Bild der friedlichen Vereinigung 
der drei Religionen. An anderen Stellen nimmt die Durchdringung der 
verschiedenen Richtungen fast den Charakter eines Kampfes an, in dem 
eine von ihnen die Oberhand zu gewinnen trachtet. Meist ist es der 
Buddhismus, dem sein religiöser Inhalt und ein ausgebildeter, sinnlich 
eindrucksvoller Kultus den Sieg verleihen über den mehr philosophischen 
Taoismus und den abstrakten, ethisch-sozialen Konfuzianismus. Dieser 
Vorgang fällt besonders an zwei heiligen Stätten auf, nämlich auf dem 
O mi shan, dem heiligen buddhistischen Berge des Westens, geweiht dem 
P‘u-hien p‘u-sa, und auf dem Heng-shan, dem altchinesischen, südlichen 
heiligen Berge. 

Auf dem O-mi-shan ist der Prozess nahezu abgeschlossen. Der Sieg 
des Buddhismus ist schon seit geraumer Zeit vollkommen. Allerdings sind 


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Durchdringung der drei chinesischen Religionen. 433 


die taoistischen Elemente des altchinesischen Naturgottesdienstes noch 
zahlreich und fast jeder Tempel weist solche Erinnerungen auf in Gestalt 
von Götterstatuen, Bildern, Zaubertafeln und Inschriften, die erkennen 
lassen, dass der Berg schon in grauer Vorzeit ein Heiligtum gewesen ist. 
Indessen alle diese Dinge treten jetzt durchaus zurück gegen den sieg- 
haften Glanz Buddhas, und überall in den Tempeln thront auf dem Haupt- 
altar der P‘u-hien oder die buddhistische Trias. 

Mitten in dem Kampfe der beiden Religionen befinden wir uns aber 
in der Provinz Hu-nan auf dem Heng-shan, der noch als einer der fünf 
heiligen altchinesischen Berge gilt. Und doch dringt hier der Buddhismus 
mit Macht vor. Das Hauptheiligtum am Fusse des Berges wird von 
buddhistischen Priestern verwaltet, die taoistischen Mönche sind in einen 
kleineren Nebentempel verdrängt, und in allen den zahllosen kleinen und 
grossen Tempeln bis zur Spitze des Berges macht sich buddhistischer 
Einfluss geltend. Zwar gibt es noch einige 
kleinere Wegkapellen, die frei von diesem 
Einfluss sind, z. B. die Wu-yüo-tien, eine 
Durchgangshalle, die mit einem Altar für 
die Geister der fünf heiligen Berge ver- 
bunden ist. Aber gerade die Haupttempel 
sind buddhistisch geworden, die taoistischen E 
Gottheiten sind auf den zweiten oder gar wandschrein im Tempel 
dritten Platz gerückt und die buddhistischen Tie fo sze mi? den 
Priester haben den Kult an sich gerissen. 9 Lohan und 72 Tau lren. 

Der Tempel des eisernen Buddha, Abb. 23. 

T‘ie-fo-szé, auf halber Höhe des Berges . 

gelegen, zeigt im Hauptaltar O-mi-t‘o-fo, Amitäbha, mit zahlreichen 
anderen buddhistischen Gottheiten. Vor ihm, in der Mitte, thront der 
taoistische Yü-huang, der Edelsteinkaiser, die irdische, mehr persönliche 
und volkstümliche Erscheinungsform des höchsten Gottes Shang-ti. Zu 
seinen Seiten im Osten der Geist des südlichen Berges, Nan-yüo-shen-kung, 
mit seiner Frau, der shen mu, auf dem westlichen, dem weiblichen Prinzip 
gebührenden Platz. In derselben Halle steht an den Seitenwänden je ein 
zweistöckiger hölzerner Altarschrein, der hinter dem verglasten Rahmwerk 
in seinem Innern folgende Figuren birgt. Im unteren Teil die neun 
Jünger Buddhas, Lo-han, also zusammen in beiden Schreinen achtzehn, 
und im oberen Teile zwölf Tsu-t‘ien, also zusammen vierundzwanzig. Es 
ist mir nicht gelungen, diese Tsu-t‘ien, oder auch Chu-t‘ien, wie ich sie 
zuweilen aussprechen hörte, zu identifizieren, zumal mir niemand ihre 
Zeichen niederzuschreiben vermochte. Aber sie finden sich nicht selten. 
Besonders in Sze-ch‘uan stehen sie oft in lebensgrossen Gestalten in den 
Tempelhallen, entweder allein, oder, wie hier, mit den achtzehn Lo-han 
vereinigt. Ihre Attribute sind vorwiegend taoistisch. Es liegt nahe, diese 
24 Tsu-t‘ien mit der chinesischen Einteilung des Jahres nach Sonnen- 
abschnitten und mit der Einteilung des Tages in Verbindung zu bringen. 
Jedenfalls dürften sie kaum buddhistischer Herkunft sein. Ihre gewöhn- 


434 E. Boerschmann: 


Abb. 24. Drei Figuren der 24 Tsu-t‘ien aus dem Tempel Wan-nien-szé auf dem 
O-mi-shan. 


Shang féng sze, 
der Hauptiempel unlerhalb der Spitze des Berges. 
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Abb. 25. Bergtempel vom Heng-shan. 


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Durchdringung der drei chinesischen Religionen. 435 


liche Darstellung zeigt das beigegebene Bild, SES aus dem gréssten Tempel 
vom O-mi-shan stammt. 

Die gleichen Tsu-t‘ien finden sich nun in dem Tempel Shang-feng-sze, 
der unmittelbar unterhalb der Spitze des Berges liegt und nächst dem in 
der Ebene der grösste ist. In ihm hat der Buddhismus völlig gesiegt. 
Den Eingang bewachen die vier Himmelskönige, Wei-t‘o blickt gegen die 
Haupthalle. Nur an die Stelle des rituellen Mi-lo-fo, des Dickbauch- 
Buddha, ist Lao-ye, der Kriegsgott, getreten. Den Hauptplatz in der 
grossen Halle nimmt die buddhistische Trias ein, O-mi-t‘o-fo, Shih-kia-fo 
und Yo-shih-fo, an den Querwänden sitzen auf einem durchgehenden 
Postament die 2°9=18 Lo-han und anschliessend stehen die 2°12= 24 
Tsu-t‘ien. Der Nan-yüo-shen-ti, der eigentliche Herrschergeist des süd- 
lichen Berges, ist entthront von seinem bevorzugten Platz und in eine 
hintere kleine Halle verwiesen, die allerdings noch in der Achse liegt. 
In einem Seitenraum ist die Statue eines früheren Abtes untergebracht. 
Durch derartige Bildnisse von verdienten Priestern wird sowohl in 
taoistische, wie besonders in buddhistische Tempel der Begriff des Ahnen- 
kultus hineingetragen. 

Im Rahmen dieser kurzen Mitteilung, die ich hier auf Ersuchen des 
Herrn Dr. Herb. Mueller mache als Ergänzung zu seiner Abhandlung über 
das taoistische Pantheon der Chinesen, sollten nur einige exakte Beispiele 
gegeben werden zu jenem interessanten Kapitel, der Verschmelzung der 
Religionen in China. Gerade die Stätten, an denen sie gemeinsam auf- 
treten, ermöglichen eine Analyse und vermögen uns genaue Auskunft zu 
geben über die Stellung und den Wert der einzelnen Richtungen. 


Neue und ältere Ausgrabungen von vorgeschichtlichen 
Einzelfuuden, Gräberfeldern und Wohnplätzen bei Wolters- 
dorf, Kreis Nieder-Barnim. 


Von 
Hermann Busse. 


Von Berlin etwa 22 km entfernt liest im Südosten des Kreises 
Nieder-Barnim an der Schlesischen Eisenbahn die Vorortstation Erkner 
und von Erkner 2,5 km nördlich, an der Nordspitze des Flakensees das 
Dorf Woltersdorf. In einer Urkunde vom Jahre 1319 werden alle Dörfer, 
die zum Schlosse Köpnick gehörten, aufgeführt und unter diesen wird 
Woltersdorf als Slavisch Waltersdorf geschichtlich zum ersten Male erwähnt. 
Im Corpus Bonorum des Magistrats der Königlichen Residentzien Berlin, 
beschrieben vom Syndikus Christoph Benjamin Wackenrode, vom 12. No- 
vember 1771, herausgegeben mit den Schriften des Vereins für die 
Geschichte Berlins 1888 von F. Brose heisst es: Das Rittergut Walters- 
dorf hat vormals dem Heinz Wagenschütz zu Pinnow gehört, welcher es laut 
Kaufbriefes vom grünen Donnerstag 1487 mit allen Rechten und Gerechtig- 
keiten, Unterthanen, Einkünften, Holzungen, Weinbergen, Fischereien, 
Wiesenwachs, Mastung pp. an den Bürgermeister und Rath in Berlin für 
150 Schock Märkischer Groschen verkauft und ist der Kauf gleich darauf 
Montags in den heiligen Ostern von Sr. Churfürstl. Durchlaucht Markgraf 
Johann confirmiret. Es liegt drei Meilen von Berlin und eine Meile vom 
Königl. Amt Rüdersdorf auf einem sandigen Boden usw. usw. — Die 
Stadt Berlin hat das Rittergut 1859 für 62050 Thaler an den Kaufmann 
Israel Wolff wieder. verkauft. Woltersdorf hat also der Stadt Berlin 
372 Jahre als Eigentum gehört. Der Forstbestand war 1771 noch 1254 Morgen. 
Während das Gut mit seinen Äckern immer verpachtet wurde, bewirt- 
schaftete die Stadt Berlin die Forst selbst. 

Die heutige Gemeinde Woltersdorf besteht aus folgenden Ortsteilen: 
1. dem alten Dorf, das in einer länglichen Rundung von Westen nach 
Osten aufgebaut ist. In der Mitte steht die Kirche und Schule. 2. dem 
ehemaligen Gutsbezirk, am Flakensee und an der Rüdersdorfer Chaussee 
gelegen. Der alte Rittersitz befand sich auf dem Terrain des heutigen 
Schloss-Restaurants am Flakensee. 3. dem Stolp, das sind die Häuser, 
die zwischen dem Bauernsee und dem Stolpgraben, an der Chaussee und 
dem Kalksee liegen. Der Bergrücken zwischen der Strasse und dem 
Kalksee wird gleichfalls „der Stolp* genannt. 4. dem Werder, der sich 


H. Busse: Ausgrabungen bei Woltersdorf. 437 


zwischen dem Bauern-, Kalk- und Flakensee erhebt. 5. dem Kietz, 
zwischen dem Stolp und der Schleuse, am Westufer des Kanals, der den 
Kalksee mit dem Flakensee verbindet. 6. der Schleuse, dazu gehören 
die Häuser auf dem Schleusenberg und die östlich am Kanal liegen, auch 
die Mühle, jetzt Restaurant und Elektrizitätswerk. Dieser Ortsteil gehörte 
früher zum Rüdersdorfer Heidebezirk I. 7. aus mehreren Villenkolonien, 
die auf den ehemaligen Guts- und Bauern -Äckern, nordwestlich vom 
Dorfe angelegt sind und die den Gesamtnamen Schönblick führen. — Die 


Abb. 1. Fundkarte. \__, Gräberfelder. DJ Wohnplätze. © Einzelfunde. 
1 : 25 000. 


weitere Umgegend von Woltersdorf ist meist bewaldet, nur der Nord- 
westen ist ohne Wald und seit früher Zeit beackert worden. Im Osten 
liegt die grosse Rüdersdorfer Forst, 30000 Morgen umfassend, mit den 
Kranichsbergen als grösste Erhebungen, im Westen und Südwesten die 
Köpnicker Forst mit den Eich-, Sprint-, Grenz- und Piittbergen. Beide 
Kgl. Forsten werden durch eine Talrinne getrennt, in der die Gewässer 
vom Ober-Barnim nach der Spree abfliessen und die auf ihrem Laufe den 
Stienitz-, Stolp-, Kalk-, Flaken- und Dämeritz-See bilden. 


438 | H. Busse: 


Vom wirtschaftlichen und strategischen Standpunkte aus betrachtet ist 
diese Gegend durchaus geeignet und wie geschaffen, selbst schon in vor- 
geschichtlichen Zeiten den Menschen zu veranlassen, sich hier nieder- 
zulassen. Es war alles vorhanden, was sie zu ihrem Unterhalte und zu 
ihren Siedelungen nötig hatten. Die Wälder lieferten das Wild, in den 
Seen gab es reichlich Fische zur Nahrung. Steine und Holz boten das 
Material zum Hüttenbau, zu Waffen, Wirtschafts- und Gebrauchsgegen- 
ständen. In den Bergen findet sich vielfach Ton zu ihren verschiedenen 
Gefässen. Und in der Tat müssen wir aus nachstehendem schliessen, 
dass das Land von der Steinzeit an in fast allen vorgeschichtlichen Perioden 
bis zur geschichtlichen Zeit und dann noch weiter bis heute bewohnt 
gewesen ist. Wenn auch vermutlich in früherer Zeit so mancher ältere 


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Abb, 2. 1:2, Abb. 3. 1: 2. 


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Fund zerstért und verworfen sein mag, so haben die letzten Jahrzehnte 
eine ungeahnte Fille von Kulturresten aus verschiedenen Zeiten ans 
Tageslicht gebracht, und es sind Anzeichen vorhanden, dass sich in der 
Zukunft noch mehr finden werden. Es sind bekannt (siehe Abb. 1. Fundkarte): 


Einzelfunde. 


1. Ein durchlochtes Steinbeil, bei Anlage eines Rigolkamms am Mühlen- 
weg im Jagen 232 der Kgl. Forst gefunden in der Nähe von zwei alten 
Schanzen, bei denen auch gehauene und geschwärzte Steine lagen. 

2. Ein Steinbeil, Feuerstein-Manufacte und Tonscherben am Stolp- 
graben "3. 

8. Eine Steinaxt, durchlocht, vom Stolp *). 

4. Kin Steinbeil, aus sehr hartem Granit, 1908 im Garten des Herrn 
Schramm, am Abhang des Sprintberges gefunden. Es ist grau und schwarz 
gesprenkelt, die Kanten gerundet, die Flächen geglättet. Die Schneide 
ist schräg. Gewicht 390 g. Siehe Abb. 2. 


1) Abb. in den Nachr. ii. d. A. 1899, S. 25. 
2) Abb. in den Nachr. ii. d. A. 1904, S. 89, 


Ausgrabungen bei Woltersdorf. 439 


5. Ein Steinbeil aus Feuerstein, im Garten des Herrn Hiller, in der 
Nähe des Sprintberges 1908 gefunden. Im Besitz des Eigentümers. Die 
Farbe istbraungelb, glatt poliert. Siehe Abb. 3. 

6. Feuerstein-Manufacte, bei den Eiswerken, am Westufer des Aus- 
flusses des Flakensees gefunden '). 

Nachträglich habe ich hier noch diverse Male solche Manufacte ge- 
funden, auch Tonscherben und im vorigen Jahr, jedoch etwas entfernt von 
der alten Fundstelle, ein Steinbeil. Dies spitznackige Beil ist ein Pracht- 
stück seiner Art und zeigt wenig Spuren von Gebrauch. Es ist auf allen 
seinen Flächen sauber geglättet, die Kanten überall abgerundet. Die 
Schneide ist noch ziemlich scharf. Die Unterseite ist flach, die Oberseite 
erhaben und mit zwei schwachen Längs- 
Fazetten versehen. Die Farbe ist grau 
und ein wenig heller gesprenkelt. Ganz 
kleine Vertiefungen auf den Flächen 
lassen das Stück vor der Glattung als 
einen Geröllstein erscheinen. Gewicht 
230 g. Siehe Abb. 4. 

Durch diesen Fund wird die Fund- 
stelle noch merklicher als neolithische 
charakterisiert, obgleich die Beziehung 
des Beils zu den Manufacten aus Feuer- N 
stein augenscheinlich keine direkte ist. 

7. Feuerstein-Manufacte vom Wer- 
der”). 8. Feuerstein-Manufacte vom 
Kranichsberg. 9. Eine grosse gerauhte 
Urne, beim Bau eines Hauses auf der 
Maienhöhe, etwas westlich vom Sprint- 
berg ausgegraben, leider ist sie zer- 
schlagen worden. In der Nähe am Ab- 
hang fand ich schon viel früher zahl- 
reiche Tonscherben, die mit diesem Abb. 4. 1:2. 
Funde in Zusammenhang stehen könnten. 

10. Slavische Gefässteile vom Kietz*). 11. Ein Steinbeil vom Sprint- 
berg ‘). 
Die Fundstiicke 2, 4, 6, 8 und 9 befinden sich in meiner Sammlung. 


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Gräberfelder (s. Fundkarte S. 437): 
Das Gräberfeld am Stolp aus der Römischen Kaiserzeit ^). 


Nördlich vom Bauernsee auf dem südlichen Ausläufer des Stolps 
wurde 1885 das Restaurant „Interlaken“ erbaut und dabei ein grosser 


1) Abgebildet in den Nachr. ti. d. A. 1899, S. 23. 
2) Im Mark. Prov. Museum unter Nr. 11 569. 

3) Mark. Prov. Museum Nr, 11 938—41. 

4) Im Mark. Prov. Museum Nr. 16 562. 

5) Siehe Nachr. ti. d. A. 1899, S. 24. 


440 H. Busse: 


Garten terrassenförmig angelegt. Beim Rigolen fanden sich in der Erde 
schwarze Gruben mit Knochen, Kohlen, Topfstücke und diverse verrostete 
Eisengegenstände, darunter Messer, Ringe, Nadeln, Perlen, Hammer usw. 
Die Sachen sind leider aus Unkenntnis zerstreut worden. Erst der Eigen- 
tümer des Nachbargrundstücks, auf welchem die gleichen Erscheinungen 


sich vorfanden, schenkte diesen alten Funden mehr Aufmerksamkeit und 


konnte demnach Verschiedenes ins Märk. Pr. Museum gelangen, und zwar 
eine Urne (Nr. 16400), ein Spinnwirtel (16401), ein Eisenmesser und 
diverse Fragmente aus Eisen (16277) und verschiedene Gefässreste 
(16 275—6, 16 379). 

Höchst bedauerlich ist, dass dieses wichtige Gräberfeld der Wissen- 
schaft verloren gegangen ist. 


Das Gräberfeld auf dem Rédenberg. 


In nächster Nähe südöstlich vom vorigen Fundort zwischen dem 
Bauern- und Kalksee, wird die Erhöhung „auf der Réthe* oder der 
Rödenberg geheissen. Unter der Berliner Herrschaft war der Stolp, der 
Werder, sowie auch der Rödenberg mit grossen Eichen und Kiefern be- 
wachsen. In den sechsziger Jahren des vorigen Jahrhunderts wurde der 
Wald gerodet, das Land parzelliert und über den Rödenberg die Kalksee- 
strasse geführt. Beim Ausgraben der Baumwurzeln sollen nesterweise 
viel Töpfe, mit Knochen gefüllt, sichtbar gewesen sein. Sie wurden 
unbeachtet bei Seite geworfen und zertrümmert. Beim Bau des Hauses 
Kalkseestrasse 39 kamen mehrere grössere und kleinere Urnen zum Vor- 
schein. Im Vorgarten sowohl wie auch im Hintergarten, nach dem 
Bauernsee zu, finden sich in jedem Jahre beim Graben viele Gefässteile. 
Das Märk. Pr. Museum besitzt Urnenreste von hier unter Nr. 11814. In 
meinen Besitz gelangten der untere Teil eines grösseren Doppelkonus 
und die Stücke eines gerauhten einhenkligen Topfes mit breiten flachen 
Vertikal-Furchen. Das wenige Topfmaterial kann chronologisch nicht mit 
Sicherheit besimmt werden, es scheint jedoch höchst wahrscheinlich der 
Jüngeren Bronzezeit anzugehören. 


Das Gräberfeld auf dem Sprintberg. 


Auf der Generalstabskarte sind die Sprintberge nicht verzeichnet, im 
Volksmunde jedoch allgemein bekannt. Sie sind vom Dorfe Woltersdorf 
l km westlich gelegen und nach zwei Quellen, Springen oder Sprinten, 
so genannt. Letztere lagen am Nord- und Südabhange des Berges und 
sind bei der Aufforstung und beim Strassenbau zugeschüttet. In den 
beiden Jagen der heutigen Kel. Forst 220 und 216, die mit etwa 
25jährigen Kiefern bewachsen sind, auf dem dazwischenliegenden Gestell e 
und auf dem nördlich am Walde angrenzenden Acker befindet sich ein 
weit ausgedehntes Gräberfeld der jüngeren Bronzezeit. Das Jagen 220 
scheint die meisten Gräber zu enthalten. Früher gehörte das bergige 
Terrain zum Rittergut und wurde teilweise beackert. Im Jahre 1881 sind 
vom Förster Köppen die ersten Urnen gefunden worden, daraufhin unter- 
nahm das Märk. Pr.-Museum zwei Grabungen, deren Erfolg ein zerstörtes 


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Ausgrabungen bei Woltersdorf. | 441 


Grab, ein Grab mit sieben Gefässen und ein Steinbeil war. Die Herren 
Prediger Bethge und Lamprecht und einige Lehrer aus Woltersdorf 
fanden wiederholt Gefässe und Bronzesachen. Ins Märk. Pr.-Museum ge- 
langten: Ein Buckelkrug, eine grosse Urne mit kantigem Bauch, ein kurz- 
halsiger Topf ohne Henkel Nrn. (11555 bis 11558), eine Rassel mit Stiel 
(11573), diverse Gefässreste und zwei Ringe aus Bronzedraht (17 932), ein 
Ring aus Bronzeblech (17 931), eine runde Rassel, ein schräg gefurchter 
(tordiert) Halsring mit umgebogenen Enden (17933) und zwei kleine 
Schalen, darin ganz kleine Knochen von einem Kinde und ein kleiner 
Bronzering. — 

In der Schule und im Gemeindebureau befinden sich: 1. Zwei 
konische Tassen, die eine mit Horizontalriefen und zwei schrägen Riefen- 
gruppen, rechts und links vom Henkel. 2. Fünf Krugtassen mit einge- 
wölbtem Boden, die eine mit vertikalen Bauchrippen, drei andere mit 
parallelen, schrägen Furchen auf dem Bauche und eine mit Ansatz von 
ansa lunata. 3. Ein grosser Doppelkonus mit drei Horizontalriefen 
4. Eine Schüssel mit schräg gefurchtem Rande. 5. Ein kleines tonnen- 
förmiges Gefäss mit zwei kleinen Ösen und Horizontalriefen, darin kleine 
Knochen und ein kleiner Spiralring, bedeckt mit einer Schale. 6. Ein 
kleiner Becher mit eingewölbter Seitenfläche und Horizontalriefen über 
dem Boden. 7. Ein Krugtopf mit schrägen, breiten Bauchfurchen. 8. Ein 
zweihenkliger Topf mit vier Dellen auf dem Bauche. 9. Eine kleine 
Schale. 10. Ein gerauhter, henkelloser Topf mit Knochen und bedeckt 
von einem einfachen, grösseren Topfe. 11. Ein kleines Terrinchen mit 
zwei kleinen Ösen und schrägen Riefengruppen auf dem Bauche. 

Meine Untersuchungen am Sprintberge führte ich verschiedentliche 
Male, meistens auf dem angrenzenden Acker aus, und sie waren hier ver- 
hältnismässig wenig erfolgreich. Anscheinend sind die flachgelegenen 
Gräber vom Pfluge zerrissen und die tiefer liegenden von Baumwurzeln 
und grösseren Steinen zerstört. Das Ergebnis war: ein grosser Doppel- 
konus, von einer Schüssel mit breitem Rande bedeckt, eine konische 
Tasse, ein Krugtopf mit horizontalen Halsriefen, eine grosse Terrine mit 
unregelmässig gerieften Unterteil, eine Krugtasse, ein gegossener Bronze- 
ring und diverse Gefässteile. Einen grösseren Erfolg hatte ich an der 
Waldgrenze. Hier lagen, ziemlich flach, zwei Gräber, deren Gefässe von 
den Steinen zerdrückt waren. Die Stücke gehörten zu folgenden Ge- 
fässen: Doppelkonus mit vier Horizontalriefen, war gedeckt von einer 
Schüssel mit schräg gefurchtem Rande. Diese Urne stand in einer grossen 
Terrine, die wiederum mit einer grossen Schüssel gedeckt war, deren 
Rand sich nach innen schräg abflachte. Krugtopf mit schräg gefurchtem 
Bauche. Krugtopf mit sparrenförmig gegeneinander stehenden Riefen- 
gruppen. Krugtasse mit eingewölbter Standfläche und drei horizontalen 
Halsfurchen. Zwei kleinere Schalen mit eingewölbtem Boden. Nicht 
weit von diesen beiden Grüften fand sich ein grosses unangerührtes Grab, 
das ich ganz systematisch ausgraben konnte, da sämtliche Gefässe noch 
an ihrem ursprünglichen Ort standen. Das Grab enthielt 20 Gefässe, von 
denen zwei grössere den Leichenbrand von zwei Erwachsenen und zwei 

Zeitschrift für Ethnologie. Jahrg. 1911. Heft 8 u. 4. 29 


442 H. Busse: 


kleinere den von zwei Kindern bargen. Einige Gefässe konnten unbe- 
schädigt der Erde entnommen werden, andere wurden wieder zusammen- 
gesetzt. Das Grab lag etwa 50 bis 60 cm unter der Oberfläche, es war 
120 cm lang und 80 cm breit und mit Steinen gedeckt und umstellt. Die 
Basis betrug 90 cm, kleine Wurzeln wuchsen schon durch einzelne Töpfe. 
(S. Abb. 5 u. 6.) 

Der Inhalt des Grabes bestand aus: Einer terrinenförmigen Urne mit 
zwei grossen Henkeln. Der Oberteil ist geglättet, unten gerauht. H. 30, 
W. 32, M. 29, B. 13cm. Zwischen den grün gefärbten Schädelstücken 
lag ein kleines, rundes Stück Bronze, auf dem Leichenbrand eine Schale 
mit breitem Henkel. Bedeckt war die Urne mit einer Schüssel, deren 
Rand nach innen herumgebogen und schräg gefurcht war. Einem ein- 
fachen, henkellosen, gerauhten Topf mit wenig eingezogenem Halse. 
Unter dem Rande befinden sich sechs rundliche Höcker oder Warzen. 


Abb. 5. 9 Gefässe aus einem Grabe auf dem Sprintberge bei Woltersdorf. 


H. 16, W. 16, M. 16, B.9 cm. Einem Napf mit scharf abgesetztem Halse 
und breitem, ausgelegtem Rande. H.6, M.15cm. Einer kleinen Schale 
mit eingewölbtem Boden. H.5, M. 15, B. 4 cm. Hierin der Leichenbrand 
eines Kindes, zwischen diesem eine kleine Spirale und ein Ringelchen 
von Bronze. Bedeckt war die Schale von einer kleinen Schüssel mit 
breitem Rande und niedrigem Fuss. H.5, M. 18 cm. Einer Schale mit. 
flachem Boden. M. 15 cm. Einem Doppelkonus, mit Leichenbrand gefüllt. 
H. 26, W. 32, M. 24, B. 10cm. Der obere Teil war wenig eingewölbt, 
der untere ausgewölbt. Im Leichenbrand fand sich ein kleiner Ring, 
ebenso der Kopf und Stücke einer Nadel. Bedeckt war die Urne von 
einer Schüssel ınit breitem Rande, auf demselben zwei horizontale 
Furchen. Die Urne stand in einer grossen Terrine mit gerauhtem Unter- 
teil und konischem Halse. Auf dem Bauche acht schräge Rippen, da- 
zwischen kleine, aufgesetzte Buckel. H. 36, W. 45, M. 35, B. 12cm. Diese 
Terrine war gedeckt von einer Schüssel mit etwas nach innen gebogenem. 
Rande, der schräg abgeflacht ist. H. 8,5, M. 36, B. 10 cm. Dabeistehend ein 
vasenförmiger Topf, H. 14, W. 13, M. 14, B. 7cm, darin die Knochen eines 


Kindes, auch ein Bronzeröhrchen. Der Leichenbrand war gedeckt mit. 


’ 


| 


Ausgrabungen bei Woltersdorf. 443 


dem Unterteil eines zerbrochenen Topfes. Einem Krugtopf mit breitem 
Henkel und eingewölbtem Boden. H. 8,5, W. 12, M. 10, B. 4 cm. Einem 
kleinen eimerförmigen Topfe mit zwei Ösen. H. 8,5, M. 9,5, W. 9, B. 9 cm. 
Zwischen den Ösen vier und über dem Boden fünf horizontale Furchen 
und zwischen diesen Bändern sechs schräg stehende Furchengruppen. 
Einem Kruge mit eingewölbter Standfliche. Auf dem Bauche vier scharf- 
kantige Kreise, in jedem derselben eine kantige Leiste, auf dem Henkel 
ein Langsgrat. H 13, W. 14, M. 11cm. Einer kleinen Schale mit einge- 
wölbtem Boden und breitem, grossen Henkel. H. 3, M. 8cm. Einem 
eimerförmigen Topf mit zwei kleinen Ösen, Seitenwände ein wenig aus- 
gewölbt. Zwischen den Ösen und über dem Boden horizontale Riefen- 
bander. H. 9,5, W. 10, M. 10 cm. 
Einem kleinen Doppelkonus mit 
scharfer Bauchkante und zwei klei- 
nen Henkeln. Unter letzteren vier 
Horizontalriefen, auf diesen schräg 
gegen die Henkel stehende Riefen- 
gruppen, auch zwei Figuren, je 
aus drei konzentrischen Halbkreisen 
bestehend. H. 9, M. 10,5 cm. Einer 
sehr weitbauchigen Terrine mit 
verhältnismässig engem, konischen 
Halse, an dem zwei fast recht- 


winklige Henkel sitzen und der F d 


mit einem Bande aus horizontalen 
Riefen geschmückt ist. Auf dem 
Bauche sind vier Figuren ange- 
bracht, die aus einer kleiuen Delle 
im Mittelpunkte und drei scharf- 
kantigen, plastischen, konzen- 
trischen Kreisen bestehen. Unter 
jedem Henkel befinden sich drei 
runde Grübchen. H.18 bis 19, W. 32, M. 11, B. 8 cm. 

Eine planmässige Ausgrabung in der Königl. Forst auf dem Sprint- 
berge könnte noch manches Überraschende bieten, diese müsste doch bald 
ausgeführt werden, denn die Bäume wachsen von Jahr zu Jahr, ihre 
Wurzeln werden immer stärker und zerstören die Gräber mehr und mehr, 
hiergegen schützt kein Gesetz. 


Abb. 6. Bronze-Funde aus einem Grabe 
auf dem Sprintberge. 


Das Gräberfeld an der Klein-Schönebecker Grenze. 


Diese Grenze erreicht man vom Dorfe Woltersdorf 2 km nordwestlich 
auf der Strasse nach Klein-Schönebeck. 210 m westlich von dem Wege 
wird die Grenze durch einen teilweise mit Birken bepflanzten Graben im 
rechten Winkel gekennzeichuet. Das Gräberfeld begiunt 25 m westlich 
von der Spitze des winkligen Grabens und zieht sich etwa 72 bis 75 m 
in seiner Breite am Grenzgraben entlang. Nach Süden dehnt es sich in 

297 


444 H. Busse: 


gleicher Breite 54 m bis zu dem neuen Koloniewege aus, überschreitet 
diesen 16 m breiten Weg und endet, etwas schmaler werdend, auf dem 
Acker der anderen Wegseite. Der Flächeninhalt dieser Nekropole beträgt 
7000 bis 8000 gm, also ungefähr drei Morgen. Da sich jedoch das Gräber- 
feld auch nördlich der Grenze auf Klein-Schönebecker Acker hinüberzieht 
und dieser Teil von mir nicht untersucht werden konnte, würde diese 
Fläche noch hinzukommen. Das ganze Terrain ist seit undenklichen 
Zeiten beackert worden, jetzt wird es zu einer Villenkolonie parzelliert. 
Unter der Ackerkrume befindet sich eine 50 bis 120 cm graue Sandschicht, 
darunter eine 10 bis 20 cm starke Kiesschicht, sodann folgt Lehm. Die 
Oberfläche muss früher, nach verschiedenen Beobachtungen, hügelig oder 
wellig gewesen sein, daher die ungleiche heutige Tiefe der Sandschicht, 
auch die verschiedene Tiefe der eingebetteten Gräber. Während eine 
grosse Anzahl derselben sehr flach lagen, so dass einige gänzlich, andere 
nur zum Teil vom Pfluge zerstört worden sind, fanden sich viele in ihrer 
ursprünglichen Lage, gänzlich unberührt, tief unter der heutigen Ober- 
fläche. Die früheren Besitzer und Pächter der in Betracht kommenden 
Ackerfelder gaben mir in uneigennütziger Weise die Erlaubnis zur Unter- 
suchung. Als ich meine Arbeiten beendet hatte und nur noch kleine 
Nachprüfungen vornehmen wollte, erhielt das ganze Terrain einen neuen 
Besitzer, der jede weitere Grabung untersagte, mit der Begründung, die 
einzelnen Parzellen wären weniger gut zu verkaufen, wenn es bekannt 
würde, dass sich hier ein alter Kirchhof befunden habe. Es war demnach 
die höchste Zeit zu der Untersuchung des Feldes gewesen. Zu bedauern 
ist, dass die Untersuchung des Ackers auf der Klein-Schönebecker Seite 
unterblieben ist, obgleich ich hierzu die Erlaubnis des Besitzers hatte, 
überliess ich diese Arbeit auf Wunsch dem Königlichen Museum. 
Nachdem ich das Gräberfeld selbst entdeckt hatte, kam mir zustatten, 
dass ich dasselbe bei der verhältnismässig nicht allzu weiten Entfernung 
von meiner Wohnung stets im Auge behalten und je nach der Bestellung 
des Ackers die Grabungen ausführen konnte. Diese liessen sich nicht 
hintereinander bewerkstelligen. Im Herbst 1903 fand ich. auf dem oben 
erwähnten, soeben neu angelegten Koloniewege die ersten vorgeschicht- 
lichen Tonscherben. Der die Wegearbeit leitende Schachtmeister be- 
stätigte meine Mutmassung über zerstörte Gräber insofern, als nach seiner 
Aussage in einer erhöhten Stelle des neuen Weges, beim Abkarren der- 
selben zwischen Steinpackungen viele zerdrückte Töpfe, teilweise mit 
Knochen gefüllt, sich vorgefunden hätten. Rechts und links vom Wege 
stand Roggen, und nachdem dieser geerntet, wurden die Felder sofort 
wieder umgepflügt und besät. Erst nach Schluss der Ernte im nächsten 
Jahre gelang es mir, die ersten Gräber zu finden und 26 davon auszu- 
graben. Eine Fortsetzung der Arbeit konnte erst wieder im nächsten 
Herbst stattfinden, und da nunmehr das Feld unbeackert blieb, 
liessen sich die Untersuchungen ohne weitere Unterbrechungen aus- 
führen und im Jahre 1907 beenden. Bei der Arbeit half mir bisweilen 
nur meine Frau, sonst verzichtete ich auf jede weitere Hilfe. Demnach 
konnte ich mit aller Ruhe den Inhalt der Gräber sorgfältig untersuchen 


Ausgrabungen bei Woltersdorf. 445 


und Ergebnisse feststellen, die auf anderen Urnenfeldern bisher wohl 
kaum beobachtet worden sind.*) Die täglich gewonnenen Funde wurden 
des Abends im Rucksack und in Tüchern heimgetragen. Nur mitunter, 
wenn die Ausbeute eine gar zu reichliche wurde, oder wenn es regnete, 
musste ein Teil derselben an einem gesicherten Orte auf dem Felde 
zurückbleiben, und so geschah es einmal, dass sich Liebhaber fanden, die 
mir einige Schüsseln ausführten. Nach meinen bisherigen Erfahrungen 
ist das Gräberfeld jetzt gänzlich auf der Woltersdorfer Seite ausgegraben. 
Fuss für Fuss wurde das Terrain abgestochen. Mehrere Meter entfernt 
von den angegebenen Grenzen fanden sich in der Erde keine Grabspuren 
mehr, nur in der nächsten Nähe der Grenze nach Klein-Schönebeck wurde 
mir von den Wurzeln der Birken ein Halt geboten, da die Bäume nicht 
gefällt werden dürfen. Nach der Beendigung der Spatenarbeit auf dem 
Felde erforderte die Reinigung und das Zusammensetzen der Gefässe längere 
Zeit. Das Gesamtresultat der Untersuchung besteht aus 96 Gräbern, die 
568 Tongefässe und die Reste von 136 verbrannten Leichen enthielten. 
In den Urnen, dieses sind die Gefässe mit Leichenbrand, lagen 19 Ringe 
und mehrere Fragmente aus Bronze. Von den Gefässen waren äusserst 
wenig ganz vollständig erhalten, es gelang jedoch etwa 180 zu rekon- 
struieren, ausser diesen lassen viele grössere und kleinere Gefässteile 
ganz deutlich ihre ursprünglichen Formen und Ornamente erkennen. Bei 
54 Gefässen war die Form nicht mehr sicher festzustellen, alle übrigen 
wurden auf dem Felde so gut als möglich skizziert. 13 Gräber blieben 
wegen ihres total zerrissenen Zustandes ununtersucht. 

Von den Gräbern sah man auf der Oberfläche des Ackers ausser 
zerstreut liegenden Gefässscherben nicht die geringste Andeutung. Erst 
unter der Kulturschicht kamen diese zum Vorschein, teils schon in ihrem 
oberen Teile vom Pfluge zerrissen, teils in unangerührtem Zustande. 
Regelmässige Reihen liessen sich nicht feststellen, sie lagen scheinbar 
planlos durcheinander, oftmals in Gruppen, nur 2 bis 3 m voneinander 
entfernt, dann wiederum einzelne in Abständen von 5 bis 6 m. Die Basis 
betrug von der Oberfläche des Ackers 50 bis 140 cm. Die Grabanlagen 
sind höchstwahrscheinlich ursprünglich mit einer einfachen, kleineren oder 
grösseren rundlichen, horizontalen Steinpflasterung gekennzeichnet ge- 
wesen, die bei einigen Gräbern schon vom Pfluge zerstört, bei anderen 
zum grossen Teile herabgesunken war. Vollständig erhaltene Pflasterungen 


1) Das von Hugo Schumann und A. Mieck im Jahre 1901 veröffentlichte 
Gräberfeld bei Oderberg-Bralitz, das in vieler Hinsicht dem Woltersdorfer sehr 
verwandt ist, wird als eins der best ausgegrabenen Urnenfelder angesehen. Leider 
sind jedoch dort sehr viele Gefässscherben ohne Ornament nicht genügend be- 
achtet und verworfen worden, und ist es demnach erklärlich, dass z. B. nur drei 
kleine Schalen und eine Henkelschale erwähnt werden. (Dies sind zwei Gefäss- 
formen, die sehr selten Ornamente aufweisen) Ferner sind eine Anzahl Gräber 
aufgeführt, aus denen nur von der Urne die Rede ist, eine Bedeckung derselben, 
auch das Vorkommen von Beigefässen darin wird übergangen. Auch sind viel zu 
wenig Deckschüsseln konstatiert. Wenn das Gesammelte auch recht anschaulich 
veröffentlicht worden ist, wird vieles unbeobachtet geblieben sein. Hier waren bei 
den Ausgrabungen viel zu viel Hände tätig. 


446 H. Busse: 


befanden sich noch auf den Gräbern Nr. 42, 48, 49, 52, 60, 64, 66, 78, 
84, 95. Unter den Decksteinen lagen meistens schon zerstreut liegende 
Tonscherben, vielleicht von absichtlich darauf geworfenen Opfergefässen. 
Auf dem Boden der Grube sah man häufig eine weisse Sandschicht. Die 
Urnen standen gewöhnlich auf einer Steinplatte, sie waren, von sehr 
wenigen Ausnahmen abgesehen, stets mit einer Schüssel bedeckt. Die 
Beigefässe standen ohne Steinplatte und ohne Bedeckung seitwärts oder 
ringsherum um die Urne, häufig auch mit ihrer Mündung nach unten. 
Kleinere Beigefässe lagen in mehreren Fällen mit ihrer Öffnung an der 
Urne, einige Male auch in derselben auf dem Leichenbrand. Vielfach 
waren die Gefässe bis zu der oberen Pflasterung mit Steinen umlegt wie 
bei den Gräbern Nr. 40, 52, 53, 66, 77, 78, 89, 90. Bei wenigen Gräbern 
stand die Urne ohne Steinplatte im Sande. In Nr. 53 und 77 fand sich 
der Leichenbrand ohne Urne in die Erde geschüttet, aber umlegt mit 
einem Steinkranze und bedeckt mit einer Schüssel. In diesen beiden 
Gräbern war die Erde schwärzlich, und lässt sich annehmen, dass die 
Färbung von einem verwesten, nicht aus Ton geformten Behälter herrührt. 
Es bleibt zweifelhaft, ob nach der Beisetzung die Gruben sofort mit Erde 
zugeschüttet worden sind, und weiterhin ist fraglich, ob die Beigefässe, 
wenn auch mit vergänglichem Material, bedeckt gewesen sind. Ersteres 
ist wohl sicher anzunehmen, da sonst die horizontale Pflasterung nicht gut 
ausgeführt werden konnte, oder man müsste sich darunter eine Holz- 
bedeckung denken. Jedenfalls haben sich nicht die geringsten Spuren 
einer solchen vorgefunden. Ungelöst bleibt auch die umgestülpte Lage 
vieler Beigefässe, und die Frage, ob und womit die Beigefässe gefüllt 
gewesen sind. Selbst die kleinsten Reste einer eventuellen Füllung 
wurden nicht konstatiert. Der Leichenbrand befand sich in sämtlichen 
Urnen äusserst systematisch und peinlich gewissenhaft geschichtet. Oben- 
auf in der Urne sah man die Schädelstücke liegen, darunter die Hals- 
wirbel, seitwärts die Gelenkkugeln der beiden Arme, sodann folgen die 
Teile der unteren Gliedmassen. Die Beigaben aus Bronze lagen immer 
unter den Schädelstücken. Eisen wurde nicht gefunden. Bei der wieder- 
kehrenden Durchsicht des Leichenbrandes liessen sich von der Beschaffen- 
heit und der Grösse der einzelnen Knochenteile annähernd sichere Schlüsse 
ziehen auf das Alter und die Grösse der verbrannten Leichen. 

66 Gräber enthielten nur je eine Bestattung, 22 je zwei, und zwar 
die Gräber 1, 5, 7, 11, 12, 17, 20, 28, 34, 3b, 38, 42, 43, 46, 52, 60, 77, 
84, 86, 88, 90 und 96. Je drei Bestattungen wiesen sechs Gräber auf, 
Nr. 9, 16, 32, 33, 49 und 78. In zwei Gräbern fanden sich sogar je vier 
Beisetzungen, und zwar in 66 von zwei Erwachsenen und zwei Kindern, 
und in 91 von einem Erwachsenen, einem Jugendlichen und zwei Kindern. 
Der Leichenbrand stammte von 101 erwachsenen nnd 18 jugendlichen 
Personen, sowie von 17 Kindern, zusammen von 136 Verbrannten. Nach 
Prozenten waren es 74% Erwachsene, 13% Jugendliche und 13% Kinder. 
Von den Erwachsenen sind 48 beigesetzt gewesen in Urnen von Form 
eines Doppelkonus, 39 in terrinenförmigen Gefässen und 7 in gerauhten 
‚schlichten Töpfen, 11, 13, 17, 36, 37, 55 und 66. Zwei in niedrigen, zwei- 


Ausgrabungen bei Woltersdorf. 447 


henkligen Töpfen, 21 und 94, einer im Krug, 32, einer in einer Urne 
von nicht festgestellter Form und drei ohne Urne. 

Von den Jugendlichen waren bestattet neun in kleinen Terrinen, 
Grab 9, 32, 36, 49, 62, 78, 83, 90 und 91, einer in einer Vase, Grab 9, 
zwei in kleinen Doppelkonen, Grab 34 und 38, zwei in Krügen, 
Grab 54 und 56, zwei in Schüsseln, Grab 57 und 84, einer im Pokal, 
Grab 67, und einer in einem zweihenkligem Topf, Grab 78. Von den 
17 Kindern waren beigesetzt sieben in kleinen Schalen, die sämtlich 
gleiche Schalen als Bedeckung hatten, Grab 16, 18, 26, 66, 86, 90 und 91, 
zwei in unbestimmten Gefässen, Grab 1 und 5, sechs in Tassen, Grab 31, 
33, 43, 46, 91 und 10, eines im Becher, Grab 60, und eines im kleinen 
Doppelkonus, Grab 66. — Dreizehn Urnen, die höchstwahrscheinlich die 
Überreste von Standespersonen enthielten, standen in grösseren Behältern 
von terrinenförmiger Gestalt, die gleichfalls mit Schüsseln gedeckt waren. 

Die Anzahl der Gefässe in den einzelnen Gräbern war eine sehr 
verschiedene. 


In 1 Grabe befand sich nur 1 Gefäss 
11 Gräbern je 2 Gefässe 


N ” N 
” 13 ” x” ky ” 3 ” 
n 11 ” D n N 4 ” 
ky 18 kd ” ” ” 5 ” 
” 12 ” ” ” ” 6 N 
” 6 ” N N D T ” 
” 7 2 ” ” N 8 ” 
» 1 Grabe 5 » a H 5 
„ 7 Gräbern e » a 10 S 
s 4  y » » » ll e 
» 1 Grabe 5 DM, 3 
„ 2 Gräbern S A Së 5 
und , 1 Grabe e sogar 33 S 


Die Gefässe. Die meisten grösseren Gefässe, auch viele kleinere 
sind aus grober, mit Steingrus vermischter Tonmasse hergestellt. Andere 
dagegen, namentlich die kleinen zierlicheren, bestehen aus feinem, hart 
gebranntem Ton, der mit klein gestossenem Granit vermengt ist. Alle 
Gefässe scheinen mit ganz einfachen Hilfsmitteln, aus freier Hand ge- 
fertigt zu sein. Eine grössere Anzahl derselben präsentieren sich als 
vollendete Kunstgegenstände und zeugen von überaus grosser Geschicklich- 
keit ihrer Hersteller. 

Die Farbe der Gefässe ist keine bestimmte, sie hängt meistens von 
der Färbung des Tons ab, aber auch von dem Grade des Brennens. 
Einige Gefässe erscheinen grau, auch schwärzlich, andere gelblich, wieder 
andere ziegelrot, wenige sind aschgrau, die meisten jedoch braun. Man 
muss hierbei auch die Einwirkungen und die Beschaffenheit der Erde, in 
der die Gefässe so lange Zeit gelegen haben, in Betracht ziehen, und in- 
folgedessen wird sich häufig die ursprüngliche Farbe verändert haben. 
Jedenfalls besassen viele Gefässe einen glänzenden gefärbten Überzug, 


448 H. Busse: 


der bei einer grossen Anzahl sich vorzüglich erhalten, wiederum bei 
anderen sich abgelöst hat und vergangen ist. 

Die Gefässformen sind annähernd dieselben, wie sie sich auf den 
bisher bekannt gewordenen Urnenfeldern Mittel- und Ost-Deutschlands 
aus der Bronzezeit vorgefunden haben. Vorwiegend lokale Formen fielen 
mir nicht auf. Unvertreten sind die eigenartigen Formen der Gefässe 
aus der sogenannten Blütezeit des Lausitzer Typus, auch fehlen die 
schwarzen Gefässe, wie sie in Posen, Schlesien und in der Lausitz vor- 
kommen. Vom Feuer verzogene und teilweise angeschmolzene Gefässe 
fanden sich mehrmals vor. 

Die Henkel sind teils in die Gefässwand eingezapft, teils nur auf- 
gesetzt, im letzteren Falle jedoch am Ansatz verstärkt. Die mit 
Leichenbrand gefüllten Gefässe waren in den meisten Fällen henkellos, 
die Schüsseln hatten dagegen sämtlich, abgesehen von wenigen Ausnahmen, 
einen Henkel. 

Nach ihren äusseren Formen und ihrer Anzahl habe ich die Gefässe 
wie folgt eingeteilt: 

13 sehr grosse Terrinen (Behälter von Urnen), 

48 grosse Gefässe von Doppelkonusform (ohne Henkel), 

7 kleine von derselben Form (mit zwei Henkeln), 

50 grosse Terrinen, 

19 kleine Terrinen, 

2 grosse Satten, 

28 kleine Schalen (ohne Henkel), 

132 Schüsseln, 

18 Krüge (mit einem Henkel), 

35 Krugtöpfe (niedrige Krugform), 

29 Krugtassen (kleine Krugform), 

20 Tassen von konischer Form, 

34 Töpfe (grössere) mit gerauhter Oberfläche, meistens mit Warzen, 

Knauf oder Knöpfen unter dem Rande, 
14 grössere Gefässe in Vasenform, 
3 grosse Henkelschalen, 
3 grössere Trinkschalen mit hohem Fuss, 
12 kleine Henkelschalen, 
5 grosse Näpfe mit breitem Rand, 
5 grössere weitmündige Töpfe (konisch) mit Henkeln, 
6 kleine eimerförmige Töpfe mit zwei Henkeln, 
6 tonnenförmige Töpfe mit Henkel, 
3 kugelförmige mit sehr breiten Rändern, 
6 grössere Töpfe ohne Henkel in Vasenform, 

16 meistens kleinere Gefässe von diversen besonderen Formen, 

54 ohne bestimmte Formen. 

Die Verzierungen der Gefässe bestehen aus horizontalen, vertikalen, 
schrägen und bogenförmigen eingezogenen Furchen, Riefen und Ritzen, 
aus runden und ovalen eingedrückten Tupfen und aus Fingernagel-Ein- 
drücken. Ferner aus erhabenen Ornamenten wie grosse und kleine 


Ausgrabungen bei Woltersdorf. 449 


Buckel, Rippen, Leisten (auch gekerbte), Facetten, runde Warzen oder 
Knöpfe, kleine Zäpfchen an Deckelrändern und bogenförmige Erhebungen 
auf den breiten Schüsselrändern‘).. Ein kleines Gefäss in Form einer 
Ente ist durchlocht. 

Verbrennungsplätze. In unmittelbarer Nähe der Gräber 22—24 
wurde 70 cm unter der Erdoberfläche ein aus geschwärzten, doppelt über- 
einander und dicht aneinander liegenden Steinen bestehender Herd aus- 
gegraben. Von den Gräbern 37 und 38 3m entfernt befand sich ein 
zweiter Herd, dieser bestand jedoch nur aus einer Steinschicht. Beide 
waren 1,5 m lang und 1 m breit. Zwischen und auf den Steinen lag tief- 
schwarze Erde, darin kleine Knochensplitter und Kohlenstiicke. Diese 
Herde sind als Ustrinen anzusehen. Die Kohlenstücke sind von dem 
Direktor der Königlichen Landwirtschaftlichen Hochschule, Herrn Geheimrat 
L. Wittmack untersucht und stammen von einem Nadelholz her, höchst- 
wahrscheinlich von Pinus silvestris. Die Untersuchung war nicht leicht 
auszuführen, .da die Stücke leicht splittern und demnach schwer einen 
brauchbaren Schnitt ergeben. 

Stein-Pyramiden. Zwischen den einzelnen Gräbern wurden 
mehrere Male rundliche, pyramidenförmige Steinhaufen angetroffen, die 
ausser wenigen Tonscherben keine weitere Zugehörigkeit zu den Gräbern 
erkennen liessen. Ich erinnerte mich allerdings auf den Gräberfeldern 
bei Rüdersdorf und Wilmersdorf ähnliche Stein-Pyramiden ausgegraben zu 
haben, die ich dort aber nicht weiter beachtete, weil keine Gräber unter 
denselben sich befanden. Nachdem sich jedoch hier ihr Vorkommen 
wiederholte und diese Steinpackungen eine gewisse Regelmässigkeit auf- 
wiesen, sah ich mich veranlasst, ihnen gleichfalls die nötige Aufmerk- 
samkeit zu schenken. Es fanden sich 16 Pyramiden mit unterem Durch- 
messer. von 80—100 cm und einer Höhe von 60—120 cm. Unten lagen 
grössere, oben kleinere Steine. Zuerst nahm ich an, dass die einzelnen 
Steine von den Grabdeckungen herstammten und da sie beim Ackern 
hinderlich waren, sind sie gesammelt und in tiefe Gruben geschüttet 
worden. Jetzt bin ich doch zu der Überzeugung gelangt, dass diese Stein- 
Pyramiden den einzelnen Gräbergruppen als Kennzeichnung gedient haben 
und werden sie gleichzeitig mit den Grabanlagen errichtet worden sein. 


Fundbericht. 


Sämtliche Gefässe des Gräberfeldes abzubilden ist nicht gut möglich, 
auch nicht angebracht, es ist trotzdem aber eine Beschreibung jedes ein- 
zelnen nötig, um sich ein klareres Bild zu machen. Die beste EES 
gibt häufig die Ornamente nicht deutlich wieder. 

Die Farbe eines jeden Gefässes anzugeben, halte ich bei der Menge 
derselben für überflüssig, nur in besonderen Fällen ist sie erwähnt. Sämtliche 
Einziehungen an den Gefässen, mögen sie horizontal, vertikal, schräg oder 


1) Auf den Gefässrändern zu beiden Seiten des Henkels standen häufig zwei 
kleine Ansätze, die als Reminiszenz eines älteren Gefässtypus, der sogenannten 
ansa lunata zu betrachten sind. 


450 . H. Busse: 


bogenförmig sein, nenne ich einfach Furchen, Riefen oder Einritzungen. Die 
Unterscheidung ist häufig schwer festzustellen. Die Furchen müssen einen 
abgerundeten, die Riefen einen kantigen und die Einritzungen einen spitz- 
winkligen Querschnitt zeigen. Breite Furchen nenne ich auch die schrauben- 
förmigen oder gedrehten Kannelierungen auf den grössten Auswölbungen der 
Gefässe und auf vielenSchüssel-Rändern, denn da ebensolche breiten Furchen 


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Gräber-Karte. 
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Abb. 7. 


auch auf dem oberen Gefässbauche und als Umrahmungen von Buckeln 
und Dellen vorkommen, konnte ich diese in den beiden letzteren Fallen 
nicht gut als Kannelierungen bezeichnen. Ich glaube, dass diese Be- 
nennungen für jedermann verständlich sein werden. 

Abkürzungen: H. ist die Höhe des Gefässes. 

W. der weiteste horizontale Durchmesser. 

M. der Durchmesser der Mündung oder Öffnung. 


Ausgrabungen bei Woltersdorf. 451 


B. der Durchmesser des Bodens oder der Standfläche. 
Bei den angegebenen Massen ist jedesmal Zentimeter gemeint. 


(Siehe Gräber-Karte.) 


Grab 1. 

Vom Pfluge zerrissen lagen zwischen den Steinen, etwa 40 em tief, 
die Stücke von 1. einer grossen Terrine mit Leichenbrand, ohne Ornament, 
2. einer Schiissel mit ausgelegtem breiten Rande, 3. eines Krugtopfes mit 
schräg gefurchtem Bouche, 4.—8. von 5 kleineren Gefässe, deren Formen 
sich nicht feststellen liessen. In einem befanden sich die Knochenreste 
eines Kindes. 9. Ein Fläschchen, das unversehrt herauskam, da es von 
2 Steinen geschützt wurde. Auf dem Bouche befinden sich 4 warzenförmige 
spitze Buckel. H 9,5, W.9, M. 8 und 4,5. Der 3 cm hohe Hals ist stark aus- 
ladend, die Mündung oval, der Henkel verhältnismässig klein. Ausser den 
kleinen Buckeln sind auf dem Bauche noch zweiFiguren angebracht, bestehend 
aus drei vertikalen und vier schräg dagegenstehenden Riefen. Die Stand- 
fläche ist glatt. 10. Ein kleines Gefäss in Form einer schwimmenden 
Ente mit scharfem Ober- und Seitengrat, der obere Teil ist regelmässig 
durchlocht. Leider waren die Füsse und der Kopf der Ente nicht zu 
finden. Da jedoch an den betreffenden Stellen des Gefässes die passenden 
Öffnungen sich zeigen, müssen diese Teile vorhanden gewesen sein 
H. 5, Lange 13, Breite 5. Siehe Abb. S. 495. Eine Kinderklapper von 
gleicher Form aus Craesem, Kreis Weststernberg ist abgebildet in d. N. 
f. d. A. 1896, S. 15, auch in den Nieder-Lausitzer Mitteilungen, Band 9, 
S. 448 aus Drebkau. 

Grab 2. 

Auch vom Pfluge zerrissen. Zwischen den Steinen lagen die Stücke 
l. einer grossen Terrine mit Leichenbrand. 2. Einer Schüssel mit breitem 
Rande. 3. Einer Schüssel mit breitem Rande, an dem kleine, dreieckige 
Spitzen angebracht sind. 4.—7. von kleineren Gefässen, deren Formen 
nicht erkennbar waren. 

Grab 3. 

Vom Pfluge zerrissen und zwischen Steinen liegend die Stücke 
l]. einer grösseren Terrine mit Leichenbrand. Auf dem Bauche ovale 
Dellen, die mit je drei konzentrischen Kreisfurchen "umrahmt sind. 
2. Einer Schüssel mit nach innen gebogenem, schräg abgeflachtem Rande. 
3. Von einem Krugtopfe mit schräg gefurchtem Bauche. 4.—6. Von 
kleineren Gefässen, deren Formen unerkennbar. 


Grab 4. 
| Mit Steinen gedeckt und auf einer Steinplatte stehend 1. eine zer- 
drückte sehr starkwandige Terrine mit Leichenbrand und gerauhtem Unter- 
teil. Auf dem oberen Bauche sechs etwas schräg stehende aufgelegte 
Rippen. 2. Schüsselstücke mit breit ausgelegtem Rande. 


Grab 5. 
Besser erhaltene Steinpackung, weil tiefer liegend, Basis des Grabes 
etwa 90 cm. Auf einer Steinplatte: 1. Grössere Terrine ohne Ornament 


452 H. Buses: 


mit Leichenbrand; die oberen Stücke desselben waren grün. gefärbt. 
2. und 3. Zwei Schüsseln mit etwas eingezogenem Halse und auszelegtem 
breitem Rande. Die äusseren Flächen radial gerieft. 4. Gerauhter henkel- 
nn Topf mit eingezogenem Halse. H. 18, W. 20, M. 18, B. 10. 

5. Tonnenförmiger Topf mit eingezogenem, stark ausladendem Halse und 
breitem Rande. H. 9, W.11, Halsweite 9, M. 12,5, B. 7, ohne Henkel. 
6. Kleine Vase. 7. und 8. Gefässe mit nicht bestimmten Formen. In 
einem befand sich der Leichenbrand eines Kindes. 9. Konische Tasse mit 
wenig ausladender Mündung und zwei dreieckigen Spitzen an jeder Seite 
des oberen Henkelansatzes. H.5, M. 12, B. 5. 


Grab 6. 


Durch Baumwurzeln zerstért. Stiicke von 1. einer grésseren Terrine 
mit Leichenbrand. W. etwa 33—35, B.12. 2. Schüssel mit breitem 


Gro 


Abb. 12, Abb. 13. Abb. 9. Urne mit Deckel. 


Rande. 3. Krugtopf mit eingewölbter Standflache und einer horizontalen 
turche am Halsansatz. Unter dem Henkel zwei runde Eindrücke H. 8, 
W.12, M.11, B.3. 4. und 5. Zwei kleinere Gefässe, deren Formen 


nicht erkennbar. 
Grab 7. 


Etwa 55 cm tief zwischen mehreren Steinen: 1. Doppelkonus mit 
Leichenbrand und niedrigem konischen Fuss. Der untere Teil ist gerauht. 
Über der scharfen Bauchkante drei parallele horizontale Furchen und über 
diesen gruppenweise drei runde Eindrücke. Die Bauchkante zeigt Ein- 
kerbungen, die jedoch nur gruppenweise angebracht sind. H.20, W.36, M. 30, 
B. 10,5. (S. Abb. 9.) 2. Schüssel mit nach innen umgelegtem, verstärktem 
Rande, der schräge, etwas gewundene breite Furchen zeigt. 3. Doppel- 
konus mit verhältnismässig niedrigem Unterteil, der bis zu dem konischen 
Fusse herab radial und schräg geritzt ist. Die Bauchkante ist abgerundet. 
Diese Urne war bis zum Rände mit Leichenbrand gefüllt. H. 20, W. 29, 
M. 26,5, B. 7. 4. Schüssel mit einem 3,5 cm breiten Rande, an welchem 


j 
| 


Ausgrabungen bei Woltersdorf. 453 


rund herum dreieckige Spitzen angebracht sind. Die Aussenfläche ist 
unregelmässig gerieft. 5. Konische Tasse. H 8, M. 9,5, B. 5,5. In der 
Seitenwand befindet sich ein rundes Loch. 6. Kleiner unversehrter 
Krug mit einem 2,3 cm hohen konischen Fuss. Die Bauchfläche ist mit 
schrägen flachen und breiten Furchen, der Fuss mit vier horizontalen 
Riefen verziert. Der Henkel wird durch einen Quergrat geteilt, der obere 
Teil ist wagerecht und flach, der untere Teil hat einen Längsgrat, und ist 
demnach in seinem Durchschnitt fünfkantig. Der Krug ist aussen sowohl 
wie innen sauber geglättet. H. 11, W.10, am Halsansatz 8,5, M. 10,5, 
B.5. 7. Zweihenklige Terrine mit konischem Oberteil und niedrigem, 
eingewölbtem Fusse. (S. Abb. 9a.) 
Unter jedem Henkel zwei finger- 
spitzengrosse runde Eindrücke. 
Rechts und links von den Hen- 
keln schräg dagegenstehende 
Gruppen von je sieben Riefen. 
Am Halsansatz eine tiefe hori- 
zontale Furche. H.15, W. 15,5, 
am Halsansatz 12,5, M. 10, B. 6,5. 
8. Kleiner Krug mit eingewölbter 
Standfläche und verhältnismässig 
hohen,stark eingewölbtem Halse, 
der vom Unterteil durch eine horizontale Furche sich absetzt. H. 10,5, 
W. 11, am Halsansatz 8, M. 11,5, B. 3,5. 


62. 


Grab 7. Grab 62. 
Abb. 9a. 


Grab 8. 


Vom Pfluge oben zerrissen. Stücke 1. eines Doppelkonus mit scharfer 
Bauchkante, darin Leichenbrand, dm Unterteil unregelmässig geritzt. 
2. Schüssel mit nach innen umgelegtem verstärkten Rande, der mit 
schrägen breiten Furchen versehen ist. 3. Krugtasse mit eingewölbter 
Standfliche. H.6, W.9, M.85. 4. Fuss einer grossen Schale wie 
Figur 16 aus Grab 32. Er ist eingewölbt und vom Feuer verzogen. 
H.4, W.7. 5. Krug, dessen Hals stark eingewölbt und ausladend und 
dessen Unterteil stark ausgebaucht ist, beide Teile durch eine breite 
horizontale Furche geschieden. Standfläche eingewölbt. Der 3 cm breite 
Henkel hat einen Längsgrat. Der Bauch ist geziert mit etwas gewundenen 
schrägen breiten Furchen. H. 12, W. 16,5, am Halsansatz 10, M. 14, B. 3. 


Grab 9. 


Von vielen Steinen bedeckt. Basis 90 cm. Auf Steinplatten lagen 
die Stücke von 1. einer sehr grossen, starkwandigen Terrine mit niedrigem 
Fuss. Unterteil gerauht. Auf der grössten Ausbauchung einzelne schräge 
Rippen. Hierin stehend 2. Doppelkonus mit Leichenbrand und zwei 
breiten horizontalen Furchen über der Bauchkante. Der Unterteil ist 
unregelmässig geritzt. 3. Schüssel mit 4 cm breitem Rande und auf dem- 
selben eine horizontale Facette. 4. Schüssel mit breitem Rande und auf 
diesem zwei halbkreisförmige Leisten. 5. Einfache, grössere, schwach- 


454 H. Busse: 


wandige Henkelschale. M.17. 6. Kugelige Terrine mit niedrigem, 
zylindrischem Halse und zwei Henkeln, in dieser grüngefärbter Leichenbrand 
vom jugendlichen Menschen. 7. Schiissel mit breitem Rande und geriefter 
Aussenflache. Auf dem Rande vier Querrippen. 8. Schüssel mit 3 cm 
breitem, ausgelegtem, etwas schrägem Rande. Die innere Randlinie ist 
gekerbt. Die Aussenfläche radial gerieft. 9. Schüssel wie ad 8, nur ohne 
Einkerbungen. 10. Krugtopf, dessen Rand fehlt, Standfläche schwach ein- 
gewolbt. Am unteren Halse drei horizontale Riefen. Am Bouche schräg 
stehende, breite Furchen. H. 6, W. 14, am Halsansatz 11,5. 11. Krug- 
tasse mit kleiner eingewölbter Standfläche und einer horizontalen Hals- 
furche. H.7,5, W.9, an der Halsfurche 6,5, M. 10, B.2. Sehr elegante 
Form. 12. Vase von sehr schwacher Wandung, mit Leichenbrand einer 
jugendlichen Person. H.15, W.16, M. 16, B.9. 13. Grösserer, schwach- 
wandiger Krugtopf. H. 15, W. 16, M. 15, B.9. 14. Konischer Topf mit 
grossem Henkel, Seitenflächen eingewélbt. Auf dem Rande zu beiden 
Seiten des Henkels die bekannten zwei dreieckigen Spitzen. H. 10,5, 
M. 18, B. 8,5. 15. Ein im Feuer porösgebrannter und verzogener Fuss 
einer grösseren Trinkschale (siehe Figur 16 aus Grab 32). Standfläche 
stark eingewölbt und 8—10 cm Durchmesser. 16. Grösserer, tonnen- 
formiger Topf mit eingezogenem und stark ausladendem Halse. Mündung 
elliptisch. Die Oberfläche vom Rande bis zum Boden ist vertikal und schräg 
geritzt. H.19, W.16 und 14, M.16 und 14, B. 10. 17. Kleines Gefäss 
mit feinen Einritzungen und Punktstichen, dessen Form jedoch nicht zu 
erkennen. 


Grab 10. 


In Tiefe von 60 cm ohne Steindeckung. 1. Krngtasse mit niedrigem 
Fusse und drei horizontalen Riefen an der Absetzung des Halses, der 
Bauch mit schrägen, breiten Furchen geziert. H.7, W.9, M. 8,5. Gefüllt 
war die Tasse mit den zarten Knochen eines Kindes und bedeckt mit 
2. einer kleineren Krugtasse, deren Standfläche eingewölbt ist. H 4, 
W. 7, M. 7, B. 4. 


Grab 1]. 


Unter und zwischen Steinen stehend, 50 bis 60 cm tief, auf einer 
Steinplatte 1. Doppelkonus mit Leichenbrand. Uber der scharfen Bauch- 
kante drei Horizontalriefen. Danebenstehend 2. grosser, gerauhter Topf 
mit etwas eingezogenem, ausladendem Halse, gefüllt mit Leichenbrand. 
H. 22, M. 22, B. 13. Im letzteren lag ein 1 cm breiter Ring aus schwachem 
Bronzeblech. (Siehe Abb. 8 auf Seite 491). Wegen seiner ungewohn- 
lichen Grösse und seiner kantigen Oberfläche bleibt er als Fingerring 
fraglich. Auf dem Leichenbrande lag 3. ein kleines Krugtöpfchen 
mit eingewölbter Standfliche und schräg gefurchtem Unterteil. H. 6,5, 
W. 7, M. 5, B. 2,5. 4. Schüssel mit niedrigem Fuss und breitem ausge- 
legten Rande, an diesem acht kleine, dreieckige Spitzen, regelmässig zu 
zweien stehend. Auf dem Rande eine horizontale Facette, die äussere 
Fläche ist unregelmässig gerieft. Auf dem inneren Boden befinden sich 
zwei konzentrische Kreisfurchen, darin Furchengruppen derartig ge- 


Ausgrabungen bei Woltersdorf. 455 


stellt, dass sie ein Kreuz bilden. Im Mittelpunkt ein rundes Grübchen. 
H. 7, W. 29,5, B. 8,5. 5. Krugtasse mit eingewölbter Standfläche und zwei 
horizontalen Halsriefen. H. 5, M. 9, W. an den Halsfurchen 7,5. 6. Krug- 
tasse mit eingewölbter Standfläche und scharfer Bauchkante. Über letztere 
eine horizontale Furche. H. 4,5, W. 8, M. 8, B. 3. 


Grab 12. 


Sehr zerdriickt und von Wurzeln durchwachsen. 1. und 2. zwei 
grössere Terrinen mit Leichenbrand und ohne Ornament. Niedriger Fuss, 
der eine 9, der andere 12 Durchmesser. In 1 lagen im Leichenbrand 
mehrere rundliche Bronzekügelchen. 3. und 4. zwei grössere Schüsseln 
mit breitem, ausgelegtem Rande. Die Aussenflächen sind radial und 
schräg gerieft. 5. Kleine Schüssel mit 3 cm breitem, etwas schräg stehen- 
dem Rande und 2cm hohem, konischem, ausgehöhltem Fusse. (Siehe Abb. 9b). 
Unter dem Rande ist die Schüssel 
stark eingezogen. Die scharfe 
Bauchkante ist gerippt. H. 8, W. 17, 
M. 22, B. 7. 6. Gerauhter Topf ohne 
Henkel und mit etwas eingezogenem 
Halse. Der Rand fehlt. H 19, 
W. 23, M. 21, B. 11,5. 7. Krugtopf 
mit gerader Standfläche. H. 6,5, FR 
W. 12,9, M. 12. 8. und 9. Zwei Abb. 9b. 

Krugtépfe mit sehr schwachen 
Wandungen und eingewölbten Standflächen. Etwaige H. 11, W. 14. 
10. und 11. Zwei Gefässe, deren Formen nicht bestimmbar. 


Grab 13. 


Unter vielen Steinen auf einer Steinplatte stehend. 1. Grosser, ge- 
rauhter Topf, dickwandig und ohne Henkel, mit Leichenbrand. H. 25, 
W. 28, M. 24, B. 13. Darin ein Ring aus schwachem Bronzeblech. 
2. Schüssel mit breitem Rande, auf diesem eine horizontale Facette. 
3. Kleine Vase mit vier spitzen Buckeln, die mit je zwei halbkreisförmigen 
Furchen umrahmt sind. 4. Zweihenkliges Terrinchen mit scharfer 
Bauchkante und einer horizontalen Halsfurche. Die Henkel stehen fast 
rechtwinklig. H. 8, W. 11, M. 8,5, B. 5. 


Grab 14. 


Zwischen mehreren Steinen 1. Doppelkonus mit Leichenbrand und 
mit fünf horizontalen Riefen über der schräg gekerbten Bauchkante. 
2. Schüssel mit breitem Rande. Die Aussenfläche ist unregelmässig 
gerieft. 


Grab 15. 
Sehr zerdrückt zwischen vielen Steinen. 1. Kugelige Terrine mit 


abgesetztem, zylindrischem Halse und zwei Henkeln. An der Halsfurche 
vier hangende, konzentrische Halbkreise. Am oberen Bauche drei breite, 


456 H. Busse: 


horizontale Furchen, die scharfe Kanten bilden. Mit Leichenbrand gefillt, 
dessen obere Teile grün gefärbt waren. Auf den Henkeln ein hoher, 
scharfer Quergrat. 2. Schüssel, deren Rand nach innen gebogen und 
schräg gefurcht umd deren Aussenfläche unregelmässig gerieft war. 
3. Kleine Henkelschale mit eingewölbter Standfläche. 4. Krugtopf mit 
niedrigem Fuss H.10, W. 12, M. 12, B.5. 


Grab lb. 


Unter 36 bis 40 Steinen auf einer Steinplatte die Stücke von 
1. Terrine mit Leichenbrand, niedrigem, konischem Fuss und abgesetztem, 
konischem Halse. Am unteren Halse ein Band von sparrenförmig gegen- 
einander stehenden Riefengruppen, darüber eine, darunter zwei horizontale 
Furchen. Auf dem oberen Bauche vier breite Horizontalfurchen, die 
scharfe Grate bilden. H. 23, B. 10, W. 29, M. 16. 2. Schüssel mit breitem 
Rande, auf diesem zwei horizontale Facetten. 3. Terrine mit Leichen- 
brand und gleicher Form wie 1. Im Leichenbrand ein kleiner Ring 
aus rundem Draht. Über drei horizontalen Halsfurchen befinden sich 
Gruppen aus je vier runden Grübchen bestehend. Unter den Halsfurchen 
vertikale Furchengruppen, die sich bis zur Mitte des Bauches herunter- 
ziehen. 4. Schüssel mit schrägen, breitem Furchenrande, aussen radial 
und schräg gerieft. 5. Kleine Schale mit Einwölbung, gefüllt mit den 
zarten Knochen eines Kindes und bedeckt von 6. einer Henkelschale mit 
eingewölbter Standfläche. 7. Krugtopf. 8. bis 10. Drei Gefässe, deren 
Formen unerkennbar. 


Grab 17. 


1. Doppelkonus mit Leichenbrand. Über der scharfen Bauchkante 
drei Horizontalfurchen. Unterteil gerauht. H. 20, W. 26, M. 21, B. 11. 
2. Schüssel mit nach innen gelegten, verstärktem Rande, letzterer schräg 
und breit gefurcht. Aussenfläche unregelmässig gerieft. 3. Dickwandiger, 
gerauhter Topf mit etwas eingezogenen Halse und gefüllt mit Leichen- 
brand. Unter dem Rande fünf rundliche Knöpfe, in gleichen Abständen 
stehend. 4. Schüssel mit breitem Rande. Die Steine hatten die Gefässe 
sehr zerdrückt und merkwürdig ist, dass sich keine Stücke von Bei- 
gefässen fanden. | 


Grab 18. 


Kindergrab, bestehend aus ł. einer kleinen Schale mit eingewölbtem 
Boden, worin die zarten Knochen eines Kindes lagen. H. 5, M. 8. 
2. Mit einer gleichen Schale gedeckt. 3. Dabei lagen die Stücke einer 
Rassel oder Klapper mit rundlichem Stiel. 


Grab 19. 


Zwischen vielen Steinen und auf einer Steinplatte stehend 1. grosse 
Terrine, die Form nicht genau festzustellen, mit Leichenbrand. 2, Schüssel 
mit breitem Rande, daran dreieckige Spitzen. 3. Schüssel mit nach innen 
umgelegtem Rande, dieser schräg und breit gefurcht. 4. Kleine Schale 
mit eingewölbter Standfliiche. 5. Wannenförmiges, kleines Gefäss, dessen 


——— mee lien AD, os 


Ausgrabungen bei Woltersdorf. 457 


Boden und Mündung oval. Über dem Boden drei schmale, horizontale Furchen, 
darunter Einkerbungen und über den Furchen vier fischgrätenförmige Ver- 
zierungen. Unter dem Rande kleine Punkteinstiche. Gleiche Einstiche 
befinden sich auch in Form eines länglichen Kreuzes auf dem Boden. 
H.5, M.5 und 6,5, B.4 und 5,8. 6. Gleiches Gefäss wie 5, doch ohne 
Ornament. Farbe: dunkelrot. (Siehe Abb. S. 495.) 


Grab 20. 


Unter mehreren Steinen, von Baumwurzeln beschädigt 1. Terrine mit 
Leichenbrand und gerauhtem Unterteil, genaue Form nicht zu erkennen. 
Zwischen den Knochen lag ein gegossener Bronzering, dessen Durchmesser 
2 cm und Dicke 2,5 mm. Ovaler Durchschnitt. 2. Schüssel mit breiten, 
schrägen Furchen auf dem Rande. 3. Doppelkonus mit Leichenbrand. 
Grösse nicht gut festzustellen. 4. Schüssel mit ausgelegtem, breitem 
Rande, daran dreieckige Spitzen und auf demselben zwei horizontale 
Facetten. 5. Krugtopf, etwa 11 cm hoch, mit konischem, niedrigem Fuss. 


Grab 21. 


Auf einer Steinplatte stehend. 1. Ungegliederter, weitmündiger, zwei- 
henkliger Topf mit Leichenbrand, dessen Aussenfläche mit Fingernagel- 
kerben geziertist. H. 17, W. 22, M. 20, B. 11,5. (Siehe Abb. S. 494). Die 
Seitenflächen sind ausgewölbt. Er war bedeckt mit 2. einer Schüssel mit 
nach innen umgelegtem, verstärktem Rande, auf diesem breite, schräge 
Furchen. Die Aussenfläche hat radiale und schräge Riefen. Ein Teil des 
Leichenbrandes lag neben dem Topfe. Keine Beigefässe. 


Grab 22. 


1. Doppelkonus mit Leichenbrand gefüllt, scharfer Bauchkante und 
darüber vier horizontalen Furchen. Auf dem Furchenbande stehen Figuren, 
bestehend aus drei gegeneinander gestellten Riefen, so dass diese Dreiecke 
bilden, die mit ihrer Spitze nach oben stehen. Auf jeder Spitze dieser 
Dreiecke steht eine vertikale Riefe, die nach oben mit einem runden 
Eindruck abschliesst. Ein höchst merkwürdiges, seltenes Ornament. 
Zwischen diesen Figuren noch gruppenweise runde Griibchen. H. 19, 
W.25, M.19, B.8. (Siehe Abb. auf S. 492.) — 2. Schüssel mit schräg gefurchtem 
Rande. 3. Kleine Schale mit eingewölbter Standflaiche. H.5, M. 8,5. 


Grab 23. 


Von Wurzeln durchwachsen. 1. Terrine, deren genaue Form nicht 
erkennbar. Im Leichenbrande lag ein Ring aus Bronzeblech von 2 cm 
Durchmesser und 4 mm Breite, an beiden Enden etwas zugespitzt. 
2. Schüssel mit breitem Rande, darauf eine horizontale Facette. 
3. Flaschchen mit kleinem Henkel. H. 14, W.13, am Halsansatz 4,5, 
M.4,5, B.5. Der leicht eingezogene 8,5 cm hohe Hals hat auf seinem 
unteren Teil sechs horizontale Furchen. Auf dem oberen Bauche stehen 
zwischen zwei Horizontalfurchen sparrenförmig gegeneinander stehende 
Furchengruppen. 4. Kleiner Falzdeckel, wahrscheinlich zu 3 gehörig. 
5. Konische Tasse mit drei horizontalen Furchen. H. 8, M. 9, B. 7. 

Zeitschrift für Ethnologie. Jahrg. 1911. Heft 3 u. 4. 30 


458 H. Busse: 


Grab 24. 


Ohne Steine, 60 cm tief. 1. Terrine, bis oben zum Rande mit 
Leichenbrand gefüllt. Der konische Hals scharf abgesetzt, am unteren 
Teil desselben drei breite, flache, horizontale Furchen, über diesen sind 
Gruppen von je drei erbsengrossen Eindrücken angebracht. Am oberen 
Bauch drei horizontale Facetten. H. 22, W. 26, M. 20, B. 10. Im Leichen- 
brand lag ein gegossener Ring mit einem Durchmesser von 2,3 cm. 
2. Schüssel mit schräg gefurchtem Rande. 3. Kleine Henkelschale mit 
eingewölbter Standfläche. 

In unmittelbarer Nähe der drei letzten Gräber, etwa 2 bis 3m ent- 
fernt, kam in der Tiefe von 50 cm ein Steinpflaster zum Vorschein, von 
einem Durchmesser in Länge 1,5 m und in Breite von 1 m. Die einzelnen 
Steine hatten ziemlich gleiche Grösse und waren kunstgerecht ineinander- 
gestellt und sämtlich geschwärzt. Einzelne kleine Knochenteile fanden 
sich unter und zwischen den Steinen. Höchstwahrscheinlich haben wir 
hier einen Verbrennungsplatz vor uns. | 


Grab 25. 


Auf einer Steinplatte, nur mit wenigen Steinen bedeckt: 1. Terrine 
mit scharf abgesetztem, konischem Halse, niedrigem Fuss und zwei 
Henkeln. Gefüllt mit Leichenbrand. H. 22, W. 27, M. 17, B. 8. Die 
Henkel haben einen Quergrat, unter diesem einen Längsgrat. Auf dem 
obern Bauch drei horizontale Facetten. 2. Schüssel mit schräg nach innen 
abgeflachtem Rande. 3. Kleine Henkelschale mit eingewölbter Stand- 
fläche. 


Grab 26. 


Kindergrab: 1. Kleine Schale, mit zarten Knochen gefüllt und mit 
einer 2. kleinen Schale gedeckt. Beide Schalen haben eingewölbten 
Boden und etwa 8 bis 9cm Mündung, Höhe 5,5. 


Grab 27. 


Vom Pfluge sehr zerrissene, grössere Steinpackung, darunter 1. D.- 
Konus mit Leichenbrand. Über der scharfen Bauchkante drei horizontale 
flache Furchen. Gedeckt von 2. einer Schüssel mit nach innen schräg 
abgeflachtem Rand. 3. Tasse von konischer Form. 4. Krugtasse. 
5. Schale mit eingewölbtem Boden. Alle Gefässe sehr zerdrückt. 


Grab 28. 


Unter einer zerstörten Steinpackung und von vielen Steinen sehr zer- 
drückt: 1. Grosse Terrine von sehr starker Wandung (etwa 1 bis 1,5 cm 
stark). Am unteren Halse zwei horizontale flache Furchen. Anf der 
grössten Ausbauchung vier kleine spitze Buckel, jeder umralımt von zwei 
konzentrischen, breiten Furchen in Halbkreisform, zwischen diesen Halb- 
kreisen je eine Gruppe paralleler vertikaler Furchen. H. 35, W. 45, 
B. 16. In diesem grossen Gefässe stehend 2. ein D.-Konus mit Leichen- 
brand. H. 24, W. 30. Über der Bauchkante drei seichte, breite, hori- 


Ausgrabungen bei Woltersdorf. 459 


zontale Furchen. 3. Schüssel mit breiten, schrägen Furchen. 4. Buckel- 
Terrine mit konischem, abgesetztem Halse. H.21, W. 27, am Halsansatz 
14, M. 12,5, B.10. Gefüllt mit Leichenbrand. Die fast rechtwinkligen 
Henkel haben jeder einen Längsgrat. Am unteren Halse vier horizontale 
Furchen, darüber Gruppen von erbsengrossen Eindrücken. Unter den 
beiden Henkeln auf der Bauchkante zwei Buckel, die umrahmt sind von 
zwei konzentrischen Leisten in Bogenform. Eine jede Leiste wird von 
zwei Riefen begleitet. Zwischen diesen beiden Figuren befinden sich 
zwei Gruppen vertikal stehender Furchen. Jede Furche endet oben mit 
einem runden Eindruck. 5. Schüssel mit schräg gefurchtem Rande. 
6. Kleiner Krug mit schräg gefurchter Wandung und eingewölbter Stand- 
fläche. H.14, W.15, M.14. 7. Kleine Terrine mit niedrigem, konischem 
Halse und zwei kleinen Henkeln, auf letzteren ein Längsgrat. Am untern 
Halse zwei horizontale Furchen, über diesen stehen Gruppen aus je vier 
erbsengrossen, runden Eindrücken. Auf dem Bauche vier kleine Dellen, 
jede von zwei konzentrischen, scharfen Graten bogenförmig umzogen. 
Zwischen den Graten eine breite Furche. Unter den beiden Henkeln er- 
höht sich der obere Grat derartig, dass er in die Henkelkanten übergeht. 
Zwischen diesen Figuren noch Gruppen von je fünf Furchen, die vertikal 
stehen. H. 11, W. 17, am Halsansatz 15, M. 13,5, B.7. 8. Gerauhter 
Topf mit etwas eingezogenem, ausladendem Halse. Unter dem Rande 
sind fünf Knöpfe in gleichen Abständen angebracht. 9. Tasse von ko- 
nischer Form. H. 10, M. 9, B. 5. 10. Kleine Schale mit eingewölbter 
Standflache. H. 5,5, M. 13. 


Grab 29. 


Unter einer Steinpackung 1,10 m tief auf einer Steinplatte: 1. D-Konus 
mit tief gekerbter Bauchkante. Über dieser Kante zwei Horizontalfurchen. 
Gefüllt mit Leichenbrand. Der Unterteil gerauht und sehr starkwandig. 
Die Masse waren nicht festzustellen. 2. Schüssel mit breitem Rande, 
darauf zwei horizontale Facetten. 


Grab 30. 


Zwischen mehreren Steinen, 70 cm tief und von Baumwurzeln durch- 
wachsen. 1. Terrine mit abgesetztem Halse und zwei kleinen Henkeln, 
unter diesen je zwei grössere runde Eindrücke. Am unteren Halse drei 
breite, flache, horizontale Furchen. Auf dem oberen Bauch drei breite — 
Horizontalfurchen, die scharfe Grate bilden. Mit Leichenbrand gefüllt. 
Masse nicht festzustellen. Diese Urne stand ‘in einer 2. grossen stark- 
wandigen Terrine, deren Unterteil gerauht war. Auf dem Bauche sechs 
schräge Leisten in gleichen Abständen. 3. Schüsselstücke mit breitem 
Rande. 4. Stücke eines kleinen Gefässes mit vielen feinen, schmalen 
Riefen, darüber Grübchen, Form nicht zu erkennen. 5. Gerauhter Topf 
mit spitzen Knöpfen unter dem Rande. 


| Grab 31. 


Durch einige kleinere Steine gekennzeichnet, nur 50 cm tief. 1. Ge- 
rauhter Topf mit eingezogenem Hals und einem Henkel. Unter dem 


307 


460 H. Busse: 


Rande fünf spitze Knöpfe, gleichmässig verteilt. Der Topf stand auf 
einer Steinplatte. H. 15,5, W. 14,5, M. 14, B. 9,5. In demselben stand 
2. eine konische Tasse mit abgebrochenem Henkel. In dieser befand sich 
der Leichenbrand eines Kindes. H. 7, M. 10,5, B. 6,5. Die Tasse war — 
bedeckt 3. von einer Schale mit eingewölbter Standflache. H. 5,5, M. 12, 
B. 4,5. 

In der Nähe der drei letzten Gräber fanden sich fünf Steinpackungen 
in einer Linie von Ost nach West, meist 3 m auseinanderliegend. Die 
Packungen bestanden aus grösseren Steinen, die pyramidenförmig auf- 
einandergelegt waren in Höhe von 70 bis 90 cm und ebenso grossem 
Durchmesser an der Basis der Packung. Nach oben zu geringerer Durch- 
messer. Zwischen den Steinen nur vereinzelte Scherben. Die Steine 
waren häufig so gross, dass ich sie kaum bewältigen konnte. 


Grab 32. (Siehe Abb. Seite 461 und Abb. 10 auf Seite 491). 


Ziemlich im Zentrum des Gräberfeldes liegend. In der Tiefe von 
40 cm von der heutigen Oberfläche lagen zerstreut einige Steine, da- 
zwischen und darunter Topfscherben. Die Steindecke hatte der Pflug aus- 
einandergerissen. Nach mühevoller Forträumung der auf den Gefässen 
lagernden Erde, die fortwährend mit Scherben vermischt war, gelang es, 
die Menge der nebeneinander und aufeinander gestellten Urnen und Bei- 
gefässe freizulegen. Es war ein grosses Durcheinander von kleinen und 
grösseren Gefässstücken, von ganzen, halben und viertel Töpfen, dazwischen 
einige kleinere Steine und Knochensplitter. Die grössere Zahl der Ge- 
fässe war verkehrt gestellt, also mit dem Boden nach oben, da galt es 
allerdings die grösste, peinlichste Vorsicht anzuwenden, unı das einiger- 
massen Zusammengehörige zu sichten und zu verpacken. Zu dieser Arbeit 
wurden allein 1!/, Tage verwendet, eine ausserordentlich lange Zeit, doch 
habe ich die Genugtuung und die Freude, ein Grab gefunden zu haben, 
das an Zahl und Formen seiner Gefässe vielleicht alles überragt, was bis- 
her aus desem Zeitalter in unserer Gegend, ich meine damit etwas weiter 
ausgedehnt die Provinz Brandenburg, bekannt geworden ist. Wichtig na- 
mentlich ist die Feststellung der Ornamente. Von den 33 Gefässen, die 
das Grab barg, gelang es 22 wieder herzustellen, einige werden wahr- 
scheinlich noch, wenn auch nicht gänzlich, zusammengekittet werden 
können, leider ist dies bei den übrigen ausgeschlossen, da sie vom Feuer 
verbogen und aufgeblasen sind. — Ich möchte namentlich hierbei noch 
bemerken, dass der Leichenbrand in 6, 8 und 15, ersichtlich aus seiner 
Grösse und Beschaffenheit, von Personen herstammt, die noch im jugend- 
lichen Alter gewesen sein müssen; die Grösse dieser drei Gefässe bezeugt 
dies gleichfalls. Die Beisetzung der Leichenurne 6 in einem zweiten Be- 
hälter, und die vier Bronzeringe lassen auf hervorragende Personen 
schliessen, deren Reste hier der Erde anvertraut wurden. 

Die Länge der Gruft betrug 1,30 m, die Breite 1,10 m, die Basis war 
0,90 m. 

Die Gefässe standen auf einer schwachen Schicht von weissem Sande. 
l. Krug. H. 21, W. 21, M. 20,5, B. 9,5. Mit 4cm breitem und 8,5 cm 


461 


Ausgrabungen bei Woltersdorf. 


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462 H. Busse: 


hohem Henkel, unter diesem drei runde Eindrücke. Der 2,5 cm hohe 
konische Fuss hat sechs breite, horizontale Furchen. Die Bauchfläche ist 
schräg gefurcht. Der Hals ist scharf abgesetzt und weit ausladend. 
2. Krugtasse. H. 6, W. 8, M. 7,5, B. 3,5. Unter dem schmalen vier- 
kantigen Henkel zwei grössere runde Eindrücke, hellbraun und schön ge- 
glättet. 3. Krugtopf, reich verziert. H. 9, W. 14, M. 14,5, B. 7,5. Die 
Gefässfläche zeigt sparrenförmig gegeneinanderstehende Riefengruppen, 
der konische Fuss drei Horizontalriefen und ist an seiner unteren Kante ge- 
kerbt. Der wagerechte breite Rand hat sechs Gruppen Querfurchen. Auf 
dem breiten Henkel befinden sich vier Längsfurchen und unter diesen drei 
Querfurchen. 4. Krugtopf, mit eingewölbter Standfläche und zwei drei- 
eckigen Spitzen auf dem Rande zu beiden Seiten des Henkels. Unter 
den Henkeln zwei runde Eindrücke. 

Auf dem Bauche schräge, breite Furchen, H. 11, W. 18, an der Hals- 
furche 14, M. 17,5, B. 6. 5. Kleine Terrine, H. 14, W. 18, an der Hals- 
furche 13, M. 9, B. 6,5, mit niedrigem Fuss und zwei Henkeln. Der Hals 
ist von dem verhältnismässig sehr weiten Bauche scharf abgesetzt und 
konisch nach oben verengt. 6. Doppelkonus mit scharfer Bauchkante, die 
gruppenweise Einkerbungen zeigt. Über dieser Kante fünf Horizontal- 
furchen. Der Unterteil ist radial geritzt, H.15, W.22,5, M. 18, B. 8. 
Die Urne war mit Leichenbrand gefüllt, in dieser lag ein gegossener Ring 
von Bronze, dessen innerer Durchmesser 2 cm, Stärke 3 mm. Dunkelgrün, 
innen glatt, aussen gewölbt. Das Gefäss stand in einer grossen 7. Terrine, 
H. 37, W. 45, M. 32—34, B. 14. Der Hals ist schwach abgesetzt durch 
eine horizontale Furche, etwas nach innen eingezogen und nach oben ver- 
engt. Auf dem Bauche einige schräge flache Rippen. Von dem glatten, 
niedrigen Fuss bis zur grössten Ausbauchung ist der Unterteil stark ge- 
rauht, der Oberteil ist geglättet. Auf einer Steinplatte stehend, 8., Krug 
mit Buckeln, H. 19,5, W. 19,5, M. 17, B. 8. Der 2 cm hohe konische Fuss 
hat vier breite Horizontalriefen. Auf dem Bauche fünf kleine, spitze 
Buckel, wovon jeder mit zwei breiten, konzentrischen Kreisfurchen um- 
rahmt ist. Der von einer horizontalen Furche schwach abgesetzte Hals 
ist eingezogen und dann ausladend. Auf dem Rande zu beiden Seiten des 
Henkels die zwei bekannten kleinen Spitzen. Unter dem breiten Henkel 
vier runde Eindrücke. Dieser Krug war mit Leichenbrand gefüllt. — 
9. Einhenkeliger grösserer Topf von konischer Form. H. 15,5, M. 22 bis 
23, B. 10. Die Seitenflächen sind stark eingewölbt und weit ausladend. 
Geziert mit regelmässigen Reihen von Fingernägel - Eindrücken. Er ist 
ziegelrot und starkwandig und lag umgestülpt als Deckel auf 8. — 
10. Starkwandiger, einfacher, vom Boden bis zum Rande gerauhter Topf 
ohne Henkel. H. 26, W. 23,5, M. 23,5—25, B. 11. Hals eingezogen und 
stark ausladend. — 11. Ähnlicher Topf wie 10. H. 28, W. 28, M. 29, 
B. 11, auch gerauht mit schwachen vertikalen Einschnitten. 12. Krug- 
tasse, H. 7, W.9, M.9, B. 3, mit sehr geschweifter Seitenwand, grossem 
Henkel und eingewölbter Standfläche. Sehr schön geglättet und glänzend. 
13. Konische Tasse, Seitenwand wenig ausgewölbt, H. 8,5, M. 13, B. 5. — 


Ausgrabungen bei Woltersdorf. 463 


14. Kleine, zweihenklige Terrine, Hals zylindrisch, H. 13, W. 13, M. 8. 
Vom Feuer sehr unförmlich, blasig und aschgrau geworden. 

15. Terrine mit zwei Henkeln und niedrigem konischen Fusse. H. 15, 
W.16, M. 14, B. 8. Der konische Hals durch eine breite horizontale Furche 
abgesetzt. Auf den Henkeln ein Längsgrat. Die Bauchfläche mit flachen, 
breiten, schräg stehenden Furchen versehen. Schwachwandig und aus 
feinem Ton. Mit Leichenbrand eines jugendlichen Menschen gefüllt. Unter 
den Schädelstücken ein Armband und zwei Ringe. Das Armband aus 
2 mm starkem, rundem Draht ist an beiden Enden abgeflacht. Die 
Enden sind 2cm lang übereinander gebogen. Durchmesser 4cm. Die 
Ringe sind innen flach, aussen gewölbt und offen, die Enden 1'/, cm lang 
übereinander gebogen. Das eine Ende ist abgeflacht, das andere zugespitzt. 
Durchmesser 1,9 und 1,8 cm, Dicke 1,5 und 2 mm. Dunkelgrüne Patina. 
16. Grosse Schale mit hohem konischen, eingewölbten Standfuss, vom 
Feuer aschgrau und etwas verzogen. Der 8 cm breite und 4 cm hohe Fuss 
verengt sich bis 5 cm, um dann im schwachen Bogen stark ausladend bis 
zu dem 2 cm breitem Rande aufzusteigen. H.13, M. 23—25. Die Ober- 
fläche ist vom Rande bis zum Fusse regelmässig radial eingeschnitten. 
17. Krugtopf, dessen Hals nur wenig eingezogen. H. 12,5, W.14, M. 14, 
B. 7,5. Dunkelrot. Die Aussenfläche hat vom Rande bis zum Boden 
vertikale Einritzungen. 18. Krug, ohne Ornamente und mit niedrigem 
Fuss. Schwachwandig, H. 17, W. 17, M. 15, B. 8. 19. Krug von eleganter 
und schöner Form, aber vom Feuer etwas beschädigt, trotzdem konnte er 
vollständig wieder hergestellt werden. H. 19, W. 13,5, M. 13, B. 6,5. Der 
2 cm hohe konische Fuss hat stark eingewölbte Standfläche. Der darauf 
ruhende Gefässkörper ist doppelkegelig, der obere Teil ist stark, der 
untere weniger ausgewölbt, der Hals stark ausladend. Der grosse, schmale, 
fünfkantige Henkel setzt sich 1 cm unter dem Rande an und am oberen 
Bauche ab. Der Fuss ist mit drei, der untere Hals mit sechs, die Bauch- 
kante mit drei horizontalen Riefen verziert. Über den letzteren stehen 
fünf Figuren, jede aus vier konzentrischen, eingefurchten Halbkreisen ge- 
bildet. Zwischen und auf diesen Figuren sind noch sparrenförmig gegen- 
einander stehende Riefengruppen angebracht. Unter der Bauchkante noch 
gruppenweise kurze vertikale Einritzungen. Ein seltenes Exemplar. — 
20. Krugtopf. H. 10, W. 14, M. 13,5, B. 3. Standfläche eingewölbt. Auf 
dem Rande an beiden Seiten des Henkels die beiden bekannten Spitzen. 
Um den unteren Henkelansatz vier runde Eindrücke. Die Bauchfläche ist 
schräg gefurcht. 21. Niedriger Krugtopf mit konischem eingewölbten 
Boden. H.10, W.15,5, B. 8. Dunkelbraun. Mit zwei dreieckigen Spitzen 
am oberen Henkelansatz. 22. Tonnenférmiger kleiner Eimer, H. 11, 
M.11,5 und 8, B. 9,5. Vom Feuer verbogen. Über der Standfliche und 
zwischen den Henkeln ein horizontales Band von je vier Riefen. 23. Ein- 
facher dunkelroter Topf. H. 17, W. 18, M. 17. B. 10, mit geringer Hals- 
einschnürung. 24. Der untere Teil eines Krugtopfes mit konischem Stand- 
fusse. Letzterer 9 cm im Durchmesser und 2 em hoch. Hellbraun. 25. Der 
untere Teil eines Krugtopfes mit eingewölbter Standfliche. W.17, B. 6. 
Dunkelbraun. 


464 H. Busse: 


26. Einfacher dunkelroter Topf mit geringer Halseinschnürung und 
einem Henkel. H 13. Die genauere Form nicht zu erkennen, 

27. Stücke einer Krugtasse. Vom unteren Henkelansatz ziehen sich 
schräge Riefengruppen nach dem Bauche. Form wie 28. 

28. Krugtasse mit eingewölbtem Boden. H.6, W.9, an der Hals- 
furche 6,5, M.9. Die Bauchfläche geziert mit fünf Riefengruppen, die 
abwechselnd vertikal und schräg stehen. 

29. Kugeliges kleines Tépfchen ohne Henkel, mit enger Öffnung. 
'H. 5,7, W. 8, M. 6, B. 3. 

30. Schale mit eingewölbtem Boden. H. 3, M. 8,5. 

31. Grosse Schüssel. H. 11,5, M. 44, B. 11. Mit niedrigem Fuss und 
4cm breitem Rande. Hellgrau, vom Feuer arg beschädigt und verzogen. 
Unter dem Rande wenig eingezogen. Aussenfläche mit unregelmässig 
gegeneinander stehenden Riefengruppen verziert. 

32. Schüssel mit niedrigem Fusse, zwei horizontalen Facetten und zwei 
Querrippen auf dem breiten Rande. H. 8,5, M. 38, B. 9. 


Gro. 33. 010.78. Gro. 84. 


Abb. 11. Abb. 11. Abb. 18. 


33. Dunkelrote Schüssel mit niedrigem Fusse und starker Einschnürung 
unter dem Rande. Die Aussenfläche wie bei 31 geiert Auf dem 3,3 cm 
breiten Rande, rechts vom Henkel, befinden sich zwei Querrippen. H. 10, 
M. 39, B. 10. Diese drei Schüsseln konnten leider nicht wieder hergestellt 
werden, da zu viele Stücke fehlten. 


Grab 33. (Siehe Abb. 11). 


Unter einigen zerstreuten Steinen, 70 cm tief: 1. Doppelkonus, dessen 
oberer Teil abgebröckelt war, mit Leichenbrand. Der Unterteil stark ge- 
rauht. Ohne Ornament. H. 17, W. 32, M. 27, BIL Die Bauchkante ist 
abgerundet. 2. Doppelkonus, dessen Unterteil zerbröckelt war. Mit 
Leichenbrand. H. fehlt, W.30, M. 23. Über der abgerundeten Bauch- 
kante fünf Horizontalriefen. 3. Konische Tasse, deren Henkel abgebrochen 
war. Seitenfläche ausgewölbt. Mit den zarten Knochen eines Kindes ge- 
füllt. H.8,5, M 8,5, B. 6,5. Der Leichenbrand war bedeckt mit einer 
4. kleinen Schale mit eingewölbtem Boden, deren Henkel ebenfalls abge- 
brochen war. H. 3,5, M.8. — 5. und 6. Zwei Schüsseln mit breitem Rande. 


Ausgrabungen bei Woltersdorf. 465 


Grab 34. 


Von den Decksteinen sehr zerdrückt. 1. Terrine. Masse nicht fest- 
zustellen, mit Leichenbrand. 2. Gerauhter Topf, ohne Henkel, wenig 
Halseinschnürung. H. 19, W. 22, M. 19, B.9. — 3. Krug mit verhältnis- 
mässig hohem Halse. Ohne Ornament. H. 15, W.15,5, an der horizon- 
talen Halsfurche 10,5, M. 15,5, B. 4,5. Standfläche eingewélbt. Auf dem 
Rande zu beiden Seiten des breiten Henkels die bekannten kleinen Spitzen. 
4. Schüssel oder Fussschale. Der 3,5 hohe Fuss ist horizontal flach ge- 
rieft. Unter dem 4 cm breiten Rande ist ein niedriger Hals scharf ab- 
gesetzt. Auf dieser scharfen Absetzung flache Einkerbungen. Die Aussen- 
fläche ist radial und schräg gerieft. Dunkelrot, aus fein geschlemmtem 
Ton. H. 10,5, M. 30, B. 7,5. — 5. Kleiner Eimer mit zwei kleinen recht- ` 
winkligen Henkeln. Zwischen diesen ein Band von sechs horizontalen 
Riefen und über der Bodenkante ebenfalls ein Band von vier Riefen. 
Etwas schiefe Form. H.10, M. 10,5, B. 9,5. — 6. Stücke eines Krug- 
topfes. H 14. Auf dem Rande zwei Spitzen zu beiden Seiten des Henkels. 
Auf der Halsfurche mehrere runde Grübchen und unter der Furche einige 
vertikale Rippen. 7. Kleiner Doppelkonus mit Leichenbrand von einem 
jugendlichen Menschen. Mit kleinem Fuss und ohne Ornament. H. 11, 
W. 16, M. 14, B.6. — 8. Schüssel mit schräg nach innen abgeflachtem 
Rande. Der niedrige Fuss ist ausgehöhlt. 9. Schüssel mit Rand wie 8. 
10. Schüssel mit ausgelegtem, 2,5 cm breitem Rande und scharf abgesetztem 
niedrigen Halse. Auf dem Rande ein rundes Loch. 

Diese drei Schüsseln können leider nicht wieder hergestellt werden. 


Grab 35. 


In der Tiefe von 55 cm, vom Pfluge berührt. 1. Doppelkonus mit 
Leichenbrand. Weite 26 cm. Auf der scharfen Bauchkante Gruppen von 
je fünf fingerspitzengrossen Grübchen, hierüber ein Band aus vier horizontalen 
Riefen und auf diesem wiederum Gruppen von je drei kleineren runden 
Grübchen. 2. Schüssel mit breitem Rande, darauf zwei Horizontalfacetten. 
3. Kleiner Eimer, fast zylindrisch mit zwei kleinen Henkeln, etwas 
schiefe Form. Zwischen den Henkeln sechs horizontale Riefen und ober- 
halb des Bodens drei gleiche Riefen. H. 10, M. 10,5, B. 9,5. 4. Kleine 
Schale mit eingewölbter Standfläche, um letztere ein Kranz von vier 
runden Grübchen. 

Grab 36. 

Nur 50 cm tief. 1. Einfacher henkelloser Topf, vom Rande bis zum 
Boden gerauht und mit den Fingern breite, flache, schräge Furchen 
darauf gezogen. Mit Leichenbrand gefüllt, dessen Schädelstücke grün ge- 
färbt. H. 24, W. 25, M. 20, B. 12. 2. Schüssel, ihr Rand mit schrägen, 
breiten Furchen versehen und mit niedrigem Fuss. H. 11, M. 31, B. 11. 
3. Kleine Terrine mit zwei Henkeln, darin Leichenbrand einer jugend- 
lichen Person. H. 12—13, W. 13,5, M. 9, B. 6. Zwischen den Henkeln 
zwei Horizontalriefen und am Bodenrande Einkerbungen. Das Gefäss 
war bedeckt mit einer grösseren 4. Schale mit einem Henkel und ein- 
gewölbtem Boden. H.5, M. 14, B.5. (Siehe Abb. auf S. 495.) 


466 H. Busse: 


Grab 37. 


Mit vielen Steinen bedeckt, 1,10 m tief auf einer Steinplatte stehend. 
1. Grosser zweihenkliger Topf, vom Rande bis zum Boden gerauht und 
mit den Fingern darauf schräg gezogene, breite, flache Furchen. Unter 
dem Rande zwei grössere flache Knöpfe mit zentralem Eindruck. Mit 
Leichenbrand eines sehr kräftigen Menschen bis obenhin gefüllt. 
Mehrere Knochen lagen noch an der Urne auf der Steinplatte. H 20, 
W. 22, M. 18, B. 10. 2. Schüssel mit niedrigem Fuss und schräg ge- 
furchtem Rande, Aussenfläche gerauht. H. 10, M, 34, B. 11. Schwache 
Wandung. Zwischen den Gräbern 37 und 38 und von jedem etwa 3 m 
entfernt, 60 cm tief, befand sich eine regelrechte, aus 85 bis 40 ge- 
schwärzten und nebeneinander gestellten Steinen bestehende Steinpackung. 
Kohlenstückchen und kleine Knochensplitter, die zwischen den Steinen 
zum Vorschein kamen, sind die untrüglichen Kennzeichen einer Ustrine 
oder Verbrennungsplatzes. 


Grab 38. 


Nur 50 cm tief, vom Pfluge stark beschädigt. 1. Terrine, deren ge- 
naue Form nicht festzustellen. Mit Leichenbrand. 2. Schüssel mit breitem 
Rande. 3. Kleiner Doppelkonus mit zwei kleinen Henkeln und aus- 
gehöhltem konischen Fuss. H. 11 W. 17, M. 15, B. 6,5. Über der 
scharfen Bauchkante fünf parallele horizontale Furchen. Nur zur Hälfte 
gefüllt mit dem Leichenbrand eines jugendlichen Menschen. 4. Schüssel 
mit schräg gestelltem Rande, die Aussenfläche radial und schräg geritzt. 


Grab 39. 


Von Baumwurzeln durchwachsen, in Tiefe von 65 cm, auf einer Stein- 
platte. 1. Terrine mit zwei Henkeln, darin Leichenbrand. Unter jedem 
Henkel eine Verzierung, bestehend aus einem Buckel, der umrahmt ist 
zunächst von zwei breiten flachen Furchen, darüber zwei Riefen, dann 
folgt wieder eine breite flache Furche .und zuletzt drei Riefen. Die 
Furchen und Riefen sind konzentrisch in weitem Bogen um den Buckel 
gestellt. Jeder Henkel hat einen hohen Quergrat und unter diesem einen 
Längsgrat. Rechts und links am unteren Henkelansatz einfingerspitzengrosser 
runder Eindruck. Am unteren konischen Halse drei horizontale Furchen. 
2. Schüssel mit breiten schrägen Furchen auf dem nach innen gelegten 
verstärkten Rande. Der innere Boden zeigt eine Verzierung, bestehend 
aus drei konzentrischen Kreisfurchen, dagegen radial stehend vier Riefen- 
gruppen, jede Riefe endet mit einem runden Grübchen. 


Grab 40. 


Decksteine fehlen. Mit kleineren Steinen ringsherum eingepackt. 
1. Doppelkonus mit Leichenbrand. H. 22, B. 12, scharfkantig. Unterteil 
gerauht. 2. Schüssel mit breit gefurchtem Rande. | 


Grab 41. 


Unter grösserer Steinpackuug. 1. Doppelkonus mit Leichenbrand. 
Masse nicht festzustellen. Über der Bauchkante drei breite horizontale 


Ausgrabungen bei Woltersdorf. 467 


Riefen. 2. Schüssel mit breiten schrägen Furchen auf dem Rande. 
3. und 4. zwei Gefässe mit schräg gefurchter Oberfläche, doch liessen 
sich die Formen nicht erkennen. 5. Kleine Schale mit eingewölbtem 
Boden. 6. Gerauhter Topf mit Knöpfen unter dem Rande. 7. Zwei- 
henkliger Topf mit zwei runden Grübchen unter jedem Henkel und drei 
Horizontalriefen am unterem Halse. Die Form war nicht deutlich zu 
bestimmen. Zwischen den Gefässteilen vier Feuersteine und ein Kalk- 
stein, die Spuren vom Gebrauch aufwiesen. 


Grab 42. 


In der Tiefe von 40 cm lag eine regelmässige Steinpflasterung, be- 
stehend aus etwa 30—35 grösseren und kleinen Steinen, etwa 1 m Durch- 
messer. Unter dieser eine mit Tonscherben durchmischte Erdschicht von 
30 cm Höhe, darunter folgende zerdrückte Gefässe: 1. Doppelkonus mit 
Leichenbrand, mit niedrigem Fuss und vier Horizontalriefen über der 
Bauchkante. W. 27, B. 10. 2. Schüssel mit breit gefurchtem Rande. 
3. Terrine mit Leichenbrand. W. 26, B.9. Am unteren konischen Halse 
eine breite Furche und über dieser zwei horizontale Riefen. 4. Schüssel 
mit nach innen gebogenem verstärkten Rande, der schräg abgeflacht ist. 
5. Krugtasse mit eingewölbtem Boden. W.9. 6. Kleine Schale mit ein- 
gewölbter Standflache. M. 10. 7. Krugtasse, H 6,5, W.9,5, M.7, die 
Standfläche eingewölbt. Am unteren Halsansatz eine Horizontalriefe, auf 
dem oberen Bauch sparrenförmig gegeneinander stehend einzelne aus- 
gebogene Riefen. 8. Dickwandiger tonnenförmiger Topf mit niedrigem 
zylindrischen Halse und zwei Henkeln. Unter den letzteren zwei runde 
Eindrücke und zwischen ihnen zwei Horizontalfurchen. H. 18, W. 18. 


Grab 43. 


Gleiche Steindecke wie Grab 42. Die Basis betrug 1,10 m. Die Ge- 
fässe auf drei Steinplatten lagernd. 1. Sehr grosse Terrine, als Urnen- 
behälter dienend. H. 42, W. 50, M. 38, B. 14. Der konische Hals 22 cm 
hoch, der Unterteil stark gerauht, der obere geglättet. Auf dem Bauche 
einzelne schräg angebrachte Rippen. Darin stehend 2. Doppelkonus, 
dessen Masse nicht festzustellen. Mit Leichenbrand. 3. Schüssel mit 
breitem Rande, auf diesem zwei horizontale Facetten. Niedriger Fuss. 
Unter dem Rande stark eingezogen. Braune Farbe. Starke Wandung. 
H. 8,5, M. 32, B. 9,5. 4. Schüssel mit nach innen geneigtem, schräg ab- 
geflachtem Rande. Schwarzgraue Farbe. Niedriger Fuss. Eine Merk- 
würdigkeit zeigt dieseSchüssel mit ihrer Einschnürung in der mittleren Höhe, 
da eine solche gewöhnlich nur unter dem Rande stattfindet. Die Aussen- 
fläche ist regelmässig radial gerieft. H.7,5, M. 32, B. 9,5. 5. Gerauhter 
Topf mit wenig eingezogenem Halse und sechs runden Knöpfen. H. 18, 
W. 20, M. 18, B.10. 6. Kleine Schüssel mit niedrigem, wenig eingewölbtem 
konischen Fusse. Ihr Rand ist regelmässig derartig ausgeschnitten, dass 
abwechselnd eine höhere und eine niedrigere Kante stehen bleibt. Die 
Aussenfläche ist vertikal gerieft. H. 6, M. 16,5, B. 5,5. (Siehe Abbildung 
auf Seite 493). 7. Kleine Vase mit zwei Henkelchen, niedrigem Fusse 


468 H. Busse: 


und konischem Halse. Von beiden Seiten der kleinen Henkel ziehen sich 
Gruppen von je drei Riefen schräg bis zur Ausbauchung herunter. H. 7,5, 
W. 7, M. 2,7, B. 2,5. 8. Krugtasse mit eingewölbter Standfläche und seltener 
Form, indem eine abgerundete Bauchkante das Gefäss so teilt, dass der untere 
Teil nur ein Drittel und der obere zwei Drittel der ganzen Höhe des Ge- 
fässes beträgt. H.9, W. 11, M. 10,3, B.5. 9. Kleiner henkelloser Topf 
oder Napf, dessen Form nicht festzustellen. 10. Konische Tasse, H. 8, 
M. 9, B. 7. Die Wandung wenig nach aussen gewölbt, mit den zarten 
Knochen eines Kindes gefüllt. 11. Kleine Terrine von sehr schwacher 
Wandung mit eingewölbter Standfläche und zwei horizontalen Riefen 
zwischen den beiden Henkeln. H. 11—12, W. 13, B. 6. 


Grab 44. 


Von einigen grösseren Steinen zerdrückt und von Wurzeln durch- 
wachsen. 1. Grössere Urne mit Leichenbrand. Form nicht zu erkennen. 
2. Schüssel mit schräg gefurchtem Rande. 3. Krugtopf mit sehr schräg 
gefurchtem Bauche. 


Grab 45. 


Vom Pfluge zerstreute Steine, darunter nicht tief die Stücke vom 
1. Doppelkonus mit niedrigem Fusse und scharfer Bauchkante. Der Ober- 
teil stark eingewölbt, der Unterteil gerauht. H. 23, W. 28. M. 22, B. 9. 
Mit Leichenbrand gefüllt. 2. Schüssel mit schräg und breit gefurchtem 
Rande. 3. Kleines Terrinchen mit konzentrischen Halbkreisfurchen auf 
dem oberen Bauche. 
Grab 46. 


Unter einer grösseren Steinpackung lagen die Stücke einer 1. grossen 
Terrine mit sehr starker Wandung. Vom Halse bis zum Boden gerauht. 
Form und Grösse wie die aus Grab 43. Das Gefäss diente gleichfalls als 
Urnenbehälter, darin stand 2. Doppelkonus mıt Leichenbrand. Über der 
Bauchkante drei breite horizontale Riefen. Die Masse waren nicht fest- 
zustellen. 3. Schüssel mit zwei horizontalen Facetten auf dem breiten 
Rande. 4. Konische Tasse, H. 6,5 bis 7 (da schief), M. 9, B. 5. Die 
Seitenwand etwas eingebogen. Unter dem breiten Henkel zwei runde 
Eindrücke. Die Tasse war gefüllt mit den vom Leichenbrande stammenden 
Knochenresten eines Kindes. 5. Kleine Schale mit eingewölbtem Boden, 
sie diente als Deckel zu 4. 6. Krugtopf, H. 12,5, W. 20, M. 18, B. 4,5, hell- 
braun. Auf dem Bauche schräge, breite Furchen. Die Standfläche ein- 
gewölbt. 

Grab 47. 


Unter einem gut erhaltenem Steinpflaster. 1. Doppelkonus mit Leichen- 
brand. W. etwa 28, die anderen Masse nicht festzustellen. Über der 
Bauchkante vier breite horizontale Riefen, über diesen befinden sich Gruppen 
von je drei runden Eindrücken. 2. Schüssel mit zwei horizontalen Facetten 
auf dem 4 cm breiten Rande. M. 34, B. 12. 3. Schüssel mit einem 1'/, cm 
breiten Rande, an dem vier dreieckige Spitzen angebracht sind. Unter 
dem Rande leicht eingezogen. XNiedriger konischer Fuss, Aussenfläche 


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Ausgrabungen bei Woltersdorf. 469 


radial gerieft. H.8, M. 28, B. 10. 4. Krugtopf mit breitem Henkel und 
eingewölbtem Boden. H. 7,5, W. 13,5, M. 13, B. 4. Auf dem Bouche 
radiale, nach dem Boden sich ziehende breite Furchen. Der Henkel hat 
einen Längsgrat. 5. Kugelige kleine Vase mit zwei kleinen Ösen. H. 5, 
W.6, M. 2,5, B. 2. Auf dem Bauche vier Gruppen von je zwei kon- 
zentrischen, halbkreisförmigen Furchen. 6. Krug. H. 11, W. 14, M. 10,5, 
B. 3,5. Ohne Ornament. Standfläche eingewélbt. 7. Konische Tasse. 
H. 8, M. 8, B. 5. 8. Kleine Terrine von schwacher Wandung. H. 14, 
W. 15, M. 10, B. 4. Unter den beiden Henkeln je zwei erbsengrosse 
Eindrücke. 
Grab 48. 


Unter 25 grösseren und kleineren Steinen. 1. Eine als Urnenbehälter 
dienende grosse Terrine. H. 45, W. 42, am Halsansatz 30, M. 27, B. 13. 
Der konische Hals und der Bauch geglättet, der Unterteil gerauht, der 
Fuss wieder glatt. Die Terrine konnte vollständig aus den vielen Stücken 
wieder hergestellt werden. (Siehe Abb. 12 auf S. 452.) 2. Terrinen- 
förmige Urne, deren Form und Masse sich nicht feststellen liessen, da sie 
von dem Gefäss, in dem sie stand, vollständig mit dem darin befindlichen 
Leichenbrand zerdrückt war. Bauchstücke zeigten auf gesetzte Rippen 
und einzelne Dellen. 3. Schüsselstücke liessen den nach innen abge- 
flachten Rand erkennen. Die Aussenfliche war gerauht. 4. Grössere 
Schale mit Henkel, ebener Standfläche und gerauhter Aussenfläche. M. 16. 
5. Kleine Schale mit eingewölbtem Boden. M. 9. 


Grab 49. 


Von der Oberfläche 60 cm tief befand sich ein guterhaltenes Stein- 
pflaster, darunter von Baumwurzeln durchwachsen viele Topfstiicke. Es 
wurde festgestellt: 1. Doppelkonus, gefüllt mit Leichenbrand, über der 
scharfen Bauchkante drei horizontale Riefen mit Gruppen von je drei 
runden Grübchen. 2. Schüssel mit vier spitzen Zapfen an dem 3,5 cm 
breiten ausgelegten Rande, die Aussenfläche unregelmässig gerieft. Auf 
dem Rande befanden sich zwei horizontale Facetten. Der niedrige Fuss 
hatte 10 cm im Durchmesser. 3. Ein zweiter Doppelkonus mit Leichen- 
brand. Über der Bauchkante zwei breite Horizontalriefen. Oberteil stark 
eingewölbt, Unterteil gerauht. W. etwa 25, B. 10. 4. Schüssel mit zwei 
horizontalen Facetten auf dem 4 cm breiten Rande, der niedrige Fuss 
hat 10 cm Durchmesser. 5. Terrine mit zwei Henkeln, halbgefüllt mit 
dem Leichenbrande von einem jugendlichen Menschen. W. 26. Der 
konische Hals 6 cm hoch. Sie war gedeckt mit zwei Schüsseln. 6. Schüssel 
mit schräg abgeflachtem Rande und 11 cm breiten Fusse. 7. Schüssel mit 
gekerbtem Rande. Aussenfläche gerauht. 8. Kleiner Doppelkonus mit 
scharfer Bauchkante, ohne Ornament. Der eingewölbte Oberteil ist ver- 
hältnismässig sehr hoch. H. 15, W. 16, M. 14. 9. Gerauhter Topf mit 
geringer Halsumschnürung und sechs breiten flachen Knöpfen unter dem 
Rande H. 16, W. 17, M. 15, B. 10. 10. Kleine Krugtasse. H. 5, W. 7, 
M. 5. 11. Henkelschale mit eingewölbter Standfläche und zwei erbsen- 
grossen runden Eindrücken. 


470 H. Busse: 


Grab 50. 


Flachliegend, vom Pfluge und von Wurzeln zerrissen die Stiicke von 
l. einem Doppelkonus mit Leichenbrand. 2.—4. Drei Beigefässe, deren 
Form nicht festzustellen. 5. Schüssel mit schräg und breit gefurchtem 
Rande. 


Grab 51. 


In derselben Verfassung wie Grab 50. Erkennen liessen sich: 1. ein 
Doppelkonus mit Leichenbrand und Horizontalriefen über der Bauchkante. 
2. Eine Schüssel mit einer Querrippe auf dem sehr breiten Rande. 
3.—5. Drei kleinere Gefässe, deren Form nicht festzustellen. 


Grab 52. 


Unter einer noch vollständigen Steindecke von 80—100 cm Durch- 
messer standen auf mehreren Steinplatten in Tiefe von 1,20 m folgende 
mehr oder weniger beschädigte Gefässe, die kreisförmig mit Steinen um- 
stellt waren. 1. Sehr grosse Terrine, als Urnenbehälter dienend, mit 
starker Wandung und 13 cm hohem zylindrischen Halse. H. 36 bis 40. 
W. etwa 42. Am unteren Halse vier breite Horizontalfurchen, darunter 
vertikale, bis zur Bauchkante sich hinziehende abwechselnde Gruppen von 
je drei Rippen und sechs Furchen. Der Unterteil gerauht. 2. Doppelkonus 
mit Leichenbrand. H. 28, W. 33, M. 24, B. 9. Uber der Bauchkante 
vier breite horizontale Riefen. Unterteil gerauht. 3. Schüssel mit zwei 
plastischen Figuren in Hufeisenform auf dem 4'/, cm breiten Rande. (Siehe 
Abb. S. 493). Unter dem Rande eingezogen. Niedriger Fuss. 4. Schüssel 
mit einer Querrippe und einer horizontalen Facette auf dem 4'/,cm breiten 
Rande. H. 8, M. 30 und 22,5, B. 11. Ohne Fuss. 5. Doppelkonus mit Leichen- 
brand. H. 15, W. 24, M. 19. Unterteil gerauht. Über der scharfen 
Bauchkante sechs horziontale Riefen, darüber Gruppen von je sieben 
runden Grübchen. 6. Schüssel mit etwas nach innen gebogenem, schräg 
abgeflachtem Rande. Aussenfläche unregelmässig radial und horizontal 
gerieft. 7. Zweihenklige Terrine. H 20,5, W. 30,5, M.32 und 26,5, B. 11. 
(Siehe Abb. Seite 492). Sehr weite, niedrige Form. Der konische, 2,5 cm 
hohe Fuss hat fünf Horizontalfurchen, ebene Standfläche und ist innen hohl. 
Weite am Halsansatz 25 cm. Der niedrige Hals ist wenig eingebogenund dann 
stark ausladend. Der breite Rand zeigt zwei horizontale Facetten. Auf 
jedem Henkel ein Längsgrat. Auf dem Bauche vier kleine Buckel, jeder 
umrahmt mit drei breit gefurchten konzentrischen Halbkreisen. Zwischen 
diesen Figuren stehen Gruppen von je fünf breiten Vertikalfurchen. Sehr 
seltenes, schönes Gefäss! 8. Kugeliges Töpfchen mit ganz enger Mündung. 
H. 4,5, W. 5,5, M. 2, B. 2. 9. Krugtopf mit schräg und breit gefurchtem 
Bauche. 10. Terrine, sehr schwachwandig, mit zwei Henkeln und konischem 
Halse, ohne Ornament. H. 19, W. 20, M. 14, B. 11. 11. Kleiner Doppelkonus, 
H. 11, W. 14, M. 10, B. 6. Mit vier Horizontalriefen über der Bauch- 
kante. — Westlich von den letzteren Gräbern wurden wiederum drei 
Steinpyramiden ausgegraben von derselben Beschaffenheit wie die bei 
Grab 31 näher beschriebenen. | 


Ausgrabungen bei Woltersdorf. 47T 


Grab 53. | 
Unter einer Steinplatte von 42 cm Länge, 35 cm Breite und 8 cm 
Stärke in der Tiefe von 80 cm befand sich in schwarzer Erde in einem 
Kranze aus kleineren Steinen der Leichenbrand ohne Tongefäss. 


Grab 54. 


50 cm tief lagen vier Steine, unter diesen war die Erde mit Ton- 
scherben durchsetzt, weiter unten, in Tiefe von 1 m eine Steinplatte, auf 
der 1. ein Krug stand, bis zum Rande mit dem Leichenbrand von einem 
jugendlichen Menschen gefüllt. H. 15, W. 19, an der horizontalen Hals- 
furche 17, M. 16, B. 8,5. Standfläche wenig gewölbt. Unter dem Henkel 
drei Fingereindrücke. Hals wenig eingezogen. 2. Schüssel mit sehr 
schräg und breit gefurchtem Rande. H. 7, M. 20, innen 18, B. 6. Ko- 
nischer, niedriger Fuss und gerauhte Aussenfläche. (Siehe Abb. 13 S. 452.) 


Grab 55. 


Sehr tief, von Grab 54 drei Meter östlich. Auf einer Steinplatte: 
1. Gerauhter Topf ohne Henkel mit wenig eingezogenem Halse, gefüllt 
mit Leichenbrand. H. 22, W. 22, M. 21, B. 12. Unter den Schädel- 
stücken ein Stück runder Bronzedraht von 1 cm Länge. Bedeckt mit 
einer 2. Schüssel mit breitem, ausgelegtem Rande. Aussenfläche mit 
gekreuzten Riefen geziert. Niedriger Fuss. Mit der Mündung am Topf 
liegend. 3. Eine Henkelschale mit eingewölbtem Boden. H. 4, M. 11, B. 3. 


Grab 56. (Siehe Abb. 14 auf Seite 493). 


Nur 17/, m östlich vom Grab 55 und 80 cm tief. 1. Krug mit ver- 
hältnismässig kleinem Henkel, niedrigem, horizontal gerieftem Fuss und 
schrägen, breiten Furchen auf dem Bauche. H. 16,5, W. 18,5, am Hals- 
ansatz 16, M. 15,5, B. 9,5. Mit Leichenbrand eines jugendlichen Menschen. 
Am unteren Halse drei breite, horizontale Riefen. Gedeckt von einer 
2. Schüssel mit einem nach innen abgeflachten Rande. 3. Kleine Vase 
mit zwei Henkeln. H. 10, W. 10,5, M. 6, B. 5,5. Auf dem oberen 
Bauche Gruppen von je fünf schräg stehenden Riefen. Zwischen jeder 
Gruppe unterhalb der horizontalen Halsfurche drei runde Grübchen. 
Niedriger Fuss. 

Grab 957. 

Zwei Meter östlich von Grab 56, in Tiefe von 70 cm war der Leichen- 
brand eines jugendlichen Menschen in einer grossen, dickwandigen, aber 
sehr mürben Schüssel beigesetzt, deren Rand nach aussen gelegt war. 
Darauf lag 2. ein im Feuer ganz breit geschmolzener, verbogener, asch- 
grauer Topf mit zwei Henkeln. H. etwa 8, M. 10, B. 5. Daneben, mit 
der Mündung nach untenstehend: 3. Kugelige Tasse. H.10, W. 12, 
M. 10,5, B. 15,5. 4. Gerauhter Topf mit geringer Halseinschnürung und 
fünf spitzen Knöpfen unter dem Rande. 5. Konische Tasse. H. 8,5, 
M. 11,5, B. 6. 6. Kleiner, tonnenförmiger Eimer mit zwei Henkeln. 
Zwischen den Henkeln drei Horizontalriefen. Über dem Boden ein 
gleiches Band. Auf der mittleren Gefässfläche Gruppen von je drei 
Riefen, einmal vertikal, das andere Mal schräg stehend. H.8, M. 9, B. 7. 


472 H. Busse: 


Grab 58. 


Vom Grab 57 3 m östlich, zwischen vielen Steinen zerdrückte Gefässe. 
1. Doppelkonus mit drei horizontalen Riefen über der Bauchkante, über 
dieser stehen Gruppen von je zwei runden Grübchen. Mit Leichenbrand. 
2. Schüssel, deren 6 cm breiter Rand schräg nach aussen gelegt ist. 
Aussenfläche gerieft. 3. Gerauhter Topf mit Knöpfen unter dem Rande. 
4. Schüssel mit nach innen gebogenem, schräg abgeflachtem Rande. B. 11. 
5. Tonnenförmiger, kleiner Eimer, sehr starke Wandung. H. 9, M. 9, 


B. 9. — 6. Näpfchen, von niedriger Form, ähnlich einem Blumentopf- 
untersatz. M.8. — 7. Henkelloser Topf von Becherform. H. 12. 
Grab 59. 


In Tiefe von 1,10 m, von Wurzeln durchwachsen. 1. Doppelkonus 
mit Leichenbrand und drei Horizontalriefen, über diesen runde Grübchen. 
Masse nicht festzustellen. 2. Schüssel mit nach aussen stehendem breiten 
Rande. 3. Topf mit zwei Henkeln, niedrigem, zylindrischem Halse, zwei 
Horizontalriefen am Halsabsatz und unter den Riefen fünf grössere, 
runde Eindrücke. Auf den Henkeln ein Längsgrat. Höhe und W. 
etwa 16. — 4. Krugtasse mit niedrigem Fusse. H. u. W. etwa 10. 
5. Starkwandige, konische Tasse mit einem Längsgrat auf den Henkeln. 
H. 10, M. 9, B. 6. | 

Grab 60. 


Unter einem vollständig erhaltenen Steinpflaster von etwa 80 bis 90 cm 
Durchmesser auf Steinplatten lagernd 1. Doppelkonus mit Leichenbrand. 
Zwischen den Schädelstücken ein zusammengebogener Bronzering aus 
runden Draht. Über der Bauchkante vier breite, horizontale Riefen und 
darüber Gruppen von je drei runden Eindrücken. H. 24, W.30, B. 9. 
2. Schüssel mit zwei horizontalen Facetten auf dem breiten Rande. Der 
innere Schüsselboden zeigt drei konzentrische Kreisfurchen. 3. Gerauhter 
Topf ohne Henkel mit Knöpfen unter dem Rande. H. 16, W.16, M. 14. 
4. Einfaches, kleines, henkelloses Tépfchen in Becherform, gefüllt mit 
den kleinen Knochen eines Kindes. Darüber lag 5. eine Schüssel mit 
schräg abgeflachtem Rande. 


Grab 61. 


Unter einer Steinpflasterung auf einer Steinplatte 1,25 m tief. 
1. Doppelkonus mit Leichenbrand und unregelmässig vertikal und schräg 
gerieftem Unterteil. H. 23, W. 30, B. 9. — 2. Schüssel mit breitem 
Rande. 3. Terrine mit zwei Henkeln. H. 18, W. 23, B. 10. Auf dem 
Bauche Figuren, bestehend aus Dellen, die mit konzentrischen und ge- 
furchten Halbkreisen umrahmt sind. Zwischen diesen Figuren stehen 
Gruppen von je vier vertikalen, breiten Furchen. 4. Konische Tasse. 
H. 9, M. 9, B. 7. — 5. Krugtasse mit eingewölbtem Boden und schräg 
gefurchter Bauchfläche. 

Grab 62. 

Unter einem Steinpflaster auf Steinplatten, 1m tief und auch von 

Steinen umstellt: 1. Henkellose, weitbauchige Terrine mit niedrigem, 


Ausgrabungen bei Woltersdorf. 473 


wenig ausladendem Halse. H.12, W. 19, am Halsansatz 13, M. 14, B. 5,5. 
Auf dem Bauche vier spitze kleine Buckel, jeder umrahmt mit einer halb- 
kreisförmigen Leiste. Die Standfläche eingewölbt. Gefüllt mit dem 
Leichenbrande einer jugendlichen Person. (Siehe Abb. 9a auf Seite 453.) 
Zwischen den Knochen fand sich ein kleiner Ring aus Bronzeblech, 
Durchmesser 1,4 cm, Breite 4 mm, er war so schwach, dass er in drei 
Stücke zerbrach 2. Schüssel mit einer horizontalen Facette auf 
dem breit nach aussen gelegten Rande und mit unregelmässig ge- 
riefter Aussenflache. M. 28. 3. Kleine Vase mit engem, zylindrischem 
Halse und zwei kleinen Henkeln. H. 12, W. 12,5, am Halsansatz 
5,5, M. 4,7, B. 5. Unter den fast rechtwinkligen Henkeln je ein 
kleiner, spitzer Buckel, mit zwei breiten Furchen im Halbkreise um- 
rahmt. Diese beiden und zwei horizontale Halsfurchen bilden scharfe 
Grate. Zwischen diesen Buckelfiguren befinden sich, auch auf der Bauch- 
kante, vier erbsengrosse Eindrücke, die im Halbkreise von drei konzen- 
trischen schmalen Riefen umzogen werden. 4. Kleiner D.-Konus, ziegel- 
rot, mit zwei kleinen Henkeln über der scharfen Bauchkante. H. 8,5, 
W. 12, M. 10, B. 5. Der untere Teil ist im Verhältnis zum oberen sehr 
niedrig. Die Bauchkante ist schräg gerippt, über derselben vier horizontale 
Riefen und auf diesen sechs Gruppen von je drei erbsengrossen Grübchen. 
5. Tasse von konischer Form, wenig nach aussen gewölbt. H. 5.5, M. 8,5, 
B. 4. Der Henkel hat einen Längsgrat. 6. Tasse, wie 5, nur niedriger. 
H. 3, M. 5,5, B. 3. Der Henkel hat einen Längsgrat, und unter ihm sind 
drei runde Grübchen eingedrückt. 7. Krugtasse mit eingewölbter Stand- 
fläche und schrägen, breiten Furchen auf dem Bauche. Über der hori- 
zontalen Halsfurche gruppenweise erbsengrosse Eindrücke. H.7,5, W. 10, 
M. 9, B. 2,5. 8. Tonnenförmiger Topf mit zwei Henkeln und konischem, 
etwas eingezogenem Halse. Unter der horizontalen Halsfurche zehn 
grössere runde Grübchen, die in gleichen Abständen stehen. H. 15, 
W. 15, M. 10, B. 7,5. 9. Zweihenkliger Topf, von gleicher Form wie 
8. Die Grübehen stehen jedoch über der breiten Halsfurche gruppen- 
weise. Unter jedem Henkel auch noch drei solcher Griibchen. Auch ein 
Längsgrat auf den Henkeln. H.15, W. 15, M. 9,5, B. 6,5. 10. Gerauhter 
Topf mit Knöpfen unter dem Rande. 


Grab 63. 


Die Situation des Grabes wie 62, nur von Wurzeln durchwachsen. 
1. D.-Konus mit Leichenbrand. Sehr mürbe. W. etwa 30. Uber der 
Bauchkante drei breite horizontale Riefen. Der Unterteil radial und schräg 
gerieft. 2. Schüssel mit breitem, ausgelegtem Rande und unregelmässig 
geriefter Aussenfläche. 3. Krug mit eingewölbter Standfliche und schräg 
gefurchter Bauchfläche. H. 13, W. 15, M. 13,5, B. 5. 4. Tonnenförmiger 
Topf ohne Henkel und ohne Hals. 5cm unter dem Rande eine horizon- 
tale Leiste aufgesetzt, mit regelmässigen, tiefen, vertikalen Einschnitten. 
H. 16,5, W. 17,5, M. 14, B.9. (Siehe Abb. S. 495.) 5. Grosser breitrandiger 
Napf mit stark eingezogenem Halse. H. 12,5, W. 18,5, M. 18,5, B. 8,5, 
6. Gerauhter Topf mit Knöpfen unter dem Rande H. 15, W. 15, 

Zeitschrift für Ethnologie. Jahrg. 1911. Heft 3 u. 4. 31 


474 H. Busse: 


M. 18, B. 9. 7. Kleine Vase. H. 5, W. 5, M. 3. Die Beigefässe 3 
bis 6 lagen mit dem Boden nach oben. 8. Krug mit einem 1,5 cm 
hohen Fusse. 

| Grab 64. 


In der Tiefe von 60 cm eine regelmässige Steinpackung, unter der- 
selben eine mit Topfscherben gemischte Erdschicht und sodann vom 
Niveau 1,30 m tief stehend: 1. D.-Konus mit Leichenbrand und niedrigem 
Fusse. Der Oberteil stark eingewölbt. Über der scharfen Bauchkante 
vier horizontale Riefen. Der Unterteil ist kreuzweise gerieft. 2. Schüssel 
mit breitem, ausgelegtem Rande. 3-5. Stücke von drei Beigefässen, 
deren Form nicht festzustellen. 


Grab 65. 


Die Steinpflasterung ist 65, die Basis des Grabes 110 cm tief. Auf 
einer Steinplatte: 1. Sehr grosse Terrine, starkwandig, mit weitem Halse 
und gerieftem Unterteil. Form wie 1 aus Grab 43. Sie diente als 
Behälter der 2. Terrine mit Leichenbrand. Sehr wenig ausgewölbter, 
konischer Hals und niedriger Fuss. H. 19,5, W. 22, am Halsansatz 17,5, 
M. 16, B. 7,5. Unter den Schädelstücken lag ein Ring aus Bronzeblech 
mit einer horizontalen Riefe auf der Aussenseite. Durchmesser 1,4 cm, 
Breite 3 mm. Der Ring ist offen und die Enden sind übereinander- 
gebogen. 3. Schüssel mit niedrigem, eingewölbtem Fusse und eingezogenem 
Halse. Der breit ausgelegte Rand ist ringsherum in gleichen Abständen 
mit kleinen dreieckigen Spitzen versehen. H. 11, W. 31,5, B.10. 4. Ge- 
rauhter, henkelloser Topf mit Knöpfen unter dem Rande. H.15, W. 18, 
M. 14, B. 8. 5. Krugtasse. H. 8,5, W. 10,5, M. 10,5, B. 5,5. 6. Krug 
mit breitem Henkel und einem 1 cm hohen, konischen Fusse. Der Hals 
weit ausladend. H. 14,5, W. 15, M. 14, B.6. 7. Vase mit zwei Henkeln 
und hohem, konischem Halse. H. 17,5, W. 17, M. 11,5, B. 7,5. 8. Krug- 
tasse mit breitem Henkel, niedrigem Halse und niedrigem Fusse. H. 7, 
W. 11,5, M. 10,5, B. 7,5. Die Gefässe 5—8 mit dem Boden nach oben 
stehend. 


Grab 66. 


60 cm tief lag ein unberührtes Steinpflaster von 1 m Durchmesser und 
30cm Stärke. Unter diesem Pflaster befand sich eine mit Steinen um- 
legte runde Grube, deren Boden ebenfalls mit Steinen gepflastert war. 
Die Basis betrug 1,40 m, der Durchmesser der Gruft 70 bis 80 cm. Darin 
lagen nun die meist zerdrückten Gefässe: 1. Sehr grosse Terrine, dick- 
wandig, mit niedrigem Fusse. H. 36, W. etwa 48, M. 35, B. 16. Form 
wie die ad 7 in Grab 32. Auf dem Bauche einzelne vertikal aufgesetzte 
Rippen. Unterteil gerauht, die übrige Fläche geglättet. Sie diente als 
Urnenbehälter. 2. Schüssel mit nach innen umgelegtem, breit und schräg 
gefurchtem Rande. 3. D.-Konus mit Leichenbrand in 1 stehend, mit 
vier breiten horizontalen Riefen über der scharfen Bauchkante. H. 26, 
W. 31, M. 24, B. 10. Unterteil uuregelmässig radial und schräg geritzt. 
Uber den Riefen sind gruppenweise Fingereindrücke angebracht. 


Ausgrabungen bei Woltersdorf. 475 


4. Schiissel mit zwei horizontalen Facetten auf dem breiten Rande. 5. Ge- 
rauhter Topf mit wenig eingezogenem Halse und Knöpfen unter dem 
Rande H. 17, W. 18, M. 16, B. 10. Gefüllt mit Leichenbrand. 
6. Schüssel mit ausgelegtem, breitem Rande. 7. Kleine Schale mit ein- 
gewölbtem Boden. H. 5,5, M. 10,5. Auf der Aussenfläche vier vertikale 
Reihen erbsengrosser Grübchen. In der Schale die kleinen Knochen 
eines Kindes. Gedeckt mit 8. kleiner Schale ohne Standfläche H. 6, 
M. 10. 9. Kleine Schale, ebenfalls ohne Standfliche. H. 6, M. 11,5. 
10. Krugtopf mit eingewölbter Standfläche und vier kleinen Buckeln auf 
dem Bauche. H. 9,5, W. 12, M. 10,5, B. 4. 11. Krugtasse mit einge- 
wölbtem Boden und schräg gefurchtem Bauche. H. 8,5, W.10, M. 9, B.4. 
Der Henkel ragt über die Mündung hinaus. 12. Krugtasse von gleicher 
Form wie 11, die Furchen auf dem Bauche sehr schräg stehend. 
13. Krugtopf von schwacher Wandung mit sehr breitem Henkel, ein- 
gewölbtem Boden und schräg gefurchtem Bauche. Auf dem Rande zu 
beiden Seiten des Henkels zwei spitze Hörnchen. H. 12, W. 19, M. 15, 
B. 7. — 14. Gerauhter Topf mit wenig eingezogenem Halse und Knöpfen 
unter dem Rande. 15. Kleine Terrine mit zwei Henkeln. W. etwa 15. 
16. Schüssel mit einem 1 cm breiten, schräg ausgelegten Rande. Unter 
der Schüssel stehend 17. ein kleiner D.-Konus mit drei horizontalen 
Riefen über der Bauchkante und über den Riefen Gruppen von je drei 
kleinen Grübchen. Gefüllt mit kleinen Knochen eines Kindes. H. 10, W. 14. 


Grab 67. 


Unter zehn Steinen, 80 cm tief, im Sande stehend, deshalb gut erhaltene 
Gefässe. 1. Sehr schöner Pokal mit zwei kleinen Henkeln und einem 5 cm 
hohen konischen Fusse. H. 14,5, W. 14,5, M. 13, B. 10. (Siehe Abb. Seite 494.) 
Der Fuss hat eine ebeneStandfläche, 12 breite horizontale Riefen und ist innen 
hohl. Der obere Teil des Pokals ist doppelkegelig, über der Bauchkante 
vier breite Horizontalriefen. Über diesen stehen vier Figuren, gebildet 
aus einer kleinen Delle, die umrahmt ist mit zwei breiten konzentrischen 
Furchen in Halbkreisform. Merkwürdig ist die Stellung dieser Gruppen. 
Sie stehen in gleichen Abständen derartig, dass zwischen den beiden 
Henkeln je drei stehen müssten, doch es stehen nur zwei, der dritte Platz 
ist leer gelassen. Der Pokal war bis zum Rande gefüllt mit dem Leichen- 
brande eines jugendlichen Menschen. Bedeckt war er mit 2. einer Terrine 
ohne Henkel. H. 15,5, W. 25, M. 20. Der Boden ohne ausgeprägte Stand- 
fläche. Der niedrige Hals etwas eingewölbt wenig ausladend und durch eine 
schmale Furche abgesetzt. Auf dem Bauche vier kleine spitze Buckel, die 
umrahmt sind mit zwei konzentrischen, scharfkantigen Leisten in Dreiviertel- 
kreisform. Das Gefäss ist sehr schön geglättet und rötlich braun. 3. Schüssel 
mit zwei plastischen Bogen auf dem 2,5 cm breiten ausgelegten Rande. 
(Siehe Abb. Seite 493.) Aussenfläche radial gerieft. Unter dem Rande 
stark eingezogen. 4. Krugtopf mit sehr schräg gefurchtem Bauche und 
eingewölbter Standfläche. H. 13,5, W. 21, an der horizontalen Halsfurche 
19,5, M. 21. An beiden Seiten des mit einem Längsgrat versehenen sehr 
breiten Henkels zwei spitze Hörnchen. 5. Krugtopf mit sämtlichen Eigen- 

31” 


476 H. Busse: 


schaften wie 4, nur wenig kleiner. H. 13, W.17,5, an der Halsfurche 
14, M. 15, B. 4. 6. Gerauhter Topf mit Knöpfen unter dem Rande und 
wenig eingezogenem Halse. H. 20, W. 21, M. 17, B. 9. Sämtliche Bei- 
gefässe lagen mit dem Boden nach oben. 7.Krugtopf mit bis zum Boden 
führenden schrägen breiten Furchen und eingewölbter Standflache. H. 11, 
W. 15, an der Halsfurche 11,5, M. 14, B. 3,5. 


Grab 68. 


Unter einer Steinpflasterung von 1,25 m Durchmesser auf zwei Stein- 
platten liegend. 

l. Sehr grosse Terrine, in Form und Grösse wie Nr. 7 aus Grab 32. 
Am oberen Bauche Gruppen aus je drei grösseren runden Dellen. 
Darin stand: 2. Terrine mit eingewölbter Standflache. W. etwa 25. Ge- 
naue Form unbestimmbar. Im Leichenbrande lagen die vom Feuer sehr 
beschädigten Stücke einer Nadel aus Bronze. 3. Schüssel mit zwei hori- 
zontalen Facetten auf dem breiten, ausgelegten Rande. 4 Terrine mit 
zwei Henkeln und einer breiten Halsfurche. W. etwa 18. — 5. Kleiner 
henkelloser Topf mit stark eingezogenem Hals und breitem Rande. W. 
etwa 13. 


Grab 69. 


Nahe der Kl.-Schönebecker Grenze drei vom Pfluge zerrissene grössere 
Steinpflaster mit Tonscherben, also flachliegende zerstörte Gräber. 

Unter einer vierten Pflasterung: 1. Doppelkonus mit Leichenbrand, 
genaue Form nicht gut erkennbar. 2. Schüssel mit breitem Rande. 
3. Kleine Schale mit eingewölbtem Boden. 4. bis 6. Drei Beigefässe 
deren Form und Grösse unbestimmbar. 


Grab 70. 


In derselben Verfassung und ebenso flach liegend und zerstört wie 
Grab 69. 

1. Doppelkonus mit Leichenbrand. 2. Schüssel mit zwei horizontalen 
Facetten auf dem breiten Rande. 3. Gerauhter Topf mit Knöpfen unter 
dem Rande. 4. und 5. Beigefässe mit unkenntlichen Formen. 


Grab 71. (Siehe Abb. 15.) 


Ziemlich in der Mitte der Nekropole, 90 cm tief unter zwölf grösseren 
Steinen, stand auf einer Steinplatte: 1. Ein zerdrückter Doppelkonus mit 
Leichenbrand. W. etwa 26. Uber der scharfen Bauchkante drei horizon- 
tale Riefen. Die Urne war durch zwei grosse Steine vollständig zer- 
drückt. Ebenso 2. eine Schüssel mit breitem Rande und geriefter Aussen- 
fläche und 3. kleine Schale mit eingewölbtem Boden. M.8. Besser er- 
halten, mit dem Boden nach oben und tiefer im Sande stehend, waren: 
4. Grosser Napf mit stark eingezogenem Halse, breitem Rande und nie- 
drigem Fusse. H. 11, W. 19,5, M. 20,5, B. 7. — 5. Sehr schöne Buckel- 
urne (Napfform) mit fünf grossen, spitzen, von innen herausgedrückten 
Buckeln. H. 15, W. 26, an der horizontalen Halsfurche 15,5, M. 24 und 
19,5, B.9. Der nach innen gewölbte konische Fuss ist 1,5 cm hoch. Der 


Ausgrabungen bei Woltersdorf. 477 


niedrige Hals ist stark ausladend, der 2,25 cm breite Rand steht etwas 
schrag und zeigt eine horizontale Facette. Uber jedem Buckel stehen in 
Dreiviertelkreisform zwei konzentrische, breite Furchen, die scharfe, erhöhte 
Grate bilden. Die ganze Aussenfläche ist geglättet und schwarz angeblakt. 
6. Ebenso schöne Buckelurne (Vasenform) mit zwei Henkeln, die sich 
über und unter der horizontalen Halsfurche ansetzen. H. 24, W. 23, M. 11, 
B. 8. Der 2,3 cm hohe ebene Fuss ist konisch, der 9 cm hohe Hals zylin- 
drisch. Auf der ziemlich scharfen Bauchkante vier grosse Buckel, die 
mit zwei breiten konzentrischen Furchen in Dreiviertelkreisform umrahmt 
sind. Die Furchen werden von drei scharfen Graten eingefasst. Das 
Ganze bildet eine hervorragende Dekoration. Die Aussenfläche der Urne 
ist schön geglättet und angeblakt. 7. Ein feinwandiger unverzierter Krug- 
topf mit konischem Fusse, zylindrischem Halse und ausgelegten breiten 
Rande H.11, W.13, M.10, B.5. Leider hatten einige Wurzeln den 
unteren Teil durchwachsen und zerstört. Während nun die Gefässe 4 bis 7 


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5 6 


Abb. 15. Grab “1. 


mit dem Boden nach oben standen, fand sich von ihnen 40 cm abstehend, 
aufrecht mit der Mündung nach oben noch 8. eine kleinere Buckelurne 
von niedriger Terrinenform und mit zwei Henkeln, die einen Längsgrat 
zeigen. Eine gleiche Form zeigt Nr. 4 in Grab 28. H. 11,5, W. 15,5, am 
Halsansatz 14,5, M. 13, B. 6. Die Ornamente sind sämtlich sehr sorgfältig 
modelliert und sauber ausgeführt und ist dies Gefäss ganz fehlerlos der 
Erde entnommen. Seine Farbe ist lederbraun. Der Fuss ist wenig ein- 
gewölbt, der Hals konisch. Zwischen den Henkeln vier Horizontalfurchen, 
darüber sechs Gruppen vou je vier runden, kleinen Eindrücken. Auf der 
Bauchkante stehen vier ein wenig nach unten sich neigende spitze Buckel, 
zwei davon direkt unter den beiden Henkeln. Ein jeder ist bogenförmig 


konzentrisch umrahmt von zwei breiten und einer dritten etwas schmäleren 


Furche und von zwei scharfen Graten, die durch die Furchen gebildet 
werden. Der obere Grat der beiden Figuren unter den Henkeln ist der- 
artig erhöht, dass er direkt in die Henkelkanten übergeht. Zwischen den 
vier Buckelornamenten ist die obere Bauchfläche von den Halsfurchen bis 
zur Bauchkante mit vertikalen, parallelen Furchen geziert, die so dicht 
nebeneinander stehen, dass scharfe Grate gebildet werden. 


478 H. Busse: 


Grab 72. 


Die Steindeckung und die oberen Teile der Gefässe vom Pfluge fort- 
gerissen, etwa 50 cm tief liegend auf einer Steinplatte und mit Steinen 
umstellt. 1. Terrine mit Leichenbrand. Genaue Form unkenntlich. 2. und 
3. Zwei Beigefässe, deren Form ebenfalls nicht festzustellen. 


Grab 73. 


Auch vom Pfluge zerstört, jedoch noch von mehreren Steinen ge- 
schützt. 1. Doppelkonus mit Leichenbrand, mit niedrigem Fusse und drei 
breiten horizontalen Riefen über der scharfen Bauchkante. H. 26, W. 33, 
M.25, B.10. 2. Schüssel mit breitem Rande. 3. Gerauhter Topf mit 
Knöpfen unter dem Rande. H. 22, W. 21, M.19, B.10. 4. Kleine Schale 
mit eingewölbtem Boden. 


Grab 74. (Siehe Abb. 16 auf Seite 493.) 


Unter vielen Steinen, 1 m tief, auf weissem Sande stehend. 1. Eine 
Terrine mit Leichenbrand und konischem, wenig ausgewölbtem Halse. 
H. 22,5, W. 24, am Halsansatz 20,5, M. 18, B. 10. Auf der weitesten Aus- 
bauchung vier horizontale schmale Riefen, darunter radial zum Boden 
führende feine Einritzungen. 2. Schüssel mit ausgelegtem breiten Rande. 
3. Krug, verkehrt stehend, mit eingewölbtem, 2cm hohem, konischem 
Fusse. H.17, W. 16,5, an der horizontalen Halsfurche 11, M. 16, B. 7. 
Die Bauchfläche wird durch eine scharfe Kante in eine sehr hohe und in 
eine sehr niedrige Hälfte geteilt. Der wenig eingezogene Hals ist sehr 
stark ausladend. Der grosse 4 cm breite Henkel setzt oben lcm unter 
dem Rande an und auf dem oberen Bauche ab. Von der Halsfurche bis 
zur Bauchkante stehen etwas schräge Gruppen von je zehn breiten Riefen. 
4. Kleine Terrine, auch mit dem Boden nach oben stehend, ohne Orna- 
ment und von derselben Form wie die Leichenbrandurne 1. H. 11,5, 
W. 13,5, am Halsansatz 11,5, M. 9,5, B. 5,5. Sie kam fehlerlos heraus. 


Grab 75. 


Unter vielen Steinen, 1 m tief, auf einer Steinplatte. 1. Eine zer- 
drückte Terrine mit Leichenbrand. H. 24, W. 32, M. 23, B. 11. Zwischen 
den Knochen zehn grössere und kleinere Bronzestücke (Fragmente), die 
vom Feuer verzogen und angeschmolzen sind. 2. Schüssel mit spitzen 
Hörnchen am breiten Rande. Die nun folgenden Beigefässe lagen sämt- 
lich mit dem Boden nach oben. 3. Kleine Terrine mit zwei Henkeln 
ohne Ornament. H. 8,5, W. 11, M. 7,5, B. 7. Oberfläche vom Feuer blasig 
und aschgrau. 4. Grosser Napf mit eingewölbtem, konischem Boden und 
breitem, ausgelegtem Rande. Hals eingezogen. Der Rand zeigt, kaum merk- 
lich, rings herum kleine Spitzen. Das Gefäss wurde fehlerlos der Erde ent- 
nommen. 11.16, W.21, an der Halsfurche 15,5, M. 19, BI — 5. Henkel- 
loser grosser Topf, ohne Ornament, mit stark eingezogenem Halse und 
breitem schrägem Rande. JI. 22, W. 21, am Halsansatz 16,5, M. 21, B. 10. 
6. Dunkelbrauner, glänzender Krug von seltener eleganter Form mit ein- 
gewölbter Standfläche, sehr niedrigem Unterteil, hohem, etwas ein- 


Ausgrabungen bei Woltersdorf. 479 


gebogenem, stark ausladendem Halse und sehr grossem, bandförmigem 
Henkel. H. 16, W. 11,5, am Halsansatz 9, M. 14, B. 4. (Siehe Abbildung 
Seite 494). — 7. Tonnenférmiger Topf mit niedrigem Halse und breit 
ausgelegtem Rande. H. 14, W.14, M. 14,5, B. 7,5. — 8. Kleinere Terrine 
mit zwei Henkeln, 1,5 cm hohem konischen Fusse, weitem Bauche und 
konischem hohen Halse. H. 18, W. 18, M. 11, B. 8. Schön geglättet, 
glänzend und dunkelbraun. 


Grab 76. 


Flach liegend, vom Pfluge zerrissen. 1. Doppelkonus mit Leichen- 
brand. Masse nicht festzustellen. 2. bis 4. Drei Beigefässe, deren Formen 
nicht bestimmbar. 


Grab 77. 


Nachdem ich einige sehr zerstörte Grüfte konstatiert hatte, fand ich 
90 cm tief, bedeckt von vielen Steinen, eine Grube, die mit Steinen um- 
stellt war. In dieser lag der Leichenbrand von zwei erwachsenen Per- 
sonen. Auf den Knochen lag eine Schüssel mit niedrigem Fusse und nach 
innen gebogenem, breit und schräg gefurchtem Rande. Die Aussenfläche 
hat blattförmiges Ornament, dazwischen horizontale und schräge tiefe 
Riefengruppen. 


Grab 78. 


2 m östlich vom Grab 77 wurde eine Steinpyramide von 80 cm Durch- 
messer und 60 cm Höhe ausgegraben, und 1m nördlich von derselben kam 
unter einer grösseren Steinpackung ein grosses Grab zum Vorschein. Die 
Gefässe standen auf drei Steinplatten, 1,10 m tief, und waren ebenfalls mit 
Steinen umlegt. (Siehe Abb. 17 auf Seite 464.) 

. Eine grosse Terrine mit scharfer Bauchkante und ausladendem 
konischen, 12 cm hohem Halse, H. 27, W. 39, am Halsansatz 32, M. 33, 
B. 13, mit niedrigem Fusse und gerauhtem Unterteil. Am oberen Bauche 
stehen sechs Gruppen, jede aus sechs vertikalen, parallelen, breiten Rippen 
bestehend. Darin stand: 2. eine niedrige zweihenklige Terrine mit Leichen- 
brand, H. 17, W. 31, an der Halsfurche 27, M. 24, B. 10. Der konische 
Hals ist stark eingewölbt, an seinem unteren Teile zwischen den Henkeln 
ein Band aus sieben horizontalen schmalen Riefen. Von der Halsfurche 
bis zur Bauchkante ist die Urne mit schräg stehenden Gruppen von ab- 
wechselnd 10 bis 12 Riefen und Furchen geziert. Der Fuss ist niedrig. 
Unter den Schädelstücken lag ein Ring aus stärkerem Bronzedraht, dessen 
Enden übereinander gebogen waren. 3. Grosse Schüssel mit nach innen 
gebogenem und schräg gefurchtem Rande. 4. Kleinere Schüssel, von 
gleicher Form wie 3, die Aussenfliche ist radial und schräg gerieft. 
5. Terrine mit drei horizontalen Facetten auf dem oberen Bauch. H. 17, 
W. 18,5, M. 14, B. 8,5. Uber der Halsfurche Gruppen aus je drei 
runden Grübchen. Die Urne war gefüllt mit dem Leichenbrande eines 
jugendlichen Menschen. Auf den Knochen lagen zwei Ringe aus Bronze- 
draht. Die Enden waren übereinander gebogen. Durchmesser: 1,6 cm. 
Beide derartig oxydiert, dass sie zerbrachen. 6. Schüssel wie 3, nur 


480 H. Busse: 


kleiner. 7. Weitmiindiger konischer Topf mit zwei Henkeln und etwas 
ausgewölbter Wandung. H.16, M. 19, B. 9. Dieser Topf war zur Hälfte 
gefüllt mit Leichenbrand eines jugendlichen Menschen und bedeckt mit einer 
8. Schüssel von der Form wie 6. 9. Terrine, deren Grösse und ge- 
naue Form sich nicht feststellen liess. Sie diente als Behälter für 7 
und 8. 10. Kleine Terrine mit zwei Henkeln und hohem konischen Halse. 
Am Halsansatz und unter der Bauchkante eine horizontale Furche, da- 
zwischen rund herum aus Riefen gebildete sogenannte schraffierte Dreiecke. 
Dieses Ornament hier zum ersten Male gefunden. H 11, W. 14,5, M. 11,5, 
B. 5,5. 11. Gerauhter Topf mit Knöpfen unter dem Rande. 12. Konische 
Tasse, mit etwas ausgebogener Wandung und zwei spitzen Hörnchen an 
den Seiten des oberen Henkelansatzes. 


. Grab 79. 


Flachliegend, ohne Decksteine, die Gefässe zerrissen. Von Grab 78 
östlich 3 m entfernt. 1. Doppelkonus mit Leichenbrand. 2. Schüssel mit 
breit gefurchtem Rande. 3. Kleine Schale mit eingewölbtem Boden. 


Grab 80. 


4m östlich von Grab 79 auch in derselben Verfassung. 1. Terrine 
mit gerauhtem Unterteile und mit Leichenbrand. Auf der Bauchkante 
kleine Buckel, die mit konzentrischen breiten Furchen in Halbkreisform 
umrahmt sind. Zwischen diesen Figuren vertikale Furchengruppen. 
2. Schüssel mit breitem Rande. 3. Grosser niedriger dunkelbrauner Krug- 
topf mit wenig eingewölbter Standfläche und hohem eingebogenen Halse. 
Der breite Henkel hat einen Quer- und darunter einen Längsgrat. 


Grab 81. 


Im Osten des Gräberfeldes fanden sich zwei Steinpyramiden von 80 und 
100 em unterem Durchmesser, Höhe 80 bis 90 cm. 3 m nördlich von ihnen 
zwischen Decksteinen und auf Steinplatten stand zerdrückt: 1. Terrine 
mit gerauhtem Unterteile. W. etwa 30. Gefüllt mit Leichenbrand. Am 
Halsansatz vier horizontale Riefen, darüber Gruppen von runden Grübchen. 
Auf dem Bauche schräg aufgelegte Rippen, einzeln stehend. 2. Schüssel 
mit zwei horizontalen Facetten auf dem breiten Rande. 3. Krugtopf mit 
niedrigem konischen Fusse und sehr schräg gefurchter Bauchflache. H. 12, 
W. 18, M. 14, B.8. 4. Krugtasse mit schräg gefurchter Bauchfläche. H. 9, 
W.11, M. 10, B.6. 5. Gerauhter Topf ohne Henkel mit runden spitzen 
Knöpfen unter dem Rande. H. 17, W. 17, M. 16, B.8. 6. Henkelschale 
mit eingewölbtem Boden. Der Henkel ist nicht bogenförmig wie bei 
anderen Schalen, sondern spitzwinklig. H. 3,5, M. 10, B. 4. 7. Tasse, 
deren Form und Grösse wie 12 in Grab 78, auch zwei Hörnchen auf 
dem Rande. 


Grab 82. 


Von den Decksteinen und den unteren Steinplatten zerdrückt, 90 cm 
tief. 1. Eine Terrine mit Leichenbrand und spitzen kleinen Buckeln auf 


Ausgrabungen bei Woltersdorf. 48! 


der Bauchkante, die jedoch nicht umrahmt sind. Zwischen den Buckeln 
stehen jedesmal drei vertikale breite Furchen. Der eingewölbte Hals stark 
ausladend, der Fuss niedrig, das Unterteil gerauht, Masse nicht fest- 
zustellen. 2. Schüssel mit konischem Fuss und zwei horizontalen Facetten 
auf dem breiten Rande. 3. Krugtopf von dünner Wandung mit niedrigem 
Fusse und schräg gefurchter Bauchfläche. H. 14, W. 19, M. 15, B. 6. 
4. Gerauhter Topf mit Knöpfen unter dem Rande. H. 13, W.14, M. 12, 
B. 9. 5. Kleine Schale mit eingewölbtem Boden. 


Grab 83. 


An der Ostseite des Feldes, flachliegend, vom Pfluge zerrissen. 
1. Terrine mit Leichenbrand eines jugendlichen Menschen. Die Bauch- 
fläche schräg gefurcht. Masse nicht genau festzustellen. W. etwa 16. 
2. Schüssel mit breitem Rande. 


Grab 84. 


Östlich der Gräber 71 bis 75, 4 m entfernt von letzteren ein in seinem 
Bau gut erhaltenes Grab; 1,10 m tief lagen die Gefässe auf zwei grösseren 
Steinplatten. Die obere Steindeckung war auch noch intakt. 1. Terrine 
mit niedrigem Fusse, gerauhtem Unterteile, konischem, weit ausladendem 
Halse und einzelnen schrägen Rippen auf dem oberen Bauche. H. 24, W. 27, 
M. 19, B. 9. Gefüllt mit Leichenbrand. 2. Schüssel mit zwei horizontalen 
Facetten auf dem 3,5 cm breitem Rande. 3. Grosse dünnwandige, kugelige 
Vase mit zwei rechtwinkligen Henkeln am engen zylindrischen Halse. 
H. 30, W. 27, am Halsansatz nur 12, M. 9, B. 10,5. Unter den 3 cm breiten 
Henkeln zwei runde Grübchen. Der nach oben sich verengende, wenig 
ausgebogene Hals ist 8cm hoch. (Siehe Abb. 18 auf Seite 464.) 4. Krug- 
topf mit schräg gefurchter Bauchfläche. H. 9, W. 14, M. 14, B. 5,5 
5. Krugtasse mit eingewölbter Standfläche und grossem Henkel. H. 9,5, 
W. 11,5, M, 9,5, B. 4. 6. Kleinere Krugtasse mit eingewölbtem Boden. 
W. etwa 8—9. 7. Napf mit niedrigem Fusse, breitem schrägen Rande und 
dünner Wandung. H. 12, W. 15, M. 13, B. 8. 8. Krug ohne Ornament 
mit niedrigem Fusse, kugeligem Bauche, hohem, eingewölbtem und stark 
ausladendem Halse und grossem breiten Henkel, der 1 cm unter dem 
Rande ansetzt. H. 16, W. 14, M. 13, B. 7. 9. Schüssel mit einem 1 cm 
hohen konischen Fusse, eingezogenem Halse und ausgelegtem breiten 
Rande, der ringsherum mit Querrippen geziert ist, die in gleichen Ab- 
ständen aufliegen. H. 11, M. 21,5, B. 7. Der Henkel ist 3 cm breit. Diese 
Schüssel war gefüllt mit Leichenbrand eines jugendlichen Menschen und war 
bedeckt mit einer 10. Schüssel von gleicher Form wie 9. (Siehe Abb. 18.) 


Grab 85. 


Von Grab 84 4 m östlich, flachliegend, vom Pfluge zerrissen. 
1. Doppelkonus mit Leichenbrand. 2. Schüssel mit gefurchtem Rande. 
3 bis 6, vier Beigefässe, deren Formen nicht festgestellt werden konnten 


482 H. Busse: 


Grab 86. 


Unweit der Grenze, flachliegend, ein zerrissenes Grab, die Gefässe 
mit Steinen umstellt. 1. Sehr grosses schüsselförmiges Gefäss (Satte) 
ohne Henkel. H. 17, W. 44, M. 43, B. 15. Auf einem niedrigen Fusse 
baut sich das Gefäss wie eine Schüssel bis zu dem Halsansatze auf. Jetzt 
folgt jedoch abweichend von der Form einer Schüssel der hohe wenig 
eingezogene Hals zylindrisch bis zu dem geraden, abgestrichenen Rande. 
Die Satte ist vom Boden bis zum Rande gerauht und zeigt mit den 
Fingern radial gezogene flache Furchen. Sie diente als Deckel zur 
2. Terrine mit Leichenbrand, in Form ähnlich wie Nr. 3 aus Grab 78, nur 
ohne Henkel. H.20, W. 27, M. 18, B. 10. Über der Halsfurche Gruppen 
von runden Grübchen. Am oberen Bauche parallele, vertikale, breite Furchen 
endigend an der grössten Ausbauchung. Der Unterteil ist mit radialen, 
schrägen und horizontalen Riefen gruppenweise geziert. 3. Schüssel mit 
schräg gefurchtem Rande. 4. Krugtasse mit schräg gefurchter Bauch- 
fläche. 5. Kleine Schale mit eingewölbtem Boden, darin der Leichenbrand 
eines Kindes. Gedeckt mit 6. einer Krugtasse mit schräg gefurchter 
Bauchfläche und eingewölbtem Boden. H. 5,5, W. 7, M. 6. 


Grab 87. 


4m westlich vom Grab 86. Die Decksteine auseinandergerissen, auf 
einer Steinplatte 70 cm tief. 1. Gleichförmiges Gefäss (Satte) wie Nr. 1 
aus Grab 86, nur etwas kleiner mit einem niedrigen konischen 
Fusse. Der Unterteil gerauht. Die Satte diente als Deckel zum 
2. Doppelkonus mit Leichenbrand. H. 27, W. 33, M. 25, B. 11. Uber der 
scharfen Bauchkante vier breite horizontale Riefen, über diesen stehen 
Gruppen von je drei ovalen Eindrücken. Der Unterteil ist mit schräg 
stehenden Riefen geziert, die sich kreuzen. Unter den Schädelstücken 
lag ein Bronzering aus rundem Draht, 1 mm dick, Durchmesser 2 cm. 
Die beiden Enden sind übereinander gebogen. 3. Gerauhter Topf mit 
Knöpfen unter dem Rande, dessen Masse nicht festzustellen. 4., 5. und 6., 
drei kleine Henkelschalen. Sie lagen ineinander, eine immer etwas 
grösser als die andere, auf dem Leichenbrande in Urne 2. Alle drei 
haben eingewölbten Boden. Die eine zeigt drei runde Grübchen unter 
dem Henkel, die zweite fünf solche um den unteren Henkelansatz. M. 13, 
9,5 und 8,5, H 5,4 und 3,5. 


Grab 88. 


An der Klein-Schönebecker Grenze wurden abermals zwei Stein- 
pyramiden ausgegraben. Die Gräber 88—91 im Westen des Feldes. 
Unter zerstreuten Steinen, 90 cm tief. 1. Doppelkonus mit Leichenbrand. 
W. etwa 33. Über der scharfen Bauchkante drei breite, horizontale 
Riefen, darüber Gruppen von runden Grübchen. Unterteil abwechselnd 
mit horizontalen und vertikalen Riefengruppen geziert. 2. Schüssel mit 
schräg gefurchtem Rande. 3. Terrine mit Leichenbrand und mit niedrigem 
Fuss. H. 19, W. 23, B. 10. Am unteren Halse vier schmale, horizontale 
Furchen, unter diesen drei breite Furchen, die scharfe Grate bilden. 


Ausgrabungen bei Woltersdorf. 483 


4. Schüssel wie Nr. 2. 5. und 6. Zwei Beigefässe, deren Formen nicht 
festzustellen. 


Grab 89. 


Mit Steinen umstellt auf einer Steinplatte, 1,10 m tief. 1. Doppel- 
konus mit Leichenbrand. H. 22, W. 26, M. 17, B.9. Mit stark ein- 
gewölbtem, hohem Oberteil und niedrigem Fusse. Über der scharfen 
Bauchkante vier breite, horizontale Riefen, über diesen stehen Gruppen 
von je drei runden Grübchen. 2. Schüssel mit dreieckigen Spitzen am 
breiten Rande. Auf dem Rande zwei horizontale Facetten, die Aussen- 
fläche gerauht. 3. Kleiner Doppelkonus mit zwei horizontalen Riefen auf 
der Bauchkante. 4. Kleine Krugtasse. 


Grab 90. 


Mit Steinen umstellte Gefässe, 1 m tief. 1. Der Unterteil einer 
schwachwandigen Terrine mit Leichenbrand eines jugendlichen Menschen. 
H. 4,5, W. 14,5, B. 5,5. Am Rande gruppenweise vertikale Furchen. 
Der Oberteil ist glatt abgebrochen und fehlt. Zwischen den Knochen 
lagen zwei Ringe, der eine aus rundem Draht, der andere gedreht. 
Durchmesser 1,5 cm. (Siehe Abbildung auf S. 495). 2. Der Unterteil eines 
Gefässes, dessen oberer Teil auch glatt abgebrochen war, er diente als 
Deckel zu Nr. 1. 3. Kugelige Schale mit einer Delle als Standfläche, 
rundherum um diese fünf kleine runde Grübchen. H. 5, W. 9,5, M. 7,5. 
Mit den kleinen Knochen eines Kindes gefüllt. 4. Kleine Schüssel mit 
gekerbtem Rande. 5. Kleine Vase. H. 8,5, W. 7, M. 3,7, B. 3. Über 
dem konischen Fusse eine, am unteren zylindrischen Halse vier schmale, 
horizontale Riefen. Zwischen diesen Riefen, auf der Bauchfläche, stehen 
vertikale und dagegen schräge Riefengruppen. Über und unter den Hals- 
riefen kleine runde Eindrücke und über jedem der beiden Henkel zwei 
ebensolche. 6. Kleine Schale mit eingewölbter Standfläche. H 5,5, 
M. 10. 7. Tonnenförmiger, kleiner Eimer. H.7, M. 7, B.4,5. Zwischen 
den Henkeln zwei, über dem Boden eine horizontale Riefe. 


Grab 91. 


Fünf Meter nördlich vom Grab 90. Die Decksteine abgepflügt, 
80 cm tief. 1. Terrine mit Leichenbrand. H. 20, W. 26, M. 18, B. 10. 
Am unteren Halse drei horizontale Riefen. Auf dem Bauche zwei kleine 
Buckel, umrahmt mit drei konzentrischen, breiten Furchen in Halbkreis- 
form. Zwischen diesen beiden Figuren stehen vertikale Furchengruppen, 
die jedesmal durch eine vertikale Rippe getrennt werden. 2. Schüssel 
mit breitem, ausgelegtem Rande. Der innere Boden ist konzentrisch 
gefurcht. Gegen diese Kreise stehen noch vier kurze Furchengruppen. 
3. Kleine Terrine mit dem Leichenbrande einer jugendlichen Person. Die 
Henkelstellung weicht insofern von der ähnlicher Gefässe ab, als hier 
die Henkel erst am unteren Halse an- und auf der weitesten Ausbauchung 
absetzen. Auf der Ausbauchung drei horizontale Riefen. Der Hals ist 
konisch. H. 14,5, W. 15, M. 10,5, B. 8. 4. Kleine Schüssel mit niedrigem 


484 H. Busse: 


Fusse und einem 2 cm breiten ausgelegten Rande. Die Aussenfläche ist 
radial geritzt. H. 5, M. 16,5, B. 6,5. Die Schüssel lag auf Nr. 3. 5. Schale 
mit eingewölbter Standflache. H. 4,5. M. 13, B. 5,5. Sie war gefüllt mit 
den zarten Knochen eines Kindes und bedeckt mit dem Unterteil 6. einer 
Terrine, deren Hals glatt abgebrochen war. Auf der Bauchkante derselben 
vier kleine spitze Buckel. H. 4,5, M. 16, B. 8. 7. Konische Tasse mit 
ausgebogener Wandung. H. 6,5, M. 10, B. 5. Darin der Leichenbrand 
eines Kindes. Bedeckt mit einem 8. Gefässunterteil, dessen B. 6. 
9. Henkelschale mit eingewölbter Standfläche. M. 8. 10. Kleine, kugelige 
Vase mit vier kleinen, spitzen Buckeln und breiter Halsfurche. Hals 
ausladend. H.4, W. 5, B. 1,5. 


Grab 92. 

An der Westseite des Gräberfeldes unter grossem Steinpflaster, 80 cm 
tief: 1. Terrine mit Leichenbrand, ohne Ornament. H. 19, W. 24, M. 12, 
B. 9. Hals konisch. 2. Schüssel mit breitem Rande. 3. Gerauhter Topf 
ohne Henkel mit Knöpfen unter dem Rande. 4. Niedriger Napf, dessen 
Form wie ein Blumentopf-Untersatz. 


Unweit der Klein-Schönebecker Grenze lagen vier von Birkenwurzeln 
sehr zerstörte Gräber, deren Untersuchung resultatlos blieb. 


Grab 93. 


Ohne von den Wurzeln beschädigt zu sein, fand sich unter einer 
grösseren Steindeckung 90 cm tief: 1. Eine Terrine mit Leichenbrand, 
sie hatte niedrigen Fuss, konischen Hals und zwei Henkel. H. 16, W. 20, 
M. 14, B. 8. Unterteil gerauht. Zwischen den Henkeln und auf der 
Ausbauchung ein Band von drei horizontalen Riefen. Das untere Band wird 
durch sechs grössere Dellen sechsmal unterbrochen. Zwischen den beiden 
Bändern stehen Riefengruppen schräg gegeneinander. Die oberen Knochen 
waren von oxydierter Bronze grün gefärbt. 2. Schüssel mit ausgelegtem, 
breitem Rande. 3. Schüssel mit gefurchtem Rande. 4. Gerauhter Topf 
mit eingezogenem Halse und vier breiten, runden Knöpfen unter dem 
Rande. 5. Krugtasse. 


Grab 94. 


Gleichfalls im Westen des Friedhofes wurden zuerst zwei Stein- 
pyramiden ausgegraben, ähnlich wie die früher erwähnten, auch drei durch 
Wurzeln völlig zerstörte Gräber. Sodann fand sich unter vielen Steinen: 
1. Ein grösserer konischer Topf mit zwei grossen Henkeln, und gerauhter, 
ausgewölbter Wandung. Vom Feuer verzogen. H. 21, M. 21, B. 11. Der 
Topf war mit Leichenbrand gefüllt. Zwischen den Henkeln eine hori- 
zontale, gekerbte Leiste aufgelegt. 2. Schüssel mit niedrigem Fusse, ein- 
gezogenem Halse und zwei horizontalen Facetten auf dem breitem Rande. 
3. Gerauhter Topf mit Knöpfen unter dem Rande. 


Ausgrabungen bei Woltersdorf. 485 


Grab 95. 


Zwei Meter siidlich vom Grab 94 eine Steindeckung von 1,25 m Lange 
und 80 cm Breite. Auf einer Steinplatte: 1. Sehr grosse, dickwandige 
Terrine, Form und Grösse gleich 7 in Grab 32. Darin stehend: 
2. Doppelkonus mit Leichenbrand und mit vier horizontalen Riefen über 
der scharfen Bauchkante. 3. Grosse Schüssel mit zwei horizontalen 
Facetten auf dem breiten Rande. 4. Gerauhter Topf mit Knöpfen 
unter dem Rande. 5. Krugtopf mit eingewölbter Stand- und schräg 
gefurchter Aussenfläche. — Sämtliche Gefässe durch Steine sehr beschädigt. 


Grab 96. 


Im Südosten des Feldes, vom Pfluge zerstörte Steindeckung, auch die 
Gefässe sehr zerdrückt: 1. Terrine mit Leichenbrand. Ohne Ornament, 
der obere Teil fortgerissen. 2. Schüssel mit niedrigem, eingewölbtem 
Fusse und einer horizontalen Facette auf dem 3,5 cm breiten, schräg 
stehenden Rande. H. 12,5, M. 32, B. 10. 3. Doppelkonus mit Leichen- 
brand und schräg gerippter Bauchkante. W. 23. 4. Kleinere Schüssel 
mit einem 1,5 cm breiten Rande und einem 1 cm hohen, konischen Fusse. 
H. 6,5, M. 19, B. 6. 5. Kleine, zweihenklige Vase mit niedrigem Russe, 
H. 7, W.8, M. 5, B.3. 6. Ein Löffel (oder Kelle) mit rundem Stiel. M. 8. 
(Siehe Abbildung auf S. 495.) 


Aus den durch die Arbeiter gesammelten Stücken von den beim 
Wegebau zerstörten Gräbern konnte ich noch folgende Gefässe wieder 
herstellen: 1. Doppelkonus mit scharfer Bauchkante, und über dieser vier 
horizontalen Riefen. Über den Riefen sind Gruppen von je zwei runden 
Grübchen eingedriickt. H. 21, W. 25, M. 20, B. 9,5. 2. Krug mit einer 
horizontalen Halsfurche und konischem Russe H. 15, W. 16, M. 11, B. 7. 
Der Henkel fehlt. 3. Krugtasse mit eingewölbter Standfliche. H. 8, W. 9, 
M. 9,5, BA 4. Niedrige Krugtasse mit eingewölbter Standfläche und 
breiten, schragen Furchen auf der Aussenseite. H. 6, W. 13, M. 12,5, B. 4. 
5. Krugtasse mit ebener Standfläche und zwei horizontalen Furchen am 
unteren Halse. H. 6,5, W. 10, M. 7,5, B. 5. 6. Krugtasse mit ebenem 
Boden und nur einer horizontalen Halsfurche. H.7, W.9, M. 10,5, B. 4. 


Die einzelnen Gefässformen und ihre Ornamente. 


Sehr grosse Terrinen. (Siehe Abb. 12 bei Grab 48 auf S. 452 u. 
Fig. 7 auf S. 461.) Sie haben ausnahmslos als Urnenbehälter gedient und 
mussten deshalb so gross sein, damit die Urne nebst Deckel bequem hinein- 
gestellt werden konnte. Von den darin stehenden Urnen zeigten acht die 
Form eines Doppelkonus und fünf die Terrinenform. Einige hatten einen 
niedrigen Fuss und höhere Form, andere waren weniger hoch und hatten eine 
ebene Standflache. Die in den Gräbern 32, 9, 30 und 43 waren auf dem 
Bauche mit einzelnen schrägen Leisten geziert, die in 78 mit vertikalen, 
gruppenweis angebrachten Leisten. Die Terrine in 28 besass vier kleine 


486 H. Busse: 


Buckel mit je zwei Bogenfurchen, zwischen den Buckeln vertikale Furchen- 
sruppen. Auf der in 52 standen vertikale Furchen- und Rippengruppen 
abwechselnd, in 68 nur Gruppen, jede aus drei runden Dellen bestehend. 
Alle sind am untern Teil geraulit, der obere Teil ist geglättet. Der 
Rand ist glatt, und Henkel sind nicht vorhanden. 

Grosse Terrinen. (Siehe Abb. Seite 492.) Sie haben meistens ge- 
rauhten, mitunter auch gerieften Unterteil, geglätteten Oberteil, häufig 
einen niedrigen Fuss und glatten Rand. In wenigen Fällen, wie in Nr. 52, 
ist der Rand ausgelegt und facettiert. Der Hals ist konisch, oftmals 
zylindrisch. Grösstenteils sind sie henkellos, nur die niedrigen Formen, 
wie in den Gräbern 39, 52, 78, 15 und 25, besitzen zwei Henkel. Letztere 
haben in 15 und 25 einen Quergrat, in 52 einen Längsgrat und in 39 einen 
Längs- und einen Quergrat. Bogenförmig umrahmte Dellen hat die 
Terrine aus Grab 8, umrahmte Buckel Grab 62 und 67. Schrage und 
vertikale Rippen haben die aus 4, 81 und 84, horizontale Furchen die 
aus 15, 16, 30 und 88, horizontale Facetten die aus 24, 25 und 78°, 
hängende konzentrische Bogen die aus 15. Umrahmte kleine Buckel, 
vertikale Furchengruppen und Grübchen über und unter der Halsfurche 
besitzen 28, 52, 79 und 91, umrahmte Dellen und vertikale Furchen- 
gruppen 287 und 61. Bei 39 sind die kleinen Buckel mit Furchen und 
Riefen umrahmt, bei 48 stehen Rippen und Dellen abwechselnd, bei 
78° Riefen und Furchen abwechselnd, und &6 und 90 haben nur vertikale 
Furchengruppen. 93 hat sechs ovale Dellen, dazwischen kurze, horizontale 
Furchengruppen. Nicht umralımte, spitze Buckel, dazwischen Furchen- 
gruppen hat 82. Nur zwei kleine, umrahmte Buckel und mehrere Rippen, 
dazwischen Furchengruppen hat 91, schräge, breite Furchen (geschraubt) 83. 
Das Unterteil bei 74 und 86 ist spinnennetzförmig geritzt. Die übrigen 
Terrinen besitzen kein Ornament. 

Kleine Terrinen. (Siehe Abb. Seite 495). Die meisten haben einen 
glatten Rand, kleinen Fuss und annähernd dieselbe Form wie die grossen 
Terrinen. Sämtliche sind mit zwei Henkeln versehen, mit Ausnahme von der 
aus Grab 74. In 71 und 13 haben die Henkel einen Längsgrat. Die aus den 
Gräbern 32'* und 75° sind vom Feuer verzogen. Drei Horizontalfurchen 
hat 91%. Eine oder mehrere horizontale Halsfurchen 78, 13, 36, 68, 7lund 75°. 
Eine scharfe Bauchkante 13. Runde Eindrücke, teils unter den Henkeln, 
teils über oder unter den Horizontalfurchen haben 7°, 47 und 71. Um- 
rahmte Buckel, dazwischen Furchengruppen 71. Konzentrische Bogen- 
furchen 45. Vier Buckel ohne Begleitfurchen 91°. Einkerbungen am 
Fuss 36. Schraffierte Dreiecke 78. 

Grosse Satten fanden sich in den Gräbern 86 und 87. Sie hatten 
die Form der Terrine, nur niedriger, kurzen, zylindrischen Hals und 
kleinen Fuss. Sie waren auf der ganzen Oberfläche gerauht und besitzen 
keine Ornamente. 

Doppelkonische Urnen. (Siehe Abb. Seite 000). Sämtliche, 48 an Zahl, 
waren mitLeichenbrand gefüllt. Sie haben glatten Rand, oftmals einen kleinen 
Fuss und sind immer henkellos. Meistens ist der untere Teil ausgewölbt, 
der obere etwas eingewölbt. Der Unterteil war bei 12 Gefässen gerauht, 


Ausgrabungen bei Woltersdorf. 487 


bei 8 kreuzweise geritzt und gerieft, bei 88 ist deutlich das Spinnen- 
gewebemuster sichtbar. Die Bauchkante ist entweder durchweg oder 
auch nur gruppenweise vertikal, bisweilen schräg gekerbt bei 7, 14, 29, 
32 und 96. Parallele, horizontale Furchen über der Bauchkante hatten 
31 Gefässe, es waren meistens 3 bis 4, mitunter nur 2, aber auch 5 und 
einmal sogar 6. Über diesem Furchenland befanden sich bei 14 dieser 
Gefassformen Gruppen, bestehend aus je zwei bis drei nebeneinander 
angebrachten runden Eindrücken. Gleiche Tupfen hatte die Urne aus 
Grab 35 auch auf der Bauchkante. Vier merkwürdige Figuren besass 
der Doppelkonus aus Grab 22. Jede bestand aus drei sparrenförmig 
gegeneinander gestellten Riefen, die Spitze verlängerte sich vertikal und 
endigte mit einem runden Eindruck. Das Ganze erinnert an Menschen- 
figuren. 

Kleine, doppelkonische Gefässe. (Abbildung Seite 496.) Von 
diesen waren nur drei mit Leichenbrand gefüllt. Die aus Grab 38 und 62 
hatten zwei Henkel und ausgehöhlten Fuss, 62 gekerbte Bauchkante und 
Tupfengruppen darüber. Zwei bis fünf parallele Horizontalriefen besassen 
38, 52, 62, 66 und 89. 

Schüsseln. (Siehe Abb. Seite 493). Auffällig ist die grosse Anzahl der- 
selben, nämlich 132, diese erklärt sich aber dadurch, dass mit ver- 
schwindend wenigen Ausnahmen jede Urne mit einer Schüssel, einige 
Male sogar mit zweien bedeckt war. Grab 9 lieferte fünf Schüsseln, 34, 
66 und 78 vier, und Grab 12, 32, 84 drei. 

In den Gräbern 57 und 84 war der Leichenbrand in Schüsseln bei- 
gesetzt. Ich möchte aufmerksam machen, dass in vielen älteren Berichten 
über Leichenbrandgefässe gesagt ist, über den Knochen hätten sehr häufg 
nur Gefässstücke als Deckel gelegen. Ich habe dagegen gefunden, dass 
diese Gefässstücke jedesmal von Schüsseln herrührten, und zwar von dem 
unteren Teile derselben. Die Randstücke fanden sich, durch die Last der 
Erde herabgedrückt, neben der Urne, häufig sogar erst auf dem Boden 
der Grube. In vielen Fällen wurden sie in einem defekten, pulverigen 
Zustande gefunden, so dass sie schwer als den Schüsseln zugehörig er- 
kannt wurden. Viele Schüsseln hatten eine ebene einfache Standfläche, 
andere einen niedrigen, mitunter einen höheren zylindrischen, auch 
konischen Fuss, der häufig ausgehöhlt war. In Grab 34 ist der Fuss mit 
horizontalen Riefen versehen. Die grossen Schüsseln hatten ausnahmslos 
einen mehr oder minder grossen Henkel, nur einige kleinere sind henkel- 
los. 81 Schüsseln besassen einen 1'/, bis 6 cm breiten, horizontal aus- 
gelegten Rand, der bei mehreren etwas schräg nach oben gerichtet 
war. Unter den Rändern befindet sich meist eine schwache Halseinziehung, 
die in einzelnen Fällen stärker eingewölbt ist. Bei 26 von ihnen war 
der breite Rand mit einer, auch zwei, mitunter sogar drei horizontalen 
Facetten versehen. In zehn Fällen sind am Rande kleine dreieckige 
Spitzen oder Zapfen angebracht (in den Gräbern 2, 7, 11, 19, 20, 47, 65, 
75, 49 und 89). Ihre Zahl betrug gewöhnlich zwei, auch vier, einmal 
acht (Grab 11), ein andermal sogar zwölf (Grab 65). Auf sechs breiten 
Rändern befanden sich aufgelegte Querrippen (9, 3232, 32%, 51, 52 und 


488 H. Busse: 


84), meist zwei, auch vier, in Grab 84 aber acht In den Gräbern 9, 52, 
67 ist der breite Rand mit je zwei hufeisenförmigen Auflagen verziert. 
(Gleiche Figuren finden sich auch auf Tonscherben aus Troja.) 

Bei 35 Schüsseln ist der Rand verstärkt und gerundet, nach innen um- 
gelegt und mit breiten, schrägen Furchen versehen, infolgedessen dieser 
gedreht und geschraubt aussieht. 

13 Schüsseln hatten einen wenig gewölbten, einfachen oder auch flach 
nach innen abgestrichenen Rand. In den Gräbern 43, 49 und 90 war der 
Schüsselrand gekerbt. In Grab 9 hat der innere Schüsselrand Ein- 
kerbungen. In 12 und 34 sind die Bauchkanten gekerbt. In Grab 43 
ist die Schüssel merkwürdigerweise in ihrer halben Höhe etwas ein- 
geschnirt. Bei 342° hat der breite Rand ein rundes Loch. Die Aussen- 
flächen von 28 Schüsseln sind teils durch radiale Riefen, teils durch kreuz- 
förmig gezogene Einritzungen geschmückt. Es kommen auch unregel- 
mässig stehende kurze, horizontale, vertikale und schräge Riefengruppen 
vor. Auch das Spinngewebemuster ist vertreten. An sechs Schüsseln ist 
die ganze Aussenseite gerauht. Eine aus Grab 77 zeigt das Blattornament. 
In 11, 39, 60 und 91 haben die inneren Schüsselböden konzentrische 
Kreise, im inneren Kreise befinden sich kreuzweis stehende Furchen- 
gruppen und in 39° hat jede einzelne Furche als Abschluss einen runden 
Eindruck. 

Grössere schlichte gerauhte Töpfe (Kochtöpfe). (Siehe Abb. 
Seite 496). Ihre Zahl betrug 34, von denen immer nur einer in jedem 
Grabe sich vorfand. Der Hals ist leicht eingewölbt. Sechs sind henkel- 
los, nur einer hat zwei Henkel (37). 27 von ihnen besitzen unter dem 
Rande runde Griffwarzen oder Knöpfe, die oftmals einen zentralen Ein- 
druck haben. Sieben waren als Leichenbrandbehälter benutzt. *) 

Grössere vasenförmige Töpfe ohne Henkel. In Grab 32 standen 
vier, zwei andere in 9 und 75. Der in 9 zeigt elliptische Form und hat 
schwache Einritzungen. Zwei aus 32 sind gerauht, einer auf der Ober- 
fläche geritzt, ebenso wie 9. 

Grössere weitmündige Töpfe mit konischer Form. Zwei haben 
einen Henkel (9 und 32%). 

Drei waren mit zwei Henkeln versehen und mit Leichenbrand ge- 
füllt (21, 78 und 94). Auf dem Rande von dem aus Grab 9 deutlich 
ansa lunata. 32'* und 21 mit Fingernageleindrücken. 94 mit gekerbter 
Leiste und vom Feuer verzogen. 

Sechs grössere tonnenförmige Töpfe (siehe Abb. Seite 495) 
mit zylindrischem Hals und zwei Henkeln. Der aus Grab 59 hat zwei 
llorizontalriefen und unter diesen fünf runde grössere Eindrücke, aus 42 
zwei Horizontalfurchen und zwei runde Tupfen unter jedem Henkel. Der 
aus 97 ist vom Feuer breit geschmolzen. Zwei aus Grab 62 haben eine 
Halsfurche und über und unter derselben runde Grübchen. 

Fünf grössere Näpfe mit breitem Rande. (Siehe Abb. Seite 496). 


1) Gleiches Topfmaterial fand ich in den Wohngruben der Bronzezeit auf 
Hohenberge, im Seebad Rüdersdorf und auf dem grossen Reiherwerder im Tegeler See. 


Ausgrabungen bei Woltersdorf. 489 


63, 71‘, 71°, 75 und 84. Ihre Form ist niedrig und weitbauchig, der Hals 
stark eingewölbt. Der aus Grab 75 hat am Rande kleine spitze Zäpfchen 
und einen konischen ausgehöhlten Fuss. Aus Grab 71° fünf grosse Buckel 
mit je zwei konzentrischen Begleitfurchen, sein konischer Fuss ist ein- 
gewölbt. 

Krüge. (Siehe Abb. Seite 494). Sämtlich mit einem Henkel versehen, 
der bei einigen verhältnismässig sehr gross ist. Auf mehreren ist der Rand zu 
beiden Seiten des Henkels mit ansa lunata geziert (wie bei 34, 32° und 82°). 
Sehr elegante Formen zeigen 75, 74, 32'*. Breite, schräge Furchen am Bauclıe 
haben 7, 8, 28. 32‘, 56 und 63. Alle Krüge sind teils mit ebener, teils 
mit eingewölbter Standfläche, oftmals mit konischem Fusse versehen. In 
Grab 32 fanden sich allein vier Krüge. Der in 74 hat eine scharfe Bauch- 
kante und schräge Riefengruppen. 32° hat fünf Buckel, jeder mit Kreis- 
furchen umrahmt. 32’° hat doppelkonische Form mit horizontalen Hals-, 
Bauch- und Fussfurchen, konzentrische Halbkreisfiguren, kurze Strich- 
gruppen und einen fünfkantigen Henkel. 32' hat ebenfalls Fussfurchen 
und 75 einen sehr hohen Hals. 

Krugtöpfe. (Siehe Abb. Seite 494). Sie haben die Krugform, sind aber 
niedriger und gedrückter und nie höher als weit. Sämtlich mit einem Henkel 
versehen, ihre Standfläche ist teils eben, teils ausgehöhlt, häufig besitzen sie 
einen kleinen Fass, der bei mehreren eingewölbt ist. In Grab 12 fanden sich 
drei, in 32 sogar sechs. 17 sind mit parallelen, schrägen, breiten Bauch- 
furchen versehen, zehn mit schwacher ansa lunata. Der in Grab 32" hat 
vertikale Einritzungen, 322° und 32* haben vier runde Eindrücke unter 
dem Henkelansatz und 32° ist ausnahmsweise sehr schön verziert. Der 
Rand und Bauch mit Furchengruppen, der Fuss und Henkel ebenfalls 
gefurcht und die Fusskante ist gerippt. 

Vasenförmige Gefässe, teils ohne, teils mit Henkeln. Drei grössere 
besitzen einen hohen zylindrischen Hals und zwei Henkel. 65 ist ohne 
Ornament. 71 hat einen konischen, eingewölbten Fuss und vier grosse 
Buckel mit je drei konzentrischen Begleitfurchen. In Grab 84 stand eine 
sehr grosse Amphore mit zwei Henkeln, unter jedem zwei runde Ein- 
drücke. Von elf kleineren besitzen fünf keine Henkel, das aus Grab 5 
ist kugelig und hat einen breiten Rand. 13 hat vier kleine spitze Buckel 
mit je zwei Begleitfurchen, 43 vier schräge Furchengruppen, die gegen- 
einander stehen. 47 ist kugelig und hat am Bauch mehrere konzentrische 
Halbkreisfiguren. 56 trägt schräge Riefengruppen, dazwischen runde 
Grübchen. Bei 62 stehen die Henkel im rechten Winkel, zwei kleine 
Buckel haben Begleitfurchen, und zwei Gruppen von runden Grübchen 
sind mit konzentrischen Riefen umrahmt. Bei 90 befinden sich unter und 
über den Halsfurchen runde Eindrücke, auf dem Bauche Furchengruppen. 
91 ist kugelig und hat vier kleine Buckel. 

Grosse Schalen ohne Henkel mit hohem eingewölbtem Fusse. (Siehe 
Abb. Seite 461 Figur 16.) Alle drei (8, 9 und 321) sind stark vom Feuer 
verzogen und angeschmolzen, nur die Schale aus 32 konnte zusammen- 
gesetzt werden, sie hat radiale Riefen. 

Grosse Schalen mit einem Henkel und eingewölbter Standfläche 

Zeitschrift für Ethnologie. Jahrg. 1911. Heft 3 u. 4. 3° 


490 H. Busse: 


(9, 36 und 48), die aus 36 diente als Bedeckung. (Siehe Seite 495 unter 
Kinderbeisetzungen.) 

28 kleine Schalen, (siehe Seite 496) ohne Henkel, sämtlich mit einer 
kleinen eingewölbten Standflache. Eine Ausnahme machten 66° und 66°, 
die keine Standfläche hatten. Bei 35 und 90 sind um die Einwölbung fünf 
runde Grübchen angebracht. 66’ ist mit vier radialen Tupfenreihen verziert. 
Sieben Schälchen enthielten den Leichenbrand von Kindern und waren 
mit gleichen Schalen bedeckt. 

Kleine Henkelschalen, (siehe Abb. Seite 496) alle zwölf mit ein- 
sewölbter Standfläche und verhältnismässig grossem Henkel. In Grab 87 
befanden sich in der Urne liegend drei übereinander, zwei davon haben 
runde Grübchen um den unteren Henkelansatz. Bei 81 bildet der kantige 
Henkel einen spitzen Winkel. 

Krugtassen. (Siehe Abb. Seite 495 und 496). Ich habe diese Tassen . 
deshalb so genannt, weil sie im Gegensatz zu konischen Tassen eine 
niedrige Krugform haben. Sämtliche 29 sind, wie die Krüge, mit einem 
Henkel und vielfach mit einer eingewölbten Standfläche versehen. In 
(irab 32 fanden sich vier. Die aus Grab 11 besitzt eine scharfe Bauch- 
kante. Bei 43 ist die Bauchkante tief unten. 42 hat das Sparren- 
ornament. 32° und 32?® haben schräge Riefengruppen. In 10, 61, 62, 
G6", 6677, 81, 86* und 86° ist der Bauch mit schrägen, breiten Furchen 
verziert. 

Tassen von konischer Form mit einem Henkel. (Siehe Abb. Seite 495). 
Es waren 20. Fünf von ihnen enthielten Kinderleichenbrand, sie wurden 
von kleinen Schalen bedeckt. Drei haben ansa lunata (5, 78 und 81), 
die in 23 hat horizontale Riefen und in 7 befindet sich ein rundes Loch 
in der Seitenwand. 

Sechs kleine Gefässe von Eimerform. (Siehe Seite 496). Sie 
sind zylindrisch, einige ein wenig ausgewölbt und meistens mit horizontalen, 
auch schrägen und vertikalen Riefen versehen, auch haben sie zwei 
kleine Henkel. Kleine Eimer sind zahlreich im Freienwalder Museum 
von Zellin a. O. 


Verschiedene Formen. (Siehe Abb. Seite 494 und 495.) 


In den Gräbern 58 und 92 lagen zwei Gefäse von der 
Form eines Blumentopf - Untersatzes. In Grab 1 fanden sich ein 
kleines Henkelfläschehen mit vier kleinen spitzen Buckeln und ein 
durchlochtes Gefäss in Gestalt einer Ente (der Kopf und die Füsse 
fehlen). ‚In 18 lag eine rundliche Klapper (Rassel) mit Stiel, in 19 zwei 
ovale wannenförmige kleine Gefässe, die ganz eigenartige Punkt- und 
Strichverzierungen haben, auch der Boden ist durch Punktreihen verziert. 
In 23 fand sich eine kleine Flasche mit Henkel, Halsfurchen und Furchen- 
gruppen am Bauche, darauf lag ein kleiner Falzdeckel. Zwei kleine, 
kugelige, henkellose Tépfchen mit ganz kleiner Öffnung lieferte Grab 327° 
und 52, ein becherförmiges Gefäss, ohne Henkel, Grab 58 und ein gleiches 
Giefäss Grab 60. In Grab 63 lag ein grösserer tonnenförmiger Topf mit 
einer gekerbten, horizontalen Leiste, in 67 ein Pokal mit zwei kleinen 


Ausgrabnngen bei Woltersdorf. 491 


Abb. 8. Ring aus Grab 11. 


O 


Abb. 10. 


Grab 32. 


Bronzeringe vom Griiberfelde bei Woltersdorf, an der Klein-Schönebecker Grenze. 
Original-Grösse. 


32* 


H. Busse: 


492 


7 4b. 


Doppeltkonist 


Terrinenf6 


Die Zahlen unter den Gefässen SÉ 


ECH 


mtlicher 


a7 


he Urnen. 


‚Tafeln 


rmige Gefässt. 


deuten die Grabnummern an. 


493 


Ausgrabungen bei Woltersdorf. 


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78. 


Verschicdene (efäss-Formen. 


H. Busse: 


07. 


494 


Krugtopfe. 


495 


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63. 


37 


Gerauhte Kochtöpfe. Napfförmige Töpfe. 


DN 


38. 90. 


Eimerförmige Gefiisse. 


H. Busse: 


72. 10. 03. 


Krugtassen. 


Henkel-Schalen. Kleiner Doppelkonus. 


Kleine Schalen. 


496 


Ausgrabungen bei Woltersdorf. 497 


Henkeln, horizontalen Riefen am hohen Fuss und am oberen Teile. Auf 
letzterem sind konzentrische Halbkreise angebracht. In Grab 96 lag ein 
Löffel mit Stiel. 


Beigaben aus Metall. (Siehe Abb. Seite 491). 


Diese bestehen ausnahmslos aus Bronze. Aus Eisen, Knochen oder 
Stein sind Beigaben nicht gefunden worden. Im allgemeinen ist das Vor- 
kommen von Bronzeschmuck in diesem Gräberfelde als ein recht dürftiges 
anzusehen. Man kann annehmen, dass vielfach die kleineren Schmuck- 
sachen auf dem Scheiterhaufen vom Feuer sehr gelitten haben, sie sind 
dann mit dem Leichenbrand in die Urne gekommen und teilweise oxydiert. 
Beweis hierfür ist oftmals die grüne Farbe vieler Knochen, namentlich 
von Schädelstücken, auch das Vorkommen diverser kleiner Bronzefrag- 
mente. Vertreten ist der Bronzeschmuck nur in Form von 17 Finger- und 
Ohrringen und einem kleinen offenen Armring aus Draht (32'%). Ge- 
vossene Ringe enthielten die Gräber 20 und 16 (ovale), 24 (dreikantig) 
und 32° (gewölbt). Aus rundem Draht bestanden die Ringe in 32'° (zwei), 
60, 78 (zwei), 86 und 90 (zwei), sie sind meistens offen und häufig spiralig 
zusammengebogen. In Grab 90 lag ein gedrehter Ring. Aus Bronzeblech 
sind die Ringe in 11, 13, 23, 62 und 65 hergestellt, aus 65 hatte er 
eine horizontale Furche auf der Aussenfläche. Der aus Grab 11 ist grösser 
als die übrigen und auf der Aussenfläche durch Punkteindrücke, die scheinbar 
mit einer weissen Masse ausgefüllt sind, sparrenförmig verziert. In 55 lagen 
einige kleine Stücke Draht, in 68 vier kleine runde Stücke und der Kopf 
einer Nadel, in 75 zehn kleinere Schmelzstücke von einer Nadel oder 
einer Fibel und in 12 einige runde Schmelzkügelchen. 

In einigen Gräbern fanden sich auch handliche Feuersteine mit frag- 
lichen Spuren von Bearbeitung, in Grab 41 lagen deren vier (einer aus 
hartem Gestein). — 

Sämtliche Fundstücke befinden sich in meiner Sammlung. 


Zeitstellung und Bevölkerung. 


Betrachtet man die einzelnen Formen und die Ornamente der zahl- 
reichen Gefässe dieses Gräberfeldes im allgemeinen, so lässt sich eine ge- 
wisse Einheit nicht gut erkennen. Die Grabkultur ist überwiegend die 
gemischte der nördlichen germanischen und der südlichen thrakischen,?) 
und da die mannigfacheren und reichlicheren Ornamente der späteren Zeit 
fehlen, werden die meisten Gräber der vierten Bronzeperiode, also der 
Zeit 1200 bis 1000 vor Christus angehören. Dagegen sprechen auch nicht 
die verhältnismässig wenigen Bronzefunde. löinige Gräber jedoch, deren 
Inhalt einen mehr einheitlichen Stil aufweist, können noch dem Ausgang 
der älteren Bronzezeit zugerechnet werden, z. B. die Gräber 43, 46, 74 
und andere. Ihre Gefässe zeigen die scharfen Formen mit breiten, tiefen 


1) Siehe meine näheren Ausführungen hierüber in der Prähistorischen Zeit- 
schrift II., Heft 1, 1910, S. 17. 


498 H. Busse: 


Furchen. Grab 71 ist mit seinen echten Buckelgefässen und ihren Be- 
gleitformen als Vertreter der südlichen (thrakischen) Kultur anzusehen. 

Das Gräberfeld auf dem Sprintberg enthält ebenfalls Gräber mit 
älteren Gefässformen, aber auch solche, die mit ihren Gefässen und Orna- 
menten, auch mit ihren Beigaben (der Halsring) bis in die jüngste Bronze- 
zeit, also bis 600 vor Christus, hinabreichen. In diesen Gräbern fanden 
sich auch Metallfunde reichlicher. Das Gräberfeld auf dem Rédenberg, 
das ich gleichfalls für bronzezeitlich halte, scheidet wegen seines geringen 
Gefässmaterials bei der weiteren Besprechung aus. Ich möchte jedoch zu 
einer vollkommeneren Beurteilung und um noch ein übersichtlicheres Bild 
zu erhalten, die Graberfelder der näheren Umgegend von Woltersdorf mit 
heranziehen. Die Nekropole an der Klein-Schönebecker Grenze als Mittel- 
punkt gedacht, liegen um diesen in einem 5 bis 7 km entfernten Kreise 
vier grössere Urnenfelder, die ich durch wiederholte Untersuchungen kenne 
und deren Grabanlagen, sowie deren Gefässformen und Verzierungen der 
Gefässe denselben Charakter zeigen. Münchehofe, nordwestlich, ist nur 
zum Teil ausgegraben. Rüdersdorf, nordöstlich, ist von mir völlig auf- 
gedeckt. Fangschleuse, südöstlich, durch den Pflug meistens zerstört. 
Erkner (am Dämeritz-See), südlich, ebenfalls durclı Beackerung grössten- 
teils zerstört (neuerdings sind jedoch wieder unberührte Gräber zum Vor- 
schein gekommen). Nur 1 bis 24m von diesem Kreise entfernt, liegt 
südöstlich bei Freienbrink ein grösseres und südwestlich bei Alt- Buch- 
horst ein kleineres zerstörtes bronzezeitliches Urnenfeld. Münchehofe und 
Rüdersdorf gleichen insofern dem auf dem Sprintberge gelegenen Gräber- 
felde, als sie Funde aus der jüngsten Bronzezeit enthalten und sogar Ge- 
fässe, die schon an die Latenezeit erinnern. Ausser den genannten sind 
mir im Kreise Nieder-Barnim noch 13 gleichartige Gräberfelder bekannt, 
im Ober- Barnim 17, in Lebus 15 und in Beeskow-Storkow ebenfalls 15. Ganz 
wenige Abweichungen im Gefässstil der einzelnen Felder sind wohl nur 
auf lokale Eigenheiten zurückzuführen. Ich nehme an, dass alle diese 
Urnenfelder als die Hinterlassenschaft eines grösseren germanischen Volks- 
stammes anzusehen sind, der in den erwähnten Kreisen bis zur Latenezeit, 
und auch noch während derselben, gewohnt hat.!) Dieser germanische 
Stamm gehörte höchst wahrscheinlich dem grossen Volke an, dessen Zen- 
trum die Lausitz war, und dessen Gräber auch noch weiter östlich in 
Posen und Schlesien gefunden werden. Aufgefallen ist mir, dass in der 
Umgegend von Woltersdorf latenezeitliche Funde nieht vorgekommen sind. 
Es sind mir auch im ganzen Kreise Nieder-Barnim sowie auch in den 
benachbarten vorhin erwähnten Kreisen Latenegräberfelder nicht bekannt. 
Der römische Schriftsteller Taeitus sagt jedoch, dass zu seiner Zeit 
zwischen Elbe und Oder der hervorragendste germanische Suevenstamm, 
die Semnonen, sassen und wenn nun weiter angenommen wird, dass die 
hinterlassenen Gräber der Semnonen die latenezeitlichen sind, so komme 
ich demnach zu dem Schluss, dass im Nieder- und Ober-Barnim, in Lebus 
und Beeskow-Storkow Semnonen nie gewohnt haben. 


1) Nach Kossinna sassen in der Mark vor der Latenezeit Ostgermanen, nach 
ihnen erst Westgermanen. (Z. f. E. 1905 in „Verzierte Lanzenspitzen®, S. 869 ff. 


Ausgrabungen bei Woltersdorf. 499 


Wohnplätze. 


Wenn neuerdings in der Römerschanze bei Nedlitz die Pfosten- 
löcher eines vorgeschichtlichen Hauses und in Buch bei Berlin sogar die 
Pfostenlöcher von 90 Häusern aus der Bronzezeit, sowie Wandbeklei- 
dungen, Kochherde und Abfallgruben gefunden worden sind, wird es mir 
nicht leicht, über die immerhin nur dürftigen Uberbleibsel von Lokali- 
täten zu sprechen, in denen zur Zeit der hier ausgegrabenen Gräber- 
felder Menschen gewohnt haben können. Ich darf es aber trotzdem nicht 
unterlassen und muss alles hierauf Bezügliche und mir vor Augen Ge- 
konımene erwähnen. 

Als vor mehreren Jahren die Felder in der Nähe der Urnenfriedhöfe 
auf dem Sprintberpe und an der Klein-Schönebecker Grenze noch be- 
ackert wurden, bemerkte ich zunächst, namentlich nach dem Pflügen der- 
selben, mehrere dunklere, runde Erdstellen von 6 bis 8 m Durchmesser, 
von denen ich zwei untersuchte. In der 50 bis 60 cm mächtigen schwarzen 
lerdschicht fanden sich nur vereinzelt kleine Kohlenstückchen, vielfach im 
Feuer geschwärzte Steine und wenige bronzezeitliche Tonscherben. 

Südlich von dem Urnenfelde, an der Klein-Schönebecker Grenze, als 
ich eine eventuelle Fortsetzung desselben suchte, kamen mehrfach 2 bis 
3 m lange mauerförmige Steinpackungen zutage, neben denen sich jedes- 
ınal eine Brandgrube befand. Um diese lagen zerstreut Tonscherben von 
demselben Charakter wie die von dem Gräberfelde. Einige Male lagen 
auch Tierknochen dicht bei den Steinen. Ich erinnerte mich, dass mir 
früher auf dem Wehrmühlenberg bei Biesenthal, als ich dort gleichfalls 
die Fortsetzung des bronzezeitlichen Urnenfeldes suchte, dieselben Vor- 
kommnisse begegneten. Die Steinwände waren dort aber bis 4 m lang. 
Auch bei Alt-Buchhorst habe ich mit Herrn Professor Dielitz einige 
Steinwände mit Brandgruben daneben, auch bronzezeitliche Tonscherben 
ausgegraben. 

Etwa 100 m südlich von der Schönebecker Grenze befindet sich eine 
flache Talrinne, die von dem Abfluss einer Quelle gebildet wird. Diese 
Quelle versiegt selbst im trockensten Sommer nicht, bei feuchter Jahres- 
zeit wächst das Wasser zu einem kleinen See an, der nach dem Jagen 232 
der Königlichen Forst in einem grösseren Pfuhl abfliesst. Hier nahebei 
befinden sich die schwachen Reste der zu Anfang dieser Arbeit erwähnten 
Schanzen, Bei niedrigem Wasserstande fand ich an den Rändern der 
Quelle 15 bis 20 cm unter dem Rasen einige sehr grosse Steine und da- 
zwischen Tonscherben wie die vom Gräberfelde. 

Von dieser Quelle 300 m nördlich auf der sogenannten „Höhe“ wurden 
beim Lehmausgraben Knochen und Tonscherben gefunden. Mit Hilfe 
cines Mannes, der beim Lehmfahren mit tätig gewesen, untersuchte ich 
die Ränder der Lehmgrube. Nach Entfernung der oberen Kulturschicht 
lagen bis zur Tiefe von 60 bis 70 em vereinzelt Tonscherben, dann folgte 
eine feste Lehmschicht. Auf dieser fanden wir einen Herd aus dicht 
nebeneinander liegenden schwarz gebrannten Steinen hergestellt, auf dem- 
selben lag eine schwache Aschenschicht. Der Durchmesser des lerdes 


500 H. Busse: 


betrug 80 bis 100 cm. Die groben dicken Tonscherben waren meistens 
gerauht und mit Griffwarzen unter dem Rande versehen, nur zwei feinere 
Stückchen besassen Furchen und Grübchenverzierungen. Leider liessen 
sich hier grössere zusammenhängende Untersuchungen nicht gut ausführen, 
da das Land zum grossen Teil parzellenweise eingezäunt und bepflanzt ist. 
Die Kolonie heisst „Hohenberge“ und liegt schon auf Klein-Schönebecker 
Terrain. | 

Beim Rigolen einer Parzelle fand ein Gärtner auf der Lehmschicht 
mehrere schwarze Brandgruben und daneben Tonscherben. Auf einer 
anderen Parzelle konnte ich wiederum einen Herd ausgraben, auf dem 
Kohlenstücke, Asche und gebrannte Lehmstücke lagen. Neben dem Herde 
fanden sich Tonscherben vom groben Geschirr mit glatten Rändern, 
Riefe nund Fingernageleindrücken. Pfostenlöcher, die in der festen Lehm- 
schicht doch zu erkennen gewesen wären, habe ich nicht gefunden. 

In jüngster Zeit ist mir wiederholt gemeldet, dass in Hohenberge, 
beim Rigolen und Baumpflanzen, Brandgruben mit Tonscherben zum Vor- 
schein gekommen sind. Zur Charakterisierung der dortigen Gegend 
möchte ich folgendes anführen. In Woltersdorf habe ich verschiedentlich 
von mehreren älteren Leuten gehört, dass auf ihrem Acker, oben nach 
Schönebeck zu, ein altes Dorf gestanden haben soll. Keiner weiss Ge- 
naueres, aber einer sagts dem andern, in keinem Buche steht etwas davon 
gedruckt. Es ist das gleiche wie bei dem Königsgrabe von Seddin. Der- 
artige Überlieferungen können nur stattfinden, wenn ununterbrochen in 
derselben Gegend zu allen Zeiten Menschen gewohnt haben, von denen 
eine Generation der folgenden die alten Erinnerungen überträgt. 

Auf Klein-Schönebecker Terrain werden die Äcker, die nördlich von 
dem grossen Urnenfelde und östlich von Hohenberge liegen, ,im Rosen- 
garten“ genannt. Dieser Name weist namentlich in Süddeutschland 
meistens auf eine prähistorische Lokalität zurück. Im Dorfe Klein- 
Schönebeck heisst es allgemein, dass es im Rosengarten spukt. Ein alter 
Mann aus dem Dorfe erzählte mir, dass er als Knecht früher im Rosen- 
garten häufig gepflügt habe. Sein Herr hätte ihm gesagt, er möge sich 
ja vorsehen, es wäre nicht geheuer, auch sei dort ein Silberschatz ver- 
graben, der bei Entfernung der Erde blau brennt. Sobald er darauf 
stossen würde, solle er ihn sofort mit Erde oder Steinen bedecken, denn 
der Schatz könne nur des Nachts gehoben werden. 


Brandgruben bei Seebad Rüdersdorf. 


Am Ostufer des Kalksees liegt dicht am See in der Rüdersdorfer Forst 
ein etwa 50 Morgen grosses Ackerterrain, auf dem sich ein Restaurant 
befindet. Das Land gehört zur Gemeinde Rüdersdorf. Im vorigen Sommer 
wurde ein Teil des Terrains parzelliert und einige Wege angelegt. Bei 
diesen Arbeiten stiess man auf Brandgruben, die für Urnengräber an- 
gesehen wurden. Da der Fundort nur 24m von Woltersdorf entfernt ist, 
war ich in der Lage, die Erdarbeiten dauernd zu überwachen und mehrere 
Untersuchungen auszuführen. In der Tiefe von 40 bis 50 cm fanden sich 
25 bis 30 grössere und kleinere Brandgruben von 50 bis 125 cm Durch- 


Ausgrabungen bei Woltersdorf. 501 


messer und gleicher Tiefe. Sie waren unregelmässig gruppiert in Ab- 
standen von 2 bis 5m. Nur einmal wurde in einer grösseren Grube ein 
Herd aus Steinen und darauf liegende Lehmstücke gefunden. In der 
schwarzen Erde lagen Kohlenstücke, zerstreute Tonscherben vom bronze- 
zeitlichen Typus, schwarzgebrannte Steine und hin und wieder gebrannte 
Lehmstiicke. Die meisten Tonscherben waren überwiegend dickwandig 
und grob, häufig gerauht und mit Griffwarzen unter dem Rande versehen. 
Sie stammten von Gebrauchsgeschirr her. Aber auch feinere Stücke mit 
linearen Riefelungen und runden Grübchen lagen dazwischen, ferner 
mehrere Henkel von Schüsseln mit breiten, facettierten und gefurchten 
Rändern, Henkel mit Längsgrat, Stücke mit Fingernagelkerben, Ösen, 
Henkel von kleinen Schüsseln usw. Im allgemeinen hatten die Gruben 
denselben Charakter wie die auf Hohenberge und wie die kleineren 
Gruben auf dem Reiherwerder im Tegeler See. Obwohl auch hier im 
Seebad Pfostenlöcher nicht gefunden wurden, scheinen alle diese Anlagen 
mit Wohnplätzen in Zusammenhang gestanden zu haben, und es ist keines- 
wegs ausgeschlossen, dass über den Gruben oder daneben sich die Wohn- 
hütten befunden haben. 


Beitrag zur Ethnologie des Zwischenseengebiets von 
Deutsch-Ostafrika. 


Von 
Dr. Vix. 


Der im Vorwort zu der Monographie über Kisiba, „Kisiba Land und 
Leute“ von Rehse, seitens des Herausgebers, Geheimrat v. Luschan, 
gegebenen Anregung weitere Beiträge zur Ethnologie dieser interessanten 
Landschaft zu liefern, komme ich hiermit nach und füge noch einige 
andere Beobachtungen aus dem Zwischenseengebiet hinzu. 

Gelegentlich eines melırwöchigen Aufenthaltes im Schlafkrankenlager 
Kigarama, das im nordöstlichen Teil von Kisiba am Viktoria-Nyanza liest, 
hatte ich Gelegenheit einige Beobachtungen über das Mbandwawesen an- 
zustellen. Die Mitteilung dieser Beobachtungen scheint mir deshalb an- 
gebracht, weil in der Rehseschen Monographie diese ethnologisch so 
interessante Institution nicht näher geschildert wird. Ich habe in dem 
Rehseschen Buch die Bezeichnung Mbandwa für Priester überhaupt nicht 
gefunden. 

Allerdings bezeichnet Rehse die Priester als „die vom Geist Er- 
griffenen“, womit das Mbandwawesen seinem Sinne nach charakterisiert 
ist. In dem Kochschen Bericht über seine Expedition zum Viktoria- 
Nyanza ist das Priesterwesen überhaupt nicht erwähnt. 

Die erste einschlägige Beobachtung machte ich an Bord des Viktoriasee- 
Dampfers, der mich nach Bukoba brachte. Ich hörte es sei ein Neger 
der Mannschaft von Krämpfen befallen worden und begab mich, aus 
medizinischem Interesse, nach der Kabine, in der er sich gerade befand. 
Der Mann hockte auf dem Boden, gestikulierte lebhaft, sprach mit sich 
selbst und stiess zwischendurch anscheinend unartikulierte Laute aus. 
Auf Anruf reagierte er zunächst nicht. Nadelstiche wehrte er erst matt, 
dann energischer ab. Auf weiteres Zureden beruhigte er sich dann, 
erhob sich schliesslich und blickte sich erstaunt um, als ob er eben er- 
wache. Körperlich hatte er nichts auffallendes. Von den Schiffsoffizieren 
hörte ich, es sei „ein vom Geist Besessener“. Er bekomme öfters solche 
Zustände, in denen er sich dann mit seinem Geist unterhalte. Am West- 
ufer des Sees, von wo er herstamme — genaue Ortsangabe konnte ich 
leider nachträglich nicht mehr erhalten —, seien solche Anfälle unter der 
Bevölkerung nichts Seltenes. 

Das der Mitteilung nach häufige Auftreten solcher Anfälle, in Gegen- 
wart anderer Leute, die von dem Befallenen selbst gegebene phantastische 


Vix: Ethnologie des Zwischenseengebiets von Deutsch-Ostafrika. 503 


Erklärung und die Beeinflussbarkeit des Zustandes durch Schmerzreize, 
dann auch durch Zureden, erinnerte sehr an hysterische, auf auto- 
suggestivem Weg entstehende Anfälle, wie sie mit dem verschiedensten- 
Vorstellungsinhalt, je nach der Persönlichkeit des Individuums, auch ander- 
wärts beobachtet werden. 

In Kigarama erzählte mir der Leiter des Schlafkrankenlagers, Herr 
Stabsarzt Dr. Kudicke, von der Institution der Mbandwas, die von 
grossem Einfluss auf die Bevölkerung sei. Seiner Liebenswürdigkeit ver- 
danke ich, dass es mir möglich war, selbst einige weitere Beobachtungen 
darüber anzustellen und Mbandwas einer Exploration zu unterziehen. 


Abb. 1. 


Was das Wort Mbandwa wörtlich übersetzt bedeutet, konnte ich niclit 
feststellen. Im Kisuaheli scheint das Wort nicht vorzukommen. Von 
einem Missionar hörte ich, dass es auch in Ruanda Mbandwas gebe. 
Dort soll der Plural Immandwa heissen; ob das für Kisiba auch zutrifft, 
weiss ich indessen nicht. 

Nachdem wir die Mbandwas durch andere Eingeborenen hatten auf- 
fordern lassen uns einen Besuch im Lager abzustatten, sagten sie sich 
für einen bestimmten Nachmittag an. Sie wohnten teils in dem grossen 
Dorf Kigarama selbst oder in der Nähe. Schon von weitem hörte man 
bei ihrer Annäherung rhythmischen Trommelklang und das Lärmen einer 
grossen sie begleitenden Volksmenge. Als sie herangekommen waren, 
zeigte sich, dass es etwa ein Dutzend mit Leopardenfellen und allerhand 
Amuletten und Schmuckstiicken behängte Leute waren, die sich in einem 


504 ; Vix: 


eigenartigen Tanzschritt nāherten. In den Händen trugen sie Kürbis- 
flaschen und lange Stöcke oder Speere. 

Sie drehten sich im wesentlichen mit langen Sprungschritten um 
ihre eigene Achse, so dass ihre langen Rindenstoffgewänder weit um sie 
herflatterten, und bewegten sich dabei vorwärts. 

Um die Mbandwas sprangen inzwischen mit wilden Spriingen etwa 
20 Leute mit Rasseln und Trommeln, diese mit den Händen oder kurzen 
Holzklöppeln bearbeitend. Diese Trommeln waren die im ganzen 


Zwischenseengebiet verbreiteten, ihrer Form nach einem abgestumpften 
Kegel entsprechenden Holztonnen, über dessen Basis ein Rinderfell 
gespannt ist. Die Rasseln bestanden aus Kürbisflaschen, in die kleine 
kreuzförmige Schallöcher eingeschnitten waren und die, wie mir gesagt 
wurde, Steinchen enthielten. 

Als die Leute herangekommen waren, begrüssten uns drei der 
Mbandwas durch Handschlag und ohne der Landessitte entsprechend 
niederzuknien. Diese drei Leute waren, wie wir hörten, die einfluss- 
reichsten. Sie wurden von Männern begleitet, die grosse, etwa '/, m lange 


Ethnologie des Zwischenseengebietes von Deutsch-Ostafrika. 505 


und knapp 1 m breite, geflochtene Schilde über sie hielten. Wir nahmen 
nun diese drei Mbandwas bei Seite und unterzogen sie einer Exploration, 
deren Ergebnis ich nach dem von mir geführten Protokoll hier mit- 
teile. Die Verständigung erfolgte in der Weise, dass ein des Kisiba und 
Kisuaheli mächtiger Boy als Dolmetsch diente. Die Kisuaheliantwort 
übersetzte mir dann wieder Herr Stabsarzt Kudicke. 

Der zuerst vernommene Mbandwa, ein Mann zwischen 50 und 
60 Jahren mit intelligentem Gesicht, war in den landesüblichen langen 
Rindenstoff gekleidet, darüber trug er ein Leopardenfell. Als Schmuck 
trug er Drahtringe um die Gelenke, und auf dem Scheitel hatte er ein 


rl 


Abb. 3. 


kleines Amulett aus Muscheln und zwei Holzstäbchen befestigt, woran sein 
Zauber gebunden sei. Ebenso trug er um den Hals einige der landes- 
üblichen Amulette wie Holzstäbchen, kurze Ziegenhörner usw. Nur die 
Mbandwas sollen ähnlich wie die Weiber Fussringe tragen, die anderen 
Männer nicht. In der einen Hand hatte er einen langen Stab, an dem 
oben eine Eisenglocke befestigt war, in der andern trug er die schlanke 
Kürbisflasche mit Saugrohr, in der sich Pombe, das Eingeborenenbier, 
befand. Er hatte einen etwas misstrauischen Gesichtsausdruck und gab 
auch die Antworten mit einer gewissen Zurückhaltung. 

Er gab an, er heisse mit seinem gewöhnlichen Namen Luegoia, 
augenblicklich aber Kisiba, da er eben von seinem Geist, dem Kisiba, 
besessen sei. Er sei Arzt. Dieser Geist Kisiba stamme aus der im Süden 
gelegenen Landschaft Ihangiro und gehöre zu den Waheia. Er sei ins 

Zeitschrift für Ethnologie. Jahrg. 1911. Heft 3 u 4. 33 


506 Vix: 


Land gerufen worden, als ein Sultan kinderlos blieb, um ihm zu Kindern 
zu verhelfen. | 

Zu diesem Zweck schmierte er den Sultan mit Öl ein und gab ihm 
Milch zu trinken. Die Kur schlug an. Zur Belohuung wurde Kisiba an- 


Abb. 4. 


gesiedelt und mit Ehren überhäuft. Sein Mbandwa übe jetzt allgemein den 
Zauber für kinderlose Leute aus. Als Lohn dafür nehme er eine Ziege, 
gelegentlich auch ein Rind. Dieser Zauber selbst bestehe im Verbrennen 
von verzauberten Holzstückchen. in der Hütte der betreffenden Weiber. 
Ferner schneide er Zweige ab, binde sie zusammen und lasse sie die be- 
treffenden Ehepaare um den Hals tragen. Wenn Luegoia sterbe, so 
glaube er, dass Kisibas Geist auf seinen Sohn übergehen werde. Er habe 


Ethnologie des Zwischenseengebietes von Deutsch-Ostafrika. 507 


seinen Sohn noch nicht in seiner Kunst unterwiesen, das werde der Geist 
schon selber tun. Vor Luegoia habe Kisiba schon andere Mbandwas be- 
sessen. 

Der Geist Kisiba sei nicht immer in Luegoia, manchmal sei er auch 
abwesend. Zur Zeit sei er gerade in ihm. Der Geist trinke auch Pombe. 
. Wenn die Geister über die Mbandwas kämen, würden diese schwindlig, 
sie liessen die Arbeit fallen, würden ,,wie betrunken“ und sprächen in 
fremden Zungen. Von einem abschliessenden Schlaf nach dem Zustand 
war nichts zu erfahren. So lange der Geist in ihnen sei, ässen sie nichts, 
sondern tränken nur Pombe und kauten Kaffee. Am nächsten Tag, wenn 
der Geist wieder aus ihnen gewichen sei, erinnerten sich die Mbandwas 
nicht mehr an diesen Zustand. Wenn der Geist über sie komme, be- 
kleideten sie sich mit dem Leo- 
pardenfell. Diese Leopardenfelle 
seien Geschenke des Sultans von Ki- 
siba. Totemistische Momente liessen 
sich hierbei nicht nachweisen. (Vgl. 
Rehse über das Muziro). — Jeder 
Mbandwa habe seinen bestimmten 
Geist und zwar nur einen. — Luegoia 
habe 15 Frauen und 36 Kinder. 

Eines Tages habe Kisiba beim 
Spazierengehen den Luegoia getroffen. 
Er habe ihn bei der Hand genommen 
und zu ihm gesagt, er sei geeignet 
Mbandwa zu werden. 

Von Zeit zu Zeit würden die 
Mbandwas zum Sultan gerufen, um 
dort Tänze aufzuführen, wofür sie 
dann von ihm beschenkt würden. 

Der nächste von uns explorierte Abb. 5. 

Mbandwa, etwa vom gleichen Alter, i 

unterschied sich in seinem Äusseren von dem ersteren dadurch, dass er, über 
der Stirn durch ein Band befestigt, einen halb mit einer Perlenstickerei 
bedeckten Löweneckzahn trug. In der Hand hatte er einen langen Stock, 
aber ohne Glocke. Dieser Mbandwa hatte mit seinen hochgezogenen 
Augenbrauen, der gebogenen Nase und dem überlegenen Lächeln etwas 
geradezu Mephistophelisches. 

Er gab an er heisse Kibi. Kibi sei der Name seines Geistes, der 
jetzt gerade in ihm weile, sein eigentlicher Name sei Kakisiba. Kibi sei 
früher Sultan in Kigarama gewesen. Er sei von einem andern Sultan 
vertrieben worden. Kibi sei von sehr weit eingewandert, ebensoweit wie 
die Europäer. 

Er sei der höchststehende Mbandwa. Er sei in seinem Mbandwa 
früher als Pest- und Pockendoktor tätig gewesen. Seit die Europäer im 
Lande seien, habe er aber nichts mehr zu tun. | 

Der Löwenzahn entspreche dem Abzeichen des Sultans, von dem er 

23% 


508 | Vix: 


ihn auch erhalten habe. Seine Mbandwawürde habe er von seinem Vater 
geerbt. Nach seinem Tode gehe sie auf seine Kinder über, aber es könne 
sie ebensogut auch jemand anders erben. Zur Zeit könne er das noch 
nicht bestimmt sagen. 

Der Geist Kibi besitze ein Vermögen, dessen Nutzniessung sein 
Mbandwa habe. Nach dem Tode des Mbandwa falle das Vermögen an 
den Sultan des Landes zurück, der es demjenigen weitergebe, in den 
dann der Geist des Kibi fahre. Der Kibi-Mbandwa sei stärker und klüger 
als die anderen Menschen, er könne die Zukunft voraussagen. Auf- 
gefordert Herrn Dr. Kudicke zu wahrsagen, erklärte er, Herr Dr. Kudicke 
werde am nächsten Tage ein Gewehr, einen Kranken und Geld be- 
kommen. (Tatsächlich stand bemerkenswerterweise der Zahltag bevor, 
was der Mbandwa wissen konnte.) 

Ein dritter Mbandwa, wesentlich jünger, vielleicht anfangs der dreissig, 
unterschied sich von den anderen durch eine Mütze aus Fischotterfell, die 
er auf dem Kopfe trug. 

Dieser gab an, er heisse für gewöhnlich Ischamula, sein Geist sei 
Kagaschane, ein Sohn Kibis. Deshalb werde er von Kibi ausgehalten. 
Er sei ebenso wie die meisten andern Mbandwas Wahrsager. 

Der etwa 60jährige Mbandwa des Geistes Mugascha erschien in ge- 
wöhnlicher Kleidung und ohne Schmuck und stellte sich dementsprechend 
mit seinem bürgerlichen Namen Kipemba vor. Seine Tätigkeit besteht 
darin, gegen Bezahlung Regen zu machen. Zu diesem Zwecke stecke er 
ein besonderes Stück Holz, das er in seiner Hütte habe, in einen Topf 
mit Wasser. 

Über die Zeit, innerhalb welcher es dann regne, könne er nichts Be- 
stimmtes voraussagen. Mugascha sei ein Regenmacher gewesen, der einst 
von der Insel Sesse herübergeholt worden sei, um hier das Wetter zu 
machen. Vor Kipemba war der Geist in dessen Vater, voraussichtlich 
werde er nach seinem Tode in seinen Sohn übergehen. — Er, Kipemba, 
werde für seine Tätigkeit nicht bezahlt und habe ebensowenig ein Ver- 
mögen wie sein Geist. 

Bei der Exploration war es nicht immer ganz leicht die Angaben 
über die Geister der Mbandwas von denen über sie selbst zu trennen. 

Nachdem wir die Mbandwas mit Pombe beschenkt hatten, luden wir 
sie ein uns demnächst einmal ohne ihre Geister, gleichsam in Zivil zu 
besuchen. 

Nach einigen Tagen kamen sie in der gewöhnlichen Kleidung der 
Kisibaleute dieser Aufforderung nach. Diesmal befanden sich auch einige 
weibliche Mbandwas unter ihnen. Nachdem wir sie reichlich mit Pombe 
beschenkt hatten, setzten wir unsere Exploration fort. Das Resultat war 
folgendes: 

Es gibt auch weibliche Mbandwas. Von den sechs anwesenden haben 
aber fünf einen männlichen Geist. Der Geist Wamara fährt in männ- 
liche und weibliche Mbandwas. Rehse bezeichnet ıhn als den Geist, zu 
dem die Seelen zurückkehren. Er nimmt an, es sei ursprünglich ein 
mächtiger zentralafrikanischer König gewesen. Diese Mbandwas sind 


Ethnologie des Zwischenseengebietes von Deutsch-Ostafrika. 509 


seine Priester. Einzelne von ihnen können auch wahrsagen. Niabulesa, 
Kubedya und Niakaremba sind weibliche Geister. Letztere beiden sind 
Geister des Ackerbaues. Niabulesa bringt Krankheiten und tötet die 
Menschen. 

Sie hat keinen bestimmten Mbandwa, sondern geht bald in den einen, 
bald in den andern. Wenn einer von ihnen etwas Schlimmes tut, dann 
ist sie in ihm. Wenn Niakaremba in ihren weiblichen Mbandwa ge- 
fahren ist, wird das Feld dieser betreffenden Priesterin von den andern 
Frauen bestellt. Niakaremba ist die Mutter des Geistes Kisiba. Um 
bessere Ernte zu bekommen, wird auch der Geist Kasi angebetet. — Die 
weiblichen Mbandwas dürfen nicht heiraten. Wird eine verheiratete Frau 
von einem Geist besessen, so verlässt sie ihren Mann und geht zum 
Vater zurück. Die weiblichen Mbandwas dürfen mit männlichen ge- 
schlechtlich verkehren. Die anwesenden Frauen hatten keine Kinder. 
Wer einmal Mbandwa ist, bleibt es bis zu seinem Lebensende Die 
Kinder müssen nicht immer wieder Mbandwas werden. In Tiere fahren 
die Geister nie. Die Mbandwas haben einen Einfluss darauf, ob ihr 
Geist sie aufsucht oder nicht. In jeder Mbandwahütte ist eine Lager- 
stätte für den betreffenden Geist. Wollen die Mbandwas ihren Geist 
herbeirufen, so legen sie einige Simbi (das ortsübliche Muschelgeld), 
9 oder 2x9 Stück, hin, rufen den Geist und geben ihm den Grund an, 
weshalb er kommen soll. Wollen andere Leute den Geist herbeirufen, 
so müssen sie dessen Mbandwa die Simbi bezahlen. — Die Mbandwas 
haben unter sich Zusammenkinfte und Beratungen, wenn sie dem Sultan 
Vorschläge machen wollen, z. B., dass er für einen Geist ein neues Haus 
bauen soll und ähnliches. Bei wichtigen Ereignissen, z. B. Epidemien, 
fragt der Sultan die Mbandwaversammlung um Rat. So hätten sie z.B. 
einmal bei einer Epidemie von jedem Haus einen Simbi eingesammelt . 
und das Geld in den Kagera geworfen. 

Wenn jemand erklärt, er sei von einem Geist besessen, Mbandwa ge- 
worden, so wird er erst von den übrigen Mbandwas begutachtet, ob er 
auch wirklich besessen ist. Ist dies ihrer Ansicht nach der Fall, so wird 
er von den Wamarambandwas unterrichtet, der Kibimbandwa z.B. kann 
das nicht. 

In der Nähe der Missionsstation Buanja besuchte ich einen in 
einem grösseren Dorf wohnenden Mbandwa, der einen Zauber für die 
Fruchtbarkeit des Rindviehs hat. Seine Hütte unterscheidet sich von den 
landesüblichen durch ihre Grösse. Er besitzt viel Vieh. In dem ab- 
gegrenzten Vorraum der Hütte, gleich hinter dem Eingang, liegen fünf 
Trommeln verschiedener Grösse. Ich bekam denn auch auf meinen 
Wunsch ein Trommelkonzert aufgeführt. Die Trommeln waren verschieden 
abgestimmt und wurden in wechselndem, recht wohlklingendem Rhythmus 
von drei Leuten geschlagen. Leider hatte ich keinen Dolmetscher zur 
näheren Exploration des Mbandwas. 

Nach dem Mitgeteilten scheint mir für das Zwischenseengebiet 
charakteristisch, dass der Priester dort gleichsam seinen Körper dem 
Geist, der ihn als Mbandwa erwählt hat, zeitweilig zur Verfügung stellt. 


510 Vix: 


Was inzwischen aus dem Geist des betreffenden Mbandwas wird, habe, ich 
leider nicht erfahren. Ob bei andern Negerstämmen und sonstigen 
Naturvölkern ähnliche Anschauungen bestehen, konnte ich aus der mir 
zugänglichen Literatur nicht ersehen. Struck spricht in seinem Aufsatz 
über „Afrikanische Ärzte“ (Münch. med. Wochenschrift. B. 53, Il) nur 
von „persönlichen Beziehungen“ zwischen den Priestern und überirdischen 
Wesen. Auch bei Ratzel „Völkerkunde“ findet sich nichts über dieses 
Mbandwawesen. 


Abb. 6. 


Parallelen hierzu lassen sich aber jedenfalls sowohl in Afrika als in 
anderen Kulturkreisen finden. 

Es wäre nun eine interessante Frage, ob bei den Mbandwas tatsäch- 
liche psychische Zustände vorliegen, die als „doppeltes Bewusstsein“ im 
Sinne der Psychiatrie aufzufassen sind. Meines Erachtens kann das schon 
der Häufigkeit wegen nur insofern zugegeben werden, als der Erfahrung 
nach (cf. Wernicke, Grundriss d. Psych.) solche Zustände weitaus in 


Ethnologie des Zwischenseengebietes von Deutsch-Ostafrika. 511 


der Mehrzahl der Fälle Produkte suggestiver Beeinflussung sind. Ich 
hatte nicht den Eindruck, dass es sich bei den Explorierten um bewusste 
Schwindler handelte. Ich glaube auch, dass die Einsicht, dass die Idee 
der zeitweiligen Besessenheit der Realität entbehrt, selbst dem in- 
telligentesten inmitten seiner Volksgenossen lebenden Neger als eigener 
Erwerb nicht zugetraut werden darf, wenn man sich vergegenwärtigt, 
dass er doch mit einem Wust mehr oder weniger unklarer Vorstellungen 
von übersinnlichen Dingen belastet ist und dass bei ihm, wie alle Kenner 
der Negerpsyche übereinstimmend erklären (cf. auch Ratzel, Völker- 
kunde) das Unterscheidungsvermögen zwischen Wahrheit und Phantasie- 


Abb. 7. 


produkt ebenso wie bei unseren Kindern oder manchen hysterischen 
Individuen wenig entwickelt ist. Zweifellos spielen das Nervensystem 
beeinflussende Mittel, wie Alkohol, Kaffee und jedenfalls auch Hanf eine 
gewisse Rolle. Bemerkenswert ist der Hinweis Strucks (l. c.) auf die 
Bedeutung der Erblichkeit des Berufs der Ärzte, da hierdurch möglicher- 
weise auch eine gewisse nervöse Disposition vererbt wird, die einerseits 
durch den Beruf geschaffen wird, andererseits wieder zu ihm besonders 
befähigt. 

Vielleicht begegnet auch folgende, kurz mitzuteilende Beobachtung 
einigem Interesse: Im nordöstlichen Karagwe in der Nähe des auf der 
Karte mit Narweri bezeichneten Lagerplatzes führte die Strasse nach 
Ruanda an einem Baum vorüber, unter den, wie ein kleiner Dornenkral 

und alte Feuerstätten erkennen liessen, öfter gelagert wird. Dieser Baum 


512 Vix: 


war über und über behängt mit aus kreuzweise übereinandergelegten 
Streifen von Bananenblättern gebildeten Paketchen, in welchen sich etwa 
faustgrosse Steine befanden. Meine Basiba-Träger legten, dort an- 
gekommen, ihre Lasten nieder und hängten jeder ebenfalls ein solches 
Paket auf. Auch forderten sie mich auf, ein gleiches zu tun. Auf 
meine Frage erfuhr ich, es handele sich um ein Opfer, damit die Reise 
glücklich verlaufe. Als wir nach drei Monaten aus Mpororo zurück- 
kehrten, kamen wir bei einem gleichen Baum an der Barabara westlich 
von Kitengule vorüber, wo nun die Leute ebensolche Dankopfer für 
glückliche Heimkehr aufhängten. 


Abb. 8. 


Bezüglich der Felszeichnungen bei der Mission Buanja in Kisiba, 
über die R. Koch in der Zeitschr. für Ethnologie seinerzeit berichtete, 
erhielt ich durch Exploration eines aus der Gegend stammenden Missions- 
zoglings, den mein liebenswürdiger Führer Pater Donders mit zu den 
Grotten nahm und dort für mich ausfragte, folgende Erklärung: Die 
Zeichnungen sind von „Gott“ gezeichnet. Die Farbe heisst enkorwa. Es 
ist roter Ocker. Die Zeichen, die sich in so grosser Zahl wiederholen, 
stellen, wie Koch vermutete, Rinder dar; die wagrecht gezeichneten be- 
deuten schlafende Rinder. Die beiden rundlichen Figuren mit den vielen 
Punkten sind Leoparden, die die Rinder beschleichen. Besonders be- 
merkenswert sind die beiden zur Ader gelassenen Kühe. Menschliche 
Figuren sind nicht dabei. 


Ethnologie des Zwischenseengebietes von Deutsch-Ostafrika. 513 


Ich füge die Haupttypen mit den wörtlichen Erklärungen des Ein- 
geborenen hinzu: (In dem Reisebericht des Herzogs Adolf Friedrich 
zu Mecklenburg ist die Abbildung der Malereien verkehrt reproduziert, 
so dass die Symbole auf dem Kopfe stehen). 

Interessant und vielleicht nicht ohne Bedeutung ist, dass ein Mbatwa') 
auf Kwidschwi, dem ich Bilder vorlegte, dieses Rindersymbol sofort als 
solches erkannte. 

Bezüglich der Örtlichkeit möchte ich der Kochschen Schilderung 
noch hinzufügen, dass es sich um flache Grotten, nicht etwa um zu 
Wohnungen geeignete Höhlen handelt und dass im weiten Umkreis darum 
sich wie im grössten Teile Kisibas ausgedehntes, grasbewachsenes Weide- 
land befindet. Vielleicht steht das mit dem Gegenstand der Zeichnungen 
in gewissem Zusammenhang. In diesem Falle könnten die Zeichnungen, 
nicht über die Zeit zurückreichen, zu der die dem Entstehen des Weide- 
landes vorausgehenden Rodungen vorgenommen wurden. Angesichts der 
alten Kultur Kisibas mag dieser Zeitpunkt immerhin schon einige Jahr- 
hunderte zurückliegen. — Mit den bekannten Buschmannzeichnungen, die 
sich ja durch ihre grosse Naturtreue auszeichnen, haben diese schematischen 
Bilder nur bezüglich ihres Inhaltes eine Ähnlichkeit. Ebenso ist auch 
die Ähnlichkeit mit den in der Diskussion nach dem Kochschen Vortrag 
erwähnten und von Passarge in Kamerun entdeckten schwer zu deutenden 
Felsgravierungen eine geringe. Vielleicht stellen die Zeichnungen einen 
Bilderzauber zum Schutze der Viehherden dar (vgl. „Das Problem der 
Buschmannmalereien* von Willy Pastor. Tägl. Rundsch. Jahrg. 31 
Nr. 85). 

Über Affektäusserung bei meinen Leuten machte ich nachstehende 
interessante Beobachtung: Gelegentlich der Fahrten auf dem Kiwusee 
hatte ich einen schweren Bootsunfall, wobei mehrere Träger und Ruderer 
ertranken. Als die Kunde bei den schon am Land befindlichen Leuten 
eintraf, entstand sofort unter ihnen eine grosse Bewegung. Sie liefen hin 
und her, gestikulierten, weinten, hielten sich den Kopf, beugten den Ober- 
körper vor und zurück und fielen sich gegenseitig um den Hals. Sehr 
bald aber nahm das Jammern einen bestimmten Rhythmus an, dem sich 
alle anschlossen, auch die Kwidschwileute, zu denen die Ruderer ge- 
hörten und die erst etwas kühler geblieben waren. Dabei hatte der 
Niampara, der Trägerführer, gleichsam die Leitung übernommen. Etwa 
nach einer halben Stunde beruhigten sich die Leute allmählich und waren 
nach kurzer Zeit wieder in ihrer gewöhnlichen sorglos-heiteren Stimmung. 

Als ich mich dem Ausgangsort Kigarama wieder näherte, kam mir 
die Mutter eines der Ertrunkenen, zu der die Nachricht vom Tode ihres 
Sohnes gedrungen war, in das Lager entgegen. Als sie die Bestätigung 
erfuhr, war sie erst ganz fassungslos, weinte und lachte abwechselnd und 
jammerte dann, indem sie rhythmisch „omuane, omuane!“ („mein Kind“) 
rief. Plötzlich lief sie schnell fort, stiess einen langgezogenen, gellenden 
Schrei aus und schlug sich dabei mit der flachen Hand schnell hinter- 


1) Doch wohl „Mutwa“. Str. 


514 Vix: 


einander auf den Mund, so dass ein trillernder Ton entstand, — tbrigens 
eine Art des Zurufes, die ich auf der ganzen Reise im Zwischenseen- 
gebiet oft beobachtete. — Das Jammern, manchmal unterbrochen von 


diesem Schreien, war dann die ganze Nacht hindurch noch in der Nähe 
meines Lagers zu hören. 

Ich füge dem Bericht eine Photographie des Königs Mihigo von 
Kwidschwi bei, der sich seither nie vor Europäern sehen liess, sondern 
stets andere Personen vorschickte. Während eines mehrtägigen Auf- 
enthaltes bei dem evangelischen Missionar auf Kwidschwi, oder richtiger 
Idschu, Herrn Achtmann, dem ich für Gastfreundschaft und vielseitige 


Abb. 9. 


Unterstützung zu grossem Dank verpflichtet bin, erfuhr ich, dass Mihigo 
sich vor ihm als dem ersten Europäer gezeigt und anscheinend Vertrauen 
zu ihm gefasst habe. Er sei sehr verschüchtert, da er dauernd unter den 
Angriffen der Ruandaleute gelitten habe. Wir kündigten uns vorher an 
und besuchten ihn dann in seiner Residenz. Er begrüsste uns auf dem 
grossen freien Platz vor dem Zaun, der seine Hütte und Hof umgab, in- 
mitten von etwa 100 bewaffneten Leuten. Mir gegenüber war er höchst 
misstrauisch, da ihm der Zweck meines Besuches sehr verdächtig war, 
als er hörte, dass ich mich für die Awatwa interessiere). Vor Fernglas 


i) Wir erfuhren durch ihn, die Batwazwerge seien von Kwidschwi nach dem 
Kongostaat ausgewandert, da bei der Expedition des Herzogs „ihre Seelen in 
Bücher geschrieben“ worden seien. (Anthropol. Messungen.) Er schien den Awatwa 


Ethnologie des Zwischenseengebietes von Deutsch-Ostafrika. 515 


und Kamera äusserte er grösste Furcht, so dass ich ihn nur ganz heimlich 
aufnehmen konnte. Beim Verabschieden begleitete er uns einige Schritte, 
bat aber, dass ich vor ihm hergehe. Ich wurde lebhaft an das Gebahren 
von an Verfolgungsideen leidenden Geisteskranken erinnert. Mihigo ist 
ein grosser, ziemlich korpulenter Mann, schätzungsweise zwischen 60 und 
70 Jahre alt. — Aus einem Brief von Herrn Achtmann erfuhr ich noch 
nachträglich, dass sein Vater vor 20 Jahren von dem damaligen König 
Ruabugiri von Ruanda getötet und seine Schwester fortgeschleppt worden 
sei. Sie sei jetzt ganz kürzlich nach so langer Abwesenheit auf ihren 
Wunsch aus dem Bezirk Bukoba, wo sie einem Grossen gehörte, nach 
Idschu zurückgekehrt. Mihigo hielt es kaum für möglich, dass sie ohne 
getötet zu werden durch Ruanda kommen könnte, und ist jetzt mit dem 
Einzug der Europäer ausgesöhnt, da sie das ermöglichten. 


alles Schlimme zuzutrauen, bewegte sich aber nur in mysteriösen Andeutungen. 
Auf die Frage, ob sie sich nicht mit Schmieden befassten, antwortete er ironisch: 
„Für Euch mögen sie vielleicht schmieden‘. 


Bemerkungen über die „Mbandwa‘“ des Zwischenseengebiets. 
Von 


Bernhard Struck’). 


»Mbandwa‘ ist ein Substantivum der 9. Nominalklasse und vom 
Passivum eines Verbums banda gebildet. Aus dem Ziba ist dasselbe 
bisher nicht bekannt, Herrmann (Mitt. Sem. or. Spr. VII, 3, S. 150 —193) 
führt weder banda noch mbandwa an. 

In Ruanda gibt es nach Pere Loupias (Anthropos III, p. 1—13), 
das passive Verbum ku-bandwa”) in der Bedeutung von „in den Kult des 
Ryangombe eingeweiht werden.“ Seine weiteren Ausführungen sind in- 
zwischen durch augenscheinlich sehr zuverlässige Nachrichten, die Missionar 
Roehl von seinem Sprachlehrer Rwabigwi erhielt, teils bestätigt, teils 
verbessert und erheblich erweitert worden (Nachr. a. d. ostafr. Mission XXIV, 
S. 63—66). Das „Kuzimu“ der Banyarwanda ist bei den Geistern 
Nyamuragira und Nyiragongo, seiner Frau, d.h. den Vulkanen gleichen 
Namens, wo die abazimu ım übrigen ein ödes Schattendasein führen, das 
nötige Holz heranzuschleppen haben, um das Feuer zu unterhalten. Aber 
nicht die Geister aller Verstorbenen gehen dahin. „Als ich nämlich 
Rwabigwi fragte, ob er denn nach seinem Tode auch zur Nyiragongo 
ginge, warf er sich in die Brust und antwortete: Nein, ich gehe zu 
Ryangombe, ich bin ein umubandwa. Nachdem er sich nochmals ver- 
gewissert hatte, dass draussen niemand horche, flüsterte er mir dann nach 
und nach folgendes zu: Ryangombe, der eigentliche Gott der Ruanda- 
leute, throne auf dem Karisimbi, dem höchsten der Vulkane. Dort bei 
Ryangombe gibt es eine Art Paradies mit den höchsten Genüssen, die ein 
Sohn Ruandas kennt, nämlich Milch und Bier; die Milch liefert eine 
grosse Rinderherde Ryangombes, die auf den Schneefeldern des Karisimbi 
weidet; das Bier stellen die Ruandaleute dem Ryangombe hin in eigens 
hierzu erbauten kleinen Hüttchen, die man bei vielen Kraalen findet und 
die wir bisher vielleicht irrtümlich als Seelenhütten bezeichnet haben. 
Die Leute nun, welche Ryangombe einst zu sich nehmen will, sucht er 
sich noch bei ihren Lebzeiten aus und zwar in folgender Weise: er 
erscheint dem Betreffenden in einer Nacht, nimmt ihn mit sich auf den 
Karisimbi, zeigt ihm alle seine Herrlichkeit, verspricht ihm, ihn an allem 


1) Im Anschluss an den vorhergehenden Aufsatz von Dr. Vix: „Beitrag zur 
Ethnologie des Zwischenseengebiets von Deutsch-Ostafrika.“ 
2) b hier nur im folgenden phonetisch = v. 


Bemerkungen über die Mbandwa. 517 


teilhaben zu lassen, und sagt dann zu ihm: bandwa! was wir nicht gut 
anders übersetzen können als: lass dich weihen! Darauf bringt er ihn 
wieder in seine Hütte zurück. In der Regel erscheint Ryangombe seinen 
Erwählten während einer Krankheit. Darauf lässt nun der so Erwählte 
an sich die Weihe vollziehen in Gegenwart der schon früher Geweihten, 
natürlich unter allerlei geheimnisvollen Bräuchen. So wird nun auch er 
ein umubandwa, das ist ein Ryangombe Geweihter, und hat damit die 
Anwartschaft auf ein Leben nach dem Tode in Freude und Wonne und 
ım täglichen Genusse von Milch und Bier. Die nächste. Folge der 
Weihung ist natürlich die, dass der Betreffende von seiner Krankheit 
genest. Nach dem Tode wird ein umubandwa kein umuzimu, er geht auch 
nicht ins Kuzimu, sondern er wird ein imandwa (Engel?), und Ryangombe 
holt ihn zu sich auf den Karisimbi zu ewigem Leben, denn ein imandwa 
stirbt nicht mehr.“ Ryangombes Wahl ist durchaus frei, Batwa sollen 
jedoch bestimmt ausgeschlossen sein. Die Weihe kann nur einmal an 
derselben Person vollzogen werden. „Würde jemand, ohne von Ryangombe 
aufgefordert zu sein, sich weihen lassen, so würde er für diesen Frevel 
von Ryangombe sofort getötet werden und müsste natürlich in das kuzimu 
gehen.“ Loupias behauptet, der König und die grossen Batusi könnten 
keine ababandwa sein, aber dem widerspricht Msingas eigene Äusserung 
zu Roehl, er werde einst in Ryangombes Paradies eingehen. 

In Ruanda ist also umubandwa (Kl. 1) Pl. Ababandwa (Kl. 2) ein 
Geweihter, imandwa (Kl. 9) Pl. (Kl. 10) die Seele eines verstorbenen Ge- 
weihten. Das letztere Wort ist zwar augenscheinlich auch von bandwa 
abgeleitet, aber mit einer in diesen Sprachen sonst unbekannten Laut- 
entwicklung ni + b=m statt des gewöhnlichen mb. Allerdings gibt 
H. H. Johnston die vorauszusetzende Form e-mbandwa (Uganda Pro- 
tectorate II, S. 971, e nach Analogie der nördlichen Sprachen statt 1), 
aber sein ganzes Ruandavokabular ist nicht sehr zuverlässig, und da er 
dem Wort die Bedeutung „Teufel“ beilegt, so wird er wohl unzutreffend 
berichtet worden sein. 

Durch weitere Mitteilungen Roehls (nach Aussagen des Muziba 
Kyaluzi) werden Vix’ Ermittelungen über die Mbandwa der Baziba be- 
stätigt und treten mit den eschatologischen Vorstellungen, wie sie Rehse 
(Kiziba S. 132) andeutet, in Verbindung. Auch die Baziba kennen für 
die Verstorbenen zwei Örter: 1. Bitoma, das „Totenreich“, der Ort des 
ewigen Todes, der nach Rehse in der Landschaft Kyanja lokalisiert wird, 
wo ein Priester des Geistes Wamara wohnt und man nachts Trommel- 
wirbel und Tanzgeschrei unsichtbarer Herkunft gehört haben soll’). 
2. Murimara, die „Gefilde der Seligen“, wo die Seelen solcher Verstorbenen 
Aufenthalt nehmen, die bei Lebzeiten durch den Geist Kiziba dazu aus- 
erwählt worden sind. „Jeder kann sich Kiziba anbieten und ihm weihen 
lassen. Ist der Weiheakt vollzogen, so nimmt Kiziba ihn an, oder ver- 


1) Der Ort ist auf den Karten nicht verzeichnet; indessen sind noch grosse 
Strecken, namentlich im Südwesten der Landschaft, unerforscht. Photographie 
einer Gruppe von Mbandwa aus Kyanja s. Afrika-Bote XVII (Trier 1910/11) S. 196. 


518 B. Struck: 


wirft ihn in folgender Weise: bis spätestens drei Tage nach dem Weihe- 
akt muss der Betreffende in einen ekstatischen Zustand geraten, und redet 
dann unverständliche Worte vor Verzückung. Damit hat der Betreffende 
das Siegel empfangen, dass er von Kiziba angenommen worden ist.“ Tritt 
diese Ekstase nicht ein, so ist der Kandidat von Kiziba verworfen und 
geht nach seinem Tode nach Bitoma = Kuzimu. 

In Nkole scheint es nach Meldon (Journ. Afr. Soc. VI, S. 142—145) 
nur einen einzigen und zwar einen Geist Mbandwa zu geben, in sieben 
verschiedenen „Personen“: Wemarra, Kagoro, Diangombi, Nyakururu, 
Mugasha, Simbua und Ndahura. Die zwei Fuss hohen Geisterhüttchen 
neben den Wohnhütten sind dem Mbandwa geweiht, für den dort bei 
Neumond vier Tage lang ein Feuer unterhalten wird. Ist jemand im 
Hause krank, so wird gekochtes Ziegen-, Schaf- oder Rindfleisch mit 
Milch, Bananen und Mehl auf einem Teller in die Geisterhütte gesetzt, es 
bleibt aber nur für einige Augenblicke darin und wird dann gegessen. 
Bei der Anrufung des Mbandwa bedecken sich die Männer mit muschel- 
besetzten Fellhauben, die Weiber flechten Muscheln ins Haar und lassen 
sie über die Stirn herabhäugen, man tanzt die Nacht hindurch und ruft 
den Geist und den Namen jeder seiner Erscheinungsformen an, mit 
Wemarra in der obigen Reihenfolge beginnend. Ausser der Mbandwa- 
hütte gibt es vor den Häusern ein zweites Hüttchen für die Ahnengeister, 
ferner an verschiedenen Stellen im Lande eine Hütte für den Gott- 
Schöpfer Lugaba. Dessen Priester ist in einer Person auch Priester des 
Mbandwa; ist dieser Mann (Zölibat!) von Lugaba besessen, so erfolgen 
seine Reden hinter geschlossener Hüttentür, kommt Mbandwa über ihn, 
so spricht er draussen. Durch gewisse Modifikationen im Ornat erfährt 
das Volk, welche der sieben Erscheinungsformen aus ihm spricht, vgl. 
darüber im einzelnen Meldon a. a. O. S. 145. Das Leopardenfell ist 
hier Zeichen des Diangombi. 

Das paarweise Auftreten der Geisterhüttchen findet sich in Kiziba 
wieder (Rehse 8.128), nur gehören dort beide einem Erdgeist Irungu, 
und das Hiittchen fiir die Seele des verstorbenen Vaters wird innerhalb 
der Wohnhütte hinter dem Bett des Hausherrn erbaut (S. 14). Merk- 
würdig ist es, dass der Perlenkopfschmuck in Kiziba denselben Namen 
e-kisingo trägt, wie die Fellhaube, die die Banyankole beim Gebet auf- 
setzen, obwohl beide Dinge ganz verschieden gestaltet sind, vgl. die Ab- 
bildungen Meldon S. 143, Rehse S. 132. In Nkole wird ferner wie in 
Ruanda der erwählte Träger des Geistes sofort frei von Krankheit. Das 
Feuer im Haus des Wamara von Kiziba muss dauernd unterhalten werden, 
in Nkole, wie erwähnt, nur vier Tage im Monat. Die Zahl der Unter- 
schiede ist also im einzelnen ebenso gross wie die der Übereinstimmungen. 
\Wie Lugaba (Rehses Rugaba), so sind auch die andern Namen in Kiziba 
gut bezeugt. Wamara, in Nkole bei der Anrufung stets zuerst zitiert, 
regiert in Kiziba über alle übrigen Geister, daher kann, wie Vix erfuhr, 
eben nur der Mbandwa des Wamara einen neuen Mbandwa unterrichten. 
Kagoro ist in Kiziba der Enkel Wamaras, Diangombi ist natürlich 
= Ryangombe, Liangombe; Mugasha ist der altbekannte Seegott der 


Bemerkungen über die Mbandwa. 519 


Baganda und wird auch in Usuwi, Kisaka und Karagwe verehrt. In Kiziba 
hat er Gewalt über Flüsse, Seen, Wind und Wetter, auch „Erdbeben“ 
soll als „mugasha“ bezeichnet werden (s. darüber meinen Aufsatz „Zur 
Kenntnis afrikanischer Erdbebenvorstellungen* Globus XCV, S. 85—90; 
„African Ideas on the; subject of Earthquakes“ J. Afr. Soc. VIII, p. 398 
bis 411). In Nkole hat der Geist Mugasha eine Hochzeitsgesellschaft in 
Steinsäulen verwandelt (J. Afr. Soc. VI, S. 246). 

Interessant ist, dass der Geist Kiziba in die Landschaft Kiziba aus 
Jhangiro eingewandert sei „und zu den Waheia gehört.“ Waheia = Bahaya, 
was der Gesamtname ist fir die dialektisch beinahe einheitliche Be- 
völkerung der Landschaften Kiziba, Bugabu, Kyamutwara, Kyanja und 
Jhangiro. Da, wie Rehse (S. 133) festgestellt hat, Nyakarembe als „Göttin 
des Ackerbaus“ Mugashas Gemahlin ist, so dürfte durch Vix’ Ermittelung, 
dass sie die Mutter des Geistes Kiziba sei, die genealogische Stellung dieses 
bisher auffallend isolierten Landesgeistes nunmehr aufgeklärt sein. Rehse 
hatte nur erfahren, dass Mugasha früher König von Sese') gewesen sei 
und damals in engem Verkehr mit dem König von Kiziba gestanden 
habe. „Die königliche Familie steht darum noch heute in besonderer 
Beziehung zu diesem Geiste.“ Vix erhielt von dem eigenen Mbandwa 
Mugashas die Angabe, dieser sei auf Sese Regenmacher gewesen und nach 
Kiziba herübergeholt worden; danach mag Rehses Version eine später 
aufgekommene Deutung der dem Volke nicht mehr verständlichen Be- 
ziehungen sein, die den Königshof von Kiziba mit Musgasha, dem Vater 
(oder Stiefvater?) Kizibas (des Geistes) verbinden. 

Wie dem auch sei, charakteristisch ist das Wandern vieler Geister, 
nämlich der Landes- und Heroengeister, das sich hier im Osten und auch 
weiter im Norden wiederfindet, vgl. z. B. den Nikang der Schilluk. Es 
gibt wohl kaum einen plastischeren Ausdruck für die so einfache und doch 
so oft aus den Augen gelassene Tatsache, dass die Bevölkerung jedes 
einzelnen dieser Gebiete, gleichviel welcher racialer Zusammensetzung, 
ganz allgemein aus (mindestens) einer alteingesessenen und einer ein- 
gewanderten Schicht aufgebaut ist. Kiziba ist schon als Geist ins Land 
gekommen, Mugasha und Kibi sind es erst geworden. Wenn dieser Kibi 
von sehr weit eingewandert, König in Kigarama gewesen und von einem 
andern König vertrieben worden sein soll, so ist diese Figur ohne Zweifel 
identisch mit dem „historischen“ Kibi der Bazibatradition, dem Stamm- 
vater aller Bazibakönige”). Kibi, offenbar ein hamitischer Prinz und 
Bruder von Ruhinda von Karagwe, kam gegen Ende des 15. Jahrhunderts 
aus Bungoro nach Kiziba, gewann dort als glücklicher Jäger durch seine 
Fleischspenden Anhang; den einheimischen König Ntumwa überfiel er ın 
seiner Residenz, dieser kam dabei ums Leben, und Kibi übernahm die 
Regierung, vorgeblich als Majordomus von Ntumwas Bruder Kangamaishwa. 
Ein Aufstand Kangamaishwas misslang und Kibi residierte fortan auch 
nominell als König in Kigarama. Königstradition und Geistersage be- 


1) So richtig statt des Druckfehlers Ireze bei Rehse S. 128. 
2) Rehse S. 154—160, 237—240. 


520 B. Struck: 


richten also völlig übereinstimmend. Beide Söhne Kıbis heissen in der 
Tradition Ishamura; wenn Vix den bürgerlichen Namen des dritten 
Mbandwa als Ishamula, den seines Geistes als Kagashane protokolliert 
hat, so wird dies also ein Versehen sein, zumal Männernamen sehr ge- 
wöhnlich mit ka- gebildet werden (vgl. die Liste bei Rehse S. 123). 

Äusserlich betrachtet, scheint die Zahl der „Mbandwa“ in Ruanda am 
grössten zu sein; alle m ein persönliches Verhältnis zur Gottheit ein- 
bezogenen werden so bezeichnet. In Kiziba ist es nur eine beschränkte 
Gruppe, nämlich die Priester; in Nkole gibt es nur einen einzigen 
„Mbandwa“, den Geist selbst. „Mfumo“, der eingeborene Arzt, scheint 
überall etwas ganz verschiedenes zu sein. Seine Kompetenz erstreckt 
sich auch sonst in Afrika meist nicht auf jene grossen Ubel, wie Pest, 
Pocken, Unfruchtbarkeit, bei denen es priesterlichen Eingreifens bedarf’). 
In umgekehrtem Verhältnis zur Zahl der Mbandwa steht die Zahl der be- 
treffenden Geister. In Ruanda ist es der eine Ryangombe, in Kiziba sind 
es mehrere Geister (aber nicht alle ursprünglich, vgl. Kibi und Ishamura), 
in Nkole alle möglichen „Erscheinungsformen“ mit Einschluss des 
Ryangombe von Ruanda und einiger Geister der Baziba. Wahrscheinlich 
liegen Substitutionen sowohl des Namens wie auch der Funktion vor. 
Ryangombe wird in Kiziba als Geist der Rinder nur von den Bahima 
verehrt, auch sein Priester ist ein Muhima (Rehse S. 134). An seiner 
Stelle wird hier mit der ,,Paradies‘‘- Vorstellung der Landesgeist Kiziba 
verknüpft, während die Unterwelt Bitoma dem Wamara gehört. Trotzdem 
nimmt er in allen Beziehungen ausserhalb des Mbandwawesens die erste 
Stelle ein. Da Ryangombe in Kiziba ausserhalb des Pantheons von 
Dämonen (Wamara, Mugasha usw.) und Heroen (Kibi, Ishamura) steht, 
in Nkole aber in der Reihe der Geister nicht nur hinter Wamara zurück- 
steht, sondern auch sonst keinerlei Ausnahmestellung einnimmt, so hat es 
den Anschein, als werde hier eine Gottheit der eingewanderten Hamiten, 
Ryangombe, ganz allmählich von der einheimischen Negermythologie der 
Bahutu-Bairo absorbiert. Das „Mbandwa“-Wesen an sich ist gewiss ein 
alteinheimisches Element, dafür sind die vielen Parallelen namentlich der 
Kiziba-Mbandwa nach Loango, Kamerun, Togo und der Goldküste nicht 
zu verkennen. 

Vielleicht ist auch Wamara ursprünglich Heros, nicht Damon. Nach 
der Nkole-Tradition war Wamara Kénig der Bachwezi in Baera (Uganda), 
eines von den Bahima verschiedenen Hamitengeschlechts*), und eroberte 
Nkole. 

Seine Frau Nzunaki (eine Muhima) ist augenscheinlich identisch mit 


1) Siehe u. a. die klassischen Aufzeichnungen Missionar Bohners tiber das 
Pockengespenst der Gi (Goldküste), die ich Globus XCII, S. 149f. veröffentlicht 
habe. 

2) „Bachwezi“ wird gewöhnlich als „Propheten“ erklärt, scheint aber auch im 
Sinne von 1. Ahnengeister, 2. Priester oder Zauberdoktoren gebraucht zu werden. 
Vel. H. H. Johnston a.a. O. II, 8.588; A. B. Lloyd, Uganda to Khartoum, p 46 
bis 50. Danach scheint der Begriff ,Bachwezi* dem der „Mbandwa“ nicht fern zu 
stehen. 


Bemerkungen iiber die Mbandwa. 521 


der Nyunaki der Kiziba-Tradition, sein Sohn „Luinda“ mit deren 
„Kuhinda“, dem Bruder Kibis. Dazu stimmt, dass Luinda von S nach N 
seine Herrschaft in Nkole ausgebreitet haben soll und nach der Kiziba- 
Tradition König von Karagwe war. Bagabe oder Basingo heisst ein 
übrigens nicht mit den Bahinda identischer Clan der Bahima von Nkole, 
die einst einen anderen Sohn Wamaras, Mulindwa, getétet haben sollen. 
Diese dirfen nicht vor Lugaba (dem Himmelsgott von Nkole) bzw. in 
dessen Höhle zu „Kagarama‘“ erscheinen; ,,Kigarama“ heisst aber auch 
die Residenz der sagenhaften Kibi von Kiziba, ein noch heute bedeutender 
Platz nördlich von Bukoba. 


Zeitschrift für Ethnologie. Jahrg. 1911. Hett 3 u. 4. 31 


Zur Psychologie des Dschaggarätsels. 
Von 
Bruno Gutmann, Moschi, Kilimandscharo. 


Die Rätseldichtung erweckt unsere Teilnahme meist nur als eine 
Übung des menschlichen Scharfsinns, der zu dem oft recht bunten Mosaik 
der Rätselallegorie die rechte Beziehung findet oder die einzelnen Stücke 
zusammenfügen kann. 

Wir fühlen kaum noch etwas von der Bildfreudigkeit des Volks- 
rätsels und von dem Triebe seiner Sprache, jede Handlung und jedes 
Stück der Umgebung so zu verlebendigen, dass es in plastischer Gestalt 
als eindrucksvoller Vorgang vor der Seele wiederersteht, und das innerste 
Wesen einer Sache veranschaulicht, wenn die Worte genannt werden. 
Die Freude am Bilde, am dichterischen Gleichnisse ist der Ausgangs- 
punkt zu einem richtigen Verständnisse des Volksrätsels, wie es z. B. im 
Dschaggavolke am Kilimandscharo in reicher und bunter Gestalt heute 
noch lebendig ist. 

Genährt und tausendfach befruchtet wird die Rätselfreudigkeit hier 
durch das Gefühl, mit dem Gleichnisse die Sache selbst erkannt und in 
ihrem Wesen gemeistert zu haben. 

Ein treffendes Gleichnis hat für sie die grösste Beweiskraft, wirkt un- 
mittelbar überzeugend. Und in diesem Sinne ist für sie die Rätselfrage noch 
Weisheitsfrage: Der Schlüssel zur Erkenntnis. Aber dieses Suchen nach 
Weisheit, nach dem Begreifen derDinge klingt eben nur noch mit als das ver- 
bindende Glied der Kette, die in noch tiefer versenkte Entstehungsursachen 
hinunterreicht, bis in die letzten Fundamente unserer Psyche = die 
religiöse Triebkraft, die sich von der Obmacht äusserer Verhältnisse lösen 
will und ihrerseits nach Herrschaft strebt über die Seele der Dinge. Der 
Schlüssel zu jedem Wesen aber ist sein Name. Und wie tief sich diese 
erste Erkenntnis der menschlichen Seele eingeprägt hat, zeigt auch das 
Verhalten des Dschagga unbewusst auf das deutlichste: wenn man ihn 
als Fremder nach seinem Namen fragt, wird er stets antworten: ich bin 
ein Mensch; und auf die wiederholte Frage verstärkt er nur den Ausdruck: 
ich bin ein Mensch der Menschen. Wenn er schliesslich einen Namen 
nennt, ist er sicherlich ad hoe erfunden. 

Aber auch dieser Kampf um das geheimnisvolle Wesen der Dinge ist 
sicher nur der Nährboden für das Rätsel geworden, seine Form hat die 
bittere Not geprägt, die im Kampfe um Sicherung des eigenen Lebens 


Psychologie des Dschaggarätsels. 523 


oder der Sippengenossen Erfindungen machte. Das Warnlied ist der 
erste Gestalter des Rätselspruches. Dieselbe Sprache, die der Dinge 
Geheimnis entschleiern wollte, musste nun dazu dienen, die eigenen An- 
schläge zu verstecken und den allgemein erkannten und benannten 
Formen einen anderen geheimnisvollen Sinn zu geben. Einen durch 
Häuptlingsanschlag oder den Neid der Vornehmen bedrohten Freund und 
Geschlechtsgenossen zu warnen, wurde nachgerade eine Kunst, der sich 
jeder befliss. Es galt dem Anschlage der Verschworenen zuvorzukommen 
und sich selber dabei doch nicht zu verraten. So besitzen die Wadschagga 
eine Menge Warnlieder und Warnspriche. Ich will nur einige Beispiele 
geben: 

„Hundsaffen steigen den Hang herauf, 

Im Morgengrauen wollen sie Bohnen jäten! 

Sie tragen zweiseitig geschnitzte Stecken, 

Die werden dich töten.“ 


Das ist ein Lied an der Grenze gesungen, um eine bedrohte Land- 
schaft vor dem feindlichen Einfalle zu warnen, den die eigenen Bezirks- 
genossen vorhaben. Das ganze Lied aber ist schon ein voll ausgebildetes 
Rätsel. 

In einer Sage wird der durch den Anschlag seines Bruders bedrohte 
Häuptling durch ein Kind gewarnt, das durch sein Lied den Häuptling 
stutzig macht: 

„Unbekümmerter, 

Das Land hat Buschschleicher 

Und das Haus birgt einen Namenlos 
Geh und komme morgen! 

Das Haus hat seine Leute. 

Lass! Und komme morgen 
Unbekümmerter!“ 


Als einst die den Masai verwandten Aruschaleute Wadschagga aus 
der Häuptlingschaft Madschame heimtückisch in einen Hinterhalt ge- 
lockt hatten, liess ihr Häuptling vor dem Beginne der Metzelei dem 
Führer der Wadschagga aus dem Häuptlingsgeschlechte eine Warnung 
zugehen, damit er entweiche. Die Worte lauteten: „Mache dich davon! 
Heute ackert Aruscha einen Acker, der wird vollständig fertig.“ 

Das war ein Rätsel, das in wenig Minuten seine Lösung heischte: 
ein echtes Halslösungsrätsel von furchtbarer Realistik. 

Neben Zeichen und Sinnhandlungen war das heimlich rätselnde Wort 
oft das einzige Mittel zur Rettung eines Bedrohten. 

Und wie das Warnlied ist auch die Scham eine uralte Wurzel des 
Rätsels. 

Die Scham ist die Mutter des Scherzrätsels. 

Es gibt gerade für das Naturkind viele Gelegenheiten, in denen das 
Gemeinschaftsbedürfnis, der Gesellungstrieb zwingt, ein Geheimnis zu 
offenbaren, und doch das persönliche Schamgefühl die Mitteilung der 
nackten Tatsache hindert. Dann greift es wieder zu einer Umschreibung, 

34° 


524 Gutmann: 


zu einem Gleichnisse, wie in der todüberschatteten kurzen Spanne Zeit, 
wo man den Warnruf in den Hof des Freundes trägt. 

Die Antwort auf solche Fragen neugieriger Genossen nach irgend 
einem persönlichen Verhältnisse wird dann als voll ausgebildetes Rätsel 
gegeben, ohne doch in der Form die Lösung zu heischen. Der Gefragte 
gewinnt damit Zeit und lenkt die Neugierde von dem Verhältnis auf das 
Gleichnis. 

Und wenn dann die Lösung gefunden oder preisgegeben wurde, ist 
die nackte verletzende Neugierde durch den Mantel des Gleichnisses 
gleichsam neutralisiert. Und wenn ein Gleichnis schlagend war und 
gefiel, dann wurde es allgemein angenommen, zuerst für gleiche Situationen 
und schliesslich als reines Spiel, fast wie eine Übung für ähnliche Fälle. 
Und nicht nur die Zufälligkeit der Entstehung vieler solcher Rätselbilder, 
sondern anch das Bedürfnis, für jede Lage gewappnet zu sein, entweder 
als Löser oder als Befragter, machte bei dem einfachen, von falschem 
Ehrgeize nicht angekränkelten Naturmenschen das Bedürfnis rege, Rätsel 
und Lösung immer beieinander zu haben, wie etwa ein Schüler sein 
Einmaleins. 

Wenn die Mädchen sich z. B. gegenseitig nach ihrem Verlobten aus- 
forschen, dann handelt es sich vor allem um die Frage: ist es ein Reicher 
oder ein Armer. Und die einem Armen verlobt ist, spricht: „Ich werde 
von einem Zweigeraschler davongetragen werden.“ Das Wort: „Der durch 
die Zweige raschelt* schafft die Vorstellung eines Mannes, der auf die 
Bäume steigt, also ein Honigbüttenaufhänger, und die Genossinnen ant- 
worten: „Das ist gut, da hast du Honig zu essen.“ Die einen Reichen 
hat, wird aber auch nicht stolz und ohne Scham antworten: ich habe 
einen mit vielen Rindern, sondern sie sagt: „Ich habe einen Rinden- 
schäler!'“ Das heisst: wie Kinder vom Baume die Rinde lösen, so leicht 
löst mein Verlobter die Felle von den Rindern, er kann reichlich 
schlachten. Und die Genossinnen sagen: „Wie schön, du hast Fleisch zu 
essen.“ Man sieht aber, diese Antworten sind Rätsellösungen. Und bei 
ähnlichen Gelegenheiten mögen die meisten der sogenannten Scherzrätsel 
entstanden sein. Die Namenrätsel sind sicher eine erste Quelle der 
Rätseldichtung überhaupt, und es wird davon später noch zu handeln sein. 

Es ist bedeutsam, dass die ersten Schriftzeichen der Völker ab- 
gekürzte Bilder sind. Denn auch ihr Denken ist ein Bilddenken, das ein 
Gleichnis noch nicht als Hilfsmittel für das Festhalten und Auseinander- 
halten erkannt hat, sondern im Anschauen dieser Bilder selbst das Wesen 
der Dinge erfasst, und darin ausruht sie in der Seele zu reproduzieren. 

Und wie das abgekürzte Bild als Schriftzeichen die Worte und Ge- 
danken eines andern übermittelt und wieder erweckt, so sind die Gleich- 
nisse und Bildrätsel in der Sprache jene Stichworte, die ganze Erlebnisse 
und Vorgänge, und wenn nicht das Wesen der Dinge, so doch auch für 
uns noch das Kennzeichnende ihres Gehabens vor die Seele bringen. 

Für den Naturmenschen aber war das die Macht, über die Umwelt 
recht viele solcher Stichworte zu wissen, die ihm den Sinn der Rede ent- 
hüllten, die ihn das schamvoll Verborgene doch erkennen liessen, die ihm 


Psychologie des Dschaggaritsels. 525 


aber auch von vielen Gefahren helfen konnten, denen er sonst hilflos 
gegenüberstand, sei es, dass er eine Drohrede zur rechten Zeit erkannte 
oder die Warnung eines Freundes rasch erfasste. 

Recht viele solcher Stichworte zu sammeln, musste darum das Streben 
seines ersten einfachen und so plastischen Weltbegreifens sein. 

Und diese uralte hohe Wertung des Rätsels ist noch aus den Formen 
des jetzigen Rätselspieles bei den Wadschagga erkennbar. 

Wenn jemand ein Rätsel nicht lösen, „auseinanderhalten“ kann, dann 
sagt er: ngadeko: es entgeht mir. Und der Frager antwortet: tereva 
ndzikuvie: bitte, dann willich’s dir sagen! Dann gibt er ihm die Lösung. 
Es ist also auch jetzt noch Weisheitsfrage, die gestellt wird, und das 
Interesse wird getragen werden von dem Gefühle: durch die Lösung wird 
Macht übermittelt. 

Und dass die Antworten in alten Zeiten teuer verkauft wurden, sieht 
man an den scherzhaften Bedingungen, die noch heute gestellt zu werden 
pflegen, wenn einer das Rätsel nicht raten kann und die Lösung wissen 
möchte. Dann heisst es: „Wenn du es wissen willst, dann gib mir dein 
Weib oder deine Kinder!“ Und der andere verspricht es, natürlich nur 
ım Scherz. Aber diese scherzhaften Bedingungen sind treue Spiegelungen 
aus einer finsteren, um das erste Licht ringenden Zeit. 

In der westlichen Landschaft Madschame haben sich die Vornehmen 
noch in geschichtlicher Zeit Ziegen beim Rätselspiele zum Pfande gesetzt. 
Dass es aber früher um höhere Einsätze gegangen sein muss, zeigen auch 
dort die symbolischen Preise für ein verlorenes Rätsel. 

Wenn keiner die Antwort schuldig bleibt und immer Lösungen ge- 
funden werden, dann sagt jeder befriedigt: nsenge wo mangi mbäko: der 
Stab des Häuptlings ist mein (sc. geblieben). Wer ein Rätsel nicht 
lösen kann, wird aufgefordert den Einsatz zu zahlen mit folgenden 
Worten: „Gib mir den Häuptlingshof, dass ich ihn in Besitz nehme!“ 
Und der andere verzichtet und spricht: „nimm ihn hin.“ Triumphierend 
sagt man dann dem Besiegten: „Wir nehmen das Land in Besitz und du 
wirst ein Knecht.“ 

Der Name für Rätsel selbst: oräjo kann für die Geschichte nicht viel 
beitragen. Es ist ein uraltes Wort, wahrscheinlich ein Imperativ, der 
vom Dschagga jetzt als nomen proprium behandelt wird. Er weiss nichts 
über seine Bedeutung zu sagen. Vielleicht ist es aus dem Anrufe ent- 
standen, der jetzt noch gebraucht wird, wenn sich einer ungesehen nähert: 
orä-ho, unserm „Halt, wer da“ entsprechend. 

Aber wichtig ist es, dass jeder Rätselkampf und in allen Land- 
schaften gleich durch ein stereotypes Rätsel eingeleitet wird; es lautet: 

„Geglättet wurde es von Meerkatzen.“ Auflösung: „Schöpfstelle am 
Wasserlauf.“ 

Diese feste Sitte zeigt deutlich, wie das Rätsel auch heute noch als 
geheimnisvoller Enthüller gilt, das die Dinge weckt und das geschlossene 
Auge der Welt aufschlägt. 

Und darum soll eine befriedigende, segensreiche und menschen- 
freundliche Macht zuerst entfesselt werden: das Wasser. Die Vorstellung 


526 Gutmann: 


ist noch jetzt: Wasser ist ein sanftes Element, Sinnbild des Friedens. 
So soll sein Name als gutes Omen über dem Spiele walten, damit nicht 
sein Ende Zank oder Mord werde; denn sei es, dass durch das Nennen 
der Dinge, die in buntem Wechsel herausgefordert werden, Unfriede 
erwächst, sei es, dass ihn ein ungelöstes Rätsel weckt, immer fühlt man 
etwas von einem selbstmächtigen Geheimnisse. Darum muss dieses erste 
Rätsel als mit zur Einleitung der Rätselfragen selbst gehörig betrachtet 
werden. 

Es sind grundlegende Erkenntnisse der Menschheit, die im Rätsel 
ihren ersten Ausdruck fanden. So wenn sie fragen: „Es ist ein einziger 
Häuptling über der ganzen Welt: die Sonne (zugleich Gottesname).“ 
Oder: „Ein einziges Auge übermag die ganze Welt: die Sonne.“ 

„Ein Häuptling tritt hervor mit vielen Männern, du kannst sie nicht 
zählen: Mond und Sterne.“ 

„Ein einziges Zicklein hältst du in deiner Hand: hüte dich, es ist 
dein Leben.“ 

„Ich habe meine Augen, die kannst du nicht zählen: die Sterne.“ 

„Meine Augen“. Das zeigt uns gleichsam die Freude des Entdeckers, 
der die Sterne als Augen erkannt hat und nun ein festes Besitzrecht auf 
diese Erkenntnis und die damit zwischen ihm und ihnen geschaffene Be- 
ziehung beansprucht. 

„Unzählbar die Rinder des Häuptlings auf einer Wiese: die Sterne.“ 

„Der Kleiderlappen viele auf dem Liegefell des Vaters: es sind die 
Sterne.“ 

„Es scheint ein Mond im Schneckenhäuschenteich: der Schatten des 
Mondes“, d. h. sein Widerschein. Hier fällt wieder einmal auf, wie doch 
im Grunde die Anschauungen zweier Sprachen auseinandergehen, und wie 
rasch eine Übersetzung täuschen kann: Das Wort kirise wird meist mit 
„Schatten“ übersetzt, und trifft auch die Sache in weitaus den meisten 
Fällen, aber nicht die Bedeutung. Das Wort kirise bezeichnet freilich 
auch den Schatten eines Menschen oder Tieres oder irgend eines Gegen- 
standes, aber ebenso auch das Spiegelbild im Wasser, den Widerschein 
des Lichtes im Teiche, und Schatten, Spiegelbild und Widerschein be- 
deutet für sie das gleiche: kirise, d. h. Seelenbild, der heutige Spiritist 
würde sagen: das Bild des innern Menschen. Aus dem angeführten 
Rätsel spricht noch das grosse Erstaunen des Naturmenschen, der das 
Bild des Mondes, den er hoch am Himmel weiss, aus dem Wasser wider- 
scheinen sieht. Und diese Wahrnehmung hat sicher mit gestaltet an dem 
Glauben, dass der Mond ein lebendiges Wesen sei. 

Und zu diesen reinsten und allgemeinsten Anregern des menschlichen 
Denkens kommen nun die Besonderheiten ihrer Umgebung, die sich früh 
auch im Rätsel einen Widerschein erzeugten. 

„Kollere diesen Himmelsstein davon! Es geht nicht, denn es ist der 
Kibo“, der gewaltigste Gipfel ihres Gebirges. 

Ein anderes Rätsel ist besonders interessant, weil es uns ein Ent- 
wicklungsmoment in ihrem Welterkennen gleichsam festgestellt hat: „Ich 
bin im Bergwalde und schaue ein Ding, das ist in der Steppe, wie ist 
das möglich!“ Lösung: „Du siehst durch eine geöffnete Honigbutte.“ 


Psychologie des Dschaggarätsels. 527 


Durch eine alte zerfallene Honigbutte, die über dem Bergwalde des 
Kilimandscharo aufliegt, und als eine Röhre nach beiden Enden offen ist, 
weil die Deckel herausfielen, schaut der Dschagga in die meilenweit ent- 
fernte Steppe in der Tiefe, die ihm von hier aus immer nur eine farbige 
Fläche war, ohne dass seine Aufmerksamkeit ein Unterschied fesselte, so 
etwa, wie man über einfarbiges Tuch hinsieht. Es war Neuland, das er 
für seinen Horizont hinzugewann als er ein von der Röhre umschlossenes 
umrahmtes Bild vor sich sah. Das Staunen über das bildhafte Sehen 
einer Sache malt sich hier. 

Von grosser Erhabenheit gerade in seiner einfachsten Gestaltung ist 
das Rätsel: 

„Ich habe einen Versammlungsplatz da draussen, der niemals voll 
wird (so viele auch kommen).“ Die Lösung lautet: „bei den Toten.“ 

Die atmosphärischen Gebilde haben sie mit viel Verwunderung be- 
trachtet, und weil sie in ihren Formen und Verschiebungen auch das 
Schicksal vorgedeutet sahen, kamen sie zu einer schärferen Unterscheidung 
dieses Proteusmantels als andere Völker. Aber im Rätsel spricht sich 
doch nur der rein künstlerische, Formen vergleichende Eindruck aus: „Ich 
schaue nach unten (zur Steppe) und sehe ein Ding, das gleicht dem Darm- 
gekröse, und nach oben hin (zum Hochgebirge), da sehe ich es ebenso: 
die Wolken.“ Es sind Kumuluswolken, und der Vergleich mit dem zu 
vielen Klümpchen geballten Gekröse, das die Därme umhüllt, ist äusserst 
treffend. 

Alle Entfaltungen ihrer Seele erzählen uns von dem Streben nicht 
nur nach Veranschaulichung, sondern nach Verlebendigung der Dinge, 
und im einzelnen überrascht dann oft die geschickte Verbindung äusser- 
licher Beziehungen. 

Die Kilimandscharobäche stürzen sich in unzähligen kleinen Wasser- 
fällen zu Tale, die dann meist in einem kleinen oder kleinsten Felsen- 
becken sich ausruhen. Solche Felsenbecken heissen nduva. Diese 
Situation ist verlebendigt in der Rätselfrage: „Ich esse und esse und 
wachse doch nicht, muss ein Kimmerling bleiben.“ Auflösung: das Felsen- 
becken, in das sich ununterbrochen Wasser ergiesst und das dennoch 
niemals grösser wird. 

Der Dschagga gestaltet nicht nur bildhaft im Rätsel, sondern er 
belebt die Bilder durch einen überraschenden Gegensatz, der dann manches 
schöne Bild dem Gebiete des reinen Scherzrätsels einverleibt. Wenn er 
den Gewitterdonner mit einer Stimme vergleicht, die man tageweit hört, 
so ist das ein geschlossenes und schönes Stimmungsbild. Aber nun bezieht 
er — das ist ein hervorstechendes Kennzeichen der Dschaggarätsel — 
alles auf die eigene Person und spricht: „Ich stosse den Jubelschrei aus, 
den hört der Schiramann (drei Tage weit entfernt): das ist der Donner.“ 
Durch diese persönliche Beziehung hat das Rätsel aber einen lächerlichen 
Eindruck hinterlassen, der nicht in der Lösung, sondern in der Frage- 
stellung verborgen liegt. 

Ein volles Scherzrätsel, das den lächerlichen Eindruck mit der Lösung 
bringt, ist z. B. dieses: „Es flicht sich ein Tragkissen (um eine Last auf 


528 Gutmann: 


dem Kopfe zu tragen) und trägt doch nichts“: das ist der Hund mit seinem 
Schwanze, weil der Dschaggahund seinen Schwanz immer zusammengerollt 
trägt, wie ein aus Bananenblättern gebundenes, rundes Tragkissen. ` 

Ein feines Kontrasträtsel ist: „Ich kenne es, ehe es erkennbar 
wird.“ Ein Bach, der in den tief eingeschnittenen Schluchten nieder- 
rauscht und schon von Ferne hörbar ist, ohne dass man ihn sieht. 

Davon wären nun Hunderte aufzuzählen: 

„Ein Dummkopf betrügt den Häuptling: Fallgrube und Elefant.“ 

„Kleines besiegt Grosses: Axt und Baum.“ 

„Eine Riesenschlange ist hier im Hause, die dich doch nicht ver- 
schlingt: Die reifenähnlichen zusammengebundenen Ruten, die das Ge- 
stänge der kegeligen Hütten zusammenhalten im Innern des Hauses.“ 

„Ich kläre einen Acker und pflanze doch nichts darauf, dass ich 
es ässe: Das ist einer dem die Haare geschnitten werden.“ 

„Du trägst Fleisch bei dir und isst es doch nicht: die Zunge im 
Munde.“ 

„Ein Talpass ist es, was da hinabsteigt, das kommt nicht wieder 
herauf: die Kehle und das Essen.“ 

Oder ähnlich: „Es trägt alles davon und bringt nichts wieder: die 
Kehle.“ 

Der Begriff „unzählbar viel“, dem Wortlaute nach auf leicht zählbare 
und überschaubare Dinge bezogen, ist einer der beliebtesten Gegensätze 
im Rätsel. Hier nur ein Beispiel: 

„Ich trage Dinge, die du nicht zählen kannst, und die mir darum 
doch keinerlei Beschwerde machen: die Haare auf dem Kopfe.“ 

Weitere Kontrasträtsel: 

„Ich gehe mit ihm und komme doch nie zu ihm: Mond oder Sonne 
oder Weg, der immer vor einem bleibt.“ 

„Da, wo es zefällt, da lässt mans nicht: die Frucht am Baume.“ 

„Ich habe ein Kind, dem lege ich Schmuck an, da wird es ver- 
schandelt, entkleide ich es dann, da wird es schön: wenn du die Bananen- 
staude von verdorrter Rinde befreist.“ 

„Zähle Körner, die unzählbaren: es sind die Haare des Rindes.“ 

Hier handelt es sich um keinen Kontrast zum unzählbar vielen, 
sondern um ein reines Anschauungsratsel. Wie das Korn unzählbar viel 
ist, so auch die Haare des Rindes. 

Ein um so schärferes Kontrasträtsel ist dieses: 

„Ich habe nur ein einziges Kind und mit ihm Ehre genug: du be- 
sitzest ein Rind, nach dem die Leute gieren" 

Das Rätsel ist nun aber durchaus nicht ein so einfaches Gebilde wie 
es uns differenzierten Menschen erscheinen will, rein um seiner Kürze 
und Naivetät willen, ebensowenig wie das Märchen, sondern es ist auf- 
gebaut auf Schichten und Querlagerungen des menschlichen Denkens, und 
nicht nur ein erster Gestalter der menschlichen Weltanschauung, sondern 
ebenso auch ein erster Kritiker von ihr. 

Wie einfach klingt z. B. das Rätsel: „Ich war alt und wurde wieder 
Jung: die sich häutende Schlange.“ Es ist eins von den am leichtesten 


Psychologie des Dschaggaritsels. 529 


zu ratenden Rätseln, weil es eines der allgemein gültigen Sinnbilder gibt. 
Sein Reiz liegt eben im Gegensatze zwischen Altern und Wiederjung- 
werden. Und das Rätsel ist nur möglich, wenn dieser Kontrast als un- 
vereinbar empfunden wird. Die naive Meinung des Volkes aber war, 
wie ihre alten Erzählungen deutlich genug zeigen, dass dieses Sichhäuten 
auch eine fortgesetzte Verjüngung bedeute, denn sie erzählen, dass auch 
die ersten Menschen, wenn sie alterten, sich ihrer Haut entledigten und 
dadurch vor dem Tode bewahrten. 

Und darum erscheint das erwähnte Rätsel nicht als eine Vorstufe zu 
dieser Auffassung des menschlichen Geschickes, sondern als der erste 
Pfadsucher zu einer höheren, d. h. mit Kontrasten erfüllten Welt- 
anschauung. 

Wenn man unter ihren unzähligen Rätseln auch solche sucht, die eine 
Lebensäusserung ihrer Religion, des „Manismus“ bilden, so finden sich 
überraschend wenige. Und diese bringen den Namen der Geister nur als 
ein glückliches Bild für etwas, das sich dicht an den Erdboden hält. Zum 
Beispiel: 

„Biermalz der Geister, das man nicht einsammeln kann: der Tau“, 
der morgens fällt und in der Sonne verschwindet. 

Zum Verständnisse dieses Rätsels muss beigefügt werden, dass die 
Wadschagga das Eleusinekorn für die Herstellung ihres Bieres auf einer 
Kuhhaut darren, die sie auf die Erde breiten. 

Aber dieses Rätsel hat auch zwei Varianten: 

1. „Ich habe Biermalz, das sich von selber einsammelt.“ 

2. Ich breite es aus (das Biermalz) und der Hofjunge (die Sonnen- 
hitze) sammelt es ein.“ 

Ein anderes Rätsel, das die Geister nennt, lautet: 

„Die Geister tanzten vor der Hütte des Vaters und liessen Opfer- 
fleischstückchen zurück, die von selber gehen: die Schnecken.“ 

Die Vorstellung, dass für die Geister ausgelegte Opferfleischstückchen 
lebendig werden, findet sich auch sonst in ihren Sagen. 

„Es lärmt bei den Geistern: das ist der Blasebalg“, der bei den 
Dschaggaschmieden auf der Erde liegt. Hier ermöglicht also der Name 
der Geister wieder die Vorstellung einer Handlung, die sich in unmittel- 
barer Berührung mit dem Erdboden abspielt. 

Aus dem Kreise ihrer religiösen Handlungen, die mit dem Ahnen- 
kulte zusammenhängen, erscheint nur die heilige Dracäne mehrfach im 
Rätsel: | 

„Ich bin einer allein und es umringen mich Häuptlinge: die Dracäne.“ 
Denn bei jeder Opferhandlung wird eine Dracäne gepflanzt, vor der man 
Opfergebete verrichtet. 

Es erscheint verwunderlich, dass die religiösen Vorstellungen, die ihr 
Denken jetzt beherrschen, so wenig Einfluss auf das Rätsel gewannen. 
Aber man wird sagen können, dass dieses neue Gestein noch zu lebendig 
ist, als dass an ihm der Verwitterungsprozess menschlichen Denkens schon 
einsetzen konnte, der mit dem Rätsel als der niedrigsten Lebensform der 
Verstandesprüfung und der Denkkritik beginnt. 


530 Gutmann: 


Aber tief eingesunken in die Seele und breit unterbauend ist uraltes 
Gestein, die Ehrfurcht vor der Einzelgestalt und ihrem geheimnisvollen 
Leben und die Furcht vor den energiegefüllten Organen der still tätigen 
Welt um sie her. Hier hat sich das Rätsel schon stark bewurzelt, ja 
hier ist im letzten Verlaufe wohl der Mutterboden der Rätseldichtung zu 
finden. 

Hier, wo die Volksseele in ihrem naiv assimilierenden Zustande die 
ersten Anregungen zur Ausgestaltung ihrer Innenwelt empfangen, hat sie 
auch zuerst das befreiende Lachen gelernt, wenn sich eine solche traum- 
haft gesehene Schreckgestalt in eine harmlose Staffage auflöste. Ein 
Rätsel lautet: 

„Ich steige in den Bergwald hinauf und finde da eine Alte, die droht 
mit den Fäusten: es ist aufgehendes Farnkraut“, das seine Blätter noch 
zusammengerollt auf dem Stiele trägt, wie eine geballte Faust. 

Bei diesem Rätsel dürfen wir gleichsam in die Arbeitsstätte kindlicher 
Phantasie hineinsehen. Zu den Schreckgestalten einer erwachenden 
Kindesseele gehören alte Frauen zuerst mit ihrem Schelten und Drohen, 
und an ihnen auch zuerst rächt sich der erwachende und die Macht- 
verhältnisse abwägende und erprobende Verstand als an ohnmächtigen 
Gespenstern. 

Aber das unheimliche, was den alten Frauen vor allem anhaftet, ist 
nicht nur ihre scheltende Leidenschaft, sonden auch ihre überlegene aus- 
gereifte Lebenserfahrung, die sie still und ohne Aufhebens mit Dingen 
hantieren lässt, die für das kindliche Gemüt geheimnisvoll und wunderbar 
sind. Und mit diesem „Hexencharakter“ der alten Frauen spielen nun 
viele Rätsel. 

„Im Urwalde sitzt eine Alte, die Rauch aufsteigen lässt: es ist der 
Nebel.“ 

Die wunderliche Gestalt solcher Alten reizt auch zur Deutung: „Es 
gibt eine Alte mit nur drei Fingern: aufgehender Adlerfarn.“ 

„Eine Alte verbrennt und bleibt nur ihr Gürtel übrig: der Weg, der 
durch ein Buschbrandgebiet führt.“ 

„Ich schlage meine Alten und sie vergehen doch nicht: Bananen- 
wurzelstümpfe, die in zäher Masse einen alten Hain erfüllen und sich 
nur mühsam beseitigen lassen. 

„Eine Hexe stirbt unversehens, doch stirbt sie nie so, dass der Kopf 
sich nach dem Berge neige: „Das Wasser, das nie nach oben fliesst.“ 

„Vaters Mütterchen triefäugt hier in den Dung: der über dem Rinder- 
stande aufgehängte Honigbehälter.“ 

„Vaters Grossmütterchen sperrt den Mund auf: Dörrbananen“, die in 
der Mitte gespalten, auf einer Schnur, wie Klammern aufgereiht sind. 

Auch der Vater, die einflussreichste Respektperson im Lebensgange 
eines Naturkindes, wird wohl einmal als Einkleidung eines grotesken 
Bildes gebraucht: 

„Da steht der Vater stocksteif auf dem Hofe mit Speer und Schild: 
es ist der Bierkornspeicher“, ein riesig grosser, geflochtener Korb, auf 
einem Gestelle mit vier plumpen Beinen, einem runden Dache über sich 


Psychologie des Dschaggaritsels, 531 


und einer etwas über den Rand emporragenden ovalen Einsteigeöffnung, 
die einem Schilde ähnlich sieht. 

Aber sonst erscheint der Begriff Vater als Bild für Reichtum und 
Macht auf der einen Seite und auf der anderen als ein Gestalter der 
Nachwelt, von dessen Mühen und Taten die Nachfahren noch Vorteil 
haben. 

„Der Vater hat ein Liegefell, das man nicht verleihen kann: der 
Hofraum. “ 

„Der Vater schlachtet seine Rinder und mit ihren Knochen kocht 
man gleich das Fleisch: die Strauchbohne und ihre Zweige, die gleich 
als Brennholz dienen.“ 

„Vater hat Rinder, die kannst du nicht zählen: es sind die Haare 
auf dem Haupte.“ 

„Vaters Rinder sind erst schwarz, dann werden sie weiss: die Haare 
auf seinem Haupte.“ 

„Der Vater drückte seine Spur hier in die Erde und da ist sie noch: 
die Schöpfstelle am Kanal, die er sich herrichtete.“ 

„Der Vater hinterliess mir eine Schüssel, aus der ich heute noch 
esse: der Bewässerungskanal.“ 

„Der Bergstock des Vaters ist mit Zauberringen besteckt: die heilige 
Dracäne im Haine, die von oben bis unten in dichtem Blätterschmuck 
steht.“ 

„Der Vater kocht Bier, das wird von Tieren und Menschen getrunken: 
das Wasser.“ | 

„Der Vater hat einen Hof, der steht voller Rinder, dass du sie nicht 
zählen kannst: die Augenbraue.“ 

„Schössling einer Edelbanane am Herdschauer: es ist des Häuptlings 
Sohn“, der gerade steht wo andere arbeiten. 

Hier erscheint nun der eigentliche Anreger des Rätsels, nämlich das 
Streben, ein Wesen vor dem Wissenden zu gestalten, ohne es zu nennen, 
oder dem andern das Nennen des Namens zuzuschieben. 

Wenn die Wadschagga den oberhalb des Bergwaldes in 3500 bis 
3800 m sich hinziehenden Verbindungspfad benutzten in der Kälteregion, 
dann wagten sie die Namen der beiden Schneegipfel Kibo und Mawensi 
nicht auszusprechen, sondern nannten den Kibo nur Häuptling (mangi) 
und den Mawensi die Frau des Häuptlings (mka o mangi), darum sagten 
sie zum Beispiel im Vorübergehen: jetzt kommen wir zum Häuptling, 
oder: jetzt müssen wir bei der Frau des Häuptlings vorbei usw. Würden 
sie die Berge mit ihrem Namen nennen, dann brächten sie Regen oder 
Schnee, der sie erstarren liesse. | 

Der Reiz, der ein Rätsel schuf, lag in diesem Falle nun darin, in 
ungefährlicher Situation, d.h. in der warmen Hütte daheim, die Um- 
schreibung zu gebrauchen und mit dem vollen Namen darauf zu ant- 
worten. Es ist gleichsam die Rache des Naturmenschen für den Bann, in 
den der Gewaltige ihn schlug. In dieser Stimmung ist wohl das Kontrast- 
rätsel entstanden: „Ich weiss eine Königin, die auf allen Märkten zu sehen 
ist.“ Die Lösung nennt den Mawensi. 


532 Gutmann: 


Auf dem Boden ihrer Weltanschauung war die Nötigung ja gross, 
das Ding nicht beim wahren Namen zu nennen. Bildungskräftig aber 
waren ebenso die politischen Rücksichten, die es empfehlen nur in An- 
deutungen zu reden. Der Zwang zur Umschreibung, die seelische 
Spannung, die Verstehen und Nichtverstehen gleicherweise schufen, der 
Reiz, die Gefahr herauszufordern, wo man sich sicher fühlte, das sind die 
Grundelemente, in denen das Rätsel als solches sich gestalten konnte. 

Das Rätsel ist in vielen Benennungen schon vollständig vorbereitet. 
So nennen sie z. B. den Verräter: mwifä: Sterbender, weil sein Verhalten 
ihm in kurzer Zeit einen gewaltsamen Tod auf den Hals zieht. Der Ver- 
leumder heisst: irarava, nach einem Strauche, dessen Gifthaare furchtbare 
Augenschmerzen verursachen. Der Regen wird in andeutender Rede 
kilasambura = der Unparteiische genannt. 

Wenn sie durch ein Gebüsch marschieren, in dem Elefanten stehen, 
dann machen sie sich darauf aufmerksam mit den Worten: „Das Dickicht 
hat einen Häuptling. f 

Auf eine andere psychologische Wirkung rechnen sie, wenn sie ihn 
„Weibertasche“ nennen, auf seine rissige Haut anspielend. Dann soll er 
sich beschämt davonschleichen. 

Oder wenn man einen Leoparden aufstöbert, hiitet man sich auch 
seinen Namen zu nennen, um ihn nicht zu ermutigen, sondern fragt: , Was 
will denn das Würmlein hier!“ 

Aus diesen zwei Beweggriinden, etwas zu verkleinern, um ihm den 
Mut zu nehmen, und etwas zu vergrössern und zu verherrlichen, um es 
günstig und grossmütig zu stimmen, sieht man schon die Wurzeln hervor- 
wachsen zu den Bildungsgesetzen des Rätsels: 

„Wir wollen die Stäbe nehmen und Hundsaffen stillschweigend ge- 
teilen: es sind die Sterne im Aufgehen.“ 

„Da ist ein Maun der unentwegt tanzt: der Grashalm im fliessenden 
Wasser.“ 

„Meine Schwester brüstet sich auf dem Hofe draussen mit vielen 
Schmuckstücken und ich wage doch nicht ihr etwas davon abzunehmen: 
der Elefant und seine Zähne.“ 

„Der Mond scheint dort am Urwalde auf dem Hofe Lasarus: ein 
Elefant steht dort mit schimmernden Zähnen.“ 

Zum Teil sind diese Rätselsubstanzen noch in ihrer Besonderung 
nachweisbar. So ist z. B. ein Zuname des Küchenschwaben (indie) 
mwitonja = Vorschmecker, weil er die Speisen vor den Menschen kostet. 
Und in einem Rätsel heisst es: „Vorschmecker geht mit in den Krieg 
und bleibt nicht daheim: Küchenschwabe und Schild, in dessen Nähten 
er sich festsetzt.“ 

Bei einem andern ist die uralte Namensfurcht und eines ihrer Motive 
mit grosser Wahrscheinlichkeit nachzuweisen. 

„Da ist ein Hängerchen (Klunkerchen) und doch wagt es niemand 
und zeigt mit dem Finger nach ihm!“ Die Lösung lautet: „es ist die 
Keule des Nashorns, auf die niemand mit dem Finger weist, denn er 
muss sonst sterben.“ 


Psychologie des Dschaggaritsels. 533 


„Klunkerchen® wurde wahrscheinlich das Horn des Rhinozeros 
genannt, um diese gefährliche Waffe nicht durch Nennung des wahren 
Namens gegen sich zu kehren. 

Diese Bezeichnung mit ihrem Widerspruche zwischen Namen und 
Wesen reizte dann von selber zu der Steigerung: wenn es ein harmloses 
Hängerchen ist, warum wagt man dann nicht mit dem Finger dagegen zu 
zeigen. Das Zeigen mit dem Finger ist hier eine glücklich steigernde 
Parallele, denn es hat wohl immer gleiche Bedeutung gehabt in der 
Geschichte des menschlichen Glaubens: das Nennen des Namens und das 
Zeigen nach dem Dinge sind gleichwertig in ihrer Wirkung: sie können 
das fremde Wesen gegen den Sprecher oder Zeiger in Bewegung setzen. 

Dieses Rätsel ist aber zugleich ein lebhafter Hinweis darauf, wie 
vorsichtig man mit seinen Schlüssen auf diesem Gebiete sein muss. Nichts 
scheint leichter als dieses Rätsel zum Beweise dafür anzuziehen, dass der 
Glaube seit alters bestand: das Zeigen auf ein Wesen bringt den Tod. 
Und doch wäre das falsch. Es zeigt uns vielmehr wie jener Glaube 
aus dem Missverstehen überlieferter einfacher Beobachtungen entstehen 
konnte. 

Das afrikanische Nashorn hat in ruhiger Stimmung sein Horn schlaff 
nach unten hängen und richtet es nur im Affekte zu Angriff oder Abwehr 
hoch. Darum muss man sich hüten die Aufmerksamkeit dieses Tieres zu 
erregen. Das ist die einfache Väterweisheit gewesen, und sie genügte auf 
dem Grunde jener Namensfurcht allein, den wirksamen Gegensatz im 
Rätsel zu schaffen. Aber unverständige Nachfahren haben allerdings wie 
so oft sonst Handlungen und Folgen in eins zusammengesehen zu einem 
magischen Vorgange. | 

Die Furcht vor dem geheimnisvollen Leben der Naturgewalten und 
ihre Obmacht über den Menschen wird sie in gleicher: Weise zu Um- 
schreibungen gezwungen haben, um durch den eigentlichen Namen nicht 
ihre Macht zu entfesseln. Dahin gehören wohl Rätsel wie diese: 

„Es ist der Zopf eines Taitamannes, in dem hängt sich keine Fliege 
fest: die Flamme.“ 

Der Kriegerzopf wurde mit Öl und Erde beschmiert und war ein 
beliebter Schmarotzerplatz für alles Geschmeiss. 

„Der Häuptling niest und sein Atem kommt an alle Orte: der 
Sturm.“ 

Wenig zahlreich, aber um so eindrucksvoller und wichtig für die 
Kulturgeschichte des Volkes ist das Hohnrätsel. 

Es hat zu seiner bewussten Ausgestaltung als Rätsel eine bestimmte 
Enntwicklungsstufe der Volksgeschichte zur Voraussetzung, aber seine 
Wurzeln reichen bis tief in das Anfangsgebiet menschlicher Geistes- 
geschichte: zu den Streitsprüchen und Fluchformeln. 

Wenn ein Fluch lautet: „Vertrockne wie Kürbisranke auf verlassenem 
Hofe“, so ist daran nichts mehr zu raten und auszudeuten, sondern das 
gewünschte Verderben wird eindringlich veranschaulicht. Aber die meisten 
F luchformeln und Streitsprüche geben sich schon in Rätselform, teils um 
durch die Nötigung auf die Beziehung zu raten, den Spruch um so ein- 


534 Gutmann: 


dringlicher zu machen, teils auch um die Drohung zu verschleiern. Es 
ist die letzte äusserste Scheu vor der Entfesselung der schädlichen Ge- 
walten um den Menschen. 

Das Streben nach Schärfe des Ausdrucks verführt sie dann manchmal 
sogar dazu, von einem Gleichnisse oder Rätsel nur die Stichworte zu 
geben, z. B. bei der Frage an einen feindselig blickenden Menschen: 
„Was siehst du mich an und wirst wie Rauch und Nase!“ Das heisst 
doch, wenn die Vorstellung vollzogen wird: er kann sich nur wie die 
Nase gebärden, die von Rauch, d. h. dem Fragenden, belästigt wird. 
Rätselhaft klingen Flüche wie dieser: „Entbehre des Leibes!“ d h. der 
Nachkommen. Oder die Frage an einen dreist bittenden: „Hast du etwa 
gehört, ich sei ein Buttertopf“, d. h. einer, dem das Gut niemals ausgeht, 
wie der Buttertopf immer in Butter schwelgen kann. 

Ein Hohnspruch lautet: „Dein Bohnenbrei sei von einer einzigen 
Bohne gekocht.“ 

Ein leicht lösbarer Rätselfluch ist auch dieser: „Bleibe allein wie 
das Tragkissen eines Armen, dem der Topf voll Bier zerbrach als er ihn 
eben zum Häuptling tragen wollte.“ Er hat kein anderes an seine Stelle 
zu setzen und lässt darum das Tragkissen als nutzlos geworden neben den 
Scherben liegen. 

Wenn Undank ‘mit dem Spruche gescholten wird: „Wie bist du 
denn? Wie der Uraberg, auf dem der Regen keinen Widerschein weckt 
(weil er sterile Erde hat)“, so ist das ein Rätsel, das durch die mit ein- 
bezogene Lösung zum Spruche wird. 

Schon die älteren Rätsel ironisieren manchmal die Lebensverhältnisse 
und rühren an Wunden im Volkskörper. „Es ist eine kleine Frau und 
kocht doch einen Liebestrank, der ihr Liebhaber gewinnt: das ist die 
mbuja-Biene“, die kleiner ist als alle andern Arten und doch viel süsseren 
Honig liefert. 

Und mit der Umkehr des Bildes, das auf dieselben Lebensverhält- 
nisse anspielt: „Es ist eine alte zerfallene Honigröhre, da kehren die 
Bienen ein und verschmähen die neugeschnitzte: das ist die alte (erste) 
und die junge Frau eines Mannes.“ Der Reiz, der ihn immer wieder zur 
Alten zieht, ist ihr gutes Essen. 

Ein politisches Rätsel, das sich unter Vertauschung nur der Per- 
sönlichkeiten und Ortsbenennungen in allen Häuptlingschaften wieder- 
findet, ist ein echter Hohnspruch. Es sei in der Form wiedergegeben, 
wie es von den Maranguleuten geprägt wurde, deren Häuptling Mareale 
(bei den Eingeborenen Kilamya genannt) ja allgemein bekannt ist. Die 
westliche Nachbarhäuptlingschaft von Marangu heisst Kilema und ihr 
Häuptling Fumba. 

Das Rätsel klingt ganz harmlos: „Kilamya steigt nieder an den Ona- 
fluss und Fumba kommt ebenfalls dorthin. Kilamya steigt wieder empor 
und lässt den Fumba unten zurück!“ Die Lösung bringt den Hohn: 
„Bier und Hefe.“ 

Voll bittern Hohnes ist das Rätsel: „Vater hat ein böses Weib, wenn 
sie kocht, dann isst es der Häuptling.* Die Auflösung lautet: es ist das 


Psychologie des Dschaggaritsels. 935 


Eisen der Morgenröte = das Messing. Das Messing erscheint auch sonst 
noch im Rätsel als Verführer der Grossen und des Häuptlings. Die 
Suahelikarawanen führten Messing, Kupfer, Eisen nebst Gewehren und 
Perlen bei den Dschaggafürsten ein und liessen sich mit Elfenbein und 
Sklaven bezahlen. Und wenn eine solche Karawane mit verführerischen 
Schätzen kam, dann geriet manch armer Mann in Furcht, denn die böse 
Frau kochte wieder im Lande und von ihr betört verkaufte der Häuptling 
die Frauen und Kinder seiner armen Untertanen. 

Auf diese Sklavenhändlerart bezieht sich auch folgendes Rätsel: 
„Vater hat zwei Kinder, das eine wird herausgenommen und verkauft.“ 
Auflösung: „das gute und das böse“, weil natürlich, soweit das möglich 
war, nur die schlechteren Elemente im Volke verkauft wurden. 

Schafft sich in diesen Rätseln die Verbitterung ein Ventil, so gibt 
die im Naturmenschen noch so rege Lust zur Nachahmung den Anlass 
zu zahlreichen tonmalenden Rätseln. Die unwillkürliche Nacherzeugung 
auffälliger Geräusche geschieht je nach der Gewöhnung der Sprachwerk- 
zeuge auch immer eigenartig und so entstanden in jedem Volke wieder 
andere Worte zur Wiederverlebendigung einer erlebten Situation. 

Ein sehr charakteristisches tonmalendes Rätsel lautet: pöngolo- 
pongolo = das sind Rinder, die einen steinigen Abhang ersteigen. 

„Ischuwe-tschuwe (Tritt um Tritt).“ Auflösung: das ist hier an der 
Tür, wo viele Leute vorübergehen. 

„Ischiri und doch auf ungebalıntem Wege! Das ist der Pfeil, von 
der Sehne geschnellt.“ 

Gleich zwei Affekte in ihrem charakteristischen Wechsel sind geschildert 
in dem Rätsel: tulu tulu sununun: das ist ein Mann, der eine Fallgrube 
besucht! Tulu tulu überträgt in Worte das hastige Schreiten, beflügelt 
vom Verlangen nach Beute — dann vor dem Ziele das vorsichtige Heran- 
schleichen an die Grube in ängstlicher Zurückhaltung: sununun. Man 
fühlt es diesem Rätsel ab, hier hat sich die Tonnachahmung beinahe ge- 
steigert bis zur Bildung neuer selbständiger Worte. 

Turu-turu mafunen: Hurre hurre im Rischelgras = das ist einer, der 
zur Schwiegermutter geht (und ihr Geschenke zuträgt, rasch und heimlich, 
damit es niemand wahrnehme und ihr den alleinigen Genuss beein- 
trächtige). 

„Tulu kilaitsike (Plumps, fällts nieder) und stéhnt doch nicht! Die 
Eidechse, die vom Dache fällt.“ 

Dieser tonmalenden Rätsel gibt es sehr viele. Aber es finden sich 
auch Umsetzungen einer Situation in ein Wort. Das allerkürzeste Rätsel 
gehört dazu, das Wadschagga gebildet haben: wi oder ı! Die Lösung 
lautet: das ist der Gastfreund.“ . 

Wi ist der Ausruf des Schreckens = in diesem Falle, wenn unver- 
mutet ein Gast kommt und nichts zu essen da ist, oder man das Vorhandene 
lieber selber ässe. 

„Seje-ho ngae-ho: weiche von hier, dass ich bleibe allhier!“ So 
spricht das Wasser, das von oben kommt zu dem, das sich in einer Ver- 
tiefung ausruhen will. 


536 Gutmann: 


„Varu-varu Tela, varu-varu Motsi: blink auf in Tela, blink auf in 
Moschi.“ Lösung: es sind Krieger, die durch die Landschaft gehen und 
auf dem Wege mit ihren blitzenden Speeren bald auftauchen und bald 
verschwinden. Als zweite Lösung wird der Blitz gegeben, der über die 
Landschaften dahinfährt, oder auch der Kanal, der bei seinem ruhigen 
Flusse am Talhange dahin dem Beschauer von oben das Sonnenlicht ent- 
gegengleissen lässt an den offenen Stellen seines Laufes. 

Das Scherzrätsel als ein solches, das mit vollem Bewusstsein 
gestellt wird, um einen lächerlichen Eindruck zu erzielen, ist gewiss nicht 
ursprünglich, aber in der Stimmung, die ein gelöstes Rätsel hervorruft, 
liegt von Anfang an der mächtige Erreger für den reinen kontrastfrohen 
Scherz, durch den stets mitgegebenen Gegensatz zwischen der Wirkung 
des Rätselbildes und dem darauf bezogenen Lebewesen oder Dinge. Das 
Rätsel ist sehr bald auch das erste Hilfsmittel des Menschen geworden, 
um altgewohnte und dadurch stumpf gewordene Eindrücke und Ansichten 
der Dinge aufzufrischen und ihnen eine neue Seite und einen über- 
raschenden Anblick abzugewinnen. 

Sobald das Streben auftritt, Altgewohntes neu und anders zu sehen, 
ist auch seelische Kultur da, und unter diesem Gesichtspunkte gewinnt 
das Rätsel im Bannkreise der Naturvölker eine grosse und erzieherische 
Bedeutung. 

Unheimlich ist der Eindruck, den die Rätselfrage machen muss: „Da 
steht ein Mann am Küchenhaus mit einem Fuss und einem Auge.“ Als 
reines Scherzrätsel könnte es erscheinen, wenn dann die Lösung lautet: 
es ist der Bierbecher, der am Küchenhause hängt, mit seinem langen 
nach unten hängenden Holzgriffe, das ist das Bein, und die grosse runde 
Öffnung der Kürbiskalebasse erscheint als Auge, weil sie beim Hängen 
nach vorne schaut. Aber es klingt für die Rätselrater doch auch noch 
die Vorstellung von einem unheimlichen Wesen mit, das da wirklich 
stehen und drohen könnte, so wie die Masai in der Steppe davon zu fabeln 
wissen. 

Reine Scherzrätsel sind dagegen solche, die schon in der Frage eine 
lächerliche Vorstellung erregen. Zum Beispiel: 

„Ich habe eine. Schwester, die wäscht sich nur den halben Leib: der 
Felsen im Bachbette.“ 

Recht froh macht der Scherz, wenn er auf anderer Leute Kosten 
geht. 

„Die Oruleute sind geschlagen worden und wandern aus samt ihren 
Häusern: es sind die Schnecken.“ Oru ist eine Nachbarlandschaft von 
Moschi, und der Molluskencharakter der Schnecke verstärkt noch die 
lächerliche Vorstellung von der Feigheit ihrer Feinde. 

Besonders fein gestaltet ist dieses Rätsel: 

„Jeder steigt hier im Haine empor mit einem hölzernen Schwerte.“ 
Die erst geweckte Vorstellung von einem feindlichen Einfalle wird als 
bildlich und ungefährlich sofort erkannt durch die Zufügung: sie kommen 
mit hölzernen Schwerte. Und die Lösung erzielt ihren vollen komischen 
Eindruck: es sind Meerkatzen, mit ihren hochgerichteten Schwänzen.“ 


Psychologie des Dschaggarätsels. 537 


Zwischen Scherzrätsel und Weisheitsfrage mitten inne liegen die Ver- 
gleichsrätsel, deren es so viele gibt als ihnen Ähnlichkeiten auffallen. 
Und auf das Rätsel: „Es sieht sich gleich“ passen die verschiedensten 
Lösungen. Z.B. Blut des Menschen und Rindes; Milch der Kuh und 
Milch der Euphorbia, Asche und Salz (weil sie ihr Salz aus dem Steppen- 
boden als Pflanzenasche gewinnen). 

Eine andere Klasse der Vergleichungsrätsel bildet die Frage: „Es 
ist hier und nicht dort.“ Z.B.: „Es hats der Bergwald und nicht die 
Steppe = Baumfarrn.“ „Es findet sich in der Steppe und nicht im 
Bergwalde: Bambus.“ „Etwas, was es unter uns nicht gibt: eine Frau 
mit Bart.“ 

„Krümlein vertreiben heisst Krümlein bleiben: wenn du die Hirse 
wannst, lässt du die Spreu zurück.“ 

Das Rätsel arbeitet gern mit alten Worten und bewahrt sonst längst 
verschollenes Sprachgut. Aber es ist eine Entartung, wenn in der Folge- 
zeit die unverständlich gewordenen Worte als ein Mittel zur Bildung der 
Rätselfrage aufgefasst wurden und dann wohl gar absichtliche Entstellungen 
wohlbekannter Worte vorkamen. 

Aber es finden sich auch genug gesunde Neubildungen von Rätseln, 
die uns zeigen, dass die künstlerische Triebkraft des Volkes noch nicht 
erloschen ist; ja zum Teil erstehen sie noch aus der ältesten Wurzel, wo 
sich das Streben zeigt, sich mit der neuen Zeit kritisch auseinanderzusetzen. 

Eine scheinbar merkwürdige Neubildung ist das Rätsel: „Wir wollen 
abwärts schurren bei den Mopia (im Volke entstandener Name für die 
französische katholische Mission hier). Die Lösung lautet: es ist das 
Aufpickerchen auf einem Bananenblatte, an dem es entlang rutscht oder 
schurrt. Die Vergleichsvorstellung ist hier die steile Gleitfläche. Und 
wenn das genannte Vöglein so rasch am Blatte entlang nach der Blüte 
gleitet, die es saugt, wie prachtvoll müsste es wohl schurren, wenn es an 
den hohen Gebäuden der katholischen Mission, die mehrere Stockwerke 
haben, abwärts glitte. 

Erweisbar als neuen Datums ist auch das Rätsel: „Ich habe ein 
Rind, von dem möchte ich so gerne, dass es ein Kalb würfe, und es wirft 
doch keins = das ist die Rupie.“ 

Es zeigt uns wieder, wie erste Kritik sich in Rätselform zu offen- 
baren pflegt. In diesem Rätsel bildet sich der unmittelbare Eindruck der 
neuen münzentauschenden Zeit ab. 

Die grossen Werte des bisherigen Austausches waren Zucht- nicht 
Zinsobjekte. Und eine nutzenbringende Verwertung der Geldstücke kennt 
der Mdschagga bis auf den heutigen Tag nur in der Umsetzung in Rinder, 
Ziegen oder wenigstens Hühner. 

Wie lebendig die Lust an der Rätselbildung noch ist, lehrte mich 
ein Erlebnis im Bergwalde. | 

Wir sassen in der Höhe von 3500 m im dichten kalten Bergnebel 
um das prasselnde Feuer, und Schwarz und Weiss genoss mit vollem Be- 
hagen die Wärme von allen Seiten. Da fragte einer plötzlich ganz un- 
vermittelt. „Was ist das Schönste im Bergwalde?“ 

Zeitschrift für Ethnologie. Jahrg. 1911. Heft 3 u. 4. 39 


538 Gutmann: 


Und der Lösung stimmte jeder mit dankbarem Herzen zu: es sei das 
Feuer. 

Zum Schlusse sei auf die Beziehung zwischen Rätsel und Sprichwort 
kurz hingewiesen. 

Eine erste gemeinsame Wurzel ist der Warnspruch. Aber die 
lebendige und befruchtende Wechselwirkung setzt erst zu einer Zeit ein, 
als das Rätsel sich aus seinen mythischen Bedingtheiten gelöst hatte und 
nun im freien Spiele nach Bildern suchte, die ihm in einer Parallel- 
entwicklung das Sprichwort zutrug. 

Die im Sprichworte, also dem ersten Niederschlage ihrer Welt- 
beobachtung formulierte Lebenserfahrung wird nun in Frage und Antwort 
aufgelöst und Bild und Lehre umgekehrt. 

Hier erscheint das Rätsel als das bewusste Schauen in Bildern in 
seiner letzten Gestalt und zeigt uns, wie auch bei dem Naturmenschen 
das Denken schon ein gewisses Machtgefühl ausgelöst hat. Die Be- 
'ziehungen werden willkürlich zwischen den Bildern, und das erworbene 
Machtbehagen löst sich im Spiele aus. 

Solche Gleichnisreden erscheinen dann manchmal als Rätsel mit bei- 
gefügter Lösung. 

Derartige Sprichwörter sind z. B.: 

„Was sich nach allen Seiten gleicht, mein Freund, sind die Zähne im 
Munde.“ 

„Was sich auf Erden nicht begegnet, sind allein die Berge.“ 

» Wenn wir alles wüssten, dann wären wir zum Feuerherde geworden 
(der auch alles überschluckt).“ 

Andere wieder bieten nur das fertige Material dar, das durch Frage- 
stellung ein Rätsel wird: „Bringe nicht das Trankopfer an der Hofpforte 
und vernachlässige die Haustüre!“ Das heisst: halte nicht Freundschaften 
in der Ferne und vernachlässige die Nachbarn. So finden sich auch 
richtige Parallelen zwischen Rätsel und Gleichnisrede. 

Ein Sprichwort, das den Häuptling, seine still überlegene, kraft- 
bewusste Ruhe im Lärm der Prozessparteien preist, sagt: „Die Bächlein 
rauschen, Onafluss schweigt stille.“ Dieselbe Vorstellung wird mit dem 
Rätsel geweckt: „Die Männer tanzen, der Häuptling ruht = Baum und 
Zweige.“ 

Nach dem Inhalte einer Rede befragt, die er nicht verstand, ant- 
wortet der Dschagga: „Kann ich das Geraune der Geister verstehen!“ 
Im Rätsel ist diese Vorstellung aber auf einen besonderen Gegenstand 
bezogen: „Es raunt bei den Geistern = Blasebalg.“ 

Ebenso viel Sprichwort- wie Rätselcharakter tragen die Worte: „Reb- 
hühner duckt euch!“ Das ist ein Warnruf vor Gefahr, weckt also, wenn 
er als Rätselfrage gestellt wird, sofort die wohl häufigste Situation, in 
der man schnell auf Warnung eingeht: bei der Arbeit für einen andern. 

Ebenso: „Das grüne Bananenblatt (saho oder isä) verlacht das dürr- 
gewordene (ireva oder idava).“ Das ist ein Sprichwort, aber die damit. 
geschaffene Vorstellung ist die Lösung eines Rätsels: ein Armer brüstet 


— age 


men, ee ee Tee 


Psychologie des Dschaggariitsels. 539 


sich vor dem andern, oder ein Junger verlacht einen Alten ob seines 
Alters, dem er doch selbst entgegengeht. 

Ein geradezu prachtvolles Rätsel ist als Sprichwort in Gebrauch: 
»Verbrennst du mich mit Essen, so will ich dich mit Reden verbrennen 
= der Mund.“ Und das schon erwähnte Rätsel: ein einziges Zicklein in 
deiner Hand, wird ebenso oft als Spruch, wie als Rätsel gebraucht. 

Sprichwörtliche Redensarten sind denn auch der Anlass zu Rätsel- 
bildungen geworden. Die musa ensete wächst in den Tälern des Gebirgs- 
waldes zu oft ganz prachtvoller Höhe und Grösse der Blätter empor. 
Darum heisst sie der Häuptling der Bananen. Und mit diesem Worte 
wird auch in einem Rätsel nach ihr gefragt. Auf diese Worte kann ein 
Rätsel auch verschiedene Deutungen erhalten. Denn dasselbe Wort: 
Häuptling der Bananen bezeichnet auch noch den Ackerstock, mit dem 
man die Bananen umackert. Tatsächlich wird er auch bei dieser Frage 
nach dem Häuptlinge der Bananen mitgenannt. Hier herrscht die andere 
Vorstellung, dass durch den Ackerstock die Bananen erhalten bleiben, 
sowie der Häuptling das Land regiert. 

Dass aber diese gegenseitige Berührung von Rätsel und Sprichwort 
naturnotwendig ist, ergibt sich aus ihren Bilduugsgesetzen, die sich 
als der positive und negative Pol einer und derselben Energie darstellen. 
Das Sprichwort kleidet die zwischen Menschen gesammelte Erfahrung in 
Bilder aus dem Tier- und Pflanzenleben usw., das Rätsel aber hat die 
Handlungen und Bewegungen der niedrigeren oder aus dem Sinne ihrer 
Schöpfer wohl besser gesagt, fremden Lebewesen vermenschlicht und ihr 
Wesen in das menschliche Bildnis verkleidet. Die Beispiele von Häupt- 
ling, Fluss und Baum und den Bananenblättern zeigen das schön und 
deutlich. 

Im Sprichworte heisst es: „Die Hundsaffen drehen den Faden auf 
dem Dickbein“, d. h. die Grossen bedrücken die Kleinen. Im Rätsel 
aber heisst es: „Jeder steigt im Haine empor mit einem hölzernen 
Schwerte.“ Man denkt natürlich an ein menschliches Verhältnis. Gemeint 
aber sind, wie schon erwähnt, die Meerkatzen. 

Wie bildmässig das Denken des Dschagga ist, zeigt sich nirgendwo 
besser als im Rätsel. 

So lautet eins: „ira ljavirya osandza = Gras kommt zur Reife am 
Wasserfall“. Die Lösung ist: njama tsa mangi = Fleisch beim Häupt- 
linge, weil es da niemand zu stehlen wagt. 

Hier ist Rätsel und Lösung ein vollkommener Bilderaustausch ge- 
worden. Nicht das Herzusuchen eines vervollständigenden Momentes zur 
Abrundung des Bildes schafft den Reiz des Rätsels, sondern die Umdenkung 
des ganzen Bildes. Der Germane würde fragen: „Wo wird Gras zur Reife 
kommen?“ Am Wasserfall, wo niemand schneiden kann. 

Ja, es gibt Rätsel, in denen sogar zwei verschiedene Bilder umzusetzen 
sind, ohne doch die Einheitlichkeit der Vorstellung zu stören: „Ich schlage 
in den Bauch des Elefanten und bekomme faulendes Fleisch zu fassen: 
reifende Bananen auf dem Oberboden der Hütte.“ Der stichdunkle und 
gewölbte Oberboden der Hütte wird treffend mit dem Elefantenbauche 

35 * 


540 Gutmann: Psychologie des Dschaggaritsels. 


verglichen, und die dort oben zum Reifen aufgehängten Bananen sind ein 
feststehendes Bild für faulendes Fleisch, weil im Zustande völliger Reife 
Schalen und Strunk in Fäulnis übergehen. 

Das Rätsel spielt noch die Rolle des Aschenbrödels unter allen Stoffen 
der Völkerkunde. Es ist aber nicht nur dann ein wertvolles Hilfsmittel, 
wenn man die Eigenart einer Volksseele erforschen will, sondern auch 
eine der bestüberlieferten Urkunden zur Geistesgeschichte der Menschheit. 


Papierabformungen von Monumenten. 


Winke für Reisende. 
Von 
Paul Borchardt. 


Es ist leider Tatsache, dass bisher in keinem unserer vorzüglichen 
Handbücher für Forschungsreisende*) speziell Anweisungen für „Papier- 
abformungen von Monumenten“ gegeben worden sind. Das einzige Reise- 
handbuch, welches sich mit dieser Frage beschäftigt hat, ist das Buch 
„Hints to Travellers“ der Royal Geographical Society in London. Mr. 
A. P. Maudslay veröffentlichte einen Bericht über Paper Moulding of 
Monuments, den D. G. Hogarth M. A. in der 9. Auflage (1906) neu be- 
arbeitet hat. Seit dieser Zeit sind Verbesserungen in einer ganz ähn- 
lichen Technik, in der Buchdruck-Stereotypie, angewandt worden. Es ist 
nun ein leichtes, diese technischen Kunstgriffe für unsere Zwecke zu 
übertragen, und ich habe Versuche angestellt, die gute Erfolge gezeitigt 
haben, welche ich in nachfolgenden Zeilen darstellen möchte. 

Mr. A. P. Maudslay benutzte für seine Abformungen ein Papier, 
welches gewöhnlich zum Einpacken von Orangen benutzt wird. Dieses 
Papier ist nach seinen Angaben von Herrn Batalla in Cacagente bei 
Valencia oder auch durch die Agentur von Herren H. King & Co., 
London, Cornhill, zu erhalten. Das beste Papier, welches auch 
D. G. Hogarth M. A. vorschlägt, ist ein aus reinen festen Lumpen be- 
stehendes Kupferdruckpapier, welches die Papiergrosshandlung Gebrüder 
Ebart, Berlin, Mohrenstr. 13/14, vertreibt. Die genannte Firma lässt 
dieses Papier in ihrer Fabrik Spechthausen anfertigen, und dasselbe ist 
wohl das beste am Markte. Mr. A. P. Maudslay gibt in kurzen Worten 
in den „Hints“ eine vorzügliche Darstellung der Technik. 

Die Arbeit des Abformens ist eine sehr einfache. Lass einige Papier- 
bogen im Wasser ziehen und bedecke die Oberfläche des Bildwerkes, 
welches vorher angefeuchtet sein muss, Bogen nach Bogen mit diesem 
nassen Papier. Jeder Bogen wird mit Bürstenschlägen in die Form der 


1) Vgl. aber E. Rösler in Z. f. E. Bd. 34. 1902, Verh. S. 244 und ebenso die 
ausführliche Anleitung bei Flinders Petrie, Methods & aims in Archaeology, 
London, Macmillan & Co, 1904. Gleichwohl erscheint mir die hier veröffentlichte 
Anleitung sehr verdienstvoll, weil die Technik des Abklatschens immer noch viel 
zu wenig bekannt ist. v. Luschan. 


542 Borchardt: 


Bildhauerarbeit hineingetrieben. Da das Papier zerreist und Teile der 
Oberfläche unbedeckt lässt, so muss diese Arbeit solange fortgesetzt 
werden, bis die ganze Oberfläche von Papier bedeckt ist. Dann gib der 
Papierform einen guten Kleisteranstrich und beginne mit dem Auflegen 
und Einschlagen des nassen Papieres von neuem. Ein zweiter Kleister- 
anstrich ist fast immer nötig, der dann wiederum mit Papier bedeckt 
wird. Lass die Form auf dem Bildwerk bis sie vollständig getrocknet 
ist, dann löse die Ecken und ziehe die Form herunter!). Der Papier- 
mantel muss stark genug gearbeitet sein, um seine Form nach Trocknung 
zu behalten. 

Papier kann nur benutzt werden, wenn das Bildwerk frei von grossen 
Konturen und tiefen Aushöhlungen ist. Wenn zersplitterte Holz- 
schnitzereien, Steinspalten oder tiefe Aushöhlungen, welche keinen Einfluss 
auf das Bild haben, vorhanden sind, so empfiehlt es sich, dieselben mit 
Ton oder Papier auszufüllen, um eine glatte Oberfläche zu erhalten, 
damit der Papiermantel sich nach dem Trocknen leicht löst. Sorgsame 
Notizen und Messungen werden uns erlauben, zerdrückte Formen wieder 
herzustellen. 

Ich hatte mehrere Male in Amerika Flächen von 10 m Höhe, bedeckt 
mit Bildwerk und Hieroglyphen, abzuformen und habe diese Formen er- 
folgreich zu Abgüssen in England benutzen können. Die Oberfläche des 
Bildwerkes wurde in mehrere Abteilungen geteilt, deren jede für sich 
geformt wurde. Dabei wurde sehr darauf geachtet, dass jede Form die 
Grenze der anderen etwas überschritt, damit die Abgüsse genau passend 
würden. 

Es ist schwierig die Stärke der Form, sowie die Zahl der Kleister- 
überzüge festzusetzen. Wenn der Papiermantel sehr gross ist und tiefe 
Stellen ausfüllt, so muss beinahe die doppelte Menge Papier und Kleister 
benutzt werden, als wenn die Schnitzerei flach ist. 

Bei heissem Wetter im Freien wird eine Form in ungefähr 24 Stunden 
trocknen, es ist aber nötig, dass sie vor dem Nachttau durch Bedecken 
geschützt wird. In feuchten Wäldern oder bei schlechtem Wetter habe 
ich meine Formen mit Hilfe eines Feuers getrocknet, welches ich in 
einiger Entfernung aufbaute! Die beste Zeit zum Abnehmen der Form 
ist in der Morgen- und Abendkühle. 

Wenn die Form zerreist oder zerbricht, so klebe sie sofort mit 
Kleister. 

Nach Abnahme der Form lege sie möglichst flach in die Sonne, da 
meistens etwas Feuchtigkeit noch vorhanden ist. 

Wenn die Form dann vollständig trocken ist, so empfiehlt es sich, 
dieselbe mit warmem Öl?) zu bestreichen. 

Da Papier leicht Feuchtigkeit anzieht, so muss es gut verpackt 
werden. Bei meinen Arbeiten in den Wäldern Zentralamerikas nähte ich 


1) Rösler feuchtete die Form vor dem Abnehmen an und liess sie in der 
Sonne trocknen. 
2) Rösler empfiehlt Dammaralack. 


Papierabformungen von Monumenten. 543 


gewöhnlich mehrere Formen mit Zwischenlagen von weichem Packmaterial 
in eine Art lose gewebten Kanevas ein; diese Packungen wurden dann in 
wasserdichtes Zeug eingehüllt und in leichte Körbe verpackt, welche mit 
starken Kisten zur Seereise vertauscht wurden. 

| Das Vorhergehende ist in grossen Zügen das Wissenswerteste über 
die Papierabformung. Zu meiner Arbeit benutzte ich als erste Auflage 
zwei bis drei Bogen India-Seidenpapier, extra stark. Mr. Maudslay 
empfiehlt, das Papier in Wasser zu legen. 

Es ist jedoch einfacher, die Bogen auf einem Zinkbleche anzufeuchten. 
Diese Bleche gewähren auch den Vorteil, dass sie nahe an das Bildwerk 
herangebracht werden können, um das Papier auf dasselbe zu übertragen, 
ohne dass das feuchte Seidenpapier zerfällt. Besonders gut ist es Monu- 
mente, auf jeden Fall aber Holzschnitzereien, mit Graphitpuder zu be- 
stäuben, da derselbe das Ankleben des Papieres verhindert und leichtes 
Ablösen der Form gestattet. 


Die erste Lage des Seidenpapieres, welches dichtere Faserung als 
Kupferdruckpapier aufweist, soll das Rupfen der Fasern möglichst ver- 
hindern. Dieser Seidenpapierlage folgen verschiedene Bogen festes Kupfer- 
druckpapier. Es muss darauf geachtet werden, dass kein kurzgemahlenes 
Papier benutzt wird, da dieses beim Anfeuchten nicht mehr genügend 
Zusammenhalt hat und nun leicht beim Auflegen durch seine eigene 
Schwere zerreist. Wichtig ist auch die Zusammenstellung des Kleisters. 
Gute Resultate erhielt ich mit einer Mischung von 

250 g Roggenmehl, 

750 „ fein geschlemmter Porzellanerde. 
Die Masse braucht nur kalt!) zu einem ziemlich flüssigen Brei verrieben 
zu werden. Das gut gemengte Pulver wird in eine Schüssel geschüttet, 
mit wenig Wasser begossen und so lange durchgerührt, bis sich keine 
trocknen Pulverknoten mehr zeigen. Dann wird nach und nach Wasser 
hinzugefügt, und das Ganze tüchtig verrührt. 

Zum Einklopfen der Papiermasse wird am besten eine Stereotypier- 
bürste mit Schlageriff benutzt, wie Abb. 1 zeigt. Ebenfalls sind Bürsten 


1) Röslers Dextrinpulverlösung muss zur Benutzung aufgekocht werden. 


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Papierabformungen von Monumenten. 545 


wie Abb. 2 zum Einschlagen sehr geeignet. Eine leichte Haarbürste zum 
sraphitieren (Abb. 3), sowie ein leichter Pinsel zum Auftragen des 
Kleisters (Abb. 4) sind sehr handlich. 

Im Laufe der Arbeit ergeben sich von selbst Verbesserungen jeder 
Art, und es muss jedem einzelnen überlassen bleiben, unter Umständen 
sich eine Arbeitsmethode selbst zurecht zu legen. 

Abb. 5 zeigt eine Papierform, die ich nach obiger Arbeitsmethode 
von einer Bleiplatte hergestellt habe Nach vollständiger Austrocknung 
der Papiermatrize talkumierte ich dieselbe und nahm einen Gipsabguss. 

Ich wollte noch bemerken, dass Abb. 5 die unzerstörte Papierform 
nach dem Abguss zeigt. 

Bei einfachen Inschriften, die nicht abgegossen werden sollen, genügt 
ein „Abklatsch“ (Abb. 6) durch einen Bogen Kupferdruck. Es ist fast 
überall Gelegenheit mit Hilfe dieser leichten Technik interessante Ab- 
formungen herzustellen. Wer dazu Gelegenheit hat, soll dieses auch nicht 
versäumen, um der Vergessenheit und Zerstörung manch interessantes 
Stück zu entreissen und der wissenschaftlichen Bearbeitung zuzuführen. 


Das sogenannte „Männerkindbett“. 
Von 
Hugo Kunike. 


Über die Couvade oder das Männerkindbett besitzen wir eine Menge 
teilweise verstreuter Quellen sowie eine ganze Anzahl von Erklärungs- 
versuchen, welche zum Teil sehr widersprechende Resultate enthalten. 
Man kann jedoch nur bei eingehendem Quellenstudium, und zwar nicht 
nur bei einzelnen Völkern, sondern universell forschend, zu einigermassen 
befriedigenden Ergebnissen gelangen. 

Bei der vorliegenden Fülle von Material wird es am zweckmässigsten 
sein, einige besonders typische Fälle zunächst genau nach den Quellen 
wiederzugeben und dann eine erklärende Zusammenfassung zu versuchen. 
In Europa hat man den Namen „Couvade* geprägt. Schon Strabo und 
Diodorus Siculus, dieser von Korsika, jener von den Kelten, berichten, 
dass bei diesen Völkern die Sitte herrsche, dass die Männer, deren Frauen 
Kinder geboren haben, nach der Geburt derselben eine Art Wochenbett 
abhalten mussten. Diese Behauptungen der alten Autoren haben in neuerer 
Zeit ihre Bestätigung gefunden durch die Berichte neuerer Reisender in 
Nordspanien, Südfrankreich, Sardinien und Korsika, deren heutige Be- 
wohner gleichfalls das Männerkindbett kennen. Zweifellos sind sie mit 
den Keltiberern und Kantabrern sowie den alten Bewohnern Korsikas 
direkt verwandt. v. Maltzan berichtet 1869 von Sardinien, dass die 
Männer bei einer Niederkunft ihrer Frau mit ihr aus demselben Teller, 
ja sogar mit demselben Löffel essen müssen. „Da nun die Wöchnerin ge- 
wöhnlich bettlägerig ist, so muss auch der Mann, um auf diese engver- 
bundene Weise die Mahlzeit mit ihr zu teilen, zum Essen zu ihr unter 
die Decke schlüpfen. Aus Südfrankreich berichtet eine alte Fabel aus 
deın 12. oder 13. Jahrhundert, dass der König zu Bett liegt und in den 
Wochen ist, während seine Gemahlin auf einem etwas romantischen Kriegs- 
zuge (gegen Eier, Käse und Äpfel) begriffen ist. 

Aus dem 17. Jahrhundert und späterhin wird die Sitte des männlichen 
Kindbettes ın Südfrankreich vielfach erwähnt und hier hat sie auch ihren 
bekannten Namen, la couvade, erhalten. Wenn wir nun bedenken, dass 
in den erwähnten Gegenden in erster Linie Basken wohnen, so werden 
wir uns ohne weiteres vorstellen können, dass diese Sitte ein uraltes 
Überbleibsel aus der Zeit darstellt, in welcher diese Gegenden noch nicht 
von Romanen besiedelt waren, sondern einer Urbevölkerung, deren Nach- 


Kunike: Minnerkindbett. 347 


kommen die Basken sind, angehörten. Wenn auch hier und da das Vor- 
kommen der Couvade in Biscaya, Bearn, überhaupt in Südfrankreich und 
Nordspanien bestritten wird, so ist doch wohl den zahlreichen dafir 
sprechenden Zeugnissen gegenüber am zweifellosen Vorkommen dieser 
Sitte daselbst festzuhalten. 

Auch für Asien ist das Vorkommen der Sitte des männlichen Kind- 
bettes an mehreren Stellen gut bezeugt. Bei den Tibarenern am Pontus 
Euxinus wurde sie nach Apollonius Rhodius (Argonautica) geübt, die 
Männer begaben sich zu Bett und die Frauen bereiteten ihnen ihre 
Speisen und zum Kindbett gehörige Bäder. Leider besitzen wir aus 
neuerer Zeit keine Nachrichten aus dieser Gegend, welche ein derzeitiges 
Vorkommen dieser Sitte dort bestätigten. 

Der berühmte Reisende Marco Polo, der, wie bekannt, im 14. Jahr- 
hundert China durchzog, meldet von der Provinz Arcladam (oder Zar- 
dandam, De regionibus orientalibus, B. II Kap. 41): „Es ist in dieser 
Provinz Sitte, dass, wenn eine Frau geboren hat, sie das Bett verlässt, 
aufsteht und dem Haushalte nachgeht: und dann legt sich ihr Gatte 
40 Tage lang zu Bett, indem er Sorge für das Kind trägt. Die Mutter 
aber tut nichts anderes für das Kind, als dass sie ihm die Brust gibt. 
Und die Freunde und Verwandten besuchen unterdessen den danieder- 
liegenden Mann nicht anders als wie bei uns die Wöchnerinnen besucht 
werden. Sie sagen nämlich, da die Frau schwanger gewesen sei, geboren 
und lange Zeit gelitten habe, so sei jetzt in der Ordnung, dass sie sich 
40 Tage von der Sorge und der Mühe um das Kind erhole; nichtsdesto- 
weniger bringt sie dem Mann sein Essen ans Bett.“ Um nun die aus 
späterer Zeit stammenden, hiermit übereinstimmenden Berichte zu verstehen, 
welche sich sämtlich auf die Miautse, die Urbevölkerung Chinas beziehen, 
deren Reste noch heute in Yünnan, Kuangtung, Kuangsi, Kueitschau usw. 
sitzen, müssen wir hierzu noch die weiteren Bemerkungen Marco Polos 
über die in Rede stehende Bevölkerung heranziehen: „Sie wohnen meist 
an waldigen und gebirgigen Stellen. Fremde besuchen aber jene Berge 
nicht .... Sie haben keine Schrift, sie machen vielmehr ihre Ab- 
machungen und Verpflichtungen mit Hilfe von Holzstiickchen, deren Be- 
deutung der eine oder der andere behält: diese werden später zusammen- 
gebracht und sie erklären die Bedeutung durch herkömmliche Zeichen.“ 
Es ist klar, dass sich diese Beobachtungen nicht auf das alte Kulturvolk 
der Chinesen, das seit Jahrtausenden der Schrift kundig war, beziehen 
können, vielmehr nur auf schriftunkundige, scheue Bergstämme Bezug 
haben werden. Und in der Tat berichten neuere Reisende ganz genau 
dasselbe (Lockhart 1861). Endlich werden die Beobachtungen bestätigt 
durch die Veröffentlichung eines chinesischen Bildes in Bushells 
„Chinese Art“ 1906. Im Text heisst es dazu: „Den Vater sieht man 
durch das Fenster der Hütte auf dem Bett liegend, er hält das neugeborene 
Baby an der Brust, und draussen die Mutter, welche mit seinem Essen 
kommt — er muss so behandelt werden, wie ein Kranker... . einen 
Monat lang, sonst geschieht ein Unglück.“ Wir haben also hiermit eine 
interessante Bestätigung einer schon früh beobachteten Sitte, und zwar 


548 Kunike: 


diesmal durch die absolut einwandfreie, leider auch ganz singuläre bild- 
liche Darstellung eines wirklichen männlichen Wochenbettes. 

Auch bei den Drawidas Siidindiens, der dunkelhäutigen Ur- 
bevölkerung, welche durch die eindringenden sanskritsprechenden Indo- 
arier mehr und mehr nach Süden gedrängt worden ist, finden wir die 
Couvade. Es ist wohl kein Zufall, dass diese höchst eigenartige Sitte sich 
gerade bei wenn auch numerisch ziemlich zahlreichen Urbevölkerungen 
(Basken, Miautse, Drawidas) erhalten hat. A. Cain berichtet nun im 
Indian Antiquary von 1874 über ihr Vorkommen bei einem drawidischen 
Telugustamm, den er Erunkalavandlu nennt, das sind die Yerunkalas, 
vandlu ist nur eine Pluralendung im Telugu. Er sagt: „Sobald die Frau 
die Geburtswehen fühlt, benachrichtigt sie ihren Gatten, welcher sofort 
einige ihrer Kleider nimmt, sie anlegt, auf seiner Stirn die Marke (tikuli) 
befestigt, welche die Frauen gewöhnlich auf ihre Stirn kleben; er zieht 
sich in einen dunklen Raum zurück, wo nur eine sehr trübe Lampe 
brennt und legt sich auf sein Bett, indem er sich mit einem langen Ge- 
wande bedeckt. Wenn das Kind geboren ist, wird es gewaschen und in 
die Wiege neben den Vater gelegt. Asafoetida, Palmzucker usw. werden 
dann dem Vater und nicht der Mutter verabfolgt. Während der Tage 
der zeremoniellen Unreinlichkeit wird der Mann so behandelt, wie die 
Hindus ihre Frauen bei solchen Gelegenheiten behandeln. Von den 
Koramas wird ähnliches mit der Aufzählung interessanter Einzelheiten, 
die wir uns hier versagen müssen, von Thurston erzählt. Ausserdem 
erfuhr dieser hier, dass man den Grund für diese Sitte darin suchte, 
„dass des Mannes Leben wertvoller sei als das der Frau und da 
der Gatte der wichtigere Faktor bei der Geburt eines Kindes 
sei, als die Frau, so verdiene er es, dass man sich mehr um ihn kümmere. 
Hiermit vergleiche man die Anschauung der Hindus, die im 11. Jahr- 
hundert von dem arabischen Reisenden Al Birüni in seinem Werke über 
Indien aufgezeichnet worden ist: „Wenn ein Kind geboren worden ist, 
richtet man die besondere Aufmerksamkeit auf den Mann, nicht auf die 
Frau.“ — Eine Legende unter den Koramas bestätigt das Vorkommen 
des Männerkindbettes, wir müssen hier auf Thurston verweisen. Endlich 
finden wir auch bei Tylor eine Bemerkung über die Couvade in Süd- 
indien, welche sich ohne Zweifel auf die dravidische Bevölkerung bezieht 
(Madras und Malabarküste): „Es ist bemerkt worden, dass ein Mann bei 
Geburt seines ersten Sohnes oder der ersten Tochter von seiner Haupt- 
frau oder eines anderen Sohnes nachher einen Mondmonat lang zu Bett 
geht, hauptsächlich von Reis lebend, indem er sich aufregender Speisen 
und des Rauchens enthält. Am Ende des Monats badet er, zieht ein 
neues Gewand an und gibt seinen Freunden ein Fest.“ 

Auf einigen Inseln des malaiischen Archipels finden sich viele eigen- 
artige Abstinenzgebräuche aus Anlass der Geburt eines Kindes, die mit 
den auch sonst bei der Couvade beobachteten Speiseverboten usw. viel- 
fache Ähnlichkeiten aufweisen. So meldet uns van der Hart 1833 von 
der Insel Buru, vor ihm schon Wouter Schouten etwa 1660, dass die 
Mutter, die eben ein Kind zur Welt gebracht habe, ihre gewohnten 


Männerkindbett. 549 


Arbeiten wieder aufnehme, wogegen sich der Mann so kränklich und 
lächerlich anstelle, als ob er niedergekommen wäre und er isst mit 
grossem Appetit die Lieblingsgerichte, die ibm seine Frau bereitet hat. 
Auf anderen Inseln des Archipels finden wir vielfach Angaben über Ent- 
haltungsgebräuche sowohl des Vaters wie auch der Mutter, die meist 
dazu dienen sollen, die Wohlfahrt des neugeborenen Kindes zu gewähr- 
leisten, Gebräuche, welche man alle als Überbleibsel der Couvade auf- 
fassen könnte und auch in der Tat so aufgefasst hat; es ist indessen 
durchaus nicht nötig, einen derartigen Zusammenhang anzunehmen, sie 
können sich ebensogut selbständig entwickelt haben. Als Beispiel geben 
wir das bei dan Land-Dayaks von Borneo 1862 beobachtete: „Der Gatte 
einer schwangeren Frau darf kurz vor ihrer Entbindung mit keinem 
scharfen Werkzeug arbeiten, ausser dem was ganz und gar notwendig ist 
zur Bebauung seiner Pflanzung: er darf nichts mit Rotang binden, oder 
Tiere schlagen, oder Gewehre abschiessen, noch irgend etwas tun, was 
einen verletzenden Charakter hätte — da man sich vorstellt, dass solche 
Handlungen einen schlechten Einfluss auf die Bildung und Entwicklung 
der erwarteten Kinder ausüben könnten.“ Nach der Entbindung „ist die 
Familie acht Tage lang tabuiert (sie darf also nicht besucht werden), 
während welcher Zeit der unglückliche Ehemann auf eine Diät von Reis 
und Salz gesetzt ist, nicht in der Sonne ausgehen und sogar vier Tage 
lang nicht baden gehen darf. Die Reis- und Salzdiät dient zu dem Zweck, 
zu verhüten, dass der Leib des Kindes zu einer unnatürlichen Dicke an- 
schwillt.“ G. Wilken stellt in einer Abhandlung in den Bijdragen tot 
de Taal-Land- en Volkenkunde van Nederlandsch Indië 1589 sämtliche 
Enthaltungsgebräuche zusammen, die auf den Inseln des südlichen 
Asiens vorkommen, die aber, wie auch das vorige Beispiel, die eigentliche 
Couvade nicht enthalten. Hierbei ist es einem vielfach schwierig, sich 
vorzustellen, dass die Couvade in jedem Falle das Primäre gewesen 
sein soll, oder auch nur das ursprünglich notwendig Begleitende; dies ist 
vielmehr aus keinem der aufgeführten Fälle irgendwie zwingend zu 
schliessen. 

In Afrika finden wir die Couvade an einer einzigen Stelle und 
noch dazu ganz unsicher bezeugt. In der Übersetzung aus dem Ita- 
lienischen des Zuechelli (1715), welcher das Kongogebiet bereist 
hat, heisst es: „In dem Königreich Cassange, welches die Giaghi be- 
wohnen (ist die) Gewohnheit (dass), ..... wenn eine Frau geboren hat, 
muss sie von Stund an das Bett verlassen, worauf sich gleich der Mann 
an ihrer Stelle niederlegt, welchen die Frau, welche geboren, bedienen 
und aufwarten muss, eben als wenn er die Schmerzen und das Ungemach 
einer schwangeren und gebärenden Frau ausgestanden hätte. Wenn ınir 
dieses in einem Revier meiner Mission begegnet (wäre), dass ich einen 
solchen in dem Wochenbette liegenden Mann angetroffen (hätte), welcher 
sich von der Wöchnerin auf gleiche Art (hätte) bedienen lassen, ich hätte 
ihn gewiss! mit einer solchen Tracht Schläge bedienen, und mit einer 
solchen Labung erquicken wollen, dass er wohl etliche Wochen dazu 
haben sollen, ehe er sie verdaut hätte.“ 


550 Kunike: 


Auf den Inseln der Südsee sowie auf dem australischen Festlande 
findet sich keine Spur von Couvade, ebenso ist aus Afrika sonst nicht das 
Geringste tiber dieselbe bekannt geworden, und wir missen die Tatsache 
des Nichtvorkommens dieser Sitte hier ebenso registrieren, wie ihr Vor- 
kommen in Asien und Europa. 

Es bleibt uns nun noch die neue Welt zu betrachten übrig. Und 
gerade hier treffen wir die Couvade in ihrer unverfalschten und ursprüng- 
lichen Form an, durch zahlreiche Beispiele belegt, und zwar in Süd- 
amerika. 

Von den Inselkaraiben wird uns 1665 durch de Rochefort be- 
richtet: „Zur selben Zeit, wo die Frau entbunden worden ist, begibt sich 
der Mann zu Bett, um sich dort zu beklagen und die Wochen zu halten. 
... Das ärgerliche für den armen Karaiben, der sich anstatt der 
Wöchnerin ins Bett gelegt hat, ist, dass man ihn eine Diät von 10 bis 
12 Tagen hintereinander halten lässt, indem man ihm täglich nichts weiter 
gibt als ein kleines Stück Cassava-Brot und ein wenig Wasser, in welchem 
man ihm auch ein bisschen von diesem Brot aus (Manoka-) Wurzeln auf- 
kocht. Später isst er etwas mehr, aber er schneidet nur die Cassava, 
welche ihm vorgesetzt worden ist, in der Mitte an — und zwar einige 
40 Tage lang, und lässt nur die Ränder übrig, welche er in der Hütte 
aufhängt, und die bei dem Feste, welches er gewöhnlich in der Folge 
allen seinen Freunden gibt, eine Rolle spielen. Und er enthält sich 
sogar manchmal noch zehn Monate oder ein ganzes Jahr darauf 
mehrerer Sorten Fleisch, wie z. B. des Manati (Seekuh), der Schild- 
kröte, des Schweines, der Hühner, Fische und delikater Speisen: da 
3 ai glaubt, dass dies dem Kinde Schaden bringe. Aber sie halten 
dies grosse Fasten nur bei der Geburt ihres ersten Kindes. Denn 
bei der Geburt der anderen sind ihre Fasten viel weniger streng und sehr 
viel kürzer und dauern gewöhnlich nur 4 bis 5 Tage. .... Einige 
unserer Karaiben haben noch einen anderen .... Brauch, und der ist 
noch schlimmer als alles übrige für den armen Vater, welchem ein Kind 
geboren worden ist, denn am Ende der Fasten schröpft man ihn gehörig 
an den Schultern mit einem Aguti-Zahn. Und der Unglückliche muss 
sich nicht allein dies gefallen lassen, er darf sogar nicht einmal das 
geringste Schmerzgefühl äussern. Sie glauben nämlich, dass, je grösser 
die Geduld des Vaters sich bei dieser Probe bewährt habe, um so sicherer 
gestellt sei die Tapferkeit der Kinder: aber man darf dies edle Blut nicht 
zur Erde fallen lassen, dessen Vergiessen so den Mut gedeihen lässt.“ 

Einen noch ausführlicheren Bericht über diese Sitte gibt 1667 du 
Tertre von den Inselkaraiben; wir führen nur etwas von dem an, was 
er noch hinzugefügt hat: „Wenn die 40 Tage (des Fastens) um sind, 
Jaden sie ihre Verwandten und besten Freunde ein, und wenn diese an- 
gekommen sind, zerschneiden sie, bevor sie sich zu Tisch setzen, die Haut 
des armen Kerls mit Aguti-Zähnen und entziehen allen Teilen seines 
Körpers Blut — anstatt eines nur eingebildeten Kranken machen sie 
recht oft aus ihm einen wirklichen Kranken. Aber das ist bis jetzt erst 
der Fisch sozusagen, denn nun kommt noch die Brühe, die man ihm 


Männerkindbett. 551 


bereitet. Sie nehmen 60 bis 80 grosse Körner Piment oder indischen 
Pfeffer, den stärksten, den sie auftreiben können, und nachdem sie ihn 
in Wasser gut zerstossen haben, waschen sie mit diesem Pfefferaufguss 
die Wunden und Narben des armen Opfers, welches, wie ich glaube, 
kaum weniger leidet, als ob man es bei lebendigem Leibe verbrennen 
würde — indessen darf er kein einziges Wort hervorbringen, wenn er 
nicht als Feigling und Ehrloser gelten will. Wenn diese Zeremonie 
beendet ist, bringt man ihn wieder zu Bett, wo er noch einige Tage 
verweilt, und die übrigen gehen, machen einen guten Schmaus und be- 
lustigen sich... . auf seine Kosten. ... In einem Zeitraum von sechs 
Monaten isst er weder Vögel noch Fische, da er fest glaubt, dass dies 
dem Leibe des Kindes schaden könne und dass es an den natürlichen 
Fehlern derjenigen Tiere Teil haben werde, von denen der Vater gegessen 
hat: z. B. wenn Schildkröte, dass das Kind taub würde (die Schildkröte 
hat keine äusseren Ohren!) und kein Hirn hätte, wie dies Tier (an- 
scheinend nicht hat), wenn er vom Manati (Seekuh) ässe, dass es kleine 
runde Augen haben würde, wie das Manati usw. ... Die Frauen fasten 
während dieser Zeit, aber nicht so streng, wie ihre Gatten.“ 

Die Beobachtungen bei den Inselkaraiben werden bestätigt durch 
Labat 1724; von den Karaiben des gegenüberliegenden Festlandes liegen 
die bei weitem zahlreichsten Beobachtungen vor. Einfaches Männerkind- 
bett wird von Fermin 1769 erwähnt, Stedman an 7 de la Republique 
beschreibt Ruhe in der Hängematte, Schröpfzeremonien und Geisselungen, 
Quandt (1807), dessen Berichte auf Aruakstimme, Warraus und Karaiben 
gehen, erwähnt das Kindbett und die Sitte, dass der Mann keinen Baum 
fallen, keine Flinte abschiessen und kein grosses Wild jagen dirfe, 
da sonst das Kind krank werden und sterben werde. v. Sack, der 
Surinam 1810—1812 bereist hat, berichtet, dass die Sitte der Ruhe der 
Ehemänner von den Weibern eingeführt worden sein soll und dass über 
ihre Innehaltung von denselben streng gewacht werde. Bei den Karaiben 
Guyanas, also im Nachbargebiete Surinams, finden wir noch zahl- 
reichere Nachrichten tiber das Vorkommen der Couvade. R. Schomburgk 
1848 erwähnt mancherlei Enthaltungsgebräuche, besonders von den 
Woyowais und Makusi, bei den Aruaken beobachtete Brett selbst 
das Männerkindbett, ebenso bei den Karaiben, besonders bei den Aca- 
woios. Als besonders tabuierte Tiere, deren Fleisch während der in 
Frage stehenden Zeit nicht genossen werden darf, nennt er das Aguti, 
damit das Kind nicht mager werde, das Haimara, wenn das Kind nicht 
blind werden soll (da die äussere Bedeckung des Auges dieses Fisches 
ein dünnes Häutchen oder grauen Star andeutet), das Labba (Laba, 
Coelogenys Paca Cuv. nach Martius), wenn des Kindes Mund sich 
nicht vorschieben soll, oder wenn es nicht wie das Labba gefleckt sein 
soll — Flecken, die schliesslich zu Geschwüren werden. Das Marudi ist 
auch verboten, wenn das Kind nicht tot geboren werden soll,. da das 
Kreischen dieses Vogels als ein Vorzeichen des Todes betrachtet wird. 
Bei den Warraus findet nach De Laét (1633) ein Fasten statt, etwa 
acht Tage, bis die Wunde der Nabelschnur geheilt ist. Appun fand 


552 Kunike: 


1871 verschiedene Enthaltungsgebräuche, besonders hinsichtlich der Jagd, 
an der Küste Guyanas und das Liegen des Vaters in der Hängematte. 
Über die weite Verbreitung der Couvade in Guyana berichtet einer der 
besten Kenner dieses Landes, nämlich Im Thurn (1883), der ähnliche 
Beispiele, wie die obigen, anführt. Von den Tamanacos (Karaiben) am 
Orinoco führt Gilij das Vorkommen der Couvade an (1785 Übersetzung); 
in Französisch-Guyana fand sie Biet gleichfalls (1646), sechs Wochen 
lang wird der Mann in der Hängematte von der Frau bedient; v. Klöden 
fügt diesen Angaben 1858 Berichte über ähnliche Enthaltungsgebräuche 
wie die oben erwähnten hinzu; bestätigt und zum Teil ergänzt finden 
wir dies durch Prinz Bonaparte und Joest 1893. 

Wir kommen zu einem weiteren Teile Südamerikas, dem grossen 
Amazonasgebiete. Schon Thevet berichtet genaueres über die Couvade in 
seiner Kosmographie 1575 von den Karaibenstämmen daselbst, ähn- 
liches wie die oben angeführten Autoren über Guyana. (Das karaibische 
Wort für cheroup oder Vater stimmt genau mit dem von v. d. Steinen 
gefundenen Worte für Vater, jerup, überein!) Besonders ausführlich ist 
La Bordes Schilderung über die Karaiben (1704). Er sagt: Eine lächer- 
liche Vorsichtsmassregel ist, wenn das Kind in der Nacht geboren wird, 
dass die Männer, welche in derselben Hütte schlafen, baden gehen, damit 
das Kind nicht kalt werde. Die Mutter begibt sich vom folgenden Tage 
ab an den Haushalt, wie wenn nichts geschehen wäre, sie fastet einige 
Tage, indem sie nichts als trockene Cassava isst und laues Wasser trinkt, 
sie nimmt sich sehr in acht, weibliche Krabben zu essen, diese würden 
dem Leibe des Kindes schaden ...... wenn dies ein erstgeborenes, 
männliches ist, haben die Männer eine (besondere) . . . Sitte; während die 
Frau in den Wochen ist, legt sich der Mann zu Bett, beklagt sich und 
macht selbst die Wöchnerin; er befindet sich zu diesem Zwecke in einer 
kleinen, besonders errichteten Hütte, in der sein Lager oben aufgehängt 
ist, und hält ein Fasten von drei Monaten. 

Die ersten zehn Tage bekommt er nur ein wenig trockene Cassava 
und Wasser; darauf beginnt er, ein wenig ouicau (anscheinend ein schwach 
alkoholisches Getränk, das sogenannte KaSiri, aus Manoka hergestellt), zu 
trinken, aber er enthält sich aller Speisen, er isst nur das Innere der 
Cassava und bewahrt die Reste alle für den Festtag auf, welcher am 
Ende dieser Diätkur stattfindet: — er geht nur nachts aus, besucht 
niemanden, fürchtet sich, jemanden zu sehen, der voll von ouicau ist oder 
welcher Fisch gegessen hat. Dieser Geruch könnte ihn in Versuchung 
führen, sein Fasten zu brechen, die Mutter könnte davon krank und das 
Kind würde nicht stark werden. Wenn diese Zeit um ist, suchen die 
Ältesten der grossen Hütte zwei Karaiben aus, die am geschicktesten sind, - 
den Fastenden zu schinden, und am festgesetzten Tage lässt man ihn auf 
den öffentlichen Platz kommen — er sieht aus wie ein Skelett — dort 
steht er aufrecht mit zwei schönen weissen, kunstvoll angeordneten 
Cassavas unter den Füssen, und während ıhm die Karaiben die Arme 
hochheben, fangen die „Herrn Wundärzte* an, ihm die Haut mit ihren 
Aguti-Zähnen zu zerfetzen und einzuschneiden.* Darauf werden die 


Männerkindbett. 553 


Stellen genannt, an denen die Scarificationen stattfinden und hinzugefügt, 
dass sie standhaft ertragen werden. „Das ist aber noch gar nichts; um 
das Gemälde vollständig zu machen, bereitet man ihm einen Aufguss... 
mit Blättern von Roucou, Pimentkörnern und Tabaksjauche, womit man 
ihm die Wunden und Narben abreibt, und so, ganz blutig, wie er ist, ... 
setzt man ihn auf einen Sitz, der selbst rot bemalt und für ihn bereitet 
ist, und die Frauen bringen ihm zu essen, was die alten Leute ihm an- 
bieten und zum Munde führen, wie bei einem kleinen Kinde, und 
zwar kleine Stücke Cassava und Fisch, aber er verschmäht den Fisch, 
nachdem er ihn angebissen hat, er würde krank werden, wenn er auf 
einmal eine so gute Mahlzeit hielte — und sie lassen ihn ebenso trinken, 
indem sie ihm den Hals halten, und wenn er mit Essen fertig ist, teilen 
die alten Leute zwei Stücke Cassava aus, welche der geschröpfte Fastende 
gesammelt hat, sie werfen sie nach allen Seiten, damit jeder eins schnell 
nehme; für die beiden, welche er unter seinen Füssen während des 
Schröpfens hatte, muss er sie essen —, und mit dem edlen Blute, welches 
vergossen worden ist, reibt man das Gesicht des Kindes, in dem Glauben, . 
dass dies sehr dazu dient, das Kind grossmütig zu machen, und je mehr 
Geduld der Vater bewiesen hat, um so mehr Mut wird er haben. Wenn 
diese Zeremonie zu Ende ist, bringt man ihn wieder zu Bett, wo er noch 
einige Tage bleibt. — Dies ist nicht alles, sie müssen sich innerhalb 
sechs Monate nicht nur Beim Erstgeborenen, sondern jedesmal, wenn ihre 
Frauen Kinder bekommen, des Essens mehrerer Tierarten enthalten, 
damit nicht das Kind an deren natürlichen Eigenschaften und Fehlern 
teilhabe (Schildkröte macht taub, siehe oben), wenn (er) vom Papagei 
ässe, so würde es keine Nase haben, wenn vom Krabbenfresser, lange 
Beine (Manati kleine Augen, s. 0.), und besonders von allem anderen 
Fleisch, ausser den Krabben. Das lange Fasten findet nur bei der Geburt 
der ersten Kinder statt, und für die übrigen gibt es nur eine Diät von 
vier bis fünf Tagen.“ 

Endlich berichtet Speckbacher 1685 von den Karaiben auf der 
Perlinsel bei Carthagena das Vorkommen der Couvade. 

Die häufigsten Nachrichten über das Vorkommen dieser Vaterriten 
und zwar meist mit genauer Angabe der Stämme, welche sie ausüben, 
finden wir in Brasilien. Allgemeiner sind ältere Nachrichten, wie die 
von Fernäo Cardim 1584, S. Piso 1685 und Eschwege 1818. Aber 
schon De Laöt nennt die Petiwaras, Spix und Martius (1823) die 
Mundrucus (Tupi). — Nur dem Vater wird das Kind hier zugeschrieben 
— die Culinos, Maraua (Aruak), Omaguas (Tupi), Cauixana (Aruak) 
Passes (Aruak) und Juris. Bei den Jivaros fand die Sitte Orton, 
1870, bei den Yuracares (Tupi) D’Orbigny 1839, bei den Araua 
Chandless 1870, bei den Chiriguanos (Tupi) [Angabe Bastians 1878] 
Nordenskiöld 1910, derselbe auch bei den Chanes; bei den Ipurinäs 
(Aruak) am oberen Purüs Ehrenreich (1891). Ähnliche Gebräuche 
erwähnt Koch von den Siusi (Aruak) zwischen Icana und Uaupes, 
und bei den Tuyüka (Betoya). 

In Südbrasilien finden wir die Couvade gleichfalls nach Schwarz, 

Zeitschrift für Ethnologie. Jahrg. 1911. Heft 3 u 4. 36 


554 Kunike: 


(1857), nach demselben bei den Nacque-ne-niiques oder Naquinbrurh 
(Botokuden). Nach Ploss findet sie sich auch bei den Zaparos und 
Papudos. In Zentralbrasilien an den Quellflüssen des Xingu, die erst 
seit 1887 eutdeckt sind, fanden die Vettern von den Steinen unter den 
dort lebenden, von europäischer Kultur unberührten Indianern die Couvade 
vor. Bei den Bakairı würde alles, was der Vater unerlaubter Weise 
tut, dem Kinde schaden, es wäre so, als ob das Kind selbst Fleisch, Fisch 
oder Frucht ässe. „Der Vater durchschneidet die Nabelschnur des Neu- 
geborenen, fastet strenge, pflegt das Kind und ist wieder ein freier Mann, 
wenn die Nabelschnur abfällt.“ Auch bei den Bororo und den Paressi 
(Aruak). In Paraguay fand Guevara die Couvade 1836, eine besonders 
gute Schilderung von den Abiponern im Chacogebiet verdanken wir 
Dobritzhoffer 1784. 

Bei ihm heisst es: „Kaum hört man, dass ein Kind von der Frau 
geboren worden ist, wird man sogleich ihren (Abiponer) Mann im Bett 
liegen sehen, eingehüllt in Matten, damit ihm kein scharfer Windzug 
schade, fastend, öffentlich (publico. Lubbock: Kept in private) sich 
gewisser Speisen einige Tage gewissenhaft enthaltend. Man möchte 
darauf schwören, dass er geboren habe. Dasselbe haben auch andere 
betreffs anderer Völker Amerikas geschrieben. Das habe ich früher 
gelesen und darüber gelacht, niemals hätte ich mich verleiten lassen, 
solchen Unsinn zu glauben. Mehr zum Scherz, als der Wahrheit ent- 
sprechend, vermutete ich immer und immer wieder, berichte man diese 
Sitte der Barbaren, bis ich sie endlich mit eigenen Augen bei den Abi- 
ponern im Schwange fand. Und fürwahr, sie beobachten diesen alt- 
ererbten Brauch, obwohl es ihnen lästig ist, um so lieber und sorgfältiger, 
weil sie durchaus davon überzeugt sind, dass die Enthaltsamkeit und 
Ruhe der Väter von grösstem Einfluss auf das Wohlbefinden der neu- 
geborenen Kinder sei, ja, dass sie sogar (dazu) nötig wäre. Die 
Bestätigung hierfür bitte ich mich berichten zu lassen. Franciscus 
Barrada, der Stellvertreter des Kgl. Gouverneurs von Tucuman, besuchte 
die neue Kolonie Conception im Gebiete von Santiago. Zu ihm kam, als 
er mit mir auf dem Markte herumging, um ihn zu begrüssen, der Kazike 
Malakin, der unterdessen sein Bett verlassen hatte, an das ihn die jüngste 
Niederkunft seiner Frau fesselte. Barreda bot mir und ihm, dem bei uns 
stehenden Kaziken, spanischen Schnupftabak an, doch als er sieht, dass 
der Wilde die Annahme gegen alle Sitte verweigert, glaubt er, dass dieser 
den Verstand verloren habe. Denn er wusste, dass dies Reizmittel für die 
Nase sonst immer von ihm begierig genommen wurde. Er bittet mich, 
nach der Ursache der linthaltsamkeit zu fragen. Auf die Frage in abi- 
ponischer Sprache (dieser war nämlich Barreda unkundig, wie der Kazike 
des Spanischen) warum er denn den Tabak heute verschmähe? erwiderte 
er: Weisst du denn nicht, dass meine Frau gestern geboren hat? Warum 
soll ich daher nicht vom Reizmittel für die Nase ablassen? In was für 
ein Unglück könnte ich durch mein Niesen meinen kleinen Sohn stürzen! 
‚Weiter nichts. Er begab sich zurück in seine Hütte, um sich unverzüg- 
lich niederzulegen, damit nicht, wenn er noch länger mit uns im Freien 


Männerkindbett. 555 


stehen bliebe, sein zartes Kind irgend welchen Schaden erlitte. Denn sie 
glauben, dass das ungemässe Betragen des Vaters den neuen Abkömmling 
beeinflusst, wegen der beiderseitigen natürlichen Verbindung und der 
Sympathie. Daher, wenn das Kind zu einen: vorzeitigen Ende kommt, 
wird der Tod von den Frauen insgesamt der Unenthaltsamkeit des Vaters 
zugeschrieben, und sie geben dies und jenes als Grund an; bald, dass er 
sich nicht des Honigweines enthalten habe, däss er sich den Magen mit 
Fleisch vom Wasserschwein überladen hat, dass er bei ziemlich kalter 
Luft schwimmend über einen Fluss setzte, bald, dass er seine (schon) seit 
einiger Zeit ziemlich langen Augenbrauen zu rasieren verabsäumt habe, 
dass er unterirdischen Honig... ... gegessen habe, bald, dass er sich 
durch Reiten bis zum Schweiss ermüdet habe. Mit albernen Reden dieser 
Art beschuldigt das Weibervolk ungestraft den Vater als den Urheber des 
Todes (des Kindes) und sie sind gewöhnt, den Gatten, auch wenn er 
noch so schuldlos ist, mit Verwünschungen zu verfluchen“. Dobritz- 
hoffer fügt hinzu, es wäre ein schwieriges Unternelimen, den alten Aber- 
glauben ausrotten zu wollen. 

Simson berichtet von den Piojes (Betoya) am Putumayo, v. Tschudi 
von den Conibos (Pano) am Ucayali das Vorkommen der Couvade. 

An Südamerika schliesst sich unmittelbar das südliche Zentralamerika, 
wenigstens zum grössten Teil, ethnographisch an. Bei den Guatuso am 
Rio Frio findet sich die Couvade nach Sapper. In Nordamerika gibt es 
auch einige Beispiele für das Männerkindbett. Bancroft berichtet von 
seinem Vorkommen in Neu Mexiko (Lagunero und Ahomanna) und 
Kalifornien, wohl nach Venegas (1757). 

Wir finden also, dass Südamerika das klassische Land der Couvade 
ist und zwar hauptsächlich der Norden. Als Ausläufer sind vielleicht auch 
die nordamerikanischen Fälle anzusehen. Fest steht, dass die Sitte bei 
den vier Hauptgruppen der südamerikanischen Indianer, den Karaiben, 
Aruak, Tupi und Ges (Botokuden) vorkommt und ebenso bei einzelnen 
Chacostämmen (Abiponern) und isolierten. Ihr Hauptzentrum hat sie 
wohl bei den Karaiben des Festlandes und der Inseln gehabt, dafür spricht 
ihr Vorkommen in den ältesten und zahlreichsten Quellen. (Bei den 
Eskimos kommen einzelne Sitten vor, die gleichfalls an Couvadegebräuche 
erinnern, wir wollen jedoch diese ebensowenig wie ähnliche Bräuche bei 
anderen Völkern anführen.) Die Couvade hat also drei Hauptverbreitungs- 
zentren, eins in Südamerika, ein zweites in Südostasien und ein drittes in 
Siidwesteuropa. An diesen Stellen ist ihr Vorkommen einwandsfrei be- 
zeugt, sie findet sich also nicht bei den sogenannten aktiven Rassen mit 
höheren Kulturen. — Ohne nun auf die mannigfaltigen Versuche einzu- 
gehen, die man unteruommen hat, um diese merkwürdigen und uns so 
sonderbar anmutenden Sitten zu erklären, Versuche, die zum Teil von den 
Autoren, die wir angeführt haben, in ihre Reiseschilderung eingeflochten 
worden sind, zum Teil von Ethnologen im Zusammenhang mit anderen 
soziologischen Untersuchungen, besonders bei der Behandlung von Ehe- 
und Geburtsgebräuchen aufgestellt worden sind, ohne auf diese im ein- 

36* 


556 Kunike: 


zelnen einzugehen, wollen wir hier, allerdings unter Berücksichtigung 
vieler derselben einen neuen Erklärungsversuch unternehmen. 

Um das Wesen der Couvade richtig zu erfassen, müssen wir uns 
zunächst über die Gründe klar sein, die die betreffenden Völker selbst für 
diese Sitte angeben. Wir verweisen hierzu auf die vorhergehenden Quellen. 

Die Stämme, bei denen sich das sogenannte Männerkindbett findet, 
stehen auf der Stufe der Jäger und primitiven Ackerbauer (Hackbauer), 
namentlich trifft dies für die südamerikanischen Indianer zu. Man kann 
aus diesem Umstande, dass sich diese Sitte bei verhältnismässig niedrig 
stehenden Völkern findet, unmittelbar schliessen, dass sie deren Kultur- 
niveau entsprechen wird. Aber sie deshalb, aus entwicklungsgeschicht- 
lichen Erwägungen etwa, als Glied von allgemeingültiger Bedeutung für 
jede Kulturentwicklung aufzufassen, dürfte wohl unrichtig sein, wenn 
sich auch in allen Erdteilen gewisse Anklänge an die in Frage stehenden 
Vaterriten finden mögen. Man hat sich auch vor falschen Deutungen, 
namentlich der Generalisierung, zu hüten. 


In erster Linie ist es nötig, — da eine einheitliche Erklärung nicht 
gut möglich ist, — eine Zweiteilung der Erscheinungsformen dieser 


Sitte vorzunehmen, und zwar zerfallen diese offenbar in diese zwei Kate- 
gorien: 1. Die Couvade als wirkliches Männerkindbett und II. Die 
uneigentliche Couvade, bestehend aus Fasten, Enthaltungsgebräuchen (von 
Maun und Frau, oder vom Manne, seltener von der Frau allein) befolgt, 
und Blutopfer (des Mannes), verbunden mit Ruhe (meist ebenfalls nur 
des Mannes) in der Hängematte. Den I. Typus treffen wir am sichersten 
beobachtet, so wie auch am deutlichsten ausgeprägt in Südchina bei den 
Miaotze, zu ihm gehören die bei den Iberern und Basken beobachteten 
Fälle, sowie der allerdings etwas problematische Fall bei den Tibarenern. 
Allenfalls lässt sich hierzu auch die in Südindien sporadisch vorkommende 
Art der Couvade rechnen. Der Il. Typus ist der südamerikanische, 
speziell brasilische Typus, zu dem auch die eigenartigen Vaterriten 
Indonesiens gehören. | 

Typus I kann als eine imitatio naturae, also als Nachahmung des 
Wochenbettes der Frau (so Bachofen) aufgefasst werden, da den 
Völkern, wo die Sitte vorkommt, das Kindbett der Frau ja durchaus 
bekannt ist. Der Typus selbst ist einfach zu beschreiben. Der Mann 
legt sich nach der Niederkunft seiner Frau ins Bett, nimmt das neu- 
geborene Kind zu sich, spielt die Wöchnerin und empfängt so die Besuche 
der Freunde und Nachbarn. Währenddessen besorgt die Frau den Haus- 
halt weiter, sie bedient also auch ihren Mann, der auf diese Weise ein 
wirkliches Wochenbett abhält. 

Der II. Typus ist entschieden schwieriger, namentlich in seiner 
psychologischen Genese zu verstehen. Um eine Nachahmung des Kind- 
bettes der Frau kann es sich hier unmöglich handeln, da den in Frage 
kommenden Völkern dasselbe ganz unbekannt ist. Die europäischen 
Reisenden haben den Ausdruck männliches Kindbett, der für Asien und 
Europa seine Berechtigung hat, fälschlicher Weise auf Amerika (und 
Indonesien) übertragen. 


Männerkindbett. 557 


In Südamerika, wo dieser II. Typus am reinsten anzutreffen ist, finden 
wir zunächst bei einigen Stämmen die Sitte einer Art Zeitehe. Nach 
C. de Magelhäes hat bei den Cayapo jedes Madchen das Recht freien 
Geschlechtsverkehrs. Sobald sie in anderen Umständen ist, und so lange 
sie das Kind an der Brust hat, bleibt sie bei dessen Vater, oder vielmehr 
dieser bei ihr. Diese Verbindung mit dem Vater des Kindes hört auf, 
sobald das letztere nicht mehr die Muttermilch bekommt. Sie kann aber 
wieder angeknüpft werden. Nimmt das Mädchen sich einen anderen 
Mann, so hat dieser das Kind seines Vorgängers zu erhalten (nach Hellwald, 
Familie). Bei vielen Stämmen werden meist stammesfremde junge 
Mädchen in den Junggesellenhäusern zum Zwecke des Geschlechtsverkehrs 
gehalten. (Hierzu wäre die Anschauung zu ziehen, nach welcher die 
Kinder von Sklaven, die von einem fremden Stamme übernommen sind, 
mit Frauen des eignen Stammes als staınmesfremd angesehen werden.) 
Wenn wir diesen Zustand als eine Primitivstufe, die früher verbreiteter 
gewesen sein mag, annehmen, so finden wir als nächstfolgende Stufe solche 
Völker, bei denen das Matriarchat herrscht (meist mit Exogamie ver- 
bunden), oder solche, bei denen dies bereits in die Vaterherrschaft über- 
geht (worüber weiter unten noch einiges gesagt werden soll). Wir können 
uns nun vorstellen, dass bei der Gründung der Mutterfamilie (in früheren 
Zeiten) der Mann der Wahl, meist also der Vater der zu erwartenden 
(oder bereits geborenen) Kinder, von dem betreffenden Weibe an die 
Familienhütte gefesselt, vielleicht auch dadurch vom Männerhause entfernt 
werden sollte. Das war natürlich zunächst eine schwieriges Unternehnen, 
zumal wenn man bedenkt, dass den primitiven Völkern der kausale Zu- 
sammenhang zwischen Empfängnis und Geburt durchaus nicht klar ist. 
Vielmehr werden gewöhnlich irgend welche Dämonen oder Dinge (vergl. 
mythologische Conceptio immaculata, durch Verschlucken von Früchten 
usw.; oder auch die Empfängnis durch Schwirrhölzer, z. B. in Australien) 
dafür verantwortlich gemacht. | 

Dass also eigenartige Mittel angewandt werden mussten, um den 
Vater an das Kind und die Frau zu fesseln, versteht sich; auch haben 
wir einen deutlichen Hinweis darauf, dass die Frauen die Sitte ein- 
geführt haben, in dem Umstande, dass uns von manchen Stämmen be- 
richtet wird, die Frauen seien es, welche die Durchführung der Couvade 
sorgfältig überwachen, wobei indessen vielleicht auch der grössere Kon- 
servatismus der Frau überhaupt in Rechnung kommen könnte. 

Ausserdem sagt Burghold, leider ohne Quellenangabe, der Vater, der 
dem Brauche nicht nachlebe, werde als solcher nicht anerkannt. So siegt 
also das Prinzip der Mutter-Familie über den vor ilım herrschenden Zustand, 
indem das Kind zum Sprössling eines bestimmten Vaters gemacht wird. 

Um den Mann nun, wenn er sich etwa seiner Verpflichtungen gegen 
Frau und Kind ledig glaubte, an die (Mutter-)Familie zu fesseln, [dies 
der Realgrund der Sitte], griff man zu einer Art des Syınpathiezaubers 
[Scheingrund der Sitte], der aus einer doppelten Wurzel entspringt. Die 
Anschauungen des Totemismus scheinen der erste Ausgangspunkt ge- 
wesen zu sein. Der Totemismus, über den schon so sehr viel geschrieben 


558 Kunike: 


worden ist, besteht der Hauptsache nach in der Verbindung des Menschen 
mit tierischen Schutzgeistern oder Ahnen — (auf Genaueres einzugehen 
ist hier nicht der Ort; nur auf eins möchten wir hinweisen: Weit ver- 
breitet finden sich auch in Südamerika, wie in der Nordhälfte des Kon- 
tinents, Tiernamen bei Menschen, was auch auf den Totemismus Bezug 
zu haben scheint); —- bestimmte Tiere dürfen nicht getötet oder verletzt 
werden, damit es nicht den mit ihnen verbunden gedachten Menschen 
ebenso wie ihnen ergehe. (Nagualismus im heutigen Mexiko.) Das 
Totem geht von der Mutter auf das Kind über, der Vater hat sich also 
bei herrschendem Mutterrecht den Vorschriften der Frauen zu fügen. 

Daher darf denn auch der wirkliche oder vermeintliche Vater des 
Kindes, dessen Beisein bei der Geburt nicht nötig ist, um ihn zur Ein- 
haltung der Couvade zu veranlassen, gewisse Tiere nicht jagen, weil sonst 
das Kind die üblen Eigenschaften dieser Tiere bekommen, also vom 
Tiergeist heimgesucht würde. 

Das Wohlergehen des Kindes wird somit auf den Vater übertragen, 
er hat für dasselbe zu sorgen und daher darf er die Totemtiere weder 
töten noch essen, wenn das Kind geboren wird. Die Frau geht während 
dessen ihrem Haushalte einfach nach, da dem Manne die Sorge für das 
auf magische Weise zu bewirkende Wohlergehen des Kindes übertragen 
worden ist. Aber wo etwa daneben Wochendiät der Frau vorhanden ist, 
wird diese ohne Zweifel vielfach ebenfalls als Sympathieaberglaube, nicht 
als physiologisches Bedürfnis zu erklären sein. Der Schluss auf eine 
frühere Existenz des weiblichen Wochenbettes ist verfehlt. 

Diese erste Form der Vaterriten ist es, welche hauptsächlich in Süd- ` 
amerika und auch bei den Malaien vorliegt. Da nun zuerst die Geburt 
allein für sich und dann erst als die Wirkung der Empfängnis beobachtet 
wurde, so wird die Ausdehnung der Verbote auf die Zeit vor der Geburt 
auch als sekundär anzusehen sein. 

Die zweite Wurzel der Vaterriten und -vorschriften ist der Aberglaube 
demzufolge ein sympathetisch-magischer Zusammenhang zwischen Vater 
und Kind, wie auch zwischen diesem und seiner Mutter, existiert. Nach 
dem allgemeinen Zauberglauben wirken die Handlungen des einen Teils 
auf das Befinden und die Handlungen des anderen Teils ein. Alle Krank- 
heit, auch der Tod, entsteht durch die Schuld anderer. Zunächst wird 
also die Mutter in der Einhaltung der Diät ihrem Manne vorangegangen 
sein (mater semper certa, pater incertus). Wir werden wohl annehmen 
dürfen, dass nach besagtem Zauberglauben das Kind soviel an Kraft ge- 
winnt, als der Vater durch die Einhaltung einer gewissen Diät verliert. 
Bei einigen Völkern mag auch die Vorstellung mitsprechen, dass das 
Kind als „kleiner Vater“ (nach K. v. d Steinen) betrachtet wird und 
dass es mithin Schaden leidet, wenn der grosse Vater schwere Speisen 
zu sich nimmt, denn beide stehen in einer Art Wechselbeziehung zu- 
einander. Der Vater fastet nur solange, bis die Nabelschnur abfällt, d.h. 
bis die erste (Gefahr für das Leben des Kindes vorbei ist, er macht also 
eine Art homöopathische Kur durch, nur ist dieselbe magischer, niclıt 
medizinischer Art. 


Männerkindbett. l 559 


Auch die Arbeitsenthaltung mag denselben Grund haben. — Strenge 
Diät aber geht mit dem Blutopfer Hand in Hand, beide sind Formen 
einer Erscheinung, der Askese. Die Scarifikationen des Vaters dienen 
also offenbar demselben Zweck, da entzogenes Blut entzogene Kraft be- 
deutet, die wiederum dem Kinde zugute kommt. Etwas rätselhaft, viel- 
leicht nur als Standhaftigkeitsprobe aufzufassen (siehe Joest), — die ja 
in Südamerika bei manchen Gelegenheiten vorkommt (Pubertätsweihen, 
Häuptlingswahl, Installierung von Zauberern) — ist das Behandeln des 
Vaters mit dem scharfen Pfefferaufguss. 

Es ist auch möglich, wenn auch nicht recht wahrscheinlich, dass bei 
diesen Zeremonien, etwa als sekundär auftretend, auch an die Einwirkung 
religiöser Vorstellungen gedacht werden kann, da wir vielfach hören, dass 
das erstgeborene Kind feierlich mit Blutentziehung begrüsst wird. 

Alle diese Gründe, namentlich das Jagdverbot, welches allerdings bei 
vielen Stämmen nicht auf einige kleinere Tiere ausgedehnt wird, machen 
es begreiflich, dass sich der zur Untätigkeit verurteilte Mann in die 
Hängematte legt und sich dort, so gut es geht, in sein Schicksal findet, 
ein Zustand, der äusserlich betrachtet wohl zur Verwechslung mit dem 
Wochenbette führen konnte. 

Von einer imitatio naturae kann hier natürlich keine Rede sein, da 
ein Wochenbett der Frau bei den Indianern Südamerikas überhaupt un- 
bekannt ist. Hat sich die Sitte dieser Vaterriten aber einmal befestigt, 
so bleibt sie auch, weil drastisch und daher gut im Gedächtnis haftend, 
später allerdings vielfach unverstanden, bestehen. 

Nicht ganz klar ist die Rolle, welche die Couvade auch beim Über- 
gang der Mutterhorrschaft zum Patriarchat gespielt zu haben scheint. In 
der Zeit des Matriarchats und vorher ist die Vaterschaft von keiner recht- 
lichen Bedeutung; der Mann, welcher die Couvade durchmacht, braucht 
sich nicht als den Erzeuger des von ihm formal anerkannten Kindes an- 
zusehen. Indessen soll nach Friedrichs die Couvade nie von unehelichen 
Erzeugern beobachtet werden. Wenn aber die Couvade sich als Sitte zu 
fixieren begann, und das Vaterrecht zur Geltung kam, fing man an, auch 
unter dem Einfluss weiter fortschreitender Erkenntnis, auf das Moment 
der Empfängnis das Gewicht zu legen. Ferner wurde dann das Interesse 
des Hausvaters für seine Kinder rege, die er jetzt mehr und mehr unter 
dem Gesichtspunkte des Privateigentums zu betrachten begann. Daher 
war ihm daran gelegen, seine Kinder am Leben und bei guter Gesundheit 
zu erhalten und er befolgte die magischen Vaterriten um so sorgfältiger. 

Später mochte es dann dazu kommen, dass der Vater als enger mit 
dem Kinde verbunden angesehen wurde als die Mutter und dass sich aus 
der körperlichen Sympathie sekundär auch eine seelische, die Vaterliebe, 
entwickelte. 

Wir haben es hier also mit einem eigenartigen Falle ethnologischer 
Konvergenz, nämlich zwischen Typus I und II der Couvade zu tun und 
können vielleicht den ersten Typus als eine abgeklärtere Form des zweiten 
auffassen, ohne damit einen direkten genetischen Zusammenhang dieser 
Typen irgendwie behaupten zu wollen. 


560 | Kunike: 


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M. v. Zmigrodzki, Die Mutter bei den Völkern des arischen Stammes, München 
1856. 8 171, S. 267. 

Zucchelli, Merckwürdige Missions- und Reise Beschreibung nach Congo in Ethio- 
pien, Frankfurt 1715. S. 165. 


Sind die heutigen Albanesen die Nachkommen der alten 
Illy rier? 
Von 


Emil Fischer (Bukarest). 


Es ist bekannt, dass die obige Frage von manchen Gelehrten von 
Ruf verneint wird. Es wäre nun für die Völkerkunde nicht nur des 
Balkan, für die Sprachforschung und für die Geschichte im allgemeinen 
von höchster Wichtigkeit, wenn nachgewiesen werden könnte, dass die 
ehemaligen Illyrier dennoch ihre Fortsetzung in den heutigen Albanesen 
finden. 

Ich bin der Meinung, dass sich dieser Nachweis noch auf mehreren 
wissenschaftlichen Gebieten führen lässt. Allerdings sind die Beweise 
nicht alle gleich schlagend. Gelingt es aber ein paar alte Namen aus- 
findig zu machen, die ungezwungen ihre Entsprechung im Albanesischen 
finden, so wäre die Kontinuität allerdings erwiesen. Solcher Namen habe 
ich nun einige aufgefunden.*) 

So lassen sich die alten Dardani auf alb. daröe f. Birne, Birnbaum, 
zurückführen?) und in der Tat, wer heute noch Bulgarien, z. B. vom 
Lom bis zum Isker, durchzieht. der findet die Ackerländer von Wildbirn- 
bäumen so dicht besetzt, dass er sich oft in einem Garten’) zu be- 
finden glaubt. 

Ferner Delminium, alb. del’e, gegisch del’me = Schaf (also Hauptort 
der Schafhirten), dann Delmater, Dalmater = Schafhirten, endlich 
Dassaretier = alb. das Widder (Widderzüchter); so mag auch in dem 
Volksnamen der Antariaten Tara mit dem heutigen Quellfiuss der 
Drina (Tara) und einem Berg an den Quellen der Raca (bei Uzice) 
identisch sein.*) Ob Tergeste Triest auf ein altillyr.°) trg oder auf 
das slav. turgü zu beziehen sei Di ferner Vardaei auf alb. varde = Wache 
(altital ), will ich nur andeuten. 


1) So wäre also die Forderung Prof. Hirts (Leipzig) nach solchen alten 
Namen hiermit erfüllt. 

2) G. Meyer (Etymol. Wörterb. d. alb. Sprache, pag. 61) will die Ableitung 
„Birnenzüchter“ nicht gelten lassen. Eine Ableitung mag man immerhin abweisen, 
aber vielen gegenüber geht das nicht mehr an. 

3) Dardani = Bewohner des Birnenlandes! 

4) Vgl. C. Jireček, „Geschichte der Serben, 1. Gotha 1911. 

5) Man weiss heute, dass das Daltische (sprachlich und ethnographisch) 
unzweideutige Übergänge zum Slavischen aufweist. (Tierna, Dierna-Cerna, Berzava. 


Fischer: Albanesen Nachkommen der Illyrier? 565 


Dem illyr. Kénigsnamen Ballaios verwandte Personennamen finden 
sich in Serbien noch im XV. Jahrhundert: Bal, Bala, Balica, Balija, 
Baleta, Baloje, Balosin, Baloslav, Balomir, Balsa, Balša, rumän. Bals.*) 
Albaner = alb. arber; arbeni = Albanien (nördl. von Korfu und das 
Hinterland der Küste: Avlona, Kurvel’es). Skipetär nennen sich die 
Albanesen in Italien und in Griechenland, nicht in Albanien. (G. Meyer, 
Etymol. Wörterbuch der alb. Sprache, Strassburg 1891, pag. 14.) 

Botanisch ist es immerhin bemerkenswert, dass sich die falsche 
Herbstzeitlose, die sogenannte  Crociris iridiflora”) auch Crocus bal- 
canicus), nur im Balkan, in der Walachei und im angrenzenden Süden 
und Südwesten Siebenbürgens findet,*) also nur dort, wohin die alten 
Balkanhirten auf ihren regelmässigen Wanderungen mit Sicherheit 
gelangt sind.*) 

Ferner ist die kleine Gebirgs-Turbine, die (rumän.) sogenannte 
morisca, nur dem Balkan und den Gebirgen Siebenbürgens eigentümlich. 
Man weiss, dass dem Balkan und den siebenb. Kar- 
pathen die alpine Firnregion fehlt, da die Höhen nicht 
viel über 8000 Fuss hinausgehen. Infolgedessen sind 
unsere Alpen in den höheren Lagen inı Sommer sehr 
wasserarm. Es gibt dort nur sehr wenige Bäche, die für 
ober- oder unterschlächtige Mühlen genügend Wasser 
führen würden. Deshalb sind auch die dortigen Berg- 
hirten auf eine Turbine verfallen, die von einem er- 
staunlich dünnen Wasserfaden getrieben werden kann. 
Sie findet in der Milchwirtschaft (z. B. beim Buttern 
u. dgl.), in den kleinen Schmiedewerkstätten usw. noch 
heute vielfache Verwendung.) Das Löffelrad der Turbine ist unter dem 
Namen morisca (Mühlchen) auch unter die Zierformen der Ostereier auf- 
genommen worden. Das Turbinenrad heisst im Rumänischen sehr be- 
zeichnend: roată cu cause, d. h. Rad mit Bechern. Jeder Radflügel trägt 
am freien Ende eine Ausbuchtung wie eine Hohlhand. Die Radaxe 
(rumän. fusul) stelıt senkrecht. 

Eine einwandfreiere Bestätigung, dass die heutigen Albanesen die 
Nachkommen der früheren Illyrier sind, finden wir in der Volkstracht. 
So ist die halbkugelförmige Kopfbedeckung der heutigen Albanesen 
(Arnauten), der kleine, enganliegende, weisse Filzfez,*) der nicht 
viel mehr als den Scheitel bedeckt, vollkommen die gleiche, wie wir sie 


Mir und Zadruga bei den Dakern nach Herodot. Nach Strabo VII, cap. 5, wurde 
auch bei den Delmatern das Land alle acht Jahre neu verteilt.) 

1) C. Jireéek, „Geschichte der Serben“, I., Gotha 1911. 

2) Sie hat, was gewiss von Wichtigkeit ist, eine essbare! Wurzelknolle. 

3) Dem übrigen Siebenbürgen, auch der Moldau und den Zentralkarpathen 
fehlt sie. 

4) Man vergleiche eine Reliefkarte. 

5) Kronstadt hat dem neuen technologischen Museum in München eine 
solche morisci zum Geschenk gemacht. 

6) Ohne Quaste. 


566 Fischer: 


bei den „Barbaren“ auf dem Siegesdenkmal von Adam-Klissi dar- 
gestellt finden.) Auch die dem byzant. Kaiser Theodosius*) huldigenden 
„Ihraker“ tragen ein Kleidungsstück (eine kurze Jacke), die sogenannte 
struka,’) wie sie noch heutigentags von den Arnauten (Albanesen) ge- 
tragen wird. Die alban. ,Haarcalotte‘, die Haarwickel der „Häuptlinge“ 
von Adam-Klissi und der sogenannte mot der siebenb. walach. Moten 
(Abrudbanya), sind ganz nahe verwandt. 

Endlich deuten gewisse Speisen in ihrer urtümlichen Form, die sich 
bis auf den heutigen Tag in Albanien erhalten haben, mit Sicherheit 
darauf hin, dass sie schon bei den alten Illyriern ebenso in Gebrauch 
standen, wie die sogenannte trahana (Weizengraupen in saurer Milch 
gekocht und nachher getrocknet) und die coliva = gekochte Weizenkörner, 
die aus freier Hand verzehrt werden. Hierher gehört auch die Back- 
glocke‘), die heute noch auf dem Balkan und unter den Rumänen 
(Rumäniens und Siebenbürgens) in Gebrauch steht. Der Mais wird in 
Albanien (und auf dem Balkan) noch häufig in einem Holzmörser zu 
groben Körnern zerstossen (rumänisch ururlucala°), wie denn das Mais- 
mehl auf dem Balkan überhaupt von griesähnlicher, grober Beschaffenheit 
ist. Wie die Pfahlbautenfunde von Oestergétland (Skandinavien) be- 
weisen, so wurde damals zur Anfertigung von Broden das Getreide (Hirse, 
Gerste, Spelt) bloss in Graupenform verwendet. Die Nationalspeise auch 
der alten Etrusker — Puls genannt (altlatein.: Pulmentum) — war ein 
fester Speltbrei, offenbar aus grobkörnigem „Mehl“ bereitet. Magyar. heisst 
die Polenta = puiszka, puliszka. Ob darin nicht noch eine alte Erinnerung 
an das (pannon.) etrusk. Puls steckt?®) Beim Etrusker-König Porsena 
darf man vielleicht auch an das ,thrakische* poris=Herr, König denken. 

Auch die etruskische Sprache erinnert mich durch ihren rauhen 
Konsonantismus gar sehr an das ,Thrakische**). Ob da nicht an eine 
alte Verwandtschaft gedacht werden darf: „Thraker“, Mesapier, Veneter, 
Rhäter, Etrusker®). Auch weiter unten, in den heutigen Abruzzen und 
in anderen Gestadegegenden Mittel- und Unteritaliens sassen von altersher 
Splitter thrakischer Völker. In Sizilien gibt es heute noch zahlreiche 


1) Vgl. meine „Haar- und Kleidertracht der alten Balkan- und Karpathen- 
völkerschaften“, Arch. f. Anthropol. 1908. 

2, Das Relief bildet die Basis des Obelisken auf dem At-meidan in Kon- 
stantinopel. Vgl. meine „Herkunft der Rumänen“, Bamberg 1907. 

3) Sie wird gewöhnlich aus Ziegenhaar angefertigt und ist von schwarzer Farbe. 

4) In Slavonien pequa, im Banat ésestu, rumän. test genannt (l. testum). 

9) Magy. örleni = mahlen. 

6) Die Magyaren, als jagende Nomaden — man denke an das rohe Fleisch, 
das unter ihren Schenkeln mürbe geritten wurde, also offenbar eine Art gesalzenes 
Dörrfleisch (rumän. pastrama) — haben bei der Besetzung Pannoniens schwerlich 
schon Ackerbau getrieben und haben das Wort puliszka sicherlich entlehnt. 

1) Vgl. meine „Kulturhistorische Palaeontologie der rumänischen 
Sprache”, wo ich alle (uns noch erhaltenen) thrakischen Wörter zusammen- 
gestellt habe. 

8) Man weiss heute, dass z. B. die Karpodaker (ein tlırak. Volksstamm) ehemals 
bis tief nach Deutschland hinein ihre Sitze hatten (Prof. Kossinna). 


Albanesen Nachkommen der Illyrier? 567 


albanesische Inseln. Ich habe in meiner „Haar- und Kleidertracht der 
[DOT on) 

uxor soror 
hingewiesen, die überall in Italien dort zu treffen ist, wo ehemals ,thra- 
kische (illyrische) Stämme sassen. 

So wenig zwingend manche meiner Beispiele für sich allein sein 
mögen, die eingangs erwähnten alten Namen und ihre albanesischen 
Ubereinstimmungen genügen für sich allein, um die Ausdauer der 
alten Illyrier in ihren balkanischen Sitzen und ihre Fortsetzung in den 
heutigen Albanesen völlig zu beweisen. Ich bin noch einigen anderen 
alten Namen auf der Spur’). 


altenBalkan- und Karpathenvölkerschaften“ auf die Forme 


1) Z. B. Daésitiates (Volksstamm) = alb. dai. (türk. dahi), strammmer Bursche, 
Räuber. Vielleicht steckt in Skodra = ałb. Kodre, f. Hügel, grosser Berg, Skordisker 
t Kelten); Satriaten von geg. sater, kurzes, schweres Messer. (Möglicherweise 
stammt das türk satir vom Albanesischen und nicht umgekehrt.) Man beachte 
die schweren kurzen Messer der „Barbaren“ von Adam-Klissi und die „dakischen“ 
Schwerter im Bruckenthalschen Museum in Hermannstadt. — Vielleicht ist der bei 
Diodorus Siculus (149 v. Chr.), in Nordthrakien erscheinende Name Barsaba (wie 
N. Densuşianù vermutet) auf die späteren Basaraba zu beziehen. Am Lom 
befindet sich heute noch das bulgarische Dorf Basarbova. 


Japanisches Miidchen- und Knabenfest. 


Vortrag, gehalten in der Berliner Gesellschaft fir Anthropologie, Ethnologie 


und Urgeschichte in der Sitzung vom 23. Oktober 1909. 
Von 
Dr. Wilhelm Müller, Konsul in Shimonoseki. 


Als vor wenig mehr als einem halben Jahrhundert Japan aus seiner 
bisherigen Abgeschlossenheit heraustrat und dem Einströmen westländischer 
Zivilisation Tür und Tor öffnete, wurde die Umformung des gesamten 
politischen und sozialen Lebens zeitweise mit einem derartigen Feuereifer 
betrieben, dass man vielfach über die zahlreichen wirklichen und ver- 
meintlichen Fortschritte seine eigenen jahrtausendalten Kulturgüter ver- 
gass oder vernachlässigte. Die Hast in der Nachahmung des Westens er- 
klärt sich zu einem nicht geringen Teil aus dem japanischen Volks- 
charakter. Die Japaner sind bekanntlich sehr emotional. In welchem 
Grade sie es sind, kann nur ermessen, wer unter ihnen wohnt und es er- 
lebt, wie häufig momentane Gefiihlsausbrtiche sind, die plötzlich kommen 
und ebenso rasch wieder vergehen. Wenn sie fortschrittlich sind, sind 
sie es bis zum Radikalismus. Wurde doch sogar einmal von ernsthafter 
Seite der Plan erwogen, die japanische Sprache einfach abzuschaffen und 
durch eine europäische zu ersetzen. 

Dieser bis zum Fanatismus gesteigerten Vorliebe für alles Ausländische 
drohte im Taumel der Nachahmung auch manche althergebrachte Volks- 
sitte zum Opfer zu fallen. Zum Glücke des Landes wurde man sich aber 
noch rechtzeitig darüber klar, dass es auch für ein Volk unmöglich ist, 
sozusagen aus seiner Haut zu fahren. Die Strömung schlug bereits Ende 
der achtziger Jahre um und die richtige Erkenntnis brach sich Bahn, dass 
man den Baum der alten Kultur nicht einfach abhauen und verbrennen 
dürfe, um an seiner Stelle einen fremdländischen auf japanischen Boden 
zu pflanzen, sondern dass ungeachtet der zahlreichen vom Westen über- 
nommenen Neuerungen die weitere Entwicklung mehr von innen heraus 
und auf der Basis bereits vorhandener Gedanken und Einrichtungen er- 
folgen müsse. 

Die Wirkungen dieser Reaktion zeigten sich am deutlichsten in dem 
Wiedererwachen der japanisch-chinesischen Kunst und in der Neubelebung 


Die japanischen Schriftzeichen wurden von der Reichsdruckerei freundlicher 
Weise zur Verfügung gestellt. 


ee EEN menge, ~ pg er ae EE gg 


W. Müller: Japanisches Mädchen- und Knabenfest. 569 


halb in Vergessenheit geratener Sitten und Gebräuche. Zu letzteren ge- 
hören auch gewisse Feiertage, die man im Gegensatz zu den National- 
und Tempelfesten (matsuri) als Laienfeste bezeichnen kann und die sich 
heutzutage wieder grosser Popularität erfreuen, nachdem sie eine Zeitlang 
bereits als veraltet angesehen worden waren. Es handelt sich hierbei 


um die sogenannten go sekku’) (FM fij ), fünf Feste, die an folgenden 
Tagen begangen werden: 


1. Am siebenten Tage des ersten Monats = Jinjitsu CA H) oder gleich 
Nanakusa (+ F$) Sieben- 


kräuterfest. 

„ dritten N » dritten „ =Jómi (ER) oder onna no 
sekku (KM f Si ) Mädchen- 
fest. 

3. „ fünften > „ fünften „ =tango (Ji f) oder otoko no 

sekku ($ o fijj fJ) gleich 


te 
. 


Knabenfest. 

4. „ siebenten „ » siebenten,„ = Tanabata CL AJ ) = Tanabata- 
fest. 

5. „ neunten , „ neunten „ =Chöyöo (iff %)= eine Art 
Chrysanthemenfest. 


Hiervon sind die unter 2 und 3 aufgeführten Feiertage die ver- 
breitetsten. Es sind dies Feste, die dank der besonders stark ausgeprägten 
Zuneigung des Japaners zur Kinderwelt eigens den Knaben und Mädchen 
des Mikadoreiches gewidmet sind und deren Schilderung den Gegenstand 
meines heutigen Vortrages bilde. Bevor ich aber zur Besprechung des 
eigentlichen Themas übergehe, sei noch erwähnt, dass das erste und letzte 
der go sekku heute kaum noch bekannt ist, dass dagegen das Tanabata- 
fest gegenwärtig wieder an allen Orten in Japan gefeiert wird. Tanabata, 
den Stern Vega darstellend, ist der Name einer Weberin, von der die 
Sage behauptet, dass sie nach ihrer Vermählung mit dem Hirten Hiko- 


boshi (44) in ihrem bisherigen Eifer, für den Himmelsgott Kleider 
zu weben, nachgelassen habe und zur Strafe dafür an das andere Ende 
des Himmelsflusses (Milchstrasse) versetzt worden sei. Nur an einem 
einzigen Tage im Jahre, am siebenten Tage des siebenten Monats erlaube 
ihnen der Gott zusammen zu weilen. Zur Feier des jährlichen Hochzeits- 
festes pflegen vor den Häusern Bambussträuche aufgestellt zu werden, an 
deren Blättern buntfarbige Papierschnitzel mit allerlei glückverheissenden 
Inschriften befestigt werden. Tags darauf werden die Blätter in einen 


Fluss geworfen. 


5 e F A- 

1) Die frühere Schreibweise von sekku ist D {tk = Opfertage, woraus hervor- 
geht, dass die fraglichen Feste ursprünglich aus schintoistischen Riten hervor- 
gegangen sind. | 

Zeitschrift für Ethnologie. Jahrg. 1911. Heft 3 u. 4. D4 


W. Müller: 


eg | 
=] 
© 


Das auf den dritten Tag des dritten Monats fallende Mädchenfest 
(onna no sekku MN en fj auch jomi F P, genannt) heisst im Volks- 


Das Mädchenfest. 


8 Ga 


7 d Al Zi "le A . "re A 


Abb. 1. Das Miidchenfest. 
Nach der japanischen Zeitschrift Füzoku-gwahö, Heft 69 (Meiji 25. Jahr, 3. Monat, 26. Tag.) 


munde auch das hina matsuri (#25), d. h. das Puppenfest. Denn an 
diesem Tage verwandelt sich das beste Zimmer des japanischen Hauses 


Japanisches Mädchen- und Knabenfest. Oil 


in eine gigantische Puppenstube. Aber nicht die Alltags-Spielpuppen sind 
es, die heute gefeiert werden, nicht die drolligen, in buntfarbigen Kimonos 
steckenden Holz- oder Tongeschöpfe, deren kugelrundes Kahlköpfchen 
meist nur von einem einzigen Haarschopf oder Haarkranz geziert ist und 
die von ihren glückstrahlenden Besitzerinnen wie die wirklichen Akambos') 
auf dem Rücken getragen werden. Alle diese Lieblinge, die von den 
kleinen Japanerinnen mit rührender mütterlicher Aufopferung gehegt und 
gepflegt werden, treten heute zurück und räumen das Feld der Aristokratie 
aller Puppen, den in goldstrotzende Brokatgewänder gehüllten o hina sama 


ES BE Fi) (Geehrte Frau Puppe)*). Darunter aber versteht man eine 
glänzende Galerie von Vertretern der vornehmsten Welt, deren hohe 
soziale Stellung es nicht gestattet, sie dem täglichen Spiel zu überlassen. 
Um sie vor jederlei Profanierung zu bewahren, werden sie daher auf das 
sorgsamste aufbewahrt und führen, in Kisten und Kästen verpackt, ein 
mitunter jahrhundertelanges Schlummerleben, um alle Jahre an ihrem 
und ihrer Bewunderinnen Ehrentage zu einem dreitägigen beschaulichen g 
Dasein ans Licht zu kommen. Schon tagelang vorher befindet sich das 
Töchterchen des Hauses in fieberhaftester, freudigster Aufregung. Mit 
feierlichem Ernste entnimmt die Mutter, die auch selbst noch gern an 
den Freuden des Festes teilnimmt, die Puppen und Puppengeräte ihrem 
Versteck und trifft die nötigen Vorbereitungen. Dahin gehört vor allem 
die Errichtung des sogenannten hina dan (Z pa Ti) eines mit purpurrotem 
Krepp überzogenen meist fünf- bis sechsstufigen Gestells, dessen Hinter- 
grund, das Kaiserliche Schloss andeutend, ein Wandschirm bildet, der mit 
Sehenswürdigkeiten der Hauptstadt oder Szenen aus dem japanischen 
Leben geschmückt ist (Abb. 1). Auf den einzelnen Stufen finden sodann 
dem Range nach die einzelnen Puppen Aufstellung, auf der obersten das 


Kaiserpaar, dairi sama (jÑ SES), in alter Hoftracht, zu beiden Seiten 
die Minister zur Rechten und zur Linken (sadaijin A> Fx Er und udaijin 


AW Kia). Auf der zweiten Stufe stehen die sannin kanjo (= N B X), 
drei Hofdamen, die als Erzmundschenkinnen fungieren und daher mit den 
zum Servieren des Reisweins (sake) erforderlichen Gefässen und Gerät- 


schaften versehen sind. Dazu gehören das Sambo = Fy (Tablett) mit 
den sakazuki A: (Sakeschälchen) und Schöpflöffel (shakutori 4 Hi). 


Dann folgen weiter unten die Hofmusikanten (go nin bayashi 7. A f4) 
mit Pauke, grosser und kleiner Trommel und zwei Flöten. Eine weitere 
Gruppe bilden die gleichfalls zum Hofstaate gehörenden sannin jögo 


(=A fF). oder die drei Zecher. Der eine mit lachendem, der 


andere mit zornigem und der dritte mit weinendem Gesichtsausdrucke 
(warau, okoru, naku kao SE RV BA) die drei Wirkungen des Wein- 


1) Eigentlich rotes Kind, weil die japanischen Kinder hiufig rotfarbige Kimonos 
tragen. 
2) Hina, urspriinglich so viel wie klein. 
37 * 


572 W. Müller: 


genusses symbolisierend. Ausserdem werden noch die Figuren hervor- 
ragender Personen der japanischen Mythologie und Geschichte aufgestellt, 
wie insbesondere das greise Ehepaar von Takasago, ein Sinnbild häuslichen 
Glücks und ehelichen Friedens (Abb. 2). Sodann folgen allerlei kunstvoll 
aus Lack hergestellte Haus-, Küchen- und Toilettengeräte, wie sie ein 
Miniatur-Kaiserhof zum täglichen Leben nötig hat, eine Sänfte, eine 
Kommode, ein von Ochsen gezogener Wagen, ein Go-Spiel, Musik- 
instrumente, wie eine Koto und Shamisen, ein Spiegel. Der Spiegel ist 
nach japanischen Anschauungen die Seele der Frau, wie das Schwert die 
Seele des Mannes ist. Ist der Spiegel zerbrochen, dann ist auch die Ehe 


Abb. 2. Puppen: Das Ehepaar von Takasago. 


in Stücke gegangen. So lautet ein japanischer Ausdruck für Ehe- 
scheidung hakyö no tan (nageki), das Leid des zerbrochenen Spiegels. 
Natürlich müssen die majestätischen Gäste an ihrem Feiertage auch 
fürstlich bewirtet werden, zu welchem Zwecke auf der untersten Stufe 
die erforderlichen Ess- und Trinkgefässe aufgebaut werden, ein go zen 


ít) HE (Esstischchen) mit den dazu gehörigen Schalen und Bechern, zwei 
Sakeflaschen mit Shirozake, einem eigens für das Mädchenfest gebrauten 
leichten süsslichen, weissfarbigen Reiswein. Kuchenschalen, die mit 


mameiri CD BU" angefüllt sind und zwei kleine Ständer für den Fest- 


kuchen, der seiner rhombus- (FE hishi) förmigen Figur wegen hishimochi 
genannt wird. Alle diese Geräte, die den Kindern von Verwandten und 
Freunden der Familie geschenkt werden, sind oft mit verschwenderischem 
Luxus ausgestattet und höchst kunstvoll gearbeitet. Sollen sie doch den 


Japanisches Mädchen- und Knabenfest. 513 


kleinen Madchen einen Begriff von dem Glanze des kaiserlichen Hofes 
geben. Je vornehmer die Familie ist, um so prunkvoller ist der Puppen- 
schatz, aber in welcher Hiitte auch immer die kleine Japanerin das Licht 
der Welt erblickt hat, es gibt ihrer wohl keine, der man nicht die Freude 
des hina matsuri zu teil werden lisst. Sind die Mittel beschränkt, so be- 
gnügt man sich auch wohl mit einfachen aus Papier ausgeschnittenen 
oder auch auf ein Kakemono (Hängebild) aufgemalten Puppen (Kamibina 


AK GE). Bei der Verheiratung der Tochter wandern die Puppen mit in 


die Ehe und werden wieder auf die Kinder vererbt, so dass sie haufig 
jahrhundertalte Familienerbstiicke bilden. 

Um nun ermessen zu können, welch tiefe Verehrung den o hina sama 
gezollt wird, muss man wissen, dass so eine Puppe, durch das Alter ge- 
heiligt und durch die Liebe verklärt, mit der Generationen von Kindern 
daran gehangen haben, nach den kindlich naiven Anschauungen der 
Japanerin ein lebendes, ein beseeltes Wesen ist. Eine neue Puppe, so 
ist wohl der Gedankengang, wie Lafcadio Hearn in seinen Glimpses of 
unfamiliar Japan ausführt, ist natürlich nichts weiter wie eine Puppe. 
Aber Puppen, die jahrhundertelang in ein und derselben Familie ver- 
blieben und die von der Mutter, Grossmutter, Urahne und so fort geliebt 
und geehrt worden sind, ihnen ist allmählich eine Seele eingehaucht 
worden. Hearn will einmal eine kleine Japanerin gefragt haben, wie es 
möglich sei, dass eine Holzpuppe leben kann, worauf die Antwort ge- 
lautet haben soll: Warum denn nicht, hab’ sie nur einmal recht lieb, 
dann wird sie bestimmt leben. Auch besitzen die Puppen eine gewisse 
Unsterblichkeit. Nicht als ob nicht auch die japanischen Puppen dem 
unwandelbaren Gesetze der Vergänglichkeit des irdischen Lebens unter- 
worfen seien und im Laufe der Jahre nicht altersschwach und gebrechlich 
würden, aber man bewahrt sie auf, solange es nur irgend geht und selbst 
wenn fast nichts mehr übrig geblieben ist, so wirft man sie nicht einfach 
pietätlos fort, sondern weiht sie einer bestimmten Gottheit (Köjin sama 


Fit MEER), vor deren kleinen Schreinen man oft kümmerliche Puppen- 


reste findet. 

Selber wie ihre vergötterten Ebenbilder in buntfarbige Festgewänder 
gehüllt, wird die fröhliche Mädchenschar am Puppenfest nicht müde, vor 
dem prunkvollen Aufbau hockend ihre Lieblinge zu bewundern. Die 
Madchen laden sich hierzu gegenseitig ein, wobei sie die Rolle der Hausfrau 
übernehmen, indem sie ihre Freundinnen mit unendlich vielen Ver- 
beugungen willkommen heissen und mit allerlei Leckerbissen bewirten. 
Alles streng nach den Regeln jahrtausendalter Etikette, wenn selbst- 
verständlich auch die angenommene Würde mit dem Genusse der dar- 
gebotenen Süssigkeiten bald dahinschmilzt, um kindhcher Heiterkeit und 
munteren Spielen Platz zu machen. Auch Verwandte und Freunde, ins- 
besondere die Spender neuer Puppen werden zu einem kleinen Fest- 


schmause eingeladen und mit seki han JR DR (roter Reis) oder kusamochi 


E ET (Reiskuchen mit Beifussblättern) bewirtet. Am glänzendsten wird 


574 W. Miiller: 


das drei Tage andauernde Fest im ersten Jahre der Geburt eines Töchter- 
chens gefeiert; aber auch die herangewachsenen Mädchen haben noch eine 
unendliche Freude daran. ke herrscht der Glaube, dass, wer von ihnen 
das Fest stets würdig und in vorgeschriebener Form feiert, später mit 
einem idealen Ehemanne belohnt wird. 

Der Ursprung des hina no matsuri, das in seiner heutigen Form 
schon seit der Assikagaperiode, also seit dem Beginn des 14. Jahrhunderts, 
gefeiert wird, ist mehr oder weniger in Dunkel gehüllt.e Man darf in- 
dessen annehmen, dass es aus einem schintoistischen Ritus hervorgegangen 
ist. Am 3. März fand nämlich früher das Fest der grossen schintoistischen 
Reinigung statt (misogi no harai 3% 7) 1%), deren Hauptzeremonie darin 
bestand, dass sich die Familienmitglieder an ein Flussufer begaben und 
mit einem Stückchen Papier, dem man zur Versinnbildlichung eines 
Priesters durch Ausschneiden die rohe Form einer menschlichen Figur 
gegeben hatte, den Körper abrieb und dabei Gebete murmelte. Die von 
den Knaben gebrauchten Papierpuppen wurden sodann in den Fluss ge- 
worfen, die der Mädchen dagegen aufbewahrt. Letztere scheinen dann 
allmählich eine plastische Form angenommen und sich zu den sogenannten 


Amagatsu KH (Himmelsohn) entwickelt zu haben, d. h. Puppen, die 


nach altem Volksglauben alles Ungemach, das einer Frau während ihres 
Lebens, besonders auch während der Ehe zustossen könnte, freiwillig auf 
sich nehmen. Allmählich wurden die Amagatsu durch die heutigen 
Puppen ersetzt, indessen stellten die beiden Hauptfiguren ursprünglich 
nicht die beiden Majestäten, sondern lediglich ein friedlich dasitzendes 
Ehepaar dar.‘) Es mag wohl richtig sein, dass, wie japanische Quellen 
behaupten, die Bedeutung der Vorführung zweier Ehegatten hauptsächlich 
darin lag, den Mädchen der Adligen, die früher in völliger Abgeschlossen- 
heit von der Welt erzogen wurden und deren Lebensanschauungen daher 
natürlich ebenso beschränkt waren, wie der enge von Wall und Graben 
eingeschlossene Daimyopalast, auf diese Weise den Begriff der Familie 
und der Ehe bildlich vor Augen zu führen. Unter der Herrschaft der 
Tokugawa ist sodann eine neue Bestimmung erlassen worden, wonach 
das Ehepaar den Kaiser und die Kaiserin vorstellen solle. Mit dieser 
Neuerung verfolgte man augenscheinlich den Zweck, die Liebe zum 
Herrscherhause schon frühzeitig in die Herzen der Mädchen zu pflanzen 
und den Geist des Patriotismus und der Loyalität lebendig zu erhalten. 
Denn auch die Japanerin hängt mit ganzem Herzen an ihrem Vaterland. 
In Japan war und ist im Grunde auch heute noch das Ideal der japa- 
nischen Frauenerziehung Gehorsam gegen den Vater, den Gatten und 
gegen den Sohn. Diese Selbstverleugnung nahm sogar oft die Form be- 
wunderungswürdigsten Heldentums an, wenn immer es die Not gebot, 
wenn es kein anderes Mittel zur Verteidigung der laudesherrlichen Burg 
oder zur Rettung der Ehre mehr gab. Die japanische Geschichte ist 
erfüllt von ruhmvollen Taten nicht nur seiner Männer sondern auch 


1) Wie in den nachstehenden Abbildungen 3 u. 4 einer alten Dairigruppe. 


Japanisches Mädchen und Knabenfest. 575 


seiner Frauen. Es ist vorgekommen, dass Mädchen im zartesten Kindes- 
alter sich entleibten, um der Schmach der Gefangenschaft zu entgehen. 

So sehen wir also, dass das Puppenfest keineswegs allein dem 
Zweck der Belustigung dient, sondern daneben auch noch höhere, idealere 
Ziele vor Augen hat. 


_ Abb. 3. Kaiser-Puppe. 


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Abb. 4. Kaiserin-Puppe. 


Zur gleichen Zeit stellt es sich als ein willkommenes Mittel zum 
praktischen Unterricht in der Hauswirtschaft dar. Schon oben ist bemerkt 
worden, dass die Pflicht, für die Bewirtung der kaiserlichen Puppen und 
Gäste Sorge zu tragen, dem Töchterchen obliegt, das die erforderlichen 
Gerichte, wenn irgend möglich, selber kochen soll und auf diese Weise 
schon frühzeitig mit den Pflichten vertraut gemacht wird, die ihrer als 
künftige Hausfrau harren. 

Aber noch erheblich schwieriger als die Erlernung der Haushaltung 


576 W. Müller: 


ist für die Frauen in Japan das Studium der Etikette. Denn auch im 
täglichen Leben gibt es nichts, was nicht seine fest bestimmten Regeln 
hat. Die Bewegung des Körpers, die Haltung des Kopfes bei Be- 
grüssungen, die Art und Weise, wie man sich auf die Matte niederlässt 
und sich wieder vom Sitz erhebt, das Öffnen und Schliessen der Türen, 
alles dieses erfolgt nach feststehenden Zeremonialvorschriften, die auf das 
sorgfältigste zu beachten sind, will man sich nicht den Vorwurf mangelnder 
Bildung zuziehen. Die Aneignung des von China übernommenen Zere- 
moniells, für das die chinesischen Klassiker allein 3000 verschiedene 
Regeln aufgestellt haben, war daher im alten Japan nicht nur der Praxis 
des täglichen Lebens überlassen, sondern Sache ernsthaften Studiums. 
Es gab daher auch zu allen Zeiten berühmte Lehrer der Etikette, wie 
diese übrigens auch heute noch in den japanischen Mädchenschulen einen 
besonderen Unterrichtsgegenstand bildet. Besonders wichtig sind die 
mannigfachen Formen, die beim Servieren von Tee oder Sake und beim 
Auftragen von Speisen zu beachten sind und die jedes japanische 
Mädchen, welchem Stande es auch immer angehören mag, beherrschen 
muss. Denn es ist eine weitverbreitete, auch von den vornehmsten 
Familien beobachtete, von den Fremden häufig falsch ausgelegte Sitte, 
denjenigen Gästen, denen man eine besondere Ehre erweisen will, durch 
die Frau oder Tochter des Hauses aufwarten zu lassen, mag das be- 
treffende Haus auch über ein ganzes Heer von Dienern und Dienerinnen 
verfügen. Zur Erlernung der Etikette bietet aber, wie wir gesehen 
haben, das Mädchenfest eine besonders günstige Gelegenheit. 


Das Knabenfest. 


Am finften Tage des fiinften Monats erblickt man fast neben jedem 
Japanischen Hause eine gewaltige Bambusstange, an deren äussersten 
Spitze ein oder mehrere mächtige, mitunter über 10 m lange, aus Papier 
oder Baumwollstoff hergestellte Karpfen wehen. Wenn der Wind in das 
durch einen Ring offengehaltene Maul eindringt, den gigantischen stier- 
äugigen Fisch aufbläht und ihn an der Stange tausende von schnellen 
Umdreliungen machen lässt, erweckt es den Anschein, als ob er hori- 
zontal in der Luft umherschwimmt und nach Art lebender Fische an der 
Leine zerrt. 

An diesem Jubeltage verwandelt sich die Stadt in ein Riesenaquarium 


Es ist otoko no sekku BY on fifi AJ (oder tango no sekku Ge T O fi Di) 


das heute in allen Familien gefeiert wird, denen das verflossene Jahr 
einen Stammhalter beschert hat. Was bedeutet aber der Karpfen? 
Dieser Fisch geniesst den Ruf, dass er dank seiner Behendigkeit und 
Beharrlichkeit nicht nur gegen den Strom schwimmen, sondern sogar 
Kaskaden hinaufzuspringen vermag, und so ist er zum Sinnbild der 


Energie und Standhaftigkeit geworden. shussei no uwo ( HH fit ~ fü ) 
nennen ihn daher auch die Japaner, d. h. einen Fisch, der in die Welt 


hinaus will, dem es an der nötigen Seelenstärke nicht fehlt. Der Zähig- 
keit, der Ausdauer und des Mutes bedarf aber auch der Knabe, um den 


Japanisches Mädchen- und Knabenfest. 577 


Strom der Leidenschaften zu überwinden und zu den Quellen reiner Ehre 
zu gelangen. 

Als ein weiteres äusseres Kennzeichen dieses Festes, das man in dem 
freudigen Bewusstsein, eine männliche Nachkommenschaft und damit die 
Garantie für die Fortsetzung des Ahnenkultus zu besitzen, zu allen 
Zeiten mit besonderer Pracht gefeiert, sieht man ferner am Vordache der 
Häuser Bündel von Kalmus- und Beifussblättern, die nach japanischem 
Aberglauben ein schutzmittel gegen alle Arten schädlicher Tiere bilden. 
Wegen der vielseitigen Verwendung von Kalmus (akorus calamus) oder 


japanisch shöbu (E55) heisst das Knabenfest auch shobu no sekku. 


So flechten sich die Knaben aus Kalmus Schwerter, mit denen sie in 
fröblichem Spiel auf die Erde dreinschlagen und dabei rufen — zurück 
du Teufelsauge — oni no mendama, butsu, butsu. Denn dank der Kräfte, die 
ihnen gewisse Gottheiten verleihen, vermögen sie es, mit einer einfachen 
Geste die Dämonen zu vertreiben (Abb. 5). Ferner schneiden sich die 
kleinen Mädchen aus Kalmusblättern Haarpfeile und stecken sie sich ins 
Haar, während die Erwachsenen sie nach Art der japanischen Kopfbinde 


(hachimaki $k SE) vor dem Schlafengehen um den Kopf wickeln — 


alles mehr oder weniger bewährte Schutzmittel gegen Krankheiten und 
Belästigungen durch Tiere. Auch tut man Kalmus und Beifuss in die 


Bäder oder mischt sie dem Sake (Reiswein) bei (shobuzake Eë yf ). 


Ausser den Karpfen wurden früher auch altjapanische Flaggen 
(nobori ki) vor dem Hause aufgestellt, die mit den betreffenden Familien- 


wappen oder Abbildungen berühmter Helden der japanischen Mythologie 
und Geschichte geschmückt sind. Meistens aber verwendet man diese 
Flaggen heute nur noch zur Ausschmückung des Innern der Häuser, wo 
sie zusammen mit anderen Feldzeichen und Bannern (fukinagashi Dr vie, 
umajirushi H; HI und matoi Wii) sowie mit Miniaturspeeren und Lanzen 
auf einem kunstvoll geschnitzten Rahmen aufgestellt werden (Abb. 6). 
Unter den Flaggen werden ferner nach Art des Mädchenfestes Puppen 
aufgestellt, jedoch nicht ein friedlich dasitzendes Ehepaar, sondern dem 
kriegerischen Geiste der kleinen Japaner entsprechend, geharnischte 
Helden der Mythologie und Geschichte und nicht Kuchen oder Toiletten- 
geräte, sondern Waffen, Panzer, Rüstungen und allerlei sonstiges Kriegs- 
gerät. Unter den Heldenfiguren spielt eine besonders wichtige Rolle 


Shokisama (Zr 4), den man auch häufig auf den Flaggen abgebildet 
sieht. Shöki ist ein chinesischer Kriegsheld, der sich durch Körperkraft 
und Seelenstärke, sowie durch seine erfolgreichen Kämpfe gegen die. 
Teufel, die er sich untertan machte, einen hervorragenden Platz in den 
Heldensagen von Japan und China gesichert hat. Eine andere hoch- 


gepriesene Gestalt ist Kintard (4s -Jg Hj) oder Kintoki (Zell), der dem 
Prinzen Yorimitsu, dem Ahnherrn des Shogun Yoritomo half, Japan von 


Räubern, Teufeln und sonstigen Ungeheuern zu säubern. In der Regel 
als starkgliedriger, dieker, rundlicher Knabe dargestellt, zeichnete er sich 


978 


W, Müller: 


schon im zartesten Kindesalter durch grosse Körperstärke aus und ver- 
stand es meisterhaft, sich nicht nur mit den wilden Tieren des Waldes 


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Abb. 5. Das Knabenfest, wie es in Yedo gefeiert wird. Nach der japanischen Zeit- 


schrift Füzoku gwahö (Meiji 22. Jahr, 6. Monat, 10. Tag.) 


sondern auch mit den tengu (K 21. den langnasigen Berg- und Wald- 
kobolden auf den freundschaftlichsten Fuss zu stellen. Eine andere be- 


Aedo Google 


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Japanisches Mädchen- und Knabenfest. 579 


liebte Figur ist Yoshitsune KK (Ushiwaka 4 4), in dem man die 
höchste Fechtkunst verkörpert sieht und der bei den tengus selber einen 
Fechtkursus gewonnen haben soll, sowie sein Vasall Benkei €; Bat), der 
vermöge seiner gewaltigen Körperstärke mit der blossen Hand einen 
langen Nagel in einen Felsblock hineinjagte, Jimmu Tenno WERE), 
der Begründer der japanischen Kaiserdynastie, und vor allem Kaiserin 
Jingö dru el die Gemahlin des 14. Mikado, die nach dem Tode ihres 


Abb. 6. Aufbau zum Knabenfest. 


Gatten, zusammen mit dem greisen Minister Takenouchi den langgehegten 
Plan der Unterwerfung Koreas zur Ausführung brachte. Vor Beginn der 
Expedition bat sie dis Götter, die Geburt ihres Kindes, das sie bereits 
unter ihrem Herzen trug, so lange hinauszuschieben, bis sie wieder 
japanischen Boden betreten würde. Ihre Bitte fand Gehör, denn erst 
nachdem sie von dem siegreichen Feldzuge zurückkehrend den heimat- 
lichen Boden wieder begrüsst hatte, schenkte sie einem Knäblein, dem 


späteren Kaiser Ojin Tenno (HEMER) das Leben. Alle diese 
Figuren werden den Knaben im Bilde vorgeführt, um in ihrem Herzen 


kriegerischen Geist zu wecken und das Feuer des Patriotismus zu 
schüren. Auch die Knaben laden sich zur festlichen Begehung ihres 


580 W, Müller: Japanisches Mädchen- und Knabenfest. 


Ehrentages gegenseitig ein und bewirten sich mit allerlei Leckerbissen, 


unter denen Chimaki Cé) Bambusblätterkuchen und Kashiwamochi 
C fff), ein mit Eichenblättern umwickelter Reiskuchen die Haupt- 


rolle spielen. 

Die bis auf das 17. Jahrhundert zurückgehende Sitte soll folgenden 
Ursprung haben. War dem Shogun, damals dem eigentlichen Macht- 
haber Japans, ein Sohn geboren, so pflegten die Daimyös (Landesfürsten ) 
zu diesem Ereignis einen aus Kalmusblättern geflochtenen Helm als 
Geschenk darzubringen. Diese Gaben wurden sodann neben den Bild- 
werken berühmter Helden aufgestellt, wobei man von dem Wunsche 
beseelt war, dass die Seelen der Helden kriegerischen Ruhm und kriege- 
rische Ehre auf das von ihren Abbildern umschattete und bereits in der 
Geburtsstunde helmgeschückte Haupt des Neugeborenen häufen möchten. 


Literatur. 


Chamberlain: Things Japanese 1905. 

Das Seelenleben der Japaner, ein Resume von Gulicks. 

Evolution of the Japanese von Pfarrer Dr. Haas (Zeitschrift für Missionskunde 
und Religionswissenschaft 1907). 

Japanese Girls and women by Miss A. M. Bacon. 

G. Cesselin, Les Sekku ou quelques fêtes populaires in den Mélanges 
Japonais Nr. 10. 

Netto-Wagner, Japanischer Humor. 

Lafeadio Hearn, Glimpses of unfamiliar Japan. 


ll. Verhandlungen. 


Sitzung vom 17. Juni 1911. 
Vorträge: 


Hr. Hubert Schmidt: Vorläufiger Bericht über die Ausgrabungen 1%9 1910 
in Cucuteni (Rumänien). Mit Lichtbildern. 

Hr. Erich von Hornbostel: Uber ein akustisches Kriterium für Kultur- 
zusammenhänge. Mit Lichtbildern. 


Vorsitzender: Hr. Hans Virchow. 


(1) Verstorben sind Hr. Sanitätsrat Herm. Davidsohn, Mitglied 
seit 1872; Hr. Grubenbesitzer Franz Körner, Mitglied seit 1906, und 
Hr. Geheimer Medizinalrat Ernst Remak, Mitglied seit 1896. 


(2) Neue Mitglieder: 

Institut für Geschichte der Medizin in Leipzig. 
Hr. stud. phil. August Kauffmann in Berlin. 
Hr. Professor Dr. Oldřich Kramář in Brünn. 
Hr. Alexander von Wahl in Neapel. 


(3) Hr. Dr. Basedow ist Chief-Protektor aller australischen Einge- 
borenen geworden. 


(4) Der diesjährige Sommerausflug der Gesellschaft soll am 24. und 
25. Juni stattfinden. Dabei sollen am 24. in Brandenburg unter Führung 
von Mitgliedern des Historischen Vereins das Museum, der Dom und 
andere kirchliche und Profanbauten besichtigt werden. Am 25. sollen 
nach einer Dampferfahrt über den Plauer See in Gross-Wusterwitz die 
Sammlungen des Herrn Stimming, dann im Park von Rogäsen der dem 
Grafen von Wartensleben gehörige angebliche Runenstein besichtigt 
werden und dann bei Glinecke auf einem Urnenfriedhof eine Ausgrabung 
stattfinden. 


(5) Die Gesellschaft der Naturfreunde „Kosmos“ in Stuttgart wird im 
August oder September eine Studienfahrt zu den paläolithischen Fund- 
stellen des Vezeretales unternehmen und ladet zur Teilnahme ein. 


582 Hubert Schmidt: 


(6) Manuskripte sind eingegangen von Hrn. Bruno Gutmann: Zur 
Psychologie des Dschaggarätsels; von Hrn. von den Velden: Slawische 
Sprachreste in französischen Dialekten. 


(7) Über den in den Zeitungen viel besprochenen Schädelrest aus der 
Steinauer Höhle bei Schlüchtern hat Hr. Matschie die Auskunft erteilt, 
dass es sich nach den ihm zur Ansicht zugegangenen Photographien um 
einen Schimpansen handele; er spricht von der Möglichkeit, dass derselbe 
aus Afrika stamme. 


(8) Hr. Staudinger berichtet aus einem Briefe des Hrn. Franz 
Seiner aus Graz tiber Untersuchungen an Buschleuten. Der Brief ist 
Mitte Mai in Grotfontein geschrieben. Eine Horde von Kung-Buschleuten, 
welche in Neitsas eine Anzahl von Ziegen gestohlen hatte, wurde von 
den Polizisten gefangen und nach Grotfontein gebracht. Hier hatte 
Hr. Seiner 3 Stunden lang Zeit zu untersuchen und zu photographieren. 
Er mass Körperhöhe, Sitzhöhe und Klafterweite, bestimmte die Hautfarbe 
und entnahm 20 Haarproben von Männern und Weibera. Die Photo- 
graphien und das Ergebnis der Haaruntersuchung sollen später in der 
Gesellschaft noch vorgelegt werden. Die Grösse der Männer schwankt 
zwischen 1,47 und 1,61 m, die der Weiber zwischen 1,40 und 1,51 m. 
Ein Mann mit dunkler Hautfarbe mass 1,71 m. Von dem Penis bestätigt 
S. den halberigierten gerade nach vorn gerichteten Zustand; bei der 
Erektion soll er sich nur verlängern und anschwellen. Er sieht spitz, 
rutenförmig aus wie beim Hunde; die Glans ist vom Präputium verhüllt. 
Fettsteissbildung kam als Abnormität bei einem Weibe und schwach bei 
einem Manne vor, vermutlich als Folge von Verbastardierung mit Hotten- 
totten; Hottentottenschürze bei zwei Weibern. Die eine der letzteren 
band, um die Bildung vor S. zu verbergen, die Lappen mit Gras zusammen. 


(9) Hr. Hubert Schmidt hält den angekündigten Vortrag: 


Vorläufiger Bericht über die Ausgrabungen 1909/10 in Cucuteni 
bei Jassy (Rumänien). 


Cucuteni ist als Fundstelle für vorgeschichtliche Altertümer schon 
längst in der Literatur bekannt. In Rumänien hat es, wie Adamklissi 
mit seinem römischen Siegesdenkmal, einen populären Klang. In öffent- 
lichen und privaten Sammlungen sind seine Funde zerstreut. Um ihre 
Aufdeckung haben sich besonders zwei Gelehrte aus Jassy, Beldiceanu 
und Butureanu bemüht. Letzterer hat schon ım Jahre 1889 seine 
Beobachtungen bezüglich der Fundumstände sogar veröffentlicht.) Und 
doch wird man alle bisherigen Bodenarbeiten mit Recht als Raub- 
grabungen bezeichnen müssen. Denn es ergibt sich aus ihnen keine 
Möglichkeit, die grosse Verschiedenartigkeit der Funde von Cucuteni in 
den rumänischen Sammlungen zu erklären. Als sicher konnte nur gelten, 


1) Congres International. Paris 1859 X, 299. 


Ausgrabungen 1909/10 in Cucuteni. 583 


dass es sich um einen Ansiedlungsplatz handeln miisse; und die zahl- 
reichen keramischen Erzeugnisse gestatteten, die Fundstelle von Cucuteni 
in den anderweitig schon vielfach, wenn auch ungeniigend bekannt ge- 
wordenen Kreis der jungneolithischen bemalten Keramik der 
unteren Donau- und Balkanländer einzuziehen. 

Das Interesse für diesen wichtigen Kulturkreis hatte den Vortragenden 
seit dem Jahre 1902 auf mehreren Studienreisen in jenes Gebiet geführt; 
es war ihm so möglich gewesen, schon vor den Ausgrabungen einen 
grossen Teil des einschlägigen Fundmaterials nicht nur in Rumänien, 
sondern namentlich in Siebenbürgen, weiter östlich in Südrussland und 
westlich bis Mähren und Galizien durch Autopsie kennen zu lernen. 

Die überraschenden Entdeckungen der griechischen Archäologen in 
Nord- und Mittelgriechenland, wo eine ähnliche Kultur zu Tage kam, 
erweiterten unseren Gesichtskreis und legten den Wunsch nahe, die Ver- 
bindung zwischen der Donau und dem Kephissus herzustellen und so eine 
Brücke zwischen dem Ägäum und Mitteleuropa zu schlagen. 

Wieder im Jahre 1908 ging der Vortragende voll von Hoffnung nach 
Rumänien und fand die Unterstützung der damaligen rumänischen Re- 
gierung unter dem Minister-Präsidenten Bratianu und dem Unterrichts- 
minister Haret für seine Pläne. Verwirklicht konnten sie erst durch 
den Vorstand der Rudolf Virchow-Stiftung werden, der für beide Cam- 
pagnen 1909/10 die Mittel bereitwilligst gewährt hat. Ihm an erster 
Stelle gebührt also der Dank des Verfassers, im besonderen seinem Vor- 
sitzenden Herrn Geh. Med.-Rat Prof. Dr. Hans Virchow für das Interesse 
und Verständnis, das er einem Arbeitsplane für die systematische Boden- 
forschung in Rumänien entgegenbrachte. Ferner muss zunächst dankbar 
anerkannt werden, dass der Besitzer des Ausgrabungsplatzes Herr 
Vassili Gheorghiu in Cucuteni das Arbeitsfeld in uneigennütziger Weise 
zur Verfügung stellte und seine Söhne, Janko und Costica Gheorghiu, 
die Arbeiten in mannigfacher Weise bereitwilligst zu fördern suchten. 

Als Vertreter des kgl. rumänischen Unterrichts-Ministeriums wurde 
für die Campagne 1909 der inzwischen verstorbene Professor der Archäo- 
logie, Professor Teohari-Antonescu, delegiert, konnte aber wegen 
seiner Leiden an den Arbeiten nicht mehr teilnehmen. Sein Nachfolger 
war im Jahre 1910 der Gymnasialprofessor und stud. archäol. C. Dascalu. 
Als Assistent des Ausgrabungsleiters war in demselben Jahre der deutsche 
stud. rer. nat. G. Bersu, z. Z. Tübingen, tätig. 

Die Ausgrabungen dauerten voın 28. September bis 5. November 1909 
und vom 13. September bis 19. Oktober 1910; mit verschiedenen Schwan- 
kungen waren dabei 12—32 Arbeiter beschäftigt. 

Cucuteni — nicht zu verwechseln mit der kurz vor Jassy befind- 
lichen Station der Eisenbahn Pascani-Jassy — liegt nördlich von dieser 
Strecke bei der Station Tirgu Frumos in dem Hügelgelände der oberen 
Moldau. Die vorgeschichtliche Ansiedlung breitet sich an der Peripherie 
des Gutsbezirkes Cucuteni hoch über dem etwa 12 Am von Tirgu Frumos 
entfernten Dorfe Bäiceni auf dem steil abfallenden Vorsprunge eines der für 
die Gegend charakteristischen, lang gestreckten Hügel etwa in einem 


584 Hubert Schmidt: 


Umfange von 160x100 m Durchmesser aus. Die Fundstelle wird, wie 
viele in Rumänien, cetatuia (= cetate, von civitas, civitatem) d. h. Festung 
oder Burg genannt. Der das östliche Tal beherrschende Hügelvorsprung, 
der auch über das angrenzende Hügelgelände eine weite Aussicht bietet, 
war für eine Ansiedlung wohl geeignet und hat die alten Bewohner durch 
längere Perioden festgehalten. 

Die Besichtigung der Fundstelle’), wo die Spuren früherer Raub- 
grabungen an dem intakten Boden deutlich zu erkennen waren, ergab 
für das Arbeitsproblem zwei Fragen: 

1. wie haben sich die Siedelungsreste abgelagert, und welche Schlüsse 


Abb. 1. Graben 13 mit der Längswand des nach rechts ablaufenden Suchgrabens 12. 
Auf dem gewachsenen Felsboden liegen Teile eines grossen Brandschutthaufens, der 
nach hinten im intakten Boden sich fortsetzt. 


lassen sich aus der Schichtenfolge für die Entwicklung der Besiedelung 
ziehen? 

2. hatte die Ansiedlung bei ihrer sehr exponierten Lage eine Be- 
festigung gehabt? 

Die natürlichen Bedingungen für die Besiedlung waren in der Ober- 
flächengestaltung des Bodens und in seinem geologischen Unterbau 
gegeben. Auf der obersten von drei Sandsteinbänken tertiären Ursprungs’), 


1) Herr Ingenieur Saeul in Jassy hat die Arbeiten des Jahres 1909 in sehr 
verdienstvoller Weise durch Anfertigung eines Planes der Cetazuia von Cucuteni 
gefördert, wofür ihm auch an dieser Stelle ganz besonderer Dank ausgesprochen 
werden soll. Dieser Plan wird — vervollständigt durch die Aufnahmen des Jahres 
1910 — bei der geplanten Publikation der Funde von Cucuteni veröffentlicht werden. 

2) Herrn Dr. Popescu-Voitesti von der geologischen Landesanstalt in 
Bukarest ist die Aufnahme eines geologischen Profils des Hügels zu verdanken. Es 
wird mit seiner Beschreibung gleichfalls später veröffentlicht werden. 


Ausgrabungen 1909/10 in Cucuteni 585 
unter denen Lehm anstelit, fanden die ältesten Besiedler eine nur wenige 
Zentimeter dünne, braune Huinusschicht, mitunter vielleicht sogar den 
nackten Felsboden als Baugrund für ihre Hütten vor. Darüber haben 
sich seitdem Kulturschichten (etwa 1,70—1,80 m) und jüngerer schwarzer 
Humus (etwa 0,20—0,30 m) abgelagert. 

Was die Methode der Grabung betrifft, so wurden am Rande des 
intakten Bodens lange und schmale Suchgräben (von 1—1'/, m Breite 
und etwa 35 m Länge) gezogen und die intakten Wände zum Ausgangs- 
punkt für die weitere Untersuchung gemacht, indem im Anschluss an die 
Spuren von Brandschutthaufen grössere Flächen (von 10 x 12 und 12 X 15 m) 
in horizontalen Schichten abgedeckt wurden. (Siehe Abb. 1.) So liessen 


Abb. 2. Keramik der älteren Kultur (A) mit polychromer Malerei und eingeritzten 
Verziernngen. Etwa TL nat. Gr. 


sich die Beobachtungen an den vertikalen Wänden der Gräben mit den in 
horizontaler Lagerung aufgedeckten Funden in einen Zusammenhang bringen. 

Was findet man nun in diesen Gräben? Die Reste von verbranuten 
Wohnungen mit den Gegenständen des täglichen Gebrauchs, die von ihren 
einstigen Besitzern zurückgelassen worden sind. Vielfach gräbt man im 
Brandschutt, der, wie sonst, die Spuren der Konstruktion der Hütten auf- 
weist. Es waren primitive Bauten aus Zweiggeflecht, das mit stärkeren 
Hölzern versteift und mit Lehm (Hüttenbewurf) bestrichen war. An den 
Bruchstücken des Hüttenbewurfs erkennt man die Abdrücke von rohen 
Stämmen in verschiedener Stärke, von rundlichen oder eckigen Balken 
und dünnerem Flechtwerk. An einzelnen Stellen finden sich in zwei 
übereinander liegenden Schichten so dichte Massen von Brandschutt, 
dass die Annahme berechtigt ist, dass die Reste von zwei Hütten ver- 

Zeitschrift für Ethnologie. Jahrg. 1911. Hett 3 u. 4 38 


580 Húbert Schmidt: 


schiedener Epochen dort abgelagert sind. Danach würden also zwei 
Perioden der Besiedlung:zų unterscheiden sein. 

Diese Annahme findet .ihre..Bestätigung durch die sonstigen Kultur- 
einschlüsse der Ablagerungen, in erster Reihe natürlich durch die massen- 
haft vorkommenden Topfscherben. Zwei Gruppen bemalter Keramik, 
in den Formen sowohl, ale mm Farben-Decor und Malstil verschieden, 
begegnen sich in den.Schichten: oben schwarz bemalte Gefässe, auf 
denen Weiss und Rot nur ene sekundäre Rolle spielen, unten poly- 
chrome Gattungen, bei denen Weiss, Rot und Schwarz ursprünglich 
gleichwertig neben einander stehen. Stilistisch unterscheiden sie sich 
insofern, als auf den letzteren das Grundmuster, eine S-Spirale, beim 
Aufsetzen der Malfarbe ausgespart, auf den ersteren mit der Malfarbe in 
der Regel das Muster selbst, ursprünglich eine fortlaufende Spirale, dar- 
gestellt wird. 


Abb. A Keramik der jüngeren Kultur (B) mit schwarzer und roter Bemalung. 
1/, nat. Gr 
6 s 


Diese beiden Gefässgruppen treten in den Ablagerungen freilich nicht 
in absoluter Trennung auf, sondern infolge von Schichtenvermischungen 
meistens zwar nebeneinander, aber doch in der Abfolge der Schichten so, 
dass ihr Verhältnis von oben bis unten sich umkehrt: d. h. in den oberen 


Schichten bis etwa — 1 m wiegt bei weiten die Schwarzmalerei, in 
den unteren Schichten von — 1 m ab die Polychromie vor. Schon aus 


diesem Verhältnis lässt sich der Schluss ziehen, dass die letztere (Abb. 2) 
die ältere, die erstere (Abb. 3) die jüngere Keramik ist. Neben die be- 
malten Gefässe treten aber in beiden Perioden einfachere, unbemalte, mit 
eingeritzten Mustern verzierte oder gar technisch primitive Gattungen, 
die besonders zu beurteilen sind (Abb. 2 und 4). Beweisen lässt sich das, 
wenn es gelingt, diese beiden Gruppen in intakten Brandschutthaufen 
isoliert anzutreffen. In mehreren Fällen ist das auch wirklich geschehen: 
intakte Brandschutthaufen der unteren Schicht (Abb. 1) enthalten aus- 
schliesslich polychrome Keramik mit einem einheitlichen Malstile und 
geschlossenem Formenkreise. Aus der Wiederholung solcher Fälle lässt 


Ausgrabungen 1909/10 in Cucuteni. 587 


sich schliessen, dass die ältesten Hütten einer und derselben Katastrophe 
zum Opfer gefallen sind. Sie repräsentieren mit ihrem ganzen Kultur- 
beirat die ältere Kultur (A) von Cucuteni. 

Von jüngeren Hütten finden sich die Reste des verbrannten Wand- 
bewurfs in verschiedenen Niveaus, grössere Massen jedoch nur in der oberen 
Schicht, die das Ende der Besiedlung bedeutet. Es fehlen hier aber 
gänzlich intakte Brandschutthaufen von der Ausdehnung und der Art der 
untersten. Das erklärt sich aus der längeren Zeit, in der die Brand- 
schutthaufen der jüngsten Hütten offen liegen geblieben sind. Die 
Besiedlung hatte aufgehört, und so verstreuten sich die Schutthaufen auf 
der Oberfläche, bis sie allmählich vom Humus ganz bedeckt wurden, 


Abb. 4. Keramik meist primitiver Technik mit eingeritzten Verzierungen aus der 

älteren (e, d) und jüngeren (a—c, f, g) Kulturperiode; e mit poliertem Farbüberzuge 

und aufgemalten Mustern am Rande neben den eingeritzten am Unterteile; d hart- 
gebrannt und unbemalt. "ie nat. Gr. 


während die untersten Schutthaufen infolge der fortgesetzten Besiedlung 
schneller überbaut wurden oder überhaupt unter die Erde kamen. Aus 
der fortgesetzten Besiedlung aber erklärt sich zugleich die Schichten- 
mischung; sie war um so eher möglich, als die Hütten keine Stein- 
fundamente hatten und die Planierung des Niveaus beim Bau von neuen 
Hütten nichi Regel war. 

Die oberhalb der ältesten Brandschutthaufen abgelagerte Keramik 
weist keinen einheitlichen Malstil auf, hat offenbar eine längere Ent- 
wicklung durchgemacht, lässt jedoch eine Aufteilung in bestimmte Perioden 
der Besiedlung nicht zu, da auch in den mittleren Schichten intakte 
Brandschutthaufen nicht angetroffen wurden. Aber im allgemeinen sind 
mit der jüngeren Keramik andere Kulturerscheinungen, wie wir sehen 


u. 
Wich 


588 Hubert Schmidt: 


werden, in Zusammenhang zu bringen, sodass sich ein von dem Inhalte 
der älteren Brandschutthaufen abweichendes Kulturinventar der jüngeren 
Kultur (B) zusammenstellen lässt. 

Die zweite Frage, die aufgeworfen wurde, betrifft die Befestigung 
der Ansiedlung. Schon im Jahre 1909 hatte es sich herausgestellt, dass 
der Rand des Hügelvorsprunges, auf dem die Siedlungsreste sich ab- 
gelagert haben, an den Abhängen nach dem Tale hin nicht intakt ge- 


—> innerer 
Festungs- 
graben 


-> fusserer 
Festungs- 
graben 


Abb. 5. Einschnitt Ban dem Westrande der Ansiedlung 
von aussen gesehen mit den querlaufenden Seiten des 
äusseren (jüngeren) und inneren (älteren) Festungsgrabens, 


blieben ist, sei es, weil die natürlichen Einflüsse von Wind, Regen und 
Sonne das allmähliche Abbröckeln der Sandsteinbank, auf der die Kultur- 
schichten aufliegen, veranlasst haben, sei es, dass durch Menschenhand, 
etwa beim Steinbrechen, die ursprüngliche Periplierie der Station ver- 
schwunden ist. Jedenfalls liegen an der langen Südkante der Cetazuia 
mehrfach die untersten Brandschutthaufen mit rotem Hitittenbewurf, 
schwarzer Kohle und grauer Asche offen zu Tage. An der Nordkante 
wurde im Jahre 1909 ein Quergraben (Nr. 8) bis an den Abhang des 


Ausgrabungen 1909/10 in Cucuteni. 589 


Hiigels herangefiihrt; es ergab sich dabei, dass die Kulturschichten mit 
Brandschutt bis hart an die schräg abfallende Humusdecke heranreichen. 
Auch hier wird es unmöglich sein, die ursprüngliche Peripherie der An- 
siedlung aufzufinden. 

Günstigere Bedingungen waren von der Natur an der Westseite der 
Ansiedlung gegeben, da sie dem weit ausgedehnten Plateau zugekehrt 
ist. Hier fällt das Niveau stellenweise bis zu einer Tiefe von 1,50—2 m 


— > dusserer 
Festungs- 
graben 
-> innerer 
Festungs- 
graben 


Abb. 6. Einschnitt B am Westrande der Ansiedlung 

von innen gesehen mit den querlaufenden Teilen des 

inneren (älteren) und äusseren (jüngeren) Festungs- 
grabens. 


nach Westen hin ab, um weiterhin allmählich wieder anzusteigen und 
schliesslich das der Ansiedlungfläche zu übertreffen. Schon aus dieser 
Niveaudifferenz ergibt sich, dass nach Westen kin eine Anhäufung der 
Kulturreste nicht stattgefunden hat, also der Abschluss der Ansiedlung hier 
zu suchen ist. Daher wurde auch hier im Jahre 1909 ein Quereinschnitt 
gemacht (Nr. 3); die Brandschuttschichten stiessen unmittelbar an einen 
unregelmässig geschichteten Steinhaufen; dieser muss also ein ständiges 
IJindernis für ihre weitere westliche Ausdehnung gewesen sein. Es war 


590 Hubert Schmidt: 


somit die Vermutung berechtigt, dass an dieser Stelle eine Mauer oder 
besser ein Steinwall den Abschluss der burgartigen Anlage gebildet habe. 
Zu weiteren Untersuchungen an dieser Seite blieb keine Zeit mehr 
übrig, da die Untersuchung der Kulturschichten innerhalb der Ansiedlung 
noch zu viel Rätsel übrig gelassen hatte. Dagegen konzentrierte sich im 
folgenden Jahre die Hauptarbeit an der Westseite. Es wurden hier 
quer zu der bereits gesicherten Randlinie der Ansiedlung mehr oder 
weniger lauge Einschnitte — im ganzen 18 — gemacht, die ein völlig 
befriedigendes Resultat ergaben: es stellte sich heraus, dass in nordsüd- 
licher Richtung, also längs der ganzen Westseite die Ansiedlung durch 
zwei Spitzgräben von dem Plateau, von dem aus am ehesten ein An- 
vriff hätte stattfinden können, regelrecht abgeschnitten war. Diese 
Festungsgräben sind in die oberste Sandsteinbank durch blosses Heraus- 
brechen der horizontal anstehenden Steinplatten bis zu 3 oder 4m ein- 
getieft; und zwar gehören sie wahrscheinlich verschiedenen Epochen an: der 


Abb. 7. Feingearbeitete Feuersteinpfeilspitzen. Fast nat. Gr. 


innere der älteren, der äussere der jüngeren Periode der Ansiedlung. 
(Siehe Abb. 5 und 6.) Sie unterscheiden sich nicht nur durch ihre Form, 
insofern als der innere schmäler und spitzer, der äussere breiter und zum Teil 
auch flacher ist, sondern im besonderen durch die Einfüllung. Der innere ist 
mit dichten Massen von unregelmässigen Sandsteinplatten, vermischt mit 
velblicher Erde, vollgefüllt und über die Ränder hin überhäuft, während 
der äussere mit grauer Erde und nur wenigen Steinen angefüllt ist. Die 
Steinhaufen am inneren Festungsgraben, die weit nach der Innenseite der 
Ansiedlung übergreifen, sprechen für die einstige Existenz eines Stein- 
walles neben dem schmalen Graben; für die Annahme einer Mauer mit 
rerelrecht geschichteten Steinen oder Steinplatten fehlt jeder Anhalt. 
Vermutlich hat man die aus dem Graben gebrochenen Steinplatten für die 
Aufführung, eines Walles verwendet, wie man sonst mit der aus dem 
Graben gehobenen Erde einen Erdwall aufgerichtet hat. Die Zerstörung 
dieses Steinwalles und Verschüttung des inneren Grabens muss am Ende 
der älteren Periode stattgefunden haben. Der äussere Graben muss dann 
der jüngeren Kultur zugewiesen werden. Von einem zugehörigen Stein- 


> Pr > 03 


Ausgrabungen 1909/10 in Cucuteni 591 


wall aus der jüngeren Periode sind keine Spuren. vorhanden. Jedenfalls 
setzt diese ganze Anlage mit Steinwällen und Spitzgräben im Felsboden 
Erdbefestigungen voraus von der Art, wie sie aus Westungarn (Lengyel) 
und dem Rheingebiete (Mayen, Michelsberg, Urmitz)') bekannt geworden 
sind. Man darf erwarten, dass im jungneolithischen . Kulturkreise mit 
bemalter Keramik noch andere Befestigungen derselben Art gefunden 
werden. Im besonderen werden sie im Gebiete des Altflusses (Erösd und 
Brenndorf) in Siebenbürgen zu suchen sein; namentlich häufen sich im 
Lande der Szekler (Kom. Sepsiszentgyörgy) *) Stationen, die man sich 
ihrer Lage nach ohne Befestigungen nicht recht denken kann. In diesem 
Kreise verwandter Erscheinungen des Donau-Balkangebietes aber darf nun 
Cueuteni als die erste befestigte Anlage und ihrer Position nach als eine 
Akropolis gelten. 


Abb. 8. Steinerne Flachbeile und durchlochte Hammeräxte. 1/, nat. Gr. 


Die Hauptmasse der Kleinfunde wird von den zahlreichen Gegen- 
ständen aus Stein, Knochen bzw. Geweih und Ton gebildet. Für eine 
hochentwickelte Feuersteinindustrie sprechen nicht nur die häufigen 
Schaber, Kratzer, Spitzen, Bohrer, Messer, die in allen Schichten vor- 
kommen, sondern auch die seltenen polierten Flachbeile und die nament- 
lich in den oberen Schichten sich anhäufenden feingearbeiteten Pfeil- 
spitzen (Abb. 7). Dazu kommen die aus anderen Steinarten (Sandstein, 
Schiefer) gefertigten Geräte, meist flache Hacken und Äxte, sowie Meissel, 
bei weitem in der Uberzahl gegenüber den selteneren, teils roh, teils 
feiner geformten geschäfteten Hammeräxten (Abb. 8). 


1) H. Lehner, Der Festungsbau der jüngeren Steinzeit. (Prähist. Zeitschr. II, 
1, 1910.) 

2) Um ihre Aufdeckung bemiiht sich in sehr verdienstvoller Weise Dr. Franz 
Laszlo. Ein Bericht ist jiingst erschienen in der neuen ungarischen Zeitschrift 
„Dolgozatok“ = Travaux de la section numismatique et archéologique du Musee 
National de Transylvanie a Kolozsvär, red. par Bela Posta. II, 2. 1911 S. 227 ff. 


592 Hubert Schmidt: 


Einen stattlichen Eindruck machen auch die Waffen und Geräte aus 
Knochen und Horn. In grosser Zahl sind Pfriemen vorhanden, aus 
verschiedenen Knochen hergestellt; daran reihen sich Dolche und Speer- 
spitzen (Abb. 9), sowie messerartige Geräte, die als „Glätter“ gedeutet zu 
werden pflegen. Zahlreich sind auch die aus Hirschgeweih hergestellten, 
meist zerbrochenen Hacken und Äxte (Abb. 10, 11), die neben den steinernen 
für den Garten- und Feldbau (Hackbau) im Gebrauch 
waren. Aus Ton sind die nicht sehr zahlreichen Spinn- 
wirtel und mancherlei, was noch der Deutung bedarf, 
verfertigt. 

Neben solchen gewöhnlichen Gebrauchsgegenständen 
stehen die selteneren Schmucksachen: Perlen und 
Anhänger aus Stein, Knochen, Ton, Zierstücke aus 
Knochen und Geweih, sowie durchlochte Tierzähne. 

Eine besondere Fundgruppe bilden die Ton- 
skulpturen. Die menschlichen Figuren, wohl richtig 
Idole genannt, sind teils rohe, teils stilisierte Bildungen, 
die in schematischer Weise bestimmte Typen meistens 
der weiblichen, seltener der männlichen Gestalt dar- 
stellen. Nach Formengebung und Verzierung lassen 
sich die älteren der Kultur A von den jüugeren der 
Kultur B unterscheiden. 

Die älteren (Abb. 12) haben einen brettartigen 
Oberkörper und sind in der Regel mit eingeritzten 
Mustern versehen, die auf die Tätowierung oder auch 
Bekleidung des Körpers zurückgeführt werden. Unter 
den jüngeren Idolen (Abb. 13) mit reicherer Modellierung 
des Oberkörpers, fallen die rotgefärbten und bemalten 
auf. Die weiblichen Idole sind vielfach durch über- 
mässige Ausbildung des Gesässes ausgezeichnet, woraus 
man unnötiger Weise auf eine steatopyge Rasse hat 
Schlüsse ziehen wollen. Solche abnormen Körper- 
bildungen lassen sich einfacher als Stilmerkmale er- 
klären oder mögen auf die Bedeutung dieser Gestalten 
als personifizierte Naturkräfte Bezug haben. Eine kleine 

Abb. 9. Gruppe wird von Sitzfiguren gebildet. Jedenfalls wird 
Pfriemenartiger man allen diesen Figtirchen religiése Bedeutung zu- 
oe schreiben dürfen. Nur so erklärt sich auch ihre Häufig- 

eo" keit; in jeder Hütte mögen sie im Leben ihrer Be- 
wohner eine Rolle gespielt haben. 

Wie anderswo, treten zu den menschlichen Figuren kleine Tierchen, 
denen wohl die Bedeutung von Votiven zukommt. 

Welcher Zeit gehören nun die Funde an? Der ganze Vorrat an 
Stein-, Knochen- und Tonsachen weist mit Material und Formen auf die 
Steinzeit: der Kulturcharakter der vorgeschichtlichen Station von Cucuteni 
ist ein steinzeitlicher. Aber die Steinzeit hat überaus lange angedauert; 
es fragt sich, in welche Phase ihrer Entwicklung die Funde gehören. 


Abb. 


Ausgrabungen 1909/10 in Cucuteni. 393 


Abb. 10. Rohe Hirschhornhacke. Etwa 1/, nat. Gr. 


12. Tonidole der älteren Kultur (A) mit eingeritzten und plastischen Ver- 
zierungen. Etwa °/, nat. Gr. 


334 ‚Hubert!Schmidt:.. . 


Vereinzelt vorkommende Metallfunde ermöglichen eine Bestimmung. 
Freilich sind es sehr verschiedenartige Dinge aus Kupfer, Bronze und 
Eisen. Ihre Bewertung wird aber verschieden sein müssen, wenn 
wir die Frage aufwerfen, welche von ihnen derselben Kultur zuzuweisen 
sind, wie die beiden Gruppen von bemalter Keramik und die Masse der 
Fundstücke aus Stein, Knochen und Ton, die zu einem einheitlichen 
Kulturinventar sich vereinigen lassen. Welche Metallsachen werden dabei 
ala Leitformen für die Datierung gelten dürfen? Sogar in der 
Kulturschicht haben sich römische und vorrömische (La Tene-)Fibeln 
aus Bronze und Eisen, ebenso wie die für die Hallstattperiode typischen 
dreikantigen Pfeilspitzen aus Bronze gefunden. Sollen sie die Grund- 


Abb. 13. Tonidole der jüngeren Kultur (B) mit aufgemalten Mustern. 
Etwa TL. nat. Gr. 


lage für chronologische Schlüsse bilden? Dann wäre nicht einzusehen, 
nach welchen dieser Typen aus drei verschiedenen Epochen die Kultur- 
ablagerungen datiert werden sollten. Offenbar sind derartige jüngere 
Metallgegenstände ebenso zu bewerten, wie moderne eiserne Messerklingen, 
Löffel u. dgl., die sich in die Kulturschichten einschieben konnten. Mit 
der Besiedlung des Platzes haben sie nichts zu tun, fallen aus dem 
Ralımen der übrigen Funde heraus und sind nur Zeugen der Zeiten, die 
über den alten Boden bedeutungslos hinweggegangen sind. 

Anders verhält es sich mit einer kleinen Gruppe von älteren Metall- 
funden. Essind Waffen, Geräte und Schmucksachen aus Kupfer: ein Flach- 
beil (Abb. 14), eine Lochaxt (Abb. 15), vierkantige oder rundliche Pfriemen, 
ein kleines Rasiermesser und eine lange, röhrenförmige Perle. Dazu kommt 


Ausgrabungen 1909/10 in Cucuten.. 595 


eine primitive Dolchklinge mit vier Nietléchern, die schon vor den Aus- 
grabungen vom Besitzer des Feldes ausserhalb der befestigten Ansiedlung 
zutage gefördert worden ist. Alle diese Gegenstände gehören nach Material 
und Form zu einer einheitlichen Gruppe von Kupfersachen der frühesten 
Metallzeit, wie sie ähnlich in verschiedenen Gegenden Europas be- 
kannt geworden sind. Nach der Analogie ganzer Entwicklungsphasen, 
die in Italien von der „epoca eneolitica“ und in Spanien vou ähnlichen 
charakteristischen Fundgruppen dargestellt werden,') lassen sich «diese 
Kupferwaffen und -Geräte sehr gut mit den übrigen Funden (bemalter 
Keramik, Feuerstein- und anderen Stein- sowie Knochen- und Ton- 
geräten neben den Tonidolen) zu einer einheitlichen 
Fundmasse zusammenstellen. Doch müssten sie nach 
den Fundumständen der jüngeren Kultur B zu- 
gewiesen werden; wenigstens haben dio Brandschutt- 
haufen der untersten Schichten mit polychromer 
Keramik noch keine Spur von Metall aufgewiesen. 
Es wäre also die jüngere Kultur B von Cucuteni 
der Stein-Kupferzeit zuzuschreiben und hätte 
überhaupt als Vertreter dieser Epoche in dem Donau- 
Balkan-Gebiet zu gelten. 

Fraglich bleiben in ihrer Bedeutung für die Be- 
siedlung des Platzes nur zwei kleinere Gruppen von 
Metallgegenständen: kleine, glatte offene Armringe 
aus Bronze mit etwa 7% Zinn und kleine Pfriemen 
aus Bisen. 

Die bronzenen Armringe können, sei es als 
Importstücke, sei es ala einheimische Produkte, den 
Kupfersachen gleich gestellt werden und würden so 
die Zeugen für das früheste Auftreten der Bronze in 
unserem Gebiete sein; die besten Analogien sind 
ähnliche bronzene Armringe in der Stein-Kupferzeit 


der iberischen Halbinsel’). Abb. 14. 
Die eisernen Pfriemen dagegen bilden ein Flachbeil aus Kupfer. 
Problem für sich. Zunächst ist man geneigt, sie "o nat. Gr. 


ebenso zu bewerten, wie die oben genannten eisernen 

Fibeln der vorrömischen und römischen Epochen oder gar wie mo- 
derne eiserne Messerklingen, die sich auch in der Kulturschicht ge- 
funden haben, d. h. sie aus dem Zusammenhange mit den Siedlungs- 
ablagerungen auszuscheiden. So hat der Verfasser selbst auch geurteilt, 
bis ihm höchst merkwürdige Funde in Bulgarien bekannt wurden. Sie 
gehören ebenfalls der Kultur mit bemalter Keramik an, die dort als eine 
Sondergruppe — die Balkangruppe im eigentlichen Sinne — sowohl 
auf Ansiedlungsplätzen wie in „Gräbern“ vorkommt. Unter den letzteren 


1) Prähistor. Zeitschr. I, 2. 1909, S. 127 ff. 
2) Prähist. Zeitschr. J, 2. 1900, S 128, 


596 Hubert Schmidt: 


sind von ganz eigener Art die im Tumulus (Tell) von Metschkur') 
bei Philippopel: es sind schichtenweise übereinander angeordnete Behälter 
aus gebranntem Lehm oder Ton, in denen Leichenbrandreste mit Bei- 
gaben niedergelegt sind. Unter diesen Beigaben finden sich, zum Teil 
in demselben Grabe Nadeln oder besser gesagt Pfriemen aus Kupfer 
neben Eisensachen?) Die in der Anmerkung zusammengestellten 
Metallfunde (Kupfer und Eisen) gruppieren sich zusammen mit Stein, 


Knochen- und Hirschhorngeräten — unter letzteren auch die genauen 
Parallelen zu den polierten Hirschhornäxten von Cucuteni — um die be- 


Abb. 15. Bruchstück einer Lochaxt aus Kupfer mit unterem Schafthelm. 
?/, nat. Gr. 


malte Keramik, die nach Formen und Decor der jüngeren Kultur von 
Cucuteni analog ist. 
In diesem Zusammenhange gewinnen die eisernen Pfriemen* von 


1) Seure et Degrand, Explorations de quelques tells de la Thrace in: Bull. 
Corresp. Hell. 30, 1906, S. 399 ff. 

2) Nach Seure und Degrand a.a.0. lagen im Hügel von Metschkur neben 
Grab 1 in seiner nächsten Umgebung (8.393 £.): No. 170, 171 „tige et aiguille de 
cuivre (Louvre 225,“ und No. 172 „anneau plat en fer“. Etwas weiter davon ent- 
fernt: No. 253—255 „trois tiges de cuivre“. — Ferner werden unter den Beigaben 
im Grabe 2 (8.400) erwähnt No. 2%, 296, „deux fragments de tiges de cuivre: 
lune est carrée et terminée en spatule“, — Zu den Beigaben des Grabes 7 S 404) 
gehören No. 362, 363 „deux mulettes renfermant douze petits anneaux en nacre 
grossiere et une tige de cuivre.“ — Der flache Eisenring des Grabes 1 ist wohl als 
Schmuckstück zu deuten; jedenfalls ist Eisen zwar selten, aber gleichwertig dem 
Kupfer. — In ähnlicher Weise kommt Eisen neben „Metall“ und rotem Kupfer auch 
in dem zuerst vom Pere Jeröme untersuchten Tell Ratscheff vor, der eine Fülle 
von prächtigen, bemalten und eingeritzten Tongefässen geliefert hat. Nach Seure 
und Degrand (a.a.0. S. 378 ff.) sind folgende Fälle aufzuzählen: 1) Zwischen 
2,80 - 3.80 m No. 320: „coin en fer“; No.320 = Fig. 14 „cuiller en metal (Louvre 227) ‘ — 
dieser Löffel nach der Abbildung modern? — No. 322 „morceau de metal (tranchee'“: 
No. 323 „tige de cuivre rouge (tranchée). 2) Zwischen 3,80—5,30 m: No. 369 „fragment 
d'une tige de cuivre rouge“. 3) Zwischen 5,30 -7,50 m No. 377: „Minerai de fer" 
blanc, translucide (Louvre 173)“ und No. 388 „tige de cuivre.“ — Dem folgen die als 
‚Gräber“ erkannten Funde A—F (S. 387 f.): darunter neben Grab A in 6,60» Tiefe 
„poinçon quadrangulaire en cuivre“. 

Die Funde im Tell Ratscheff sind offenbar denen im Tell Metschkur gleich- 
artig und an dem Nebeneinander von Eisen und Kupfer kann nicht gezweifelt 
werden. Der vierkantige Kupferpfriemen neben Grab A gibt auch die beste Er- 
klärung für die sorst genannten Stiele oder Spitzen oder Nadeln aus Kupfer; ebenso 
wird wohl der eiserne coin: Nr, 320 zu deuten sein. 


- `~ Gg 


Ausgrabungen 1909/10 in Cucuteni. 97 


Cucuteni eine neue Bedeutuug und lassen sich mit Recht an die gleichen 
Formen aus Kupfer angliedern. Weitere Bedeutung aber hat dieses erste 
Auftreten des Eisens unter den frühsten Metallfunden für die ganze Kultur- 
entwicklung des Donau-Balkangebietes nicht gehabt; eine „Eisenzeit“ hat 
sich daraus noch nicht entwickelt. So erinnert das Eisen in Bulgarien an 
ähnliche Vorkommnisse dieses Metalls im älteren ägyptischen Reiche und 
liefert einen wichtigen Beitrag zum Eisenproblem tiberhaupt.!) 

Abgesehen von diesem neuen Phänonen erweitern die Ausgrabungen 
von Cucuteni unseren Gesichtskreis in sehr wesentlichen Punkten, die die 
Vorgeschichte Europas betreffen. Der Hauptwert der neuen Funde be- 
ruht auf den Metallsachen; mit ihnen reiht sich der Kulturkreis mit be- 
malter Keramik im Donau-Balkangebiet an andere Kulturgruppen gleich- 
wertig an, die in Süd- und Südwesteuropa (Italien— Spanien) das früheste 
Auftreten der Metalle bezeichnen. 

Eine besondere Bedeutung hat aber diese stein-kupferzeitliche 
Kultur des Donau-Balkangebietes durch ihr Übergreifen in den 
ägäischen Kreis. Erwiesen ist das bereits für Nordgriechenland durch die 
vielschichtigen Funde von Sesklo und Dimini in Thessalien*). Weitere 
Beiträge zu diesem Problem werden die Engländer Wace und Thompson 
in kurzer Zeit mit der Publikation ihrer umfangreichen, thessalischen 
Bodenforschungen bringen. Man kann im allgemeinen sagen: in Thessalien 
vereinigen sich verschiedene keramische Erscheinungen, die in ihrer 
Eigenart an verschiedenen Centren des Donau-Balkangebietes in je einer 
anderen Umgebung lokalisiert sind. Dieses merkwürdige Zusammentreffen 
lässt sich nur aus Strömungen in nord-südlicher Richtung erklären und 
wird füglich mit entsprechenden Völkerwanderungen in Verbindung zu 
bringen sein. Unter den keramischen Gruppen von Sesklo und Dimini, 
die sich über zwei steinzeitliche Perioden verteilen, von denen die jüngere 
mit den zugehörigen Kupferbeilen und -Pfriemen*) als stein-kupfer- 
zeitlich sich erwiesen hat, heben sich die unter dem Einflusse des nörd- 
lichen Donau-Balkangebietes stehenden Gefässe deutlich ab: es sind die 
polychromen (weiss-rot-schwarz bemalten) Gattungen, die technisch und 
dekorativ der Keramik der älteren Kultur A von Cucuteni durchaus gleich- 
stehen‘), von denen aber gewisse, weiss oder schwarz auf rot bemalte 


1) Kurz vor Schluss der Redaktion wird nach mündlicher Mitteilung von 
bulgarischer Seite gegen Seure und Degrand der Einwand erhoben, dass die ge- 
nannten und ähnliche Higel in Bulgarien nicht Grabanlageu enthielten. Tschilin- 
giroff, der Vertreter der Prähistorie in Sofia, will in ihnen Ansiedlungsplätze 
sehen. Solche Fragen machen die Notwendigkeit einer systematischen Forschung 
in dem verheissungsvollen Boden Bulgariens nur noch dringender. 

2) Tsuntas, ai zooiorooıxal Gsgpotdiete Auumriov xai Séoxdov. Athen 1908. 

3) Tsuntas a.a. ©. S. 351 f. Fig: 202, 293; S. 354 Taf. 4,4.5. Die Fundstelle der 
Kupferbeile (1,60 m tief, nahe bei einander neben der Mauer eines steinzeitlichen 
Hauses) lässt keinen Zweifel an ihrer Zugehörigkeit zur steinzeitlichen Ansiedlung 
übrig. Die viel jüngere Gruppe der vormykenischen Waffen und Geräte stammt. 
aus den Gräbern der „Metallzeit* ‚Taf. 4). 

4) Bei Tsuntas: Gruppe B 32. a.a.0., Taf. 8, 3-6; 10, 1.2, 


598 Hubert Schmidt: 


Gefässe!) sich nicht trennen lassen. Aus denselben Einflüssen erklärt sich 
vermutlich auch das Auftreten der Spirale, die den älteren tlıessalischen 
Gruppen?) fremd ist, und sowohl auf den bemalten, wie auf den ein- 
_ geritzten Gefässen der zweiten Periode von Sesklo und Dimini*) einem 
fremdartigen Einschiebsel in eine dem Flecht- und Webestil entnommene 
Mustergruppe gleicht. Bei diesen nord-südlichen Kulturstömungen und 
Völkerwanderungen handelt es sich in letzter Linie um die Frage, ob sie 
noch weitere Bedeutung für den ägäischen Kreis gehabt haben. Das er- 
sehen wir aus ihrem Verhältnis zur alt-kretischen Kulturent- 
wicklung. 

Wenn ich es wage, zu dieser wichtigsten aller Fragen Stellung zu 
nehmen, so muss ich mich darauf beschränken, unter dem Vorbehalt weiterer 
Ausführungen einige Gesichtspunkte zur Erörterung und Erwägung zu- 
sanımenzustellen, wie sie sich mir aus dem Studium der kretischen Funde 
im Museum zu Kandia ergeben haben. Gerade in diesem Berichte über 
die Ergebnisse der Ausgrabungen von Cucuteni fühle ich mich dazu ver- 
pflichtet, weil die Reise nach Kreta über Thessalien in den Arbeitsplan 
der von der Rudolf Virchow-Stiftung ausgerüsteten rumänischen Ex- 
pedition des Jahres 1910 einbegriffen war.*) 

Die Kultur der kretischen Paläste von Knosos, Phaistos und Hagia 
Triada entwickelt sich kontinuierlich und in organischen Zusammenhängen 
während der beiden Hauptperioden, die man nach Evans als Middle Minoan 
und Late Minoan zu bezeichnen pflegt. Der Gang dieser Entwicklung 
liegt in den Hauptzügen klar vor uns. Mehr Schwierigkeiten muss ein 
Versuch bereiten, ihre Vorstufen und Keime in der diesen Epochen vor- 
ausliegenden Zeit des Karly Minoan und Neolithicums zu verfolgen. 
Gegen die Annahme einer einheitlichen, bodenständigen Entwicklung 
lassen sich folgende Beobachtungen ins Feld führen. 

L Das keramische Material aus den neolithischen Schichten von 
Knosos®) und Phaistos®) ist nicht zu identifizieren, sondern vertritt für 
jeden der beiden Ansiedlungsplätze nach Formen und Dekoration je be- 
sondere (iruppen. In Knosos und Phaistos waren die Voraussetzungen 
für die spätere Entwicklung verschieden. Diese läuft an beiden Plätzen 
in gleichem Sinne aus: in die eigentliche Palastkultur. Zur Erklärung 
dieser Entwicklung ist also noch ein drittes Element erforderlich, das von 
massgebendem Einfluss gewesen sein muss. 

II. In der frühminoischen Keramik von Kreta finden sich Formen 
und Ornamente, ja sogar Techniken, die aus der neolithischen 


1) Bei Tsuntas: B3a, a.a.0, Taf. 6, 2. 

2) Bei Tsuntas: A Ra, A 3ß, a.a.O., Taf. 6, 1: 7, 1—38. 

3) Bei Tsuntas: B3a und B37, a.a.0, Taf.9 und 11 (bemalt); 16—19 (ein- 
geritzt). 

4) Bei meinem Vortrage in der Anthropologischen Gesellschaft konnte ich nur 
am Schluss mit kurzen Worten diese Frage berühren. 

5) A. J. Evans; Journ. Anthrop. Just. of Gr. Britain 1901, 184ff. Journ. Hell. 
Stud. 1901, 96. — D. Mackenzie: Journ. Hell. Stud. 1903, 157 ff. 

6) A. Mosso, La Preistoria I S.7ff. und Monum. Ant. Line, XIX, 141 ff. 


Ausgrabungen [9U9/f0 in Cucuteni. 599 


Keramik der Insel nicht erklärt werden. können, dagegen ihre Parallelen 
oder Vorstufen im Norden haben: teils’ in den jungneolithischen Gefäss- 
gruppen Thessaliens, teils in der gleichzeitigen. und zum Teil auch gleich- 
artigen Keramik des Donau-Balkangebietes. ` 

a) Die Dunkelmalerei der Dee EH mit ihren hand- 
polierten Mustern entspricht technisch -dem Verfahren, wie es in ver- 
schiedenen Perioden der (iefüssmalerei u und Mittelgriechenlands, 
sowie des Donau-Balkangebictes üblich war’). ' 

b) Die kretische Weissmalerei findet EE er aus 
lokalen Traditionen eine Erklärung: ihre Vorstufe bildet die Urfirnisware 
in Mittel-Griechenland und in einer weiter zurückliegenden Phase der 
Entwicklung die Weissmalerei auf monochromem polierten Grunde, wie 
sie in Thessalien und im Donau-Balkangebiete in verschiedenen Variationen 
zur einheimischen Keramik gehört. ap 

c) In diesem Zusammenhange steht überhaupt die sogenannte Firnis- 
maltechnik d.h. die Malerei mit Farben, die durch den Brand glänzend 
werden. Sie ist ein Ersatz für die Technik der Handpolitur des mono- 
chromen Gefässüberzuges und steht auch im Zusammenhange mit dem 
unter a) erwähnten Verfahren der Handpolitur der aufgemalten Muster. 
= d) Die in der früähminoischen Keramik sehr beliebten Gittermuster’) 
(Kato Zakro, Hagios Joannis, Kumasa u. a. m.) haben ihre Parallelen und 
Vorstufen in der jungneolithischen, bemalten’ Keramik in Nord- und 
Mittelgriechenland und lassen sich auch im.Donau-Balkangebiete (Cucuteni) 
belegen. 
ei Die Spiralornamentik°) tritt in der frühminoischen Keramik 
von Kreta (Vasiliki Hierapetra, Mochlos) in entwickelten oder sogar 
degenerierten Formen auf, ohne dass hier Voraussetzungen in Grundformen 
vegeben wären. Eine Erklärung für dieses Entwicklungsstadium bietet 
die jüngere Stufe der jungneolithischen Gefässmalerei im Donau-Balkan- 
gebiete (Cucuteni B). a 

D Die kretische Keramik in hellgrauem, feinem Ton aus früh- 
minoischer Zeit (Hagios Joannis, Kumasa) hat bezüglich der Technik ihre 
schlagendste Parallele in einer gleichartigen Gefässgruppe Thessaliens. 

g) Sowohl unter den grautonigen Gefässen mit eingeritzten Mustern, 
als unter den dunkelbemalten mit und ohne Handpolitur finden sich 
Formen, die einerseits in Thessalien, andererseits im Donau-Balkangebiete 
Parallelen und Vorstufen haben; zum Teil treten sie in Kreta in Miniatur- 
form auf, was ein Hinweis auf ihr Absterben ist. 

Folgende Formen sind bemerkenswert: 

1. Schnurösen- oder Henkelamphoren mit engem Hals und Hohlfuss 
mit eigenartiger Dunkelmalerei*) (Kato Zakro, Hagios Joannis) sind 


1) Monum. Ant. Linc. XIX Tav. Il. 

2) Monum. Ant. Line. XIX, 199 Tav. II. 

3) E. H. Hall, The decorative art of Crete in the Bronze age, 1906. — Trans- 
actions Pennsylvania University 1905, 

4) Monum. Ant. Linc. XIX, Tay. II. 


600 Hubert Schmidt: 


„nordischen“ Ursprungs d. h. sie haben ihre Vorstufen in der neolithischen 
Keramik Thessaliens und im Donau-Balkangebiete. 

2. Dasselbe gilt von folgenden Formen der frihminoischen Keramik 
Kretas: Büchsen mit Schnurésen und flachen Deckeln in mannigfachen 
Varianten (Vasiliki Hierapetra, Hagios Joannis, Hagios Onuphrios, Kumasa): 
Schalen ohne Boden auf hohen, zylinderförmigem Unterbau und Löftel 
= (Mochlos), konkave Deckel mit vertieften Knopf, Siebgeräte mit oberen 
Loch und glockenförmige Becher mit Hohlfuss (Vasiliki Hierapetra. 
Paläokastro). 

3. Manche keramische Erscheinungen der steinkupferzeitlichen Balkan- 
kultur reichen sogar in die mittelminoische Keramik von Kreta hinein, 
wie die Warzengefässe, Schalen auf zylinderförmigem Hohlfuss und, was 
sehr auffallend ist, die gegenständigen Sichelmusterreihen. *) 

4. Ebenso auffallend ist auf Kreta das Auftreten von Formen in 
monochromer Technik, die ihre Parallelen in der Keramik von Troja I 
haben: Schnurösenkrüge und Schnurösenbüchsen mit. „Mauerkronen“- 
Deckeln?). In denselben Kreis gehört auch die Schnabelkanne, deren 
frühminoische Form schon ein zweites Stadium ihrer Entwicklung vertritt 
und somit eine Vorstufe voraussetzt, die in Troja I zu finden ist 
(Schliemann-Katalog Nr. 164, 166, 167). Ihre Geschichte weiter zurück 
in das Donau-Balkangebiet zu verfolgen ist zurzeit noch nicht möglich. 
Dagegen ist die vorauszusetzende Abschrägung des Bandes schon an 
primitiven Bechern und Kannen der neolithischen Keramik des unteren 
Donaugebietes (Siebenbürgen) beobachtet worden °’). 

Die merkwürdigsten Erscheinungen im Parallelismus von Süd und 

Nord bietet 

II. Die Werslitndueirie Es handelt sich um einfache Arbeitageräte 
aus Kupfer und Bronze, Äxte und Hacken und ihre Doppelformen, alle 
mit Schaftloch: kleine einschneidige Beile, die auch in Miniaturform 
auftreten, kreuzschneidige Axtpickel mit oberem und unterem Schaft- 
helm, Axthacken und Doppeläxte, letztere nicht, wie die für Kreta 
typischen Geräte, die auch symbolische Bedeutung haben können, sondern 
die Axthacken als unorganische Verbindungen der einfachen oben genannten 
Beile mit Hackenformen und die Doppeläxte ebenfalls als plumpe Ver- 
doppelung der einfachen Beile; schliesslich auch plumpe Doppelhämmer 
mit Helmrändern?). Alle diese Formen erklären sich als die Weiterbildungen 


1) Bull. Corresp. Hell 1906, S. 395, Fig. 29. 

2) Monum. Ant. Line. VI, Tav. XII, 50-54. American Journ. of archaeology 
1897, 287-312. Vel. Schliemann-Katalog Nr. 188 - 195. 

3) Zeitschr. f. Ethnol. 1903, 442, Fig. 15; 456, Fig. 36, 37. 

4) Einige von diesen Geräten sind beliandelt in einer Arbeit von A. Mosso 
(Le armi più antiche di rame e di bronzo) in: Atti d. R Accad. d. Lincei 1906. 
Memor. d cl. d. scienze morali XII, 479-579. Siehe Abb. Tav. J, 10: II, 1. 9.10. — 
Das Verdienst dieser Arbeit beruht auf der Mitteilung von zahlreichen Analysen. 
die dem Verfasser selbst zu verdanken sind. In typologischer und kulturhistorischer 
Hinsicht aber ist die Behandlung des unvollständig gesammelten Materials durchaus 
mangelhaft und unzureichend; die aus den mitgeteilten Tatsachen gezogenen 
Schlüsse sind sogar bedenklich oder unhaltbar. 


A ES A, egen mg d 


von Hornbostel: Akustisches Kriterium tiber Kulturzusammenhiinge. 601 


von Urtypen, die im Donau-Balkangebiete aus Kupfer hergestellt wurden 
und ursprünglich wohl in die sogenannte „Kupferzeit Ungarns“ gehören. 
Ihr Zentrum ist wahrscheinlich, ebenso wie für die ältesten Schmucktypen 
aus (iold (Hängespiralen, Noppenringe), in Siebenbürgen zu suchen. Für 
diese Zusammenhänge ist nun ein neuer Fund in Cucuteni wichtig: eine 
von den genannten ungarischen Kupferäxten mit Schafthelm gehört der 
jüngeren Kultur von Cucuteni B an (Abb. 15). 

So wird also auch die alt-kretische Metallindustrie in den Kreis von 
Beziehungen eingeschlossen, die sich an die Verbreitung der steinkupfer- 
zeitlichen, bemalten Keramik des Donau-Balkangebietes anknüpfen lassen. 

Dazu mag noch das kommen, was der Verfasser seit Jahren an der 
Hand der Schriftzeichen klarzulegen versucht hat’) — im besonderen 
die merkwürdigen Parallelen zwischen den Schriftzeichen des Discus von 
Phaistos und schriftartigen Zeichen, wie sie in der Keramik von Sesklo 
und Dimini einerseits und der von Tordos (Siebenbürgen) andererseits 


auftreten. So muss der schon aufgestellte Satz — Thessalien er- 
scheint als Brücke zwischen Kreta und dem Donau-Balkan- 
gebiete — als wohl begründet gelten. 


Der Verfasser behält sich vor, den Inhalt des vorläufigen Berichtes 
an anderer Stelle mit grösserer Ausführlichkeit unter Hervorhebung aller 
Einzelheiten und unter Vorführung der gesamten Ausgrabungsergebnisse, 
sowie des Fundmaterials zu behandeln. 


(10) Hr. Erich von Hornbostel hält den angekündigten Vortrag: 


Über ein akustisches Kriterium für Kulturzusammenhänge. 


„Nichts ist unsinniger als eine Kontroverse ‘Entlehnung oder Völker- 
gedanke’. Eine solche Kontroverse — ich habe es hundertmal gesagt — 
existiert gar nicht.“ Der Ausspruch Adolf Bastiaus — zitiert von 
K. von den Steinen in seiner Gedächtnisrede auf den Altmeister 
(11. März 1905)”) — muss heute in einer etwas anderen Bedeutungs- 
nuance verstanden werden, als er ursprünglich wohl gemeint war. Dass 
der Völkerkundige ähnliche Erscheinungen antrifft, die unabhängig von- 
einander aus analogen psychischen, physiologischen oder psychophysischen 
Wurzeln entspringen; dass es andere Kulturelemente gibt, die über weite 
Strecken mit ihren Trägern oder ohne diese gewandert sind oder lange 
Zeiten und vielfache Kulturwandlungen überdauert haben, wird kaum 
jemand mehr leugnen. Der Streit, der heute lebendiger ist, denn je?), 
geht auch kaum noch um das löntweder-Oder, vielmehr um die Methoden, 
nach denen die einzelnen ethnographischen Parallelen zu beurteilen und 
die analogen Elemente in Kulturzusammenhänge einzuordnen sind. Die 


1) Zeitschr. f. Ethnol. 1903, 407 ff., Korresp.-Bl. d. dtsch. anthrop. Ges. 1910, 
No. 9-12 S. 125f. Zeitschr. f. Ethnol. 1911, 161 f. 

2) Z. f. E. 37, S. 245. 

3) Zum Folgenden vergleiche man Gräbners „Methode der Ethnologie* (Hei- 
delberg, C. Winter, 1911) und die Polemik zwischen Haberlandt, Graebner 
und Foy in Petermanns Mitteilungen 57, 1911 S. 113—118, 228—254. 

Zeitschrift für Ethnologie. Jahrg. 1911. Heft 3 u. 4. 39 


602 von Hornbostel: 


Diskussion über die Methoden der ethnologischen Arbeit ist keineswegs 
überflüssig, vielmehr eine unumgängliche Vorbedingung fruchtbringender 
Forschung und gesicherter, weiter verwertbarer Resultate. Ohne zu- 
reichende und allseitig anerkannte methodische Grundlagen werden die- 
selben Erscheinungen, je nach persönlicher Neigung des Beurteilers, bald 
in der einen, bald in der anderen Weise gedeutet und bald diesem, bald 
jenem Zusammenhang eingeordnet werden; und die einen werden ebenso 
hypothetische Entwicklungsgeschichten wie die anderen hypothetische Kul- 
turkomplexe konstruieren. Es ist dann ebenso einfach wie unberechtigt, 
sich gegenseitig die Beweislast zuzuschieben. Denn eine Annahme wird 
weder dadurch widerlegt, dass eine andere a priori plausibler erscheint, 
noch dadurch bewiesen, dass auch die andere nur Vermutung ist. 

Wer sich also mit der einfachen Registrierung von Einzeltatsachen 
nicht begnügen mag, sondern sie in ordnende Zusammenhänge bringen 
will, wird sich nach einwandfreien Kriterien umsehen müssen, nach denen 
dies geschelien kann. Die Auffindung, Bewertung und Benutzung solcher 
Kriterien setzt natürlich eine genaue Bekanntschaft mit dem betreffenden 
Gegenstand voraus, da auch die sogenannten Kulturelemente meistens 
hochkomplexe Tatsachen mit vielfältigen und verwickelten Abhängig- 
keiten darstellen. Gewisse Teile oder Seiten der verglichenen Er- 
scheinungen können auf Kulturzusammenhänge hinweisen, während andere 
psychologisch oder physiologisch erklärt werden müssen. Letzteres wird 
immer der Fall sein, wenn man auf die allgemeineren oder gar die all- 
gemeinsten Kategorien einer Erscheinung zurückgeht, die dann nur noch 
für die ganze Menschheit, etwa als tierpsychologische Spezies, charak- 
teristisch sind (z. B. Gebrauch von Sprache oder Gesang oder Waffen). Als 
eine allgemeine — und darum notwendig unbestimmte — Forderung er- 
gibt sich die Forderung genügender Determination der verglichenen 
Erscheinungen; welche Genauigkeit und welche Art der Determination ge- 
nügt, muss von Fall zu Fall nach der Eigenart der betreffenden Erscheinung 
entschieden werden. So würde ausschliesslich (oder vorwiegend) ab- 
steigende Melodiebewegung unter gleichzeitiger Abnahme der Tonstärke 
und Verlangsamung des Tempos einen Gesangstil ganz ungenügend de- 


terminieren, da alle drei Momente Funktionen physiologischer Vorgänge 
sind (und überdies nicht unabhängig voneinander). Die meisten solcher 
naturbedingten Merkmale machen sich schon unmittelbar durch ibre weite 
Verbreitung verdächtig; aber nicht alle. Manche werden im Laufe kultureller 
Entwicklungen zurückgedrängt und erscheinen dann zunächst vereinzelt, 
„ausgefallen“, erweisen sich aber nachträglich ebenfalls als ganz „natür- 
lich“ und universell; wie z. B. der Gebrauch „distanzgleicher* an Stelle 
von „konsonanten“ Tonschritten!). Andere kennzeichnen sich dadurch als 


wirklich primitiv, dass sie auch in frühen Stadien verfolgbarer indi- 


1) Hierher gehören auch die oft mit Verwunderung beobachteten Sinnes- 
leistungen sog. Naturvölker, die aber nicht, wie man früher meinte, auf Überlegen- 
heit der Sinnesorgane, sondern auf besonderer, durch biologische Bedingungen ge- 
forderter Einstellung und Übung der Aufmerksanikeit beruhen und eben deshalb als 
Rassenmerkmale unbrauchbar sind. 


Akustisches Kriterium über Kulturzusammenhänge. 603 


vidueller Entwicklungen allemal oder wenigstens sehr häufig auftreten 
(bei Kindern, Unbegabten und absolut Ungeübten, und zwar Angehörigen 
der verschiedensten Rassen und Kulturen), wie etwa das Singen in Quinten- 
parallelen oder das deskriptive Zeichnen!). Solche Merkmale finden sich 
häufig als Überlebsel auch in hochentwickelten Kulturen — man denke 
z. B. an die bildlichen Darstellungen der altamerikanischen Kultur- 
völker — und können dann mit zur Gesamtcharakteristik einer komplexen 
Erscheinung gehören und mit dieser übernommen werden. Aber die 
Übertragung lässt sich gerade aus diesen Merkmalen nicht erschliessen. 
Für die Analyse und Beurteilung von Erscheinungen der sog. geistigen 
Kultur sind also psychologische Versuche und Beobachtungen durchaus 
nicht nutzlos; und die Ergebnisse der Kinderpsychologie verdienen auch 
dann Berücksichtigung, wenn man einer unbedingten Übertragung des’ 
biogenetischen Grundgesetzes auf geistige Entwicklungen nicht zustimmen 
kann. 

Bei Vergleichsgegenständen aus dem Gebiet der materiellen Kultur 
— die ja im allgemeinen leichter genau zu determinieren sind und des- 
halb häufiger zu vergleichenden Untersuchungen verwendet werden — ist 
es notwendig, konstitutive und akzessorische Merkmale zu unter- 
scheiden; d. h. solche, ohne die das Objekt seinen Zweck nicht erfüllen 
kann, und solche, die für den Zweck irrelevant oder mindestens neben- 
sächlich sind. Auch hier lässt sich allgemein nur sagen, dass die zweiten 
als Kriterien für Kulturzusammenhänge besser sind als die ersten, und 
dass die Beweiskraft eines Merkmals mit seiner Veränderlichkeit wächst. 
Dagegen kaun wieder nur von Fall zu Fall und auf Grund genauer 
Kenntnis der technischen Einzelheiten, der Herstellungs- und Anwendungs- 
weise des Objekts entschieden werden, welche Merkmale ihrem Wesen 
nach stärker, welche minder variabel; welche hinsichtlich der Zweck- 
mässigkeit des Ganzen freier, welche gebundener sind; ja selbst die 
Grundfrage, welche Eigenschaften konstitutiv und welche akzessorisch sind, 
ist oft nicht ohne weiteres zu beantworten. Die Anordnung der Finger- 
löcher an Flöten oder Pfeifen z. B. kann in erster Linie (oder lediglich) 
der optischen Wohlgefälligkeit wegen — gleicher Abstand, symmetrische 
Verteilung — getroffen worden sein?), wodurch die auf dem Instrument 
vorgebildete Tonreihe akzessorisch, also das, was man a priori für die 
Hauptsache halten möchte, zufällig wird. Äusserlich ganz gleiche Bil- 
dungen können sehr verschiedene Zwecke haben: so wird das zweitoberste 
Loch einer chinesischen Querflöte zur Modifikation der Klangfarbe mit 
einer dünnen Membran überklebt und durch die beiden untersten Löcher 


1) Selbstverständlich ist „primitiv“ nur als „relativ anfänglich“ zu verstehen: 
ein früher Abschnitt einer Entwicklungsreihe kann, mitsamt dieser Reihe, ein spätes 
Stadium einer umfassenderen Entwicklung darstellen: so bilden die Quintenparallelen 
eine primitive Form der Mehrstimmigkeit, aber diese selbst, wenigstens als Kunst- 
form eine sehr späte Art gemeinsamen Musizierens. 

2) Vgl. Ch. K. Wead, Contributions to the History of Musical Scales. Smiths. 
Rep. 1900 (Washington 1902). 


30% 


604 von Hornbostel: 


wird eine Aufhängeschnur gezogen, während das oberste als Anblaseloch 
und die übrigen als Fingerlöcher dienen?). 

Die Variabilität der Merkmale, und damit ihre Beweiskraft als Ver- 
wandtschaftskriterien, wird vermindert und unter Umständen sogar auf- 
gehoben durch gegenseitige Abhängigkeiten. So kann der überhaupt 
mögliche Formenkreis eingeschränkt sein durch die Technik (z. B. bei 
Flechtornamenten) oder das Material (z.B. bei Blasinstrumenten aus Tier- 
hörnern)?). 

Die allgemeinen Bedingungen, denen ein Merkmal genügen muss, um 
als Zusammenhangskriterium brauchbar zu sein, wären demnach diese 
drei: genaue Determination, Zweckfreiheit, Variabilität; als ent- 
sprechende praktische Vorzüge hätten zu gelten: leichte und genaue Be- 
stimmbarkeit und Durchsichtigkeit der kausalen und funktionalen Be- 
ziehungen®). — 

Das Merkmal, dessen Verwendung als Kriterium für Kulturzusammen- 
hänge ich hier befürworten möchte, ist ein physikalisch-akustisches. 
Einer physikalischen Methode, nämlich der Messung von Tonhöhen, be- 
dient man sich in der vergleichenden Musikwissenschaft schon lange. Zu- 
nächst hatte man dabei nur die Ermittlung der Intervalle und Tonleitern 
im Auge, die als spezifisch musikalische Faktoren den Musikwissenschaftler 
und Psychologen in erster Linie interessieren. Die weitverbreitete Über- 
zeugung von der Universalität der sog. „natürlichen“ Leiter erwies sich 
alsbald als hinfällig, namentlich durch die Entdeckung der merkwürdigen 
siamesischen und javanischen Tonsysteme®). Damit war zugleich im 
Prinzip die Möglichkeit gegeben, neben den melodischen und rhythmischen 
Formen auch die Ergebnisse der Tonmessung als ethnologisches Material 
zu verwenden, ähnlich wie die grammatischen Strukturen der Sprachen. 


1) Es ist deshalb ebenso irreführend, wenn man bei der Beschreibung des In- 
struments bloss die absolute Lochzahl, wie wenn man die äussere Länge (die nicht 
mit der akustisch wirksamen zusammenfällt) angibt, wie dies in Sammlungskatalogen 
und auf Museumszetteln noch häufig geschieht. 

2) Übrigens können, wenn sie nur selbst genügend variabel sind, auch die Technik 
— Weberei! — und das Material — Saiten aus Pflanzenfasern, Darm, Rosshaar, 
Metall, Seide — als Kriterien benutzt werden. . 

3) Die hier versuchte kurze Zusammenstellung der hauptsächlichsten methodo- 
logischen Gesichtspunkte dürfte für den Zweck der vorliegenden Mitteilung ge- 
nügen. Sie treffen zum Teil — wenn auch in etwas anderer Formulierung — mit 
Graebners Bemerkungen über das „Formkriterium“ zusammen (Methode d. Ethnol., 
besonders IV, 2B, § 3: IV, 3A, § 3, 9); es schien mir aber notwendig, die Ungleich- 
wertigkeit der verschiedenen Merkmale schärfer zu betonen. Je weniger Er- 
scheinungen zur Begründung eines Kulturzusammenhangs herangezogen werden, um 
so höhere Anforderungen sind natürlich an die Beweiskraft jeder einzelnen Parallele 
zu stellen: aber auch sonst sollte diese immer mit erwogen werden. Die Hand- 
habung des sog. „Quantitätskriteriums“ liesse sich vielleicht durch Einführung der 
Korrelationsrechnung, die sich ja auch der somatischen Anthropologie nützlich er- 
wiesen hat (Czekanowski), exakter gestalten. 

4) Vgl. C. Stumpf, Tonsystem und Musik der Siamesen, Beitr. z. Akustik u. 
Musikwiss. A 1901; A. J. Ellis, On the musical scales of various nations, Journ. 
Soc. Arts XXXIII., 1885. 


Akustisches Kriterium über Kulturzusammenhiinge. 605 


Die musikwissenschaftlichen Daten sind aber auch darin den linguistischen 
vergleichbar, dass ihre Behandlung spezielle Vorkenntnisse verlangt und 
daher für manchen der vollen Durchsichtigkeit entbehrt. 

Dagegen ist die absolute Tonhöhe eine einfache, rein physikalische 
Angabe, die leicht zu ermitteln ist und deren Eigenschaften auch ohne 
musikalische Begabung und theoretische Vorbildung zu übersehen sind. 
Man erhält die absoluten Tonhöhen unmittelbar durch Vergleichung der 
zu bestimmenden Töne mit den Tönen eines geeichten Messinstruments?), 
und zwar ausgedrückt in Schwingungszahlen. Durch die Schwingungszahl 
ist jeder Ton (seiner Tonhöhe nach) theoretisch absolut eindeutig bestimmt. 
In praxi wird die vollkommene Genauigkeit zwar durch die Messungs- 
fehler?) eingeschränkt, die aber bei sorgfältiger Arbeit allerhöchstens 
0,5 pCt. betragen dürften?). Man kann also wohl sagen, dass das Kriterium 
der absoluten Tonhöhen den strengsten Anforderungen an Genauigkeit der 
Determination genügt. 

Wie steht es nun mit der Variabilität? Von den überhaupt hörbaren 
Tönen, deren Gebiet etwa zwischen 16 und 20000 Schwingungen liegt, 
sind musikalisch brauchbar nur die Töne einer engeren Region, etwa 
zwischen 30 und 3000. Nehmen wir als mittlere Fehlergrenze (Fehler 
bei der Abstimmung des Instrumentes durch den eingebornen Verfertiger 
+ Fehler unserer Messung) 6 Schwingungen?) an, so ergibt sich die An- 
zahl der möglichen (praktisch verschiedenen) Werte absoluter Tonhöhen 
zu rund 500. Diese Zahl erfährt eine erhebliche Einschränkung in den 
Fällen, in denen man die Oktavlage unberücksichtigt lässt, d. h. Töne, 
die um eine oder mehrere Oktaven auseinanderliegen, oder Schwingungs- 
zahlen, die im Verhältnis von 1:n.2 stehen, einander gleichsetzt. Hierzu 
ist man berechtigt, weil die Oktavenähnlichkeit ein universelles psychisches 
Phänomen ist: überall gehen Männer- und Frauen- oder Kinderstimmen 
im Chor (unwissentlich) in Oktaven, ebenso Gesang- und Instrumental- 
begleitung; auf Instrumenten mit grösserem Tonumfang werden fast immer 
die ganzen Tonreihen oder wenigstens einzelne Töne in mehreren Oktaven 


1) Am zweckmässigsten sind kontinuierlich veränderliche Lippenpfeifen oder 
Zungen. Die zu vergleichenden Töne sollten in der Regel nacheinander angegeben 
werden, zugleich nur dann, wenn man zur genauesten Abstimmung Schwebungen 
benutzen will. (Näheres siehe: Abraham und v. Hornbostel, Vorschläge für die 
Transkription exotischer Melodien. Sammelb. d. Intern. Mus. Ges, XI, 1910, 5.18.) 

3) Als Fehlerquellen kommen in Betracht: 1. Falsche oder ungenaue Eichung des 
Messinstruments; 2. ungenaue Einstellung (namentlich bei grosser Klangfarben- 
oder Stärkedifferenz oder verschiedener Oktavlage von Versuchs- und Messton); 
3. ungenaue Ablesung. Alle drei lassen sich durch entsprechend häufige Kontroll- 
bestimmungen auf ein Minimum herabdrücken. Bei Fehlerberechnungen müssten 
die sub 2 genannten Fehlerquellen berücksichtigt werden. 

3) Also in mittlerer Tonlage, etwa bei 600 Schwingungen, etwa 3 Schwingungen. 
Halbe Schwingungen haben folglich noch praktische Bedeutung, während die zweite 
Dezimale der Schwingungszahlen höchstens noch rechnerisch in Betracht kommt. 

4) Diese Zahl ist zunächst willkürlich, aber sicher eher zu hoch, als zu klein 
angenommen; bei genügendem Material dürfte sie sich (für spezielle Fälle) auch 
empirisch berechnen lassen. 


606 von Hornbostel: 


„wiederholt“!). Bringt man alle Schwingungszahlen durch Multiplikation mit 
oder Division durch 2 in dieselbe Oktavlage, etwa zwischen 400 und 800, 
so beträgt die Anzahl möglicher Werte (unter Voraussetzung derselben 


Fehlergrenze wie oben) 2 oder rund 70. Die Variabilität ist also 


6 3 
auch in diesem Fall noch ziemlich hoch, und es ist jedenfalls ein Vorzug, 
dass sie sich wenigstens approximativ zahlenmässig veranschlagen lässt. — 

Das Kriterium der absoluten Tonhöhen wird selten ganz isoliert zur 
Anwendung kommen, vielmehr meist in Verbindung mit Übereinstimmungen 
von Tonleitern, deren Beweiskraft für Kulturzusammenhänge dann frei- 
lich sehr erheblich?) gesteigert, ja eigentlich erst gesichert wird. Die 
beiden Kriterien sind nämlich durchaus nicht gleichwertig; bezüglich des 
einen der drei oben aufgestellten Wertmassstibe — und vielleicht des 
wichtigsten — der Zweckfreiheit, verhalten sie sich geradezu gegensätzlich. 

Die absolute Tonhöhe hat in der Musik nur ene ganz nebensächliche, 
für das naive musikalische Bewusstsein überhaupt keine Bedeutung. Es 
macht für den musikalischen Eindruck keinen Unterschied, ob eine Melodie 
mit ce oder mit fis anhebt, selbst unter europäischen Musikbeflissenen 
würden die wenigsten dies bemerken. Ungeübte Sänger brechen häufig 
ein eben begonnenes Lied ab, weil der Umfang der Melodie über ihre 
Stimmgrenzen hinausgeht und fangen auf einer anderen Tonhöhe von 
neuem an; oft wird ein zufällig getroffener Anfangs- oder Hauptton für 
eine lange Reihe verschiedener Lieder beibehalten; oder man richtet sich 
nach irgendeinem Ton, den man eben gehört hat?). Solche Beobachtungen 
kann man alltäglich und überall machen. Die „Fähigkeit des Trans- 
ponierens“ ist eben eine allgemeine und, wie Stumpf?) gezeigt hat, eine 
der wesentlichsten Grundlagen der Musik überhaupt; oder, was genau 
dasselbe besagt: die absolute Tonhöhe ist für die Musik (nahezu®)) 
irrelevant. 


1) Oft ist dabei die Gesamttonreihe auf mehrere, grössere (Bass-) und kleinere 
(Diskant-) Instrumente verteilt, z. B. bei den javanischen Metallophonen. 

2) Nämlich, nach den oben gemachten Annahmen, um das 500- bzw. 70-fache. 

3) Viele Gesangaufnahmen des Berliner Phonogramm-Archivs beginnen mit a. 
dem Ton eines Stimmpfeifchens, das zur Festlegung der Originalgeschwindigkeit 
stets mitphonographiert werden soll. 

4) Die Anfänge der Musik (Leipzig, J. A. Barth, 1911), S. 10ff. 

5) Bei dieser Einschränkung denke ich an die beiden folgenden Tatsachen: 
Grobe Unterschiede der absoluten Tonhöhe (der Tonlage) machen sich als Klang- 
farbenunterschiede auch dem naiven Hörer bemerkbar, namentlich beim Gesang 
Aber bei unserem Kriterium handelt es sich immer um feinere Differenzen. — 
Zweitens werden Transpositionen von Personen mit sog. absolutem Tonbewusstsein 
nicht nur bemerkt, sondern unter Umständen auch als Modifikation des musi- 
kalischen Eindrucks gefühlt. Das absolute Tonbewusstsein kann sich aber erst aus- 
bilden, wenn eine bestimmte Normalstimmung auf Instrumenten bereits festgelegt 
ist, ist also nur als Folgeerscheinung des Gebrauches der absoluten Tonhöhen, die 
uns als Kriterium dienen, möglich. Sollte sich also wirklich einmal nachweisen 
lassen, dass bei einem Volk das absolute Tonbewusstsein nicht bloss auf einzelne 
Individuen beschränkt ist und die absolute Tonhöhe in der Musik mehr Beachtung 
findet, so könnte dieser Tatbestand doch die Beweiskraft unseres Kriteriums in 
keiner Weise berühren. 


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Akustisches Kriterium tiber Kulturzusammenhiinge. 607 


Für den Melodieneindruck wesentlich sind dagegen die Intervalle. 
Rechnerisch sind sie durch Verhältnisse von Schwingungszahlen ge- 
geben. Änderungen dieser Verhältnisse erscheinen als Änderungen der 
Melodiegestalt, sobald sie eine gewisse Grenze überschreiten, die meist 


nicht sehr weit ist. Im allgemeinen müssen also Intervalle — und, da 
Tonleitern nichts anderes sind, als übersichtlich angeordnete Intervall- 
systeme, auch diese — als konstitutive Faktoren angesehen werden. 


Im einzelnen freilich ist die Sachlage hier nicht so einfach, wie bei 
den absoluten Tonhöhen. Man kann von ganz verschiedenen Ausgangs- 
punkten zu sehr ähnlichen und praktisch eventuell sogar gleichwertigen 
Tonleitern gelangen. Ob ein (einstimmiges) Musikstück in reiner, tem- 
perierter oder pythagoreischer Stimmung ausgeführt wird, kann nur ein 
sehr gewiegter und in allen drei Tonsystemen erfahrener Musiker ent- 
scheiden; der Durchschnittshörer würde keinen Unterschied bemerken. 
Da also Tonleitern häufig typische Beispiele von Konvergenzerscheinungen 
sind, so ist es notwendig, über die einfachen physikalischen Befunde hin- 
aus und womöglich auf ihre Bildungsprinzipien zurückzugehen. Diese 
lassen sich zwar aus den Messungsdaten manchmal mit grosser Sicherheit 
erschliessen, bleiben aber, solange sie nicht durch direkte Beobachtung 
der Abstimmungsweise der Instrumente bestätigt werden, immerhin hypo- 
thetisch. Ferner ist zu bedenken, dass auch in ihrer Entstehungsweise’ 
wohl charakterisierte Tonsysteme von psychologischen und mechanischen 
Bedingungen abhängig sind, die wiederholt zu sehr ähnlichen Resultaten 
führen können. So sind die Chinesen mehr als ein Jahrhundert vor uns 
zu einer Temperatur der zwölfstufigen Leiter gelangt!), fast genau dem- 
selben künstlichen Tonsystem, ohne das die Entwicklung unserer Musik 
seit Bach undenkbar ist. 

Es folgt aus alledem, dass Tonleitern (bzw. Intervalle) als Kriterium 
für Kulturzusammenhänge nur mit grosser Vorsicht und niemals für sich 
allein verwendet werden können?). 

Bei der Kombination dieses Kriteriums mit dem der absoluten Ton- 
höhen ist noch folgendes zu beachten: Die Übereinstimmung sämtlicher 
homologer Töne zweier Instrumente der absoluten Tonhöhe nach impliziert 
selbstverständlicherweise die Identität der beiden Tonsysteme. In diesem 
Fall würde also die Tonleiter keinen neuen Beweisgrund hinzubringen. 
Aber scheinbar würde der Wahrscheinlichkeitsschluss durch die Verviel- 
fältigung der Übereinstimmungen enorm verstärkt. Gleichwohl wäre dies 


1) Siehe L. Laloy, La musique chinoise, Paris s. d. [1910], S. 48 ff. 

2) Ich kann daher auch Haberlandt nicht zustimmen, wenn er (l. c. S. 115) 
übereinstimmende Tonleitern als Beweis für kulturhistorische Abhängigkeit an- 
sieht. (Allerdings nur „in einem Verbreitungsgebiet“! Aber ich kann, so wenig wie 
Graebner, einsehen, warum scheinbare Verkehrshindernisse die Beweiskraft eines 
Kriteriums aufheben sollten.) Ich habe auch an der von H. angezogenen Stelle (in: 
Stephan u. Graebner, Neumecklenburg, S.134f.) und auch sonst (in: Hagen: 
Die Orang-Kubu auf Sumatra, S.249 und in Koch-Grünberg: Zwei Jahre unter 
den Indianern, IJ, S.390) den wesentlichen Unterschied zwischen absoluten Ton- 
höhen und Verhältnissen ausdrücklich betont (Sperrdruck!), so dass ein Missver- 
ständnis wohl ausgeschlossen ist. 


608 von Hornbostel: 


eine ganz schiefe Auffassung des Tatbestandes. Denn es miissten alle 
einzelnen absoluten Tonhöhen als solche übernommen worden sein, ohne 
Beachtung des Tonsystems: es wären also, allen Erfahrungen entgegen, 
jene die konstitutiven Merkmale, dieses ein akzessorisches. Die völlige 
Übereinstimmung zweier Tonreihen ist aber auch gegeben durch Identität 
des Tonsystems und der absoluten Tonhöhe eines einzigen, in beiden 
Reihen bezüglich des Systems homolog gestellten Tones, etwa des Aus- 
gangstones der Reihenbildung; und man hat korrekterweise nur zwei 
Beweismomente anzunehmen: die Gleichheit des Tonsystems und die der 
absoluten Tonhöhe der Tonreihe en bloc’). 

(Zum Beispiel: Entsprechen beide Reihen unserer temperierten Dur- 
tonleiter —cdefigahc' — und ist der Ausgangston bei beiden e 
= 256 v. d., so sind auch die beiden d e, f, usw. identisch.) 

Stimmen nicht alle, sondern nur mehrere Töne (eventuell nur 
ein Ton) zweier Instrumentalleitern überein, so kann oft auf Grund des 
Tonsystems entschieden werden, ob ein Zusammenhang vorliegt. Ist das 
Tonsystem gleich, aber die Stellung der Töne von gleicher absoluter Ton- 
höhe im System verschieden, so hat man entweder eine Tonleiter und 
ihre Transposition, oder zwei verschiedene Ausschnitte aus einer Leiter 
grösseren Umfanges (dem Gesamtsystem) vor sich?). 

(Zum Beispiel: 

cd e fg ahe' beide: temperierte Tonleitern; 
des es f ges as b c‘ des | die f und e identisch. 


Oder: 
cdefg beide: Teile der temperierten diatonischen Leiter; 
fgahe' die f und g identisch, e und ei Oktaven.) 


Sind die Tonsysteme nicht gleich, aber ähnlich, so können doch eine 
Anzahl homologer Töne auch in der absoluten Tonhöhe übereinstimmen. 

(Zum Beispiel: 

rein: edefgahe' beide: diatonische (Dur-) Leitern; 
pythagoreisch: c def g ahe c, d, f, 9, œ identisch.) 

Es ist nur ein Grenzfall des vorigen, wenn die Tonsysteme ganz ver- 
schieden sind, die Leiterbildung aber von der gleichen absoluten Tonhöhe 
ausgegangen ist. Es würde dann ein einziger Ton genügen, um einen 
Zusammenhang wahrscheinlich zu machen, aber dieser Ton müsste als 
Angelpunkt beider Systeme, bzw. als Ausgangston beider Reihen erwiesen 
gein?). 

Dass in diesem Fall der Normalton allein entlehnt worden wäre, ist 


1) In Fällen, wo das Konstruktionsprinzip der Tonreihe mehrere Ausgangs- 
punkte erfordert, wo also eigentlich mehrere von einander unabhängige Systeme 
kombiniert erscheinen, können auch ebenso viele absolute Tonhöhen als Beweis- 
momente herangezogen werden. 

2) Bei gleichstufigen Leitern, d. h. solchen, bei denen das Schwingungszahlen- 
verhältnis je zweier Nachbartöne konstant ist, fallen die beiden Möglichkeiten in 
eine zusammen. 

3) In umfangreicheren Tonreihen können sich einzelne Töne auch dadurch vor 
anderen auszeichnen, dass sie in mehreren Oktaven vertreten sind. 


Akustisches Kriterium über Kulturzusammenhänge. 609 


wieder nicht wahrscheinlich; eher, dass ein ursprünglich mitsamt den ab- 
soluten Tonhöhen übernommenes System mehr und mehr modifiziert oder 
durch ein neues ersetzt worden ist. 

Aber auch Tonsysteme dürften kaum je ohne ihre Träger, die In- 
strumente, wandern!). Man wird vielmehr ein Musikinstrument zunächst 
und auf lange hinaus, wegen seiner Klangfülle und Klangfarbe, der leichten 
Spieltechnik und bequemen Herstellungsweise schätzen und, je weniger 
man die wahren Ursachen der ersten beiden Eigenschaften kennt, das 
Modell um so sklavischer kopieren und um so treuer in allen Einzelheiten 
bewahren. Mit dem Ganzen übernimmt und perpetuiert man so ohne be- 
sondere Absicht das Tonsystem?), die absoluten Tonhöhen und wohl auch 
manche handwerklichen Details. Mit der allmählichen Lockerung der 
Tradition und der zunehmenden zeitlichen und räumlichen Entfernung von 
den ursprünglichen Vorlagen werden die Übereinstimmungen mehr und 
mehr an Genauigkeit verlieren. Infolgedessen ist auch das Material in 
unseren Sammlungen sehr ungleichwertig, und man kann nicht erwarten, 
an einem beliebig herausgegriffenen Objekt ein wohl definiertes Tonsystem 
oder eine in einem ganzen Kulturkreis gültige Normalstimmung zu finden. 
Nur die Tonreihen der besten?) Exemplare können zunächst der Hypo- 
thesenbildung als Krystallisationspunkte dienen, an die sich die übrigen 
dann eventuell anschliessen lassen. Dabei könnte man unter Umständen 
auf Grund der zunehmenden Abweichungen der Leitern von der Norm 
und ihrer räumlichen Verteilung zu einer relativen Chronologie und zur 
Rekonstruktion der Ausbreitungswege gelangen‘). Dagegen ist die For- 
derung, eine genaue Übereinstimmung sämtlicher zu einer Gruppe ge- 
höriger Typen nachzuweisen, unberechtigt und selbst für ein beschränktes 
Verbreitungsgebiet unerfüllbar. | 

Endlich ist noch ein naheliegender Einwand gegen unser Kriterium 
abzuweisen: Die absolute Tonhöhe ist abhängig von den Ausmaassen des 
Klangkörpers, und diese Abhängigkeit, könnte man sagen, beschränke 
— nach dem oben (S. 604) aufgestellten Grundsatz — die Variabilität des 
Merkmals. Man würde die Dimensionen etwa so wählen, wie sie für die 
Herstellung und Handhabung des Instrumentes am bequemsten sind, und 
so würden sich immer wieder ungefähr dieselben Grössen (und Tonhöhen) 
ergeben. Abgesehen davon, dass innerhalb der Bequemlichkeitszone den 
Maassen immer noch ein weiter Spielraum bliebe, ist diese Ansicht 


1) Prinzipiell ist es allerdings möglich, dass einfache Konstruktionsverfahren, 
wie der pythagoreische Quintenzirkel, auch ohne konkrete Modelle übertragen 
werden. 

2) In diesem beschränkten Sinne können denn auch Instrumentalleitern als 
akzessorische Merkmale gelten. 

3) Die „guten“ Stücke zeichnen sich meist schon durch die sorgfältigere Faktur 
und die sichtbaren Spuren langen Gebrauchs aus; vor allem aber durch die innere 
(1esetzmässigkeit der Tonreihen selbst: konstante Intervallgrössen, reine Oktaven, 
genaue Übereinstimmung von paarweise zusammengehörigen Instrumenten usw. 
Dies alles sind objektive, hypothesenfreie Qualitätskriterien. 

4) Vgl. Graebners „Kriterium des Verwandtschaftsgrades* (Methode IV, 3 A, 
S 13). 


610 von Hornbostel: 


schon dadurch widerlegt, dass tatsächlich die meisten Instrumente in allen 
möglichen Grössen vorkommen, z. B. mannshohe Panpfeifenrohre neben 
kaum zolllangen. Würden anstatt der absoluten Tonhöhen die Maasse fest- 
gelegt und nachgebildet, so hätte man an ihnen ein ebensogutes Ver- 
wandtschaftskriterium: auch sie sind genau (zahlenmässig) determinierbar, 
fast unbegrenzt variabel und unabhängig vom Zweck des Instruments. 
Wenn überdies die Funktionsbeziehung zwischen den Schwingungszahlen 
und den Dimensionen des Klangkörpers bekannt ist, so lassen sich die 
einen auf die anderen zurückführen, und man hätte nur zwei Ausdrücke 
für eine Sache!). Auch diesen Umstand kann man sich gelegentlich 
zunutze machen, z. B. um die Tonhöhe eines zerbrochenen Pfeifenrolirs 
zu ermitteln. 

Maasse, die mit der Tonhöhe nichts zu tun haben, können ebenso (und 
besser) als Verwandtschaftskriterien benutzt werden, wie andere ergo- 
logische Merkmale. Die letzteren wird man immer mitberücksichtigen, 
und in vielen Fällen ist man auf sie allein angewiesen; es sei aber noch- 
mals betont, dass sie im allgemeinen zwar sinnfälliger, aber keineswegs 
beweiskräftiger sind, als das akustische Kriterium. 

Unter den Iustrumenten mit fester Stimmung, die ja allein für Ton- 
messungen in Betracht kommen, verdienen das Xylophon und die Pan- 
pfeife den Vorzug, weil ihre Töne von der Spielweise (Art und Stärke 
des Anschlagens bzw. Anblasens) und klimatischen Faktoren (Temperatur, 
Luftfeuchtigkeit) kaum beeinflusst werden. Auch sind diese Instrumente 
besonders leicht abstimmbar und werden daher die Intention der Verfertiger 
sehr genau repräsentieren °). 

An zwei Beispielen, die den beiden ebenerwähnten Typen angehören, 
sei noch die Anwendung des Kriteriums der absoluten Tonhöhe erläutert. 
1. Die Frage, ob das afrikanische Xylophon autochthon oder aus Südost- 
asien importiert ist, ist schon vielfach diskutiert, aber bisher nicht ent- 


1) Bei Pfeifenrohren ist die Tonhöhe annähernd eine lineare Funktion der 
Rohrlänge. Tatsächlich werden in Melanesien — nach Ermittlungen von Herrn 
Prof. Aug. Krämer und Herrn Dr. Thurnwald — beim Schnitzen von Panpfeifen 
zunächst die (inneren) Rohrlängen durch Ausloten mit einem Stäbchen bestimmt: 
die Feinahstimmung erfolgt dann aber doch nach dem Gehör. Umgekehrt leiten 
die Chinesen ihr ganzes Maasssystem von Pfeifenrohren von bestimmter Tonhöhe 
ab, wobei ausser der Länge auch der Querschnitt berücksichtigt wird (Laloy, Le 
S. 51). Instrumente mit komplizierteren Abhängigkeiten (Stäbe, Glocken) werden 
auch bei Kulturvölkern nur nach dem Gehör abgestimmt. (Vgl. Stumpf, Anfänge 
d. Musik, S. 94f.) 

2) Metallophone können durch (starke) Temperaturdifferenzen in ihrer 
Stimmung beeinflusst werden, ebenso Glocken, die auch schwerer abzustimmen sind. 
Flageoletts sind schon bei der Herstellung manchen Zufälligkeiten ausgesetzt und 
durch die Anblasestärke sehr veränderlich; mehr noch andere Blasinstrumente 
(Flöten, Klarinetten, Oboen). Bei Saiteninstrumenten mit Bünden oder dergleichen 
ist die Spannung nicht ganz ohne Einfluss auch auf die Intervalle. Mit der nötigen 
Vorsicht sind aber auch diese Instrumente alle für akustische Untersuchungen 
brauchbar. Bei Museumsexemplaren muss man natürlich auch auf den Erhaltungs- 
zustand achten, der namentlich bei den afrikanischen Lamellenserien (Sansas) selten 
vertrauenerweckend ist. 


Akustisches Kriterium über Kulturzusammenhiinge. G11 


schieden worden. Gegen diesen Zusammenhang ist vor allem geltend ge- 
macht worden, dass die afrikanischen Repräsentanten Kürbisresonatoren 
haben, die sowohl den hinterindischen, als den javanischen fehlen; und 
dass das Instrument in Madagaskar nicht vorkommt!). Das erste Argument 
scheint mir deshalb nicht ausschlaggebend, weil es auch in Afrika viel- 
fach einfache Xylophone ohne Resonanzeinrichtung gibt und es leicht 
möglich ist, dass ein importiertes Instrument nachträglich vervollkommnet 
wird. Auch in Java besitzen manche Metallophone — die doch sicher 
eine späte Abart der Klangstabserien darstellen — Resonatoren aus Bambus. 
Das Fehlen des Xylophons in Madagaskar andererseits kann höchstens 
beweisen, dass es nicht zu den indonesischen Kulturschichten gehört, die 
heute noch auf dieser Insel anzutreffen sind; es könnte von dort nach dem 
Kontinent zurückgedrängt sein?), oder diesen von einer anderen Einbruchs- 
stelle aus erobert haben. 

Es ist nun auffallend, dass manche afrikanischen Xylophonleitern dem 
System aus sieben gleichen Stufen sehr nalıekommen, das für die Musik 
der hinterindischen Kulturvölker charakteristisch ist. Aber dies würde, 
wie oben (S. 607) ausgeführt, einen Zusammenhang noch nicht beweisen. 
In der folgenden Tabelle I. (S. 613) sind dagegen die absoluten Ton- 
höhen (Schwingungszahlen) zusammengestellt, die auf einigen birma- 
nischen und zwei afrıkanischen Xylophons gefunden wurden. Das erste 
Exemplar wurde von A.J. Ellis im South-Kensington- Museum in London’), 
das zweite von mir im National-Museum in Washington, das letzte im 
Hamburger und die übrigen im Berliner Völkerkundemuseum gemessen?). 
Die gute Übereinstimmung der vier birmanischen Patalas gestattet, die Mittel 
zu nehmen (V. Horizontalrubrik), die denn auch mit der (von 408 aus) 
berechneten temperierten siebenstufigen Leiter (VI. Rubrik) fast absolut 
genau zusammenfallen. Man darf also wohl die letztere Reihe als die 
birmanische Normalstimmung betrachten. Diese findet sich nun, wie 
ein Blick auf die beiden letzten Rubriken zeigt, sowohl auf dem sehr 
schönen Bavenda-Xylophon der Berliner, als auf dem Mandingo-Exemplar 
der Hamburger Sammlung wieder, ist also für die äussersten Grenzen des 
afrikanischen Verbreitungsgebietes gesichert. Es soll damit natürlich nicht 
behauptet werden, dass alle afrikanischen Xylophone birmanischen Mustern 
nachgebildet sind; auch siamesische — die sich von den birmanischen 
nicht im Tonsystem, wohl aber in den absoluten Tonhöhen unterscheiden 
— und selbst javanische könnten nach Afrika gelangt sein. . 

Auch der Umfang der Leitern — von denen in die Tabelle nur die 
im oben (S. 609) definierten Sinn „besten“ Oktavenausschnitte aufgenommen 


1) Vgl. Ankermann, Die afrikan. Musikinstrumente, Ethnol. Notizblatt, Mus. 
f. Völkerk. Berlin, III (1901) S. 131£. 

2) Auch nach Java dürfte das Xylophon aus Hinterindien gekommen sein, 
trotzdem es auf Sumatra fehlt. 

3) L. e. S. 506. 

4) Den Verwaltungen der genannten Museen bin ich für ihr liebenswürdiges 
Entgegenkommen sehr zu Dank verpflichtet. 


612 von Hornbostel: 


sind!) — spricht für ihre Zusammengehörigkeit. Das zweite und dritte 
Patala (mit 25 bzw. 23 Stäben) beginnen beide mit (theoretisch) 606, das 
erste birmanische (25 Stäbe) und das Bavenda-Instrument (22 Stäbe) beide 
mit 669; der zweite Typus erscheint also gegenüber dem ersten nach unten 
um eine Stufe verkürzt. Die höchsten Töne sind identisch beim zweiten 
und vierten (20 Stäbe) birmanischen und dem Mandingo-Xylophon (16 Stäbe), 
und zwar alle drei = (theoretisch) 4082). Nimmt man hiernach als Nor- 
maltypus ein Instrument mit 25 Stäben an, dessen Umfang sich über 
3 Oktaven + 1 Quart, von 606 bis 408 erstreckt — also das Washingtoner 
Patala —, so lassen sich die übrigen leicht als Verkürzungen dieser Ton- 
reihe verstehen; nur dem Londoner Exemplar ist an Stelle des fehlenden 
tiefsten noch ein Stab in der Höhe zugefügt. 

2. Überblickt man die mannigfachen Formen der Panpfeife und ihre 
Verbreitung über deu Erdball, so kann einem die merkwürdige Tatsache 
nicht entgehen, dass doppelreihige Typen — d. h. solche, die neben 
jedem geschlossenen Rohr ein offenes (ungefähr gleich langes?)) besitzen, 
das die höhere Oktave gibt — nur in zwei beschränkten, aber voneinander 
weit getrennten Gebieten vorkommen: auf den Salomoinseln und im west- 
lichen Polynesien (Fiji, Saınoa) einerseits, andererseits in Peru (auch prä- 
kolumbianisch) und Bolivien. Auch die für die Salomonen-Panpfeifen 


charakteristische Ligatur — flache Stäbe mit kreuzweis aufliegenden 
Fäden?) — findet sich in Südamerika (Peru, Brasilien) wiederd). Die 


Untersuchung einiger nordwestbrasilischer Panpfeifen hatte ein selir 
eigenartiges Tonsysten ergeben, das durch eine Art Quartenzirkel unter 
Orientierung an den Überblasungstönen zustande kommt). Dieselbe, 
nicht zu verkennende Intervallreihe weist nun eine Panpfeifenserie auf, die 
Herr Dr. Thurnwald aus Bambatana (an der Westküste von Choiseul) 
mitbrachite’). So künstlich die Bildungsweise dieses Tonsystems und so 
unwahrscheinlich seine mehrmalige Erfindung auch ist — denn auch mit 
Hilfe der Uberblasungsténe kann man zu verschiedenen Systemen ge- 


1) Manche Xylophontöne, namentlich die tiefsten, sind auch wegen ihres ge- 
räuschverhüllten Klanges schwer zu messen und wohl auch schwer genau abzu- 
stimmen. Unsichere Werte sind in der Tabelle eingeklammert. — Die Leitern 
werden in grösserem Zusammenhang ausführlicher mitgeteilt werden. 

2), Die römischen Ziffern der Tabelle bezeichnen die Ordnungszahlen der 
Stäbe; aus ihnen und der Gesamtzahl kann man die Einrichtung leicht ersehen. 

3) Nur die Panpfeifen der Aymara haben als Oktavpfeifen geschlossene Rohre 
von halber Länge. 

4) Buka scheint ein Übergangsgebiet zu bilden: die Panpfeifen sind noch doppel- 
reihig (auf Nissan schon nicht mehr!), aber mit der für den Bismarckarchipel cha- 
rakteristischen „Stufenligatur* gebunden. (Vgl. die Abb. bei Schnee, Bilder aus 
der Südsee 1904 und Meyer u. Parkinson, Album von Papuatypen 1.) 

9) Allerdings ähnlich auch anderwärts, z. B. in Oberiigypten. 

6) Betreffs der Einzelheiten muss ich auf meine Notiz bei Koch-Griinberg, 
Zwei Jahre unter den Indianern II. (1910) verweisen. 

X) Jetzt im K. Museum für Völkerkunde in Berlin (noch nicht inventarisiert). 
Ich muss mich hier wieder auf eine vorläufige Besprechung zweier (von mir mit G 
und K bezeichneter) Exemplare beschränken und deren genauere Behandlung unter 
Berücksichtigung eines dritten einer später erscheinenden Mitteilung vorbehalten. 


613 


Akustisches Kriterium über Kulturzusammenhänge. 


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614 von Hornbostel: 


langen —, so wird der Beweis eines Zusammenhangs doch erst durch 
Übereinstimmung der absoluten Tonhöhen gefestigt. 

Tabelle II. (S. 613) enthält in der ersten Rubrik die Schwingungs- 
zahlen zweier vollkommen gleichgestimmter Panpfeifen der Uanana, 
eines Indianerstammes am Rio Caiary-Uaupes (V. B. 6322/23), soweit sie 
hier in Betracht kommen; in der zweiten Rubrik stehen die auf Grund 
der Quartenzirkelhypothese (von 481,5 aus) berechneten Werte; in den 
beiden letzten die Tonhöhen der Salomonen-Instrumente. Namentlich die 
höheren Töne der letzteren entsprechen, wie man sieht, der Theorie noch 
genauer, als die brasilische Leiter, aus der sie abgeleitet ist, selbst?). 
Dies ist vielleicht mehr als eine Bestätigung der Hypothese über die Leiter- 
bildung: nämlich auch ein Anzeichen dafür, dass die Bambatanapanpfeifen 
der ursprünglichen Tradition näherstehen, als die brasilischen. Für letztere 
glaube ich die Abstammung von altperuanischen Modellen wahrschein- 
lich gemacht zu haben. Man muss also, gleichen Ursprung für beide vor- 
ausgesetzt, auch für die Choiseul-Stimmung eine sehr weit zurückreichende 
und treu gepflegte Tradition annehmen. Eine solche ist auch, wenigstens 
in dem benachbarten Süd-Bouginville, von Herrn Dr. Thurnwald tat- 
sächlich beobachtet worden: von den alten Modellinstrumenten, die sich 
in den Händen der Oberhäuptlinge befinden, wird bei besonders 
festlichen Gelegenheiten — nämlich vor einer grösseren Aufnahme- 
feier in den Blutracheverband (unu) — in einem zeremoniellen Tanz 
die Stimmung auf die neugefertigten Instrumente übertragen’). 

Obwohl die brasilischen Panpfeifen nicht doppelreihig sind, so ist ihre 
Einrichtung doch der der melanesischen nahe verwandt. Auf jenen ist der 
Quartenzirkel über zwölf Rohre fortgeführt und nur die fünf letzten geben 
Oktaven tieferer Töne. Von den neun Rohren der Bambatanapfeifen 
bilden VII—IX beidemale die Oktaven von II—IV; V und VI auf G 
sind identisch mit II und III auf K., wodurch die Tonreihen der beiden 
Instrumente aneinandergeschlossen werden. Würde auf dieselbe Weise 
noch eine dritte Panpfeife gleicher Konstruktion angefügt, so wäre das 
zwölfstufige Gesamtsystem, wie es die brasilischen Exemplare aufweisen, 
vollständig?). Der stärkste Beweis der Zusammengehörigkeit liegt aber 
darin, dass der tiefste Ton des Salomonensystems, GI], nicht, wie 
der analoge der kleineren Panpfeife (K I), die tiefere Oktave von VI 
bildet, sondern mit dem tiefsten Ton des brasilischen Systems‘) 
identisch ist (vgl. oben S. 608). Die Übereinstimmung ist also so 


1) Übrigens sind auch die Abweichungen der Instrumente voneinander — ausser 
bei II — so gering, dass sie bei direkter Konfrontation nur bei sehr aufmerksamem 
Hinhören merklich sind. 

2) Gerade bei Musikinstrumenten dürfte häufig ein religiöses, oder doch ethisches 
Moment lange unveränderte Erhaltung begünstigen. 

3) Die 5.612 Anmerk.7 erwähnte dritte Bambatanapanpfeife repräsentiert diese 
Ergänzung annäherungsweise, bringt aber zugleich eine Komplikation in das System, 
deren Erläuterung hier zu weit führen würde. Dagegen scheint ein Exemplar im 
Besitz des Chicagoer Field-Museum (98547, „Neu-Irland* [!? ?]) das missing link dar- 
zustellen. 

4) 414,5 ist ein Mittelwert aus mehreren Messungen. 


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Akustisches Kriterium über Kulturzusammenhänge. 615 


vollständig und so genau, wie in keinem der bisher beobachteten ähn- 
lichen Fälle, und es ist zu hoffen, dass der hier konstatierte Kultur- 
zusammenhang durch die Auffindung weiterer Parallelerscheinungen be- 
stätigt werde. — 

Zusammenfassend möchte ich noch einmal den Unterschied zwischen 
Tonverhältnissen (Intervallen) und absoluten Tonhöhen betonen. 
Sie verhalten sich zueinander so, wie Maasssystem und Maasseinheit. Ein 
und dasselbe Maasssystem, etwa das Dezimalsystem, das durch die Zahl 
der Finger, oder das Duodezimalsystem, das durch die Mondphasen nahe- 
gelegt ist, mag da und dort unabhängig gefunden werden; die Maasseinheit 
aber, der Zentimeter oder Inch, ist gänzlich willkürlich und in höchstem 
Grade variabel, ohne den Zweck zu verfehlen. So unterliegt das Ton- 
system häufig psychologischen oder mechanischen Bedingungen, die Inter- 
valle sind ein durchaus wesentlicher Faktor in der Musik; die absolute 
Tonhöhe dagegen ist, wie man a priori vermuten kann, urd wie alle bis- 
herigen Erfahrungen bestätigt haben, für den Musiker irrelevant. 

Das Kriterium der absoluten Tonhöhen erfüllt also aufs beste alle 
Anforderungen, die man an ein Kriterium für Kulturzusammenhinge stellen 
kann. Es ist unabhängig vom Zweck des Objekts und seiner 
Handhabung: es ist aussermusikalisch, wie die Einheit aussermathe- 
matisch ist. Die absolute Tonhöhe ist ferner in so weiten Grenzen 
variabel, dass zufällige Koinzidenzen einen sehr hohen Grad 
von Unwahrscheinlichkeit hätten. Es lässt sich endlich die Ge- 
nauigkeit der Übereinstimmung zahlenmässig angeben und daher 
die Anwendung des Kriteriums und die Bewertung seiner Beweiskraft in 
jedem einzelnen Falle der subjektiven Willkür entziehn. 


Anthropologische Fachsitzung vom 7. Juli 1911. 
Vorträge: 


Hr. Paul Bartels: Zur Anthropologie und Histologie der Plica semilunaris 
bei Herero und Hottentotten. Mit Lichtbildern. i 

Hr. Max Koch: Vorlage von pathologisch verdickten Schädeln. 

Hr. R. Burger: Demonstration eines Apparates fiir Kopfmessungen. 


Vorsitzender: Hr. Felix von Luschan. 
(1) Hr. Paul Bartels hält den angekündigten Vortrag: 


Zur Anthropologie und Histologie der Plica semilunaris bei Herero 
und Hottentotten. 


Der Vortragende bespricht unter Berücksichtigung früherer Arbeiten 
von Giacomini, Eversbusch, Romiti, Adachi, Miklucho-Maclay, 
H. Virchow u.a. einige an etwa 50 Schnittserien gewonnene Ergebnisse 
der Untersuchung seines eigenen Materiales (8 Hereros, 17 Hottentotten, 
einige Anthropoide), vor allem die relative Häufigkeit (48 pCt.) des Vor- 
kommens eines im Grunde der Plica semilunaris gelegenen Knorpel- 
stiickes, das Giacomini bei Afrikanern in 75 pCt., Adachi bei Japanern 
in 25 pCt. der Fälle gefunden haben, und das bei Affen konstant, bei 
Weissen äusserst selten (Giacomini: 0,73 pCt.) zu sein scheint; die Form 
des Knorpels, seine Lage, Struktur (elastischer Knorpel), Beziehungen zur 
Muskulatur (Ansetzen glatter Muskelfasern in mehreren Fällen, gestreifter 
beim Orang) werden geschildert; ferner werden die Drüsen der Caruncula 
und der Plica, unter letzteren zum ersten Male solche der nasalen Seite, 
beschrieben. Zum Schluss werden Abbildungen der wichtigsten Präparate 
in Lichtbildern vorgeführt. — Der Vortrag wird in erweiterter Form dem- 
nächst im Archiv für mikroskopische Anatomie erscheinen. 


Diskussion. 


Hr. Hans Virchow drückt Befriedigung aus, dass bei diesen genauen 
Untersuchungen so viele morphologisch beachtenswerte Tatsachen gefunden 
worden seien, und äussert im Anschluss daran den Wunsch, dass auch 
eine grössere Zahl von Juropäer-Plicae ebenso planmässig untersucht 
werde; denn sonst bestehe Gefahr mangels geeigneten Vergleichsmaterials, 
dass man etwas als Merkmal farbiger Rassen ansehe, was es doch viel- 
leicht nicht in dem angegebenen Umfange sei. Dies betreffe z. B. das 
IKnorpelstück. Wenn mit Rücksicht auf dieses über ein halbes Tausend 


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—_ <== 


P. Bartels: Plica semilunaris, 617 


von Europäern berichtet werde, so könne die Untersuchung doch nur 
präparatorisch, also nicht so genau wie mit Schnittserie gemacht sein. 
Sodann sei auch noch auf strenge Einhaltung der topographischen Ver- 
hältnisse zu dringen, was freilich bei der Natur des zur Verfügung 
stehenden Materials nicht immer möglich ist. An den Schnitten von 
konserviertem Material ist oft schwer zu sagen, wie die Plica aussah, und 
selbst, wo ihre Grenzen lagen. Hr. Bartels hat z. B. den Knorpel beim 
Schimpansen, wie ein Projektionsbild zeigt, gar nicht in der Plica, sondern 
unterhalb der Basis derselben gefunden. Ich habe ihn bei einem Macacus 
(s. meine Bearbeitung der Conjunctiva iu Handbuch der Augenheilkunde 
von Gräfe und Sämisch, Abb. 157) in der Mitte der Plica, eher noch 
dem oberen Ende näher, gesehen. Ehe man daran gehen darf, solche 
Befunde morphologisch zu verwerten, muss man wissen, ob die Orien- 
tierung topographisch ganz streng ist. 

Hr. P. Bartels stimmt den hinsichtlich des Häufigkeitsgrades bei 
Weissen vorgebrachten Bedenken, die ihm selbst gleichfalls zuweilen 
aufgestiegen sind, insofern zu, als er ebenfalls bei Verfeinerung der 
Untersuchungsmethode ein Anwachsen der Prozentzahl beim Weissen 
für nicht unmöglich hält; doch glaubt er, dass schon ex consensu 
omnium geschlossen werden könne, dass jedenfalls das Vorkommen des 
Knorpelstückes beim Weissen als eine sehr grosse Seltenheit betrachtet 
werden müsse, da die Plica semilunaris in sehr vielen histologischen 
Spezialarbeiten geschildert werde, ohne dass das Knorpelstück überhaupt 
nur Erwähnung fände; wenn: es aber, wie in den Arbeiten von Alt, 
Fleischer und Pichler einmal in einem Einzelfall gefunden wurde, so 
werde es stets als eine Art Kuriosität betrachtet. 


(2) Hr. Max Koch demonstriert im Anschluss an seinen am 
13. Juli 1909 gehaltenen Vortrag über einen Scl.ädel mit Leontiasis ossea 
eine Anzahl von Originalen und Abgüssen 


pathologisch verdickter Schädel, 


die seinerzeit nur im Lichtbilde vorgeführt werden konnten, und zwar 

1. das Original des von Malpighi 1697 beschriebenen, später im 
Kunstkabinet des Herzogs von Modena aufbewahrten Schadels. Der 
Schädel befindet sich jetzt in der Sammlung des pathologischen Instituts 
der Universität Modena, deren derzeitiger Direktor, Hr. Professor Dionisi, 
ihn dem Vortragenden in dankenswerter Weise zur Verfügung stellte. 
Der Schädel, über dessen Fundunistände nichts bekannt ist, frappiert 
weniger durch seinen Umfang und seine Missgestaltung als durch sein 
Gewicht, das im Verhältnis zu seiner Grösse kolossal genanut werden 
muss. Es beträgt nach Malpighis Angabe 10 Bologneser Did. (3050 g), 
wobei noch in Betracht zu ziehen ist, dass der Unterkiefer und der rechte 
Teil des Oberkiefers fehlen und linkerseits in der Gegend der Lambda- 
naht ein recht beträchtlicher, merkwürdiger Defekt vorhanden ist. Die 
Nähte und die Öffnungen an der Basis fehlen meistenteils, die Schädel- 
höhle ist stark reduziert. Der Schädel ist ausserdem beträchtlich schief, 

Zeitschrift für Ethnologie: “Jahrg. 1911. Hoft 3 u. 4. 40 


618 Max Koch: 


seine Dicke beträgt 1 bis 3 cm. Das Aussehen des Knochens ist überall 
elfenbeinartig. Vom Vortragenden angefertigte Schliffe zeigen aussen und 
innen konzentrisch angeordnete Knochenlamellen, dazwischen in einer 
Breite von 15 mm unregelmässig netzartig gebauten Knochen. Die von 
Hrn. von Hansemann nach Malpighis Beschreibung („In medio cranii 
in sincipite non longe a sutura sagittali eminebat tumor quidam latitudinis 
fructus cerasorum et elevabatur ad altitudinem crassitiei fructus amygda- 
larum absque cortice*) als Exostose aufgefasste Veränderung ist ausser- 
ordentlich unbedeutend, so dass der Schädel deshalb keinesfalls zu den 
Schädeln mit Exostosenbildung (der Leontiasis ossea im engeren Sinne 
nach von Hansemann) gerechnet werden kann. 

2. Den Gipsabguss des von Paolo Gaddi 1863 beschriebenen 
Schädels, der bei Villa San Cassiano (Emilia) auf einem christlichen 
Kirchhof ausgegraben wurde, der seit 800 Jahren verlassen war. Das 
Original dieses Schädels ist nach den Angaben des Hrn. Professors 
Dionisi, der auf Veranlassung des Vortragenden Nachforschungen in 
San Cassiano anstellte, verschollen, der Abguss gehört dem Pathologischen 
Institut der Universität Modena. Der Schädel von San Cassiano ist wohl 
der imposanteste aller überhaupt beschriebenen. In seiner Beschreibung 
spricht Gaddi unabhängig von Virchow von einer „fisognomia leonina“; 
der pathologische Prozess wird von ihm als Cephalosclerosis rachitica be- 
zeichnet. 

3. Das Original des von Wrany (Viertelj. f. Heilkunde 1867) be- 
schriebenen und abgebildeten Schädels des Johann K. aus Prachatitz, der 
als Jüngling von einem Wagen mit dem Kopf an eine Mauer gedrückt 
wurde. Von den erhaltenen Verletzungen blieb eine kleine Anschwellung 
des Unterkiefers zurück, aus welcher sich später eine sehr beträchtliche 
Hyperostose dieses Knochens entwickelte. An diese schloss sich weiter 
eine Hyperostose des Oberkiefers und des Hirnschädels. Er starb, nach- 
dem er eine Zeitlang stark unter Kopfschmerzen gelitten, an Melancholie 
und Tobsucht. 

4. Das Original des mit der Bez. 83 versehenen Schädels aus der 
Prager Sammlung, über den klinische Angaben nicht vorliegen. Von der 
Verdiekung betroffen sind Oberkiefer, Unterkiefer uud die linke 
Schädelseite. 

5. Eine Calvaria mit teilweise hyperostotischem Stirnbein und einem 
verdickten Unterkiefer mit der Bez. 3859a aus der Prager Sammlung, 
über die keine weiteren Angaben zu erhalten waren. Ein vom Vortragen- 
den angefertigter Schliff durch die ganze Dicke (3 cm) des Stirnbeins 
zeigt in der Mitte durchgehend netzartig angeordneten Knochen, keine 
periostealen Auflagerungen. Die unter 3 bis 5 erwähnten Präparate wurden 
dem Vortragenden von dem Direktor des pathologisch-anatomischen Instituts 
der Deutschen Universität in Prag, Herrn Professor Kretz bzw. Herrn 
Professor Ghon in liebenswürdigster Weise zur Verfügung gestellt. 

Endlich demonstriert Vortragender noch Photographien eines Schädels 
mit Leontiasis ossea und eines mit wirklichen Exostosen aus der Sammlung 
des Senckenbergischen Museums in Frankfurt a M. Die Originale beider 


Pathologisch verdickter Schädel. 619 


Schädel waren anlässlich des Internationalen zahnärztlichen Kongresses in 
Berlin ausgestellt, die Aufnahmen wurden mit Erlaubnis von Herrn 
Professor Bernh. Fischer in Frankfurt von Herrn Professor Dieck in 
liebenswürdiger Weise hergestellt. Beiden Herren sei auch an dieser 
Stelle bestens gedankt. 


Diskussion. 


Hr. v. Luschan: Ich danke Hrn. Kollegen Koch für seine ausser- 
ordentlich interessanten Vorlagen und beglückwünsche ihn besonders 
dazu, dass er uns den durch Malpighis Beschreibung ehrwürdigen 
Schädel von Modena im Original und den leider verschollenen von San 
Cassiano in einem so guten Faksimile vorlegen konnte. 

Meinerseits möchte ich zu dem Schädel von Modena nur bemerken, 
dass ich eine Erklärung für den sonderbaren Defekt auf der linken Seite 
sefunden zu haben glaube. Lage und Form dieses Defektes scheinen 
mir nur die eine Deutung zuzulassen, dass hier ein os Incae laterale 
dextrum vorhanden gewesen war, das nach dem Tode verloren ge- 
gangen ist. 

Ich habe bei Dr. Krantz in Bonn einen Ausguss der Hirnkapsel 
herstellen lassen, der in vollendeter Art die Form des Gehirns jenes 
Menschen wiedergibt. Ich werde auf der Anthropologenversammlung in 
Heilbronn diesen und eine Reihe anderer Ausgüsse vorlegen und möchte 
einstweilen nur hier erwähnen, dass er viel besser, als es an dem Original 
zu erkennen möglich ist, zeigt, dass das Gehirn in der Richtung gegen 
den Incaknochen förmlich ausgebaucht ist. Man kann den Befund nicht 
anders verstehen, als dass man annimmt, der Incaknochen hätte eine 
regio minoris resistentiae abgegeben und sei dann seinerseits durch das 
sicher unter ausserordentlich hohem Druck stehende Hirn nach aussen 
gedrängt worden. Eine Bestätigung dieser Ansicht ist in einem Befunde 
auf der rechten Seite des Schädels zu erblicken; da findet sich in der 
Pteriongegend ein grosses Epiptericun, das ringsum von deutlich er- 
haltenen Nähten begrenzt und deutlich vorgewölbt ist. 

Im Innern des Schädels aber entspricht diesem Epiptericum eine 
etwa 2 cm hohe Vertiefung, etwa von der Form einer dreiseitigen Pyra- 
mide, die, wie der Ausguss zeigt, auch von Hirnmasse ausgefüllt war. 
Ganz sicher war auch durch dieses Epiptericum auf der rechten Seite 
eine ähnliche regio minoris resistentiae geschaffen, wie links durch den 
seitlichen Inkaknochen. 

Das rechte Epiptericum sitzt scheinbar ganz fest in der Schädelwand, 
ich habe aber den Eindruck, dass es ohne weiteres durch Druck von 
innen aus seinen Verbindungen gelöst werden könnte und hinausfallen 
würde, wenn man den Schädel etwas aufweicht. Es würde dann in der 
rechten Pteriongegend ein Befund entstehen, der dem links hinten, wo 
der Inkaknochen ausgefallen scheint, durchaus analog ist. 

Noch möchte ich darauf aufmerksam machen, dass der Schädel trotz 
seines ungeheuren Gewichts (in seinem gegenwärtigen defekten Zustand 
3058 g!) sicher von einem ganz jugendlichen Individuum stammt; zwar 

40* 


620 Burger: Kopfmessapparat. 


sind die Nähte des Schädeldaches alle verstrichen, — suturae nullae, sagt 
Malpighi — aber die Sphenobasilarfuge ist noch offen. 


(3) Hr. Burger: 
Demonstration eines Apparates für Kopfmessungen. 


Diskussion. 


Hr. v. Luschan: Ich danke Hrn. Burger für seine sorgfältige und 
interessante Demonstration; ich fürchte freilich, dass der Apparat in den 
Kreisen der Anthropologen wenig Freunde finden wird und ich bin sicher, 
dass man ihn niemals auf Reisen in wenig bekannten Ländern wird an- 
wenden können, da primitive Menschen sich das Aufsetzen eines derart 
lebensgefährlich erscheinenden Apparates nicht leicht gefallen lassen, aber 
ich kann mir gut vorstellen, dass ein Apparat, der wie dieser auch ganz 
unbedeutende Asymmetrien metrisch genau zu fassen erlaubt, für die 
Zwecke einer psychiatrischen Untersuchung und vielleicht auch für die 
von Bildhauern manchmal recht nützlich sein kann. 


Hr. Virchow fragt nach dem Preise des Apparates. 
Hr. Burger gibt denselben mit 120 Mk. an. 


Hr. Dr. Bartels fragt, ob das Anlegen des Apparates für den zu 
Untersuchenden unangenehm sei und lässt sich den Apparat anlegen. Er 
gibt danach gleichfalls dem Bedenken Ausdruck, dass sich diese Prozedur 
jedenfalls nur wenige Menschen gefallen lassen dürften, zumal der Be- 
treffende darin kaum den Mund zu öffnen vermag. 


Sitzung vom 15. Juli 1911. 


Vorträge: 


Hr. Wilhelm Kissenberth: Uber die hauptsächlichsten Ergebnisse der 
Araguaya-Reise. Mit Lichtbildern. 


Vorsitzender: Hr. Hans Virchow. 


(1) Verstorben ist im Alter von 68 Jahren der Professor Alessandro 
Prosdocimi in Este, korrespondierendes Mitglied seit 1889. Die reichen 
Nekropolen in der Umgebung von Este sind von ihm in mehreren Auf- 
sätzen bearbeitet worden. 


(2) Neue Mitglieder: 

Hr. Pater Fr. Biallas in Berlin, 

Hr. Pfarrer Johannes Dahse in Freirachsdorf, 

Hr. Professor Dragendorff in Berlin, 

Hr. Kaufmann Ernst Lentz in Gross-Lichterfelde, 
Niederösterreichische Landesbibliothek in Wien, 

Hr. Adolphe Riff in Strassburg i. E., 

Hr. Dr. Alfred Schachtzabel in Friedenau, 
Staatswirtschaftliches Institut an der Universität Kiel. 


(3) Ein Denkmal für Gerhard Rohlfs soll in seiner Vaterstadt 
Vegesack errichtet werden. Beiträge sind einzuzahlen an die Stadtkasse 
in Vegesack bei Bremen (Rohlfs-Denkinalfond). 


(4) Am 10. Juli hat Hr. Hubert Schmidt Mitgliedern der Gesell- 
schaft in der prähistorischen Abteilung des Museums für Völkerkunde die 
Funde von den Ausgrabungen in Cucuteni erläutert, über welche er in 
der Juni-Sitzung vorgetragen hatte. 


(5) Hr. O Hauser teilt in Ergänzung seines Briefes vom 6. April 
d. J. (s. S. 308) mit, vom Ministerium sei der Gesetzentwurf, welcher die 
Ausgrabungen hindern sollte, als in seinen Folgen zu weitgehend zurück- 
gezogen worden (conf. „L'homme préhistorique“ Nr. 3, Mars 1911, er- 
schienen im Juni 1911 p. 94ff., herausgegeben von Dr. Chervin und 
A. de Mortillet). — Hr. Hauser hat in der Laugerie intermédiaire, 
Station 14, von Dezember 1910 bis Februar 1911 Abdeckungsarbeiten 


622 H. Virchow: Langes Steissbein. 


machen lassen. Mitte Febfuar d. J. begannen die eigentlichen Unter- 
suchungen dieser sehr mächtigen Solutrée-Ablagerung; dieselben sollen 
bis zum November fortgesetzt werden. Die reichen Funde liefern 
ein geschlossenes Bild. Ganz besondərs wichtig und zum ersten Male 
einwandfrei belegt ist das Vorkommen formvollendeter Gravüren im 
Solutreen. 

In einem Briefe vom 30. Juni fordert Hr. Hauser dazu auf, dass 
Mitglieder der Gesellschaft, welche einen Besuch der Dordogne vorhaben, 
die stratigraphisch klar zu Tage liegenden Schichten in mehreren der 
paläolithischen Stationen mit den Plänen und Photographien vergleichen. 


(6) Hr. Hans Virchow macht eine kurze Mitteilung über ein 


Becken mit ungewöhnlich langem Steissbein. 


Es handelt sich um ein männliches, im Jahre 1903 ausmaceriertes Becken. 
Die Länge des Steissbeines ist 60 mm. 
Die Länge der einzelnen Wirbel, als 
Mittel aus den dorsalen und ventralen 
Massen, ist am ersten Wirbel 15, am 
zweiten 14,5, am dritten 18,5, am 
vierten 9, am fünften 2 mm. Das 
ergibt die Summe von 59 mm. Die 
Differenz von 1 mm zwischen dieser 
Summe und dem direkten Mass ist 
auf die beiden vorhandenen Band- 
scheiben zu rechnen. 

Leider kann ich nicht angeben, 
in welchem Grade diese Länge un- 
gewöhnlich ist, da ich in den Hand 
büchern, die ich eingesehen habe, 
überhaupt keine Angaben über die 
Länge des Steissbeines fand. Ich 
kann nur sagen, dass ich nach meinen 
Erfahrungen dieses Steissbein für 
sehr ungewöhnlich entwickelt ansehen 
muss. 

Man könnte ja nun denken, dass 
in diesem langen Steissbein eine 

Abb. 1. grössere Anzahl von Wirbeln ent- 

halten ist. Indessen das ist nicht der 

Fall. Es sind ihrer nur fünf. Die ungewöhnliche Länge ist in erster 
Linie durch die grosse Länge des dritten Steisswirbels bedingt. 


(7) Hr. Hans Virchow macht eine kurze Mitteilung über einen 


menschlichen Schädel von Oberhausen im Rheinland. 


Der Schädel hat eine schwarzbraune Farbe, als wenn er im Moor gelegen 
hätte, was jedoch nicht unbedingt nötig ist, da die gleiche Färbung, wie 


H. Virchow: Schädel von Oberhausen. 623 


mir von geologischer Seite gesagt wurde, auch durclı andere Erdschichten, 
z. B. gewisse gefärbte Sande, den Knochen mitgeteilt werden kann. Der 
Schädel wurde mir von seiten der Direktion der Geologischen Landes- 
anstalt zur gutachtlichen Äusserung übergeben und zugleich ein Bericht 
des Landesgeologen Hrn. Bärtling mitgesendet, welcher die geologische 
Aufnahme gemacht hatte. Diesen vom 15. Juni datierten Bericht benutze 
ich mit Genehmigung der genannten Behörde. 


Bericht des Landesgeologen Herrn Bärtling. 


Der Schädel fand sich beim Bau des nördlichen Widerlagers der 
Kanalbrücke für die Anschlussbahn der Zeche Vondern nördlich von der 
(Guten Hoffnungshütte (Kilometer 11,5 des Kanals). 

Die Untersuchung hat ergeben, dass das Stück wahrscheinlich jung- 
diluvialen Alters ist oder zum wenigsten dem ältesten Alluvium angehört. 
Die Baugruben liegen im Alluvium des Emschertales, das von diluvialen 
Schichten unterlagert wird. Der Schädel fand sich in einer Tiefe von 
4,10 m unter der Oberfläche, wie durch genaues Nivellement sofort nach 
dem Auffinden durch das Königliche Kanalbauanıt festgestellt ist. Das 
Profil, welches die Baugruben und die benachbarten Bohrlöcher aufge- 
schlossen hatten, war von 0 bis rund 2,20 m Tiefe gelbgefärbter, lehmiger 
Sand mit sandigen Lehmeinlagerungen (Alluvium des Emschertales). Von 
2,20 m bis 4,10 m oder 4,20 m feiner, wasserreicher Sand, von den Bau- 
technikern als Fliessand bezeichnet. Von 4,20 m bis 6,30 m Sand mit 
reichlichem nordischen Material, besonders reich an scharfkantigen Feuer- 
steinbruchstücken. Von 6,30 m bis 8,20 m grober Sand und Kies, Fluss- 
schotter, anscheinend lediglich aus dem Flussgebiet der Ruhr stammend; 
darunter folgte nach den mir gemachten Augaben Ton, dessen Alter vor- 
läufig noch nicht zu bestimmen ist Wahrscheinlich handelt es sich bei 
diesem Ton um die Verwitterungsrinde des im tieferen Untergrunde an- 
stehenden Emschermergels. D 

Nach den bisherigen Profilen steht noch nicht mit absoluter Sicherheit 
fest, dass dem Schädel wirklich diluviales Alter zukommt, da die Bau- 
gruben sehr starke Wasserzugänge haben, und zur Zeit noch nicht mit 
vollständiger Gewissheit entschieden werden kann, ob diese Schichten über 
oder unter dem Landschneckenhorizont auftreten Die Sande mit Feuer- 
steinbruchstücken, auf deren Oberfläche der Schädel gefunden wurde, sind 
nach den Beobachtungen in der Nachbarschaft sicher diluvialen Alters, 
dagegen vermag ich eine Entscheidung noch nicht hinsichtlich der dar- 
überliegenden feineren Sande zu treffen. Es ist wahrscheinlich, dass diese 
ebenfalls dem Jungdiluvium angehören, da sie ohne scharfe Grenzen in 
die Feuerstein- und nordische Gerölle führenden Sande übergehen. Diese 
Fragen werden sich jedoch mit Sicherheit eutscheiden lassen, sobald mit 
dem Aushub des Kanalbettes in der Umgebung begonnen wird, was 
spätestens in diesem Herbst zu erwarten ist. Sobald die Aufschlüsse bis 
in die unmittelbare Umgebung der Fundstelle vorgeschritten sind, wird es 
notwendig sein, eine sehr genaue Untersuchung vorzunelimen, wenn die 
anthropologischen Untersuchungen ergeben sollten, dass dem Fund wirk- 


G24 


H. Virchow: 


lich die grosse Bedeutung zukommt, die man ihm beizumessen ge- 
neigt ist. | 
Für die Beurteilung des Wertes des Fundes ist noch von Wichtig- 


Abb. 1. 


Abb. 2. 


Der Schädel von Oberhausen von vorn. 


Der Schiidel von Oberhausen von oben. 


keit, dass es sich hier ohne 
jede Frage um ein Stück auf 
seiner natürlichen Ablagerun z 
handelt. Die darüberliegen- 
den Sande usw. sind unge- 
stört. Bei der grossen Tiefe 
der Fundstelle und dem hohen 
Grundwasserstand ist gar nicht 
daran zu denken, dass es sich 
um ein vergrabenes Stück 
handeln könnte. _Auch der 
Erhaltungszustand und das 
Fehlenaller weiterenKnochen- 
reste sprechen dafür. 

Der Grundwasserstand war 
durch die vom Bergbau ver- 
anlassten Senkungen erheb- 
lich verändert, so dass er vor 
Regulierung der Emscher un- 
gefähr mit der Oberfläche 
gleichstand. Heute ist der 
Grundwasserspiegel durch die- 
se Regulierung bereits wieder 
auf nahezu 3 m unter der 
Oberfläche gesenkt. Zur Er- 
mittelung des ursprünglichen 
Grundwasserstandes ist man 
daher auf geologische Beob- 
achtungen angewiesen, und ich 
möchte aus dem Vorkommen 
von Eisenanreicherungszonen 
im lehmigen Sand schliessen, 
dass der durchschnittliche 
Grundwasserstand vor Eintritt 
der Einwirkungen des Berg- 
baus zwischen 1,5 m und 
1,8 m unter der Oberfläche 
geschwankt hat. Der Schädel 
ist also mindestens 2 m bis 
2'/, m unter der natürlichen 
Oberfläche des Grundwassers 
gefunden. Bemerkenswert ist, 
dass sich auch zusammen mit 
der jüngeren diluvialen Fauna 


Schiidel von Oberhausen. 625 


bei den Baggerarbeiten im Bezirk des Königlichen Kanalbauamts zu 
Altenessen bearbeitete Hirschgeweihe und bearbeitete Knochen gefunden 
haben, die ich bereits früher an die Königliche Geologische Landesanstalt 
eingeliefert habe. Diese Funde haben durch den neuen Fund bedeutend 
an Interesse gewonnen. 

Auch in der Farbe und im Erhaltungszustand stimmt der Schädel mit 
der diluvialen Fauna überein. Besondere Erwähnung bedarf noch, dass 
das Stück nicht bei Baggerarbeiten gefunden wurde, sondern beim Aushub 
mit dem Spaten. Es ist also ausgeschlossen, dass er beim Ausgraben be- 
schädigt ist. Sein Zustand ist also der natūrliche. Von dem Ergebnis 
einer weiteren, von Spezialisten auszuführenden Untersuchung bitte ich 
mich gütigst unterrichten zu wollen. 


Abb. 3. Der Schädel von Oberhausen von der linken Seite. 


Aus diesem Bericht ist zu ersehen, dass die geologische Datierang 
der Fundstelle zur Zeit der Hebung des Fundes noch nicht absolut genau 
feststand, und dass eine Ergänzung in Aussicht steht. 

Für die anatomische Charakterisierung kommen nun folgende Merk- 
male in Betracht: 

= Dicke der Knochen. Die Dicke ist gering und stimmt mit dem 
im ganzen zierlichen Aussehen überein. 

Schädelforn. Die grösste Linge ist 181 mm, die grösste Breite 
130 mm, woraus sich der Index von 71,8 berechnet. Die kleinste Stirn- 
breite ist 90 mm. Der Schädel ist leicht asymmetrisch (schief), jedoch 
nicht gleichmässig, sondern vorwiegend hinten, indem die linke Seite der 
Hinterhauptsgegend stärker vortritt als die rechte (Abb. 2). Diese Asym- 
metrie ist nicht auf Erddruck zurückzuführen. 


626 H. Virchow: 


Nase. Das vorhandene Stück der Nase weist auf eine kräftig vor- 
tretende, dabei doch schmale Nase hin (Abb. 1 und 3). 

Stirn. Die Stirn steigt anfänglich senkrecht auf und biegt dann in 
scharfem Bogen nach hinten um. Die Sagittalkurve hebt sich gegen die 
hintere Scheitelgegend (Abb. 3). 

Brauenwülste. Brauenwilste und Stirnhöhlen fehlen völlig (Abb. 1 
und 3). 

Scheitelgegend. Die Mitte der Scheitelgegend tritt in Form einer 
flachen Erhebung hervor (Abb. 1 und 4). 

Jochbogen. Die Jochbogen sind zierlich und nicht entfernt von der 
kräftigen Bildung, wie man sie so oft bei jetzt lebenden farbigen Rassen 


Abb. 4. Der Schädel von Oberhausen von hinten. 


findet (Abb. 3); ja sie sind selbst für einen modernen Kuropäerschädel 
zierlich. 

Hinterhaupt. Der obere Teil der Hinterliauptschuppe tritt gewölbt 
nach hinten hervor (Abb. 3). 

Die Nähte sind nicht nur alle offen, sondern in dem Masse offen, 
dass die einzelnen Knochen etwas gegen einander wackeln könnten 
(Abb 2 und 4). Es ist eine Stirnnaht vorhanden (Abb. I und 2). 

Nach diesen Merkmalen darf man wohl, was das Lebensalter betrifft, 
auf ein zwar jugendliches, aber doch völlig ausgewachsenes Individuum 
schliessen. Aus dem Vorhandensein der Stirnnalit lässt sich nichts ab- 
leiten, da dies sich als eine nicht allzu seltene Varietät auch beim 
modernen Europäer findet. Nach der Gesamtheit der Merkmale würde 
man nicht darauf kommen, dem Schädel einen primitiven Charakter bei- 
zulegen, sondern man würde ihn einer Kulturrasse zuschreiben. Das 


Schädel von Oberhausen. 627 


einzige für einen Europäerschädel Ungewöhnliche liegt in der Ausbildung 
der medianen Scheitelerhebung. 

Die anatomische Untersuchung führt also zu einem Ergebnis, welches 
sich mit dem geologischen Befunde nicht ganz leicht zusammenreimen 
lässt. Hiermit soll aber der geologische Befund nicht angezweifelt werden. 
Wir wissen doch verhältnissig immer noch sehr wenig von den ver- 
schiedenen Typen, die nacheinander und nebeneinander in den ver- 
schiedenen Epochen aufgetreten sind, und es muss durchaus der Geologie 
in erster Linie die Entscheidung überlassen werden, ob ein Fund in eine 
bestimmte Periode der Erdentwicklung gehört. ke kann daher hier nur 
zum Schluss die Hoffnung ausgesprochen werden, dass im vorliegenden 
Falle die geologische Diagnose noch bestimmter gelingen möge als in 
«dem oben angeführten Berichte. | 


(8) Hr. Wilhelm Kissenberth hält den angekündigten Vortrag: 


Übor dic hauptsächlichsten Ergebnisse der Araguaya-Reise. 


lll. Literarische Besprechungen. 


J. G. Frazer, The golden bough. Third edition Part I The magie art 
and the evolution of kings Vol 1 and 2. London 1911 Macmillan and Co. 


Zum dritten Male erscheint Frazers grundlegendes Werk, diese unerschépfliche 
Fundgrube für ethnologische Parallelen auf dem Gebiete der Mythologie, Soziologie 
und Sitte und zwar in wesentlich erweiterter Fassung. Die ursprünglichen zwei 
Bände sind auf sieben vermehrt, unter fünf Separattiteln, von denen die beiden 
ersten die Anfiinge der Magie in ihren wechselseitigen Beziehungen zu Religion und 
Kult behandeln. Die alte Einkleidung durch Anknüpfung an die Erzählung vom 
Rex Nemorensis im heiligen Hain am Nemisee, der mit seinem Nachfolger auf Tod 
und Leben zu kämpfen hat, ist nur formell beibehalten. Sie bilden nicht mehr den 
Rahmen des Ganzen sondern nur den Ausgangspunkt oder das Leitmotiv der Unter- 
suchung, die zu zeigen hat, wie aus den magischen Vorstellungen beim Baumkult 
und Vegetationszauber die Religion sich entwickelte und aus der Idee eines mit 
göttlicher Kraft begabten, die Natur beherrschenden Menschen Priester- und König- 
tum hervorging. Man mag nicht mit allen scharfsinnigen Deduktionen des Ver- 
fassers einverstanden sein, nicht alle seine mythologischen Ansichten teilen und 
nicht alle Parallelen als zutreffend erachten — an scharfen Kritikern hat es ja nicht. 
gefehlt (z. B. Andrew Lang), aber die Fülle der positiven Angaben ist so gross, so 
wohl durchdacht die systematische Gruppierung des riesigen Materials, so reich und 
übersichtlich ist das Literaturverzeichnis, dass das Werk in dieser Form niemals 
veralten, vielmehr noch ganzen Generationen Belehrung spenden wird. Enthält es 
doch so ziemlich alles Wichtige, was in der Gegenwart über diesen schwierigen 
Gegenstand an Material vorhanden ist. P. Ehrenreich. 


O. Kauffmann, Aus Indiens Dschungeln. 2. Bd. Verlag von Klink- 
hardt & Biermann, Leipzig 1911. M 20,—. 


Der Verfasser erzählt in recht anziehender Weise allerlei Jagdabenteuer, die er auf 
seinen Reisen in den Zentralprovinzen, Kashmir, Mysore, Assam und Östbengalen, 
Cochin, Nord-Kanara und Burma erlebt hat. Dem Text sind zahlreiche Abbildungen 
beigegeben, die zum Teil in einem ganz neuen, überaus wirkungsvollen Verfahren, 
dem Gravüretintodruck, hergestellt sind. Den Ethnologen interessieren verschiedene 
Angaben und Bilder, die sich auf folgende Stämme beziehen: Baigas im Balaghat- 
distrikt (kolarische Aboriginer, aus deren Mitte auch die Priester des bekannten 
Göndvolkes [Göndaru, Koitor| gewählt werden}; Kurumbas (Kurumbaru); Todas 
(Todaru); Nambutiris (der Nambüri gehört zu einer Klasse von Smärta Brahmanas 
im Malayäla-Lande); weisse und schwarze Juden; Mulcers und Kadir (Malaser, Käler): 
Lingayaten (die Lingäyataru verehren Siva, seinen Phallus und Basava; sie tragen 
ein Lingamhalsband); Karens. Wilhelm Planert. 


sf. see 


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Co 


10. 


11. 


13. 


14. 


— 


IV. Eingänge für die Bibliothek.” 


. Morselli, Enrico, Le razze umane e il sentimento di superiorità etnica. 


Roma 1911. 8°. (Aus: Rivista Ital. di Sociolog. Anno XV). 


. Hoernes, M., Die ältesten Formen der menschlichen Behausung und ihr Zu- 


sammenhang mit der allgemeinen Kulturentwicklung. Bologna: N. Zani- 
chelli, London: Williams and Norgate, Paris: F. Alcan, Leipzig: W. Engel- 
mann. 1911. 8° (Aus: „Scientia“ Bd. X) 


. Oppenheim, Stefanie, Zur Typologie des Primatencrsniums. Stuttgart: 


E. Schweizerbart (Nägele & Dr. Sproesser) 1911. 8°. (Aus: Zeitschr. f. 
Morpholog. u. Anthropolog. Bd. XIV.) 


. Chomiakoff, M. M., [Russisch], Über den craniologischen Typus der Besserm- 


janen, einer der Völkerschaften des Wjatkaschen Gouvernements. Kasan 
1911. 8°. 


. Hempl, George, Early etruscan inscriptions Fabretti 2348—2346. Stanford 


University 1911. 8°. (Aus: Matzke Memor. Vol.) 


. Nachod, O., Japan. Berlin: Weidmann 1909. 8° (Aus: Jahresber. der 


Geschichtswissenschaft XXXII. Jg.) 


. Hauser, O., Le Périgord préhistorique ... Le Bugue 1911. 8°, 
. Lehmann-Nitsche, Robert, Catalogo de la Secciön antropolögica del Museo 


de la Plata. Buenos Aires 1911. 8°. 


. Guébhard, Adrien, L’Eglise et la Préhistoire. Paris 1911. 8°. (Aus: La 


Grande Revue 1911.) 

Guébhard, A., A propos de l’ aimantation des poteries préhistoriques. Saint- 
Vallier-de Thiey (Alpes-Maritimes) chez l’auteur 1911. 8". 

Guébhard, A., Les dernieres fouilles (1910) de M. J. Pages-Allary a Chastel- 
sur-Murat (Cantal). Le Mans 1911. 8° (Aus: Bull. de la Soc. Préhist. 
de France.) 


. Guebhard, Adrien, Les Depöts de Bronze du Departement des Alpes-Maritimes, 


o O 1911. 8° (Aus: Congr. Prehist. de France VI, Sess. [Tours 1910)). 
Guebhard, A., Sur une particularite remarquable de certaines epingles de 
bronze dites „a Collerettes“. Le Mans 1911. 8° (Aus: Bull. de la Soc. 
Préhist. Francaise.) 
Outes, Felix F., Los tiempos prehistóricos y protohistöricos en la provincia de 
Cordoba. Buenos Aires 1911. 8". (Aus: Rev. del Mus. de La Plata 
tom. XVII.) 


. Giuffridra-Ruggeri, V, L'uomo Mousteriano e l'ipotesi panantropvide. Roma 


- 1911. 8° (Aus: Rivista d’ Italia.) 


» Bartels, Paul, Histologisch-anthropologische Untersuchungen der Plica semi- 


lunaris bei Herero und Hottentotten, sowie bei einigen Anthropoiden. 


1) Die Titel der eingesandten Bücher und Sonder-Abdrücke werden regelmässig 


hier veröffentlicht, Besprechung der geeigneten Schriften vorbehalten. Rücksendung 
unverlangter Schriften findet nicht statt. 


630 Eingänge für die Bibliothek. 


29 


Bonn: F. Cohen 1911. 8° (Aus: Archiv für mikroskopische Anatomie, 
Bd. 78.) 


. Heger, Franz, Bericht über zwei Reisen nach Amerika. Wien: A. Hölder 1910. 


8°. (Aus: Annalen d. k. k. Naturhist. Hofmuseums Bd. XXIV.) 


. Heger, Franz, Die beiden Sessionen des XVII. internationalen Amerikanisten- 


Kongresses. Wien: Im Selbstverlage der Anthropologischen Gesellschaft 
1911. 4°. (Aus: XLI. Bde. [d. dritten Folge Bd. XI] d. Mitteil. d. Anthrop. 
Gesellsch. in Wien.) 


. Houze, E., Le probleme de lorigine de Phomme. Bruxelles 1911. 8° (Aus: 


Bull. de la Soc. d’ Anthrop. de Bruxelles Tome XXX.) 


. Rodriguez, Eulojio Robles, Costumbres i creencias araucanas. Santiago de 


Chile 1908, 8". 


. Rodriguez, Eulojio Robles, Costumbres i creencias araucanas funerales de 


mujeres. Santiago de Chile 1910. 8°, 


2. Stummer, Albert, Zur Urgeschichte der Rebe und des Weinbaues. Wien: 


Anthropologische Gesellschaft 1911. 4°. (Aus: Bd. XLI [d. dritten Folge 
Bd. XIJ d. Anthrop. (resellsch. in Wien.) 


. Fehlinger, Hans, Kreuzungen beim Menschen. Leipzig: B G. Teubner 1911. 


8°. (Aus: Archiv f. Rassen u. Gesellsch.-Biologie 8, Jhrg.) 


. Fehlinger, Hans, Die geographische Verbreitung des Totemismus. Wien und 


Leipzig: A. Hartleben o. J. 8°% Aus: Deutsch Rundschau f. Geogr. 
XXXII. Jhrg.) 


. Birket-Smith, Kaj, Guancherne. Nogle etnografiske Bemærkninger om de 


Kanariske Öers Urbefolkning, o. O. 1911. 4° (Aus Geogr. Tidskrift 21 B.) 
Nr. 1 bis 20 Verfasser. 


» Kossinna, Gustaf, Die Herkunft der Germanen ... Würzburg: C. Kabitzsch 


1911. 8". (Aus: Mannus-Biblioth. Nr. 6). 


. Spiller, G, Mémoires sur le contact des races. London: P. King & Sohn 


1911. 8°, 


. Czekanowski, Jan, Forschungen im Nil-Kongo-Zwischengebiet. Dritter Band, 


ethnographisch-anthropologischer Atlas. Leipzig: Klinkhardt & Biermann 
1911. 4% (Aus: Wissenschaftl. Ergebn. d Deutschen Zentral-Afrika-Expe- 
dition 1907-1908 ... Bd. VII.) 

Westermann, Diedrich, A short grammar of the Shilluk language. Philadel- 
phia, Pa: The board of foreign missions of the United Presbyterian church 
of N. A. Berlin: D. Reimer (E. Vohsen) o. J. 8°. 


20a. Frazer. J.G, The golden bough, a study in magic and religion, third edition, 


30, 


36. 


Part III, The dying god. London: Macmillan & Co. 1911. Bn 
Nr. 26 bis 29a Verleger. 
Report on the progress and condition of the U. S. National Museum for the 
year ending June 30, 1910. Washington 1911. 8°. 


. Fewkes, Jesse Walter, Antiquities of the Mesa Verde National Park Cliff Palace. 


Washington 1911. 8°. (Aus: Smithson. Inst. Bur. of Amer. Ethnol. Bull. 51.) 


. Fewkes, Jesse Walter, Preliminary Report on a visit to the Navaho National 


Monument Arizona. Washington 1911. 8°. (Aus: Smithson: Inst. Bur. of 
Amer. Ethnol. Bull. 50.) 


A Thomas, Cyrus, et John R. Swanton, Indian languages of Mexico and Central 


America an their geographical distribution. Washington 1911. 8”. (Aus: 
Smithson. Inst. Bur. of Amer. Ethnol. Bull. 44.) 


. wanton, John R., Indian tribes of the lower Mississippi valley and adjacent 


coast of the gulf of Mexico. Washington 1911. 8” (Aus: Smithson. Inst. 
Bur, of Amer, Ethnol. Bull. 43) 


. Boas, Franz, Handbook of american indian languages Part I. Washington 1911. 


HL (Aus: Smithson. Inst. Bur. of Amer. Ethnol. Bull. 40.) 
Sedgwick, Adam, The relation of science to human life. Washington 1910. 8°. 
(Aus: Smithson. Rep. for 1909.) 


Eingänge fiir die Bibliothek. 631 


31. Baggallay, F. T, Some notes on roman architecture. Washington 1910. 8", 
(Aus: Smithson. Rep. for 1909 ) 

ƏN. Franchet, M. Louis, Ceramic decoration its evolution and its applications. 
Washington 1910. 8". (Aus: Smithson. Rep. for 1909.) 

39. Bell, Eleanor Yorke, The Republic of Panama and its people, with special 
reference to the indians. Washington 1910. 8° (Aus: Smithson. Rep. 
for 1909.) 

40. Ripley, William Z., The european population of the United States, Washington 
1910. 8°. (Aus: Smithson. Rep. for 1909.) 

41. Mae Curdy, George Grand, Recent discoveries bearing on the antiquity of man 
in Europe. Washington 1910. 8°. (Aus: Smithson. Rep. for 1909). 

42. Willcocks, William, Mesopotamia: Past, present, and future. Washington 1910, 
8". (Aus: Smithson. Rep. for 1909.) 

43. Alexander, Boyd, From the Niger, by Lake Chad, to the Nile. Washington 
1910. 8°. (Aus: Smithson. Rep. for 1909.) 

Nr. 30—43 Smithson. Institut. 

41. Haicht, Theron Wilber, Three Wisconsin Cushings, a sketch of the lives of 
Howard B., Alonzo H. and William B. Cushing, children of a pioneur family 
of Waukesha County. Wisconsin: History Commission 1910 Bn (Aus: 
Original Papers No. 3.) i 

45. Fitch, Michael Hendrick, The Chattanooga Campaign... Wisconsin: History 
Commission 1911. 8° (Aus: Original Papers No. 4.) 

46. Hurn, Ethel Alice, Wisconsin women in the war between the states. Wisconsin: 
History Commission 1911, 8°. (Aus: Original Papers Nr. Di 

Nr. 44-40 The State Hist. Soc. of Wisconsin, 

41. Kroeber, A. L, Phonetic constituents of the native languages of California. 
Berkeley 1911. 8° (Aus: Univers. of California Publicat. in amer Archaeol. 
and Ethnology vol. 10.) 

45. Kroeber, A. L., The languages of the coast of California North of San Francisco 
Berkeley 1911. 8°. (Aus: Univers. of California Publicat. in amer. Archaeol. 
and Ethnology vol. 9. 3 

Nr. 41-48 Unir. California, 

49, Führer durch das Museum für Völkerkunde. Fünfzehnte Auflage. Berlin: 
G. Reimer 1911. X”. 

General-Verwaltung d. Kgl. Museen. 

50. Mac Curdy, George Grant, A Study of Chiriquian Antiquities. New Haven, 
Connecticut 1911. 4°. (Aus: Mem. of the Connecticut Acad. of Arts and 
Sciences Vol. III.) 

R. Wagner « Sohn, Weimar. 

51. Hand-List of certain books and papers containing information relating more 
or less directly to the Maori of New Zealand. Wellington: Dominion 
Museum 1911. 8°. 

52. Starr, Frederick, Lolo objects in the Public Museum, Milwaukee. o. O. 1911. 
8°. (Aus: Bull, of the Public Mus. ... vol. I.) 

Nr. 51—52 Museum. 

53. Paramisa-Amare Raieskr Jesu Cristi Duk te Meripen. Die Leidensgeschichte 
unseres Herrn Jesu Christi in der Sprache der deutschen Zigeuner. Striegau: 
Th. Urban 1911. 8°. 

Gypsy Lore Society. 

54. Cowell, E. B., The Jataka or stories of the Buddhas former births... vol. I-VI. 
Cambridge 1895/1907. 8°. 6 vol. 

55. Survey, The Ethnographical, of Meysore. Bangalore 1906 - 1910. 8°. Vol. I- XX. 

Nr. 54 Do Prof. Lissauer-Stiftung. 

56. König, Eberhard, Albrecht der Bär, ein brandenburgisches Festspiel. Berlin 

„Brandenburgia® 1911. 8°. 
Brandenburgia. 


632 


Eingänge fiir die Bibliothek. 


a7. Report, Ninth, on the Sarawak Museum 1910 by J. C. Moulton. Sarawak 


58 


59 


60 


61 


Cs 
EA 


3 


ww 


1910. 8". 


. Volk, Ernest, The archaeology of the Delaware Valley. Cambridge, Mass: The 
8°, (Aus: Papers of the Peabody Museum ... vol. V) 
Nr. 57—58 Museum. 


Museum 1911. 


. Revista de la Sociedad de Folklore chileno. 


Tomo I 1a-8a Tomo II 1a-3a. 
. Programa de la Sociedad de Folklore chileno ... por Rodolfo Lenz. Santiago 


de Chile 1909. 
Nr. 99 bis 60 R, Lenz. 


8°, 


Santiago de Chile 1910,1911. 8% 


. Speck, Frank G., Ceremonial songs of the Creek and Yuchi indians witth 


music transcribed by Jacob D. Sapir. 


Philadelphia: University Museum 


1911. 8° (Aus: Anthropolog. Publ. of the University of Pennsylvania. 
The Museum vol. I.) 
University Museum. 


University Museum 1910. 8°. 
The Museum vol. III.) 
University Museum. 
Theodor, Die Uitoto-Indianer, weitere Beiträge zu ihrer 
Sprache nach einer Wörterliste von Hermann Schmidt. Paris: Au Siege 


Pennsylvania. 


. Koch-Grünberg, 


de la Societe 1910. 8°. 


N. S. tome VII.) 


Verf. 


2. Seager, Richard B., Excavations on the Jsland of Pseira, Crete. Philadelphia: 


(Aus: Anthrop. Publ. of the University of 


(Aus: Journ. de la Soc. des Americanistes de Paris 


(Abgeschlossen am 21. Oktober 1911.) 


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EN Fin un TT "SE 


L Abhandlungen und Vorträge. 


Beiträge zur Kenntnis der archäolithischen Kultur 
der Tasmanier’). 


Von 
Fritz Noetling (Hobart). 


Meine Hauptsammlung tasmanischer tero-na-watta, viele tausende von 
Stücken umfassend, ist nach Deutschland gegangen und wird hoffentlich 
ihren dauernden Aufenthalt im Berliner Museum für Völkerkunde finden. 
In Deutschland werden diese für die Kulturgeschichte der Menschheit, 
namentlich aber für die Beurteilung der archäolithischen Kultur Europas 
so hoch bedeutsamen Artefakte der Tasmanier den Fachgenossen leichter 
zugänglich sein, als wenn sie im fernen Tasmanien bleiben, und das ist 
jedenfalls ein grosser Gewinn. Ich habe immer den Eindruck gehabt, 
dass, wenn alle diejenigen, die über tasmanische Archäolithen geschrieben 
haben, mein grosses Material gesehen hätten, manche Ansicht unterblieben 
oder doch stark modifiziert worden wäre. 

Eine vollständige Bearbeitung des ungeheuren Materials habe ich 
nicht durchführen können, denn je länger ich mich in das Studium der 
tero-watta vertiefte, um so mehr häuften sich die Schwierigkeiten. Eines 
aber war mir bald klar, die tasmanischen Werkzeuge beweisen ganz un- 
widerleglich, dass mit einem grossen Teil unserer Anschauung bezüglich 
der europäischen Archäolithen gründlich gebrochen werden muss. Es war 
mir aber mangels an Vergleichsmaterial nicht möglich, meine Ansichten 
über die europäischen Archäolithen so zum Ausdruck zu bringen, wie ich 
gern gewollt hätte. 

Jetzt, da mein grosses Material auch weiteren Kreisen der Fach- 
genossen leichter zugänglich sein wird, ist es vielleicht möglich eine in 
jeder Hinsicht erschöpfende Bearbeitung desselben vorzunehmen. 

Viele Fragen, so namentlich eine gründliche Untersuchung der von 
mir als „Magie stones“ (18) bezeichneten Artefakte”), die keinenfalls 


1) Die eingeklammerten Zahlen beziehen sich auf die Nummern der Literatur 
nachweise am Schlusse der Arbeit. 
2) Besser wäre vielleicht die Bezeichnung „heilige Steine“. 
Zeitschrift für Ethnologie. Jahrg. 1911. Heft 5. 41 


634 Fritz Noetling: 


Werkzeuge waren, harren noch der Lésung, bis dahin mégen aber noch 
Jahre vergehen. Inzwischen möchte ich Aufzeichnungen und Beobachtungen, 
die ich im Laufe der letzten fünf Jahre an einzelnen Gruppen gemacht 
habe, hier veröffentlichen, da sie jedenfalls allen denen, die sich erst in 
diese Materie einarbeiten müssen, von Nutzen sein dürften. 


1. Kannte die tasmanische Kultur die Kunst des Schleifens? 


Es ist von allen oberflächlichen Beobachtern mit einer Energie, die 
einer besseren Sache würdig gewesen wäre, die Ansicht verfochten worden. 
dass der tasmanischen Kultur die Kunst des Schleifens unbekannt 
war. Ich gebe zu, dass es bei einer so niedrigen Kulturstufe wie 
| die der archäolithischen Kultur 
a priori recht unwahrscheinlich 
sein mag, dass diese Menschen 
es verstanden hätten, Steine 
anzuschleifen. Man wird aber, 
wenn man die Prämisse zugibt, 
dann weiter fragen, ja warum 
haben die Tasmanier denn ihre 
Werkzeuge nicht geschliffen? 
Der Bann einer fixierten Lehre 
ist in einer Anschauung, die zu 
dieser Fragestellung kommt, 
unverkennbar, denn da die 
neolithische Kultur die Werk- 
zeuge schliff, so scheint es un- 
fassbar, dass die archäolithische 
Kultur die Werkzeuge nicht 
auch geschliffen hätte, wenn 
ihr die Kunst des Schleifens 
bekannt gewesen wäre. An 
sich scheint also die Frage, ob 
die Kultur der Tasmanier die 

Abb. L Kunst des Schleifens ausübte, 
zu verneinen zu Sein. 

Meine Aufsammlungen haben jedoch unwiderleglich bewiesen, 
dass die Kunst des Schleifens den Tasmaniern durchaus nicht 
unbekannt war. 

Das schönste Stück meiner Sammlung, das ganz untrügliche Beweise, 
dass es sorgfältig geschliffen ist, trägt, wurde im Jahre 1906 auf dem 
Lagerplatz Old Beach gefunden (18). 

Es ist ein ovales, flaches Diabaseeröll von rund 127 mm Länge, 
83 mm Breite, aber nur 32 mm Dicke, und rund 680 o Gewicht. ` 

Ober- und Unterseite sind flach, aber während die letztere wahr- 
scheinlich infolge nachträglicher Verwitterung rauh ist, ist die Oberseite 
sorgfältig abgeschliffen und poliert. Die Abschleifung erstreckte sich über 
den Rand, an welchem eine oder zwei scharfe Kanten angeschliffen sind. 


Archäolithische Kultur der Tasmanier. 635 


Bei günstig auffallendem Lichte kann mian auf der Oberseite drei rauhe, 
flache querverlaufende Striemen sehen, die allem Anschein nach Teile der 
ursprünglichen Oberfläche repräsentieren. Es ist sehr bemerkenswert, dass 
die Oberseite nicht eben, sondern leicht konvex abgeschliffen ist, derart, 
dass die Intensität der Abschleifung nach dem Rande hin zunimmt. Ab- 
gesehen von einem Fragment, das am Rande der Unterseite abgeschlagen 
ist, ist das Stück tadellos erhalten. 

Ein anderes Stück ist ein typischer sogenannter „mortier“, den ich 
in sechs Fragmente zerbrochen auf einen Lagerplatz bei Kempton fand 
(18). Mit Ausnahme eines einzigen Fragments, das nicht aufzufinden war, 
konnte ich das Stück in seiner ursprünglichen Gestalt wieder zusammen- 
setzen. 


Abb. 2. 


In seiner ursprünglichen Gestalt war dieses Stück fast vollkommen 
kreisförmig; die Oberseite flach ausgehöhlt, die Unterseite und der Rand 
konvex. 

Der Durchmesser beträgt 140 mm, die Dicke nur 63,5 mm, das Gewicht 
ist 2491 g. 

Wenn man ein Lineal auf den Oberrand legt, so beobachtet man, dass 
die Oberseite vom Rande her nach der Mitte bis zu einer Tiefe von 
6 mm gleichmässig und glatt ausgehöhlt ist. Eine solche Aushéhlung kann 
nur durch beabsichtigtes, sorgfältiges Ausschleifen zustande kommen. 

Der Gesamthabitus des Stückes ist derart, als ob es über die ganze 
Oberfläche hin sorgfältig poliert wurde. 

Das Gestein ist ein arkoseartiger Sandstein von lichtgelblicher bis 
‘rétlicher Farbe. 

Der Vollständigkeit halber möchte ich noch bemerken, dass sich am 
Rande sowohl, als auf der Unterseite intensive Schlagspuren finden. 

41* 


636 Fritz Noetling: 


Ein drittes Stück, das bei Melton-Mowbray gefunden wurde (18), ist 
dem vorigen nahe verwandt und bisher das grösste seiner Art geblieben. 
Seine Länge beträgt etwa 216 mm, die Breite 166 mm, die Dicke aber nur 
76 mm, während das Gewicht 3311 g beträgt. 

Der Umriss ist unregelmässig eiförmig, das eine Ende ist etwas breiter 
als das andere. Die Oberseite ist flach und zeigt in der Mitte eine rauhe 
Aushöhlung von etwa 108 mm Länge und 101,5 mm Breite, der tiefste 


Abb. 2a. 


Abb. 2b. 


Teil der Aushöhlung befindet sich etwa 6,5 mm unter dem Rande. Die 
Unterseite ist schwach konvex und zeigt in der Mitte die Spuren von 
einer Anzahl kräftiger Schläge. Der Rand ist konvex und glatt. 

Das Gestein ist ein Quarzit oder quarzitischer Sandstein von grosser 
Härte, sehr feinkörnig und oberflächlich lichtbrauner Farbe, in der unregel- 
mässire, weisse Flecken erscheinen. 

Es erscheint unzweifelhaft, dass die ganze Oberfläche sorgfältig ab- 
geschliffen ist. 


Archiolithische Kultur der Tasmanier. 637 


Die obigen drei Stücke sind die schönsten ihrer Art, die mir während 
jahrelangen Sammelns zu Gesicht gekommen sind, und obschon sich in 
meiner Sammlung eine ganze Anzahl befinden, die ganz augenscheinlich 
beweisen, dass sie von der Hand des Menschen, nicht aber durch Wasser 
geschliffen und poliert wurden, so habe ich bisher auch nicht ein einziges 
Stück gefunden, das an Schönheit den obigen drei gleich käme. 

Man könnte vielleicht einwenden, dass die Aushöhlungen von Abb. 2 
und Abb. 3 dadurch zustande kamen, dass irgend ein harter Körper darauf 
zerrieben oder zermahlen wurde, und zwar ist der nächstliegende Gedanke: 
Rötel oder sonstige Farben!) wurden auf diesem Steine zerrieben. 

Nun sind uns aber Rötelstücke erhalten geblieben, die, wie ich nach- 


Abb. 3. 


gewiesen habe (31), aufs Klarste zeigen, dass der Rötel nicht etwa zu 
Pulver zerstampft wurde, sondern dass mit Hilfe eines tero-watta 
das Rötelpulver abgeschabt wurde. Ist es denkbar, dass das so gewonnene 
Rötelpulver nachher noch auf einem Steine mit Fett feiner verrieben 
wurde? Ich glaube eine solche Annahme ist ganz unbewusst durch den 
Gedankengang des modernen Menschen beeinflusst, aber nicht begründet. 

Es ist vielmehr wahrscheinlich, dass, wenn der Tasmanier sein Rötel- 
pulver erhalten hatte, es ohne weiteres mit Fett in der hohlen Hand 
gemischt und dann direkt auf das Haupthaar gestrichen wurde. Also die 
Annahme, dass diese Stücke als Paletten zum Farbenverreiben dienten, 
ist, wenigstens was Tasmanien angeht, unzulässig. 

Der weiter nächstliegende Gedanke ist das Verreiben von Samen 
oder Nüssen. Diese Ansicht kann aber leicht dadurch widerlegt werden, 


1) Verworn hat solche „Mortier“ direkt als Paletten zum Farbenzerreiben 
bezeichnet. 


638 Fritz Noetling: 


dass es in Tasmanien keine wildwachsenden Samen oder Niisse gibt, die 
zerrieben als Nahrung fir den Menschen dienen kénnten (38). Auch ist 
nirgendwo bezeugt, dass die Tasmanier einen Teil ihrer Nahrung in dieser 
Weise bereiteten. Wäre es überhaupt der Fall, so müssten derartige 
Steine viel zahlreicher sein, als sie sind. 

Die Ansicht, dass diese Aushöhlungen als sekundäre Erscheinungen 
anzusehen sind, die beim Zerkleinern von Farben oder Nahrung entstanden, 
muss also abgelehnt werden. 

Es bleibt nur die Annahme übrig, dass die Steine absichtlich aus- 
geschliffen wurden. Vielleicht wurde der erste Anfang durch Klopfen 
und Hämmern gemacht und nachdem eine Aushöhlung von gewisser Tiefe 


Abb. 3a. 


hervorgerufen war, wurde die Arbeit durch Nachschleifen mit Sand 
vollendet. 

Selbst wenn man mir nicht beistimmen will, dass diese beiden Stücke 
ein Beweis dafür sind, dass die Tasmanier die Kunst des Schleifens aus- 
übten, so bleibt als unwiderleglichster Beweis immer noch das Diabas- 
geröll vom Old Beach übrig. 

Solche Flächen und solch scharfe Kanten wie dieses Stück zeigt, 
können nur durch den Schleifprozess hervorgerufen werden. Die Frage 
wäre nur die, wurde dieses Geröll mit der Hand gehalten und auf einer 
festen widerstandsfähigen Unterlage geschliffen, oder bildet es selbst die 
Unterlage, während die Hand mittels eines anderen Steines oder vielleicht 
mit Holz und Sand das Abschleifen besorgte. 

Unserer modernen Anschauung nach wäre die erste Annahme die 
natürlichste und wahrscheinlichste, ich habe mich aber längst überzeugt, 
dass das, was uns Modernen als das Natürlichste erscheint, dem archäo- 
lithischeu Tasmanier nicht so erschien. Ich möchte darum eher die zweite 


Archäolithische Kultur der Tasmanier. 639 


Annahme für wahrscheinlicher halten. Doch will ich diese Frage hier 
nicht definitiv entscheiden. 


Fest steht nach diesen Beobachtungen, dass die archäolithische Kultur 
der Tasmanier die Kunst des Schleifens kannte, aber, und das ist wiederum 
eines der vielen psychologischen Rätsel, die mir fort und fort beim 
Studieren der Tasmanier entgegentreten, der Schleifprozess war ganz aus- 
schliesslich auf die Bearbeitung von Geröllen beschränkt, 
niemals aber auf die steinernen Gebrauchswerkzeuge, die 
archäolithischen tero-watta übertragen. 


Warum dies so war, wird wohl schwerlich je beantwortet werden 
können. Man mag die Intelligenz der Tasmanier noch so gering be- 
werten, so viel ist doch wohl anzunehmen, dass sie den Vorzug einer 
glatten, durch Schleifen erzeugten Fläche vor einer solchen, die durch 
Abschlagen erzeugt war, erkannt haben mussten. Desgleichen sollte ihnen 
doch wohl die scharfe, durch Schleifen erzeugte Kante aufgefallen sein, 
und wir modernen Menschen können kaum verstehen, warum denn der 
Tasmanier die Ränder seiner tero-watta nicht ebenfalls schliff, sondern 
mühselig durch Schlagen bearbeitete. 


Mir will es scheinen, als ob die Beantwortung dieser Frage in der 
Natur des archäolithischen tero-watta selbst begründet liegt. Die Her- 
stellung des tero-watta wurde seit undenklicher Zeit nur in einer Weise, 
nämlich durch Abschlag vorgenommen. Die Vorstellung, dass das tero- 
watta nur auf diese Weise und zwar durch Schläge von der Pollikal- 
fläche nach der Indikalfläche bearbeitet werden konnte (5, 14, 30, 34, 
siehe auch 26), war so fest eingewurzelt, dass nur unter dieser An- 
nahme so merkwürdige, absolut unbrauchbare Werkzeuge zustande 
kommen konnten, wie das von mir auf dem Lagerplatz Old Beach ge- 
fundene Stück (30, 34). 


Welche Erfindung auch immer in bezug auf die Bearbeitung der Ge- 
rölle gemacht worden sein mag, das tasmanische Gehirn konnte die Idee, 
dass die tero-watta auf andere Weise hergestellt, oder doch mindestens 
verbessert werden könnten, als auf die seit Generationen ausgeübte Art, 
nicht konzipieren. Vielleicht war daran in erster Linie die Handhabung 
des tero-watta Schuld. 


Die glatte, flache Pollikalfläche war zum Auflegen des Daumens un- 
bedingt notwendig (1, 2), aber sowie sie durch den Abschlag erzielt wurde, 
genügte sie vollkommen für alle Bedürfnisse. Eine Verbesserung durch 
das mühselige Schleifen war also nicht notwendig. 


Eher könnte man annehmen, dass der Nutzrand durch Schärfen ver- 
bessert wurde. Hier ınag das Schärfen durch Abschlag wohl einfacher 
gewesen sein als das mühevolle Schleifen, und wiederum mag hier die 
tiefeingewurzelte Idee, dass der Rand nur von der Pollikal- nach der 
Indikalfläche zu geschärft werden könne, ein unübersteigliches Hindernis 
gebildet haben. 

Hoffentlich werfen weitere Untersuchungen Licht auf diese dunkle 
Frage, aber soviel steht fest, der archäolithischen Kultur der 


640. Fritz Noetling: 


Tasmanier war die Kunst des Schleifens wohl bekannt, und 
wurde, wenn auch in beschränktem Masse, ausgeübt. 

Wenn diese Feststellung auf die Tasmanier zutrifft, ist es dann allzu 
gewagt anzunehmen, dass auch der archäolithischen Kultur Europas der 
Schleifprozess bekannt war, nur dass sie denselben nicht auf Werkzeuge 
anwendete? Ist diese Annahme richtig, so war die Schleifkunst der 
archäolithischen und der paläolithischen Kultur bekannt, niemand aber 
dachte daran, dieselbe auf die Gebrauchswerkzeuge (Archäolithen) oder 
Gebrauchswerkzeuge und Waffen (Paläolithen) auszudehnen. Irgend ein 
erfinderischer Kopf zu Ende der Magdalenienzeit mag auf die Idee ge- 
kommen sein, die steinernen Geräte durch Schleifen zu verbessern. 
Möglich, dass die Verarbeitung von Knochen hierzu den ersten Anstoss 
gab. Knochen eignen sich nicht wie die Kieselgesteine zur Bearbeitung 
durch Schläge, wohl aber war es leicht sie zu schleifen, und so mag 
vielleicht die Herstellung von Gebrauchswerkzeugen aus Knochen die 
erste Veranlassung gewesen sein, den seit altersher bekannten Schleif- 
prozess auch auf die aus Stein angefertigten Geräte und Waffen zu über- 
tragen. 


2. Verwendete die tasmanische Kultur Knochen als Material zur 
Herstellung von Geräten? 


Ich habe oben die Ansicht ausgesprochen, dass möglicherweise die 
Verwendung von Knochen den Anstoss zur Schleifung und Polierung der 
Steingeräte gegeben haben mag. Diese Theorie wird anscheinend dadurch 
widerlegt, dass in Tasmanien unter den Lokalsammlern ganz allgemein 
der Glaube verbreitet ist, die Ureinwohner Tasmaniens hätten es ver- 
standen aus Knochen schön geformte „Löffelchen“ herzustellen. 

Diese „Löffelchen“* sind ein hochgeschätzter Sammelartikel, und das 
tasmanische Museum zu Hobart besitzt ein ganzes Bündel derselben, mit 
der Aufschrift: „Bone implements manufactured by the Tasmanian 
Aborigines.“ 

Solche Ansichten, die von Dilettanten mit der Überzeugung, die nur 
ein durch Sachkenntnis ungetrübtes Gemüt besitzen kann, ausgesprochen, 
aber nie auf ihre Richtigkeit geprüft wurden, können grossen Schaden an- 
stiften, und sind, wenn einmal verbreitet, schwer .auszurotten. 

Ich habe bereits in einer Fussnote einer früheren Arbeit (34) auf 
diese grundfalschen Ansichten aufmerksam gemacht, es ist ınir aber bisher 
noch nicht möglich gewesen, das unglückliche Knochenbündelchen mit 
seinem fatalen Etikett aus dem Museum von Hobart zu entfernen. So 
tief eingewurzelt können falsche Ideen sein. | 

Diese sogenannten ,,bone implements“ sind Knochenfragmente von 
höchstens 15 cm Länge, und geringer, im besten Fall 8-9 mm Breite. 

Das eine Ende ist mehr oder minder zylindrisch und zeigt eine seichte 
Längsfurche, das entgegengesetzte Ende plattet sich ab und ist auf einer 
Seite flach ausgehöhlt, auf der gegenüberliegenden gerundet; die Ränder 
sind scharf und schneidend. Kein einziges der von mir untersuchten 
Stücke ist vollständig, alle, auch mit nicht einer Ausnahme zeigen Bruch- 


ET TTT mme 


Archäolithische Kultur der Tasmanier. 641 


flächen an beiden Längsenden. Was also auch immer ihr Ursprung sein 
mag, es sind Fragmente, nicht aber vollständig erhaltene Stücke. 

Ich habe eine Anzahl dieser Knochenstücke aus dem Muschelhaufen 
in der Höhle von Rocky Cape an der Nordwestküste Tasmaniens aus- 
gegraben, und ich gestehe, dass, hätte ich die tasmanische Kultur nicht 
vorher hinreichend studiert und daraus die Überzeugung erlangt, dass 
sie die Verwendung von Knochen nicht kannte, ich möglicherweise in 
denselben Irrtum wie alle andern verfallen wäre, sie für Artefakte 
zu halten. In erster Linie machte mich aber der ganze Habitus 
dieser „bone implements“ stutzig. Dieser sah nicht nach Bearbeitung 
durch Menschenhand aus. Ich sagte mir dann weiter, wenn überhaupt 
Knochen bearbeitet wurden, so müssen sich auch andere Stücke finden; 
die Bearbeitung wird sich doch schwerlich auf Extremitätenknochen be- 
schränkt haben. Ich fand Knochen genug, aufgeschlagene Röhrenknochen 
in Menge, aber auch nicht ein einziges Stück zeigte auch nur Schneide- 
spuren, geschweige denn solche, die auf absichtliche Bearbeitung hin- 


Abb. 4 Rechte Fibula von Halmaturus Bennetti. 


€ 


— 


Abb. 4a. Sog. „Marklöffel“ aus obigem Stück hergestellt. 


wiesen. Unter der grossen Zahl von Knochen waren nur die „Löffelchen“ 
diejenigen, die auf Bearbeitung hindeuteten. Es war mir ferner. sofort 
klar, dass sie den Extremitätenknochen angehörten und ihr Gesamthabitus 
bewies für Tasmanien wenigstens, dass sie nur von einem Tier, nämlich 
dem Känguru herrühren könnten. 

Eine umgehend veranstaltete Kängurujagd hatte ein überraschendes 
Resultat zur Folge; die Hunde hatten das Känguru bald zur Stelle 
gebracht, allein bevor sie es fassten, war es über einen Felsen abgestürzt, 
. mit dem Resultat, dass die linke Fibula brach, wie sich später heraus- 
stellte. 

Am Abend hatte ich die Knochen der Extremitäten präpariert, und 
siehe da, die gebrochene Fibula stimmte auch bis auf das geringste 
Detail mit den sog. „Löffelchen‘‘ oder ‚bone implements“ überein. 

Ich gebe hier die Abbildung der rechten Fibula des betreffenden 
Tieres, die linke, gebrochene, befindet sich zum Vergleich mit den sog. 
„Löffelchen“ in Berlin. l 

Ich habe keinen Zweifel daran, dass die erste Angabe bzg. der von 
tasmanischen Ureinwohnern angefertigten Knochenwerkzeuge in gutem 
Glauben gemacht wurde. Der betreffende „Entdecker“ war von seinem 


642 Fritz Noetling: 


Fund vollständig überzeugt. Er hatte doch allen Grund dazu; die englische 
Küche kennt ein Instrument —, dem die Kängurufibula als Prototyp 
gedient haben könnte —, eine Art Löffel zum Auslösen des Markes 
(marrow-scoop). Natürlich, so schloss der Entdecker, die Tasmanier 
fertigten sich Marklöffel an, um das Mark aus den grösseren Röhren- 
knochen auszulösen. Er nahm sich aber nicht die Mühe, seine ,,Ent- 
deckung‘ auch auf ihre Richtigkeit hin zu prüfen, „denn jedermann weiss 
doch, dass die Eingeborenen Werkzeuge aus Knochen anfertigen.“ 

Ich habe dieses Beispiel deswegen so ausführlich besprochen, um zu 
zeigen, wie infolge vorgefasster Meinungen Irrtümer von der schwersten 
Bedeutung entstehen und dann schliesslich in die Literatur übergehen, 
aus der sie dann kaum auszumerzen sind. 

Wir dürfen es als absolut feststehend ansehen, dass die archäolithische 
Kultur die Verwendung von Knochen zu Werkzeugen nicht kannte. 
Welcher Missklang wäre in die so einheitlich konstruierte archäolithische 
Kultur gekommen, wenn sich die Behauptung, „dass die archäolithischen 
Tasmanier schon aus Knochen geschnitzte Léffelchen zum Auslösen des 
Markes aus den Röhrenknochen anfertigten“, in die Literatur ein- 
geschlichen hätte. Immer wieder würde jemand betont haben, „die Tas- 
manier bilden schliesslich doch eine Ausnahme, denn sie verwendeten 
doch Knochen zur Anfertigung von Geräten, und es würde mich nicht 
im geringsten gewundert haben, wenn schliesslich jemand auf den Ge- 
danken gekommen wäre, die archäolithische Kultur der Tasmanier als 
atavistischen Rückschlag zu erklären. Der Anfang ist bereits gemacht, 
indem die Tasmanier ein insularer Zweig des Australierstammes, der seine 
niedrige Kulturstufe seiner insularen Isolierung verdankt, erklärt werden?!) 
während sie doch aller Wahrscheinlichkeit nach die Überbleibsel der 
ältesten Bewohner Australiens repräsentieren. (36, 42.) 


3. Das Gewicht und die Grössenverhältnisse der tero-watta. 


Vielleicht mag es voreilig erscheinen, dieses Thema auf Grund von 
nicht mehr als 75 Wägungen und Messungen zu behandeln; allein die 
Resultate sind immerhin interessant genug, um wenigstens in vorläufiger 
Weise mitgeteilt zu werden. 

Ich habe wie gesagt 75 Stück meiner Sammlung get in Berlin) ge- 
wogen und gemessen. Alle Stücke waren vollständig, keines war be- 
schädigt, doch muss bemerkt werden, dass die Dimensionen alle als 
Maximaldimensionen anzusehen sind, d. h. wenn z. B. die Dicke mit 30 mm 
angegeben ist, so ist damit nicht gesagt, dass das Stück überall 30 mm 
dick ist, sondern nur dass die grösste Dicke = 30 mm ist. Ich habe mich 
ferner bemüht, die Stücke möglichst proportional der Zahl des Vor- 
kommens auszuwählen. Man verfällt nur zu leicht in den Irrtum, 
grössere Stücke auszusuchen, und so ist es denn nicht ganz ausgeschlossen, 

1) Diese Ansicht hat, wie ich zu meiner grössten Freude konstatieren kann, 


bereits eine sehr scharfe Abweisung seitens des Herrn von Luschan zur Folge 
vehabt. 


Archäolithische Kultur der Tasmanier. 643 


dass Stücke über 240 g Gewicht vielleicht zu zahlreich sind, doch glaube 
ich kaum, dass dies das Gesamtbild wesentlich beeinflussen wird. 

In Bezugnahme auf das Gewicht stand mir leider nur englisches 
Gewicht zu Gebote, ich musste darum die Umrechnung in Gramm machen, 
und das wird dann vielleicht nicht immer mit dem tatsächlichen Gramm- 
gewicht stimmen, schliesslich kommt es ja auf ein paar Gramm melır oder 
weniger nicht an, denn die Hauptsache bleibt schliesslich doch, gewisse 
Mittelwerte festzulegen'). 

Es wiegen: 


a 


Stück | pCt. 

Unter Gg e 0 ee Se ie SM a Cow ST e E 20 26,6 
Zwischen Gand EE, 2 ee SE he 5 24 32,0 
e 00° vig © BO. re ara 12 16,0 

` ae EO aie fast at e Ren er AN 8 10,6 

8 GOs at DE RE A HE 26. EA 7 93 

e ENT. AREY on ak, rg ee } 4,0 
Mehe ais: "ME ee er ner 1 1,3 


Aus obiger Tabelle geht zur Genüge hervor, dass die überwiegende 
Zahl der tero-watta, nämlich 74,6 pCt., also ziemlich genau Dreiviertel, 
nicht über 240 g (8 ounce engl.) wiegt. Nur 25,2 pCt. wiegen mehr als 
240 g. 

Wir sehen weiter, dass Stücke, die nicht über 120 g (4 Unzen) 
wiegen, 58,6 pCt. der Gesamtzahl ausmachen, während nur 41,2 pCt. dieses 
Gewicht überschreiten. 

Diese Zahlen beweisen ferner, dass die grösste Zahl der tero-watta 
zwischen 60 und 120g wiegt. Wenn wir jedoch annehmen, dass das 
handlichste Gewicht zwischen 60 und 240 g liegt, so finden wir, dass diese 
Stücke 48 pCt. der Gesamtzahl, d. h. nahezu die Hälfte ausmachen. Ein 
Viertel, d. h. 25,2 pCt. wiegt mehr als 240g und ein anderes Viertel 
(26,6 pCt.) ist leichter als 60 g. 

Es ist sehr schwer anzunehmen, dass diese Proportion 


1 : 2 : 1 
unter zwischen über 
60 g 60 und 240 g 

` 240 9 


rein zufällig ist, und nicht eine tiefere Begründung hat. Ich bin viel- 
mehr zur Annahme geneigt, dass der Tasmanier mit Vorliebe einen tero- 
watta benutzte, der nicht leichter als 60 g, aber auch nicht schwerer als 
240 g war, und daraus geht wiederum hervor, dass die terro-watta im all- 


1) Die englische Unze Avoir dupois wiegt 28,35 g, die Unze Troy 31,1035 g. Ich 
bin in meinen Tabellen von 2 zu 2 Unzen A. D. gegangen und setze dafür in 
runden Ziffern 60 g. | 


644 Fritz Noetling: 


gemeinen nur zu relativ leichter Arbeitsleistung herangezogen wurden. 
Mit einem Steinwerkzeug, dass nur 240 g wiegt, kann man keine schwere 
Arbeit ausführen, geschweige denn mit einem solchen, das nur 60g wiegt. 

Was die Grössenverhältnisse anbelangt, so dürfte ein kurzer Hinweis 
auf die Länge genügen; nur 30,6 pCt. sind über 100 mm lang, während 
69,4 pCt. unter dieser Länge bleiben. 

Wenn wir in Betracht ziehen, dass unter 100 tero-watta 56,6 pCt. 
schwerer und nur 18,8 pCt. leichter sind als Feuerstein, während 24,5 pCt. 
dasselbe spezifische Gewicht besitzen, so folgt, dass im allgemeinen bei 
gleichem Gewicht der tero-watta kleiner ist als ein aus Feuerstein an- 
gefertigter Archäolith, bei gleicher Grösse der erstere schwerer ist als der 
letztere. Es fehlte mir leider ein genügendes Material an europäischen 
Archäolithen, um weitere Vergleiche anstellen zu können, ich glaubte 
jedoch, dass ein einzehenderes vergleichendes Studium in dieser Hinsicht 
wertvolle physiologische Schlüsse ergeben wird. 

Soviel geht aus den Gewichts- und Grössenverhältnissen der tero- 
watta mit Bestimmtheit hervor: für ein Riesengeschlecht waren sie 
nicht berechnet. Das absolut geringe Gewicht bei relativer Kleinheit 
lässt eher den Schluss zu, dass die Hand, welche den tero-watta fasste, 
ebenfalls klein war, und dass darum alle über normal grossen oder schweren 
Stücke kaum als Arbeitsgerät verwendet wurden, vielmehr als unfertiger 
Abfall, der aus irgendwelchen Gründen nicht vollendet wurde, anzusehen 
sind (43). Im wesentlichen wird es sich bei grossen Abschlägen sowohl um 
Reduzierung der Grösse ais auch des Gewichtes durch Bearbeitung der 
Indikalfläche handeln, gelang dies nicht, so wurde das Stück einfach weg- 
geworfen (43). Wir würden damit einen neuen Gesichtspunkt gewinnen, 
warum unter scheinbar ganz gleichen Verhältnissen die Indicalfläche eines 
tero-watta intensiver bearbeitet ist als die eines andern. 


4. Tero-watta von scheinbar absichtlicher Form. 


Ich habe mehrfach ausgesprochen, dass das Hauptcharakteristikum 
eines tero-watta seine gänzliche Symmetrielosigkeit nach zwei Richtungen 
hin ist (5). Mit andern Worten, Unsymmetrie der Flächen sowohl, als 
des Umrisses charakterisieren das tero-watta, wobei wiederum die Un- 
symmetrie das wichtigste Merkmal des tero-watta, sowohl als des archäo- 
lithischen Werkzeuges überhaupt ist. Ich habe betont, dass auf Grund 
dieser Definition der Archäolith seine Form nicht ändern kann, ohne 
aufzuhéren ein Archäolith zu sein. DBeidflächige Bearbeitung hebt die 
Unsymmetrie der Flächen anf, und der Archäolith hört auf ein solcher 
zu sein. 

Weniger wichtig ist die Unsymmetrie des Umrisses, die laterale Un- 
symmetrie; die überwiegende Mehrzahl der tero-watta ist lateral un- 
symmetrisch, aber wenn man eine grosse Anzahl untersucht, so wird man 
darunter doch einige finden, die, trotzdem sie die Unsymmetrie der Flächen 
bewahrt haben, lateral beinahe vollkommen symmetrisch sind. Wenn an 
einem Ende zugespitzt, so täuschen sie eine J.anzen- oder Pfeilspitze aufs 
überrascheudste vor. Auf Hutchinson's Quarry (Syndal) habe ich ein 


u 


S.-i, gee eegen -.. 


Archäolithische Kultur der Tasmanier. 645 


Stück gefunden, das einem der Längsachse nach halbierten Moustier- 
coup-a-poing zum Verwechseln ähnlich sieht. 

Ich habe ferner hervorgehoben, dass der spätere Umriss des tero-watta 
in erster Linie durch den Umriss des Abschlages bedingt ist (42). Mit 
andern Worten, eine absichtliche gewollte Form (oder Umriss) ist ur- 
sprünglich nicht vorhanden. 

Die lateral-symmetrischen Stücke lassen aber den Gedanken nicht 
abweisen, dass unter Umständen der Umriss oder die Form nicht mehr 
die zufällige des Abschlages, sondern in der Tat eine absichtliche, gewollte 
Form darstellt. Dies scheint ganz unzweifelhaft bei einem Prachtstück 
von Shene der Fall zu sein. Die Lage der Perkussionsfläche und des 
Bulbus deutet darauf hin, dass der ursprüngliche Abschlag ganz anders 
ausgesehen haben muss, als die jetzige, lanzenspitzenartige Form. Diese 
kann nur durch nachherige Bearbeitung entstanden sein. 


Abb. 5. 


Wenn man erst diesen Gedanken vollkommen realisiert hat, so wird 
man unter der grossen Zahl der gänzlich regellosen Formen eine Auzahl 
auffinden, die sehr sorgfältig ringsum bearbeitet sind, und wenn man diese 
Stücke weiter untersucht, so wird man gewisse Charaktere finden, die es 
schwer machen den Gedanken abzulehnen, dass in der Tat die Form 
(Umriss) eine gewollte, beabsichtigte ist. Solche Stücke können nun 
lateral-symmetrisch sein, wie die oben erwähnten Stücke, sie können aber 
auch den Charakter als Archäolith noch völlig bewahren, und trotzdem 
einen gewollten beabsichtigten Umriss zeigen. 

Ich möchte hier zwei der markantesten Stücke der letzteren Gruppe 
beschreiben, wobei ich bemerken möchte, dass solche Stücke äusserst 
selten sind. 

Dieses Stück ist vielleicht das merkwürdigste und schönste, das mir 
zu Gesicht gekommen ist. Die grösste Länge beträgt 100 mm, die Breite 
71, aber die Dicke übersteigt nirgends 10 mm, meistens ist sie erheblich 
geringer. 


646 Fritz Noetling: 


Das Stück ist aus sehr feinkörnigem, dunkelgrauem Hornstein, der 
einen guten Muschelbruch besitzt, geschlagen. Die ganze, Oberfläche 
ist mit einer licht-gelblichgrauen, ziemlich dicken Patina überzogen. 

Der Umriss ist, ohne sehr umständlich zu sein, schwer zu beschreiben: 
ein Vergleich ist viel kürzer und prägnanter. Das Stück ist am besten 
mit der Umrisslinie eines vierfüssigen Tieres von schwerfälligem Körper- 
bau, kurzem dicken Kopf und kurzen breiten Beinen, mit abgerundetem 
Hinterteil zu vergleichen. 

Der Oberrand ist beinahe gerade und sehr sorgfältig vom Hinterende 
bis zur Mitte des Kopfes bearbeitet; ein gleiches gilt für den Unterrand. 
Die delikate Bearbeitung des konvexen Teiles des Randes deutet un- 
zweifelhaft an, dass diese konkaven Teile nicht zufällig, sondern ab- 
sichtlich hergestellt wurden. Die Randbearbeitung ist besonders sorg- 
fällig am unteren Ende der Vorderextremität, die eine so grosse Dünne 
besitzt, dass man sich nur wundern muss, dass sie nicht längst ab- 
gebrochen ist. Ein Teil der Hinterextremität muss nach der Patina, 
welche die Bruchfläche überzieht, zu urteilen, sehr frühzeitig abgebrochen 
sein. Die Hinterseite zeigt im allgemeinen eine weniger sorgfältige Rand- 
bearbeitung. 

Die Indikalfläche ist flach und zeigt, dass einige grosse Absplisse 
vorher abgeschlagen wurden. 

Die Pollikalfläche ist flach und zeigt nur wenige undeutliche Perkussions- 
ringe. Wahrscheinlich lag der Abschlagspunkt an der Spitze der Hinter- 
extremität. 

Meiner Auffassung nach stellt das Stück einen externen Abschlag 
zweiter Ordnung dar. Darauf deutet wenigstens das Stückchen der ur- 
sprünglichen Kruste auf der Indikalfläche hin. (44.) 

Ich glaube, es kann kaum zweifelhaft sein, dass der Umriss höchst 
merkwürdig ist. Wenn meine Ansicht bezüglich der Lage des Ab- 
schlagpunktes richtig ist, so repräsentiert Kopf und Vorderseite das distale 
Ende des Abschlages. Ist das richtig, dann kann der ursprüngliche 
Abschlag, sowie er vom Werkstück (nucleus) abgetrennt wurde, un- 
möglich auch nur annähernd die jetzige Form besessen haben, es ist 
vielmehr anzunehmen, dass er von länglich ovalem Umriss war; die beiden 
Längsseiten waren schwach, das distale Ende stark konvex. 

Es ist gänzlich ausgeschlossen, dass dieser schön brechende Hornstein 
einen andern als einem mehr oder minder elliptischen glattrandigen 
Scherben beim Abschlag lieferte. Die drei konkaven Teile des Randes 
sind also nicht als ursprüngliche Randeinbuchtungen anzusehen, sondern 
sind durch nachträgliche Bearbeitung entstanden. 

Nehmen wir nun einmal an, dieses Stück sei ein Arbeitsgerät ge- 
wesen, wozu hat es denn gedient? Zum Teil Schaber, zum grösseren 
Teil Hohlschaber wird die Antwort sein. 

Angenommen dies wäre so, warum war denn aber der untere Teil 
der „Vorderextremität“, der knapp 18 mm in Breite misst, so sorgfältig 
bearbeitet? 

An der Basis hat die Vorderextremität bei einer Länge von 26 mm, 


Archiolithische Kultur der Tasmanier. 647 


eine Breite von 23 mm, und eine Dicke von nur 6 mm (die sich am Ende 
auf 3 mm verjiingt). Man versuche einmal mit einem solchen dünnen 
Stück Gestein irgendwelche nützliche Arbeit auszuführen; der leiseste 
Druck würde genügen, es an der Basis abzusprengen. 

Ähnliches gilt für die Hinterextremität, die man sich leicht er- 
gänzen kann. 

Der Oberrand mag als Schaber gedient haben, warum wurden aber 
denn die beiden Enden so sorgfältig abgerundet? 

Vielleicht, und das wäre eine Möglichkeit, die ich jedoch mit aller 
Reserve ausprechen möchte, war das ursprüngliche Stück ein tero-watta 
von elliptischer Form und allseitiger Randbearbeitung. Die konkaven 
Randteile entstanden dann zufällig im Laufe der Arbeit, und der fein be- 
arbeitete Teil der Vorderextremität ist nichts anderes als ein Rest des 
ursprünglichen Randes. 

Dieser Auffassung stehen jedoch grosse Bedenken entgegen; warum 
zeigt denn die vordere und untere Aushöhlung eine so delikate Raud- 


Abb. 6. Indikalfläche. Abb. Ga Pollikalfläche. 


bearbeitung? Diese ist doch wohl kaum im Laufe der Arbeit zufällig 
entstanden. Weiterhin ist es undenkbar, dass, wenn irgend ein Druck 
gegen den Rand der Vorderextremität ausgeführt wurde, nachdem ent- 
weder die vordere oder untere Konkavität bereits entstanden war, diese 
nicht direkt abbrach. 

Alle diese Überlegungen scheinen nur darauf hinzudeuten, dass der 
Umriss dieses tero-watta nicht zufällig, sondern tatsächlich gewollt, ab- 
sichtlich ist; wenn aber dem so ist, dann ist es wiederum schwer die 
Ansicht zu unterdrücken, dass dieses Stück eine Tierform, etwa einen 
Wombat darstellen soll. 

Das nachfolgend abgebildete Stück ist ebenfalls höchst merkwürdig. 

Die Länge dieses bei Monavale gefundenen Stückes beträgt 84 mm, 
die Breite 52 und die grösste Dicke 34 mm. 

Die Gesteinsart lässt sich infolge der Patina nicht genau feststellen, 
doch ist aus der Farbe der letzteren und dem schön muscheligen Bruch 
zu schliessen, dass das Gestein ein Hornstein von entweder grauer oder 
dunkelblauer Farbe sein muss. Das Gestein unterscheidet sich jedoch 
von allen andern durch eine grosse Zahl kleiner Löcher, welche scheinbar 


648 Fritz Noetling: 


das ganze Gestein durchsetzten und meist mit rostfarbener erdiger Substanz 
gefüllt sind. 

Die ganze Oberfläche ist mit einer lichtbraunen Patina überzogen, 
während ein Teil der ursprünglichen Oberfläche des Werkstückes, der am 
Distalende der Indikalfläche erhalten ist, eine dunkelrote Farbe zeigt und 
von beträchtlicher Dicke ist. 

Wiederum ist der Umriss schwer mit wenigen Worten zu beschreiben. 
Am besten lässt er sich mit dem eines menschlichen Kopfes vergleichen. 

Allgemein ist der Umriss länglich oval, breiter und gerundet am 
distalen, schmal und gerade abgestutzt am proximalen Ende. Die eine 
Längsseite ist flach S-förmig; die gegenüberliegende zeigt etwas über der 
Mitte der Höhe eine kurze breite, etwas stumpfe Spitze, beiderseits 
welcher der Rand konkav ist. Der obere Teil verläuft allmählich in den 
Distalrand, der untere zeigt jedoch eine Doppelkonkavitat, die durch eine 
flache, breite Erhöhung geschieden ist. 

Die Ränder, namentlich der letzt beschriebene, sind sorgfältig aber 
ziemlich grob bearbeitet, wobei hervorgehoben werden muss, dass sich 
die Bearbeitung über die Spitze erstreckte, wobei deutlich zu sehen ist, 
dass diese ganz absichtlich durch Abschlag von oben und unten 
erzeugt wurde. Die Trefflinie beider Abschläge erzeugte eine scharfe 
Kante in der Mittellinie der Spitze. | 

Die Pollikalfläche ist flach und glatt; die Indikalfläche stark konvex, 
nicht stark bearbeitet; die Perkussionsfläche ist klein, dreieckig; der 
Pollikalrand gerade und zeigt einen deutlichen Aufschlagspunkt. 

Dieses Stück ist als ein externer Abschlag zweiter Ordnung, mit ge- 
ringer Bearbeitung der Indikalfläche aufzufassen. (44.) 

Was mag wohl die Verwendung dieses kuriosen Stückes gewesen 
sein? Ein Bohrer war es sicherlich nicht. Was für eine Art von 
Löchern hatte man mit dieser kurzen Spitze, die 10—12 mm Durchmesser 
besass, bohren können? Irgend ein scharfspitziger Gesteinssplitter hätte 
diesen Zweck besser erfüllt, als diese kurze plumpe Spitze. Wenn es 
aber wirklich ein Bohrer war, warum wurde dann die kleine untere 
Konkavitét angefertigt? Schaben konnte man damit nicht, dafür war sie 
viel zu kurz. Könnte ferner der gegenüberliegende konvex-konkave Rand 
als Schaber verwendet werden? 

Auch hier liegt wieder die Versuchung nahe, die Gestaltung des 
eigenartigen Randes als zufällig aufzufassen, die aus der Abnutzung 
des ursprünglichen Randes entstanden ist. Dagegen spricht ganz ent- 
schieden die unverkennbar absichtlich produzierte Spitze. Wie ist es 
überhaupt denkbar, dass der proximalwärts von der Spitze gelegene Teil 
des Randes seine Form zufällig erhielt? Wäre dieselbe beim Schaben 
zufällig entstanden, so wäre wohl kaum die flache Erhebung stehen ge- 
blieben. 

Wie ich das Stück auch immer anselıe, es will mir nicht einleuchten, 
dass die merkwürdige Randlinie zufällige und nicht eine gewollte sein soll. 

Ich will mich hier jeder Ausserung oder Ansicht enthalten, was das 
Stück darstellen soll, ich bemerke aber, dass es nicht das einzige dieser 


Archiolithische Kultur der Tasmanier. 649 


Art in meiner Sammlung ist, und dass ich ein fast noch merkwürdigeres 
Stiick bei Melton-Mowbray gesammelt habe. r 

Für mich steht es fest, dass die Umrisslinie dieser beiden hier be- 
schriebenen Stiicke eine gewollte, absichtliche, nicht aber zu- 
fällig ist. Welche Auslegung man diesen Stücken geben mag, will ich 
dahingestellt sein lassen. Arbeitsgeräte waren es meiner Ansicht nach 
sicherlich nicht. 

Vielleicht gibt eine eingehende Bearbeitung der von mir gesammelten 
Stücke Aufschluss über ihre Bedeutung, soviel möchte ich nur sagen, 
dass, wenn Schweinfurths Deutung!) der „Figurensteine“ richtig ist, 
dann befinden sich in meiner Sammlung von tero-watta solche, die 
Eukalyptus-Blätter, Schlangen, Vogelköpfe, vierfüssige Tiere und Menschen- 
köpfe darstellen. 

Einstweilen kann ich mich dieser Auffassung noch nicht rückhaltlos 
anschliessen. Das einzige, was mir sicher zu sein scheint, ist, dass es 
unter den tero-watta eine Anzahl von Stücken gibt, deren Form und Be- 
arbeitung darauf hindeutet, dass der Umriss nicht zufällig, sondern ein 
gewollter, absichtlicher ist?). 

Ob solche Stücke auch in den archäolithischen Industrien Europas 
vorkommen, weiss ich nicht, es scheint mir aber nicht so. In einer 
früheren Arbeit (37) habe ich darauf hingewiesen, dass es fast den Anschein 
hat, als ob die tasmanische Kultur die höchste Stufe der archäolithischen 
Kultur bezeichne, und zwar wesentlich deshalb, weil sie eine sorgfältigere 
Bearbeitung der Indikalfliche besitzt, als alle andern archäolithischen 
Kulturen. 

Ist die obige Ansicht vom Vorkommen von tero-watta mit gewolltem 
Umriss richtig, dann hätten wir ein weiteres Kriterium für die Einteilung 
der archäolithischen Kulturen gewonnen. 

Man könnte dieselben dann in zwei Gruppen teilen, nämlich: 


2. Jüngere archäolithische Kultur. 


Mit sorgfältiger Bearbeitung der Indikalfläche und Stücken von ge- 
wolltem Umriss, die wahrscheinlich nicht als Geräte anzusehen sind: 


Tasmanische Kultar. 
1. Ältere archäolithische Kultur. 


Ohne sorgfältige Bearbeitung der Indikalfläche. 
Ohne Stücke von gewolltem Umriss. 


1) Über das Höhlen-Palüolithikum von Sizilien, Zeitschr. f. Ethnologie Jahr- 
gang 39, 1907, S. 879ff. 

2) Ich mag im Anschluss hieran auf die von Stirling beschriebenen Felsen- 
malereien (Aboriginal Rock Paintings on the South Para, Barossa Ranges. 
Transact. Roy. Soc. South Australia 1902) hinweisen. Niemand zweifelt daran, dass 
diese Malereien Tier- und Menschenfiguren darstellen, allein man vergleiche die 
rohe Vorstellung eines vierfüssigen Tieres (Abb. 3) mit der hier wiedergegebenen 
Abb. 5. Ähnliches gilt für die Vogelgestalten Abb. 8 und 9b, c, die viel roher aus- 
geführt sind als gewisse tero-watta, die man als solche deuten könnte. 

Zeitschrift für Ethnologie. Jahrg. 1911. Heft 5. 42 


650 Fritz Noetling: 


Wie viele und welche von den älteren Kulturen hierher gehören, kann 
ich nicht entscheiden, sicher scheint mir dies nur für die Kulturen vom 
Fagnien bis zum Saint-Prestien zu sein. Ich spreche diese Ansicht mit 
aller Rererve aus, denn es gebricht mir das Material, um ein Urteil über 
die europäischen Kulturen zu fällen. Soviel haben mich meine Studien 
an den tasmanischen tero-watta gelehrt: eine richtige Auffassung der 
Archäolithen kann nur an der Hand eines gewaltigen, umfassenden 
Materials erlangt werden; Schlussfolgerungen, die nur auf geringes Material 
basiert sind, sind zum allermindesten zweifelhaft. Ich würde nie zur 
Ansicht über tero-watta von gewolltem Umriss gelangt sein, wenn mir nur 
ein einziges Stück, statt ein grosses Material vorgelegen hätte, ebensowenig 
würde ich die Hypothese der heiligen Steine aufgestellt haben, wenn mich 
nicht mein grosses Material zur Überzeugung gebracht hätte, dass die 
Erklärung derselben als Hammer- oder Reibsteine oder Ambossteine mit 
den beobachteten Tatsachen unvereinbar ist. 

Es muss darum anderen überlassen bleiben, zu entscheiden, ob die 
archäolithischen Kulturen Europas Formen von gewolltem Umriss besitzen 
oder nicht. 


5. Der Gebrauch und die Verwendung der tero-watta. 


Im sechsten Hefte Jahrgang 1910 dieser Zeitschrift bespricht Herr 
P. W. Schmidt meinen im vorhergehenden Jahre erschienenen Aufsatz 
über die tasmanischen Worte zur Bezeichnung der Steinwerkzeuge (28). 
Ich bin Herrn Schmidt aufrichtig dafür dankbar, dass er sich die Mühe 
genommen hat, meine Irrtümer richtig zu stellen, denn, dass ich solche 
begangen hatte, davon war ich selbst überzeugt. Ich brauche wohl 
niemanden zu versichern, dass ich in der Sprachwissenschaft ein absoluter 
Laie bin, allein mit dem gedachten Aufsatze sowohl, als den später 
folgenden, schnitt ich ein Thema an, das bisher sowohl von den Fach- 
männern, die sich mit tasmanischer Etymologie, als von denen, die sich 
mit der Ethnographie und Anthropologie der tasmanischen Ureinwohner 
beschäftigten, gänzlich ausser acht gelassen wurde. 

Ich glaube nicht fehlzugehen, wenn ich behaupte, dass uns von keinen 
der auf reinster archäolkhischer Kultur stehenden Stämme die Sprache 
bekannt oder überliefert ist, mit Ausnahme der Ureinwohner Tasmaniens. 
Ich sagte mir darum, dass uns das Vokabularium der tasmanischen Sprache, 
wie lückenhaft immer dasselbe auch sein mag, ganz wertvolle Anbalts- 
punkte bezüglich der Kultur dieser Rasse, namentlich der von ihr 
benutzten Werkzeuge bieten müsse. Und darin habe ich mich nicht 
getäuscht. Das Endergebnis war ganz ausserordentlich wertvoll, und 
wenn erst die paläontologische Methode mehr im Gebiete der prähistorischen 
Forschung verwendet werden wird, so wird man den vollen Wert der 
tasmanischen Kultur als Vergleichsmaterial zur Beurteilung der ärchäo- 
lithisch-eolithischen Kultur Europas richtig ermessen. Es hiesse alle Er- 
fuhrungen auf den Kopf stellen, wollte man annehmen, dass der archäo- 
lithische Mensch Europas in seiner Kulturstufe wesentlich von dem Tas- 
inaniens verschieden war. Es mögen ja im einzelnen noch näher zu be- 


Archäolithische Kultur der Tasmanier. 651 


griindende Verschiedenheiten bestanden haben, aber das steht für mich 
fest, dass ebenso wie die tero-watta ganz ausschliesslich Werkzeuge des 
täglichen Gebrauches darstellten, die Steininstrumente der archäolithischen 
Kultur Europas als Werkzeuge, keinenfalls aber Waffen anzusehen sind. 
Ich habe wie gesagt Bestätigung meiner Ansichten im Vokabularium 
gesucht und gefunden, und wie ich nunmehr zu meiner Freude konstatieren 
kann, wird ihnen von einem Fachmanne zugestimmt. 

Mein ursprünglicher Aufsatz war nichts anders als ein versuchendes 
Tasten, und hätte ich hier in Hobart den Rat eines so erfahrenen Fach- 
mannes wie Herrn Schmidt gehabt, so würden wohl manche meiner 
Irrtümer unterblieben sein. 

Aufsätze, die sich auf dem Grenzgebiet zwischen philologischer und 
naturwissenschaftlich-anthropologischer Wissenschaft bewegen, sollten am 
besten von zwei Autoritäten in den betreffenden Wissenschaften gemein- 
schaftlich geschrieben werden, andernfalls sind Irrtümer unausbleiblich; 
auch Herr Schmidt, der die Frage von seinem rein etymologischen 
Standpunkte aus beurteilt, verfällt in gewisse Irrtümer, die er nicht be- 
gangen hätte, wäre er so vertraut mit der tasmanischen Kultur wie ich. 
Das soll- jedoch nicht an dem Wert der Schmidtschen Ausführungen 
rütteln.. Im Gegenteil, Herrn Schmidts Kritik meiner Ansichten, soweit 
sie das etymologische Gebiet berühren, ist ausserordentlich wertvoll, 
und ich betrachte sie als einen wichtigen Beitrag zur Klärung der 
ganzen Frage. Auf der anderen Seite hat Herr Schmidt einige Be- 
merkungen gemacht, die ich nicht unwidersprochen lassen kann. 

In erster Linie hätte ich gewünscht, dass Herr Schmidt sich nicht 
ausschliesslich auf die Kritik meines ersten Aufsatzes (28) beschränkt 
hätte, sondern ihn im Zusammenhang mit den später folgenden Auf- 
siitzen (31, 33) behandelt haben würde. Er würde daraus ersehen 
haben, dass mir der, von ihm zitierte, wichtige Satz ,tuggana’) pugheranymee 
trautta“ mit der Übersetzung: „he cuts his hair with flint“ durchaus nicht 


1) Es ist mir nicht ganz verständlich, wie Herr Schmidt dazu kommt, das 
Wort „tu-ggana* mit dem Worte „to cut“ zu übersetzen. In Milligans Voka- 
bularium finde ich S. 22: 

Cut, (00): > a-%. 28 ée es logoone (Ostdialekt) 
toagarah (Siiddialekt). 
In dem von Ling Roth zusammengestellten tasmanisch-englischen Vokabularium 
finde ich S. CXXXI: 


Fuerer, 2 a. Aë a e 8% Eat (to) 
Tugana......... hastily (quickly) 
Tugana.......-. , Fern 

denn die anscheinend aus diesem Worte gebildeten Worte: 
Tugana-loumino..... Track (foot mark) 
Tugane-menuiak .. . . Drowsy 
Tugan-ik ........ Asleep. 


Ich habe wiederholentlich auf die fliichtige Weise der Kompilation des Milli- 
ganschen Vokabulariums aufmerksam gemacht, es ist im hohen Grade wahrschein- 
lich, dass, wenn eine Lautverschiebung undenkbar ist, ein Druckfehler vorliegt und 
das Wort eigentlich „puggana“ lauten sollte. Jedenfalls würde ich Herrn Schmidt 


42* 


652 | Fritz Noetling: 


entgangen ist. Im Gegenteil, ich habe nahezu eine Seite diesem merk- 
würdigen Satze gewidmet (31). Ich habe dargelegt, dass die Übersetzung 
aller Wahrscheinlichkeit nach eine Unmöglichkeit ist. Abgesehen davon, 
dass die Männer wahrscheinlich niemals ihr Haar schnitten, ist unwider- 
leglich bezeugt, dass die Frauen dasselbe kurz geschoren trugen'). Da 
also das männliche Pronomen wahrscheinlich nicht berechtigt ist, so ist 
schwer einzusehen, wie ein Tasmanier weiblichen Geschlechtes sein Haar 
mit einem tero-watta geschnitten hat. Man versuche einmal sein eigenes 
Haar mit einer Scheere oder selbst einer Haarschneidemaschine zu 
schneiden, und man wird finden, dass dies seine Schwierigkeiten hat. 
Wieviel grösser müssen die Schwierigkeiten mit einem so unvollkoınmenen 
Werkzeug wie einem tero-watta gewesen sein. 

Zunächst darf man wohl annehmen, dass die Prozedur nicht in der 
Weise geschah, dass die eine Hand ein Büschel Haare hielt und die 
andere dasselbe mit einem tero-watta kurz über der Wurzel absägt. 
Diese Prozedur war jedenfalls zu schmerzhaft, selbst für den Tasmanier. 
Es ist uns aber überliefert, dass die Prozedur derartig ausgeführt wurde, 
dass das Haar in einzelnen dünnen Büscheln vermittels zweier tero-watta 
abgeknipst wurde. Der Vorgang ist etwa derart wie die beidenBacken 
einer Drahtschere, wenn man damit einen Draht knipst. Ein etwas 
langwieriger, nicht gerade angenehmer, aber auch nicht direkt schmerz- 
hafter Prozess. 

Dass ein einzelner Mensch sein Haupthaar mittels zweier Steinsplitter 
abknipsen kann, will mir sehr wenig einleuchten, und ich bin fest über- 
zeugt, dass auch bei den Tasnıaniern einer dem andern, oder besser ge- 
sagt, eine Frau der anderen den Liebesdienst leistete.) 

Der englischen Übersetzung stehen also gewisse Bedenken entgegen. 
Alles, was wir aus diesem Satz mit Sicherheit entnehmen können, ist, dass 
der „erwachsene 'Tasmanier“ (tuggana oder „puggana“) höchstwahrschein- 
lich etwas mit dem „trautta“* (= Steinwerkzeug) tut. Was das aber ist, 
geht meines Wissens aus dem Worte „pugheranymee“ nicht hervor. Diese 
drei Worte enthalten nach meiner Ansicht keinen Hinweis auf das Haupthaar, 
das ganz ausdrücklich als „poyagha“ bezeichnet wird. Ich möchte fast 
annehmen, dass das Wort „pugheranymee“ in irgend einer Beziehung zum 
Worte „Weib“ steht, und dass also dieser Satz dahin zu deuten wäre. 
dass „der erwachsene Mann dem Weibe (irgend etwas) mit dem Stein- 
werkzeug tut.“ Ob dies etwas sich irgend auf das Haarschneiden bezieht, 
mag dahingestellt bleiben. 


für einen mehr positiven Beweis, dass tu-ggana, to cut bedeutet, als die Uber- 
setzung Milligans, zu Danke verpflichtet sein. Ist tongarah und tuggana dasselbe 
Wort? Wie steht es denn aber mit den andern? 

1) Bilder und schriftliche Aufzeichnungen sind ein unwiderleglicher Beweis. 

2) Allerdings mag man mir meinen eigenen Einwand, das Denken und Fühlen 
des modernen Menschen den Tasmaniern zu substituieren, entgegenhalten, und so 
unwahrscheinlich es auch uns sein mag, dass jemand sein eigenes Haupthaar ver- 
mittels zweier scharfrandiger Steine abknipst, so wäre das gerade ein Grund, an- 
zunehmen, dass die Tasmanier in der Tat so handelten. 


Archäolithische Kultur der Tasmanier. 653 


So viel steht fest, dass die englische Übersetzung „he cuts his hair 
with flint“ nicht richtig sein kann. Vielleicht wird Herr Schmidt die 
richtige Lösung finden. 

Viel schwerwiegender ist jedoch der Irrtum, in den Herr Schmidt 
verfällt, wenn er auf rein etymologischer Basis annimmt, dass die Ver- 
wendung dieses Werkzeuges (nänlich tero-watta) zum „Stechen“ bezeugt 
sei. Es geht nicht aus Herrn Schmidts Darlegungen hervor, welchen 
Sinne er dem Worte „stechen“ beilegt, ist es im Sinne wie „mit einem 
Dolche stechen“ oder im Sinne wie „ein Loch stechen“ (bohren) gemeint? 

Wenn Herr Schmidt annimmt, das tero-watta würde als „Dolch“ 
zum „Stechen“ gebraucht, so befindet er sich damit ganz entschieden im 
Irrtum. Trotz der verführerischen Form manches tero-watta ') fand der- 
selbe niemals als Dolch, also doch im Nahkampf, Verwendung. Nirgendwo 
findet sich ein Beleg dafür, dass die Tasmanier Steinwerkzeuge im Kampfe 
zum Stechen verwendeten. Der Nahkampf war dem Tasmanier wie wohl 
allen niederen Stämmen, verhasst. Aus der Ferne und aus dem Hinter- 
halte schleuderte er den Wurfspeer, und erst wenn das Opfer widerstands- 
los am Boden lag, wagte er sich heran, um dasselbe, wenn es noch lebte, 
mit kurzen, zugespitzten Wurfstöcken ganz tot zu schlagen. Näheres 
wissen: wir hierüber nicht. Allem Anschein nach wurden meistens die von 
Wurfspiessen durchbohrten Opfer hilflos ihrem Schicksale überlassen. 

Wenn aber „Stechen“ im Sinne von „bohren“ gemeint ist, so darf 
man wohl fragen, was hatte denn der Tasmanier eigentlich zu bohren? 
Kleidung trug er kaum, das ist ebenfalls unwiderleglich bezeugt, im besten 
Falle ein lose um die Brust geschlungenes Känguruhfell. Jene wichtige 
Operation das Zusammennähen einzelner Fellstücke zum Zwecke der 
Kleidung ‚und das darum erforderliche Bohren von Löchern war dem 
Tasmanier gänzlich unbekannt. So weit ich eruieren kann, bohrte er 
nichts anderes als Löcher in die dünnen Schalen von Elonchus bellulus, 
die an einer Grasschnur aufgereiht als Halsschmuck dienten, oder aber 
solche in die kleinen Fellstückchen, die als Amulettbeutel verwendet 
wurden, oder in Stücke von Seetang, die als Wasserbehälter Gebrauch 
fanden. Für alle diese Zwecke genügte aber ein scharfer Hornstein- 
splitter, keinenfalls war aber diese Verwendung besonders ausgedehnt, 
wie ich später zeigen werde. 

Schliesslich meint Herr Schmidt, dass ich die Lückenhaftigkeit der 
uns überlieferten Sprachreste nicht genügend berücksichtigt hätte, wenn 
ich der Ansicht sei, dass die Tasmanier vielleicht für alle Gesteinsarten 
nur einen Namen gehabt hätten. 

_ Ich habe diese Ansicht in meinen ersten Aufsätzen (24, 28) nur ver- 
suchsweise aufgeworfen, in meiner späteren Abhandlung (33) aber Jen 
Nachweis geführt, dass sie mindestens 16 Minerale, mineralartige Sub- 
stanzen und Gesteine unterschieden. Diese Liste ist vielleicht zu um- 
fangreich, denn gewisse Mineralien sind sehr zweifelhaft. Man untersuche 
einmal, wie arın der Sprachschatz des heutigen Durchschnitts-Tasmaniers, 


1) Meine Sammlung enthält Pracht.dolche* {siehe auch (14) Abb. 22). 


654 Fritz Noetling: 


der der Bevölkerungsmasse angehört, an Bezeichnungen für Mineralien und 
Gesteine ist. Ich möchte beinahe bezweifeln, ob ihm sechszehn Worte zur 
Verfügung stehen. 

Betrachten wir uns einmal die tasmanische Landschaft und unter- 
suchen wir, welche Gesteinsarten dem Durchschnittsmenschen zunächst 
auffallen. Da ist in erster Linie ein dunkles, blauschwarzes, splitteriges 
Eruptivgestein, das vielfach in schöner, säulenartiger Anordnung vorkommt. 
Der Geologe unterscheidet zwischen Diabas und Basalt, den Durchschnitts- 
menschen berührt eine solche Unterscheidung nicht, ihm ist alles das 
gleiche: iron stone, oder blue-stone (blue metal). 

Da aber diese Eruptivgesteine sehr haufig gauz hervorragende Land- 
marken repräsentieren, jedenfalls die am meisten in die Augen springenden 
Gesteine Tasmaniens sind, so ist wohl anzunehmen, dass auch die 
Ureinwohner Tasmaniens für dieses Gestein einen Namen besassen. Ich 
habe dargetan, dass dieses Wort höchstwahrscheinlich die Bedeutung von 
„Speerstein“ hatte (33), und man kann sich kaum einen besseren Vergleich 
vorstellen. Die enggepressten Basaltsäulen sehen aus wie ein Bündel 
aufrechtgestellter Speere. 

Zunächst an Wichtigkeit folgen eine Art Rauchwacke (mudstone) 
und ein gelblicher oder weisser Sandstein (freestone) beide permischen 
Alters. Auch fiir diese Gesteine besass die tasmanische Sprache aller 
‚Wahrscheinlichkeit nach ein Wort. 

Der Westen der Insel ist charakterisiert durch die scharfzackigen 
Quarzite und quarzitische Schiefer archäischen Alters, während im Osten 
die gerundeten Formen des Granites in den Vordergrund treten. Es ist 
wahrscheinlich, dass auch diese Gesteine mit einem Namen belegt wurden. 

Hierzu kommen noch die Verwitterungsformen wie Sand und Lehm, 
namentlich aber die Flussschotter. Der weiche, warme, trockene Dünen- 
sand der Küste und alten Glacialseen bildete einen wesentlichen Faktor 
im täglichen Leben der Tasmanier (33). Wie wichtig der Sand war, 
geht daraus hervor, dass alle die grösseren, permanenten Lagerplatze auf 
sandigem Boden lagen. | 

Der kalte, wenn trocken harte, wenn nass, schmierige Lehm, das 
Verwitterungsprodukt der Eruptivgesteine wurde jedenfalls auch mit einem 
Namen belegt. 

Schliesslich sind die Flussschotter, die einen grossen Teil des zur 
Herstellung der tero-watta nötigen Materials lieferten, jedenfalls von der 
grössten Bedeutung für die Ureinwohner gewesen, während der moderne 
Mensch dieselben weniger beachtet.!) 

Geologisch gesprochen sind also im besten Falle neun Gesteine und 


1) Ich möchte mich beinahe versucht fühlen, das Wort loän-tennina als das 
tasmanische Wort für Flussschotter, oder Konglomerat anzusehen. Herr Schmidt 
übersetzt es mit „Steinknochen“; könnte es vielleicht auch „Knochensteine“ heissen? 
Ich erinnere hier nur an das Wort Nagelfluh. Die aus dem Schotter ragenden 
Gerölle lassen sich gut mit den Gelenkköpfen der Knochen vergleichen. Diese 
Interpretation ist gewagt, ich gebe das gerne zu, aber nicht unwahrscheinlich. 


ie 


Archäolithische Kultur der Tasmanier. 655 


deren Verwitterungsprodukte gentigend verbreitet,1) dass sie selbst dem 
Laien auffallen miissen. Da letzterer aber keinen Unterschied zwischen 
Diabas und Basalt macht, mudstone und freestone nur deswegen unter- 
schieden werden, weil letzterer als Baustein in Betracht kommt, so redu- 
ziert sich die Zahl auf acht, bei den Tasmaniern höchstwahrscheinlich auf 
sieben, vielleicht sogar auf sechs. 

Wenn man hierzu noch den so bedeutsamen „Hornstein“ (im weitesten 
Sinne des Wortes), dann die Eisenerze zur Herstellung von Rötel, event. 
auch noch Kohle rechnet, so ergibt sich, dass der Sprachschatz der Tas- 
manier nur etwa 9 bis 10 Worte zur Bezeichnung von Mineralien oder 
Gesteinen nebst deren Verwitterungsprodukten kannte. 

Es mögen, wie ich darlegte (33) noch einige andere Mineralien mit 
Namen belegt worden sein, allein sie hatten wie Carneol oder gar 
Topas so wenig Bedeutung für das Leben der Ureinwohner, dass ich diese 
Worte mit gewissem Argwohn betrachte. Den ersten Europäern war der 
schön blutrote Carneol, der sich z. B. in grossen Mengen, aber in kleinen 
Stückchen in der Nähe von Hobart findet, etwas Merkwürdiges, dem Ur- 
einwohner aber nicht. Das gleiche gilt für den „Topas“. Topas ist in 
Tasmanien so selten und kommt meines Wissens in grösseren Mengen nur 
auf der Flinders-Insel *) vor. Aller Wahrscheinlichkeit nach hielten die 
ersten Ansiedler alle nur halbwegs durchsichtigen Quarzkrystalle und 
Quarzgerölle für „Topas“, so dass möglicher Weise Quarz, Topas und 
»Krystall* ein und dasselbe Mineral, nämlich „Quarz“ entweder in kry- 
stallisierter oder gerollter Form bedeuteten. 

Im Leben der Tasmanier spielte dieses Mineral keine Rolle. Quarz 
oder Bergkrystall lieferte keine brauchbaren tero-watta. Die Spaltbarkeit, 
namentlich aber den schönen glatten Bruch des Hornsteines, besass der 
Quarz nicht. Ich habe einige tero-watta aus Quarz gefunden, alle aber 
waren von rohester Form, niemals fand ich einen, der die schöne, sorg- 
fältige Bearbeitung der Indikalfläche zeigte, die wir so häufig an den aus 
dunklem Hornstein hergestellten tero-watta beobachten. 

Aus all dem geht hervor, dass meine Schlüsse über den geringen 
Umfang der mineralogischen Kenntnisse der Tasmanier aufs Beste gesichert 
sind, während Herrn Schmidts Anschauung in der Luft schwebt 

Wie dem auch sein mag, ob Herr Schmidt und ich in Detailfragen 
auseinandergehen, darauf kommt es schliesslich nicht an, in der Haupt- 
sache sind wir einig und das ist doch das Wichtigste. 

Herr Schmidt hat den etymologischen Nachweis erbracht, dass der 
Stamm „tero“ die Bedeutung von etwas schneidendem haben muss, und 
wenn dem Worte „wuta“ die Bedeutung von „scharf“ zukommt, so ist 
kein Zweifel daran anzunehmen, dass tero-watta tatsächlich ein Schneide- 


1) Der für den modernen Menschen so wichtige Kalkstein kam für den Tas- 
manier nicht in Betracht. Übrigens ist dessen Verbreitung in Tasmanien nicht 
sehr ausgedehnt. 

2) Flinders Island war nicht von den Tasmaniern bewohnt. Sie wurden erst 
zu Anfang der dreissiger Jahre des vorigen Jahrhunderts dahin transportiert (11). 


656 € ig Fritz Noetling: 


instrument im weitesten‘ ‚Sinne des Wortes bedeutet, nicht ener ein 
Gesteinsname. 

Nach Schmidt ist „-na“ das Singular-Suffix des Ost- und Süd- 
dialektes; ich möchte darum die Frage aufwerfen, welches ist das richtige 
Wort der tasmanischen Sprache für „Steinwerkzeug“ Einfach tero-na, 
oder tero-watta, oder wäre im letzteren Fall das Wort tero-na-watta, das 
richtiger gebildete, und könnte man auch ferner sagen „mora tero-na-watta“> 
„statt mora tero-na“. Vielleicht beantwortet Herr Schmidt diese Fragen, 
bis dahin will ich das Wort tero-watta beibehalten, wobei ich dahingestellt 
sein lassen will, ob nicht tero-na-watta die grammatikalisch richtigere 
Form wäre. 

Herr Schmidt stimmt meiner Ansicht, dass die Tasmanier keine 
speziellen Instrumente oder Werkzeuge zur Ausführung der fünf Primitiv- 
operationen hatten, vollständig bei. Ein einziges Werkzeug das tero- 
watta genügte vollkommen, alle nötigen Operationen auszuführen. 

Ich habe diese Ansicht auf Grund des morphologischen Studiums von 
Tausenden von tero-watta begründet, durch die Überlieferungen und 
schriftlichen Aufzeichnungen über die Sitten und Gebräuche der Tasmanier 
weiter gestützt und schliesslich auf Grund des Studiums des Wörterbuches 
als bewiesen erachtet. Es freut mich ungemein, dass Herr Schmidt auf 
Grund seiner linguistischen Studien mir in dieser Hinsicht vollkommen 
beitritt. 

= Damit wird aber Rutots Theorie, dass die éolithische oder archäo- 
lithische Industrie fünf bestimmte Werkzeuge für spezielle Zwecke kannte, 
hinfällig. Wenn die typische archäolithisch-eolithische Industrie der Tas- 
manier nur ein einziges Universalinstrument,') das allen Zwecken genügte, 


1) Ich reklamiere mit aller Entschiedenheit die Priorität das tero-watta als 
Universalinstrument bezeichnet zu haben. Ich habe Herrn Klaatsch meine Gründe 
hierfür an Hand meiner Sammlung im Jahre 1906 demonstriert, und ich habe dies 
ganz ausführlich in meinem am 14. Mai 1907 gehaltenen Vortrage dargelegt, wie 
aus dem folgenden in der Zeitung „Mercury* vom 15. Mai 1907 veröffentlichten 
stenographischen Bericht hervorgeht Bei der grossen Verwirrung in der Druck- 
legung der Papers & Proceed. of the Roy. Soc. of Tasmania 1906/07 nach dem Tode 
Mortons, ist mein Vortrag leider auch verstiimmelt worden und ganze Abschnitte 
wurden ausgelassen, darunter als wichtigster der hier zitierte. 

Ich möchte ganz ausdrücklich betonen, dass Herr Klaatsch überhaupt nicht 
in der Lage sein konnte, eine Ansicht darüber auszusprechen, ob die tasmanischen 
Archaeolithen Universalinstrumente seien oder nicht. Das geringfügige, von ihm 
selbst gesammelte Material, dessen besten Stücke ihm Herr Nichols, den Herr 
Klaatsch gänzlich zu erwähnen vergass, in Melton-Mowbray schenkte, war nicht 
genügend, eine solche Ansicht zu formulieren. Ich habe sie erst nach sorgfältigem 
Vergleich von Tausenden von Stücken gewonnen. 

Der betreffende Passus lautet: 

„The archaeolithe as manufactured by the Tasmanian aborigines was practically 
a universal instrument among them, serving different purposes ocurring in 
daily life. Their archaeolithie civilization had not yet enabled them to distinguish 
and to manufacture certain types of implements for special purposes, only the 
later civilization learnt to produce instruments to serve special purposes.“ Mercury, 
vol. LKXNAVII No, 11594 Hobart, May 10. 1907. 


Archäolithische Kultur der Tasmanier. 637 


kannte, ist es wahrscheinlich, dass die gleiche Industrie Europas spezielle 
Instrumente für spezielle Zwecke anfertigte? Ich glaube diese Frage ent- 
schieden verneinen zu können. 

Ich will nicht im geringsten leugnen, dass die verschiedenen 
Operationen verschiedene, wohl kenntliche und unterscheidbare Spuren 
auf den Steinwerkzeugen zurückgelassen haben, und dass man heute noch 
erkennen kann, welcher Art die Operation war, die mit denselben aus- 
geführt wurde. Auf Grund meiner Studien an tasmanischen tero-watta 
muss ich aber entschieden bestreiten, dass die Tasmanier bestimmte 
Werkzeuge anfertigten, welche speziell nur als Messer, Schaber, Bohrer 
oder Hackmesser (chopper) verwendet wurden. Was für die Tasmanier 
gilt, dürfte'wohl auch für die Archäolithen Europas gelten. 

Der Umriss, die Gestalt ınag noch so verführerisch sein, sie mag eine 
hochvollendete Lanzenspitze oder einen Dolch oder ein Beil darzustellen 
scheinen, wir wissen aber mit Sicherheit, dass solche Deutungen voll- 
ständig falsch und mit den Tatsachen unvereinbar sind (5, 24, 28). 

Ich möchte darum auch früh- 
zeitig Verwahrung dagegen ein- 
legen, wenn Herr L. Pfeiffer 
in seinem sonst so schönen und 
hochinteressanten Aufsatz!) über 
die steinzeitliche Fellbearbeitung 
tasmanische tero-watta als Ver- 
sleichsmaterial zur Stütze seiner 
Theorie der Halbmondmesser Abb. 7. 
heranzieht. Ich will letztere 
durchaus nicht ` bestreiten, im Gegenteil, ich glaube seine Deutung der 
Halbmondmesser ist vollkommen richtig, aber die tasmanischen Stücke 
fallen trotz ihrer Halbmondform nicht unter die Kategorie der Halbmond- 
messer. 

Der Beweis hierfür ist leicht erbracht, in erster Linie war den Tas- 
maniern Leder gänzlich unbekannt, zweitens tragen sie keinerlei Kleidung, 
folglich bedurften sie auch keines speziellen Instrumentes zum Schneiden 
des Leders. Irgend ein tero-watta war genügend eine Rohhaut zu zer- 
scheiden, falls ein kleineres Stück für ein Beutelchen gewünscht wurde. 
Im allgemeinen wird aber in diesem Fall das Zerreissen der Rohhaut 
viel einfacher gewesen sein als das Zerschneiden. 

Wie irreführend solche Trugschliisse aus der Form allein sein 
können, dafür diene die folgende Figur als Beleg. Man kann sich kaum 
ein schöneres „Fischmesser“ vorstellen als das nachstehend abgebildete. 
Wir wissen aber hinlänglich, und alle Autoren sind sich darin einig, 
dass die Tasmanier keine Fische verzehrten, im Gegenteil einen grossen 


1) Zeitschrift f. Ethnologie, 42. Jahrgang, 1910, Heft VI, S.858, Abb. 70. (Um 
Irrtümer zu vermeiden, möchte ich bemerken, dass die betreffenden Stücke nicht 
aus Mergelschiefer hergestellt sind. Die Gesteine, welche zur Anfertigung der tero- 
watta Verwendung fanden, habe ich ausführlich beschrieben (33). 


658 Fritz Noetling: 


Widerwillen gegen diese Nahrung hatten (11). Derartige Werkzeuge, 
deren sich eine ganze Reihe in meiner Sammlung befinden, als „Fisch“- 
oder gar „Leder“-Messer zu bezeichnen, um damit deren Verwendung an- 
zudeuten, wäre durchaus verkehrt und mit den Tatsachen nicht vereinbar. 

Obschon ich vielfach die Eigenschaft des tero-watta und damit auch 
der Archäolithen ganz ausschliesslich als Werkzeuge betont habe, und 
ausdrücklich hervorhob, dass dieselben niemals als Waffen verwendet 
wurden, so ist mit veralteten unrichtigen Auffassungen immer noch nicht 
aufgeräumt. Mich erinnert die Deutung gewisser Archäolitlien als Waffen 
oder hochspezialisierte Werkzeuge immer an einen alten, seinerzeit hoch- 
berühmten Paläontologen, der in seinen Vorlesungen die doppelschalige 
Koralle Calceola sandalina immer noch unter den Brachiopoden aufführte 
und bemerkte, neuerdings sei der Korallencharakter dieses Fossils nach- 
gewiesen, er ziehe aber vor, dasselbe nach wie vor als ein Brachiopod 
zu betrachten. 

Das ist ja schliesslich auch eine Auffassung, ob damit aber der 
wahren Erkenntnis, die doch das KEndziel jeder wissenschaftlichen 
Forschung sein muss, geholfen ist, mag dahingestellt bleiben. 

Ich möchte darum noch einmal kurz die Hauptcharaktere und die 
Verwendung der tero-watta, die wir als den Typus archäolithischer Werk- 
zeuge auffassen können, zusammenfassen. 

Diese sind: 

l. Der typische, archäolithische, tero-watta ist stets ein Abschlag von 
einem grösseren Werkstücke (nucleus) (14, 34, 37, 43). 

2.. Die Trennung des Abschlages vom Werkstück (nucleus) erfolgt 
stets nach einer Fläche, welche zwischen dem Zentrum des Werkstückes 
und dessen Oberfläche liegt (43). 

3. Dieser Abschlag ist immer beidflächig und meistens auch beider- 
seitig unsymmetrisch (14, 34, 37, 43). 

4. Die beiden Flächen besitzen einen durchaus verschiedenen 
Charakter, die eine ist glatt und mehr oder weniger flach, niemals be- 
arbeitet, die gegenüberliegende konvex, meist mehr oder minder stark 
bearbeitet!) (14, 34, 37, 43). 

5. Die glatte Fläche zeigt stets Perkussionserscheinungen (Bulbus, 
Wellenringe, Radialfissuren usw.), und repräsentiert in bezug auf das 
Werkstück (nucleus), von welchem das Gesteinsfragment abgeschlagen 
wurde, die innere Seite. Man kann solche also als Innen-, Per- 
kussions- oder Bulbusfläche bezeichnen. Aus gleich zu besprechenden 
Gründen ziehe ich vor sie Pollikalfläche zu benennen. Die Be- 
zeichnung Rückenfläche oder gar Rückenseite ist falsch und in keiner 
Weise logisch begründet (43). 

6. Der glatten Fläche gegenüber liegt die konvexe Fläche, die häufig 
die ursprüngliche Oberfläche des Werkstückes, von welchem das Werk- 
zeug abgeschlagen wurde, repräsentiert. (Vielfach ist letztere durch 
spätere Bearbeitung verschwunden) (43). 


1) Es gibt jedoch gewisse Ausnahmen; siehe (50). 


Archäolithische Kultur der Tasmanier. 659 


In bezug auf das Werkstück, von welchem das Werkzeug abge- 
schlagen wurde, repräsentiert dasselbe die Aussenfläche (Perkussions- 
marken kommen auf ihr nicht vor, ausgenommen die Negative früherer 
Abschläge). 

Man kann diese Fläche als Aussen- oder Konvexfläche be- 
zeichnen; ich ziehe vor, sie als Indikalfläche zu benennen. 

Es wäre total verkehrt diese Fläche dem Analogon der „Rücken- 
fläche“ folgend als Bauch- oder Ventralfläche zu bezeichnen (14, 43). 

T. Eine etwaige Bearbeitung des Abschlags erfolgte stets derart, dass 
die Schläge von der Pollikalfläche nach der Indikalfläche gerichtet waren. 
(In sehr seltenen Spezialfällen erfolgte die Bearbeitung in umgekehrter 
Richtung) (5, 14, 26, 30, 34, 43). 

8. Die spätere Form des Werkzeuges ist in erster Linie durch den 
ursprünglichen Umriss des Abschlages bedingt (43). 

Man kann bei den Abschlägen folgende Gruppen unterscheiden (43): 

a) externe Abschläge, 
b) interne Abschläge. 

10. Die externen Abschläge zerfallen wiederum in zwei Klassen, 
solche erster und solche zweiter Ordnung (43). 

Externe Abschläge erster Ordnung besitzen stets nur Pollikal- und 
Indikalfläche; letztere repräsentiert die ursprüngliche Oberfläche des 
Werkstückes (diese kann jedoch durch spätere Bearbeitung ganz oder 
beinahe ganz verschwunden sein). 

Externe Abschläge zweiter Ordnung besitzen drei Flächen, Pollikal-, 
Indikal- und Perkussionsfläche. Diese entstehen dadurch, dass der Schlag, 
durch welchen ein frischer Abschlag erzielt wird, auf eine frühere Ab- 
schlagsfläche derart auftrifft, dass die Aussenfläche des Werkstückes die 
Indikalfläche bildet. 

Solche Abschläge haben also stets drei Flächen, nämlich: Pollikal- 
Indikal- und Perkussionsfläche. Die Perkussionsfläche findet sich am 
proximalen Ende des Abschlags, d. h. dem Ende, das der den Hammer 
führenden Hand zunächst liegt, zwischen Pollikal- und Indikalfläche und 
_ bildet mit letzterer einen Winkel von annähernd 135°. 

An der Pollikalkante der Perkussionsfläche ist meist eine Art Vor- 
sprung, Perkussionsnase zu sehen, welche den Treffpunkt des Hammers 
bezeichnet, von diesem strahlen die verschiedenen Perkussionsmarken auf 
der Pollikalfläche aus. 

(Die Perkussionsfläche ist häufig durch spätere Bearbeitung stark 
reduziert) (43). 

ll. Die internen Abschläge zerfallen wiederum in zwei Klassen, 
solche erster und zweiter Ordnung, nämlich: 

Interne Abschläge erster Ordnung entstehen dadurch, dass der Schlag, 
durch den ein neuer Abschlag vom Werkstück abgetrennt wird, nicht auf 
die alte Abtrennungsfläche, nach welcher ein externer Abschlag abgetrennt 
wurde, fällt, sondern auf die Aussenfläche des Werkstückes. Die Indikal- 
fläche eines internen Abschlages erster Ordnung repräsentiert somit eine 
oder mehrere Flächen, nach welchen frühere Abschläge abgetrennt wurden. 


660 Fritz Noetling: 


Ein interner Abschlag erster Ordnung wird also die Reste der ursprüng- 
lichen Oberfläche (soweit sie nicht durch spätere Bearbeitung entfernt 
sind) am proximalen, vielleicht auch am distalen Ende, niemals aber auf 
der Indikalfläche besitzen. 

Interne Abschläge zweiter Ordnung entstehen dadurch, dass der 
Hammer eine frühere Abschlagsfläche eines Werkstückes trifft, von welchem 
zum mindesten zwei externe Abschläge abgetrennt wurden. Sie haben 
also wie die externen Abschläge zweiter Ordnung drei Flächen: Indikal-. 
Pollikal- und Perkussionsfläche. 

Die Spuren der ursprünglichen Oberfläche, wenn solche nicht etwa 
später entfernt, müssen sich also stets am distalen Ende finden, können 
aber niemals auf der Indikalfläche auftreten (43). 

12. Die wesentliche Bedingung beim Abschlag war die Erzielung 
einer guten, glatten Abschlagsfläche, aus dem Grunde, weil, wie durch 
Augenzeugen unwiderleglich bewiesen ist, das tero-watta unabanderlich 
derart in der Hand gehalten wurde, dass der Daumen auf der flachen 
Seite auflag. Ich habe diese Fläche daher Pollikalfläche genannt. Was 
für das tasmanische tero-watta zutrifft, darf wohl mit Fug und Recht 
für den von ihm ununterscheidbaren Archäolithen Europas gelten. Alle 
andern Darstellungen, z. B. die noch jüngst durch Pfeiffer gegebene), 
bei welcher der Daumen auf der Indikalfläche aufruht, sind nicht be- 
gründet?) (1, 3, 14, 30, 34, 43). 

13. Das tero-watta war ganz ausschliesslich ein Werkzeug für den 
täglichen Gebrauch, aber keine Waffe und niemals geschiftet. Was für 
das tasmanische Werkzeug gilt, dürfte wohl auch für den europäischen 
Archäolithen zutreffen; es ist darum müssig, Pfeil und Lanzenspitzen, 
Beile und Dolche unter den Archäolithen erkennen zu wollen. (14, 24, 
28, 34). 

14. Eine Spezialisierung des tero-watta für bestimmte Gebrauchs- 
zwecke existiert nicht. Irgend ein Werkzeug konnte und wurde zum 
Schneiden, Schaben, Hacken, Schlagen oder Bohren verwendet, je nach- 
dem es das augenblickliche Bedürfnis erheischte. (28, 34, 41) Eine 
Spezialisierung der Werkzeuge und die Verwendung des Steines zu 
Waffen lässt sich erst mit dem Eintritt der paläolithischen Zeit nach- 
weisen. Während der ganzen archäolithischen Zeit war und blieb das 
Steinwerkzeug ein Universalinstrument des täglichen Gebrauches. 


1) Diese Zeitschr. 1910, S. 886 Abb. 109a. 

2) Ich kann darum nicht verstehen wie Pfeiffer, der den schönen, gehalt- 
vollen Gedanken zum Ausdruck bringt: „Abb. 85 ist hier wiedergegeben, um zu 
zeigen, wie schwierig es sein wird, heute rückwärts die Gebrauchs- 
weise von alten Werkzeugen zu deuten“ (l. c. 853) an der gedankenlos an- 
genommenen Festhaltung des ungeschäfteten Archäolithen in der Hand des modernen 
Menschen festhält. Es ist doch noch lange nicht bewiesen, dass, weil der moderne 
Mensch einen Archäolithen so hält, wie er ihm in der Hand bequem liegt, der 
archäolithische Mensch das gleiche getan hat. Das Beispiel des archäolithischen 
Tasmaniers beweist, dass das tero-watta in einer Weise zwischen den Fingern 
festgehalten wurde, auf die der moderne Mensch nur schwer verfallen würde. 


Archäolithische Kultur der Tasmanier. 661 


15, Das tero-watta wurde im wesentlichen in der Zurichtung der 
hölzernen Wurfspeere und kurzen Wurfstöcke verwendet und diente 
meist zum Schaben, Glätten und Zuspitzen derselben. Weitere Verwendung 
fand es beim Zerlegen des Fleisches, eventuell Abtrennung der Felle, 
zum Schaben des Hotels, zum Einhauen der Kerben in die Rinde 
beim Erklettern der Bäume, zum Abschneiden der Haupthaare der Frauen 
und der Produktion von Schmucknarben bei den Männern. Untersuchungen 
über die Grössen und Gewichtsverhältnisse haben bewiesen, dass das tero- 
watta keinenfalls zu schwerer Arbeit geeignet war. Wie weit diese Ver- 
wendung auf den europäischen Archäolithen zutrifft, will ich nicht ent- 
scheiden. Sicher ist wohl nur, dass der archäolithische Mensch Europas 
seine hölzernen Wurfspiesse damit herstellte. Der Archäolith wird wohl 
auch beim Abhäuten der Tiere eine Rolle gespielt haben, und wenn man 
annimmt, dass im Gegensatz zu dem unbekleideten Tasmanier die euro- 
päischen Archäolithiker mit Fellen bekleidet waren, so ist die Verwendung 
des Archäolithen zum Schaben der Haute sehr naheliegend. 


Literatar. 


1. 1873. James Scott. Letter to J. W. Agnew Esq. Hony, Sec. Roy. Soc, Tasmania. 
Monthly Notices of Papers and Proceedings of the Royal Soc. of Tasmania 
June, July, August 1873 pag. 24. (Dieser Brief ist eine der wichtigsten 
Quellen in Bezug auf den Gebrauch und die Handhabung des tero-watta 

2. 1875. James Scott, Monthly Notices of Pap. and Proceed Roy Soc Tasmania, 
June, July, August 1875 pag. 41. (Enthält die kurze Mitteilung betreff. der 
angeblichen Werkplätze Stokers Bottom und Dismal Creek; die August- ` 
Sitzung des Jahres 1874 enthält keinen Hinweis auf das „Grab“, von dem 
Scott in der gleichen Notiz spricht). 

3. 1876. James Scott, An aboriginal stone implement from Mount Morriston. Pap. 
and Proceed. Roy Soc. Tasmania pag. 70. (Diese in den Proceedings ver- 
steckte Notiz ist von grösster Wichtigkeit. Scott states „That the natives held 
the stones with the thumb on the flat surface the rounded side resting in the 
palm of the head.“ In Ling Roth’s Verzeichnis ist diese Literaturangabe 
irrtümlich unter „Shillington“ angeführt. 

4. 1818. R. Brough Smyth, The Aborigines of Victoria vol. II. Appendix: The 
Aborigines of Tasmania pag. 400 407. 

5. 1888. R. M. Johnston, Systematic Account of the Geology of Tasmania, 
pag. 334 - 337. | 

6. 1890 H. Ling Roth, The Aborigines of Tasmania Ist ed. 

7. 1890. Joseph Milligan, Vocabulary of the Dialects of some of the Aboriginal 
Tribes of Tasmania. Hobart, Government Printing Press. Zweiter Nachdruck 
der ursprünglich im Jahre 1859 im zweiten Teile des III. Bandes der Pap. and 
Proceed. of the Roy. Soc. of Tasmania pag. 239-282 erschienenen Arbeit: 
ein erster Nachdruck wurde im Jahre 1866 gemacht. Der Nachdruck ent- 
hält eine Liste von Worten, die im Jahre 1826 von Thomas Scott ge- 
sammelt wurden, dem Original aber fehlen. 

8. 1893. E. B. Tylor, On the Tasmanians as Representatives of Palacolithic Man. 
Journ. Anthrop. Inst. XXIII. 

9. 1594. E.B. Tylor, On the occurrence of ground Stone implements of Australian 
type in Tasmania, Journ. Anthrop. Inst. XXIV pag. 355 340. 

10. 1897. James B. Walker, Notes on the Aborigines of Tasmania extracted from 
the Manuscript Journals of George Washington Walker. Pap. and 
-Proceed. Roy. Soc. Tasmania pag. 145. 


662 


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Fritz Noetling: 


1899. H. Ling Roth, The Aborigines of Tasmania. 2st. ed. pag. 145 - 152. 
(Siehe hierselbst auch die Einleitung von Edward B. Taylor.) 

1900. James B. Walker, The Tasmanian Aborigines, Hobart, Government 
Printing Office, pag. 1—9. (Eine kleine separat erschienene Broschüre eines 
Parl. Paper.) ; 

1901. J. E. Calder, Language and Dialect spoken by the Aborigines of Tas- 
mania. Parliament of Tasmania. Parl. Paper No. 69. 

1906/07. F. Noetling, Notes on the Tasmanian Amorpholithes. Pap. and 
Proceed. Roy. Soc. Tasmania pag. 1-34, 

1907. H. Klaatsch, Schlussbericht über seine Reise nach Australien in den 
Jahren 1904—1907. Zeitschr. f. Ethnologie, 39. Jahrg., Heft IV u. V S. 685 — 686. 

1907. A. Rutot, Un Grave Probleme. Bull d L Soc. Belge de Geol. Pal et Hyd. 
vol. XXI pag. 3-46. 

1907. F. Noetling, The Native Quarry on Coal Hill near Melton Mowbray. 
The Tasmanian Naturalist vol. I No. 2, September pag. 14—15. 

1907. F. Noetling, Some Implements of the Tasmanian Aborigines. The Magic 
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1908. F. Noetling, Notes on a Chipped Boulder found near Kempton. Pap. 
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Roy. Soc. Tasmania pag. 44—52, pl. III and IV. 

1908. Hermann B. Ritz, On Dr. Noetlings Conclusions respecting the 
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Soc. Tasmania pag. 68—72. 

1908. Hermann B. Ritz, An Introduction to the study of the Aboriginal 
Speech of Tasmania. Pap. and Proceed. Roy. Soc. Tasmania pag. 73-8. 

1908. F. Noetling, A Native Burial Ground on Charlton Estate near Ross. 
Pap. and Proceed. Roy. Soc. Tasmania pag. 36—42, pl. V. 

1908. F. Noetling, The Aboriginal Designations for Stone Implements. Pap. 
and Proceed. Roy. Soc. Tasmania pag. 60-07. 

1908. H. Klaatsch, die Steinartefalte der Australier und Tasmanier verglichen 
mit denen der Urzeit Europas. Zeitschr. f. Ethnologie, 40. Jahrg, Heft 3. 
S. 407—427. 

1908. M. Verworn, Ein objektives Kriterium fiir die Beurteilung der Manufact- 
natur geschlagener Feuersteine. Zeitschr. f. Ethnologie, 40. Jahrg., Heft 4, 
S. 548—558. 

1908. F. Noetling, Sind die craquelierten Feuersteine aus dem Oligocän von 
Thenay als Artefakte aufzufassen? Centralblatt f. Min., Geol. u. Pal. No. 24, 
S. 748—753. 

1909. F. Noetling, Kannte die tasmanische Sprache spezielle Worte zur Bezeich- 
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Zeitschr. f. Ethnologie, 41. Jahrg., Heft 2 S. 199 208. 

1909. F. Noetling, Weitere Mitteilungen über craquelierte Archäolithen aus 
Tasmanien. Neue Jahr. f. Min, Geolog. u. Paläont. 1909 B. I S. 73—iu. 
(Keine Tafeln.) 

1909. F. Noetling, A Peculiar Group of Trowattas. Pap. and Proceed. Roy. 
Soc. Tasmania pag. 1—8 PI. I—III. 

1909. F. Noetling, Red Ochre and its use by the Aborigines of Tasmania. 
Pap. and Proceed. Roy. Soc. Tasmania pag. 30—38 Pl. IV. 

1909. F. Noetling, Preliminary Note on the Rocks used in the Manufacture 
of the Tronattas. Pap. and Pıoceed. Roy. Soc. Tasmania pag. 85- 102, 
1909. F. Noetling, Notes on the Names given to Minerals and Rocks by the 
Aborigines of Tasmania. Pap. and Proceed. Roy. Soc. Tasmania pag. 

102—123. 

1909. F. Noetling, Studien über die Technik der tasmanischen Tronatta. 

Archiv f. Anthropologie. Neue Folge, Bd. VIII Heft 3 S. 197—207. 


41. 


42. 


45. 


46. 


Archäolithische Kultur der Tasmanier. 663 


1%9. Hermann B. Ritz, The Speech of the Tasmanian Aborigines. Pap. 
and Proceed. Roy. Soc. Tasmania pag. 44—81. 

1910 F. Noetling, The Antiquity of Man in Tasmania. Pap. and Proceed. 
Roy. Soc. Tasmania pag. 231-%1 Pl. I and IL. 

1910. F. Noetling, Comparison of the Tasmanian Tronatta with the Archaeo- 
lithic Implements of Europe. Pap. and Proceed. Roy. Tasmania pag. 265 
bis 278 Pl. IIT—VI. 

1910, F. Noetling, The Food of the Tasmanian Aborigines. Pap. and Proceed. 
Roy. Soc. Tasmania pag. 279—305. 

1910. James Norman, The Norman Manuscript, Vocabulary of the Tasmanian 
Language. Pap. and Proceed. Roy. Soc. Tasmania pag. 333—342. (Ein 
vollständiger Nachdruck des Original-Manuskriptes.) 

1910. Hermann B. Ritz, Notes on the Norman Manuscript. Pap. and 
Proceed. Roy. Soc. Tasmania pag. 343 - 345. 

1910. P. W. Schmidt, Die tasmanischen Worte zur Bezeichnung archäoli- 
thischer Werkzeuge. Zeitschr. f. Ethnologie 42. Jahrg. Heft VI S. 915—919. 

1911. F. Noetling, Das Alter des Menschengeschlechtes in Tasmanien. Neues 
Jahrb. f. Min., Geolog. u. Palaeont. Jahrg. 1911 Beilage Band XXXI S. 303 
bis 341 Taf. V—IX. 

1911. F. Noetling, Notes on the marks of Percussion on Silicius Rocks. Pap. 
and Proceed. Roy. Soc. Tasmania pag. 1- 20. 

1911. F. Noetling, The manufakture of the Tero-watta. Pap. and Proceed. 
Roy. Soc. Tasmania pag. 38-61 Pl. V—VII1. 

1911. F. Noetling, Notes on the Hunting Sticks (Lughrana) Spears (Perenna) 
and Baskets (Taghbrana) of the Tasmanian aborigines. Pap. and Proceed. 
Royal Soc..Tasmania pag. 64-98 Pl. VIII—X1V. 

1911. F. Noetling, Further Notes on the Habits of the Tasmanian aborigines 
Pap. and Proceed, Royal Soc. Tasmania pag. 99 Pl. XV—XVIII. 


Anmerkung: Die ältere Literatur bis 1899 findet sich vollständig in H. Ling 


Roth, Aborigines of Tasmania 2nd ed. 


Fünfter Bericht über die Tätigkeit der von der Deutschen 
anthropologischen Gesellschaft gewählten Kommission für 
prähistorische Typenkarten. 


Von 
Robert Beltz-Schwerin. 


(Hierzu eine Kartenbeilage.) 


Die Latenefibeln. 


Die Herstellung einer Karte, welche die Verbreitung der Latenefibeln 
in Deutschland in der bewährten Art der früheren Karten der Bronze- 
äxte usw. zeigen sollte, ist auf der Versammlung der deutschen an- 
thropologischen Gesellschaft in Görlitz 1906 beschlossen worden und 
von A. Lissauer in gewohnter Rührigkeit sogleich in die Hand ge- 
nommen. Der Entwurf der Fragebogen, die erste vorläufige Feststellung 
der Typen ist Lissauers Werk; auch die ersten Eintragungen der 
allmählich eingehenden Sammlungsberichte in das Hauptverzeichnis hat er 
noch vollzogen. 

Nach Lissauers Tode am 30. Sept. 1908 hat erst A. Goetze, dann nach 
Beschlussfassung auf der Versammlung in Posen 1909 der Herausgeber 
die Weiterarbeit übernommen. Ihr Abschluss war nicht nur eine Pflicht 
der Pietät gegen den ausgezeichneten Forscher und treuen Kollegen, 
sondern versprach auch eine wesentliche Förderung der prähistorischen 
Forschung, in der die Jaatenefibeln sich seit Jahrzehnten als wirksame 
Leitformen bewährt haben. Die Veröffentlichung hat sich über Erwarten 
lange hinausgeschoben, da sich bei der Beschaffung des Materials Schwierig- 
keiten herausstellten und die Bearbeitung desselben ergab, dass die 
Lissauerschen Typen den Formenbestand nicht ausreichend umschrieben. 
Es musste der Versuch gemacht werden, die Formenelemente, aus denen 
sich die unübersehbare Fülle der Latenefibeltypen zusammensetzt, fest- 
zulegen und die einzelnen Exemplare danach zu beschreiben. 

Die Anordnung der Karte folgt den früher erschienenen; die Uber- 
siehtlichkeit ist wesentlich geringer, da es sich hier um Eintragungen von 
zeitlich streng geschiedenem Material handelt. Die Eintragungen sind 
nach typologischem Schema, nicht nach chronologischem erfolgt. Dass 
das Frühlatenefibelschema sich nicht mit der Frühlateneperiode deckt usw., 
ist bekannt, aber nicht überflüssig zu betonen. 


, tee mm, ffe, — 


R. Beltz: Latenefibeln. 665 


Seitdem Hans Hildebrand den Namen Latene für die von ihm 
zuerst umschriebene Kulturgruppe eingeführt und das Fibelmaterial nach 
seinen formalen Charakteren geschieden hat!), ist die Latenefibel für 
chronologische und auch ethnische Gliederung ein Lieblingsstiick der 
prähistorischen Forschung geworden. Allgemeine Gültigkeit hat die Ein- 
teilung von Otto Tischler”) gewonnen. Tischlers Schema war be- 
kanntlich das folgende: 

I. Freies Schlussstück (Knopf, Ring, Scheibe, diese oft mit Koralle). 
— Kirchhöfe der Champagne, Hügel der Franche-comte und des Rhein- 
Saargebiets, Grabfunde der Schweiz, Duxer Quellfund, Böhmen, West- 
Ungarn. — An jüngste Hallstätter (Schlangen-, Paukenfibeln usw.) zeitlich 
anschliessend. 

II. Verbundenes Schlussstück. — La Tene, Norddeutschland, Schweden, 
von Frankreich bis Ungarn allgemein. 

II. Schlussstück in der Verlängerung des Bügels liegend und selbst 
den Fuss (Rahmen) bildend. — Ganz Mitteleuropa. 

Die drei Konstruktionstypen wurden als Leitformen dreier Perioden, 
der Früh-, Mittel- und Spätlatenezeit aufgefasst, von denen I in das 
vierte, II in das dritte und zweite Jahrhundert, III in das letzte vor- 
christliche Jahrhundert gesetzt wurden. 

Einige Verschiebungen im SchemaTischlers, wie sie die neu erschlosse- 
nen Materialien erforderten, hat Paul Reinecke vorgenommen’): den drei 
Tischlerschen ist eine vierte Anfangsstufe vorgesetzt (A), charakterisiert 
durch Masken- und Vogelkopffibeln, die auf griechische Einflüsse zurück- 
gehen; sodann ist im einzelnen der Nachweis geführt, dass keines der 
drei Tischlerschen Schemata auf die betreffende Kulturperiode be- 
schränkt ist, indem einzelne Typen des Schema überhaupt erst der fol- 
genden Periode angehören (das Frühlateneschema Variante E dem Mittel- 
latene, das Mittellateneschema Variante J dem Spätlatene, mehrere Spät- 
lateneformen der „früh-römischen“ Periode), andere, besonders in Nord- 
deutschland, lokale Nacharbeiten jüngerer Zeit darstellen. DieTischlerschen 
zeitlichen Grenzen haben sich im ganzen bewährt. Reinecke A ist 
rund 500 bis 400, B (= Tischler I) 400-300, C (= Tischler II) 300—120, 
D (= Tischler III) 120—50 nach Chr. anzusetzen. 

Wir behalten im folgenden die hergebrachte Tischlersche Zählung 
bei und fügen die Reineckesche Anfangsstufe mit A hinzu, also 
A = Anfangsstufe, I = Frühlatene (Reinecke B), II = Mittellatene 
(Reinecke C), II] = Spätlatene (Reinecke D). 


Eine Zusammenstellung des gesamten Schweizer Materials an eisen- 


1) Bidrag til spiinnets historia in Antiquarisk tidskrift för Sverige IV. Stock- 
holm 1872. 

2) Vorbereitet in den Beiträgen zur Anthropologie und Urgeschichte Bayerns IV. 
1881 S. 47, durchgeführt in einem Beitrag zu A. B. Meyer, Gurina 1885 5.15 
und Korrespondenzblatt der deutschen anthropologischen Gesellschaft 1885 S. 157. 

3) Mainzer Festschrift 1902 S. 55, Korrespondenzblatt der deutschen anthropol. 
Gesellsch. 1903 S. 36: Lindenschmit Altertümer, Band V mehrfach. 

Zeitschrift für Ethnologie. Jahrg. 1911. Heft 5. 43 


666 R. Beltz: 


zeitlichen Fibeln, die auch für deutsche Verhältnisse wertvoll ist, gab 
David Viollier!). 

Die zahlreichen Übergangsformen von Latenefibeln zu den Typen 
der römischen Zeit hat O. Almgren’) musterhaft behandelt. 

In der Beschreibung der Fibeln hat sich im allgemeinen die von 
Tischler eingeführte Terminologie eingebürgert, die hier mit seinen 
eigenen Worten gegeben sein mag’). 

„Die Hauptbestandteile der Fibel sind der Dorn oder die eigentliche 
„Nadel“, welche das Gewand durchsticht und der „Bügel“, welcher die 
Nadelspitze festhält und der soweit zurücktritt, dass er die Falte auf- 
nehmen kann. Als Normalstellung betrachte ich die, wo die Nadelspitze 
nach unten gerichtet ist, Bügel und Nadel mit dem Auge in eine Vertikal- 
linie und zwar die Nadel entfernter...... Beim Gebrauch war die 
Stellung eine andere: Die Nadel lag horizontal oder ging mit der Spitze 
schräg nach oben; wir sind aber gewöhnt, die meisten Fibeln in der oben 
angenommenen Grundstellung zu betrachten. Der unterste Teil des Bügels, 
welcher dazu dient, die Nadel festzuhalten, heisst der „Fuss“. In vielen 
Fällen lässt sich die Öse oder der Falz, worin die Nadel liegt, als ein 
besonderes Glied desselben, den „Nadelhalter“ auffassen, während bei 
der einfachsten Form Fuss und Nadelhalter ganz zusammenfallen. — Die 
Verbindungsstelle zwischen Bügel und Nadel ist der „Kopf“. Es ist 
eine einfache oder mehrfache spiralartige Kreiswindung (in letzterem Falle 
„Spiralrolle* oder einfach „Rolle“ genannt) ..... Der zwischen 
Kopf und Fuss liegende gekrimmte Teil des Bügels ist der „Hals“. In 
den Fällen, wo derselbe den grössten Teil des Bügels bildet, möchte ich 
auch die Bezeichnung „Bogen“ vorschlagen .. . Es findet sich auch ein 
rein dekorativer Fortsatz des Fusses, den wir das „Schlussstück* 
nennen wollen.“ Im folgenden sind die Abbildungen in Horizontal- 
stellung gegeben, da diese die für die Latenefibeln wesentlichen Züge 
besser erkennen lässt, für „Hals“ oder „Bogen“ einfach „Bügel“ eingesetzt 
und das Schlussstück mit Nadelhalter als „Fuss“ bezeichnet. 

Die Befestigung der Fibel geschieht durch eine federnde Nadel; diese 
geht aus Spiralwindungen hervor, welche entweder unmittelbar eine Fort- 
setzung des Bügels bilden („eingliedrige* Form) oder sich um eine Achse 
wickeln, welche am Bügelkopfe durchgesteckt wird (,zweigliedrige* Form), 
die Sehne liegt aussen am Biigelkopf oder lehnt sich, gewöhnlich in 
Halbkreisform, an die untere (innere) Seite des Bügelkopfes an („Arnı- 
brustkonstruktion“). Das jüngste Glied der Entwicklung der eingliedrigen 
Ftbeln war die Certosafibel (mit einseitiger Spirale)*); die Armbrust- 


1) Anzeiger für schweizerische Altertumskunde N. F. IX. 1907 S.8 usw. 

2) Studien über nordeuropäische Fibelformen der ersten nachchristlichen Jahr- 
hunderte. Stockholm 1897. 

3) Beiträge zur Anthropologie und Urgeschichte Bayerns IV, 1881 S.51. Ähnlich 
in A. B. Meyer, Gurina 188) S. 15. 

4) Einseitige Spiralen erscheinen an Latenefibeln nur in den früheren Stufen: 
vel. den Typ zu @; die Stücke Mainz (Weisenau) aus Latene III (Linden- 
schmit V, 542) und Hohenwarthe, Kr. Jerichow (ebd. 380), sind exceptionell. 


Latenefibeln. 667 


konstruktion ist allgemein an den jüngerhallstättischen Typen; beide haben 
auf die Latenefibeln gewirkt, an denen von Anfang an beide Konstruktions- 
arten auftreten. Auch der Unterschied der äusseren und inneren Sehnen- 
lage hat im allgemeinen keine chronologische Bedeutung’). Dagegen 
bleibt der Sehnenhaken der ganzen Latene-Typenreihe fremd. 

Bei der Aufzählung ist folgende Reihenfolge der Landschaften inne- 
gehalten, aus der im allgemeinen auch die Zusammengehörigkeit der 
einzelnen Gruppen sich ergeben wird. 


I. Westliche und südliche Gruppe. 


Rheinprovinz, Reg.-Bez. Wiesbaden, Grossherzogtum Hessen, Rhein- 
pfalz, Elsass, Baden, Hohenzollern, Württemberg, südliches Bayern 
(Schwaben, Oberbayern, Niederbayern), nördliches Bayern (Oberpfalz, 
Ober-, Mittel- und Unterfranken). 


II. Mittlere Gruppe. 


Reg.-Bez. Cassel, Thüringische Staaten, Prov. Sachsen (südlicher Teil), 
Anhalt, Königreich Sachsen, Schlesien. 


Ill. Nördliche Gruppe. 


Westfalen, Hannover, kleinere nordwestdeutsche Staaten, Schleswig- 
Holstein, Mecklenburg, Provinz Sachsen (nördlicher Teil) Brandenburg, 
Pommern, Westpreussen, Ostpreussen, Posen. 

Von ausserdeutschen Funden ist das Schweizer Material nach 
literarischen Quellen mit bearbeitet, auch das böhmische zum grossen Teil, 
aus Österreich sonst nur einige Beispiele. 

Eine Vollständigkeit ist leider auch für Deutschland nicht erreicht; 
nicht von allen Sammlungen sind die erbetenen Verzeichnisse erhältlich 
gewesen; die unten gegebene Aufzählung der Sammlungen wird die 
Lücken erkennen lassen; diejenigen, deren Bestand nur nach Publi- 
kationen oder bei gelegentlichen Besuchen aufgenommen ist, sind mit 
einem * bezeichnet. 


Sammlungen. 


Ansbach, Sammlung des Historischen Vereins für Mittelfranken. 
* Arnstadt, Museum. 

* Arolsen, Hofbibliothek. 

* Augsburg, Maximiliansmuseum. 

Bamberg, Sammlung des Geschichtsvereins. 

"Bayreuth, Altertümersammlung. 

Berlin V. K. = Königliches Museum für Völkerkunde. 

Berlin M. M. = Märkisches Provinzialmuseum der Stadt Berlin. 
*Bern, Historisches Museum und Universitätssammlung. 

*Biel, Museum. 


1) Siehe z. B. Lindenschmit A. V., 539, 540, wo an zwei fast gleichen Exen- 
plaren desselben Grabes (Nierstein) das eine äussere, das andere innere Sehne hat. 
Jo” 


668 R. Beltz: 


Birkenfeld, Landesmuseum des Fürstentums. 
*Bonn, Provinzialmuseum. 

Braunschweig H. M. = Herzogliches Museum. 
Braunschweig St. M. = Städtisches Museum. 
*Bregenz, Vorarlberger Museum. 

Bremen, Mus. f. Natur- usw. Kunde. 

Breslau, Schlesisches Museum für Kunstgewerbe und Altertümer. 
Bromberg, Städtisches Museum. 

Budweis, Museum. 

Burg, Altertiimersammlung. 

*Bydzow (Böhmen), Museum. 

Cassel, Königliches Museum. 

*Chur, Museum. 

Coblenz, Museum des Kunstgewerbe- und Altertumsvereins. 
*Coburg, Altertiimersammlung. 

Colmar, Städtisches Museum. 

Cöln, Städtische Prähistorische Sammlung. 

Danzig, Provinzialmuseum. 

Darmstadt L. M. = Landes-Museum. 

*Darmstadt Gr. K. = Grossherzogliches Kabinetsmuseum. 
*Detmold, Naturhistorisches Museum. ) 
Dillingen, Sammlung des historischen Museums. 
Dresden, Kgl. Prähistorische Sammlung. 

Bad Dürkheim, Altertiimersammlung. 

*Dux, Schlossmuseum. 

*Eichstädt, Altertümersammlung. 

*Kisleben, Sammlungen des Mansfelder Geschichtsvereins. 
Erfurt, Sammlung des Geschichtsvereins. 
Forchheim, Altertiimersammlung. 

*Frankfurt a. M. V. M. = Museum für Völkerkunde. 
*Frankfurt a. M. H. M. = Historisches Museum. 
Freiburg i. Baden, Städtische Altertümersammlung. 
Freising, Sammlung des historischen Vereins. 
Freienwalde a. O., Gymnasialsammlung. 

*St. Gallen, Museum. 

Geestemünde, Städtisches Morgensternmuseum. 
*Genthin, Altertümersammlung. 

Gera, Städtische Altertümersammlung. 

Giessen, Museum. 

Gotha, Herzogliches Museum. 

Göttingen, Städtisches Museum. 

Graudenz, Altertümersammlung. 

Greifswald, Altertümersammlung. 

Grimma, Altertümersammlung. 

*(iuben, Städtisches Museum. 

Gunzenhausen, Altertümersammlung. 

Hall, Schwäb.-, Städtisches Museum. 


| 


Laténefibeln. 669 


Halle a. S., Sächsisches Provinzialmuseum. 

Hamburg, Museum für Völkerkunde. 

Hannover, Provinzialmuseum. 

Heilbronn, Städtisches Museum. 

"Heidelberg, Städtisches Museum. 

Heidenheim a. Br., Altertiimersammlung. 

Hildesheim, Städtisches Museum. Hohenleuben S. Reiclıenfels. 

Jena, Germanisches Museum. 

Ingolstadt, Städtisches Museum. 

Karlsruhe, Grossherzogliche Sammlungen für Altertums- und Völker- 
kunde. 

Kelheim, Sammlung des Historischen Vereins. 

Kiel, Museum vaterländischer Altertümer. 

"Klagenfurt, Museum. 

*Klatau (Böhmen), Museum. 

*Kolin (Böhmen), Altertiimersammlung. 

Königsberg i. Ostpr., Vereinigte Sammlungen der Prussia und der 
physikal.-ökonomischen Gesellschaft. 

Konstanz, Rosgartenmuseum. 

"Kopenhagen, Nationalmuseum. 

Gr. Kühnau (Anhalt), Sammlung im Schloss. 

*Laibach, Museum. 

Landshut, Sammlung des Historischen Vereins für Niederbayern. 

*Laun (Böhmen), Altertümersammlung. 

*Lausanne, Museum. 

Leipzig, Museum für Völkerkunde. 

*Liesthal (Schweiz), Altertümersammlung. 

Lübeck, Städtisches Museum. 

Lüneburg, Städtisches Museum. 

*Luzern, Museum. 

Magdeburg, Städtisches Museum. 

Mainz, Städtisches Museum. 

Mannheim, Sammlung des Mannheimer Altertumsvereins. 

Meiningen, Sammlung des Hennebergischen Vereins. 

*Mithlhausen i. Th., Altertumsmuseum. 

München St. S. = Prähistorische Staatssammlung. 

"München N. M. = Nationalmuseum. 

Münster, Provinzialmuseum. 

Neubrandenburg, Sammlung des Altertumsvereins. 

*Neuchätel, Städtisches Museum. 

*Neuhaldensleben, Sammlung des Allervereins und des Gymnasiums. 

*Neumarkt, Sammlung des Historischen Vereins für die Oberpfalz. 

*Neuruppin, Ziethenmuseum. 

*Neustrelitz, Grossherzogliche Altestümersanımlung. 

Nördlingen, Museum. 

Nordhausen, Städtisches Museum. 

*Nürnberg G. M. = Germanisches Museum. 


670 R. Beltz: 


Nürnberg N. G. = Sammlung der naturforschenden Gesellschaft. 

Oldenburg, Herzogliches Museum. 

Olmütz, Historisches Museum. 

*Pilsen, Altertiimersammlung. 

Posen K. F. = Kaiser-Friedrich-Museum. 

*Posen, Polnisches Museum. 

"Prag, Museum Regni Bohemiae. 

Prenzlau, Sammlung des Uckermärkischen Geschichts- und Altertums- 
vereins. 

*Pyrmont, Altertümersammlung im Kurhaus. 

*Quedlinburg, Altertümersammlung. 

Regensburg, Ulrich-Museum, Sammlung des hist. Vereins für Oberpfalz 
und Regensburg. 

Reichenfels b. Hohenleuben, Museum des Voigtländischen Altertums- 
vereins. 

Reichenhall, Museum. 

*Römhild, Altertiimersammlung. 

*Salzburg, Museum Carolino-Augusteum. 

Salzwedel, Altertiimersammlung. 

Schwerin i. M., Grossherzogliches Museum. 

*Sigmaringen, Fürstliche Altertiimersammlung. 

Sondershausen, Museum- 

Speyer, Historisches Museum der Pfalz. 

Stendal, Altmärkisches Museum. 

Stettin, Sammlung des Vereins für pommersche Geschichte und Alter- 
tumskunde. 

*Stralsund, Städtisches Museum. 

Strassburg i. E., Museum elsässischer Altertümer. 

Straubing, Altertiimersammlung. 

Stuttgart, Königliche Altertumssammlung. 

Thorn, Städtisches Museum. 

Traunstein, Sammlüng des Historischen Vereins des Chiemgaus. 

*Trient, Museum. 

Trier, Provinzialmuseum. 

*Vevey, Altertiimersammlung. 

Weissenburg i. Mittelfranken, Altertumssammlung. 

St. Wendel, Altertiimersammlung. 

Wernigerode, Fürst-Otto-Museum. 

"Wien, Naturhistorisches Hofmuseum. 

Wiesbaden, Nassauisches Landesmuseum (Städtisches Museum). 

Worms, Städtisches Paulusmuseum. 

Würzburg, Sammlung des historischen Vereins. 

*Yverdon, Altertiimersammlung. 

Xanten, Altertumsmuseum. 

Zerbst, Sammlung im Rathaus. 

Zerbst, Sammlung im Schloss. 

*Ztirich, Schweizer Landesmuseum. 


- Pan -= 


Latenefibeln. 671 


Abkürzungen. 


V = Variante. 
Fundber. = Fundberichte aus Schwaben. 
Knorr = Knorr, Friedhöfe der älteren Eisenzeit. Kiel 1910. 


Korrespondenzblatt = Korrespondenzblatt der deutschen anthropo- 
logischen Gesellschaft. 

Lindenschmit A. = Lindenschmit, Altertümer unserer heidnischen 
Vorzeit. 


Much, Atlas = Much, Prähistorischer Atlas von Österreich-Ungarn 1889. 

N. d. A. = Nachrichten über deutsche Altertumsfunde. 

Pic = Starožitnosti země České II Čechy na úsvitě dějin 1. Prag 1902. 

Quilling = Quilling, Der Nauheimer Grabfund, Frankfurt 1903. 

P. Z. = Prähistorische Zeitschrift. 

Reinecke, Festschrift = Festschrift des römisch-germanischen Zentral- 
museums in Mainz 1902. 

Tischler = Tischler, Beiträge zur Anthropologie und Urgeschichte 
Bayerns IV. 1881. 

Undset = Undset, Das erste Auftreten des Eisens in Nordeuropa 1882. 

Viollier= Viollier, Etudes sur les fibules de l’âge du fer trouvées en 
Suisse, Anzeiger für Schweizer. Altertumskunde. N.F. 1907. IX. 

VAM. = Beltz, Vorgeschichtliche Altertümer von Mecklenburg-Schwerin. 

VAPS = Vorgeschichtliche Altertümer der Provinz Sachsen. 

VATh = Goetze, Hoefer, Zschiesche, Vorgeschichtliche Altertiimer 
von Thiringen. 

Voss = Voss und Stimming, Vorgeschichtliche Altertümer aus Branden- 
burg 1887. 


Die Formengebung der Laténefibeln. 


| An Einzelheiten in bezug auf die Bildung der Sehne und Achse, 

welche für alle vier Stufen gelten: der Durchmesser der Sehne ist oft 
ziemlich gross (S 1; siehe z. B. unten die Exemplare von Kl. Schweinitz, 
Abb. 9 und Beilngries, Abb. 13); die Zahl der Spiralwindungen wird 
gelegentlich, besonders in den norddeutschen Nacharbeiten recht be- 
trächtlich, bei der höheren Form der Mittellatenefibel bis 20 auf jeder 
Seite (S 2 = mehr als sechs Windungen, Beispiele von Butzow, Oster- 
burg, Helmshagen, unten Abb. 28, 62, 64, 65); die Sehne wird um den 
Bügel gewickelt (S 3. Beispiele von Dux!), und Butzow, Abb. 17, 28); 
an den Enden der Achse werden Kugeln angebracht (S 4; Beispiel in 
Abb. 4—6, 64). | 


1) Besonders künstlich Letky (Böhmen) Dé Taf. 15, 6. 


672 R. Beltz: 


1. Stufe A. Fibeln mit figirlichem Schmuck. 
1. Maskenfibeln @ 


Der ältesten Gruppe der Latenefibeln hat P. Reinecke?) ihre zeit- 
liche und stilistische Stellung zugewiesen. Sie sind danach in eine den 
Tischlerschen Perioden voraufgehenden Stufe (Reinecke A) zu setzen, 
die etwa dem fünften Jahrhundert entspricht. Räumlich lassen sich zwei 
Gebiete scheiden: Nordostbayern, das südliche Thüringen, Böhmen; und 
die südliche Rheinprovinz, besonders die Gegend der Saar. Ihr Charakter- 
zug ist die figurale Verzierung, und zwar gehören die typologisch ältesten, 
die „Maskenfibeln“, dem östlichen Gebiete an. 

Hier ist deutlich die Entstehung ihrer Form aus dem Schema der 
Certosafibel (Jungfernteinitz z. B. hat noch die einseitige Sehne der 
Certosafibel); diese ältesten enthalten auch den reichsten Schmuck in 
kräftiger Plastik, griechisch-archaische Motive (Adler, Greif, Gesichter, 
sog. Masken, z. T. mit Tierohren oder Hörnern, auch mit Kegelhaube, 
Widder- und Schwanenköpfe, klassische Ornamente: Voluten, Spiralranken, 
Schuppenmuster). Es sind bisher nur zwei reicher verzierte bekannt ge- 
worden: von Jungfernteinitz in Böhmen (als Typ abgebildet Abb. 1°) und von 
Parsberg. Eine Verkimmerung ist es schon, dass sich der Schmuck auf Masken 


Abb. 1. Jungfernteinitz (Böhmen). Abb. 2. Kyschitz (Böhmen) Var. A. 


beschränkt (Var. A; Kyschitz in Böhmen Abb. 27), die schliesslich allein 
ein Fussornament bilden (Zerf, Monsheim, Riekofen, Emhof). — Dem 
Westen eigen sind die „symmetrischen“ Fibeln (Schema der Var. B), von 
denen die von Weisskirchen und Budenheim hierher gehören. 

Die Zahl der Maskenfibeln ist gering, und sie beschränken sich im 
wesentlichen auf die beiden genannten Gebiete; ein isoliertes Stück stammıt 
von Niederschönhausen bei Berlin. 


2. Tierkopf- (sp. Vogelkopf-)Fibeln. + 

Aus der Maskenfibel ist die Vogelkopffibel hervorgegangen*). Im all- 
gemeinen beschränkt sich das Figürliche auf das Fussende; nur gelegentlich 
ist an der tierkopfartigen Gestaltung des Bügelkopfes und seitlichen Ein- 
kerbungen desselben (vgl. Abb. 8) der Gang der Entwicklung verfolgbar.®) 
— Das Material ist ganz überwiegend Bronze; eiserne Fibeln dieser 
Stufe sind recht selten. (Beispiele von Schwenderöd, Walkersbrunn, 
Kl. Gleichberg 124, 145, 206). 


1) Reinecke, Festschrift S. 54, Lindenschmit A. V, S. 284. 
2) Ee 

A Reinecke, Festschrift S. 73. 

4) Vel. Reinecke a. a. O. S. 15, 

9) Vgl. auch Matzhausen, Pöfersdorf Tt 86. 109. 


-= =- — a 


Laténefibeln. 673 


Die Sehnenkonstruktion wechselt ohne erkenntliche Regel: derselbe 
Bügel- und Fusstyp kommt eingliedrig mit äusserer Sehne (diese häufig 
bei S 1) und zweigliedrig, mit innerer Sehne und Kugeln an der Achse 
vor, doch sind längere Achsen (S 2) selten. 

Die Form ist gedrungener: es herrschen vor starke geschwollene Bügel; 
diese sind flach gewölbt, meist hohl „kahnförmig“ (B 1, Abb. 3, Streitberg 
Fränkische Schweiz!), siehe auch Walkersbrunn Abb. 6) oder geschweift 
„S-förmig“ (B 2, Abb. 4 von Darshofen in der Oberpfalz)*), vgl. auch 
Abb. 9 von Kl. Schweinitz, Kr. Liegnitz; seltener, eine Reminiszenz jung- 
hallstättischer Typen, paukenförmig (B 3, Beispiel von Leidingshof, Ober- 
franken, Abb. 53). Hochgewölbte und drahtförmige Bügel sind seltene 
Ausnahmen (ein Beispiel von Kersbach s. unten Abb. 10). 


Abb. 3. Streitberg, Fränkische Schweiz Abb. 4. Darshofen (Oberpfalz). 
(Oberfranken). BAI FA1. S1BA2FA2. 


Abb.5. Leidingshof (Oberfranken). Abb. 6. Walkersbrunn (Oberfranken). 
S4BA3 FAl. S4BA5 FAD. 


Die Bügelverzierung ist, wie erwähnt, beschränkt: gelegentlich findet 
sich noch die an Certosafibeln häufige kuotenartige Einschnürung, auch 
Schrägkerben (B 4), häufiger eine schildartige Gliederung durch ein- 
geschnittene Halbkreislinien, Perlenbänder u. ä., besonders auf dem 
Scheitel (B 5; Beispiel aus der Fränkischen Schweiz s. oben Abb. 3, 
aus Walkersbrunn Abb. 6)*); ein anderes Muster in Perlbandart von 
Mirsdorf bei Coburg’). Koralle wird selten verwendet (Email scheint 
noch zu fehlen)®), und ist dann gewöhnlich in runden Vertiefungen an- 


gebracht (B 6); dem Schluss gehört die kammartige Erhöhung (in Perl- 


1) Nürnberger Festschrift 1901 Taf. 9, 3. 

2) Scheidemantel, Hügelgräber von Parsberg I, 1886, Taf. 6, 55. 

3) Katalog d. Münchener Nationalmuseums IV, Taf. V, 6. 

4) Nürnberger Festschrift 10, 2. 

5) Jacob VAPS 1887 S. 26, Abb. 69, 

6) Über die Schwierigkeit, die Art der Einlage zu bestimmen s. Olshausen, 
Verhandl. d. Berliner Gesellschaft f. Anthropologie 1888 S. 140. 


674 R. Beltz: 


bandart) längs des Bügels an (B 7; Abb. 7, Variante C, das Beispiel vom 
Kl. Gleichberg)?). 

Das Kennzeichen des Typs liegt in der Fussendigung, dem zum 
Bügel zurückgebogenen Vogelkopf. Der Kopf ist rundlich oder halb- 
rund (F 1, Beispiele s. oben); der Schnabel ist oft stark gekrümmt (F 2; 
Beispiel an dem als Typ abgebildeten Stück von Darshofen, Abb, 4); häufig 
wird der Fuss mit dem Fibelkörper verbunden, so dass Schnabel und 
Bügel zusammenwachsen (s. Abb. 3 u. s.). Der Vogelkopf verflacht sich 
(F 3; Beispiel Steinmühle bei Parsberg Abb. 8)?), wird stark entstellt, 
so dass z. B. nur die Augen zurückbleiben (F 4; Beispiel Abb. 6) oder 
verlängert sich (F 5; Beispiel Abb. 9, Kl. Schweinitz b. Liegnitz)’); einige 


Abb, 7. Kl. Gleichberg Var. C. Abb. 8 Steinmühle (Oberpfalz) 
BA? FA3. 


Abb. 9. Kl. Schweinitz (Schlesien). Abb. 10. Kersbach 


S1 BA? EA A (Mittelfranken). FAG. 


Abb. 11. Kreuznach Var. B. Abb. 12. Prüllsbirkig (Oberfranken) 
Var. B. 


Male kommt auch schwanenhalsartige Bildung vor, so dass der Kopf aus- 
warts schaut (F 6: Beispiel von Kersbach, Abb. 10*). 

Andere Endigungen als Vogelköpfe kommen kaum vor; die Tier- 
köpfe sind wohl sämtlich der Späthallstattzeit zuzurechnen®). 


1) VAPS a.a.Q Abb. 70. 

2) Scheidemantel a. a. O. II, 4, 4. 

3) Seger, Schles. Vorzeit VJ, 416. 

4) Lindenschmit IV, Taf. 14, 15, vel. auch @ 20 (Hallein). 

5) Vgl Reinecke in Lindenschmit A., V., 470; ein Exemplar von Prüllsbirkig 
(Berlin V. K.) aus derselben Nekropole wie die Abb. 12 gegebene Fibel. Auch 
das besondere Stück von dem Kleinen Gleichberg, (Eichhorn, Tafeln zur 
Vor- und Frühgeschichte Thüringens IV, 139; Goetze in VATh XVII, 245, und 
Bau- und Kunstdenkmäler Thüringens H. 36, 1910) wird man besser als hallstättisch 
bezeichnen; ebenso Stücke von Hundersingen Oberamt Riedlingen (Reinecke in 
Lindenschmit V, 471), Urexweiler bei St. Wendel (Lindenschmit III, H.IX, 


>. Yh eee A — — 


Latenefibeln. 61% 


Eine Variante der Vogelkopffibel entsteht dadurch, dass auch der 
Kopf sich nach dem Bügel zurückbiegt und also eine symmetrische Form 
herauskommt, wie sie schon unter den Maskenfibeln vorkommt (Var.B; 
Beispiele von Kreuznach!) Abb.11 und Prüllsbirkig inOberfranken Abb.12)°); 
von den zahlreichen Übergangsformen zu der Frühlatenefibel zählen wir 
diejenigen hier mit auf, welche das Auge noch deutlich enthalten (Var. C, 
Abb. 7; Beispiel vom Kl. Gleichberg)?). 


Zur örtlichen Verteilung der Vogelkopffibeln. 


Die grosse Masse gehört einem zusammenhängenden Gebiete in der 
Oberpfalz, Oberfranken und dem nördlich angrenzenden Thüringen an: von 
den rund 250 Exemplaren fallen 200 dahin; die Grabhügel (mit aus- 
schliesslich brandloser Bestattung) der Oberpfalz und Oberfrankens, 
Thüringer Skelettgräber (z. B. Ranis) und besonders der Kleine Gleichberg 
sind die Hauptfundstätten; die Gruppe greift auch nach dem südlichen 
Bayern und Württemberg hinüber; häufiger sind sie auch in einem zu- 
sammenhängenden Gebiete an Mittelrhein und Nahe und in dem nördlichen 
Baden. Sonst erscheinen sie nur als versprengte Einzelstücke, so in 
Böhmen, Schlesien, Provinz Brandenburg (3) und Hannover (3). — Die 
Variante B gehört dem Rheingebiet an, ist aber der bayrischen Gruppe 
und auch der Schweiz nicht fremd; die Übergangsform C hat besonders 
die nördlichen Länder beeinflusst. 


2. Frühlatenefibel. A 


Das wesentliche Motiv der Frühlatenefibel (Tischler I) ist das frei- 
stehende, zum Bügel zurückgebogene Schlussstiick. Die Herkunft der 
recht verschiedenen Typen des Frühlateneschema scheint keine einheit- 
liche zu sein; sicher hat die Vogelkopffibel, sicher auch die Certosafibel 
dahin geführt; auch sind Motive der späten Hallstattzeit*) massgebend; 
eine Auflösung der Latenetypen in diese Formenelemente ist nicht durch- 
führbar, auch sind die einzelnen Elemente langlebig und berechtigen zu 
chronologischen Scheidungen allein nicht’). 

Das Material ist überwiegend Bronze; Eisen findet sich in grösserer 
Häufigkeit z. B. in Langugest, (wo ein Exemplar von 22 cm Länge), aber 


Taf. 1, 8), Langenlonsheim a. d. Nahe (ebd. IV, 14, 2), Allensbach i. Baden (Fundort 
zweifelhaft ebd. IV, 14, 3). Inneringen bei Sigmaringen (das Stück war von Lissauer 
als Typ gewählt, ebd. I. IV, 3, 5). Eine ecxeptionelle Stellung nimmt die Fibel 
vom Altkönig ein (Mus. Wiesbaden. Lindenschmit IV, 14, 1), wo der Bügelkopf 
«durch einen Fischkopf, der Bügel aus zwei Tiergestalten, der Fuss aus einem von 
der gewöhnlichen Stilisierung abweichenden Vogelkopf gebildet wird. 

1) Lindenschmit I. IV, Taf. 3, 8. | 

2) Nicht veröffentlicht. Berlin V. K. 

3) Jakob a.a. O., S. 26, Abb. 70. 

4) Typen wie Tischler, Beiträge zur Anthropologie und Urgeschichte Bayerns IV, 
Taf. 4, Naue, Prih. Bl. XIV, Taf. VII, Reinecke in Lindenschmit A., V, Taf. 27. 

5) Auch die verdienstliche und interessante Behandlung von D. Viollier 
versagt bei der chronologischen Anordnung. 


676 R. Beltz: 


weder Gold noch Silber. Die Verzierung mit Koralle oder Email ist 
häufig, Bernstein erscheint auf unserem Gebiete nicht’). 

In der Konstruktion der Sehne bestehen keine wesentlichen Ver- 
schiedenheiten von dem vorigen Typ. Doch hat die Armbrustkonstruktion 
aufgehört, und einseitige Spiralen kommen nur ganz selten vor (Beispiel 
von den Gleichen ^ 320); die Sehne liegt ziemlich willkürlich vor oder 
hinter dem Bügelkopfe, in der Mehrzahl der Fälle vorn, hinten mit Vor- 
liebe bei den schwereren Formen. Die oben bezeichneten Besonder- 
heiten der grösseren Spirale (S 1), der grösseren Zahl von Spiralwindungen 
(S 2), die Umwickelung der Spirale (S 3) und die Kugeln an den Achsen- 
enden (S 4) erscheinen auch hier, das letztere wird aber selten. 

Die Nadelrast besteht meist in einer Verbreiterung des Bügels zu 
einem scharf absetzenden, oft dreieckigen Lappen; gewöhnlich ist sie nur 
kurz. 

Die allgemeine Form wird durch die Gestaltung des Bügels bedingt; 
flachere längliche Formen überwiegen; selten ist er hochgewölbt (B Il; 
Beispiele von Beilngries Abb. 13, die ,,Marzabottofibel (mit grosser Spirale 
und kleinem Fussknopf) und Münsingen?) Abb. 14; meist annähernd 
halbkreisförmig (2; meist stark, so das als Typ unter 15 abgebildete 
Exemplar von Dux*), in Vereinigung mit dem Kugelspitzfuss die „Duxer 
Fibel‘“); oder der Bügel ist flach gewölbt mit rundlichem (3; Abb. 16 von 
Miinsingen)*) oder ovalem Querschnitt (4; Abb. 17, Dux)°) oder hohl 
gegossen (5; Abb. 18 von Münsingen)®). Ferner bildet der Bügel ein 
flachgewölbtes, scharfkantiges, glattes, längliches Band, ähnlich wie bei 
gewissen Hallstattformen (6; Abb. 19, Letky) oder ist oval, ebenfalls eine 
Erinnerung an eine hallstättische Form, die Pauke. (7; Abb. 20, Dux.) 
Geschweifte Formen werden selten (Var. E in Verbindung mit dem 
Vasenkopffuss, Abb. 21, Beispiel Wachenheim in Hessen). Auch die 
später häufige Form des geknickten (8; Abb. 22, Kl. Gleichberg)?) oder des 
eckig gebogenen Bügels (9; Abb. 23 von Beckerslohe)*) kommen ge- 
legentlich vor. 

An Zierformen erscheinen: der Bügel ist gewunden oder mit Schraz- 
kerben versehen (10; Abb. 24, Letky)®), eingekerbt (11; Abb. 25, Obern- 
dorf) 10), eingeschnürt (12; Abb. 26, Libesnitz)1"), mit kugeligen Schwellungen 


1) Wohl aber südlicher: Idria bei Bata Szombathy, Mitteilungen der prä- 
historischen Kommission der Kais. Akademie der Wissenschaften 1901, Abb. 91. 
109. 150. 

2) Wiedmer-Stern, Archiv d. hist. Ver. Bern XVIII. 1908 Taf. 1, 5. 

3) Much, Atlas 201, 3. 

4) Wiedmer-Stern 1, 2. 

5) Much 199, 4. 

6) Wiedmer-Stern 13, 6. 

T) Ähnlich den späthallstättischen „Kahnfibeln“. 

8) Nürnberger Festschrift 18, 2. 

9) Pié 14, 15. 

10) Naue, Präh. Bl. XIV Taf. 6, 15. 

11) Pié 14, 15. 


Latenefibeln. 677 


Abb. 13. Beilngriess (Oberpfalz) Abb. 14. Münsingen b. Bern. 
S1 BI1 FIi BI1 FIB. 


Abb. 16. Münsingen b. Bern. 


BI2 F14. BIS F110. 


=" 


Abb. 17. Dux (Böhmen). S3 BI4 FI5. Abb 18. Münsingen b. Bern. 
B15 FI5. 


L e ax, ot 
“tf e 


Abb. 19. Letky (Böhmen) BIG 11. Abb. 20. Dux (Böhmen) BIT. 
RR 
Abb, 21. Wachenheim (Hessen). Abb. 22. Kl. Gleichberg. 
Var. E. BIS. 


Abb. 23. Beckerslohe (Mittelfranken). Abb. 24. Letky (Böhmen). 
BI9 FI14. BI10 F113. 


Abb, 25. Oberndorf (Oberpfalz). Abb. 26. Libesnitz (Böhmen). 
B111. F19. B112. FI3. 


678 R. Beltz: 


(13; Abb. 27, Miinsingen)!) oder verziertem Kamm (14; Abb. 28. 
Butzow*). 

Die Verzierungen selbst, sehr reich und zum grossen Teil in Guss 
hergestellt (so besonders in Münsingen), bestehen aus Spiralen, Palmetten, 
Volutenbändern, Ranken u. a, auch Triskelen®) (15; Abb. 29 Nimburg): 
Kreisen, Würfelaugen, unechten Spiralen (16; Abb. 30, Langugest), Schräg- 
linien, die zu Zickzackbändern, Rauten, Flechtbändern, Schraffierungen 
geordnet sind (17; Abb. 19, Letky). Des weiteren wird eine Schmuck- 
masse, welche in Furchen oder Gruben befestigt wird, eingefügt (18). Diese 
Füllmasse, besonders häufig an dem Bügel und dem Fuss der „Münsinger‘* 
Fibel ist in selteneren Fällen Koralle oder Knochen, meist Glasemail und 
zwar fast ausschliesslich dunkelrotes, nur ganz vereinzelt weisses‘). Auf- 
gesetzte Zierstücke aus Mitteldeutschland s. A 328, 374 a. 


Abb. 27. Münsingen b. Bern. Abb. 28. Butzow (Westhavelland) 
B113 FI. S2.3 BILL FI“. 


Abb. 29. Nimburg (Böhmen) BI 15. Abb. 30. Langugest (Böhmen) BI 16, 


Die Bildung des Schlussstiickes (Fusses) ist sehr abwechselnd, lässt 
sich aber doch auf wenige Grundformen zurückführen. Allen Grund- 
formen gemeinsam ist die Zurückbiegung zum Bügel und die freie 
Stellung; nur in seltenen Einzelfällen wird der Fuss mit diesem ver- 
bunden. Die Scheidung von der Spätlatenefibel ist bei diesen singulären 
Formen nicht immer durchführbar, vgl. A 510 Bücknitz und „ 200 Oster- 
burg, æ 250 Rosenthal. 

Eine Reihe scheint auf die Certosafibel zurückzugehen, deren kleinen 
Knopf sie übernimmt. Eine zweite Reihe ist sichtlich eine Weiter- 
bildung der Var. © der Vogelkopffibel (das Auge ist oft noch er- 
kennbar), welche zu einer schmalen Spitze verkümmert. Als Verbindung 
der beiden Reihen lassen sich die zahlreichen Kombinationen von Kugeln 
mit Spitzen, Hohlkehlen usw. auffassen. Ein dritte Reihe geht auf die 
Hallstattschale oder auf den Vogelkopf zurück, bildet sich dann aber 
zur flachen Scheibe, Platte usw. aus; ihr gehören die am reichsten ver- 


1) Wiedmer-Stern 1,0. 

2) Voss-Stimming 1Va 6, 7b. 

3) Z. B. Steinhausen, Kanton Zug A 683, 

4) Beispiele für weisses Email von Vevey s. Anz. f. Schweiz. Altert. 1902, 
1905, N. 264, 


Latenefibeln. 679 


zierten Formen der gesamten Gruppe an, die wir als Münsinger Fibel 
bezeichnen. (Var. D; Abb. 31, Hard Abb. 27 Münsingen). — Sonderformen 
sind der platte Kolbenfuss mit Hohlkehle (Var. E, Abb. 21), welcher 
mit der eine Zeitlang herrschenden Neigung zu einem vasenkopfförmigen 
Abschluss der Schmuckstücke!) zusammenhängen mag; und das einfache 
Drahtgewinde. 

Im einzelnen ergeben sich für das Schlussstück folgende Formen. 

A. Kleiner Knopf (F I, 1), besonders häufig an hochgewölbten Formen 
mit grosser Spiralsehne (Marzabottofibel, Abb. 13)?); grosse, gewöhn- 
lich etwas platte Kugel, gern mit einem kleineren Fortsatz, der kolben- 
artig oder blattförmig gehalten wird (2; Abb. 32, häufig), abgeplattete 
Kugel oder rundlicher Wulst (3; Abb. 26. 33). 

Der folgenden Reihe nähern sich eine grosse Anzahl Formen mit 
länglichem Schlussstück, an dem Kugeln in verschiedenster Kombination 


Abb. 31. Hard (Zürich,. Var. D. Abb. 82. 
ay 


4 
— = 
Lë e en 
wa — 


Abb. H. FIO. Abb, 30. FIT. Abb. 36. FIS. 


Abb. 33. FIR. 


angebracht sind: Kugel mit Spitze (4; der Typ Abb. 15), gewöhnlich 
mit annähernd halbrund gewölbtem, starkem, verziertem Bügel (Duxer 
Fibel) oder Kolben-*), Kegel-, Zylinderformen verschiedenster Art 
(5; Abb. 17, 18). 

B. Weiterbildungen des länglichen Vogelkopfes. Stark 
profilierter schmaler Kegel (6; Abb. 34); abgeschnürte Kugeln (7; Abb.35); 
von dem vorigen oft kaum zu scheiden abgeschnürte Halbkugeln 
(8; Abb. 14. 36); eingekerbte Spitze (9; Abb. 25), selten; schmale Spitze 
(10; Abb. 16), selten ganz einfach*), meist verdickt oder eingeschnürt. 

C. Weiterbildungen der Hallstattschale und des breiten 
Vogelkopfes. Runde, gelegentlich leicht gewölbte Scheibe, meist ver- 
ziert oder für eine Füllmasse zugerichtet, gern mit einem Fortsatz 


1) Besonders der Ketten, wie Pit, Staroz. II, 1 Taf. 28, 1 (Trebusitz). Anz. f. 
schweiz. Altertumskunde N. F. III. 1901 VII, VIII (Vevey), Lindenschmit, A., V, 918 
(Manching), alle aus Latene II. Beobachtung von Reinecke, Festschrift S. $4. 

2) Vgl. Montelius, Civilisation primitive I, 162. 

3) Die Herkunft aus dem Vogelkopf deutlich an dem, auch der Form nach, 
alten Stück von Matzhausen in Latene A-Umgebung, Lindenschmit, A., V, 896. 

4) Beispiel von Leimersheim (Speyer) bei Lindenschmit, A., V, 1044. 


680 H Beltz: 


(11; Var. D, Abb. 27. 31), ein wichtiger Typ, an dem zuerst Email- 
verzierungen erscheinen, die „Münsinger Fibel“ (bei deren Bildung 
übrigens auch Certosaformen mitgespielt haben können)!); gelegentlich 
mehrere Scheiben rosettenartig zusammengestellt (12; Abb. 37, Kl. Jeseritz?), 
selten?); auch Ringscheiben (13; Abb. 24, Letky), zuletzt rhombische, 
blatt- oder zungenförmige Platten 14; Abb. 23, Beckerslohe), dieses be- 
sonders an Stücken aus Eisen. — 

D. Sonderformen. Kolben mit Hohlkehle, glatt abschliessend 
(15; Var. E, Abb. 21, Wachenheim)*), häufig und chronologisch wichtig; 
Drahtgewinde (16; Abb. 38, Kl. Gleichberg°). 

Die Verzierung des Fussstückes ist nur bei den Scheibenformen ge- 
wohnlich; doch kommen gelegentlich auf Kugeln u. a aufgelegte 
plastische Ornamente vor®). 

Das Schlussstück ist natürlich bei den vorhandenen Stücken sehr oft 
abgebrochen. Doch scheinen wirklich Fälle vorzuliegen, wo es an sonst 
hierher zu rechnenden Fibeln weggelassen oder in ganz verkümmerter 


ur. 


Abb. 37. F112. Abb. 38. FLI6. Abb. 39. „Altmärkische“ Fibel. 
Kl. Jeseritz (Schlesien). Kl. Gleichberg (Sachsen- Var. Q. 
Meiningen). 


Gestalt gebildet ist (Beispiele Jena Lerchenfeld A 286 Langugest, A 612 
K1. Corbetha, A 333). 


Zeitlich gehört die grosse Mehrzahl der Frihlatenetypen in die Früh- 
latenezeit (Reineckes Stufe B), für welche im allgemeinen das vierte 
Jahrhundert anzusetzen ist. Doch decken sich die Endpunkte nicht. Die 
weitverbreitete Variante E fällt ganz der Mittellatenestufe zu’); wie sie auch 
in der Formengebung ihres gestreckten, drahtartigen Bügels sich den 
Mittellateneschematen nähert. Eine chronologische Ordnung in die ver- 
schiedenen Typen zu bringen, ist noch nicht angängig; die Kugelfussfibel 
scheint sich länger gehalten zu haben, als die Scheibenfussfibel (Kugel- 
fussfibeln gesellen sich mit V-Fibeln in dem Grabfelde von Manching, mit 


J) Vgl. Lindenschmit, A. V, 325, 

2) Seger, Schl. Vorzeit. VI S. 416, 2. 

3) Vgl. auch Lindenschmit, A., V, 328. 

4) Lindenschmit, A., V, 333. 

5) Lindenschmit A., V, 358. 

6) Bei einem Kugelfusse (F I, 2) gut Dobroékovic i. Mähren Cervinka. 
Vlastiveda morawska I, 8.263 (aufgelegte echte Spiralen); auch bei profiliertem 
Kolben: Obertraubling, Beitr. z Anthr. Bayerns IV, Taf. V, 32; (Volutenverzierung). 

7) Der Nachweis von Reinecke; s. Lindenschmit A., V zu Abb. 333 u. 941. 


Latenefibeln. 681 


Variante E und V-Fibeln in dem auch sonst für Synchronismen wichtigen 
von Horkheim in Wirttemberg’). | 

Dagegen gehört die Marzabottofibel einer früheren Stufe an (wieder- 
holt zusammen mit Certosafibeln in einem Grabe z.B. in Egerten bei 
Zürich?), auch in Stützheim im Elsass). Auch die Duxer Fibel (Fusstyp I, 4) 
wird älter sein; jünger dagegen die Fibel mit grosser Kugel (F 2 u. 3); 
lehrreich für dieses Verhältnis sind zwei Gräber von Criesbach in Württem- 
berg’), wo in einem Grabe Duxer Fibel mit Vogelkopffibel, in einem 
andern aber die Kugelfussfibel mit der zweifellos jungen Vasenkopffibel 
(Var. E) zusammen erscheinen; auch ein Grab von Vevey (17), wo die 
Kugelfussfibel mit einem gläsernen Armring in Mittellateneart gesellt 
ist, weist auf eine jüngere Stellung. 

Die Gräber, in denen die Frühlatenefibeln zu Hause sind, sind durch- 
gehends Skelettgräber, die typische Grabform das Flachgraberfeld*). 
Daneben erscheint das Hügelgrab (z. T., häufig in der Oberpfalz, Nach- 
bestattung in älteren Hügeln), besonders am Rhein, am Mittelrhein sogar 
überwiegend. Als nördliche Grenzgebiete der Kulturgruppe, welcher dieser 
Fibeltyp im wesentlichen angehört, erscheinen Schlesien südlich der 
Oder, das südliche Thüringen, Oberhessen bis zur Lahn; linksrheinisch 
das Neuwieder Becken. Die reichsten Funde haben das Grabfeld von 
Münsingen bei Bern5) und der Quellfund von Dux in Böhmen‘) ergeben, zeit- 
lich im allgemeinen gleich, aber mit lokalen Besonderheiten, z. B. Um- 
formungen der Certosafibel in Münsingen. Gleich bedeutende Fibelfunde 
von deutschem Boden stehen noch aus; nur die Sinsheimer Nekropole 
(Hügelgräber, zum Teil Nachbestattungen) hat ein ausgiebiges Material 
gebracht, auch an den in Süddeutschland sonst nicht gerade häufigen „Duxer“ 
Fibeln. | 

Ihre Hauptverbreitung hat die Frühlatenefibel auf einem Gebiete ge- 
funden, welches ungefähr Rheinhessen, das nördliche Baden (Hauptfundort 
Sinsheim), Württemberg, das nördliche Bayern (Oberpfalz, Oberfranken, 
während Mittelfranken fast leer, Unterfranken arm ist) und ferner Thüringen 
(hier die Funde vom Gleichberge und von dem Grabfelde von Ranis) 
umfasst. In geringerer Stärke erscheint sie in der südlichen Rheinprovinz, 
dem Reg.-Bez. Wiesbaden, der Rheinpfalz, Elsass (z. B. Grabfeld von Hatten), 
während Lothringen zu versagen scheint, dem südlichen Baden und dem 
südlichen Bayern (z. B. auf dem der V-Stufe angehörenden Grabfelde von 
Manching einige Exemplare). Noch ungeklärt sind die chronologischen 


1) Schliz, Fundb. X S. 19. 

2) Ulrich, Züricher Katalog I, 3140. 

3) Schliz, Fundber. X, S. 25. 

4) Siehe dazu und über den allgemeinen Charakter der Periode P. Reinecke 
in Lindenschmit, A. V., S. 354. 

5) Wiedmer-Stern, Archiv des historischen Vereins Bern XVIII, 1908, 

6) Mitt. d. anthrop. Ges. Wien XT, S. 80; Mitt. d. K. K. Zentralkommission 1882, 
S. LXXX. Pit, Čechy na úsvitě dejin I, S. 18. Etwas jünger die Funde von dem 
Grabfeld von Langugest, welches in seinem grössten Teile erst der folgenden Periode 
angehört; von Weinzirl, Grabfeld von Langugest 1899. 

Zeitschrift für Ethnologie. Jahrg. 1911. Heft 5. l Al 


682 . R. Beltz: 


Verhältnisse während der ganzen durch Latenetypen charakterisierten Zeit 
am Niederrhein. Derselbe hat bisher entscheidende Funde nicht geliefert. 
In Norddeutschland ist die Zahl der A-Fibeln nicht gerade klein, aber es 
bleibt unsicher, wie weit es sich um eingeführte Stücke und wie weit es sich 
um Nacharbeiten handelt. Häufig sind hier die langen Sehnenachsen. 
Chronologisch wichtig ist die Zugehörigkeit zu einer Gruppe von Urnen- 
feldern, welche Schwantes als Nr. III (Ripdorfer Stufe) bezeichnet!). 
Nur an wenigen Stellen kommen sie in reichlicherer Zahl vor (Nienburg 
in Hannover mit unsicheren Fundverhältnissen, Grabfelder der Altmark), 
auch das nördliche Brandenburg und das Königreich Sachsen (Beispiel das 
Grabfeld von Cröbern) enthalten noch Frühlatenefibeln. 
Schleswig-Holstein, Schlesien, Mecklenburg, zeigen noch einzelne 
zeitlich nicht festlegbare Stücke, aber schon Westfalen (wohl nur vor- 
läufig), fällt völlig aus; und das übrige Norddeutschland ist ganz leer. 


Als Nebenform zu der A-Fibel fassen wir die von Lissauer als 
Variante Q oder „altmärkische* bezeichnete Form auf (Abb. 39): lange 
Spiralachse, breiter leicht gewölbter Bügel, plattes Schlussstück, Formen- 
elemente, die an hallstättische Formengebung anklingen*). Deutlich ist der 
Zusammenhang an dem Exemplar von Kaulsdorf, Kr. Niederbarnim ^ 535. 
Die Form ist norddeutsch, die zeitliche Stellung noch nicht völlig geklärt, 
vielleicht nicht überall gleich; sie tritt im Elbgebiet auf Feldern auf, die 
Latenetypen überhaupt noch nicht haben, reicht aber z. B. in der Altmark 
sicher bis in die mittlere Latenezeit.°) 


3. Mittellatenefibel v. 


Das charakterisierende Merkmal des Schema Tischler II ist die Ver- 
bindung des zum Bügel zurückgebogenen Schlussstückes mit diesem. Da- 
mit vereinigt sich eine Formengebung, welche schon an Variante E sich 
bemerkbar machte, dass der Bügel gestreckter, flacher, drahtartig wird; 
die ganze Reihe der Mittellatenefibeln ist einfacher, schmächtiger, wesent- 
lich formenärmer als die Friihlatenefibel. Entwickelt hat sie sich be- 
sonders aus der Kugelfussfibel (Abb. 32 u. f.), indem die Verlängerung 
des Knopfes durch ein kleines Band oder auch eine zweite Kugel mit dem 
Bügel vereinigt wird. Deutlich erkennbar ist der Übergang von A (FI 2) 
zu V V. F. z. B. an Stücken von Gera vy 205 und Paserin A 542. Vgl. 
auch Abb. 40 von Münsingen’). 


1) Prähistorische Zeitschrift J, S. 154. 

2) Wie z. B. Präh. Bl. XIV Taf. VII, A 

3) Die Form, gew. als „Kaulwitzer* Fibel bezeichnet, ist viel besprochen, be- 
sonders im Zusammenhang mit den Gesichtsurnen: Zeitschr. f. Ethnologie 1899 
N. (144), 1902 S. (205), 1904 S. (24), 1905 (S. 589). Reinecke in Lindenschmit A., 
V, 348. Knorr, Funde der alten Eisenzeit 1910, S. 13. 

4) Wiedmer-Stern Taf. 15, 6. 


Latenefibeln. 683 


Doch sind auch Übergänge von der Scheibenfussfibel (Var. D) er- 
kennbar?) und ebenso von den Fibeln mit stark profiliertem Schlussstück 2). 

Der einfacheren Formengebung entspricht eine Vereinfachung des 
Materials; es ist nicht mehr überwiegend Bronze; zwei Drittel etwa der 
beobachteten Exemplare sind von Eisen; besonders gegen das Ende zu 
wird das Eisen herrschend, so in der Station La Tene selbst. Silber 
kommt vor, ist aber selten; die bekanntesten silbernen Exemplare sind 
von Dühren in Baden*), Lautrach bei Bregenz*) und Horgen bei Zürich°), 
ausserdem von Maxdorf bei Speier und eines unbekannten Fundorts in 
Wiesbaden ®). 

Zu den Einzelformen. 

Die Sehne liegt nur ausnahmsweise an der inneren Seite des Bügels. Sie 
wird im ganzen kleiner, so dass die grossen Spiralen (S 1) nur ganz ver- 
einzelt vorkommen, die lange Spiralachse (S 2) beschränkt sich auf 
wenige, besonders norddeutsche Formen und erreicht hier gelegentlich sehr 
bedeutende Ausdehnung (bis 20 Windungen auf jeder Seite); an diesen 


Abb. 40. Münsingen b. Bern, Abb. 41. Typ. 
BII2. Übergang zu Var, F. 


findet sich dann auch die Umwicklung (S3) und der Abschluss in Kugeln 
(S 4). 

Die Bügelbildung betreffend verschwindet der hohe Bogen, um am 
Ende des Abschnittes in einer Variante (J) wieder zu erscheinen und wird 
der Halbkreisbogen selten (B II 1), ebenso wie das flache Band (2, 
Abb. 40, Münsingen); die Normalform ist der flachgewölbte Drahtbügel mit 
leichter Schweifung. (Typ Abb. 41, häufig). Der in der Mitte (3, Abb. 42, 
Storkow’), oder am Kopfe (4) geknickte Bügel mit gestreckten Seiten 
leitet zu den Spätlatenefibeln über. Auch doppelte Knickung kommt 
vor. Eine Besonderheit sind einige Exemplare mit spiralig gewundenem 
Bügel (5, Abb. 43, Kl. Gleichberg®). 

Schmuck wird selten: Filigran s. unten bei Behandlung des Schluss- 
stückes. Gelegentlich erscheint Knochen und auch noch Koralle®), ferner 


1) Sehr hübsches Beispiel von Vevey V 655 Näf, Anz. f. schweiz. Alt. 1901 S. 107e. 

2) Beispiel von Kloster Weltenburg, Katalog d Bayr. Nationalmuseums IV 
Taf. 12, 7 Y 178. 

3) Y 118 Schumacher in Lindenschmit, A. V, 248. 

4) Y 604 Much, Atlas 5. 205, 9. 

5) V 624 Heierli, Urg. d. Schweiz S. 387. 

6) Lindenschmit, A. JI. 7. 3, 9. 

7) N. d. A. 1893, S. 35. F. 1. 

8) Lindenschmit, A., V, 339. 

9) Die Aufzählung s. bei Kossinna, Korrespondenzblatt d. Deutsch. Anthr. 
Ges. 1907 S. 60, doch gehören mehrere der dort behandelten Stücke zu A. Uber 
einen weiteren norddeutsch-skandinavischen Typ mit Emailschmuck, auf den 
Kossinna aufmerksam macht, ist unten bei den Spätlatenefibeln gehandelt. 

44° 


684 R. Beltz: 


Email, auch noch auf Scheiben!); die Zierstiicke werden nicht nur ein- 
gelegt, sondern auch mit Hilfe von Nietstacheln aufgesetzt (besonders in 
dem mittleren Elbgebiet wie schon bei A s. oben); die Emailverzierung 
kommt auch an eisernen Exemplaren vor. — Die Kugelverzierung ist 
unten behandelt. 

Die Nadelrast besteht in einer einfachen Verbreiterung des Bügels, 
gelegentlich mit dreieckigen Lappen, wie bisher. 

Das Schlussstück erhält grössere Bedeutung. Der Ansatz am Fusse 
geschieht gewöhnlich durch spitzwinklige Rückbiegung, aber auch in senk- 
rechtem Ansteigen (F II 1), dieses eine Vorbereitung der Spätlateneform; 
vgl. F III 4. 


Die Befestigung aın Bügel wird hergestellt meist durch eine kleine 


Klammer, die gewöhnlich aus einem leicht profiliertem Wulst gebildet wird. 
Primitivere Arten zeigen ein Exemplar von Oldenstadt Hannover, V 308, wo 
mechanisch ein kleiner Ring um Bügel und Fussendigung gelegt ist oder 


Abb. 43. Kl. Gleichberg (Sachsen- 
BIL3. Meiningef. BII5. B.II5. 


Abh. 44. La Tene. FII2. Abb. 45. Münsingen b. Bern. 
Übergang zu Var. F. 


die Wickelung des drahtartig ausgezogenen Fussendes um den Bügel 
(F II 2, Abb. 44, von La Tene selbst?). Vereinzelt kommt die Hallstatt- 
pauke als Verbindungsstück vor (Bentrupp, Oldenburg V 327). 

Besonders aber erscheint nun die Kugel. Der frühlatenische Kugel- 
fuss bleibt, die Kugel wird als Ornament gewöhnlich besonders gearbeitet 
und aufgeschoben (Abb. 45, Münsingen)?), bei eisernen Exemplaren gern 
aus Bronze; es wird dann meist auch das Verbindungsstück als Kugel ge- 
formt, und so ist die wichtige Variante F (Abb. 46) entstanden, die mit 
Ausnahme weniger Exemplare aus Eisen gebildet wird. Die Zahl der auf- 
gesetzten Kugeln ist meist 2, die grösste Zahl 5 (Beispiele von Meisdorf 
V 231 und Binenwalde V 421, in dem Verzeichnis ist die Zahl der Kugeln. 
wenn sie vom Schema abweicht, in Klammern gesetzt). In einigen 
selteneren Fällen treten an Stelle der Kugeln gekörnte Rosetten (Variante G: 
Beispiel von Dühren in Baden Abb. 47). Eine Abart, besonders nord- 


1) Z. B. Viollier XI, 173. 
2) Ähnlich Vevey, Anz, f. schweiz. Alt. 1901 S. 107g (Übergang zu F II 5). 
3) Wiedmer-Stern 15, 7. 


„SE geegent 


Laténefibeln. 685 


deutscher Herkunft verändert die Kugeln in flache, auf den Bügel 
aufgeschobene Scheiben (Var. H; Abb. 48 von Nienburg, Hannover!); 
auch die Bildung mit länglichen Würfeln oder rechtseitigen flachen Platten 
(F II 3; Abb. 49, Lohne”) ist norddeutsch (Über eine jüngere norddeutsche 
Form, Variante O s. unten S. 690). 

Von Interesse ist die Bildung des Fusses an einer Fibel von Neu- 
guth in Westpreussen V 548 (aus später Zeit), wo das Schlussstück auf der 
unteren Bügelseite umgeschlagen ist, die Urform zu dem (östlichen) 
Fibeltyp der jüngeren Kaiserzeit*). 

Jüngere Abarten sind: 

1. eine hochgewölbte Fibel mit eingeknicktem Bügel und weit nach 
vorn gerücktem Verbindungsstück (Var. J, Abb. 50); der Bügel geht 
nicht in gleichmässiger Schwingung bis zum Fusse, sondern biegt 
in seinem unteren Teile ein (,abgebovener Mittelsteg* Schliz), 
eine Erscheinung, die auch schon an Normaltypen und der Var. E 


Abb. 46. Var. F. Abb. 41. Diihren (Baden). Abb. 48. Nienburg (Hann.) 
Var. G. Var. H. 


Abb. 49. Lohne (Altmark). F.II3. Abb. 50. Var. J. Abb. 51. Nien- 
büttel (b. lzen). 
F II 4. Var. R. 


auftritt; sehr häufig und weit verbreitet besonders in Nord- 
deutschland; in der Schweiz als „Windische“ Fibel bezeichuet, 
. Die „hannoverische“ Fibel mit steil aufsteigendem und recht- 
winklig gebogenem, bandförmigem Schlussstück Var. R, Abb. 51 
von Nienbüttel*), ganz an das Ende der Latènezeit gehörend. 
Eine Sonderform ist auch die Bildung des Fusses aus Drahtgewinden 


(F II 5; Abb. 43, KI. Gleichberg ) 


to 


Die zeitlichen Unterschiede wollen sich auch unter den Mittellatene- 
fibeln bisher nicht recht festlegen lassen, besonders nicht bei den Frühtypen. 
Jedenfalls haben die der Entstehung nach älteren Kugelfibeln (Var. F) 
sich neben der vereinfachten Form (dem Typ) gehalten und reichen auch 


J) Tischler, 5, 31; Lindenschmit, A. II. VII. 3, 5. 
2) Undset, S. 229, F. 17. 

3) Almgren Gruppe VI, s. Fibelformen S. 71. 

4) Schwantes, Prähistorische Zeitschrift I, S. 155. 


686 R. Beltz: 


in den folgenden Abschnitt hinein. Jünger scheinen die Formen (Normal- 
typ und Var. F) mit „abgebogenem Mittelstes“ zu sein, der besonders 
markant an der Var. J. hervortritt. Diese gehört sicher erst in die folgende 
(Spätlatene-) Stufe!). Jung sind ferner die geknickten Bügel (B II 3. 4) 
und der rechtwinklig ansetzende Fuss (F II }). Ein Weiterleben des 
Mittellateneschema bis in die frühe römische Kaiserzeit ist zweifellos?). 

Über die Stelle, an der die Mittellatenefibel entstanden ist, lässt sich 
Begründetes nicht angeben. Sicher spielt die Schweiz dabei eine grössere 
Rolle, aber an sehr frühen Bildungen haben die verschiedensten Land- 
schaften Anteil; jetzt wird es auch in Norddeutschland lebendig. Der 
Übergang der alten Kugelfussfibel zu der Mittellatenefibel ist z.B. an den 
hannoverischen Stücken deutlich verfolgbar. 

Zur Verteilung des Mittellateneschema. 

In Südwestdeutschland bezeichnet die Mittellatenefibel den Schluss- 
abschnitt der gallischen Besiedelung (Mediomatriker, Helvetier, Tekto- 
sagen usw.). Die bedeutendsten Funde liegen vor von Dühren in Baden 
und Horkheim in Württemberg,, während sie im allgemeinon hier seltener 
wird, sehr gut vertreten ist Rheinhessen, und auch die Nachbargebäude 
haben Funde, sie schliessen mit den letzten Jahrzehnten des zweiten vor- 
christlichen Jahrhunderts ab. Ausschliesslicher Ritus ist hier die Leichen- 
bestattung in Flachgräbern, die meist in Nekropolen zusammenliegen?). 

Gute Funde stammen aus dem südlichen Bayern; dahln gehört besonders 
das Skelettgrabfeld von Manching‘). 

Dagegen sind die Funde recht selten in der Pfalz und Elsass-L.oth- 
ringen, ebenso in dem nördlichen Bayern, dem Hauptsitze der Frühlatene- 
kultur. Ganz Franken fällt aus. Auch in Böhmen wird die Fibel 
seltener. Auch Thüringen hat nicht mehr die reichen Funde der 
früheren Periode, während die Provinz Sachsen, das Königreich Sachsen 
und Schlesien stärker hervortreten; das Versagen der Oberlausitz hält an. 
In Thüringen verliert das Skelettgrab seine Herrschaft (Beispiel Wernburg 
bei Ziegenrück); der norddeutsche Leichenbrand erscheint auch hier 
(Lerchenfeld bei Jena usw.), Schlesien hat die Mittellateneformen nur in 
Leichenbrandfeldern (besonders mit Brandgruben), die sichtlich mit den west- 
preussischen und niederlausitzern (z. B. Sadersdorf) in Verbindung stehen: 
die Kultur- (und doch wohl auch Völker-) Grenze geht durch das Land hin- 
durch®). Das bedeutendste Grabfeld mit Mittellatenefibeln Zeippern, Kr. 


1) S. Reinecke in Lindenschmit, A. zu V, 336. Belege auch an russischem 
Material: Reinecke, Mainzer Zeitschrift 1906 8.43; auch an norddeutschem Material 
ist das Verhältnis deutlich: sz B. den Befund von Butzke und Koppenow in 
Pommern vi LI (534) e 286 (504) und den Pyrmonter Quellfund; ebenso gehört sie 
in der Schweiz der Spätstufe an. 

2) So zuerst Schumacher, Anz. f. schweiz. Alt. VII, 1895 8.54; weitere Nach- 
weise in Lindenschmit, A. V 8.30. 

3) Im allgemeinen s. Schumacher in Lindenschmit A, V, 8.80 u. 172: 
Reinecke ebenda S. 290. 

4) Weber und Birkner in Beiträge zur Anthr. u. Urg. Bayerns XVI 1905 S. 24 
u. XIN, 8.55. Reinecke in Lindenschmit, A. V, S. 283. 

A Seger, Beiträge zur Urgeschichte Schlesiens I 1902 S, 44. 


Latenefibeln. 687 


Guhrau, gehört zeitlich in die Spätlateneperiode. Sehr reichlich fliessen 
die Materialien jetzt aus der norddeutschen Zone in Urnen- und Brand- 
vrubengräberfeldern: Leichenbrand ausschliesslich. Allerdings ein weites 
{iebiet, umfassend die nördlichen Rbeinlande, Westfalen, Kurhessen, das 
westliche Hannover bleibt leer, aber auf einem zusammenhängenden Ge- 
biete im nordöstlichen Hannover, der Altmark, dem grössten Teile von 
Brandenburg ist Mittellatene so stark vertreten, wie, vielleicht abgesehen 
von Rheinhessen, an keiner zweiten Stelle. Nach Norden zu (Schleswig- 
Holstein, Mecklenburg, Pommern) flaut es wieder ab; aber der Osten, Posen, 
Westpreussen (dieses besonders) und Ostpreussen nimmt eine starke Stellung 
ein. Die Mehrzahl der Grabfelder mit Mittellatenetypen ist hier aber der 
Spätlateneperiode zuzuschreiben. Die lokalen Unterschiede sind nur 
gering; auch die Varianten, besonders F!) und J erscheinen überall, 
wo überhaupt Mittellatene vorkommt. 


4. Spätlatenefibeln. 


Das Spätlateneschema (Tischler III) ist bekanntlich dadurch ent- 
standen, dass das Schlussstück mit dem Bügel fest verbunden wird. 
Der Fuss besteht aus der Nadelscheide, welche durch einen Quersteg an 
den Bügel anschliesst; es entsteht so ein offener Rahmen, mit dessen 
Schliessen die Formgestaltung der Latenefibel endet. Nach der Gestaltung 
des Bügels scheiden sich zwei Gruppen, die langgestreckte, einfach bandartige 
(sog. „Nauheimer“) e und die im allgemeinen höhere, auch stärker 
profilierte drahtartige æ; am Schluss kommen stärkere Exemplare mit 
kräftigem Guss auf. Der Übergang von der Mittellateneform ist im ein- 
zelnen nicht recht nachweisbar, und auch der Übergang des einen Typs 
zu dem anderen ist schwer zu verfolgen, viel weniger als der von f zu A, 
von ^ zu Y und von s zu den frührömischen?). 

Die Spiralwindungen sind gering an Zahl, selten über vier, die Sehne 
liegt fast ausschliesslich hinten am Bügel (Ausnahme z.B. von Perdöhl, 
Abb. 54 und an den norddeutschen Varianten); die lange Spirale (S 2), 
die Umwicklung (S 3), die Endkugeln (S 4) kommen nur an lokalen 
Varianten, einseitige Sehne nur an einem exzeptionellen Stücke vor 
(Weisenau bei Mainz)*). Die Unterstützung der Spirale durch das Bügel- 
ende, indem dieses verdickt wird oder mit seitlichen Lappen übergrei ft 
leitet zu dem Konstruktionsscheina der folgenden Periode über. 


1. Spätlatenefibel MB. 


Die „Nauheimer“ (Abb.52), wie wir sie nach Tischlers Vorgang weiter 
nennen, hat als Bügel ein flaches, schmales, nur schwach gewölbtes Band, das 
auf die Bügelform B II 2 zurückgehen mag und gern mit Längsstrichen ver- 
ziert ist; die Nadelscheide setzt in spitzem Winkel, in leichter Biegung, 
selten mit einem rechtwinklig aufsteigenden Steg, wie Abb. 54, an; die 

1) Selbst im Südosten: Mitrowitza a. Save, Reinecke, Mainzer Zeitschrift 1907, 8. 46. 
2) Ein gutes Beispiel von Estavayer w 451 s. Viollier 321. 
3) Lindenschmit, A., V, 422. 


688 R. Beltz: 


Neigung zur Schliessung des Rahmens ist auch hier erkennbar; die im 
allgemeinen der » Reihe gehörende Form F III 6 findet sich z. B. an 
einem Exemplar von Körchow Abb. 60 (jung), der durchbrochene Fuss 
(Abb 57, Var. M.) an verschiedenen Exemplaren von Nauheim.!) Variationen 
des Bügels sind selten und gering. Das Band trägt vorn seitliche Er- 
weiterungen (B III 1) oder erweitert sich zu einer Scheibe (B III 2)*) 
ein Vorläufer der „Rollenkappe“ der „römischen“ Typen; eine Übergangs- 
form zu der zweiten Gruppe ist der am Kopfende verbreiterte, sonst 
schmale Bügel (B III 3; Abb. 53 von Mainz; zu beachten das Beibehalten 
des Schiebers als Ornament). Auch als Übergangsform anzusehen ist der 
in scharfen Winkel eingeknickte, sonst gestreckte Bügel (B III 4; 
Abb. 54, Perdéhl)§). 

Das Material ist Bronze oder Eisen, in Ungarn und den südlichen 
Alpenländern erscheint auch Silber (selbst mit Niello)®). 


d 
e 


Abb. 55. Var, K. Abb. 56. Var. L. Abb. 5%. Var. M. 


2. Spätlatenefibel qm. 


Die einfachen Stücke, fast ausschliesslich aus Eisen, haben in der 
Grundform einen schmalen drahtförmigen Stangenbügel. 

Dieser ist nur selten gestreckt, entsprechend der «Form (B III 5), 
weit häufiger geknickt (Var. K, Abb. 55)°), mit leichter Schweifung gewölbt 
(Yar. L, Abb. 56), oder gleichmässig flachgewölbt(Var.M, Abb.57); anJdas Ende 
gehört der hochgewölbte, mit Knick einbiegende Bügel (B IIL 9; Abb. 58, 
Rachow, Mecklenburg)°), an dem die alte Verbindungsstelle von Bügel und 
Schlussstück durch einen kleinem Wulst bezeichnet wird. 

Noch jünger ist die Form BIII 10 (Abb. 59), an der dieses Orna- 
ment noch stärker auf dem Scheitel in scharfkantigen Wülsten hervor- 


1) Quilling, 8.100, 17, S.101 mehrfach. 

2) Beispiele Lindenschmit, A., V, 1143 und 1144, beide aus Traunstein. 

3) Beltz, VAM. 46, 30. 

4) Tischler, Gurina §. 23, Beispiel von Raab. 

O Eine besonders im skandinavischen Gebiet zu starker Entwicklung ge- 
kommene Form. 

6) Beltz, VAM. 56, 5n. 


Latenefibeln. 689 


tritt!); sie hat auf die Formengebung der provinzialrémischen Typen 
stark eingewirkt. 

Sonst tritt eine Verzierung des Bügels nur selten auf, gelegentlich 
der Schieber des Mittellateneschema als Ornament?) oder Querfurchen 
und Streifen (B III 11; Abb. 65, Helmshagen, Pommern). Ein Beispiel von 
Wulsten und Einkerbungen (wohl auch für Emaileinlagen) vom Lerchen- 
feld bei Jena?) w 71. 

Für die Gestaltung des Fusses ist die allmählich zunehmende 
Neigung zum Schliessen des Rahmens massgebend. Die Normalform ist 
der von der Mittellatenefibel überkommene spitzwinkelige Ansatz mit 
offenem Rahmen (F III 1, z. B. Abb. 53); dann wird der Rahmen durch einen 
im Winkel geknickten Steg belebt (2 = Var. L, Abb. 56) oder geschlossen 
(3); oder der Rahmen wird unregelmässig vierseitig (4, Beispiele mehr- 
fach); durchbrochen (5 = Var. M, Abb. 57) oder mit Löchern versehen (6, 


Abb. 58. Rachow (Mecklenburg- RIII 10. Abb. 59. 
Schwerin). BIII9. FIIL?. 


Abb. 60. Körchow (Mecklenburg-Schwerin) Abb. 61. Gurina (Kärnten). 
F III 6. B III 7. FIIIT. 


Abb. 60) oder ganz geschlossen (7, Abb. 58. 61); als Abschluss des 
Fusses kommt auch an Latèneschematen der Knopf vor (8). 

Die Fibeln mit geschlossenem Fuss und geknicktem oder geschweiftem 
Bügel (Abb. 55 ff.) gehören schon der römtschen Zeit an. Eine besonders 
häufige Form ist die Abb. 61, nach einem Exemplar von Gurina, sehr 
häufig in römischen Gräbern und Kastellen in Westdeutschland ‘). 

Die Übergänge zu den provinzialrömischen Fibeln sind unmerklich, 

1) Diese Form war von Lissauer als Typ gewählt. Uber ihre Verbreitung be- 
sonders in den keltischen Ländern s. Tischler bei Meyer, Gurina S. 25; Almgren 
IV, 65 (S. 35) führt sie als erstes Glied der Reihe der „kräftig profilierten* Fibeln 
an. Die Erweiterung des Bügels an der Ansatzstelle des Fusses durch hornartige 
Fortsätze, die in Österreich und der Schweiz zu besonderen Formen geführt hat, ist 
Deutschland fremd. 

2) S. dazu Tischler, Gurina VI, 5. Almgren NJ, 236. 

3) Eichhorn, Altertiimer von Thiiringen IV, 146. 

4) Tischler, Gurina S. 27 (S. 106). Almgren 15, als „provinzialrömisch“ be- 
zeichnet; die ebenfalls als provinzialrémisch zu bezeichnende Form Almgren 13 
unterscheidet sich von unserem ganz späten Latenetyp Abb. 56 durch den breiteren 
Fuss. 


690 R. Beltz: 


und ohne eine gewisse Willkür ist eine Scheidung unmöglich; als Kenn- 
zeichen römischer Zeit hat man seit Tischler!) den Sehnenhaken an- 
gesehen, der allen echten Lateneformen fehlt. Wir schliessen die Sehnen- 
hakenfibeln im folgenden aus, so dass z. B. die Fibeln von Haltern”) für 
unsere Aufzählung wegfallen. 

An Sonderformen sind zu beachten: 

l. Schwere gegossene Exemplare, die in Norddeutschland und 
Skandinavien ohne Vermittelung aus der Frühlateneform, entstanden zu 
sein scheinen und z. T. älter sein mögen: eines von Osterburg (Abb. 62)3:: 
ein ähnliches von Rosenthal, Kr. Niederbarnim; und Var. N, (Abb. 63; 
(nach einem Funde von Lindrummoor in Jütland) nur in wenigen 
Exemplaren bekannt: 2) doch findet sich dasselbe Bildungsprinzip an einem 


Abb. 62. Osterburg (Altmark). Sonderform. Abb. 63. Jütland. Var. N. 


Abb. oi Var. O. Abb. 65. Helmshagen (Pommern). Abb. 66. Var. P. 
Sonderform. 


Stücke von J*arsleben „ 210, welches auf Var. F zurückgeht; zu der 
Bildung der Variante vgl. auch das Stück von Mücheln „ 100. 

2. Var. O.; Abb. 64, Weiterbildung der Var.F; nur in seltenen Fällen 
Bronze; die Kugeln aus Bronze mit Emaileinlage, meist in Kreuzfurchen; 
lange Spiralrolle. Eine norddeutsche Form, speziell der westlichen Ostsee- 
länder, auch in Skandinavien verbreitet’). 

3. Der vorigen ähnlich, aber ohne Kugeln; auf dem Bügel Email- 


1) Beiträge S. 71. 

2) Mitteilungen der westfälischen Altertumskommission IT, S. 117.118; ILI, S. 60. 

3) Kupka, Sächs.-thüring. Jahresschr. 1910 I, 16. 

4) Die Heimat der Form ist Jiitland; in Deutschland nur einige versprengte 
Exemplare, leider nur Einzelfunde, sodass die zeitliche Stellung unsicher bleibt. 
Vgl. Undset S. 412. 419. S. Müller Ordning II, 22—25, wo der Zusammenhany 
mit der Kugelfibel (Var. F) deutlich wird. Doch ist auch die Ähnlichkeit mit 
gewissen Späthallstattformen (Nauce, Präh. Bl. XIV, Taf. VII, 8 tf.) schwerlich 
Zufall. 

5) Vgl. dazu Kossinna, Korrespondenzblatt der deutschen anthrop. Gesellsch 
1907, S. 60, 


Latenefibeln. 691 


einlage in meist I-förmigen Gruben; lange Spiralachse; vgl. Abb. 65, von 
Helmshagen!). ; 

4. Var. P.; Abb. 66. Die „pommersche“ Fibel, ein seltsames Gebilde, 
charakterisiert durch aufgesetzte Schalen in Hallstattmanier an den 
Achsenenden und dem Bügelfuss, die durch Spiraldraht verbunden sind — 
dieser ist oft in Guss nachgeahmt —; im westlichen Pommern und den 
angrenzenden Ländern’). 


Zur Verbreitung der Spätlatenefibeln. 


Die ,,Nauheimer“ Form gehört im wesentlichen dem Grossherzogtum 
Hessen und den angrenzenden Gebieten an. In Süd- und Mitteldeutschland 
fehlt sie; in Norddeutschland erscheint sie an der unteren Elbe und in 
Mecklenburg und geht dort Verbindungen?) mit dem anderen Typ ein. 

Auch dieser ist durchaus nicht überall verbreitet. Ausser einigen 
oberbayerischen Funden ist er dem ganzen Süddeutschland fremd; direkt 
arm sind die Provinz Sachsen östlich von Saale und Elbe, das ganze 
Königreich Sachsen und die westliche Niederlausitz‘), und auch in 
Thüringen, denı Königreich Sachsen und Schlesien ist er selten. Stark ver- 
treten ist er wiederum in Hessen und den benachbarten Ländern und ferner 
in Norddeutschland: Hannover, Provinz Sachsen. Massenfunde liegen vor 
aus dem östlichen Deutschland: Brandenburg, Hinterpommern (z. B. Persan- 
zig) und Westpreussen (Rondsen usw.), alle deutlich in frührömische 
Zeit hineinreichend. Ostpreussen und Posen hat wenig’). Auch in den 
einzelnen Typen scheidet sich der deutsche Osten sichtlich von den westger- 
manischen Ländern. Eine starke lokale Eigenentwicklung, vielfach mit 
Zurückgreifen auf frühere Typen ist dort bemerkbar (vgl. Var. O und P). 

Die grosse Masse der Spätlatenefibeln gehört Leichenbrandgrabfeldern 
(besonders Urnenfeldern) in flachem Boden an, und man besitzt in deren 
Verbreitung auf dem früher von (keltischen) Skelettgräbern eingenommenen 
Gebiete ein sicheres Merkmal der germanischen Völkerbewegungen, unter 
deren Einfluss allerdings auch auf keltisch gebliebenem Gebiet (Bayern, 
Schweiz) gelegentlich Leichenbrand auftritt®). Auf südwestdeutschem Ge- 
biete ist die Verschiebung deutlich. Im ersten Jahrhundert erscheinen die 
frühesten germanischen Brandgräber bei Giessen, Rodberg, Nauheim, 
Wiesbaden’). 


1) Schumann, Balt. Stud. 39, Taf. 12, 9; ebenfalls skandinavisch-norddeutsch. , 

2) Vgl. Reinecke in Lindenschmit A., V, 351, wo die ältere Literatur an- 
gegeben ist. 

3) Besonders deutlich an Funden der Hamburger Gegend. 

4) Dazu Wilke, Deutsche Geschichtsblätter VII, 1906 S. 292 mit der Erklärung 
der Erscheinung durch das Auswandern der alten Bevölkerung. 

5) Ein Grabfeld aus der Gegend von Kiew (Sarubinatz) im Charakter der 
westpreussischen mit Fibeln Var. J und Abb. 61, wichtig als Zeugnis für das 
Vordringen der Germanen, s. Reinecke, Mainzer Zeitschrift 1906, S. 43. 

6) Ein Skelettgrabfund von Heidingsfeld, Unterfranken, von Reinecke, 
Korr.-Bl. 1901, S. 28, zurückgebliebenen Galliern, vielleicht Teutonen, zugeschrieben. 

1) Über diese Verhältnisse Schumacher in den Berichten über die Fort- 
schritte der römisch-germanischen Forschung 1904 S. 10, 190) S. 20. 


692 R. Beltz: 


Neben den Gräbern erhalten in der späteren Latenezeit die Wohn- 
stättenfunde eine besondere Bedeutung. ‚Bekanntlich sind zwei Burg- 
stellen, der Mont Beuvray und der Hradisch bei Stradonitz die klassischen 
Fundorte der Periode. Auf deutschem Boden sind dahin zu zählen u. a. die 
Wohnstätten von Karlstein bei Reichenhall!), Nierstein (wohl = Buconica). 
Oberlahnstein?). Auch in römischen Kastellen (Cambodunum = Kempten, 
Hofheim im Taunus u. s.) finden sich Fibeln in echtem Lateneschema, welche 
das Weiterleben der Konstruktion bis in die Claudische Zeit belegen. 
Eine vollständige Aufzählung dieser überdauernden Formen strebt unser 
Verzeichnis nicht an. 


1) Reinecke in Lindenschmit A., V, S. 368. 
2) Schumacher, Ber. über die Fortschritte der röm.-germ. Forschung 1909, 
S.22. Schliz, Fundberichte aus Schwaben XIII, 1905, S. 80. 


Laténefibeln. 693 


‘ Übersicht über die in dem Verzeichnis angewandten Benennungen. 


Für A. I—III. Beispiele 


Sehne = S. 


Sl Spirale von grösserem Durchmesser Ki.-Schweinitz. (Abb. 9) 
Beilngries. (Abb. 13) 

S 2 mehr als sechs Spiralwindungen Butzow (Abh.28). — Helms- 
hagen (Abb. 65) 

S 3 Sehne um den Kopf des Bügels gewickelt | Dux (Abb, 17). — Butzow 
(Abb. 28) 

S 4 Kugeln an den Enden der Sehnenachse Darshofen (Abb. 4) u. s. 


A. Fibeln mit figürlichem Schmuck +. 


Bügel = B. 
BA1 flach gewölbt, meist hohl („kahnförmig“) Fränkische Schweiz (Abb. 


3). — Walkersbrunn 
(Abb. 6) 
BA 2 geschweift („S-förmig“) Darshofen (Abb. 4.) — 
Kl.-Schweinitz (Abb. 9) 
B A 3 paukenförmig | Leidingshof (Abb. 5) 


BA4 eingekerbt oder eingeschniirt 


BA 5 mit schildartiger Verzierung auf dem Scheitel | Walkersbrunn (Abb. 6) 
oder an den Seiten 


BA6 mit runden Vertiefungen für Einlagen 
(Email usw.) 


BAT kammartige Verzierung (Perlband) längs | Kl. Gleichberg (Abb. 7) 
= VarianteC des Biigels 


Fuss = F. 

F Al annähernd halbkugeliger Vogelkopf Leidingshof (Abb. 5) 

FA? Vogelkopf mit gekriimmtem Schnabel Darshofen (Abb. 4) 

HF AA flacher Vogelkopf Steinmiihle (Abb. 8) 

FA4 stark entstellter Vogelkopf; nur die Augen | Walkersbrunn (Abb. 6) 

gebheben 

F A 5 länglicher Vogelkopf Kl.-Schweinitz (Abb. 9) 

FA6 Vogelkopf mit schwanenhalsartiger Biegung | Kersbach (Abb. 10) 

FAT Vogelkopf auch am Biigelkopfe Kreuznach (Abb. 11). — 
= VarianteB Prüllsbirkig (Abb. 12) 


I. Frühlatöne A. 


Bügel = B. 
BI hochgewölbt Beilngries (Abb. 13). — 
Münsingen (Abb. 14) 
B I 2=Typ] annähernd halbkreisförmig Dux (Abb. 15) 
BI3 flach gewolbt, rundlicher Querschnitt Miinsingen (Abb. 16) 
B14 flach gewölbt, ovaler Querschnitt Dux (Abb. 17) 
BIS flach gewölbt, hohl Münsingen (Abb. 13) 
BI6 flach gewollt, glattes Band Letky (Abb. 19) 
BI7 flach gewölbtes oder glattes Oval Dux (Abb. 20) 


B18 geknickt Kl. Gleichberg (Abb. 22) 


694 


FIS 


FI 9 
F 110 


FT11 


= Var. D 


F 112 
F115 
F114 
FT 


= Var. E. 


F [16 


R. Beltz: 


eckig 


torquiert (oder mit Schrägkerben) 
eingekerbt 

einreschnürt 

kuvelive Schwellungen 

mit verziertem Kamm 


Spiralen, Palmetten. Volutenbänder, Ranken, 
Triskelen 


Kreise, Augen. — Unechte Spiralen 


Schräglinien (Zickzackband, Rauten, Flecht- 
band, Schraffierungen) 


Furchen oder Schalen mit Einlare von 
Korallen oder Email 


Fuss = F. 
kleiner Knopf 
grosse Kugel (meist mit Fortsatz) 


abreplattete Kugel oder rundlicher Wulst 


Kugel mit Spitze 
stärker profilierter Kolben oder Kegel 


profilierter schmaler Kegel 
abreschnürte Kugeln 


abreschnürte Halbkureln 


eingekerbte Spitze 


schmale Spitze (auch verdickt oder einge- 
schnürt) 


runde Scheibe, meist mit Fortsatz 


drei runde Scheiben (Rosette), mit Fortsatz 
Ringscheibe, meist mit Fortsatz 
rhombische oder zungenförmige Platte 
Kulben mit Hohlkehle 


Drahtvewinde 
II. Mittellaténe V. 


Bügel = B. 
annähernd halbkreisf6rmig 
flach gewolbtes Band 
veknickt 
steil ansteigend, dann gestreckt 


Spiralwindungen 


Beispiele 


Beckerslohe (Abb. 23; 


Letky (Abb. 24) 
Oberndorf (Abb. 25) 
Libesnitz (Abb. 26) 
Münsingen (Abb. 27) 
Butzow (Abb. 28) 
Nimburg (Abb. 20; 


Langugest (Abb. 50) 
Letky (Abb 19) 


Beilngries (Abb. 15) 
häufig (Abb. 32) 


Abb. 33, auch Libesnitz 
(Abb. 26) 


Dux (Abb, 15) 


Dux (Abb. 17). Münsingen 
(Abb. 18) 


Abb. 34 


Abb. 35, 
(Abb. 28) 


Abb. 36, auch Münsingen 
(Abb. 14) 


Oberndorf (Abb. 25) 
Münsingen (Abb. 16) 


auch Butzow 


Hard (Abb.31). Münsingen 
(Abb. 27) 


Kl. Jeseritz (Abb. 37) 
Letky (Abb. 24) 
Beckerslohe (Abb. 23) 
Wachenheim (Abb. 21) 


Kl.-Gleichberg (Abb. 33) 


Abb. 40 (Miinsingen) 
Abb. 42 (Storkow) 


Abb, 43 (Kl.-Gleichberg) 


F III 1 


F HI 2 
= Var. L. 
FIH 3 
F WI 4 
= Var. K. 


FHT 5 | 
= Var. M. 


F III 6 
F Ill 7 


F III 8 
Var. N. 


Var. O. 
Var. P. 


Latenefibeln, 


699 


| | Beispiele 


annähernd rechtwinklig ansetzend 


in Draht ausgezogen und um den Bügel 
gewickelt 


Kugeln an dem Schlussstück und der Ver- 
bindungsstelle 


Rosetten an dem Schlussstück und der Ver- 
bindungsstelle 


flache Scheiben an dem Schlussstück und 
der Verbindungsstelle 


mit flachen Platten 
hoher eingeknickter Bügel 


gestrecktes Band mit rechteckigem Knick 
(,hannoverische* Form) 


Drahtgewinde 


IIL. Spätlatöne ©. 
Bigel = B. 


pnauheimer* Typ 

Band mit seitlicher Erweiterung am Kopfe 
Band zu einer Scheibe erweitert 

Band und Stange 

steil ansteigend, dann gestreckt 


gestreckt 
geknickt 


gewölbt, leicht geschweift 
gleichmässig gewölbt 


hoch gewölbt, mit Knick einbicgend 
mit gegossenen Querplatten am Scheitel 


verziert mit Furchen und Streifen 


Fuss = F. 


spitzwinklig oder in leichter Kurve ansetzend, 
mit offenem Rahmen 

spitzwinklig oder in leichter Kurve ansetzend, 
mit Steg 

spitzwinklig oder in leichter Kurve ansetzend, 
geschlossen 

unregelmässig vierseitig, offen 


unregelmässig vierseitig, durchbrochen 


unregelmiissig vierseitig, mit Löchern 
unrerelmässig vierseitir, geschlossen 


Knopf am Fussende 
Norddeutsch-nordische Sonderformen 


Kugeln mit Emaileinlage 
„Pommersche* Fibel 


Abb. 44 (Latene) 


Abb. 46 (vgl. Abb. 45, 
Münsingen). 
Abb. 47 (Dühren) 


Abb. 48 (Nienburg) 


Abb. 49 (Lohne) 
Abb. 50 
Abb. 51 (Nienbüttel) 


Abb 43 (Kl.-Gleichberg) 


Abb, 52 


Abb. 53 (Mainz) 
Abb. 54 (Perdöhl) 


Abb. 55 


Abb. 56; 
(Gurina) 
Abb. oy 


auch Abb. 61 


Abb. 58 (Rachow) 
Abb. 59 


Abb. 65 (Helmshagen) 


Abb, 53 (Mainz) 


Abb. 56 


Abb. 55: auch Abb. 54 
(Perdöhl) 


Abb. 57 


Abb. 60 (Kérchow) 
Abb. 58 (Rachow). Abb. 6] 
(Gurina) 


Abb. 62 (Osterburg) 
Abb. 63 (Lindrumınoor) 


Abb. 64 
Abb. 66 


696 R Beltz: 


Verzeichnis der einzelnen Funde. 
1. Stufe A. Fibeln mit figirlichem Schmuck. 


A. Fibeln mit Maskenschmuck e 


Lfd. Fundort g , | Variante. Zur Fund- Nachweis 
mmlung | S 
Nr. Ben S 5 ae geschichte Literatur 
1 Weisskirchen Mainz Br. Symme- | Hiigelgrab Kriiger-Trier. 
a. d. Saar’) trisch; je 1 Kopf Lindenschmit, 
am Fuss, Bügel- ` AI H.IV, 3, 3 
kopf, an der 
Mitte d. Bügels 
2 St. Wendel Trier Br. BAl | — Krüger 
F Maske(?) 
3 St. Wendel(?) Ebendort Br. F Maske — Krüger 


4 Zerf bei Trier ' Ebendort Br. B mit Hügelgrab Lindenschmit, 
| Kamm, F mit A III. IX. 1, 3 

| Maske, Über- | 
gang zu + 


5 ebendort Ebendort V. A. | Desgl. = 
6 Hausberg Darmstadt V. A. — Kofler-Darmstadt 
bei Butzbach L. M. (+) 
7 Budenheim?), Mainz Br. symme- Hügelgrab Lindenschmit, 
Kr. Mainz trisch, mit A lII. IX. 1,1 


Masken. B mit 
kreisf. Ver- 
tiefungen (fiir | 


eine Einlage) | 


8 Mainz Ebendort Br. Bruchst. | = Lindenschmit 
(Umgegend) wohl V. A. (Sohn)-Mainz 

9 Monsheim?), Worms Br. S 2 (obere | — Köhl-Worms 
Kr. Worms Sehne aus | 


kleinen Spiral- 
windungen), B 
halbrund ge- | 
bogen, F Men-! 
schenkopf mit | 


kannt (Baden?) 


Koralleneinlage : 
10) Fundort unbe- ' Darmstadt V. A. | = Kofler 
kannt (Rein- L. M. 
hessen?) | | 
11 Fundort unbe- | Karlsruhe V. A. | — Wagner-Karlsruhe 
! 
| 


Begleitende Funde. 1) Weisskirchen a. d. Saar: Br. Kanne. — 2) Budenheim: 
S. A 31 9 31. — 3) Monsheim: Br. Ring mit kolbigen Anschwellungen. S. A 5 
\ Di — 4) Criesbach: S. + 18 A 130. 


— Nee, eme = ~- S- G 


—— — Ve ee e — - 


m "ageseent, Sn - 


13 


14 


16 


1% 


18 


Fundort. 


Crieshach‘), 
O.-A. Künzelsau 


Riekefen, B.-A. 
Regensburg 


Umgevend von 
Parsberg (Ober- 
pfalz) 


Emhof'), B.-A. 
Burglengenfeld 


Niederschén- 
hausen?), Kr. 
Niederbarnim 


Jungfernteinitz, 
Nordbéhmen 


| 
| 
Kyschitz | 
bei Pilsen | 


Cheinow bei 
Smichow-Prax | 


Hallein 


1) Emhof: S. + 105. — 2) Niederschönhausen: 
S. 104 (dort in Latene I = Reinecke B gesetzt). 
Zeitschrift für Ethnologie. 


Stuttgart | Br. S. 2. 4, B am ! Flachgräber 


Regensburg. 


Nürnberg 
G. M. 


EES Br. S 2, 


Berlin 
V.K. 


Laun 


Pilsen 


Prag 


Salzburg 


Latenefibeln. . 


Variante. Zur Fund- 


Genauere An- | geschichte 


gaben 


i Kopf Gesicht, 
'F Gesicht und 
| Voluten | 
| 
| | 
Br. B A 2 | Hiigelgrab 
| gemustert 
i F Maske ' 
| | 
l | 
| | 
‚Br B einfacher angeblich 
als der Typ. | Skelettgrab 
Bügelkopf zwei | 
einander zuge- ` 


' wandte Greifen | 


| 
B ge- | Gruppe von 
| schwollen, | 8—9 Hügeln 
'F menschl. Ge- 
' sicht, ber- 
| gang zuy | 
| 


Br. ' Einzelfund 
unvollständig | 
NA B mit | 
Masken, F Wid- ! 
| derkopf | 
ı Br. Typ, Bügel- | Flacherab 
' kopf, Vogel mit | (Skelett) 
| ausgebreiteten | 
| Flügeln, S ein-; 
| seitig 
Br. V. A. Hiigelerab 
| 
| 
| 
Br. B ge- Hügelgrab 


schweift, am 
Riivelkopfu.am 
| Fuss Tierkopf 
m. lang. Ohren 


am Diirn- 
berge 


Br. Übergang 
| zu +, am Bügel- 
| kopf tierkopf- 
| älınl. Maske 
| mit Voluten- 
ohren, F schwa- 
| nenkopfförmig 
m. Volutenauve 


| 


Jahrg. 1911. Heft 5. 


697 


Nachweis 
Literatur 


Schliz, Fundber. 
X 1902 8.17, Abb.6 


Steinmetz-Regens- 
burg 
Reinecke in Main- 
zer Festschrift 
Tf. VI 2 u. Linden- 
schmit V, 320. — 


Naue, Prih. Bl. 
XIV, 8. 1. 
Reinecke in Lin- 
denschmit A V, 
900 u. S. 283 


Steinmetz. 
Verh. d.h. V. f. 
Regensburg und 

Oberpfalz 1888, 
S. 344 


Lindenschmit, 
A IIL IX, 1, 5 


Pit, S. 22, 
Reinecke, Fest- 
schrift S. 73 
Oben Abt. 1 


Pit, S. 50, 
Reinecke, Fest- 
schrift S. 73 
Oben Abh 2 


Reinecke, Fest- 
schrift S. 73 


Much, Atlas 
S. 205,9 


S. dazu Reinecke, Festschrift 


I5 


698 R. Beltz: 


i B. Vogelkopffibeln +. 
Fundort ig | Variante. | Zur Fund- Nachweis. — 
undor : BAMMIUNE | Genauere An- ; . 
| gaben geschichte Literatur 


en 


| 
| 
1 Gonderse | Wiesbaden | 


Br. BAl — Ritterling- 
hausen, ' F A 3.5(Über- Frankfurt 
Kr. St. Goar | | gang zu A) 
| ' | 
2 Mörschbach, | Bonn | Br. ' Hiigelgrab | Krüger, Bericht 
Kr. Simmern über die Fort- 
| schritte der 
N | röm.-germ. 
a | Forschung 1908 
S S. 14 
A | | | 
31.8 Krenznach | Mainz | Br. V. B. Grab Lindenschmit. 
E | | | Oben Abh. 11 
| | 
4 Urexweiler?), | St. Wendel Br. BA1 i Hiigelgrab Lindenschmit. 
Kr. St. Wendel) mit geperlten A, HI IX 1. 9 
Spitzovalen | 
| PA? | 
| Auge vertieft 
(f. Einlage) 
5 Hirstein?) |. a Br. V.C S2 Hügelgräber Baldes, 
Birkenfeld | B unverziert, , der älteren Gymnasial- 
F klein ! Laténezeit Programm 
(Übergang . und Flach- | Birkenfeld 1905 
zu N) | gräber der S. 39 
jüngeren 
| neben- 
: einander 
| 
6 Oberlahn- Wiesbaden |Br.B halbrund, | Wohnstätte Ritterling 
atein, unverziert | 
Kr. Rheingau FAS 
(Obergangs- 
| form) | 
7 Weissentnrm®) Wiesbaden | Br. B. In der | Hiigelgrab Ritterling. 
bei Rüdes- (Gips- Mitte und am Nassauische 
g heim, abguss, | Biigelkopfe Annalen VII 
S| Kr. Rheingau. Original: Maske FA3 | Taf. IV, 12 
3 verloren) ! Lindenschmit, A., 
E | Il. IV. 2.3 
wr 
81°.) Wiesbaden‘) Berlin BrVe | ams J. Schlemm- 
S lO VK. (Auge ver- | Berlin ` 
= | künımert) | 
9 E Altkönig’,, Wiesbaden Br. Am Bügel- | Ringwall Ritterling. 
= 'kopf Fischkopf Lindenschmit, A. 
| | FAS mit IV. 14, 1 
| ‚ zwei seitlichen l 
 fitigelartigen, 
i kleinen drei- 
| eckigen 
Vertiefungen 
für Email | 
Begleitende Funde. 1) Urexweiler: Mit einer seltsamen Tierfibel (Linden- 
schmit A, UL IX, 1, 8). — 2) Hirstein: Hügel Il: E. Schwert, Lanzenspitzen. 
Messer — Tongefässe im Frühlatenetyp. — 3) Weissenturm: E. Schwert, Messer. — 


4) Wiesbaden: > 14. 18. — 5) Altkönig: 7 23. 


— 


Latenefibeln. 699 


Variante. 


Lfd. ee e SN | Zur Fund- Nachweis. — 
undor ammlu z 
$ | er An geschichte Literatur 
10 Gegend von Mainz | Br. BA2 — Lindenschmit, A., 
Mainz | (Tierkopf auf II. IV. 2, 10 
| dem Scheitel) 
FAl 
| 
11 Schwabsburg, | Ebendort | Br. V. B Grab Lindenschmit, A., 
Kr. Oppen- | (mit Einlage; I. 1V, 3, 1 und 2 
heim | Koralle?) So So A 
g | schrift f. nol, 
A | 1888, Verhandl. 
E | S. 140, 
= 
as Ebendort D Ebendort | Br. B hoch- Skelettgrab Westdeutsche 
12 |2 | | gewölbt, F Zeitschrift XXIII 
runder Vogel- S. 362 
| kopf (Über- 
' gang zu ô) | 
| ! 
Hahnheim?), | Ebendort Br. V.C | Grab Lindenschmit 
13 Kr. Oppen- | i | 
heim | | 
Dalheim?) | Worms Br. BAl | — Kohl 
14 Kr. Worms | FA2 | 
Gegend von | Karlsruhe , Br. BA2 | — Wagner 
15 Speyer, ER 
Pfalz (Bayern) | 
e need or- | 
' tretenden | 
| Augen) | 
Sinsheim‘) | Ebendort | Br. BA4 | 14 Hügel | Wilhelmi, Toten- 
16 F Al (mit | mit 1-13 hügel von Sins- 
| | Bügel ver- Skelett- heim 1830, Taf. 3, 
| | bunden‘) |gräbern ohne 28 8.119 
5 | | | Steinschutz | Wagner, Fund- 
= | | stätten u. Funde 
E | | II S. 353 
17 Hiigelsheim®), Ebendort ‚Br.S1, B flach, Hiigelgrab | Wagner, Hügel- 
A. Rastatt | F kleiner Kopf, | gräber und 
| | (Übergang | Urnentelder in 
zu A) Baden S. 32 
| | | Taf V7 
| | | 
18 | | Criesbach‘), | Stuttgart | Br. S24B | Flachgrab Schliz, 
= O-A. mit abstehen- Fundberichte 
= Künzelsau ; den Lappen, aus Schwaben 
= | FAD X, S. 17 Fig. 2 
= 7 | 


Begleitende Funde. 1) Schwabsburg: Br. reicher Zierbeschlax auf Eisen- 
platte (mit Gold- und Bernsteinbelag’. S @ 46. — 2) Hahnheim: A 38, V 69. — 
3) Dalheim: Br. Ringve. — 4) Sinsheim: S A 92. — Grab XI. 11. Nahe einem br. 
Halsring. Glasperlen, Eberzahn — 5) Hügelsheim: Br. schön verziertes wulstiges 
Armband mit Endstollen: Ring mit 6 stehenden Ösen. (tagat- und Lignitring, 
2 Bärenzähne. (Neben dem 2. Skelett in dem Grabhiigel: E Schwertklinge, Fibeln.) 
6) Criesbach: S. @ 12 A 150. 


45* 


700 R. Beltz: 


E e l Variante. Zur Fund- Nachweis. — 
ungen amminns Genauere An- geschichte Literatur 
gaben 
19 Stammheim '), ? Ä 2 Hügelgrab | Schliz. Fundber. 
O.-A. Ludwigs- | | X, 1902, S. 16 
burg | | | 
| 
20 Darmsheim°), | Stuttgart | S. A 153  Hügelgrab [Derselbe, Fundber 
O.-A. Böb- | X, 1902 S. 15 
lingen | | 
| 
21 Heidenheim, ` Heiden- . Br. Einzelfund Hertlein, 
O.-A. Heiden-: heim D kahnförmig, Altert. d. O.-A. 
a heim ! 'F mit langem | Heidenheim 
5 | Schnabel, “mit 
= | . dem Bügel 
= durch einen 
= | Steg ver- ` 
3 bunden. | 
> IE | | Sonderform | 
= Dottingen?), | Stuttgart | Hallstattfibel Hügelgrab | Schlitz, Fundber. 
O.-A. Mün- | X, 1902 S. 15 
singen | 
93 | 
8 Gerhausen‘), | Ebendort |B GE BA La Flachgrab Derselbe. 
O.-A. Blau- ‘ F A2 (mit B in einer Gössler, Alter- 
beuren | | Se bunden) Wallanlage | tümer des Ober- 
| anıts Blaubeuren, 
S. 31 
Mörsingen’), | Ebendort | Br. B flacher | Hügelgrab | Derselbe, Fund- 
24 O.-A, Ried- | Vogelkopf mit berichte VI 8.3, 
lingen | gedffnetem A S.18 
Schnabel 
A Figchen ô), ! ? Br. V.C | — Beiträge zur 
2| | B-A. Weil- | Anthrop. u. Urg. 
heim, | | Bayerns X, S. 156 
Grafrath’‘, | München : Br S 2. 4 B | Hügelgräber,| Naue, Präh, Bl. 
og | a| B-A. Bruck, , SS. | AIFA2 Bestattung | VIII, Taf. IN. 2 
= | | (mit Bügel unsicher, Reinecke in 
> | verbunden) | wohl Be- Lindenschmit, A., 
= | ı erdigung V, 822 
3 Ebendort’) | Ebendort Br.S 2.4 | Desvl. Naue, 
op |” | B buckelig, ` Präh. Bl. VIII, 
= | hohl, FA ` Taf, IN, 3 
| | 1.6 | 
Ebendort’) | Ebendort Br. B A 1, Desgl. Naue, 
on FAO Präh. Bl. VHI, 
= | Taf. IX,4 — Rei- 
necke in Linden- 
schmit. A., V. 323 
' | 
Begleitende Funde. 1) Stammheim: Br. 2 Halsringe, 4 Armringe. — >? 
Darmsheim: (Berichtigung während des Druckes‘, — 3) Dottingen: Berichtizune 
während des Druckes). — 4) Gerhausen: Br. 7 glatte Armreifen, Hohlarmring, — 
5) Mörsingen: Br. Paukenfibel, Gürtel, Armrinee. — Schleifstein: verzierter Wirtel, 


— 6) Fischen: S. Nachtrag. — 7) Grafrath: Späthallstattinventar (Certosafibeln 
usw.) Gr. l. 


Al 


40 


41 


— oo 


Ss. A 
4) Beilngries: Gr. 11. 
5) Staufersbuch: 


| 
Fundort | 
ee oe ` 
EE | 
Landshut,!) Landshut 
Herttersche | 
Ziegelei, 
Niederbayern | 
Regenstauf, | Ebendort 
B.-A. Stadt | 
amhof | 
Ebendort | Ebendort 
Steinweg, | Regens- 
B.-A. Stadt- burg 
amhof 
| 
Susberg?) bei | München 
Regenstauf, | St. S. 
B-A. Stadt- | 
amhof | 
Beilngries’), Ebendort 
B.-A. Beiln- 
gries | 
E E ER 
z| Ebendort*) Ebendort 
& |Staufersbuch:),| Ebendort 
E B-A. Beiln- | 
= gries 
E Ebendort®) Ebendort 
= | 
Altenvelburg‘ ds, Regens- 
B.-A. Parsberg | burg 
Hr, Bissen- Berlin 
dorf’), | V.K. 
B.-A. Parsberg 
Beratz- | Niirnberg 
hausen’), G. M. 
DA Parsberg | 
| 
| 
| 
Ebendort”) | Ebendort 
l 
| 
Begleitende Funde. 
199. — 5) Beilngries: 


Ringe; 


Knotenrine: 


Gr. TY, 9. E. 


9) Beratzhausen: S. 4 208. 


Vel. A 201. 
Tonschale mit Brandknochen, Bronzeschlacke, 

A 202. — 6) Staufersbuch: 
E. Ring. — Kl. graphitierte Schale. — 7) Altenvelburg: Br. A 207; 
mit leicht gekerbten 


Messer. 


2 offene Ringe 
strichelter und glatter Ring. — 8) Gr.-Bissendorf: Br. kl. 


Laténefibeln. 


Variante. 


Sammlung | Genauere An- 


gaben: 


Zur Fund- 
geschichte 


701 


Nachweis, — 
Literatur 


. | 


| | 


Br.S1FA2.5 
E zu 


Br. S N d 5 
Br. 


Br. S1,B hoch- 
gew ölbt F A 5 
(Übergang 
zu A) 


Br.S 1 BA1 
jmitVolutenver- 
| zierung, FA2 
| (mit Bügel 

verbunden) 


| Br. V.B. | 
| Br. B mit 
| 

| 


Querbändern. 
FA" 


Br. B ge- 
allen FAS 


Br. Tierkopf 
mit Bügel ver- 
bunden 


Jaras 
| 
| 


Br. B. tor- 
quiert, 
F kleiner ge- 
kerbter Kopf 
mit rüsselför- 
mig. Be 


Br. S1BAB 


F Übergang | 
zu A | 


Gr. 


Wohnstätte 


Desgl. 


Desgl. 


Hiigelgrab 
mit. zwei 
Skeletten 


Skelett- 
Flach SEH 


Desgl. 


Hiigelgrab 


Hügel mit 
3 Skeletten 


Hiigelgrab 


Desgl. 


1. Br. 


Enden, 
Ring, Knotenarmring, — 


Krüger, Bericht 
iiber die Fort- 
schritte der röm.- 
germ. Forschun- 
gen 1908 8.15 


Birkner-Miinchen 


Derselbe 


Kriiger, Bericht 
über d.röm.-germ. 
Forsch. 1908 8.16 


Birkner 


Derselbe 


Derselbe 


Naue, Präh. Bl. 
XIV, Taf. VI, 10 


Priäh. Bl. 
Taf. VI, 13 


Naue, 
XLV, 


Steinmetz- 


J. Schlemm. 
Weber, Korr.-Bl. 
1902 8.53 


Beltz 


Derselbe 


1) Landshut: E Messer. — Wandbewurf. — 2) Susberg: 
Certosafibel, 


Nadel. — 
Eisenstift. — 

Gr. III, 2. 
2 geschlossene 
kleiner ge- 


102 R. Beltz: 
Vi d t i 
Lfd nia e , arante. | Zur Fund- Nachweis. — 
“undort : ung | (ten: sl ; 
Nr eee ee ms an ' geschichte Literatur 
gaben 
42 Beratz- Nürnberg Br. Einseitige = 40 Beltz 
hausen’), G. M. ‚Spirale. F zu- 
' rückgebogener 
i Vogelkopf, 
stark entstellt. 
Übergang zu A | 
43 Darshofen’), Privat- | Br. 84, BA2| Nachbestat- | Scheideinantel. 
DA. Parsberg! besitz geschwungen, | tung i. einem | Hügelgräberfunde 
F A 2 (mit bronzezeitl. | bei Parsberg I, 
' grossen Augen); Hügclgrabe Taf. VI. >. 
| Oben Abh. 4 
4 Ebendort Desg] | Br. BAI | Desgl. Derselhe. 
| FA1 (mit B Taf. VI, 6 
verbunden) 
45 Ebendort Desgl. Br. V. C (Spi- Desgl. Derselbe, Hügel- 
rale kleiner) gräber bei Pars- 
DK BA 7 berg II, Taf. I. 15 
46 Degerndorf®), | Regens- 'Br.S2.4, B ge-; Hügelgrab | Steinmetz. Verh. 
B.-A. Parsberg burg  ıschwollen mit d. H. V. d Ober- 
2 Kugeln | pfalz 18855, 42, 
m S 344 
E | | 
41» Ebendort Ebendort | Br S24, Bee: Desel. Ebendort 
d | schwollen, 
= l FA l1 
48 = Dettenhofen, Privat- ;Br.BA4,FA1, Einzelfund Scheidemantel, 
aj B.-A. Parsberg besitz | (mit 3 Würfel- | Hügelgräber II, 
Ss | augen), Tat. I. 10. 
= (Bruchstück) ` 
49 Dürn*), München ‘Br. S4, BAl, Hügelgrab Naue, Präh. Bl. 
B.-A. Parsberg St. S ‘FA1 (grosses XIV, Taf. VI. 11 
| Auge) 
50 Eselsdorf®), Regens- (Br.S 4, B flach Desgl. Scheidemantel. 
B.-A. Parsberg burg |;  gewölbt, Hügelgräber Il, 
| FA 2.5 Taf. 4, 15 
ol Gasselshof, Ebendort | Br. B I 4(hoch) Desgl. Derselhe, 
B.-A. Parsberg F A 2 Taf. A 10 
52 Se Br. Bflachge-, Desgl. Derselbe, 
Ebe ndort Ebendort l wölbt it Taf. A, ll 
kleinem Quer- 
wult FA 5 | 
(Cbergang zu A) 
RM Hardt‘), B.-A. Berlin Br. BA4 | == J. Schlemm 
Parsberg V.K. |€ (leicht ge- | 
'knickt) FA 3 
A Ebendort | Ebendort | Br. S4 FA? = Dieselbe 
| istark ver- 
kiimmert) 
D 
Begleitende Funde. 1) Beratzhausen: S. A 208. — 2) Darshofen: S. . am, 
— 3) Degerndorf: Br.: Knotenring. E: gekrümmtes Messer. S. A 210. — 4) Dürn: 
Br.: geknickte Späthallstattfibel A 211. — 5) Eselsdorf: Br.: kleine Rinve. Perle. 
E: Nagel. — 6) Hardt: S. A 221. 


Latenefibeln. 103 
L Var | 
Lfd. : : | Variante. | Zur Fund- Nachweis. — 
; Fundort | Sammlung | Genauere An- | i 
Nr. | saben ı geschichte Literatur 
_ —_= einen er oO > = = = —— eege? 
55 Hatzenhof’), Berlin | Br RB hoch- | Aus mehre- | J. Schlemm. 
bis B.-A. Parsberg V. K. ;|gewölbt FAB | ren A Weber, Korr -Bl. 
Kn i ein Exemplar | griibern (z ‘1 1902, S. 53 
| uny ollständig) Nachbe- 
| Übergang | stattungen) 
| zu A 
97 Ebendort Ebendort i Br S4 BA1 | Desel. J. Schlemm 
| FAI i 
58 Ebendort Ebendort | Br. BA? | Desgl Dieselbe 
FA3 | 
D9 Ebendort Ebendort | Br. B A 4 | Deal Dieselbe 
bis ls | (am Kopf) | 
60 | FA2 
61 Hemau, B.-A. Eebendort Br. klein, auf | — Dieselbe 
Parsberg | dem Scheitel | 
des Biigels 
| ovale Platte; 
| oo 
62 Ebendort Ebendort | klein, — Dieselbe 
bis |m ‚BA = (kleiner) 
61] £ | FAS 
& D 
65 | =] Hohenberg’), Ebendort , Br. V.C. | — Dieselbe 
| B.-A. Parsberg | | 
66 ]8) Mausheim’), Miinchen Br. BAl | Hiigelgrab Naue, Präh, Bl. 
5 B.-A. Parsberg St. S. FA AA XIV, Taf. VII, 13 
67 | 2] Ebendort®) Ebendort | Br. B stärker | Desgl. Naue, Dräi, Bl, 
= gekrümmt XIV, VJ, 14 
== E A 
68 Kl. Mitters- Berlin | Br. Am Biigel-| 2 Hügel- J. Schlemm, 
dorf*), B.-A. V. K. kopf ab- gräber mit | Weber, Korr.-Bl. 
Parsberg | geschniirter 3 Skeletten 1992 S. 93 
| Knopf F A3 | 
G9 Muttenhofen’),, München Br. B A 1 Hügel mit | Naue, N. d. A, 
B.-A. Parsberg St. S. r Al 4 Bestattun- 1804 S. 00, Präh. 
gen, diese BL XIV, 
| die oberste Taf. VI, 12 
«OÖ Unter-Oeden- Berlin Br. 8S 4B A 2 Aus 3 Hiigel-] J. Schlemm, 
hart zi, B.-A. V. K. | FA 1 | gräbern mit | Weber, Korr.-Bl. 
Parsberg | Skeletten 1902 S. 65 
l (z. T. Nach- 
| bestattuny) 
71 Ebendort `, Ebendort | Br.BA2 — J. Schlemm 
bis | FA A 
12 
19 Ehendort Ebendort | Br. B AS — Dieselbe 
bis | FAS 
14 


Berleitende Funde. 
S. A 222. 


2) Hohenberg: 


3) Mausheim: 
Br. Giirtelhaken mit Maske, Certosafibel, 2 


1) Hatzenhof: Spiithallstatt- und Frühlateneinventar. — 
Mit A 227. — 4) Kl. Mittersdorf: 
Pferdchenfibeln, 5 Knöpfe. 3 Hohlringe. 


(ir. 1. 


S. auch A 220, — 5) Muttenhofen: In den unteren Bestattungen Hallstatt-Kahnfibel, 
br. trefüss. — 6) Unter-Oedenhart: Reiches Inventar. 


Sammlung 


Unter-Oeden- Berlin 
hart, B.-A. V.K. 
Parsberg | 
ee: | Ebendort 
B.-A. seen 
Parsberg ') | Privat- 
(Steinmühle) | besitz 
Ebendort Desgl. 
| 
Ebendort Desgl. 
i 
82 > Ebendort | Desgl. 
= ! 
N | 
EI | 
u i 
Fs i 
S 
S | 
83 Ebendort | Desgl. 
84 Parsberg?) Desgl 
(Hammer- 
mtihlbery) 
85 Parsberg oe 
86 Pöfersdorf°), | Gegen 
B.-A. Parsberg | burg 


| | 


Begleitende Funde. 
hr. Ringe. 
Armıringe. 


(sefässscherben. 
D blaue Glasperlen. 


2 
2 


1) Parsberg: 


R. Beltz: 


Variante. Zur Band: 


(Genauere An- geschichte 


gaben 


! 


Br. F A 3 _ 


Br. FA4 | 
(Übergang zu | 
V. C) 


Br. B A 2 ge- 
schwollen 
FAI | 


Hügelgräber 


|Br S4BA2| 
(am Kopf mit 
Lappen- | 
verzierung, ' 
Rudiment von. 
'®) FA3 (mit: 
Augen) 


Br. B geknickt | 
FA3 
(rudimentär) | 


Desel. 


1 


Desgl. 


| Br. BAL (ge 
| schwollen) am | 
Kopf 3 Augen | 


Desgl. 


| und Schräg- | 

' streifen F AO 

K (m. 3 Augen), | 

Korallen- | 

| einlare in den 
Augen 


| Br. B Sonder- | 
form. V B? 
S4. ArmbrustB.: 
Am Kopf her 
vortretender 
Vogelkopt, am 
Fuss degene- | 
rierter Doppel- 
| kopf, mit 
' Knopfaugen | 
B.BRA2.4 
FA 5 
Bruchstück | 


Ä 
| 
| Br. F ! 


Desgl. 


Hürelrral 
5 Skelette 


Br. S2 BA 1 
veschwollen, 
am Kopfende 
maskenartige 
Verzieruny 


Hiigelgrab 


(et, 1. Certosafibel. 
2) Parsberg: 
3) Pöfersdorf: 


Is 
qe 
de 


im. Skeletten. 


Gr. 2 Kindergrab. 
Hiebmesser, 


Nachweis. — 
Literatur 


J. Schlemm 


Dieselbe 


Scheidemantel. 
Hügelgräber von 
Parsberg 
IL Tat. IV, 5 


Derselbe, 
II, Taf. IV, 4 
Oben Abb. 8 


Derselbe, 
II, Taf. IV, 2 


w 


Derselbe, 
II, Taf. IV, 


Derselbe, 


Il, Taf. IV, > 


Derselbe, 
I, Taf. V 


J. Schlenimı 


Steinmetz, Ver- 

handl. d. H. V. 

d. Oberpfalz 43 

S. 270 Reinecke 

in Lindenschmit. 
A. V. 321 


A 253. Eisenstiick. 
Br. Halsrinv. 


2 kl. Messer. 


Latenefibeln. 


Variante. 


705 


Lfd. RE OR e N Zur Fund- Nachweis — 
undor ammlun - 
Nr. ung | Genauere An geschichte Literatur 


| 
| 
| 
| 
| 


gaben 


87 Péfersdorf’), Regens- Br. V. C Hügelgräber, Steinmetz 
B -A. Parsberg burg F Al (mit B | z. T. Nach- : 
| | verbunden) | bestattungen 
SS Ebendort?) Br. B flach- Desgl. J. Schlemm. 
| gewölbt, mit Weber, Korr.-Bl. 
Kopfscheibe, 1902 S. 65 
| FA 3 
90 Ronsolden?), Regens- | Br. V. C Hiigelgrab Steinmetz. 
bis B.-A. Parsberg Ä burg | Scheidemantel, 
91 | Hügelgräber 
| | I, 6. JI, 6 
92 Ebendort Ebendort Br. S 2. 3 Desgl. Steinmetz, Ver- 
x RAI handl. d. H. V. 
EA? Oberpfalz 43 
| S. 279 
93 Schwarzen, Berlin | Br. V.C Desgl. J. Schlemm 
<T] thonhausen t) V. K. (Sehne 
E B.-A. Paraberg i kleiner). Über- 
= , gang zu A 
94 |X) Ebendort | Ebendort |Br. S4B A2|  Desgl. Dieselbe 
& F A 2. 4 
95 1S Ebendort Ebendort Br. B A 4 Desgl. Dieselbe 
= FA2 j 
96 Pelchenhofen, | München : Br. S 4, B mit | Desel. Lindenschmit, A., 
A. Neu- | N.M.  Voluten und HI. IX. 1, 7 
markt Querkerben | 
FA?2 
97 Pfefferts- Regens- | Br. F A 1 | Hiigelgriiber Steinmetz 
bis hofen®), B.-A. burg J (z.T.in Bruch- ` Verh H. V. 14 
191 Neumarkt | stiicken) e S. 312, 
| | 21, S. 561, 23, S. 480 
102 Ebendort Berlin | Br S23 | _ J. Schlemm 
VK B 2 
103 Dietldorf, | Ebendort Br. 8 1, B4 — Dieselbe 
bis B.-A. Burg- | F 3*) 
104 lengenfeld | 
105 Emhof®), B.-A.| Regens- ' Br. F weniger ` Hügelgräber Steinmetz 
bis Burglengen- burg ' eingeschnürt 
107 feld 


Begleitende Funde. 


1) Pöfersdorf: S. + 
Reicher Inhalt, auch Späthallstatt. 


86. — 2) Pöfersdorf: 


N. A 234. 


— 3) Ronsolden: Br. Halsring, 2 dünne Nadeln 


mit Ösenkopf, Nadel m. Spiralkopf, 2 Spiralfingerringe, mehrere Ringe, Spiralfinger- 
ringe. — 4) Schwarzenthonhausen: 8. 4 236. — 5) Pfeffertshofen: Br.: 4 Knotenringe; 
4 glatte Ringe. E: 3 Hiebmesser; 4 Ringe; Schnalle; Haken; Beschläge; Fibel- 
bruchstücke; von Knochen: 1 flaches Ringlein; in Thon: 1 gelbe Perle mit 4x2 Blau- 
augen. — 6) Emhof: Gr. 1@ 15; 3 Paukenfibeln; Certosafibel; Kahnfibel; viele 
Knöpfe und Reste eines Grehänges von kleinen Ringen und Tropfen; 3 Hohl- 
armringe. 
*) Die beiden Stücke durch eine Kette verbunden. 


| | 
Lfd. SE e i | Variante. | Jur Fund- | Nachweis. — 
undor Sammlung | ` ` 
Nr. j | Genauere An- geschichte Literatur 
gaben 

== | = 

108 Matshausen!,,: Berlin , Br. BA1 "Aus A Hügel- J. Schleninı. 
B.-A. Burg- V. K. FA? 3 | gräbern mit | Weber, Korr.-Bl. 
lengenfeld ` | Skeletten 1902 S. 65 
109 Ebendort Ebendort Rr. B A 4 nur Desgl. J. Schlemm 
his ' am Kopfe, 
110 Übergang 
ma VC | 
FAB3 
111 Ebendort Ebendort Br. V. B i Desel. Dieselbe 
FAl | 
112 Schmidt- ` Ebendort | Br. BA5 | Aus3 Grab- Dieselbe. 
mühlen®), B.-A. | FAB hiigeln Weber. Korr.-Bl. 
Burelengen- (Nach- 1902 S. 55 
feld bestattung) 
113 Ebendort ` — — Br. F A 3 — Dieselbe 
his 
114 | 

A | | 
115 | 5 Amberg’) München Pr. B ge- ' 19 Grab- Katalog d. Bayr. 

Sg N.M. schwollen `, hiigel im N. M. IV. 

A A AA" Walde Taf. X. 11 

= | Wegrain 

= | | Skelette in 

S i | Stein- 

z | ! packung 

= | , 

116 |” Ebendort | Ebendort ' Br. B mit 2 | Desel. Ebendort. 
Einschnürun- | Taf. XII, 4 
| gen, F Cher- ! 
| gang zu A Typ 
117 Zwischen München | Br. S 4, B ge- Hiigelyrab Birkner 
Amberg und ' st. S. | schwollen, mit 7 
Haselmühle ‚FA 2 (Augen Skeletten 
| | auf Stielen) 
118 Frieberts- | Berlin Br. Si FA ;| — J. Sehlemm 
heim, B.-A. V.K. | 
Amberg 
119 Zwischen München Br. BAl ` Hiiveleriihber Birkner. 
Högen und St. S. : FAIL (mit | ‚ Reinecke in 
Haunritz*) | Bügel ver- Lindenschmit. A. 
B.-A. Sulzbach ` bunden) V, 324 
120 Dollmanns- Ebendort | Br. S 4 (auch  Hügelgrab Birkner 
berg’. B.-A. ' Knopf als 
Sulzbach ' Verlängerung 
| des Biigels!) 
| BAIFA? 

Begleitende Funde, 1) Matzhausen: S A 240. Reiche Ausstattung, auch 
Späthallstattfibel. Tonflasche (Lindenschmit, A. V, S. 282) — 2) Schmidt- 
mühlen: Bronzezeitl. und hallstättische Gegenstände. — 3) Amberg: Inventar nicht 
gesondert: ältere Bronzezeit (überwiegend', jüngere Hallstattzeit. — 4) Zwischen 


R. Beltz: 


Högen und Haunritz: S. A 215 V 183. Aus derselben Gruppe Br Ee USW, 


Fibelin Certosaart a a. O, 


2, 


E Frühlateneschwert. — 5) Dollmannsberg: S 


ee 5 


Latenefibeln. 


107 


er 
Lfd. | ; Variante. | Zur Fund- | Nachweis, — 
Fundort Sammlung © Genauere An- ` 
Nr. | N | geschichte Literatur 
gaben a 
und | EH 
121 Dollmanns- Miinchen | Br.S 2.4 Ä Hügelgrab Birkner 
berg, R.-A. St. 5 HA 
Sulzbach F runder Kopf 
| (mit Bügel | 
= verbunden) 
5 | | | 
122 | > Ebendort ' Ebendort : Br. V. C | Desgl. Derselbe 
SE | | 
125 |s Peutenthal!),,. Nürnberg Br. BA 11 | Desel, Lindenschmit, A, 
51 B.-A. Sulzbach G. M.  Fmit grossem | IL. IX 1, 10 
= i | Auge | 
= | | 
124 |5 Schwenderöd?), München | ES ARA 1 Hiigelgrab Reinecke in 
B.-A. Sulzbach. St. S. (lang), F lang- mit Lindenschmit, A., 
| gestreckt, Skeletten V, 326 
' (devenerierter | 
Vogelkopf?) | 
125 Eichstätter München BF AB | — Katalog d. Bayr. 
bis Waldungen N.M. Bruchst. N. M IV 8.79 
126 
127 Ebendort Ebendort | Rr. FA 1 (mit — Ebendort 
Würfelaugen) 
Bruchst. 
128 Badanhausen?),| Regens- Br. FA2 Hiivelgrab, | Steinmetz, Verhdl. 
B.-A Eichstätt burg mehrere Be- Id. h. V. d. Ober- 
"ei | stattungen pfalz III 486 
129 | 2] Schemfeld, Ansbach ;Br.BALFA3| Hiügelerab | Preger-München. 
Z|B.-A. Eichstätt | (mit Bügel ver- 11. Jahresber. des 
= bunden) hist Vereins fiir 
a ' Bruchst. Mittelfranken 
= | | AXXAVIIL, 10 
130 | $| Weissenburg Mainz !Br.Ss$+BA1.2, Hügelerab Lindenschmit 
= am Sand | FAI 
131 = Elpersdorf, | Ansbach | Rr. S2 BA 1 Desel. Preger. Beitriige 
ep | B-A. Ansbach | " A 3 (mit zur Anthropologie 
grossem Auge) | Urg. Bay erns 
| XII, 1808 Heft 3/4 
132* Ä 
133 Engelthal | Niirnberg Br. V. C Auf dem Wunder, Abh. d. 
bis B.-A. Hersbruck N. G. Mühlen- N. G. in Nürnberg, 
1354 erund NV, Tat. 7. 4 
135 Bockerslohe*) | Ebendort | Br. Hliigelgrab f| v. Forster, Siiku- 


Begleitende Funde. 
(s. Lindenschmit, A. V. N. 
Messerreste. — 3) Badanhausen: Br. 
kleines Giirtelblech, 


B. A. Hersbruck 


Hohlohrringe. 


1) Peutenthal: 
282). — 2) Schwenderdd: 


kugeliger Vo- 
velkof mit auf- 
recht gebogen, 
Schnabel, mit 
B verbunden 


Br. 


Arnıring. 


zwei gerippte Hohlringe, 
Zwei Bernsteinperlen, 


mit Skelett 


elne 


larschr. 1901, 
Taf. 18, 1 


— Vrehscheibengefüss 
Br. Halsring. 
erosse Paukenfibel, 


E. Hiebmesser, 


durchbohrt. 


4) Beckerslohe: Grabhigel 9 A 256. Späthallstattinventar: Schwerter, Fibeln, Schmuck- 
ringe, Tongefäss, 3 Schwanenhalsnadeln. 
*) fällt aus (Berichtigung während des Druckes). 


708 R. Beltz: 


Lfd. Fundort s , Variante. Zur Fund- Nachweis. — 
undor amnılun ` È : . 
Nr. SC epes An | geschichte Literatur 
136 |>( Kersbach, Mainz ba B A 4 mit Grab Lindenschmit 
= 1B.-A. Hersbruck Augen, F Al 
= mit Bügel 
Ñ verbunden 
137 | ¢ Ebendort Ebendort Br.S 23 ` — Lindenschmit, A. 
= ı FA3 6 IV. 14, 13 
= Oben Abb. 10 
bæ: ! 
138 |= | Thalmässing!),| Nürnberg .BAl Hii Geer Ziegler, Präh. Bl. 
bis [&] B.-A. Hilpolt- | G. M. e A l (mit | aus Steinem UL Taf III. 66 — 
139 = stein | Auge, Maske? | Skelett Reinecke in Lin- 
und langem denschmit, A., V, 
| Schnabel) 890 
140 wer Dechsen- | München |Br.BA1.8(mit‘ Hügelgrab | Birkner. — Bei- 
bis dorf?) St. S. Strichverzie- | mit zwei Be- | träge IX S. Di — 
141 B.-A. Hochstadt| | rung) FA LI" stattungen Präh. BL II S. 61 
! mit B ver- | 
bunden) 
142 Ebendort ?) Ebendort | Br. = dem vo- | Desgl. Ebendort 
rigen, aber der. 
| Kopf doppelt | 
145 Cammerlohe, | Nürnberg | Br. S 4 B ge- | — Beltz 
B.-A. Forch- G. M. schwollen 
heim FAI 
144 | | Forchheim’) | Nürnberg Br. V.C | Ringwall Rehlen-Niirnberg 
E N. G. Walberla 
145 >. Walkers- Nürnberg | Eu BA 2 | Hügelgrab | Wunder, Sükular- 
| brunn‘), B.-A. N. G. F 5 Bruch- mit schrift 1901, 
p Forchheim stück Skeletten Taf. 11, 25 
146 | 2) Ebendort*) | Ebendort | Br. S4BA5, Desgl. Wunder, Säkular- 
z | mit Halb- schrift 1901. 
£ | rundlinien, Taf. 10, 2.— Naue, 
© FAS Pr. Bl. 1902, 
= | mit Spiralen Taf. 6, 11 
= | | Oben Abb. 6 
147 Gottelhof, Berlin Br. FA3 | — J. Schlemm 
B.-A. Eber- V.K. | 
mannstadt 
148 Hochstahl, München | Br. BA1 mit | Einzelfund Birkner 
B -A. Eber- St. S. | ornamentalen 
mannstadt Linien FA 1 
(mit Rügel 
verbunden) 
149 Leldingshof®), | München Br. S 4. Hiigelerab Katalog d. Barr. 
B.-A. Eber- N.M. |BA34FA1 BBI | Nationalmuseums 
mannstadt IV, Taf. V, 6. 


; | Oben Abb. 5 


Begleitende Funde. 1) Thalmässing: Br. Bruchst. eines Ringes, Ohrrinz 
aus Blech, 3 Drahtarmringe. E Halsring mit Bronzeblech. Glas? und Bernstein- 


perlen. — Verzierte Tonschale mit seltenem Ornament (s. Lindenschmit, A, V 891} 
S. A 259. — 2) @r.-Dechsendorf: Tongefiisse. Br. lange Nadel, 2 Knotenarmringe, 
E Messer, Haken. — 4 Glasperlen, Bernsteinknopf. — 3) Forchheim: A 249a. — 


4) Walkersbrunn: Spiithallstattinventar: Messer, Ringe, Gefässe. — 5) Leidingshof: 
Br. 2 hohle Armringe, Buckelring, Hallstattarınbrustfibel A 252. E 2 „Hackmesser“, 
gerade Messer, 3 Ringe. 


Latenefibeln. 


| 
i 


| 
Variante | Zur Fund- 
Fundort | Sammlung | Genauere An- 
gaben geschichte 
| 
150 | Fränkische Nürnberg | Br. schönes | — 
Schweiz, N. G. Stück, B A 1 8' 
Streitberg mit Perlbän- i 
B-A. Eber- | dern, FA 1 mit ' 
mannstadt | grossem Auge, 
mit B ver- 
bunden | 
151 Büchenbach, Berlin Br. V.C | = 
B.-A. Pegnitz V. K. | | 
152 Ebendort Ebendort | Br. S2, BA 5: E 
FAQ | 
153 Hartenreuth, ; München Rr. V.C Hügelgrab 
B.-A. Pegnitz st. S. Bruchstück 
154 Hasslach. | Berlin Br. B A5 = 
RA. Pegnitz V.K. FA3 
155 Ebendort!) Ehbendort | Br. S84, BAT = 
bis F A 3 
| 
156 
157 Nemschen- Desgl. |Br. 34, BAl _ 
bis | _ renth *) FAl 
158 | g | B.-A. Pegnitz | 
159 | >| Pfaffenberg, Desg. | Br. BA 1 | Aus Hügel- 
ei B.-A. Pegnitz | gribern 
g i 
160 | $) Ebendort ` Desgl. Br. BA 5 — 
= | FA3 
161 |€ | Pottenstein®),,  Desgl. Br. S 2 Aus 5 Hiigel- 
S| B.-A. Pegnitz | B flach und gribern 
= | breit, F A 3 
| stark 
| entstellt 
162 Ebendort | Desgl. | Br. B flach, | Deeg), 
| ` ' dünn, geknickt! 
| EA | 
163 Ebendort | Desgl. ` Br. S 4 Desel. 
bis | Form @,B Al 
164 | | FA3(ein | 
' ' Exemplar | 
| | unvollständig) 
| 
165 Prülls- ı Desgl. | Br. S 2, 4 Aus Hügel- 
birkig‘), B.-A. | Seet |  gribern 
Pegnitz | 
166 Ebendort Desgl. | Br. V.B Ä Desgl. 
FA 2 mit | 
Ä i 3 Kugel- | 
. ' | augen | 
167 Sigmanns- | München İBr.A 1 FA 1! Hiigelgrab 
brunn, B.-A. | St. S. | (mit Bügel | 
Pegnitz verbunden) | 
| 


Begleitende Funde. 


â 245. — 4) Priillsbirkig: S. 


1) Hasslach: Br. Halsring, 
2) Nemschenreuth: S. . 244 — 3) Pottenstein: 
auch A 246. 


Ringschmuck. 


Armringe, 
Reicher Ringschmuck usw. N. 


709 


Nachweis. — 
Literatur 


Wunder, Säkular- 
schrift 1%1, 
Taf 9, Fig. 3 
Oben Abb. 3 


J, Schlemm 
Dieselbe 
Birkner 

J l Schlemm 


J. Schlemm. 
Weber, Korr.-Bl. 
1902 S. 53 


Dieselbe 


J. Schlemm. 
Weber, Korr.-Bl. 
1902 S. 66 


J. Schlemm 


J. Schlemm. 
Weber, Korr.-Bl. 
1902 S. 66 


J. Schlemm 


Dieselbe 


J. Schleinni. 
Weber, Korr.-BI. 
1902 S. 66 


J. Schlemm 
Oben Abb. 12 


Birkner 


(Hlasperle. — 
auch 


710 R. Beltz: 


Lfd. Fundort | E i | Sante | Zur Fund- Nachweis. — 
Nr. Ba | UNE | Genauere An- | geschichte l.iteratur 
| gaben 
168 I__( Stierberg, ' Berlin | Br. BAT ` _ J. Schlenim 
S| B.-A. Pegnitz V. K. EF AA 
Q 
169 | >| Görau, BA München Br. 83 2.4 | — Birkner 
ea Bayreuth St. S. BAI 
= | mit Längs- 
E | | band F A l 
= | (mit Würfel- ` 
ZS | | augen) | 
170 | =| Obere Main Mainz ;Br.S4BA2 — Lindenschmit, A 
= gegend (hohl) | I. IV. 3. 8 
ge FAI | 
171 KI. Gieich- | Meiningen Br. S 2. 4 | Wallburg | Pusch-Meiningen. 
berg!) BA1l FA 1 ‘mit Trocken-] Lindenschmit, A.. 
(Steinsburg) | mauern 1.IX. 1,6 | 
bei Römhild, ` | (Wohn- Jacob in VAPS 
Sachsen- gruben, VH. VIII 1887 
Meiningen | Gräber (vel. auch Jacob, 
wahrschein- Gleichberge, 
lich mit 2. Aufl. 1895 


hockenden | Neue Beiträre des 
| Skeletten*) | Hennebergischen 
Altertumsvereins 
| 1899 Taf. VII) 
i Goetze, Bau- und 
| Kunstdenkmaler 
| 
| 


oi Thüringens XXXI. 
E ' 1904, 5. 470 
(RE: Ebendort ` ` Desgl. Br. S224 | = Pusch 
© BAI 
= (mit seitlichen 
Z Schilden) | 
E EA? | 
113 = Ebendort `  Desgl. Br. B Al | — Derselbe 
bis æ geschwollen ; 
177 FA1 | 
118 Ebendort Desgl. = dein vorigen, — Derselbe. 
his aber der Kopf | Lindenschmit, A., 
182 | mit Augen | II. IX. 1. 4 
183 Ebendort ` Desel. Br. BA 1 | _ Pusch 
| FAl 
(Schnabel | 
profiliert, 
| ÜbergangzuA) 
154 Ebendort Desel. Br. B A | — Derselbe 
his EA" | 
155 
186 Ebendort Desgl. Br. = 173 _ Derselbe 
ek | folgende (nur | 
194 | der Bügel und . 


w } 
Fuss erhalten) ; 


| 


Begleitende Funde. 1) KI. Gleichberg: Funde verschiedener Perioden. 
Hallstatt-( „Pauken“-) Fibeln. A 266 9 187 860. (Gbergangsformen von der Paukenfibel 
zu A, wie VAIS. S. 25, 62 u. a, sind hier nicht mitgezählt.) Weitere Vogel- 
kopffibeln in Privatbesitz. — Die Wallburg etwa 400 bis Chr. G. in Gebrauch. 

*) Goetze, Vhdl. Berl. anthr. Ges. 1900 8, 416. 


d 
D 


SS vn Da 
Te = eF .. 
KaT Ta N 
7 a FEN D 
D Ea 


Latenefibeln. ‘ll 


i 
| e D i 
Lfd EnA | e i Variante. Zur Fund- Nachweis. — 
undort Sammlun r : : 
Nr g SE An | geschichte Literatur 


"= me a nr LE EE 


| | 
198 Kl. Gleich- | Meiningen Br. = 178 — Derselbe. 
bis berg folgende (nur VAPS. S. 25 


Geet, se m e 


Rerlin — J. Schlemm 


| 

| 
Ebendort |! 
V.K. 


200 (Steinsburg) ` der Bügel und Fig. 65 
bei Römhild, | Fuss erhalten) 
Sachsen- | 
Meiningen 
201 Ebendort ` Desgl. |» = 184 = Pusch 
bis | be ügel 
20: | und Fuss 
| erhalten) 
204 Ebendort ` ` Ebendort , Br. = 201 ` — Derselbe 
bis | (mit Augen) 
209 | 
206 Ebendort ` Ebendort E! — ` Derselbe 
BAI 
| (F abge- 
| | brochen) 
207 Ebendort `. Ebendort | Br. V..C ` — VAPS. S. 26 
bis | Fir. 70 
200 | | 
| | 
210 Ebendort | Coburg | Br. V.C `, = — 
211 Ebendort | Römhild | Br. V.C | — — 
bis | f 
212 | 
| 
| 


ESıBal! 
F A 2 j 
Ebendort Ebendort | Rr. S4BA 1 — Dieselbe 
FAI 
(1 Exemplar 
unvollständig) | 


Ebendort ! Ebendort Ä ES2.4BA1 0 —_ Dieselbe 
FAI 
Br. S 1.2. 4 | = Dieselbe 


Thiiringische Staaten 


Ebendort Ebendort 


Ebendort , Ebendort Br. B recht- — Dieselbe 
| eckig ge- 

knickt 4 
| | FAS 


Ebendort | Ebendort G EBA? V.C — Dieselbe 


Ebendort , Ebendort Br. S 2. 3, 4 — Dieselbe 
| |; BAILFAI 
| (kantig) 
| 


skelett- S. 26 Fig. 69 
gräber v. Uxküll, Grab- 
(hockend!) feld von Mirs- 
dort 1876 


bei Coburg | | stück S 2 4 
B rund ge- 
wölbt F A 3 
SBF ver- 
ziert mit ab- 
schliessenden 
und sich 
kreuzenden 
Perlen- 


| 
| 
| 
| 
| 
| 
. Mirsdorf (Coburg Br. Pracht- | Flach- Jacob in VAPS 
| 
| 
| 
bändern | 


712 . R. Beltz: 


Lfd. Fundort | S N Variante. Zur Fund- Nachweis. — 
“undor ammlung 
Nr ` Genauere An: geschichte Literatur 
| gaben j 
S ee SEET à EEN E E ee eee 
223 | = ( Altengönna!) | Jena | Br. FA 4 Skelettgrab Eichhorn, 
< V.-B. Apolda, : | Tafeln IV, „141. 
= Sachsen- | (Goetze in VATh 
Ün Weimar ` | S. 289 
O44 2 Fundort | Ebendort Br. BAI ` — Eichhorn-Jena 
‘=| unbekannt, | FAl 
E ‚Sachsen- (schmaler als 
= Weimar?) gewöhnlich) 
225 Ranis*), Kr. Hohen- : Br. BA 1 (1rosses Auerbach-Gera. 
bis Ziegenrück | leuben | FA3 |  Skelett- Geen in VAT. 
228 | Reichen- gräberfeld S. 386. Undset, 
fels | (zum Teil a S. 2255 
| hockend), IKropp, tee: 
| | | meist unter [Funde 1911 S. 11 
Hügeln 
220 |g Ebendort?) | Ebendort `: Br. BA3 | Desgl. Ebendort 
bis | F | FA 3 | 
230 | £ | | 
a | 
231 ` Wöhlsdorf®), | Ebendort : Br. B mit | Skelettgrab Auerbach 
|| Kr. Ziegen- _ Wulst- und 
Z riick | Strich- 
E verzierung | 
232 Möbishurg, Privat- ` Rr. V.C Wallburg Zschiesche 
L.-Kr. Erfurt , besitz | in VATh. S 251 
| | 
23 Schmiede- ; Halle Br. SA BA? — Reuss-Halle 
herg*). Kr. ` FA 1 auf dem 
Wittenberg Biivel 
aufliegend 
{ 
254 Ziesar®),  Ebendort | EV. CG ' Grabfeld Derselhe 
Kr. Jerichow I | 
| 
235 Kl. penne | Breslau , Br. SA" _ en 
nitz FAO chl. NA 
Kr. Grünliers | S. 416 Fir. "3 
Oben Abb. 9 
236 | £ Bunzlau‘) Ebendort | Frülilatene — Dee 
E ec ıl. 9 I. 
= | | 8.416 Fir. 1 
= i | 
2337|” ]| Ebendort ` ` Ebendort | Desel. = Ebendort 
SEI 
| | | 
235 Kentschkau’), Ebendort Frühlatene | Skelettgrab Sever, 
Kr. Breslau Schl. V. VI. 
. | S. 404 
| 
239 Ebendort’) | Ebendort Desgl. Desel, Ebendort 


l 
| 
D 


Bevleitende Funde. 1) Altengénna: Br. 2 Stollenringe (zusammenvehirisz 7), — 
2) Ranis: Reiches Frühlatene-Inventar, auch noch mehr Fibeln. — S. auch A 297. — 
3) Wöhlsdorf: Br. Armin, E. Schwert. — 4) Schmiedoberg: Br. (rürtelhaken. — 
5) Ziesar: S. A 519. Y 417 u.s. — D und 7) 8. unter A Nachtrag. (Berichtizung 
während des Druckes.) — Kentsehkaa: Br. Halsring, Fingerringe, Schmuckkette. — 
L Lanzenspitze usw. — ` 


Laténefibeln. ` 713 


Fundort Sanii Variante. Zur Fund- Nachweis. — 
n S 
Nr. e | re An geschichte Literatur 
240 Oberhof'), Breslau Ä Frühlatene Skelettgrab Seger, 
„| Kr. Breslau in einer Schles. V. 
© | Kiesgrube N. F. III S. 55 
3 Fig. 8 
J | 
Q 
241 a| Eb endort Ebendort Desgl. Desgl. Ebendort 
242 Goslar (?) | Hildesheim! Br. B = Hauthal- 
| | geschwollen Hildesheim 
| FA3 
La 
243 | >] Nienburg®), | Hannover Br. B A 1 angeblich | Lindenschmit, A., 
= | F A 1 (mit Hiigelgrab I. IV. 3. 9 
g | Würfelaugen) 
244 S Gegend von | Ebendort Br. F A 2 Sa Hahne-Hannover 
Lüneburg | Bügel stark 
' gewölbt, mit 
i Halbkreisen 
245 Vehlefanz’). Berlin Br. S 2.3 | = . Schlemm. Buch- 
Osthavelland V.K BAIFAL, holz, Z. f. E. 1802 
| S. (404) N. d. A. 
5 1894 S, 29 
246 E Werder‘), Rerlin Br. S2 FA 2 — Kiekebusch- 
Si Kr. Zauch- M. M. Berlin. Z. f. E. 
= Belzig XXXI 8. (144). 
E Undset S. 205 
Derwitz’), Ebendort | Br. $8 2 F A 2 _ Derselbe 
Kr. Zauch- (sehr 
Belzig ähnlich 245) 


Br. Sonder- Flachgrab Pit, Taf. 2, 1 
form 8 3 
B dick- 
geschwollen 
mit kopf- 
förmigem Auf- 
satz, FĂ pferde- 
artiger Kopf | 
mit langen 
Ohren 


Br.BA1 „Hocker- Pie, Taf. 27, 8 
FA? grab“ 

(auch am 

Biigel ein 

Vogelkopf) 


250 Travers, Neuchätel Br. V. B — Viollier, XIII, 202 
C. Neuchâtel 


248 | Piemysleni®) Prag 


Ni 
S 
ee, OE TIES YT TE STEELE, 


Böhmen 


en: 


249 Brian" Ebendort 


LIGA CELT TIE OE 


Begleitende Funde. 1) Oberhof: Br. 2 Armringe mit Scharnierverschluss, 
2 Knotenringe. Lignitring, Tongefiiss, S. Nachtrag. — 2) Nienburg: S. A 425 V 281 
@ 127. — 3) Vehiefanz: Auch A 529 und 8231. Echinit. Nadelkopf aus 3 br. Scheiben, 
Segelohrringe. — 4) Werder: S. A 457. — 5) Derwitz: S. A 538 V 440 @ 232. — 
6) Pfemy3leni: Schlangenring, Knotenring A 658. — 7) Bylan: Grabfeld in Hall- 
stattcharakter. 
Zeitschrift für Ethnologie. Jahrg. 1911. Heft 5. 46 


714 l R. Beltz: 


2. Frühlatènefibeln ^. 


Fundort | e , Variante. Zur Fund- Nachweis. — 
undor ' Sammlun : 
| js | An geschichte Literatur 
Cöln | Berlin Br.S1BI14 _ J. Schlemm 
V. K. 
Eiserfey Cöln Br. V. E an der Rademacher- 
Kr. Schleiden Kartstein- Cöln 
höhle 
Coblenz I Coblenz |Br. BI9 FI2 in der Günther-Coblenz 
S Mosel (bei 
d der 
© | römischen 
Eu | Pfahlbrücke) 
E Langen- Mainz Br. = Lindenschmit 
mi lonsheim®), 
Kr. Kreuznach 2 
Osburg Trier | EBIR Hügelgräber Krüger 
bei Trier? | geschwollen 
|? FI4 
Ebendort Ebendort Br. BI 2 Desgl. Derselbe 
i geschwollen 
F 13 
Birkenfeld 2 | Birkenfeld | Br. 8 1 B 1 4 Hügelgräber Baldes, 
| F I 11 (im Ruh- Gymnasial- 
| (Email) bösch) programm 
Birkenfeld 1905 
S. 51 
8 Bosen °) Ebendort Br. S 1 Hiigel- Ebendort 
| B I 3. il gräberfeld 5. 16 
F (fehlt) am 
| Priesberg 
g|.| Brauneberg- | Trier | BrBI4 | — O Krüger 
gi Damberg‘) FI 
g mit Korallen- | 
2 einlagen. | 
5 Sonderform | e 
10 Burg P Birkenfeld ! Br § 1 BI 2 = Baldes 
| FI3 
11 Nohen ô) Trier Br. RBI 4 = Krüger 
FI4 
12 Ebendort’) | Ebendort | B. V.ES1. = Derselbe 
F12 
13 Siesbach®) | Birkenfeld | Br.S1B 14, Hiigelgrab a 
(Welchenbach) | Fill ` 


Begleitende Funde. 1) Langenlonsheim: Anm. S. S. 675. 2) Birkenfeld: 
Grab C Br.: Knotenring. E: Lanzenspitze, Schwert. — Tongefüsse. — 3) Bosen: 
Hügel 41 (3 Bestattungen): Br.: Knotenarmringe, Halsring mit Kolbenende. 
E: l.anzenspitze, Messer, Pfeilspitze, Ring. — Typische Tongefässe. — 4) Brauneberg- 
Damberg: Identisch mit 7. Berichtigung während des Druckes. — 5) Burg: Fund- 
ort nicht ganz sicher. — 6) 7) identisch mit 10. 13. — 8) Siesbach: Br. Halsring mit 
Kolbenenden, Knotenring. 


Latenefibeln. 715 


Lfd. Fundort | e , Variante. Zur Fund- Nachweis. — 
z unaor ammiung | Genauere An- hi; , 
Nr. | gaben geschichte Literatur 


a EE 


14 Wiesbaden!) Wiesbaden Br. BI 2 Skelettgrab Ritterling, 
bis | FI? Nassauische 
15 Mitt. 1902/03 
| | Sp. 111/112 
c | | 
16 |$] Braubach?).  Ebendort Br S 2 Skelett- Ritterling. 
3| Kr. Rheingau | | BIB. 11 gräber in Rodewig, Nass. 
E | F abgebrochen| Steinkisten Annal. 33 S. 9 
a | | (L Grab mit Taf. IV, 9 
> | | Leichen- 
N brand) 
Gi | 
17 | | Ebendort*) | Ebendort | Br. BI2 Hütte Bodewig, Nass. 
© | F I 6 (Über- Annal. 33 S.5 
e _ gang von A) 
| 
18 Ebendort an | Br. 7 I4 _ J. Schlemm 
; FIG 
19 Butzbach, ` Darmstadt! Br. BI 2 Grab Lindenschmit, A., 
Kr.Friedberg,' LM | F 12; IL VII. 3, 15 
Oberhessen | | 
| 
20 Trebur‘), | Darmstadt | Br. BI 3 Hiigelgrab, Kofler-Darm- 
Kr. Gr. Gerau| Gr. C. | FI 11 Dammel- | stadt.— Reinecke 
| | berg in Lindenschmit, 
| A., V, 330 
21 Ebendort‘*) | Ebendort | We 17 Desgl. Ebendort 
| | S V, 329 
S | | 
3, 2 Ebendort‘) | Ebendort `: Br. B 7 15 Desgl. Derselbe 
= | | FI4 | 
= | (klein) 
d0 
2:3 3 Schönauer | Darmstadt Br. V. D — Westdeutsche 
his lä Hof | Privat- Zeitschrift VII, 
25 |Z] Kr. Gr. Gerau; besitz | 1888 S. 164. 165 
a | Lindenschmit 
e | (Sohn), Röm.- 
Re | germ. Centralmus. 
O | XXX, 8. 10. 
A, | | XXXI, 4 8 
26 Fo. u. | Ebendort | Br. V. D — Kofler 
27 Fo. u. ' Darmstadt | Br. V. D — Derselbe 
Gr C. | 
i 
i 
| 


l 
| 

Begleitende Funde. 1) Wiesbaden: Br. Knotenringe. — Tonflaschen. — 
S. +8 7 18. — 2) Braubach: Br. Halsring, 4 Armringe, Gürtelschnalle, 2 Knoten 
ringe (aus einem Gräberfelde III Urnen mit Fibeln Y 13). — 3) Braubach: Scherben 
‘junger Latenezeit, Knochen, Muscheln, Kohlen. E Messer, Beschlagstücke. Wirtel. 
— 4) Trebur: Kinderskelett. Br. gewundener Halsring, zwei Ohrringe mit blauer 


(slasperle. 
46* 


. To 


Fundort 
Ener gl 
Elsheim?), | 
Kr. Bingen | 
30 Heidesheim’), 
Kr. Bingen 
31 Budenheim?°), | 
b.32 Kr. Mainz 
33 Grosswinters- 
heim, | 
Kr. Mainz 
34 Mainz | 
| 
| 
30 Ebendort | 
36 Ebendort | 
37 Bodenheim, | 
Kr. Oppen- | 
heim 
38 Hahnheim‘), | 
bis} el Kr. Oppen- 
45 | & heim 
46 |.) Köngernheim, 
3 Kr. Oppen- 
S heim 
47] | Selzen, Kr. | 
Oppenhein 
48 Ehendort 
A0 un 5) 
Kr. Worms 
50 Ebendort®’) | 
| 
51 Ebendort®) 
n2 Eimsheim‘), 
Kr. Worms 
DO Hamm 
Kr. Worms 
5A Monsheim’), 
Kr. Worms 
DÉI Ebendort 


Begleitende Funde. 
Glas, Knochen, Halsring mit Pufferenden u. ä. 7 53. — 
— 4) Hahnheim: 
— 6) Bermersheim: Kindergrab; Frühlateneringe. — 


3) Budenh im: S. @ 
Mittellatenewaffen. 


T. V Sl. 


Mainz 


R. Beltz: 


Variante. 


IS, 
| Sammlung | Genauere An- 


gaben 


Mannheim | Br. schlank 


Mainz 


Ebendort 


Ebendort 


Ebendort 


Forrer in 


| Strassburg 


Mainz 


Ebendort 


Ebendort 


Ebendort 


Ebendort 


Worms 


Ebendort 


Ebendort 


Ebendort 


Ehendort 


Mainz 


Worms 


1) Elsheim: 


B verziert F 16 
E Typ. V.D. 


a Bis 


2 (klein) ' | 


Br.BIiFIi 
| 


Br.BISFI5 
Br. BIS 
FI 11 

EBI2FI2 


Br. 6 Typ u. 
BI 2 
2V. DBI 12 
Br BI3 | 
F I 10 | 
| 
Br. V. D 


Br. B I 13 
F1% 
Br. SIBI2 
FI4 
ES1BI2 
FI 4 


(Übergang von 
V C) 
BI5F abge- 
brochen | 
S1 BI? 
FI4 
Br. VE 


| Br. 


+ B Typ (mit 
‘stark. Einker- 
bungen, wohl | 
fE inlageVF 12 
(klein) mit 
zwei Korallen 


Zur Fund- 
geschichte 


Gräber 


Aus dem 


Rhein bei 


Weisenau 
Desel. 


Aus dem 
Rhein 


Gräber 


Desgl. 


Griiber 


S. + 13, Y 69. 


Nachweis. — 


Literatur 


Lindenschmit. 
Westd. Zeitschr. 


XXI, Taf. 8, 4 


Gropengiesser- 
Mannheim 


Lindenschmit 


Lindenschmit, A., 


II. VIl, 3, 11 


Lindenschmit. 
Westd. Zeitschr. 
1599 


Ebendort 


Forrer-Strass- 
burg 


Lindenschmit 
Derselbe 


Lindenschmit. 
Westd. Zeitschr. 
1802, XX, S. 247 

Lindenschmit 

Derselbe 
Kohl 
Derselbe 


Derselbe 


Derselbe 
Derselbe 
Lindenschmit 


Kohl 


Halsring aus Bronzedraht mit Bernstein, 
2) Heidesheim: S. V 56. — 
— 5) Bermersheim: 


‘) Eime- 


heim: Br. geperlte Hals- und Armringe. — 8) Monsheim: Frühlatenegefäss. @9 Y 35. 


Latenefibeln. 


7117 


Lfd. Pindi 
Nr. SS 
56 Monsheim)), 
bäi Kr. Worms 
58 Ebendort?) | 
| 
59 Ebendort?) | 
i 
| 
i 
| 
60 |2] Osthofen*) | 
R Kr Worms | 
61 |) Ebendort 
62 15 Ebendort ` 
ES 
63 Ebendort‘) | 
64 Viernheim 
b.65 Kr. Worms 
66 Wachenheim °) 
Kr. Worms 
\ 
| 
67 Worms’) 
68 Gegend von | 
Worms | 
69 Rameen’), | 
B.-A. Kirch- 
heimbolanden | 
TO Albsheim, | 
bis |X | B.-A. Franken- 
71 |< thal | 
äu 
a | 
ei 
E 
72 1% Dauben- ` 
uf bawerhof'), 
>| B.-A. Kaisers- 
Q lautern 
73 Jiigersburg’), 
B.-A. Homburg 
“4 Leimers- 
heim ?°), 
B.-A. Germers- 
heim 


Worms 


Ebendort 


Worms 


Ebendort 


Ebendort ` 


Ebendort 


Ebendort 
Ebendort 


Ebendort 


Ebendort 


Ebendort 


Speyer 
Privat- 
besitz 


Worms 


Speyer 


| | 
Br.S1B13.18; Hügelgräber 
FI11 (vertieft | 
f. Einlage) 


Variante. 


gaben 


Br. E. Sl 


FI5 
Br. V. D 


FI4 


Br. V.D 


Br. V. E 


Korallen- 
scheibe 


Typ. B 


unverziert 


Sammlung | Genauere An- 


B1211F14 


Br. S1ı BI2 


BI5 FIS 


Br. V. D mit 


Ebendort | Br. S1 BIS 


F [ 10 (unge- 
wöhnlich gross) gribern (mit 


Br.S1 BI6.17 


' 
{ 


| 
! 


| 


Zur Fund- 
geschichte 


angeblich 


Brandgrab 


Hügelgrab 


Flachgräber 
bedeckt mit 
grossen Kalk- 
steinblöcken 


Aus 8 bis 
10 Flach- 


Skeletten) 


Nachweis. — 
Literatur 


Köhl 


Lindenschmit, A., 
II. VII 3, 10 


Köhl 


Derselbe 


Derselbe 
Derselbe 


Derselbe 
Derselbe 


Reinecke in Lin- 
denschmit, A., 
V. 333 


Oben Abb. 21 
Kohl 


Derselbe 


Reinecke in 
Lindenschmit, A., 
V. 1058 


Mehlis-Neustadt, 

Studien z. ältesten 

G. d. Rheinlands 
II. Abt. 1883, 

S. 14—15, 22-23 


Köhl 


Reinecke in 
Lindenschmit, A., 
V. 1089 
Ebendort, V. 1044. 
Ausgrabungen des 


hist. Vereins der 
Pfalz 1886 Taf. 7,8 


Begleitende Funde: 1) Monsheim: Frühlatènegefäss (freihändig). — 2) Mons- 
heim: Br. geperlte Ringe. — 5) Monsheim: Br. zwei einfache Kinderarmringe. — 
4) Osthofen: Br. Frühlateneringe, ® 52. — 5) Wachenheim: E Schwert mit Kette, 
bandf. Schildbuckel (Mittellatène,; 7 91 ® 51. — 6) Worms: KindergrabmitFrühlatene- 
ringen. — 7) Ramsen: Gr. Nr. 2. Scheibengefäss. — 8) Daubenbawerhof: Friihlatene- 


schwert. — 9) Jägersburg: Br. Pufferhalsring, kl. Ring. 


— 10) Leimersheim: Br. 6 Knotenringe mit Stempelenden. 


E Schwert, Lanzenspitze. 


R. Beltz: 


Sammlung 


Fundort | 
| 


Speyer 


| Leimersheim, 


B.-A. Germers- 


heim 
16 | Fo. u. Mainz 
TI Niederröden’), Strassburg 
Kr. Weissen- | 
burg 
Hatten *), Ebendort 
Kr. Weissen- 
burg 
Ebendort?) Ebendort 
Ebendort ?) Ebendort 
Ebendort®) Ebendort 
Stiitzheim®,, | Ebendort 
Landkreis 
Strassburg 
Mundols- Ebendort 
heim, Land- | 
kreis Strass- 
_ burg | 
Egisheim $), Colmar 


Kr. Colmar 


Tauber- 
Bischofsheim?) 

| 

Gr. Sachsen ^), | Heidelberg 
Amt Wein- | 

heim i 


Ebendort ®) 


Baden 


Ebendort 


6 |s, 
q 
V 
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84 
85 


Begleitende Funde. 


1) Niederröden: Grab Nr. 1. 


ame 
Variante Zur Fund- 
x 

enauere An- Í 
G An geschichte 


gaben | 


Br. BIO | Flachgräber 
F110 | l 
Rr. S 1 BI 11! — 
F15 
EBI4 Hiigelgrab 
F abgebrochen | 
Br.8 1 RI17 Hiigelgriiber 
FIM mit 
, Skeletten 
EBI2 Desel. 
F abgebrochen | 
EBI3 Hiivelgriiber 
(F fehlt) 
Br. B13 17 Desgl. 
FI3 
(mit läng- 
licher Spitze) 
Br.8 1 BI1, Wohngrube 
FIS | 
Br. BIG | Skelettgrab 
F I 11 | 
Br. BI 9 | Flachgriiber 
FI 
(Email) 
Br. B13 Hiigelgrab 
FI 
1. 10 
ES2BI3 , Flachgrab 
FI5 
Br sehr klein | Desgl. 


F abgebrochen 


| | 


E Kurzschwert. 


Nachweis. — 
Literatur 


Ausgral). d. hist. 
Vereins der Pfalz 
1886 Taf. 7, 4 


Lindenschmit 


Reinecke in 
Lindenschmit, A. 
V. 1042 © 


Henning, Mitt. d. 
Ges. f. Erh..d. 
gesch. Denkm. 

im Elsass 
Bd. XVII 189 
T. II, 8 


Derselbe, 
T. VI, 11 


Derselbe, 
T. III, 2-3 


Derselbe, 
T. II, Ss 


Forrer, Bauern- 
farmen von 
Achenheim usw. 
S. 42 


Gutmann-Strass- 
burg 


Faudel & 
Bleicher, Maté- 
riaux (Bulletin 
d. l. soc. d. h. 

naturelle, Colmar 
1885 S. 295) XIIl. 6 


Wagner 
Wagner, Fund- 
stätten u. Funde 


aus Baden 
IL S. 248 


Ton- 


gefüss (in dem Hügel noch mehr Bestattungen). — 2) Hatten: Gr. 1. Br. Arm- 


reifen, E Schwerter, Ringe. — 
Gr. 1. 


— 3) Tauber-Bischofsheim: 


3) Stützheim: 


Halsring. -— 6) Gre Sachsen: Br. drei einfache Handringe. 


Wohngrube 25. — 4) Egisheim: 
Br. Halsring mit Buckeln u. Kolbenenden; Armringe: mit Einkerbung usw. 
E Lanzenspitzen mit breiten Platten. Br. Armringe, 


Laténefibeln. 719 


Hürden | Seegen | Variante. | Zur Fund- ee 
ammlu 4 
Sammlung Genauere An- | geschichte | Ttertu 


nm 


90 Ladenburg‘), 
Amt Mannheim 


Mannheim | Br.S1BI1 | Skelett- Gropengiesser 
FI3 | griiber (vgl. auch 
Wagner, Fund- 

| stätten u. Funde 


If, 8. 215) 


91 Ebendort Ebendort Br. BI 5 Desgl. Desgl. 
92 Sinsheim’), | Karlsruhe | ES 2BI4 14 Hiigel Wilhelmi, 
(die be- F abge- mit 1 bis 14 Totenhügel 
schriebenen brochen, 13 Skelett- | bei Sinsheim 1830. 
| Funde | daran Glas- gräbern, Taf. 3, 4 8.108 
| befinden perle ohne Stein- |(Vgl.auch Wagner, 
sich nur schutz Fundst. u. Funde 
zum Teil II, 8. 363) 
in Karls- 
ruhe, vieles 
ist ver- 
gangen) 
93 Ebendort3) Ebendort ES1BI2 Desgl. Derselbe 
FI5 Taf. 3, 5 S. 105 
94 |a] Ebendort®) | Ebendort |E BI3FI2 Dessl. Derselbe, 
3 (2 Kugeln) Taf. 3, 19 S. 105 
e 
9 |= Ebendort*) | Ebendort |E BIS F 13 Desgl. Derselbe, . 
Taf. 3, 17 S. 20 
96 Ebendort’) | Ebendort | ES 2BI5 Desgl. Derselbe, 
(fast pauken- Taf. 3, 18 S. 20 
formig) F I 3 
97 Ebendort®) | Ebendort EBI3 Desgl. Derselbe, 
| langgestreckt Taf. 3, 22 S.99 
F13 
08 Ebendort ‘) Ebendort Br. B 9 Desgl. Derselbe, 
F abgebrochen Taf. 3, 33 S. 114 
99 Ebendort‘) Ebendort Br. V. D Desgl. Derselbe 
B I3. 11 Taf. 4, 1 S. 33 
(zart) | 
100 Ebendort’®) Ebendort EBI4 Desgl. . Derselbe, 
(geschwollen) Taf. 4, 2 8. 82 
F14 l 
101 |- Ebendort!’) | Ebendort Br. V. D Desgl. Derselbe, 
BI17 Taf. 4, 3 S. 110 
102 Ebendort!!) | Ebendort Br. V. D Desvl. Derselbe, 
B I 15 Taf, 4, 4 S. S0 
Begleitende Funde, 1) Ladenburg: S. 7 113, ein — 2—11) Sinsheim: 
Gr. XI, 7. Linke Schulter. E Schwert, Lanze, Ringe, Br. Fibel. — 3) Gr. XI, 2. 
Linke Schulter, E zweite Fibel. — 4) Gr. 1,4. Linke Schulter. — 5) Gr. I, 3. 


Linke Schulter. — 6) Gr. IX, 3. Noch eine erhaltene Fibel. — 7) Gr. XI, 11 s. 
+ 16. Links vom Halse. — 8) Gr. II, 4. Auf der linken Schulter Br. Ohrring. 
E Schwert, Lanzenspitze. E Fibel. — 9) Gr. VI, 2. Kindergrab mit einer br. Fibel 
auf der Brust. E 2 Fibeln. Br. Knotenring. 2 Tongefässe (1 Drehscheibe) — 
10) Gr. XII, 4. Br. 2 ovale Armringe, E Fibel m. Glasperle. — 11) Gr. VI, 1. Auf 


der linken Seite. 


720 R. Beltz: 


Fundort Sammlun bree a a 
| S Dee An- geschichte Literatur 
103 Sinsheim!) | Karlsruhe Br. V. D Skelett- Wilhelmi, 
B unverziert gräber 14 Totenhiigel 
bei Sinsheim 18:4) 
Taf. 4,5 S. 95 
104 Ebendort?) Ebendort Br. BI 6 | Desgl. Derselbe, 
(mit Punkt- Taf. 4,6 S. 61 
verzierung) 
105 Ebendort’) | Ebendort Br. klein Desgl. Derselbe, 
S1BI2 Taf. 4,9 S. 118 
FI? 
„106 Ebendort‘) | Ebendort Br. klein Desgl. Derselhe. 
BI3FI10| Taf. 4, 10 S. 118 
107 Ebendort?) Ebendort Br. B I 13 Desgl. Derselbe, 
| FI 10(%) Taf. 4, 11 S. 112 
108 Ebendort®) Ebendort | E B I 2. 11 Desgl. Derselbe, 
g sonst Typ Taf. 4, 12 S. 99 
Ki 
109 18 Ebendort’) Ebendort Br. klein. Desgl. Derselbe, 
_B I 2 (F ab, Taf. 4, 13 S. 100 
| gebrochen) 
110 Ebendort®) Ebendort | Br. B I 3. 11 Desgl. Derselbe, 
F13 Taf. 4, 14 S. 120 
111 Ebendort*) Ebendort |Br.S1BI2 Desgl. Derselhe, 
| F abgebrochen Taf. 4, 22 S. 116 
112 Eppingen?'), | Ebendort Br. klein Gruppe von Wagner. 
Bruchstück 15 Grab- Fundstätten 
BI1iFI1 hügeln und Funde II 
| S. 325 
113 Ebendort!%) | Ebendort Br. klein Desgl. Derselbe 
| Bruchstück | 
| BIS 
l (mit Scheibe 
| ‚ verziert) 
114 Gemmingen'!, Ebendort Br. Grabhügel Derselbe, 
Amt | Bruchstiick S. 326 
Eppingen 


| 


Begleitende Funde. 1—9) Sinsheim: Gr. VII, 5. E 2 Fibeln. — 2) Gr. II S. 
Auf der Brust. E Fibel. Br. 2 weitere Fibeln. — 3) Gr. XII, 1. Oberhalb vorn 6—s 
Fussringe, 2 wohl Fussringe. Br. 3 Armringe. E 2 Fibeln, Schnalle, — 4) Gr. 
XII, 1. Auf dem Kopfe. — 5) Gr. XI, 10. Auf der Schulter. E Schwert, 2 Lanzen 
spitzen, Blech. — 6) Gr. IN, 2. Kindergrab. An einer eisernen Kette. Br. Hand. 
ring. 7) Gr. X, 3. Br. 2 weitere Fibeln, Holring. — 8) Gr. XIV, 2. An der rechten 
Weiche. Pr. Halsringe, 2 Hohlringe. E 2 Fibeln. Blaugelbe Glasperle. — % 
Gr. XJ, 13. Gelbblaue Glasperle, 2 Halsringe. — 10) Eppingen: Hügel D (mit 
grosser Steinsetzung). Br. 2 Armringe. — 11) Gemmingen: Br. 2 grössere Halsringe, 
Fussring, kleiner Ring. (Darunter eine steinzeitliche Bestattung). 


Laténefibeln. 721 
Il ` tung BEN Variante. | Zur Fund- | Nachweis. — 
ndor ammlun = 
Nr. SE 5 mee An geschichte Literatur 
115 Huttenheim?), | Karlsruhe Br. 1S 2 | Hiigelgriber-| Wagner, Fund- 
bis Amt Bruchsal BIIFI12 gruppe stitten u. Funde 
116 | 1I 8. 109. 
| Wagner, Hügel- 
| gräber u. Urnen- 
| friedhöfe in 
Baden S. 34 
Taf. V 9 
117 Séllingen*), | Ebendort ‚Br. SIBI3 3 Grab- Wagner, 
Amt Rastatt FI | hügel Fundstätten 
(ganz klein) und Funde II 
S. 58 
| 
118 Baden-Baden Forrer- | Br.S 1 BI 8) — Forrer 
Strassburg | FI1 | 
119 Gfindlingen?), | Freiburg Br. BI3 | Aus einer Wagner, 
Amt Breisach F12 | Gruppe von Fundstätten 
| 8-9 Grab- und Funde 
hügeln I S. 181 
120 Hochstetten®), Ebendort |Br. S2B1Io Flachgrab Derselbe, 
2 Amt Breisach F mit I S. 186 
3} Koralle 
121 d Ebendort?) Ebendort Br. er 3 — Derselbe 
F 
122 Thringen®), Ebendort | Br. V. D Hiigelgrab Derselbe, 
Amt Breisach | (B I 12) I 8. 192 
123 Ebendort Ebendort |BIll FI5 Desgl. Wagner, I S. 189, 
Urnenfriedhöfe 
Taf. VI, 9 
124 Obere | Karlsruhe | Br. S 2 RI1l, Hugelgrab Forrer u Müller, 
Rimsingen’), FI2 mit einem | Beitr. zur präh. 
Amt Breisach | ee. Sonder- Skelett Archäologie 
| | form, (N. Bi Strassburg 1893. 
| | Korallen- Wagner, 
| | scheiben S. 195 
125 Stetten), Privat- Br. Rn IBI3 | Flachgrab Edelmann, 
Amt Lörrach besitz F fehlt) |, (Skelett) Präh. Bl. XXIII 
| | Taf. VI, 3 
126 Welschingen, Konstanz | BI11F I] 1 — Leiner-Konstanz 
Amt Engen 
i 


Begleitende Funde. 


cl 


| 


1) Huttenheim: Br. Pinzette (aus anderen Grabungen 


Hialsring mit Wellenband und andere Schmuckringe). — 2) Söllingen: Hügel II: 
Zwei Bestattungen. Br. hohler Armring, Armring mit Ringfortsätzen, kleiner Ring, 
Armring aus Lignit. —2 Bärenzähne (bei der zweiten Bestattung Rest einer eisernen 
Fibel). — 3) Gündiingen: Bronzeblech. — 4) Hochstetten: Br. Armband; grösseres 
und 1 kleineres krukenförmiges Gefäss; Schale. — 5) Hochstetten: Br. 2 Ringe, 
Bruchstücke. — 6) Ihringen: In einem Grabhügel desselben Feldes: 2 Paukenfibeln. — 
7) ©Ober-Rimsingen: Br. 2 Hallstattfibeln. E Speerspitze. S) Stetten: Br 
> JHalsringe, Armring, 2 Fussringe. 


722 R. Beltz: 


| "ari: 
Lfd Binden S ae varıinte: | Zur Fund- Nachweis. — 
undor Sammlun a 
Nr. | = ! SE An geschichte Literatur 
| i ' | 
127 Rielasingen, © Karlsruhe , Br.8 BI 9 Einzelfund Wagner, 
Amt Konstanz ` | FI2 Fundstätten und 
! | Funde in Baden 
I 8. 32 
| I 
128 Sigmaringen | Konstanz | Br. 2 PI 10 — Leiner-Konstanz 
| 
129 Mistlau!), | Hall Pr BI Flachgrab Schliz 
O.-A. Gera- FI? 
bronn | | 
130 'riesbach °). | Stuttgart | Br. B I 4. 14 Desgl. Derselbe, 
O.-A. Kün- | FIl undber. X SI, 
zelsau | Fig. 3 
131 Ebendort®?) | Ebendort | Br. BI2 ` Desgl. Ebendort 
© FI4 Fig. 4 
132 Ebendort ?) Ebendort : Br. BI9 Desgl. us 
F abgebrochen 
153 Ebendort?), Ebendort ' Br. BI9 | Desgl. Schliz, 
bis | FI4 Fundber. X 
134 (mit stärkerer S. 17, Abb. 16. 17 
ie | Profilierung) | 
135 1 51 Böckingen* | Heilbronn ' Br. S 1 FI2: Desel, Derselbe, 
bis |£ |O.-A. Heilbronn | Histor. Verein 
136 | 5 Heilbronn 
= | 1906 —1909 S. 18 
= | Fundber. XV 
> | S. 28 
1:7 Gross- Ebendort | Br. BI3 _ Flachgrab, Derselbe, 
gartach‘®) (geschwungen) ; Kindergrab | Fundber. XIII 
O.-A.Heilbronn S | FIA4 S. 39 
158 Horkheim°), | Ebendort Br. BIS Flachgräber Derselbe, 
O.-A. Heil- FIn | Fundber. X 
bronn | (ähnl. NH: S. 19 Fig. 35 
139 Ebendort ‘) Ebendort ; Br. ER IV | Flachgrab Derselbe. 
bis i FI? | Fundber. X 
140 _ (die eine S.19, Fig. 42. 45 
| profiliert) | 
111 Neckarsulm®),| Ebendort Br. BI9 |  Desgl. Derselbe 
O.-A. Heil- F abgebrochen ` Fundber. XII 
bronn S. 40, Abb. 2 


Begleitende Funde. 1) Mistlau: Br. Halsring mit Querreifen; Armring mit 
Knoten. — 2) Criesbach: S. @ 12. (orl Br. Hallstattbogenfibel, + 18, 2 hohle 
Armringe. — 3) Criesbach: Gr. II. Br. grosser Torques, Halsring mit Stempelenden. 
vedrehter Armring, Hohlarmring, kleiner Ring. Bernsteinring, Glasring, Bärenzahn. 
3 Späthallstattgefässe. — 4) Böckingen: Br. Knotenringe, Kette (Bruchstück). — 
5) Grossgartach: (ir. II. Br. holler Halsring, massiver Ring mit Stempelenden, Arnı- 
reif, Halsband aus blauen (Glasperlen auf einen Eisenreif gezogen. — 6) Horkheim: Gr. I. 
V 126. E 2 Lanzenspitzen, Lanzenschuh, Langschwert und Schwertkette. — 1) Hork- 
heim: Gr. 11. Q 127 E Langschwert mit Kette, Lanze mit Schuh. — 8) Neckarsulm: 
Br. 2 Armreifen, massiv, mit Stempelenden und reich profiliert: 2 dünne offene 
Armreifen mit geraden Enden. 


Latenefibeln. 123 


| . 
Lfd. E i Variante. | Zur Fund- | Nachweis. — 
undor Sammlun S f e 
Nr. S | a An geschichte Literatur 
142 Mnrr!), Stuttgart | Br. V.D BI4. | Flachgräber Schliz, 
bis O.-A. Marbach | 11 (bzw. un- Fundber. X S. 4 
143 verziert) abgeb. XIII S. 42 
144 Rotenberg?), | Ebendort Br.BI9 Grabliügel. Derselbe, 
bis O.-A. Cann- F I 13 Gemischter | Fundber. X 17 
145 statt Fund aus Oberamts- 
Bronzezeit ul beschreibung 
Hallstattzeit | Cannstatt S. 394 
146 Cannstatt?) ! Ebendort Br. BI 9 |4Flachgräber| Schliz. Kapff, 
FIT (Skelette) Fundberichte 
| auf dem VIII 8. 75-7. 
| Altenberger |. Reinecke, 
Felde - | Nachr. d. Alt. XII 
1901 S. 47 
147 Ebendort Ebendort Br. BI 3 Desgl. Ebendort 
FI5 
148 Ebendort Ebendort Br. BI 4 Desgl. - Ebendort 
geschweift) 
= FI5 
149 S Ebendort | Ebendort Br. BI 3 Desgl. Ebendort 
FI4 | 
E 
150 | 3 Ebendort Ebendort Br. BI 9 Desgl. Ebendort 
E FI2 | 
151 |Z| Ebendort | Ebendort | Br. BI 9? Desgl. Ebendort 
Bruchstück 
152 Platten- Ebendort |E BI3 FI1| Hügelgrab | Holder, Fund- 
hardt‘), | 2 berichte, Er- 
O.-A. Stuttgart [gänzungsheft S. 21 
159 Darmsheim°) | Ebendort | Br. klein S 1 | vermutlich | Gössler-Stuttgart 
O.-Böhligen BI9F ent- aus dem 
stellter grossenGrab- 
schmaler Vogel- hügelaufdem 
kopf Eichelberg 
(Skelettgrab) 
154 Bopfingen®), | Ebendort Br. F I 2 Flachgräber Derselbe, 
O.-A. Neres- Bruchstück Fundber. X S. 18 
heim | 
159 Unter- Ebendort | Br. BI 4. 17 : Hügelgräber | Denkmäler f. 
bis iflingen’), FI | Württemberg 
159 O.-A. Freuden- (2 Bruchst. v.. Schwarzwaldkreis 
stadt ähnlich.) | 8.81. Schliz, 
| Fundberichte 
X 1902 8.18 
Begleitende Funde. 1) Murr: E Kurzschwert, 2 Fingerringe. — 2) Roten- 


berg: Br. 2 Tiere mit Hérnern als Anhänger: 2 männliche Figuren mit erigiertem 
Penis als Anhänger (s. Lindenschmit, A., V. S. 353), — 3) Cannstatt: Br. Bruchstück 
von 2 Wellenarmbändern, gedrehter, platter Armreif, Armring mit Stempelenden, 
kleiner Ring, männliche Bronzefigur. E 2 Ringe. Tongefäss, „das erste Frühlatene- 
yz efiiss in Württemberg“. 9 weitere A Fibeln (7 Br.2 E) in Privatbesitz. — 4) Plattenbardt: 
2 Schildbuckel, Fibeln, Armreifen mit Stempelenden. — 5) Darmsheim: Br. Nadel. — 
G) Bopfingen: Br. Hohlschalenarmband, Knotenarmband, 2 hohle Ohrringe, Pfeil- 
spitze, Gagatarmring. — 7) Unterlflingen: Br. 2 dünne geschlossene Armreifen, 5 glatte 
und 2 geriefte Armreifen mit Stempelenden, Ohrring, 3 Halsringe, 2 mit Bernstein 
eingelegt, 3 hohle Halsringe, Halsreif mit dicken Stempelenden und Augenkreisver- 
zierung. Ton: Klappern. 


794 R. Beltz: 
Lfd. RR Le , Variante, Zur Fund- Nachweis. — 
Nr. Dee ammiung | Genauere An- geschichte Literatur 
| gaben 
160 Nehren!), Stuttgart | Hallstattfibel | Hügelgrab Derselbe. 
[ O.-A. Tübingen Fundberichte 
| X 1902 S. 1S 
| 
161 Haid’) Ebendort | Br, B I3 | Urmenfund | _ Derselbe. 
bei Gross- | FI4 Gössler, Führer 
BE durch die 
engstingen, (schlanker) "wu gQ An 
O-A. Reut- Staats-S. S. 25 
lingen 
s > EUR eee Schliz, Fund- 
162 roger ig tis Ebendort EBI9FI1| Hiigelgrab berichte VIL S. 31 
= Er X 8S. 18. Gössler, 
en Oberamt Mün- 
| singen 8. 228. 
163 Schel- Ebendort EBI9 | — Schliz. 
bis | xœ} klingen‘), F V. E, aber | Fundber. X S. 18 
164 151 O.-A. Blau- glatte Goessler, Altert. 
= beuren Scheiben, d. Oberamtes 
S B kantig. Blaubeuren S. 32 
= | | Bruchstück 
3 | | 
165 |? | Hossingen®), l Ebendort Br. BE 3 Hügelgrab Schliz, 
0,-A. Balingen FI? Fundber. X S. 18 
| 
166 Hunder- Ebendort | Br. S 4 Hiigelgrab Derselbe. 
singen‘), | Sonderform in „Giss- Gössler, Führer 
Q.-A. Ried- | | B Rosette hübel* durch die Stutt- 
lingen |! mit Email aus varter Staats-S. 
2 Lappen und S. 18ff., Oberamt 
| o 2 Kreisen, Fl Münsingen, 8. X7 
| ! Lappen Lindenschmit, 
| | A., IV 14, 4 
167 Ebendort ‘) | Ebendort | Sos Wohnrest Goessler, 
| | mit langer | Fundb XV 1907 
Besiedelung S. 31 
! , „Reich- 
hardtsberg* 


Begleitende Funde. 1) Fällt weg. [Berichtigung während des Drucks] 
— 2) Haid: Br. hohler Halsring, 4 hohle gekerbte Armringe, Fingerblechring, 
kleiner Ohrring, 6 Kleiderbesatzringe, S Kleidernadeln, 1 Nadel mit geschwollenem 
Hals, 3 Hallstattfibeln (?), 15 Gagatperlen; Zusammengehörigkeit fraglich. — 3) Mar- 
bach: Br. glatter Armreif. — 4) Schelklingen: Br. 2 Hohlschalenarmbänder, 2 Arm- 
binder mit aufgesetzten Knöpfen. — Lignitring. 2 Fibelreste. — 5) Hossingen: 
Br. Halbkreisfibel mit langem Fuss (Hallstatt). — 6) Hundersingen: Br. Gürtelblech, 
2 Nadeln mit Kugelkopf, 2 Paukenarmbrustfibeln mit Mittelpauke, zweigliedrire, 
gerippte Armbrustfibel, Halsring mit aufgesetzten Knöpfen. Bernstein: Nadelköpfe 
und Zierplatten. 2 Tonwirtel. — 7) Hundersingen: Zahlreiche Fundstücke von Hall- 
statt bis Mittelalter. 


~] 
N 
ir 


Latenefibeln. 


Lfd. | Variante. | zu Fund- 
Fundort ‘Sammlung | Genauere An- 


Nr. | gaben 


Nachweis. — 


geschichte Literatur 


168 Gegend von | Nördlingen | Br. BI 6.16 | Im Ries | Mussgnug-Nörd- ` 
Nördlingen F I 4 (klein) lingen 
169 Aislingen >), Dillingen E V.E. Skelettgrab Harbauer- 
B.-A. Dillingen in Kies- [Dillingen, Jahres- 
d grube bericht d. hist. 
3 V. Dillingen 
S IV. 1891 5. 10. 
170 |£} Ebendort!) Ebendort Br. V.E Desgl. Reinecke in 
n Lindenschmit, A., 
H - V, 941 
171 d Ottmars- Augsburg | Br. S 2 B15; Grabhügel- Zeitschrift d. 
bis hauren?) F14 gruppe (8) histor. Vereins 
112 bei Augsburg f. Schwaben 1889. 
XVI §. 213 
173 Wildenrot’), 2 ES1BI12 | Hügelgrab; | Naue, Präh. BI. 
B.-A. Bruck Fil in einer VIII. Taf. VI, 5 
Brand- 
' schicht 3) 
174 Fischen‘), | Miincl Br.S1BI1 7 Birkner 
B.-A. Weilheim | St. g FIR 
175 Beie | Ebendort Br. BI4 Flachgrab, | Beiträge, z. A. u. 
B.-A. Traun- | (Querstrich- (Skelett) U. Bayerns 
stein (?) bänder) A S. 186 
F I 10 
176 Karlstein’) | Ebendort Br.BI3 -- Birkner 
R.-A. Berchtes- | a F 15 
gaden 
= 
17715 Bruck Landshut |Br. S2 BI4| Grabhügel Pollinger- 
>| 8. d. Alz B.-A. FI4 mit jung- Landshut 
2 Neuötting bronzezeit- 
E | | lichem, hall- 
CH | | stattischem, 
| | Friihlatene- 
| Material, 
118 Langenbach’), | Freising | Br. V.D Flachgrab Wenzl-Freising 
B.-A. Freising (B. un- mit Skelett 
| | verziert) 
179 , Ebendort Ebendort Br. Typ Desgl. Derselbe 
(B unverziert) 
180 Schroben- Augsburg | E (verrostet) | Grabhiigel- = 11 
hausen’) B länglich gruppe 
FI2 


— 


Begleitende Funde. 1) Aislingen: Br. Kette. Lignitarmring. Tongefüsse, 
V 130 @ 52 — 2) Ottmarshausen: Auf der Brust eines weihlichen Skelettes, Br. 
Handgelenkring, 2 Fussgelenkringe. — 3) Wildenroth: Die Funde der Nekropole im 
allgemeinen Späthallstatt. Br. 2 starke Armringe mit Volutenverzierung, Fingerring. 
Nol. 7 186. — 4) Fischen: S. + 25. — 5) Trostberg: Gr. 8. Br. Certosafibel, 
Reste weiterer Fibeln E: Lanzenspitze, Messer, Schliesse. S. 25. — 6) Karlstein: S. 
J 142, @ 57 ff. (schwerlich zusammen gehörend). 8) Langenbach: Br. Halsring, 
2 Fussringe, 2 Kolbenringe, 3 Fingerringe. — 9) Schrobenhausen: E Schwert, 
2 Lanzenspitzen, Schildbeschlag. 

*) In der Nekropole wechselt Bestattung mit Leichenbrand. 


R. Beltz: 


| 


Variante. 


Lfd. Saas e i Zur Fund- Nachweis. — 
undor ammlun A 
Nr. S "cl TE gechi An geschichte Literatur 
181 Manching?), | München Br. BI 4 Skelett- | Birkner, Beitr.z. A. 
bis B.-A. Ingol- St. S F I 10 griber usw. Bayerns 1h), 
182 | g stadt (schlicht) Taf. X1I, 10. 11. | 
D Reinecke in 
EN | Lindenschmit, A, 
2 V. 929 
183 E Ebendort ?) Ebendort e .BI4 Desgl. Birkner, 
his [O Si I 10 Beitr. XII, 17. 18 
186 ' Bruchstiick 
(zwel un- 
bestimmbare) 
187 Simbach Ebendort Br. BI 5. 17 — Birkner 
a. Inn, B.-A. ' (zu Seiten 
Pfarrkirchen ' Querstriche) 
i | F abgebrochen 
188 Hader’), Landshut Br. S 2. 3 Bei Urbar- į Pollinger-Lands- 
B.-A. Gries- BI4 F I4 machung hut, Verh. d. 
bach eines hist. V. f. Nieder- 
Wäldchens. bayern 41 B. 
Depotfund 8. 339. 
189 | ` Straubing‘) Straubing Br.S 2 Hügelgrab | Ebner-Straubing 
g B I4.15 F In 
190 | 2 Ebendort‘) Ebendort | Br. B T 4. 11 Desgl. Derselbe 
& F 
vi 
191 3 Ding. Ebendort Br. S 2.4 E Derselbe 
oO} B.-A. Strau- BISFI2 
Z, bing 
192 Poikam’), Kelheim Br. BI3 Flachgrab Knirlberger- 
bis B.-A. Kelheim F I 2 (1 un- Kelheim 
193 vollständig) 
194 Kloster Ebendort Sehr Desgl. Derselbe 
bis p enre): ähnlich 
196 B.-A. Kelheim Br. BI 3. 4 
FI4 
(1 Bruchstiick) 
197 Ebendort®) Ebendort = e r 1 Desgl. Derselbe 
F abgebrochen 
198 Obertraub- München | Br. geschweift — Beitr. z, Anthr. 
al ling, B.-A. St. S. Bi2FI2 usw. Bayerns IV 
S| Stadtamhof (mit Voluten Taf. V, 32 
= verziert) 
199 2 Susberg’), Ebendort Br. Si Hiigelgrab Birkner 
bis 1 B.-A. Stadt- Bl1 10 mit 
200 amhof F 1 7, die 2 Skeletten 
beiden Ex. 
durch eine 
Kette ver- 
bunden 
Begleitende Funde. 1) Manching: S. V 144 @53. Gr. 10. — 2) Manching: 
Gr. 11. Weiblich; übliche Ausstattung. — 3) Hader: Br. 3 hörnerartige Stücke, 


Nadelreste. S. Nachtrag. 


— 4) Straubing: E. Schwert mit Scheide, Lanzenspitze 


3 


Wehrgehänge, Schildbuckel. — 5) Poikam: Br. 3 einfache Handringe. — 6) Kloster 


Weltenburg: S. 7 178. Br. 
1) Susberg: S. ; 


ele Ir.) 
i vdeo, 


Halsring ‘init Kolbenenden, einfacher Handring, — | 


Latenefibeln. 727 


Variante. e ~ e i 
Lfd. ondon 2 i Zur Fund- Nachweis. — 
l “undort Sammlung | Genauere An- > k 
Nr. geschichte Literatur 
gaben 


| Brandgrab, (!) 


201 - Beilngries?) | München 181 Birkner, 
St. 8. FI Steinbau Oben Abb, 13 
202 Staufers- München | Br. 8S 1 BI 9 | Hiigelgrab Naue, 
buch?) St. S. SE? m. weibl. Präh. Bl. XIV 
B.-A. Beilngries | SK. Taf. 6, 16 
208 Labersricht, | Niirnberg | Br. F schmal; | Nach- Beltz 
B.-A. Neu- G. M. Übergang von +| bestattung 
markt | | jn einem 
| bronze- 
zeitlichen 
Grabhiigel 
| 
204 Ebendort Ebendort Br. S 2 | Ebendort Derselbe 
| F Ubergang 
von fT 
205 Lamperts- Berlin Br. B I 4. 15 | Hiigelgrab | Brunner, N. d. A. 
hofen®), B.-A. V. M. | (geschwollen) | 1903 S. 40 Fig. 11 
Neumarkt F abgebrochen 
206 Oberndorf, München Br. § 1 | — Naue, Präh. Bl. 
B.-A. Neu- St. S. BI 4. 11 XIV, Taf. 6, 15. 
markt ETN Oben Abb. 25 
207 Alten- Regensburg| Br. Scheibe Hügelgrab Steinmetz 
= velburg‘®), auf die Kante 
£| B.-A. Parsberg | gestellt, 
= | die Sehne 
Re durch das 
O gelochte 
Biigelende | 
geführt 
908 Beratz- Nürnberg Br. B 1 2 Desgl. Beltz 
hansen *), G. M. F I 10 
B.-A. Parsberg | 
209 Darshofenĉ), Privatbesitz Br. S 11 Desgl. Scheidemantel, 
B.-A. Parsberg B 1.4., 11 Hügelgräber von 
a ES A! Parsberg 
1. Tat 8, 18 
210 Degerndorf’). Desgl. Br. S? Desgl. Derse ame, 
B.-A. Parsberg BL, 11 Taf. 
F13 
211 Ebendort*) Miinchen Br. BIS Desel. Naue, P. E 
St. S. F beschädigt XIV, Tan GG 
pia) Ii Ebendort”) Ebendort E BIS Desgl. De EN 
F I 3 oO N. d 1894 
S, en 
21:3 Ebendort 1°) Regens- Br. S va Desgl. Steinmetz 
burg BE dy 10 
aS B 


Drahtschleife 
ähnl. B II 6) | 


Begleitende Funde. 1) Beilngries: Vgl. + 34. Gr. 25. 5 Tongefässe. — 
2) Staufersbuch: + 37, — 3) Lampertshofen: Br. Armring von bronzezeitlichem Typ 
(zusammengehörig?). — +) Altenvelburg: + 38 (siehe dort die Begleitfunde). — 
5) Beratzhausen: 5. + 40. — 6) Darshofen: + 43. — 7) Degerndorf: (ir. IJ. Br. 3 
Armreifen. — Tongefässe. — 8) Degerndorf: Gr. I. Bronzeinstrumente, Tonschale. — 
9) Degerndorf: Schwarze Schale, Br. Pfriemen(?). — 10) Degerndorf: S. + 46. 


728 R. Beltz: 


Variante. Zur Fund- 


gaben 


Lfd. Fundort a 1 Nachweis. — 
undor Sammlun E 
Nr. 5 | Genauere An- | geschichte Literatur 
| 


214 Dürn®), Berlin Br. BI 4 Grabhiigel- J. Schlemm. 
B.-A. Parsberg V. K. FI4 feld mit Brunner, N. d. A. 
(schmal) über- 1903 S. 41 Fig. 14 
wiegender 
Beerdigung 
915 Ebendort?) | Ebendort | Br. S 1 FI 1 Desgl- J. Schlemm. 


Brunner, N d A. 
1903 S. 41 Fig. 15 


216 Ebendort*) | Ebendort Br. BI 4 Desgl. J. Schlemm 
FIl 
217 Ebendort?) | Ebendort | Br. Typ, aber Desgl. J. Schlemm. 
schmächtiger Brunner, N. d. A. 
1903 S. 42 Abb. 17 
Sa Ebendort*) | Ebendort | Br. ähnl. 214 Desgl. Ebendort 
219 
220 Habsberg®), |Privatbesitz Br. 8 1 BI 2 _ Scheidemantel, 
B.-A. Parsberg | FI9 Hügelgräber 
| (Übergang von Parsberg J, 
N von A) Taf. I, 9 
o 
221 EI  Hardt,) | Berlin | Br. BI3 = J. Schlemm 
£ B.-A. Parsberg! V.K. | FIi 
299 Hohenberg,°) | Ebendort | Br. BI 1 = Dieselbe 
B.-A. Parsberg FI5 
223 Ebendort | Ebendort | Br. S13 a Dieselbe 
BI2 
| i 
224 Kl. Alfalter- München ‚Br. SIBIA = Naue,Präh.BI. XIV 
bach?) St. S. FI2 S. 68, Taf. 7, 1. 
B.-A. Neumarkt (profiliert) Reinecke in 
| Lindenschmit, A., 
| V, 827 
225 Krappen- | Regensburg Br. S 1 R I 2 | Hügelgräber | Steinmetz, Verh. 
hoften’), 2 i H. V. Ob. Pfalz 


B.-A. Parsberg 


1 
| FI 
45, S. 211 
| 


226 Kripfling | Ebendort | Br.S1BI1 Hügelgrab Scheidemantel, 
B-A Parsberg F abgebrochen Hügelgräber 

| von Parsberg IT, 

| Taf. 3, 12 


227 Mausheim’), | München | Br. SIBI2 _ Naue, 
bis B.-A. Parsberg St. S. FI Präh. DL XIVS. 68 
228 | 


| 


Begleitende Funde. 1) Dürn: Gr. 1 Br. Spiralarm- und Fingerringen + 49 
— 2) Dürn: Gr.2.— 3)Habsberg: Junghallstattinventar. 4) Hardt: +53 — 5) Kl. Alfalter- 
bach: Gr. 1. Br. Armringe und geknickte Hallstattfibeln, 2 ältere Latenehalsringe. — 
6) Krappenhofen: Gr. I. E kleiner Ring — 7) Hohenberg: s. + 65 — 9) Mausheim: 
Gr. 3 mit + 66. 67. 


Laténefibeln, 729 


Lfd. RKA | DE Variante. | Zur Fund- | Nachweis. — 
u 2 
Nr. Dëse An | geschichte Literatur 
229 Kl. Mitters- Berlin Br. VEBII11| Hügelgrab Weber, 
bis dorf?), B.-A. V.K. FIS Korr.-Bl, 1902 
232 Parsberg S. 53 
233 Parsberg’) (Regensburg | Br. S 1 a I 2 EE Scheidemantel, 
FI Hügelgräber 
Steinmühle | von Parsberg II 
Taf. 4, 7 
234 Pöfersdorf®°), Berlin Br. BI 2 — J. Schlemm 
B.-A. Parsberg V. K. FI6 
Ubergang 
| von f 
235 Rackendorf, | Ebendort Br. Si Hügelgrab | Scheidemantel, 
B.-A. Parsberg B I8. 10 a. a. O. IT 
F I 10 (Uber- Taf. 4, 12 
| gang 
von FA 5) 
236 Schwarzen- | Ebendort Br.BIi — J. Schlemm 
= | thonhausen,‘) F16 
= B.-A. Parsberg 
kä 
238 £ Karolinen- Nürnberg | Br. BI5.8FI7 Hügelgrab Reinecke in 
hätten, B-A.*)| G. M. (rudimentärer Lindenschmit, 
Burglengen- Vogelkopf) | A., V, 896 
feld | 
239 Markhof, Regens- Br. B ee | as Steinmetz. 
B.-A. Burg- burg F I Verh. H. V. Ob. 
lengenfeld Pfalz 45 8.211 
240 Matzhausen®), Berlin Br. BI 3 _ J. Schlemm 
B.-A. Burg- V.K. 
lengenfeld 
242 Dollmanns- ; München | Br.S 1 BI 2 — Reinecke, 
berg’), B.-A. | St. S. FIS A., V, 331 
Sulzbach 
243 Zwischen Ebendort | Br. S 1 BI 2| Hiigelgrab Birkner 
Högen und | FIS 
Haunritz®°), 


B.-A. Sulzbach ' 


| 


Begleitende Funde. 1) Kl. Mittersdorf: S. + 68. Gr. 2. Br. Pfeilspitzen. 
E Lanze, Hiebmesser, 6 Ringe, Armring, Pfriem. — Tonschale. — 2) Parsberg: 
Gr. 1 s. + 79. — 3) Péfersdorf: S. + 86. — 4) Schwarzenthonhaasen: S.+ 93. — 
5) Karolinenhtitte: Tongefüss mit laufendem Hund. — 6) Matzhausen: S. + 108 
Andere Funde von Matzhausen (Certosafibeln, wichtige Frühlatenekeramik) s. 
Reinecke in Lindenschmit, A., V. S. 282. — 7) Dollmannsberg: S. + 120, V 182. — 
8) Zwischen Högen und Haunritz: S. + 119, V 183. 

*) 237 und 241 fallen aus (Berichtigung während des Druckes). 

Zeitschritt für Ethnologie. Jahrg. 1911. Heft 5. 47 


730 R. Beltz: 


Variante. 


Lfd. Pando | D EN Zur Fund- Nachweis. — 
Nr. | e Kee An-| geschichte Literatur 
244 Nemschen- Berlin Br. BI 3 _ J. Schlemm. 
reuth,!) B.-A. V. K. FI1 Weber, Korr.-Bl. 
egnitz 1802 S. 66 
245 Pottenstein*), | Ebendort Br. B I 2 Aus Hügel- Ebendort 
B.-A. Pegnitz | FI6 gräbern 
246 Prülisbirkig®),| Ebendort Br. Bl4 Desgl. | Ebendort 
B.-A. Pegnitz (in Art von B 
6 
FI5 (mit 
Kugeln) 
247 Ebendort Ebendort VEER ‘Desgl. J. Schlemm 
948 Rabeneck*‘), | Ebendort Br. Form? — Hiigelgrab | Weber, Korr.-Bl. 
g B.-A. Pegnitz mit Skelett 1902 5. 66 
249 E Forchheim °’) München Br.B I4 Umwallung Jahresbericht hist. 
u (2) N. M. F I 10 Walberla V. Ansbach 1907 
E Einzelfund S. 114 

250 |” Hollfeld®), Berlin Br. BI 4 Aus Hiigel- J. Schlemm. 

bis B.-A. Eber- V. K. F110 gräbern (z.T.| Weber, Korr.-Bl. 

251 mannstadt Nach- 1902 S. 66 

bestattung) 

252 Leidingshof’),, München | Br. S1 B 12| Flachgrab | Katalog d. Bayr. 
B.-A. Eber- N. M. (kantig), F 13 N. M. IV 
mannstadt (profiliert) Taf. XII, 6 

253 Ebendort München |Br.B.I3 FI5 _ Birkner 

St. S. 
264 Ebendort Ebendort | ES2 BI 4 _ Derselbe 
F I 3(?) 
255 Sanspareil, Berlin Br. V. E mit —_ J. Schlemm 
B.-A. Lichten- V. K. Bernsteinperle 
fels 
256 Beckerslohe®) | Nürnberg | Br. S2BI9| Hügelgrab |v. Forster in Niirn- 
bei Kersbach, N. G. F I 14 mit Skelett | berger Festschrift 
B.-A. Hers- 1901 S. 266 Taf. 18 
g bruck Fig. 2 
ad 
257 | 2| Bebrin ae Ebendort | Br. BI1 Hiigelgrabim Wunder, 
&/ dorf’), B.-A F 11 (gerade- | Hirschberg, ebendort 
E Hersbruck stehend),Über- | Leichen- Taf. 4, Fig. 25 
> gangsform von brand 
= Späthallstatt 
258 Hersbruck?*) | Ebendort | Br. B I 4. 10 Ringwall Ebendort, 
| FIS (Über- | Houbirg Taf. 9, 5 
gang vom 
| Tierkopf) 


Begleitende Funde. 1) Nemschenreuth: S.+ 157. — 2) Pottenstein: S.+ 161. 
— 3) Priillsbirkig: S. + 165. — 4) Rabeneck: Br. Knotenring. — 5) Forchheim-Wal- 
berla S. + 144. — 6) Hollfeld: Hallstattzeitliche Funde. — 7) Leidingshof: S. + 149. -— 
8) Beckerslohe: S. + 135. — 9) Behringersdorf: Gr. lI. Späthallstattinrentar (Fibel 
und Ringe‘. — 10) Hersbruck: Funde der Bronze-, Hallstatt- und Frühlatenezeit, 


ey 


731 


Laténefibeln. 


Variante, 


Sammlung | Genauere An- 
gaben 


Nachweis. — 
Literatur 


Zur Fund- 
geschichte 


le 
259 | 2 ( Thalmässing'), ? Br. S1 BI3| Hügelgrab nee Präh. Bl. 
‘d| B.-A. Hilpolt- SI mit Skelett | III Taf. 3,5 
& stein 
260 3 Fo. u Dresden | Br.S1 BI2 — Deichmiiller 
z F13 
261 Stetten oder | Karlstadt |Br.S2BI18F3, Angeblich Hock 
Hambach Privatbesitz (kleine Rosetten| aus einem 
g B.-A. Karlstadt mit Korallen- | Hügelgrebe 
e stiickchen 
262 | 8 Thüngen, Würzburg | Br. S 2 V. D — Reinecke in 
E B.-A. Karlstadt B stark ver- Lindenschmit, A. 
= dickt, F Rosette V. 328 
e mit Korallen- 
stiickchen 
263 Frankfurt Frank- |Br. Sı BI3| Hügelgrab Beltz 
a. M.?), furt a. M. FI9 im Stadtwald 
H. M. 
264 I z [ Eschersheim’), | Ebendort | Br.S2 B flach Grab Derselbe 
S Kr. Hanau F I 11 
265 |] Altenburg‘, | Cassel | Br. B flach, | Wallburg der Eisentraut-Cassel 
e I bei Niedenstein langgestreckt Spät- 
od Fritzlar F kleiner, nach‘) latenezeit 
aussen ge- 
bogener Knopf 
266 Kl. @leich- | Meiningen | Br. S1 BI4 | Wallburg Jacob 
bis berg’) bei F17 VAPS S. 26 F. 71° 
269 Römhild (Übergang von 
+ V. ©) 
270 Ebendort Ebendort SE? e e 3 Desgl. Ebendort 
e F I 3. 10 
271 s Ebendort Ebendort Br. V. E Desgl. Ebendort 
272 = Ebendort Ebendort | Br. = 1 BI3 Desgl. Ebendort 
6 
© 
273 E Ebendort Ebendort | Br. ei 2B I3 Desgl. Ebendort 
Ee 
274 | &| Ebendort | Ebendort |Br. 81 BI2 _ Reinecke in 
2 FI16 Lindenschmit, 
= 338 *) 
275 Ebendort Ebendort Br. B I 18 — — 
- F I 16 
276 Ebendort Ebendort | ES 1BI3 — — 
FI3 
277 . Ebendort Ebendort | ES L S a 11 = — 


DE -m 


Begleitende Funde. 1) Thalmissing: S. + 138. — 2) Frankfurt a. M.: Br. 
Beschläge. In den anderen Hügeln Bronzen Hallstätter Art. — 3) Eschersheim: 
Br. Kolbenringe. In weiteren Gräbern Bruchstücke von ähnlichen. — 4) Altenburg: 
S. V 185. (Im Bezirk der Wohnstätten, sog. Grüne Platte). — 5) Kl. @leichberg: S. + 171 
<7 187. Mehrere nicht näher bestimmte Bruchstücke. 


*) Auf der Tafel 339. 
47* 


Fundort Sammlung 


R. Beltz: 


Variante. 
Genauere An- 


Zur Fund- 
geschichte 


Nachweis. — 
Literatur 


278 ‘ Kl. @leich- Coburg | Br.8 1 BI2; Burgwall |Lindenschmit, A., 
berg bei BIR IV. 14, 12 
Rémhild 
279 Leimbach!), | Meiningen | Br. S 1 BI 1° Urnenfeld | Goetze in VATh. 
Kr. Meiningen F I 10 ( die älteren | S. 223. — Neue 
(noch mehrere | Funde Beitr. z. d Alter- 
Bruchstücke) | vielleicht tumskunde v, 
aus Skelett- | Meiningen 1888, 
gräbern) Taf. 3, 7 
280 Unterkatz?), | Ebendort Br. BI 3 | Hiigelgrab | Pusch. — Goetze 
Kr. Meiningen F 1,2 | in VATh. S. 226 
mit kolben- (Reinecke, 
artiger Ver- Korr.-Bl. 1903 
längerung *) S. 38) 
281 Pössneck Ebendort Br. BI3 Desel. Pusch 
Kr, Saalfeld FI4 
S.-Meiningen 
282 Jtidewein’) Gera Br. BI 4 Auf dem Auerbach-Gera. 
} Kr. Saalfeld F I 11 Galgenberge | Goetze in VATh. 
„| S.-Meiningen (Brand neben S. 360 
P -i Bestattung) 
283 3 \Moderwitz*) |Hohenleuben Br. B I 4 Hiigelgrab | Goetze in VATh. 
lr bei Neu- Reichenfels FI5 mit Skelettea S. 391 
el stadt a. O., opp. Latenezeitl. 
9) §.-Weimar- Funde zw. Saale 
go Eisenach und W. Elster 
g . 1911 S. 89 
284 |2| Wohlmut- Jena Br.S2B13 Desgl. Eichhorn. 
= hausen’) F abgebrochen Goetze in VATh. 
V.-B. Derm- S. 220 
bach 
S.-Weimar- 
Eisenach 
285 Jenzig®) bei | Ebendort Br.S 2.3 Einzelfund Desgl. 
Jena BI3 S. 326 
F abgebrochen 
286 Jena’) Ebendort Br.BI 17 Grosses Desel. 
F fehlt Grabfeld S. 306 
auf dem 
Lerchenfeld 
(Urnen mit 
e Leichen- 
S brand) 
287 Ebendort Ebendort ES 2 Desgl. Desgl. 
sonst = 286 S. 306 
288 Nerkewitz, Ebendort Br. F 11 Einzelfund Desgl. 
V.-B. Apolda Bruchstiick S. 316 
S.-Weimar- 
Eisenach 


Begleitende Funde. 1) Leimbach: S. vu 194 æ 68. Br. Hals- und Armknoten- 
ringe, geperlte Armringe, Nadeln usw. E Gürtelhaken. — 2) Unterkatz: Br. Nuss- 
armring. — Lignitarmring, in Mittellatenezeit gehörend. — 3) Jüdewein: S. A 318. 
Nachtrag, — 4) Moderwitz: Br. Halsring, Armring, Haarnadel. S. Münze. — 5) Wohl- 
muthausen: E Schwert, Messer. Golddraht. — 6) Jenzig: Ebenda bronzezeitliche Funde 
und Herdstellen der Latenezeit. — "Jeng: V 199 ® 70, Gürtelhaken (vielleicht 
eine (zussstätte). 

*) Dazu ein Bruchstück. Br. Sonderform, Schlussstück verbunden. 


Laténefibeln. 133 
Variante ; 
Lfd. j Zur Fund- Nachweis. — 
Fundort Sammlun S 
Nr. = Be Än: | geschichte Literatur 
289 Gera’), ohenleuben| Br. S1 BI A _ Auerbach 
Reuss j. L. |Reichenfels Ä 
290 Stadtilm *) Wernige- |E V. E (Knopf Urnen- Höfer. 
g Kr. Rudol- rode in Birnen- gräber 
S stadt form) 
291 |Z| Saalfeld”, | Meiningen Br. Skelett- | Goetze in VATh.. 
2 Kr. Saalfeld gräber 8. 382 
292 181 Eischleben‘) | Gotha | Br. B Typ | Auf einem | Zschiesche in 
bis Kr. Gotha F I 16 Hügel VATh. 8.236. 
293 | -£ Urnenfeld | Florschütz, Mitt. 
3 der späten |d. V. f. Gothaische 
E: Laténezeit. Gesch. 1908 
Urnen 8.81, Taf.-Fig. 9 
gruppen- 
weise, ohne 
Steinschutz 
294 Wernburg’), "Dot enleuben Skelettgrab Auerbach. 
Kr. Ziegen- |Reichenfels | B I d 1. 14 | am Fuchs- Eu m VATh. 
| rück F I 13 hiigel 8. 388 Kropp. 
2.2.0.8. 11 108) 
235 Ebendort Ebendort | Br. S2BI4| Skelett- Ebendort 
FI5 gräber Kropp a. a. O. 8. 66 
296 Ebendort Ebendort S2BI2 Desgl. Ebendort 
F I 11 Kropp a. a. O. 
S. 73, 118 
297 15 Ranis®), Ebendort | Br. BI 4. 1 Desgl. Auerbach. 
=ı Kr. Ziegen- FIS Kropp, 8. 11. 
u rück Abb. 13 
298 el Ebendort Ebendort m T i 2 Desgl. Ebendort 
299 |2| Ebendort | Ebendort Br. BI 4 Desgl. Ebendort 
300 | £ Ebendort Ebendort Br. BI4 Desgl. Ebendort 
£ FI2+14 | 
301 | a Ebendort Ebendort Br. BI 1 Desgl. Ebendort 
bis (hohl) 
302 | 4 15 
303 E Ebendort Ebendort pr S A 4 Desgl. Ebendort 
304 Ebendort Ebendort | Br. BI 4 17 Desgl. Ebendort 
(Bruchstück) 
305 Ebendort Ebendort Br. B I 4 Desgl. Ebendort 
bis FI2 
306 
307 Ebendort Ebendort Br. Typ, Desgl. Ebendort 
i (aber B un- 
verziert) 


n- 


Begleitende Funde) 1) Gera: ® 69. — 2) Stadtiim: E Schere. — 3) Saalfeld: 
Schmuckringe aus Bronze, Bernstein, Lignit, Urne von Drehscheibearbeit. — 4) Eisch- 
Drehscheibengefässe, in jeder Urne eine Beigabe: Gürtelhaken, Fibeln 


leben: 


S. @ 77. — 5) Wernburg: Br. Hals- und Handknotenringe u. dgl. und weitere 
Abbildungen meist Duxen-Art bei Kropp a. a. a. Ort. — 6) Ranis: S. 7 225. 


184 


Lfd. 


Nr. 


308 


810 


Grab 1 mit A 328 und br. Pinzette. 


T 


Provinz Sachsen (Südlicher Teil) 


Fundort | Sammlung 
Ranis, Reichenfels 
Kr. Ziegen- 
rück 
Ebendort Ebendort 
Ebendort Ebendort 
Ebendort Ebendort 
Ebendort Ebendort 
Ebendort Ebendort 
Ebendort Ebendort 
Ebendort Ebendort 
Ebendort!) Dresden 
Gleichen Halle 
bei Erfurt 
Hasenburg*) | Ebendort 
bei Buhla, 

Kr. Hohenstein 
Wennungen, | Ebendort 
Kr. Querfurt 
Helfta, Mans- | Eisleben 
felder See- 

kreis 
Schafstedt, Halle 
Kr. Merse- 

burg 

Kl.Corbetha°®), Ebendort 
Kr, Merse- 

burg 


Variante. 


Genauere An- 
gaben 


Br. BI 4 
FIS 


(mit Furchen) 


Br. = 308. 309 
aber B I 12 


Br. B I 6. 17 
F abgebrochen 


Br.BI4 
FIS 


Br. B.I 4 


F abgebrochen 
Br. 8 1 BI10 
F 


I 4 


(Spitze stärker 


profiliert) 


Br.S3BI2.11 
FI 14 


Br. BI 4 
F I 4 (mit 
längerer 
Spitze) 
Br. 4 
V.EFI5 


Br. Pracht- 


Furchen. FI 2 
flach, mit Ver- 


langerun 


(blumenartig) 


1 Br. 1 E 


Br. Form? 


E V.E 


Br. S 2, an 


den Enden 
Korallen 


B I 18 Schale 
mit Koralle 


I 11 


(mit Koralle) 


Zur Fund- 
geschichte 


Skelett- 
gräber 


Desgl. 
Desgl. 
Desgl. 
Desgl. 


Desgl. 


Desgl. 


Desgl. 


Vom 
Kochsberg 


Wallberg 
auf steilem 
Plateau 


Br.S13 BI3| Einzelfund 
FI4 


Urnenfeld 


Nachweis. — 
Literatur 


Auerbach 
ebe De 
1) 


ae 
Ebendort 
Ebendort 
Ebendort 


Ebendort 
(abgeb. Kropp 
S. 26, 39) 


bondon 
(abgeb. Kropp 
3 55, 84 


Ebendort 


Deichmiiller 


Reuss 


Reuss. 
Hoefer in 
VATh. 8. 184 


Reuss 


VATh. S. 29 
Reuss 


Förtsch, Mitt. d. 
Prov. Mus, II 
8.48 Abb. 1 

Goetze in VATh. 

S. 12 


7 Begleitende Funde. 1) Ranis: Nach Kropp a. a. O. S. 75 sollen diese Fibeln 
von Galgenberg von Jüdewein stammen. S. A 282. — 2) Hasenburg: Funde aus 
verschiedenen Perioden (Bronzezeit bis Merowingerzeit). „ 79. 


— 3) Kl. Corbetha: 
Sonst Urnen z. T. Handarbeit, z. T. Drehscheibe. 


Latenefibeln. 7385 


Variante. 
Fundort Sammlung | Genauere An- 
| gaben 


Lfd. 
Nr. 


| Zur Fund- 
| geschichte 


Nachweis, — - 
Literatur 


Förtsch, Mitt. d. 


328 Kl. Corbetha’), Halle |Br.S2BI2(Ko-| Urnenfeld. 
Kr. Merse- Prov. Mus. II 


ralle am Bügel- auf der 


burg kopf) F I 10 ` Graslücke S. 48 Abb. 2 
(mit tonnenf. | 
Koralle, ähnl. 
Stück A 361 8), 
329 Ebendort!) Ebendort ` Be, S2BI3 | Desgl. Ebendort, 
FI8 S.49 Abb. 4 
ı (mit Spitze) | 
330 Ebendort?) | Ebendort Br. ähn). ` Desgl. Ebendort, 
327. 328 | S. 50 
331 Ebendort?) Ebendort Br.S2 | Desgl. Ebendort, 
B Typ (ein- | S. 51 
facher) 
= Bruchstiick | 
332 | S| Ebendort Ebendort EBI2 |  Desgl. Ebendort 
: F fehlt | 8.54 Abb. 20 
333 |5| Ebendort Ebendort ERI3 | Desgl. Ebendort, 
= F fehlt ' S. 56 Abb. 57 
334 |Z| Ebendort Ebendortt | ES2BI3 Desgl. Ebendort, 
= F unter dem | S. 58 Abb. 25 
© Rost nicht | 
a erkennbar | 
335 Se Möritzsch 3), Leipzig |E BI 3 FI? Urnengriber | Jacob, Latene- 
bis | „| Kr. Merseburg | Privat- | funde der Leip- 
336 I a sammlung ziger Gegend IT, 13. 
> IIl, 16 
337 Ié) Halle a. 8. Berlin Br. BI3 | — J. Schlemm 
V. K. FI2 | 
338 Ebendort?°), Halle Br. BI6 | — Reuss 
(Roedersberg), Armbrust- 
konstruktion 
Knopf 
(Certosa- 
charakter) 
339 Mücheln‘), Ebendort |Br. und E V.D| Urnen in Förtsch, Jahres- 
| Saalkreis S2 Reihen schrift S.-Th. L. 
(Prachtstück, III. Taf. 6, 17 
mit hoher 
Scheibe, 
Übergang 
zu V) 
340 Schenken- Berlin Br.8 2 BI 4 bag J. Schlemm 
berg, Kr. V. K. 
Delitzsch 


Begleitende Funde. 1) Kl. Corbetha: Gr. 2. — 2) KI. Corbetha: Gr. 3. — 
3) Kl. Corbetha: Gr. 15. Bronzeblech, Gürtelhaken. V 323. — 4) Möritzsch: Dreh- 
scheibengefässe, Br. Segelohrringe, 'Jutulusnadel. e 103. — 9) Halle a. S.: Fund 
im Hallstattcharakter (dabei eine Certosafibel. — 6) Mücheln: E Gürtel- 
haken, gekröpfte Nadel mit br. Kopf mit Perlen. Br. Segelohrringe, br. Gürtel- 
haken (11 Stück), Fibeln unbestimmter Art und w 100. 


736 R. Beltz: 


EG a anah Variante. | Zur Fund- | Nachweis. — 
Nr. = een ni An- geschichte Literatur 
341 Schenken- | Halle EBI2 | Umen ohne | Wahle, S.-Th. ` 
berg’), Kr. F Typ Steinschutz | Jahresschr. VIII 
Delitzsch (schmaler) S. 213 
gross 
342 le Ebendort Ebendort ES1 Desgl. Förtsch, Mitt. d. 
E BI9 Pr., Halle IT 
5 FI2 S. 66. Jacob, Jahrb. 
dë extrem gross d. Leipz. Mus. f. 
Volkerk. II, 1907 
E VII, 41 
348] 5] Zahnan, | Ebendort | Br. BI 2.11 | Umnenfeld | Fortsch, Mitt. d. 
ùl Kr. Witten- FIS auf dem Prov. Mus. 1900 
berg i Von 2 Ex. Weinberg S. 25 
nur Bruch- 
stücke 
344 Nache von | Magdeburg Br. V. E — Hahne- 
| Magd eburg Hannover 
345 Ebendort Ebendort Zu. di — Derselbe 
8 
346 Zerbst Zerbst E 8 2. 3 — Seelmann-Dessau 
Rathaus BI3.4 
Ge 
F I 4 (mi 
a $ 
Profilierung) 
347 Grimme’), Gr. Br. (Typ) Urnenfeld Derselbe 
dë Kr. Zerbst Kühnau 
348 Ebendort Ebendort Br. Desgl. Derselbe 
= ip | gl. TI 
349 Ebendort Ebendort | Br.S 2BI4 _ Derselbe 
(geschwollen) 
> FI5 
350 |. 2 Sorge‘) Zerbst Br. S fehlt Urnen- Becker, Sächs.- 
= (Forsthaus), Schloss BISFI8 gräber Thür. Jahresschr. 
Kr. Zerbst ohne Stein- II 5.1 
schutz ' 
351 Ebendort Ebendort Br. S 2. 3 Desgl. Ebendort 
BI4FI14 
352 Ebendort Ebendort ne l 3 Desgl. Ebendort 
353 Ebendort Ebendort RESCH Desgl. Ebendort 
354 Ebendort Ebendort Br. S 2. 3 Desgl. Ebendort 
BI2FI4 l 
355 Ebendort Ebendort | ES 2BI4 Desgl. Ebendort 
(stark) F I 11 
356 Ebendort Ebendort ;|EBI4F1I138 Desgl. Ebendort 
(Bruchstiick) 


Begleitende Funde. 1) Schenkenberg: Grabfeld Nr. III (AI se 104). — 
2) Zahna: Segelohrringe usw. — 3) Grimme: Bronzefibeln, schildf. Ohrring, Bronze- 
blech, br. Pfeilspitze. — 4) Sorge: An derselben Stelle ein frührömisches 
Grabfeld. V 241 e 109. 


Latenefibeln. 737 


Variante i 

Lfd. | | Zur Fund- Nachweis. — 
Fundort Samm! An- 

Nr. 2S a | geschichte Literatur 


357 Lupo?) Zerbst Br. 8 2 BI 2] Urnenfeld Seelmann 
Kr. Zerbst Rathaus | (geschwollen) 
F18 
358 Ebendort Ebendort | Br. S z B I4 Desgl. Derselbe 
4 
(aber kleiner) 
359 E Ebendort Ebendort |ES1BI4 Desgl. Derselbe 
= F Ubergang 
< zu V (2 br. 
Perlen) 
360 Gr. Kühnau Privat- i Br. BI3 FI4 — Seelmann, Sächs.- 
Kr. Dessau besitz (unten flach) Thür. Jahres- 
schrift III, S.82 
361 Cöthen Gr.Kühnau ES2.3 — Seelmann 
BI2FI2 
362 Leipzig‘) Berlin |EB_13 FI3| Urnenfund Deichmiiller. 
V. K. in der Jacob, a. a. O. 
Arndtstr. Taf. I, 3 
363 Leipzig- 1 Berlin EBI3 Urnenfeld Deichmiiller, 
bis Connewits*) NR FI2‘ Korrespondenz- 
370 7 Leipzig blatt d. Deutsch. 
a. G. 1897 8. 29 
Jacob VII, 39 
371 S Markklee- Leipzig Br. S 1 Urnen ohne Deichmiiller. 
| berg‘) bei B Typ mit | Steinschutz | Jacob XXI, 135 
a Leipzig Nagel f. Email 
a oder dgl. 
g F abgebrochen 
372 A Ebendort*) Ebendort Br. S 2 Urnenfeld Jacob 
e B I 18 Deichmiiller 
Ge F unerkennbar XXI, 136 
373 Crébern’) Berlin Br. BI 3 Desgl. 
bei Leipzig V. K. FIS Jacob 
S. 69 ff. 
374 Ebendort *) Leipzig |ES 1 1 A I2 Desgl. Dieselben 
375 Ebendort®) Ebendort |ESI1B12 Desgl. Dieselben 
F I 10 
376 Ebendort?) parn EBI4FI? Desgl. Dieselben 
.K. ° 


Begleitende Funde. 1) Luso: Reste von drei Ringen; Gürtelhaken, ge- 
kröpfte Nadeln, Perlen usw. V 242 — 2) Leipzig: E Gürtelhaken, Ringe, Bronzenadel mit 
Tutuluskopf. — 3) Leipzig-Connewitz: Br. Gürtelhaken in Form einer menschlichen 
Gestalt mit gespreizten Beinen, Gürtelbeschläge und Blechstücke. E Gürtelhaken 
und Ringe. V 248. — 4) Markkleeberg: Br. Gliederkette, Blech (Bruchst.). Knotenring. 
Vv 252. — 5) Cröbern: V 249. Br. interessante Gürtelhaken, Band, Spiralringe. 
E gekröpfte Nadeln, Ringe. Urnen, z. T. Drehscheibearbeit. S. Nachtrag. 


R. Beltz: 


394 


395 


396 


Königreich Sachsen 


Fundort 


Ebendort?) 


Groitzsch *) 
bei Pegau 


Nünchritz 
bei Riesa 


Seebschiitz*) 
bei Meissen 


Ebendort?) 


Ebendort?) 


Nieschütz‘) 
bei Meissen 


Libtau °) 
bei Dresden 


Ebendort 
Tolkewitz 


bei Dresden 


Stetzsch°), 
bei Dresden 


nn Zn m 


Begleitende Funde. 
stücke von Knochengegenständen. 
breit gehimmerten Enden. — 3) Seebschütz: E 4 Gtirtelhaken, Ringe. 
Undset XXIII, 3. 
6) Stetzsch: Br. Kette. 


Variante. 


Saung R | Zur Fund- Nachweis, — 
u n- e ; 
gaben KI geschichte Literatur 
Dresden Br. S 3 Urnenfeld |Jacob, Taf. IV, 28 
BI4 
Ebendort Br. BI 3 Wahr- Deichmiiller. 
FI2 scheinlich Undset, Eisen 
Urnen- - 8. 224, 
feld Jacob IV, 27 
Privat- Br.BI2 Urnenfeld Jacob V, 33 
besitz FIT. 8 am Galgen- 
berge 
Dresden Br. VE — Deichmiiller. 
Preusker l. c. III, 
S. 85 Taf. VI 
Fig. 61 
Privat- Br. SI 2 == Deichmüller 
besitz B I 10 
F I 13 
Dese) E Typ B un- = Derselbe 
verziert (zum 
Teil nicht 
recht 
erkennbar) 
Desgl. |E Bruchstücke — Derselbe 
ähnlich 
wie 381 
Dresden | E BI 15 Urnengrab Derselbe 
(1 Br.) 
Privat- EBI1 Billendorfer Derselbe 
besitz |Fabgebrochen| Urnenfeld 
mit Laténe- 
Nach- 
bestattung 
Desgl. EBI2 In einer Wilke-Chemni 
(Bruchstiick) Urne 
Dresden E83 Billendorfer Derselbe 
(Bruchstück) | Urnenfeld 
m. einzelnen 
Laténe-Be- 
stattungen 
Ebendort |Br. S3 BI3 Einzelne Deichmiiller, 
FI4 Gräber u. Isis 1894 S. 33 
Urnenfeld d. 
„Lausitzer“ 
$ und „Billen- 
dorf“-Typ. 


1) Pegau: Br. offener Armring, E Gürtelhaken. Bruch- 
— 2) Groitzsch: Br. offener Drahtarmring mit 

Br. Nadel = 
— 5) Löbtau: V 257. 


4) Nieschütz: E 2 Giirtelhaken. 


Laténefibeln. 139 


Lfd. RER RN et Variante. Zur Fund- Nachweis. — 
Nr. IMMUNE Ge ie An- geschichte Literatur 


| F 


397 Briessnitz*) Dresden | Br. BI 6 Urnenfeld Deichmiiller, 
be b. Dresden R Bruchstücke Isis 1880 S. 34 
400 Debatten Ebendort | E BI3. 12 Desgl. Deichmiiller. 
pe b. Dresden FI? (Undset, Eisen 225) 
402 Heidenau’) | Ebendort Ä a Desgl. Derselbe 
bis b. Pirna | BI T4 
403 g 
404 | 3] Ebendort‘) | Ebendort (ër Bruchstücke Desgl. Derselbe 
be E von ähnlichen 
406 E Ebendort Ebendort Br. V. E Desgl. Derselbe 
407 | I Ebendort®) | Ebendort EBI3 Desgl. Derselbe 
z (kaum 
GG erkennbar) 
408 Ebendort Ebendort ES1 Desgl. Derselbe 
Wée sonst Typ 
1 
a Ebendort Ebendort E Typ Desgl. Derselbe 
is 
413 | 
414 Ebendort Ebendort | E Typ, aber | Desgl. Derselbe 
bis schmächtiger | 
420 | 
421 | a| Bernstadt°), Breslau |ES 2.8 BI6 Urnenfeld Seger, 
ai Kr. Ols F abgebrochen Schl. V. VI S. 414 
422 |<) Kl.-Jeserits | Ebendort | E S 2. 3. 4. | Ind. Gegend Seger, 
E Kr. Nimptsch B I 6 (mit er-; zahlreiche Schl. V. 
höhtenLinien) Funde im S. 416,2 
F Rosette Charakterd.| oben Abb. 37 
jüngsten 
Hallstattzeit 
423 Neustadt a. R. Hannover EBI4 — Hahne 
Kr. Hannover (Fuss ab- 
9 gebrochen) 
424 > Ebendort Ebendort | E Ch 4 — Derselbe 
= 
= 
425 1 =} Nienburg’) Ebendort Br. BI5 _ 
eg P 1 8 (Über- Derselbe 
gang von }) 
426 Ebendort | Ebendort S 2 — Derselbe 
ui 


Begleitende Funde. 1) Briessnitz: E 3 Bruchstücke von Fibeln, Messer. 
Br. Nussarmring, 2 Bruchstücke eines solchen, 2 glatte Armringe und kleiner Ring. 
Schiefer: roh geschnittener kleiner Ring. — 2) Dehnitz: E hornförmiger Gürtel- 
haken, Gürtelbeschlag auf Bronzeblechband, geschlossener Ring. Br. Nadel mit 
seitlichem, kegelförmigem, hohlem Kopf (Undset XXIII, 2), 1 ähnlicher ohne Kopf, 
mehrere Bruchstücke eines Ringes, darunter 1 Bruchstück mit Masken. — 3) Heidenau: 
w 258 Br. Nadeln mit profiliertem Kopf. — 4) Heidenau: E Gliederkette, Glas- 
perlen. — 5) Heidenau: Noch mehrere Bruchstücke von ähnlichen. — 6) Bernstadt: 
< 273, E Pinzette, Nähnadel. S. Nachtrag. — 7) Nienburg: + 243, vu 281, w 127. 


740 - R. Beltz: 


Lfd. nnii TR Variante. | Zur Fund- Nachweis. — 
Nr. ze ns u. An-| geschichte Literatur 
427 Nienburg, Hannover Br. V. E — Hahne 
428 Ebendort Ebendort Br. BI 3 — Derselbe 
F I 16 
429 Ebendort Ebendort Br. S 2 — Derselbe 
BI2V.E 
(mit grosser 
Scheibe) 
430 Ebendort | Ebendort er 9 _ Derselbe 
(mit Halb- 
| wulst) 
431 Ebendort Ebendort Br. S 1 = Derselbe 
BI 4. 11 
FIS 
432 Ebendort | Ebendort Br. BI 2 _ Derselbe 
| F I 11 (klein) 
433 Ebendort | Ebendort | Br.8 2 BI 4 = Derselbe 
F an der 
Spitze noch 
zwei auf- 
liegende 
2 Ä Kugeln 
434 > Ebendort Ebendort Br. BI 4 = Derselbe 
g F I 10 
435 | ® Ebendort Ebendort | ES2BI4 oa Derselbe 
e FI2 
436 Ebendort Ebendort | ES2BI4 = Derselbe 
| F I 10 
437 Ebendort | Ebendort EB13 = Derselbe 
438 Ebendort Ebendort EBI4 = Derselbe 
. F I 16 i 
439 Ebendort Ebendort EBI3 _ Derselbe 
bis FI5 
440 — Derselbe 
441 Ebendort Ebendort Br. B I 6 
V. D (klein) = Derselbe 
442 Ebendort?) Ebendort Br. BI 6 
F I 8 (Über- 
gang von }) 
443 Ebendort ?) Dresden | Br. V. E Fuss- Aus Deichmiiller 
ende stark Urnen- 
profiliert gräbern 
444 Erichshagen®) Hannover Br. BI3 Desgl. Hahne 
Kr. Nienburg FI5 
445 Ebendort Ebendort Br. B14 Desgl. Derselbe 


F I 11 (kleiner) | 


Begleitende Funde. 1) Nienburg: Ausserdem 9 Bruchstücke von nicht näher 
bestimmbaren Fibeln A. — 2) Nienburg: E: Gürtelhaken; Ring. Glas: blaue Perlen, 
zum Teil mit weissen oder gelben Augen. — 3) Erichshagen: Mehrere Bruchstücke, 
anscheinend von ähnlichen. 


Fundort 


Latenefibeln. 


Variante. 


Sammlung | Genauere An- 


gaben | 


Zur Fund- 
geschichte 


741 


Nachweis. — 
Literatur 


446 Wölpe Hannover |Br.BI2 FI2| Urnenfeld Hahne 
Kr. Nienburg festgegossen 
447 Ebendort — Br. BI 3 FI12 Desgl. Derselbe 
festgegossen 
448 Visselhövede | Lüneburg Br. BI3 |Urnei einem Lienau- 
Kr. Verden Sandhtigel Lüneburg 
449 Uelzen ?), Hannover ES 2.4 Urnenfeld Hahne 
bis BI4FI2 
451 ES2FI18 
452 Emmendorf | Ebendort Br.S 2B Desgl. Derselbe 
Kr. Uelzen mit Niet- 
stacheln wahr- 
scheinlich f. 
Email od. dgl. 
Brchst., zeitl. 
Stellung frag]. 
453 Kahlstorf?) — S2 Br. BI5| Urnenfeld Derselbe 
Kr. Uelzen F114 
454 Molzen Ebendort | Br. B I 4. 11 Desgl. Hahne. Undset 
Kr. Uelzen F I 8 (gerippt, XXVI 14 
fiir Email- Lindenschmit, 
einlage?) Alt. II VII 3,4 
455 Oitzmühle°), — Br. BI 3 — Schwantes, 
Ss Kr. Uelzen FI8 P. Z. I S. 154 
= Urnenfriedh. I 
= S. 144 Taf. 28/30 
456 | S| Oldenstadt‘)| Ebendort | Br. BI 17 Desgl Hahne 
dl Kr. Uelzen F I 8 (Bruchst.) 
457 Ebendort Ebendort | Br. ea LU Dese) Derselbe 
Fuss u. Biigel 
durch einen 
umgewickelten 
‘Ring verbunden 
458 Ebendort Ebendort Br. BI 2 Desgl. Derselbe 
V. E mit gross. 
flacher Schale 
Bruchst. 
459 Ebendort Ebendort Br. F 1 8 Desgl. Derselbe 
Bruchst. 
460 Reinsdorf Ebendort |E2 SB3. 11 Desgl. Derselbe 
Kr. Uelzen (Bruchst.) 
461 Ripdorf®) Ebendort Br. B I 12 Desgl. Miiller-Reimers 
Kr. Uelzen FIX S. 10 Kemble, 
Ztschr. f. Nied.- 
sachsen 1852 
| S. 165 
462 Römstedt Ebendort Br. BI 11 Desgl. Derselbe 
Kr. Uelzen | Bruchst. 
463 Wrestedt Ebendort , Br. FI3 Desgl. Derselbe 
Kr. Uelzen | (Bruchst.) 


Begleitende Funde. 1) Uelzen: 2 Bruchstücke von ähnlichen. V 298. — 
2) Kahistorf: V 296. — 3) Oitzmühle: V 305. Spiralohrringe, Gürtelhaken u. a. 
Inventar Schwantes IIL — 4) Oldenstadt: V 306. — 5) Ripdorf: Spiralohrringe, Nadeln, 
Glasperlen, Inventar der dritten Stufe Schwantes, Präh. Zeitschr. I, S. 151 Q 1 V 309, 


742 R. Beltz: 
Liaj ` tung pace Variante. | Zur Fund- | Nachweis. — 
a n 3 e 
SS ee An geschichte Literatur - 
464 Gegend von | Hannover | Br.S2 BI4 | — Hahne 
Lüneburg’) (geschwollen) | 
F | 
(angegossen) | 
465 Ebendort Ebendort Br.SBI4 | — Derselbe 
F I 8 (mit | 
Nietstacheln) 
466 Ebendort Nürnberg | Br.BI3 FI3 — Beltz 
i G. M. mit Fortsetzg. 
D 
> 
46% z Fo. u. Hannover | Br. BI3 V.E); — Hahne 
a 
468 = Fo. u. Ebendort Br. F I 2 _ Derselbe 
daran rhom- 
bische Schale 
besetzt mit 
Korallen 
Brchst. 
469 Fo. u. Ebendort Br. S 2 _ Derselbe 
bis B I2. 11 
471 Bruchst. | 
472 Helmstedt?) Braun- Br. BI 2 Urnenfeld | Scherer-Braun- 
schweig FI2+5 schweig. Kruse, 
H. M. deutsche Alter- 
tümer I[J11828 Taf. 
II, 3. Voges, Vore. 
Braunschw. S. 29 
473 Ebendort?) Desgl. Br.S2BI15 Desgl. Derselbe 
(schildförmig) Undset, 
16 Eisen XXIII, 16 
FI2.5 
(seltene Form) 
474 Ebendort Dresden |Br.S.3BI4 = Deichmiiller, 
V. D 
475 | sof Ebendort Ebendort | Br. Bruchstiick — Derselbe 
476 1 È Ebendort Ebendort Br. B I 2 — Derselbe 
477 E Lauingen*), | Braun- Br.S2 BI3/ Urnenfeld |Fuhse,Braunschw.. 
£| Kr. Helmstedt; schweig Voges, Braunschw. 
= | St. M. Magazin 1897 S.135. 
& Vorg. Braunschweg. 
| S. 28. 
Undset, Eisen 
| S. 231. 
478 Ebendort | Ebendort | ES 2 V. E Desgl. Derselbe 
479 Ebendort Braun- E S 2 B-Typ Desgl. Scherer 
schweig FI7 
H. M. 
480 Ebendort /Privatbesitz,E BI3 F 14 Desgl. Fuhse 


Begleitende Funde. 


1) Lüneburg: Bruchstücke von drei nicht näher be- 


stimmbaren (Br.). — 2) Helmstedt: Fibeln, Halsring, Emailperlen, Spiralohrringe, 
gewundener Eisenring. S. w 150. — 3) Lauingen: S. V 276. Giirtelhaken, gekröpfte 
Nadeln, Spiralohrrin 


Laténefibeln. 743 


, = Variante. Zur Fund- Nachweis. — 
amm S 
ung | Genauere An geschichte 


gaben 


Fundort : 
Literatur 


481 Nordbastedt, Kiel Br.S2BI4 Im Moor Mestorf-Kiel 
Kr. Siider- gefunden Ä 
dithmarschen | 
(Holstein) 


482 Hohen-Luckow 
bei Biitzow 
(Mecklenburg- 
Schwerin) 
483 Gr. Gischau,?) | Salzwedel | ES2BI4 
Kr. Salzwedel FI6 


Schwerin | Br. B 1 3.11: Einzelfund Beltz V A M 
FI6 | Taf. 46, 27 


Urnenfeld | Zechlin-Salzwedel 


484 Ebendort | Ebendort | ES 2 BI4 | Desgl. Derselbe 
.E 
aber rund- | 
licher | 
485 Ebendort Ebendort | Br.S 2.3 B15 Desgl. Derselbe 
FI? 
(Übergangvom e 
Vogelkopf) 
486 Ebendort Ebendort |E S Se BI4 Desgl. Derselbe 
FI 
487 Ebendort Ebendort | ES2BI14 Desgl. Derselbe 
F I 14 
488 [>| Ebendort Ebendort | ES2BI4 Desgl. Derselbe 
e F nicht 
= erkennbar 
Z (unvolist.) 
489 | „ | Kricheldorf®), | Ebendort | Br. B I 3. 17 |2 Grabfelder Lüdemann, 
bis (Si Kr. Salzwedel FI8 mit Urnen- | A.f. A. N. F. I 
492 15 (gekerbt) und Kno- S. 242, Fig. 3 
a chenlagern 
493 |s Ebendort Ebendort | Br.S2B14.17 Desgl. Desgl. 
= FEIS Fig. 12 
494 | = Ebendort Ebendort | Br.S2BI3 Desgl. Desgl. 
E (am Kopf Ko- Fig. 15 
rallenscheibe) 
FI2 
(mit Koralle) 
495 Ebendort Berlin Br. S 2 = J. Schlemm 
V. K. BI18.FI10 
496 Arneburg’), Stendal Br. B. I 2 Urnenfeld Kupka, S.-Th. 
Kr. Stendal FI2 am Galgen- | Jahresschr. 1910 
berg (I) S. 17 
497 Kakerbeck, | Salzwedel | E Bruchstiicke — Ebendort, 
Kr. Garde- von 5 Fibeln S. 19 
legen 
498 Althaldens- Neu- ES2BI14 — Hahne-Hannover 
leben haldens- FI2 


leben 


Begleitende Funde. 1) @r. Gischau: Mehrere ähnliche. — 2) Kricheldorf: 


2 kleinere A, V 374 Q5 Gürtelhaken (E u. Br.), Kreuznadeln, holst. Nadeln, 
Spiralohrringe, Messer usw. (vgl. auch Kupka, S.-Thiir. Jahresschr. 1910, S. 16). — 
»% Laténefibeln A und Y. — 3) Arneburg: Altertümer verschiedener Perioden, auch 
Hallstattfibel, s. auch V 391. 


144 R. Beltz: 


CH andere Steg Variante. | Zur Fund- | Nachweis. — 
Nr. Kat S E An- geschichte Literatur 


wa? e E Bm den EEE a e 
-= mm ee EE 


499 Bülstringen?), Neu- ES2BI4 Urnenfeld | Wegner, Zeitschr. 


Kr. Neu- haldens- F [13 auf dem f. Ethnol. 1895 
haldensleben leben Wind- S. 121 
mühlen- (S.139 Fig. 66) 
berge. 
Urnen meist 
ohne Stein- 
schutz, meist 
| mit Deckel 
500 Ebendort!) Ebendort | ES 2 FI 14 Desgl. Ebendort, 
(unverziert) S. 188 Fig. 53 
501 Ebendort!) Ebendort | E Bruchstück Desgl. Ebendort, 
8.138 Fig. 62 
502 Ebendort!) Ebendort | ES2BI4 Desgl. Ebendort, 
bis F I 5”) S. 139 Fig. 49 
503 (der zweite 
Bruchstück) 
504 Farsleben ?), Halle Br. V.E 8 2 — Reuss. Kupka, 
Kr. Wolmir- BI4 Jahresschr. S.-Th. 
stedt Vorg. 1910 S. 17 
505 Lohne‘) ! Berlin Br. S2 BI 4| Zahlreiche J. Schlemm. 
Kr. Jerichow I, V. K. FI? 


Urnen ohne | Undset, Eisen 
8. 229 


Provinz Sachsen (Norden) 


| | wesentlichen 
Steinschutz 
in einem 
künstlichen 
Hügel (Nach- 
bestattung?) 
und an ihm 
506 Ebendort Ebendort Br. S 2 Desgl. J. Schlemm. 
BI 17. 18 Kossinna, 
FI 11 Korr.-Bl. 1907 
S. 60 
507 Altmark Salzwedel | E ES I 4 — Zechlin 
(am Ende 
durchbohrter 
Knochenkopf) 
508 Ebendort Ebendort |Br.S2BI4| — Derselbe 
Bruchstück 
509 Ebendort Berlin ES2BI14 — Kiekebusch 
M. M. FI8 


Begleitende Funde. 1) Bülstringen: Reiche Ausstattung im Charakter La- 
tène I—II. E Angelhaken, halbr. Messer, Nägel (mit br. Köpfen), Gürtelhaken. 
Ringe, Zierbleche u. dgl., Pinzette, Nadeln (z. T. m. br. Kopf), Nähnadeln. — Br. 
Zierbleche, Ösenring, Segelohrringe (auch Spiralohrring?), Knotenring. — Glasperlen, 
Knochenkamm s. auch V 392, @ 207. Q 7. — 2) Farsleben: Br. abgeschnürter Ring, 
E Gürtelhaken (zugehörig?) vgl. æ 209, 3711. — 3) Lohne: Auch Q 38%. 
Reiches Inventar. Br. Kolbenhalsringe, Segelohrringe mit Glasperlen, Ketten. 

*) Verbunden durch Eisenbänder mit einem Blech. 


Latenefibeln. 


| Variante. 


Fundort Sammlung 


Genauere An- 
gaben 


745 


Zur Fund- Nachweis. — 


geschichte 


Literatur 


510 Bücknitz'), | Berlin | Sonderform _ . Kiekebusch 
Kr. Jerichow I M M. | _Br. V.D 
| | F verbunden 
| mit dem 
| | Bisel, auf 
| diesem 
| auch eine 
| Scheibe 
511 Cörbelitz, | Magdeburg EFI2 _ Hahne 
Kr. Jerichow I 
512 Eulenmühle?), Berlin |Br.S 2 BI 17, Urnenfeld J. Schlemm. 
Kr. Jerichow 1 V. K. FI Nachr. d. A. 1900 
S. 57 
513 Hohen- Ebendort | Br. BI 4 — J. Schlemm 
warthe’), | FEIS 
Kr. Jerichow I | 
314 |_| Ebendort Genthin | E Sonderform — Reinecke in 
e Certosacharakt.| ° Lindenschmit, 
= S1 B16.17 A. V 349 
5 | F flache 
Z | Scheibe 
515 | s| Leltzkau‘), Burg 'Br. S1 BI3| Urnenfeld I Hahne. Hirt, 
2) Kr. Jerichow I, F I 4 (klein) N.d. A. 1895 
S | S. 79. 21a 
516 ~ Ebendort Ebendort |E = dem vorig.) Ebendort Į Hirt, N. d. A. 21b 
517 LEI Schermen’), | Ebendort | ESıBI?2 — Hahne. Hirt, 
z Í Kr. Jerichow I F abgebrochen N. d. A. 1895 
Z | S. 79. 15 
18 Ebendort Halle Br.S 2BI4 Grosses Reuss. Kupka, 
FI5 Urnenfeld Jahresschr. 
| (dazu Seet e Th. Vorg.1910 S. 17 
| v. ähnlichen) | 
519 Ziesar®) Berlin |EBI2FI2 Desgl. Kiekebusch 
Kr. Jerichow I M. M. 
520 Ebendort Ebendort | Br. B. I 4 Desel. Derselbe 
| FI? 
521 Ebendort | Ebendort | Br.S2BI4 Desgl. Derselbe 
FI7 
er | Bruchstück 
is Ebendort |; Halle Br.S2 BII Desgl. Reuss 
(NS | | Fid 
524 Rossdorf | Magdeburg! SIEBII — Hahne 
S [Kr. Jerichow Il: | (geschwollen) | 
| F abgebroch. | 
) f 
| 
Begleitende Funde. 1) Bücknitz: Br. Segelohrringe. S. Y 403. — 2) Eulen 
mühle: (iefässe meist noch Lausitzer Typ. Br. Segelohrringe, Halsring mit Pe- 
schaftenden. E Nadeln, Giirtelhaken. S. Y 405. — 3) Hohenwarthe: S. 7 408. — 


4) Leltzkau: S. Y 410. Q 8. — 5) Schermen: S. Q 9 Q 412. 
kröpfte Nadeln, Messer. 
Einschnürungen. 

Zeitschrift für Ethnologie. 


Glasperlen. 
+ 234 Q 11 9 417. 
Jahrg. 1911. Heft 5. 


— 6) Ziesar: 


Br. Segelohrringe. E ge- 
E Gürtelhaken. Br. Ringe mit 


48 


Fundort 


Schollehne '), | | _Mchrere 
Kr. Jerichow II Urnenfelder 
596 Butzow °), Privat- | Br. Bruchst. Grosses 
2 Kr. Westhavel- besitz F I 3 (mit Urnenfeld 
land Bernstein- 
, scheibe?) | 
527 Ebendort?) Desgl. Br. S 2. 3 Desgl. 
| BI211 FI 7% 
528 Wagenitz') Berlin ; Br BI — 
Kr. Westhavel- M M. | F I 4 (klein) 
land 
529 Vehlefanz°) Berlin Br.S 2 BI4! Urnenfeld 
Kr. Osthavel- V. K. (geschwollen) 
land F I 8 mit 
übergreifender | 
| Spitze (besond. | 
| Sttick fast 
gleich + Var. C.) 
530 Ebendort Berlin | Sonderform Desgl. 
M M. Br.S 1 BI10, 
F I 10 
= (tierkopfähn!].) 
z z 
531 2 Storkow °) Ebendort |EBI4FI1 Desgl. 
2 Kr. Templin (Verdickung) | i 
532 | A| Milmersdorf, | Prenzlau | Br. BI4F 17 Urnengrab 
en a | Kr. Templin 
534 Hohen-Wutzen’) Berlin |Br. S2 B I10' = 
Kr. Königsberg V. K. FIS8 | 
i. N. | 
535 Kaulsdorf, | Berlin EV.D.S2 ze 
bis Kr. Nieder- M. M. Ähnlich Abb. 
D86 Barnim 39 
937 Löwenbruch‘), Privat- Br. B I 4. 17 | Urnengrab 
Kr. Teltow | besitz FI5 
538 Derwitz"), | Berlin | Br FI5 ze 
Kr. Zauch- | V. K. ' 
Belzig | , 
539 Alt-Töplitz”), Berin !EBI2FI2 = 
Kr. Zauch- M. M. (m. langer 
Belzig Spitze) 
540 Ragésen?'), |Privatbesitz ES 1BI 2 Urnenfeld 
Kr. Zauch- F12 
| Belzig 


Begleitende Funde. 


3) Butzow: 
Segelohrringe, 


ohrringe. — 


4) Wagenitz: 


Sammlung ` Genauere An- 
t 


1) Schollehne: S. 
Nadeln, Ringe, Gürtelhaken. Glasperlen. — 2) Butzow: 
In derselben Urne 
Nadel (E mit Br.-Kopf). 


R. Beltz: 


Variante. | Zur Fund- 


| gaben geschichte 


br. 


Nachweis. — 


Literatur 


Undset, Eisen 


S. 231 


Voss-Stimming. 
IVa Taf. 6.6 


Derselbe, 
IVa Taf. 6.1 
Oben Abb. 28 


Kiekebusch 


J. Schlemm. 
Goetze, Vorg. der 
Neumark. F. 81. 


Nachr. d A. 1894 


S. 29, 1895 S. 32, 


Ztschr. f. Ethn. 1592 


S. (464), 1894 S. 
(186. 201), 1899 
S. (144). 


" Kiekebusch 


Derselbe 


Schumann-Löck- 
nitz. Blume, Ver- 
zeichnis der 
Sammlung, S. 50 


J. Schlemm. 
Goetze, Vorg. der 
Neumark F. 81. 


Kiekebusch 


Hindenburg, 
Mannus II S. 199 
F. 21 


J. Schlemm 


Kiekebusch 


Voss-Stimming 
IVb Taf. 16, 1. 


V 402. Br. Ohrringe, Messer. E 
In derselben Urne Segel- 
Schwanenhalsnadel. 


V 20, — 


Bruchstück einer Fibel 


AC). — 5) Vehlefanz: S. + 245, w 231. — 6) Storkow: S. 7510. — 7) Hohen-Wutzen: 
v521. — 8) Lowenbrach: E Giirtelhaken, Urne mit gestreifter Wandung. Spinnwirtel. 
D Derwitz: + 247. F 410 @ 232. — 10) Alt-Töplitz: S. J 456. w 233. — 11) Ragösen: 


Serelohrringe 7 454. 


545 


Begleitende Funde. 
Armring, Segelohrringe, 


Brandenburg 


Böhmen 


Latenefibeln. 


747 


Variante 


Kr. Züllichau 


Neu-Bydzow® 


Dobschitz *) 


Ebendort 


Dux’) 


Ebendort 
Ebendort 
Ebendort 
Ebendort 


Ebendort 


Ebendort 
Ebendort 
Ebendort 
Ebendort 


Ebendort 


Tandori EEN Zur Fund- Nachweis. — 
S Gees An: | geschichte Literatur 
= ne np m EE 
Rietz?), Privat- | Br. BI1 Urnenfeld Voss-Stimming 
Kr. Zauch- besitz | FI 4 Taf. IU, 15, 9. 
Belzig 
Paserin, Berlin |Br, SI3BI5 = J. Schlemm 
Kr. Luckau V.K. | FI7 
Ebendort Ebendort |E BI 4 FI2 Desgl. Dieselbe 
Krummen- | Ebendort | Bruchstück | Urnenfeld |Ztschr. f. Ethnol. 
dorf’), XI. 1879, S. 222 


Bydzow |Br. 11 Ex. B I| Flachgräber Pič, 
2 bis 4 FI 4 Čechy na usvite 
ı und I 11 dejin I. 
| S 11/12 Taf. 20 
Prag | Br. 4 Ex. Desgl. |Ebendort, Taf. 4 
E 1 Ex. meist 
V.D mit S 2 
Ebendort E e 1 e I8 Desgl. Ebendort 
Wien H. M. Br. 3 ; I4| Massenfund Much, 
Deag, Dux, ' FIS in der Atlas S. 199, 1 
Schloss- Déeg Riesenquelle 
museum. in einem 
Dresden u.a. Bronzegefäss 
Ebendort ` Br. Typ Desgl. | Derselbe, S. 199, 2 
Ebendort | Br. BI 7%. 16 Desgl. Derselbe, - 
| FI4 S. 199, 3, 5 
| 
Ebendort | Br. BI“. 16 Desgl. Derselbe, S. 199, 4 
F4 
| 
Ebendort , Br. B16 Desgl. Derselbe, S. 199, 6 
Ä F I 11 
Ebendort , Br. B Typ, Desgl. Derselbe, S. 199, 7 
,82B116 
| FI2 
Ebendort Br. B Typ, Desgl. Derselbe, S. 199, 8 
| I 16, F fehlt 
Ebendort Br. B Typ Desgl. Derselbe, S. 199, 9 
Bruchstück 
Ebendort Br. BI 11 Desgl. Derselbe, 8.199, 10 
Bruchstück 
Ebendort ! Br. B I 15 C)!  Desgl. Derselbe, S. 199, 11 
Bruchstiick | 
Ebendort | Br. B I 2. 12 | Desgl. Derselbe, 8.199, 12 
FI4 
(stärker | 
profiliert) | 


1) Rietz gemischtes Grabfeld. In derselben Urne br. 
gekröpfte Nadel, einschneidiges Schwert. — 2) Krummen- 


dorf: Br. Schnallen. E Nadeln. Golddraht. — 3) Neu-Bydzow: Br. Halsringe mit 
Stempelenden, Nussknotenringe mit Charnier u. 8. Lignitring. — 4) Dobschitz: 


Br. 


Knotenringe. — 


Tongefüsse. 


E Schwerter. — 5) Dax: S. auch Pic, a. a. O 


Tafel zu S. 18 (noch weitere Beispiele des gleichen Schema). — Oben Abb, 15. 17 20 


48* 


748 R. Beltz: 
Variante. | 
Lfd. Ponder Samia EE Zur Fund- Nachweis. — 
í mlun : 
Nr. S ee An | geschichte Literatur 
60 Dux Wien H.M.| Br. F I 13 Massenfund Much, 
Prag. Dux. | Bruchstiick in der Atlas 8.199, 13 
Schlossmus. Riesenquelle' 
Dresden | 
561 Ebendort Ebendort En | Desgl. Derselbe, S.199, 14 
z1 | 
562 Ebendort Ebendort Dës B } 9 Desgl. Derselbe, 8.199. 15 
Ra? 
563 Ebendort , Ebendort en BI9 | Desgl. Derselbe, S.199, 16 
| I5 
p64 Ebendort Ebendort Br. B Typ | Desgl. Derselbe, S. 199, 17 
FIS 
565 Ebendort  Ebendort | Br. $ 2. B I T! Desgl |Derselbe, S. 201.1 
I4 | 
566 Ebendort Ebendort Br.S2 | Dexgl. Derselbe, S. 901.2 
B13.1 ` 
F I 11 | 
567 Ebendort Ebendort Br. Typ Desgl. Derselbe, S. 201.3 
| Oben Abb. 15 
M 
568 Ebendort Ebendort | Br. S i 16 Desgl Derselbe, S. 201. 4 
569 Ebendort Ebendort Br. Typ, Desgl Derselbe, S. 201,5 
| mit stärkerer 
5 Profilierung | 
570 £ Ebendort Ebendort Br. S 3 Desgl Derselbe, S. 201.6 
2 | BI13. 17 | 
| FI5 | 
571 Ehendort | Ebendort EEN i Desgl Derselbe, S. 201, 7 
1% | 
912 Ebendort Ebendort | Br. Typ BI 16 Desgl Derselbe, S. 201.8 
| F abgebrochen | 
13 Ebendort Budweis ‘Br.7 Exemplare Desgl. Löwenhöfer- 
Typ B I 3.6. 12 Budweis 
FI4 
und I 11 
514 Ebendort. Berlin Br. BI3 | Des) J. Schlemm 
V. K. FI? | 
BYE) Ebendort Ebendort Br. Typ Desgl Dieselbe 
576 Ebendort Ebendort | Br. Se 13. 14 Desgl Dieselbe 
. D | 
IVI _ Ebendort Ebendort Br. FI? | Desgl Dieselbe 
578 Ebendort Ebendort Br. V.D | Desgl Dieselbe 
FEI 
919 Ebendort Ebendort Br. F I 7 | Desgl Dieselbe 
(vogelkopf- | 
artig) 
580 Ebendort Ebendort Br. FI? Desgl Dieselbe 
bis 
381 | 
582 Ebendort Ebendort Br. B I 16 | Desgl Dieselbe 


FIG 


Latenefibeln. 749 


Lfd.| Bandar | e er Variante. Zur Fund- Nachweis. — 
i ammlung | G An- | : 
Nr. | ben 0" geschichte Literatur 
: | en "H | 
583 Dax | Berlin Br. B I 15. 17 Desgl. J. Schlemm 
| V. K. | FI? | 
584 Ebendort ` ` Ebendort | Br. V. D, aber Desgl. Dieselbe 
bis | SÉ FIT 
600 | | 
601 Ebendort | Ebendort "` Br. BI 4 Desgl. Dieselbe 
| FI2 
602 Ebendort | Ebendort | Br. BI 4 Desgl. Dieselhe 
his | 
603 | | 
604 Ebendort Ebendort | Br. BI4 | Desgl. Dieselbe 
| F I7 | 
605 Juliska?) ` Prag ' Br. 3 Exempl. ' Flachgräber Pie, XII 
(= Podbaba) | | Typ u. V. D., 
eins mit ge- ' 
wundenem 
Bügel in Art 
der Armringe ` 
(506 Kobylisy Ebendort |Br.S2 BI? Desgl. Derselbe, 
| Taf. VII 12 
Gi IS Ebendort Ebendort | Br. BI 3. 11 ` Desgl. Derselbe, VII 13 
E FI4 
EI S Kostomlaty’? Ebendort | Br.BI3 FI2 | Desgl. Derselbe, 32, 6 
609 Klobuky °) Ebendort Br. stark Desgl. Derselbe, 
iBI4.11 F111 Taf. III 3 
610 Langugestt) | Teplitz Br. B I 6. 17 ; Flachgräber- Reinecke 
bei Bilin F I 11 | feld i. Lindenschmit, 
(Skelette A. V, 1045 
ohne Stein- v. Weinzierl, 
schutz, meist 1. T. Grabfeld von 
n— BI Langugest, 
Taf. V 6 (S. 38) 
oll Ebendort Desgl. Br. B I 6. 16 Desgl. Dieselben, 
FI6 V 1046, V 5 (S. 38) 
G12 Ebendort Desgl. Br. B I 6. 17 Desgl. Dieselben 
F fehlt V 1047, V 4(S. 38) 
613 Ebendort®) Desgl. | EBI4 Desgl. Dieselben, 
bis F I 8 (?) V 1048, V 24, V 25 
614 2 gleiche 
Exemplare 
615 Ebendort®) |  Desgl. Br. I 9. 12 Desgl. v. Weinzierl, 
i F abgebr. Taf. IV 5 


Begleitende Funde. 1) Juliska: Br. Ringschmuck (mit Stempel, Knoten, 
Voluten, Halbkugeln). -- 2) Kostomlaty: Br. 9 594, Br. Halbkugelringe im 
Stil Latene IT, Giirtelhaken (Augustusmiinze?), — 3) Klobuky: Br. Ringschmuck 
werschiedener Art. — 4) Langugest: Männergräber mit Schwert, Lanze, Schild, ge- 
ringem Schmuck. Frauengräber mit Ringschmuck. (Gew. Bernstein, Glas nur 
einmal) Tongefässe fehlen. Von den zahlreichen Fibeln (besonders Eisen) sind nur 
die von v. Weinzierl beschriebenen aufgezählt. Gr.12. Br. drei Schmuckringe. — 
5) Langugest: Gr. 25. S. A 631. — 6) Langugest: Gr. 1 u. 2. Br. Knotenring, kl. 
Hing usw. 


7350 R. Beltz: 


Lfd. | | Variante. Zur Fund- Nachweis. — 
x Fundort ‘Sammlung | Genauere An- | | ie EE 
Nr. gaben geschichte Literatur 
Ze EE ENEE WEEN - = oor Fe ee 
616 Langugest') | Teplitz | Br. BI38 FIT Flachgriber- v. Weinzierl. 
his | feld S. 36, 10 
617 | 
618 Ebendort*) , Desgl. IE Bruchstücke Desgl. Derselbe., 
bis | Tat. IV 9 
619 | 
620 Ebendort?) `.  Desgl. Br.S1B19 Desgl. Derselbe., 
FI2 | Tat. 1V 15 
| | 
6? 1 Ebendort*) |  Desgl. EBIYFI3S! Desgl. Derselbe, 
| | | Tat. IV 24 
G22 Ebendort>) Desg. | EBI4 | Desgl. Derselbe, V 7. S 
bis F130) 
623 | | 
624 Ebendort‘) Desgl. EBI4 | Desgl. Derselbe, V 13 
FIB 
625 Ebendort*) ` Desgl. EBI? FI? Desgl. Derselbe, V 14 
| 
626 Ebendort*) | Desgl. ES2BI4 Desgl. Derselbe, V 17 
o TA 
g i FI? 
£ 
627 |53] Ebendort?’) Desgl. |E ähnlich den | Desgl. Derselbe, S. 40 
= vorigen 
628 Ebendort!") | Desgl. EBI} ` Desel. Derselbe, V 19 
| FI 10 
| Übergang zu Q 
629 Ebendort") Desgl. E unerkennbar' Desel. Derselbe, N 21 
| | 
630 Ebendort 19 Desgl. Br. B [ 9. 10. Desgl. Derselbe, 
FI4 V 26. S. 41, 22 
G31 Ebendort!?) Desgl. | Br. B Typ | Desgl. Derselbe, 
| FIS V 27, S. 41, 23 
632 Ebendort?*) | Desg] | EBI4 Desel. Derselhe, VI3 
| FIB 
633 Ebendort D Desgl. ‘Br. B Typ, aber Desgl. Derselbe, 
Schrägstriche. VI 12. S. HU, 24 
F 1 4 (länger), 
| 
634 Ebendort ') | Desgl. Br. BI 9 Desgl. Derselbe, 
| Fabgebrochen | VI 13, S. 41, 27 


Begleitende Funde. 1—14 Langugest. 1): Gr. 4 Br. Knotenring mit 
Volutenverzierung. E Giirtelkette. — 2): Gr. 4. — 3): Gr. 5. Typisches Frauen- 
grab, Br. Halsring mit Stempelenden, Knotenarmring, gewundener Handring. 
E Fibel, Oberarmring, Gürtelkette. — 4): Gr. 10. E Fibel, — 5): Gr. 12. — 6): (ir. 14. 
Br. 2 gerippte Armbänder, quergerippter Ring mit Kolbenenden. Fibelbruchst, — 
7): Gr. 15. — 8): Gr. 18. Br. Armring. — 9): Gr. 20. — 10): Gr. 21. E Armring. — 
1b): Gr. 24. Br. Armring. ÈE Fibel. — 12): Gr. 25s. auch 613. Br. 2 Armringe, 
E Pinzette. — 13): Gr. 35. Br. Armring. — 14): Gr. 39. Br. 2 Armringe, Fussring 
mit Stempelenden. E Oberarmring. 


Latenefibeln. ‘al 


Lfd. e ` i Variante. | Zur Fund- Nachweis. — 
undor ammlung ; , ; 

Nr. : SE An geschichte Literatur 

e GE gel EH am un 

635 Langugest') Teplitz ' Flachgriiber- v. Weinzierl, 

his e Fi e E | feld VI, 23. 24. S. 46 

636 Füllmasse) | Fig. 33 

637 Ebendort*) | Ebendort | EBI2 | Desgl. Derselbe, VI, 26 

| F abgebr. | : 

638 Ebendort3) Ebendort | E | Desgl. Derselbe, 
Bruchstück VI, 27. 28 

639 Ebendort Ebendort | E Übergang Desgl. Derselbe, VIL, 2.3 

bis zu V 

640 | 

641 ‘Ebendort®) | Ebendort EBIS | Desgl. Derselbe, VII, 7 
F abgebr. 

642 Ebendort®) | Ebendort |EBI4FIS| Desgl. Derselbe, 

bis | | die eine sehr VII, 15. 16 

6-43 gross 

G44 Ebendort’) | Ebendort | B BI1 Desgl. Derselbe, 

bis i ( ice: Blech, VII, 24. 25, 

645 u S. 54, 47 

a Form) FEI: 

GAG = Ebendort®) Ebendort | EBI2 Desgl. Derselbe, VII, 26 
= Bruchstück 
647 [S] Ebendort®) | Ebendort Br. BI 4 Desgl. Derselbe, VII, 30 
FI S. 54, 48 
618 Letky?’) Prag i Br. 6 Ex. etwas Grosses Pic, Taf. XIX, 15 
(L Se | ' abweichend Reihen- Oben Abb. 19. 24 
| B oft BI 6 griberfeld 
mit 10. 17 
| | F Typ, FL13 
| usw. 
| ' E? Ex.S1 
| | B11 
649 Libčeves ??) | Ebendort | ae 3 Ex. Desgl. Derselbe 
zT. S2BI XXV. XXVI 
| 1. e Sonder- 
| form mit 
hohen Buckeln 
| F 12.8 15 
650 Libesnitz '?) Prag EBISFI3| Flachgrab Pie, Taf. VI,» 
Oben Abb. 96 
Gol Libodritz °) Ebendort `, Br. 2 Ex. Flachgräher | Derselbe, XIII 
| Typ u. V. D. 

Begleitende Funde. 1) 1—9 Langugest: Gr. 45. Br. gerippter Fussring 
mit Stempelenden. — 2) Gr. 46. Br. Unterarmscharnierring. — 3) Gr. 49. Br. 
2 Armreifen. — +) Gr. 51. Br. Armreif. — 5) Gr. 52. Br. 2 Unterarmringe 
(einer gekerbt, reich verziert). E 2 Schmuckringe. — 6) Gr. 66. — 7) Gr. 72. Br. 
dünner Armring, 2 gekerbte Fussringe. Lignitring. — 8) Gr. 13. E Pfriemen. 
— 9) Gr. 74. E 2Fibeln. Br. 2 Knotenringe am Unterarm, 2 Stempelendenringe 
an den Füssen. — 10) Letky: Reiche Ausstattung. Br. Ringschmuck (Knoten, 
Stempel). E Schwerter, Lanzenspitzen, Ringe, Pferdeschmuck. — 11) Libčeves: 


Br. Ringe (mit Knoten), Gürtelhaken und Kette im Charakter Latene II. E Ringe 
9 595. 12) Libesnitz: Br. glatter Halsreif. — 13) Libodritz: Br. Knotenringe. 


152 R. Beltz: 


! 


Lfd. Fundort i Š iiz en Zur Fund- Nachweis. — 
ammlu - 
Nr. | S SE A geschichte Literatur 
| | E 
Morawes?) Privat- | Br. Sonder- Gräber Much, 
b. Saaz besitz form Atlas S. 203, > 
B I 3 ge- 
schwollen 
FI | 
ie | 
653 Neuhof?) Prag |BII5FI i = Pic IX, 6 
654 Nimburg’) Ebendort | Br. 5 Ex. Typ _ Derselbe, Taf. X 
u. V D mit | (oben Abb. 29) 
' S3 BI15 | 
655 Okor Ebendort SE ! 9 Flachgräber | Derselbe, XIII, 2) 
656 Ohrada ‘) Kolin Br. BI 15 | Flachgrab f Derselbe, S. 47, 13 
| Voluten ge- 
| gossen 
| FIN 
657 Pchery Si Prag Br. B I 12 Flachgrab Derselbe, 
FI4 Taf. XVIII, 4 
658 a| Piemyslenl’) | Ebendort © Br. b I9 Desgl. Derselbe, Taf. II, ? 
= ' FI2 
a _ mit Augen 
e | und Voluten 
659 Podlesin `) Ebendort Br. 3 Ex. Desgl. Derselbe, Taf. VII 
'FI4uFI1l 
‘mit S3 BI 12 
660) Reporyge®) Ebendort Br. 4 Ex. Flachgräber Pic, XIII 
Typ un V. D 
661 Stitary®) Kolin Br. BIS | Desel. Derselbe, 
F I 4 (mit S. 34, 11 
Biigel ver- 
bunden) 
| 
662 Trebusitz 1°) Prag ı Br. BI 9 Flachgräber Derselbe, 
| F12 S. 28, A 
663 Türmitz Berlin | Br. BI 4 — J Schlemm 
664 V. K. 
Gs Ebendort Ebendort Br. F 1 6 — Dieselbe 
666 Ebendort Ebendort Br. F 1 7 — Dieselbe 
667 Ebendort Ebendort : Br. V. DBI1 — Dieselbe 


| 


Begleitende Funde. 1) Morawes: Br. 2 Knotenringe. — 2) Neuhof: Br. 
Ringschmuck. — 3) Nimburg: Br. Ringschmuck (Halbkugeln, Knoten, Stempel). — 
4) Ohrada: Br. Halsring mit Stempelenden. — 5) Pehery: Br. Ringe (mit Stempeln. 
torquiert usw.) — 6) Premysieni: S. + 248. — 7) Podlesin: Br. Ringe mit Stempel- 
enden u. ä., z. T. Knotenringe. — 8) Reporyge: Br. Ringschmuck. E Schwert. — 
9) Stitary: Br. Nussknotenring mit Scharnier. — 10) Trebusitz: Br. Halbkugelringe 
Jüngeren Charakters, Giirtelkette. 


ir mm 


Latenefibeln. 153 


Lfd. Fundort e , Variante. | Zur Fund- Nachweis. — 
undor ammlung A f e 
Nr. a an geschichte Literatur 
KH | 
668 Vokowltz’) Prag ' Br. 6 Ex. ` Flachgrab Pic, XI 
Ä | Typ, ein- | 
| facherer Art 
| (etwas 
| jüngerer 
| | Charakter) 
669 Wodolitz | Budweis | Br. BI3 Hügelgrab Löwenhöfer- 
g | | FI4 | Budweis 
(eb) 
670 | E? Zahbelitz?) | Prag | Br.7 Ex. ` Flachgräber Pič 
= B z. T. Taf. XVII. 
o | BI10 |, XVIII, 10 
| ein BI 12 
| ' FIA} nal. 
t 
Gil Žižkow >) | Ehendort Br. 4 Ex. Desgl. Derselbe, 
| FK Typ und Taf. VIII 
| | VD 
672 Zionltz) ` Ebendort ' Br. BI 4 — Derselbe, 
| | F I 11 IX, 11 
673 Austerlitz’) ? Br. BI 12 | Flach- Cervinka, Mitt. 
(Mähren) | | FIB gräber d. K. K. Kom- 
| | mission II] 3/4 
| | | S. 414 
674 Gr. Latein‘) | Olmiitz | Br. 2 Ex. S2 | Gräber Much, 
bei Olmütz | IBISFIM: Atlas S. 203, 10. 
| | Schneider, Mitt. 
| | d. Zentral- 
| kommission 
| 1884 S. XCVI 
DTD Getzersderf’) Wien Ge, u.E. 8 Ex. Flach- Baumgartner, 
bei Herzogen- | Typ, BI3 | gräber Mitt. d. K. K. 
burg, Nieder- F i Tu ää | Zentral- 
österreich | kommission IT] 
| | | 5,6 S. 289 
| 
676 arina’), |Klagenfurt.| Br. mehrere | Burgwall A. B. Meyer, 
Kärnthen Wien | ' benutzt in’ Gurina 1885 
| ' Hallstatt- 
| l bis Römer- 
| | zeit 
677 Watsch | Wien | Br. S 1 | Grabfeld Much. 
Krain | F endend in ` Atlas 8.121, 6 
| gespaltenen | 
| Lappen 
St. Michael") | | 
678 Krain | Ebendort ES 1 | Desgl. Ebendort, 
| Bruchstück S. 139, 17 


Begleitende Funde 1) Vokowitz: Br. Ringschmuck (mit Knoten, Perlen, 
Stempel). — 2) Zahbelitz: Br. Ringe (mit Stempelenden usw.). — 3) Zizkow: Br. 
Ringe mit Volutenwiilsten, Knoten, Perlen, Einkerbungen. — 4) Zlonitz: Br. Voluten- 
und Knotenringe, Glasperle mit „geschichteten Augen“. — 5) Austerlitz: Br. Ringe 
mit Stollenenden. E Schwerter, Lanzenspitze. — Drehscheibengefiiss. — Wildschwein- 
kiefer. — 6) Gr. Latein: Br. Doppelarmband, Scharnierbuckelarmring. — 7) Getzers- 
dorf: Grab V (w.) — In Frauengräbern. Br. Hals-, Arm- und Fussringe mit Stempelenden 
und Stollenenden, Glasperlen. In Männergräbern E Schwert, Lanzenspitze. Auch 
V 607 (in einem Grabe mit A). — 8) Gurina: Vgl. auch Szombathy, Mitt. d. Wiener 
(res. f. Anthr. 1883, Verh. S. 102. S. 7 610 e 428, — 9) St. Michael: S. V 613. 


754 R. Beltz: 
Lal F P t | e l Variante. Zur Fund- Nachweis. — 
undor ı Sammlun A 
Nr. | P ae an | geschichte Literatur 
ne, SE Ee de 
| 
679 Mechel!) im Trient Br. S 1 BI11, Zerstirtes Much. 
Nonsthal F I 11 (2) Grabfeld mit] Atlas S. 149, 24 
| ' Beerdigung 
| und Leichen- 
= brand 
680 S Ebendort ` ` Ebendort Br. BI 6 Desgl. Derselbe, 
| FIit Atlas S. 149, 25 
681 Ebendort Ebendort Br. BI5 |! Desgl. Derselhe, 
| F I 11 Atlas S. 149, 26 
682 Kreuzlingen?) | Konstanz | Br.S 1 BI 2' — Forrer, 
Kanton FI2 Beitr. z. pr. Arch. 
Thurgau 1892 X 4 
683 Schönenbuch?), ? Br. Flachgräber Heierli, 
Kanton Basel : (Skelette) Urg. d. Schweiz 
| S. 389 
ks 
684 Muttenz‘), | Liestal | Br. V.D B115 Desgl. Viollier, 
Kanton Basel | _ 276. 278. 281 
| V. D BI6.1% Heierli, 
| Urg. d. Schweiz 
| S. 389 3. Jahresher. 
| der Schw. Ges. 
f. Urg. S. SS 
685 Rickenbach ? Br. V.D | = Reinecke, Festschr. 
Kanton B I 15 | S. S1 
Solothurn 
686 ls Windisch, Zürich Br. B I 6. 15 | — Viollier, 261 
$j Kant. Aargau FI4 
= (mit Voluten- | 
E? ornament) 
687 Vilters®), St. Gallen | Br. mehrere „Burg“ Heierli. 
Kanton V.D. u.ä. Severgall Urg. d. Schweiz, 
St. Gallen besiedelt S. 527 
v. Steinzeit 
b. Römerzeit 
688 Steinhausen) Zug Br.S 1 BIS. Flachgräber | Ebendort, S. 389 
Kanton Zug FI? (Skelette) 
689) Ebendort®) | Ebendort | Br. B I 6. 15 Desgl. Ebendort 
FI4 
690 Altstetten, Zürich mehrere _ Viollier, 
Kanton Zürich Br. B I 6. 11 258. 266. 267. 274 
V. D, auch 290. 291 
B I 14 
691 Dachelsen Ebendort | Zahlreiche Ex.| Flachgräber | Heierli Anz. f. 
b. Mettmen- Br. V. D schw. Alt V Taf. 
stetten (Email) 19, A 
Kanton Zürich F I 2. 5 usw. 


Begleitende Funde. 1) Mechel: S. Y 608. Funde von mittlerer Latène- bis zur 


Römerzeit (vgl. v. Campi, Mitt. d. anthr. Ges. Wien XV, Verh. S. 100. Archivio 
Trentino 1884. — 2) Kreuzlingen: E Halsring mit Einschnürungen. Br. Armring. — 
Eberzahn, Hirschhornstiick. — 3) Schönenbuch: Br. Armband, Halsring mit einge- 
legten Pasten. — 4) Muttenz: Certosafibeln, Halsringe usw. — 5) Vilters: S. 7 621. 
w {29. — 6) Steinhausen: Br. Armringe. Potinmünze (Sequaner) s. Y 622. 


Latenefibeln. 155 


Lfd. Fundort | e l | Variante. Zur Fund- Nachweis. — 
undor ammlun \ S 
Nr. S Ge An geschichte Literatur 
692 Egerten- | Ziirich Br. 2 Exempl. | Frühlatene- Ulrich 
Ütliberg)), | S1 BILU gräber Katalog 1 3145 
Kanton Zürich | FIl 
693 Hard- ` Ebendort Br. ND, — Lindenschmit, 
Altstetten?) (F m. Email) Alt. 
b. Zürich iII VI 3, s. Oben 
| Abb. 31. 
694 Ebendort  Ebendort | Br. BI? FI4 : — Lindenschmit 
| P 5 
| a. a. O, 2 
695 Ebendort © Ebendort | Br. B I 11. 18| — Ebendort, 3 
| FI 11 
| F m. Email | 
696 Ebendort | Ebendort |Br.BI4 FI11 | — Ebendort, 4 
697 Ebendort : Ebendort Br. B 1 14 | dei Ebendort, 10 
(Querkerben) ' 
FI il | 
698 Ebendort | Ebendort ‚BIu | = Ebendort, 11 
"e I 11! 
G99 Kilchberg, | Ebendort | Br. BIS F15) = Viollier, 264 
Kanton Ziirich (Übergang | 
| von + V. C) 
700 Mettmeu- | Ebendort Br. mehrere — Derselbe, 281 
E stetten, ` BI13FI111 
+ | Kanton Zürich | | 
01 |=) Rüti (Winkel?) | Ebendort | _ Br. V. D Flachgräber | Heierli, Anz. fiir 
Il b. Bülach, | (Email) (2 Ex.)| (Skelette) schweiz. Alter- 
Kanton Ziirich | | aon BI 12 tumskunde 1890 
es Ex.) Taf. 18 4.5 
| = Ulrich, Katalog 
| 1890 1 3221 
702 Nieder-Rüti —_ ' BVD — Heierli, Anz. für 
bei Winkel | (Email) schweiz. Alter- 
Kanton Zürich | tumskunde 18%) 
S. 294 
703 Hochdorf, Luzern EN S2 B14 si Viollier, 
Kant. Luzern | FIll 250 
704 | | Ober-Ebersoll,| Ehendort Br. B13 FI11 = Viollier, 270 
Kant. Luzern | (m. Email) 
TOD Aarberg, | Bern Br. V. D Grab Heierli, 
Kanton Bern 1. Jahresber. der 
| Schweiz. Ges. 
| S. 61 
DÄ Bern, | = Br. mehrere Desgl. Heierli, Urge- 
(Schwarzthor | schichte 8. 390 
b. Monbijou) 
107 Ebendort') = Br. Desgl. Ebendort 
(Schosshalde) | 
708 Ebendort®) | — Br. mehrere Desgl. Ebendort 


(Wabernstr.) | 


ee 


Begleitende Funde. 1) Egerten-Utliberg: Br. 3 Certosafibeln, 3 Stöpselringe, 
3 massive Ringe. — 2) Hard-Altstetten: Vel. Ulrich, Katalog I 3222. Br. Stépselringe 
und andere Ringe. — 3) Rüti: Br. Knotenhalsring mit Email, Knotenarmring. = 
4) Bern: Br. Ringe. E Schwertfragment, Lanzenspitzen. — 5) Bern: Br. Armringe. 


R. Beltz: 


756 
Lfd. 
Fundort 
Nr. undor 
709 Kirchlindach 
Kanton Bern 
710 Langenthal, 
Kanton Bern 
ON Müusingen'), 
Kanton Bern 
OK Ebendort 
713 Ebendort 
bis 
716 
117 Ebendort 
N 
118 | © Ebendort | 
= 
719 12 Richigen, 
Kanton Bern 
120 Schonege’) 
bis bei Spiez 
(21 Kanton Bern 
129 Ebendort 
723 Worb®), 
Kanton Bern 
794 Gempenach *) 
(Champagny) 
Kant. Freyburg 
125 La Töne’), 
Gemeinde 
Epagnier, 
Kanton Neu- 
chatel | 


| 


Bevleitende Funde. 


1) Münsingen: 


| 8 i Variante. Zur Fund- 
ammlung | Gen; An- j 
en i | geschichte 
Bern | Br. V. D — 
| (Email) 
Ebendort | kr. V. D | — 
Ebendort | Br. grosse An-| Grosses 
zahl bes. V. D Grabfeld 
in allen Varie- | (Flachgräber 
täten u. reich-jm. Skeletten) 
| stem Schmuck | 
Ebendort | Br.BI2. 11.15 Descl, 
| FI il | 
Ebendort | Br. V.D Desel. 
BI 15 
Ebendort ; Br. BI 18 Desgl. 
| F I 11 
o (f£. Einlagen) 
Ebendort Br. B I 15 Desgl. 
FIA4 
Ebendort ‚Br.BI6FI1l Desgl. 
| 
Ebendort Br.BI9.12 FI | Desgl. 
Gë V.D(BI1): 
| 
Ebendort ' Br. zwei Stück Desgl. 
| | 
Ebendort | Br. V. DS 2, Flachgrab 
BI4 mit 
| | Steinkranz 
Ebendort Br. mehrere | Grosses 
| "Flachgräber- 
feld 
Neuchatel, Br. vereinzelt ` Befestigter 
Biel, Platz im See 
Bern, | 
Zürich 
usw. 


Nachweis. — 
Literatur 


Viollier, 264 
Derselbe, 282 


Wiedmer-Stern, 
Arch. des hist. 
Vereins Bern 1908 
(vgl. Heierli, Jah- 
resb., d. Schweiz. 
Ges. f. Urg. I Up 
S. 56, IH 1911, 
S. 85) S. auch oben 
Abb. 14. 16. 18 


Reinecke in 
Lindenschmit 
A. VS. 3389, 5¢ 


Ebendort, 3 d. 


e, g, h 


Ebendort, of 


Ebendort, Bi 
Viollier, 272 


Ebendort 
273. 275. 287 
Naef, A. f. schw. A. 
1902/03, S. 264 


Heierli Ur- 
geschichte, S. 391 


1. Jahresb. der 
Schweiz. Ges, f. 
Urg. 1900, S. 60 


Heierli, Ur- 
geschichte S. 391 


Heierli, Urg. der 
Schweiz, S. 341. 
Jahresbericht d. 
Schweiz. Ges. f. 
Urg. 1909, S. 32. 
1910, S. 79 
Vouga, les Hel- 
vetes a la Tene, 
188) usw. 


Das wichtigste Grabfeld der Periode 


S. U 633. — 2) Spiez: Br. Halsring, geknoteter Armring, Certosafibel, Halskette von 


Bernsteinperlen. — 3) Worb: 


GT. 


4) Gempenach: Br. Ketten, Ringe. 


A La Tène: Der klassische Fundplatz. 


A 2 Goldringe, darunter ein „geknickter“. — 


E Lanzenspitze, Schwertfragmente. S. 7 637. — 


S: 7 638, @ 79. e 482. 


Laténefibeln. 757 


Nachweis. — 
Literatur 


| | 
Fundort Sammlun | age | an 
r = 
B a, An- | geschichte 


poll 


126 Baulmest), — | Br. Grab (?) Heierli, 


Kanton Waadt | 2. Jahresber. der 
Ä Schweiz. Ges. 
S. 84 
127 Belmont, Lausanne | Br.S2B16.14 — Viollier, 
bis Kanton Waadt | F15 256. 257. 280 
129 ‘BI6.11 FI4 
| S2BI 13 
| F I 11 
730 Lausanne, Ziirich S 2 BI 13 — Ebendort, 279 
Kanton Waadt F I 11 
731 Montreux, Bern Br. BIO FI 4 _ Ebendort, 253 
Kanton Waadt 
132 Niedens dessus, Yverdon Br. mehrere Grab Heierli, 
Kanton Waadt 2. Jahresb. der 
Schweiz. Ges., 8.83 
| 
733 Ollon, Lausanne | Br. BIS FI3 — Viollier, 262. 263 
Kanton Waadt u FIS 
T34 f.s Rances, Bern Br. V.D BI 14 — Ebendort, 283 
3 Kanton Waadt | 
a 
735 E? Vevey’), Vevey Br. Typ Flachgräber | Naef, Anz. für 
Kanton BIN (Skelette, schweiz. Alt. 
Waadt | meist: in N. F. III 1901 
Holzsärgen) S. 112 
736 Ebendort?) Ebendort | Br. B I 3. 11 Desgl. Ebendort 
FI5 S. 112 
737 Ebendort’) | Ebendort | Br. BI7. 16.17 Desgl. Ebendort, 
bis | FI4 S. 112. 64 
de 
739 Ebendort)? Ebendort Br.BI4 | Desgl. Ebendort 
| 
| 
740 Ebendort ô) | Ebendort | Br. Sonder Desel. Naef, Anz. f. 
| | form | schweiz. Altk. 
 BII2FIG N. F. IV. 1902,03 
| | | S. 18 
| 
GI Ebendort‘) | Ebendort | Br. V.D ` Deel. | Ebendort, 8.24 
742 Ehendort®) | Ebendort | FSı Desgl. Ebendort, S. 28 
l BI 3 (dünn) | 
| | F12 
| 


Begleitende Funde. 1) Baulmes: 2 Bronzearmringe. — 2) Vevey: Vgl. auch 
7 6ooff. S. 661. Gr. 11 (männlich); dazu noch eine Fibel (E.). — 3) Vevey: Gr. 12. 
Br. Armband. Noch eine Eisenfibel. — +) Vevey: Gr. 13 (Kind). — 5) Vevey: 
(tr. 16 (männlich). E Schwert, Lanze, Messer. — 6) Vevey: Gr. 17. Armring aus 


Glas. 


758 R. Beltz: 
Lfd. gg Ste Variante. Zur Fund- Nachweis. — 
n u S 
Nr. | | e GC An Geschichte Literatur 
743 Vevey?), | Vevey Br. B I 12. 16 Flachgräber Naef, Anz. f. 
his Kanton FI5 (Skelette, schweiz. Altk. 
144 Waadt . meist in JN. F. IV. 1902/05 
| Holzsärgen) S. 32 
(ER Ebendort?) Ebendort | Br. Typ Desgl. Ebendort, S. 260 
bis ı BLi2 
146 | bzw. B 1 16 
141 Ebendort?) Ebendort Br. V. D Desgl. Ebendort, S. 260 
| | BI 
148 Ebendort*) | Ebendort | Br. BI 11, Desel. Ebendort, S. 260 
F I 13 | 
149 | s| Ebendort’) | Ebendort © Br. BIO Desel. Ebendort, S. 261 
© FI4 
= | 
150 |g | Ebendort*) | Ebendort Br. V. D Dexsgl. Ebendort, S. 262 
bis | mit Email 
192 | (rot und weiss) 
Ä B unverziert 
| oder mit 
| Email (selten) | 
155 Elyendort *) | Ebendort Br. I 11 Desgl. Ebendort, S. 262 
FIS 
TA Yverdon’) Bern Br.VD BI15; „Auf dem Lindenschmit, 
Kanton Waadt V.D BI4 burgun- Alt. II, VI, 3, 7 
| dischen Bonstetten, Rec. 
| | Friedhofe* | ant. suiss. XV, 20 
Flachgrab Viollier, 


| 


Begleitende Funde. 


| 


1) Vevey: (ir. 21. 


977, 285, 289 


— 2) Vevey: Gr. 27 (weiblich), — 


3) Vevey: Gr. 28. Bronzeknopf. — 4) Vevey: Gr.29. Br.3 Armringe, Kolbenwellen- 


formiger Armring, Schmuckketten aus Glas- und Bernsteinperlen. 
S. 39. — 


Reinecke, Festschr. 


— 5) Yverdon: 


Latenefibeln. 


„Altmärker‘ Fibel. 
(= Var. Q) und ähnliche. 


Lfd. | : Zur Fund- 
g Fundort. Sammlung Variante À 
Nr. geschichte 
| 
1 Ripdorf, _| Nietstacheln grosses 
Kr. Ulzen _ Hannover (£. Email?) Urnenfeld 
2 Tinsdahl?) Kiel Br. grosses 
Kr, Stormarn = Urnenfeld, 
zum Teil 
Hiigel 
3 Segrahn Ebendort Br. — 
Kr. Lauenburg 
4 | Mühlen-Eichsen?) Privat- E _ Urnenfeld 
bei Gadebusch besitz mehrere mit grossen 
(Mecklbg.-Schw.) | ` Stein- 
i | setzungen 
5 Kricheldorf,’) Salzwedel Br | zwei Urnen- 
bis Kr. Salzwedel | | felder 
6 
T Bülstringen*), ‘Neuhaldens- E | Urnenfeld 
Kr. Neuhaldens- leben | 
leben | 
S Leitzkau*), `, Privat- E Nietstacheln = 
Kr. Jerichow I. besitz (f. Email) (? ob 
hier gefunden). 
d Schermen“, | Burg E mit den Urnenfeld 
his] Kr. Jerichow I. Schlussteilen 
10 eines Ketten- 
| schmuckes 
11 Ziesar’) ‚ Halle mehrere, Grosses 
Kr. Jerichow I. ` Berlin M.M.: meist in Urnenfeld 
| Bruchstiicken 
12 Werchkanu, | Breslau | E in einer 
Kr. Guhrau | Urne 
15 Kaulwitz°), Ebendort : E Urne mit 
Kr. Breslau , Deck- 
i | schiissel 
14 Jungwitz?), Privat- | E e Urne 
Kr, Ohlau besitz | 
15 Willenberz'’), Königsberg! E S 3 äussere — 
Kr. Stuhm. West- Sehne, Bügel 
preussen ‚geknickt. Fuss | 
ähnlich F I 10! 
(Zuschreibung | 
zweifelhaft) 


Begleitende Funde. 
Zisenzeit. 
dorf: A 489. 4) Bülstringen: 5. A 499. 


ss. A 519. 8) Kaulwitz: E: Schwanenhalsnadel. 
<>) Jungwitz: E: Nühnadel, Gürtelhaken (s. 11). 


Nachweis 


Literatur 


v. Estorff, Heidn. 


Altert. IX, 2 
Müller-Reimers 
S. 102 
39 Ber. S. 6. 
40. Ber. S. 10. 


Knorr, F. d. ält. 
Eisenzeit VI. 78 


Mestorf, Urnenfr. 

S. 25. Knorr, F. 

d. ält. Eisenzeit 
VI, 78a 


Beltz 


Zechlin 


Wegner, Ztschr. f. 
Ethn. 1895, S. 121 


Bauer, N. d. AF. 
1896, S. 83 F. 6 


Hirt, N. d. AF. 

1895, S. 79 F. 17. 

Reinecke in L. A. 
V, 348 


Reuss 
Kiekebusch 


Seger 


Seger, Schl. V. 
VII S. 223 


Seger 


Kemke- 
Königsberg 


1) Tindsdahl: Urnen usw. im Charakter der ältesten 
2) Mühlen - Eichsen: Reiche Funde im Charakter Schwantes II. 3) Krichel- 
5) Leitzkau: A 515 V 410 Segelohrringe usw. 
G) Schermen: A 517 Q 412; in derselben Urne eiserne Ringe und Kette. 

In demselben Felde Gesichtsurne. 
10) Willenberg: S 


() Ziesar: 


S. V dil. 


60 R. Beltz: 
3. Mittellatenefibeln V. 
Lfd. Run ios Geng Variante. | Zur Fund- Nachweis. — 
un | 
Nr. P "és An- | geschichte Literatur 
l Gladbach Berlin | Br. V. F . = J. Schlemm 
V. K. aber der Knopf 
am Fuss klein 
| und an der Ver- 
| bindungsstelle 
l profilierter 
| Kegel 
2 Neuss!) Bonn Br. Auf der Römerlager, Lehner, Bonner, 
Klammer Augusteische | Jahrb. 111/112 
M-förmige Ver- Zeit 1904, S. 358 
| zierung 
3 Neuwied u Br. V. J = J. Schlemm 
4 Andernach, | E SE Br. = Dieselbe 
, Kr. Mayen 
5 |-E| Coblenz?) Coblenz EF 111 | Brandgräber | Günther, „Korresp. 
5 im Stadtwald Bl. d. Westd. 
= i Ztschr. 1902 XXI, 11 
G| 2| Arzheim’), Ebendort | Br. F II 1 Brandgrab “Günther, 
pa} Kr. Coblenz (m. Sicherungs- Mannus III, 1911 
| Kettchen | Taf. VI, 11 
d Kobern, ee Br. = Nr. 1 ES J. Schlemm 
Kr. Coblenz Ke K. (Gladbach) 
8 Münster- Coblens Br. starker = Günther 
maifeld‘*) Kaiserin Schieber 
Kr. Coblenz Augusta- | 
| Gymnasium 
9 Hirschwiesen, Trier Pr. = Kriger 
Kr, St. Goar 
10 Kreuznach Ebendort Br. =; Derselbe 
od. Umgegend | 
11 Trier | ? Br. V. J aa Reinecke, Ztschr. f. 
oder Umgegend Ethn. 1900 V. S. 5983 
12 E E; mit Wulst Reste von Ritterling 
3 Dillkreis | am Schlusstück | Wohnstätten 
13 |.2] Braubach®), ' ? Br. Bruchst. | Grabfeld III | Bodewig, Nass. 
EI Kr. Rheingau Leichenbrand jAnnal. 338. 10, Il, 11 
14 |& Ebendort?) ? E Bruchstück Desgl. Ebendort, II, 
bis | 5 ` 12-14 
16 |2] Geisenheim‘), | Mainz E Hügelgrab |Neeb. Period. BI. d. 
17 | |] Kr. Rheingau | Gesch.u. Altertums- 
= vereine 1554. 18% 
18 | Wiesbaden" | Wiesbaden ' E B II 4 Ver- In dem Ritterling. Obere. 
= bindunestück | römischen rhaet. Limes 
wulstie. Kastell (Bel II B 31. 1909 
i F abgebrochen | mengung ?) S. 91 Fig. 1 
Begleitende Funde. 1) Neuss: Bau Nr. 109 (S. 176) „Präfektenbau“. 
9) Coblenz: 'Tongefässe. — 3) Arzheim: E zusammengebogenes Schwert, Lanzenspitze. 


Br. Armring mit Glasperlen. Tongefiisse. — 4) Münstermaifeld: Tongefäss. — 5) Braubach: 


E Ringe, Schwert (Rest). 
E Reste von 8 ähnlichen, Schlüssel, Schlossteile. 


Gr. 1. 
ò lH. 


Tongefässe. Glasperlen. 


S. A 16 @ 14. 


— 6) Geisenheim: 


Reiche Keramik. — 7) S. ¢ § 


Latenefibeln. 761 


Lfd. | Variante. | Zur Fund- Nachweis. — 
N Fundort | Sammlung | Genauere An- hich 
Nr | ' gaben ' geschichte Literatur 
19 Hofheim ’) "Wiesbaden | Br. Römisches Ritterling 
am Taunus, | mehrere Erdlayer 
E Kr. Wiesbaden | | Exemplare 
au |2| Heddern- | Frankfurt | Br. einfach = Beltz 
S heim?), a.M. | 
= | Kr. Wiesbaden HAL | 
21 [4] Flörsheim’), | Frankfurt | E Urnengrab [| Frank, Frankfurter 
bis ['3 Landkreis a. M. Festschrift 1908 
gei 2 Wiesbaden V. M. Taf. 2, 11 
23 [2°] Altkönig‘) Frankfurt E Typ; mit Ringwall Beltz 
= a. M. | einer zweiten 
= H. M. kleinen Kugel 
24 | Ebendort Ebendort | E Sonderform | Aus dem Tor- Ritterling 
| | V.J mit weg des Ring- 
| Doppelspirale walls 
25 Nanheim?), Darmstadt Br. V.M.u ähnl.| ÜUrnenfeld |Quilling, Nanheimer 
Kr. Friedberg L. M. + (dazu mehrere Funde 8, 100. 101. 
, Bruchstücke) 
2 Nauheim, Mainz | E = Lindenschmit 
Kr. Gr.-Gerau 
27 Mainz Ebendort | Br. aus dem Neeb 
| Rhein 
28 Ebendort Wiesbaden E — Ritterling 
2) Ebendort, Mannheim | Br. B 11 3 — Gropenziesser 
Dimeser Ort | | 
30 Ebendort S | Br, VW. J = 48 ? Reinecke, Ztsch. f. 
si | ! Ethn. 1900 V. S. 598 
bis | 5] Badenheim®, Mainz | E | Gräber Neeb 
33 |2 Kr. Mainz | 
34 |F | Essenheim’), | Ebendort E | Grab Derselbe 
bis E Kr. Mainz 
3 Se 
36 | S| Ebendort?) Ebendort | Br. | Grab 4 Derselbe 
37 A Ebendort Ebendort Br. S 2 Grab 3 Derselbe 
38 | £| Nieder-Olm §), | Ebendort Br. Brandgräber Derselbe 
bis |S Kr. Mainz eine E 
42 
43 Ober-Olm, Ebendort E Desgl. Derselbe 
bis Kr. Mainz 
47 
48 Weisenan’) Ebendort Br. V. J Aus dem | Reinecke i. Linden- 
bei Mainz Rhein schmit Alt. V, 336 
A0 Bingen ? Br. V. J = Reinecke, Ztsch. f. 
Ethn. 1900 V. S. 598 
50 Ebendort Worms | Br. Schlusstück — Kohl 
| | durch Draht- 
| windung ver- 
| bunden 
Begleitende Funde. 1) Hofheim: S. Nachtrag e — >) Heddernheim: Mit 
römischen Funden. S. æ 15. — 3) Flörsheim: Spätlatene-Gefässe: E Schlüssel (?). — 
4) Aitkönig: S. +9. — 5) Nauheim: S.® 13 @ 22. Spätlatene-Inventar. — 6) Budenheim: 
S. A 31. — 7) Essenheim: Gr. 4. Hohlarmriog @ 34. — 8) Nieder-Olm: S. e 37 


blauer Glasarmring. — 9) Weisenan: S. w 34. 
Zeitschrift für Ethnologie. Jahrg. 1911. Heft 5. Au 


162 R. Beltz: 


| Variante. 


EE | Ban nit Zur Fand- Nachweis. — 
| S BEE An: geschichte Literatur 
öl Bingen | Worms Br. — Köhl 
| B. massiv 
52 Dietersheim, Mainz — — Oberrh. Archiv IV 
Kr. Bingen s 1845 Taf. 4 S. 413 
53 Elsheim ?), Ebendort E Grab Neeb 
Kr. Bingen 
54*) Gensingen, | Darmstadt Br. V. F — Lindenschmit, 
Kr. Bingen , L.M. A. 11. VII 3,6 
| Kofler 
56 Heidesheim?), | Mainz E Hügelgräber Lindenschmit, 
bis Kr. Bingen | A. II VIL 3, 13 
64 | III II. 1, 4 
65 Hackenheim, | Ebendort B. V.G Grab Lindenschmit 
Kr. Alzey | 
66 Dalheim, | kbendort EV.G Desgl. Derselbe 
Kr. Oppenheim 
67 Eichloch®), | Ebendort EF II 1 Brandgrab Derselhe. 
bis | = | Kr. Oppenheim | Westd. Zeitschr. 
63 |2 XXI Taf. 3. 1q 
69 |Z| Hahnheim’), ' Ebendort E Griber Neeb 
bis Kr. Oppenheim | 
m1 | 
72 | 2| Nierstein’), Ebendort Br. (Bruchst. Desgl. Schumacher in 
bis | & | Kr. Oppenheim von mehreren) Lind., A. V 539. 540 
73 [2 | 
2 | 
14 1 2 Ebendort Ebendort : Br. V. F Desgl. Lindenschmit 
bis |S 
D | 
76 Ebendort Ebendortt $$ EV.F Desgl. Derselbe 
TT Wolfsheim, Ebendort Br. B II 2 Aus einem |Nceb. Westd. Ztschr. 
bis Kr. Oppenheim mit Eiu- zerstörten X 1891 S. 399 
[> | kerbungen Grabe 
79 Albig, Worms | Br. Knopf am _ Köhl 
| Kr. Worms Bügel 
angexossenen 
80 | Blédesheim, Ebendort | Br. = Derselbe 
Kr. Worms | 
81 Heppenheim‘), | Ebendort Br. .- Derselbe 
Kr. Worms i 
82 Ebendort Ebendort E — Derselbe 
83 Mettenheim, | Ebendort Br. — Derselbe 
bis Kr. Worms 
$4 


$d Monsheiin‘), Ebendort | Br. — Neeb 
Kr. Worms | 
| 


Begleitende Funde. 1) Elsheim: A 29. — 2) Heidesheim: E Bandf. Schild- 
buckel, Schwert, Schere. S. A 30 — 3) Eichloen: E Ringe. Glasringe. — 4) Hahnheim: S. 7 13, 
fy 38. — 5) Nierstein: S. @ 40. Gr. 4. E Messer. — 6) Heppenheim: Waffen. Dreh- 
scheibengefiisse. @ JS w Il. — 7) Monsheim: @9 A 54. 

*) Oo füllt aus. 


Latenefibeln. 


Lfd. ae a Nasa Zur Fund- 
undor ammiuog | Genauere An- . 
Nr. | gaben geschichte 
| 
86 | 5] Nackenheim!), Worms E | — 
bis | ? Kr. Worms 
90 | 
91 | = | Wachenheim?), | Ebendort Br. — 
2} Kr. Worms 
= 
92 | > Worms Ebendort Br. — 
=| Umgegend 
he £ Rheinhessen Mainz SC : ee = 
100 
101 Maudach, ? Br. V. J — 
B.-A. Speyer 
102 | „| Dürkheim’), Bad Br. Bruchstück | Ebersberg 
= B.-A. Neustadt | Dürkheim Hügelgrab 
8 
5 
103 | > Ebendort Ebendort Br. Typ Grab auf 
bis IS dem Feuer- 
107 berg 
108 Rheinzabern, ? Br. V. J — 
B.-A. Germers- 
heim 
109 Strassburg ? Br. V.J _ 
110 | 2| Hénheim‘), | Strassburg ` Br. — 
2) Kr. Strassburg | 
= 
111 Dornach, S. Forrer, | Br. = 
Kr. Mülhausen | Strassburg 
112 Feuden- Mannheim E Brandgrab 
heim", Amt 
Mannheim 
113 Ladenburg’), | Ebendort E — 
bis Amt Mannheim B mit breiter 
114 quadratischer 
e Platte (nach 
3 Art der korallen- 
d | verzierten) | 
115 Wallstadt’), Ebendort | E ähnlich den Brandgraber- 
Amt Mannheim vorigen feld 
116 Ebendort‘) Ebendort E einfacher Ebendort 
117 Reilingen®), | Heidelberg ES1 Brand- 
Amt Verbindungs- bestattung 
Schwetzingen stelle mit der späten 
kleiner Kugel Latenezeit 


Begleitende Funde: 


Nachweis. — 


Literatur 


Derselbe 


Derselbe 


Neeb 


Reinecke, Zeitschr. 
f. Ethn. 1900 
Verhandl. S. 598 


Mchlis-Nenstadt, 

Studien z. ältesten 

G. d. Rheinlands 
XII 1895 S. 7 


Derselbe 


Reinecke, Zeitschr. 
f. Ethn. 1900 
Verhandl. 8. 598 


Ebendort, S. 598 
Anzeiger f. elsäss. 


Altertumskunde IL 
1911 S. 130 


Forrer 


Gropengiesser 


Derselbe 


Derselbe 


Derselbe 


Wagner, Fund- 
stätten u. Funde 
II S. 201 


1) Nackenheim: @ 49, — 2) Wachenheim: S. A 66. @51. 


— 7) Dürkheim: Br. Nadeln mit einfachen und doppelten Köpfen, Anhänger, Ringe usw. 
— 4) Hönheim: In der Nähe latenezeitlicher Wohngruben. — 5) Feudenheim: Die andern 
Gräber aus der ersten Hälfte des ersten Jahrhunderts n. Chr. — 6) Ladenburg: S. A 90 


w 48. — 7) Wallstadt: Gräber der zweiten Hälfte des ersten Jahrhunderts v. Chr. 


(Auch 


Fragment Br. einer anscheinend w-Fibel.) — 8) Reilingen: E: Messer, Schere. 


4y* 


764 R. Beltz: 


Lfd. Variante. Zur Fund- Nachweis. — 
x Fundort Sammlung | Genauere An- 
Nr. gat Aen geschichte Literatur 
118 Dühren ’), Karlsruhe si Silber V. Flachgrab Schumacher in 
Amt Sinsheim (mehrere?) | Lindenschmit, A., 
| . Taf. 15, 248. 
| | Waguer II S. 333. 
Oben Abb. 47 
119 Ebendort?) | Ebendort ‘Silber; ähnlich Desgl. Schumacher, 249 
| ‚118. S 2 noch 
reicher 
| verziert 
120 Ebendort!) Ebendort ' Silber, Pracht- Desgl. Derselbe, 250 
stück S 1 B 
' mit 3 Wulsten, 
mit gegossenen 
| Voluten und 
= Perl- 
= | verzierungen, 
Š | am Schluss- 
stück 3 ähn- 
| liche kleinere 
| Wulste 
121 Ebendort 1) Ebendort Br, S 2 Desgl. Derselbe, 251 
breiter Ver- 
bindungsring 
122 Ebendort!) Ebendort | Br. Bruchstück Desvl. Derselbe, 
bis | 252 a, b 
124 Ebendort!) Ebendort | E Bruchstück — Derselbe, 253 
Korallenperlen 
auf Eisenstiiten 
he A Hilfingen®*), Donau- E V.J — Wagner, Fund- 
Amt Donau- eschingen (mehrere) stätten u. Funde 
eschingen LS 99 
126 Horkheim?), Heilbronu Br. V. F (1) Flachgrab Schliz, Fundber. 
O.-A. Heilbronn aber anstatt X S. 19 Abb. 25, 36 
| der Kugel eine 
Scheibe 
127 | sc} -Ebendort 3 | Ebendort E V. F Desgl. Ebendort, 
= die Um- S.19 Fig. 41 
= | fassungskugel 
3 | profiliert, die 
z Fusskugel 
= | gedreht ‘und 
E" verziert, he- 
‚sonders fein 
| und gross 
128 Ebendort*®), Ebendort Br. zierlich, Desgl. Ebendort, 
kleine Kugel S. 19, Fig. 44 
auf F 


Begleitende Funde: 1) Dühren: Skelett mit 4 bis 6 Tongefiissen, Br. Kessel 
mit eiserner Kette und Haken, Kanne, 4 Zieistiicke, Spiegel, Henkelkrug, Pfanne. 
Gold: Fingerring, Spiralring. Glas: 4 Armringe, 2 kleine Schmuckringe, 3 Perlen. 
17 Spielsteine. 14 Bernsteinperlen, 2 Gagatringe. Stein: Würfel, Eiförm. Kuochen: 
Zierstück, 2 Haarnadeln (GL E Schere. ee 2) Hiifingen: Zahlreiche früh- 
römische Funde. — 3) Horkheim: Gr. 1 s. A 155. — 4) Horkheim: Gr. II s. A 139. 


Laténefibeln, WT) 


Lfd. eegen d EN Ka | Zur Fund- Nachweis. —- 
o n 
| enauere An- 
Nr. i gaben geschichte Literatur 
129 »|s| m Erpfingen!), Stuttgart | E Bügel ver- Seu Schliz. Fundber. 
©) Q.-A. Reut- ziert, mit Wulsten Höhle. 1894 Ergänzungs- 
=| lingen und Streifen heft 11 S. Ay 
= 
130 Alslingen?), Dillingen | Br. Bruchstück In einer Harbauer-Dillingen 
B.-A. Dillingen i (Ubergang zu römischen Jahresber. 1909 
| V.J), im ganzen| Kulturschicht | Taf. XVII. S. 181. 
6 Exemplare 
131 E Ebendort Ebendort Br. = Ebendort 
132 | $ Ebendort Ebendort | Br. V. F mit = Ebendort 
= | kleinerem 
E | Wulst 
133 5 Druisheim, ? Br. V.J _ Reinecke, Zeitschr. 
el B.-A. Donau- f. Ethn. 1900 
P worth Verhaudl. S. 498 
134 Augsburg ? Br. V. J Am Neuen Ebendort 
Kranken- 
hause 
135 Epfach, Miinchen Br. V. J = Katalog IV Taf. 
B.-A. Schongau N. M. XII, $ 
136 Wildenrot’), ? E Verbindung Hügelgrab, Naue, Pr. BI. un 
B.-A. Bruck ; wulstartig Taf. VI, 
EH 
137 Dietersheim, | München Br. V.J Zu Reinecke, 
B.-A. Freising | Hist. Verein Ztsch. f. Ethn. 1900 
a Vhdl. S. 498 
138 | $, Traunstein‘) ` Traunstein Br. V.J Skelettflach- | Präh. Bl. II S. 49 
bis IS z. T. Brucbstiick grab *) Taf. V 3 
141 8 
142 [© | Karlstein’) | Reichenhall Br. V. J Wohnstatten Reinecke in 
b. Reichenhall Lindenschmit, A., 
V, Taf. 63, 1141 
143 Ebendort München Br. Desgl. Birkner 
St. S. 
144 Manching’), | Ingolstadt | Br. B mit pro- Ringwall Weber, Beitr. zur 
B-A. Ingolstadt | filiertem Bande Anthr. usw. Bayerns 
F mit kleinen 1905 8. 24 
145 Perlen 
bis Ebendort‘) sa E Bruchstück | Skelettgrab- Ebendort, 
146 t. S. feld S. 30, 2—3 


Begleitende Funde. 1) Erpfingen: Br. geschlossener massiver geriefter Armreif; 
2 dünne, offene Armringe; 1 hohler Armring; 2 grosse und 1 kleiner hohler Ohrring. 
1 Drahtfingerring (Zusammengehörigkeit zweifelhaft). — 2) Aislingen: A 169 w 52. — 
3) Wildenrot: Vgl. A 173; Gr.59 Br. Bruchstücke von Späthallstatt-Fibeln. E Ober- 
armring. — 4) Traunstein: Drehscheibengefässe. Br. Blech, Gürtel (?), Nadel. E Messer. — 
5) Karistein: Inventar vom Schluss der l.atenezeit. S. auch A 116 w 57, — 6) Manching 
Zahlreiche Funde: Gefässreste, Zügelringe, Wagenbeschläge usw. der letzten Latene- 
Stufe. — 7) Manching: Allgemeines: Ringschmuck, (Buckelringe usw.) Waffen(Schwerter, 
Lanzen, Schildbeschläge) br. Ketten, Messer, Scheren, Glasperlen und Ringe. Oberhalb 
des Kopfes Drehscheibengefässe der Mittellatenezeit, (Reinecke, Mainzer Festschrift 1902 
S. 64 fled. und Lindenschmit V zu Taf. 20). Die Fibeln lagen oberhalb des Kopfes, auf den 
Achseln und auf der Brust. —S.A 181 w 55. Gr. 2, Tierknochen, E Klammern, Schnalle. 

*) Ygl. dazu Reinecke, Korr. Bl. 1901, S. 27. 


166 R. Beltz: 


Lfd. ander ER ER Variante; Zur Fund- Nachweis. — 
Nr. 5 | Gen Srel An- geschichte Literatur 
147 Manching?) München |Br.S1BIIl1 Skelett- Weber, S. 34 Fig. 3 
St. S. F V. F (1) grabfeld 
(dazu 2 Bruch- 
stücke E) 
148 Ebendort?) Ebendort | E Bruchstücke Desgl. Ebendort 
bis von zweien 
149 
150 Ebendort°) Ebendort E desgl. Desgl. Ebendort 
bis (Form nicht 
151 erkennbar) 
15 Ebendort‘) Ebendort | E Bruchstücke Desgl. Ebendort 
bis (Form nicht 
153 erkennbar) 
154 Ebendort’) Ebendort Br. Desgl. Ebendort, S. 37, 1 
bis E Bruchstücke 
156 von ähnlichen 
157 Ebendort®) Ebendort | E Bruchstück Desgl. Ebendort 
bis | 
158 e 
159 | 2| Ebendort’) Ebendort | Br. (dazu un- Desgl. Ebendort, S. 40, 4 
= bestimmbare 
E Bruchstücke E) 
160 [© | Epbendort®) Ebendort | E Bruchstücke Dese), Ebendort, S. 43,3 
bis 
161 
162 Ebendort 2 Ebendort | E Br. grössere Desgl. Ebendort, S. 42 ff. 
Anzahl Bruch- (einige abgeb. 
stiicke Birkner ebda. 
Taf. VIII) 
163 Ebendort 19 Ebendort 'Br. „mit weisser Desgl. Ebendort, S. 45 
Einlage auf (unten) 
dem Bügel- 
kamm und 
: kleiner Bronze- 
fassung“ 
164 Ebendort 7? Ebendort Br. Desgl. Birkner, Beitr. z. 
| A. B. XVI 1905 
Taf. XI, 6 
165 Ebendort 19 Ebendort | E Übergang Desgl. Derselbe,Taf. XII, 4. 
zu V. F (1) Reinecke in 
Lindenschmit, 


A. V. 9238 


Begleitende Funde. 1—12 Mauching: 1) Gr. 3 w. E Gürtelkette. Br. ge- 
wundener Armring. Glasreif. — 2) Gr. 4. E Schwert, Lanze, Schildbuckel. Dreh- 
scheibengefässe. — 3) Grab 5. E Schwert, Lanzenspitze, Schildbuckel, Ring. Br. Pinzette, 
Armring (mit Glasperlen) Drehscheibengefäss usw. — 4) Gr. 6. Waffenausrüstung wie 
Gr. 5. In einem Tongefäss Eberkopf. — 5) Gr. 7. w. Halsgehänge aus Perlen von Glas, 
Bernstein, Bronzeblech, Bronzegürtelkette mit Emaileinlage, Armringe aus Br. und Glas. 
— 6) Gr.8. Waffen usw. wie oben. — 7) Gr.9. Ähnlich wie Gr. 7. — 8) Gr.10. Waffen 
usw. wie Gr.d usw. — 9) Aus weiteren Gräbern, meist ohne Sonderung, soweit erkennbar, 
in derselben Verteilung wie oben. — 10) Gr. 14, w. Br. Armring, wirtelartiges Hänge- 
stück. — 11) Gr. A.w. mit derüblichen Ausstattung (Bronzekette usw. — 12) Gr. 10, w., 
mit üblicher Ausstattung; auch A 181. 


Laténefibeln. 767 


Lfd. Variante. Zur Fund- Nachweis. — 
Fundort Sammlung | e ! 
Nr. J BC | ee Literatur 
166 Manching!,, | München ` Br. B stark | Skelettgrab- | Birkner, Beitr. z. A. 
Kr. Ingolstadt St. S. ` gewölbt, Uber- feld B. 1905 XIII, 3 


. gang von A 
| und zu V. F (1) 


16% Ebendort?) Ebendort | Br. V. F Desgl. Reinecke in 
(Kugeln flach Lindenschmit, A., 
gedrückt, V, 334. 
ähnlich V. H.) Birkner a. a. O. 
XI S. 39 
168 Ebendort?) Ebendort | Br. Verbin- Desgl. . | Reinecke, V, 335 
dungsstiick ein Birkner XI, S.39 
| voluten- 
P verzierter 
Knoten, F mit 
| kleinen 
| ie 
169 Ebendort®) Ebendort | Desgl. Fink, Beitr. zur 
auffallend gross Anthr. Bayerns 
XI 1895 5. 37 
z | Taf. I/II Fig. 10 
170 | S} Ebendort*) | Ebendort , Br. EV. F (1) Desgl. Ebendort, 
E | Taf. I/II Fig. 9 
171 IZ) Ebendort*) | Ebendort | E S 2 V. F Desgl. Ebendort, 
| (an Stelle der Taf. IIL/IV Fig. 7 
zweiten Kugel 
3 flache 
d Scheiben) 
112 Ebendort?) Ebendort E V.F (1) Desgl. Ebendort, 
bis S 2 Taf. III/IV Fig. 8 
113 | (eine Bruchst.) 
174 Ebendort®) Ebendort | Br. V. H Desgl. Ebendort, 
F (aber kleiner) Taf. I/II Fig. 11 
äussere Sehue 
| B II 4 
10d Ebendort®) Ebendort | Br. B II 1 Desgl. Ebendort, 
| V. F, aber die Taf. I/II Fig. 14 
eine Kugel 
schwach, profi- 
liert, die andere 
scheibenartig 
mit Voluten 
176 Ebendort Ebendort E V. F — Reinecke in 
an Stelle der Lindenschmit, 
zweiten Kugel A. V 927 
Scheibe 
(für eine Ein- 
lage) 


Begleitende Funde: 1—6 Manching: 1) Gr. 14, weiblich. Mit Schmuckringen 
usw. -- 2) Gr. IV. Br. Fingerring, Gürtelkettenhaken, Armringe, E Armringe. Tonge- 
fässe. — 3) Gr. I, Kindergrab. — 4) Gr. II, w. 2 gläs. Armringe. — 5) Gr. III. E: 
Schwert, Schildbuckel, Gürtelschliesse, Nagel. — 6)Gr.1V. Br. Fingerring, Gürtelhaken, 
Oberarmreif. E Unterarmreif, kl. Kette. Tongefässe. 


R. Beltz: 


Lfd. Doia Aa | variante | Zur Fund- Nachweis. — 
Nr. | E. Bereet | geschichte Literatur 
| i 
117 Straubing Straubing | Br. V. J (mit Auf der: Ebner-Straubing, 
3 Kngeln) römischen | Jahresbericht des 
Siedelstätte H. V. 
E Straubing I 1808 
> i S. 7 und Tafel 
MS |E Weltenbargy,| München | Br. V. H S2 5 Beitr. zur Anthr. 
T| B.-A. Kelheim N. M. F mit ab- u. Urg. Bayerns 
z Ve | geschnirten ` ` IV Taf. 5, 50 
| Wulsten ` Katalog IV 
Taf, 12, 7 
| Lindenschmit, 
| : A. II VIL 3, 12 
19 sen | München | E Sonderform | — Scheidemantel, 
E NG d B II b FII3 Hügelgräber von 
| | Parsberg II 
| Taf. 3, 10a 
150 Ebendort?) | Ebendort | E V, F — Ebendort, 
a | (nur 1 Knopf | Taf. 3, 10b 
D | an der Ver- | 
a | bindungsstelle) 
= | F Il 1 
181 |=] Ronsolden®), Bad E _ Steinmetz, 
=! B.-A. Parsberg: Dürkheim | Verh. d.h. V. d. 
= Ä Oberfalz 45 S. 24 
182 Dollmanns- | München Br. B II 3 | — Reinecke in 
berg *), St. S. FILS Lindenschmit, 
B.-A. Sulzbach ` A. V E 
183 Zwischen Ebendort Br. B II 3 Hügelgrab Birkner 
Högen und F II 5 
Haunritz®), | 


B.-A. Sulzbach : 


Markäöbel°), Frankfurt Br. V. F — Lindenschmit 
_| Kr. Hanau a. M. die Kugeln mit- (Sohn), 
S H A gegossen, Ver- Röm.-germ. 
= | bindungsstück Centralmuseum 
E | = V. J Seltene Taf. 30 u. 33 
sé Form 
aa 
185 | &.| Altenburg”), Cassel Br. S 2 Doppelter | Böhlau, Zeitschr. 
2 b. Niedenstein Ringwall d. Vereins f. hess. 
Kr, Fritzler Gesch. N. F. 35 
1909 Taf. I 9 
186 | .; {Kl.-Gleichberg, Meiningen Br. B II 5 Wallburg Reinecke in 
d (Steinsburg) | F 115 Lindenschmit, 
=\ı b. Römhild A. V 339 *) 
ai | Oben Abb. E 
| 


Begleitende Funde. 


1) Kloster . Weltenburg: S. A 194. 


2) Prünnthal. 


Mit 179. — 3) Ronsolden: Vgl. 7 89 (zusammengehörig?). — 4) Dollmannsberg: S. t 124, 
A 242. — 5) Zwischen Högen und Haunritz: S. 7 119, A 243. — 6) Marköbel: Br 
grossse Kette. — 1) Altenburg: Spätlatene-Inventar. S. A 269. 

*) Auf der Tafel 3538. 


LatènefibeIn. 16 


Lfd. Bari an | Variante. Zur Fund- Nachweis. — 
Nr. e Fu An: | geschichte Literatur 
187 Kl.-Gleich- | Meiningen Br. V. J | Wallburg Pusch. Jacob 
bis berg ') (3 Bruchst.) in VAPS VII 
191 VIII S. 26 Fig. 73 
Reinecke in 
Lindenschmit, 
| A., V 337 
Kee Ebendort *) Ebendort E Desgl. Pusch 
is 
193 
194 Leimbach’), Ebendort E Brandgräber | Goetze in VATh. 
S.- Meiningen (Urnenfeld) |S. 223 Taf. 17, 248 
, Reinecke in 
Lindenschmit, 
A. V 340 
195 Ebendort?) Ebendort E noch Desgl. Neue Beiträge 
bis ; Bruchst. von Meiningen 5 1888 
197 mehreren Taf. IV 8. 9 
198 Ebendort Ebendort E V. F Desgl. Ebendort, 
2 Taf. IV 10 
199 | $ Jena’) Jena E Br. Buchst, ` Urnenfeld Eichhorn 
E auf ae 
N Lerchenfe 
en = Ebendort*®) `" Ebendort E V. F (1) Desgl. Derselbe 
1S | .2 
201 | & 
202 E aan) Ebendort E — Ba 7 VATh 
= -B. Weimar | . 261 
203 KI. Romstedt"), Ebendort | Br. V. J Einzelfand Eichhorn, 
V.-B. Apolda (der über- Tafeln IV 144 
| greifende Fuss ` | VATh. 8. 306 
_ gekerbt und | 
| Ä verbreitert) 
204 Sachsen- Ebendort | E | — Eichhorn 
bis Weimar | 
S | 
206 Gera, Gera | E V.F — Auerbach-Gera 
Reuss j. L. | (die zweite 
Kugel sehr 
| gross, Uber- 
| GE von 
) 
207 Alteburg®) Arnstadt ` Br. V.J Wallburg Zschiesche 
bei Arnstadt | in VATh. S. 254 
208 Arnstadt, Berlin | Br. V. J — J. Schlemm 
bis Schwarzburg- V. K. 


209 Sondershausen 


Begleitende Funde. 1) Kl. Gleichberg: Vgl. + 171 A 266 w 66. — 2) Leimbach 
Zusammen mit Spätlatene-Inventar. S. A 279, we 68. Von der Stelle Funde älterer und 
jüngster Latenezeit; Reinecke in Lindenschmit, Alt., Y. S. 105, stellt den Zusammenhang 
der beiden Gruppen in Frage. — 3) Jena: S. A 286 w 70. — 4) Buchfart: E grosse 
Ringe, Pfeilspitze, Lanzenspitze. — 5) Kl. Romstedt: S. auch ® 76. — 6) Alteburg: 
Viele Latene-Funde, darunter auch Regenbogenschiisselchen. 


770 R. Beltz: 
Lfd. Fun Sé | a Variante. Zur Fund- Nachweis. — 
( | n 2 
Nr. i | d Ee Ee geschichte Literatur 
210 Eischleben?), Gotha Br. V. J. Urnen ohne | Florschitz a. a. O. 
g Kr. Gotha Steinschutz Taf. Fig. 8 
211 |Z| Ebendort') Ebendort E Desgl. Ebendort. 
bis IS Fig. 4. 6. 7. 
EUR 
214 |2| Ebendort?) Ebendort E V.F Desgl. Ebendort, Fig. 5 
215 | | Holzhausen®), | Privat- | E mehrere | Urnenfeld |Zschiesche i. VATh. 
Kr. Gotha besitz | . 238 
216 Ranis*), |Hohenleuben| Br. B II 5 Grabfeld Auerbach-Gera 
Kr. Ziegenrück | Reichenfels F II 6 
217 Wernburg‘), | Ebendort | Br. Bruchstück Skelett- Derselbe 
Kr. Ziegenriick gräber 
218 Grossjena?), Halle Br. V. K Grosses Reuss. — VATh. 
bis Kr, Naumburg Urnenfeld S. 346 
21%) 
210 Ebendort Ebendort | E V. J (dazu _ Ebendort 
ein Bruchstück) 
991 Weissenfels Berlin |Br. Übergang zu) — J. Schlemm 
V. K. V.J 
23 || KI. Corbetha’), Halle Desgl. Urnenfeld | Förtsch, Mitt. d. 
bis J= | Kr. Merseburg r. M. IT S. 52. 
224 | = | Abb. 12. 13. 14 
225 [S | Liederstitdt’), Privat- Mehrere Desgl. Goetze in VATh. 
= Kr. Querfurt besitz (Form?) S. 71 
236 [2] Beyernaum- Privat- E — Höfer in VATh. 
= burg, Kr. besitz S. 135 
2 Sangerhausen 
227 | a|  Rietnord- | Nordhausen Br. V. J Urnenfeld Ebendort, S. 145 
n | hausen’), Kr. 
=| Sangerhausen 
228 | E| Meisdorf”), Berlin E Grabhügel J. Schlemm. 
A | Mansfelder Ge- V. K. mit Urnen | Höfer in VATh. 
birgskreis auf dem S. 49 
Osterberge 
229 Ebendort Ebendort | Br. am Bügel Desgl. J. Schlemm. 
4 röhren- Kossinna, Korr.-Bl. 
förmige Korallen 1907 S. 60 
(od. Knochen) 
250 Ebendort Ebendort Br. V. J. Desgl. J. Schlemm 
231 Ebendort Ebendort | Br. V. F. (5!) Desgl. Derselbe 
2732 Ebendort Ebendort | E ähnl.V. O. Desgl. Derselbe 
oe =. e 
Begleitende Funde. 1) Eischleben: S. A 292 @ 77. — 2) Holzhausen: E Gürtel- 
haken. — 3) Ranis: A 297. — 4) Wernburg: Vgl. A 294. — 5) Grossjena: Bronze- 


zeitliche und Latene-Funde, gemischt. — 6) Kl. Corbetha: Auch A (327). — 7) Lieder- 
stiidt: Segelohrringe, Gürtelhaken, Glasperlen. S. e 101. — 8) Rietnordhausen: Urnen 
z. T. auf der Drehscheibe, Gürtelhaken, w 86, .— 9) Meisdorf: Br. Situla (Undset, Fisen 
in Nordeuropa, XXIV, 1), br. und eis. Lanzenspitzen, zusammengebogenes Schwert, 
Ringe usw. e S55. 


Laténefibeln. 771 


Variante. 


Lfd. Fundort e N | Zur Fund- Nachweis. — 
undo A 
Nr. Sree E | geschichte Literatur 
233 Meisdorf, Jena E Mehrere Eichhorn 
bis [=] Mansfelder Grabfelder 
234 |A| Gebirgskreis 
235 | S| Ebendort) Ebendort | Br. Übergang Desgl. Ebendort 
= zu V. F (fasset- 
= tierte Kugel 
2 bzw.Halbkugel) 
236 | 3| Ebendort') Wernigerode E Desgl. Höfer 
a 
237 E Ebendort?) Braun- |E.S2BII4 Desgl. Scherer 
S schweig, 
= H. M. 
238 | £ | Nachterstedt,| Privat- | E mehrere Ex. = Höfer 
Pa (Kr. Aschersleben besitz 
239 Bernburg Halle E = Reuss 
240 Bel Bernburg | Schloss Br. Bigel — Halınc-Hannover 
Kühnau sechseckig 
241 Sorge’), Zerbst E Bruchstück | Urnengräber Seelmann. 
Kr. Zerbst Rathaus ohne Stein- Becker, S.-Th. 
schutz Jahrschr. II 1903 
242 Luso®;, Zerbst ‘EV F (dazu Br.)| Urnenfeld Seelmann 
2 Kr. Zerbst Schloss | 
243 | Š) Mühlstedt®), | Privat- | Br. V. J. | Urnengrab Derselbe 
bis |< Kr. Zerbst besitz Das Schluss- 
244 stück gestrichelt 
245 Rietzeneck®), Desg). E viele Beim Derselbe 
Kr. Zerbst Bruchstücke Pflügen 
bes. V F gefunden 
246 Kl. Kühnau’), Desgl. E V.F. (1 Brucl-! Urnenfeld Derselbe. 
bis Kr. Dessau stück) Zeitschr. f. Ethn. 
247 1907 S. 187 
Fig. 24/25 
248 Leipzig- Leipzig E V.F. Desgl. Deichmüller 
= Connewitz?) 
249 E Crébern’) Ebendort E V. F. (1) Desgl. Derselbe, 
S bei Leipzig Korr.-Bl. d. anthr. 
un G. 1887 S. 33 
250 | $| Ebendort?) Berlin Desg). Desgl. Deichmüller 
= K 
251 > Ebendort”) Ebendort | Br. V. F (1) Dese), Derselbe 


Begleitende Funde. 1) Meisdorf: F Gürtelhaken und Ring, Spiralohrring. — 
2) Meisdorf: E zusammengebogenes Schwert, Lanzenspitze, Segelohrringe mit Glasperlen, 
Girtelhaken. — 3) Sorge: Auch A 350 w 109. — 4) Luso: E Speerspitzen, Ringe, 
Gürtelhaken, Nadeln, Br. Anhänger, Kettchen, Perlen. — Glasperlen. S. A 357. — 
5) Mühlstedt: E Gürtelhaken, Br. Ring. — 6) Rietzeneck: Gefässe mit Bogen u. 
Näpfchen verziert. — ŒE Gürtelhaken, Nadeln. — Br. Ringe. — 7) Ki. Kühnan: E 
Nadeln, Ringe, Gürtelhaken. — Br. Spiralring, Ohrringe. — Glas: blaue und grüne 
Perlen. — Harz. — 8) Leipzig-Connewitz: E Gürtelhaken, Fibel A 363. — 9) Cröbern: 
S. A 378. 


172 R. Beltz: 
Lfd. oe | e , Namen Zur Fund- Nachweis. — 
Nr. en | eee N geschichte Literatur 
202 Markklee- Leipzig E | Urnen ohne | Jacob, Jahrb. d. 
berg!) Steinschutz | Leipz. Mus. 1907 
bei Leipzig XXI, 134 
253 Ebendort?) | Ebendort E Desgl. Derselbe, 
| XXII, 142 
254 Bobersen*) Grimma |Br.Typ Bruch- | Urnengrab Wilke-Chemnitz. 
= bei Riesa | stück Zeitschr. f. Ethn., 
a | Verhandl. 1899 
Si. | S. 657 Fig.3b u.c 
255 |Z] Ebendort | Ebendort | Br. V.J.Brchs.| ` Desgl. Ebendort 
256 |-2) Dresden-Alt- | Dresden Ev Ei | Urnenfeld Deichmüller 
Er stadt’) | 
257 |: Lébtau ‘) Ebendort Desgl. Urnenfeld. Derselbe 
“=! bei Dresden Nach- 
| bestattung 
in einem 
| Urnenfeld 
des Billen- 
dorfer Typs 
358 Heidenau?) , Ebendort EV.F Urnenfeld Derselbe 
bis bei Pirna 
261 
262 Freystadt Breslau Br. B. breit Urnengrab Seger, Schl. V. 
mit Perlstreifen VI 8.416, 4. 
Klammer ent- Reinecke in 
sprechend breit Lindenschmit, 
F mit Ver- A., V, 347 (vgl. 
tiefungen f. Kossinna, Korr.-Bl. 
Einlage d. anthr. Ges. 1907 
8. GO 
263 Zölling®,, Ebendort E Urnen ohne į Seger, Schlesiens 
bis Kr. Freystadt Steinschutz | Vorzeit VI. S. 420 
204 j g 2.1. 
265 |3) Denkwitz, | Ebendort | E.S. 1, auf F — Derselbe 
= Kr. Glogau rechteckige 
Ka Platte 
266 Zeippern’), Ebendort E. Brandgruben-| Seger, Schl. V. 
bis Kr. Guhrau mehrere Bruch- griiber N. F. If. S. 41 
270 stiicke Fig. 39.40.41.42.46 
271 Beichau, Ebendort Br. Typ — Seger 
Kr. Militsch 
272 Przybor®), Ebendort — Brandgruben- Derselbe 
Kr. Steinau gräber 


Begleitende Funde. 1) Markkleeberg: S.A 371. — 2) Bobersen: Henkelge- 
fäss. E Gürtelhaken, Reste eines Gürtels. Br. Spiralring, Bruchstiick von Y-Fibeln, 
auch œ 115a. — 3) Dresden-Altstadt: E Gürtelhaken: Br. Armring. — 4) Löbtau: 
S5. A 398. — 5) Heidenau: S. A 402. 6\) Zölling: w 117; E Gartelhaken. 
Urne mit ausgezogenem Miander. — 7) Zeippern: E Schwerter, Schildbuckel, Lanzen- 
spitze, Schere, Messer, Pinzetten. Cefiisse mit verbreitertem Henkel, Hakenkreuz, 
ausgezogenem Miiander: nur Mitttellatene-Typen. 8) Przybor: E Messer, Pfriemen, 
Tonwirtel, w 11S. 


Laténefibeln. 713 


Lfd. N DEE Variante. Zur Fund- Nachweis. — 
Nr. miung | Genauere An- geschichte Literatur 


| gaben | 


Seger, Schl. V. 
VI, S. 413 


Bernstadt'), Breslau |E V. F F mit | Urnengräber 
Kr. Oels Vertiefungen 
(f. Einlage) 


Münster Köpp-Münster 


Niedersachsen I 
| S. 139, Abb. 10 
Taf. 27, 9 


| Urnenfriedhöfe in 


unbekannt 
(Westfalen?) | 
275 Pyrmont?', Pyrmont | Br. S 2 Am Boden Führer für 
Waldeck B breites Band | des Brodel- | Pyrmont, heraus- 
brunnens gegeben von der 
Brunnendir., S. 14 
276 Lauingen®), Braun- E V. F (1) Urnenfeld Fuhse 
Kr. Helmstedt schweig 
E St. M. 
GA 
217 |Ë Ebendort?) Ebendort EV.FS2 Desgl. Derselbe 
278 2 Ebendort?) Ebendort EV.JS2 Desgl. Derselbe 
bis | 3 (1 Bruchstück) 
279 a 
2x0) Blankenburg | Privatbesitz Br. V. J — Prochno- 
a. Harz | Blankenburg 
2S1 Nienburg‘) Hannover | E B ähnlich | Hügelgräber, Hahne 
! B II 3 Urneufeld 
293 Ebendort Ebendort E V. F Desgl. Derselbe 
bis 
n] 
284 Ebendort Ebendort Br. V. H. Desgl. Hahne. 
e | Lindenschmit, 
| A., V.H. 
| | T. 3. 5. 
i | Oben Abb. 48 
285 | | Ebendort | Ebendort E Desgl. Hahne 
bis I © | 
290 | & ! 
291 | 3 Wolpe’), ` ` Ebendort E V. F (3) Urnenfeld Derselbe 
bis [4] Kr. Nienburg ` Br. V.J 
294 | Bruchstücke 
205 Hannover  Ebendort E eine Desgl. Derselbe 
| Kugel (Über- | 
| gang zu F) | 
206 Réttges- = Braun- EV.F  |_ In einer Fuhse — 
biittel®, | schweig | Urne 
Kr. Gifhorn | St. M. | 
27 Thnrau‘), Lüneburg E - Urnenfeld I|Lienau. Schwantes, 
Kr. Lüchow | 


Begleitende Funde. 1) Bernstadt: A 421. — 2) Pyrmont: Br. Schöpfgefäss, 
3 Denare (jüngste Caracalla 211 bis 212) g. 200 Fibeln, br. und s., besonders frührömische 
bis zu Völkerwanderungstypen. S. w 123. — 3) Lauingen: S. A 477. — 4) Nienburg: 
S +243 A425 w 127. — 5) Wölpe: Bruchstücke von mehreren. — 6) Röttgesbüttel: Br. 
Ohrring, plattierter Gürtelhaken. — 7) Thurau: Gürtelhaken, holsteinische Nadeln 
Keramik im Charakter Schwantes II, IM. w 144. 


774 R. Beltz 
Lfd. ai SEENEN Variante. | Zur Fund- | Nachweis. — 
a a 
EH i Fe | geschichte Literatur 
nn ` ` Ülsen 1) Lüneburg ze: V. G. Urnenfeld Lienan 
is ( osetten 
299 aus Korallen) 
FIIi 
SE Ebendort?) Ebendort EC a Desgl. Derselbe 
is ta F 
301 (Korallen) 
302 Ebendort?) Ebendort E V. F (3) Desgl. Derselbe 
303 Kahlstorf?), | Hannover E V. F (3) Desgl. Derselbe 
bis Kr. Ulzen 1 bruchstiick 
304 ! 
303 Oltzen’), Lüneburg EV.F Desgl. Lienau. Schwantes, 
Kr. Ulzen | | Bruchstück Pr. Z. IS. 154 
Urnenfriedhöfe I 
S. lit 
306 Oldenstadt‘), | Hannover E V. F Desgl. Lienau 
bis Kr. Ulzen 
307 | 
308 Ebendort‘*) | Ebendort ; Br. S 2 _ Desgl. Derselbe 
zwei grössere 
flache 
Klammern) 
309 | z Ripdorf®), |; Ebendort E mit Desgl. Hahne. Kossinna, 
bis | = Kr. lzen Koralle und Korr.-Bl. d. 
310 = | Nietstift anthr. Ges. 1907 
= | ' 1 Bruchstück S. 60 
dll Römstedt®), Ebendort E V.F Desgl Hahne 
Kr, Ulzen 
312 Fürstentum | Nirnherg Br. V. F a Beltz 
Lüneburg G.M. 
313 Ebendort’) Lüneburg os 24 | un Lienau 
eF (? un- | 
vollständig) 
in der Kugel | 
| Koralle 
314 Ameling- Ebendort | Br. S 2 | = Derselbe 
hausen auf dem 
Kr. Lüneburg Schlussstück 
| 2 rechteckige ` 
| Platten 
315 Gerdau, Ebendort Br. V. F — Derselbe 
Kr. Lüneburg | : 
916 Altenwalde, Berlin E u. Br. V.F | — J. Schiemm 
Kr. Stade V.K | 
317 Ebendort Ebendort | Br. Y. H (3) , — Dieselbe 
318 Ebendort Ebendort | Br. BI3 | — Dieselbe 
319 Holszel®), Geeste- EVF Urnen- Plettke- 
Ld. Wursten, münde (br. Kugeln) | friedhof Geestemünde 
Kr. Lehe | Bruchstück auf hohem 
| | Geestrande 


Begleitende Funde. 1) Uizen: Spiralohrringe, Gürtelhaken, Osenring, Inventar 
im allgemeinen Schwantes Ill. A 419.— 2) Kahlstorf: S. A 453. — 3) Oitzen: A 45. — 
— Spiralohrringe, Glasperlen, Gürtelhaken, Inventar der Stufe Schwantes III. — 4) Olden- 
stadt: ^A 456. 3 Bruckstücke von ähnlichen. — 5) Ripdorf: A 461 Q 1. — 6) Röm- 
stedt: Bruchstück einer ähnlichen. — 7) Lüneburg: 4 Bruchstücke von ähnlichen. — 
8: Holszel: w 129. 


Latenefibeln. 2 Ti 


qe 


Lfd. Fundort e N Variante. Zur Fund- Nachweis. — 
undo anımlun S 
Nr. a en An | geschichte Literatur 


ES2 ae Plettke 


320 Holszel?), Geeste- 
bis Ld. Wursten, miinde Sonderform ; auf hohem 
321 Kr. Lehe B un der Ver- | Geestrande 
bindungsstelle 
stark verdickt 


(Rosette mit 


Grabhügel | Hamburg 111 1886 
mit Urnen, S. 11 Taf. 3, 44 
ohne Stein- 

schutz 


E Bronze- Rautenberg, Jahrb. 
(geg. 30) 


1. Hügel 


perlenartigem | 
Rande) 
322 |. Fo. uän Hannover EBII4 Urnenfeld Hahne 
bis |£ 
323 | © 
324 E Westerham?), | Hamburg |E u. Br. V. H. ; Hügelgräber | Rautenberg, Jahrb. 
Kreis Neuhaus (2. T. bronze- | d. wiss. Anst. Ham 
| zeitlich) burg ILI 1856 S. 15 
nn Ebendort Ebendort E | Desgl. Ebendort 
is | 
326 | 
327 Ebendort Ebendort Br. V. F (3) ! Desgl. Ebendort, 8. 19 
| | Taf. 3, 32 
328 | so,  Rastede, Oldenburg | Br. V. F (3) ! Moorfund | Martin-Oldenburg 
E Amt Oldenburg l 
329 |£ Ahlhorn, Ebendort E — Derselbe 
=| Amt Wildes- 
E hausen 
330] &) Bentrupp, Ebendort En Br. Sonder- Moorfund Derselbe 
&| Amt Löningen form. Auf | 
N dem ver- 
2 bundenen 
S Schlussstück 
2 eine durch 
de) Strichgruppe | 
verzierte Pauke | 
331 Holte*) Hamburg 
bei Cuxhaven zeitliche d. wiss. Anst. 
T 
332 E Ebendort*) Ebendort E Desgl. Ebendort, S. 12 
353 |E Ebendort‘) Ebendort E Desgl. Ebendort 
334 1 | Ebendort’) Ebendort E Desgl. Ebendort, S. 13 
Taf. 3, Ay 
330 Ebendort®) Ebendort | Br. V. F (3) Desgl. Ebendort 
Taf. 3, 40 
336 Ebendort 3 Ebendort E VI Hügel Ebendort, 
bis Taf. 3, H 
Rn 


Begleitende Funde. 1) Holszel: Urne Nr. 1. w 129. — 2) Provinz Hannover 
3 Bruchstücke von ähnlichen. — 3) Westerham: Urnen zum Teil bronzezeitlichen 
Charakters. w 160. Nachtrag. — 4) Holte: S. 60 w1öl. Urnen meist der Ripdorfer 
Stufe Br. Holsteinische Nadel, Nadel, Gürtelring, kl. Ring mit Beschlagklammern. E Be- 
schlagstück, Stift. Gr, +3. 47. 55. — 5) Aus zerstörten Urnen. — 6) Holte: Gr. 14. Nachtrag. 


176 R. Beltz: 
Lfd. Gage DEEN Variante. | Zur Fund- | Nachweis. — 
Nr. S SE Ä geschichte Literatur 
Zu - | eS SS — Sere | TE gg ——_ 77 ee 
338 Süderbrarup, ! Kopenhagen Br. V. F (5) |; Aus denGrab-| Mestorf, Urnen- 
Kr. Schleswig | higeln am friedhöfe Taf. V. 
Torsberger Fig. 6 
Moor 
39 Lottorf'), Kiel Br. u. E V. F | Urnengrab Mestorf 
Kr. Schleswig ` Bruchsticke 
310 Schellhorn, | Ebendort | Br. V.FS2 Desgl. Mestorf, a. a. O. 
Kr. Plön Die Kugeln mit Taf. I, 
Einlage Fig. 14 
Knorr, VI, 1238 
SAL Wentorf), | Ebendort | Br. u. EV. F Desgl. Mestorf 
bis Kr. Plon | 
O43 f- Br. Bruchstück | 
SH |S] Gönnebeck®), | Ebendort Br. V. F | Urnenfeld Mestorf, a. a. O. 
>| Kr. Segeberg Taf. I, Fig. 10 
345 TI Ebendort | Ebendort EV.F Leichenbrand Mestorf 
e) | ohne Urne 
316 [2 Schwissel,  Ebendort E V. F (3) Urnenfeld Knorr a. a. O. 
so] Kr. Segeberg ` | VI, 127 
N 
47 Ebendort Ebendort | Br. B II 6 Desgl. Ehendort, VI, 134 
DAS Ebendort Ebendort | Br. B II d Desgl. Ebendort, VI, 137 
340) Barsbüttel, | Ebendort | Br. S 2 Urnenfeld Ebendort 
Kr. Stormarn B mit Furchen VI, 133 
Ä (f. Email?) 
300 Hammoor‘), | Ebendort ' EF II 1 Grosses Knorr, 
Kr. Stormarn | Urnenfeld |VIJ, 129. 41. Bericht 
d. Schl.-H. Museums 
sol Ebendort Ebendort | E Bruchstücke | Desgl. Derselbe 
his | | 
357 | 
358 Ebendort Ebendort Br. V. J S 2 Desgl. Knorr. 
BII6 VI, 136 
309 Pétran), Lübeck | E V. F Urnengrab Freund, Lübecker 
Kr. Lauenburg Festschr. 1597, X, 9 
360 Ebendort Ebendort E V. F (3) Desgl. Ebendort, X, 10 
OL Waldhusen Ebendort | E V.F Desgl. Ebendort, X, 9 
Lübeck 
362 i .( Hagenow‘) Schwerin , EV. F Urnenfeld Beltz, Mecklbg. 
E | (IV) Jahrb. 1906, S. 80, 
Si | | VAM S. 306 
o6 | >) Bellevue’) Ebendort | E V. F Desgl. Ebendort, 
=| bei Hagenow | S. 87, VAM 306 
DGE |= | Krebsförden®) | Ebendort Eu. Br. V. F Grosses Ebendort, S. 41 
bei Schwerin i Urnenfeld (I) VAM 502 
Begleitende Funde. 1) Lottorf: ,holsteinischer* Gürtel, — 2) Wentorf: Teile 
eines „holsteinischen“ Gürtels. — 3) Gönnebeck: holsteinische Nadel, Osenring, Zwinge. 
— 4) Hammoor: Bronzekessel, Gürtelhaken usw. — 5) Pötrau: E Gürtelbeschlag, Ring. 
— 6) Hagenow: Urnen unter Steindämmen, „holstein.“ Gürtel usw. — 7) Bellevue: Urnen 
unter Steindämmen, Br. Ösenring usw. E Gürtelhaken usw. — 8) Krobsförden: Urnen 


frei im Sande, junger Charakter. w 178. 


Latenefibeln, Ti 
Lfd. undort e va Variante, | Zur Fund- Nachweis. — 
undort . Sammlu , 3 
Nr. | = S "ben An geschichte Literatur 
| | gaben : 
SE sf E ! | 
365 [= ( Grabow (Amt) Schwerin Br. Übergang ; Anscheinend | VAM Taf. 46, 2s 
> | zu J.S 2 Moorfund 
E Klammer und | 
T Stelle am Fuss | 
Se Ä mit vertiefter | 
= | Furche 
= | (f. Email) 
OO Le Dargun’) , Ebendort | E V.F | Urnenfeld | Meckl. Jahrb. 1906 
| ' mehrere Ex. | (Il) S. 152, VAM S. 310 
367 Pleetz?)  Neu-Bran- ` Br. V.J Urnenfeld Brückner- 
bis |» | bei Friedland denburg | Br Klammer | Neubrandenburg 
369 15 | geriefelt (zur 
5 | Aufnahme von | 
a | Email ?) 
Ei | Ä | 
DIE Ebendort ' Ebendort Br. V. J. | Desgl. Derselbe 
GG | Bügel mit kreuz- 


‚ förmiger Ver- | 
tiefung f. Email 


371l Qr.-Chiden®), Salzwedel: EV.F ` Desgl. Kupka, 
( Kr. Salzwedel Ä (klein, Uber- ` S.-Th. Jahresschr. 
Ä gang) mehrere | 1910 S. 18 
| | Ka 
12 Conran, | Ebendort ı Br. VJ" Urnengrab Zechlin 
Kr. Salzwedel | | 
D3 Rüssefeld*), | ? Ek: mit Korallen i Aus- Undset., Eisen 
=| Kr. Salzwedel ` “(noch mehrere) : gedehntes S. 230 
© | Urnenfeld 
3741 S | Kricheldorf?), | Salzwedel | EV.J | Zwei Grab- | Zechlin. Kupka, 
bis | | Kr. Salzwedel felder mit a. a. O. S. 16 
3315 | | ‚ Urnengräbern Liidemann, A. f. A. 
E | i u. Knochen- N. F, 1, 'S. 236. 
Z | | | lagern | 
376 > Ebendort `, Ebendort Br. V.F ` Desgl. Ebendort 
bis IS | ’ 
D ke [5°] 
rt | 
319 = Ebendort | Privatbesitz | E (mehrere Desgl. Ebendort 
© |! und Berlin | Exemplare) | J. Schlemm 
Du { 
380 Ebendort Desg). Br. klein Desgl. Ebendort 
381 Ebendort `." ` Dese, E (mehrere) Desgl. bendort 
| V. F (3 St.) 
WR Perver ô), Salzwedel E Urnenfeld Zechlin. Kupka, 
Kr. Salzwedel a. a. 


EWEN 


Begleitende Funde. 1) Dargun: Urnen unter Steindämmen. E. Giirtelhaken 
usw. — 2) Pleetz: w 193. — 3) Gr. Chüden: Auch e 197. — 4) Wlissefeld: Zusammen- 
gebogenes Schwert, Hohlkopfnadelu, Segelohrringe, Glasperlen. — 5) Kricheldorf: S. 
A489. Q 5. Gürtelhaken, Spiralohrringe, „holsteinische“ Nadeln. 6) Perver: Noch mehrere, 
auch @ 199. 

Zeitschrift für Ethnologie. Jahrg. 1911. Heft 5. 50 


178 R. Beltz: 


Lfd. Fundort s , | Variante. | Zur Fund- | Nachweis. — 
n 2 
Nr. undo ammlung | ee An geschichte | Literatur 


— FL nn 


| 
383 Perver, . Salzwedel Br. V.J | Urnenfeld Zechlin. Kupka, 
bis Kr. Salzwedel : S.-Th. Jahresschr. 
385 | | 1910 S. 18 
38G Lohne?), Berlin | Br. B. II 2 Desgl. J. Schlemm- 
Kr. Osterburg ` NK. mit kleinen Kossinna, 
| rechteckigen K. Bl. 1907 S. oi 
| Scheiben ver- Undset, Eisen 
| ziert, auf denen S. 229 Fig. 17 
| ' Knochen- (oder Kupka, a. a. O. 
| Korallen?) S. 18. 
knöpfchen Oben Abb. 49 
387 Ebendort | Ebendort EV.F Desgl. J. Schlemm- 
aber kleine Undset, Eisen 
Kugel S. 229, Fig. 16 
385 | _ Ebendort | Ebendort Br. BIL 6 Desgl. J. Schlemm 
389 E Walsleben?) ; Stendal E Grosses Kupka, Beiträge 
ii Kr. Osterburg ` Urnenfeld; | zur Geschichte der 
hs | Ä Urnen oder Altmark 
= l Knochenlager} III 1911 S. 97 
= | | frei im 
E Boden 
390 |Z Ebendort?) Ebendort ` E Desgl. Ebendort 
391 | S| Arneburg’), Ebendort | E Urnenfeld Kluge, N. d. A. 
a! Kr. Stendal 1892 5. 38 
E | Kupka, 
a a. a. O. S. 18 
392 S Bülstringen?), Neuhaldens- | E; mit | Desgl. Werner, Zeitschr. 
à IKr. Neuhaldens- leben stärkerer f. Ethnol. 1805 
leben ' Klammer und S. 138 Fig. 51 
Knoten im 
Schlussstiick 
393 Altmark Berlin  BrV.G — J. Schlemm 
bis (Fo. u.) V. K. | | 
396 
39% Desgl. Ebendort Br. B. II 3 | Ge? Dieselbe 
398 Desgl Ebendort Br. V. F — Dieselbe 
399 Desgl. Ebendort Br. V. F — Dieselbe 
| (1 mit ge- 
| schwungenen 
| | Kerben) 
400 Schartenke°), 7 mehrere Urnenfeld Wilke, 
Kr. Jerichow IT ! Deutsche Gesch. 
| | Bl. VII S. 30s 


Begleitende Funde. 1) Lohne: S. 4505. Dazu Bruchstücke von zwei ähnlichen. 
(Undset, T. XXIII, 12. 13). — 2) Walsleben: Inventar im allgemeinen Jastorfstufe. — 
Gr. 19, in einem rundlichen Topfe. — 5) Walsleben: Gr. 21. E Nähnadel, Gürtelhaken. 
P Arneburg: Auch ò (496). Segelohrringe, br. Kolbenring, astragalierte Halsringe, vier- 
kantiger grosser „Spindelstein“ aus Glas. — 5) Bülstringen: S. ^ 499. Q 7 w 207. — 
6) Scharteuke: Br. Serelohrringe, Schwanenhalsnadeln, Berlocke. E Nadeln (mit Br. 
kopf). Gürtelhaken, Tonlöffel, e 216. — 


Latenefibeln. 119 


e | 
Lid. Fundort | e N Variante. | Zur Fuud-. Nachweis. — 
undor ammlun - i 
Nr S Geer An | geschichte Literatur 
401 Schmetz- | Privatbesitz E gross Urnenfeld Jentsch, 
dorft;, Zeitschr. f. Ethnol. 
Kr. Jerichow II | XX 1888 Verh. 
S. 53 
| 
402 Schollehne*), 7 | — mehrere Undset S. 201 
Kr. Jerichow UI ' | | Urnenfelder 
Bücknitz®), | Berlin | E Urnengrab Kiekebusch 
404 Kr. Jerichow I M. M. | | 
| | 
405 Eulenmühle t), ` Berlin Br. — J. Schlemm 
Kr. Jerichow I V. K. | 
| 
406 Ebendort : Ebendort | E V. F (1) = Dieselbe 
407 I= Heyrots- | = ag | mehrere | Grosses Nachr. d A. 
= berge’), | Urnenfeld 1896 S. 81 
| Kr. Jerichow I | | 
= | ) 
408 LSV Hohenwarte®), Burg mehrere Urnenfeld |Nachr.d. A.18058.73 
=| Kr. Jerichow 1 | S.-Th. Jahresschr. 
ei III S. 140 
Z 
409 = Ebendort | Ebendort | F Desg). Hahne-Hannover 
410 |5| Leitzkau’), libendort Br. V.J Urnenfeld II | Bauer. Nachr. d. A. 
a | Kr. Jerichow I 1896 S. 83a 
ke Kupka, a. a. O. 
= S. 17 
S 
411 Ce Ebendort Ebendort E BII 2 Desgl. Bauer, a. a. O. 
| F fehlt S. 83 b 
112 Schermen ®)\, Ebendort E Urnenfeld | Hirt, Nachr. d. A. 
Kr. Jerichow I 1895 S. 79, 16 
Kupka, a. a. O. 
S. 17 
415 Vehlen’), Berlin E Desel. Kiekebusch 
Kr. Jerichow I M. M. 
414 
bis Ebendort | Ebendort E V.F Desgl. Derselbe 
416 | 
417 Ziesar’°), Gr. Wuster- | E V. F Desc. Kossinna, 
Kr. Jerichow | hausen, (4, m. Korallen- Korr.-Bl d. anthr. 
Privatbesitz einlage) Ges. 1907 8, 60 


Begleitende Funde. 1) Schmetzdorf: Br. Ohrringe, Ösenringe, Ringe mit E 
Zwingen, E Gürtelhaken. — 2) Schollehne: S. A 519. — 3) Bücknitz: E Nadel mit 
Bronzekopf, Gürtelhaken. — Br. Segelohrringe. — Glasperlen. A 510. — 4) Eulenmühle: 
S. A 512. — 5) Heyrotsberge: Ähnlich deuen von Schermen usw. Glas, Kämme, Urnen- 
harz. — 6) Hohenwarte: S. A 513. — 7) Leitzkau: S. A 515. Q 8. Br. Segelohrringe, 
Doppelspiralnadeln. E Gürtelhaken usw. — Glasperlen. — 8) Schermen: A 51T Q9. — 
9) Vehlen: S. w 215. — 10° Ziesar: A 519. Q 11. — In einer Urne seltener Form (mit 
Vertikal- und Halbkreisfurchen in Buckelurnenart). Bruchstücke von ähnlichen. 


MIT 


180 R. Beltz: 


: | 
Lfd. | variante; Zur Fund- Nachweis. — 
x Fundort : Sammlung | Genauere An- hich Li 
Nr. | gaben geschichte iteratur 
418 SE Porin | Br. V. J. EE Grab Kiekebusch 
r. Ruppin MM. | eld. — U. in 
| Steinpackung, 
ringsum 
| Spuren von 
| Leichenbrand 
419 Ebendort | Ebendort | Br. V.J. Desgl. Derselbe 
420 Ebendort | Ebendort | E Desgl. Derselbe 
421 Ebendort Neu-Ruppin E V.F Desgl. Schwartz, Progr. d. 
(5!) Gymn A 
| 1871 Undset Eis., 
S. 200 
422 Charlottenau, Berlin | E SES Kiekebusch 
bis Kr. Ruppin M.M 
CH ; 
e Gransee, Nürnberg, Br. F II 3 = Lindenschmit, A. 
424 Kr. Ruppin G. M. mit Korallen | JI H. VIL 3, 2 
Kossinna, Korrbl. 
d. anthr. Ges. 1907 
| S. 60 
425 Luggendorf*),, Berlin Br. V. J. Urnenfeld J. Schlemm 
Kr. Öst-Priegnitz| V. K. (Bruchstück) Goetze, Alt. d. 
> Priegnitz SH 
5 | S. 56 Taf. 2 
426 2) Ebendort Ebendort Br. S V.F :  Desgl. Dieselben 
3 (1 klein) | 
427 a Butzow’), Privatbesitz E * Urnenfeld Voss 
= | Kr. Westhavel- | | IVa Taf. 5, 4 
lanıl | 
428 Ebendort Desgl. E V.F (1) | Desgl. Ebendort, ` 
| IVa Taf. 6,5 
429 Fohrde ‘), Desgl. ES2FI1 Urnenfeld Ebendort, 
Kr. Westhavel- | Gallberg I IVa Taf. 7, 1b 
land ; 
430 Kbendort*) Desgl. EF II 1 Dese), Ebendort, 
| am Fussende IVa Taf. 7, 1c 
durchlochte 
Scheibe 
431 Ebendort°®) Desgl. | BV. J | Desgl. Ebendort, 
! Bruchstiick IVa Taf. 7, 2 
432 Ebendort 3 | Desgl. E V.F | Desgl. Ebendort, 
his | | IVa Taf. 7.3 
4033 | 
1 Ebendort’) Desgl. ES2 V.F | Desgl. Ebendort, 
| IVa Taf. 8, 6a 6d 
A Ebendort?) | Desgl. E l Desgl. nyEbendort, 
| a Taf. 8, Ge 
P? i 


Begleitende Funde. 1) Binenwalde: Kleingeräte, Gürtelschliesse. Urnen älteren 
Charakters. @ 217. Zahlreiche Fibeln. 2) Luggendorf; Hausurne(!. — 3) Butzow: 
In einer Urne mit br. Pfeilspitze; Segelohrringe, Girtelhaken. S. auch A 525. — 
I) Fohrde: In den Urnen eiserne Lanzenspitze, Segelohrringe, Hohlkopfnadeln, Gürtelhaken, 
Fibel in Hallstattart. Grab 1. — 5) Fohrde: Grab2. Br. Armring, E Girtelhaken. — 
6) Fohrde: Grab 3. Nähnadel, Nadel mit doppelkonischem Kopf. — 7) Fohrde: Grab 6. 


Latenefibeln. 71 


| 


Lfd. St, "bas Variante. Zur Fund- | Nachweis. — 
Nr. TE | ER Genauere An- geschichte Literatur 
| gaben 
nn —— nn nn — E vn — = — 
436 Fohrde!), | Privatbesitz E ' Urnenfeld Ebendort, 
Kr. Westhavel- | Gallberg I IVa Taf. 9, 9a 
land | 
437 Ebendort | Desgl. | Br. V.F Desg]. Ebendort, 
| | auf dem IVa Taf. 10, 11 
| Bügel seltsame 
| Verzierung 
| (entartete 
Vogelprotomen) 
438 Ebendort | Desgl. E V. F (3) Desgl. Ebendort, 
1Va Taf. 11, 13 
439 Ebendort | Desgl. E V. F (1) Desgl. Ebendort 
440 Derwitz?), | Desgl. E Urnenfeld Ebendort 
bis Kr. Zauch- | IVb Taf. 17, 2a, b 
441 Belzig | 
412 Ebendort?) | Desgl. | EV F Desgl. Ebendort, 
| | | IVb Tatel 17, 2e 
| 
445 Ebendort *) Desgl. Br. V.J į  Desgl. Ebendort, 
bis | | [Vb Taf. 17, 3a, b 
444 | = | 
= 
= e 
445 | £) Ebendort Berlin Desgl, Desgl. J. Schlemm 
bis |E) V. K. | 
447 d | | 
448 Krielow’), | Privatbesitz | Br. V. J. | Urnenfeld Voss, 
Kr. Zauch- | | | IVa Taf. I 1 
Belzig | | 
449 Ebendort?) Desgl. | E Desgl. Ebendort, 
bis | IVa Taf. 3, 11 
450 
451 Ebendort?) Desgl. | E V: E Desgl. Ebendort, 
bis | IVa Tafel 2, 5. 
453 
454 Ragösen’) | De sgl. E Desgl. Ebendort, 
Kr. Zauch- | | IVb Taf. 16, 5 
Belzig 
t55 Rochow’), | Desgl. E Desgl. Ebendort, 
Kr. Zauch- | | IVa Taf. 13, 5 
Belzig 
456 Alt-Töplitz®), Berlin | EV.F | — Kiekebusch 
Kr. Zauch- | M.M. 
Belzig 
Bn Werder‘), | Ebendort | ° E | — Derselbe 
Kr. Zauch- | 
Belzig | | 
| 
` Begleitende Funde. 1) Fohrde: Grab 9. Mit Gürtelhaken. Bruchstücke 
einer ähnlichen mit Seitenknépfen. — 2) Derwitz: Lanzenspitze. + 247 A 505 @ 232. 
— 3) Krielow: Segelohrringe, Spindelsteine (gemischtes Grabfeld). — D Bagüsen: 
Sonst Segelohrringe, A 540. — 5) Rochow: In einer Urne mit Gürtelhaken, Nadel 
mit doppelkonischem Kopfe. Sonst Segelohrringe. — 6) Alt-Töplitz: A 559 @ 255. 


— 7) Werder: + 246. 


182 R. Beltz: 


| 


SS | 
Lfd. Fundort | e , | Variante. Zur Fund- Nachweis. — 
undor ammlung | ; , An- l . 
Nr. | | ne | geschichte Literatur 
= -= I TAS S = ~ 2 mm az RER = OTS II DI 00000020 
458 Grossbeeren!), Privatbesitz | E 3 Typ : Urnenfeld Hindenburg, 
bis Kr. Teltow | 2 KSE mit gruppen- Mannus II 
462 | | | Weiser S. 107, 9 
i | ı Stellung 
463 Gr.-Lichter- Berlin | E ' Urnenfeld [J. Schlemm. Zeit- 
felde?), V. K. | | schrift f. Ethnol. 
Kr. Teltow | 1879 S (348) 
464 Ebendort Ebendort E V.F (1) | Desgl. Dieselbe 
469 Ragow 5), | Ebendort Br. V. F | Urnenfeld Dieselbe 
Kr. Teltow | 
466 Ebendort®) , Ebendort | E Desgl. Dieselbe 
467 Südende). | Berlin | E? — Kiekebusch 
Kr. Teltow ALR | Bruchstück 
468 Tempelhof‘), Berlin ` E | — J. Schlemm 
Kr. Teltow Ä V. K. 
469 Weichersdorf, | ? -— — Wilke, Deutsche 
Kr. Lübben | Geschichtsblätter 
| Vil S. 505 
410 | c| Landwehr‘), | Berlin E mehrere Ä Urnen mit | Buchholr, N. d. A. 
z Kr. Luckau M. M. Bruchstücke Deckelschale 19004 S. 30 
E | anscheinend und Stein- 
S | | V.J. packung 
471 S Sagritz Wi | ? — — Niederlaus. Mitt. 
= Kr. Luckau | IV S. 127 
472 Koschen, Berlin E _ Urnenfeld J. Schlemm 
bis Kr. Kalau V.K. 
44 
Fib Ebendort | Guben E | Desel. Jentsch, Gymnasial- 
bis programm 186 
416 | S. 19 
ATT Forst-Pförten, | Privatbesitz EV.F | Derselbe, 
Kr. Sorau == Niederlaus. Mitt. 
III S. 48 
478 Gaben Berlin LEI = J. Schlemm 
V. K. | 
419 Ebendort *) Guben Br. mehrere, ' Urnenfeld auf] Jentsch,Niederlaus. 
| darunter B II? dem Wind- Mitt. IV S. lus 
(mit Koralle)  mühlenberg. (Taf. I, 3. 4) 
480 Ebendort *) Ebendort Br. J | Desgl. Jentsch,Gymnasial- 
bis | programm 158), 
BEA S 2 


Niederlaus. Mitt. IN 
S. 103, VII S. 71 


Begleitende Funde. 1)Grossbeeren: Urne mit ornamentalen Henkeln und Hals- 
ornament aus gekreuzten Linien, gekröpfte Nadeln. — 2) Gr.-Lichterfelde: Segelohr- 


ringe, gekröpfte Nadel usw. w 238. — 3) Ragow: Br. Halsring mit Stempelenden. E 
Girtelhaken. — 4) Südende: S. e 240. — 5) Tempelhof: w 241. — 6) Landwehr: E 


würtelhaken, Nadeln, Ringe, Kette. E mit Br.: Nadeln. Br. Segelohrringe. S. @ 71. — 
O Sagritz: E Gürtelhaken, Schieberspange. — 8) Guben: Br. Gürtelhaken, Ringfibel, Ring. 
E Gürtelhaken (einfache und zweiteilige). — Glasperlen. 


` Latenefibeln. 783 


Lf. Fundort | e i Variante, Zur Fund- Nachweis. — 
ort amımlun S 
Nr. e Genauere An geschichte Literatur 
gaben | 
182 Guben”) Guben € E mehrere `, Urnenfeld auf | Jentsch,Gymnasial- 


dem Wind- | progromm 1555, 
S 25 


mihlenberg 2 
Niederlaus. Mitt. IV 
S 103, VII S 71 


Ebendort | E V.H Desgl. Ebendort 


483 Ebendort®) | 
484 Haaso, Ebendort | E Urmenfeld |Jentsch. Vhdlgn. d. 
bis Kr. Guben | | Berl. Ges. f. Anthr. 
456 | | 1889, S. 225 
| Niederlaus. 
| Mitt. IV S. 105 
457 Liebesitz, | Ebendort E Desgl. Jentsch, Niederlaus. 
Kr. Guben | Mitt. IV S. 107 
488 Sadersdorf?), : Ebendort E Urnenfeld mit l;bendort, 
Kr. Guben | in grosser Zahl Übergang zu IN, SI 
! | einem an- 
| schliessenden 
frührömischen 
489 Ebendort Ebendort F V.J mehrere Desgl. Ebendort 
4% Ebendort Ebendort Br. B JI 2 Desgl. Ebendort, 
Längsfurche mit Tat. 1, 4 
| Koralle | 
491 | Èf  Ebendort  Ebendort | Br. BIT1 `  Desgl. Ebenılort, 
2 ' (untere Sehne) Taf. 1, 2 
492 13) Schlagsdorf, | Ebendort | E Urnenfeld Ebendort, 
a} . Kr. Guben | | IV S. 120 
493 |= !Wirchenblatt®,) Berlin ! Br. Fil1, Desgl. J. Schlemm. 
Kr. Guben V.K. ; verziert mit | Jentsch, a. a. O. IV 
| ' kammartigen | S. 121 
| | Einkerbungen | 
194 Ebendort?) | Ebendort E | Desgl. Dieselben 
199 Ebendort?) | Guben E zahlreich, | Desgl. Dieselben 
| darunter V. H | 
| | 
496 Rampitz®). Kreis Berlin E Urnen Kiekebusch 
bis Weststernberg ` M. M. ‚frei im Boden | Goetze, Vorg. d. 
499 | Neumark, S. 43. 
Friedel, Ztschr. f. 
| Etbn. 1879, Vhdlgn. 
| | S. 312 (vgl. 
| auch Kossinna, 
| ! Ztschr.f. Ethn. 1905, 
| S. 392) 
TOO Alt-Ranft", Freienwalde; E Übergang zu Leichenbrand- Kiekebusch 
Kreis | ad.O. Var. K. grab F. Scheffler, Gym- 
Oberbarnim nasialprogramm 
Ä ! | 1906 Taf. 11, Fig. 47 
901 Marzahn’\, Kr. Berlin E Übergang zu, Urnenfeld Kiekebusch 


Niederbarnim | M. M. V. F (1 Kugel, 
| ; 1I kl. Wulst) 


Begleitende Funde. 1) Sadersdorf: Kleingerät. w 245. — 2) Wirchenblatt: Auch 
spätlatene- und frührömische (?) Sachen. w 246. — 3) Rampitz: E Schwert. Gürtelhaken, auch 
frührömische Funde (Messer, Speere). | 249. — +) Alt-Ranft: E Waffe. — 5) Marzahn: 
Bruchstücke von mehreren ähnlichen Var. F, z. T. mit Bronzekugeln. 


784 R. Beltz: 


Lfd. | s j Variante. Zur Fund- Nachweis. — 
Nr SES ! ze | Genauere An- | en Literatur 
a Zu ee 
502 | [ Flieth?), Prenzlau Urnen Kossinna, Korrbl. 
bis Kr. Templin d. anthr. Ges. 190% 
50t S. 52. — 
Rlume, Uckermär- 
kisches Museum 455 
5305 Hammel- Ebendort (?) EV J Grosses Schumann- 
bis spring“), E Übergang | Urnenfeld Löcknitz (+) 
509 Kr. Templin zu V. K. 
Br. (5 Rosetten) 
| E Übergang 
zu F. 
510 Storkow’®), Ebendort E Urnenfeld Blume, a. a. O. 489 
bis Kr, Templin 
all 
512 Ebendort? Berli EBIL3 Desel. Kiekebusch. 
MM > Buchholz, N. d. A. 
1893 S. 35. — 
| Oben Abb. 42 
513 Ebendort Ebendort | E | Desvl. Kiekebusch 
bis 
514 | | 
515 | „| Ebendort | Ebendort | EVJ. | Desgl, Derselbe 
516 E Ebendort Ebendort | Br. V.J. | Desgl. Derselbe 
bis |£ ' B mit Kerben 
518 Io | und | 
a Querwülsten 
519 [5 Schmiede- Prenzlau | E mit 3 Ver- Urnengral) Schumann 
bere", | tiefungen auf | 
Kr. Anger. ' dem Bügel . 
münde | (für Email) 
320 Helenenhof°), | E Desgl. Blume, Verzeichnis 
Kr. Prenzlau Ebendort i 452 
| 
e Hohen- E V.J. Ms J. Schlemm. 
oal Wutzen®), Kr. SC | | Goctze, Vorg. der 
Königsberg i.N. we Neumark F. 82 
Zeitschr. f. Ethnol. 
1874 S. (164, 
180% 8. (220°, 
1899 S. (148). 
Goetze, Schr. d.Ver. 
f.Gesch.d. Neumark 
V, S.59. 
| | Kossinna, Ztschr. f. 
Ethnol. 1905 S. 399, 
52? Ebendort | Ebendort E. auf dem ee J. Schlemm 
' Bügel kleine 
| Goldplatte 
92 Ebendort Berlin E V.F. = Kiekebusch 
| M. M. © höher gewölbt 


Begleitende Funde. 1) Flieth: E Messer, Pinzette, Kropfnadel usw. — 2) Hammel- 
spring: Br. Segelohrringe, blaue Glasperlen, echte Mittelmeerkorallen. Noch viele 


Exemplare aus Eisen, e 259. — 3) Storkow: E Gürtelhaken. Br. Segelubrringe. — 
Glasperlen usw. — A 531. @ 72, w 260. Bruchstücke ähnlicher Fibeln. — 4) Schmiede- 
berg: E Gekröpfte Nadel. — 5) Helenenhof: E Gürtelhaken, Ring. — 6) Hohen- 


Wutzen: E. halbinondförmige Messer. Br. Halsring mit Email. A 534. 


Latenefibeln. 18: 


Wa) 


| ae 
Ltd te, Uom Variante. | Zur Fund- | Nachweis. — 
Nr. SC d ammiung | Genauere An- geschichte Literatur 
| gaben 
| a | 
>24 Mandelkow, Stettin Br. V. G. Angeblich Goetze, Vorg. 
bis Kr. Soldin = Moorfund der Neumark 
D25 (Brandenburg) (Gemischter F. 82 
Fund) 
D26 Rügen | Berlin | Br. V. F. | — J. Schlemm 
| V. K. | (die Kugeln 
mit Augen- 
| | verzierung) 
| : 
D27 Dumgene- | Stralsund | E Urne mit Schumann, 
witz’), Rügen | Leichenbrand | B. St. 39 S. 139 
| und Stein- 
schutz 
228 Radekow‘), Stettin | E Brandgrube Ehendort 
Kr. Randow | | Ss. 12 
H 
KRANK Butzke?., | Berlin E = J. Schlemm 
=) Kr. Belgard I VK. 
VIE Ebendort ; Ebendort EFII1 ` — "Dieselbe 
oa ae Ebendort’) `. Stettin E V. J. Brandgruben | Schumann, a. a. Q. 
| und Urnen S. 109 
32 Diinvow‘ , t Berlin EX J. | Brandgrube? J. Schlemin 
Kr. Stolp ` V. K. 
DWG Gumbin?), Stettin E (? wohl ei Zahlreiche Schumann 
Kr. Stolp Brandgruben- 
gräber 
ad Koppenow ^), | Ebendort Br. V. J. Brandgruben | Schumann, a. a. O 
Kr, Lauenburg | pengot ı und Urnen S. 156f bes 165 
EE Ebendort ` Ebendort E | Desgl. Desgl. 
ris | 
536° | 
0 ¢ Pempau, | Danzie | EBII1 Urnengrab Conwentz-Berlin 
Kr. Karthaus ü | 
95 Sackschin’), © Fbendort E Desgl. Derselbe 
=| Kr. Danziger ` | 
2 Höhe 
93915) Liebenthal, ` Ebendort E Übergang | Brandyrube Conwentz 
a) Kr. Marienburg | zu Var. J. Lissauer, Vorgesch. 
E | Denkmäler S. 126. 
= | Wandtafeln f. 
| | Westpr. IV 15, 
540 Willenberg- Ebendort | E ' Urnengrab | Conwentz. Lissauer, 
Braunswalde, | | | Denkmäler, S. 126 
Kr. Stuhm. | 
| | | 
Begleitende Funde. 1) Dumgenewitz: E Gürtelhaken. — 2) Radekow: E 
Waffen, Gürtelhaken, gekröpfte Nadel. — 3) Butzke: E ein- und zweischneidige Schwerter, 
Lanzenspitzen, Schildbuckel, Fibeln, meist Spätlatene s. e 256. — 4) Dünnow: Gefäss- 
scherben. — E zwei Bruchstücke von Fibeln, mehrgliedriger Gürtel. — Knochenkamm. — 
5) Gambin: In Urnen oder Brandschutt: Schildbuckel, zusammengebogenes Schwert, 
Lanzenspitze, s. w 503. -- 6) Koppenow: E Schwerter, verzierte Lanzenspitzen, halbmond 


görmige und gestielte Messer, Gürtelhaken, Fibeln, meist Spätlatene-Charakter, 304: 
7) Sackschin: @ 320. 


Sb R. Beltz: 
| un Su 
Lfd. Ne ER Variante. Zur Fund- | Nachweis. — 
u | S 
Nr. We SE SE geschichte Literatur 
KIK Willenberg !), Königsberg. Br. V.J. ' Urnengrab | Kemke-Königsberg 
bis Kr. Stuhm, 1 Bruchstück 
342 
943 Ebendort Ebendort E V. J. Desg]. Derselbe 
bis 2 Bruchstücke 
544 | 
545 Ebendort Ebendort Br. V. J. Desgl. Derselbe 
Bügel vorn seit- | 
lich erweitert 
und gestreckt 
546 Neuguth?‘, Danzig E Brandgrube Copwentz 
bis Kr. Culm 
>47 
48 Ebendort ' Ebendort EBII1F : Desgl. Derselbe 
| nach innen um- : 
geschlagen 
RU Ebendort |, Ebendort E (untere Sehne) Desgl. und Derselbe 
bis '  Urnengrab 
vl | 
502 Ebendort | Ebendort EBII1 F111 Desg]. Derselbe 
| (selten) 
553 Culm a. Wa ' Ebendort E Übergang zu | Urnengrab Derselbe 
= | Var. J 
wt E- Ebendort Ebendort | Desgl. Brandgrube Derselbe 
vo E 
959 S| Ebendort Berlin E gewölbt Desgl. J. Schlemm 
= VEK. a & 
556 Ebendort | Ebendort EFI] = Dieselbe 
HG Grubno, | Danzig | Desgl. Urnengrab | Conwentz. Lissauer 
Kr. Culm | Denkmäler, S. 126 
| | 
DOS Rondsen‘), ; Ebendort E BIl 1 Brandgräber | Conwentz. Anger, 
Kr. Graudenz Ä Grabfeld von 
Rondsen La 
359 Ebendort | Graudenz E zahlreiche Ex, | Brandgräber Ebendort 
Typ und Über-| und Urnen 
| gang zu V. J. 
KD Ebendort Ebendort. Br. V. J. Desgl. Ebendort 
361 Ebendort Berlin EF ID1 Desgl. J. Schlemm 
V. K. 
362 Ebendort | Ebendort E Desgl. Dieselbe 
368 Mewe, Königsberg  EBII3 = Kemke 
Kr. Marien- © B nach vorn 
werider verdickt, F auch 
geknickt 
561 Thornisch- Thorn EN Urnengrab Conwentz 


Papau ^’), | 
Kr. Thorn ` 
| 


Begleitende Funde. 1) Willenberg: S. V. Q 15 w 326 — 2) Neuguth: S. 
we i. — 5 Culm: æ 527 br. Tonwirtel. — 4) Rondsen: Spätlatene- und frührömisches 
Inventar is. unten bei ® xl — 381. — 5) Thornisch-Papau: @ 75. 


R aa re ~~ ee, on aii eee eee eee 


Latenefibeln, "NI 


Variante. | 


| 


Lfd. i Zur Fund- Nachweis. — 
Nr Fundort | Sammlung | Genauere An- | eae Li 
: | gaben | geschichte siteratur 
. | l u WENN 
DGD Kirpehnen, | Königsberg Br. V. J. Einzelfund Bezzenberger, 
Kr. Fischhausen | | Prussiaberichte 
| | 20 S. 55 
566 _ Klycken, | Ebendort E V.F S2 Hügel ın.gross. | Brinkmann, Prussia- 
Kr. Fischhausen , Steinkiste, | berichte 22, S. 205 
in der Urnen 
KE Ebendort | Ebendort E Bruchstück Ä Desgl. Desgl. S. 261 
Ss Ebendort ` ` Ebendort Desgl. Hügel mit Kemke, Prussia- 
| (Zeit unsicher) | Urnengräbern | berichte 22 S. 403 
269 Rossitten, Halle ' Rr. V.J. = Beltz 
Get Kr. Fischhausen (Schieber breiter) 
sii | 
| | 
dıl Sorgenan, | Königsberg | Br. V.J. | Hügel mit | Hollack, Prussia- 
= | Kr.Fischhausen | | ‚Steinkisten, in| berichte 22 S. 308 
2 | ‘denen Urnen- 
z | graber. 
52 [Af Warnicken, Ebendort ` E Bruchstück | Hiigelgrab mit] Kemke, Prussia- 
& | Kr. Fischhausen | Steinpackung | berichte 22 S. 38S 
| und Urnen 
513 Taubendorf'),| Ebendort ` Br. Urnenfeld Bezzenberver, 
Kr. Neidenburg | Prussiaberichte 20 
| S. 53 
dul Ebendort?) ` Ebendort . E Desgl. Heydek, 
Prussiaberichte 21 
| S. 34 
D Ebendort”) Ebendort E V.J Depot Ebendort 
| auf kalziniert. S. 53 
| Knochen und 
Brandasche 
916 Ebendort +) Ebendort — Desgl. Depot auf Ebendort 
Knochenasche S. of 
GE Rosko, Berlin kb. V. FA) walrscheinl. J. Schlemm. 
bis Kr. Pilene | V.K. DiebeidenStücke Brandgruben | Ausstellung Posen 
Sub durch? eine Kette 1909 F. 27 
| ‚ verbunden 
48 Behle, | Bromberg E Hügelgrab | Schmidt-Bromberg, 
bis Kr. Czarnikau Jahrb. d. Hist. G. 
db f. d. Netzedistrikt 
e 1592 S. 114 
580 S Kujawki, Posen LS Urnengrab | Kiimmerer-Posen. 
œS | Kr. Wongrowitz K. F. Lissauer, 
i Denkmäler S. 125 
| Schwartz, Nachtrag 
| 
„sl Johannisdorf, Privatbesitz Br.. F aber Brandgrab Blume -- Posen 


Kr. Hohensalza an Stelle der 
| Kuveln kantige 
| Wulste mit 
Schmelzfurchen ' 


Begleitende Funde. 1) Taubendorf: Strich-, Mäander- und doppeltkonische 
Urnen. S. auch we 397, — 2) Taubendorf: Piriemen, halbrunde Messer. — 3) Tauben- 
dorf: E Lateneschwert, Lanzenspitze mit eingelegtem Muster, halbrunder Schildbuckel. — 
4) Taubendorf: E Pinzette. 


788 R. Beltz: 


Lfd. Baader | Sanmi Variante. | Zur Fond- Nachweis. — 
a S 
Nr. | 5 | Genauere An | geschichte Literatur 
| 


| gaben 


| 
582 Wszedzin’), | Berlin . E. 2 Umenfelder 


J. Schlemm. 
bis Kr. Mogilno © V.K. | Lissauer, 
oS | Denkmäler S. 125 
585 Ebendort : Ebendort | E.V. F Desgl. J. Schlemm 
| ı (1. klein) 
536 Slopanowo, Posen | ES 2 Urne in Kammerer. Undset 
© Kr. Samter K. F. | Branderde JSG 90, Blume, Ausst. 
£ | Posen 1909 N. 2017. 
5ST Sokolnik, | Ebendort | E. Urnengrab Blume. 
Kr. Wreschen | Schwartz Nachtrag | 
III 8. 5. 
588 Schlichtings- Breslau | E Brandgrube Seger, Schl. V. 
heim’). | dazu 4 Bruchst. N. F. M S. 4 
Kr. Fraustadt | | Fig. 59 
589 Neu-Bydzow?)! Bydzow E gross Flachgräher Much, Atlas | 
derb (Skelette) S. 201, 18 
| Pic Taf. 335, 3 
590 Dux‘) ‘ Nürnberg | Br. Typ, = Depotfund Beltz 
bis G. M. ziemlich 
591 | schmächtig 
592 Kbely’) Prag | Br. 2 Exempl. ` — Pič, Taf. 29, 4. 5 
| ' V. F (an Stelle 
der Kugeln stark 
| | protilierte 
| Knoten) 
393 Kostitz°) | Ebendort | Br. V. F Flachgrab Derselbe, 
|(3, mit Voluten- Taf. 51, 10 | 
5 = schmuck) ` | 
594 | E) Kostomlaty’) | Ebendort | Br. V. F Desgl. Derselbe. 
a (2, mit Voluten- | Taf. 32, 4 
| schmuck) 
595 Libčeves”) Ebendort | E 2 Exempl. | Desgl. Derselbe, 
i Taf. 26, 12. 15 
596 Piemysleny") Ebendort | E 2 Exempl. Desgl. Derselbe, 
im einzelnen Taf. 54, S. 15 
‘nicht erkennbar 
DI: Semitz Ebendort | Br. V. F _ Derselbe. 
| | mit Zwischen- Taf 31, 6 
| gliedern 
| (Scheibe und 
| | Steg) 
598 Sobschitz™®) | Ebendort | Br. V. F. (1) | Flachgrab Pic, 
Umfassungs- S. 15/14, 5 
klammer 
und Kugel stark 
profiliert 


Begleitende Funde, 1) Wszedzin: E Gürtelhaken, gerade und krumme Messer. — 
9) Schlichtingsheim: E Messer (halbrund, gerade). — Tongefäss mit verbreitertem Henkel. 


— 3) Neu-Bydzow: E Schwert, Lanzenspitze, Ketten. A 545. — 4) Dux: A 548. — 
5) Kbely: Br. Armring mit gekörnten Trauben. — 5) Kostitz: Br. Halbkugel-Scharnier- 


ring mit Volutenschmuck. — 7) Kostomlaty: S. A 608. — 8) Libčeves: 5. A 619, — | 
“) PremySleni: S. ¢ 248. A 658. E Schwert, Gürtelkette usw. — 10) Sobschitz: E ' 
Schwert, Lanzenspitze. 


Latenefibeln. 


189 


Lfd. 
: Fundort , Sammlung 
Nr. | 
OD Stradonitz’), Prag 
Hradisch | 
| | 
600 |= Ebendort, | Berlin 
z V. K. 
sol is Ebendort Ebendort 
602 Ebendort Dresden 
603 Türmitz?) | Berlin 
V. K. 
604 Lautrach?) Bregenz 
bis b. Bregenz 
O00 
| 
606 Stadlerhof Nonsberg 
bei Kaltern 
(Lichtenstein) 
| 
GOT Getzersdorf*) | — 
bei Herzogen- 
burg, Nieder- 
österreich 
| 
GOS Mechel’) Innsbruck 
im Nonstal, | 
Tirol | 
609 Ebendort | Ebendort 
610 Gurina®), Wien, 
Kärnthen Klagenfurt 
G11 Ob. Schleinitz Laibach 
bei St. Marein, | 
Krain 
612 Ebendort Ebendort 


Begleitende Funde. 


Variante. 


gaben 


| 
Genauere An- | 
| 


Br. uv. ÈE 
zahlreich bes. 
auch V. J. 
(nicht F) 


Silber, die | 
beiden Exempl. ` 
: mit einem | 


| Kettchen 
verbunden, ` ` 
IBIIT4FII 1 
| (Übergang zu 
| 


Spätlatene) 
Br. S 3 
B geschwollen 
F mit 5 kleinen 
Kugeln 


| Hr E 2 Ex. 
' B höher als 
gew., an einem 
eine kleine | 
Kugel 


| Br. B II 4 


Br. B. II 4 
Rahmen mit 
rundlichem 
Abschluss 


 Br und E, ver- 
schiedene Typen. 


Br. S 2 B IT2 
Verbindungs- 
stück Wulst ` 


Br. S 2 (gross) 
B hoch, Ver- | 
bindungsstück | 
Wulst, Uber- 
gang zu e 


Zur Fund- Nachweis. — 
geschichte Literatur 
Burgwall Pic, Cechy na 
(Maro- üsvite dejin II 
budum?) Taf. 3 
Desg! J. Schlemm 
Desgl Dieselbe 
Desgl Deichmüller 
— J. Schlemm 
In einer Much, Atlas 
Torfwiese S. 205, 9. — 
Katalog des 
Bregenzer 
Museums 8.19 
Steingruft Much. 
mit Brand- Atlas S. 153, 5 
urnen 
Skelettgräber Baumgarten, 
Mitt. d. Zentral- 
komm. III 5/6 
Ss. 291, 292 
— Much. 
Atlas S. 149, 21 
— Derselbe, 
S. 149, 22 
Burgwall A. B. Meyer, 
Gurina 1555 
Hügelgrab Much, 
Atlas S. 145, 6 
Desg!l. Derselbe, 


Atlas S. 149, T 


1) Stradonitz: Zahlreiche Funde, besonders spätester La- 
tenezeit. @ 77, @ 418. — 2) Türmitz: A 663f. — 5) Lautrach: 


3 gallische Quinare, 


24 Denare der römischen Republik (S). — 4) Getzersdorf: S.A 675 (in einem Grabe). — 


5) Mechel: w 426. — 6) Gurina: S.A 


situla (zugehörig?). 


676, @ 


78, w 427. — 7) Ob. Schleinitz: Bronze- 


790 R. Beltz: 
Lfd. Radca P Variante. Zur Fund- Nachweis. — 
Nr. Genauere An- geschichte Literatur 


gaben 


613 St. Michael 1y, Wien, E Bruchstück Grosses Much, 
bis Krain Privatbesitz Grabfeld Atlas S.139, 18. 19 
614 . und H. M. 
G15 Weisse | = Laibach Br. Sonderform u, Derselbe, 
kirchen?) bei | A Typ (BIS Atlas S 205, 2 
St. Margarethen, F Typ), aber 
Krain mit teg 
am Fussende 
616 Basel | Strassburg Br. V. F — Forfer, Real- 
ı S. Forrer | lexikon Taf. 57, 22 
617 Kreuzlingen®), Ebendort Br. V. F = Derselbe 
Kanton Thurgau’ mit breitem Ver- 
| bindungsbügel 
618 Windisch, | Zürich Br. V.J. ` = Viollier, 294 
Kanton Aargau | (mit schärferen 
Ecken) 
619 Arni, | Ebendort Br. B. mit a Derselbe, 295 
Kanton Aargau | kleinen Knoten 
(Übergang ` 
i zu V. F; ] 
620 Frauenfeld‘) ` Ebendort | Br., mehrere | Flach-Skelett-| Heierli, Jahresb. d. 
(Langdorf), | oräber Schweiz. Ges. f. 
Kanton Thurgau Urg. I 1909 S. 62 
| II S. 85 
| | II 5. 89 
O21 1.8 Vilters®), ` St. Gallen Br. mehrere | Burg Heierli, 
E Kanton ' Severgall 1Urgeschichte S. 327 
5 St. Gallen | besiedelt von 
= | ` Steinzeit bis 
Rémerzeit 
622 Steinhausen“), Zug Br. V.F  Skelettgräber| Ebendort, S. 339 
bis Kanton Zug | (1), Übergang Viollier, 
625 | von A 307. 308 
624 Horgen’) Zürich Silber Skelettgrab Heierli, 
bei Zürich (weibl.) S. 387 
Ulrich. 
Katalog I 3261 
| 
625 Mettmen- | Ebendort | Br. V. F -- Viollier, 300 
stetten”), ‚2 Paare von ` 
Kanton Zürich je 4 kleinen 
| Kugeln) i 
626 Weislingen’), Ebendort Br. _ Flachskelett- Ulrich, 
Kanton Zirich | | grab Katalog I 3254 
627 Biel, | Bern | Br. — Viollier, 293 
Kanton Bern | | 
| 
| | 
Begleitende Funde. 1) St. Michael: S. A 618. — 2) Weisskirchen: Bronzehelm 
(zugehörig?) — 3) Kreuzlingen: S. A G82. — 4) Frauenfeld: Br. Ketten, Armbänder. 


Glasringe, Goldringe (2). — 5) Vilters: S. A 6ST w 428. — 
Gagatring, 2 Glasringe, silb. Fingerring, 2 
einer Philippsmünze), 


65S. — OO Horgen: 
init Gemme; Goldmünze 


(Nachahmung 


6) Steinhausen: S. A 
goldene Fingerringe 
Drehscheibegefäss. — 


S) Mettmenstetten: S. A 700. — 9; Weislingen: Br. Kette aus Doppelringgliedern. 


Latenefibeln. {T91 


| . 
Lfd. a De Variante. ` Zar Fand- | Nachweis. — 
i enauere An- ch: en 
Nr. | gaben E schichte Literatur 
G28 Bera’), Bern | Br. mehrere, | Flachskelett- |Heierli, Urg. S. 390 
(Aaregg) auch Ubergang gräber Viollier, 301. 302 
' zu V. F 
(Gruppen 
, kleiner ugeln) 
629 Bern °), Ebendort ` Desgl. Desgl. Heierli, S. 3) 
(Scharloch) 
630 Bera®), Ebendort | Br. 3 Stück | Skelettgräber| Heierli, S. 390 
(Wylerfeld) | 
Gol Ferenbalm- | Ebendort | Br. Bruchstücke! — Viollier, 305 
Rigenbach, | | F Scheibe | (Anz. f. schw. Alt. 
Kanton Bern | | mit Triskele | 1871 5. 290) 
| (fraglich ob V) | 
G32 Kirch- Ebendort 'ı Br. mehrere | Skelettgraber] Heierli, S. 391 
thurnen‘), | | 
Berner | | 
Oberland | | 
G33 Morigen, Zürich Br. V.F ` — Viollier, 299 
Kanton Bern ' (kleine Kugeln; ! Heierli, 
| , an F drei zu- | 5. 329 
= | sammen) | 
© | ep e e o pyu’ 
634] E) Münsingen’) Ebendort | Br. Übergang = Viollier, 303. 306 
bis ech Kanton Bern | zna V.F | 1. Jahresber. der 
635 |” | (1 kleine Kugel) Schweiz. Ges. für 
I Br. FIG | Urgesch. 1909 8.55 
| , | Oben Abb. 40. 45 
t | 
636 Zollikofeu®, | Ebendort | Br. 2 Stück , Gräber 1. Jahresber. der 
Kanton Bern ` | Schw. Ges. f. Urg. 
| | S. 61 
| 
| | | ep 
Gempenach’) Ebendort | Br. mehrere  Skelettgräber| Heierli, S. 302 
67 (Champagny), | 
Kanton | 
Freiburg | | 
| l 
La Tène“), Neuchatel | E überwiegend | Befestigte Derselbe, 
638 Gem. Epag- und viele | V F in ver- | Station am S, 341 
nier, = andere | schiedenen See Vouga, les Helvetes 
Kant. Neuchatel Varianten | a la Tene 1885 
CAE Taf. 16 
| (4 Kugel usw.) Viollier, 
| | 310—519 
| Jahresberichte der 
| Schweiz. Ges. für 
| Urgesch. mehrfach, 
| | zuletzt JIL 1911 
S. 18 


| 
Begleitende Funde. 1) Aaregg: Br. Kette. S.: Fingerring, massaliotische Münze, 
Armspange (torquiert), Glasperlen und Ringe. — 2) Sehärloch: Bernsteinperlen, Glas- 
ringe. — 3) Wylerfeld: Br. Spiralfingerring, Glasringe, Perle. — 4) Kirchthurnen: 
Br. Kette; silberner und goldener Spiralring: Glasring. — 5) Münsingen: S. A 711 fled. — 
4) Zollikofen: Glasringe und Glasperle. — 7) Gempenach: S. A 721. — S) La Tene: 
Die überwiegende Form, doch s. à 125 @ 19. l 


792 | R. Beltz: 


Variante. 


Lfd. Fundort e , | Zur Fund- Nachweis. — 
n S 
Nr. =e KS | ER geschichte Literatur 


ae 


| 


639 La-Tene, E S. Forrer, Br. F II 2 — Forrer-Strassbur:r 
Kanton Neu- | Strassburg Oben Abb. 44 
chàtel 
640 Ebendort | Berlin E Übergang zu — J. Schlemm 
V. K. V.F.S 2 
| F mit kleinen 
| Wülsten 
G41 Ebendort , Ebendort ES2 | — Dieselbe 
bis 
643 
O44 Ebendort | Ebendort E Typ _ Dieselbe 
6415 Ebendort , Ebendort E Ubergang — Dieselbe 
ZU V. J. | 
646 Ebendort ` Ebendort E. V. F. — Dieselbe 
bis ` die Kugeln ver- 
649 schieden gross 
690 Ebendort Ebendort E = Abb. 40, | — Dieselbe 
aber S 2 | 
G51 le Ebendort ` Ebendort | E Übergang | — Dieselbe 
S zu V. F 
a (kleine Kugeln‘ | | 
Lë 
62 Ebendort Ebendort ES" — — 
GA) Ebendort Ebendort EV. J — — 
64 Ebendort Ebendort | E V. F (ver- — —- 
. ‘ schieden gr oss’, 
| F eingekerbt 
655 Vevey’), | Vevey Br. Sonderform | ‚Skelettgräber Naef, Anz. f. schw. 
bis Kanton Waadt | ‚Übergang von Ajin Steinplatten Alte rtumskunite 
696 | ou SG2BII 7 oder Sargen N. F. HI 19% 
F I V. D (mit | S. 14 109. 
Knochenbelay) | Fig. te. 
657 Ebendort?) ` Ebendort `, EV. Fi | — Ebendort, N. F. IV 
‘aber Übergangs- 1902, 1905, S. 29 
| form von I | 
698 Ebendort?) Ebendort | E Typ (Ver- — Ebendort, 
bis | bindungsstelle S. 30 
009 kleine Wulste) | 
G60 Ebendort*) ; Ebendort | E Übergangs- | = Ebendort. 


(1 gross) 


ED 


form, B19 V. | S. 32 


Begleitende Funde. 1) Vevey: Vel. auch A 736 flgd. Gr. 8 weibl.) Br. Gürtel- 
kette, Handring, Glas-Handringe, goldn. Fingerring, silb. Fingerring: zu Füssen 
6-1 Fibeln (Br. u. E.‘, daran Bernsteinperlen. — 2) Vevey: Gr. 18. E: zweite Fibel. — 
w Vevey: Gr. 20, — 4) Vevey: Gr. 22, E: weitere Fibeln. Silber: Münze (Massilia’, 
Fingerring. 


Latenefibeln. 193 


Hannoversche Fibel 
(Abb. 51 = Var. R). 


= 
Lfd. S SS | Zur Fund- Nachweis 
. Fundort. Sımmlung Variante | 
Nr. | Ä , geschichte Literatur 
SEET VEIT ER Ka m ee, ne E zen, ME ELLE SEE SE Sk EE mm nn 
1/5 Rieste’), | Lüneburg E dazu ~ Urnenfeld Lienau 
Kr. Ulzen l 2 Bruchstücke ` 
G Nienbiittel’), Hannover | Br, ‚ Ausgedehnt. | Schwantes Pr. 
Kr. Clzen | | Urnenfeld; | Zeitschr. I S. 155 
Urnen meist | Runde, Jahrb. d. 
| | ohne Mus. Hannover 
| | Steinschutz 1907 S. 21. 
` Rausdorf®), = Kiel E Urne Mestorf 
Kr. Stormarn | 
x Ridders, ` Ebendort E Urne Knorr, Fundst. d. 
Kr. Steinburg älteren Eisenzeit 
(1tzehoe) | 1910. VI, 150 
I Körchow‘) | Schwerin ` E (irosses Ur- Beltz, VAM 
bei Wittenburg . nenfeld mit Taf, 56, 55 
| Spätlatene u. 
'frührömisch. 
| Inventar 
10 Körchow’) ' Ebendort Br. Ebendort Beltz 
bei Wittenburg | | 
11 Jamel’) Ebendort ` Br. Urnenfeld m. Derselbe 
bei Grevesmiihlen | überwiegend 
frührömisch. 


Inventar 
| 


Begleitende Funde. 1) Rieste: S. œ 133. — 2) Nienbüttel: Zwei Urnenfelder, 
Latene und frührömisch, Br.-Fibeln, Waffen, Übergang von Spiitlatene zu Früh- 
romisch. — 3) Bausdorf: S. w 167. — 4) Körchow: Gr. 317 E Schnalle. — 
>) Körchow: Gr. 319 Br. Gefäss. Noch mehrere ähnliche, nicht deutlich erkenn- 
bare, aus anderen Gräbern. — 6 ) Jamel: Gr. 44 E Messer, Pfriemen. 


Zeitschrift für Ethnologie. Jahrg. 1011. Heft 5. Dl 


T94 R. Beltz: 


4. Spätlatènefibeln. 
l. Nauheimer Fibel. @ 


l 3 7 
Lfd. ee Variante. | Zur Fund- | Nachweis. — 
undor ammlung | 
Nr. j | ; | m An: | geschichte Literatur 
1 Troisdorf‘), Cöla | Br. Bruchstück | Sammelfund | Rademacher, 
Siegkreis | ' römischer Zeit} Mannus Il, S. 5 
2 Urmitz?), Coblenz E FIII 3.4 ' Urnengrab Günther, Bonner 
Kr. Coblenz | | Jabrb. 119, 1910 
S. 253 
‘ Biewer 5), Land- Trier Br. — Krüger 
bis kreis Trier 
4 
D Mackenrodt, Birkenfeld | Br. _ Baldes 
Birkenfeld ! 
6 Wolfers- | Kbendort | Br. — Derselbe 
weiler*), | 
Birkenfeld 
| Flörsheim’), Frankfurt | Br. und E Gs Frankf. Festschrift 
Kr. Wiesbaden `  V.M. 1908 
x Rodberg °) Giessen E B schmal — Kramer-Giessen 
bis bei Giessen 
12 
3 | Nauheim". Frankfurt Br. B. 111 1 Ausgedehntes Quilling, 
Kr. Friedberg `` HM. Urnenfeld 5. 9a 
Darmstadt 
, LM 
14 Ebendort _ Ebendort. Br. — Ebendort, 
| | S. 9d 
15 Ebendort | Ebendort ` Br. Übergang u Ebendort, 
| , zu Var. M S. 1001 
16 Ebendort Ebendort br. B III 1 — Ebendort, 
gewölbt S. 101, 15. 16 
11 Ebendort  Ebendort Br. B III 1 | — Ebendort, 
F III 5 | S. 101, 17 
18 Ganaigesheim, Mainz E | Gräber Lindenschmit 
bis Kr. Bingen 
19 | 
20 Mainz Ebendort ‘Br. und E, ver" Im Rhein bei Derselbe 
bis ' schiedene | der Gustavs- | Reinecke in Linden- 
ol Formen burg schmit V $345. 544 
| | Oben Abb. 53 
32 Ebendort Worms | Br. B. mit | Aus dem Kohl 
Querband | Rheine 
33 Ebendort ` Ebendort Site ` — Derselbe 
34 Essenhelm >), Ebendort ` Br. | Graber — 
bis Kr. Mainz | 
KIK 


| 
l 


l 

Begleitende Funde. 1) Troisdorf: Ebenda Gräber verschiedener eisenzeitlicher 
Perioden. — 2) Urmitz: In einer typischen „Schlauchurne“. — 3) Biewer: w 11. — 
1) Wolfersweiler: Bruchstücke einer zweiten gleichen. — 5) Flörsheim: Germanische 
Deckelgefiisse. — 5) Rodberg: S. æ 16. — 6) Nauheim: Weitere ähnliche jetzt nicht 
mehr vorhandene Exemplare s. S. 101. S. 22. — 7) Essenheim: Br. Hohlring, Ring- 
perle. Q 34. 


l.atenefibeln. 195 


Kr. Hanan 


og ZEN SE Variante. > Zur Fund- | Nachweis. — 
u ammlun : : 
Ke | S Ee geschichte Literatur | 
mern Se ` SS EEE ee ee ee 
Nieder-Olm’), . Mainz Br. Urnenfeld Reinecke 
bi Kr. Mainz in Lindenschinit 
| A., V 341 
Nackenheim, : Wiesbaden | Br. — Ritterling 
Kr. Oppenbeim | | 
Nierstein *), ! Mainz | Br. Brandgräber | Lindenschmit. 
Sek". er 
| | A., V 527. 528 
Schwabsburg?), | Fbendort | Br. Gräber Lindenschmit 
Kr. Oppenheim | | 
Gundheim, | Worms | Br. — Köhl 
Kr. Worms | | 
Heppenheim‘), |; Ebendort | Br. — Derselbe 
Kr. Worms | | 
Nackenheim’), . Ebendort | E B schmiler — Derselbe 
Kr. Worms s Typ , 
50 Ebendort | Ebendort | Br. — Derselbe 
| 
Ostbofen’), | Ebendort Br. | — Derselbe 
Kr. Worms | | 
Wachenheim‘', | Ebendort Br. | — Derselbe 
Kr. Worms | 
53 Wsenponneim, | Ebendort Rr. | — Derselbe 
orms 
Kl.-Winter- | Ebendort | Br. _ Derselbe 
beim, ! | | 
Kr. Worms | | 
| 
Worms | Ebendort | Br. | — Derselbe 
Umgegend | | Ä 
Hoesheim: Mannheim | E | Brandgrab Gropengiesser 
Atzelberg, | | 
Kr. Mannheim | | 
Kn Perchting, ' München | E Ä — Präh. Bl. XI 1899 
B.-A. I 8.8 | Taf. VII 9. 10 
Miinchen II | 
Gnotzheim, München | Br. aber | — Katalog d. Raye- 
B.-A. Gunzen- ° N. M. F UI: rischen National- 
haufen, | | museums IN 
Mittelfranken | ! Taf. 12, 9 
| 
D9 | ‘Fechenheim®), ; Frankfurt ` Br. | Brandgrab Westd. Zeitschr. 
| 
| 


| 25 8. 429 
| 


m Ehe IM Ce 


Begleitende Funde. 1) Nieder-Olm: S. V 58. — 2) Nierstein: Zwei aus Grab ? 


mit keltischer Goldmünze, Y 72, br. Gürtelschliesse, Glasring usw. — 3) Sehwabs- 
burg: S. 7 11. — 4) Heppenheim: S. Y Si. œ 41. — 5) Nackenheim: S. vu 55. — 
T) Osthofen: S. 4 60. — 6) des S. A 66. 9791. — 3) Fecheuheim: Br. 


Goldwage, 2 Kiimme, Zierknauf; 3 Glasperlen. e 61. 


Dl* 


T96 R. Beltz: 
Lfd ! Variante. Zur Fund- Nachweis. — 
N Fundort Sammlung | Genuuere An- , e 
r. gaben geschichte Literatnr 
e a a DIT mn e FSS EE E EE 
60 Holte’) Hamburg | Br. S 2.4 ` Hügelgrab Rautenberg, 
bei Hamburg der Bronze- | Jahrb. d. Hamb. 
| Ä zeit mit 1l. T. wiss. Anstalten 
| | Urnen ohne | III 1886 Taf. 5.35 
Steinschutz 
G1 Ebendort!) Ebendort | E Ä Desgl. Ebendort 
62 Ebendort?) _ Ebendort Br. Typ S2 Desel. Ebendort, Taf. 33, 54 
bis | | 
63 
4 Ebendort?) : Ebendort | Br. Typ S2 Desgl. Ebendort, Taf. 3, 56 
bis 
66 Ebendort?) | Ebendort | Br. Bruchst. u Ebendort 
67 Fuhlsbüttel : Ebendort E | Urnenfeld Berliner Album 
bei Hamburg ` F 1117 | 1880 V Taf. $ 
GS Perdöhl | Schwerin l: BII 4  Urnenfeld | Beltz, Jahrb. des 
bei Wittenburg | F III 4 Ä No. II V. f. mecklenb. G. 
i. M | | 1906 S. 59 
| | VAM. 46,30 
| | Oben Abb. 54 
69 Körchow ?) | Ebendort | E FII 6 | Grosses VAM. 56, H 
bei ae | | Urnenfeld Oben Abb. Gu) 
i. M. } | 
ul Kl-Methling‘*) | Ebendort | Br. stärker Desgl. VAM. 46, 31 
bei Gnoien i. M. | -gewolbt F III 7 
71 Landwehr’, Berlin , Br. beschädigt Grabfeld Kiekebusch 
Kr. Luckau ı MM. | S 2 
| B breite Platte | 
12 Storkow ^), © Ebendort | E | Urnenfeld Derselbe 
Kr. Templin (beschädigt) | 
3 | Mühlenhagen `), | Stettin E B gewilbte | Wohl Urnen- {| Stubenrauch, Balt. 
Kr. Demmin | Platte feld Stud. 1904, S. 123 
74 Rondsen®, | Danzig E BII 1 | Brandgrube Conwentz. 
Kr. Graudenz Lissauer, Denk- 
| mäler 126 
7 Thornisch- Thorn E ` Grabfeld Conwentz 
his Papan °), | 
16 Kr. Thorn 
| 
Ti Stradonitz'"), Prag Br. | Burgwall Pit, Cechy na 
Hradisch Typ und ver- | usvite dejin I] 
schiedene Taf. 4 
Varianten 
ws Gurina!’), Wien Br. E grosse ‘ Burgberg A. B. Meyer 
Kärnten Klagenfurt Anzahl von Gurina 15% 
u. s. verschiedenen | 
Formen 
Begleitende Funde: 1) Holte: 7 331, e 151. Gr. 46. — 2) Holte: Aus 
zerstörten Urnen; noch weitere (unbestimmbare) Bruchstücke. — 3) Körchow: S. w 173, 


— 4) Kl.-Metulinr: w 191. — 5) Landwehr: 7 470, — 6) Storkow: S. A531 @ 260 u.s. — 


7) Mühlenbagen: Br. Plattenfibel älterer Konstruktion. 


Br. u. E. gekröpfte Nadeln. — 


S) Rondsen: Y 558. æ SSL. — 9) Thornisch-Papan: 7 564. — 10) Stradonitz: S. V ^99. 


w 113. — 11) Gurina: S. 


auch — 679, 7 610 


Latéenefibeln. Un 


Lid. eee HR | Variante. zur Fund- | Nachweis. — 
u ammlun e 
Nr. j Ä = An geschichte Literatur 
zehn | eg "ee ea. Wes un 2 ones 
WI La Tène’), | Neuchätel . Br. und E; | Befestigte | Vouga, les Helvetes 
Gem. Epagnier | und viele | grössere Anzahl Station a la Tene 1885 
Neuchatel andere | Taf. 16. 17 usw. 
| Heierli, 
Ureesch. d. Schweiz 
S. 341 u. 8. 
2. v. 
1 Xanten, | Xanten | Br. mehrere Ex.| Einzelfund Steiner, Katalog 
Kr. Mors | Almgren 15 Xanten 1911 
| | S. 109, 142 fied. 
9 Ebendort | Ebendort Br. Desgl. Ebendort, 
IB I4 FIN? 149, Abb. 17 
| mehrere Ex. 
3 Ebenlort ' Ebendort ! Br. B HI8 | ` Dese Ebendort, 
| FIET | 150, Abb. 17 
4 Evendort ' Ebendort | Br. BIII6 | Desgl. Ebendort, 
F III 8 155, Abb. 17 
A Coin Berlin Br B III 4 | BeimAbtragen Kiekebusch 


| 
MM | F 1115 der Festungs- 
S | werke der 
= | | | Neustadt 
E Ebendort | Ebendort `" Br. V.M Desgl. Derselbe 
= = : { 
es Coblenz- Coblenz .EBITII[ 4 Frühröm. Günther, 
= | Neuendorf F III 1 (mit Grabfeld Bonner Jahrb. 107 
' einem Steg) | 
S Coblenz Ebendort E B = @ F III 6 Am Jägerhaus Günther. 
| | (3 Löcher) | 
d Kobern, Berlin | Br. V. L. — J. Schlemm 
Kr. Coblenz ` V.K. Bügel, Scheitel 
| u. Kopf mit auf- 
, gesetzten kl. 
| | Stabverzierun- 
5 | | gen 
10 Mayen ` ` Ebendort ' Br. V. M. = “Dieselbe 
11 | Biewer?) Trier | EV. K. u. L. = Krüger 
bis Landkreis Trier | 
> 
14 | Branbach?), | — | Br. Bruchstück Grabfeld III Bodewig, Nass. 
S| Kr. Rheingau | mit Annal. 33 Taf. IT, 15 
15 8 Leichenbrand 
= Heddoratetm, Frankfurt © BR mehrere — Beltz. 
et Kr. Wiesbaden a. M., H. M. i= Abb.61 u. ähnl. 
16 Is Rodberg’) Giessen > EBIIL7 ` Urnenfeld Kramer. 
21 bei Giessen | F II 6 ohne Ergänzung zu den 
= ! Steinschutz [ Mitt. d. Oberhess. 
" Gesch. V.. X 19% 
2 S. 87 
Si 
11 |5 Ebendort 2 Ebendort | Br. Desgl. Ebendort 


Begleitende Funde. 1) La Tène: Seltener als vu: s. auch A (28, V 630, @ 452. — 
2} Biewer: ei — 3) Braubach: S. A 16 Y 13. — D Heddernheim: S. 7 20. — 4) Rod- 
berg: Br. Kettchen, Fingerring, gebuckelter Halsring, Spiralring. @ 8. 


798 R. Beltz: 


| : 
Lfd. Fandort CS | Variante. ` ` Zar Fund- Nachweis. — 
. Samımlun Se? 
Nr. S | a An: | geschichte Literatur 
| | gaben | 
To oT. e = j aoe —- — ia - = -— I ZI Fa TT SS 
1s Rodberg') Giessen ES 2 _  Urnenfeld Eben lort 
bis bei Giessen -Bruchstiick ohne 
19 | Steinschutz 
| | 
20 Trieb, | Ebendort ES 2 -= Umrmengrab Kramer 
bis Kr. Giessen Bruchstücke | 
21 
29 Nanheim®, Frankfurt | Br. S 3 B III 7 ` Auszedehntes Quilling, 
Kr. Friedberg H. M. F III 1 Urnenfeld: S. 101, 3 
u. Darmstadt | Urnen ohne 
L.M | Steinschutz 
2 Ebendort = Ebendort |Br.u. EB III 9, Desgl. Ebendort, 
| FIT "` S. 101, 5. 32 fled. 
24 Ebendort Ebendort | Br. BII9 | Desgl. Ebendort, 
F III 2 | S. 101, 6. 7. 8 
ER Ebendort Ebendort Br. BIITS |. Desgl. Ebendort. 
bis F III? S. 101, 18. 19 
26 
e 
27 | & Ebendort Ebendort Br. V M Desgl. Ebendort. 
$ | S. 101, 29 
28] ¢ Ebenidort Ebendort E’B III 9 | — Ebendort. 
E | F II? S. 101, 35 
EL 
29 S Ebendort Ebendort ENK | — S. 101, 38 
bis | 3 | ! S. 101, 15 nsw. 
18% | 
& | 
Al Bingen Berlin | EBI: — J. Schlemm 
V.K. 
32 Niedere | Mainz ' Br. auf dem | — Reinecke in Linden- 
Iugelheim | Bügel schmit Alt. V, 315 
Kr. Bingen | | Wellenlinie 
33 Mainz Mannheim | E | — Gropengicsser 
Dimeser Ort | 
34 Weisenau?) Mainz | Br. Im Rhein | Reinecke in Linden- 
bei Mainz S einseitig schmit A. V.. 312 
| ' B an der Stelle 
| des Schiebers 
| Querfurchen und 
| | Streifen 
35 Friesenheim, l Ebendort | E BIJI 5 ` Skelettgrab (!)| ` Lindenschmit. 
Kr. Oppenheim F IIl 2 (Sk. mit Westd Zeitschr. 
_ angezogenen | XIV, 1895, S. 36% 
| Beinen) 
36 Pfaffen- | Ebendort Br. V. L. mit | Grab Ebendort 
bis |schwabenhein, | Wulsten und ` 
39 Kr. Oppenheim Einkerbungen ` 
| 
Begleitende Funde. 1) Rodberg: Br. Kettchen. Glasfluss. — 2) Nauheim: 


Spätlatene-Inventar: Tongefässe in Drehschcibenarbeit. Br. Gürtelhaken. E Schwerter, 
Lanzenspitzen, Schildbeschläge, Messer, Äxte. Vier römische Münzen, 1. Jahrh. (zuge- 
hörig?). S. auch 7 25 @ 13 (ein Exemplar mit Sehnenhaken). — Die 50 Exemplare 
les Fundes können nur nach Typen aufgeführt werden. S. Quilling S. 99. — 
3) Weisenan: S. v 48. 


Laténefibeln. 799 
; Variante. ; : 
Lfd. Fundort en Zur Fund- Nachweis. — 
Nr. S Reser An- geschichte Literatur 
a 
10] 2 Worms’), Worms ERII9 | — . Köhl 
sl Rheingewaun | 
41 |? Heppenheim) | Ebendort ES2 ae Derselbe 
bis |g] Kr. Worms | 
45 S 
Ap Niedere Privatbesitz Br. V.O ` ` Flachgrab’ | Faudel u. Bleicher, 
modern?) ` ` | | Materiaux pour une 
b. Hagenau étude préhistorique 
Unterelsass de PAlsace V 
1888 Taf. IX, 1 
47 livesheim, ‘© Mannheim E Form? Brandgrab Wagner, 
Amt Mannheim Fundstätten und 
Funde II S. 211 
48 | e| Ladenburg‘), , Ebendort Br. Bruchst. ei Gropengiesser 
e Amt Mannheim 
49 JO Kirchheim’), Heidelberg 'Br. = Abb. 61 Wohngrube Beltz 
Amt Heidelberg | 
OU Osterburken®), Maunheim | Br. Brachst. — — Gropengiesser 
Amt Adelsheim i 
ol Miinzdorf’), Stuttgart E | In der Fundberichte 
O -A. Bettelmanns- | XVII[ 1910 S. 20 
Münsingen höhle. Oberamtsbeschr. 
(Württemberg) Münsingen S. 228 
52 Aislingen,”) Dillingen E BII?  Ineinerröm. Harbauer- 
B.-A. Dillingen F Ill 4 | Kulturschicht Dillingen 
D3 Manching’), Ingolstadt Br. mehrere Ringwall Weber, Beitr. zur 
B-A Ingolstadt Bruchstücke Anthr. usw. Bayerns 
| 1905 S. 24 
Ol Eining Landshut | B z E 6 — Pollinger-Landshut 
B-A Kelheim | 
55 Aschheim, Berlin Pa F e $ — J. Schlemm 
B.-A V.K ` 
=| München I | 
Ku Ebendort Ebendort Br. S2 BIIT = Dieselbe 
2 | | F IHS 
| (vgl. o moron 
| 66) 
Kn Karlstein!°) ` Reichenhall; Br. B III 9 Wohnstätten | Reinecke in Linden 
bei Reichenhall | | FHI 2. 8 schmit. A 
(Oberbayern) (Ubergangs- V Taf. 63, 1138 
| form) 
58 Ebendort??) Ebendort Br. B III 9 Desgl. Ebendort. 
(mit Knoten) Taf. 63, 1159 
F III 2. 8 
(Ubergangs- 
form) 
| 
Begleitende Funde. 1) Worms: Spätlatenegefüss. — 2) Heppenheim: Spät- 


latenewaffen und -geräte. Y S1 — 3) Niedermodern: Vgl. Kossinna, Korrbl. 1907, S. 59 
(isoliertes Stück in jener Gegend, wohl von den Sueben Ariovists stammend). — 4) Laden- 
burg: S- A 90, V 113.— 5) Kirchheim: Frührömisches Inventar (auch geknickte Fibeln). 
— 6) Osterburken: In dem Römerlager. — 7) Münzdorf: Gemischter Fund. — 8) Aislingen: 


A 169. 7 130, — 9) ee 8. A 151 V LHE. — 10) Karlstein: Nr. 7 
Latenezeit. a auch A 176, 
11) Karlsteta: Nr. 7. 


142 (zu den hier angeführten noch hr ähnliche). 


. Inventar der letzten 


800 R. Beltz: 
; | 
Lid. on Se Variante. | Zur Fund- | Nachweis. — 
undor | Sammlung S i f 
Nr. E Bee Géi geschichte Literatur 
i | ' | 
59 Karlstein!) | Reichenhall ' Br. B IIL 9 | Wohnstätten | Reinecke in Linden- 
bei Reichenhall, (mut Kuoten) | schmit. A. u. h. V. 
Oberbayern | IF III 5 (Cher: Taf. 65, 1140 
2 | | gangsform) | 
6U S Ebendort') «© Ebendort ` Br. unvollst. Desgl. Ehendort. 
E | | | Taf. 63, 1142 
61 Ebendort?) : Ebendort ' Weissmetall | Desgl. Ebendort, 
Br. B IIL 1 | Taf. 63, 1115 
62 Ebendort') | Ebendort Br. B III 2 | Desgl. Ebendort. 
| | | Taf. 63, 1141 
l i 
DI. Enkheim, | Frankfurt E Bruchst. | — Krüger, Ber. über 
= Kr. Hanau ! HM. Fortschritte der 
= | rém.-germanischen 
© ' Forschung 1905 
~ | S. 14 
G4 E; Fechenheim?), Ebendort E BII? Brandgrab Westd. Zeitschr. 
bis |7 Kr. Hanau | F III 4 29 S. 29 
6 | 
66 Kl.-Gleich- | Meiningen EFIIG , Wallburg Jacob, VAPS. 
bis berg‘) (schlanker, mit H. VII. VIII 
67 (Steinsbure) | Wulst auf dem usw. 
bei Römhild ` Scheitel) 
| F Ill 5 
i ' (1 Bruchst.) 
GN Leimbach®, Ebendort E V. K. Uruenfeld Goetze in VATh. 
Sachsen- Bruchst. von (gemischt?) fS. 225 (Taf. 17, 2h 
Meiningen ähnlichen Beitr. zur Gesch. 
d. Alt. Meiningen. 
| o ISSS Taf. 4, 2 
= 
GE Gera") Hohenleuben E grössere Urnengräber | Auerbach-Gera 
E Reichenfels Anzahl, meist Kropp, Latenezeitl. 
un Bruchstücke Funde zw. Saale und 
© W.Elster 1911 S. I 
70 |.2 Jena‘) Jena E S 2R III 4 Urneneriber | Eichhorn. Goetze 
= F IOI 4 in VATn. S. 506 
G Sonderform 
le Ebenidort‘) Ebendort S 2 Desgl. Eichhorn, Alter- 
Br B I b (Duer von 
(auf dem Bügel Thüringen 
halbrunde Taf. IV, 146 
Gruben 
f. Email 
F HI 2 
12 Ebendort’) Ebendort E V.K Desgl. Eichhorn 
bis gestreckter) 
13 
4 Ebendort*) Ebendort B V.K Desgl. Derselbe 
Bruchstiick 


Begleitende Funde. 1) Karl 
heim: Kin Exemplar mit @ 59: eins 
4) Kl. Gleichberg: S. + 171 usw., 
D Leimbach: S. A 279 7 1941. — © 


stein: Nr. 8. — 2) Karlstein: Nr. 2. — 35) Fechen- 
allein (auf dem Grabfelde noch weitere Fibeln). — 
ınehrere nicht näher bestimmbare Bruchstücke. 
«era: S. A 289, — 7) Jena: S. © 256. 


Latenefibeln. 801 


Lfd. PEN — Variante. | Zor Fund: | Nachweis. — 
un | 2 a | à è 
Nr. SES RE | asec te an | geschichte Literatur 


75 Allstedt’), Halle E RIUT | = Hoss, Gorka in 


V. B. Apolda F III 7 | VATh. S. 122 
i6 Gr.-Romstedt?) Jena EV.KLBIIIS Urnenfeld Goetze in VATh. 
V.B. Apolda und ähnliche | ohne Stein- |S. 299 Z. d. V. Thür. 
mehrere schutz Gesch. XXVI. 1908 

S. 363 Taf I 


Eischleben®), Gotha E mehrere Urnenfeld Zschiesche 


Thüringische Staaten 


Kr. Gotha Form ` in VATh. 5. 256 
“8 Bebra‘), Sonders- Br. Form ? Urnen ohne Zschiesche 
Fürstentum hausen Steinschutz in VATh. S. 177 
Schwarzburg- 
Sondershausen 
D Hasenburg °) Halle Br. S2B1114. Wallburg Reuss. Hoefer in 
bei Buhla F IIL 4 VATh. S. 185 
Kr. Hohenstein 
SO Ebendort ®) Ebendort ŒE Bruchstücke Desgl. Dieselben 
bis 
1 
82 Ebendort | Ebendort E (mehrere) Desgl. Dieselben 
So Mühlhansen‘), Mühlhausen Br. Bruchstiick In einer | Zschiesche i. VATh, 
Kr. Mühlhausen | Form? Herdgrube S. 206 S.-Tühr. 
| Jahresschr. 1911 
S4 |=] Andislehen ’), Privat- Br. V. O, aber Grabfund. Art| Ebendort, S. 242 
= Kr. Erfurt besitz die Kugeln seit- d.Beisetzung 
= ‚lich, Bruchstück zweifelhaft 
> 13 Gispersleben®), Erfurt |- E.V. L Bruch- Urnen Ebendort, S. 248 
sec) Kr. Erfurt stiicke mehrere Ex. 
86 A Rietnord- Nordhausen | Ech Urnenfeld Höfer in VATh. 
bis | = [hausen °), Kreis S. 145 
Si | 2] Sangerhausen | 
SO E Meisdorf !°), Berlin E B III 5 Grosses J.Schlemm. Höfer 
bis |“ | Mansfelder Ge- V. K. Umenfeld in VATh. S. 49 
39 | E birgskreis 
90 | 53| Ebendort Ebendort E V. K. Desgl. Dieselben 
91 [~|  Ebendort Ebendort EB III 4 Desgl. Dieselben 
92 Ebendort | Ebendort E V. K (mit Desel. Dieselben 
kleinem Wulst) 
93 Ebendort Braun- E V.K Desgl. Dieselben 
schweig 
94 Silstedt''), Kr. Wernigerode Br. V. K In einer Hofer, 
bis Wernigerode schwarzen | Friedrich, Beitr. z. 
95 Tonkanne Altertsk. d. Grafsch. 
Wernigerode 
V 1888, Taf. 4 
96 Ebendort'!) | Ebendort B- Y-K Desgl. Ebendort 


Berleitende Funde. 1) Allstedt: Br. Girtelhaken. — 2) Gr. Romstedt: Vgl. 
auch ` 203, Reiche Ausstattung: spätlatene und frührömisch. — 3) Eischleben: S. A 292. 
“210 — 4) Bebra: Br. Gürtelhaken, Zierscheiben. E Bruchstücke von Fibeln, gerade 
und gekrümmte Messer. — Knochennadel. — 5) Hasenburg: S. A 321. — 6) Mähl- 
hausen: Zahlreiche Herdgruben z. T. mit Drehscheibegefässen, bis etwa 100 n. Chr. 
reichend. — 7) Andisleben: Br. Kette; zwei Anhänger mit je sechs Kugeln. — 8) @is- 
persleben: Br. Kette — 9) Rietnordbausen: S. auch 7 227. — 10; Meisdorf: S. 
- 228, — 11) Silstedt: Vier Knochennadeln. — 


802 R. Beltz: 


Lfd. ondori s , | yananta Zur Fund- Nachweis. — 
undor _ Sammlun : 
Nr. | e | N An- | geschichte Literatur 
m 


i 


97 Quedlinburg’) | Quedlinburg | Mehrere: Form? In einer Urne] Undset, S. 227 
98 Halle a. 8.2, ` Halle EBII9 | = Reuss 
Städtisches F fehlt) | 
Siechenhaus 
9 Löbejiin 7. Ebendort Br. Singulire — Undset, 
Saalkreis Form, der Bügel | Eisen XXIL 3 
zueinem flachen | 
Oval erweitert | 
= (für einen | 
= aufyvesetzten | 
E: Schmuck) ' 
100 | S| Müchein‘, Ebendort Br.ähnlichV.N = Förtsch, 
2 Saalkreis _ $2.5 mit Kamm S. Th. Jahresschr. 
z auf Fuss und HI, Taf. VI, 15 
n | Bügel 
101 | g | Liederstädt?°), Privat- Mehrere | Urnenfeld Goetze in VATh 
Si Kr. Querfurt besitz (Form?) | S. 71 
102 E Merseburg Halle EÈ schmiichtig | — Reuss 
a B III 6 | 
103 = Möritzsch®, ` Ebendort | EB IH 11 ! Urne Jacob, Latenefunde 
SI Kr. Merseburg | FMA | XXIL 14% 
104 = Schenkenberg, Halle | E — Reub 
Kr. Delitzsch ` 
105 Eiendort "` Desgl. E BITIl 9 | Urnen ohne Wahle, 
bis | ! F III 1-  Steinschutz | S.-Th. Jahresschr. 
107 | | _ mit reich- VIII S. 199 
| Ä lichem Inhalt 
108 | Marzahne, Bein .§ EBILIS | — J. Schlemin 
Kr. Wittenberg V. K. | S 2 | 
109 Sorge‘), Zerbst Pr.S.2 RIH 4) —. Seelmann-Becker. 
Kr. Zerbst Schloss ` (F beschädigt) S.-Th. Jahresschr. 
| Il 1903 
110 Ebendort®) Desg. ES? BII4 —  Ebendort 
(Bruchstiick) 
111 Ebendort“) Desgl. Br. Ähnlich V. — Ebendort 
re N. Biigel stark 
= | profiliert in 
= Scheiben und 
= Ringen, ebenso 
Ä F Bruchstück | 
112 Strinum `“), Zerbst E Graberfeld Seelmann 
bis Kr. Zerbst Stadt S2 BIH4 
113 
114 Cöthen Gr.-Kühnau Br. S? In der Stadt Derselbe 
Schloss Knauf am Fuss| beim Funda- 
mentieren 
Begleitende Funde. 1) Quedlinburg: E einschneidiges Schwert, Schildbeschlag. 
Messer. — 2) Halle a. S.: Br. Gürtelhaken mit eigentümlicher Vogelkopfdekoration. — 
3) Löbejün: E Gürtelhaken (noch eine zweite Fibel. — 4) Mücheln: S. A 339. — 
5) Liederstädt: S. 7 225. — 6) Möritzsch: E Gürtelhaken (ob mit A 555 zusammen- 
gehörig, zweifelhaft). — 7) Schenkenberg: Frührömische Angentibel, Schnalle, Gürtel- 
behang u. dgl. Vgl. auch A 340. — S) Sorge: S. A 350, 7 241. — 9) Strinum 


Br. Gerippte Armringe, E Gürtelhaken. 


Latenefibeln. 80: 


> 


Pe — 


Variante. 


Lfd. 
< Fundort Sammlung 
11515 Gautzsch') Leipzig 
£ bei Leipzig 
a 
1152]%2) Bobersen?) | Grimma 
is bei Riesa . | 
Fe | 
116 Hohwelze, Breslau 
Kr. Grinberg | 
117 d ZSlling®), Dess) 
=) Kr. Freystadt | 
= 
(ER E: Przybor‘), | Desgl. 
Kr. Steinau 
| 
119 Fundort ` Münster 
bis unbekannt 
120 (Westfalen?) 
121 Dese), Desgl 
bis 
122 
123 Pyrmont’) zerstreut 
Waldeck Arolsen 
Bonn 
| Detmold 
Pyrmont UL, &. 
124 Rasenmühle‘) | Göttingen 
bei Rosdorf, 
Kr. Göttingen | 
25 Ebendort®), | Desgl. 
2 Goslar? Hildesheim | 
127 Nienburg’) Hannover | 
tis 2 | 
128 I 2 | 
129 = Holssel 8), | Geeste- 
= Ld. Wursten münde 
Kr. Lehe | 
130 Pattensen, | Dese), | 
Kr. Winsen a. L. | 
1 Bei Lüneburg | Hannover | 
> | 
133 Rieste?), | Privatbesitz 
ie Kr. Clzen 


eo 


Begleitende Funde. 
7 254. — 3) Zölling: S. 7 263. 
— 6) Rasenmähle: 
1) Nienburg: S. ¢ 243 A 423 9 281. 
zusammengerostetes Eisenstück. 
Messern in spätlatene — und frührö 


1) Gautzsch: S. Nachtrag V 252a. 
— 4) Przybor: S. V 272. — 5) Pyrmont: S. J 
Bruchstücke mehrerer und einzelne nicht bestimmbare no — 


— 9) Rieste: 


| | Zur Fund- Nachweis. — 
| a An- | geschichte Literatur 
| E V.K Urnenfeld Jacob-Leipzig 
| Br. V. K Urnengrab | Wilke, Z. f. E. 1899 
flach, schwer V. S. 657 Fig. 3a 
| E B IILS (?) Brandgruben- Seger 
grab 
| E V.K | Umengräber Derselbe, 
| | Schl.V. VI S. 420,3 
| E | Brand- Derselbe 
| | grubengrab 
| 
| EBI? | ss Köpp-Münster 
| F III 7 | 
| E BII? — Derselbe 
| F7 8 | 
| 
: Br. u. S. zahl- : Brunnenfund Bonner Jahrb. 38. 
reiche Exempl. Almgren. 
jungen Typs Fibeln S. 134. u. S. 
B Ill 6. 7 
F JII 2. T usw. ' 
| Br. BIW 4 | — Hahne 
' Br. FIII2 | 
| Br. B IU 4 | a Derselbe 
Br. BING ` Se Hauthal-Hildes- 
heim 
Br. V. Urnenfeld Reimers 
L FIII? 
E 8 2 — Plettke 
Br. B III 7 Urnenfeld Hahne 
F III 4 
EV.K — Derselbe 
Br. V L (?) 
Bruchstück | 
EBIIL7 : Urnenfeld Lienau 
F III 7 


2) EL = 


— S) Holssel: U. Nr. 1. S. 7 519. Br. Schnalle. 
Reiche Ausstattung an Waffen, Scheren, 
mischem Charakter s R. 1. 


804 R. Beltz: 
| D 
Lfd. Fundort s , | Variante. Zur Fund- Nachweis. — 
Nr. a ammang | Genauere An- geschichte Literatur 
| gaben 
138 Kieste?), Lüneburg EV.K Urnenfeld Lienau 
bis Kr. Ulzen 
139 
140 Ebendort Desgl. E B III 6 Desgl. Derselbe 
F III 7 
141 Ebendort Desgl. E V.L Desgl. Derselbe 
(2 Querstreifen) 
142 Ebendort |  Desgl. E (!) = Abb 59 Desgl. Derselbe 
| aber Band quer 
S zur Achse 
143 | 27 Schweizer- 2 | Br. B III 9 — Schwantes, P. 2. I 
3 |hof®), b Seedorf _ FIL! Abb. 74 Urnenfried- 
= Kr. Ulzen EE höfe in Niedersachs. 
I 8.9 Abb. 17 
144 Thnrau?), Lüneburg pr S 22 Quer-| Urnenfeld Lienau 
Kr. Lüchow | furchen m. Email Schwantes 2.2.0.1 
| auch auf den S. 139 Abb. 9 
| Achsenkugeln Taf. 27, S 
145 Ebendort | Desgl. |Br.Abb.59 Kamm Desgl. Derselbe 
einfacher Schwantes a.2.0.S. 
(Wulst) 141 Abb.8 Taf. 27,15 
146 Rhode‘) | Braun- EBIU4 Desgl. | Fuhse. Voges, Beitr 
bis Kr. Gifhorn ` schweig, eine Kugel z. Anthr. Brschwes. 
147 Privatbesitz | 189%, S SG, Nachr. 
i d. A. 1902, S. 17 
148 Brunkensen, : Braun- Br. V.N. — Fuhse. 
E Kr. Holzminden | schweig 
BE ı St. M. 
119 | 2° Weddel®) bei Braun- Br. B III 9 | In einer Scherer. Voges. 
S| Braunschweig ` schweig | FHIG ' bauchigen S.32 
ZS H M. Urne 
150 Helmstedt®) | Ebendort , E. B II 1 Auf dem Ebendort 
| | Übergang zu A | schwarz. Berg 
| | | in einer Urne 
151 Halte" | Hamburg E BUI" | Hügeleräber | Rautenberg, Jahrl. 
bei Hamburg ' F III 4 mit Urnen Id. Hamb. wiss. An- 
| stalten II] 1856 
152 | &]| Ebendort*) Ebendort EV.L Desgl. Ebendort 
bis | 3 (ohne Gitter) | 
158 E 
154 |S Ebendort‘*) Ebendort Br. V.L Desgl. Ebendort 
(ohne Gitter) ` 
155 Ebendort") Ebendert LVL UI Hügel Ebendort 
(ohne Gitter)??: (und Urnen) 
156 Ebendort !") Ebendort Desel. Desgl. Ebendort 
x Bruchstück 


Begleitende Funde. 1) Rieste: Dazu gegen zehn mehr oder minder bestimmbare 
Bruchstücke von ähnlichen. —- 2) Schweizerhof: Inventar spätlatene und frührömisch. — 
'Thurau: S. Y 297. — 4) Rhode: In einem Bronzeeimer (= Willers. Hemmoor, S. 110: 
mit zusammengebogenem Schwert und Lanzenspitze. — 5) Weddel: Römisches Bronze- 
becken vgl. Willers Neue Untersuchungen S. 19. Frührömische Fibel. — 6) Helmstedt: 
E Fibeln à 472. — 7) Holte: S. V 331 @ 60. Gr. 50 — XS) Holte: Gr. 54. Br. Bruchstücke einer 
Fibel. — 9) Holte: Gr. 6. — 10) Holte: Gr. 51. 


| | ' Variante. | 
Fundort Sammlung | Genauere An- | 
| gaben | 
Holte !\ Hamburg ‚ES2BIll4 
bei Hamburg | | 
te | | 
2 Ebendort | Ebendort |E u. Br. Bruch- | 
o | stiicke.mehrere, . 
oe im einzelnen | 
nicht erkennbar | 
Ebendort Ebendort EBHI8 , 
| FII1 | 
Westerham?), | Ebendort | ES2 (?) | 
| Kr. Neuhaus | | 
= Ebendort | Ebendort 'E S 2 BIII 4! 
= { 
e , 
gi Ebendort | Ebendort | EB III? | 
| FIG | 
Amrum’) | Privatbesitz: Br. Typ | 
Kr. Tondren Berlin | (Abb, 59) 
| ‚ Bruchstick 
i 
„| Schiersberg‘,: Kiel Br. S. 2 B 1116 
-= | Kr. Flensburg | ‚auf dem Bügel 
K | einKnopf F II 8. 
= Lottorf- Ebendort | Br. V. K. | 
to, Haddeby’, | | Bruchstick | 
E Kr. Schleswig | | 
= Breklum, ` Kopenhagen Br. V. N. 
dë Kr. Husum | | | 
{ 
Rausdorf, Kiel E BIII 7 
Kr. Sturmarn | FIII? 
Schuhwiese | Ebendort E V. O (3) 
—~\ bei Reinfeld, Bruchstück 
> Kr. Stormarn | | 
E Malente Ebendort Br. Typ 
= | (Abb. 59) 
E Schwartau | Berlin | Br. V.O | 
= | V.K. 
CG Selmsdorf | Neustrelitz Br. V. O 
=, bei Ratzeburg | | 
(zu Mecklbg -Str.) | | 
Zweedorf‘°) Hamburg | Br. V.K (stark) 
bei Boizenburg | mit Email 
(Mecklenburg- 
Schwerin) | 
Gegend von Bremen ‘Br. Sonderform. 
Boizenburg ' Ahnl Abb. 62, | 
` ¿wohl auch | aber mit zwei ` 
Zweedorf) ` ` ‚Wulsten auf H 
Begleitende Funde. 1) Holte: Mit 156. — 


>) 


Latenefibeln. 


Amrum: Mehrere Urnen (höhere rundliche Schalen). — 


805 
Zur Fund- Nachweis, — 
geschichte Literatur 
III. Hügel | Rautenberz, Jahrb. 


d. Hamb. wiss. An- 
stalten III 1886 


(und Urnen) 


IV. Hügel Ebendort, 
S. 14 
Unbezeichn. Ebendort, 
Hügel Taf. 3, 38 
Hügel mit Ebendort, 
Urnen 1Il, 1886, S. 19 
Desgl. , Ebendort, 
Taf. 3, 42 
Desgl. Ebendort, 
Taf. 3, 43 
Urnengrab. Olshausen-Berlin 
Nach- 


bestattung in 
einem bronze- 
i zeitl. Hügelgr. 


Urnenfeld Knorr VI, 135 
Desgl. Knorr VI, 131 
Desgl. Mestorf,Urnenfriell- 

höfe. Taf. V Fig.5 
Urne Knorr, VI, 132 
Desgl. Mestorf 
Urnenfeld Knorr, VI, 158 
— J. Schlernm 
— Schumann, Lemcke- 
festschrift 1898 
S. 16 
Grosses Kossinna, Korrespbl. 
Urncufeld 1907 S. 61 
Beltz, Mecklbe. 
Jabrb. 71, S. o. 
In eine W eissenborn- 
Kiesgrube Brenen 


2) Westerham: S. Ọ 324. — 
Ais Schiersberg: Gerippte 


(sirtelhaken, körbehenförmiges Anhängsel. — 5) Lottorf-Haddeby: Holsteinischer Gürtel. — 


6) Zweedorf: Zahlreiche Urnen älteren Typs. E Kleingerät. 


> Zu Oldenburg. 


Nachtrag. 


S06 R. Bel: 


Lfd. GE E ETEA Variante. | Zur Fund- Nachweis. — 
undo ‚ Sammlung | A , : 
Nr. | nn An | geschichte Literatur 
| 
173 Körchow!) Schwerin EBIII4 Grosses Beltz, VAM 36, 54 
bei Wittenburg _ (ater schwach) Urmenteld 
F III 3 | 
114 Ebendort Ebendort Br. B III 9 Desgl. Ebendort S. 340 
F IT 5 
175 Ebendort Ebendort ` Br. u. EB 1119! Desgl. Ebendort S. 340 
bis BUI" 
117 '(Übergangsform) 
178 Krebsförden?, Ebendort | E Variante O ' Urnenfeld | Beltz, Jahrb. d Ver. 
bei Schwerin i (ohne Kreuze) ` No. I f. mecklbg. Gesch. 
“1, S. 41 
179 Nenburg Ebendort Br. Var. P. Urnenfeld Ebendort, S. 4) 
bis bei Wismar 
180 
DE Raduhn Ebendort Br. Var. P. Desgl. Ebendort, S. 1% 
bis | $ bei Crivitz VAM. 46, 26 
184 |£ 
185 1? | Friedrichs- Ebendort : Br. V. P. Desgl. Ebendort. 114 
d - ruhe | ! 
Z bei Crivitz | | 
156 |= Kritzow _Ebendort ` Desg). Dexgl. Beltz, Jahrb. d. Ver. 
S bei Crivitz f. mecklbg. Gesch. 
= | | 71, 8. 102 
187 Bruel Ebendort ` Desgl. Desgl. Ebendort, S. 111 
188 Tarloff Ebendort ` Desgl.  Desgl. Ebendort. S. 110 
bei Sternberg | | l 
189 Rachow’) | Ebendort | Br. u. E V. L. Desel. Beltz, VAM. 5, 
bei Güstrow | und Privat-! B III 9 ver- 2, 53 
| besitz | schiedene Uber- | Oben, Abb. 58 
| gangsformen; | 
| | mehrere 
190 Dargun ' Ebendort | E. V. K. | Urnenfeld mit 
| i Steinpackung. |Beltz Jahrb. a. a. 0. 
: | No. II. S. 132 
191 Kl. Methling‘) ` Ebendort | Desgl. | Grosses Ebendort, S. 1:% 
bei Gnoien | | Urnenfeld 
192 Gehlsdorf | Ebendort E 5 Ex. Urnenfeld Ebendort, S. 144 
bei Rostock | | V.K.uL 
| , Bruchstücke 
11% Pleetz°) Neubranden- Br. S 2.4 Desgl. Brückner. Kossinna. 
> bei Friedland | burg B III 4 Korr -BL 10% 
T aber | S. 61 
Ee | gedrungener 
> | | mit Furchen 
2 | f. Email 
SS | | | 
194 ES Peetsch  Nenstrelitz | Br. VO | — Schumann, 
ef: i 


bei Mirow | Lemckefestschrift 
Ä 1598 S. 16 
| 


Begleitende Funde. 1) Körchow: Bronzekessel, Spätlatene- und frūhrömisches 
Inventar RY @ 69. — 2) 364. —;` 3) Rachow: Frührömisches Inventar: Mäanderurnen 
usw. — D KI. Methling: S. @ 7 — 95) Pleetz: S. 7 367. 


Latenefibeln. 


07 
. | 
Lfd. Fondo See Variante. | Zur Fund- Nachweis. — 
undo a | nE 
Nr. E S Wee en Ä geschichte Literatur 
lg eS a ee Pn ee 
193 Bussen'), , Salzwedel Br. B IM 9 ` — Kupka, 
| Kr. Salzwedel | F abgebr. | S.-Th. Jahresschr. 
| | 1910 S. 25 
196 Ebendort Privatbesitz Br. BII 9 | — Derselbe 
F III 4 
197 Gr.-Chiiden?), Salzwedel EV.K | Urnenfeld Zechlin 
Kr. Salzwedel ` Ä 
198 Ebendort iR Br. V.K | — J. Schlemm 
, K. | 
199 Perver®), Salzwedel EV.K Urnenfeld Kupka, 
Kr. Salzwedel S.-Th. Jahresschr. 
| 1910 S. 18 
200 Osterburg Privatbesitz Br. S 2.3 — Ebendort, 
= B stark ge- Taf. I, 16. 
schwollen, F m. Oben Abb. 6? 
starkem profi- 
= | lierten Wulst | 
£ | (Übergang vonA) 
201 | S| Kl. Möringen*) Stendal EV.K Urnenfeld Kupka 
© Kr. Stendal | 
302 |E Tanger- Stendal P 2 Exempl. | Urnenfeld Kupka, Beiträge 
bis |, mlinde?, 1119 F Eu Nr. II zur Geschichte der 
au |} Kr. Stendal "e B 1119 Altmark Bd. II 
= Bruchstück Heft 5 1908 S. 273 
a | Fig. 1—3 S.-Th. 
3 | Jahresschr.1910S.21 
N : 
a5 | ~|  Ebendort*) | Privatbesitz E V.K Sehr grosses | Ztschr. f. Ethnol. 
= Urnenfeld XV 1883 S. 369 
5 | (Nr. I) XVI 1884 S. 332 
Ce | Kupka, S. 25 
STE Ebendort Berlin | Br. B III Y Ebendort Kupka, 
V.K.  .. FUL S.-Th. Jahresschr. 
(Ubergangsform), 1910 Taf. I, 2% 
207 Bülstringen’), |Neuhaldens- Br. Bruchst. Urnenfeld | Wegner, Ztschr. f. 
Kr. Neuhaldens- leben (Übergang Ethnol. 1895 S. 158 
leben von ^A) Fig. 48 
208 Ebendort Ebendort Br. Desgl. Ebendort 
209 _Farsleben"), | Magdeburg | Br. S 2 | = Hahne-Hannover, 
Kr. Wolmirstädt | Wulst am Ende ; (Schultheiss 
ı des Schluss- Tat. VII, 42) 
| stückes (an ^ 
erionernd) 
210 Ebendort Ebendort ` Br. V. F — Hahne 
aber massiv in | 
| einem Stiick 
gegossen 
( singuläre Form, 


Begleitende Funde. 


an N erinnernd) 


1: Büssen: Schale, Attachen, Trinkgefässe frührömischer 


Art. — 2) Gr. Chiiden: Etwa zwölf solcher Fibeln. auch V 371. — 3) Perver: S. vu 382. 


— 4) Kl. Möringen: Schwarze Situla. 
fürmiges Gehänge, platter Spinnwirtel, Perle aus Ton. 


6 Br. Segelohrringe mit 
Schlussstück (Kapka 21), 
Z7 


302, — 8) Farsleben: Vgl. 


5) Tangermünde: Br. Ring. Goldenes vasen- 
— Übergang zu frührömisch. 
blauen Glasperlen. 1; Gürtelhaken usw. Ein Exemplar ohne 
Diele näher bestimmbar. 1) Bülstringen: S. A 499 Q 7 
— OO Nachtrag. 


808 R. Beltz: 
| D ! 
Lfd. aoi ommi Variante: | Zar Fund- | Nachweis. — 
undor a 2 a 
Nr. ` | mung Genauere An geschichte Literatur 
| gaben 
- SE | en: en 
211 Altmark ` Berlin ES? BI I = J. Schlemm 
= Fo. u. V. K. | | 
212 || Ebendort _ Ebendort EVK | — Dieselbe 
213 | E|  Vehlen», Berlin E B III 5 Urnenfeld Kiekebusch 
.2| Kr. Jerichow I M. M. | 
21t | E| Ebendort?) Ebendort E BIHIS Ebendort Derselbe 
Z F Ilj 4 
We (seltnere Form, | 
S ähnlich Abb. 54) 
215 || Walter- Halle Br. S2 BIIT4 Auf einem Reuss. 
ee nienburg, F1lI1 neolithischen f S.-Th. Jahresschr. 
=| Kr. Jerichow 1 | Grabfelde [VI Taf. 12 Fig. 27 
216 S Schartenke®), | ? — — Wilke, D. 
& | Kr. Jerichow II Geschichtsbl. 
| VII 1905 S. 308 
217 | fBinenwalde‘), Berlin Eu. Br. V.O.  — Kiekebusch. Ztschr. 
Kr. Ruppin | M. M | f. N SS 
ndset, S. 200 
| | XXI, 8 
Kossinna, Korrspbl. 
| 101. S. 61. 
| Ruppiner Progr. ° 
| | | 18:1, S. 20, 
21S Ebendort | Ebendort a W n | — Kiekebusch 
(länglich) 
219 Ebendort Ebendort E — Derselbe 
220 Charlottenau e Ebendort E — Derselbe 
&6| Kr. Ruppin Ä 
201 |Z | Bbendort ` Ebendort ` E BUT 4 = Derselbe 
bis | ® | I Ill 4 | 
vo |} | 
cs 
995 Ile Ebendort Ebendort > SE S | — Derselbe 
ruchstüc 
224 Ebendort | Ebendort | E u. Br. V. O. | — Derselbe 
his 
a Sonnenberg, | Ebendort E — Derselbe 
Kr. Ruppin Bruchstück 
227 Zühlen®). Berlin E Ubergangs- | Grosses J. Schlemm. 
kr. Ruppin V. K. ıfuormvon\YV.F: Gräberfeid, Undset, S. 2014 
| ou w V. L. z. T. Stein- 
Mehrere. Ex. dämme 
228 Kreis Ruppin Berlin | Br. B halb- — Kiekebusch 
M M rund 


Berleitende Funde. 
haken, Ringe, Bruchstücke mehrerer Nadeln und Fibeln. 


1) Vehlen: S. ~ 


F III 3(ein Loch) 


| 


11: Br. Serrelohrringe, Perlen. 
Blane Glasperle — 2) Vehlen: 


E Gürtel- 


In einer Urne mit Glasperlen, Bronzestücken u. a — 3) Scharteuke: S. `" 400. — 4) Binen- 


walde: S. V7 Un 
6) Zühlen: Br. Ohrringe. 


E Gürtelhaken. 


— 9) Charlottenau: Mehrere Bruchstücke vou 


ähnlichen. Ç 427. 


Laténefibeln. 809 


Lfd. Fundort | GE Variante. Zur Fund- Nachweis. — 
Nr. | 8 rn An- geschichte Literatur 
| 
Lünew, | Berlin Br. Bruchst. — Kickebusch 
Kr. West- M. M. FIH 3.8 
havelland (frübrömischer 
Charakter) 
230 Buchow?), . Ebendort Br. B III 9 — Derselbe, 
Kr. Osthavel- | F III 4 (vgl. Kiekebusch, 
land Almgren 2 Einfl. d. röm. Kult. 
| Ee Ä auf e SE 
arakter S. 69) 
231 Vehlefanz?), | Berlin E BII? | = J. Schlemm 
Kr. a | V. K. FIl4 | 
| 
232 Derwitz?) | Berlin | = Kiekebusch 
Ar zanen | M.M F Me | 
elzig 
| 
233 Alt-Tdplitz‘), | Ebendort |ES2BIII4| > Derselbe 
Aalen: F abgebrochen d 
elzig | 
234 Ebendort | Ebendort E FIII 1 | — Derselbe 
e | | Bruchstiick ` ` 
235 E Ebendort | Ebendort | 5 E SÉ 3 | = Derselbe 
Si rucbstüc 
236 15 Ebendort Ebendort | E V. K: | = Derselbe 
E | B vorn verdickt 
237 ENEE | Privatbesitz E. V. K. | Urnengrab Hindenburg, 
Kr. Telto | Mannus 11,8. 197,14 
938 Gr. Lichter- ' Berlin E. B 1118 | — J. Schlemm 
De | V.K. FIII 4 | 
r. Leltow 
2 | i 
239) Selchow’), Anscheinend È S 2 B IIIY, Urnengrab |Kiekebusch. — Die 
Kr. Teltow verloren | mit Kugeln ee Je Bär 
| , S. 57 an- 
| | scheinend ungenau 
240 Südende’), perla | E (dazu Bruch- | Urnengrab Kiekebusch 
Kr. Teltow | stück einer ähn- 
| i lichen) 
241 Tempelhof, ”) Berlin | E. V.O. — J. Schlemm 
bis Kr. Teltow | 
243 
244 Kolm, | Ebendort | E V. L — Dieselbe 
Kr. Sorau | 
245 ph et Guben EV. K | Urnenfeld, Jentsch, Niederl. 
Kr. Guben z. T. römisch Mitt. IV, S. 1 
| 


 Begleitende Funde. 1) Buchow: In cinem Mäandergcefässe. Br. Gürtelhaken. 
E Messer, Lanzenspitze, Schere. — 2) Vehlefanz: S. + 245. A 529. — 3) Derwitz: + 247 A 538. 
7 440. — 4) Alt-Töplitz: S. A 539. V 456. — 5) Jütchendorf: Br. dreigliedriger Gürtel- 


haken. — Urne schwarz, glatt, angeblich Drehscheibenarbeit. — 6) Gr.-Lichterfelde. 
‘7463. — 7) Selehow: Mit anderen Nadelresten. — (Vgl. Ztschr. f. Ethn. 1877 S. 254), 1819 
S. (58). — 8) Südende: E Nadel. V 467. — 9) Tempelhof: V 468. — 10) Sadersdorf: 


Kleingerät, besonders Mittellatenefibeln. S. Y 458. 
Zeitschrift für Ethnologie. Jahrg. 1911. Heft 5. Ka 


810 R. Beltz: 


Variante. | Fir Rand: 
Fundort Sammlung | Genauere An- 


gaben | 


Nachweis. — 
geschichte Literatur 


246 Wirchenblatt!, Ebendort | E V. K Urnenfeld Jentsch, Gubener 
Kr. Guben | (zahlreich) | Gymuasialprogr. 
| 1892, S. 21 
247 Ebendort Berlin | E V. K Desgl. J. Schlemm 
his V. K. 
248 ' l 
| 
249 Rampits?), © Ebendort E | — Derselbe 
bis Kr. Weststern- 
250 berg Ä | 
251 Seelow’), Berlin Br. B II 9 | = Kiekebusch 
bis Kr. Lebus M.M. F JIII 5. 8 | 
203 . | Almgren 23 | 
| Übergang zur ' 
. frührömischen | 
254 Carow, Kreis Berlin ' Br. | Es J. Schlemm 
Niederbarniın V.K | (unvollständig) | 
255 | >o| Rosenthal, Kr. Berlin | Br. Sonderform, = Kiekebusch 
=] Niederbarnim M. M. ähnlich | 
= Abb. 62 | 
Wa l 
256 S Gramzower‘) Prenzlau | Br. BII 9 | Tirnengraber Blume, Verzeichnis 
aa) Forst | F III 5 d Uckermarkischen 
Uckermark | | Vereins- Sammlung 
| S. 50 
POT FEbendort +) Ebendort | E V.K | Desel. Ebendort 
258 Ebendort*) ` Ebendort | EBIII | Desgl. Ebendort 
| F II 7 | 
209 Hammelspring®, Ebendort ` E V. O Desgl. Schumann 
Kr. Templin | 
260 Storkow‘), | Berlin | E V, O, aber | Urnenfeld Kiekebusch. 
Kr. Templin ` M.M. ohne Kreuze Buchholz, Nachr. 
| d A. 1893, S. 35 
261 l:bendort Ebendort |E V. O (2 ver-  Desgl. Ebendort 
| rostet und nicht 
| erkennbar) 
262 Melzow, { Prenzlau E V.K | Urnengrab Schumann 
Kr. Angermiinde | 
263 Borgwall’ | Stettin | Br. V. Q. Urnengrab Schumann 
bei Demmin | Balt. Stud. 59 Taf. 
| | | VII, 15 
= | | | Lemckefestschrift 
= | | 1898 T. II, 4 
264 S Grischow, : Berlin | Br. V.P  Aneeblich J. Schlemin 
Goal Kr. Demmin | V. K. ~ Moorfund Schumann B. St. 
39, VIT, 12 
| | 
| | | 
Begleitende Funde. 1) Wirchenblatt: Spatlatene und anscheinend frührömischse 
Inventar, auch Y 495. — 2) Rampitz: S. 7496. — 3) Seelow: E halbrundes Messer. 
rundliches Messer mit Stiel. — +) Gramzower Forst: E Lanzenspitze, Ring, Messer 
mit gedrehtem Stiel (Überganesfund.. — 5) Hammelspring: V 505 — 6) Storkow 


Ss. 7 510 @ 72. — 7) Borgwall: Br. Kette. — 


265 Drosedow, ? | Br. V.O. — 
Kr. Grimmen | 
266 Piglitz. Stettin | Br. V. P Urnengräber 
bis Kr. Grimmen | 
2267 | ` 
268 Gr.-Liiders- Stralsund Br. V. P Urnengrab 
his hagen, | (Bruchstück) | 
269 Kr. Stralsund ` | 
270 Mölln-Medow | Ebendrt ` Br, V.P © Deel, 
bei Bergen Verbindungs- 
Ragen | | achse massiv | 
t 
271 Nadelitz , Berin `, BrV.O ` Ss 
Riigen | V. K. | 
22 Patzig Stralsund : Br. V.O | Sc 
Riigen | (3 Kugeln) 
| 
273 Samtens Ebendort Br. V. P — 
Rügen | 
244 Stubnitz Ebendort Br. V. P. Urnengrab 
Rigen | 
275 Teschen- Berlin ‘Br.S2 BIIL8 Urnengrab 
bis hagen !), V. K. stark, mit | 
276 IE Rügen Furchen für 
< | Email 
=) | 
271 |2] Ebendort!) | Ebendort | Br. V.K S2! ` Desgl. 
bis [| B mit kappen- 
278 artiger Ver- ı 
breiterung und | 
Walst 
279 Rügen Ebendort E V.O — 
(Fo. u.) 
280 Ebendort Ebendort Br. V. P — 
251 Rügen Nürnberg Br. V. P — 
(wahrscheinl.) G. M. 
382 Helmshagen?), ` Greifswald | Br. mit Email ` Aus Urnen- 
bis Kr. Greifswald auf dem Bügel gräbern 
283 | 
| 
Sieft) Sinzlow 5), Stettin E V.K Brandgräber 
Kr. Greifen- — (mehrere ExpL) 
hagen | : 
285 Brendemühl®), Berlin | E V.K | Urnengrab 
Kr. Kammin V.K | Knick verziert) | in Stem- 
| | packung 
Begleitende Funde. 1) Teschenhagen: I) Schwert. — 
Schwerter, Lanzen, Schildbuckel. — 5) Sinzlow: Schwertscheide. 


E Schwert, Lanzenspitze. 


Latenefiheln. 


Variante. 


Sammlung | Genauere An- 
gaben 


Zur Fund- 
geschichte 


2) 


ged 
— 


811 


Nachweis. — 
Literatur 


Kossinna, Korrspbl. 
1907, S. 61 


Schumann, 
B. St. 39 S. 192 


Schumann, 
S. 146 


Ebendort, 
Taf XVI,15 S. 174 
Lemckefestschrift 
1898 


J. Schlemin. 
Balt. Stud. 39 S. 176 


Ebendort 
Taf. XIV, 13 S. 191 


Ebendort, 
Taf. XV1,16 8. 207 


Schumann 


Ebendort 
S. 239 
Kossinna, K.-Bl. 
1907 S. 61 


Schumann, a. a. O. 
T. VI, 15. 16 


J. Schlemm 


Dieselbe 


Reinecke 
in Lindenschmit 
V 351 


B. St. 39 
Taf. XIV,9 S. 151 
Kossinna. Korr.-Bl. 

1907 S. 60 
Oben Abb. 65 


Balt. St. 39 
Taf. X1II, 11 


J. Schlemm 


Helmshagen: E 
4) Brendemühl: 


52° 


305 


Pommern 


Westpreussen 


Begleitende Funde. 
2) Lustebur: E Lanze. 


R. Beltz: 


Variante. 
Sammlung | Genauere An- | 


gaben 


Butzke*), | Stettin E B III 9 
Kr. Belgard | F III 7 
i B III 7 
E TIL ap | 
Übergangsformen 
z. frührömischen‘ 
oder F III 4 
Lustebur®*), Ebendort | E V. K 
Kr. Colberg 
Persanzig, | Berlin 1Br.1E. BITTY 
Kr. Neustettin ` DR, 


Ebendort E. V. M mit 
| Wulst auf dem | 
Bügel (Uber- 
gangsform) 
| 
Br. F UEZD] 
(Übergangsform) 
1 Bruchstück 
E V.K 
und Ubergangs- 
formen; gröss. 
| Anzahl 


Ebendort 


Ebendort Ebendort 


Lhendort 2) Stettin 


Gumbin?‘) Stettin und | E; mehrere Y. 


Kr. Stolp Privatbesitz K. u. ä. | 
Koppenow ’), Ebendort | E V. K u. L. 
| Kr. Lauenburg B III 9 
(z. T. Uber- 
vangsformen) 
Ebendort Ebendort E Typ, aber 
eintacher 
Qnaschin, Danzig E B III 6 
Kr. Neustadt F III 6 
(Löcher recht- 
eckig) 
Oliva’), Fbendort E. B III 9 
Kr. Danziger F III ı 
Höhe 
Ebendort Ebendort E ähnliche Form 


bk. BIL 6G 
EF TIT I 


LE: bendort Hbendort 


1) Butzke: 


Zur Fund- 


Brandgruben- 
gräber 
und Urnen 


| Brandgruben- 


griiber 


Aus zwei 
grossen 
‚Brandgruben- 
gräbern 


Desgl. 


Desgl 


Desgl. 


Brandgruben- 
u.Urnengräber 


Brandgruben- 
gräber 
und Urnen 


Desgl. 


Brandgruben- 
gräber, Urnen- 
gräber durch- 

einander 


Desel. 


Brandgruben- 
grab 


Nachweis. — 


geschichte | Literatur 


Schumann, 
a. a. O. S. 109 
X5xX1I 3.4 


Ebendort, 
Taf. XLII, 11 


J. Schlemm 


Dieselbe 


Dieselbe 


Schumann 185 
Taf. XV, 18. 15 
Kasiski, 
Vaterl. Altert. d. 
Neustett. Kreises 
1881 S. 36 


Pommersche 
Monatsbl. 1896 
S. 69. 115 


Schumann, 
a. a. 0. S. 165 


Ebendort 


Conwentz 


Conwentz, Lissauer, 


Denkmäler S. 127 


Ebendort 


Ebendort 


E Waffen, V 529; frührömische Fibeln. — 
Br. Ringelchen. — Blauc Glasperle. — 3) Persanzig: E Waffen, 


Messer, Gürtelhaken, Pinzette. — 4) Gumbin: S. V 533. — 5) Koppenow: E Waffen, 
V oof usw. - 5) Ollva: Spätlatene- und frührömisches Inventar. 


Laténefibeln. 813 


Lfd. az | DEN | Variante. | Zor Fund- | Nachweis. — 
Nr. g ia an geschichte Literatur 
EE EE Eege NE Web m m | 
319 Oliva, Kreis | Danzig E. B III 9 | Brandgruben- | Conwentz, Lissauer, 
Danziger Höhe | F II 7 gräber Denkmäler S. 127 
320 Suckschin,') | Ebendort E. BIII 9 Urnengrab Conwentz 
bis Kr. Danziger | F III? | 
321 Höhe | 
322 Ebendort | Ebendort E, B he 9 | Brandgruben- Derselbe 
| bm? |  gräber 
323 Ebendort | Ebendort Br. B Ill 9 | Desgl. Derselbe 
F IIIT 
324 Marienbarg Berlin Er. V. K. | Brandgruben- J. Schlemm 
V. K. B platter |grabu. Umen-| Lissaner, Denk- 
gräber mäler S. 128 
32) Ladekopp’), Danzig E. V. K Urnengrab Lissauer 
Kr. Marienburg unvollständig und Conwentz, 
Schr. d. naturforsch. 
Gesellsch. Danzig 
VI 13 
326 Willenberg*®) | Ebendort EB III7 Desgl. Conwentz 
Kr. Stuhm . 
327 Calm‘) Berlin Br. F IIl 5 — J. Schlemm 
| VK Ubergangsform 
zu frührömischh 
z Almgren 18 
328 | 2| Ebendort Ebendort E V.K — Dieselbe 
329 =) Ebendort Ebendort | EB III‘ — Dieselbe 
a ® | I FIHO 
"IB 
333 Ebendort ' Ebendort EV.KL — Dieselbe 
334 Ebendort | Ebendort EV. L — Dieselbe 
3 Ebendort Danzig Br. B III 9 F | Brandgruben- Conwentz 
| spitz,geschlossen| gräber 
336 Ebendort ` ` Ebendort E | Urnengrab Derselbe 
331 Ebendort Ebendort EBIII4 | ern Derselbe 
| 
eg Ebendort Ebendort | E | eg Derselbe 
is 
342 
343 Ebendort Graudenz |E u. Br. Anzahl | — Anger 
| Ex. von B IIT 9. 
| (Ubergangsform) 
344 Grubno, | Danzig E | Urnengrab | Conwentz. Lissauer, 
Kr. Culm ` Denkmäler S. 126 
345 Ebendort : Ebendort E B III 4 — Ebendort 
346 Kaldus, Ebendort | Br. O Schrag- Streufund Conwentz, Ver- 
Kr. Culm kreuzfurche waltgsb.d. W.Pr.M. 


1895, S. 41 Fig. 18 
Westpr. Mus. T. 67,3 


_Begleitende Funde. 1) Suckschin: S. 7 538. — 2) Ladekopp: Spätlatene und 
frührömisches Inventar. — 3) Willenberg: S. V. Q 15 Vv 541. — 4) Culm: S. V 553. 


i 
i 
| 
| 


814 R. Beltz: 


Lfd. Dë | e l Variante. Zar Fund- Nachweis. — 
Nr. SE EE geschichte Literatur 
| | gaben 
347 Neuguth,') | Danzig Br. B HI 9; Brandgruben- Conwentz 
bis Kr. Culm | F UI 3 oder ` graber 
33 geschlossen | 
354 Ebendort ' Ebendort E BIII9 Desgl. Derselbe 
bis | F 1117 
356 | | 
357 Ebendort | Ebendort EBIIY | Desel. Derselbe 
bis | F III 5 
309 | 
360 Ebendort ' Ebendort | EB II 9 Desgl. Derselbe 
bis | | F Ill 4 
361 | | 
362 Ebendort Ebendort . EBIII9 Desgl. Derselbe 
bis | F III 1 
363 ) 
364 Ebendort . Ebendort | E V. K Desgl. Derselbe 
bis mit kl. Wulst *) 
365 | | | 
366 Ebendort | Ebendort | E BII 9 Desgl. Derselbe 
bis F II: 
i3 | | ! 
374 5 Ebendort , Ebendort | EB Ill 4 Desgl. Derselbe 
bis | 5 | 
375 S | | 
376 | & Ebendort ' Ebendort Br. Typ Desgl. Derselbe 
bis |= | mit Knoten | 
318 | Ä 
379 Ebendort  Ebendort | Br. B III 9 .  Desgl. Derselbe 
380 Maruseh?), | Graudenz | E Br. B IIT 9 ! Urnengra) Anger. Lissauer 
Kr. Graudenz mit verschiede- | Denkmäler, S. 1% 
ner Fussbildung 
. Mehrere Ex. 
381 Rondsen,*) Berlin E V. K | Se J. Schlemm 
= Kr. Graudenz V.K. ns verziert, 
: ahmen ein- 
geschnitten) | 
383 Ebendort Ebendort E B mit = Dieselbe 
kleinem Wulst 
384 Ebendort°®) Ebendort „Br. FV.L ` = Dieselbe 
| (Übergangsform;}: 
385 Ebendort Kbendort Br. B III 9 | Brandgrube Conwentz 
386 Ebendort Ebendort EB 111 9 Desgl. Derselbe 
F II 1 9 


Begleitende Funde. 1) Neuguth: S. © 546. — 2) Marusch: E Gürtelhaken, 
Ring. — Spinnwirtel, Typen gleich Rondsen. — 3) Rendsen: S. 7 558 @ 74. Br. Schale, 
Gürtelhaken, E. halbmondfirmiges Messer, Messer mit Stiel. — Doppelkonischer Wirtel. 


*) Gleich Exemplaren von Koppenow (Pommern). und Taubendorf (Ost- 
prenssen) 39%, 


Latenefibeln. 


S15 


| 


| 


Variante, 


Lfd Bands an Zur Fund- Nachweis. — 
am S 
Nr. | E rsh An geschichte Literatur 
387 Rondsen, Danzig | E BIII 9 Brandgrube Conventz 
Kr. Graudenz ` | F HIG | 
338 Ebendort | Ebendort | EB 119 Desgl. Derselbe 
í 
i 
389 Ebendort Ebendort | EV. K | Urnengrab Derselbe 
390 Ebendort Ebendort | SEN e | Brandgrube Derselbe 
| | 
391 Ebendort Ebendort EBII4 | Desgl. Derselbe 
| 
392 1. Ebendort Ebendort EBT — Desgl. Derselbe 
© 
393 5. Ebendort Graudenz | E zahlr., zum GE Anger, Gräberfeld 
Si Teil mit "Kopf- | gräber und | zu Rondsen, 1890 
Ki | scheibe | Urnengräber 
> | V.K. L. M. | 
34 Ebendort Ebendort ü ar B m SI Desgl. Ebendort 
ergangsform. 
verschiedener ` 
_ Art, zahlreich | 
395 Warmhof‘), Ebendort E. V. K. L. ‘In einem frei- Conwentz, 
Kr. Marien- stehenden Verwaltgsb. 1906, 
werder Br. Kessel mit S. 26, 2 
eisern, Rand- 
reifen 
3 Scharnau, , Thom EV.L | = Conwentz 
| Kr. Thorn (Bruchstück) : 
307 Taubendorf?), : Königsberg EV.L Urne Heydeck, Prussia- 
Kr. Neidenburg | | berichte 21 S. 54 
393 Niederhof®), | Ebendort EB UI 9 | Urnengräber | Brinkmann, 
bis Kr. Neidenburg . (mit Schale auf Prussiaberichte 
399 | dem Bügel) ` 22 S. 284 
Š | F Ill 2 | 
D E BII9 | 
= FIl4 | | 
LU 
100 = Grodtken ‘), Ebendort EBIIS ` Brandgrube | Hollack, Prussia- 
bis [OS | Kr. Neidenburg | F III 4 | mit Grab- | berichte 22 S. 356 
401 | \ | urnen 
402 u Ebendort E V.K _ Einzelfund H. Kemke 
r. Pr. | 
Holland | 


Bezleitende Funde. 1) Warmhof: E Schwert mit Scheide und Lanzenspitze, zu- 
sammengebogen; verschiedenartige Bruchstücke. — 2) Taubendorf: Beigefässe, Pfriemen. 
S. auch Y 573. — 3) Niederhof: Frührömisches Inventar ‘Tischler B). — 4) Grodtken: 
E Krummesser, Schildbuckel mit grossköpfigen Nieten, Schildfessel, Lanzenspitze mit 
Ornament, 


816 R. Beltz: 


Lfd. Fundort e l : Variante. Zur Fund- Nachweis. — 
mn ne rn An- geschichte Literatur 

403 Selchow- Posen ES! | — Blume 

bis hammer’), K. F. Bruchstücke — 

404 Kr. Filehne Form unsicher 

405 Muchoein?), | Ebendort EVK | — Derselbe 


Kr. Birnbaum 
| 


406 Rehle, Bromberg 'ES1 BIII4' Hügelgrab | Schmidt-Bromberg 
Kr. Czarnikau | Ä Jahrb. f. d. Netze- 
| | distrikte 1892 
8. 114 
407 Gr.-Wodek Ebendort Br. B glatt — Schmidt-Brombere 
bei Schulitz, _ Nadelhalter 
Kr. Bromberg kreisförmig 
durchlocht ` ` 
405 Tucsno°), Posen E. B III 9 ` Graberfeld Blume 
rh Kr. Hohensalza K. F. F III? 
t10 a Ebendort Ebendort Br. B III 9 Desgl. Derselbe 
411 | 2 į Traszezyzna Bromberg Br. Typ @ mit Einzelfund Schmidt 
& | bei Argenau, 2 Knoten und 
Kr. Hohensalza I Knoten am 
Fussende 
412 Lachmiro- Ebendort E B III 9 Urnen Derseibe 
witz’), | | FHI? | 
Kr. Strelno | | 
413 Dembitisch- Posen Br. B Ill 9 — Blume, Mannus I 
bis Kolonie, — K.F. Bruchstücke S. 140. 34 
414 Kr. Schroda ` 
415 Solacz, Ebendort EV.K — Derselbe 
Kr. Posen-Ost | 
416 Kokorzyn®,, Ebendort > EBIIL9  Brandgruben Derselbe. 
Kr. Kosten Mannus I 140 
Nr. 31 
417 Grotnik, ` Ebendort ES 2 | Brandgrube Derselbe 
Kr. Franstadt Bruchstück Ausstellung Posen 
| | Form unsicher 1909, N. 2644 
418 Stradonitz,°) ` Prag | Br. zahlreich, Burgwall Pic, Hradistě u 
Hradisch ‚ bes, Ki und (Marbo- Stradonis Taf. 4, 
V.K.L dunum?) 10. 24 
419 © Ebendort Dresden (3 Br. 3 E 4 K ` Ebendort Deichmüller 
bis I 2 LL 
423 | 5 | 
424 | Ebendort Berlin | Br. V.L ` Ebendort J. Schlemm 
V.K. | (nicht durch- 
brochen) 


Begleitende Funde. 1) Selchowhammer: E Gürtelhaken. - 2) Muchocin: E Drei 
Lanzenspitzen. — 3) Tuozno: Spätlatene und frührömisches Inventar. — 4) Lachmiro- 
witz: Schildbuckel, Schwert, Lanzenspitze, Messer usw. — 5) Kokorzyn: Mit zwei br. 
Fibeln = Almgren 67. 68. — 6) Stradonitz: S. y 599 @ 77. 


Latenefibeln. 817 


. t 
Lfd. Se RER Variante. | Zur Fund- | Nachweis. — 
n a : 
Nr. PRSS SE m An geschichte Literatur 
425 Salzburg’) ‘ Bad Dürk- Br. V. L | Auf dem Mehlis-Neustadt 
| heim römischen 
| ‚ Friedhof 
426 [E| Mechel?) Innsbruck | Br. BIT 2 = Much, Atlas 
=) im Nonstal, | S. 149, 23 
KE Tirol | 
427 F> Gurira®), | Klagenfurt | Br. E grössere Befestigte Oben Abb. 61 
Kärnten Wien Anzahl von e Siedelung 
in verschied. 
Formen 
425 Vilters*) ` St. Gallen mehrere ' „Burg“ Heierli, 
Kanton Severgall | Urgesch. d. Schweiz 
St. Gallen | | S. 328 
424) Wetzikon, Zürich E BIHIS | = Viollier, 320 
Kanton Zürich | F IJI 4 | 
430 |-] Niederbipp, | Bern Br. BR IIT | = Derselbe. 322 
È Kanton Beru FIH 4 i 
431 |2] Estavayer, Ebendort ! Br. Übergang — Derselbe, 321 
Kanton | von V | 
Freiburg 
432 La Tène’) | Neuchätel Br. und E | Befestigte Vouga. Gross. 
Gem. Epagnier , und viele vielfach Station Heierli usw. 


andere 


H 
| , 


Begleitende Funde. 1) Salsbarg: Mit Fibeln des 2. und 3. Jahrhunderts, Kopf- 
nadel, Löffel, Glassachen. — 2) Mechel: S. 7 608. — 3) Gurina: S. ^ 654, Y 610. — 
4) Vilters: S. A 687, 7 621. — 5) La Tène: S. A 726 7 638 @ 79. 


Nachtriize und Berichtigungen sowie Kartenbeilage folgen in Heft 6. 


ll. Verhandlungen, 


Sitzung vom GL Oktober 1911. 


Vorträge: 


Hr. Eduard Hahn: Wirtschaftliches zur Prähistorie. 
Hr. Oskar Iden-Zeller: Ethnographische Beobachtungen auf der Tschukt- 
schen-Halbinsel. Mit Lichtbildern. 


Vorsitzender: Hr. Hans Virchow. 


(1) Verstorben: Hr. Dr. Karl Bolle in Berlin, Mitglied seit 1905, 
und Hr. Professor Dr. Erich Schmidt in Bromberg, Mitglied seit 1909. 


(2) Neu aufgenommen sind: 

Altertumsgesellschaft in Insterburg. 

Verein für Heimatkunde in Kottbus. 

Hr. Dr. Emil Goldberg, Arzt in Lankwitz. 

Hr. Amtsgerichtsrat Dr. Kämmerer in Brandenburg a. d. H. 
Hr. Diplomingenieur Paul Schuh in Augsburg, 


(3) Dem Herrn Stimming in Grosswusterwitz ist zu seinem SO. Ge- 
burtstag am 28. August telegraphisch Glück gewünscht worden. 


(4) Die fünfte gemeinsame Versammlung der Deutschen und Wiener 
Anthropologischen Gesellschaft hat vom 6. bis 9. August in Heilbronn 
stattgefunden. Mit der vorausgehenden Besichtigung des Unterkiefers von 
Mauer in Heidelberg und der Fundstelle desselben, einem Sitzungstage 
in Stuttgart, einem Ausfluge auf die schwäbische Alp, der paliiethnologi- 
schen Konferenz in Tübingen, dem Besuch des Holefels und des Sirgen- 
steins und einem Ausfluge nach Heidenheim und Steinheim hat sich der 
Kongress über zehn Tage hingezogen und den Teilnehmern überreiche 
Belehrung und Anregung geboten. 


(5) Der zehnte internationale Geographenkongress, welcher im Oktober 
in Rom stattfinden sollte, ist verschoben worden. 

Der 18. internationale Amerikanistenkongress wird in London vom 
27. Mai bis 1. Juni 1912 unter dem Vorsitze von A. R. Markham statt- 
finden. 


f 
g 


Sitzung vom 21. Oktober 1911. 819 


(6) Durch Frau A. Bartels ist der Gesellschaft eine ansehnliche 
Schenkung von Büchern aus dem Nachlasse ihres Gatten zugegangen, 
welche ein neues Band der Erinnerung zwischen der Gesellschaft und 
dem um dieselbe so hochverdienten Mitgliede herstellen wird. 


(7) Manuskripte sind eingegangen von Herrn W. Müller in 
Schimonoseki über das japanische Mädchen- und Knabenfest und von 
Herrn R. Beltz in Schwerin über die Funde von La-Tenefibeln in 
Deutschland. Das erste ist im 3. und 4. Heft der Zeitschrift abgedruckt, 
das zweite wird später erscheinen, da der Druck zwar schon im August 
begonnen ist, aber ‚wegen mannigfaltiger Schwierigkeiten nur langsam 
fortschreitet. 


(8) Hr. O. Hauser hat unter dem Titel „Le Périgord prehistorique“ 
einen Führer durch das Vezeretal und die Nachbartäler herausgegeben, 
welcher auf sieben Plänen die Grabungsplätze des Genannten topographisch 
und stratigraphisch zur Anschauung bringt. 


(9) Hr. Rütimeyer bittet, dass in seiner im 2. Heft gedruckten Arbeit 
in der untersten Zeile der Seite 241 „war“ in „wurde“ geändert werde. 


(10) Nach Mitteilung des Herrn Preuss hat das Komitee für die 
Forschungsreise des Herrn Christiam Leden im nördlichen Kanada 
bisher 6000  zusammengebracht, und der Reisende ist zu einer Vor- 
expedition aufgebrochen, von welcher er jedoch im Winter zurück 
sein will. 


(11) Der angebliche Fund von Steinau, welcher in der Juni-Sitzung 
erwähnt wurde, hat sich nachträglich als eine Fälschung erwiesen. 
Hr. Matschie hat durch genaue Vergleichung festgestellt, dass es sich 
um den Schädel einer Rasse des Schimpanse handelt, welche als Tschego 
bezeichnet wird, und zwar einer Varietät, welche Hr. Matschie Kulu- 
kamba nennt. Das Museum f. Naturk. besitzt ein Stück davon aus Lolo- 
dorf. Auf briefliche Anfrage des Herrn Matschie hat der Fälscher zu- 
gegeben, dass sein Schädelstück aus derselben Gegend stamme. Übrigens 
muss ich aus sehr eingehenden Mitteilungen, welche ich über die An- 
gelegenheit erhalten habe, annehmen, dass es sich ursprünglich gar nicht 
um eine Irreführung der „Wissenschaft“ handelte, am wenigsten um einen 
Versuch, eine bestimmte wissenschaftliche Persönlichkeit aufs Grlatteis zu 
locken, sondern nur um einen wesentlich lokalen Scherz. Dem Ver- 
anstalter des letzteren ist nur der Vorwurf zu machen, dass er nicht so- 
fort, als die Angelegenheit so weite Kreise zu ziehen begann, mit seiner 
Persönlichkeit hervorgetreten ist und sich als den Urheber der Verwirrung 
bekannt hat. 


(12) Vor der Tagesordnung macht Hr. Kiekebusch Mitteilungen 
über eine von ihm im Sommer d. J. aufgedeckte vorgeschichtliche An- 
siedlung bei Hasenfelde, Kr. Lebus. Es gelang, drei Grundrisse frei- 


820 Kiekebusch: Prähistorische Wohnanlagen. 


zulegen, die den Typus von Buch aufweisen. Auch hier findet sich vor 
dem Herdraume eine Vorhalle. Die Pfostenlöcher enthielten zum Teil 
(tefässreste aus der Bronzezeit. Andere Scherben deuten auf spätere 
Epochen‘). Die in der Ansiedlung gefundenen Tierknochen hat Dr. Hilz- 
heimer untersucht. Genauere Mitteilungen über das vorgeschichtliche 
Dorf erscheinen im nächsten Heft der „Prähistorischen Zeitschrift“. Am 
Schlusse seiner Ausführungen erwähnte der Vortragende einen von ihm in 
einem bronzezeitlichen Gräberfelde bei Paulshof (nahe Alt-Landsbery) 
aufgefundenen Grundriss und schilderte dann die von ihm geleiteten Aus- 
grabungen des Märkischen Museums bei Nackel (Nähe von Friesack, 
Kr. Westhavelland). Herr Pfarrer Wolfram war hier seit Jahren auf Brand- 
spuren in einer Sandgrube aufmerksam geworden und erkannte aus der Yer- 
öffentlichung des Vortragenden über Buch den Charakter dieser Überreste. 
Der Vortragende fand einen Grundriss vomBucher Typus und stellte fest, dass 
hier eine ganze vorgeschichtliche Ansiedlung — wahrscheinlich der 
jüngeren Bronzezeit angehörend — von einer 3 bis 4m hohen Wander- 
düne verschüttet worden ist. Ein Profil liess im Lichtbilde die alte, wie 
eine etwa !/ m unter der heutigen Humusdecke liegende zweite Kultur- 
schicht erkennen; letztere enthielt ebenfalls Brandspuren, konnte aber 
bisher aus Mangel an Kulturresten keiner bestimmten Periode zugewiesen 
werden. 

Neben einer zweiten frühmittelalterlichen Ansiedlung, die nur 
fünf Minuten von der vorgeschichtlichen entfernt ist, verdient eine vor- 
oder frühgeschichtliche Befestigungsanlage ganz besonderes Inter- 
esse, die sich vom Gutsparke des Herrn von der Hagen auf Nackel auf 
einer Landbrücke zwischen zwei Luchniederungen etwa '/, Stunde auf 
Wutzetz zu hinzieht und mit einem Gehölz bestanden ist, das noch heute 
den Namen „Dreigraben“ führt. Alle drei Gräben, sowie die zwischen 
den Gräben liegenden Wälle sind noch vorhanden. Seitens des Märkischen 
Museums werden mit Unterstützung des Herrn Pfarrer Wolfram und des 
Herrn Rittergutsbesitzers v. d. Hagen, der schon diesmal in freundlicher 
Weise einige Arbeitskräfte zur Verfügung gestellt hat, im nächsten Jahre 
umfangreichere Ausgrabungen vorgenommen werden. 

Über die zuletzt berührten Ausgrabungen des Märkischen Museums 
bei Niedergörsdorf, Kr. Jüterbog-Luckenwalde, wo ein Gräberfeld, 
ein Bauernhaus aus dem frühesten märkischen Mittelalter und 
ein Burgwall untersucht wurden, hofft der Vortragende in einer der 
nächsten prähistorischen Fachsitzungen sprechen zu können. 


(13) Herr Moszkowski gibt die nachfolgende Erklärung ab: 
Hr. Prof. Dr. Neuhauss hat im Diskussionsbericht im Anschluss an den 
1) Nachdem es mir nachträglich (im November 1911) gelungen ist, bei 
Paulinenaue, Kr. Westhavelland, eine germanische Ansiedlung (Grundriss vom 
Bucher Typus, Pfostenbau) aus der späten Kaiserzeit aufzudecken, unterliegt es nun 


— nach Vergleichung des Scherbenmaterials — keinem Zweifel mehr, dass bei 
Hasenfelde neben einem bronzezeitlichen ein frühwendisches Dorf liegt, zu dem 


auch die drei Grundrisse gehören. 


Ed. Hahn: Wirtsehaftliches zur Prähistorie. 821 


Vortrag vom 29. April neben manchen anderen Dingen, die er hat drucken 
lassen, ohne sie gesagt zu haben, auch die Behauptung aufgestellt, dass 
meine Bilder technisch zu unvollkommen, ausserdem zu stark retouchiert 
seien, als dass man irgend etwas erkennen könne. Gegen den ersten Teil 
des Vorwurfs brauche ich mich nicht zu wehren, was den zweiten an- 
betrifft, erkläre ich ihn für objektiv unwahr. In den Ihnen vorgelegten 
Typen ist weder etwas hinein- noch herausretouchiert worden. Es sind 
überhaupt keinerlei Manipulationen vorgenommen worden, die bezweckt 
haben irgend etwas aus den Platten herauszunehmen oder in sie hinein- 
zubringen, was nicht ursprünglich darin enthalten war. 


(14) Hr. Eduard Hahn hält den angekündigten Vortrag: 


Wirtschaftliches zur Prähistorie. 


Die Wirtschaftsgeschichte ist bisher auch in der deutschen Wissen- 
schaft noch nicht gerade zu hoher Bedeutung gekommen. Vielfach ver- 
steht man darunter nur einen Zweig der Nationalökonomie, der sich be- 
sonders mit dem Material beschäftigt, was Akten, Wirtschaftsrechnungen. 
die älteren Darstellungen u. dgl. mehr über das Handwerk, über 
die Verteilung des Grundbesitzes, über die Verhältnisse der Ackerbe- 
stellung usw. in den letzten Jahrhunderten bieten. Nach der Art der 
(Quellen können da natürlich nicht eigentlich weitreichende Schlüsse für 
die ältere Geschichte gezogen werden, viel weniger gar auf die Vorge- 
schichte und die Anfänge der Wirtschaft überhaupt. Aber auch von der 
anderen Seite ist bis dahin ausserordentlich wenig für die Erforschung 
der wirtschaftlichen Beziehungen des Menschen der älteren Zeit oder gar 
der Urzeit geschehen. Das geht ja schon daraus hervor, dass bis in die 
heutige Zeit hinein der Urmensch der Steinzeit z. B. allgemein und, wie 
wir doch eigentlich alle wissen, ohne rechten Grund als Jäger aufgefasst 
und geschildert wird, während doch nichts uns zwingt, die pflanzliche 
Nahrung für diese Zeit derart zurücktreten zu lassen!). Es waltet 
hier immer noch die Neigung vor, dem heutigen Kulturmenschen seine 
Vorfahren recht roh und recht unentwickelt erscheinen zu lassen. 

Es gibt aber nach unserer heutigen Auffassung der Aussenvölker und 
doch auch nach psychologischen Erwägungen ein durchaus falsches Bild, 
wenn wir meinen, unsere Ahnen hätten sich in wenig tausend oder gar 
nur in hunderten von Generationen aus rückständigster Roheit zum 
Kulturmenschen emporgeschwungen. (2000 Jahre n. Chr. und 5000 Jahre 
v. Chr. gibt sieben Jahrtausende, das wären 210 Generationen bis zum 
Beginn aller geschriebenen Geschichte.) Die „einfachen“ Verhältnisse der 
Anfänge mögen ja dichterisch sehr schön sein, aber für die Wissenschaft 
sollten sie ganz aus der Diskussion verschwinden. 

Nehmen wir nun auch hier für den Menschen an, dass er den Zu- 
sammenhang mit den tierischen Ahnen ungefähr in der Periode verloren 
hat, in der die gewohnheitsmässige wirtschaftliche Benutzung des Feuers 
sich bei ihm einstellte?), so werden wir gleich vor die ja freilich rein 
theoretische, aber doch nicht ganz unwiclitige Frage gestellt: in welcher 


82. Ed. Hahn: 
Art gewann der Mensch das Feuer, das er nun dauernd benutzte: Schlug 
er es aus dem Stein, rieb er es aus dem Holz? 

Wenn man nun, wie Karl v. d. Steinen das nach meiner Meinung 
mit Recht auch für unsere Urzeit tut, die „Steinzeit“ eigentlich als Holz- 
zeit ansieht, wenigstens für manche Gegenden und für manche Epochen. 
so hat ja freilich ein älterer Forscher Recht mit der Klage: mit dem 
Holz würde doch alles für die Urgeschichte wieder hypothetisch! Aber 
ist denn mit den Steinfunden ohne Hypothese irgend etwas anzufangen? 
Ich vermisse recht häufig neben der ja sehr wichtigen Einordnung in eine 
datierbare Zeitstufe irgend eine Art Vorstellung darüber, wozu und wie 
nun die uns vorliegenden Eolithen und andere Steingeräte in der da- 
maligen Wirtschaft der Menschheit benutzt wurden. Bei all den Klopfern 
und Schabern, und wie man sie sonst nennt, wird, wie mir scheint, immer 
viel zu viel an die Zubereitung von Fleisch und von Fellen, also an den 
Jäger gedacht und viel zu wenig an Wurzeln, Knollen u. dgl, die man 
ausgrub und zerklopfte oder ausschabte, an harte Früchte und Samen, die 
man aus den Hülsen herausschlug, an Körner, die zerrieben wurden und 
an mehr dergleichen Dinge, die wir bei den Aussenvölkern als wichtige 
Nahrungsmittel finden. Und dabei sollten uns doch die zahlreichen Mühl- 
und Reibsteine, für die wir häufig ja auch noch den Unterstein im 
Museum haben, immer an Pflanzenstoffe, in erster Linie z. B. an 
Wildgrassamen denken lassen. Das setzt ja schon die spätere Getreide- 
kultur als eine notwendige Vorstufe voraus. Die einzige Pflanzennahrung 
aber sind Wildgrassamen denn doch kaum jemals gewesen. 

Gegen eine solche Auffassung der älteren Zustände als Holzzeit, d. h. 
gegen die Hypothese der starken Verwendung hölzerner Geräte und 
Werkzeuge neben den oder statt der Steinwerkzeuge, kann man ja aller- 
dings mit einigem Grund den Einwand erheben, dass wir nichts davon 
haben. Aber wenn wir uns die Steingeräte der Australier z. B. ansehen, 
so finden wir doch, dass die Steine eigentlich nie ohne Fassung mit 
anderem vergänglichem Material benutzt werden. An diese Haftung denken 
aber die wenigsten Prähistoriker bei ihren Untersuchungen. So ist selbst 
der grosse Bergkristall, den ein australischer Zauberer zu verwenden 
pflegte, den wir im Völkermuseum hier haben, in Harz gefasst, und 
ähnliches werden wir doch auch für unsere Steinwerkzeuge annehmen 
müssen; wir haben sie also zumeist wohl gar nicht in der Form, in der 
sie verwandt wurden. In dem an Lössfunden reichen Museum in Krems 
an der Donau liegen z. B. viele Tausende aus dem Löss ausgesiebte 
kleine Steinsplitter, zum Teil unter Fingernagelgrésse. Da wird man 
sich doch vorstellen müssen, dass sie irgendwie in Holzinstrumente einge- 
setzt wurden, wie die Haifischzähne der Südseeinsulaner und die Stein- 
splitter der Australier und Ägypter). Und weil sie ja nicht durchbohrt 
waren, kann das nicht durch Knüpfen oder Nähen geschehen sein wie in 
der Südsee, sondern vielleicht durch Harz oder Kitt. Diese Stoffe können 
uns ja ganz unbekannt geworden sein; die Australier z. B. stellen ihren 
ausgezeichneten Harzkitt zum Teil sehr mühsam aus Graswurzeln her, aus 


Wirtschaftliches zur Prähistorie. 823 


denen sie ihn in der Sonne ausreiben; ähnliche Verfahren können bei uns 
auch ganz gut vorhanden gewesen sein, um ganz verloren zu gehen. 

So sind auch grosse und plumpe Steinbeile andrer Gegenden mit 
Pflanzenfasern am Holzstiele in einer für uns recht hilflosen, für die Be- 
sitzer aber genügenden Weise befestigt‘). Wir werden uns die Fassungen 
also auch für uns nicht immer nur recht jägermässig von roher Haut 
vorstellen miissen, die ja freilich, wenn sie zusammentrocknet, eine sehr 
feste Verbindung herstellt, sondern wir werden neben dem Harz auch noch 
an Rinde und dergleichen denken müssen, die erst mit Feuer oder heissem 
Wasser behandelt wurde und dann gleichfalls sehr fest werden kann. 
Man kann auch an Bast, Waldrebe und dergleichen auch im europäischen 
Walde denken, ohne gleich die Lianen und Palmen der Tropen heranzu- 
ziehen. 

Für ein Gerät kann ich jedenfalls das Holz, und zwar zumeist 
Holz allein, im weitesten Sinne in Anspruch nehmen, das ist der Grab- 
stock, das älteste Gerät der Pflanzenkultur. Er wird wahrscheinlich in 
den allermeisten Fällen stets nur aus Holz bestehen und nicht etwa einer 
Spitze aus härterem Material bedürfen, denn, das ist ein sehr gutes Bei- 
spiel: der Pflanzstock, mit dem noch heute der Berufsgärtner oder die 
Bäuerin bei uns auf dem Beet Kohlpflanzen oder dergleichen „setzt“ ist 
auch heute meist nur von Holz und nicht etwa mit einer metallenen 
Spitze versehen. 

Übrigens werden wir von dem allergrössten Teil der Jagdpfeile und 
ebenso von dem allergrössten Teil der Speere, die im Krieg oder zur 
Jagd gebraucht wurden, immer annehmen müssen, dass sie nur aus Holz 
mit gehärteter Spitze bestanden. Allzuoft wird uns davon berichtet, und 
jeder Pfeil und jeder Speer, der dem Feinde vergeblich zugeschleudert 
wurde, stellte ja einen erheblichen Verlust dar und eine Bereicherung des 
Feindes, wenn er eine Steinspitze trug. 

Der Grabstock ist nun bekanntlich nicht nur das älteste Gerät der 
Bodenbestellung, sondern, dann stimmen alle Sachverständigen mit mir 
überein, auch ein Gerät, was aller Bodenbestellung vorangegangen ist. 
Nur wird gelegentlich sicher eine Verstärkung der Spitze durch ein Tier- 
horn, die ja ausserordentlich nahe liegt, oder durch eine Muschelschale 
oder einen Stein vorgekommen sein; auch hier habe ich aber die Klage 
gegen die Sammlungen und ihre Verwaltung vorzubringen, dass wir nicht 
oft genug versucht haben, zutreffende Stücke auf die Art des Gebrauchs 
aus den Sammlungen herauszusuchen, was uns doch ein lebendes Bild 
geben könnte; dagegen scheint uns ein Steingerät ausserordentlich markant 
zu sein, das wir denn wohl auch mit Recht überall, wo wir es auftreten 
sehen, zunächst mit dem Grabstock in Verbindung setzen. 

Es ist das der Steinring, mit dem man das obere Ende des Grab- 
stocks beschwert, um ihm grössere Wucht beim Ausheben der Wurzeln, 
Knollen und Zwiebeln zu geben®2). Solche Stücke haben wir bei den Busch- 
leuten noch in Gebrauch gefunden, und kennen daher ihre Bestimmung, 
ja auch ihre Anfertigung. Sie kommen auch anderswo so vor, ich muss 
aber ausdrücklich bemerken, dass doch nicht alle Steinringe diesen Zweck 


824 Ed. Hahn: 


haben müssen. Aus Peru kennen wir Steinringe auf Holzschäften, die 
auch nach der Analogie der Bronzegeräte als Keulen gedient haben, auch 
wenn uns ihre Verwendung etwas unwahrscheinlich erscheint. Auf die 
grosse Wichtigkeit des Grabstocks will ich hier nicht eingehen. Ich 
möchte nur auf die interessante Rolle kommen, die der Grabstock ganz 
ım Einklang mit unserer Auffassung seiner Entstehung mitunter als Aus- 
zeichnung der Frau spielt). So scheint der Grabstock bei vielen zere- 
moniellen Feierlichkeiten der Australierin unentbehrlich. Nach meiner 
Überzeugung hatte Joest sehr recht, wenn er vor langen Jahren an dieser 
Stelle einmal ausführte, dass ein grosser Teil der Zeremonial-Geräte und 
Attribute sich dadurch erklärt, dass der Mensch bei Zeremonien u. dgl. 
es leichter hat, wenn er etwas hält, er hat dann etwas, woran er sich 
halten kann. Zeremonien sind ja aber für die Ethnologie nicht etwas Über- 
flüssiges, sondern etwas dem Menschen durchaus Notwendiges. Sehr gerne 
wird aber der Mensch zu Zereinonialgeräten Dinge aus dem wirtschaft- 
lichen Leben nehmen, da dann diese Geräte gleichsam eine Weihe er- 
halten, die sie an die Arbeit weitergeben könnten. So fliesst der Tanz- 
stab und der Grabstock zusammen, und nach einer Hypothese ist ja über- 
haupt die ganze Pflanzenkultur aus der Verwendung des Grabstocks in 
zauberischer Absicht hervorgegangen. Jedenfalls finden sich in ganz 
eigentümlicher Verbindung Tanzstab und Zauberstab in dem mexikanischen 
Rasselstab verbunden, und jetzt lässt sich jedenfalls ausserordentlich schwer 
sagen, was ursprünglich überwog, die für uns wichtigere werkzeugliche 
Verwendung oder die Bedeutung des rituellen Zaubergerätes. 

Die Vergänglichkeit der hölzernen Geräte hat uns natürlich meist die 
Möglichkeit genommen, solche Funde aus ältester Zeit in unsern Museen 
zu vereinigen. Erst die moderne Museumstechnik kann wenigstens die 
Pfahlbaugeräte aufbewahren, aber es ist sehr interessant, dass Oswald 
Heer unter dem frischen Eindruck der damals so überraschenden Ent- 
deckungen die Meinung aufstellte, vor dem Auftreten der Pflugkultur 
— wie ich jetzt sage — wäre der Hirse mit hölzernen Hacken gebaut 
worden. Später kam er auf diese Anschauungen nicht mehr zurück, ich 
nehme an, allzu vorsichtige Freunde haben ihm die Ansicht ausgeredet. 
Aber die hölzernen Hacken werden doch zu seinen Funden gehört 
haben. 

Nun haben wir aber nicht nur aus Peru und Ägypten, sondern aus 
der ganzen Welt Material genug, um zu wissen®), dass Hacken nur aus 
Holz eine ausserordentliche Verbreitung und eine ausserordentliche 
Wichtigkeit für die ganze Welt hatten und haben. 

Wir finden ja aber bei den Aussenvélkern Hacken genug, auch mit 
Stein und Muschelklingen. Weil ich aber vor Fachleuten von diesen 
wirtschaftlichen Dingen spreche, möchte ich auf die eigenartige Sache 
aufmerksam machen, dass die Hacke der Aussenvölker und die unserer 
alten Zeit, z. B. die aus Ägypten, uns modernen Menschen ziemlich fremd 
in der Hand liegt, der Stiel ist uns zu kurz und der Winkel, in dem die 
eigentliche Hacke angesetzt ist, zu spitz. Ich würde ausserordentlich 
verne einmal mit einem Sachverständigen, einem Gärtner oder Landwirt 


Wirtschaftliches zur Priihistorie. 825 


darüber Versuche machen, welches Material aus unseren prähistorischen 
Sammlungen nun direkt als Hacken anzusprechen ist, und wie wir uns 
die Arbeit damit zu denken haben. Besonders aber möchte ich die Prä- 
historiker bitten, darauf zu achten, ob sich bei Funden von Hacken an 
den Beigaben nicht entscheiden lässt, ob wir einem Männer- oder Frauen- 
grabe gegenüberstehen. Bei den Aussenvölkern gehört die Arbeitshacke 
fast überall ausschliesslich der Frau. Die Zeremonialhacke aber —, meist 
wertvolles Material oder besonders schön gearbeitet, gehört freilich wieder 
dem Fürsten’). Bei den Steinklingen wird es sich ja ohne Fassung nicht 
immer entscheiden lassen, ob es sich um Beile oder Hacken handelt; da- 
gegen haben wir ein vorzügliches Material, was wir wohl zumeist für die 
Bodenwirtschaft als Erdhacken in Anspruch nehmen können, in den 
Hirschhornhacken. 

Bei praktischen Versuchen würde sich auch die Frage beantworten 
lassen, ob wir uns etwa für die ältere Zeit nassen Boden hauptsächlich 
auch für den Hackbau zu denken haben. Für die Formen der Landwirt- 
schaft, die der Getreidekultur vorangegangen sind, haben wir ja zunächst 
noch wenig Material; dagegen enthalten die ältesten Weizenfunde, aus 
Butmir zum Beispiel und von anderen Fundstellen, häufig unter den Resten 
Anzeichen für nassen Boden, so Equisetum-(Schachtelhalm)-Reste oder ein 
kleines Schneckchen Bithynella, das jetzt auch nur auf nassem Boden 
fortkommt*). Was wir uns dabei zu denken haben, ist freilich noch eine 
recht offene Frage, aber nach Ferdinand v. Richthofens Theorie, 
die ich dann weiter ausbauen durfte, gingen bei der ersten Pflugkultur 
Getreidebau und künstliche Bewässerung Hand in Hand. 

Nach der von mir angenommenen Definition beginnt der Mensch mit 
der ständigen Verwendung des Feuers in seiner Wirtschaft, und da ist es 
nun kaum einem Zweifel unterworfen, dass unser Vorfahr in der Kultur 
das Feuer in ausserordentlich viel grösserem Umfang verwendete und zu 
manchen Zwecken, an die wir heute nicht mehr denken. Er konnte z. B. 
Tröge, Einbäume u. dgl. durch Feuer herstellen. Er konnte aber auch, 
wie das auch anderswo vorkommt, Bäume durch Feuer fällen. In grösstem 
Umfange greift ja aber das Feuer in die Bodenwirtschaft des Menschen 
da ein, wo, wie noch in ausserordentlich ausgedehnten Gebieten, in den 
Tropen und Subtropen, aber auch anderswo die neuen Felder durch 
Feuer im Urwald freigelegt werden. 

Daneben gibt es auch bei uns eine eigentümliche Wirtschaftsform, 
die bei den Prähistorikern ganz unbekannt geblieben war, bis ich vor 
einigen Jahren auf sie hinwies. Aber auch den Landwirten und National- 

ökonomen, die sonst die Brandwirtschaft, die Reutberge, Schiffelwirtschaft, 
“ und wie sonst die Namen noch sind, kennen, war es entgangen, dass wir 
hier eine Form des Getreidebaues haben, in die der Pflug bei uns wenig 
oder gar nicht eindrang, die bei uns fast überall der Hacke erhalten 
blieb; die Zubereitung des Feldes für das Getreide aber geschieht durch 
Feuer. Diese Wirtschaft findet sich jetzt noch besonders in Schweden, 
das nach einer alten Etymologie sogar seinen Namen vom Schwenden, 


wie wir sagen, erhalten haben soll. Hier ist der Zusammenhang mit dem 
Zeitschrift für Ethnologie. Jahrg. 1911. Heft 5. 53 


826 Ed. Hahn: 


Hackbau aber nicht so ausgesprochen, wie bei uns im Siegener Lande, an 
der Mosel, auf dem Schwarzwald und in der Steiermark, wo ich sie selbst 
noch besichtigen konnte®). In Schweden wird das Feld, auf dem ebenen 
Lande wenigstens, nach dem Brennen gepfligt. 

Eine für uns moderne Kulturmenschen ganz unverständliche An- 
wendung des Feuers, die ich hier im Zusammenhang mit dem Getreide 
erwähne, ist aber das Aussengen des Getreides, das ich in allerlei Resten 
aus sehr verschiedenen Ländern noch nachweisen kann?°). Wenn unter den 
Funden aus früherer Zeit so viel „verbranntes“ Getreide erwähnt wird, 
so handelt es sich vielfach, wie ich glaube, um die Spuren dieses Ver- 
fahrens. Eine Verwendung des Feuers, die bis in unsere Zeit hinein- 
reicht und die vielleicht noch einmal von der Technik wieder auf- 
genommen wird, ist ja das Dörren des Getreides auf der Riege, dem 
Trockengerüst über einer Flamme. Dies Verfahren wird besonders in 
Ländern mit kurzen und nassen Sommern angewendet, so in den Ostsee- 
provinzen, wo Riga den Namen nach einem solchen Trockengerüst bekommen 
haben soll, in Nordrussland usw. Das Getreide büsst dabei mehr oder 
weniger seine Keimkraft ein, gewinnt aber sehr an Haltbarkeit, und 
namentlich gewinnt es auch an Geschmack. Bis vor zwanzig Jahren be- 
zahlte man in Lübeck für das russische Mehl, wenn das Getreide so be- 
handelt war, gern eine Kleinigkeit mehr. 

Wenn der Mensch mit dem Feuer beginnt, so beginnt nach mancher 
Leute Ansicht das Kochen doch erst mit dem Topf, mit dem ersten Ton- 
gefäss; bis dahin hätte man nur gebraten, meinen sie. 

Ich kann nun ja nicht behaupten, dass die Aufstellungen, die ich 
jetzt zu machen habe, überall auf alle Verhältnisse und alle Zeiten passen, 
ich meine aber, wo wir zugleich oder in der Nachbarschaft noch Reste 
von alten, jetzt sonst abgekommenen Verfahren finden, da können wir 
doch eigentlich unbedenklich eine ehemals grössere Ausdehnung eines 
solchen Gebrauchs annehmen, wie ich das bei dem Steinkochen und 
Grubenkochen, zu dem ich jetzt übergehe, vorschlagen möchte. 


Der bekannte Hausforscher Karl Rhamm hat vor gar nicht so sehr 
vielen Jahren noch bei den Winden in Krain Steinbier getrunken, d. h. 
solches, das in hölzernen Kufen gesotten war, indem man heisse Steine in 
den Sud warf. In meinem Elternhause in Lübeck wurde der Holzteer 
mit einem heissen Stein gekocht, der durch lange Jahrzehnte diese Auf- 
gabe behielt. Es ist eine Erinnerung aus prähistorischen Zeiten, wenn 
das Volk in Schweden tiefe Löcher in erratischen Blöcken als Kochlöcher 
eines vergangenen Geschlechts ansieht!!). Aber wir haben solche Ver- 
tiefungen auch in der Mark, hier in der üblichen Verbindung mit dem 
Teufel und seiner Grossmutter. 

Ich weiss nicht, ob schon irgend Jemand auf die Steine geachtet hat, 
die wir an prähistorischen Fundstellen finden und die, wenn im Löss ge- 
funden, ja unmittelbar der Tätigkeit des Menschen zuzuschreiben sind. 
Diese müssten wenigstens zu einem Teile die Einwirkung des Feuers in 
ihren Veränderungen zeigen. Auch müssten wir wohl leichter flüssires 


Wirtschaftliches zur Prähistorie. 827 


Material einmal als Schlacken vorfinden und selbst die Einwirkung des 
Feuers auf Kalk konstatieren können. 

Gelegentlich werden wir aber auch Material aus entfernter Gegend 
zwischen diesen Steinen finden, wenn das heimische den Ansprüchen 
nicht genügt. 

Wie ausserordentlich übrigens Sand gegen die Einwirkung von Feuer 
schützt, haben wir immer wieder Gelegenheit bei unseren Fahrten auf 
der Donau zu beobachten. Wir haben auf dem Schiff, das noch heute 
zum grossen Teile mit hölzernen Nägeln genagelt wird, einen hölzernen 
Herd, den nur so und so viel fingerbreit Sand gegen die Wirkung des 
Feuers abschliessen, und das offene Feuer hinterlässt meist so wenig 
Kohle, dass ich auf Grund dieser Erfahrung mit aller Schärfe der Auf- 
stellung entgegentreten möchte, die Vikinger hätten an Bord ihrer Schiffe 
nicht kochen können, weil man sonst den Lehm ihrer Herde hätte finden 
müssen. Lehm würde Spalten bekommen, die das Feuer nach unten ge- 
fährlich machen würden; der Sand schliesst auch stundenlanges Feuer ab, 
und auf das bisschen Sand wird man bei den Ausgrabungen wohl nicht 
geachtet haben!?). Es gibt also, so seltsam uns Modernen das erscheint, 
nicht nur hölzerne Rauchfänge wie auf den zahlreichen Rauchstuben der 
Alpen, sondern es gibt auch hölzerne Herde. 

Wie ich schon erwähnte, ist es ja aber gar nicht nötig, dass man das 
Kochen mit dem Tongeschirr beginnen lässt, weil man auch in Gruben 
und in noch anderen Gefässen kochen kann, so gut, wie in den eben er- 
wähnten Löchern im Stein. Aber da man schliesslich mit einem heissen 
Stein auch in jeder Vertiefung kochen kann, so will ich hier den Über- 
gang suchen zu einem Material, das ich der Beachtung der Prähistoriker 
dringendst empfehlen möchte, zur Rinde, denn natürlich kann man auch 
in einem Gefäss aus Rinde kochen!?). Dies Gefäss scheint aus technischen 
Gründen — das liegt wohl in der Natur der Rinde — bei den Aussen- 
völkern leicht eine kahnförmige Gestalt anzunehmen und das bringt uns 
sehr einfach zu einer anderen Verwendung der Rinde, an welche die Prä- 
historiker bisher kaum gedacht haben. Ich muss nun aber aus guten 
Gründen die Verwendung der Rinde zu Kahnen auch bei uns voraussetzen, 
kann aber nur wiederholen, dass wir Funde erst machen werden, wenn 
wir darnach suchen'%).. Rinde ist bei den Aussenvölkern, deren Wälder nicht 
so sorgfältig aufgeräumt sind, wie die unsrigen, ein ausserordentlich be- 
quemes und sehr viel benutztes Material. 

Aus Birkenrinde verfertigt der nordamerikanische Indianer nicht nur 
Boote, die das Vorbild zu unseren Sportbooten geworden sind, sondern 
auch alle möglichen Körbe, Schachteln u. dgl., so gut wie das der 
Schwede und der Finnländer tut. Und aus Lindenbast macht der 
russische Bauer für uns unglaubliche Dinge. Er dient ihm als Pferde- 
geschirr und Bindfaden so gut wie als Material für seine Schuhe. 

Wir müssen dergleichen auch bedenken, meine ich, wenn wir den 
prähistorischen Wirtschaftsverhältnissen einigermassen gerecht werden 
wollen. Hat man jetzt Jägerhütten aus Rinde, warum soll nicht der 
Mensch der Steinzeit in Rindenhütten gewohnt haben, wie der Australier 


SA 
yy 


828 Ed. Hahn: 


‘seinen Windschutz — er hat ja noch kein eigentliches Haus — noch 
heute aus Rindenstücken baut. Übrigens halten sich die schwedischen 
Rasendächer nur so lange, weil unter der Rasendecke eine Schicht Birken- 
rinde das Eindringen der Feuchtigkeit verhindert. 

Wie wir aber Rindenschiffe meiner Überzeugung nach finden werden, 
wenn wir erst darnach suchen — ich habe an anderer Stelle darauf hin- 
weisen können, dass die Rinde wahrscheinlich eine bedeutende Rolle für 
die Geschichte des Schiffes gespielt hat!5) — so möchte ich noch darauf hin- 
deuten, dass für die älteste Zeit und das Steinkochen nicht nur an Ge- 
fässe zu denken ist,. die über der Erde standen, sondern auch an mit 
Rinde ausgesetzte Kochgruben. Diese liessen sich natürlich in grossem 
Umfang herstellen und waren sicherer und bequemer wie Rindengefässe 
über der Erde. 

Ich kann natürlich nicht versprechen, dass wir im Löss solche Gruben 
finden werden, aber meiner Überzeugung nach müssen wir doch darnach 
suchen. 

Ein anderer Stoff, der bei den Prähistorikern lange nicht so viel 
vorkommt, wie ihm nach den wirtschaftlichen Verhältnissen doch gebührt, 
ist das Leder. Leder ist nicht etwa nur zur Fellkleidung verwendet, 
wie sich aus der Vorstellung des Jägers ergibt, und wir haben nicht etwa 
nur von keltischem Boden aus Wales und aus Irland Nachricht von 
ledernen Schiffen, sondern Strabo erwähnt sie als in früherer Zeit ın 
Spanien in Gebrauch, und während der Völkerwanderung tauchen Sachsen 
auf, die Lederschiffe haben’*). Da nun die Veneter, das gallische Volk am 
Ozean, lederne Segel hatten, so müssen wir uns einen viel ausgedehnteren 
Gebrauch des Leders auch in der Nautik vorstellen. Other erwähnt zur 
Zeit Alfreds des Grossen ausgezeichnete Schiffsseile aus Walfischhaut, und 
dass man mit roher Haut ausgezeichnet binden und verbinden kann, 
werden auch die Vorzeitmenschen gewusst haben. So hat die merk- 
würdige Erwähnung so vieler Sagen von den ledernen Brücken, über die 
z. B. der Wendenkönig in Burg mit seinem goldenen Wagen fuhr, tech- 
nisch immerhin eine gewisse Berechtigung. Noch in meiner Jugend waren 
die traditionellen Dreschflegel in Mecklenburg und Holstein mit gegerbter 
Aalhaut verbunden!”). Schliesslich wird auch das lederne Gefiiss neben dem 
Fellsack (Felleisen) eine wirtschaftliche Rolle gespielt haben, an den 
Weinschlauch brauche ich ja dabei nur zu erinnern. Aus dem Leben 
des S. Columba, eines irischen Heiligen, habe ich die interessante Notiz. 
dass er als Vorbereitung für eine Wanderung den trockenen Milchschlauch. 
der sonst brüchig werden konnte, ins Wasser legen liess. In diesem 
Milchschlauch war natürlich, um das nur zu erwähnen, keine süsse Milch. 
sondern saure, und zwar eine Form, die in unserem Gebiet jetzt ver- 
schwunden zu sein scheint; es war flüssige, wie die der Hereros, die auch 
in einem Schlauch aufbewahrt wird. Ich weiss von dieser Form noch bis 
in unser Zeitalter hinein aus Finnland und Island. 

Natürlich kann man auch in einem Fellsack mit heissen Steinen 
kochen. Bekanntlich hat uns der Vater der Geschichte Herodot, den 
man ebensogut den Vater der Ethnologie nennen kann, die Notiz aufbe- 


Wirtschaftliches zur Prihistorie. 829 


wahrt (IV, 61), dass die Skythen das Fleisch eines Rindes im eigenen Magen 
kochten und das Feuer mit dem Fett und den frischen Knochen nährten. 
Es scheint da freilich, als ob mit dem Fett und Knochen das Feuer fir 
die Steine erhalten wurde, sonst wiirde der Magen doch wohl kaum stand- 
gehalten haben!2). Den ledernen Ranzen unserer Schäfer, Schuljungen und 
in älterer Zeit wohl auch der Bettler müssen wir auch in diese Kategorie 
rechnen, und die drollige Geschichte Hebels von der Steinsuppe, in die 
der fromme Pilger nachher alles mögliche Gute hineinkochen lässt, lege 
ich mir so aus, dass ursprünglich alle diese guten Sachen in des Bettlers 
Ledersack mit den erhitzten Steinen gekocht wurden. 

Nach den Kochmethoden und nach den verschiedenen uns unbekannt 
gewordenen Stoffen und deren Verwendung, wie wir sie für die ältesten 
Verhältnisse annehmen müssen, will ich mich auch noch auf vergessene 
oder auch zurückgetretene Nahrungsmittel und Zubereitungsweisen ein- 
lassen, die wir vielleicht auch noch durch Funde bestätigt bekommen können. 
Ich habe schon erwähnt, dass die zahlreichen Mahlsteine der prähistorischen 
Zeit auf einen starken Verbrauch von Grassamen, damals natürlich 
wilder Gräser deuten. Nun hatte Ascherson das Verdienst, vor einigen 
Jahren darauf hinzuweisen, dass bis in unsere heutige Zeit in Gegenden, 
die gar nicht entfernt von Berlin waren — Oderbruch und Westpreussen —, 
noch der Samen eines Wildgrases, das stellenweise grosse Bestände bildet, 
für den Handel gesammelt wurde!?). Sein Hinweis hatte natürlich die 
Wirkung, dass der Preis für die kleinen Quantitäten, die es damals noch 
gab, ungeheuer in die Höhe schnellte. Er hatte aber, wie es scheint, 
nicht den Erfolg, den ich wohl für den Hirse für mich in Anspruch 
nehmen kann, dass ein Wiederaufleben dieses alten und interessanten 
Nahrungsmittels eintrat®). Die Verwendung von Glyceria fluitans scheint 
jetzt ausgestorben zu sein, im Handel soll die Grütze nicht mehr vor- 
kommen. 

Leider ist das grosse Material, was uns die Abfälle der Pfahlbauten 
bieten, noch lange nicht in dem Masse untersucht, wie die Wichtigkeit 
das doch eigentlich erforderte. Der geistreiche Ausspruch des Franzosen: 
Sage mir was du isst, und ich will dir sagen, was du bist, hat auf diese 
Vorfahren unserer Kultur noch keine Anwendung gefunden. Trotzdem 
sind manche Dinge so massenhaft vorhanden, wie Haselnussschalen, Holz- 
äpfel u. dgl, dass die Beobachtung nicht um sie herumgehen konnte. So 
‚sind auch Knöterichsamen in verhältnismässig grossen Mengen gefunden, 
und hier besitzen wir aus den russischen Notjahren die Ergänzung, dass 
die Samen verschiedener Knötericharten, die neben der Stärke sich durch 
Fettgehalt auszeichnen, vom russischen Bauer verwendet wurden?!). Hierony- 
mus Bock führt aus dem 16. Jahrhundert und aus der Gegend von Saar- 
brücken allerlei merkwürdige Sachen, darunter auch Haselnusskätzchen 
als Notnahrung an??). Die müsste man natürlich vor dem Aufblühen unter- 
suchen, um ihrgı Nährwert festzustellen. 

Mit gutem Gewissen kann ich für die ältere Zeit die Farnwurzeln in 
Anspruch nehmen, die Humboldt auf den Kanaren noch als gewöhnliches 
Nahrungsmittel des unteren Volkes verbreitet fand, die aber auch in 


830 Ed. Hahn: 


Dalmatien und in Frankreich als Notnahrung in Verwendung gewesen 
sind. 

Auch unser Name Engelsüss für die doch als Wurmmittel bekannte 
Farnpflanze deutet auf eine frühere höhere Stellung, denn merkwürdig 
genug trifft sich die Schweiz mit Norwegen in der Angabe, dass man 
diese Pflanze als Nahrung verwenden könne?®). Die Norweger sagen, man 
könne daraus Trank und Nahrung für einen Tag gewinnen, die Schweizer 
aber sind merkwürdigerweise der Ansicht, das Schlossfräulein, bei der die 
ungeborenen Kinder leben, ernähren sie mit „Engelsüss“. Nun haben 
wir bei den Aussenvölkern zu viel schwierige Zubereitungsweisen für 
scheinbar ungeniessbare Dinge kennen gelernt, als dass wir nicht auch 
an dergleichen bei dem Engelsüss denken sollten. So wird man bei den 
Pfahlbauten kaum danach gesehen haben, ob etwa die Seerosenwurzeln 
ım Schlamm bloss an ihrer natürlichen Stelle standen, und man wird sich 
nicht gefragt haben, ob sie vielleicht zur Nahrung verwendet worden 
waren?4), Nun haben wir aber Nachrichten aus Ägypten und Afrika über 
die Verwendung von Nymphäenwurzeln, und da das in Finnland wieder- 
kehrt, so ist vielleicht für die ältere Zeit auch .dergleichen anzunehmen. 

lch möchte aber überhaupt die Notnahrung älterer Zeit daraufhin zu- 
sammengestellt und untersucht wissen, was vielleicht für die Urzeit davon 
in Anspruch genommen werden kann. Und ich möchte noch auf eine 
andere Quelle der Erkenntnis aufmerksam machen, auf die Dinge, die die 
Kinder im Spiel gewohnt sind zu verzehren. Allbekannt ist ja die 
Malve, deren unreife Samen von den deutschen Kindern unter dem 
Namen Kiisepappel usw. gegessen werden. Die Malve hat sich als ein 
wildes oder auch gezogenes Gemüse bis in eine späte Zeit gehalten. 
Als Kinder waren wir in Lübeck gewohnt, aus den jungen Schöss- 
lingen des gewöhnlichen Rohrs den innersten Herztrieb, der etwas süsslich 
schmeckt, als Hasenbrot**) zu essen. Das kreuzt sich mit der Verwendung 
desselben Materials bei den Indianern am grossen See. Hier wurden sehr 
mühsam von den Weibern kleine sehr süsse Kuchen aus den jungen 
Schösslingen hergestellt. 

Eine andere Notnahrung des Nordens möchte ich auch als einen 
Hinweis für die ältere Zeit in Anspruch nehmen®®). Das ist das Rindenbrot 
der Schweden und Finnen. Wir dürfen dabei nicht an die Rinde in dem 
Sinne, wie wir sie vorher behandelten, denken. Es handelt sich vielmehr 
um die innere saftführende Schicht der jungen Zweige, die abgezogen, 
getrocknet und gemahlen wird. Aber wie wir schon ersalıen, wird Rinde 
auch sonst vielfach gegessen. 

Als eine Quelle der Erkenntnis für die alte Zeit sehe ich ferner die 
Verwendung mancher Pflanzen als Futter für das Vieh an. So deckt 
sich die Verwendung der Brennnesseln für junge Gänse mit der ehemaligen 
Verwendung der Pflanze für den Menschen??). Noch jetzt müssen in vielen 
Gegenden Deutschlands, aber auch in Schweden am, Gründonnerstag 
Brennnesseln gegessen werden, entweder allein oder auch mit anderen 
wildwachsenden oder gezogenen Kräutern als Neunerlei Kraut oder sog. 
Negenstärke zusammen. Ich würde mir aber auch alles auf die Möglich- 


Wirtschaftliches zur Priihistorie. 831 


keit der Verwendung in der alten Zeit ansehen, was dem Vieh bei 
besonderen Gelegenheiten gereicht wird, jungen Kälbern z. B Die 
Verwendung von Brennnesselsamen, die die Hühner im Frühjahr be- 
kommen, um schneller Eier zu legen, kann ja auf die Vorstellung zurück- 
gehen, dass sie hitzig wirken. Da aber die Nessel als Textil- und als 
<iemtisepflanze der alten Zeit doch recht vertraut war, so kann sie mit 
dem Lein und dem Hanf auch die Verwendung des Samens geteilt haben. 
Die medizinische Verwendung von Leinsamen ist ja auch uns noch be- 
kannt, und er wurde früher, wie jetzt noch in Abyssinien, auch gekocht 
als Mus gegessen, wie übrigens auch Hanfsamen und Rapssamen gelegent- 
lich noch bei uns. Vielleicht finden sich auch Nesselsamen, wenn wir 
erst suchen. 

Die Gruben habe ich schon bei der Rinde erwähnt, ich muss sie 
aber noch einmal in einem anderen Zusammenhange bei den Nahrungs- 
methoden der alten Zeit erwähnen, bei dem Säuern®). Für das Vieh wird 
auch jetzt noch sehr viel gesäuert, Gras, Rübenschnitzel, Kartoffeln, 
ja Dinge, die sonst auch für das Vieh gar nicht geniessbar sind, wie 
Sonuenblumenscheiben und Topinamburstengel. Denn das Säuern macht 
die härteren Pflanzenteile geniessbarer, die sonst die Rinder nicht fressen 
würden. Das gilt wohl meist als Neueinführung, aber wie ich glaube 
mit Unrecht. 

Wir kennen ja das Säuern nur für den Kohl, und wenn ich aus 
meiner eigensten Erfahrung als Lübecker, also Ostholsteiner, urteilen 
sollte, so müsste ich den Sauerkohl für etwas ganz Neues halten, ist er 
doch erst Anfang der 70er Jahre sehr allmählich wieder eingedrungen. 
Ich glaube aber nach unseren Erfahrungen mit den Aussenvölkern 
müssen wir dem Säuern namentlich gerade für die Anfänge eine viel 
grössere Ausdehnung und Wichtigkeit zusprechen. Das Säuern hat ja 
nicht nur den Vorteil, dass es härtere Pflanzenteile erweicht, wie wir das 
vom Kohl her kennen, sondern, — auch dafür kann uns der Kohl ein 
Beispiel geben — die gesäuerten Nahrungsmittel erhalten sich länger. 
Und so finden wir, dass wie unser Bauer seinen Kohl, der südwestdeutsche 
immer noch seine Rüben säuert, wenn auch im geringeren Umfange 
wie früher, so der Kamtschadale seine Fische und andere anderes. 
So verwahrt der Südseeinsulaner seine Brotfrucht, die sich dann, wie man 
sagt, bis zur Hochzeit des neugeborenen Kindes, also ziemlich 20 Jahre 
hält. Ein besonders frappantes Beispiel für diese Gewohnheit des 
Säuerns ist es, dass die Neger in Westafrika den Maniok, der doch erst 
nach der Entdeckung Amerikas zu ihnen gekommen ist, jetzt ebenso gut 
säuern, wie die Neuseeländer den noch viel später neu gewonnenen Mais. 
Man sieht, es handelt sich hier um altgewohnte und den Leuten ganz 
vertraute Verfahrungsweisen, die sie auch auf neue Sachen anwenden. 

Neben der grösseren Haltbarkeit der gesäuerten Nahrungsmittel 
werden wir aber auch in Betracht ziehen müssen, dass diese Gährung in 
kurzer Zeit sehr starke Veränderung auf etwaigen Bakteriengehalt 
und dergleichen ausübt. Natürlich weiss der Naturmensch draussen, so 
wenig wie der Urmensch davon wusste, worauf diese Wirkung beruht, 


® 
832 Ed. Hahn: 


aber die Erscheinung mit ihren besseren Erfolgen für die Ernährung kann 
ihm doch ganz vertraut gewesen sein. Es ist jedenfalls sehr auffällig, 
dass die Aussenvölker, wenn sie überhaupt Milch trinken, in der Regel 
saure Milch, nicht süsse geniessen. Wahrscheinlich erklärt sich dieses 
Verfahren durch hygienische Gründe, die ja bei der Milch eine grosse 
Rolle spielen können. 

Ich möchte nun aber die Aufmerksamkeit der Prähistoriker auf den 
Kohl und andere pflanzliche Substanzen lenken, weil dies Säuern in 
Gruben stattgefunden haben kann und weil wir dann diese Gruben 
unter günstigen Umständen noch mit ihrem Inhalt finden können. Solche 
Gruben können nun natürlich auch mit Rinde ausgesetzt sein, dann müssen 
eine ganze Reihe von günstigen Umständen zusammen kommen, wenn 
wir noch etwas davon finden sollen. Aber wir haben in der Steiermark 
noch vor 2 Jahren die Krautaller kennen gelernt, d. h. Gruben von 
6, ja bis 10 m Tiefe und bis 2 m Umfang im Lichten, die sehr sorgfältig 
mit Tannen-, noch lieber mit Lärchenstämmen ausgesetzt sind. Diese 
Gruben, die einen durchaus prähistorischen Eindruck machen, bewahren 
die grossen Mengen Kraut, deren ein Bauernhaus im Laufe des Jahres 
bedarf. — Der Steiermärker lebt sechs Tage in der Woche von Kraut, es 
gehört also für einen grossen Bauernhof ein ganz ansehnliches Quantum 
dazu, und in einen solchen Krautaller gehen ganze Wagenladungen hinein. 
Dass hier altertümliche Zustände festgehalten werden, das geht auch 
daraus hervor, dass nach einer persönlichen Mitteilung Roseggers, der 
in solchen Sachen doch Autorität ist, das geschnittene Kraut für die 
Steiermärker eigentlich etwas Neues ist und sonst die ganzen Köpfe in 
die Grube kommen und hier von einem Burschen, der noch ungewichste 
Lederschuhe trägt, festgestampft werden. Das erinnert daran, dass die 
ältere Generation ın Norddeutschland den Grün-, Blau- oder Braunkohl 
auch ungeschnitten als sog. langen Kohl im Gegensatz zum „kotten Kohl* 
Fritz Reuters ass. — Andererseits hat das Einstampfen früher eine grosse 
Rolle in der Wirtschaft gespielt. Ich erinnere dazu nur an den Wein, 
bei dem übrigens schon Karl der Gr. sich das, wenigstens für sich, nicht 
gefallen lassen wollte. 

Solche Gruben können sich im besonderen im Löss doch erhalten 
haben, und ich möchte daher bitten, auf die Reste solcher Anlagen und 
auf die Reste ihres Inhalts, die uns ungeahnte Aufschlüsse geben können, 
zu achten. 

Ich habe hier ein etwas eigenartiges Programm aufgestellt, aber es ist ja 
eine Wunschliste langer Jahre, die ich hier vorzulegen habe. Es sind ja 
zum Teil auch recht mühsame Untersuchungen, die ich wünsche, und oft 
wird der Prähistoriker vergeblich suchen. Aber ich meine doch, günstige 
Funde können uns das Leben und Treiben unserer Vorfahren der alten 
Zeit blitzartig aufhellen und uns so zu einer lebendigeren Auffassung von 
der alten Wirtschaft kommen lassen. 

Knochen, Steine und Scherben sind alles etwas tote Dinge und es 
gehört der Meister dazu, um sie reden zu machen. Es gehören aber 
auch dann noch feine Ohren dazu, um zu hören, was sie uns erzählen. 


Wirtschaftliches zur Prihistorie. 833 


Da Konnen wir nun nicht verlangen, dass breitere Kreise unseres Volkes 
vor den Museumsschränken diesen Dingen Verständnis und Interesse ab- 
gewinnen und die Scherben. mit dem Inhalt des damaligen Lebens 
ausfüllen. Wäre aber nicht allerlei gewonnen, wenn wir ihnen an irgend- 
einem packenden Beispiel zeigen können, dass vor tausenden von Jahren 
die Menschheit freilich etwas anders lebte als wir, dass aber doch, 
auch auf wirtschaftlichem Boden. Verbindungen vorhanden sind, die über 
viele Jahrhunderte hinweg unser Wirtschaftsleben mit dem ihren ver- 
knüpfen? Denn das was unserer Wissenschaft in der grossen Öffentlich- 
keit immer noch abgeht, ist das was Ratzel mit einem aus der Fülle 
der Erkenntnis geschöpften Wort die Tiefe der Menschheit genannt 
hat, die klare Erkenntnis, dass die Menschheit als ein ganzes auf eine 
ausserordentlich lange Geschichte zurückblicken muss, wenn sie ihr Wesen 
richtig auffassen soll. 


1) (Zu Seite 821.) Laborde, J. V., Fonction alimentaire dans le préhistorique: 
I. frugivore, II. carnivore, III. omnivore. Revue mensuelle de l’Ecole anthropolog. de 
Paris 1896, vol. 6 S. 328—330; auch Keane, Man past and present, Cambr. 1889, 8°, S. 110 
meint, zuerst habe der Mensch von Pflanzen, weiterhin von Jagd und Fischfang gelebt, 
und seine Beute vielleicht zumeist roh verzehrt. Aber warum? 

2) (Zu Seite821.) Kein Feuer soll Magellan auf den Marianen getroffen haben. 
Le Gobien, Hist. des iles Marianes. Paris 1700. 8°. S. 44; kein F. — bei Athiopen, die zu 
Zeiten des Ptolemaeus Lathyrus entdeckt. Solinus, collectanea e 30, 14; dass F.— nicht 
allen Menschen bekannt sei, behauptete Durcau; in der Diskussion wird aber bestimmt 
erklärt: F.=Mensch. Bulletin Soc. d’Anthropologie de Paris, 2. ser. 1870, vol. V, 
p. 61—86 und 90—114; Gebrauch des F. — Resultat einer sehr langen mit viel Miss- 
erfolgen erfüllten Zeit beim Menschen. H.S. Maine, Volkstümliche Regierung. Berlin 
1887. 8°. S.89; F.— die Frucht der Arbeit. H. Schurtz, Urgeschichte der Kultur, 
Lpzg. 1900. erun S. 310; bei der Bearbeitung der Werkzeuge muss die folgenreiche 
Entdeckung des I. dem Menschen von selbst unter den Händen entstanden sein. 
v. d. Steinen, Verhandlungen d. 8. dtsch. Geographentaxes. Berlin 1889. S. 21-27; 
Entstehung d. F. durch Bohren mit Holz in Holz. Nach Lazarus Geiger, Noiré, 
Werkzeug. 1880. S. 298; Ratzel, kleine Schriften II, S. 231, F. aus Holzstaub. 
Bonwick, The white wild man and the blacks of Victoria. Melbourn 1863. 8° S. 36; 
Guppy, The Solomon Islands. Lond. 1887. gr. 8°. S. 65; Das erste F. des Menschen 
zerstört den Weg zwischen Himmel und Erde. van Gennep, Mythes et legendes 
d’Australie. Paris 1905. Nr. 49, S. 67—68. 

3) (Zu Seite S?2.) Steinsplitter sind in Holzspeer eingesetzt; sehr kleine Steinklingen. 
Brough Smyth, Aborigins of Victoria. 1878. gr. 8°. I. Abb. 68, S. 304 u. 351; Schwert 
mit Steinsplittern, Northqueensland. Walther E. Roth. Record. Australian Mus. vol. VII. 
Bull. 13. 1909. S. 58, Nr. 9. Harz aus Xanthorrhoea viel benutzt. Aus Graswurzeln ausge- 
rieben. Eylmann, Die Eingeborenen der Kolonie Südaustralien. Berlin 1908. 8°. S. 320/321. 
Mit Asphaltkitt ist ein kleines siigenartiges Werkzeug aus gelblichem Flintstein in seiner 
aus Eibenholz bestehenden Handhabe befestigt. Pfahlbau bei Nussdorf b. Maurach, 
Lindenschmit, Die Altertümer unserer heidn. Vorzeit. Mainz 1900. Bd. 4 Text z. 
Tafel 7, Nr. 8. | 

4) (Zu Seite 823.) Eine Donneraxt (mit Rotang oder ılgl. gebunden) oder schwartzer 
Donnerstein an einem hültzenen Stiel von Palmenholtz. Fünftbalb Pfund schwer, wird 
erwähnt im Exoticophylacium Weickmannianum. Ulm 1659. 8". S. 37 und liegt noch 
im Museum in Ulm. 

4a) (Zu Seite 823.) Steinringe der Buschleute und der Peruaner aus Ancon im 
Berliner Museum f. Völkerkunde. 


$34 Ed. Hahn: 


5) (Zu Seite $24.) Grabstock schlägt als Symbol der Archäologie vor. Otis 
T. Mason, Womans share in primitive culture. New York 1594. 8°. S. 11; — bei der 
Schépfung der australischen Frau dieser gleich in die Hand gegeben. Brough Smyth, 
Aborigines of Victoria. Lond. 1818. 8°. IL; S. 427; — zum Wurzelgraben unentbehrlich; 
Würdezeichen der verheirateten Frau als Familienversorgerin, zum Tanz mitgenommen. 
Lumholtz, Unter Menschenfressern. Hambg. 1892. 8°. S. 203; — als Attribut der Weiber 
viel erwähnt K. Langloh Parker, Australien Legendary tales. Lond. 1896. 8°. Z.B. 
S. 40, 52; usw. — Waffe bei den Trauerscheink&mpfen der australischen Frauen. Spencer 
and Gillen, Northern tribes of Australia. Lond. 1904. 8° S. 522f.; — besonderes Eigentum 
der Frau. Spencer and Gillen, Native tribes of Central Australia. Lond. 1399. S. 220: 
— wird nie wie Schaufel, stets wie Hacke benutzt, es wird damit gekratzt. Eylmann, Die 
Einwohner der Kolonie Südaustralien. Berlin 1908. gr. 8°. S. 368; — tragen die Frauen 
der Betschuanen b. d. Pubertätsweihe, um damit die Männer zu prügeln. Gust. Fritsch, 
Drei Jahre in Südafrika. Breslau 1868. 8° 8.311; — Frau hat Konüttel in Tibesti, 
Nachtigal, Sahara und Sudan. Berlin 1879. 8°. I. S.455.— Rasselstab aus Mexiko. 
K. Th. Preuss, Archiv f. Anthropologie. 1903 N. F. Bd. I, S. 160: — als Säestock, 
Zeitschr. f. Ethnol. 38. Bd. 1906. 8°. S.%2 und Mitt. d. Wiener Anthrop. Ges. Bd. 33. 
1903. 3. Folge Bd. 3. gr. 3°. S. 200—201. — Grabstock des Arztes Zauberstab, denn 
alle Medizin wird ausgegraben, bei den Zulu feierlich von dem, der Arzt (und Zauberer) 
werden will, gekauft. Callaway, Religious system of the Amazulus. Lond. 1870. 
(Bd. III) S. 295 u. Note. — An einer Stelle in Zentralamerika fand S. als einziges Gerät 
der Bodenkultur einen langen Grabstock, und zwar nur iu den Händen der Männer: er 
weiss nicht, ob die Frau noch einen Garten pflegt. Sapper, Globus, Bd. 97. 1910. 
S. 8. Ich halte das für eine dirckte Umkehrung, es wäre aber wohl eine Untersuchung 
wert. Globus, Bd. 97 S. 202 - 208. 

6) (Zu Seite 824.) In Lengyel wurden keine Geräte zum Ackerbau gefunden [wohl 
weil Holz. H.] v. Deininger b. Wosinsky, Prähistorisches Schanzwerk von Lengyel. 
Budapest 1891. An III S. 265. Hacken aus Holz aus der Bronzezeit in St. Moritz. 
Heierli, Anzeiger f. Schweiz. Altertumsk. Zürich, Bd. IX 1907. S. 12. In China ist 
das Zeichen für Haue „lei“, ursprünglich das für ein hölzernes Gerät. Dickins, 
Journal of Anthrop. Instit. Lond. 1881. Bd.X. S. 83; — aus Knochen und Horn, als 
Axt bezeichnet. Lindenschmit, Die Altertümer unserer heilnischen Vorzeit. Bd. I, 
Heft II Taf. I; Heft V Taf. I und XII Taf. I Mainz 1864; Stone Celts —, Many so called 
may be have been used as hoes. Buckland, Journ. of Anthrop. Inst., Bd. VII. Lond. 
1878. S.16: —, Vor der Bodenkultur Spencer and Gillen, Northern tribes of Central 
Australia. Lond. 1890. 8° S. 653 - 654. —, Die mir bekannten sind offenbar Erdhacken 
gewesen. Nilsson, Ureinwohner des skandinavischen Nordens. Hambg. 1863. 8°. Bd.11 
S.09. — Bild einer schwedischen Holzhacke. Journal. Anthrop. Inst. Lond. 1881. Bd. X 
Taf. VI. Steinaxt (wohl Hacke) beim Schwenden usw. abergläubisch gebraucht. Montelius, 
Kulturgeschichte Schwedens. Lpzg. 1906. S. 69; —, Hölzerne, bei den Ba-rolong Totem; 
eine Abteilung auch eiserne v. Luschan. 

7) (Zu Seite 825.) Hacke trägt König. Breasted, Hist. of Egypt. New York 1905, 
8°. Taf. z. 36; — mit Elfenbeingriff im sagenhaften afrikanischen Königreich Monomotapa. 
Pory’ Relation of the great Princes of Africa bei Leo Africanus ed. Hakluyt. Soc. 
Lond. 1896, 8°. III 8.985: während sich bei den Bakuba am Kongo das Grabmesser 
als Häuptlingszeichen erhalten hat, haben die Bassonge die Hacke dafür eingeführt, 
Frobenius, Geographische Kulturkunde, I. Erklär. z. Taf. I Abb. 5 und 11; Hauptlingsh. 
aus Neu Britannien. Hernsheim, Südsee-Erinnerungen. Berlin o. J. 8.6; —, Aus 
Polynesien, Herveyinseln. Schurtz, Urgeschichte der Kultur. I.pzg. 1900 S. 561. 

8) (Zu Seite 825.) Bithynella in der Karhof-Höhle. Nachrichten über dtsch. Altertums- 
funde. Berlin 1594. V. Jahrg. S. 71; Equisetum deutet auf dasselbe. Deininger bei 
Wosinsky, Prähistorisches Schanzwerk v. Lengyel. Budapest 1891. 4° III S. 207. 
Zeitschr. der Ges. f. Erdkunde, 1906. S. 610. 

9) (Zu Seite 826.) Waldlichtung durch Brand kommt auf allen Stufen der Kultur vor. 
Ratzel, Erde und das Leben. Lpzg. 1901. 8° 158.696. Hahn, Brandwirtschaft in der 
Bodenkultur. Nachrichten des Klubs der Landwirte zu Berlin 1910. swedjet: Schweden hat 
den Namen davon Arndt E. M., Reise durch Schweden. Berlin 1806. 3°. IS. 180, 181. 


Wirtschaftliches zur Priihistorie. 835 


10) (Zu Seite $26.) Sangen, alte Bezeichnung für frisch geröstete Ähren: bei Luther, 
3. Mos. II 14, Ruth II 14, Josua V 11, 1. Sam. XVII 17; Tristram, natural history of 
the Bible 2te ed. Lond. 1868. 8° 8. 492; geröstete Ähren wurden noch lange Zeit 
bei jüdischen Hochzeiten als Zeichen der Fruchtbarkeit unter die Kinder verteilt. Brück, 
Pharisäische Volkssitten. Frankfurt a. M. 1840. 8°. S. 33; Arabien Burton, Pilgrimage 
to El-Medinah and Mecca. Lond. 1855. 8° II S. 19; in der kleinen Oase der libyschen 
Wüste wird das Feuer zum Herstellen der Sangen aus den Blattstielen der Dattelpalme 
besonders schnell gewonnen. Ascherson, Ztschr. f. Ethnol. VITI 1876 S. 351; Sangen 
aus grüner Gerste besonders in Karien beliebt; Aristophanes Eirene v. 595, scholien: 
mit solchen gerösteten Körnern wurde bei den Griechen das Opfertier beschiittet. H. v. 
Fritze. Hermes, vol. 32. 1897. S. 235-250: heute noch in Montenegro gegessen. 
Trojanovicz, Archiv f. Anthrop. 27. Bd. 1902. 40. S. 242; Getreidekörner verkohlt, 
wahrscheinlich durch Brand, vielleicht durch Rösten. Heer, Mitth. der antiq. Ges. 
Zürich 1846/47. Bd. XIII S. 112; nur verkoblte Getreidekörner fand Schröter bei 
Radimsky, neolithische Funde v. Butmir, Bosnien. Wien 1895. Fol. S. 38; gerösteter 
Weizen in Vorratsgruben bei Mertendorf, Sachsen-Weimar. Klopffleisch, Corre- | 
spondenzblatt der deutschen anthropologischen Gesellschaft 1881 S. 139; gebrannten 
Weizen suchen die Wallfahrer in Andechs. Sepp, Altbayr. Sagenschatz. 2. Ausgabe. 
München 1893, 8". S. 472; Getreide wurde früher vor dem Mahlen auf den Haus- 
mühlen gedörrt. Rosegger, Volksleben in der Steiermark. 1895. 8. Auflage. 
S. 18: Öfen — Kiln — zum Dörren des Getreides vor dem Mahlen in jeder Ortschaft 
einer. Campbell, J. C., Waifs and Strays of Celtic Traditions. Argyllshire Ser. Nr. 5. 
Lond. 1895. 8° S. 61; Korn ausgesengt, nicht gedroschen; auf den Hebriden 1773. 
Boswell, journ. of a tour to the Hebrides. Lond. 1785. II. Ed. S. 190; — Cooke 
Taylor, natural hist. of society. I S. 200. (Zitat von mir nicht gesehen); — Ztschr. 
f. deutsches Altert. 1853. IX S. 371; — Riga soll nach der Kornriege so heiss en 
Kohl, J. G., Deutsch-russische Ostseeprovinzen. Dresden 1844. 8° I S. 387; — um 
1690 dörrten die Litauer auf kleinen Öfen, doch wurde es schon verboten. Lepner, 
Der preussische Littauer (Danzig 1744. 8°), neu 1848. 8°. S. 51. Auf den esthnischen 
Inseln. Russwurm, Eibofolke. Reval 1855. 8°. TI S. 19. 


11) (Zu Seite 826.) Steinlöcher im Fels benutzten zum Kochen die Australier von Neu- 
südwales. Mathews, Journal of the Anthrop. Inst. Bd. XXV. 1896. S. 255 taf.; Jätte- 
gryta, Riesengrapen in Schweden sehr oft: hier kochten die Riesen ihre Speisen. 
Passarge, IL., Schweden, Wisby und Kopenhagen. Leipzig 1867. 8° S. 118. In den 
kleinen Grübchen um das Etzel- (Achsel)loch im Stein kochte des Teufels Grossmutter 
das Essen für ihn. Kuhn, Märkische Sagen. Berlin 1843. Nr. 234 8.249. Schwartz, 
Sagen der Mark Brandenburg. Berlin (1886). Nr. 108 S. 158; Suppentöpfe der Riesen 
im Himmelstein im Fichtelgebirge; —, Mörser im erratischen Block mit alter Siedelung 
bei Trenton, New Jersey. Abbott, Primitive industry of the native races of the northern 
atlantic seaboard of America. Salem 1891. un S. 151; Felslöcher als Mörser bei den 
Buschleuten. Werner, Journal of the African Soc. Lond. 1910. S. 404. Solche Mörser 
können auch ohne weitere Veränderung als Kuchlöcher gebraucht sein; dann fänden sich 
daneben Kohlenspuren und Kochsteine. 


12) (Zu Seite 327.) Ein Holzrahmen mit Erde gefüllt ist der Herd. Sarasin, Reisen 
in Celebes, P. u. F. Wiesbaden. 1905. 8°. IS.6 in ganz Indonesien. Moszkowski. 
Auf neuen Wegen durch Sumatra Berl. 1909. 8°. S. 52. 

13) (Zu Seite 327.) In Rindenmulde kochen die Leute auf den Nicobaren. de Roep- 
storff, Ztschr. f. Ethnol. Bd. XIV 1882 S. 59. Der Rindenkessel kommt direkt aufs 
Feuer (Bild). Man, Journal of the Anthrop. Institute. Lond. 1856. 8". XV S. 444: 
gutes Bild, Kochgefäss schifförmig nach Svoboda bei Schurtz, Urgeschichte der Kultur. 
Leip. 1900. — mit Rinde setzten die Neuseeländer ihre Erdgruben für die Maiskörner 
aus. Willoughby, The American Anthropologist, New York 1906. N. S. Vol VIII 
S. 152, 

14) (Zu Seite 327.) Rinde ungemein viel gebraucht; z. B. um Larven darin zu rösten; 
stets im Beutel, um Wasser darin zu holen. Grey, Journal of a voyage to Western 
Australia. Lond. 1841. 8° Bd. II S. 266 u. 289; — einfachster Behälter für alle Lebens- 


836 Ed. Hahn: 


mittels, wird meist nur einmal benutzt, weil so leicht herzustellen, schiffsähnliche Wasser- 
behilter. Eylmann, Die Eingeborenen d. Kolonie Südaustralien. Berlin 1908. S. 310 
u. 371 Taf. 24; schiffsähnliche Wassergefässe, Langloh Parker, Lond. 1897. S. 41 u. 
Register unter Wirree. — Gefässe für Korn aus bitterer Rinde, die von Mäusen und In- 
sekten gemieden werden bei den Badéma. Livingstone, Exped. to Zambesi. London 
1865. 8°. S. 57. — Rinde zu den Wigwams, Kohl, J. G., Kitsch Gami. Bremen 1559. S°. 
IS ut: bei den Omaha, Jowa und Sak nach Dorsay 13tbe Ethn. Ann. Report. for 
1891—1892. Wash. 1896. S. 271; Barca, Rindenhütten für die Schweine im Walde. 
Kretschmer, K., Hist. Geograph. v. Mitteleuropa. München 1904. 8°. S. 203: Kegel- 
hütten, zum Teil aus Tannenreisig, mit R. gedeckt, halblappisch. Arndt, E. M., Reise 
durch Schweden. Berlin 1806. 8° I 179, 180; R. das dürftigste Deckmaterial. 
Rosegger, Gestalten a. d. Volke d. österreichischen Alpenwelt. Pest 1872. 8”. So 
41 u. 136. 


15) (Zu Seite 828.) Ztschr. f. Ethnol. 1907 (Verh. S. 42); jetzt: Ztschrft. f. Diplom- 
Ingenieure Bd. II 1911. S. 620; In Haselrinde bringen die Knaben Erdbeeren 
aus dem Walde. Ruodlieb XIII v. 110 ed. Seiler S. 283; von Birken und Linden zu 
Körben, Schachteln, Kästen; Lindenbast zu Schuhen. Storch, Gemälde von Russland, 
Riga 1797 II S. 442, 443; modern aus Weisstanne, selbst Kinderschuhe als Vasen, Bad 
Ischl Sommer 1911. Büchlein aus Birkenrinde verfertigt beim Einsiedler Simpli- 
cissimus I. Buch Kap. 19; wie wir Kinder auch Büchlein von Birkenrinde machten. 
Mathesius, Sarepta oder Bergpostille, Nürnberg 1564 fol. Bl. 145b: die Birkenrinde- 
gefässe werden mit Moos gekocht, um haltbarer zu sein, bei den Saınojeden. Finsch.0. 
Katalog d. Ausst. d. Westsibirischeu Forschungsreise, Bremen 1877. S.10. Bastschuhe 
aus Linde, das Paar 2 bis 5 Kopeken. Storch, Gemälde von Russland. Leipzig 17%. 
8°, III S. 102, 103; Paresken, besser wie die Holzschuhe. Lepner, Der preussische Littauer 
(Danzig 1744) neu ed. 1848, 8°. S. 45. Die Schuhbänder aus Lindenbast, Simpli- 
cissimus I. Buch Kap. 19; —, Aus Kornelkirschenbast war der gordische Knoten 
nach Plutarch, Alexander Kap. 18 ed. Reiske IV, 14. Bastkleider, die Massareten 
auf den Inseln. Strabo, lib. XI c. 8 §7 p. 515 ed. Müller S. 440; —, fremder Völker 
kannte Seneca epistolae morales XIV, 2, Nr. 90; —, bei Josephus vita, Kap. II: — 
Büsser im Walde in Indien nach Megasthenes, bei Strabo lib. XV. e I § 60 p. 713 ed 
Müller p. 607. —, Nachtigal, Sahara und Sudan, Leipzig 1889. 8°. III, S. 1S): 
Bäume dafür gepflanzt, Merensky, Ztschr. f. Ethnol. Bd. XXV 1893 (S. 297): —, Borneo selbst 
zu Moskitonetzen. Hose, Journ. of Anthrop. Inst. Lond. 1894. Bd. 23 S. 165. —, P. und 
F. Sarasin Reisen in Celebes. Wiesb. 1905. Bd. I S. 45, 50; —, Igorroten auf Luzon 
Hans Meyer, Eine Weltreise, Leipzig 1885. S. 284; die Aino Joest, Ztschr. f. Ethnol. 
XIV 1882 (S. 184); früher auf Sachalin, jetzt Yeso Dixon Transactions of the Asiatic 
Society of Japan 1883 XI S. 41; früher die Klamathindianer. Contrib. f. the U. S. 
National Herbarium. Wash. 1897. 8° Bd. V S. 9. —, Die Beine umbanden sich mit 
Birkenrinde die norwegischen Kampen z. Z. Birger Jarls. Afzelius, Volkssagen aus 
Schweden. Deutsch von Ungewitter. Lpzg. 1842. 8° III 8. 101; —, Zum Anzug des 
Ptingstmeier von Linden und Ulmen. Andree, Braunschweiger Volkskunde. 2. Aull. 
1901. er Bi S. 348; Papierkleid (Rinde?) im Märchen von den drei Männlein im Walde. 
Grimm, Kinder- und Hausmärchen. 


16) (Zu Seite 828). Plinius, nat. hist. VII Kap. 56 § 206 kannte schon die ledernen 
Schiffe; Sir Will. Wilde, Katalog of the Roy. Irisch Acad. Dublin 1857—1861, I S. 24 
meint, er habe von dem heute noch benutzten Lederboote bei Ausgrabungen nur die 
Ruder gefunden. — Unter günstigen Umständen wird sich das Leder wohl aueh erhalten: 
Fellboote auch in Schottland. J. G. Campbell, Waifs and Strays of Celtic Traditions 
Lond. 1895. 8°. Argyllshire Ser. Nr. V S. 99; Taliesin wird im ledernen Boot ausge- 
setzt. Mabinogion, trans]. by Lady Guest. Lond, 1877. 8° S. 473; Sceaf, der 
Kulturheros, der in der Arche Noah geboren, schwimmt auch an, (wie sein Sohn Skiold, 
der den Namen wohl vom Lederschild hat). Chronic. Anglo-Saxon. ad 855. Monumenta 
hist. Britt. London 1848. I S. 349. Müllenhoff, Haupts Ztschr. f. deutsch. Altertum. 
1549. VII 410f: Uller schwimmt in seinem Schild, dies oft in der Edda als Ullers Schiff 
bezeichnet. Finn Magnusen, Mythologiae lex. Hafniae. 1828. 4°. S. A Au: 


ve "a, 


Wissenschaftliches zur Prähistorie. 837 


Leederschiffe hatten die Binnengebiete von Spanien vor seiner Zeit. Strabo, lib. 3, 3, 
T; die Veneter hatten lederne Segel, aber statt der Taue schon Ankerketten. Cäsar, 
bellum Gallicum Jib. III Kap. 13. Schiffstane, Other, King Alfreds discription of Europe 
Kap. IV 8. 10; —, der Sachsen erwähnt Sidonius Apollinaris, Carmiana. VII 369-371. 


17) (Zu Seite 828.) Dreschflegel mit Aalhaut. Andree, Braunschw. Volkunde. 2. Aufl. 
1901. 8° S. 244: aus Irland Will. Carleton, traits and stories of the Irish peasantry. 
II S. 75; Milchschlauch, uter lactarius, wird für die Reise ins Wasser gelegt. Canisius, 
Thesaurus Ecclesiasticus. 1725. 2°. S. 696. —, bei den Kaffern (Maclean) Compendium of 
Kafir laws and Customs, reprint. 1906. 8°. S. 155; Ledersack voll Apfel am Königshof 
in Irland. Thurneysen, Sagen aus dem alten Irland. Berl. 1901. 8° 8.135; Lachs- 
haut zu Kleidern, die hell leuchten. J. F. Campbell, popular tales of the West-High- 
lands. Edinbg. 1860. 8°. II S. 247. 


18) (Zu Seite 829.) Mit Steinen kochen. Die Milch kochen mit faustgrossen Kieseln 
die Basken. Bulletin de la soc. d’anthrop, 3 ser t. VI. Paris 1883. S. 682; das Bade- 
wasser wurde mit glühenden Steinen heiss gemacht, 1878 in Karlsbad, Kärnten. Martine, 
Benno, Kirne und Girbe. Berlin 1895. 4°. (Note 469 S. 32); —, Das Waschwasser in 
der Steiermark. Rosegger, Als ich jung noch war. Lpzg. 1900. 8°. S. 245, 246. 
Schwitzbäder auf h. St. sind ja allgemein bekannt: —, noch heute auf den Shetlandinseln. 
Rogers, Social life in Scotland. Edinburgh 1884. 8° I S. 253: Sudsteine, nicht Weber- 
gewichte, sollen die durchlöcherten Prismen sein. Truhelka bei Baernreitter, öster- 
reichische Rundschau 1909. Bd. 21 S. 102; Steinkochen in hölzernen Gefässen, Livland. 
(Hiärn) Monumenta livonica antiqua. Riga 1835. 4° I S. 43; es kocht sich schneller 
mit heissen Steinen. Trojanovié, Archiv f. Anthrop. 27. Bd. 1902. 4°. S. 250; Bier 
mit Steinen gekocht ebenda —, noch heute in den windischen Teilen Karntens. Herrmann, 
Emanuel, Sein und Werden in Raum und Zeit. Berlin 1889. 8° S.115; noch heute 
firurieren in der österr. Biersteuer-Statistik in Kärnten sogenannte Steinbierbrauereien. 
Notiz d Red. Wochenschrft. f. Brauerei. Bd. XV 1898. 8. 436. —, noch zu seiner 
Zeit in Litauen. Lasicius, de diis Samogitarum an Michalonis Lituani, de moribus 
Tartarorum. Basil 1615. 4°. S.411; im nassen Hafersack kann man so kochen, 
z. B. Eier. Trojanovié, Archiv f. Anthrop. 27. Rd. 1902, 4°. S. 245; im Tiermagen. 
a. a. O. S. 251, mit Bild. Im Magen oder in der Haut in Irland. 1600. Tylor, E. B., 
Primitive Culture I S. 40; —, In der Haut um 1540. Boorde, Andrew, Introduction of 
knowledge. Early English Text Soc. Nr. 10. 1870. 8°. S. 131; —, zum Reinigen von 
Sauerteig. Buxtorf, Judenschule. Basel 1603. 8° S. 403; —, Wasser so erhitzt zur 
Osterreinigung bei den modernen Juden. Friedel, Brandenburgia. VI. 1897/98. 
S. 382. Schieferplatte zum Backen der Shrove Tuesday Pfannkuchen in den Midland 
villages von England. Notes & Queries 10 Ser. III 1905. 8°% S. 225: Fleischbraten 
in Erdgruben mit darüber angezündetem Feuer in Sardinien 1868. v. Maltzan, Reise 
auf der Insel Sardinien. Leipzig 1869. 8°. S. 55: (s. dazu Grubenbraten in Europa nicht. 
Hirt, Indogermanen. Strassburg 1907. 8° S. 305); —, Schaf mit Feil so gekocht. Anize 
Araber. Chesney, narrative of the Euphrates expedition. Lond. 1868. 8°. S.31; Koch- 
und Glühsteine, älteste Zeit erwähnt. Macalister bei Hugues Vincent, Canaan. Paris 1907. 
8°. S. 406. —, Mongolen das Schaffleisch in der Haut Georgi, Beschreibung "d. russ. 
Reichs. Königsberg 1800. 8°. III Th. 6 Bd. S. 1629; in Erdlöchern kochten die Kumaso 
auf Kiuschiu etwa ums Jahr 70 n. Chr. nach der japanischen Sage. Brauns, David, 
Japanische Märchen und Sagen. Lpzg. 1885, 8°. S. 187; —, die Herero. Schwabe, 
Mit Schwert und Pflug in Deutsch-Siidwestafrika. Berlin 1899, 8° S. 181; — mit 


‚Steinen braten hiess seine Knaben der künftige König Usikulumi, bei den Zulu sonst 


nicht gebräuchlich. Callaway, nursery tales of the Zulus. Lond. 1868. 8°. S. 42: 
— Elephantenfuss nach Eingeborenenart. Livingstone, Expedition to Zambesi. Lond. 
1865. 8° S. 168; — auf heissen Stein wird die Milch gemolken und nur heiss ge- 
trunken. Brehm, Ergebnisse meiner Reise nach Habesch. Hamburg 1563. 8° 8.179: 
— mit heissen Steinen und zwischen Gras der Australneger. Bonwick, The white 
wild man and the blacks of Victoria. Melbourne 1863. 8° 2. Ed. S. 361. Meyer, 
H. E. A., Native tribes of South Australia. Adelaide 1879. 8°. 8.195: — Eylmann, E. 
Die Einwohner der Kolonie Südaustralien. Berlin 1908. S. 295: In Rindengefässen, die 


838 Ed. Hahn: 


wie kleine Kähne geformt sind. Leichhardt, Tagebuch meiner Reise durch Australien. 
Halle 1851. 8°. S. 229 a, 309. Lumholtz, Unter Menschenfressern, Hamburg 1802. 
Rn 8. 341; s. hier Notiz v. S. 839. Die Engländer lernten Vögel zu braten, indem sie 
sie mit heissen Steinen füllten.. Bischof, Charitas, Amalie Dietrich. Berlin o. J. S. 36: - 
mit h. St. fast wie im Backofen auf Murray Island, Torresstrasse. Hunt, Journal of 
Anthrop. Inst. Lond. 1899. N. F. Bd. 1 8. 13; auf den Salomonen geben die Kochsteine 
oft die Lage verlassener Orte an. Guppy, The Solomon Islands. Lond. 1887. gr. x°, 
S. 77; auf Samoa, 50 bis 60 St. formen den Ofen. Turner, Nineteen Years in Polynesia. 
Lond. 1861. 8°. S. 195: mit h. St. bereiten die Jivaros ihre Kopfmumien. v.d.Steinen 
im Kolleg 1906; — wird das Nationalgericht Callapurca bereitet. Bollaert antiquarian 
researches. Lond. 1860. 8°. S. 165; — in Gruben kochen die Ges, haben keine Keramik, 
geniessen aber nur die zartesten Früchte roh. Martius, Beiträge z. Ethnogr. Brasiliens. 
Lpzg. 1867. 8° IS. 2%; Die Cedar-Canoes werden weich gekocht, dann die Spanten 
hinein, auf Vancouver N. W. America. Sproat, Scenes and studies of savage life. 
Lend. 1868. 8% S. 87; — gekocht in Kisten, mit hölzernen Zangen. a. a. O. S. 61. 
„Er war so arm, dass er aus Hunger die Steine abschleckte, mit denen andere Leute ge- 
kocht hatten.“ Märchen aus Britisch-Columbia. Boas, Ztschr. f. Ethnol. 23. Bd. 1891 
S. (545); — auf h. glatten St. wird Clambake an der Seaside gebacken zum Vergnügen; 
von den Indianern gelernt. Atkinson, Edw., Suggestions regarding the cooking of tood. 
Wash. 1894. 8° S. 29; — hoe cake, Maismehlkuchen, in der Asche gebacken. Ma- 
son Otis T., womans share in primitive culture. N.York 1894. 8°. S. 30; Hebel, 
Rheinischer Hausfreund, Werke „Der schlaue Pilgrim“. Stuttg. 1871. II S. 78f. 

Erinnnerungen an Steinkuchen finden sich in Kalendersprüchen: Am 1. Mai schmeisst 
Petrus einen heissen Stein ins Wasser. Lübeck, mündlich; Sant Matys, werpt ecnen heeten 
Steen in't ys, Voetius, Disputat. selectae Ultraj. 1659. 4°. pars III p. 122, der 
heisse Stein ist durch Umdrehung häufig in einen kalten Stein verwandelt = Sanct Severin 
wirft den kalten Stein in den Rhein, St. Gertrud holt ihn wieder heraus. Boebel, Haus- 
und Feldweisheit des Landwirts. Berl. 1554. 8°. S. 50; Sünte Kathrin smitt den kollen 
Sten innen Rhin, Sünte Gertrud Tüht ne wier herut. Reinsberg-Düringfeld. Wetter 
im Sprichwort. Lpzg. 1864. kl. 8° S. 192: Rochholz, Drei Gaugöttinnen. Leipzig 
180. 8°. 8. 165; Petri, Landwirts Orakel. Bauernregeln. Breslau 1866. 8°. 5.91; 
Dahn, Wallhall.e Kreuznach 1884. 8°. S. 144. 


19) (Zu Seite 829.) Glyceria fluitans = Schwaden = Manna. Ascherson. Branden- 
burgia. Bd. IV 1895 S. 45. — Auch Himmelstau, Nordostdeutschland, Schweden, Li- 
tanen, Ungarn; Ascherson-Gräbner, Synopsis der mitteleuropäischen Flora 1902. on IT, 
S.447; — früher im Blocklande bei Bremen in besondere Siebe gesammelt. — Kohl, J.G.,nord- 
westdeutsche Skizzen. Bremen 1864. 8°. I S. 171. Laaland und Falster gesammelt für 
den Handel. Wredow, Ökon. Flora Mecklenburgs. Lüneburg 1811. 8%. S. 162: in 
Böhmen, Schlesien, in der Mark und anderen Orten mehr gebaut (?): vier Rezepte dazu. 
Amaranthes Frauenzimmer Lexikon. Lpzg. 1710. 4% S. 1789; wird gesammelt durch 
die Bauern im Tau. Marperger, Küchen u. Keller Dictionarium. Hamb. 1716. 4°. 
S. 1055, 1056; Mus davon. Colerus, Calendarium perpetuum. 3. buch cap. 60. Witten- 
berg 1600, An S. 143; — sehr mühsam zu sammeln; an der Elbe in der Gegend von 
Lüneburg. Taube, Naturgeschichte des Herzogtums Zelle 1766—69. (ID S. 125: bei 
Lublinitz sammeln ihn die Einwohner um ihn teils selbst zu brauchen, teils unter dem 
Namen „Schwaden“ zu verkaufen. Weigel, Beschreibung des Herzogtums Schlesien. 
Berlin 1806. 8°. VIII 47; — auf den Wiesen bei Meissen und Frankfurt a. Oder. 
Colerus, Calendarium perpetuum. Wittenberg 1600. 4° 5. Buch cap. 51; in West- 
preussen in Mörsern gestampft. v.Schulenburg, Mitth. d. Antlırop. Ges. Wien Bd. 17, 1557, 
(5.54) jetzt weniger, weil Wiesen besser werden. Pieper, Volksbotanik. Gumbinnen 1597. $°, 
S. 554; im Moskowischen Gebiet. Storch, Gemälde d. russ. Reichs. Riga 1797. 3", 
II S. 315. 

20) Note S. 829. Ztschr. f. Ethnol. 26. Jahrg. 1894. (S. 603.) 

21) (Zu Seite 829.) Polygonum aviculare in Weizensamen von Butmir: ist jetzt kein 
Unkraut des Ackers. Schröter bei Radimsky, Neolithische Funde von Butmir. Wien 
1895 fol. S. 45: — bistorta. Wurzel auf Island gegessen; eine Art Brot. Sir Gye. 


Wirtschaftliches zur Prihistorie. 839 


Mackencie, Travels in Iceland. Edinburgh 1812. 4° S. 413: — samen benutzt. — 
Ztschr. f. Ethnol. Bd. XVI 1894. S. 263; — Douglasii, Samen benutzen die Klamath 
Indianer, Idaho. Coville, Contr. f. the U. S. Nation. Herbarium. Wash. 1897. 8°. 
Bd. V S. 95, 96; P. Convolvulus, neben Hirse noch mit Rind, Schaf, Huhn usw. zu- 
sammen gefunden. Bischofshofen b. Königswalde. Braun, Ztschr. f. Ethnol. II 18:0. 
S. 472, 473 u. III 1871 (S. 104, 105) — als Mehlkorn benutzt in Kreuzburg (Lausitzer 
Urnentyp). — Schaafhausen, Correspbl. d. dtsch. anthr. Ges. Bd. XV 1884. S. 103; 
— gibt wenig weisses Mehl, und aus den Samen von P. aviculare kann man wohl- 
schmeckende Grütze machen. Homann, Flora von Pommern. Cöslin 1829. I S. 270 u. 
272; Chenopodium in Robenhausen. Forrer u. Messikommer. Prähist. Varia. Zürich 
1889. 8°. «S. 9; Ztschr. f. Ethnol. Bd. 25, 1893 (S. 228); — album zu Brot bei den Ko- 
nisten an der Wolga. Wredow, Ökonom. Flora Mecklenburgs. Lüneburg 1811. 8°. 
I S. 461! Galium palustre in Robenhausen massenhaft gesammelt. Messikommer, 
Ztschr. f. Ethno]. XV 1883 (S. 235). Forrer u. Messikommer, Prähist. Varia. Zürich 
1889. 8°. S.9; — aparine, der Samen zu Tungelkaffee in Ostfriesland. Lichtenberg, 
Aphorismen. J. 989. Berl. 1908. 8°. IV S. 167; — mollugo zu Tüngelkaffee Leunis 
Synopsis der Pflanzenkunde Hannover 187. 7. § 499, 1. II, S. 778. 

22) (Zu Seite 829.) Notbrot, Haselzapfen Hieronymus Bock, Teutsche Speiszkammer 
1550. Strassbg. 1630. Fol. S. 35; — ebenso Gregor v. Tours, Hist. Francorum lib. VII 
eap. 45. — Populus deltoides von den Pima Indianern das Kätzchen in der Knospe roh 
gegessen. Russell, 26. Ann. Rep. of Ethnol. f. 1904/05. Wash. 1908. S. 69; — Sanerampfer 
mit den Körnern trocken ins Mehl gemischt in Schweden als Notbrot. ŒE. v. Bibra, 
Getreide und Brot. Nürnberg 1860. 8°. 8. 436—437; Farnwurzel ins Brot auf den 
Kanaren. Humboldt, Reisen in die Aquinoctialgegenden. Dtsch. v. Hauff. Stuttg. 
1859. 8°. 1103; — Radices felicis arefactas redactasque in pulverem. Gregor Turonens. 
Hist. Francorum lib. VII cap. 45; — ins Brot in Frankreich um 1700. Babeau, Vie rurale 
dans l’ancienne France. Paris 1885. 8°. S. 89; — Diöcese v. Angers 1683. Alfr. 
Rambaud, Hist. d. l. Civilisation francaise. Paris 1887. 8% II S. 566. 

23) (Zu Seite 830.) Engelsüss. — Tagelang kann man auf der Wanderung davon leben, 
ohne andere Nahrung. Rochholz, Schweizersagen a. d. Aargau. Aarau 1856. 8° I 
S. 228: — Nahrung der ungeborenen Kinder bei der weissen Frau, a. a. O. I S. 228; 
— Rhizom von Kindern gern gegessen. F. C. Schübeler, Pflanzenwelt Norwegens. 
Christ. 1862. 4". S. 104; — kann man essen und trinken; stammt aus der Milch 
unserer lieben Frau. Magnusen, Mythol. Lexikon. Havniac 1828. 4° S. 89; diente 
dem Jesuskind auf der Flucht zur Nahrung. Kassuben. Das Land. 18. Jgg. 1909/10. S. 495, 
Equisetum, die kleinen Knöllchen, denen wohl die Pflanze den Namen Heernuss, Regen- 
walde, Pommern, verdankt, werden gelegentlich gegessen, wohlschmeckend. Name bei 
Vincent, Bewässerung u. Entwässerung der Acker u. Wiesen. Berlin 1899. 8°. S. 106. 

24) (Zu Seite 330.) Nymphaea, Nuphar, Knollen zur Mastung der Schweine; gelegent- 
lich auch von Menschen gegessen. Leunis. Synopsis 1877 § 452, 1u.2, S. 694 bis 
695; — Nuphar luteum Sm. in Russland, besonders Finland gegessen. Sprengel, Er- 
läuterungen zu Theophrast, IX 13, 1, 11 373. Th. nennt sie süss: — Rhizom und 
Samenkapsel scheint Hauptnahrung der Australier. Nordaustralien, Leichhardt. 
Tagebuch Halle 1851. 8°. S. 203, 200, 211, 243; Süd Queensland. Lumholtz, Unter 
Menschenfresscrn. Hambg. 1892. 8°. 8. 383; Nymphienknollen durch Abbrühen und 
Auslaugen entbittait. Schweinfurth, Im Herzen v. Afrika, 1874. I S. 168. 

25) (Zu Seite 830.) Phragmites vulgaris mahlen die Shoshone zu einer Art süssen Mehles 
nach Coville bei Otis T. Mason, Origins of invention. Lond. 1895. 8°. S. 189; junge 
weiche Kamischschösslirge werden am Lep Nor als Gemüse gegessen. Hedin, Durch Asiens 
Wüsten. Lpzg. 1899. 8°. US 162; auch von Carex sollen die Schösslinge „very palatable, 
sugary juice~ sein. Klamath-Indianer. Coville, Contribution fr. the U. St. National 
Herbarium. Wash. 1897. 8° S. 92; Papyrus in Ägypten gebaut, Wurzelstock roh, ge- 
kocht oder gebraten ausgekaut. Theophrast, Historia plartarum, IV 8, 2; Papyrus- 
schaft als billiges Gericht für die Knaten. Diodor, Bibliotheca hist. I c.80 $ 5; 
Wurzelstock des Papyrus ist so lang er jung süss, wird in Abessynien ausgekaut. Bruce, 
Travels to discover the source of the Nile. Lond. Du. 4° vol. V. S.T; Typha 


$40 | Iden-Zeller: 


angustifolia. Westaustralien, Wurzelstock gebacken und zerstampft zu Kuchen. Oldfield, 
Transactions of Ethnol. Soc. Lond. 1865. N.S. III 1865. S. 277; — geröstet als Brei 
genossen, schmecken wie unreife Gurken. E. Eylmann, Die Eingeborenen d. Kolonie 
Südaustralien. Berlin 1908. 8. 280 u. 292—293; — latifolia, der Wurzelstock im Herbst, 
wenn voller Nährstoff, von den Klamath-Indianern, Idaho, gegessen. Coville, Contrib. 
fr. the U. S. National Herbarium. Wash. 1897. 8°. Bd. V S. 90. 

26) (Zu Seite 830.) Rinde oder vielmehr Bast gegessen; — und moderndes Holz mit 
Honig. Schmidt, Emil, Globus, 65. Bd. 1894. 4° 8.32; — von der Hemlock- 
tanne, als Leckerei, die Indianer am Gebirge. Mackenzie, AL voyages to the frozen 
and the pacific oceans. Lond. 1801. 4°. ,S. 165 u. 306: Klamath Indianer, Coville 
Contrib. fr. the U. S. Nation. Herbarium. Wash. 1897. 8° V, S. 89; — junges Holz 
von d. Dattelpalmen in Borku Nahrung. Nachtigal, Sahara u. Sudan. Berlin 1851, 
II S. 147. —, von Bork u. Beern, im Märchen. Wisser, Wat Grotmoder; vertellt. Ost- 
holsteinische Volksmärchen. Jena 1%5. 8°. S. 53; — brot in Schweden genaue Be- 
schreibung. Arndt, E. M., Reise durch Schweden. Berlin 1808. 8°. IV S. 276; — der 
Lappländer bei demselben: Bd. III S. 271—272; — in Schweden, Wolf Graf Baudissin, 
Gedenkbuch f. s. Freunde 1880, S. 207 u. 228. 

Brennnessel. 27) (Zu Scite 830.) Brandenburgia. Berl. 1911. Jhrg. 20. S. 165. 

28) (Zu Seite 331.) Einsäuern: die Bayern schnitten Rüben „pour saler“. Montaigne, 
Journal du voyage. Rome, Paris 1775. I S. 109; — Möhren, Heintl, Landwirtschaft 
des österr. Kaisertums. Wien 1812. 8°. III S. 502: Grosse geröstete Klösse aus ges. 
Durrhateig bei den Basuto. Endemann, Zeitschr. f. Ethnol. Bd. VL 1874. S. 22; 
— ähnlich im Sudan. Nachtigal, Sahara u. Sudan. Berl. 1879. 8° IS. 654; — aus 
Maniok, die Tschikuanga. Frobenius, Im Schatten des Kongostaates. Berl. 1907. 5‘ 
S. 112; — anf den Marquesas, die Brotfrucht v. d. Geburt bis zur Hochzeit. Baessier. 
Südseebilder. Berl. 1895. 8°. S. 208; — Sago zu grossen Brotlaiben, die innen säuer- 
lich sind. Graf Pfeil, Studien a. d. Südsee. Brschwg. 1899. 8°. 8. 104; Mais in Neu 
Seeland, riecht schlecht, schmeckt gut. A. S. Thomson Story of New Zealand. Lond. 
1859. I S. 158. | 


(15) Hr. Oskar Iden-Zeller hält den angekündigten Vortrag: 


Ethnographische Beobachtungen bei den Tschuktschen. 


Um zur Halbinsel Tschukotsk zu gelangen, stehen uns drei Wege offen. 
Der bequemste ist ohne Frage derjenige von Nome mit Kreuzung der 
‚Beringstrasse hinüber nach dem Ostkap. Allerdings sind wir dann ge- 
-gwungen, die Fahrt durch die Beringstrasse innerhalb der Monate Juni- 
September, in besonders günstigen Jahren wohl auch noch im Oktober zu 
bewerkstelligen. Etwa 120 englische Meilen von Nome aus gerechnet, die 
in einem Gasolinschoner, der monatlich einmal die Strasse kreuzt und von 
der „North Eastern Siberian Co.“ gechartert ist, zurückgelegt werden können. 
Es existiert von Amerika aus weiter keine regelmässige Verbindung, und die 
wenigen sommerlichen Fahrten zwischen Nome und dem Ostkap bilden 
eigentlich die einzige Vermittlung zwischen dem Nordostzipfel der alten und 
dem Nordwestzipfel der neuen Welt. Wohl kreuzen auch Walfischfanger 
die Beringstrasse, doch erscheinen sie nur in unregelmässigen Zwischen- 
räumen, halten auch eine bestimmte Fahrtroute nicht ein. 

Der zweite Weg führt uns zu Schiff von Wladiwostok bis zur Mündung 
des Anadyr, von wo wir in Booten bis Anadyrsk vordringen können und 
in Markowo Gelegenheit finden, uns bei den alljährlich stattfindenden 
Jahrmärkten den Tschuktschen anzuschliessen. 


Ethnographische Beobachtungen bei den Tschuktschen. 84] 


Die dritte Reiseroute bildet der gewaltige Landweg, der von Jakutsk 
über das Werchojanische Gebirge unter Überwindung des 5000 Fuss hohen 
Tukulan Passes nach Werchojansk und von dort weiter bis an die Ufer 
der Kolyma nach Sredny und Nishny Kolymsk führt. Bei günstigster Witte- 
rung und unter Benutzung von gutem Zugmaterial — Pferde, Rentiere und 
Hunde, die auf den einzelnen, von Jakuten geleiteten Stationen gewechselt 
werden — immerhin ein Weg, der uns, oft unter schwierigsten Verhältnissen, 
bei Temperaturen von — 30° bis — 58° R. fast anderthalb Monate in der 
Wildnis hält, ununterbrochene Fahrt vorausgesetzt. 

Ich wählte den Landweg. Schon aus dem Grunde, weil ich auf diese Weise 
nicht unmittelbar auf die Tschuktschen-Halbinsel, das klimatisch ungünstigste 
Terrain der Erde, versetzt wurde und weil ich auch sonst Zeit und Gelegen- 
heit fand, mich ganz allmählich auf die äusserst schwierige Durchquerung 
der Halbinsel vorzubereiten, die an die Energie eines Menschen, höchste An- 
forderungen stellt. Nur wer langsam aber stetig die Lebensgewohnheiten 
eines Kulturmenschen bei seinem Vordringen zur fast völligen Unkultur 
abstreift, wird fähig sein, auf der Halbinsel Tschukotsk zu existieren. 

Diese selbst, von der Kolyma und dem Eismeer, der Beringsee und dem 
Anadyr begrenzt, zählt wohl zu den russischen Besitzungen auf asiatischem 
(rebiet, hat aber keinerlei obrigkeitliche Verwaltung und, hätte der Schnaps, 
den die Walfischfänger aus guten Gründen an die Eingeborenen verhandelten, 
diese nicht wirtschaftlich arg in Bedrängnis gebracht, und ihre Reiben nicht 
arg gelichtet, wir würden heute noch dasselbe Bild vorfinden, wie anno 1648, 
als Deshnef die Beringstrasse kreuzte, oder wie der Kosak Popof die Halb- 
insel vorfand, als er 1711 nach dem Ostkap geschickt worden war, u 
von den Eingeborenen Tribut zu erheben. 

Nur gelegentlich der Jahrmärkte, die im Frühjahr in den Grenzgebieten 
abgehalten werden, und zwar in Markowo am Anadyr und in Panteléicha 
bei Nishny Kolymsk nimmt die russische Regierung bzw. deren Stell- 
vertreter, Isprawnik und Sasedatel, ‚noch einigermassen Fühlung mit den 
Tschuktschen, und zwar lediglich in der Form, dass man den zum Jahr- 
markt erschienenen Nomaden den Jassak, das Marktgeld oder die Kopfsteuer 
abnimmt. Das Gebiet der Gouverneure von Jakutsk und Petropawlowsk zu 
deren Dienstbezirk die Tschuktschen-Halbinsel gehört, ist viel zu gross, als 
dass sie sich persönlich um diesen Nordostzipfel Asiens kümmern könnten, 
und die ihnen unterstellten Beamten am Anadyr und an der Kolyma halten 
es einfach nicht der Mühe wert, einmal selbst nach dem Rechten zu sehen. 
So sind die Tschuktschen bis heute von aller Kultur verschont geblieben, 
zu ihrem Glück, denn der Fusel der Walfischfänger auf der einen Seite 
und die russische Kultur mit ihrer Gefolgschaft, der Syphilis, die ja an 
den Ufern der Kolyma in entsetzenerregender Weise herrscht, auf der 
anderen Seite, hätten sie unweigerlich in ihrer Gesamtheit dem Unter- 
gange geweiht.. Die Tschuktschen, die an sich wohl das arnıseligste 
Leben führen, sind darum auch heute noch freie Menschen, die das Ge- 
fühl der Untergebenheit und Furcht, wie wir es beispielsweise bei den 
Samojeden finden, nicht kennen. Und wenn man unter ihnen war, mit 
ihnen lebte, gewann man sie lieb, aus dem einfachen Grunde, weil sie 

Zeitschrift für Ethnologie. Jahrg. 1911. Heft 5. 54 


842 Iden-Zeller: 


selbst in ihrer jammervollen Lage noch aufrechte, treue und ehrliche 
Naturen geblieben sind. Ihr Misstrauen und ihre zeitweilige Feindselig- 
keit gegen Fremde, sollte uns nicht verleiten, falsche Schlüsse zu ziehen. 
Zur nordischen Gruppe der mongolenäbnlichen Völker gehörend — Hyper- 
boreer — zeigen ihre Augen kaum noch Schlitzform, auch die Backen- 
knochen treten nur schwach hervor, die Gesichtsfarbe geht oft in Bronze- 
ton über, und nur das schlichte, blauschwarze Haar, das sie oft in ab- 
sonderlichen Frisuren tragen, sowie der geringe Bartwuchs erinnert stark 
an Mongoleneinschlag. Es sind 
kräftige Mittelgestalten, aus- 
dauernd und zäh, mit allerdings 
nur dünnen Waden, die sie trotz- 
dem befähigen, weite Strecken 
zu Fuss zurückzulegen. Sie 
zählen in ihrer Gesamtheit wohl 
kaum mehr als 12 000 Seelen. 
Während die Frauen Doppel- 
zöpfe tragen, die sie mit bunten 
Perlen und Blechmarken, hier 
und da wohl auch Silbermünzen 
schmücken, ziehen die Männer 
ganz kurz geschnittene Haare 
vor. Oft wird der Schädel voll- 
kommen kahl geschoren und nur 
eine 3—4cm breite über die 
Stirne herabhängende Franse 
bleibt stehen. Andere wieder 
ziehen es vor, nur auf dem 
Scheitel ein Biischel Haare 
wachsen zu lassen, die übrige 
Schädelpartie aber von jeglichem 
Haarballast zu befreien. Der 


Typ eines Tschautschus mit umhängendem 


Tabaksheutel: e ohnedies spärliche Bartwuchs 
„Durch Entgegenkommen des American Mu- wird zumeist sorgfältig mit primi- 
seum of National History. New York“. tiven Jakutenmessern beseitigt. 


Die Frauen tätowieren sich da 
und dort. Zwei leicht gewellte Linien von der Stirnhaut bis zur Nasen- 
spitze. Auf jeder Wange drei Ovallinien von der Schläfe bis zum Unter- 
kiefer und neun Ovallinien von der Unterlippe bis zum Kinn. In manchen 
Familiengemeinschaften finden wir allerdings auch Frauen, die sich mit 
dieser einfachen Form der Tätowierung nicht begnügen und kompliziertere 
Muster vorziehen. Doch ist überall die Ovalform massgebend. Sie er- 
tragen die Prozedur der Tätowierung mit stoischer Ruhe. Als Färbestoff 
wird Russ in die Stiche eingerieben. 

Ehe ich hier weiter über das Leben der Tschuktschen berichte, 
möchte ich vorerst noch einfügen, dass wir unter Tschuktschen eigentlich 
nur die Bewohner der Nordküste der Tschuktschen-Halbinsel zu verstehen 


Ethnographische Beobachtungen bei den Tschuktschen. 843 


haben, während sich der eigentliche, nomadisierende Bewohner der Halb- 
insel Tschautschu nennt. Nach ihren eigenen Aussagen war die Eismeer- 
küste zwischen der Tschaun- und Koljutschinbucht unbewohnt, sie er- 
wähnten mir nie den Namen der Onkilon, und erst als ein Milzbrand 
‘grosse Lücken in die Rentierbestände riss, wurden einzelne Gruppen der 
Tschautschus, weil sie ohne Rentiere in den Bergen und auf der Tundra 
als Nomaden nicht mehr existieren konnten, gezwungen, sich unter Auf- 
gabe all ihrer bisherigen Lebensgepflogenheiten an der Eismeerküste an- 
zusiedeln. Dort beschäftigten sie sich lediglich mit Robbenfang, ein wenig 
wohl auch mit Fischfang, und so änderte sich allmählich das Bild. Der 
zugewanderte Tschuktsche wurde an der Eismeerküste infolge reichlichen 
Fanges wohlhabend, während der Tschautschu, der ehedem über grosse 
Rentierherden auf der Tundra verfügte, allmählich infolge stetiger Seuchen 
unter den Rentieren verarmte. Wohl gibt es auch heute noch im Innern 
der Halbinsel Tschautschus, die über grosse Herden verfügen, aber auch 
bei diesen mag die Stückzahl 1000 nicht überschritten werden. Wo 
Reisende Herden von einigen tausend Stück gesehen haben wollen, war 
das wohl der gesamte Bestand verschiedener Familien, Es gibt Tschau- 
tschus, die nur vier bis sechs Rentiere ihr eigen nennen können, wo 
also von einem Nomadenleben nicht die Rede sein kann. Die Besitzer 
dieser paar armseligen Tiere schliessen sich dann gewöhnlich grösseren 
Gemeinschaften an. 

Die Tschautschus sind vollkommen auf die Rentierzucht angewiesen. 
Mit ihrer Hilfe fristen sie ihr Leben. Gibt ihnen das Rentier doch 
Nahrung, Kleidung und auch Handelsobjekte. Geld wird von ihnen im 
Handel nur höchst ungern und sehr selten angenommen. Höchstens in 
der Nähe vom Ostkap findeu wir Tschuktschen, die ihre Einkäufe mit 
amerikanischen Silberdollars begleichen, und auch auf den Jahrmärkten in 
Panteléicha und Markowo kommt da und dort wohl einmal ein russischer 
Silberrubel zum Vorschein. Sonst ist ihr Handel lediglich ein Tausch- 
verkehr, und die Stelle des Geldes nehmen russischer Blättertabak, der 
sogenannte Tscherkasskytabak, gepresst in 1 Pfd. Paketen, russischer 
Ziegeltee, Zucker, : Eisenwaren, Werkzeuge und Waffen ein. Sie leben 
oline jegliche Selbstverwaltung, haben weder Fürsten noch'Häaptlinge, und 
nur der Wohlhabende hat dnte ihnen einigen Einfluss. Aber in ihren 
Familiengemeinschaften halten sie sich streng an die ihnen überlieferten 
Traditionen, und ihre Hausgesetze sind: ihnen heilig. Während sie geneigt 
sind, Fremde zu bestehlen, ist der Diebstahl unter Stammesgenossen selbst 
fast ausgeschlossen. Ich fand eines Tages i in den Bergen ein Paar Schnee- 
schuhe, packte sie auf einen meiner Schlitten. und fuhr weiter. Als wir 
am Abend Lager bezogen, sprach ich von dem‘ Funde und gab sie an die 
Tschautschus ab. Noch am selben Abend’ machte sich einer von ihnen 
auf den Weg und brachte die Schneeschuhe wieder an dieselbe Stelle, wo 
ich sie, meiner Beschreibung nach, gefunden hatte. Der Betreffende war, 
um diese Aufgabe zu erfüllen, bei starkem Schneesturm zusammen sechs 
Stunden im Rentierschlitten über die Berge gejagt. Hat sich, um ein 
anderes Beispiel anzuführen, ein Tschuktsche an der Eismeerküste Treib- 

o4* 


844 Iden-Zeller: 


holz zusammengetragen und es irgendwo aufgeschichtet, so wird es keinem 
Stammesgenossen einfallen, auch nur ein einziges Stück Holz für sich zu 
verwenden. Selbst die äusserste Notwendigkeit würde ihn nicht zu 
diesem Diebstahl verleiten können. Nur ein einziger Fall ist mir be- 


kannt, bei dem ein Diebstahl wirklich zur Ausführung kam und, da ich - 


selbst gewissermassen in diesen Fall verwickelt bin, glaube ich annehmen 
zu dürfen, dass sich die betreffenden Tschuktschen durch die Anwesenheit 
meiner Person berechtigt glaubten, etwas an sich zu nehmen, was eigentlich 
nicht ihnen gehörte. Der Tatort liegt in der Nähe des Koetflusses. Wir 


Heidnische Krankenheilung bei den Tschuktschen durch Suggestion. 
„Durch Entgegenkommen des American Museum of Natural History. New York“. 


hatten an der Küste ein bereits zerlegtes Walross gefunden, hatten Hunger 
und schnitten ohne viel Überlegung, unter Beobachtung des Grundsatzes: 
„Wer zween Hemden hat, gebe dem, der keines hat“ einige nicht zu be- 
scheiden bemessene saftige Stücke Fleisch ab. In der nächsten Nieder- 
lassung stellte sich uns dann der Besitzer des Walrosses vor. Die Übel- 
täter hätten ja schweigen können, aber sie verwickelten sich gleich von 
vornherein in derartige Widersprüche, dass ich sofort ersah, wie unbequem 
ihnen das Lügen war und dass ihnen das Vergehen schwer auf der Seele 
lag. Alle diese Eigenschaften hinderten sie freilich nicht, mich, den 
Fremden, den myrki, ganz gehörig zu bemausen, wo immer sie nur 
Gelegenheit dazu hatten. | 

Die Kleidung der Tschautschus ist einfach genug. Eine ziemlich 


Ethnogrnphische Beobachtungen bei den Tschuktschen. 845 


enge, bis zu den Knöcheln reichende Hose aus Rentierfell, Strümpfe aus 
dem Fell junger Rentiere oder vom Balg der Polarhasen und kurze 
Stiefel, ebenfalls aus Rentierfell mit einer Sohle aus Walrossleder. Den 
Oberkörper bedeckt ein während der kalten Jahreszeit doppeltes Rentier- 
fellhemd, die sogenannte Kuklanka, und zwar ist die Winterkuklanka 
derart, dass sie sowohl Pelz auf der Innen- als auch auf der Aussenseite 
aufweist. Die Kuklanka ist kragenlos, so dass der Hals frei bleibt. Sie 
fällt hemdartig bis zu den Knien. Unterwäsche habe ich im Gegensatz 
zu Nordenskiöld nirgends bemerkt, dagegen liebt man es, über die 
Kuklanka ein zweites Hemd zu ziehen, das aus buntfarbigen Stoffen her- 


Begräbnisplatz der Tschautschus in den Tschaunbergen auf einem Bergplateau. 
„Durch Entgegenkommen des American Museum of Natural History. New York“. 


gestellt ist. Rot ist dabei ihre Lieblingsfarbe. Das Frauenkleid besteht 
aus einem Stück, ist ebenfalls in den meisten Fällen aus Rentierfell und 
ähnelt in Form und Schnitt der Hemdhose unserer Damen, nur dass es 
vollkommen geschlossen ist und nur gerade über die Kniee reicht, bis zu 
welcher Höhe die Fellstiefel gehen. Kleidungsstück und Fellstiefel 
werden dann mittels Riemen gut verschnürt. Selten nur tragen die 
Frauen eine Kopfbedeckung oder Handschuhe. Für die Männer dagegen 
sind diese Stücke der Bekleidung unerlässlich, wennschon auch sie die 
Fellmütze zumeist am l,edergürtel tragen. Zur weiteren Ausrüstung eines 
Tschuktschen bzw. Tschautschus gehört unbedingt ein kurzes Mongolen- 
pfeifchen aus Messing oder Holz mit teilweise eingelegter Silber-, Kupfer- 
oder Blei-Filigranarbeit, ein kleines Lederbeutelchen mit geschnittenem 


846 Iden-Zeller: 


Tscherkasskytabak, das an einem Lederriemen um den Hals getragen 
wird, im Gürtel seitlich ein kleines, einfaches Jakutenmesser mit Holz- 
griff, und weiter, ebenfalls am Gürtel befestigt, aber in der Gegend des 
Rückgrats, der Urinbecher, gewöhnlich aus Seehund- oder Walrossfell her- 
gestellt. Als ich gelegentlich des Jahrmarktes in Panteléicha zum ersten 
Male mit den Tschuktschen in Verbindung trat, handelte ich von einem 
der Nomaden gegen ein Schwarzbrot solch einen Becher ein. Ich nahm 
an, dass er bisher als Trinkbecher gedient hatte und ich hatte ihn vorerst 
für den gleichen Zweck bestimmt, wurde jedoch bald eines Besseren be- 
lehrt. Später, als ich als Knecht den Tschuktschen eingereiht war, trug 
ich selbst dann dieses Gefäss ständig am Gürtel und es leistete mir oft 
recht gute Dienste. Wurde nämlich ein Rentier vor dem Schlitten 
schlapp, hatte man nichts weiter zu tun, als selbst zu urinieren, 
und zwar in besagten Becher, der dann, voll seines köstlichen Inhalts, 
dem erschöpften Tiere, gierig ausgeschlürft, als willkommenes Stärkungs- 
mittel diente. Die Tiere konnten noch so ermüdet sein, nachdem sie 
einen Becher Urin gesoffen, waren sie vollkommen erfrischt. Auch die 
Frauen, ebenso die jungen Mädchen bedienen sich dieses Bechers, sobald 
sie mit Rentieren unterwegs sind. Nicht selten kommt es vor, dass man 
nicht in der Lage ist, zu urinieren; man bittet dann irgend jemand aus 
der Gefolgschaft um diese Gefälligkeit, die dann auch anstandslos vor 
aller Augen erwiesen wird. Für die Frauen ist das an sich eine recht 
umständliche Sache, denn sie müssen zu diesem Zweck ihr Kleidungsstück 
bis über die Knie abstreifen. Überhaupt spielt der Urin im Leben dieser 
Nomaden eine bedeutsame Rolle. Alle Felle werden beispielsweise, ehe 
sie gegerbt werden, in Urin geweicht, und auch das Einfangen der Ren- 
tiere geschieht mit Hilfe des Urins, und zwar in folgender Weise. Beim 
Aufbruch des Lagers werden sämtliche Lastschlitten bereits beladen in 
Hufeisenform zusammengestellt, schräg, ein Schlitten leicht an den anderen 
angelehnt, das Geschirr ist an jedem Schlitten bereits befestigt. Einige 
Meter vor dem Schlittenhufeisen wird mut Urin getränkter Schnee in 
einzelnen Brocken verstreut. Die von der Weide langsam herangetriebenen 
Rentiere, der Leitbock voran, stürzen sich nun gierig auf den getränkten 
Schnee, achten dabei gar nicht darauf, dass sie gleichzeitig in die Schlitten- 
Umfriedung geraten und sehen sich plötzlich gefangen, denn sobald das 
letzte Tier den Eingang zum Hufeisen erreicht hat, wird die Öffnung ge- 
schlossen, und die Auswahl der für den betreffenden Tag notwendigen 
Zugtiere wird getroffen. Männer und Frauen beteiligen sich an dieser 
Arbeit, die geeigneten Tiere werden alsbald eingespannt, die übrigen 
wieder freigelassen, und die Karawane setzt sich alsbald in Bewegung. 
Jeder Tschuktsche, auch die Frauen, führt etwa 10 bis 15 Lastschlitten, die 
hochkufig und stark gebaut sind, im Gegensatz zu den Personenschlitten. 
die ausserordentlich niedrig und aus leichtestem Material — Birken-, 
Erlen- und Eschenholz — hergestellt sind. Selbstverständlich werden 
auch bei den Tschuktschen die einzelnen Schlittenteile nur durch Riemen 
verbunden. Der Lastschlitten ähnelt dem Samojedenschlitten, hat eine 
ausserordentliche Tragkraft und wird niemals als Personenschlitten be- 


Ethnographische Beobachtungen bei den Tschuktschen. 847 


nutzt. Der Personenschlitten wiederum ist nur fir eine Person bestimmt 
und ist eine eigene Konstruktion, nur zum Fahren mit Rentieren einge- 
richtet, leicht und biegsam, so dass man mit Vorspann von zwei Ren- 
tieren grosse Strecken in unglaublich kurzer Zeit zurückzulegen vermag. 
Er hat, ebenso wie der hochkufige Lastschlitten, keinerlei Ähnlichkeit mit 
Hundeschlitten. Niemals spannt der Tschuktsche mehr als zwei Rentiere 
vor einen Schlitten. Er dirigiert sie mit dem dreiteiligen Zügel und be- 
nutzt auch keine Peitsche zur Aufmunterung, sondern einen langen, bieg- 
samen Stiel, an dessen Ende ein kleines Stück Knochen oder Horn in 
Halbovalform angebracht ist. Mit diesem Knochen- bzw. Hornstück tippt 
er auf das Fell des Tieres. 

Gewöhnlich geht, der Karawane ein Tschuktsche auf Schneeschuhen 
voraus, oft schon zwei Stunden vorher, der geeignete Futterplätze sucht, 
Stellen, an denen das Rentiermoos (Cenomyce rangiferina) unter dem 
Schnee üppig genug wuchert, um einer Herde von einigen Hundert Stück 
für die Nacht auch genügend Futter zu geben. Ihm folgt dann früher 
oder später die Karawane, manchmal nur 20 bis 30 Schlitten, oft aber 
auch 80 bis 120 Schlitten. Jede Abteilung ist für sich, ordnet sich aber 
dem ganzen Zuge ein; man schlängelt sich in sehr langsamem Tempo im 
Gänsegang über die Tundra und über die Berge. Jeder Abteilung ist ein 
Personenschlitten vorgespannt, auf dem der Führer rittlings sitzt und die 
übrigen Schlitten, die zu seiner Abteilung gehören, mit je zwei Rentieren 
bespannt und einander folgend an der Rückseite des vorhergehenden 
Schlittens angebunden sind, lenkt. Seine Beine, die er bald links, bald 
rechts schräg in den Schnee vorstreckt, dienen ihm als Bremse. Ange- 
halten wird während des Tages nur dann, wenn ein Tier stürzt, etwa ein 
Geschirr in Unordnung gerät oder einer aus der Gemeinschaft ein Be- 
dürfnis zu verrichten hat. Im allgemeinen ist man, ohne Essenspause, 
während des ganzen Tages unterwegs, nur kalte Stücke Fleisch, von den 
Frauen direkt am Körper zwischen Busen und Unterleib aufbewahrt, helfen 
vielleicht über den Heisshunger während des Fahrens hinweg. Ist ge- 
nügend Vorrat an Tabak vorhanden, so qualmen natürlich die Pfeifen 
vom Morgen bis zum Abend: auch von den Frauen hat jede ihr Pfeifchen. 
Auch ein eintöniger Dreiklang-Gesang ertönt während der einsamen 
Fahrt, Lieder, die wahllos sich den Text aus dem Leben der Tschuktschen 
holen; nebenher oder hinterher trotten frei und ohne weitere Aufsicht die 
übrigen Rentiere der Gemeinschaft 

Ist am Abend der Futterplatz erreicht, werden die Rentiere ausge- 
schirrt und auf die Weide getrieben. Sie äsen dort einige Stunden und 
legen sich dann zur Ruhe nieder. Es ist für die ganze Nacht eine Be- 
aufsichtigung der Herde notwendig. Sind die Rentiere ausgeschirrt, 
werden die Schlitten entladen und die Zelte aufgerichtet; es wird mit 
Hilfe eines harten und weichen Holzes Feuer gerieben, die kleinen 
Fünkchen in bereitgehaltenen Holzkohlenstückchen aufgefangen und so 
das Lagerfeuer entfacht, das sich nur in ausnahmswessen Fallen innerhalb 
des Aussenzeltes, nämlich, wenn es draussen schneit oder stürmt, befinden 
darf. Alles, das Entladen der Schlitten, Aufstellen der Zelte und die Zu- 


848 Iden-Zeller: 


bereitung der Mahlzeiten liegt den Frauen ob. Die Männer sitzen der- 
weilen im Lager, rauchen ihre Pfeifen, sehen Schlitten und Riemenzeug 
nach, bauen neue Schlitten, Schneeschuhe usw. und reinigen wohl auch 
ihre Winchesterbichsen. Denn es sei gleich hier gesagt, dass die 
russische Regierung wohl verboten hat, Schusswaffen an die Tschuktschen 
zu verkaufen, dass trotzdem aber fast jedes Familienoberhaupt im Besitz 
einer Büchse ist, und zwar fand ich überall das Winchestersystem, altes 
Kaliber. Die amerikanischen Walfischfanger verhandeln sie en masse 
an die Küstentschuktschen, die sie im Zwischenhandel dann an die 
Tschautschus in den Bergen weitergelangen lassen. 

Die Zelte der Tschuktschen bzw. Tschautschus sind aus gegerbtem 
Rentierfell, haben ein weisslich-graues Aussehen „und weichen in ihrer 
Form hier und da voneinander ab. Jedenfalls sind sie nicht mit den 
Zelten der Tungusen und Lamuten vergleichbar, sind auch nicht absolut 
rund und nach oben konisch verlaufend wie die Zelte der nordamerika- 
nischen Indianer, sondern präsentieren sich breit, ausladend mit durch 
das Innenzelt bedingten oft scharfkantigen Ausbuchtungen und sind eher 
gewaltigen Bienenkörben vergleichbar. Um die Zelte vor dem Umstürzen 
zu bewalıren, was bei dem auf der Tschuktschen-Halbinsel oft herrschen- 
den Schneesturm, die Nomaden nennen ihn „Jojo“, leicht der Fall sein 
könnte, gruppieren die Tschautschus alle ihre Lastschlitten um das Zelt, 
und zwar stellen sie die Kufen direkt auf die Enden des Zeltleders. 
Ausserdem wird rings um das Zelt ein kleiner Schneewall geschaufelt. 
Die Tschuktschen an der Küste, die nur selten den Wohnplatz wechseln, 
befestigen die Zeltenden mit Steinen, Treibholz und Walfischknochen. 
Eine besondere Einrichtung der Tschuktschenzelte sind die Fell-Innen- 
kammern, die gewöhnlich dem Eingang gegenüber vermittelst gekreuzter 
Stäbe errichtet werden. Es ist meines Erachtens wohl die praktischste 
Einrichtung, die wir bei arktischen Völkerschaften finden. Gewöhnlich 
' 21/ m lang, 1 bis 2m breit und ebenso hoch, bieten sie vollkommenen 
Schutz auch gegen die intensivste Kälte, so dass man sich eigentlich nich 
‘darüber zu wundern braucht, dass die Tschuktschen in dieser Kammer 
absolut nackt schlafen und sich nur mit ihren Kleidern, die sie tagsüber 
tragen, zudecken, Männer sowohl wie Frauen, Buben und Mädchen. 
Würde sich in diesem Innenzelt das Ungeziefer — Läuse —, von dem 
die Tschuktschen ganz besonders heimgesucht sind und das sie kurzerhand 
lebend verzehren, nicht ungewöhnlich bemerkbar machen, der Schlafraum 
wäre fast ideal zu nennen. Diese Kammer ist eigentlich nichts weiter als 
ein Würfel aus doppeltem Rentierfell, ohne Boden, dessen eine Seite 
aufklappbar ist. Haare nach innen nach und aussen, aufgenäht noch ein 
gegerbtes Sommerfell. | 

Links und rechts vom Eingang halten zwei gekreuzte Stäbe die 
Kanımer aufrecht. Der Boden wird ebenfalls mit Fellen ausgelegt. Vor 
dem Eingang des Innenzeltes liegen einige Reisesäcke, gewöhnlich See- 
hundsbälge, die mit ihrem verschiedenen Inhalt, Fellen, Zeugfetzen, 
Kleidern, ein weiches Polster abgeben. Da und dort finden wir 
zur Abwehr Unheil bringender Gottheiten, vor dem Eingang ins Innen- 


Ethnographische Beobachtungen bei den Tschuktschen. 849 


zelt, ebenfalls rechts und links Wolfsschädel, Bärenköpfe und Walross- 
schadel. 

Wir haben bei besonders heftigen Stürmen, wo es nicht möglich war, 
an die Aufstellung der Aussenzelte zu denken, nur die Fellkammer ohne 
weiteren äusseren Schutz als Unterkunft benutzt und auch in diesen 
Fällen war es möglich, jedweder Kieidungsstücke während des Schlafes 
zu entbehren. Da die Fellkammer, zusammengelegt, nur ein sehr geringes 
Gewicht hat, steht auch ausser Frage, dass sie bei Expeditionen in ark- 
tisches oder antarktisches Gebiet unschätzbare Dienste leisten könnte. Sie 
würde das Mitnehmen von schweren Pelzschlafsäcken und Leinen- oder 
Seidenzelten unnötig machen, und es wäre den Mitgliedern einer Expedition 
möglich, nicht nur im Zelt zu schlafen, sondern auch zu arbeiten. Meines 
Wissens wurde ein Versuch in dieser Richtung bisher nicht unternommen. 
Ich für meine Person werde bei Reisen in der kalten Zone nur das 
Tschuktschen-Innenzelt benutzen. 

Das Hausgerät des .Tschautschus ist recht bescheiden. Ein oder 
zwei eiserne Kessel, einige Mulden, primitiv aus Holz zurechtgeschnitzt, 
verschiedene grosse und kleine, runde und . flache Lederbehälter, ein 
runder Stein mit einer flachen Aushöhlung sowie der dazu gehörige Stein- 
hammer, um kleine Knochen zu pulverisieren, einige selbstangefertigte zu- 
sammenlegbare Kupferlöffel, ein oder zwei russische Teekannen, einige 
Eimer aus Eisenblech, kleine viereckige, Fussbänken ähnliche Tischchen, 
auf denen die Abendmahlzeit plaziert wird und eine mehr oder minder 
grosse Anzahl von Porzellanteetassen, die teilweise von den Jahrmärkten 
in Panteléicha und Markowo, teilweise aber auch von den die Bering- 
strasse kreuzenden Walfischfängern zu den Tschuktschen kommen. Oft 
sieht man Tassen aus feinstem chinesischem Porzellan in den Zelten, und 
die Tschuktschen besitzen eine meisterhafte Geschicklichkeit, um zer- 
brochene Tassen wieder gebrauchsfähig zu machen. Sie verbinden die 
zerbrochenen Stücke durch Streifen von Weissblech, Kupfer oder auch 
Blei und verleiben ihnen dadurch wieder eine fast unbegrenzte Haltbar- 
keit. Zum allgemeinen Besitztum gehören dann noch die verschiedenen 
Werkzeuge, die sie gebrauchen, um Schlitten und Zelt in Ordnung zu 
halten, der Feuerbohrer, einige Fanggeräte und bei den Tschuktschen an 
der Küste die verschiedensten Fischereiutensilien und alles nötige Material 
zum Robben- oder Walfang, wie Frauenboote, Kajaks, Harpunen usw. 
Ebenso führt jede Familie die Sommerkleider der einzelnen Personen mit 
sich, die aus gegerbtem Sommerfell der Rentiere angefertigt werden. 
Und in keinem Zelte fehlen die Hausgötter, plumpe Nachbildungen des 
Menschen aus Holz, Knochen oder Walrosszähnen, die an einem Leder- 
riemen aufgereiht sind und nur bei besonderen Gelegenheiten, Totenfeiern, 
Opferfesten usw. in Aktion treten. 

Das Familienleben der Tschautschus und Tschuktschen ist äusserst 
herzlich. Der Verkehr zwischen Eltern und Kindern fast ideal zu nennen. 
Ich kann mich nicht entsinnen, je ein eigentlich scharfes Wort, das den 
Kindern galt, vernommen zu haben. Von Schlägen überhaupt nicht zu 
reden. Vater und Mutter wetteifern eigentlich in dem Bestreben, die 


$5 Iden-Zeller: 


Kinder zu verhätscheln. Man lässt sie auf der einen Schulter oft stunden- 
lang rittlings reiten, übt mit ihnen, wenn sie in entsprechendem Alter 
sind, Ringkampf, Wettlauf, Hoch- und Weitsprung und bereitet sie in 
aller Güte für den schweren Beruf des nordasiatischen Nomaden vor. Die 
Polygamie hat unter den Tschuktschen und Tschautschus, wohl eine Folge 
der allgemeinen Armut, wenig Anhänger, die meisten von ihnen leben 
monogamisch. Aber auch in jenen Fällen, wo zwei Frauen das Regiment 
führen, bleibt die Ehe meist harmonisch. Muss notwendigerweise einmal 
ein Rasttag eingefügt werden, weil vielleicht Rentiere geschlachtet 
wurden, Bekannte zu Besuch erschienen oder eine Entbindung zu er- 
warten steht, so ist das natürlich ein allgemeiner Feiertag. Sehen wir 
uns diesen Tag einmal genauer an. Die Karawane ist am Abend nach 
zwölfstündiger Schlittenfahrt am Fusse eines Passes in den Tschaunbergen 
angelangt. Die Tiere sind auf der Weide, die Zelte bereits aufgerichtet. 
Vor den Zelten brennen die Lagerfeuer, und rund um die Feuer sitzen 
mit untergeschlagenen Beinen die Tschuktschen. Sie reichen ihre Pfeifen 
dem Nachbar, der einen tiefen Zug tut, geben sie vielleicht einem Zweiten 
und Dritten und stopfen sie wieder. Sie lachen sehr viel und suchen sich 
in ihren Erzählungen zu überbieten. Jede besondere Pointe wird mit 
einem langgedehnten ka-ko-mä, dem Ausruf des Erstaunens, begleitet. 
etwas weniger wichtiges durch ein kurz hervorgestossenes ko bestätigt. 
Eine Unterhaltung entwickelt sich dann weiter wie folgt: 

Erzähler: Ich sah auf unserem Wege Spuren von Bären. 

Zuhörer: Du sahst Spuren von Bären. 

Erzähler: Und verfolgte diese Spuren. 

Zuhörer: Und verfolgtest diese Spuren usw. 

Ist die Erzählung zu Ende und hat sie Eindruck hervorgerufen, so 
folgt ein lautes, gedehntes ka-ko-mä der gesamten Korona. Die Frauen 
sitzen unterdessen vor dem Eingang der Zelte, ihre Kleidung ist bis zu 
den Hüften abgestreift, eine Gewohnheit, die, wenn sie arbeiten, strikt 
eingehalten wird, auch bei intensiver Kälte. Ihre Brüste sind zumeist 
stark entwickelt, bei Frauen im Alter von 30 und 35 Jahren aber schon 
welk und herabhängend. Sie lieben besonders grosse Brüste und wenn 
wir zusammen im Freundeskreise sassen, kam es oft vor, dass die Mutter 
ihrem zehn- bis zwölfjährigen Töchterchen vor den Augen aller Männer 
die Brüste knetete und herunterzog, um sie recht gross werden zu lassen. 
Die Männer lachten dann behaglich und fanden alles in schönster Ord- 
nung. Inzwischen ist die Dunkelheit hereingebrochen, jeder verfügt sich 
in sein Zelt, klopft sich im Aussenzelt mit einem eigens dazu bestimmten 
Stück Geweih den Schnee von der Kleidung, und besonders von den 
Schuhen, und kriecht dann in die Fellkammer, wo er sich zunächst seines 
Rockes und seiner Fellschuhe entledigt. Rechts sitzen Vater und Mutter, 
links die übrigen Familienmitglieder. Ein junges Mädchen hat gewöhn- 
lich im Aussenzelt Küchendienst. Die Männer und Buben haben also nur 
ihre Fellhosen an, die durch einen um die Hüften geschlungenen Riemen 
festgehalten sind, im übrigen bleiben sie nackt. Die Frauen und Mädchen 
entledigen sich ihrer Fellhemdhose bis zu den Hiiften. Mutter sorgt fiir 


Ethnographische Beobachtungen bei den Tschuktschen. 851 


die Tranlampe, die ein triibes Licht verbreitet. Jeder sitzt mit unter- 
geschlagenen Beinen vor seinem kleinen Holztaburett. Endlich kommt 
in einem schmutzigen Holztroge die Abendmahlzeit: Blutsuppe mit selbst- 
bereitetem Knochenmehl und Fettstückchen. Weiter ein grosses Stück 
Rentierfleisch, ohne Salz in kochendem Wasser zubereitet und einige 
Rentierzungen, auf dieselbe Art hergerichtet. Das Fleisch nimmt Mutter 
in Beschlag, die jedem sein Stück zuteilt. Erst wird aber die Suppe ver- 
tilgt. Jeder greift mit seiner schmutzigen Hand in die Mulde und sucht 
von der Suppe festen Bestandteilen noch etwas zu ergattern. Das andere 
wird mit der hohlen Hand herausgeschöpft; nur Vater darf seinen Kupfer- 
löffel benutzen. Mutter, die derweilen sämtlichen Strimpfen der Familien- 
mitglieder wieder Geschmeidigkeit verlieh, indem sie sie nacheinander, 
besonders die Sohlen, gut durchkaute und sie dann über die Tranlampe 
zum Trocknen aufhing, händigt jetzt jedem von uns ein Stück Fleisch 
aus, das wir ohne viele Umstände an einem Zipfel in den Mund nehmen 
und dann, indem wir mit unserem Messer direkt vor dem Munde Stück 
für Stück abschneiden, langsam verzehren. Auch die Rentierzungen 
werden verteilt, sie sind auch in der einfachen Zubereitung recht schmack- 
haft und saftig. Natürlich ist das Menu verschieden. Nicht immer gibts 
Fleisch vom Rentier. Oft sind es nur kümmerliche Fragmente vom See- 
hund oder vom Walross. Beliebt ist auch bereits im Zustande der Ver- 
wesung sich befindendes Walrossfleich. Ferner kommt zuweilen der grün- 
liche Mageninhalt des Rentiers auf den Tisch, auch sind Schnitzel aus 
gehacktem, rohen Rentierfleich, verbunden mit dem rohen Mark von 
Beinknochen der Rentiere sehr beliebt. Ich empfehle dieselbe als ganz 
besondere Delikatesse. Ist man in der Nähe von Flüssen und Seen, bildet 
Fisch die Hauptnahrung, und kommt man an die Meeresküste, so tritt an 
Stelle von Rentierfleisch und Fisch die Robbe. Oft genug ist aber weder 
das eine noch das andere zu haben, dann genüzt wohl auch ein krepierter 
Hund, eine Suppe aus Kräutern und Wurzeln und ein Gemengsel von ge- 
stossenen Knochen. Zu jeder Mahlzeit aber gehört Tee, und zwar ver- 
wenden die Tschuktschen nur russischen Ziegeltee, der ohne jedwede 
weitere Zutat getrunken wird. Ist man im Besitz von Zucker, besonders 
beliebt ıst der russische Hutzucker, den sie beim Jahrmarkt in Pante- 
leicha einhandeln, so wird auch Zucker zum Tee gereicht, aber Mutter 
geht äusserst sparsam damit um. Haben wir also zur Nacht gegessen, 
uns die Finger genügend vom triefenden Fett gereinigt und das andere 
an die Hosen geschmiert, wird in den schon beschriebenen Tassen der 
Tee serviert. Das Aufstossen nach der Mahlzeit, rülpsen, gehört zum 
guten Ton und wird beifällig aufgenommen, auch wenn jemand starke 
Blähungen hat, braucht er sich durchaus nicht zu genieren, im Gegenteil, 
er darf im voraus der Zustimmung versichert sein. Vater hält es auch 
heute wie sonst mit seinen Gepflogenheiten. Er spuckt zuweilen aus und 
Mutter hält ihm die hohle Hand zu diesem Zwecke unter den Mund. Der 
Speichel wandert von Hand zu Hand, bis ihn der der Felltür zunächst 
Sitzende hinaus befördert. Es wird abgeräumt; das übriggebliebene Fleisch 
wird zur Morgenmahlzeit aufbewahrt. Mutter reinigt die Tassen, die sie 


852 Iden-Zeller: 


nacheinander sorgfältig ausleckt, dann in schmutzige Lappen wickelt un. 
schliesslich in einem vor Schmutz starrenden Holzkasten unterbringt. Nun 
wird die Speiseschüssel zum zweitenmal vom Aussenzelt hereingereicht, 
-und zwar von einem jungen Mädchen, das uns jetzt bittet, in diese Schüssel 
zu urinieren. Als ich ihr die Schüssel zurückreiche, sagt sie, halb er- 
staunt, halb belustigt: kakoi malinki (wie wenig). Es wird übrigens nicht 
in allen Haushaltungen der Essnapf auch zugleich als Nachtgeschirr be- 
nutzt. Ich beobachtete diese ekelhafte Gepflogenheit nur da und dort. 

Der Urin wird im Aussenzelt auf Schnee gegossen und dient anderen 
Tags zum Einfangen der Rentiere. Nun wird die Tranlampe gelöscht 
und bald verrät lautes Schnarchen, dass alle ım tiefsten Schlafe liegen. 
Nur die junge Schwiegertochter meines Wirtes wirft sich unruhig hin und 
her, sie fässt nach meinen Füssen und beginnt plötzlich meine Fusssohlen 
recht intensiv zu kitzeln. Ich ziehe verärgert die Beine an den J.eib und 
schlafe schliesslich ein. Am nächsten Morgen erzählt mir der Gatte dieser 
Schönen halb entrüstet, dass seine Frau mit mir hätte schlafen wollen. 
Das Kitzeln der Fusssohlen ist nämlich der erste ehrbare Annäherungs- 
versuch. Dabei will ich: gleich noch bemerken, dass jeder, der das Zelt 
eines Freundes oder Bekannten betritt und die Absicht hegt, über Nacht 
zu bleiben, die Frau oder die Schwiegertochter des Gastgebers für die 
Nacht begehren kann und damit dem Freunde nur eine Ehre erweist. 
Refüsiert jemand eine ihm angebotene Frau, so setzt er sich von vorn- 
herein in Misskredit. Morgens, nach eingetretener Helligkeit, wird wiederum 
im Innenzelt Tee gereicht, dazu werden die vom vorangegangenen Abend- 
brot übriggebliebenen Fleischstücke kalt serviert. Wir haben Raststag, 
es wurde also schon etwas länger wie sonst geschlafen. Meine Zelt- 
genossen waschen sich zur Feier des Tages — heute wie sonst — in 
Urin. Dann geht einer von ihnen mit dem Lasso zur Rentierherde, 
sucht sich ein passendes Schlachttier aus, wirft ihm mit geschickten Wurf 
die Schlinge um den Hals und bringt es so vors Lager. Ein anderer 
Tschuktsche steht schon mit einem Messer bereit, sucht mit kritischem 
Blick die Stelle des Herzens und stösst dem Tier das Messer bis ans 
Heft ins Herz. Wir alle wohnen dieser Handlung bei. Mutter ist schon 
damit beschäftigt, dem zusammengebrochenen Tier die Hand in die Wunde 
zu legen und das noch warme Herzblut wird sorgfältig in einer Holz- 
mulde gesammelt, vorher aber bekommt jeder der Umstehenden einige 
Blutstreifen über Stirn und Wangen, unsere Zeltwand wird mit Blut- 
streifen dekoriert und auch unsere Kinder erhalten vom warmen Herzblut: 
damit Segen auf uns ruhe, jeder von uns viele Rentiere habe und der 
Böse fernbleibe. Das Tier wird dann kunstgerecht zerlegt und grosse 
Stücke Fleisch werden im Eimer gar gekocht. Sind viele Tschuktschen 
beisammen und schlachten verschiedene Familien, so kommen die Tschukt- 
schen aus dem Essen nicht heraus. Jeder besucht dann den andern und 
isst dann dabei so viel, als er irgendwie vertragen kann. 

Gegen Mittag werden dann Spiele veranstaltet, Gesang und Tanz. 
Der grosse Gelehrte Adolf Erik Nordenskiöld hat in seinen Berichten 
über die Vegafahrt auch den Tanz der Tschuktschen erwähnt. Da ich 


Ethnographische Beobachtungen bei den Tschuktschen. 853 


seinen Beobachtungen nichts hinzuzufügen habe, so zitiere ich ihn hier 
wörtlich: 

„Zwei von ihnen stellen sich dabei einander gegenüber, legen sich 
gegenseitig die Hände auf die Schultern, wiegen sich abwechselnd nach 
den Seiten hin, hüpfen, ohne sich vom Fleck zu rühren, von einem Fuss 
auf den anderen, tun auch manchmal mit gleichen Füssen einen Sprung 
vor- oder rückwärts und schwingen sich einmal herum, wozu sie den Takt 
singen oder vielmehr grunzen. Nehmen mehrere Weiber oder Kinder am 
Tanze teil, so stellen sie sich in eine Reihe auf, stimmen einen eintönigen, 
sinnlosen (?) Gesang an, springen im Takte auf und nieder, verdrehen 
die Augen und werfen sich mit krampfartigen Bewegungen, die augen- 
scheinlich Wollust und Schmerz bezeichnen sollen, bald nach rechts, bald 
nach links.“ 

Auch ein Wettrennen mit Rentieren wurde veranstaltet. Eine Strecke 
von einigen Kilometern wurde abgesteckt und der Startplatz festgelegt. 
Das Ziel lag vor unseren Zelten und war durch eine Stange kenntlich ge- 
macht, die an ihrer Spitze die Trophäe für den Sieger trug: ein beson- 
ders schönes und grosses Stück Rentierfleisch Wir begaben uns alle 
mit unseren kleinen, mit zwei Rentieren bespannten Schlitten zum Start- 
platz und unter lautem ho-ho-ho jagten wir auf ein gegebenes Zeichen 
Jem Ziel entgegen. Der Sieger muss dabei, wenn er das Ziel passiert, 
im schnellsten Fahrttempo die Trophäe von der Stange herunterholen. 
Da es ihm aber nur um die Ehre zu tun ist, Sieger zu sein, wird das 
Fleisch gemeinschaftlich verzehrt. | 

Ein solcher Feiertag wird dann gewöhnlich mit einem grossen Fest- 
essen beschlossen und dabei vergisst man auch nicht, den Göttern zu 
opfern. Vor dem Mahl werden Fettstückchen in den Schnee gegraben, 
gerade gegenüber dem Zelteingang, damit die Rentiere während des 
ganzen Jahres genügend Futter finden. Hinter dem Zelt wird ein grosses 
Feuer entfacht und um dieses herum placiert man die Hausgötter, die 
sonst in einem elenden, schmutzigen Kasten ein lichtloses Dasein führen. 
Sind die Speisen angerichtet, erhält jeder Gott eine Probe. Der hölzerne, 
kunstlos geschnitzte Mund trieft ordentlich von Fett. Erst nachdem die 
Götter gesättigt, ist es den Gästen erlaubt, sich niederzusetzen, und wenn 
«draussen das Feuer langsam verflackert, beginnt innen die Schmauserei. 

Man kann von den Tschuktschen nicht gerade behaupten, dass sie 
religiöse Schwärmer sind, aber sie verrichten ihre heiligen Handlungen 
mit stiller Würde. Das Feuer ist ihnen die Hauptgottheit, doch haben 
sie auch Gottheiten in Strömen, in der Erde, auf einigen Bergen, und die 
Gottheit des Sees benennen sie selbst mit Itjaken kamak. Auch Sonne, 
Mond und Sterne sind ihnen heilig, ebenso das Rentier. Als ich bei 
äusserst stürmischem Wetter mit zwei Tschuktschen in einem Segelboot 
«ie Koljutschinbucht kreuzte, und wir in Gefahr gerieten, zu kentern, 
schrieen sie mir beständig zu, dass der Itjaken kamak mit mir unzufrieden 
sei und forderten mich auf, Fleischstücke ins Meer zu werfen, um den 
Gott zu beruhigen. Der Schamane (Geisterbeschwörer) spielt bei ihnen 
wohl eine Rolle, ist aber nicht sonderlich geachtet, nur gefürchtet. Ich 


554 Iden-Zeller: 


entsinne mich eines eigenartigen Vorkommnisses, das ich mit der Sonnen- 
anbetung in Verbindung bringe. Seit mehreren Tagen hatte ich Schmerzen 
im Unterieib empfunden. Unser Karawanenführer, dem ich zugleich als 
Knecht diente, versprach mir daraufhin, mich von den Schmerzen zu be- 
freien. Er liess sich von mir meine Handschuhe geben, verneigte sich 
einige Male stumm vor seiner Frau, ging dann zuerst allein aus dem Zelt. 
verneigte sich vor der Sonne und hielt ihr eine Ansprache, legte die 
Handschuhe dann im Kreuzeszeichen auf den Schnee, verneigte sich aber- 
mals vor der Sonne und kam dann wieder ins Zelt, um mich zu holen. 
Nachdem er nochmals mit den Handschuhen den Boden berührt, musste 
ich mich auf derselben Stelle einige Male langausgestreckt wälzen und. 
als ich aufgestanden, mich dreimal vor der Sonne verneigen, Dann gab 
mir mein Wirt und seine Frau die Hand und beide waren fest überzeugt, 
dass ich von allen Schmerzen befreit sei. Dass es nicht der Fall war, 
brauche ich eigentlich nicht besonders zu erwähnen. Einen krassen Fall 
abergläubischer Furcht konnte ich beobachten, als ich mich bei den 
Tschuktschen an der Eismeerküste befand. Ich hatte von meinen täg- 
lichen Fleischrationen eine kleine Quantität Rentierfett zurückbehalten 
und da ich auch Eier von Polarenten gesammelt hatte, gedachte ich 
meinem Menü eine europäische Eierspeise einzufügen, umsomehr, als ich 
auch ein Stück altes Eisenblech im Besitz hatte, dem ich provisorisch die 
Form eines Tiegels gegeben hatte. Ich hatte das Fett bereits im Tiegel 
und stand im Begriff, die Eier auszuschlagen, als ein alter Tschuktsche 
mein Tun beobachtete. Der Bruchteil einer Minute brachte das ganze 
Lager in Aufruhr. Man nahm eine äusserst drohende Haltung gegen mich 
an und riss mir Fett und Eier förmlich aus den Händen. Erst später 
kam die Erklärung: Sie glaubten, dass der Vogel, welcher die Eier ge- 
lest, kommen würde, um sämtliche Rentiere in die Lüfte zu entführen. 

Dem Tode bringen sie eine ausserordentliche Furcht entgegen. Sind 
nämlich mehrere Todesfälle bei den Tschuktschen an der Eismeerküste 
zu verzeichnen. so brechen sie" Hals über Kopf ihre Zelte ab und suchen 
sich einen anderen Lagerplatz, selbst wenn der eben verlassene noch so 
günstig lag. Ja, damit nicht genug, sie lassen in der Eile des Abzuges 
oft auch Dinge zurück, die für sie von Wert sind. Man findet zwischen 
Tschaun- und Koljutschin-Bucht unzählige dieser verlassenen Zeltplätze, 
oft schon unter Schutt, Geröll und Treibholz begraben. Dieser Umstand 
mag auch wohl Nordenskiöld zu der irrtümlichen Annahme veranlasst 
haben, dass es sich bei all diesen: Plätzen um Überreste aus der Existenz 
der Onkilons handle. Von mir glaubten die Tschuktschen, dass ich den 
Tod sehen könne. Ich wurde oft gebeten, in den Zelten Umschau zu 
halten, ob sich etwa der Tod eingenistet habe. — Mehrere Tage lang 
schleppte ich einen Sack mit mir herum, welcher einige vorzüglich er- 
haltene Schädel von Tschuktschen enthielt, die ich einer Begräbnisstätte 
entnommen hatte. Ich wollte dieselben mit nach Berlin bringen, konnte 
den Plan aber nicht ausführen, weil man auf den Inhalt des Backes auf- 
merksam wurde und man mich zwang, die Schädel wieder niederzulegen, 
wo ich sie gefunden hatte. 


Ethnographische Beobachtungen bei den Tschuktschen. §55 


120 Tage bin ich als Knecht der Tschautschus mit ihnen über die 
Tundra und durch die Tschaunberge gezogen, wir litten oft verzweifelt 
-~ unter dem Hunger, dennoch hatte ich wenig Gelegenheit, mit Kranken in 
_ Fühlung zu kommen. Während ich noch an den Ufern der Kolyma auf 
Aussätzige (Lepra tuberosa) stiess und fast die halbe Urbevölkerung an der 
. Kolyma aus Syphilitikern bestand, ich auch unter Jukagiren und Lamuten 
. noch zahlreiche Fälle von Hungertyphus und Skorbut verzeichnen konnte, 
schienen die Tschautschus von all diesen Übeln befreit zu sein. Einer 
eigentümlichen Krankheitserscheinung begegnete ich An vielen Zelt- 
niederlassungen an der Eismeerküste, Frauen waren da regelmässig die 
Patienten. Sie litten ausnahmslos an überaus starken Anschwellungen 
der oberen oder unteren Gliedmassen, die als Begleiterscheinung ent- 
setzliche Geschwüre im Gefolge hatten. Verbände wurden nicht angelegt. 
Die Kranken lagen meist apathisch in den Zelten. — Auch ein Fall von 
Päderastie wurde mir bekannt. Ein junger, etwa 25 jähriger Tschuktsche 
sollte mich mit einem Segelboot über eine Bucht bringen. Er verlangte 
dafür, sich an mir geschlechtlich betätigen zu dürfen. Eine Tracht Prügel 
belehrte ihm indes bald eines Besseren. Die Tschuktschen gehen rapid 
dem Untergang entgegen. Allerdings ist die Geburtsziffer bei ihnen sehr 
niedrig und steht durchaus nicht im Verhältnis zur Totenliste. Aber ich 
glaube, es liegt nur eine Verschleierung von Krankheitsfällen vor, und 
durch die Sitte, unheilbar Kranke einfach zu erdrosseln, wird die Kranken- 
liste ohnedies schon beschränkt. Sieht die Familie, dass alle Kunst des 
Schamanen vergeblich ist, dass auch die Beschwörung der Gottheiten durch 
ein Familienmitglied, die direkt am Lager des Kranken unter stunden- 
langem Anschlag des Jarars (der Schamanentrommel) stattfindet, ohne 
Erfolg bleibt, wird die Exekution beschlossen. Sobald der Kranke in 
Schlummer verfallen ist, kniet man an seinem Kopfe nieder, legt diesen 
behutsam auf das Knie und schnürt dann mit einem schmalen Leder- 
riemen die Kehle zu. Nach erfolgtem Tode wird die Brust geöffnet und 
die Gurgel durchschnitten. 

Noch am selben Tage wird der Leichnam, eingehüllt in Felle, mit 
einem Rentierschlitten nach einem Bergplateau gebracht und dort ohne 
weitere Zeremonie, lang ausgestreckt, auf den Boden niedergelegt, voll- 
kommen nackt, den Kopf nach Nordost, die Füsse gen Südwest. Der 
Schlitten, welcher den Toten führte, wird zerhackt, die Rentiere, welche 
den Leichnam nach oben brachten, getötet und einige Partien ihres 
Fleisches in Streifen geschnitten, mit denen der Körper des Toten deko- 
riert wird. Unter den Kopf des Verblichenen placiert man einen Stein, 
ebenso ist eine Steinumgrenzung in Form eines Rechtecks um den Leich- 
nam üblich. Ein kleiner Napf mit Wegzehrung für den Toten auf seiner 
Reise ins Jenseits wird an der Begräbnisstätte zurückgelassen, ebenso 
bleiben einige Gegenstände, die „der Tote bei Lebzeiten unentbehrlich 
fand, insonderheit seine Pfeife, sein Messer usw. auf der Schädelstätte. 
Die Leiche ist in allen Fällen eine gute Beute für Raubtiere. Und was 
der Tote in der Gemeinschaft der Lebenden auch immer war und be- 
deuten mochte, sein Name ist mit seinem Hinscheiden vollkommen aus- 


856 Iden-Zeller: Ethnographische Beobachtungen bei den Tschuktschen. 


geléscht und our mit geheimem Grauen betritt ein Tschuktsche den Ort. 
der die seelenlosen Hüllen seiner Weggenossen aufnimmt und wo sich 
nächtlicherweile Raubtiere der Lüfte, der Tundra und der Berge zu fest- 
lichem Mahle niederlassen. 

Die Tschuktschen an der Eismeerküste verfahren noch liebloser mit 
ihren Toten. Sie überlassen sie einfach den morastigen Gründen der 
Tundra und niemals mehr gilt ihnen der herzliche Zuruf der Tschuktschen 

Je-tik (kommst du?), 
mit dem sie jeden Lebenden begrüssen. Nur die Polareule sitzt in ein- 
samen Nächten auf dem in Verwesung übergehenden Leichnam und putzt 
sich in Ruhe und Gleichgültigkeit ihr Gefieder. 


EEE 


a nr en, ce zz 


lll. Literarische Besprechungen. 


J. G. Frazer: The golden bough Part II Taboo and the perils of the 
her Part III The dying god, London 1911. 


Diese Fortsetzung des grossen Frazerschen Werks behandelt die Tabu- 
sebräuche in ihrer Beziehung zum Seelenglauben und dem primitiven Priester- und 
Königtum. Der Verfasser betrachtet sie als Isolatoren, um die spirituelle Kraft der 
Könige und Priester vor dem Kontakt mit der Aussenwelt zu schützen, da diesen 
.„Gottmenschen“ die Sorge für den regelmässigen Verlauf der Naturerscheinungen 
obliegt. Hieraus entwickeln sich dann die unzähligen Regeln und Vorschriften für 
Abwehr des Unheils, das die Seele des Menschen überhaupt betreffen kann. Auch 
Begrüssungszeremonien, Speiseverbote, Namen und Wortaberglaube werden unter 
diesem Gesichtspunkte betrachtet. 

Das zweite Werk Part III beantwortet die Frage, warum der göttliche König 
von Nemi von der Hand seines Nachfolgers den Tod zu erleiden hat. Es handelt 
sich um Erneuerung des alten Vegetationsgottes, der durch den jungen ersetzt wird, 
wodurch die Erneuerung der Naturphänomene gewährleistet wird. Dies führt zur 
Erörterung des religiösen Königsmordes bei bestimmten Festen. Reste davon 
fanden sich bei den babylonischen Sacaeen, in den Karnevalsgebräuchen, den Riten 
des Tod- und Winteraustreibens. Auch der Mythus vom Drachenkampf wird damit 
in Verbindung gebracht. Ob es wirklich möglich ist, die unzähligen Parallelen aus 
allen Erdteilen in ein einziges Schema zu zwängen, bleibe dahingestellt, ebenso 
wie die Richtigkeit mancher mythologischer Deutungen, wie z. B. die Herleitung 
der griechischen Drachensagen von Wappentieren alter Könige (S. 105 ff.); das wert- 
vollste ist auch hier wieder das überreiche, vortrefflich geordnete Material an tat- 
sächlichen Belegen. P. Ehrenreich. 


George Grant Maccurdy. A Study of Chiriquian Antiquities. 
Memoirs of the Connecticut Academy of Art and Science. Vol. III. 
March 1911. — New Haven, Connecticut. Yale University Press 1911. 
249 Seiten und 49 Tafeln Grossquart (darunter eine Anzahl farbiger). 


Es ist mit Freude zu begrüssen, dass der Formenschatz der grossen umfang- 
reichen Sammlung von Chiriqui-Altertiimern der Yale University in guten Kopien 
dem allgemeinen Studium zugänglich gemacht ist. Für die Wiedergabe ist Feder- 
zeichnung angewandt worden. Das hat den Vorzug, dass die über eine gerundete 
Fläche sich verteilenden Ornamente dentlicher herausgebracht werden können. 
Dagegen ist die Federzeichnung nicht imstande. der Natur des Materials, dem Korn 
des gebrannten Tones usw, so gerecht zu werden, wie es mit der Photographie 
möglich ist. Eine Anzahl Gegenstände ist farbig reproduziert worden. Die Heraus- 
gabe und insbesondere die reiche Hlustrierung ist durch die stets hilfsbereite Opter- 

Zeitschrift für Ethnologie. Jahrg. 1911. Heft A 55 


858 Literarische Besprechungen. 


willigkeit der Frau Evelyn Maccurdy Salisbury ermöglicht worden. Die 
Wissenschaft wird ihr dafiir Dank wissen. 

In der Einleitung gibt der Verfasser zunächst einen historischen Cberblick. 
beschreibt nach den Berichten der verschiedenen Reisenden, den Ort und die Art 
der Gräberfelder und versucht, die ethnische Zugehörigkeit der alten Bewohner der 
Chiriqui-Gegend festzustellen. (ber die ethnischen Zusammenhänge haben sich 
nun allerdings unsere Ansichten durch die Ergebnisse der Reisen und Studien 
Dr. Lehmanns etwas geändert. Es wird danach wohl auch die Darstellung des 
Verfassers in einigen Punkten zu berichtigen sein. Die Guétar, die alten Bewohner 
des innern Costa Rica, gehören nicht, wie Brinton annahm, zu den Mangue, der 
Urbevölkerung der zentralen Gebiete Nicaraguas. Und die ethnische Grenze zwischen 
Nord- und Süd-Amerika liegt nicht, wie derselbe Autor, und wie auch der Referent 
früher annahm, in dem Grenzgebiete von Costa Rica und Nicaragua. Die süd- 
amerikanischen Beziehungen und die sprachliche Verwandtschaft mit der Chibcha- 
Gruppe gehen an der atlantischen Seite viel weiter nach Westen und scheinen sich 
bis in das östliche Guatemala zu erstrecken. 

In der Einteilung und Beschreibung der Sammlungen schliesst sich der Ver- 
fasser im wesentlichen an die klassische Arbeit von William H. Holmes in dem 
6th Annual Report of the Bureau of Ethnology, der die Sammlung des National- 
museums in Washington zugrunde liegt, an. Für die erste, zahlreichste Gruppe. 
die unbemalte, und wie es scheint, ausschliesslich für die Grabausstattung bestimmte 
Gefässe umfasst, die Holmes als terracotta- oder biscuit-group bezeichnet. 
schlägt Maccurdy den Namen armadillo-group vor, weil das Gürteltier oder 
einzelne Teile des Tieres oder Verzierungselemente, die aus diesen entstanden sind. anf 
den Gefässen dieser Klasse viel verwendet werden. In ähnlicher Weise möchte er 
den Namen für die zweite Klasse, die Holmes black incised group nennt, in 
serpent group ändern, weil es zumeist Schlangenfiguren oder deren Aquivalente 
sind, die in weiss ausgefüllten Linien und Punkten auf den Gefässen dieser Klasse 
dargestellt sind. 

Von den Klassen der bemalten Gefässe glaubt Mac Curdy die scarified- 
group mit der maroon-group Holmes’ in nähere Verbindung bringen zu müssen. 
Darin hat er wohl Recht. Zwar umfasst die erstere Gruppe plumpe, dickwandige. 
die letztere Gruppe feingearbeitete, dünnwandige Giefässe von gefälliger Form, aber 
das Material ist eigentlich in beiden Klassen durchweg gleichartig und Maccurdy 
weist Zwischenformen auf: Gefiisse der kastanienbraunen Klasse, die die Strich- 
narben der scarified-group zeigen. Auf die Verwandtschaft der handled-group 


und der tripod-group — jener charakteristischen Gefässe, die auf hohe Fisse 
gesetzte Schalen mit rundem Boden darstellen, — hat schon Holmes aufmerksam 


gemacht. Da bei einer grossen Zahl von Gefässen dieser zweiten Gruppe die Füsse 
die Gestalt von Fischen haben, deren breites queres Maul das obere Ende des 
Fusses bildet, während die Schwanzspitze das Bodenende darstellt, nennt Maccurdy 
diese (ruppe die fish-group. Für die eigenartig verzierten Gefässe der lost color 
group Holmes’ — die auf hellgelblichem oder dunkelrot bemaltem Grunde schwarze 
Flächen aufweisen. auf dem Ornamente in der hellgelben oder dunkelroten Farbe 
des Grundes sich abzeichnen, — erklärt Maccurdy sicher richtig als ein negative 
painting, vergleichbar dem Verfahren wie es noch heute in San Salvador und 
Guatemala bei der Bemalung von Calebassen geübt wird. Diese besteht. wir 
Hartmann beschreibt, darin, dass die Ornamente zunächst mit fliissigem Wachs 
aufgetragen werden, und darnach das Gefiiss in einem Absud gekocht wird, der 
den nicht mit Wachs überzogenen Flächen eine tiefschwarze Farbe erteilt. dic 
Ornamente dagegen nach dem Abschmelzen des Wachses in der hellen Farbe der 
Calebasscnobertliche hervortreten lässt. Die interessantesten Gruppen sind die 
letzten beiden, die Holmes die Alligatorgruppe und die polychrome Gruppe 
nennt. Maccurdy akzeptiert die von Holmes aufgestellten Formenreihen, die von der 
natürlichen Tierform durch Vereinfachung und Auflösung in die Elemente zu reir 
geometrischen Verzierungen führen. Er selbst hat in ähnlicher Weise die Gürteltier 


Literarische Besprechungen. 859 


verzierungen der ersten Tonwarenklasse behandelt und fiihrt uns rein geometrisch 
angeordnete Verzierungen vor, deren Elemente aus dem Giirteltierauge und dem 
(zürteltierschwanze bestehen. Von den sehr seltenen polychromen Gefässen, deren 
Besonderheit in der Verwendung eines purpurgrauen Tons neben dem Rot, Gelb 
und Schwarz besteht, bildet Maccurdy ein paar prächtige Stücke ab. Ich halte 
diese Gefässe für Import, für Stücke, die der form- und farbenreichen Töpferei von 
Nicoya angehören. 

Ein nicht unwesentlicher Teil des Buches ist schliesslich der Metalltechnik 
gewidmet, den Kupfer- und Goldfiguren, durch welche die Landschaft von Chiriqui ja 
vor allem berühmt geworden ist. Mac Curdy hat ausser den Stücken der Sammlung 
der Yale University noch andere Sammlungen und die aus dem benachbarten 
(rebiete des Rio General in Costa Rica stammenden Stücke herangezogen und gibt 
in guten Abbildungen eine ziemlich vollständige Übersicht der Figurentypen, denen 
zum Schluss noch ein paar interessante und seltene Stücke, Schmuckplatten aus 
Goldblech angefügt werden. Im ganzen wird das Werk seinen Zweck voll erfüllen, 
einem weiteren Kreise das Studium dieser Altertümer und ihrer interessanten 
Forrnenreihen zu ermöglichen. 

Eduard Seler. 


Marshal H. Saville. Contributions to South American Archaeo- 
logy. The George G. Heye Expedition. 

Vol.I. The Antiquities of Manabi, Ecuador Preliminary 
Report New York 1907. (135 S. Grossquart, mit 55 Tafeln und 
9 Textbildern.) 

Vol. Il. The Antiquities of Manabi, Ecuador. Final Report. 
New York 1910. (284 S. Grossquart, mit 114 Tafeln und 17 Text- 
figuren.) 


In dem einleitenden Abschnitte des ersten Bandes weist der Vf. darauf hin, 
dass in dem ganzen, der Nordgrenze des eigentlichen Peru im Norden vorgelagerten 
Gebiete in systematischer, Weise noch gar nicht und überhaupt nur sehr wenig 
archäologisch gesammelt worden sei, und daher unsere Kenntnisse von den Alter- 
tümern dieser Gegend nur sehr mangelhafte seien. Und doch gäbe es dort, auf 
dem Hochlande, bis Popayan mindestens vicr verschiedene Kulturen, die der 
Cañari in den Bergen von Azuay, die der Puruha in der Gegend von Riobamba, 
die der Cara in Quito und endlich die der Caranqui in Imbabura, während an 
der Küste die alten Bewohner der Provinz Manabi eine sehr bemerkenswerte eigen- 
artige Kultur geschaffen hätten, denen sich im Norden und Süden andere vielleicht 
verwandte, aber doch selbständige Kulturen anschlössen. Diese Bemerkungen sind 
richtig. Man muss in der Tat Herrn George H. Heye ganz besonders dankbar 
sein, dass er die für solchen Zweck erforderlichen ganz bedeutenden Mittel bereit 
stellte, um durch wiederholte Expeditionen möglichst vollständiges archäologisches 
Material aus diesen Gegenden zusammenzubringen; wie man ihm andererseits Glück 
wünschen kann, dass er für diese Aufgabe Prof. Saville gewonnen hat, der prak- 
tische Erfahrung, Energie und Umsicht mit den nötigen fachmännischen Kenntnissen 
in der wünschenswertesten Weise verbindet. 

Die erste Expedition wurde im Sommer 1906 unternommen und ging nach der 
Provinz Manabi. Über die damals erlangten Sammlungen und wissenschaftlichen 
Resultate gibt der erste Band Bescheid. Er wird als ein „vorläufiger Bericht“ be- 
zeichnet, weil für die beiden folgenden Sommer (1907 und 1908) neue Expeditionen 
nach demselben Gebiete geplant waren, die durch systematische Ausgrabungen das 
archäologische Bild wissenschaftlich fundieren und vervollständigen sollten. Über 
die Resultate dieser zweijährigen Kampagne gibt der zweite Band Aufschluss. Eine 
dritte Reise wurde von Saville im Sommer 1910 nach dem Hochlande von 


SN 


860 Literarische Besprechungen. 


Ecuador unternommen. Die Ergebnisse dieser Expedition werden in einem dritten 
Bande behandelt werden | 

Die Provinz Manabi zerfällt klimatisch und ökologisch in zwei sehr ver- 
schiedene Zonen. Die Kreidekalkplatten, die nach der See überall in hohen Bar- 
rancos abfallen, und die niedrigeren Hügel näher der Küste sind trocken und regen- 
arm. Das nötige Trinkwasser verschafften sich die alten Bewohner der Provinz. 
indem sie tiefe Schachtbrunnen in den lebendigen Fels bis zu den unterirdischen 
Wasserläufen trieben. Die höher aufragenden Hügel des Hinterlandes dagegen, an 
denen die aus dem Ozean aufsteigenden Nebelbänke haften, haben ein feuchtes 
Klima, der ursprüngliche Felsboden ist, aufgelockert und humusreich, und wo dir 
Hand des Menschen nicht eingreift, bedeckt tropischer Wald die Gehänge. Dir 
trockene Zone ist nicht ganz ansiedlungsleer. Gleich hinter Manta dehnt sich weit- 
hin eine alte Stadt, für die der Name Jocay uns erhalten ist. Aber die Haupt- 
masse der Ansiedlungen trifft man doch auf den feuchten Hängen der höher anf- 
ragenden Hügel des Cerro de Hojas, des Cerro Jaboncillos, Cerro Jupa u.a. 
Der Vf. beschreibt die Hausfundamente, die grosse viereckige oder ovale Stein- 
einzäunungen „corrales“ bilden, deren Mauern aus zwei Reihen senkrecht in dep 
Boden getriebener Steinplatten bestehen. Der Raum dazwischen war, wie es scheint. 
mit Erde und Steinen ausgefüllt. | 

Bekannt geworden sind diese Hiigeldérfer vor allem durch die merkwürdigen. 
aus einem Stein gehauenen Sitze, die in ihnen gefunden worden sind. Altere 
Autoren, wie Villavicencio (Geografia de la Republica del Ecuador, New York 185s 
p. 489) — der der erste ist, der auf diese merkwürdigen Altertümer aufmerksam 
gemacht hat —, geben an, dass diese Steinsitze in einem Kreise von „mindestens 
dreissig* aufgestellt gewesen seien, und es wird sogar von einer Steinplatte in der 
Mitte des Kreises berichtet. Diese Angaben kann Saville nicht bestätigen. Er hat 
diese Sitze immer im Innern der Hausringe gefunden, und gewöhnlich einzeln, nur 
selten zu mehreren, ein einziges Mal bis zu 12 an der Zahl. Der eigentliche Körper 
oder Träger des Stuhls ist gewöhnlich eine nach Art eines vierfüssigen Tieres auf 
dem Boden stehende menschliche Figur oder eine Pumafigur. Daneben kommen 
aber auch seltene Stücke vor, wo der sonst unbearbeitete Stuhlkörper aut der 
Vorderseite in Relief das Bild einer Eidechse oder einer Fledermaus zeigt. 

Zusammen mit diesen Steinsitzen werden stehende menschliche Figuren vou 
eigentümlichem Gesichtsschnitte gefunden. Die Mehrzahl von ihnen ist durch die 
deutlich angegebenen Geschlechtsteile als männlich charakterisiert. Vor allen Dingen 
interessant sind aber gewisse Flachreliefe in Sandstein oder grauem andesitischem 
Gestein, die zumeist vom Cerro Jaboncillo stammen, und von denen bisher nur 
ein Exemplar im Trocadero-Museum bekannt war, das Hamy auf Tafel 31 seiner 
Galerie Americaine abbildet. Die Hauptstücke stellen nackte weibliche Figuren 
dar, in der mamacouhticac-Stellung der gebärenden Tlagolteotl des Codes 
Borbonicus. Eine quer über den Bauch gehende vertiefte Furche ist vielleicht als 
Schnürfurche zu deuten, die durch das scharfe Anziehen bei der Befestigung des 
Hüfttuches entstehen musste. Die Figur sitzt unter einem Baldachin, auf dem bald 
Treppenmuster, bald stilisierte Schmetterlinge, Affen und Eidechsen (Kröten» 
Figuren oder Derivate solcher abgebildet sind. Sie ist auf einigen der Stücke von 
ein Paar Vögeln. auf anderen von zwei Äffchen begleitet. An Stelle der weiblichen 
Figur sieht man auf einer Anzahl Stücke eine Tierfigur mit scharf markierter spina 
dorsalis abgebildet. die zuweilen mit einem sich einrollenden Schwanze. zumeist 
aber ohne einen solchen dargestellt ist — eine Art Mittelding zwischen Kröte un! 
Affe — mit einem schmalen Kopfe, der von sich einrollenden Gebilden, die einen 
bald an die Spiralzunge der Schmetterlinge, bald an Octopus-Arme erinnern, um- 
geben ist. Über ihr ist auf einer der Platten eine Fledermaus zu sehen. Auf einer 
dritten Reihe von Platten und Bruchstücken endlich ist die weibliche Figur durch 
ein Symbol ersetzt, das aus einer Schale und einem Kreise besteht. Die Schale hat 
bald den eckigen Umriss des Sagittalschnitts einer wirklichen. mit einem Rande 
versehenen Schale, bald die bekannte Gestalt des türkischen sogenannten Halb- 


Literarische Besprechungen. 861 


monds“, d. h. des jungen Monds des Abendhimmels. Musste man bei der Gestalt 
der nackten weiblichen Figur in Geburtsstellung schon an die Göttin des Abend- 
himmels, die Herrin der Zeugung, der Lebensmittel und der Vegetation denken, so 
wird, meiner Auffassung nach, diese Deutung durch die Homologie mit dem jungen 
wachsenden Monde zur Gewissheit erhoben. Die Gestalt ist demnach der Tlaçol- 
teot] des Codex Borbonicus nicht nur vergleichbar, sie ist direkt als eine Parallele 
zu ihr zu betrachten. 

Unter den Metallgegenständen, die übrigens selten sind, finden sich eine An- 
zall Stücke, die aus Kupfer mit einem Belage von Goldblech bestehen, der durch 
starke Pressung, Hämmerung. vielleicht im Feuer, auf der Kupferunterlage befestigt 
wurde, Wir kennen solche zoldplattierte Stücke aus der Chiriqui-Gegend, und in 
dem Jahrgange 1905 der Zeitschrift (S. 444) habe ich einen halbmondförmigen Brust- 
schmuck aus Michuacan beschrieben, der in gleicher Weise aus mit Gold plattiertem 
Kupterblech besteht. Aus anderen (Gegenden sind Stücke dieser Art bisher noch 
nicht bekannt geworden. Ich erinnere übrigens daran, dass wir in der Sammlung 
unseres Museums aus der Provinz Manabi eine kleine Maske haben, eine Art 
Dämonengesicht, die aus Goldblech besteht und aussen mit einem weissen Metalle. 
augenscheinlich Platina, plattiert: ist. | 

Von Gegenständen aus Muschelschale beschreibt Saville drei Schnecken- 
gehäuse (Cassis, Conus, Cyprina), die durch Verschluss der Lippenseite mit einem 
Stück Muschelschale oder Ginen Scherben und Ausschleifung einer runden Öffnung 
auf der äusseren gewölbten Seite in Behälter umgewandelt sind, die für die Llipta, 
«lie alkalische Masse (Asche und Atzkalk) gedient haben, die zusammen mit dem 
Cocaballen gekaut wird. Der eine dieser Schneckenhausbehälter wurde noch mit der 
alkalischen Masse gefüllt gefunden. Auch an drei kleinen Tongefässen mit runder 
Öffnung konnte Saville durch die noch am Rande haftende alkalische Substanz 
nachweisen, dass sie den ,popoero* genannten kleinen Kürbissen entsprechen, in 
denen die heutigen Indianer Perus und Columbiens die „Llipta“ mit sich führen, 
die sie zusammen mit dem Cocaballen kauen. Im übrigen haben sich bei den Aus- 
grabungen verhältnismässig wenige Tongefässe gefunden, dagegen eine grosse Zahl 
von Tonfiguren und Bruchstücken solcher, denen Saville eine ganze Anzalıl von 
Tafeln des zweiten Bandes widmet. Dass diese zum grössten Teil in Formen ge- 
macht wurden, wurde durch die Auffindung einiger solcher Tonformen bewiesen, 
von denen Saville auf Tafel (7 des zweiten Bandes sechs Stück abbildet. Die 
Typen der Gefässe und der Figuren weichen von den bekannten Typen der peru- 
anischen Gefässe und auch von denen des Hochlandes von Ecuador durchaus ab, 
Iın weiteren Sinne möchte ich sie der kolumbischen Region anschliessen. Saville 
bildet übrigens, ausser den auf dem Cerro Jaboncillo und an anderen Orten des 
Distrikts von Manta gefundenen Stücken, noch die von ihm im Gebiete von Cara- 
ques gesammelten Tontiguren und ein Stück aus der Gegend des Cap St. Helena ab. 
Unter den ersteren ist eine Figur recht interessant, die eine künstlich ausgeschorene 
Haarfrisur trägt, die einen fast an die Tonfiguren von Tlalixcoyan an der mexi- 
kanischen Golfküste erinnert. Die Keramik der Provinz Esmeraldas soll, wie Saville 
angibt. einen besonderen Stil darstellen. Die dort gemachten Sammlungen haben 
aber in dem zweiten Bande nicht mehr Aufnahme tinden können. — Wenn auch, 
intolge wiederholter Reisen nach demselben Gebiet, die Bearbeitung naturgemäss 
etwas ungleich ausgefallen ist, so ist das Ganze doch ein hochbedeutsames Werk, 
das bei allen späteren Studien über dies Gebiet in erster Linie wird befragt werden 
miissen. 

Eduard Seler. 


IV. Eingänge für die Bibliothek.” 


1. Maass, Alfred, Durch Zentral-Sumatra I. Band I. Teil: Reisebericht. Erlebnisse, 
Funde, geschichtliche Rückblicke. 11. Teil: Die Ethnographie der Kuantan- 
und Kamparländer. Berlin W. Süsserott 1910. 4°. 

2, Farfarowski, H, [Russisch], Die Pandorenspieler im Kubangebiet. Charkow 
1910. 8° (Aus: 19. Hefte des Archivs der Charkower histor. philolog. 
Gesellsch. z. Gedächtnis an Prof. E. K. Redin). 

3. Ebert, Max, Ein Spangenhelm aus Ägypten. o. O. 1909. 8°. (Aus: Prähist. 

| Zeitschr. D. 

4. Ebert, Max, Der Goldring von Strobjehnen. o. O. 1911. 8°. (Aus: Prähist, 
Zeitschr. Ill). 

5. Kollmann, J., Das Problem der Gleichheit der Rassen. Leipzig: B. G. Teubner 
1911. 8°. (Aus: Arch. f. Rassen- u. Gesellschafts-Biologie). 

6. Vierkandt, Alfred, Die Anfänge der Verfassung und Verwaltung und die Ver- 
fassung und Verwaltung der primitiven Völker. Berlin-Leipzig: B. G. Teubner 
1911. 8°. (Aus: Die Kultur der Gegenwart). 

7. Wahnschaffe, Felix, Die Eiszeit in Norddeutschland. Berlin: R. Müller. 1910. 8°. 

S. Wahnschaffe, Felix, Über die Gliederung der Glazialbildungen Norddeutsch- 
lands und die Stellung des norddeutschen Randlösses. Berlin: Gebr. Born- 
traeger. 1911. 8". (Aus: Zeitschr. f. Gletscherkunde. Bd. V. 

9. Outes, Felix F., La controversia sobre las Escorias y tobas volcánicas de los 
sedimentos pampeanos y la cretica europea. Buenos Aires 1911. 5°. 

10. Brueckner, Schliemann. 0.0. u. J. 8". 

11. Pharphorowski, S. W., [Russisch], Truchmeni (Turkmeni) im Gouvernement 
Stawropol. Kasan 1911. 8". 

12. Halın, Ed., Wörter und Sachen. Kulturhistorische Zeitschrift für Sprach- und 
Sachforschung . . . Bd. I bis JI. Heidelberg: C. Winters Universitätshuch- 
handlung 1910/11. 8". (Aus: Zeitschr. f. Ethnol. 1911.) 

13. Hahn, Eduard, Klabautermann. Berlin 1911. 8° (Aus: Zeitschr. d. Ver. L 
Volkskunde in Berlin.) 

14. Hahn, Eduard, Die Erkenntnis des heutigen Volkslebens als Aufgabe der 
Volkskunde. 0.0.1911. 8". (Aus: Zeitschr. d. Ver. f. Volkskunde in Berlin.) 

15. Hahn, Eduard, Die Entstehung des Getreidefeldes. Berlin: A. Scherl 1911. 4°: 
(Aus: Internat. Wochenschrift f. Wissenschaft und Technik.) 

16. Hahn, Eduard und Ida, Schwierige Methoden der Ernährung bei den Natur- 
völkern. Jena: G. Fischer 1911. 4° (Aus: Naturwissenschaftl Wochenschr. 

N. F. X. Bd, der ganzen Reihe XXV1 Bd.) 

11. Hahn, Ed., Zur Rolle Babyloniens für Kultur und Astronomie. o O. 1911. 4°. 
(Aus: Deutsche Literaturztg. NANIL Jahrg.) 


1) Die Titel der eingesandten Bücher und Sonder-Abdrücke werden regelmiissig 
hier veröffentlicht, Besprechung der geeigneten Schriften vorbehalten. Rücksendung 
unverlangter Schriften findet nicht statt. 


18. 


19. 


20. 


21. 


Eingänge für die Bibliothek. 863 


Craig, J. J, Anthropometry of modern Egyptians. Cambridge London: Fetter 
Lane ... Berlin: A. Asher and Co., Leipzig: Brockhaus,..0 J. 8". (Aus: 
Biometrika ... vol. VII). 

Hartmann, C. V., Le calebassier de Amérique tropicale. Paris 1910. 8°. (Aus: 
Journ. de la Soc. des Americanistes de Paris. N. ser. tome VII). 

Janusz, Bohdan, Typy etniczne i kulturalne w prehistoryi Galicyi wschodniej. 
Lwów 1911. 8° 

Friedenthal, A. Das Griberfeld Cournal Kirchspiel St. Jürgens, Harrien, 
Estland. Reval: F. Kluge 1911. 4". 

Moszkowski, Max, Beiträge zur Entwickelungsgeschichte des Wohnhauses in 
Ostsumatra. Braunschweig: F. Vieweg & Sohn 1911. 4". (Aus: Arch. f. 
Anthrop. N. F. Bd. IX). 

Nr. 1 bis 22 Verfasser. 


. Johnston. Harry, Die Rassen Afrikas. Stuttgart 1910. 8". 


24. Hildebrand, Eugen, Die diluvialen Knochenreste eines Kindes aus der Balla. 


ee 
wo 
-l 


höhle bei Répashuta in Ungarn. Budapest 1911. 8° (Aus: Mitteil. a. d. 
Höhlenforschungskommiss. d. Ung. Geolog. Gesellsch. Jahrg. 1911. 


. Kadić, Ottokar, Paläolithische Steingeräte aus der Szeletahöhle bei Hámor in 


Ungarn. o. O. 1909. 8°. (Aus: Földlani Közlöny XXXIX.) 


. Ströhmfeld, Gustav, Das Schwabenland in Wort und Bild ... Stuttgart: 


Württemberg-Hohenzollerische Vereinigung f. Fremdenverkehr. o. J. 8°. 


7. Führer, Kleiner, durch Heilbronn. 2. verbesserte Auflage. Heilbronn: Verlag 


des Verkehrsvereins 1911. 8". 

Führer, für den Ausflug zum Hohenneuffen Heidengraben und nach Urach 
am 11. August 1911 von P. Goessler und E. Fraas. Stuttgart 1911. (Aus: 
XLII. Vers. d. Deutsch. Anthrop. Gesellsch ) 

Festschrift zur 42. Versammlung der Deutschen Anthropologischen Gesell- 
schaft .. . in Heilbronn a. N., überreicht vom historischen Verein Heil- 
bronn. Heilbronn 1911. 4". 


. Begouen, Henri, Les Congres préhistoriques de Nimes et de Tübingen. Paris ` 


1911. gr. 2% (Aus: Journ. des Debats 123. Année). 
Nr. 22 bis 20 Hr. H. Virchow. 
Weule, Karl, Kulturelemente der Menschheit .. . Stuttgart: Kosmos, Gesellsch. 
der Naturfreunde: Frankhsche Verlagsbuchhandlung. o. J. 8°. 


. Moszkowski, Max, Vom Wirtschaftsleben der primitiven Völker (Unter beson- 


derer Berücksichtigung der Papua von Neuguinea und der Sakai von 
Sumatra). Jena: G. Fischer 1911. An (Aus: Probleme der Weltwirt- 
schaft... V). 


. Henry, Jos., L'ame d'un peuple africain les Bambara, leur vie psychique, éthique, 


sociale, religieuse. Münster: Aschendorff 1910. 8". (Aus: Anthropos- 
Bibliothek Bd. I). 


. Peekel, P. G., Religion und Zauberei auf dem mittleren Neu-Mecklenburg- 


Bismarck-Archipel, Südsee. Münster: Aschendorff 1910. 8°. (Aus: An- 
thropos-Bibliothek Bd. I). 
Nr. 30 bis 33 Verleger. 


A. Haldane, Internationale Verständigung. Deutschland und Grossbritannien, 


eine Studie über nationale Eigentümlichkeiten. Festrede, gehalten am 
3. August 1911 ... Autorisierte Übersetzung von Dr. Rudolf Eisler. 
Berlin: Friedenswarte 1911. 8”. 

Internat. Vorstand. 


. List of Sanskrit and Hindi Manuskripts purchased by order of Government 


and deposited in the Sanskrit College, Benares. Allahabad 1911. 8". 
Superintendent Gor. Press. 


, Dupenty-Trahon, J. F.. Le Moniteur indien ou dictionnaire contenant la 


Description de V’Hindotstän, et des differents peuples qui habitent cette 
contrée .. . Paris: Caiet 1858. 8" 
Prof. Lissauer-Stiftung. 


86 


OS, 


OY. 


40. 


45. 


44. 


D4. 


Oo. 


Eingänge für die Bibliothek. 


Holsten, Robert, Die Verkehrsverhältnisse im Pyritzer Weizacker in vor- 
geschichtlicher Zeit. Pyritz 1909. 8% (Aus: Festschr. z. Fünfziejähr. 
Jubelfeier des Kel. Bismarck-Gymnasiums zu Pyritz). 

Holsten, Robert, Woher stammt die Weizackertracht? Pyritz 1911. 4°. (Aus: 
Beil. z. Progr. d. Kgl. Bismarck-Gymnasium zu Pyritz Ostern 1911.) 

Giuffrida-Ruggeri, V., Controversie intorno all’ azione dell’ ambiente sul’ 
Uomo. Roma 1911. 8%. (Aus: Riv. di Antrop. vol. XVI). 


. Hoernes, Moriz, Die Formenentwicklung der prähistorischen Tongefässe und 


die Beziehungen der Keramik zur Arbeit in anderen Stoften. 0.0. 1911. An. 
(Aus: Jahrb. f. Altertumskunde ... Bd. V>. 


2, Bartels, Paul. Über neuere Ergebnisse der anthropologischen Forsehung. 


Leipzig: G. Thieme 1911. 8°. (Aus: Deutsch. Med Wochenschr 1911). 
Fehlinger, H. Die Entstehung der Exogamie. 0. O. 1911. 8% (Aus: Sexnal 
Probleme .. . 7. Jahrg.). 
Feklinger, H., De l'influence biologique de la civilisation urbaine. Bologna: 
N. Zanichelli. London: Williams and Norgate. Paris: F. Alcan. Leipzig: 
W. Engelmann 1911. 8° (Aus Scientia vol. X). 


, Schuller, Rodolfo R., Documentos para la historia de las Misiones de Maynas... 


Madrid 1911. 8% (Aus: Bol. de la R. Acad. de la Hist. 1911). 

Hermann, Rudolf, Rhinoceros Merckii Jäger im Diluvium Westprenssens und 
seine Beziehungen zur norddeutschen Diluvialfauna. o. O. 1911. 8". (Aus: 
Monatsber. d. Deutsch. Geolog. (resellsch. Bd. 63). 


. Grunwald. Max, Bericht über die Gruppe „Hygiene der Juden“ in der Inter- 


nationalen Hygiene-Ausstellung Dresden 1911. o. O. 1911. 8°. 


. Bellucci, Giuseppe, L’ipogeo della famiglia erusca „Rufia* presso Perugia. 


Perugia 1911. 8”. 


. Pöch, R., Zur Simbäbye-Frage. Wien 1911. 8% (Ans: Mitt. d. k. k. Geogr, 


(resellsch. in Wien 1911). 


. Hahn, Ed., Die Entwicklung des Schiffs und der Schiffahrt nach wirtschafts- 


geschichtlichen Gesichtspunkten dargestellt. Berlin: M. Krayn 1911. 4°. 
‚Aus: Zeitschr. d. Verbandes Deutsch. Diplom-Ing. Bd. IL 1911). 


. Hahn, Ed., Schriften. 0.0.u.J. 4". 
2. Moore, Clarence B., Some Aboriginal sites on Mississippi River. Philadelphia. 


P. C. Stockhausen 1911. 4". 


3. Poutrin, Travaux scientifiques der In Mission Cottes au Sud-Cameroun (1900 


bis 1908)... d’apres les observations et documents recueillis par le 
Dr. Gravot, Paris: E. Leroux 1911. 8". 
Nr. 30 bis 52 Verfusser. 

Myhrman, David W., Babylonian hymns and prayers. Philadelphia: University 
Museum 1911. 8°. (Aus: Mus. Pub. of the Babvl. Sect Univ. of 
Pennsvl. Vol. 1). 

University Museum, 

Catalogue... vol XL — Systems of indian philosophy-continued. Madras 

1911. 8°. 


H mi ` 
Supt. Gov. Press, 


n» Visscher, H., Religion und soziales Leben bei den Naturvölkern Bd. I und II. 


Bonn: J. Schergens, Utrecht: G. J. A. Ruys 1911. 8°. 
Prof. Lissauer-Stiftung 


T. Kalat’a Bolanga na bwambo ba Duala. Duala-Lesebuch für die Schulen der 


Basler Mission in Kamerun. Basel: Evang. Missionsgesellschaft 1910. 8". 
Basler Missionsyesellschaft. 


. Dictionary, A., English-Tshi (Asante)... edited by the Basel Missionary 


Society. Second Edition. Basel 1909. x”. 
Basler Missionsgesellschaft. 


Abreschlossen am 16. Dezember 1011. 


L Abhandlungen und Vorträge. 


Pflanze und Tier im Volksmunde des mittleren Sudan. 
Von 


Rudolf Prietze. 


Die im Jahrgang 1907 Heft 6 dieser Zeitschrift von mir veröffent- 
lichten Haussamärchen gaben bereits Anlass, auf das gemütliche Verhältnis 
dieses Volkes zur Tierwelt hinzuweisen. Es erinnert an Reinecke Fuchs, 
wenn einer Reihe von Tiergattungen Personennamen beigelegt werden; 
nur scheinen es ausschliesslich weibliche zu sein, so Mairo (Mirjam) für 
den Skorpion, Aisáta (Aiša) für das Weibchen des Falken, Küsa für das 
des Honigdachses, El-Fätuma, Tochter der Fatma, für die Hyäne, Adama 
(in Bornu Fánata) für die Äffin. Daneben finden sich zahlreiche Bei- 
namen, die zum Teil der Furcht ihren Ursprung verdanken, die Nennung 
des eigentlichen Namens könne seinen Träger herbeirufen; wer nachts 
über Feld geht, sagt für Schlange lieber igia-] kasa Bodenstrick als 
macı2l. | 

Indessen beschränkt sich die Neigung, Epitheta zu bilden, weder auf 
die Tierwelt, noch ist sie lediglich den Haussa eigen. Auch das benach- 
barte, kulturell ihnen verwandte, unter ihrem geistigen Einfluss stehende 
Bornu teilt sie, wenn auch kaum in gleichem Grade. Sie entspringt dem 
Bedürfnis eines heiteren, weltgewandten Volkes von offenem Auge und 
beweglicher Zunge, allem, was in seinen Gesichtskreis tritt, eine persön- 
liche Note aufzuprägen. Die Dinge werden teils nach ihrem Gebrauchs- 
wert, teils nach vorhandenen oder ihnen beigelegten Eigentümlichkeiten 
etikettiert, bald durch stehende Beiwörter, bald als sprichwörtlicher Ver- 
gleich, bald in der Form der Apostrophe, bald indem man ihnen selber 
Aussprüche in den Mund legt, und was von solchen Einfällen Beifall fand, 
ward zum geflügelten Wort, gehört zum eisernen Bestand des Zitaten- 
schatzes, ja zu den Urzellen der Volksliteratur. Für die Sprachgeschichte 
kommt diese Fertigkeit der Charakteristik insofern in Betracht, als sie 
eine Fülle von Namen geschaffen hat, besonders um die Unterarten einer 
Spezies zu kennzeichnen?). 


1) Eine Auswahl der bemerkenswertesten sei hier aufgeführt; zunächst aus 
dem Haussa: 
Zeitschrift für Ethnologie. Jahrg. 1911. Heft 6. 36 


866 Prietze: 


Der Volkskunde eröffnet sie Einblick in den Gesichtswinkel, aus dem 
die Umwelt angeschaut wird. Mancher Aberglaube, manche wunderliche 
Anschauung treten zutage, z. B. in dem Liedchen an den Kometen: 

taurärua mai-wuzia, 
gani-n-ki ba alhéri ba. 
O du geschwänzter Stern, 
man sieht dich gar nicht gern. 
(Wörtlich: „Dein Anblick ist kein Geschenk.“) i 

Oder in dem Ausdruck fizari-m macizi, „Schlangenurin“ fir Kohlen- 

dunst; tatsächlich wird nicht nur im Sudan, sondern auch bei Arabern 


Bohnenarten: 

a) sa babba sāta „verleite einen Grossen zum Diebstahl.“ 

b) harsi-n timkia „Schafzunge“ (weil schwarz). 

c) baki-n Zaki Eselsmaul (weiss und rot oder braun gefiirbt). 

Hirsenkorn: 

a) däwa wiZic-] giwa Elefantenschwanzhirse. 

b) dawa kúmči-n zimo Hasenbackenhirse. 

Eine Pflanze, deren Wurzel gegen Skorpionsstich dient, heisst Zibdal kas 

= Zibeth der Erde. 

Eine andere, mit deren Blattknospen man sich gegen Skorpionsstich einreibt, 
gada-m macizi = Bett der Schlange (weil diese gern unter ihr liegt). 

Eine Art Dornstrauch zaza-l giwa, Schamhaar des Elefanten. 

Die Aloe käba-l giwa, Elefantenblatt (= Bornu gill? kumagum-bd). 

Die Brechnussstaude heisst nach Mischlich Gi-ni da zúgū „iss mich mit 
Landeszeug“, d. h. wenn du ein Stück Zeug hat, in das man dich für das Begräbnis 
einwickeln kann. 

Eine geflügelte schwarze Ameise heisst, ebenfalls laut Mischlich, tüma da 
gaiwa „Hüpfen und Auslachen“, weil sie, nachdem sie aufgehüpft ist und gestochen 
hat, davontliegt. 

Der grüne Grashüpfer wuke-l säriki, „Dolch des Königs“ (laut Mischlich, 
nach der mit grünem Leder überzogenen Dolchscheide des Königs). 

Brummitliege, gauró-ù (oder gobrd) kuda „Witwer oder geschiedener Mann der 
Fliere“. 

Schlangenarten: 

a) kai-ni inua, „trage mich im Schatten“, eine klafterlange, ungiftige Schlange, 
die sich dem Wanderer ums Bein rollt und abspringt, sobald er zu einer 
schattigen Stelle gelangt. 

b) Zada raki, „stifte Furcht“, ebenfalls klafterlang. 

ch da-m múgurźi, Kind des mugurii, d. h. des Eisenstäbchens. mit dem die 
Weiber die auf flachen Steinen ausgebreitete Baumwolle mangeln (gurzai, 
um sie zu entkörnen, nur 0,5m lang, aber von tödlichem Biss. 

d) bi-Zi-ba-kika, „hört. kein Schreien“, d. h. mag kein Klagegeschrei hören. 
Eine armlange, rötlich-weiss gestreifte Giftschlange, die sich nachts ein- 
schleicht, den Schläfer beisst und sich versteckt, bei beginnender Toten- 
klage aber davoneilt. 

Für das Bornu kommen besonders die Zusammensetzungen mit dem mecha- 
nisierten arab. abu in Betracht (Vater in Bornu aba). 

So abu timiwa ,Zahnwesen* = Fledermaus, 
dagumwa „Kragenwesen“, eine Art Gazelle. 
sériwa ,Augenzahnwesen* = Fenek. 
kalegiwa ,Stachelwesen* = Stachelschwein. 
kokiowa „Büschelwesen“ = Kakadu. 

Zitiwa „Barthaarwesen” eine Fischart. 


3 3 3 3 


‘8 


Pflanze und Tier im Volksmunde des mittleren Sudan. 867 


Nordafrikas als Ursache einer Kohlenoxydgasvergiftung der Urin der ge- 
hornten Viper angesehen, der irgendwie auf die Kohlen getropft sei. 
Noch seltsamere Falle s. u. 49, 56, 111 u. a. Wie auf die umgebende 
Natur in ihrer Bedeutung und Verwertung aus solchen Epigrammen 
manch Streiflicht fällt, so spiegelt sich in ihnen vor allem die Eigenart 
des Volksgeistes, der sie schuf. 

Nachstehende Sammlung dieser im Haussa kirári genannten Floskeln 
aus dem Haussa (H) und Bornu (B) entstand grésstenteils bei Gelegen- 
heit der Aufstellung eines Vokabulars der Flora und Fauna, wozu mich 
Irrtümer und Ungenauigkeiten der bisherigen Wörterbücher veranlassten. 
Noch ist, trotz der grossen Verdienste Mischlichs, vieles ungeklärt und 
wird es bleiben, bis Botaniker und Zoologen die überlieferten Ausdrücke 
sämtlich identifiziert haben werden. Einiges habe ich für das Haussa, 
Bornu und Fulfulde hier in Kairo feststellen können, indem ich den be- 
treffenden Gewährsmann durch den vorzüglich geleiteten zoologischen und 
den Esbekieh-Garten führte, mir Tiere und Gewächse in seiner Sprache 
benennen liess und zugleich die angeschlagene wissenschaftliche Bezeichnung 
aufschrieb. Auch dem Reisewerk des Herrn P. Staudinger danke ich 
wertvolle Aufschlüsse. 

Die weitaus meisten der unten zusammengestellten kirari (s. o.) 
stammen von dem in meiner eingangs erwähnten Veröffentlichung charak- 
terisierten, in Bornu geborenen, später in den Haussaländern weilenden, 
jetzt an der hiesigen Azhar-Moschee studierenden Hadsch Musa, einiges 
ım Haussa auch von dem ebendort genannten Hadsch Achmed. 

Das hier vorliegende Bornu gehört dem Mangadialekt an, dessen Ab- 
weichungen von dem durch Kölle erforschten ich an anderer Stelle be- 
handeln werde. 

Gleichartiges Material habe ich sodann noch aus meinen einschlägigen 
früheren Schriften, „Haussasprichwörter und Haussalieder**) (hier zitiert 
als „Sprichwort“ und „Lied“ unter Angabe der betreffenden Nummer) und 
„Tiermärchen der Haussa“ (Jahrg. 1907 Heft 6 dieser Zeitschrift; zitiert 
als „Tiermärchen“) angeführt, sowie aus Kölle, African (Bornu) Literature 
mit Vokabular, die vorzügliche Bornumärchen enthält, aus Schöns Haussa- 
lesebuch, aus Mischlichs Haussa-Wörterbuch und aus Barths Central- 
afrikanischen Vokabularien. 

Abkürzungen (ausser den eben genannten): H = Haussa, B = Bornu, 
K = Kölle, M = Mischlich, R = Robinsons Hausa Dictionary, 
St = Staudinger, Im Herzen der Haussaländer. 

Zur Schreibung dient mir wie in meiner früheren Publikation (Jahr- 
sang 1907 d. Ztschr.) das Standard-Alphabet von Lepsius mit den für 
das H von mir hinzugefiigten, dort näher gekennzeichneten Konsonanten 
r, d, k. 72), bei denen (ausser r) u. a. vor dem folgenden Vokal ein 
momentaner Kehlkopfverschluss eintritt. Für B reihe ich hier noch | an 
(ähnlich dem r des H, das zwischen r und ] liegt). Also: 


1) Bei O. Harrassowitz, Leipzig. 
9) Mein z wurde bisher überwiegend durch ts ausgedrückt. 
Die 


868 Prietze: 


Vokale: a, e, e, i, 0, o, u in Länge und Kürze (e und o offen), end- 
lich e (tonloses e). 

Diphthonge: ai, ei, au, vi. 

Konsonanten: w, y (beide wie im Englischen), r, r, l, 1, m, n, ñ (wie 
n im Ring), z (weiches s), z (französisches J), z, s (scharf), š (deutsches 
sch), č (= tš), h, f (bilabial), p (stark aspiriert), b, d, d, g, t, k k‘ (k 
mit nachklingendem ch des deutschen „ich“). 


A. Pflanzen. 


l. H tuzi, Grasart, deren Same gegessen wird. Genannt tużí mi- 
wuye-Cira, das schwer auszureissende Gras. 


2. H tafusa, wildwachsendes, etwa 1 m hohes Kraut mit kleinen, denen 
des Maulbeerbaums ähnelnden Blättern, die in schlechten Zeiten gekocht 
und gegessen werden, aber nicht gut bekommen. 

H tafása tamágaži, kin-käi maza gačí scidci tauri-n čiki!) du bringst 
Männern”) nur Härte des Leibes = Schmalhansens Tafassa, du bringst den 
Leuten als Rettung doch nur harten Leib. 


3. H rafasa, Art Gras. Wasser, in dem es gelegen, wird als Mittel 
gegen den Bandwurm getrunken. 

Spruch des Gebers: ša yanzú, mägani yanzú, trink jetzt, Heilmittel 
jetzt. 

Ruf des Verkäufers: kal ktimia*), tahána say = nur keine Scham. 
sie hindert den Kauf. 


4. H B gaigaware, Grasart. Die Wurzel wird mit Pfeffer verschiedener 
Art zusammengestampft und in Pulverform mit Fleisch als Aphrodisiak 
gegessen. 
H magani-n karefü-m*) mazá, 
das Mittel der Kraft der Männer. 
B kargun dung kanguä-be®). 
Mittel der Kraft des Mannes. 


5. H turgunua, Kraut, aus dem eine grüne Brühe bereitet wird, bei 
Männern nicht beliebt. 

Es heisst von ihm: turgünua ta-na regewa kare-fü-m ĉ) mazá, vermindert 
die Mannskraft. 


1) mäga2i, Name für den Hungerleider, wörtlich Erbe. 

2) gati, wörtlich Ufer, hier rettende Küste für die mit dem Hunger Ringenden. 

A kal, zusammengezogen aus kada, dass nicht: genauer kada ka-ži kumia, 
schäme dich nicht: denn wer es kauft, verrät, dass er den Bandwurm hat, 

4) karefü-m, assimiliert für karefi- (auch u durch das dunkle Timbre des 
folgenden m). 

5) kangua aus kamgua, der männliche Mensch. 

6) Vel. 4. *) Bei Achmed einfach F. tana regewa námiži, vermindert den Mann. 


Pflanze und ier im Volksmunde des mittleren Sudan. 869 


6. H karengia, B gibi = Pennisetum distichum, Gras, dessen Stacheln 
an den Kleidern haften, Viehfutter, dessen Same in Zeiten der Hungers- 
not gegessen wird.. Sprichw. H da-n timkia mi-karengia yana dáuye-l!) 
dauka = ein Lamm voll Karengiastacheln ist schwer zu tragen. 

= B giläro gibüa gotiro katkeri. 
Widder mit Penn. dist. dem Nehmer ist zu schwer. 


7. H múrmurri kilkadei*), Hirseart, die auch ungekocht mundet, so 
dass sie der Landmann gleich nach der Heimkehr essen kann. Daher 
murmurei kale" mi-daka = m., was schert dich der Koch! 


8. H. damrv (Kano-Dialekt daurö; vgl. M gyänıro) ist die zweite Ernte 
von maiwa (Holcus cernuus) und däwa (Sorghum). Sie schlagen nämlich, 
wenn sie nicht, wie sonst, mit der Wurzel, sondern eine Spanne hoch über 
dem Boden geschnitten sind, auf besonders gutem Erdreich nach der 
folgenden Regenzeit von neuem aus und liefern eine zweite, der .ersten 
gleichwertige Ernte. 

Daurö mahaukaci-n hazi = Damro, verrücktes Korn (eben wegen 
dieser Merkwürdigkeit). E 

Damro-n däwa gagar firi*) = Damro des Sorghum nimmts mit der 
Trockenzeit auf. 

Damro m máiwa SaeSac*), mi-mäta déwa’) = Damrotränke von maiwa, 
o Gatte vieler Weiber (wohl Ruf des Verkäufers, der aus dieser Hirse 
hergestellten, für besonders stärkend geltenden Klösse). 


9. H burtúntuna, Korn, das nicht reif geworden ist. 
Sprichwort: burtúntuna mugunia-] däwa ta-na báta gari. 
unreife, schlechte Hirse sie verderbt Mehl. 


10. H sinkafa, Reis. Er wird sehr geschätzt, vgl. St. 628f. 
Genannt Sinkäfa mi-tagómaši”), der liebe Reis. 


ll. H dáåżkali, Batate. 
Von ihr heisst es nach Achmed: 


dáùkali ša) kuse: dasé máza, di mita’na-Ali®) gätari-n kasa. 
trink Verachtung: Pflanzer, Männer, Essen Weiber Axt des Bodens. 


= die Batate ist verächtlich: Männer pflanzen sie, Weiber essen sie, die 
Frucht Alis®) spaltet den Boden. 


1) dauye-l, zusammengezogen aus da wuya-l, mit der Schwierigkeit. 

2) Vgl. M. murmura auskernen, kalkada ausklopfen. | 

3) k‘alt, achte nicht auf (midaka, den Koch), 

4) M gayära überwältigen, fari Trockenzeit. 

5) M Sayé-Sayé, pl. v. šā, das Trinken. 

6) mi-mäta, in Zinder für das mai-mäta der andern Dialekte = Weiber habend ; 
dčwa, aus dayawa, viel. 

7) M tagomasi, Liebe (dem Berberischen entnommen). 

8) Zu der phraseologischen Verwendung von aa vgl. Sprichw. Nr. 102. 

9) Man schreibt die Einführung dieser Knollenfrucht einem gewissen Ali zu. 


870 -Prietze: 


12. H rögo, Kasada (Manihot utilissima vgl. St. 634). Sie ist laut 
Achmed das ehrenvolle Gegenstück zur Batate und wird folgenderinassen 
apostrophiert: rögo gaida'), itace Fir’auna, kutunku’), Jaläta basi®)! Kowa 
ye-i-ka, yä-ki dengi*) = Kassada, Elfenbein, Pharaospflanze, Büffelstier. 
Schulderlass! Wer dich baut, meint’s nicht gut mit den Verwandten (weil 
er ihren Neid erregt). 


13. göaza, ein Knollengewächs. 
Sprichw. köwa ya-dafa göaza, ya-dauki babbe-l1°) = Wer die g. kocht, 
nimmt die grosse (d. h. wer etwas verübt, muss dafür aufkommen). 


14. H geda, B güngala, Erdnuss (Arachis hypogaea vgl. St. 631f.), 
H geda mi-kan-kärefi, köwa ya-fäsa-ki, ya-bada wuri = Erdnuss mit dem 
starken Kopf, wer dich zerbricht, zahlt eine Kauri (Redensart des Nuss- 
händlers gegenüber dem Publikum, das seine Ware prüft). 
B (Preisliedchen, im H yabö genannt), 
gangala girdiwa®), 
siga kal-kalnimia°), 
yindi-ro wöl-Zin, 
kuskusumia®), 
dégu-ro wol-Zin = die liebliche Erdnuss, 
brichst du sie auf, 
wird sie zu zweien, 
reibst du sie, 
wird sie zu vieren. 


15. H kwáraró, eine Art Erdnuss in Sokoto, an niedrigem Strauch, in 
Zaria laut R yaro da daria lachender Knabe genannt, eine Bezeichnung, 
die wohl der Verwendung dieser Nuss beim Spiel entstammt: Man tut 
eine Anzahl Nüsse, deren jede ihren Eigentümer hat, in einen Topf. 
schüttelt ihn und leert den Inhalt auf die Erde, in die zuvor ein enges 
Loch gebohrt ist. Der, dessen Nuss hineinfällt, bekommt die übrigen. 
Daher kwararé guZia el-kurıga oder kwarar6 guZia et-caiéa*) = Quararo- 
nuss, Tochter des Würfelspiels. 


1) zaida ist nach A = hakori-üu giwa, Zahn des Elefanten. 

2) M kutünku, männlicher Büffel. 

$) lalita basi, eigentlich Entwertung der Schuld. 

4) M dangi (der Azbin-Sprache entstammend) Bruder, Schwester, Stammes- 
genoss, R dengi, Verwandter, Freund. Mūsa gibt dengi durch Vetter, Base wieder. 

2) Grammatisch bemerkenswert ist der weibliche Artikel 1 in Kano r), der 
hier an babba angefügt ist. 

6) girdiwa. wohlschmeckend, sowie die Verba kalkalügin, kuskusgin, die für 
kalkalnimia, wenn du brichst, kuskusumia, wenn du reibst, vorauszusetzen sind. 
finden sich weder bei K. noch bei Barth. Ein d. wie es mir mein Gewährsmann 
in girdiwa vorschreibt, ist mir im B. sonst nirgend vorgekommen. 

1) Das einheimische Wort ist &aca. dem el Tochter zu et assimiliert ist. 


Pflanze und Tier im Volksmunde des mittleren Sudan. 871 


16. H gauta, tomatenartige Frucht. 
H idanu da zi kama-r gauta, 
= Augen, so rot wie eine Tomate. 
Achmed: witriwuri’) kama-r_ bariwu-n gauta, 
hastig blickend, wie der Dieb der Tomate. 


17. H albasa, B lubasar (aus dem Arab.), Zwiebel. 
H baki-n-ka ya-na wari kama-r ka-¢i albasa. 
Mund dein, er macht Geruch gleichwie du assest Zwiebel. 
B cdi-nem kaliwü-zin labasar girimma-gei. 
Mund dein riecht Zwiebel du kautest wie. 
Es gilt also auch im Sudan für unschön, nach Zwiebeln oder Knoblauch 
zu riechen. Musa behauptet, den mit diesem Geruch Behafteten werde 
der Eintritt in die Moschee verwehrt. 


18. H na-Gazaua (zu ergänzen wak‘e), Bohne. Bohnenart aus Gazaua, 
einer Stadt im Maradi-Distrikt. Zu ihr sagt man: na-Gazaua kä-ki fari 
uku”), Gasauabohne, dreierlei Trockenheit kannst du nicht leiden: Die 
erste, während sie aufwächst; denn sie braucht Feuchtigkeit. Die zweite 
beim Kochen, zu dem Wasser erforderlich ist. Die dritte während der 
Verdauung; denn wer sie gegessen hat, muss viel trinken. 


19. H yodo, yaucdo, wildwachsendes Gemüsekraut mit roten Blüten. 
Redensart: yebkı?) kama-r yödö, Fäden ziehend wie Jodo. 


20. H zukami, Strauch, dessen Beeren berauschend wirken*). Daher: 
zakami haukata mutum. 
„ mache verrückt den Menschen. 


21. H zuidau, B kayet, dorniger Strauch mit kleinen Blättern, Kameel- 
futter. 

B kaycı, Si-ni kunkumbel-wa®) = Dornstrauch, mein Fuss ist voll 
Hiihnermist. 

Mit dieser Beschwörungsformel glaubt der Bornumann ein mit kayei 
bestandenes Gelände unversehrt durchschreiten zu Konnen. 


22. H gudac®), dornige Rankenpflanze, die wie sarkakia und kwagri, 
sich von Baum zu Baum schlingend, bei Ilori die feste Grundlage fir 


1) Müsa deutet wtriwuri vielmehr als „Kauri Kauri“ = kleinste Münze. Ein 
Tomatendieb habe nur wenig zu verkaufen. 

2) Zur Form dieses Scherzes vgl. Sprichw. 101 u. 102. 

>) M yabki, Eigenschaft gewisser Pflanzen und Blätter, Fiiden zu ziehen, also 
zähschleimig. 

4) Als Gegenmittel wird die Frucht der Tamarinde verwendet. auch Limone 
oder saure Milch. 

5) künkumbel (nicht bei K) = H kasi-n kaZı, Hühnerimist. 

6) R gode. nicht bei M. 


872 Prietze: 


ganze Dörfer des nackten unbesiegbaren Heidenvolkes Ingöi bilden soll, 
zu denen Stangen (kadereko) hinaufführen und in denen auch das Rind- 
vieh beherbergt wird. Zu ihr sagt man: 
góda, ba süra-n-ka ba, za-nit), 
nicht Abhauen dein, das Ziehen, 
d. h. man kann dich nicht abhauen, man muss dich abreissen. 


23. H kabdodo, dorniger Strauch. 
Ahnliche Anrede: 
kabdédo*), ba vamua-1*) da kai, raräbe-1?). 
nicht das Zusammentreffen mit dir, das Reissen. 
d. h. man kann nicht mit dir zusammenkommen, ohne sich losreissen zu 
müssen. 


24. H das, dorniger, Harz ausschwitzender Baum, aus dessen Rumpf 
zahlreiche Sprossen wuchern. Daher: 
daši mi-rai göma; a-n sare-ka, ka-na yi-n töfo 
lebend 10 man hat gefällt dich, du machst tun von Spross 
= Zehnlebiger Daschi, haut man dich um, so treibst du neue Sprossen. 


25. H bagurua, B kangar = Acacia nilotica, kräftig und schattig. doch 
den Boden ringsum mit Stacheln bedeckend. 


H inua-] bagarua ga sängt ga mă kala; ga-ta da 
der Schatten der „ sieh Kühle sieh auch Dorn; sieh sie mit 


sinyi, ga-ta da kaia. 
Kühle, sieh sie mit Dorn. 
Sinn: Wer von etwas Nutzen ziehen will, muss auch die Mängel in 
Kauf nehmen. 
B kojé kangar-be dam*) dakata dam, der trockne Stamm des k. hält 
sich stramm aufrecht. (Im H: köre-m bagiirua a-zayé kä-k’e k‘am)‘). 


26. dundu, Zierstrauch mit gefiederten Blättern, am Stamm mit 
Stacheln versehen, die eine heftige Entzündung hervorrufen können. 

Daher: dundu mahökacı-n _ itatua. 

die verrückte der Pflanzen. 
Ebenso die sprichwortliche Warnung vor einem Streitstichtigen: 
akurki-n dundu wäwa ka-zira hannu 
Kükenkorb von „ Narr °) 

= An einen Kükenkorb von d wird nur ein Narr die Hand legen. 


1) Wie in 15. der weibliche Artikel 1, so ist hier der männliche ù (= n) be- 
merkenswert. 

2) M-, R kobdodo. 

3) Zum Artikel | vgl: 13. 22. R raraba, Intensivbildung zu raba trennen. Es 
"könnte hier auch raböwe-l stehen (Inf. der Retlexivform mit Artikel). 

4) H kam s. unter den im Jahrg. IX der Mitt. des Sem. f. orient. Sprachen von 
mir veröffentlichten Spezifischen Verstiirkungsadverbien. B dam. angelehnt an da- 
kata aufrecht, Part. zu dängin, ist ihnen einzureihen. | 

9) ka soll nach Gewiihrsmann hier eine Art Futurbezeichnung sein, wie in 
Lied 31 und ko in Lied 37; zira = M zura herablassen. 


Pflanze und Tier im Volksmunde des mittleren Sudan. 873 


27. H kalego (in Kano kargo), B kalúl, anscheinend Bauhinia pur- 
purata. Wildwachsend, an Wuchs und Blättern feigenartig; die Früchte 
traubenartig aneinander geschlossen, während sie bei dem dundu (s. o.) 
getrennt hängen. 

Dementsprechend folgendes Zwiegespräch zwischen beiden. 

Dundu: kai, kalegö, ka-taui”) dian-ka tun su-na kankana = Du, k., 
biegst deine Früchte zusammen, solange sie klein sind. 

Kalego yé-ée: ıım?) sai su-ù girma; da su-ka girma, su kud su-kaki 
tankösuwa') = Der K. sprach: Na na, nur bis sie gross geworden sind, 
wollen sie sich auch nicht mehr biegen lassen. 


28. H dümnia°), B kokro*), Feigenart mit schwarzer Frucht. Daher 
sprichwörtl. Vergleich: 


H ka-na da beki kame-] da-n dumnia. 
du bist mit Schwarze gleichwie Frucht der 3 
B ćilim píl tata kokío-bë gei. 
schwarz *) Frucht der , gleich. 


29. H kawö, Baum mit sehr schwarzen, nicht essbaren Beeren (nach 
M gutes Bauholz liefernd). 
Vergleich: beki kama-r da-n kawo. 
schwarz gleichwie Frucht von „ 


30. H gonda, Melonenbaum, Carica papaya. Vgl. St. 641. 
Vergleich: ka-na da ža kame-l da-n gónda. 
du bist mit rot gleichwie die Frucht des Melonenbaumes. 


31. H zada = Sant Gerred, Acacia nilotica (laut Barth). 
Vergleich: mi-k’au kame-l da-n zāäda ô), 
schön gleichwie Frucht der „ 
(d. h. so blank oder glänzend). 


32. B tamsuga, Tamarinde (=k, Barth schreibt temsüku). Vgl. St. 649. 

Genannt tamsugu tata raSek"), die fruchtreiche Tamarinde. 

Nach K nennt man die Frucht auch pë talaga-bé, „die Kuh des 
Armen“, weil arme I.eute das Wasser, in dem sie aufgeweicht wurde, als 
Milch trinken. 


1) taui (nicht bei M) = tankesa zusammenbiegen. 

2) mm Interjektion des Widerspruchs, bei der das erste m um einige Töne 
höher steht als das zweite. Vgl. aa Tierm. I Anm. 25. 

3) Es ist zu unterscheiden zwischen diumnia dieser Fucus-Art, und dumnia 
einem Wasservogel, die bei M lautlich zusammenfallen. Vgl. dumnia auch Sprich- 
wort 93. 

4) Barth hat kana statt kokio. 

5) In den 25., Anm., erwähnten Verstärkungsadverbien steht statt Ge hier ve- 
nannten piil als Versläfkune von &ilim: fet. 

6) Vgl. zu dieser wie zur vorigen Frucht das Gespräch der Schildkröten in 
Tiermärchen II. und die betr. Anm. 

7) rasek s. u. den 25. Anm. erwähnten Verstärkungsadverbien. 


874 Prietze: 


33. H doröa = Parkia biglobosa*). Ferner vgl. St. 649. 
Genannt doröa makasiya, tödliche Doroa, weil der aus ihren Bohnen 
gestampfte Brei, ungekocht, arges Bauchgrimmen verursacht'). 


34. H B bauré, Sykomore. 
Der Genuss ihrer Früchte ist bedenklich, weil oft Würmer darin sind. 


H wonda ye-k’e so ve ya-n baure, 
Welche er will er isst die Friichte der Syk., 
kada ya-tona ciki-n-sa. 


dass nicht er zerwühle Magen sein. 
Auch bildlich als Warnung vor mancher Freundschaft. 


35. H B kúka, Baobab, Adansonia digitata. Vgl. St. 648. 
Epitheton fiir menschliche Schénheit: 


H mi-samzi-n?) kt kama-n na-kuka. 
glatt von Leib gleichwie der des Baobab. 
Sprichw.: H mutüm misanda Si ka či ya-n küka. 


Mensch mit Stock er wird essen Früchte des Baobab. 


36. H gawvsa, Baum, dessen Frucht einen starken Duft ausströmt 
(laut M der Mangopflaume ähnlich, nach R aus dem Osten eingeführt). 
Zu ıhr spricht man: 
gawosa, kamSi-h-ki ya-fi gani-n-ki 
Geruch dein, er übertrifft Sehn dein, 
d. h. man riecht dich weiter, als man dich sieht? 


37. H kimba (= R, M kinba) nach St. = Xylopia aethiopica, , Alligator- 
pfeffer“, pfefferartige Baumfrucht (nach R aus Nupe), die mit Pfeffer und 
Hirse zusammengestampft und in Wasser getrunken gegen Brustschmerzen 
hilft. 

Spruch dabei: kimba a-gogé, ša yanzu, mäganiinzu’) = geschabte k., 
trink jetzt, es hilft jetzt (vgl. oben 3.). 


38. H gur:ia = Chorisia crispiflora. Ihre Rinde wird gekaut, um die 
Zähne weiss zu erhalten und vor Caries zu schützen. Daraus, dass in der 
Zahnpflege der frauen auch furé, die Tabaksblüte, eine Rolle spielt“), er- 
klärt sich die Redensart gurzia magamuü°)-m fur‘, Chorisia Genossin der 
Tabaksblüte. 


1) Näheres über Baum und Frucht s. Barth S.184 Anm. 9 und in der Fuss- 
note zu Sprichw. 8. 

2) Hier erklärt sich auch der von mir missverstandene Schluss meines 1. Haussa- 
liedes: ki-sani kúka, du kennst den Baobab (und seine Glätte; also klettere nicht 
hinauf), 

3) Aus mäganı yanzú zusammengezogen. | 

4) Mit fure, das zu den begehrtesten Toilettenartikeln gehört (vgl. Lied 27 und 
30), färben die Frauen ihre Zähne rot, und zwar mit Vorliebe so, dass weisse und 
rote Zähne abwechseln. 

3) magamu, sich vermischend. 


Pflanze und Tier im Volksmunde des mittleren Sudan. $75 


39. H dote, B :eiia = Ficus bengalensis, Banyan. 

B zezia, Kaka gent, alwoli') kiska-b¢ = oder Banyan ist kein (ge- 
wöhnlicher) Baum; er ist der Heilige) der Bäume (Bruchstück eines 
Liedes, vgl. das letzte dieser Sammlung). 


40. H sanya = ein mannshoher Baum oder Strauch, der für die 
dortige Heilkunde eine grosse Rolle spielt”). Daher: 
sanya uwa-] magunguna. 
die Mutter der Heilmittel. 
M inna-] mägungüna (innna Mutter in weiterem Sinne: Alte, vgl. 
Sprichw. 5) wird vielleicht denselben Baum bezeichnen, da M ihm die 
gleichen Verwendungen zuschreibt wie der sanya. 


41. H B dcelangu = Kigelia pinnata. Seine an langen Stengeln herab- 
hängenden grauen zylinderförmigen, an Gestalt und Grösse Schlackwürsten 
ähnelnden Früchte”) dienen folgendem Vergleich, der, weil schmeichelhaft 
gemeint, auf die Schönheitsbegriffe des Sudan ein eigenes Licht wirft: 
H mace ta-na da nono kame-l dia-m b«langü = die Frau hat einen Busen 
wie die Früchte der Kigelia. 


42. H ciwo (M R Giwo) nach M Landolphia-Art, eine Kautschuk 
liefernde Pflanze, nach R grosse Palme mit harter Frucht. Diese, weil 
schwer zu pflücken, symbolisiert den Geizhalz: 

ćið mi-tauri-n hancı, kä-nana kä-ki fadua, 
hart von Stengel, du bist reif, du willst nicht abfallen. 


43. H bausi, Baum ohne essbare Frucht, von festem, nach R rötlichem 
Holz. Aus der Wurzel werden Stöcke und Bogen geschnitten. Sprichwort: 
baka-m bausi yá-ži damana, yä-meku, 
der bogen von „ er hat gespürt Regenzeit,er hat sich gestreckt. 
Sinn: Das Kleine wächst unter Benutzung der Umstände. 


44. H tunfufia = Asclepias gigantea. Nach Nachtigal Oschr. Der 
Baum gilt fiir spukhaft, da er nachts die Zweige bewegt, wie der Mensch 
die Arme. Seine Wurzel wird verbrannt, um böse Geister aus dem Hause 
zu scheuchen. Daher tunfafia mikobfi die unheimliche. 


44a. H tuba = Tabak. vgl. St. 654. Ihm gelten viele Bonmots. 
Taba rahema = der T. ist eine Gnade, 
»  btmga gari Ibilis = d. T. ist ein Aas der Stadt des Teufels. 


1) alwoli aus dem Arab., ein nüheres Verhältnis zu Gott bezeichnend. Der 
Baum dankt diese Bedeutung wohl dem reichlichen Schatten, den seine vermöge 
ihrer Senkwurzeln gewaltig sich ausbreitenden Äste gewähren. 

3) Der Absud dieser Früchte wird von säugenden Frauen als Mittel gegen das 
Stocken der Milchentwicklung getrunken. 

3) Nach M wird der Extrakt der gekochten Wurzel der sanva als Klystier ge- 
braucht und aus der Rinde ein Pulver zum Niesen bereitet. 


Prietze: 


876 
Mit den Worten za ziehn und Za rot spielend: 
7e-h-ki yi-fi za-n kazäma yarinya; ze-n-ki 
Ziehn dich, es übertrifft Ziehn von schmutziger Dirne Rot darin 
ya-fi za-n döki-n uba-n woni 


es übertrifft Rot ross Vaters andern 
= dich einziehn ist besser als ein unsaubres Madchen (ins Haus) herein- 
ziehen; dein Rot ist schöner als das Rotross, das einem Andern gehört 
(oder: dich einziehn ist besser als einem fremden Herrn das Pferd führen): 
Taba tä-fi uwa, lakin uwa dera!), 
Der Tabak ist besser als eine Mutter, nämlich als eine Schraubenmutter?). 
Ebenso: 
Taba ta-fi oba, lakin obakinta, 
und , , „ tio oder fur ,  tuo-n (oder fural) kasa vgl. St. 627 
= der Tabak ist besser als ein Vater, d. h. ein Stiefvater, 


und , , a „ Brei, d. h. Dreckbrei. 


Lo 
Ähnlich geringschätzig: 
 täba banbänta da gari h-gero Pennisetum St. 628. 
T. ist etwas anderes als Hirsemehl, 
und Se-n-ki banza, beri-n-ki wot 
dich rauchen ist vergeblich, dich lassen zwecklos. 


45. H yöra, Bambus. Er liefert die besten Stöcke: 
sanda-n gora mi-alkaweli, 
der zuverlässige Bambusstock. 
M Sprichw. gora uwa-] kara, Bambus ist die Mutter des Schilfs (der 


König ist Landesvater). 


B. Tiere. 


46. H kudd, Fliege. Sprichwort: 
kardmbani*) kudä ya-fiida ciki-n kunu?), 
die fürwitzige Fliege fällt in die Suppe. 
M Sprichw.: kuda ba su bi-n mai-kaya-n gawai, 
dem Kohlenträger folgen keine Fliegen. 


47. H bribaze, böbua, grosse Stechfliege. Beide tragen das Epitheton 
cira dawaki, reiss die Pferde los (weil diese, von ihnen geplagt, sich vom 
Pflock losreissen); bobua hat überdies den Beinamen kúra däwaki. Hyäne 


der Pferde. 


1) Dem Wortspiel zu Liebe kühn übersetzt; eigentlich ist uwa dera „Mutter 
des Spiels“ unter den verschiedenen Einsatzstellen eines Hazardspicls die ge- 


~ 


winnende. 
2) Karambani, Fürwitz, vgl. Sprichwort 81. 
3) M kúnü, Mehlsuppe, Mehlschleim. 


Pflanze und Tier im Volksmunde des mittleren Sudan. 877 


48. H sabro B kantana, Mücke. 
H sabro mi-hana berici, 
die Schlaf verhindernde Mücke. 
B kantana kaném dabdi, 
Mücke Schlaf hindert. 
B &i-n-zu kalgi-bé gei, 
Mund ihr des Stachels gleich. 


49. H zanzdro, Hornisse (bei M Hauswespe). Der seltsame Volks- 
glaube von der Anomalie ihre Fortpflanzung ist in folgendem Liedchen 
ausgedrückt (vgl. entsprechendes auch 56 und 111). 

Zanzäro seiyedi ne!). 
si ne ya-kan dau zuza zäniwa Sar, 
ya-kai ya-si a gidä-n-sa, kamu-n?) wota békoi 
yä-sanya, yii-zama da. 
er ist er pflegt aufnehmen Wurm grün ganz, 
er trägt er setzt ins Haus sein, Monat 7 
er hat sich verwandelt, er ist geworden Kind. 


Der Hornis ist ein Heiliger. 
Er holt einen grasgrünen Wurn 
und trägt ihn in sein Haus. 
In 7 Monaten verwandelt der Wurm sich 
und wird sein Kind. 
Daher sagt man auch: 
zanzäro, ki-meida da-ù woni na-ka, 
Hornis, du verwandelst das Kind des Andern (zu) deinigem. 


50. H zanya, gyare, B (K) rigiki, Grille. 

H Epitheton mi-tauri-n kai wörtlich: hartköpfig; doch ist der durch- 
dringende Schall ihres Zirpens gemeint. Überhaupt wird mi-tauri-n kai 
allgemein im Sinne von Goin: dayados gebraucht. 

B (K S. 61). Zur Grille sprach Gott, als die Insekten ihn um Be- 
schäftigung gebeten hatten: niye yimpiyayé lokte tsetia, wogérma yéke 
— künde Botschaft, solange es an der Zeit ist. 


5l. H fará, Heuschrecke. Sinnspruch: 


fara, fun, fama sú su-ka bata ` dunia, 
Heuschrecke, Dürre, Kampf sie sie haben zerstört die Welt. 


92. Heuschreckenarten (bei M und R nur babe angegeben): 

H a) bäbe, grösste Art, b) kworsayä, gelblich wie die vorige, c) zanka, 
rot, d) sada-mai, „gib Fett zu trinken“, rötlich, klein und fett, e) zanka 
lale (lale Henna?) über 1 dm lang. 


1) seiyedi, dem Arab. entlelint wie 39 alwoli und in gleicher Bed., mit dem 
Nebenbegriff Wundertäter. 
2) kamu eig. Ergreifung. Mass; hier im Bereich, im Lauf von. 


878 Prietze: 


Für B gibt K S. 72ff. (in engl. Übers. S. 198ff.) eine ausführliche 
Beschreibung von fünf Heuschreckenarten. 
In folgendem H-Liedchen werden die genannten als Sippe besungen, 
deren Vorkämpfer zaùķá lale ist. 
Na')-kworsayä, na+)-zanka, 
mizi-n Sadamai, tord-n"*) babe, 
yii-sa maza*) dana, zankalale. 
Er, der Kworssaja, der Sanka Bruder, 
Gatte der Schademai, Bulle des Babe, 
hat das Volk in die Wildnis gescheucht, Sankalale. 


53. H kélu‘) (in Zindir und Daura), makésua (= M R, in Sokoto und 
Kano), B kelüma, Glühwurm. 
Kinderruf: H kelü, hannu-ni da mai, 
Hand mein mit Fett, 
d. h. komm in meine Hand und mache sie glanzend. 
B kelüma, yelle haske ruskin, 
öffne Licht, (dass) ich sehe. 
Sprichwort H (M): wuta-n makisuwa ba ta-däfa wake, das Feuer des 
(ilihwurms kocht keine Bohnen. (Mit Lügen kommt man nicht weit.) 


54. H wazi, Schmetterling. Direkt zur Benennung dienen auch 
folgende Beinamen: 
H litafi-n Alla, Buch Gottes, 
H malim fatata, blätternder A (fatata Schreibheft) 
B mälem batata-ma, „ 
Daher: B malem batata-ma tee 4 num ferumne, wende dein Blatt 
(kakadö) um. 


Anlass zu solchen Bezeichnungen bot das stete Klappen seiner Flügel. 


55. H kurgiiguma®), B kuleimu, Motte. 
H kurgunguma mäte-l buzuzu, 
die Frau des Mistkäfers. 
Ebenso auch in Lied 11 genannt. 
B kuleimu kurugu bannazi, 
die Motte die Tobe zerstört. 
Vel. noch H Sprichw. 29: kulakai kurgüügoma da gudu-n šáfo (wo 
es nur auf Grund von Schön und Barth falsch übersetzt war), die eitle 
Motte flieht vor dem Habicht. 


I) na männliches Deuteelement. das hier speziell Bruder bedeutet, vel. u. Safo. 

2) toro, Männchen grosser Vierfüssler. Sinnbild hervorragender Kraft. vgl. u. 
bauna. 

3) maza, Männer sind hier die nicht zur Sippe gehörigen Heuschrecken: zillei. 
der kworsaya ähnlich, aber mit längeren Hinterbeinen ‘kalemu) und furdudua (dem 
Bornu entlehnt), grau gesprenkelt, kleiner als zanka. 

4) Vel. kellü, Name einer aus Bornu stammenden Sängerin in Lied 34 Anm. li. 

Ə: Kurgunguma bei Schön und Barth unrichtig durch Käfer, bei M durch kleine 
Larven wiedergegeben. 


Pflanze und Tier im Volksmunde des mittleren Sudan. 879 


56. H buzúzu, Mistkäfer. Der Volksmund, der ihn zum Gatten der 
Motte macht (s. 55), schreibt ihm gleichwohl in folgendem Liede, das 
seine Parallele oben bei der Hornisse (49), unten beim Raben hat, eine 
unerhörte Form der Fortpflanzung zu. 

Buzuzu seiyedi') ne, 
si ne ya-kan dau tutu zimi’*) kor, 
ya kai ya-si gida-n-sa. 
kamu-n') wota bokoi yä-sauya, 
ya-zama da. 
Der Mistkäfer ist ein Heil’ger. 
Er holt sich den schärfsten Mist 
und trägt ihn in sein Haus. 
In sieben Monden verwandelt der Mist sich 
und wird sein Kind. 
Ein anderes Liedchen 
buzuzu-n Gwäri, 
; túdkudi mi-käsi, 
ka-čínye kasi-n?)! 


57. H kudt, Wanze Ihr Geruch wird für den des Himmels erklärt, 
ist übrigens auch bei Arabern beliebt. Stehende Epitheta mi-cizo bissig 
und hana berici hindern Schlaf (wie u. Mücke 48). 


58. H koma, Floh. Beiwort mi-zalle, der Hüpfende. 


59. H gizogizo, B ankabüti (aus d. Arab.), fuleifuleima Spinne. 
B letu ùgúbua*) ankabuti-be gei 
S S fulcifulema ` 
er lauft immer hin und her wie eine Spinne. 


60. H cirnuka, schwarze Ameise (nach Barth gross, nach R klein). 
Genannt mi-ba-n hausi, Geber des Zorns. Denn sie macht dem 
Menschen viel zu schaffen, ohne dass er sie fassen kann. 
In Lied 36 wird sie spöttisch mit dem dunkelen Bornumann zu- 
sammengestellt: 
cernaka Ba-Barbari ne, 
beki da-n korio 
— die dunkle Ameise ist ein Bornuer, ein schwarzes Näpfchen. 


Gët ee 


1) S. die Erkliirungen in den Anm. zu 49. 

2) Unter den obenerwiihnten Verstirkungsadverbien wird zami kor von mir als 
„ganz sauer“ angeführt. 

3) Mistkäfer, du Heide (Goart, meist Baguare, pl. Guaräwa, Heidenvolk, zwischen 
Haussa u. Bornu vgl Lied 40), stoss den s. Notdurft Verrichtenden um, friss den Kot. 

4) lētu Inf., lētu ngubua, wort]. mit viel Gehen. 


Sa Prietze: 


61. H. kélkwasa, rötliche Ameise (Barth korkasa, Wanderameise). 
welche die etwas kleinere Termite aus ihrem Bau vertreibt. 
Daher: kolkwasa fudda migida, 
hole heraus den Hausmann. 


62. H goano (M goano, schwarze Wanderameise), ebenfalls Feindin der 
Termite. 

Beiname mi-yäki, Kriegsmann- 

Die Sprichwörtlichkeit ihres Mutes bezeugt der Anfang eines Helden- 
liedes: Amadu ya-na da yäki kama-r göanö, A. führt den Krieg wie ein G. 


63. H gar, Termite, mi-banna, zerstörend genannt. 
Liedchen: 
garā da rua ma!) ta-na gina, 
bäbu rua ma‘) ta-na gína’). 
Alla ne ya-bü-ta, 
wä za-ya hana-ta? 
Wenns Wasser gibt, baut die Termite, 
wenns keins gibt, baut die Termite. 
Gott ists, dere ihr gab; 
wer wehrt sie ab? 


64. H gina (nicht bei M R, wohl von obigem Zeitwort bauen, graben). 
weisse, fette Termite, die in der Regenzeit geröstet und mit Pfeffer und 
Salz verspeist wird. 

Daher: gina ta marmasö°) mi-kamSi-n dädi=entbeinte G., lieblich 
duftend. 


65. H zagó, grosse Termite, die mit der goano (s. 62) kämpft (M 
Termitensoldat). 


Epitheton mi-fada-n takáiči. 
Kämpfer des [ngrimmes. 
M Sprichw. gari-n-yudu-garä ya-haye ma zago, weil er vor der gara 
(s. o. 63) lief, stiess er auf die z. — Incidit in Scyllam, qui vult vitare 


Charybdim. 


66. H sdansanz, Tausendfuss. Auch kunänme-l Fulani, Skorpion der 
Fulbe genannt, weil diese ihn mit dem wirklichen Skorpion verwechseln 
sollen. 


1) ma kiirzere Nebenform zu Kuma auch, wieder. 
2) M hat die beiden ersten Zeilen, und zwar in der Fassung 
in da rua gara ta yi gini 
e bubu , nn p 
3) marmasa zwischen den Fingern wirbeln, z. B. die Erdnuss, um sie von 
der Hülse zu befreien, hier um die Beine abzustreifen, (bei M nicht ganz richtig 
durch streuen wiedergegeben.) Das Subst. in pass. Sinne ist marmasö. Für den 
Vorsatz ta zum Anschluss eines Attributs an ein vorhergehendes Feminin (vel 
Vierm, I Anm. 37), 


Pflanze und Tier im Volksmunde des mittleren Sudan. | Ss] 


Von Einem, der sich viele Wege macht, heisst es scherzhaft mi-yawo- 
n-kafa (od. mi-yawo-n tafia) kama-n Sandani vielfüssig od. vielwandernd 
wie der Tausendfuss. 


67. H kunama, Skorpion. 
Zu ihm sagt man: 

Mairö!), el-kunäma, köwa ya-goyé-ki, 
Mirjam, Tochter des Skorpions, nur auch immer er hat gewartet dich, 
ma yä-yes-ki. 
auch er hat weggeworfen dich. 


68. H kurkinu B gúdi (K neid) Guineawurm, weiss, 1 Klafter lang, 
lästige und lahmende Plage zu Beginn der Regenzeit?). 
H kurkunu girgamö?) mi-tämakäm?) 
der lähmende, hilflos machende Guineawurm. 
H käi-zı damäna, 
Du hast gespürt Regenzeit, 
ká-tāši. 
du bist aufgestanden. 
B gúdi ši-ga či-tei dunordm-bé*) = der Guineawurm fasst das Bein an 
der Stelle der Kraft (am Knöchel oder am Knie). 


69. H sankara, Gurowurm. 
Beiwort: mi-banne-l göro. 
Zerstörerin der Kolanuss. 


70. H gemda, Holzwurm. 
Sprichw. gäri-h gumda gäri-m banza, dam) ba-a tuo da ši, das Mehl 
des Holzwurmes ist unnützes Mehl, weil kein Brei davon gemacht wird. 


71. H kwado, B koko, Kröte. 
H kwadö babu ya-na töna sibka köa 
nichts er gräbt d. Saat wessen auch immer d. h. sie ist 
harmlos, tut keinen Schaden. 


1) Vgl. Einl. 1. Seite. 

2) Mein Gewährsmann behauptet, in Tripolis, wohin er von Sindir gepilgert 
war, deren fünf gehabt zu haben, weil er daheim zuvor schlechtes Wasser getrunken 
hatte. Als Heilmittel wird tafarnua, laut St. Allium sativum, Knoblauch gestampft 
und auf das Loch gebunden; der Wurm stirbt davon und wird dann herausgezogen. 
Auch Hunde, Hühner, Ziegen, Schafe verfallen ihm, während Pferde und Kühe 
verschont bleiben. 

3) Girgamo wird von M ebenfalls für Guineawurm angegeben, während es nach 
meinem Gewährsmann vielmehr dessen Beiwort ist im Sinne von mai-sa gurgunti 
hinken machend. Laut ihm ist täamakäm (nicht bei M R) hilflos, mistämakam 
hilflos machend. 

4) duno, Kraft, duno-ram, Gegenstand der Kraft; das Suffix bē hier wie in 
taskin musko-bé, ich nehme bei der Hand. 
5) dam od. dom aus domin weil. 

Zeitschrift für Ethnologie. Jahrg. 1911. Heft 6. 


ei) 
kel 


882 Prietze: 


H kwado mägani-n Ziri. 
Das Heilmittel des Schnupfens. 
Denn man glaubt sich vom Schnupfen zu heilen, wenn man sich die 
Stirn mit einer Kröte einreibt, bis diese blutrot wird. 
B Sprichw. köko-ro laine, margubän-!)ti kelädo 
der Kröte sei verträglich, der Urol!) Feind 
= verträgst du dich mit der Kröte, wird dir der Urol!) böse. 


72. B burdiddek (K bertetege), Ochsenfrosch. Wer sich mit seinem 
Fleisch einreibt, verbrennt sich nie. Es ist weiss und fett, daher auch 
willkommene Speise: 

burdiddek da-n-zu gilaro-be gei 
Ochsenfrosch Fleisch sein des Widders gleich 

13. H hawvinia, B hasiigo, Chamileon.*) 

H hawoinia mi-dåčien náma, kowa Ci-ki, ya-amayes°)-ki. 
bitter von Fleisch, wer aych isst dich, er speit aus dich. 

Zu einem unruhigen Menschen sagt man: 

ka-na tafia ka-na kömowa kama-t tafia-1 hawoinia 

du gehst, du kehrst zurück gleichwie das Gehen des Chamäleons 
(wegen seiner Hurtigkeit auf der Fliegenjagd). 

B ini girga-zina, falfal-zin kasingo-gel. 
ein Gewisser hat sich geärgert, er wechselt Farbe dem Chamäleon gleich. 


74. H damo, B marguban (cf. unter 71) Urol, grosse Kidechse. 

M Sprichw.: Allah si kai dämo ga harawa, ko bai ci ba, Si yi birgima, 
Gott bringe den Urol zur Bohnenranke; auch wenn er nicht frisst, möge 
er sich ergötzen. 

Sprichw. 77: aboki-n dämo güza, aböki-n wasi-n kunkuüru*) busia, 
des Urol Freund ist die gúza (grössere Kidechse), der Schildkröte*) Spiel- 
genoss der Igel (gleich und gleich gesellt sich gern). 


75. H kado, B kuram, Krokodil. 


Ihm wird zugerufen: 


H fafau°), dama-ruä°), su da kai ya-baci: 
Zerschneider, rühre das Wasser, Fisch mit dir er ist verloren: 
kowa-i-gamu da kai, sai kuwa. 


jeder der zusammentrifft mit dir, nur Wehgeschrei. 


1) Grosse Eidechsenart = H damo s. u. CL 

2) Es gilt für glückbringend. Sein Kopf, nebst einer mit einem Zettel voller 
Koransprüche umwickelten Hundszunge als Amulett am Oberarm getragen, bewahrt 
vor llieben. Wer einen so Geschützten schlägt, muss die Zunge herausstecken und 
kann sie erst wieder einziehen, wenn jener ihm Wasser zu trinken gibt. 

3) M amai Erbrechen. Die Entstehung der Bildung auf s erhellt aus der An- 
gabe meines Gewährsmanns, s könne hier auch durch r oder ] vertreten sein. 

4) Näheres über die für schlau und witzig geltende Schildkröte s. Tierm. 11. 

5) Substantiv zu M fafa zerschneiden. 

6) Bildung wie Tunichtgut, italienisch fa rabutto, 


Pflanze und Tier im Volksmunde des mittleren Sudan. 883 


Sprichw.: wönde ya-sami lamini daga kädö, sai ya-i ta-wonka!) = wer 
vom Krokodil freies Geleit erlangt hat, nur der mag baden. 
B auch abu inktwa Wassermann genannt. 


76. H maci:i, B kādi, Schlange (allgemein). 


Sprichw. banzá kau da-m macizi, domm ya-na dIzo”). 
umsonst schön der Sohn der Schlange, weil er beisst. 


Vgl. Sprichw. 90: wönda mačiží ya-sira’), in ya-ga beki-n zimma, 
ya-kan gudu = wen einmal eine Schlange gestochen hat, der läuft schon, 
wenn er einen schwarzen Lappen sieht. Nach einer Bornulegende bei 
K S. 62ff. stammen die Schlangen vom Krokodil ab und dann eine Art 
von der andern. Seit der erste Mensch ihrem Biss zum Opfer fiel, ge- 
stattete ihnen Gott in Verborgenheit zu leben. Eine eingehende Be- 
schreibung von neun Schlangenarten in Bornu s. ebendort S. 65ff., in eng- 
lischer Übersetzung S. 189ff. 


77. H kwakia, sehr lange Schlange, Lieblingsobjekt des Schlangen- 
bändigers, rot unter dem Halse (nach M schwarz und weiss gefleckt, nach 
R lang, schlank, hellfarbig). 

Liedchen: kwakia mi-ża-ù wuya’*), 
kowe-i-gamı da k’e sei küka*) 
— Kw am Hals mit dem roten Schein, 
begegnet man dir, gibt’s Heulen und Schrei’n. 


78. H kasu (von M irrig als Pythonschlange aufgefasst), 1 m lang, 
armsdick, erdfarbig mit dunkeln Punkten, sehr giftig, lebt von Mäusen 
und kleinen Vögeln. Sie schläft des Tags und wacht selbst getreten 
nicht auf. Nur wenn man sie mit Urin benetzt, schnellt sie empor und 
holt dann selbst den Reiter ein. 

Sprichwörtl.: berici kame-l kasa = ein Schlaf (so tief) wie der der 
Kassa. 


79. H salo (nicht bei M R), kleine braune Schlange, die sich im 
Stroh versteckt, daher auch madizi-n kaikai, Strohschlange genannt. Ihr 
‚ruft man zu: Lumbúlumbú*), macizi-n kaikai, sari ka-na nök’ewa, Stroh- 
schlange, du Heuchler, du stichst und ziehst dich zurück. 


80. kubübua, kleine, sehr giftige), gelbe und pantherartig gefleckte 
Schlange (bei M kleine, dunkelrote, giftige Schlangenart, bei R 5—6 Fuss 

1) ya-i ta-wonka, wörtlich: er tue das (Ding) des Waschens. 

2) Das Beissen der Schlange wird der Regel nach nicht durch čizo, sondern, 
dem Eindruck des Vorgangs entsprechend, durch sära, hauen, wiedergegeben. 

3) ža rot, wuya Hals. 

+) Die zweite Zeile fast. gleichlautend schon unter 15. 

5) lumbulumbuü, Heuchler, anderswo nicht angegeben. 

6) Ihr Biss ist tödlich, sai da makari, d. h., wenn nicht ein Gegengift ange- 
wandt wird, bestehend aus zusammengestampften Blättern verschiedener Bäume. 
Auch muss die Wunde ausgesogen werden. 


57* 


884 | Prietze: 


lang, schwarz-weiss gefleckt). Sie erhebt sich, sowie sie Menschen oder 
Rinder kommen hört, und schnappt zu. Daher sagt man zu einem jäh- 
zornigen Menschen: 
hali-n-ka kama-n na kubübua, 
Charakter dein gleichwie der der Kububua. 


81. H tandara, von der Grösse der vorigen und ebenfalls gefleckt, 
aber unschädlich. Sie versteckt sich im Staube. 
Liedchen: futó, futo®), tandara, 
futö daga rami, 
ki-zo dünia gida-n dädi! 
Heraus, heraus, Tandara, 
aus der Höhle heraus! 
Komm in die Welt, in der Wonne Haus! 


82. B carko, in K s. Bornulesebuch, das S.65—72 (in engl. Uber- 
setzung S. 189—198) eine eingehende Beschreibung von neun Schlangen- 
arten enthält, Sargo genannt und als harmlose, schön schwarz und weiss 
gefleckte, daumdicke und einen halben Klafter lange Hausschlange ge- 
schildert. Von ihr heisst es: 

B carko kädi kamwä-be; amguä-ga?) dū-či, 
„ Schlange der Frauen: die Männer vertreibt sie. 

Denn als Hausschlange ist sie den Frauen bekannt, während die 
Männer sie aus Unkenntnis fürchten. 

Daher vielleicht identisch mit H ma¢izi-m mata, Schlange der Frauen, 
einer kleinen Hausschlange. 


83. H gamsika, B kādi ċilim*), lange, schwarze, träge Schlange. 
H gamsikaä, füte-l-ka räna räna 
n Herauskommen dein Tag Tag 
= B kadi čílim, lugo-num im imma =g. bzw. k. č., du kommst nur einen 
Tag in der Woche heraus. 


84. H mesa, Riesenschlange. Ihr Fleisch wird wie guter Fisch ge- 
schätzt. An ihre Erlegung knüpfen sich wunderbare Geschichten. Wenn 
der Jäger sie im Wasser erblickt, setzt er sich an den Rand, streckt die 
Beine hinein und lässt sich bis an den Rumpf überschlucken; hierauf 
spreizt er die Beine, steckt ihr sein Messer ins Maul und schlitzt sie auf. 
Oder der Vorgang spielt sich auf dem Trockenen ab, wo dann der bis an 
den Leib Übergeschluckte sich das Schwanzende der Schlange über die 
Schulter wirft, so dass sie zerbricht. 

Stehende Wendung mésa mi-hadia da-n woni, die mancherlei Leute 
(wörtlich: das Kind des anderen) verschlingende Riesenschlange. 


1) futó, komme heraus. 
2) K. amköa, Mannsleute; ga Sutff. des Obj. 
9) kadi čim, schwarze Schlange. 


Pflanze und Tier im Volksmunde des mittleren Sudan. 885 


85. H 2 Fischarten, tarewoda!) (= B abu Zitiwa „Bartharwesen“) lang und 
schlank, und ziwo (R zau) gross, ohne Gräten. Beide mit dem Beiwort: 
mi-dädi-n näma. 
lieblich (an) Fleisch. 


86. H gdiwa, Protopterus. Er geht zur Trockenzeit in den Schlamm 
und nimmt seinen Schwanz ins Maul. Daher sagt man: 
gaiwa, ki-¢i wuzie-I-ki. 
du issst Schwanz dein. 


87 H kurwigu, Fisch mit drei Stacheln. Wer darauf tritt, dem dringen 
sie durch den Fuss. | 
Epitheton: mügu-n kifi, böser Fisch. 


88. H lolü, B abu kalegiwa („Stachelwesen“), bunt gestreifter, 1 Elle 
langer, stachliger Fisch. Er wird mit der Harpune erlegt. 
H lola ba kämi-n yäro ba 
nicht Fang der Knaben 
d, h. der Fang des |. ist kein Kinderspiel. 


89. H munkirid (M myirya), Zitterwels, 1 Elle ines so elektrisch, dass 
seine Berührung tödlich sein kann. Er wird gegessen, besonders aber zu 
Amuletten verwertet. | 

Beiwort: kazziki (aus kas-ziki) 
„töte den Leib“. 


90. H zukara, Hahn. Von ihm heisst es humoristisch: 


zakara yé-če: nä-ki kämu-n?) dere, ko sdriki zä-ka 
. der Hahn er sagt: Ich hasse den Fang der Nacht, und ob König willst du 
ba-ni*) 


l geben mich. 
= Der Hahn spricht: Ich mag keine nächtliche Abholung’), und wenn 
man mich zum König machen will. 


91. H zakó, Küchlein. Man sagt zu ihm: 
zakó samu ka-ķi dengi‘) 
. finde hasse Sippe. 
Denn sowie es einen Biksan erhascht hat, eilt es davon, um ihn nicht 
mit seinesgleichen teilen zu miissen. i 
Zu meinem Sprichw. 21 da-n zako da lāya-r ķámzo, das junge Kücken 
(Kind des Kückens) ist seiner Kruste sicher (hat den Zauber seiner Kruste). 


1) Auch das H kennt die Redensart dessen, der nach Fischgenuss durstig wird: 
Der Fisch will schwimmen = kifi ya-so kúrmua. 

2) Um ihn zu schlachten, holt man ihn im Dunkeln. 

3) ba im Sinne v. sa für machen vgl. Nr. 148. 

4) dengi erläutert Nr. 127), 


886 Prietze: 


Vgl. Schéns Haussamärchen Nr. 48, wo das Kücken mit dem Zauber 
der Kruste, in Schöns Schreibung: dan čiako da layan kämzö, sich alle. 
möglichen Tiere und Elemente dienstbar macht. 


92. H kuzd, B kukii!), Henne. 

H Die Plejaden kaza mi-dia „Henne mit Kindern“ vgl. Hiob 9, 9. 

Sprichw. 25 hausi-n kazi fucé a ka-n diwa, Hühnerzorn lässt sich an 
der Hirse aus. 

B (K) Scherz: kugui timı litsia, wu niga beäntseskin, ich will dich be- 
zahlen, wenn das Huhn Zähne bekommt. 

Spriehw. kam kana küguibe ntSétsoma bägo sai alla. Niemand kann 
den Hunger des Huhns stillen, als Gott. K 47f. gewinnt das Huhn eine 
Wette mit dem Elefanten, wer am meisten fressen könne. 


93. H fükura, B kaye, rebhuhnähnlicher Vogel. 
Hier das scherzhafte Sprichwort: 
H ko ba dedc*), fakara za-ta kai zabua. 
Ob geben verweilen, Rebhuhn wird sie bringen Perlhuhn, 
ins B übersetzt umbiyaé zäman kurgi-zia, kaye kaci-ro wol-zin 
= wenn man’s nur abwartet, bringt’s das Rebhuhn noch zum Perlhuhn. 


94. H tarikariki (R terikerike, grosse Art Waldtaube), blauer Vogel, 
etwas grösser als ein Perlhuhn. 
Beiname: zakara-n dana 
Hahn der Wildnis. 
Nach R auch malemi-n daji, Lehrer der Wildnis, seines Lärms wegen. 


95. H tantibara*), B kantabar*), Haustaube. 
B kantabar kukui maiw;-be. 
Taube Huhn der Könige. 


Denn sie darf ungestraft auf den Feldern naschen. 


96. H dürdo, kleine wilde Taube. 
Man nennt sie mai-kiwo-n zabta®), die sauber weidende, im Gegen- 
satz zu der gefrässigen kürtia®) einer anderen Wildtaube. 


97. H bambami, kleiner Vogel, der sein Nest aus Baumwolle baut. 
Zwischen ihm und dem eben genannten bardo dichtet der Volksmund 
folgende Neckerei: 


1) K kugui, Barth koki. 

2) Zu ba vgl. 90. Der Anfang könnte hier auch lauten in a-n dede. 

3) cf. u. 159. 

4) K kätapar, Barth katabora. 

5) M tsabta, Sauberkeit. 

6) Von ihr heisst es Sprichw. 44 küka-n kuréia ba-i-ya hana dawa ido, das Ge- 
schrei der Wildtaube hindert die Durra nicht, Körner zu treiben, 


— A, ee nr M 


Pflanze und Tier im Volksmunde des mittleren Sudan. 887 


Bambami, ye-ce: bardo, rüa-n ya-kafe? 

Bardo ye-ce: mm?), bambami bari Za-m fada°). 

Der Bambami spricht: Wildtaube, ist der Regen versiegt? 

Die Wildtaube spricht: Na na‘), Bambami, fange keinen Streit an. 

Denn das Nest des Bambami ist auch oben geschlossen, während das 
der Wildtaube dem Regen offen steht. 


98. H Zumbaka „Rotschnabel, kleiner Vogel, der das Feld in grossen ` 
Schwärmen verwüstet. 

Daher mi-banna, Zerstörer. Knaben fangen ihn in der Falle und 
spielen mit ihm, indem sie ihn am Schnabel fassen, den herabhängenden 
hin und her drehen und dazu singen: 

zünzua°) ciki-n Semé‘), 
zambaka, na ¢iki-n°), 

iná ba-n®) zambaka? 
Vogel-Sie im Röhricht, 
Rotschnabel, wo ist innen, 
wo ist_aussen, Rotschnabel? 


99, H suda, dunkelbrauner Waldvogel von Taubengrösse, den Feldern 
gefährlich. Infolge seiner Geschwätzigkeit trägt er den Beinamen: mai- 
labäri, der Neuigkeitskrämer. Auch sagt man zu ihm, wie zum Papagei, 
fadi ba a-tambaye-ka ba, sprich, wenn du nicht gefragt wirst. 

Als Nachahmung seines Gesanges ist ihm Lied 35 in den Mund ge- 
legt, und Nr. III meiner Tiermärchen schildert seine Beutefahrt, Gefangen- 
schaft und Befreiung. 


99a. H da-n ragud, Sohn der faulen Frau oder ragomaza „der Faule 
der Männer“ d. h. der Allerfaulste, also „Erzfaulpelz“, ein dem vorigen 
sehr ähnlicher Vogel, nur etwas grösser. Er gilt für das Ebenbild dessen, 
der sich von der Arbeit drückt, indem er Zahnschmerzen heuchelt, um, 
wenn das Essen beginnt, um so lebhafter einzuhauen. Denn während der 
Feldbestellung sitzt er auf dem Baum und klagt hm hm; sowie aber die 
Ernte naht, ruft er fröhlich na-woriki, nä-woriki „ich bin geheilt“, und 
sein Weibchen verkündet ya-doso, ya-doso „er kommt, er kommt!“ 


100. H aku, Papagei. Man nennt ihn aku mi-yau-ınagana wortreicher 
Papagei, auch nnter Hinzufügung des eben erwähnten fadi ba a-tambaye- 
ka ba. 


1) Vgl. o 27°). 

2) Wörtl. lass das Herbeiziehen von Streit. 

3) Fem, zu zunzu, Vogel. 

4) Rohrdickicht, in dem diese Vögel sich ähnliche Nester bauen wie die 
hambani. 

5) Grammatisch wichtig ist bei &iki-n und ba-n (verkürzt für bayan, eigent), 
hinten) wie auch u. 97 in rüa-n, das determinative n, vgl. Tierm. II A. 7. 


888 Prietze: 


101. H kabaré, B kafar, gelber Vogel, sehr geschwätzig, von Sperlings- 
grösse, gelb und braun, mit rötlichem Kopf. . Sein Pfeifen, unterwegs gehört, 
bedeutet Unglück. Auch von ihm heisst es H mi-yawo-n magana (cf. 4. 
vor.). In B sagt man von einem Schwätzer 

kam neme-wa käfar- gei. 
Mensch wortreich dem „ gleich. 


102. H carki, kleiner dunkler Vogel, der Pferden, Rindern, Eseln und 
dem Kleinvieh das Ungeziefer abliest. 

Daher sprichwörtl. mutum mi-sa-n!) hawa bisa kamä-n cärki. Einer, 
der immer oben aufsitzen will wie der č. Sein Schnabel dient zum Ver- 
gleich für die Guronuss, die in frischem Zustand purpurfarbig ist: 

göoro kama-r baki-n  čárki. 
Guro gleichwie der Mund des „ 


103. H eileköwa, schwarz-weisser Vogel, Brust und Hals rötlich, von 
hüpfendem Gang, zwischen Tauben- und Perlhuhngrösse. Nach Barth 
kleiner schwarz und weisser Vogel mit langem Schnabel und langem 
Schwanz. Seinem langen, krummen, inwendig gezackten Schnabel dankt 
er den Beinamen mi-zawo-n baki, der langschnäblige. 

Auf ihn wird wegen seines beständigen Hin- und Herfliegens das 
Liedchen gesungen: 

| @ilekoko?) Gileköwa, 
el-mi-tafiye-] banza °), 
ta-kai*) gustim, ta-kái yamma, 
ta-bar wüzia baya. 
Tschilekoko Tschilekowa 
zieht vergeblich hin und her, 
kommt nach Süden, kommt nach Westen, 
und den Schwanz lässt sie zurück. 
(Denn mit dem langen Schwanz wird das Nest vepolstert.) 


104. H cokvikéiwa, nach Achmed ein brauner, fast eine Elle hoher, 
sehr geschwätziger Vogel. Sein Name ahmt seine Stimme nach, die mit 
dem Schall des Schmiedens verglichen wird. 

Daher in Lied 36 (aus Kano). 

cakaikaiwa iri-n makera, 
da Siri-n ka ši-ke 
= der č. ist von der Schmiedezunft und Schmieden sein Gewerbe. 

Epitheton: mi-yawa-n dumi, der geräuschvolle. 

Ebenso Sprichw. 82: ©okoiköiwa da ta-i yawa magana mi ta-samu? 
der &., der viel Worte macht, was erreicht er? 


1) mi-sa-n durch Einfluss des Å aus mi-so-n. 
2) čilekókő, einfach Laut nachahmend. 

3) Wörtlich Tochter der vergeblich Reisenden. 
4) kai heisst. bringen, aber auch erreichen. 


Pflanze und Tier im Volksmunde des mittleren Sudan. SCH 


105. H kosökosu, Pelikan. 
Sprichwörtl.: mi-zawo-n baki kama-n na-kusukosi. 
mit Länge von Mund gleichwie der des Pelikans. 


106. H búrtu, schwarzer Waldvogel von Gansgrösse mit rotem Hals. 
Er soll nur alle zwei Tage trinken, woher der Beiname: mi-hakuri-n kiši- 
rua, der geduldig durstende. 


107. H tü:e, Insektenfressender Vogel von Putergrösse. (Nach M 
wäre es ein grosser aschgrauer Vogel, nach R eine grosse schwarze 
Rabenart). Beiwort: da-m babá-ù?) koi, Kind des grossen Ei. 


108. H germuka, B guborin, Sumpfvogel, grösser als der Storch, mit 
einem Büschel auf dem Kopf, roten Beinen und braunen Flügeldecken, 
sonst weiss; als Freund von Erdnüssen auch Feldräuber. Nach R wäre 
es der Kranich, nach Barth, falls mit dessen gomraka identisch, Ardea 
Goliath, Riippell. Sein Bornuname guborin ahmt den Laut nach, den er - 
ausstösst, wenn er sich auf einen Baum erhoben hat: sonst lautet sein 
Gesang auch bobo. Man hört ihn gern und nennt einen Sänger lobend 
einen germika mai-dädi-n kuka, d. h. von lieblicher Stimme. 


109. H zurdi, nach M schiefergrauer Reiher. Von ihm wird behauptet, 
er angele eine Schlange, indem er sie seinen Fuss überschlucken lässt, 
diesen dann spreizt und mit ihr emporfliegt. Aus der Höhe lässt er sie 
fallen und kehrt zurück, die betäubte oder zerschmetterte zu verspeisen. 

Hieraus erklärt sich das Diktum: 

zarbi ya-kan ce da muüciZi?): köda mi-¢i-i kekasassia”)? 
er pflegt sagen zu Schlange: ob wohl essend vertrocknete? 
= der Z. sagt zur Schlange: Vielleicht ein trockenes Bein gefällig? 


110. H zanwäka (M Ganwaka), grüner Vogel, etwas kleiner als der 
Rabe. Von ihm wird gesungen: l 
zanwika iri-n sarak’i‘), 
kulum köre’) gara-s®) 
= der z ist vom Königsstamm, immer im Hesisfewänd, 


111. H haùkuka, B gagu’), Rabe. 

Wie der Hornisse (49) und dem Mistkäfer (56) wird ihm in einer 
gleichgeformten Strophe (cf. dort) eine, übrigens ernsthaft geglaubte, 
eigene Methode zugeschrieben, sich Nachkommen zu verschaffen. 


1) Gewährsmann behauptet, wegen des folgenden n hier nicht, wie sonst babbä, 
sondern baba schreiben zu müssen — wohl wegen der mit dem n verknüpften 
stärkeren Betonung. 

2) múčiži, Variante von mačiži, vielleicht am besten méčiži zu schreiben. 

3) Hier wird kafa Fuss, Bein zu ergänzen sein. 

4) saraki pl. v. sáriki, König. Vgl. u. 159. 

ð) kóre, Festtobe. 

6) gará-s für gari-sa, das neben gare-si vorkommt = zu, auf ihm. 

(JK ngagé, irrig für Elster. 


$90 Prietze: 


H hankaka seiyedi ne, 
si ne va-kan yo") sate-l kwo-h woni, 
ya-zo ya-sii a gida-n-sa. 
kamu-n wota bokoi ya-sauya, 
ya-zama dä. 
Der Rabe ist ein Heil’ger. 
Er stiehlt eines anderen Ei, 
er kommt und bringt’s nach Hause. 
In sieben Monden verwandelt es sich 
und wird sein Kind. 

Die Furcht der Tiere vor dem Menschen wird dem Raben folgender- 
massen in den Mund gelegt (Tierm. I Anm. 75): 

H hankaka ye-ce: m ina zaye, a-ka yi da-n Adam a-zayé ye-k’e k’am 
ba-sı karkata. Ta ka-ga ya-yi kar-kata, mugunta zä-ya i; im bi (für ba- 
ya)-halbe-ka ba, ya-Zefé-ka = Der Rabe spricht: Ich stehe immer auf der 
Wacht, ob der Mensch, aufrecht geschaffen wie er ist, gerade steht und 
nicht krumm. Siehst du, dass er sich gebückt hat, so hat er eine Bosheit 
vor: schiesst er dich nicht, so wirft er nach dir. 

B gägu zoli*) der törichte Rabe. Denn man hält sein stetes Schreien 
für unmotiviert. 

Weiteres über den Raben s. u. 


112. H muita, B abu-simma („Augenwesen“), Eule. Sinnbild des 
Bösen, Unheimlichen, weil sie mit andern Vögeln keine Gemeinschaft 
pflegt und ein Nachtleben führt. Daher heisst es von einem Unhold: 

H mi-biki-n Zini kama-n na muzZia. 

von schwarzem Blut wie dem der Eule. 

B letu bune-bé dimin abu-simma-bé gei. 

Gehn der Nacht tust du der Eule gleich. 


113. H sufo, Falke. Sein Beiname karambata (s. Tierm. II, wo er 
von der Schildkröte überlistet wird) steht vielleicht zu karambäni, Vor- 
witz, in Beziehung. Ausserdem nennt man ihn na-Aisata „der der A.S. 
d. h. Bruder oder Gatte der A. (der Personenname Aisata, M Aishetu. 
wohl arab. Aisa, wird dem Falkenweibchen beigelegt, vgl. Einleitung). 

Man ruft ihm zu: 

Safo, saka süra, na-Aisata sarıkı da wonda-n gasi. 
Falke, lass los Fang, Mann der Aischa, König mit der Hose von Federn. 


114. H one, Habicht’). 
Lied 36: šírua íri-m mayāķí, 
da širi-n yaki ši-ke. 
Der Habicht ist vom Kriegerstamm 
und Krieg ist sein Gewerbe. 


1) yo für yi, weil es für sein Haus geschieht. 

2) K tsóli, dumm, verrückt. 

3) Nach M der Steigbügel von Messing, den früher nur Könige und Prinzen be- 
nutzen durften, seiner breiten Form wegen witsiya-] shirwa, Habichtschwan genannt. 


Pflanze und Tier im Volksmunde des mittleren Sudan. 89] 


115. if dunkoiwu, etwas grösserer Raubvogel (Adler?). Sein kirari 
(Motto) stellt ihn jedenfalls dem vorigen nahe: 
dankoiwai, ke ba Sirua ba, kin-yi kamar Sirua. 
du nicht Habicht, (aber) du tust wie der Habicht. 


116. H «gulu, B koko (Barth kogo, K koge), Geier. 

H agulu ba züfa te-i ba, kama ce ya wounan 
nicht Alter sie macht, Gleichheit ist wie dies 

= der Geier stellt kein Greisenalter dar, aber er sieht so aus. 

Zum Kahlköpfigen sagt man spottend: 

B kelä-num silkäta kela köko-be gei; naungua bägo. 

Kopf dein kahl, dem Kopf des Geiers gleich; schamhaft nicht. 

Der Geier wird auch B köko birni-be, Stadtgeier genannt, d. h. der 
Geier, der den Fleischabfall der Stadt frisst. 

Laut K S. 77f. (Übers. S. 204f.) herrscht in Bornu der Glaube, die 
koge, die er hier ungenau durch eagle wiedergibt, hätten einen König, der 
einen besonderen Stein im Magen trüge. Sobald ein Aas gefunden würde, 
speie er diesen aus und frässe Augen, Zunge, Herz, Leber und Nieren des 
gefallenen Tieres. Erst wenn er dies getan, seinen Stein wieder ver- 
‘schluckt und sich auf einen Baum zurückgezogen habe, stürzten sich die 
übrigen (eier auf das Aas. 


117. H. mekia, grösserer Geier. 
Genannt: mekia mi-gäni-n nesa, 
: blickend weit. 
Man singt ihm zu: mékia, näma-n-ki da wari), 
Fleisch dein mit Geruch, 
b-in-či*) ba sci göbe da săfe, 
nicht wird gegessen ausser morgen mit Frühe. 
= Geier, dein Wildpret muss riechen?), 
wird morgen früh erst gefressen. 


118. H :imena, B gidegu?), Strauss. In Zanfara genannt kaza-n sarki 
(M), Huhn des Königs. 
H tori*) makasau®) tafi akurki zimena, 
sie übertrifft Kückenkorb Strauss. 
Singsang: Der Strauss ist zu gross für den Kückenkorb. 
B sprichwörtlich: künkuna ragsma gidegu gei, 
Geld liebend dem Strauss gleich. 
Denn es heisst, dass er Muscheln verschlinge, bekanntlich die dortigen 
Kurantmünzen. 


1) M wari, Gestank. nach meinem Gewährsmann nur scharfer Geruch, während 
doi den wirklichen Gestank bedeute. 

2) b-in-ci dürfte aus ba in-éi zusammengezogen sein „dass man nicht esse“. 

3) In B Strauss bei Barth kergtko, K kergége. 

4) tori und makasau nicht bei M und R; töri soll nach meinem (sewährsmann 
allgemein etwas Grosses, makasin Füllung, Ausfüllsel bedeuten. 


892 Prietze: 


119. H 2émag?, Fledermaus. Von ihr herrscht die seltsame An- 
schauung, sie habe nur eine Leibesöffnung, die jedem Bedürfnis diene, 
sowohl der Nahrungsaufnahme, als der Ausscheidung und der Fort- 
pflanzung. 

Sprichwort: kii-¢i na-bisa, zemiigé 
du hast gefressen das der Höhe = 
(weil sie sich von Baunfrüchten nährt), d. h. auch auf den Menschen 
übertragen: Du gebst hoch hinaus. 

Über die Verwendung ihres Herzens, um Liebesgunst zu gewinnen 

vgl. Sprichw. 17. 


120. H bera, kusu), réma*), dambaria M gyabji (Schilfmaus). B 
garguma!), Maus. 


H dimbaria®) yat)-taba soye ya-gazi zamı 
hat geschmeckt Braten ist ermüdet Ruhen 
wie B garguma gangala citambina nebtu tikéri *), 


Erdnuss sie hat geschmeckt Ruhe hat sich gebunden 
= Wenn die Maus Braten (bzw. Erdniisse) gekostet hat, ist ‘ihr Schlaf 
dahin. 

H (M) wuya maenéin inzi*) gyabji = Schweres geht vorüber, heisst 
es bei der Schilfmaus. 


121. H kurege, B kineri (K kenyéri) Erdeichhörnchen, ein dem Eich- 
hörnchen ähnliches Tier (nach R der Leib etwa 8, der Schwanz 10 Zoll 
lang), das in Erdhöhlen lebt und Nüsse und Körner frisst. Barth hält es 
für eine Manguste, Schön ebenso irrig für den Fuchs. M für das Eich- 
hörnchen, K für eine Art Wiesel. Der Verwirrung ein Ende vemacht zu 
haben, ist das Verdienst G. A. Krauses, der ein Fell des Tieres an das 
Kgl. uaturhistor. Museum in Berlin sandte, wo es als Erdeichhörnchen be- 
stimmt ward. 

Es spielt in der Tierfabel des mittleren Sudan die Rolle unseres 
Fuchses, und zwar, wie aus K S. 58 hervorgeht, weil es wie dieser in 
seinem unterirdischen Bau Notausgänge besitzt, durch die es dem nach- 
grabenden Jäger zu entschlüpfen weiss. K S6ff. wird näher ausgeführt, 
wie es den Sack voll Schlauheit, den Gott den armen Tieren zum Schutz 
gegen Nachstellungen gesandt hat, grösstenteils für sich behielt und unter 
den übrigen nur dem Hasen etwas Bemerkenswertes abgab. Es überlistet 
die Hyäne wie Reinecke den Isesrimm (vgl. Schöns Märchen 2, 13, 39, 
K S. 45f.), auch einen Gelehrten (Schön 3) und den Elefanten (K S. 2891 


1) Barth, H küsu, Feldspringmaus, B gerguma, Ratte. Sprichwort zu küso 
s. u. IW. 

2) H roue nach Barth, der noch miyásso, Baummaus, anführt, Felsmaus, nach 
M eine Art Meerschweinchen, nach R sehr grosse, schwanzlose Ratte. in Felsen 
lebend. 

3) dambaria „Kind des Rauchfangs“, vgl. Tierm. II Anm. 1%. 

4) tikéri lautet bei K tergéri. 

5) Zu indi vgl. Tierm. I Anm. 23, wo indess „es sei gehört“ zu übersetzen ist. 
Vgl. ferner o. 117 inči. 


Pflanze und Tier im Volksmunde des mittleren Sudan. 893 


ja in einem Beitrag von G. A. Krause zu Schéns Märchen (Schön S. 275f.) 
den Elefanten und das Kameel zugleich. Daher sein Beiname: B (K 
S. 58) mei birgobé = König der Schlauheit. Und von einem schlauen 
Menschen sagt man: 

B (K S. 41) kam ate, burgöntse bürgö kenyeribe gadi = die Schlau- 
heit dieses Menschen ist wie die des Erdeichhérnchens. Sein Fell dient 
dem Zauber, einen Mann impotent zu machen. 

H ba ka-kas kurége, ba ka-zi tuze!) wüzia, 
nicht du tötest „ nicht du fühlst enthaaren Schwanz. 
= erlegst du das Erdeichhérnchen nicht, kannst du auch seinen Schwanz 
nicht enthaaren. 
B gafarei*) kineri-be gei = wie ein Erdeichhörnchenschwanz. 


122. H como, B terguna®), Hase. 

Wie eben erwähnt, gab ihm (laut k S. 58) das Erdeichhörnchen 
etwas aus dem Schlauheitssack, nämlich den Rat, mit offenen Augen zu 
schlafen, mit geschlossenen zu wachen. 

Auch berichtet eine reizende Geschichte, die G. A. Krause zu Schöns 
Sanımlung beigesteuert hat (Schön S. 272ff.), wie der zomo durch List 
den Löwen umbringt. 

H (Sprichw. 41) dädi m magana ita ta-kai zömo käsua = ein freund- 
liches Wort bringt einen Hasen auf den Markt. 

(Sprichw. 75) zömo in ya-Sida‘) ba-3i Zi-h ganga-m faräuta = wenn 
der Hase sich niederlässt‘), hört er die Jagdtrommel nicht. 

B kam ` Kries geni ` dan-Zzu-ga citambin baägo, 
Mensch mit Hund ist nicht Fleisch sein er schmeckt nicht, 
= wer keinen Hund hat, schmeckt keinen Hasenbraten. 


123. H dagé*) Honigdachs. Er gilt für den Typus von Neid und 
Bissigkeit. Wenn er nachts auf die Weide geht, lässt er kusa (s. Einl.), 
sein Weibchen, einige Schritt hinter sich hertrotten. Hat sie etwas Gras 
gefunden und zischt, so wendet er sich um und frisst es ihr vor der Nase 
weg. Menschen packt er hinterrücks bei der Fersensehne. Man stellt 
ihm nach wegen seines Felles, das, auf den Sattel gelegt, den Reiter 
hieb- und stichfest macht, wie früher seinen Träger, der nur durch einen 
Schlag auf die Nase zu erlegen ist. 

Sprichwörtlich: da kısi kama-d®) dage, 
eifersüchtig wie ein Honigfuchs. 

1) tuže = fida gasi, das Haar abziehen, bei M ungenau = gerben. 

2) K ugafarei, Barth ngaberä, Schwanz. 

3) Barth targona, K tärgüna, 

4) Hier war a. a. O. die Übersetzung unrichtig. 

Al M due, Buschtier von Katzengrösse, R dege, grasfressendes Tier, das nur 
nachts ausgeht, Barth degge, Dachs. Von mir im zoologischen Garten Kairos als 
Honigdachs festgestellt. Übrigens war das hiesige Exemplar sehr zahm und für 
Liebkosung empfänglich. 

6) kama-d assimiliert aus kama-l, 


894 Prietze: 


Man apostrophiert ihn. 


dage na-kusa, ki-sa mazäa | daddafe'), kam?) fada 
(vgl. 113) du hast gesetzt Männer känpfen 
komawa 
wiederkehren 


= Honigdachs, Gatte der kusa, du packst die Männer. dass sie auf die 
Hände fallen; nur immer von neuem drauf! 


124. H debgi (M dabei), B zasi*), wahrscheinlich Erdferkel, etwas 
grösser als der Honigdachs (123), von starken Beinen, weiss und braun. 
Beiname: keta kasa, 

zerreisse die Erde. 
Denn es heist von ihm, er fahre in die Erde, ohne dass eine Öffnung 
vorhanden sei. Deshalb gilt sein Fell und Fleisch den Dieben als Zauber, 
um durch verschlossene Türen in die Häuser zu dringen. 


125. H tunku, B zoro*), ein ebenfalls sich eingrabendes Tier, das um 
seines Felles willen gejagt wird. Ks ist noch grösser als das vorige, 
aschfarben (tokitoka), frisst Mäuse, kleine Vögel u. dgl. und riecht sehr 
übel. 


Daher: tunku mi-wari = Stänker Tunku, als Schimpfwort auch aut 


Menschen angewandt. 
Man sagt zu ihm: 
a-na-gina-ı-ka, a-na kauda kai domi-n wari-n-ka, 


man gräbt nach dir man wendet ab Kopf wegen Geruches dein. 


126. H bddari®), B Ailkili, schwarz und weiss geflecktes Tier von der 
Grösse einer kleinen Katze, das jungen Hühnern nachstellt. Ks sucht 
sich seinen Verfolgern durch fortgesetzte Attentate auf ihre Geruchsnerven 
unnahbar zu machen. 

Daher sprichwortlich: 


H mi-tusa®) kama-r bodari 
vleichwie der „ 
B tusa®)  ¢i-din kilkili-gei, 


er macht dem „ gleich. 
Vgl. Sprichw. 2, wo ich bauderi schrieb und als Bedeutung Iltis ver- 
mutete. 


1) dutt auf die Hände fallen: hier daddaté, weil es sich um mehrere handelt. 
Bei M dafé = sich anhalten. 

2) kam assimiliert aus Kan, gut. 

3) Vel. Barth H degge für Dachs {neben tunku s. u.), d2oro für Ameisenbär, 
B sisi für Erdschwein. Vgl. d. folg. 

4) M tunkü, katzenartiges wildes Tier, k tunku, übelriechender Panther. Vgl. 
Barth in vor. Anm. 

5) Barth gibt irrig bauderi als Fuchs. 

6) tisa = erepitus ventris, mi-tnsa = crepitum ventris emittens. 


Pflanze und Tier im Volksmunde des mittleren Sudan, 895 


127. H gadu, Bgursulut), Eber. 

Hier ist das Epitheton H mügu-n däua, der pose der Wildnis, auch 
zu direkter Bezeichnung geworden. 

Sprichwörtlich sein Hauzahn: H hakori kama-n na-gada B timi 
sursulu-bé géi, ein Zahn gleich dem des Ebers. 


128. H dörina, B gerwtu oder goręntú (Barth ügurutü, K ngurutu 
Flusspferd. 

H dörina mi-kabri-n*) fata, das Flusspferd mit dem dicken Fell. 

B gerütu, bürego-num bunt = Flusspferd, deine Schlauheit (zeigt sich) 
nachts. 

B da-n-zu zögo°) megu-gei ¢i-dina 

Fleisch sein 10 gleich es tat 

= Sein Fleisch macht 10 Körbe voll aus. Wenn man es mit Natron 
kocht, schwillt es zu zehnfacher Ausdehnung. 


129. H giwa, B kumagun, Elefant. 

An ihm scheint dem Sudan nur die Masse bemerkenswert, keineswegs 
die Klugheit. Er wird überlistet von Erdeichhörnchen (s. ob. 121), vom 
Hahn (K S. 48ff.), ja vom Huhn (s. ob. 92), vor dessen Schrei er seitdem 
davonlauft. 

H ka-na girma kama-r giwa, 

du bist (so) gross gleichwie ein Elefant. 

Sprichw. &4: ko giwa tä-räme ti-fi karefi-n tokunya dea, ko giwa tă- 
rame ta-fi Siga rami = selbst für einen mageren Elefanten ist ein Topf 
zu klein, selbst ein magerer Elefant ist zu gross, um in eine Höhle zu 
gehen. 

Als grösstes einem kleinsten Tier gegenübergestellt in dem Sprichw. 
(M): giwa gari-m woni küsu (s. ob. 120) = ein Elefant ist an einem andern 
Ort nur eine Maus. 

B sumo kumägum-be gei = gleich dem Ohr des Elefanten. 

Scherzhafte Bornuredensart (K): 

wuma mei Lien kamägunbe = ich bin der König Elefantensack, d. h. 
ich bin so stark, dass ich einen Elefanten im Sack tragen kann. 


130. H zuks, B kulgüli*), Löwe. Nach St. 693 Sinnbild der Herrschaft. 
Läut meinem Tierm. I vom Löwen und Schakal und der parallelen 
Bornuerzählung vom Löwen und wilden Hund bei K S. 55f. gilt er auch 
dem mittleren Sudan als König der vierfüssigen Tiere, der nur den 


1) Barth hat für H gúrsunú neben gad und ist über ihren Unterschied un- 
sicher. Eins von beiden sei Phacochverus Aecliani. R führt gurusunu, gursuna auch 
für zahmes Schwein im H an. 

2) M kabri, Dicke. 

5) K tsugü, Korb. 

4) K kurguli oder kuruguli, Barth kürguri. Daneben mina, K mina, Barth mina 
in den westlichen Provinzen. 


elle Prietze: 


Menschen über sich zu fürchten hat!). Daher wird er H mänya-n Zeäı 
oder mänya-n daua = Fürst der Wildnis genannt. 
Andre H-Beinamen sind: wondawa und wondara (vgl. Wandara als 
Beiname eines tapferen Sokotowesirs in Lied 43), z. B.: 
wondära yä-sa maza gudu, 
er macht die Manner laufen. 
Ferner gadanga’*) M „Mächtiger“ (wörtlich „sieh Zaum“), z. B. gadanga, 
ka-cı da karefi = du frisst mit Gewalt. 
In B heisst es von ihm, ähnlich wie im H vom Leoparden (s. u.): 
induyaö gulando niro felezia ci-telgin®) bago, 
wer auch immer Finger die wenn er zeigt er zieht zurück nicht, 
d. h. wer mit dem Finger auf dich zeigt, zieht ihn nicht zurück, weil er 
ihm abgerissen wird. 


131. H damisa, B gam*), Leopard. 
H (Tierm. I) ki-sabo = unbezähmbar. HEbendort (s. Anm. 52—54) 
wird er angeredet: 
Da ke da mai-naua sei däuka = wen du nicht packst, der muss 
hurtig sein. 
Wonda ye-i nuna-ki da yäza, ba-i-ya kai labäri = wer mit dem 
Finger auf dich weist, bringt keine Nachricht heim (vgl. 130 B). 
Koa ya-gamu da ke babu ya-na arima-m bodirwa = wer mit dir zu- 
sammentrifft, führt nie eine Maid heim. 
Ebenso: B induyae-rö taduwa®), fero gözin bago, 
wem auch immer begegnend, Maid er nimmt nicht. 


132. H künwa, B gumbatu°®), Katze. 
Der Ausdruck ihrer Augen wird mit dem bösen Blick verglichen. 
Daher sagt man zu einem damit Behafteten: 
H idanu-n-ka ya na k'ahwa, 
Augen dein wie die der Katze. 
B Sim-num gambatu-bé gei, 
Auge dein der Katze gleich. 
Von ihrer Unheimlichkeit zeugt auch das Sprichwort: 
B induyaü kanasim’) ¢i-dina gambatu-ya či-tána, korö kanasim 
wer auch immer Traum er machte Katze er hielt, wieder Traum 


1) Freilich fällt er in einem H-Märchen das List der Hasen zum Opfer is. ob. 
122), und in dem B-Märchen vom Hahn und Elefanten (K S. 48ff.) unterliegt das 
von ihm und dem Elefanten geführte vierfüssige Heer schmählich gegen die Schar 
«ler Vögel und Insekten unter dem Hahn und dem Strauss. 

2) gadängama (mit der B-Endung ma) steht in der letzten Zeile von Lied 34 
als Epitheton ornans einer Bornusängerin. 

3) Das vorausgesetzte Verb ist telgiskin, nicht bei XK. 

4) Dafür bei Barth dZazerma, ngam karagabt bei K dzädzirma, zäzirma, ıgam- 
patu käragäbe. 

5) Vel. K tadeskin, ich begegne. 

6) K ügampatu, Barth ngim tsilim „schwarze Katze“. 

7) Barth kanasin, K kanäSin, kennäSin, nasin, Traum. 


En wm 


Pflanze und Tier im Volksmunde des mittleren Sudan. 897 


sën kol-zina yet)  či-dí 

sie er liess los auch er machte 
= wer träumt, er griffe eine Katze, der träumt auch, er liesse sie los 
(vgl. zur Form Sprichw. 57). 


133. H kar’, B kéri, Hund. 

Er wird im Sudan ungemein gering eingeschätzt und gilt trotz der 
Hilfe, die er bei der Jagd leistet, für töricht, falsch, träge und völlig 
nutzlos. 

Folgendes Liedchen verhöhnt ihn, weil er nicht einmal als Braten?) 
zu gebrauchen sei: 


H karé na-arnäko°) mi-kori-h-ka, 
Hund mit dem Köcher des Kopfs, 
ka-na ciki-n gida, 
du bist drinnen im Hause, 
a-na néma da-n aküya-.n sund; 
man sucht das Kind der Ziege des Namens (festes); 
lalatatce kahu‘*) matatée! 


unnütz du übertriffst gestorben! 

= Hund mit dem Köcher im Kopf voller Zahn’, 
da hat man dich im Hause stehn 

und muss nach dem Festzicklein suchen gehn, 
bist verdorben mehr als gestorben! 


Sprichw. 81: mi ya-kai kare biki-n kura? 
was es bringt den Hund zum Fest der Hyäne? 
karambani. 
Der Fürwitz. 
B keri scliwa kuma-n-Zi-ga żi-giļí, 
Hund mit Augenzahn Herrn seinen er beisst. 
B letu kake-nem ` ent, suno gerini, 


(tehn Sache dein ist nicht, Sandale bindest du. 


134. H dilä, B illúma (K d«la) Schakal. 

Nach Tierm. I ist er (wie in der parallelen B-Erzählung bei K S. 55f. 
der wilde Hund) Freund und Berater des Wüstenkönigs (s. o. 130) und 
wird mälemi-n daua, Lehrer der Wildnis genannt. 

Ähnlich B malam da käragabe (K) = Lehrer der wilden Tiere. 

Denn der Sage nach war er ehedem wirklich ein Mallem und wurde 
zur Strafe dafür, dass er kraft seines Gebetes den Feldzug des Moses 


1) Zu yt vgl. K Gramm. § 286. 

2) Lied 11 heisst es näma-n karé sai Bobawa, nur nackte Heiden essen Hunde- 
fleisch. Doch soll der Hund auch dem armen Moslim zuweilen als Bairambraten ` 
dienen, vgl. Sprichw. 30 karé da gudu lehia, der Hund läuft vor dem Fest. 

3) Für den Beinamen na-arnäko konnte ich keine Erklärung erhalten; er ist 
mir ebenso rätselhaft wie karnuka, der Pl. n. kare. 

4) hu durch Vorausnahme der Artikulationsstellung des folgendem m aus fi 
entstanden. 

Zeitschrift für Ethnologie. Jahrg. 1911. Heft 6. DS 


898 Prietze: 


gegen eine durch Sodomiterei berüchtigte Stadt vereitelte, in seine jetzige 
Gestalt verwandelt (s. Tierm. I Anm. 8). Seine Stellung in der Tierfabel 
streift ein wenig an die sonst hier vom Erdeichhörnchen (s. o. 121) über- 
nommene des deutschen Reinecke Fuchs, weshalb Schön auch dila in 
den beiden Erzählungen VI 7 u. 8 (S. 240#f.) durch Fuchs wiedergibt. In- 
dessen geht aus der Geschichte .von Schakal und Hyäne bei K S. 4lff. 
hervor, dass das Übergewicht des ersteren nicht sowohl in seiner Schlau- 
heit, als in seinen priesterlichen Zauberkünsten besteht. In erster Linie 
gilt er für wild und scheu. 

Sprichw. 22 wirft er dem Hunde sein Bündnis mit dem Menschen 
vor: Dila ye-ce: kare ba-ya či-ù kare sai da mugu märebi = Der Schakal 
spricht: Kein Hund würde den andern fressen. wenn nicht ein Böser sie 
entzweite. 

Weitere H-Beinamen (Tierm. 1 Anm. 6 u. 7: Gandéu (aus gan da yao, 
sieh viel), Guck dich um, Mas0-¢i, Gierfrass. Masa-rnä-da-na-göbe, Auch- 
fürmorgensäufer. Denn er säuft für zwei Tage, weil er zu scheu ist, um 
je dahin zurückzukehren, wo er gestern war. 


135. H yanyiwa), Fenek. 
Sprichwörtl.: mi-häkori yeneienyäwa?), mit einem Gebiss wie der Fenek. 


136. H kurá, B beltu, Hyäne. Nach St. 694 Sinnbild der Gier. 

Wie H kurege (s. o. 121) in der Fabel unserem Fuchs entspricht, so 
H kurá unserem Wolf. Vgl. Schons Märchen 2, 3, 13, 21 (unsere Ge- 
schichte von Wolf und Zicklein, nur abgeschwächt), 39, 40; für das B 
K III 4u.5 (S. 41 ff.). Sie spielt neben der Rolle des beständig Betrogenen 
auch die des Gierigen, Unheimlichen, ja des Zauberers. Laut M trägt sie 
den Spottnamen bisa mai-Ci-n bisasé, Tier, Fresser von Tieren. 

Tierm. I (vgl. Anm. 34—37) sind folgende H-Beinamen für sie ge- 
nannt: El-Fatuma, ta-da-n Fatuma, Tochter der Fatuma. Durungu, Bunt- 
fell (dessen Flecken oder Streifen laut Schön Nr. 13 der Bosheit des 
kuröge (121) ihren Ursprung verdanken). 

Ta-dan wäsı, Tochter des Wetzens, kleine Wetzerin (der Zähne). 
» » wurzi, kleine Späherin. 

Ba-wasöso, Raffgierige. 

Daguyau oder danguyau, Frissdrauflos (M daguya fressen). 

Karkata fida, Schindeschief (weil sie in ihrer Hast das Fell ihres 
Opfers schief herunterreisst. 

Mabi-dufu, Gefolge der Finsternis *). 

Bezüglich des Zaubers, durch den sie den Jäger betört, vgl. a. a. O. 
Anm. 38—43; die verschiedenen Schreckrufe auf der Hyänenjagd s. eben- 
dort Anm. 44. 

Bei Pflanzenbenennungen dient kura dazu, der zahmen Art die wilde 
veventiberzustellen: M gauta-n-küra, eig. Hyänentomate. 


1) Nicht bei Barth u. M R vermutet Fuchs. 

2) Zusammengezogen aus ya na yanyawa = wie das des Fenek. 

3) Vgl. das Sprichw. bei M gato-n küra va-siba da raba, der After der Hyäne 
ist an den Tau gewöhnt. 


u mme — — «7 


Pflanze und Tier im Volksmunde des mittleren Sudan. 899 


137. H tunkia (M Barth tumkia), Schaf. 
Sprichwörtl.: mi-läfia kama-r tuünkina. 
sanft gleichwie das Schaf. 


138. H bunsúru, B dal, Ziegenbock'). Vgl. weiteres über ihn unter 

157, wo er da-n akuya Sohn der Ziege genannt wird. 
H bunstiru mai-wäri na-buba°). 
riechend. 

Bei M das merkwürdige Sprichwort: bunsuru ya tafi si yi barbara, 
yakomo da čiki, der Ziegenbock ging zur Begattung und kehrte trächtig 
zurück. 

In B spricht man zu ihm: 

kam ni-ga cibia®), zatoma-nem-rö cibo*), 
Mensch dich wenn er kaufte, Strick deinetwegen er kaufte, 
d h. wenn jemand dich gekauft hat, hat er auch deinen Strick gekauft. 


139. H bdréwa, B gir?, Gazelle‘). 
Sprichwörtlich wegen ihres leuchtenden Auges: 
H idanu ya na wolkia®) fari fát) kama-n na bärewa 
Augen wie die des Blitzes meist sehr gleichwie die der Gazelle 
= B šim yıliyili-zin®) bul fok®) giri-be gei. 
das Auge blitzt strahlend hell wie das der Gazelle. 


140. H gaddé, eine dunkle Antlopenart "1, Muster der Behendigkeit. 
Daher: 

mi-zallé kama-l gadá 

springend gleich der „ 
Ferner: k'čta rukuki. gada = durchbrich das Dickicht, Antilope. 


141. H déch, Tetel, Strepsikeros kudu, ein schwer zu erlegendes 
Wild, vel. Lied 32 Anm. 1). Daher der Beiname: 
ma-sa dafu-n rago, 
trinkend das Gift des Faulen, 
d. h. das Pfeilgift des Schwächlings kann ihm nichts anhaben. 


1) Barth H bunsuru, B dal. 

2) na determinativ, das Subjektiv wieder aufnehmend; buba (nicht bei M R 
Barth), das Meckern, als Brunst gedeutet, die ihm auch nachts keine Ruhe lässt, 

3) Die betr. Formen lauten bei K ¢ifia, Giff von yifuskin, kaufen. 

4) Barth H berewa. B ingeri (K ùgéri). Nach St. richtiger kleine Antilopenart, 

5) M walkiya. Blitz. B yiliyilizin weder bei Barth noch bei K. 

6) fat, fok, spezifische Adverbien vgl. ob. 20 Anm. 

1) Barth gadā, gadu, eine grosse Varietät von Antilope. R gada, kleine rote 
Antilope, M gedä, kleine Antilopenart, mit dem Sprichwort da kuru gadā ta-tsira, 
durch Wagen rettete sich die Antilope, 

8) Barth delli, M dari. Ein anderes wegen seiner Wildheit sprichwörtliches 
Hornvieh ist der gonki, wohl Wasserbock, vgl. Lied 47 Anm. 5, wo der Druckfehler 
goriki zu verbessern ist. 

on* 


900 Prietze: 


142. H rakumi-n daua!), Kameel der Wildnis. B Gro, Giraffe. 
Zum Vergleich dient in B die Linge ihrer Zunge und ihres Halses: 
telam kiregu-be gei, eine Zunge wie die der Giraffe. 
dagu a » » ein Hals wie der der Giraffe. 


143. H rakum?, Kameel. Vel. St. 684ff (Dromedar aus Bornu oder 
Asbin. 

Ihm wird in folgendem Liedchen seines Treibers Heimweh nach Abzin 
zugeschrieben (auch Azbin, Oasendistrikt etwa unter dem 11. Breiten- und 
9. Längengrade, hier allgemeine Bezeichnung für das Gebiet der Tuareg): 

rakumi, rakumi, zololo”), 

zuya gaba-nka züa Abzin. 

Wende um Brust dein Kommen. Abzin. 
Abzin ta-tafi, ta-bar-ka. 

Abzin, sie ist gegangen, sie verliess dich. 
Käwo kurdi in-kai-ka, 

Hole Geld, dass ich führe dich 

zilim®) zilim da”) wuya. 

Kameel, Kameel, du grosses?), 

wende die Brust nur nach Tuaregland; 
es ist fern, hat dich in die Fremde entsandt. 
Schaff mir Geld, so führ’ ich dich hin 
mit nickendem, nickendem*) Halse. 

Sein Höcker gab Anlass zu Sprichw. 16, dessen Schreibung und Über- 
setzung ich bei dieser Gelegenheit verbessere: rakümi za-i mütu da guri 


konöie-l rigingine = das Kameel möchte sterben vor Verlangen, auf dem 
Rücken zu liegen. 


144. B f, Kuh. 
Man sagt: fé kargum*) mēgúa = die Kuh, die zehn Mittel hat, d. h. 
zehnerlei nutzbare Dinge liefert. Es sind dies: Milch, Fleisch, Fett, Fell, 


Knochen (woraus z. B. der Schwertgriff hergestellt wird), Horn, Huf. 
Schwanz (als Fliegenwedel), Kot, Urin®). 


1) Barth H rakomi n daua B kiudier, Er bemerkt dazu, dass auch in Bornu 
zuweilen der dem H entsprechende Ausdruck kargimd karigabé gebraucht wird, und 
schliesst aus dieser Benennung, dass die betr. Völker, weil früher mit dem Kameel 
als mit der Giraffe bekannt, nicht ursprünglich Bewohner des tropischen Afrikas 
waren. 

2) zololo soll Grösse ausdrücken und ist wohl identisch mit M tsdloluwa, Spitze: 
Gipfel. 

5) zulim bezeichnet lautsymbolisch das Auf und Nieder mit dem Halse (da. 
wuya) beim Gehen. 

4) Barth kurgun, K kargun. kürgun, Mittel, Zauber. 

9) Der Kuhharn wird zur Herstellung eines Mittels benutzt, um Milch bzw. 
Butter mit einem pikanten Arom zu versehen. Man lässt sieben Tage lany die 
Wurzeln von Zangora, maragówa, kandili (Talha) und bagärua (s. 0.25; leider konnte 
ich die ersten beiden nicht identifizieren) in ihm auslaugen. Die Mischung. H kii- 
giri genannt, duftet lieblich und wird in die Milch gegossen, die man buttern will 


Pflanze und Tier im Volksmunde des mittleren Sudan. 901 


145. B kinnägirza'), dalé, ferdi ausgewachsenes Bullenkalb. 

Die Ausdriicke werden auch direkt fiir den Kronprinzen oder den 
jungen Fürsten gebraucht. 

In gleichem Sinne und der Form daalö ist dalo ins H übergegangen, 
vgl. Lied 36, wo es indes unrichtig gedeutet ist. 


146. H fartumi, Stier. Man sagt zu ihm: 
furtumi, raka mäta-n Sinu 
Stier führe die Kuhweiber’) 


147. H tarkarkart (Dual... rei, Pl.. rū), Lastochse (mit einem 
Strick durch die Nase). Epitheton madauki-n kaya, lasttragend. 
Zum Zeitwort ist sein Name geworden in dem Sprichwort: 
abu-n woni ba ni-ka ba, ka-takarkaré ka-samu abi-n kan-ka 
— was anderen gehört ist nicht dein; trage wie ein Stier, und du kommst 
zu Kigentum. 


148. H bauna, Büffel. Von ihm heisst es: 
bauna ba hawa-n kaia 
gieb Steigen Dorn 
d. h. der die Menschen auf den Dornbusch treibt. 
So auch übertragen auf Tanemu in Lied 40: 
bauna ba hawá bisa 
Büffel, der emporklettern macht’). 

Ähnlich wird auf Recken angewandt noch H töro, Männchen grosser 
Säugetiere, s. Lied 46, ferner gonki (s. o. 141), kutunku (s. o 12), 
M bajini, Bulle in mutum bajini, Bullenmensch, endlich gauii (s. u. 156). 

In B die gleiche bildliche Verwendung vom Bullenkalb s. o 145. 


149. H aks*), B koro, Esel. 

Dass der bei uns übliche metaphorische Gebrauch des Worts auch 
hier so wenig fehlt wie bei den Arabern, zeigt Sprichw. 74 yaro babu 
tambaia zaki ne, ein Knabe, der nicht fragt, ist ein Esel. 

Ebenso anheimelnd klingt Sprichwort 27: na-bar Zaki a gona, na-duka 
taiki a- wofi, ich lasse den Esel im Feld und schlage vergeblich den Sack. 

(teringschätzung atmet auch folgendes: 

H zaki ye-ce: babba im bi-yi®) kumie-l 
Esel er spricht: Grosser wenn nicht macht die Scham 


1) Vgl. K kena, kenna, weibliches Kalb von Kühen oder Kamelen bis zum 
zweiten oder dritten Jahre. 
2) Danach scheint mir die Wiedergabe von furtumi durch verschnittener Stier 
bei M und Barth kaum zutreffend. Laut St. 678 wird keine Verschneidung ausgeübt. 
3) Die betr. Zeilen sind dort nicht sinngemäss wiedergegeben und müssen 
lauten: 
Büffel, vor dem man auf Bäume steigt, 
immer zum Kampf mit der Flinte geneigt! 
4) Bingi, von Barth als Bezeichnung eines grossen und starken Eselhengstes 
angeführt, findet sich als Personenname in Tierm. II, 
5) bi-vi aus ba-ve-yi, ba dvi. 


902 Prietze: 


hawa-na, ba na-yi ba kumie-l kase-si 
des Besteivens mein, nicht ich mache die Scham des Abwerfens ihu 
= der Esel spricht: Wenn der Herr sich nicht schämt. mich zu besteigen, 
schäme ıch mich auch nicht, ihn abzuwerfen. 

B körommiyae!) bei, körommiyaö bei, koro gini ba? = Wo du nur 
immer einen Esel siehst, besteige ihn; ist es nicht ein Esel? (Ware es 
ein Pferd, so miisste man zuvor seinen Herrrn fragen). 

Übrigens ist die Eselin nach Barth in Bornu das Sinnbild zärtlichster 
Mutterliebe: ago dúnya-nyin köro-n kir-nyin-no tata tseragena go bago, 
in der Welt gibt es nichts, das sein Kind so liebt, wie die Eselin oder 
die Sklavin. 


150. H aura, starker rötlicher Esel, sehr geschätzt. 
Wortspiel wonda ba-3i da dura, ba ya-aura budurua ba. 
wer nicht er mit Rotesel, nicht er freit Jungfrau 
= wer keinen roten Ksel hat, freit keine Braut. 


151. H sagura« (dem B entlehnt)*), rötliches Pferd. 

Sein kiräri (s. Einleitung) lautet: 
savara ulimao kura Zan döki komi nisa-n wuri ka-kai uban- 

» Imam *) rot Pferd was auch immer Ferne des Orts du bringst 
gizi-h-ka gida 
Herrn deinen (nach) Haus 

= Schagara, trefflicher Vorkiimpfer, Rotross, auch aus weitester Ferne 
trägst du deinen Herrn nach Haus. 

152. H Aura, Pony (M küru, zwerg-, ponyartig). 
Wortspiel: tura kuru-n doki rukuki*), ka-ga ido-n kururüukuruku®) 

stosse Pony = Pferd du siehst das Auge des Pony 

= treibst du das Pony ins (ietiimmel, siehst du sein Auge (vor Schauder) 
glotzen. 


153. H kili”), B kili, Schimmel. 
Wortspiel, um das Hervorleuchten des Schimmels in der Schlacht zu 
malen: 


li kórommivaŭ zusammengezogen aus koro ronımiyae, 

„Esel du siehst wie auch imimer.“ 

2) Edlere Rassen werden von Bornu eingeführt, so z. B. auch ingernia doki-n 
saraki „starkes Ross der Könige“, wo ingerma ebenfalls dem B entnommen ist 
(ngirma, gross‘, vgl. Barth, S. 188 A. 10, 

3) kura lant meinem Gewährsmann = vortrefflich, doch nur auf Pferde an- 
gewandt (vgl. hierzu u, kurü, Pony). Wenn, vom Manne gesagt, laute das Wort küräü- 
vo = mikwäri, stark, mit dem les wohl zusammenhängt (vgl. kwarei sehr, tüchtig. 

4) kukt, sonst Dickicht (s. o. 140), hier Schlachtzetümmel. 

9) rukurukn, seltsames Wort, wohl mit puka in Lied 44 u. 46 zusammen- 
hiinvend, hier etwa = hervortreten, 


m ee y "nr 6 nq, A eg, x 


- 
re a 


D 
D 


e 


Pflanze und Tier im Volksmunde des mittleren Sudan. 903 


H kili kililität) kora sa kon ta-yi nisa. Wa aka kora? 
treiben, mache treiben es macht fern. Wen man trieb?!) 
mi-kili! Wa ye-i körä? mi-kili! 
Wer er machte Treiben?!) 


= Schimmel, du schimmerst, ob jagend, ob gejagt, in die Ferne. Wen 
Jagt man? Den Schimmelmann! Wer führt die Jagd? Der Schimmelmann! 
Daher: B kili kuma-n-2i-ga Zu-bui 
Schimmel Herrn sein er isst 
= der Schimmel bringt seinen Herrn ins Verderben. 


lod. H birt, B dagil, Affe. 

Schön berichtet (S. 132) die H-Legende, die Affen wären ursprüng- 
lich Menschen gewesen, hätten aber, als sie, von ihren Weibern verführt, 
dem Befehl Gottes zuwider auch am Feiertage Fische gefangen hätten, 
Schwänze bekommen und wären in den Wald verbannt worden. Wegen 
ihrer Menschenähnlichkeit werden sie nicht gegessen: 

H kilisi-m biri sai Anna (in Sokoto Asna, in Kano Arna) = getrocknete 
Streifen von Affenfleisch (essen) nur Heiden. (Besonders sollen es die 
Magasaua sein, Heiden zwischen Bornu, Bedde und Katagum). 

Als Feldräuber wird der Affe gekennzeichnet in folgenden Sprüchen: 

H br laläta gona masu-gida, 
ss » ragó 
„ alami-yankau”*) 
= Affe, Verderben des Feldes der Häuslichen, 
= A = » des Faulen, 
„ Meister der Ernte. 
Ahnlich H alami-yankäu, kä-bäta göne-] masu-gidä, Meister der Ernte, 
du hast das Feld der Häuslichen zerstört. 
Ferner H sa mutun daia zancé 
setze Mensch einzeln Rede 
= du brivgst den Menschen zu (zornigem) Selbstgespräch. 


Ebenso B (kam tilo-ro zande-ro čaki. 
den Menschen (zu) einzelnem Gespräch er setzt. 
B dagi,  bannanimt kulo fato raguma-bé 


Affe, du hast zerstört Feld des Haus-Liebenden. 

H Sprichw. 28 kowa ye-za biri gona-n-sa, ya-ga abi-n da za-a i 
= wer einen Affen aufs Feld schleppt, gebe acht, was geschieht. 

Ferner kniipfen sich an ihn im H: 

Sprichw. 79 wonde ye-i kaua da biri, sandä-n-sa ba-i ya-mänkale ba 
= wer den Affen zum Freunde hat, dem bleibt sein Stock nicht am 
Baume hängen. 

Sprichw. 33 da-m biri ka-¢i kanya, oba-nka na ka-a resi = Affenk ind 
du hast gut Friichte essen, wenn dein Vater auf dem Ast sitzt. 


en, Se x An 


1) kili ist ebenfalls dem B entlehnt und davon das Subst. mi-kili, Schimmel- 
reiter, sowie das Zeitwort kililita hervorschimmern gebildet. 

2) alami (aus dem Arab.) = goni, Zuchtmeister, yankau (wohl für yankawa [das 
Geschäft des Schneidens. 


904 Prietze: 


Sprichw. 38 zugüno ba i-käre ba, a-n saida karé, a-n sai biri = das 
Krummsitzen bleibt dasselbe, wenn man seinen Hund verkauft und sich 
einen Affen anschafft. | 


155. H zula, nach M und R Affenart mit rötlichem Haar. 
Genannt züla mi-zawo-n wüzia. 
„ mit langem Schwanz. 


156. H. witz (nach Achmed, pl. yibkoki), auch gäuzi-m biri!), der 
Grossaffe. Von ihm wird erzählt und geglaubt, dass er Männer überfalle 
und töte, Frauen aber mitschleppe, nachdem er ihnen die Arme mit 
Schlingpflanzen oder Bast gebunden, in seinem Schlupfwinkel gefangen 
halte und notzüchtige, jedoch niemals umbringe. Hyänen zerschlage er 
mit Steinen die Knochen, fresse aber kein Fleisch, nur Früchte und Korn. 
Das Männchen hat mehrere Weibchen, die ihm auf Wanderungen mit den 
Jungen voranziehen. Die Magasana (s. o 154) jagen ihn mit Pfeilen und 
essen ihn; den erlegten zu tragen sind manchmal vier Mann erforderlich. 

Allgem.: gauzi-m bin mi-bänna. 
der Grossaffe der Zerstörer. 


Als Anhang seien den vorstehenden kirarı noch folgende grössere, mir 
von Müsa mitgeteilte Stücke angereiht, in denen einzelne Tiere mitein- 
ander verglichen werden. 


157. Gespräch des Fisches mit dem Ziegenbock (H). 


Wonna-n zanta-ı kifi da da-n akuya. 
Dies das Gespräch des Fisches und des Sohnes der Ziege. 


Kin ye-ce wa da-n akttya: sabada mi ka-k’e bobotu 
Fisch er sprach zu Sohn der Ziege: Wegen was du tust 7) 


darè duka, ba-k-ka*) da beriči? Daa akuya yé-ce wa kifi: 
Nacht ganz, nicht du mit Schlaf? Der Sohn der Ziege er sprach zu Fisch: 
domiu nah kowa haifua. kp ye-ce 
Weil ich übertreffe wen auch immer (an) Zeugung. Fisch er sprach 
wa da-n nküya: karıa ka-k‘e, na-fi-ka haifua. 
zu dem Sohn der Ziege: Lüge du tust, ich übertreffe dich (an) Zeugung. 


Dan aküya ye-ce wa kifi: nä-fi-ka haifua. 
Der Sohn der Ziege, er sprach zu Fisch: Ich übertreffe dich (an) Zeugung. 


1) Vgl. Tiern. 1, wo Ann, 48 gauži oder gaud%i dem B furdi (s. o 145 ferdi 
gleichsetzt und als ein Wort bezeichnet, das man bildlich auch auf starke Männer 
anwendet (wie die andern unter 148 genannten). 

2) böbotu, in Herkunft und Bedeutung identisch mit büba (s. o. 138) briinstig 
meckern. 

3) ba-k-ka, ba-n-na vgl. Tierm. 1 Anm. 45). 


Pflanze und Tier im Volksmunde des mittleren Sudan. 905 


Kıfl' ye-de wa da-n akuya: to, ina tambeye-l-ka, 
Fisch er sprach zu dem Sohn der Ziege: gut, ich tue Fragen dein, 
ka-gaia mi-ni gaskia. Matel ka ta-na haifua naua a ok 
sage zu mir Wahrheit. Frau dein sie tut Geburt wie viel in Bauch 
daa? Da-n akuya ye-ce: ta-na haifua-l fúdu, biel, 
eins? Der Sohn der Ziege er sprach: sie tut die Geburt 4, 5, 
in ta-i yáwa Sida. Kiıfi ye-ce: ši k'e nam ma abi-n da 
wenn sie tut viel 6. Fisch er sprach: es ist dies auch Sache die 
ka-k‘e haifua, ka-hana idani-nka ka-na böbotu dere duka? 


du tust Zeugung, du hinderst Augen dein du tust *) Nacht ganz? 


Kifi yece wa da-n aküya: ni maätä-ta ta-na haifua 


Fisch er sprach zu dem Sohn der Ziege: ich Frau mein sie tut Geburt 


dubu úku a čiki daia; in karia nä-k‘e. ka-tambayi mutané,  ka-ii. 
1000 3 in Laich 1; wenn Lüge ich tue, frage Menschen, du hörst. 


Lakinni ba-n-na’) yi-n böbotü kame-l-ka. Dan aküya 
Aber nicht ich machen von 1) Gleichheit dein. Der Sohn der Ziege 


yé-če wa <kifi: 1, nä-Zi ka-fi-ni haifua, 
er sprach zum Fisch: Ja, ich habe gehört, du übertriffst mich (an) Zeugung, 


lakin ni kua haifua ta ta-fi tä-ka amıpanı a 
aber ich auch Zeugung mein sie übertrifft die deine (an) Nutzen an 


wuri-m nnitane, Kifi  ye-ce: domum mi ka-ce haka? 
den Ort der Menschen. Fisch er sprach: weshalb du sagst so? 


Da-n aküya ye-ce: domtim da fäta-ta a-k’e yi-n 
Der Sohn der Ziege er sprach: wegen mit Fell mein man tut Machen von 
sirdi, a-k‘e yi-n ziki,  a-k’e yi-n lızami. a-k’e 
Sattel, man tut Machen von Sack, man tut Machen von Zügel, man tut 


a 


Machen von allem und allem. Si k'e nan 
yi-n kömi da kom Es ist dies 
kifi. yé-če: na-fi-ka haifua, kai 
Fisch, er sprach: Ich übertreffe dich (an) Zeugen, du 
kua ka-fi-ni ampani a-gum*) mutané. Si Ke 
wieder du tibertriffst mich (an) Nutzen am Ort der Menschen. Ks ist 
nan, zande-Ii kifi da da-n aküya ya-käre. 
dies, das Gespräch des Fisches mit dem Sohn der Ziege ist beendet. 


1) böbotu, in Herkunft und Bedeutung identisch mit büba (s. o. 138) brünstig 
meckern. | 

2) ba-k-ka, ba-n-na (vgl. Tierm. I Anm. 45). 

3) gum nur dialektisch verschieden von wuri-m s. oben. Vgl. dazu Tierm. II 
Ann, 24). 


906 Prietze: 


Ubersetzung. 

Der Fisch sprach zum Ziegenbock: Weshalb meckerst du so brünstig 
die ganze Nacht und schläfst nicht? 

Ziegenbock: Weil ich im Zeugen stärker bin als alle. 

Fisch: Da lügst du. Ich bin zeugungskräftiger als du. 

Ziegenbock: Nein, ich bin zeugungskräftiger als du. 

Fisch: Gut, lass mich dich befragen und sage mir die Wahrheit. 
Wieviel vebiert dein Weib auf einen Wurf? 

Ziegenbock: Sie gebiert vier. fünf, wenn es hoch kommt, auch sechs. 

Fisch: Und das ist alles, was du zuwege bringst, weswegen du die 
Augen nicht zutust und die ganze Nacht meckerst? Mein Weib gebiert 
dreitausend auf einen Wurf. Meinst du, ich lüge, so frage nur die 
Menschen, und du wirst's hören. Aber darum meckere ich doch nicht 
herum wie du. 

Ziegenbock: Nun, ich begreife, dass du mir im Zeugen überlegen bist. 
Und doch übertrifft wiederum meine Zeugung die deinige an Wert, was 
die Menschen anbelangt. 

Fisch: Wie meinst du das? 

Ziegenbock: Weil man aus meiner Haut Sättel, Beutel, Zügel, kurz 
alles mögliche macht. So ist es. 

Der Fisch sprach: Ich übertreffe dich an Zeugungskraft und du mich 
an Nutzen für die Menschheit. 

So wars. Das Gespräch zwischen Fisch und Ziegenbock ist aus. 


158. Wie Schwalbe und Rabe mit einem fallenden Stein um 
die Wette flogen (H). 

Jazzawa da hankaka wonne ya-fi sauki? 

Schwalbe und Rabe welcher er übertrifft (an) Leichtigkeit? 

Harikaka  ye-ce: na-fi-ta sauki. 

Rabe er sprach: Ich übertreffe sie (an) Leichtigkeit. 

Zazzewa ` (Ge na-fi-ka. 

Schwalbe sie sprach: Ich tibertreffe dich. 

A-ka ce: a-goda-su, a-gani. 

Man hat gesagt: Man messe sie man sehe. 

A-ka}) daukı hankäka da fari. 

Man hat aufgehoben Rabe zuerst. 

A-ka dauki duzi, a-ka vi sama da hankaka, sai ya- 
Man hat aufgehoben Stein, man hat gemacht hoch mit Rabe nur er 
fado: zafi?) ya-hána-ši. 

fiel zurück; Hitze sie hinderte ihn. 

Kuma a-ka-dauki?) zazzewa, ` a-ka 1 sama da 

Wieder man hat aufgenommen Schwalbe, man hat gemacht hoch mit 


1 Der Träger ist der Engel Gabriel. 
2) Die Hitze der Sonne, der man sich näherte, oder des Thrones Gottes, s. u 


TE ni... . 


Pflanze und Tier im Volksmunde des mittleren Sudan. Y()7 


ita da duzi; a-ka i sama da nısa ktsa-n alarsi. 
ihr mit Steine man hat gemacht hoch mit Ferne Nähe von Thron (arab.). 


A-ka sako dūzi, ita kua zazzawa ta-nal) šigá kalkası 
Man hat losgelassen Stein, sie auch Schwalbe sie tat Absteigen Unterseite 


na-sa, ta-na') fita. Düzi ya-zo ya-fadi a kása; ta-dera 
seinige sie tat Hervorkommen. Stein er kam er fiel auf Erde sie sprang 


a kai na-sa, ta-ı käsı. 
auf Kopf seinigen, sie machte Kot. 


Übersetzung. 


Wer von beiden ist geschwinder, die Schwalbe oder der Rabe? 

Der Rabe sprach: Ich bin geschwinder als sie. 

Die Schwalbe sprach: Ich bin geschwinder als du. 

Da hiess es: Man prüfe sie und sehe. 

Zuerst nahm man den Raben. 

Man nahm einen Stein auf und hob den Raben empor; doch er 
sank zurück, die Hitze schreckte ihn ab. 

Nun nahm man auch die Schwalbe und hob sie und den Stein in dee 
Höhe. Man stieg hoch empor bis in die Nähe von Gottes Thron. Dann 
liess man den Stein los; sie aber, die Schwalbe, flog beständig unter ihm 
durch und über ibn weg (umkreiste den fallenden). Der Stein kam und 
fiel auf die Erde; da hüpfte sie auf ihn hinauf und — hinterliess ihre 
Visitenkarte. 


4 


159. H Sammellied auf verschiedene Vögel (ganz parallel dem 
Liede 36. das ebenfalls beim Menschen anknüpft, um dann auf Tierver- 
gleiche überzugehen). 

Almaziri iri-n malemai, 
Schüler Art v. Gelehrten, 
da buzu’) ye-ke yini 
mit Fell er tut den Tag. 
Hankika iri-ù-kú bank 

Rabe Art eurer Diebe, 

säte-] koi ku-k’e yi. 
Diebstahl des Eis ihr tut machen. 


1) Der Charakter der Gleichzeitigkeit des Tempus auf na tritt hier besonders 
klar ans Licht. 
2) büzu, vgl. Tierm. I A. 57, ist hier das Fell, auf dem die Schüler sitzen. 
3) M barāwo, pl. barayi = Dieb. Den Raben s. ob. 111. In Lied 36 lautet die 
Parallelstelle: 
haùkáka iri-m barai, 
da Siri-n sáta Si-k’e 


„und Diebstahl ist sein Handwerk”. 


G08 Prietze: 


Zanwaka iri-n-ku sarakt, 
s. o 110 Art euer Könige, 


da kóre ku-k’e vini. 
mit Festtobe ihr tut den Tay. 


Samua iri-n karuwai?), 
Storch Art v. Huren, 


da lelle ta-k’e yini. 
mit Henna sie tut den Tag. 


Falfela iri-n Füllani?), 
Rinderhüter Art von Fulbe, 
a kıwo ta-k‘e yini, 

im Hüten sie tut den Tag. 


Agulu min maähauta?), 
Geier Art von Fleischerei, 


` 2 e e e 
a fawa ta-k’e yini. 


im Schlachten er tut den Tag. 


l Tantábara da kau da  zané‘*), 
i Taube mit Schönheit mit Zeichnune. 


a gida-n sáriki-ħù Kano. 
im Haus des Königs von „ 


1) Hier weicht die Auffassung des Storchs gröblich genug ab von der ihn be- 
treffenden Stelle in Lied 36: 
Siamua iri-n sarakai 
da ', msi lale Si-k’e 
„Der Storch ist gleich den Königen 
mit dem roten Fuss in der Hülle.“ 

Das tertium comparationis ist indes in beiden Fällen das nämliche, «die rote 
Farbe der Füsse. Zur Färbung mit Henna (lellt) und Umwicklung (k mii) vgl. 
Lied 36 Anm. 13 bis 15. 

2) So auch Lied 36: Belbela mn Felläni. Falf@la oder belbela = Ardea 
bubulcus, Rinderhiiter, stets bei den Herden, daher ein Sinnbild der viehzüchtenden 
Fulla. Auch Lied 4 beginnt Falp@la iri-n Fellani; es verwendet Falpela allerdings 
als Mädchennamen, hat aber merkwürdige Anklänge an Lied 86. 

3) Fast dasselbe in Lied 36: 

angulu iri-n mahauta, 

da Siri-n fauwa ši-ke (vgl. ob. 116°. 
4) Fast ebenso in 36: 

tantabara iri-n da Gau da zané 

gida-n säriki-n kano (vgl. o 9). 

, Wegen ihres schönen Gefieders werden laut M noch der alhudahuda (aus dem 
Arab. ,Wiedehopf*), der zuladdi und der saláu (beide bis jetzt nicht identifiziert 
auch sarkin tstintsayé, „König der Vögel“ genannt (wie v. 110 | nwäka und u. 1& 
der Storch). 


Pflanze und Tier im Volksmunde des mittleren Sudan. 


Ubersetzung. 


Der Schüler gehört zur Gelehrtenzunft, 
auf dem Fell verbringt er sein Leben. 
Ihr, Rabe, gehört zur Diebeszunft; 

seid dem Eierstehlen ergeben (vgl. 111) 
Sanwaka, ihr vom Königsgeschlecht, 

ihr verbringt im Festkleid das Leben 
Der Storch gehört zur Hurenzunft!), 
mit Henna verbringt er das Leben. 

Der Rinderhüter vom Fullageschlecht ?) 
verbringt auf der Weide das Leben. 
Der Aasgeier von der Fleischerzunft (s. 116) 
verbringt mit Schlachten das Leben. 
Die Taube in schönem buntem Gewand 
ist im Hause des Kanokönigs. 


909 


160. Bornulied auf den Storch (ef. vor. Seite +) als den König 
der Vögel gegenüber dem Wettbewerb von Rabe (111), Falke (113), 
(Geier (116), Rinderhüter (vor. Seite 2), Marabu, Wiedehopf (vor. Seite *), 
Halın (90), Rebhuhn (93) und Kranich. Er ist der alwoli „Heilige“ unter 
den Vögeln (wie der Banyan unter den Bäumen s. o. 39'), weil er den 
Regen bringt; 15 Tage nach seiner Wiederkehr treten die Niederschläge ein. 


Ati-ti aiga gasio-be. 


Dies (ist) Lied des Storchis. 


Gasio güdo geni, 
Storch Vogel ist nicht, 


alwoli guduä-be. 
(s. 39!) der Vögel. 


Gagu zoli kwakwazin: 


Rabe Tor er krächzt: 


u-te mā mai náùgin. 
ich?) König?) 
Ciné lenö, 
Steh auf geh, 


gasio ma mái go. 
Storch?) König ist. 


1) Siehe Anm. 1, S. 908. 


2) Siche Anm. 


J) ma dient, das 
nähgin oder näneskin 
bräuchliches Zeitwort. 
werde“ des Haussa. 


2, S. 908, 
vorhergehende Wort hervorzuheben. K Gramm, 8.139 nennt 
„ich gehe“ als ein bei den Mäbr- und Köyäm-Stämmen ge- 
Es entspricht in seiner Bedeutung hier etwa dem zä-ni „ich 


Auf weiteres sprachliche gehe ich hier nicht ein, da ich nei 
Veröffentlichung eines grösseren Textes die Eigenart dieses Bornudialektes dem- 
niichst zu erörtern gedenke. 


910 Prietze: 


Gaio gúdo geni, 
alwoli guduä-be. 


kadafa isina vodoóžin: 


CH 
Falke ist gekommen bittet: 
t-te ma mai nangin! 
ich König 
Ciné Long, 
Steh auf gehe, 


gasio ma mái go! 
Storch König ist. 
Giasio guido geni, 
alwoli guduä-be. 


koko ¢e-kasi isi: 
Geier lief kam: 
u-b ma mai näpgin! 
Niti kela-num bogu, 


Du Kopf dein leer, 


konduli ma bio. 
Haar nicht. 


Nan-sunori täye, 
Fleischergewerbe ergreife. 


wonagen ni-ka karguzin. 
vielleicht dich fördert es. 


v 


Cine Jong, 

gasıo ma mai go! 

Gasio gudo geni, 

alwoli vudua-be. 
Balbolö cekasi isi: 

Rinderhüter lief kam 


n-te ma mai nangin! 
Ciné lené, 

ni-ti sini kanı-be. 
du Hirt der Ziege. 


Lens, lene, 

gasio ma Mai go. 
(iaSio guido gem. 
alwoli gudua-be. 


Aba guryua?) isi: 
Marabu kam: 
1) Aba gurgua = Leptopilus crumeniferus, eigentlich Vater mit dem Beutel 
(our, Hier wie in abi-kokio (s. u.) ist das B-Wort aba Vater statt des sonst 
üblichen mechanisierten arab. abu zur Worthildung verwertet (vgl. Einl.\. 


Pflanze und Tier im Volksmunde des mittleren Sudan. Qi lL 


u-te ma mai nängin! 
y r 
Gurgu-núm táye, 
Beutel dein ergreife, 


wonagen ni-ti kalia mai-be. 
vielleicht du Sklav des Königs. 


Ciné, lēnē, 
gaSio ma etc. etc. 


Butütüa de-kast ist: 
Wiedehopf lief kam: 
üte-mä mai nangin! 
Ciné Jéné, 
nam-mäi abä-kokio mā bägo. 
Königtum Väter des Büschels nicht. 


Léné lenö, 
gaSio ma etc. ete. 
Gubögüm ¢ekasi isi: 
Hahn hef kam: 
ü-te ma mai nängin! 
Ni-ti-ga ladan go! 
Du Gebetsrufer bist! 
Ciné léné, 
ladani-ti ma faidawa. 
Gebetsruf der auch vorteilhaft. 
Leng Jeng, 
gāšīo ma etc. etc. 


kuyé ma isi: 
Rebhuhn auch kam: 
u-tẹ ma mai nängin! 
Ciné lenö, 
kam nam-mäi ¢idin ` bago. 
Frau Königtum sie macht nicht. 
Cine léné, 
gašio ma etc. ete. 


Gubori isi čekasł: 

Kranich kam lief: 

ute ma mai nängin! 

Ciné lēné, 

ni-ti kam kúra kokio-wa! 
Du Mensch gross mit Schopf! 
Ciné leng, 

nan-kir-mai kokio ma bago. 
Königtum Schopf nicht. 


92 Prietze: 


Ciné Jené, 
easio ma ete. ete. 


Fato-nim garne, 
Haus dein ordne, 


gasio. ni-ti ma mai go! 
Storch, du König bist! 


Dunia-num yäe, 
Welt dein trinke, 


D 


gasio, mi-ti ma mai go! 

koré-num’)  yek‘e, 
Festrobe dein lege um, 
gisio, ni-ti ma mai go! 
Lellé-ntim*) yek’e, 
Henna dein lege auf, 
gasio, ni-ti ma mái go! 

Buské-num*) vi, 
Tanzmusik dein trinke, 
eiciri čićiri dici! 

Daži aiga  gasıo-be. 
Aus ist Lied des Storchs. 


Übersetzung. 


Der Storch ist kein Vogel bloss, 
er ist der Heilge der Vögel. 


Es krächzt der dumme Rabe: 
Ich will König sein! 
Flieg auf, flieg fort, 
der Storch der ist König. a 
Der Storch ist kein Vogel bloss, 
er ist der Heil’ge der Vögel. 


Der Falke kam, um zu betteln: 
Ich will König sein! 
Flieg auf, flieg fort, 
der Storch der ist König! 
Der Storch ist kein Vogel bloss, 
er ist der Heilge der Vögel. 


1) kort ein dem H entlehntes Wort = schwarzglänzende Festrobe (M). 

2) Zu léllē vel. 159 Anm. 3. 

3) K bésgt, Tanzgesellschaft junger Leute, Barth biskz, Spiel. Hier jedenfalls 
Musik. wie die folgende Lautnachahmung zeigt. 


Der Geier kam hergeeilt: 


Ich will König sein! 

Hast einen kahlen Kopf, 

bist ganz ohne Haare. 

Halt dich ans Fleischergewerbe, 


Das wird dich wohl vorwartsbrinven. 


Flieg auf, flieg fort, 
Der Storch der ist Kénig! 
Der Storch usw. 


Der Rinderhüter kam eilig: 


Ich will König sein! 

Flieg auf, flieg fort, 

Du bist der Ziegenhirte, 

Geh fort, geh fort. 

Der Storch der ist König usw.. 


Auch der Marabu kanı: 


Ich will König sein! 
Fass dich an deinen Kropf! 


Möglich, du wirst der Sklav des Königs. 


Flieg auf, tieg fort, 
Der Storch der ist König usw. 


Der Wiedehopf kam herbeigeeilt: 


Ich will König sein! 
Flieg auf, flieg fort, 


ein Königreich ist nicht für den Schopfmann. 


Flieg fort, flieg fort, 
Der Storch der ist König usw. 


Auch der Hahn kam geschwind herbei: 


Ich will König sein! 

Du bist ja der Küster! 

Flieg auf, flieg fort, 

auch Küsterei ist ein gut Geschäft. 
Flieg fort, flieg fort, 

Der Storch der ist König usw. 


Selbst das Rebhuhn kam: 


Ich will König sein! 

Flieg auf, flieg fort, 

ein Weib kann nimmer regieren. 
Flieg auf, flieg fort, 

Der Storch der ist König usw. 


Der Kranich kam eilig herbei: 


Ich will König sein! 
Flieg auf, flieg fort, 


-Leitschrift für Ethnologie. Jahrg. 1911. Heft 6. 


Pflanze und Tier im Volksmunde des mittleren Sudan. 


913 


914 Prietze: Pflanze und Tier im Volksmunde des mittleren Sudan. 


Du bist ein gewaltiger Schopfmann! 
Flieg auf, flieg fort, 

mit dem Schopf hat ein Reich nichts_zu schaffen. 
Flieg auf, flieg fort, 

Der Storch der ist König! 

Der Storch ist kein Vogel bloss. 
er ist der Heil’ge der Vögel. 


Rüste nun dein Haus, 

o Storch, du bist ja der König! 
Freu dich deines Reichs, 

o Storch, du bist ja der König! 
Zieh dein Festkleid an", 

o Storch, du bist ja der König! 
Färbe den Fuss dir rot!), 

o Storch, du bist ja der König! 
Freu dich der Festmusik: 
Tschitschiri tschitscheri tschitschi! 


Sind die heutigen Albanesen die Nachkommen der alten 
Iilyrier ? 
(Ein Kommentar zu E. Fischers gleichnamigem Aufsatz.) 
Von 


Dr. Franz Baron Noposa. 


„Gelingt es ein paar alter Namen ausfindig zu machen, die unge- 
zwungen ihre Entsprechung im Albanesischen finden, so wäre die Kon- 
tinuität“ (zu ergänzen: zwischen Albanern und Illyriern) „allerdings er- 
wiesen. Solche Namen habe ich nun einige gefunden’).* Da dies, 
wie mir scheint, der wesentlichste Satz in Fischers Einleitung zu einer 
Arbeit über die alten Illyrier ist (Zeitschrift f. Ethnologie 1911 Heft 3—4), 
so kann ich nicht umhin, mir dazu einige Bemerkungen zu erlauben. 

Die Namen, deren Kontinuität Fischer aufgefunden zu haben 
glaubt, sind: 1. dardha = Dardani; 2. delme = Delminium; 3. das 
= Dassaretier; 4. Tara = Antariatae; 5. vard = Vardaei; 6. Bal = Ballaios; 
7. kodra = Skodra. Zu diesen Gleichungen ist trotz ihrer spärlichen 
Anzahl vor allem zu bemerken, dass mit Ausnahme der unwahrscheinlichen 
daš = Dassaretier, und vard = Vardaei, keine einzige von Fischer auf- 
gefunden wurde, denn die Nummern 1, 2, 4, 7 sind sämtliche schon in 
dem von Fischer selbst im 1904 als „unerschöpfliche Fundgrube“ zitierten”) 
Werke „Hahn, Albanesische Studien, Wien 1853“ enthalten und was die 
Gleichung Nr. 5 Bal = Ballaios anbelangt, so ist dieselbe in Jireceks 
Werk „Die Romanen in den Städten Dalmatiens“, Wien, II. Teil pag. 62 
zu treffen. Den Anspruch der Neuheit dürfen also Fischers Auf- 
findungen nicht erheben. 

Die zweite Frage, die sich bei der Analyse des zitierten Fischer- 
schen Satzes ergibt, ist die, ob denn der Fischersche Satz überhaupt 
zu Recht besteht und ob es zulässig ist, aus der Kontinuität einiger weniger 
Namen auf Rassenkontinuität zu schliessen. Dies möchte ich verneinen. 
Heute gibt es sowohl in Ungarn als auch in Rumänien viele slavische 
Ortsnamen und in beiden Sprachen sehr viele slavische Lehnworte, ergo 
müssen, falls Fischers Argumentation zu Recht bestehen soll, zukünftige 
Ethnographen sowohl die Ungarn als auch die Rumänen für Slaven halten, 
und dies trotzdem dass für die Rumänen Siebenbürgens der Beweis ihrer 

1) Von mir gesperrt. 

2) Fischer, Herkunft der Rumänen. Bamberg 1901. pag. 19. 


ie 


916 Nopcsa: 


Einwanderung von niemandem besser erbracht wurde, als eben von 
Dr. Fischer (Herkunft der Rumänen, Bamberg 1904). 

Es lässt sich nicht leugnen, dass die Kontinuität eines Namens in 
einer Sprache uns viele Aufschlüsse über die Vorgeschichte des betreffen- 
den Volkes gibt, aber dasselbe auf Grund einiger Namen direkt fūr die 
Nachkommen irgend eines anderen Volkes zu halten, heisst 
dennoch etwas zu weit gehen, sonst müsste man, wie A. Wirth es 
übrigens auch tut, ununterbrochen eine weltumspannende „Kas“-Rasse 
konstruieren (Memmon 1909). 

Da ich mich in letzter Zeit ziemlich viel mit den alten und neuen 
Namen Illyriens, namentlich Nordalbaniens beschäftigt habe und ähnlich 
wie Fischer „noch einigen anderen alten Namen auf der Spur bin“, 
halte ich es für zweckmässig, auf Fischers Publikation sofort zu reagieren 
und Fischers (lies: „Hahns“) Beobachtungen teilweise zu ergänzen. 
teilweise zu modifizieren. 


I. Ortsnamen. 


1. An-derba (auch An-derva) = Derbani erinnert an Deri-opes 
(vergl. Mer-opes, Dol-opes, Hell-opes, opikes) Derenistae, Deri, was wieder 
an das heutige albanische Maja Uert (Berg des „Der“) und an „der“ 
(albanisch „Schwein“) hinweist. Ferner erinnert Der-bani auch an Ter- 
buni, was offenbar mit Trebinje, Trabojna usw. ident ist. Sollte Ter-buni 
etwa, nicht wie es bisher geschah, aus Tre (drei) und bun (Hätte), sondern 
aus „Der buni“ abgeleitet werden müssen? Buni aus bujt (schlafe, 
wohne) ist nach Meyer als echt albanisches Wort zu bezeichnen. 
Interessanterweise ist die albanische Bezeichnung für „Haus“ špi ein 
Lehnwort. Vgl. auch die Völkerschaft Buni. Möglicherweise ist Debra 
eine slavische Anpassung an Derbani. — Dass An- in An-derba eine Vor- 
silbe ist, lässt sich aus An-tariatae, An-titanes und auch A-penestae folgern. 
A spestos (Achilles Beiname) erinnert an albanisch speit (-schnell). Im 


heutigen Albanischen findet sich etwas analoges, z. B. abrend = mnbren- 
da, agezon = gaz, achimaz = chime, ajaste = Jaste, akrep = Skrep, an- 


dromidhe = dramide, ani = ni, anguse = nguSt. An An-tariatae erinnert 
Taras, die alte Bezeichnung für Zar-entum (Italien). Durch die Osmanen 
ist in das Gebiet des alten Illyriens die türkische Ortsbezeichnung derven 
(Enge) importiert worden und dies gibt ein klassisches Beispiel dafür, 
wie leicht es ist, sich bei Namensgleichungen zu irren. Die falsche 
Gleichung an-derva = Derven ist für die zukünftigen Palaeoethnographen 
eine gefährliche Klippe. 

2. Alv-ona = Olb-ona (?) = Albano-polis = Albani = Alb-ius (-uis auch 
in Mons Ardius, Mons Rebius) = Albaner usw. usw. Albaner hat übrigens 
auf Skiptarisch = albanesisch keine Bedeutung. -ona ist ein Suffix, das 
sich in vielen illyrischen Städten findet, wie: Flamona, Narona, Aenona. 
Alvona, Aclona, Blanona, Herona, Medione (?), Salona, Siarona (?), Stridona. 
Ferner scheinen die Dessarenses (von Heros Eponymos Dassaro stammend 
wie Narenses gebildet), dann die Ditiones und Olbonenses darauf zu deuten. 
dass auch die nicht überlieferten Orte Dassarona, Ditiona, Olbona existiert 


Sind die Albanesen Nachkommen der Illyrier? 917 


haben könnten. Auch in Oberitalien haben zahlreiche Städte die Endung 
-ona. 

‚3. Arants-ona = Arents, albanesisch „Stahl“ (nach Meyer ein altes 
arisches Wort, das bloss im Albanischen im Gebrauch ist). 

4. Arnissa = Arnistae = Arnja (Ort in Albanien) = Arnja, albanisch 
„Lärchenbaum“. | 

A. Arsia = Arsa. Das Wort Ars (Genetiv: Arsit) ist ein in albanischen 
zusammengesetzten Ortsnamen häufiges Substantiv. Was es bedeutet, 
konnte ich nicht eruieren. Da es in Verbindung mit Fusa (Ebene) u. a. 
vorkommt, muss es offenbar etwas heissen. Möglicherweise ist es eine 
Pflanze. Pflanzennamen wie Arnja (Lärche), Arra (Nussbaum), Dardha 
(Birne), Lejthiz (Haselnuss), Mola (Apfel) u. a. spielen in der topogra- 
graphischen Nomenclatur Albaniens eine grosse Rolle. Arsia aus Arra 
abzuleiten scheint gewagt. | 

6. Bassania (in Illyrien) = Bessania (Thrakien) = Bassa-nte (Bosnien) 
= Bessen (Volksstamm) = bessa (albanisch , Versprechen*) das Wort bessa, 
das auch im Sinne von „Verbünden“ verwendet wird, ist ein albanisches 
Urwort. Ä 

7. Blan-ona = Castrum Plana = Planius (illyrıscher Eigenname) = Plana 
(heute in Albanien und Dalmatien gebräuchlicher Ortsname), daher kaum 
aus dem Slavischen abzuleiten. Der Ableitung vom römischen planus 
widerspricht die Form Castrum Plana. 

8. Bolourus = Balyra = balaur (mythische Schlange der Rumänen) 
= bular (im Albanischen mit gleicher Bedeutung wie im Rumänischen) 
ein nur aus der albanischen Sprache bekanntes „Urwort*. Eine onomasti- 
sche Parallele zum Ortsnamen Bolouros lässt sich in dem heute in Albanien 
gebräuchlichen Ortsnamen Gjarpen Vuklit (Schlange von Vukli) er- 
kennen. Der Drache war das Feldzeichen der Daker. 

9. Brun-disium = bren (messapisch „Horn“) = brin (albanisch „Horn“) 
= Brin-dasit (Widderhorn) Bergname in den Hochgebirgen Albaniens. 
Vgl. analog die Schröckhörner der Alpen. 

10. Burnum = Burn-istae = Burius = byrion (messapisch „Haus“) = bur 
(albanisch „Mann“). Die Ideenassimilation, die sich in byrion-bur fände, 
hat ihr Analogon darin, dass man auch heute in Albanien den Ausdruck 
Spi (Haus) für „Familie“ verwendet. Darf etwa byrion (messap.) auch 
mit bun (alban. = Schlafstätte) zusammengestellt werden? N und R 
wechseln im Albanischen ab. 

11. Codro-polis (auch Cedro-polis) = Skodra = Skodra (heutiger Name 
des alten Skodra) = Skodria (in Dacien) = Kodra (albanisch „Hügel“). 
Die Gleichung Skodra = Kodra kann darin eine Unterstützung finden, 
dass auch heute im Albanischen neben der Form Skrep (Fels) auch die 
Formen Krep und Kep existieren. — Das Wort Kodra Kodru findet sich 
nur in der albanischen und rumänischen Sprache. 

12. Crepsa = Krep (albanisch „Fels“). 

13. Dardani = Darda-para (Festung Justinians). Dardha!) (Ort in 
Albanien) = Dardhjan (die Bewohner dieses Ortes) = dardha (alb. Birne). 
Zu Dardani ist dessen lateinische Übersetzung, nämlich Pirustae (von 


918 Nopesa: 


pirus = dardha = Birne) zu stellen. Die Pirusten finden sich in dem 
westlichen, daher dem römischen Einflusse am leichtesten zugänglichen 
Teile des ehemaligen Dardaniens. 

14. Diti-ona = dit (albanisch „Tag“); nach Meyer ist das albanısche 
Wort „dit“ nicht aus dem Lateinischen übernommen. 

15. Majense castrum (Südtirol) = Di-mallum = Mi-mallontes (Attribut 
der Bacchantinnen) = Maleates (Beiname Apollos) = Malea = Maja, Mal 
(albanische Bezeichnung für ,Berg*). Meyer zufolge ist das Wort mal 
für die albanische Sprache typisch. Als Ortsbezeichnung fehlt dieses 
Wort im Altertum im östlichen Teile Thrakiens. Das jetzige Malaj-esd. 
Maleia u. dgl. in Siebenbürgen ist daher entweder auf rumänischen Import 
zurückzuführen oder slavisch (mala slav. klein). 

16. Ocra (Stadt in Thrakien) = M-okra (Gebirge in Albanien). Die 
Präposition m- (mi) lässt sich aus manchem modernen albanischen Namen 
belegen, z. B. M-Surdh (vgl. Surdha) u.a. Vgl. auch das vorhergehende 
mi-malontes. Ob nordalbanisch ograj [Feld, Waldung (!) fide Meyer] aus 
serbisch ograda (Umzäumung) abzuleiten ist, bleibt, da Mokra ein Gebirge 
bezeichnet, fraglich. Nicht ausser acht gelassen werden darf der messapische 
Name Mokros. 

17. Salia (Dakischer Eigenname) = salia (dak. Pflanzenname) = Sala 
(albanischer Stamm) = ? šala (alban. „Sattel“) = šal (Pflanzen, borago 
officinalis auf griechisch), ferner ist damit Sal-isia und Sal-ona zu ver- 
gleichen. — Sala = šala ist eine in Albanien akzeptierte Volketymologie. 

18. Seardus = Skord-isker = Scard-onu = scardia (dakischer Name 
fiir Osterluzei) = Sar heilen: Bergname in Albanien). Die Gleichung 
Scardus = Sardagh, die man häufig antrifft, ist falsch. dagh ist türkisches 
Lehnwort und heisst „Berg“, z. B. Karadagh = Mali-zi-Cerna-gora = Monte- 
negro. Mit Scardus ist jedoch zu vergleichen Dini-skarta (in Skythia 
minor). Dini ist thrakischer Eigenname. 

19. Sardaser = Sarda (Stadt) = Surdha (Ruinen derselben Stadt) 

— Maja Surdhs (häufiger Name = Berg von Surdha), Sn Surdh (albanisch 
„heiliger Surdh“ (Sn = heilig) = Zibel- Thiurdos) = Surdh, albanisch „taub“. 
Sn Surdh ist der Gewittergott der heutigen Albaner, Zibel thiurdos ein 
thrakischer Gott. Die Verehrung des Sn Surdh zeigt thrakische Züge. 

20. Sipar-untum = siper (albanisch ,oben‘). Siper ist nach Meyer 
ein für die albanische Sprache charakteristisches ,Urwort*. Die Endung 
-untum in Salluntum, Salentum, Dallnuntum, Tarentum, Uzentum, Truentum. 

21. Strid-ona = strue (albanisch „ausbreiten“), ein arisches Gemeingut. 
vel. germ. „streuen“; albanisch Strat = Bett. 

22. Tri-ballum stelle ich zu Balloia (in Makedonien), Bullaios, Deke- 
balus, balen (phrygisch „König“), bal (albanisch „Stirne“), Bala (heute in 
Albanien gebräuchlicher Name). 

23. Vigilia lässt sich mit Vegiwm, Vegia (Stadt), Velia (in Italien). 
Vilius (aus Rom), dann Veglia (in Dalmatien), Maja Vels (Berg von Velja 
in Albanien), Vele-bit, Vele-cik vergleichen. Vegium lässt an albanisch 

Z „Topf“ denken. Aus dem Albanischen kann ich den Stamm Vel. 
vil nicht erklären. Vale „Totenlieder* scheint forciert, eher könnte man 


Sind die Albanesen Nachkommen der Illyrier? 919 
© 

an die mythischen „Vilen“ der Südslaven denken, doch müssten die Vilen 
dann am Balkan „autochthon“ sein. Eine Frage für Slavisten! Der Ab- 
leitung von slav. veli (gross) widerspricht sein Vorkommen in Italien. 
Abgesehen von allem diesem ist an das unerklärbare albanische Urwort 
vla (= Bruder) zu denken, das im Lappischen mit gleicher Bedeutung als 
velja vorkommt. 

Wenn wir die angeführte Liste überblicken, so ergeben sich einige 
Resultate von allerhöchstem Interesse. Von den 23 analysierten alten 
Ortsnamen ergeben 21 einen Sinn und von diesen sind zufällig nicht 
weniger als fünf phrygischen, trakischen oder messapischen Ursprungs, 
nämlich bal, bren, bur, salia, scardia. Volle 11, mit delm sogar 12 Namen 
ergeben sich als solche, die im heutigen Albanischen zwar eine bestimmte 
Bedeutung haben, jedoch bloss die albanische bzw. die rumänische Sprache 
charakterisieren, es sind dies: der, arents, arnja, bessa, bular, 
delm, kodr, krep, dardha, dit, mal, siper. Zwei weitere Worte, 
strat, šurdh, lassen sich aus gemein arischen Wurzeln erklären. Alb, 
Ars, Plan sind in ihrer Bedeutung noch nicht fixiert worden oder aus 
dem Albanischen vielleicht zum Teil überhaupt nicht zu erklären und 
bloss ein Wort ograj kann als slavisch verdächtigt und daher bei der 
Erklärung von Ocra nur zögernd gebraucht werden. Das letzte Wort 
der Liste, nämlich Vel, ist das einzige, was der Analyse bisher trotzte. 

Nach diesem erfreulichen Resultate kann auf jene illyrischen und 
thrakischen Namen übergegangen werden, deren Spuren sich auch heute 
noch in Nordalbanien jach welko lassen. 


1I. Personennamen. 


1. Agron (thrakisch) = Cafa Agrit (albanesisch „Pass des Agr“). 

2. Balaios = Bala (s. vorigen Abschnitt unter Triballum). 

3. Bato (illyrisch und thrakisch) = Vata, Beta, Bat-uš. Uša ist, wie 
z. B. aus Pjetr (Peter) = Pjetruš (Peterchen) hervorgeht, Diminutivsuffix. 
Zu vergleichen das Hirtenwort batš (der Oberschäfer) und die troische 
Bateia. 

4. Bizes (illyrisch) = Bica. Ob mit echt-albanisch bits, mits „Ferkel“ 
zusammenhängend, erscheint fraglich, aber nicht unmöglich. 

ð. Dasa (illyrisch) = Daš. Daš ist albanischer Eigenname, heisst 
gleichzeitig aber auch „Widder“. Zu vergleichen damit ist das thrakische 
Desu-dava. Wine interessante Form ist das messapische Dasomas, da 
dieses wie das griechische Teutà mos das albanische Urwort madh (= gross) 


zu enthalten scheint. — Dessaretier mit daš in Zusammenhang zu bringen, 
scheint mir wegen des R gewagt. Die mythische Ahnfrau der Dassaretier 
hiess Dassuro. Das albanische Wort „das“ steht ohne weiteren 


linguistisogen Zusammenhang da. 
6. Jetus (illyrisch) = Jeti, Jeta. 
7. Laso (illyrisch) = Lasin. 
8. Lonus (illyrisch) = Loni. 


— m u Lu 
7 


1) D. h. wie neugriechisches 6 auszusprechen. 


920 i Nopcsa: 
© 

9. Manius (aus Thrakien) = Mani. Die heutige Identifizierung vom 
Mani = Osman lässt sich durch den Hinweis auf einen „Mano Vlah“ im 
Jahre 1350 in Makedonien widerlegen. 

10. Plaetor (illyrisch) = Pletto (von Jirecek aus 1198 von der Insel. 
Veglia zitiert). 

11. Sisiros (thrakisch) = Siseri. 

Für Erklärungsversuche bieten die albanischen Eigennamen natur- 
gemäss ein viel spröderes Material als die Ortsnamen, aber dies ist ja 
schliesslich überall der Fall und wir können uns daher schon damit voll- 
auf mit der Konstatierung befriedigen, dass, von dem „ausgestorbenen* 
Namen Pletto absehend, noch heute nicht weniger als 10 vorrémische 
Eigennamen in Albanien im Gebrauch sind. 

Da ich meine langen, fast 2000 Ortsnamen umfassenden Listen albani- 
scher Namen noch nicht durchgearbeitet habe, muss ich es vorläufig leider 
auf den hier angeführten Namengleichungen beruhen lassen, aber dies ist 
von um so geringerer Bedeutung, als sich ja schon aus ihnen im grossem 
ganzen die zu erwartenden Resultate erkennen lassen. Es zeigt sich, dass 
das, was in letzter Zeit Patsch und Penka über die Thraker, Illyrier 
und Albanesen publiziert haben, seine Bestätigung findet. — Das Vor- 
kommen von zahlreichen auf -ona auslautenden Städtenamen in Italier 
und Illyrien, das Fehlen dieser Wortendung in Thrakien, ferner das Fehlen 
der thrakischen Endung dava im nördlichen Teile Illyriens, gepaart mit 
dem Vorkommen thrakischer Namen (Bal u. a.), ebenso die linguistische 
Ähnlichkeit des Thrakischen mit dem Albanischen (beides Satemsprachen) 
und seine Verschiedenheit vom Venetischen (Centumsprache) zeigen alle, 
dass bereits zur Rörmerzeit die Bevölkerung des heutigen Südbosniens 
und Nordalbaniens aus einer thrakischen Unterschichte und einer illyrischen 
Oberschichte bestanden haben dürfte. Der älteren thrakischen Unter- 
schichte werden wir wohl die Butmir-Kultur Bosniens, der jüngeren illyri- 
schen Oberschichte die Glasinac-Kultur Bosniens (= Hallstattkultur) zuzu- 
schreiben haben. 

Welches der Einfluss der den Kilt (= die Fustanella) nach Albanien 
importierenden Kelten im heutigen Albanien war und ob etwa die sozialen 
Verhältnisse, die die Römer im Reiche der Königin Teuta antrafen, auf 
keltischen Einfluss zu setzen seien, ist vorläufig noch schwer zu sagen. 
Die blosse Möglichkeit, dass eine Frau zur Regierung gelangte, weist 
jedenfalls darauf, dass die Frau bei den lllyriern zur Römerzeit eine ganz 
andere soziale Stellung inne hatte, als bei den Thrakern, Griechen oder 
den modernen Albanern. Es könnte die Stellung der illyrischen Frau 
ganz wohl auf den influss der Kelten zurückgeführt werden, allein es 
muss auch auf die ganz besondere Stellung hingewiesen. werden, die nach 
dem Tode Alexanders des Grossen die Mutter dieses Königs, in Epirus 
ınne hatte, und man muss daher auch mit der Möglichkeit einer Beein- 
flussung der Illyrier von dieser Seite her rechnen. 

Auch der Name Teuta gibt einiges zu denken. 

Der Name der Königin Teuta findet sich auch in Thrakien (Tiuta 
und Tiuta-menos), kaum ist aber seine Bodenständigkeit in Thrakien 


i —— | = 7 EE OO Eo = ar a CE N 


Sind die Albanesen Nachkommen der Illyrier? dÄ 


fraglich, dann muss auf die keltische Gottheit TZeuta-tes hingewiesen 
werden und endlich ist zu betonen, dass wir im Namen eines anderen 
illyrischen Herrschers derselben Zeit Pleur-ates wohl den Volksnamen 
Pleraei, aber auch die keltische(?) Endung -ates finden. Weitere 
Untersuchungen über den keltischen Einfluss in Albanien überschreiten 
den Rahmen dieser Arbeit, hoffentlich genügen aber diese Andeutungen, 
um Fischer davon zu überzeugen, dass die Frage, ob die Illyrier die 
Nachkommen der alten Illyrier sind, viel komplizierter ist, als er meint, 
und dass „die von ihm eingangs erwähnten alten Namen für sich allein“ 
nicht genügen, „um die Ausdauer der alten Illyrier in ihren balkani- 
schen Sitzen und ihre Fortsetzung in den heutigen Albanesen völlig zu 
beweisen“. —- 

Wegen anderer Details sei auf meine 1909 in Serajevo erschienene 
Arbeit „Aus Sala und Klementi* und meine demnächst in den Wissensch. 
Mitt. a. Bosn. u. d. Herzogewina erscheinende Arbeit „Zur Vorgeschichte 
und Ethnographie Nordalbaniens“ verwiesen, woselbst sich auch ein aus- 
führliches Literaturverzeichnis befindet. 

Ujarad, November 1911. | | | 


Einige grundsätzliche Bemerkungen über Sonne, Mond und 
Sterne im alten Mexiko. 


Von 
Hugo Kunike. 


Den Ausgangspunkt für diese Untersuchung hat eine Darstellung des 
Haupttempels in Mexiko gebildet, die sich im Anhang zu dem Werke des 
Pater Duran (Lam. 16) befindet. (Abb. 1.) Auf dieser sehen wir die 
Sacrarien der nach der Sage vereinten 
beiden Gottheiten, des Tlaloc und des 
Uitzilopochtli. Tlaloc ist der bekannte 
Regengott der Mexicaner, an seinem 
Tempel sind senkrechte blaue Streifen 
zu sehen, eiu verständliches Symbol für 
herabkommendes Wasser. Der daneben- 
stehende Tempel ,Uitzilopochtlis zeigt 

Abb. 1. Die Sakrarien des Tlaloc eine Bekrönung von Meerschnecken- 
und des Titzilopochtli. Duran. gehäusen, sowie eine eigentümlich ver- 

| zierte Fassade. Auf ihr nämlich sind 

runde Steine und Steine von Schädelform dazwischen zu sehen. Man hat 
solche Steine im Original gelegentlich der Ausgrabungen am Orte des Haupt- 
tempels in Mexiko gefunden (vgl. Selers Bericht, Ges. Abh. Bd. II 8. 767 
bis 904), und zwar kegelförmige Steine, die mit der runden Unterseite aus 
dem Mörtel der Wand herausragten und mit dem zapfenförmigen Ende in 
demselben befestigt waren, sowie Steine in Schädelform, die gleichfalls mit 
Zapfen versehen und in ähnlicher Weise befestigt zu denken sind. Die 
runden Steine werden wahrscheinlich als Augen gemalt gewesen sein, wie 
man in der Regel die Sterne abzubilden pflegte (s. u.). Was aber be- 
deuten die Schädel? Ferner, was bedeuten die Meerschneckengehäuse auf 
dem Dachfirst? Um der Bedeutung dieser Verzierung auf die Spur zu 
kommen, müssen wir etwas weiter ausholen. Wir müssen auf den Mythus 
des Gottes zurückgreifen, dem dieser Tempel geweiht war, wir müssen das 
Wesen des Gottes aus dem Mythus zu bestimmen suchen, und das ist 
keineswegs schwer. Uitzilopochtli wird auf dem Schlangenberge von der 
Couatlicue geboren, die ihn als Federball empfangen hat, er wird in voller 
Waffenrüstung in dem Augenblick geboren, wo die Centzon uitznaua, die 
400 Südlichen, gegen den Schlangenberg unter Führung des Coyolxauhqui 
heranstürmen, um ihn und seine Mutter zu töten. Er aber greift sie an, 


—_—_—_—_—"_ x  Ř TE 
® one a, =—- mg, SEE e, 


Kunike: Sonne, Mond und Sterne im alten Mexiko. 993 


zerschmettert die Coyolxauhqui, schneidet ihr den Kopf ab und ver- 
jagt und tötet die 400 Südlichen. (Sahagun III 1 § 1.) 

Der hier zugrunde liegende Naturmythus ist ausserordentlich durch- 
sichtig. Uitzilopochtli ist der junge Sonnengott, der, am Morgen von der 
Erdgöttin geboren, den Mond und die Sterne verjagt. Und mit einem 
Male haben wir die Antwort auf die oben aufgestellte Frage. Die Sterne 
sind die von der Sonne Getöteten, sie werden aus diesem Grunde als 
Schädel abgebildet. Interessant ist auch die Tatsache, dass ein grosses, 
beim Haupttempel in Mexiko gefundenes Werkstück aus Stein den mit 
Schellen und der Hieroglyphe für Gold auf den Wangen versehenen Kopf 
einer Göttin darstellt, eine Darstellung. die ohne Zweifel den Kopf der 
Coyolxauhyui (coyolli = Schelle, xaua = bemalen) betrifft (vgl. Seler 
a. a. O. II S. 814). 

Aber noch eine andere Beziehung scheint bei den auf der Fassade 
des Tempels eingefügten Schädeln vorzuliegen, nämlich die zum Monde. 
Das sechste Tageszeichen, miquiztli, Tod, das durch einen Schädel 
repräsentiert wird (Abb. 2), hat zum Regenten den Mondgott, Teccistecatl 
(„Der mit dem Meerschneckengehäuse*, vgl. Seler, 
Erläuterungen zum Cod. Borgia, Bd. 1 S. 102 ff.). 
Der Mond wird nämlich auch bei anderen Völkern 
einfach als Schädel aufgefasst. Und ebenso zeichneten 
die Mexikaner den Mond als Knochengefiiss, in 
welchem sich Wasser und ein Kaninchen, ihr Mann 
ım Monde“, befinden. Jedenfalls werden auch die 
Beziehungen des Mondes zum Tode mitgesprochen 
haben, denn der Mond ist der Sterbende und Wiederauflebende. 

Um ferner die Darstellung der Meerschneckengehäuse auf dem First 
des Tempeldaches zu verstehen, müssen wir uns erinnern, dass der Mond 
in der Tat als Meerschneckengehäuse aufgefasst wird (s. o. Tecvistecatl, 
vel. als weiteren Beleg die Darstellungen von Sonne und Mond am Stern- 


Abb. 2. 
Das 6. Tages-zeichen. 
miquiztli. Cod. Borgia. 


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By are SC 


Keser E 


Abb. 5. Sonne, Mond und Sterne am Himmel. Cod. Nuttall 19. 


himmel, Cod. Nuttall 19, wo die Sonnenscheibe im Innern das olin- ° 
Zeichen, der Mond ein Meerschneckengehäuse zeigt, Abb. 3), eine An- 
schauung, der die unmittelbare Naturbeobachtung zugrunde liegt. Der 
Mond zieht sich in sein Gehäuse zurück und kommt daraus wieder her- 
vor, er verschwindet teilweise und ganz und wird dann wieder mehr und 
mehr sichtbar. Wir hätten demgemäss die Darstellung von Meerschnecken- 
gehäusen auf dem Tempeldachfirst als mit der Idee des Mondes zusammen- 
hängend anzusehen. Warum sind aber mehrere Schneckengehäuse und 
Schädel abgebildet” Hätte man den Mond allein darstellen wollen, so 


924 Kunike: ` 
wäre der Kopf der Coyolxauhqui etwa oder eine Meerschnecke aus- 
reichend gewesen. Man wird sich wohl vorstellen dürfen, dass Mond und 
Sterne nicht scharf getrennt worden sind und dass infolgedessen Monde 
als Sterne oder Sterne als Monde, wie man will, — abgebildet worden 
sind. 

Wir wollen versuchen, einige weitere Stützen für die zuletzt auf- 
gestellte Hypothese beizubringen, dieselbe jedoch noch einmal so formu- 
lieren: Die Darstellung von Mond- und Sternbildern geht in 
Mexiko vielfach ineinander über, ist also nicht immer scharf 
zu trennen. Zunächst möchten wir auf eine Dar- 
stellung des Mondes bei den Maya aufmerksam 
machen. In der Dresdener Handschrift, Blatt 58 
(Abb. 4) ist die Sonne, der Mond und der Morgen- 
stern abgebildet (entsprechend dem schönen Blatte 
des Cod. Borgia Nr. 71), und zwar ist der Morgen- 
stern in menschlicher Gestalt, Sonne und Mond da- 
gegen sind als Scheiben auf je einem hellen und 
einem dunklen Felde abgebildet, also als Licht- 
körper, die zwischen Auf- und Niedergang stehen 
(vgl. das mexikanische Tageszeichen olin; dazu Seler, 
Cod. Borgia, 1 S. 14). . Die Sonne ist in üblicher 

Ä Weise als kleiner Kreis mit Strahlen nach den vier 
kommende Planet f 

Venus. Dresdner Maya- Richtungen dargestellt, der Mond gegenüber geradezu 

Handschrift Blatt bn, als Schädel. Nach dem obengesagten ist die Analogie 

zu der mexikanischen Auffassung unmittelbar ver- 

ständlich. 

Einen weiteren Beleg für die oben aufgestellte 
Hypothese, der zufolge Mond- und Sterndarstellungen 
nicht immer scharf von einander zu trennen sind, 
bietet uns .die Auffassung des Mondes als Stein- 

Abb. 5. Der Mond Messer. (Ganz deutlich geht diese aus manchen 
mit dem Steinmesser, Bildern des Mondes im Cod. Borgia, und zwar Blatt 18, 
Cod. Borgia 50. 50 und 58, hervor, wo geradezu ein Steinmesser im 
Monde gezeichnet ist (Abb. 5). Ausserdem begegnen 
wir Darstellungen, bei denen die Erdkröte ein Steinmesser aus ihrem 
geöffneten Rachen entlässt (Borbonicus 15), was natürlicherweise auf nichts 
anderes als den Mond gedeutet werden kann, den Mond, wie er aus der 
Erde hervortritt. 

Und so ist auch ein Steinmesser Symbol und Abzeichen des Mond- 
vottes naui tecpatl (vgl. Seler, Cod. Borgia, If 228). Xipe totec wird in 
manchen Bilderschriften als Steinmesser — «l. h. als Opfer- und Mondgott 
vezeichnet. Denn Xipe, „der Geschundener, der Gott, welcher die Haut 
abstreift (wie eine Schlange; s. u.), ist wiederum ein Mondgott. Später 
ist er dann zum Vegetationsgott geworden infolge einer naheliegenden 
Ideenverbindung. In einer nordamerikanischen Sage von Tawiskara (bei 
Irokesen. Huronen und Verwandten) gebiert die Mondgöttin einen Feuer- 
stein (mex. tecpatl = Feuerstein oder Steinmesser). 


Abb. 4. Der herab- 


A — A G —— B—— — 


— o eee CO 


Scnne Mond und Sterne in alten Mexiko. 935 


Nun aber sind die Figuren von Steinmessern zuweilen auch gleich 
Sterngottfiguren (Seler, Cod. Borgia, II 12). Und so finden wir an 
manchen Stellen Himmelsdarstellungen, wo Augen, d. h. Sterne und Stein- 
messer, d. h. Sterne oder Monde, vereinigt sind (Abb. 6). Hier ist also 
wiederum deutlich, dass Monde und Sterne nicht scharf unterschieden 
werden. Dass der Mond als Steinmesser gezeichnet wird, hat seinen 
Grund in der (iestalt des Halbmondes, der einen steinernen altmexikani- 
Opfermesser ähnlich sieht. 

Auf einen weiteren hierhergehörigen Zusammenhang hat zuerst Preuss 
die Aufmerksamkeit gelenkt. Wir meinen den Zusammenhang zwischen 
den vielfach in den Bilderschriften vorkommenden Häkchen und dem 
halbmondförmigen Schmetterling (Abb. 7). Wir meinen, dass man die 
Häkchen in vielen Fällen einfach wird als Mondsicheln bezeichnen 


MUNI WRNINI 
Ee 


= 


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at ia} --- Ke, ere 
pres = H = 
Ge. Net sg -e s.e- 
— S H i P _ V 
EH Se u5 - la 
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Abb. 6. Steinmesser und Augen als Himmelskörper. Cod. Borgia 50. 


Abb. 7. Pulqueschale mit 


herausschäumendem Ge- Abb. 8. Hieroglyphe 

trink, darauf Häkchen- Youallan, „am Orte 

zeichnung und zwei Monde. der Nacht“. Libro de 
Cod. Borgia 5x. los tributos 15. 


dürfen; dass die Häkchen aber auch noch mancherlei andere Bedeutung 
haben, muss dabei jedoch gleichfalls festgestellt werden. Denn ebenso 
wie Schädeldarstellungen nicht überall Monde und Sterne bedeuten, 
sondern einfach als Köpfe von Geopferten oder Todessymbole anzusehen 
sind, wie ferner die Steinmesser in den meisten Fällen in den Hand- 
schriften, wie auf Skulpturen und anderen Werkstücken als Opfermesser 
aufzufassen sind oder auch zur Bezeichnung des Scharfen, Reissenden usw. 
dienen, so bedeuten die Häkchen an vielen Stellen der Bilderschriften 
etwas anderes als Monde und Schmetterlinge. Sie deuten nämlich oft die 
lockere oder flockige Beschaffenheit (Baumwolle) einer Substanz an, oder 
etwas Körniges (Erde), schaumiges (Pulque}, endlich auch zerstochenes 
Papier. (Hieroglyphe Cocollan im Cod. Mendoza, „am Orte des vielfach 
Zerstochenen“.) An den meisten Stellen treten allerdings die Häkchen 
zusammen mit Augen in der Darstellung des Nachthimmels auf, wo die 
Augen, wie wir bereits bemerkt haben, Sterne bedeuten (Abb. 8). Oder 


926 Kunike: 


man sieht die Häkchen auf Himmelsdarstellungen mit Sonne und Mond 
zusammen abgebildet (Cod. Nuttall 19, Abb. 3). Wir werden also hier 
die Vermutung wagen dürfen, dass die Häkchen hier Monde oder Sterne 
bedeuten, was, wie wir nun bereits an mehreren Beispielen gesehen haben, 
vielfach auf ein gleiches hinauskommt. 

Von bildlichen Darstellungen erwähnen wir endlich noch diejenigen 
des von Seler so genannten Stern- oder Strahlenauges (Abb. 9). Hier 
ist ein Auge (Stern) mit Braue darunter gezeichnet; diese ist ganz so 
wie ein Nasenhalbmond (z. B. der Tlacolteotl) gestaltet; man kann also 
auch hier annehmen, dass der Mond mit dem Stern kombiniert dar- 
gestellt sein soll. 

Ausserdem gehen von dem Auge Strahlen aus, die teils als gestielte 
Augen, teils als Steinmesser gezeichnet sind, was gleichfalls auf den 
obendargelegten Zusammenhang hinzudeuten scheint. 

Wir gehen nunmehr dazu über, einige zu diesen Anschauungen ge- 
hörige Bezeichnungen für Sterne, und was damit zusammenhängt, anzu- 
führen. Die Pulquegötter heissen im 
Mexikanischen „centzon totochtin“, 
d. h. die 400 Kaninchen. cen-tzon 
bedeutet eigentlich „ein Haar“, d. i. 
ein Haarschopf, und so wird auch in 
den Bilderhandschriften eine Rispe 
dafür gezeichnet, welche ein Haar- 
büschel darstellt. 400 bedeutet natür- 

Abb. 9. Stern- oder Strahlenauge. lich ebensoviel wie eine grössere. 

Wandmalereien von Mitla. Nach Seler. nicht näher zu bestimmende Anzahl. 

Eine interessante Parallele hierzu 

bietet die Angabe, dass primitive Indianer Südamerikas, wenn sie auf- 

gefordert werden, zu zählen, und die gewünschten Zahlen ihre Fassungs- 

kraft übersteigen, an die Haare fassen und dazu „Menge Menge: 
sagen. 

totochtin heisst „die Kaninchen“, d. h. die Monde. Denn die mexi- 
kanische Sage (Sahagun VII, 2) weiss folgendes zu berichten: Als die 
Götter in Teotihuacan berieten, wer von ihnen Sonne und wer Mond 
werden sollte, meldeten sich Nanauatzin, „der kleine Syphilitische“ und 
Teccistecatl, „der mit dem Meerschneckengehäuse“ (s. oi Sie bereiteten 
sich denn auch durch Fasten und Opfer vor und sprangen darauf ins 
Feuer, Nanauatzin zuerst, er wurde zur Sonne, dann Teccistecatl, er 
wurde zum Monde. Als dann die beiden Himmelskérper aufgegangen 
waren, schlugen die Götter dem Monde, damit er nicht ebenso hell leuchte 
wie die Sonne, mit einem Kaninchen ins Gesicht, weswegen derselbe 
noch heute ein Kaninchen auf seiner Fläche zeigt. — Eine ganz ähnliche 
Anschauung hatten übrigens auch die Sanskrit-Inder, welche den Mond 
sasin, „den mit dem Hasen“, nannten. In Japan und bei den primitiven 
Waldindianern Zentralbrasiliens finden wir dieselbe Anschauung, nämlich 
das Kaninchen im Monde, eine Anschauung, welche demgemäss auf einer 
vleichartigen Naturbeobachtung beruhen muss. 


Sonne, Mond und Sterne im alten Mexiko. 927 


Auf eine Naturbeobachtung glauben wir übrigens auch die seltsame 
Konzeption des Sonnengottes als Syphilitiker zurückführen zu dürfen. 

Den Mexikanern, die den Planeten Venus als Morgen- und Abend- 
stern und ebenso den Mond genau beobachtet haben, werden sicherlich 
auch die Sonnenflecke aufgefallen sein, es ist daher nicht unmöglich, 
dass sie dieselben als den venerischen Aussatz der Sonne aufgefasst haben, 
und so den Sonnengott syphilitisch nannten. Es wäre nicht unmöglich, 
dass man im alten Mexiko auch die Veränderung der Sonnenflecke, ihr 
Verschwinden und Wiederauftauchen beobachtet und mit der Veränderung 
der durch Syphilis pathologisch affizierten Haut verglichen hat, doch dies 
nur nebenbei. 

Das Kaninchen ist also der Mond und die Pulquegötter sind Mond- 
götter, auch sie hängen wie Xipe (als Mond- und Vegetationsgott; s. o.) 
mit den Ideen der Lebensmittelfiille unmittelbar zusammen. Da es nun 
aber nicht eine Menge Monde gibt, wenigstens nicht für die alten Mexi- 
kaner, so werden wir wohl wiederum die Idee heranziehen dürfen, dass 
Mond und Sterne nicht prinzipiell verschieden sind, die centzon totochtin 
werden also sowohl als Mond, wie Sternengötter zu gelten haben. 

Wir haben oben beim Mythus des Uitzilopochtli von den Centzon 
Uitznaua gesprochen. Diese repräsentieren, wie ihr Name sagt, recht 
eigentlich die Sterne des Südhimmels; im Gegensatz dazu stehen die 
Sterne des Nordhimmels, welche centzon Mimixcoua, die 400 Wolken- 
schlangen heissen. Dieser Name ist zunächst etwas befremdlich, er wird 
aber sofort verständlich, wenn wir ihn auf mythische Konzeptionen, die den 
Mond betreffen, beziehen. Der Mond wird an vielen Stellen der Erde 
als Schlange aufgefasst. Denn wie die Schlange ihre Haut abstreift und 
nach der Häutung um so prächtiger erscheint, so verjüngt sich auch der 
Mond immer wieder (vgl. das oben über Xipe gesagte). Die hierher ge- 
hörige mexikanische Auffassung vom Monde findet ihren Ausdruck in dem 
Namen und teilweise auch in der Darstellung des Windgottes, des alten 
Mondgottes Quetzalcouatl. Sein Name bedeutet Quetzalfederschlange, 
eine mit Federn bedeckte Schlange. Es ist der Kulturheros, der nach 
Osten, der Sonne entgegen, wandert, um in ihren Strahlen zu verbrennen. 
Sein Herz steigt dann als Morgenstern zum Himmel empor. 

Der Nanıe Quetzalcouatl hat aber noch eine zweite Bedeutung, und 
zwar: „kostbarer Zwilling“. Das sonst für Zwilling gebrauchte Wort ist 
Xolotl, dies wird zur Bezeichnung von Geminationen gebraucht, aber auch 
auf die Larve des in den mexikanischen Seen vielfach vorkommenden 
Wasserlurches Amblystoma mexicanum angewandt. Dieser heisst Axolotl, 
d. h. Wasserzwilling, was genauer ein Tier bedeutet, das in verschiedenerlei 
Gestalt auftritt (Amphibie). Wenn nun Quetzalcouatl der kostbare Zwilling 
heisst, so liegt bei Heranziehung des Wortes Xolotl und seiner Bedeutungen 
die Vermutung nahe, dass man ihn so genannt hat, weil er ein Mondgott 
ist und der Mond in verschiedener Gestalt erscheint. Auch die typische 
Gesichtsbemalung des Gottes stimmt anscheinend zu seiner Monduatur, 
in Profil ist die Vorderseite des Gesichtes gelb, die Hinterpartie schwarz 
gemalt, (um den Mund herum rot) wenn man sich also das Gesicht en 


928 Kunike: 


face gedreht denkt, ergibt sich ungefähr eine gelbe Mondscheibe auf 
schwarzem Grunde, dem dunklen Nachthimmel. Ausserdem trägt Quetzal- 
cout] als Brustschmuck den Querschliff einer Meerschnecke (s. o.), ferner 
abgerundeten und gewundenen Schmuck u. a.m., was alles für seinen 
Mondcharakter spricht. 

Quetzalcouatl wird nun in Chiapas, als Cuchulchan, „die Schlange, 
die im Wasser geht“, genannt; das bedeutet ganz klar den Mond, der 
durch den Himmelsozean streicht. Und ebenso werden wir uns die oben- 
genannten Sterngötter des Nordhimmels, die Mimixcoua, die Wolken- 
schlangen, als Mondsterne zu denken haben, die durch die Wolken 
wandern. 

Übrigens ist Mixcouatl, „die Wolkenschlange“, der Gott der Chichi- 
meken und der Jagd, gleichfalls ein Sterngott. 

Auch die als Sterngottheiten aufzufassenden Tzitzimime, die Dunkel- 
heitsdämonen, die entweder in der Gestalt von gespenstischen Weibern 
(den im Kindbett gestorbenen Frauen wird diese Rolle zugewiesen; vgl. 
Cod. Borgia 50), oder von spinnenartigen Wesen ge- 
dacht werden, tragen Nasenhalbmonde (NB. auch 
dann, wenn sie als Spinnenwesen gezeichnet sind; 
vgl. Cod. Borgia 34, Abb. 10), wie sie im Grunde 
nur von alten Mondgöttern (Xipe, Tlacolteotl, den 
Pulquegöttern) getragen werden. Auch hier also geht 
wiederum die Auffassung von Mond- und Sternwesen 
durcheinander. Übrigens verschmelzen bei der An- 
Abb. 10. Tzitzimitl. Schauung von den Tzitzimime Motive des Alb- und 

Cod. Borgia 34. Fratzentraumes mit der Auffassung von ihnen als 
Sternwesen. Die im Kindbett gestorbenen Frauen 
erscheinen, wie auch leicht erklärlich, als albdrückende Wesen, wie es 
heisst, „als gespenstische Weiber, welche die Männer zu Sünde und 
Unzucht verführen“, oder als Spinnen, eine häufige Form des sogenannten 
Fratzentraumes. (Vgl. über den Alb- und Fratzentraum als die beiden 
Formen des Angsttraumes Wundt, Völkerpsychologie. ‚Leipzig 1906. 
Bd. II 2 S. 109—122.) 

Quetzalcouatl ist, wie wir oben gesehen haben, der Mond, der nach 
Westen wandert, um im Tlillan-Tlapallan, dem Schwarz-Rotlande, 
dem Lande des Unterganges, dem Lande der Schrift, zu verschwinden. 
Auf das schwarzrote Land der Dämmerung bezieht sich u. a. auch die 
schwarzrote Bemalung des Gewandes der Tlacolteotl, der alten Mondgöttin, 
auf welchem Halbmonde in Menge zu sehen sind. Auch die zweigeteilte 
Bemalung der Ballspielplätze in den Bilderschriften wird sich darauf be- 
ziehen, sollten doch die Ballspielplätze den Himmel darstellen, an dem 
sich Sonne und Mond als Bälle bewegten. 

In einer immer noch recht rätselhaften Figur des mexikanischen 
Pantheons finden wir nun schwarz und rot vereinigt. Oder vielmehr, 
diese Figur tritt das einemal schwarz, das anderemal rot auf; beide mit 
verschiedenen Farben bemalt, treten sich (im Cod. Borgia) auf dem Ball- 
spielplatz gegenüber. Es ist der rote (tlatlauhqui) und der schwarze 


Sonne, Mond und Sterne im alten Mexiko. 929 
(yayauhqui) Tezcatlipoca. Dieser Name bedeutet ,der rauchende Spiegel‘, 
der Gott heisst auch ce miquiztli (eins Tod, s. o., durch einen Schädel 
repräsentiert), was zugleich sein Tag ist. Den Rätseln, welche diese Figur 
bietet, beizukommen, ist am ersten möglich, wenn man sie als Mondgott- 
heit fasst, sie ist dann in ihrer Doppelgestalt am leichtesten zu begreifen, 
und zwar als Hell- und Schwarzmond. Die grosse, rötliche, leuchtende 
 Mondscheibe am Horizont und der in den Tropen deutlich zu sehende 
schwarze Mond (der rauchende Spiegel, tezcatl, welcher in den Bilder- 
schriften schwarz dargestellt wird) haben den Ausgangspunkt für diese 
mythologische Konzeption gebildet. Ausserdem wird Tezcatlipoca mit 
einem abgerissenen Fuss abgebildet, es ist also ein Lichtkörper gemeint, 
dem ein Teil abgezwackt wird. (Symplegadenmotiv.) In einigen Bilder- 
schriften sehen wir bei ihm ein Krokodil (cipactli, „der Fisch, aus 
welchem die Erde gemacht ist“), das Tier der Erde, welches den Fuss 
abgerissen hat. Tezcatlipoca trägt ferner als Brustschmuck einen Ring, 


Xo) 
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Abb. 11. Tezcatlipocas Abb. 12. Der Hirsch, die Sonne tragend 
Anauatl als Auge (Stern). und das Kaninchen, den Mond tragend. 


Cod. Fejérvary-Mayer 24. | Cod. Borgia 33. 


Anauatl; dieser wird zuweilen einfach als Auge, also als Stern, dar- 
gestellt (Abb. 11, s. die Zusammenstellung bei Seler, Ges. Abh. Bd. II 
S. 71). Es ist nicht unmöglich, dass auch hier wiederum die Idee mitspricht, 
dass die Darstellungen von Mond und Sternen im Grunde nicht so sehr von- 
einander verschieden, als vielmehr ineinander übergehend anzusehen sind. 

Wenn wir ferner noch bedenken, dass der Mond vielfach als Sonne 
der Nacht gezeichnet wird, so können wir wohl verstehen, dass mytho- 
logische Gestalten, welche den Mond repräsentieren, gelegentlich Sonnen- 
züge tragen, ebenso, dass Sterngottheiten mit Mondzügen ausgestattet 
werden u. a. m. 

Endlich möchten wir noch auf folgendes aufmerksam machen. Wie 
das Kaninchen im alten Mexiko das Tier des Mondes ist, so ist der Hirsch 
das Tier der Sonne (Abb. 12). Nun fand Preuss bei den Cora die An- 
schauung, dass die Sterne als Hirsche aufgefasst werden. Wenn wir also 
diese mythologische Konzeption mit der der alten Mexikaner in Parallele 
setzen, so erscheint auch der Unterschied von Sonne und Sternen in diesem 
Kulturkreise nicht allzu rigoros aufgefasst worden zu sein. 

Nach den obigen Ausführungen wird es verständlich sein, dass in den 
Mythen und Anschauungen der alten Mexikaner eine gewisse Vieldeutig- 
keit und Buntheit zutage tritt, dass aber nichtsdestoweniger die Be- 
ziehungen der Dinge zueinander, welche die Einheit unter ihnen ver- 
mitteln, in vielen Fällen auf das Deutlichste sich erkennen lassen. 


Zeitschrift für Ethnologie. Jahrg. 1911. Heft 6. GO 


930 


Nachträge und Berichtigungen 
zu Robert Beltz-Schwerin 


Die Laténefibeln 
s. S. 663. 


S. 669 Z.3 von oben ist nachzutragen: Hagenau i. E., Städtisches Museum. 

Desgl. S. 669 Z. 10 von unten: Mülhausen i. E., Städtisches Museum. 

8. 670 Z. 17 von oben: Saalburgmuseum. 

S. 673 2.9 von unten: 255 (für 250). 

S. 685 Z. 9 von oben: Die Fibel mit umgeschlagenem Fuss in Gesellschaft 
echter Mittellatenefibeln ist jetzt auch in Siidrussland (Maritzyn Guvrn. Cherson) 
nachgewiesen: M. Ebert Pr. Z. III S. 235. 


LA 1. Maskenfibeln @. 


Seite Variante. 


und Fundort Sammlun ny Fund: Se 
Nr j | ne An- geschichte Literatur 
ee eS eS ee EE ee am SSS SS ne 
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S. 696 Fo. unb. Darmstadt. Br. V.A. ? Anthes-Darm- 
10a (Rhein- L M. Kopf un stadt 
hessen?) Bügelkopf 
und Fuss | 
S einseitig 
S. 697 Fischen’), München Br. Bruch- Grabhügel- Naue, Hügel- 
13 a B.-A. Weil- St. 8. stück gruppe gräber zwischen 
heim Menschenkopf| zwischen Ammer- und 
Fischen Staffelsee 1887 
und Pähl IS 14 Taf. XXV, 6 
S. 697 Huglfing Ebendort | Br. Bruchstiick | Grabhiigel- Ebendort 
13b B.-A. Weil- ' B geschwollen, gruppe S. 49 
heim unverziert, VI Taf. XXV, 12 
F Menschen- 
kopf 


LA 2. Vogelkopffibeln +. 


S. 699 | Schirrheiner | Hagenau Br. Var. B | Grabhügel- | Forrer-Strassburg 


15a eg?) gruppe 
bei Hagenau 
(Unterelsass) 
S. 699 Uhlweller, Ebendort | ES 2 2 = 2 Desgl. Derselbe 
15 b Kr. Hagenau | 
(Unterelsass) | 
S.700 | Fischen‘, | München | Br.B A 3  Grabhügel- | Naue, Hügel- 
25 a B.-A. Weil- — St. S. FA Ah — gruppe griber zwischen 
heim | (mit B ver- zwischen Ammer- und 


bunden) Fischen Staffelsee 1887 
| | 


und Pähl | 8.14 Taf. XXV,5 
Begleitende Funde. 1) Fischen: Hügel c ¢15a. E Krummesser, Ring. Ton- 
schüssel. — 2) Huglfing: Gr. 2. Durch Nachbestattung gestört. — V 135a. — 3) Schirr- 
heinerweg: S. A 821. — 4) Fischen: Hügel c.@ 13a. E: Krummesser, Ring. Tonschüssel. 


Beltz: Nachtriige zu Latenefibeln. 931 


Seite | Variante. | 
| 


und Fundort Sammlung ` ane, puna Namen E 
Nr. S | laine eb an; | geschichte Literatur 
S.700 | Pahl’), B.-A. München | Br. S 4 (Arm- | Grabhügel- Naue a. a. O. 
~rbe Weilheim St. S. brust) B A 1 gruppe S. 19 Taf. XXV 
| “AS zwischen 7.9 
(} Bruchstiick); Pahl und 
| | Wilshofen 
S. 700 | Ebendort?) | Ebendort ' Br. äussere 8 Desel. Naue a. a. O. 
25d | BA? S. 19 Taf. XXV.8 
| F beschädigt 
S. 707 Haghof?), Nürnberg | BA2 Grabhiigel | Hörmann-Nürn- 
1224 |B.-A.Sulzbach, N. G. :FrunderKopf, in der berg 
(Oberpfalz) mit B ver- Stadelleite 
bunden (Skelett) 


S abgebrochen 
3.707 | Schernfeld | Sc Ä _ | er 


i l 
S. "0: | Mischelbach, ' Gunzen- : Br.S 2.4 Hügelgrab | Hock-Würzburg. 
130a |B.-A. Weissen-! hausen | BA1F A 2 Nach- Eidam, 
‚burg | | bestattung | Jahresber. d. Ver. 
(Mittelfranken) | | ; f. Mittelfranken 
| | | XLII. 1889 
| S. 39 Taf. VI, 1 
S. 708 Taschen- | Würzburg Br. Sonder- Hiigelgrab Hock 
137a | dorf®), B.-A. | form S 2. 4 
Scheinfeld | | BA1.5 an /| 
(Mittelfranken) den Seiten . 
| grosse Augen , 
| F A 1; aus | 
‚ dem zurück- | 
gebogenen 
| Kopf ent- | 
; wickelt sich | 
| ein zweiter 
kleinerer | 
S. 708 | Mittelfrauken Ansbach Br. S fehlt , _ Derselbe 
139 a BA15 | 
b. c FAl | 
S fehlt 
BAI1LFAt1 
mit grossem | 
Auge 
| $2 
BAIFA! 
klein 
S. 708 | Cammerlohe — — Zweifel- Derselbe 
143 hafter 
Fundort 
S. 710 | Staffelberg’), | Lichtenfels Br. S fehlt Ringwall Derselbe 
169a | B.-A. Staffel- | Privat- BA2FA2 
stein © besitz | 
(Oberfranken) | | 


| 


Begleitende Funde. 1) Pähl: Hügel 6 (Skelett): Br. Fingerring, Nadel. — 
-2) Pähl: Mit dem vorigen. — 3) Haghof: Kleine Toilettengegenstände, Tongefäss. — 
4) Taschendorf: Br. Bandfibel (hallstittisch?). — 5) Staffelberg: Br. Tierfibeln, 
A 254d. 
GOU 


932 Beltz: 


S. 713 Nienburg. 
243.2441 Gegend von 
Lüneburg 


== Herkuntt Hahne-Hannover 
unsicher 


Seite en | ER | Variante. | Zur Fund- Nachweis. — 
ammlun S 
S | Genauere An | geschichte Literatur 
Buben 
S. 710 | Oberleiters- P Bamberg | Br. 8 fehlt | Hügelgrab | Hock. Hermann. 
169b | bach, B.-A. | |BAILFA2, (Skelett) 5 Jahresber. d. 
Staffelstein | | hist. V. Bamberg 
(Obertranken) | S. 15 Taf. VIL, a 
S.712 | Gr. Tschir- Breslau EBA2 Urnengrab Seger 
2303 nau, IF A 5 (einem 
Kr. Guhrau | | Seepferdchen 
| gleichend) 
| 


S. 712. 713 No. 236 bis 241 s. unten S. 935. 


2. Frühlatenefibeln A. 
| 


S. 715 | Rittershansen, | Wiesbaden | E derb, gross | Ringwall Brenner-Wies- 
18a Dillkreis S4 BI 1F13 baden 
| (durch Rost 
entstellt) 
S. 715 Wiesbaden Ebendort E | In dem rö- fRitterling, Limes 
15 a | mischen Nr 31 Wiesbaden 
Kastell .| S.91 Abb.5, 1 


S. 715 | Ebendort?) | Ebendort Br. u. E | Brandgräber | Ritterling, Jahres- 


15 bis e ber. des Landes- 
| museums f. 1910 
S. 718 | Kéniesbrfick®),| Haxenau Br. 8 1 BI 1 | Hiigelgriiber Forrer 
82a.b | Kr. Hagenau | FI1 (eine | 
(Unterelsass) mit Fortsatz) 
S.718 | Kurzgelind, Ebendort Br. gleich der .Desgl. Derselbe 
82c | Kr. Hagenau | vorigen 
(Unterelsass) | 
S. 718 Magstub®), Ebendort E! BI 12 Desgl. Derselbe 
82d | Kr. Hagenau | FI» 
(Unterelsass) | 
S. 718 Ebendort Ebendort | Br. S1 BI1 | Aus Hügel- Derselbe 
8? e. f FI1 z. T. mit gribern 
_  Fortsatz 
| 
S. 718 Oberfeld, Ebendort  Br.S1 BI1 Desgl. Derselbe 
82 g.h | Kr. Hagenau FI1 mit 
(Unterelsass) kleinem Fort- 
satz 
S. 718 | Schirrhein, Ebendort Br BI4 FI11 Desgl. Derselbe. Vgl. 
821 Kr. Hagenau ' (mit Email) Vor- u. frühgesch. 
(Unterelsass) Wandtafeln für 


| | Elsass-Lothringen 
| | | F. 88 Reallexikon 
| S.59, 18 


Begleitende Funde. 1) Wiesbaden: E. zusammengebogenes Schwert, Lanzen- 
spitze. — Tontlasche, Töpfe. — 2) Königsbrück: Paukenfibel. — 3) M&gstab: Pauken- 
fibel. 


-— = -, m 


Nachtriige zu Latenefibeln. 933 


S i Gg i e . 
= Fundort Sammlung Mee Zur Fund- Nachweis. — 
Nr. ret ane geschichte Literatur 


a a 


S.718 | Schirrhein, Hagenau |Br. BI5 FI3 Mileelers Es Derselbe. De Ring 


82k | Kr. Hagenau in Faudel u. Blei- 
(Unterelsass) cher, Matériaux V 
Taf. X, 14 
S. 718 | Schirrheiner- | Ebendort | Br. älınlich Desgl. Derselbe 
82] weg!) bei | dem vorigen 
Hagenau | 
(Unterelsass) 
S. 718 | Uhlweiler?), | Ebendort Br. BI10 Desgl. Derselbe 
82m | Kr. Hagenau F fehlt 
(Unterelsass) | ` 
5. 7118 | Weitbrach, Ebendort | Br. BI3 FI6| Hiigelgrab Derselle 
x2 n.o | Kr. Hagenau 
(Unterelsass) 
S. 718 Habsheim, | Mülhausen | Br.S 1 BI1 Desel. Derselbe. 
85a | Kr. Mülhausen FIl Faudel u. Bleicher 
(Oberelsass) a. a. O. Taf. X, 14 


S.726 Nr. 188: Nach gefl. Mitteilung von P Reinecke ist das Fundstück identisch 
mit dem von Bruck a. d Alz A 177. 


S.728 Nr, 224: Kl. Alfalterbach vor A 203 zu stellen. 


EEE E FREE SS EE EECHER EE 


S. 730 | Forchheim?®), | Forchheim | Br. SI BI3 Ringwall Hock 


249a | (Oberfranken) F 110 Walberla 
S. 730 woe | Bamberg |Br. Sı B I 1.| Hügelgrab | Hock. Hermann, 
254a | B.-A. Bam- | 17 FI5. | mit Kinder- |5. Jahresb. d. hist. 
berg I (Ober- Sehr klein skelett Vereins Bamberg 
franken) S. 18 Taf. VII, 85 
S, 730 [Schwabthal‘),, Privat- | Ähnlich Abb.9, | Steinsetzung| Hörmann-Nürn- 
254b | B.-A. Staffel- | sammlung aber F zu auf der berg 
stein (Ober. |in Lichten- | einem Kolben | Tiefenthaler 
franken) fels verändert Höhe 
S. 730 Ebendort | Ebendort | AhnlichAbb.13, Ebendort Derselle 
251 e | 
S. 730 | Staffelberg’), Desel. D S1BI3.} Ringwall Hock. 
954d I B.-A. Staffel- ` | WEIT 
stein (Ober- (rudimentirer 
franken) Vogelkopf) 
S. 730 Ebendort Desel. Br.S1BI3 Ebendort Derselbe 
2nd e F I 7 (Kopf) 
S. 730 Ebendort | Desgl. BrS1BI3 Ebendort Derselbe 
254 f | F abgebrochen 
S.730 | Ebendort | Desgl. Br.S1BI1 Ebendort Derselbe. 
254 g sehr hoch 


| | FIn 


Begleitende Funde. 1) Schirrheinerweg: S. + 15a. — 2) Uhlweiler: S. 15b. 
3) Forchheim: Frühmittelalterlicher Fund von demselben Wall P. Z. IIT S. 163. — 
4) Schwabthal: Einzige Beigahe des Beerdigten. — 5) Staffelberg: Bruchstücke 
von vielen ähnlichen. S. + 169a. | 


934 Beltz: 


Variante, 
Fundort Sam mlung | Genauere An- 


Zur Fund- 
geschichte 


Nachweis. — 
Literatur 


S. 730 | Köttel, B.-A. | Bamberg | Br. S 1 BI N Hügelgrab | Hock. Hermann, 
255 a Lichtenfels - ' 14 F IT 10 (Skelett) a. a. O. S. 18 
(Oberfranken) | | | Taf. V11, 87. 
S. 730 | Engelthal’) | Nürnberg | Br. S 1 B 13% |Hügelgrab IL] Hock. Wunder, 
258 a (Mithlanger), ` N.-G. - FI 10 Abh. d. naturhist. 
B.-A. Hers- | | Ges. Nürnberg 
bruck (Mittel- : | XV Tat. VII. 8. 
franken) | | | 
S. 730 | Schambach, Weissen- Br. SIBI2| ` Nach- Hock. Pr. Bl. IV 
258b | B.-A. Weissen-: burg -7 F 110 | bestattung S. 4 Taf. I. 6 
burg (Mittel- | in einem 
franken) Hiigelgrabe 
S. 731 Mittel- ~ Ansbach | Br.S1BIl. = Hock 
260a.b] franken? | | FIS% 
S. 732 Wohlmute Jena | Br. m. eis. | Wallburg | Eichhorn, Goetz 
2648 hausen Achse Disburg 
| | S 2. 4 (Arm- | 
| brust) B I7 
| | FIS i 
| | 
S. 782 | Jüdewein?), | Meiningen | Br. B I3 Skelett- Kropp, a. a. Q. 
282a | Kr. Saalfeld ` FI 10 | gräber am S.7ı 
(S.-Meiningen) | | Abhange der 
| Altenburg 
S. 732 Köditz°), Ebendort |, 4 Exemplare | Skelett- Kropp, a. a. ©. 
282b I Kr. Saalfeld Duxer Art, | gräber S.8 
(S.-Meiningen) auch mitF I 11 | 


8. 732 zu 286 Anm. 7: Die Gussstätte hängt mit den Fibelfunden nicht zu- 
sammen, ist altbronzezeitlich (Eichhorn). 


| 
| Eichhorn 


S. 732 Nerkewitz 


Eisen. 
zu 288 


B I 2 (runder 
| Querschnitt) 

| _ F kleiner | 
| Doppelkegel 
| 


S. 734 | Ranis‘), Kr. 


Hohen- !S Br. Sonder- | Skelett- 
19a Ziegenriick 


leuben {form B Draht- graberfeld 
Reichen- | verschlingun- ' 
fels gen F I 16 | 
S. 734 | Wéhisdorf’), | Ebendort Br. B I 3 (m. Skelett- Kropp. a. a. 0. 
319b | Kr. Ziegenriick umfassendem | gräberfeld Ing 51—52. Abb. 7 
‚ Wulst auf dem 
' Scheitel; FI10 
| (Mit kleiner 
| | Kette) 


Kropp, a. a. O. 
S. 32 Abb. 49 


Begleitende Funde. 1) Engelthal: Vgl. + 133. — 2) Jüdewein: Von anderen 
Stellen A 282. 318. Grab 1: 5 Hals- und Armringe, Nadel mit Doppelschale. — 
3) Köditz: Br. Hals- und Armringe. — 1) Ranis: Grab 28: 3 Skelette übereinander. 
4: 2 Armringe, Br. Ohrring, Rest einer Fibel. 2 Spinnwirtel. Tongefüss. - 5) Wöhle- 
dorf: Grab A 10 ‘unsichere Untersuchung). 


Nachträge zu Latenefibeln. 935 


| Variante. 
Fundort Sammlung | Genauere An- 
| gaben 


Zur Fund- 
geschichte 


Nachweis. — 
Literatur 


| 
S. 736 Umg gone von Magdeburg| E. S2 BI4 — Kupka 
345a | Magdeburg | (geschwollen) 
| FI3 
| 
S. 736 | Hänichen‘) | Leipzig Br. Sonder- — Jacob-Leipzig 
36la |b. Schkeuditz | form, 7 walzen- 
Kgr. Sachsen | förmige 
Korallen auf- 
gesteckt auf 
die Achsen- 
enden, seitlich 
von B u. F 
S. 737 | Gr. Kühnau Dessau, = = — 
360 Heimat- | | 
museum | 
S. 737 | Rossdorf®), Ebendort | E. S anschei- Urnenfeld | Seelmann-Dessau 
360a Kr. Dessau nend 1BI1: auf dem 
(stark) FI 2 | Galgenberge 
S. 737 Ebendort Ebendort | E.S3 BIS Desgl. Derselbe 
360 b (stark) F [ 4_ 
S. 737 Ebendort Ebendort | E. S 3 B I 2 Desgl. Derselbe 
360 c ' FI4 mit , 
| langer Spitze 
S. 737 Ebendort Ebendort | Br. Bruchstiick | Desgl. Derselbe 
360d BI2.1l 
F abgebr. 
S. 737 Ebendort Ebendort | Br. Desgl. Derselbe 
360e norddeutsche 
| Lokalform | 
S2.3F15 
(Halbwulst) 
S. 739 Pausitz?) Dresden |EBI3FI4 Urnenfeld Deichmiiller 
40la b. Riesa ) 
S. 739 Bunzlau’) Breslau Br. 82.3 B. — Seger, Schl. Vorz. 
421a 'fast I 9, leicht VI S. 416, Abh. 1 


: gerippt F I 11 
t 


Ss. 739 | Kentschkau°), | Ebendort ' Br. B I 2. 11 | Flachgräber | Seger, a. a. O. 


H 
$21 b.c| Kr. Breslau | FI6 mitSkeletten | S. 406, Abb. 13. 15 
S. 739 Oberhof’) Ebendort | Br. B111 FIG: Skelettgrab | Seger, Schl. V. 
421d.e] Kr. Breslau — N. F. IMI S. 55, 
| Br. S2 B16 Fig. 8. 9. 
I 13 


| ae 4 


tere Funde. 1) Häuichen: Br. Tierfigur, Giirtelhaken. E (rürtel- 
haken, Messer. — Tongefäss. (Ähnliches Stück A 328). — 2) Rossdorf: Reichliche 
Beigaben: E gerade und gekröpfte Nadeln, Gürtelhaken, Ringe, Br. Armband, Draht. 
æ 113b. — 3) Pausitz: Br. grosser Ring, Blechröhre, Nadel, Tutuluskopf. E Nadel mit 
Kopfscheibe. — 4) Bunzlau: [Irrtümlich unter + 236 aufgeführt]. — 5) Kentschkan: 
Gr. 2: Br. Halsring, 3 kleine Ringe, 2 Schmuckketten, Knopf. 3 Bernsteinperlen, 
Bärenzahn, Tongefiss. [Irrtümlich unter + 238, 239 aufgeführt). — 6) Oberhof: 
Br. 2 Armringe mit Scharnierverschluss. 2 Knotenringe. — Lignitring. Tongefässe, 
|Irrtümlich unter + 241 aufgeführt.] 


936 | Beltz: 


7 u 
Variante. Zur Fund- Nachweis. — 


| 
Fundort P Sam 
Fun | ammlung R An- geschichte Literatur 
S. 739 Nienburg‘) Er. — — | Fund- Hahne-Hannover 
710 | | umstiinde 
425 bis meist nicht 
434 | verbürgt 
S.739 | Neustadt, | — | = Fundverhält-|  Derselbe ` 
423. 424 Erichshagen, | nisse nicht 
S. 740 Wölpe, | | verbürgt. 
444.445 Ulzen, | Das Wolper 
S. 741 Emmendorf | | | Feld 
446. 447 | identisch mit 
449 | dem Nien- 
bis 452 | | | burger 
S.743 | Berensch’) Hamburg ' Br. V. D. | Urnenfeld | Byhan-Hamburg 
481a | bei Cuxhaven __ (auf der mit kleinen 
(Amt Ritze- | Scheibe xein- Hügeln 
büttel) | | geschnitten, 
| ı Schmelzein- | 
| | lage fehlt) 
S. 743 Ebendort?) Ebendort Br. V.E Desgl. Derselbe 
481 b | | 
S. 743 Möckern, Magdeburg: Br. V. E**) — Kupka 
516a.b| Kr. Jerichow I | E V.E 
S. 755 | Hohenrain‘), Luzern | 6 Exemplare, Skelett- Heierli, Führer 
T04 Hiltifeld. bei | | Bruchstücke gräber durch die präh. 
Oberebersoll, von 5 Abt. d. Museums 
Kanton | . Luzern S. 19 
Luzern | Ä 
S. 750 | Hochdorf‘), Ebendort ! 6 Exemplare, | Desgl. Ebendort . 
T04 a Kanton Bruchstücke 
Luzern | - von 4 
S. 755 Oberkirch’), | Ebendort Fussknopf Desgl. Ebendort 
704 b Kanton | 
Luzern | | 


3. Mittellatenefibeln Vy. 


! 


| i 
S. 768 Strassburg ' Strassburg Br. B steil ` = 109? Forrer 
109 a. b L E. ansteigend | 
S.763 | Mülhausen, | Strassburg Br. B steil — Forrer, Vor- und 
lila Oberelsass Slg. | ansteigend j frühg. Wandtafel 
Forrer | Fig. 108 


Begleitende Funde. 1) Nienburg: 425 und 438: Hügel 11 segelförmige Ohr- 
ringe; 428: Hügel 9 mit Segelohrringen; 431: Knochenlager 8, allein: 434 und 439: 
Hügel 10, Knochenlager; 427, 429, 430, 432, 440: Fundstelle C. — 2) Berensch: 
Langer eiserner Giirtelhaken, 14 kl. eiserne Ringe, grosse Urne. — 3) Berenseh: 
E Gürtelhaken, Ring mit gr. Klammer, 2 kl. Ringe mit je zwei kleinen Klammern: 
Bronzespirale; gr. Urne. — 4) Hohenrain, Hiltifeld: Br. Ringe verschiedener Art. — 
5) Hochdorf: Br. Ringe (gewellt). — 6) Oberkirch: Br. Ringe, Knopf. 


*) Grosses Grabfeld; teils in künstlichen Hügeln, teils flach begraben, Urnen- 
gräber und Knochenlager, angeblich gesondert; in einem Falle Nachbestattung in 
in einem bronzezeitlichen Hügel. 

**) Identisch mit A 344? 


Nächträge zu Latenefibeln. 937 


Br E E e i A Yarane | Zur Fund- Nachweis. — 
un undo ammiung enauere An- £ l 
Nr. gaben geschichte Literatur 


S. 765 | Huglfing!), München | E stark ge- : Grabhügel- 
135a | B.-A. Weil- St. S. rostet. B steil, gruppe 
heim | ansteigend ` 


Naue, Hiigelgr. 
zwischen Ammer- 
und Staffelsee 
1887 S. 40 
Taf. XXV, 15 


Hamburg III 
(1886), Taf. III, 35 


! 
S. 1 Mühlstedt. | Dessau, — | ur — 
243.246] Kl. Kühnau Heimat- | 
bis 247 | museum | 
1 
S. 171 | Gautzsch’?) | Leipzig | Br V.J | Urnenfeld Jacob-Leipzig 
251 a bei Leipzig | | : (ohne 
' Steinschutz 
oe Nienburg’) *) | Be — Fund- Hahne 
251 umstände 
| meist nicht 
| verbiirgt 
21 bis} Hannover, ' verhältnisse 
295 | Rémstedt | | nicht 
S. 174 verbürgt 
311 ) 
S. 775 | Westerham‘), | Hamburg | — Bronze- Byhan 
327a | Kr. SSES zeitliche 
rov. Hügelgräber 
Hannover Ä | an Gare 
8.118 Ebendort | Ebendort | E Desel. Derselbe 
327b | 
S. 170 Ebendort ! Ebendort | E, Ke Desel. Derselbe 
GI (mit 
i | Br.-Scheiben ` 
| | und | 
‚ 1 Br.-Ring) | 
S. 175 Ebendort®) Ebendort | E | Desy]. Derselbe 
327d | 
S. 775 | Ebendort”) Ebendort | E | Desgl. Derselbe 
327 e | 
S. 775 Ebendort‘) | Ebendort E l Desgl. Derselbe 
327f | 
S.775 | Ebendort Ebendort | Br., Var. H | Desgl. Rautenberg. 
327g | (mit 3 ovalen Jahrb. der wiss. 
| Buckeln) Anstalten, 
| 


Begleitende Funde. 1) Huglfing: Gr. 6. Nachbestattung (Form?), Br. Gürtel- 
haken. E Reste. — @ 136. — 2) autzsch: E w 115, 2 Gürtelhaken. — 2 Urnen 
(1 Drehscheibearbeit). — 3) Nienburg: 282; 284; 285 Fundstelle C, Knochenlager mit 
Beigefässen (s. oben A); 283: Hügel 10 (s. A 434; 439). — 4) Westerham: 3 E. Fibeln 
@ u.®, 2 Häkchen, Bronzestift. — 5) Westerham: U. 46, E. Ring. — 6) Westerham: 
E. Fibel e — 7) Westerham: U. 46 Bruchstück einer E. Fibel e 


*) S. oben S. 936. 


938 Beltz: 
D e 
SE E D | Sinmi | Variante. , Zur Fund- Nachweis. — 
un undort sammlung | Genauere An- ` , 
Nr. | | Geen ) geschichte Literatur 
S. 775 | Alsterdorf‘) | Hamburg Br. | Urnenfeld Byhan 
330a | bei Hamburg : 
S.775 | Ebendort®) ' Ebendort Br. '  Desgl. Derselbe 
330b | | 
S. 775 | Fuhlsbättel®) | Ebendort E | Desgl. Derselbe 
330c | bei Hamburg | (Bruchstück) | 
S. 775 Ebendort | Ebendort E l Desgl. Derselbe 
330d | Us 
S. 775 Ebendort Ebendort E | Desgl. Derselbe 
330 © 
S. 775 Ebendort | Ebendort E, Var. H | Desgl. Derselbe 
380f (mit 2 orna- | 
| mentalen | 
Br.-Walzen) | 
S. 775 Ebendort Ebendort Br., Var. J | Desgl. Derselbe 
330g | 
8.775 | Ebendort | Kbendort | Br. Var. I | Dexgl. Derselbe 
330 h | | U 4 
! 
S. 775 Ebendort | Ebendort E | Desgl. Derselbe 
330i | , U 6 
S. 775 Ebendort | Ebendort Rr, Var. J Desgl. Derselbe 
330k | i 
S. 775 Ebendort | Ebendort Br, Var. F ` Desgl. Derselbe 
3301 , , U 31 
e 
S. 175 ‚ Holte | Ebendort ; E, Var, H . mac Rautenberg, 
337n | bei Cuxhaven | (Bruchstück, | “$itliche | Jahrbuch der wiss. 
(Amt Ritze- | 3 Bronze- | „räber mit Anstalten, 
hüttel) scheiben) | BCEE, mit | Hamburg DI 
in Stein. _ | {1886}, Tat. III. 49 
. packuny 
| | Hügel l 
| | (zwischen 
| | Urnen- 
scherben) 
S.775 | Fbendort =. Ebendort Br. Var. J > Desgl. Byhan 
337 b | (Bruchstück) | 
S. 775 Ebendort ` Ebendort E Desgl. Derselbe 
337 ¢ 
S. 775 Ebendort Ebendort ' E, Var. F ` Desgl. Derselbe 
33d (2 Paar i 
Br.-Kugeln) . 
S. 775 Ebendort Ebendort | Br., Var. H ` Hügel X Rautenberg. 
337e (mit Jahrbuch der wis. 


3 Scheiben) 


Anstalten, 


Hamburg HI 
1886), S. 12 


Begleitende Funde. 1) Alsterdorf: U. 29 2 Ringe mit Klammer. Ring. — 
2) Alsterdorf: ©. Vibel e Kette mit Klammer, Ring mit Klaminer, 4 Ringe, 


or, 


gr. Gürtelhaken. — 5) Fuhlsbiittel: E 2 Ringe, Stücke einer Klammer, Fragment. 


Nachträge zu Latenefibeln. 


939 


Variante. 


Genauere An- 
gaben 


Zur Fund- 
geschichte 


Nachweis. — 


Fundort | Sammlung Literatur 


S. 775 Holte | Hamburg | Br., Var. H Hügel X Rautenberg, 
337f [bei Cuxhaven | (mit 3 ovalen Jahrbuch derwiss. 
(Amt Ritze- | i Buckeln Anstalten, 
biittel) | Hamburg III 
(186), S. 152 
S. 775 Ebendort') : Ebendort ' E Desgl. Derselbe 
337g | | | 
N. 775 Ebendort Ebendort | E Hügel I Rautenberg a a U. 
337 h | 
S. 775 Ebendort | Ebendort | E Desgl. Rautenberga a.0. 
337i | S. 148 
S. 775 Ebendort?) : Ebendort | E Desgl. Rautenberg a.a.0. 
GU: l | S. 154 
S. 775 I” Ebendort?) | Ebendort | E | Hügel I Ebendort, 
$37 l.m | U 54 S. 148 
S. 775 Ebendort Ebendort | Br. (Biigel, Hügel VII Ebendort, 
337n | Bruchstück) U 3il Taf. III, 39 
S. 175 Ebendort Ebendort | E Hügel V Ebendort, 
3370 | (Bruchstück) U 22 S. 151 
S. 1179 Ebendort Ebendort | Br. | Hügel I Ebendort, 
337 p Taf. III, 34 
S. 773 I Ebendort*) Ebendort | Hiigel I Ebendort, 
337 q | eter er U 44 S. 148 
S. 775 Ebendort?) Ebendort E, Var. H Hügel I Ebendort. 
337r on S. 149 
S. 775 | Ebendort®) | Ebendort | Desgl. Rautenberg a.a. 0. 
337 Taf. UI 38 
S.775 | Ebendort | Ebendort E ` ` Desgl, Ebendort, 
337 t | Taf, III, 44 
S. 775 Ebendort Ebendort | Br., Var. F | = = 
337 u 1891, 49 (mit | 
2 Knöpfen) 
N. T75 Ebendort’) Privat- E Hügel IlI Ebendort, 
337 V sammlung S. 150 
S 775 | Satelsberg >’) Hamburg E ‚ 18 bronze- Byhan 
37 w !bei Gudendorf zeitliche 
(Amt Ritze- (rrabhügel 
büttel) mit Urnen, 
z. T. mit 
Stein- 
| packung 
Hiigel 10, 
| N.O. 
S. (73 Ebendort”’) Ebendort E, Var. F | Hügel 10 Derselbe 
2 | | (mit 2 Bronze- | 
| kugeln) 
| 


Begleitende Funde. 1) Holte: EF. Ring, Klammer, Fibelkopf. Bronze- 
rest. — 2) Holte: Stück einer E. Klammer. — 3) Holte: Bruchstück einer Br. Fibel. — 
4) Holte: E. halbmondförmiges Messer. — 5) Holte: Lk Messer. — 6) Holte: EL Gürtel- 
haken mit 2 Br. Nieten, 7 Ringe mit je 2 Klammern, gr. Ring mit 1 Klammer, 
Br. gr. Masse halbkugeliger Blechstücke (Riemenbeschlag). Urne. — 7) Holte: E. halb- 
- mondförmiges Messer. — 8) Satelsberg: Urne, E. kl. Ringe mit 2 Klammern. 


940 Beltz: 


Seile 3 | Variante. | Zur Fund- Nachweis. — 
und Fundort | Sammlung | Genauere An- | EE Kate 
Nr. | en Has 
—_— = ee - - er - q ——- —_— e CN = SS eee aeun 
S. 715 Oxstedt | Hamburg E — Byhan 
337y | bei Cuxhaven | 
l (Amt Ritze- 
büttel) | 
8.775 | Amt Ritzee | Ebendort E, Var. F = Derselbe 
337 z büttel (2 Kugeln) 
S. 776 | Zweedorf bei , Ebendort E, Var. F Urnenfeld Derselbe 
362a | Boizenburg ` (mit 2 Br- | 
(Mecklenburg- Buckeln) | 
Schwerin) ` ` | | 
S.776 | Ebendort*) | Ebendort | Br. = Desgl. Derselbe 
362 b | | 
8. 776 Ebendort | Ebendort ` Br. '  Desgl. Derselbe 
362c | | | 
t 
S. 776 Ebendort | Ebendort | Br., Var. J, Desgl. Derselbe 
362d | 
S. 716 Ebendort | Ebendort Br. :  Desgl. Derselhe 
362e | 
| ; 
S. 7q | Farsleben®), ` | Magdeburg | Br V. F (3) | — Kupka 
37la | Kr. Wolmir- | 
städt | | 
S. 780 Vehblow®),, © Berlin E mehrere Urnen- und Goetze-Berlin 
4200.4 Ostpriegnitz ` V.-K. | | Brandgräber 


i i 


8.785. — A S27 ff. æ 263ff. Schumann, Urnenfriedhöfe in Pommern ist Baltische 
Studien Band 39 Stettin 1889 8.81 gedruckt; die Sonderabzüge tragen die 
Bandnummer 38; und die Abhandlung wird gewöhnlich, auch von dem 
Verfasser selbst, danach zitiert. 


4. Spätlatenefibeln le. 


S. 794 Hofheim'), | Wiesbaden Br. | Brandgriiber Ritterling 

Ta | Kr. Wiesbaden | | 
l i 

S. 794 | Damberg | Ebendort | Br. Ringwall Derselbe 
12 a. bei Giessen | | (Wohn- 
b. c stätten) 

S. 795 Achenheim, | Strassburg | Br. F III 6 | Wohngrube Forrer 
56a Landkreis , 

Strassburg 

S. 795 | Hartmanns- Ansbach |E()S1LBIlI1| In einem Hock 

58a Ihof,B.-A.Hers- (ähnl. dem Steinbruch 


bruck (Mittel- 


| Typ) F III 5 
franken) 


| 


! 
h 
| 


Begleitende Funde. 1) Zweedorf: S. @ 68a, œ 172. — 2) Farslebea 


S. 4 304. Æ 200. — 3) Vehlow: we 255a Giirtelhaken usw. — 4) Hofheim: V 19. 


Br. Tongefii sse. 


941 


Nachträge zu Latenefibeln. 


Variante. 


und ° Fundort Samınlun Zur pune Ne 
r nlung & 
R nn. An | geschichte Literatur 
S.795 | Westerham’), | Hamburg | E — Byhan 
59a | Kr. Neuhaus | | 
(Prov. i 
Hannover) | 
S. 196 | Alsterdorf?) Ebendort E Urnenfeld Derselbe 
66a | bei Hamburg | 
S. 796 Ebendort?) | Ebendort | Br | Desgl. Derselbe 
66 b | | , 
| | 
S. 796 Ehendort | Ebendort | E ,  Desgl Derselbe 
66c 
| 
S. 796 | Fuhlsbüttel?) | Ebendort | E © Desgl Derselbe 
67 a—g | bei Hamburg | i 
S. 796 Ebendort , Ebendort Br. Desgl Derselbe 
67 h—k 
S. 796 | Oxstedt*) `. Ebendort | Br. | — Derselbe 
671 | bei Cuxhaven | | | 
(Amt Ritze- | | 
S.796 | Amt Bitze, | Ebendort, Br. _ Derselbe 
67m büttel | Privat- 
besitz | 
S. 796 | Zweederf’) | Hamburg E Urnenfeld Derselbe 
68a Ib. Boizenburg 
(Mecklenburg- 
Schwerin) | 
S. 796 | Ebendort®) Ä Ebendort Br., Var. L Desg] Derselbe 
68b 
S. 7% Ebendort | Ebendort | Br. (auf dem Desgl. Derselbe 
68c | Bügel I-Ein- 
| | schnitt mit 
| Schmelz- 
| | einlage) | 
4. Spatlatenefibeln 2 æ. 
S. 797 Weissen- | Coblenz E BIII6 In einer Giinther 
9a tarm’), FIHI? früh- 
Kr. Coblenz römischen 
Urne 


—— 


Begleitende Funde. 1) Westerham: S. V 324, @ 162. — E.2 Fibelne, Fibel V, 
Häkchen, Br. Stift. — 2) Alsterdorf: E. Ring mit Klammer. — 3) Fuhlsbüttel: 
E. 2 Ringe, 2 Fragmente. 10 Bruchstücke, E. und Br, Stift, 2 Bruchstücke, E Gürtel- 
haken, Ringe, Messer. S. vu 330c, e 159c. — 4) Oxstedt: 7 337y, æ 159p. — 
5) Zweedorf: S. Y 362a, @ 172. Urne, Br. Ring mit Klammer, E. Ring, Ring mit 
Klammer. — 6) Zweedorf: E. Ring, Br. kl. Ring mit 2 Klammern, 2 Anhängsel. — 
7) Weissenturm: Römische Plattenfibel, Halsring. | 


942 Beltz: 


a Fundort | Sammlun ices: Zur Fund- Nachweis. — 
Nr. SC gaben An- geschichte Literatur 


Ser garen Lem, 
See m 


N 797 | Zagmantel'), | Saalburg Br. Etwa 25 Ex. | Limeskastell | Barthel in Jacobi, 


14a |Kr.Untertaunus | junger (römi- Obergerm-rhät. 
scher) Form. Limes Band II 
BVKLM; No. 8 1909 S. 71 
sämtlich F I117 Taf. IX 
S. 797 | Holzhausen, | Wiesbaden Br. B III 6 Desgl. roe. -Rh. ae 6 
14b | Kr. Unterlahn F II? 1904, Taf. VII, 
8. 19% Hofheim, (| Ebendort ' Br. B III 9 Römisches Wolf, 
15a |Kr.Wiesbaden FIn? Erdlager |O.-Rh.-LIIB No. 20 
i 1907 S. 32, a. 
S. 799 | Osterburken, | Mannheim. Br. 4 Ex. B III 6| Limeskastell Schumacher, 
Wa [Amt Adelsheim Hall | F III? O.-Rh.-L. IV B 
| No. 40 1895, S. 32 
S. 800 | Weissenburg | Weissen- Br. B III 6 Desgl. Fabricius, 
62a a. S., burg |! F 1117 O-Rh.-L Vil B72 
Mittelfranken | 1906, Taf. VI, 3 
S. 800 | Stockstadt, Saalburg | Br. Etwal2Ex, Desgl. Drexel, 
62b B.-A. römischer Zeit, O.-Rh.-L. III No. 33 
Aschaffenburg | (vgl. Abb. 61) 1910, S. 49, Taf. VII 
V O. u. ä. 
S. 800 | Sebwarza?) Wernige- | E Bruchstück Urnen- Höfer in VATh 
CT bei Rudol- rode wohl V. K gräber S. 258 
stadt | 
S. 802 Bornum’®), | Dessau, E fast = Abb.54| Urnengrab | Seelmann-Dessau 
113a Kr. Zerbst Heimat- (Bügel 
museum ahmia 
S. 802 | Rossdorf*), Ebendort | Br. S 2 Urnenfeld Derselbe 
113b Kr. Dessau : ähnl. Abb. 62 auf dem 
| (an der Ver- | Galgenberge 
| | bindungsstelle 
' auch Wulst) 
S. 805 | Westerham), | Hamburg | E Bronze- Byhan 
162a-h | Kreis Neuhaus | | zeitliche 
(Prov. Han- Hügel mit 
nover) Urnen, 
z. T. in 
l | Stein- 
| | | packung 
S. 805 | Alsterdorf°) ` Hamburg | 4 Exemplare | Urnenfeld Derselbe 
159a | bei Hamburg | E | 
S. 805 Boberg ` ` Ebendort | Br. (mit |. _ Derselbe 
159b | bei Bergedorf | + E.-Spirale, 
| | Bruchstück) ` 
S. 805 | Fuhlsbüttel”?) ` Ebendort | E ' Urnenfeld Derselbe 
159c-g| bei Hamburg ` 
S. 805 Ebendort Ebendort E | Desgl. Derselbe 
159h - i ; (Bruchstiick) | 


Begleitende Funde. 1) Zugmantel: S. a. a. O. — 2) Schwarza: Schwarze 
‚glänzende Urne E. Schildbuckel, Schwert, Lanzenspitze, Messer. — 3) Bormum: 
Br. Schalenfibel hallstättischer Art. — 4) Rossdorf: Zusammen mit A-Fibeln (') 
S. A 360a. — 5) Westerham: S. V 324, a 59a. — 6) Alsterderf: V 330a, E. Kette 


mit Klammer, Ring mit Klammer, 4 Ringe, gr. Gürtelhaken. — 7) Fahisbittel: 
V 3300, @ GTa, E. Ringe. 


Nachträge zu Latenefibeln. 945 


Bes | Variante. Zur Fund- Nachweis. — 
und Fundort : Sammlung | Genauere An- | ; 
Nr. | gaben | geschichte Literatur 
S. 805 | Fuhlsbittel | Hamburg Br., Var. K Urnenfeld Byhan 
159k—1] bei Hamburg ` 
S. 805 Ebendort | Ebendort | 2 Exemplare Desgl. Derselbe 
159m E, Var. N 
— D (2 bzw. 4 
verzierte | 
| Br.-Knöpfe) 
S. HE Gudendorf | Ebendort E ger Derselbe 
1590 {bei Cuxhaven (Bruchstiick) 
(Amt Ritze- | 
biittel) | 
S. 800 Oxstedt’) ` Ebendort | E _ Derselbe 
159p | bei Cuxhaven | | 
(Amt Ritze- ' | 
biittel) | i | 
S. 805 | Zweedorf*) Hamburg E Urnenfeld Derselbe 
172 b bei Boizen- ` 
bis e burg 
(Mecklenburzg- ' 
Schwerin) ` 
S. 805 Ebendort | Ebendort Br. V. K Desgl. Derselbe 
172f | (mit E-Stift) ` 
| 
S. 805 Ebendort Ebendort E Var. L : Desel. Derselbe 
172 g | | 
S. 810 Veblow’), Berlin E mehrere | Urnen- (toetze-Berlin 
255a I Kr. Ostprieg- V.K. | und 
nitz | Brand- 
! gräber 
8. 810 Melzow‘), | Prenzlau | B III 9 Urnenfeld | Mitt. des Ucker- 
262 a Kr. Anger- FUI Gu . am miirkischen 
miinde '  (ralgen- Museum-Vereins 
! herge IV. 1911 S. 241 
Taf. I, 821 
S. 810 Ebendort®) | Ebendort | B Ill 4 Ebendort Ebendort 
262 b | | Bruchstiick Taf. L 820f. 
S.810 | Ebendort") Ebendort BII9 | Ebendort Ebendort 
262 c F beschädigt | Taf. IV, 800b 
S. 810 Forsthaus Berlin E mehrere | Grosses Goetze 
262 d Rahmbiitte V.K. _ Urnenfeld 
bei Berlinchen, | bis in das 
Kr. Soldin ` ` ' 4, Jahr- 
hundert 
| ;  reichend 
| 


Begleitende Funde. 1) Oxstedt: V 337y @ Gib. — 2) Zweedorf: 5. V 362a, 


æ 68a. — 3) Vehlow: Gürtelhaken usw. V7 426a. — 4) Melzow: Frühräm. Urnen 
mit Mäander- u. Rädchentechnik, frührömische Fibeln und Kleingerät. — 5) Melzow: 
In derselben Urne: E. Dolchmesser, Schnalle, Klinge, Scheere, Punze, — Räucher- 


harz. — 6) Melzow: Allein in einer Urne älterer Form. 


ll. Verhandlungen, 


Sitzung vom 18. November 1911. 


Vortriige: 


Hr. R. R. Schmidt (Tübingen): Die Grundlagen fiir die Diluvialchronoloygie 
und Paläethnologie West-Europas. Mit Lichtbildern. 

Hr. H. Friedenthal: Die Behaarung der Menschenrassen und Menschenaffen. 
Mit Lichtbildern. 


Vorsitzender: Hr. Hans Virchow. 


(1) Verstorben sind Hr. stud. phil. Fritz Berwerth, Mitglied seit 
1911, und Hr. Geh. Medizinalrat Bernh. Frankel, Mitglied seit 1871. ` 


(2) Neue Mitglieder: 

Hr. Eisenbahn-Obersekretär Paul Albrecht in Schlachtensee. 
Hr. M. H. Baege in Wilhelmshagen. 

Hr. Adolf Diehl in Mamfe, Kamerun. 
Pädagogische Lesegesellschaft in Frankfurt a. O. 
Hr. Kreisarzt Grape in Salzwedel. 

Hr. Dr. phil. Hauschild in Dresden. 

Hr. Gymnasialdirektor Holsten in Pyritz. 

Hr. Stadtrat Jeremié in Tuzla. 

Fr. Mathilde Kocherthaler in Berlin. 

Hr. J. Konietzko in Hamburg-Eilbeck. 

Hr. Georg Lippold in Miinchen. 

Frl. Dr. Dora Mitzky in Berlin. 

Hr. M. Leon Plazikowski in Charlottenburg. 
Hr. H. Singer in Schöneberg-Berlin. 


(3) Herrn Joh. Ranke ist zum 75. Geburtstag gratuliert worden. 


(4) Von unserem Mitgliede Herrn Frizzi ist ein Brief aus Korémira 
auf Bougainville, der westlichsten der Salomonsinseln, eingegangen, in 
welchem mitgeteilt wird, dass es unmöglich sei, in dortiger Gegend 
Skelettmaterial zu sammeln, weil die Leichen verbrannt werden. Dagegen 
habe er im Süden der Inseln bei verschiedenen Stämmen des Innen 


R. R. Schmidt: Diluvialchronologie und Paläethnologie Westeuropas. 945 


einige Schädel erhalten, welche von erschlagenen Feinden stam- 
men. 


(5) Hr. von Luschan hat die Gesellschaft auf dem First universal 
races Congress in London vertreten. 


(6) Am 6. November fand in der Ausstellung Nordland eine Vor- 
führung der dort befindlichen Eskimos, Samojeden und Lappen statt mit 
erläuternden Vorträgen der Herren Regener, Solberg, Planert und 
Crehmer. Die Mitglieder unserer Gesellschaft waren in grosser Zahl er- 
schienen und auch Gäste waren in reichlicher Menge mitgebracht worden. 


(7) Der Vorstand der Vereinigung der Saalburgfreunde fordert auf, 
am 6. Dezember einen Vortrag des Direktors der Treptower Sternwarte 
Herrn Archenhold über den „Sternenhimmel in antiker und moderner 
Betrachtung“ zu besuchen. 


(8) Ein Manuskript ist eingegangen von Herrn Kunike: „Einige 
grundsätzliche Bemerkungen über Sonne, Mond und Sterne im alten 
Mexiko“ (s. S. 922). 


(9) Hr. R. R. Schmidt hält den angekündigten Vortrag: 


Die Grundlagen für die Diluvialchronologie und Paläethnologie 
Westeuropas. 


Ein erster Versuch, die diluvialprähistorischen Dokumente chrono- 
logisch zu ordnen, ist schon in den 80er Jahren von Lartet unter- 
nommen worden, der sich vorwiegend auf paläontologische Basis stützt, 
und der Fundplätze mit einer älteren und einer jüngeren Faunenreihe unter- 
schied. Die G. de Mortilletsche Klassifikation dagegen ist ein rein archä- 
ologisch-typologisches System, das sich auf den Wechsel des Gerätinventars 
der paläolithischen Schichten aufbaut. Massgebend waren für ihn die Haupt- 
fundgebiete der Somme und der Dordogne, wobei er zu einer einseitigen 
Betonung der ihm hier entgegentretenden auffallenden Gerättypen gelangte. 
Cber die Kompliziertheit der industriellen Entwicklung sah Mortillet 
hinweg. So war es kein Wunder, dass die strikte Anwendung des 
Mortilletschen Systems auf andere Fundgebiete nicht möglich war, was 
wiederholt, besonders durch Geologen, eine völlige Negierung der Typo- 
logie zur Folge hatte. 

Es bedarf gegenwärtig keines Beweises mehr, dass ein Hand in Hand- 
gehen der paläontologisch-geologischen Forschung und der archäologischen 
Forschung unumgänglich ist, um die grossen Grenzlinien zwischen den 
einzelnen Epochen aufstellen zu können. Um unsere Kulturgeschichte 
der Diluvialzeit in die Phasen der Erdgeschichte einzureihen, werden wir 
immer auf die Untersuchung der alpinen und nordischen Vereisung zurück- 
greifen und von hier aus der Lösung der Altersfrage nähertreten müssen. 
Dass sich aber auf Grund der archäologischen Typologie eine eingehendere 

Zeitschrift für Ethnologie. Jahrg. 1911. Heft 6. l 


946 R. R. Schmidt: 


Gliederung der Diluvialzeit erzielen lässt als durch die geologisch-pala- 
ontologische Methode, mit deren Hilfe wir innerhalb der späten Diluvial- 
zeit keine weitere Einteilung treffen können, dies haben die Untersuchung 
des letzten Jahrzehntes vollauf bewiesen. Die Entwicklung der mensch- 
lichen Kultur erlaubt eine viel reichere Stufenfolge aufzuzeichnen als die 
diluvialgeologisch-faunistische Stratigraphie, natürlich nur dort, wo wir uns 
inmitten reicher paläolithischer Fundzentren befinden. In Deutschland ist 
wiederum, im Gegensatze zu Westeuropa, eine stufenreichere paläonto- 
logische Einteilung der späten Diluvialzeit möglich, ohne die wir nur 
schwerlich genauere Grenzen innerhalb des Spätpaläolithikums abstecken 
könnten, 

Nach diesen Darlegungen wird es verständlich sein, wenn ich 
in meinen nachstehenden Ausführungen die Typologie und Morpho- 
logie der Steingeräte in den Vordergrund der Betrachtung über die 
Grundlagen für die Diluvialchronologie Westeuropas rücke. Gerade für 
diese ist mit den Forschungen der letzten Jahre eine neue Ära an- 
gebrochen, dank zahlreicher neuer Erschliessungen, die sich der 
modernen stratigraphischen Hilfsmittel bedienen konnten, und die uns 
eine exakte Schichtentrennung zusichern. Den Hauptanteil an der Aus- 
gestaltung der modernen stratigraphischen Basis des westeuropäischen 
Paläolithikums verdanken wir Breuil, Bouyssonie, Cartailhac, 
Commont, Obermaier, Peyrony und Rutot. 

Durch das Entgegenkommen der westeuropäischen Forscher war ich 
in der Lage einen Einblick in die stratigraphischen Verhältnisse der 
wichtigsten Fundgebiete zu gewinnen, welche die eigentliche Grundlage 
für die paläethnologische Forschung Westeuropas überhaupt bilden. Mehr- 
fach konnte ich an der Aufschliessung paläolithischer Profile kürzere 
oder längere Zeit selbst teilnehmen und mir ein eigenes Urteil über eine 
Anzahl der wichtigsten Fundstätten Nord- und Südfrankreichs, Nord- 
spaniens, Belgiens und Englands bilden. Die Durchführung meiner 
Reisen und Studien verdanke ich dem Vorstande der Rudolf Virchow- 
Stiftung, der an meiner Arbeit regen Anteil genommen hat; er ermöglichte 
es mir, aus den reichen Fundquellen Westeuropas zu schöpfen, um auf 
Grund neuer kritischer Nachforschungen allmählich einen Vergleich 
zwischen den verschiedenen paläolithischen Fundgebieten Europas herbei- 
führen zu können. Nur auf dem Wege einer umfangreichen vergleichenden 
Stratigraphie wird sich eine Scheidung zwischen provinzieller Kultur- 
entwicklung und einer allgemeinen paläolithischen Kulturentwicklung der 
diluvialen Vorzeit Europas treffen lassen. 

Ich betrachte es hier als Aufgabe aus der Fülle der westeuropäischen 
Paläolithfunde, die nur zum geringsten Teile ein stratigraphisch einwands- 
freies Material lieferten, das hervorzuheben, was unseren Grundbestand 
für eine exakte Chronologie und Paläethnologie der westeuropäischen 
Diluvialvorgeschichte bildet. Dies in möglichster Kürze darzulegen, 
muss ich von einer Schilderung meiner Einzelstudien, die ich auf meinen 
Reisen durchgeführt, hier absehen, sie werden an anderer Stelle zu Worte 
kommen. Kine Darstellung auf breiterer Basis haben überdies meine Aus- 


Diluvialchronologie und Paläethnologie Westeuropas. 947 


führungen in dem Werke über die diluviale Vorzeit Deutschlands ') ge- 
funden. 

In das Altpaläolithikum Frankreichs sind in erster Linie die 
Forschungen Commonts, Daleaus und d’Ault du Mesnils tiefer ein- 
gedrungen. Die Arbeiten Daleaus beziehen sich auf die quartären Ab- 
lagerungen von Marignac in der Gemeinde Tauriac (Gironde), diejenigen 
d’Ault du Mesnils dienten der Klärung des stratigraphischen Aufbaus 
von Abbeville (Somme), während die mustergültigen Beobachtungen 
Commonts aus einer sorgfältigen Inventarisierung der Einschlüsse aus 
den Quartärablagerungen von St. Acheul bei Amiens hervorgegangen sind. 

Nach den Untersuchnngen Daleaus?) enthält die Fundstation von 
Marignac (Gironde) folgende Kulturschichten: 

Neolithikum. 

1. Moustérien mit einseitig bearbeiteten Moustierspitzen. Fund- 
schicht: Obere feine Sandschicht (1 m). 

2. Acheuleen mit kleinen eclats und zweiseitig bearbeiteten Acheu- 
léenstécken. Fundschicht: Grober Sand mit Quarzkieseln (3 m). 

3. Chelléen mit beiderseitig roh zugeschlagenen Fausteln. Fund- 
schicht: Dunkelroter, toniger Sand (1 m). 

4. Tertiär. 

Zu ähnlichen Ergebnissen führten die Untersuchungen über das 

Quartär von Abbeville’) (Somme): 
Neolithikum. 

1. Spätpaläolithische Klingenindustrie (Magdalénien?) mit 
Rangifer tarandus. 

2. Aurignacienzeitliche Industrie mit Elephas primigenius und 
Equus caballus. 

3. Moustérien mit diskusförmigen Geräten. Fauna: Elephas 
primigenius und Rhinoceros tichorhinus. 

4. Früh- bis Spatacheuléen mit regelmässig zugeformten, mandel- 
förmigen Fäusteln. Fauna: Elephas primigenius; in den mittleren 
und unteren Schichten Elephas antiquus. 

ó. Chelleen mit grob zugeschlagenen, plumpen Fäusteln. Fauna: 
Elephas antiquus, Rhinoceros Merkii, Hippopotamus amphibius. 

In übereinstimmender Weise ergaben die Profile von Marignac und 
Aboeville die Folge der altpaläolithischen Industrieen Chelleen, Acheuleen 
und Mousterien, die auch durch die Fundplätze Chelles (Seine) und Moru 
(Oise) u. a. bestätigt wird. Kine wesentliche Erweiterung erfuhr 


1) R. R. Schmidt, Die diluviale Vorzeit Deutschlands. E. Schweizerbart- 
sche Verlagsbuchhandlung. Stuttgart 1912. 

2. Daleau, Le gisement quaternaire de Marignac, commune du Tauriac 
(Gironde). Actes de la Société Lineenne de Bordeaux, 1904. Bd. LXIII. 

3) D’Ault du Mesnil, Note sur le terrain des environs d'Abbeville. Rev. 
Ecole d’Anthr. de Paris, 1896. Bd. VI. — Capitan et d’Ault du Mesnil, Strati- 
graphie quarternaire des plateaux et des alluvions de la Vienne et de la Vezere 
comparée à celle des vallées de la Seine et de la Somme. Rev. Ecole d’Anthr. de 
Paris, 1900. Bd. X. 

61* 


948 R. R. Schmidt: 


diese Aufstellung durch die Commontschen Untersuchungen über das 
Quartär von St. Acheul und Montières, dem schon früher die Forscher ' 


Evans, Gaudry, Prestwich, Rigollot und Mortillet ihre Aufmerk- `` 
samkeit zugewendet hatten. | 


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Abb, 1. Teilweise entschälter, 


fäustelförmiger Silexknollen des Abb.2. Fäustel des Frühchelleen. 

Praechelléen. St. Acheul. Von der St. Acheul. Aus dem oberen Niveau 

Basis der Schicht 9. (Nach den Funden der Schicht 9. (Nach den Funden von 
von Commont, °/, Gr.) Commont, */, Gr.) 


Nach den jüngeren Feststellungen von Commont') ergab das 


1) Commont, Les découvertes recentes à Saint-Acheul, Rev. de lEccle 
d’Anthır. 1906. — Derselbe, St. Acheul et Montieres, Bull. de la Soc. Géologiqne du 
Nord, 1909. — H. Obermaier, Die Steingeräte des französ. Altpaläolithikum. Mitteil. 


d. prähist. Kommission d. k. Akademie der Wissensch., II. Bd. 1908 


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Diluvialchronologie und Palüethnologie Westeuropas. 949 


Quartärprofil von St. Acheul und Montieres folgende Gliederung, der 
wir eine eingehendere Berücksichtigung schenken müssen. 


Neolithikum. 


1. Alt-Magdalenien. Fundschicht: Laimen. 

2. Aurignacien. Fundschicht: Löss- und Kiesschichten ab- 
wechselnd. 

3. Vervollkommnetes Mousterien im oberen Teile der Schicht, 
an der Basis Mousterienhorizont mit vereinzelten Fäusteln. Fund- 
schicht: Kiesschicht an der Basis des Jüngeren Lösses. 

4. Mousterien-Spät-Acheuleen-Übergang. Kleinartefakte des 
Mousterien und La Micoque-Typen. Fundschicht: Alter Löss- 
laimen. 

5. Hoch-Acheuleen mit leichten, spitzovalen und lanzenspitzförmigen 
Fausteln. Fundschicht: Alter Lösslaimen. 

6. Im wesentlichen die gleichen Geräte (Friih-Acheuléen) wie in 
Schicht 7. Fundschicht: Löss mit Schwemmsanden. 

7. Früh-Acheuleen: Vorherrschen der Flachovalfäustel (Schollen- 
form, limande); daneben noch einzelne spitzmandelförmige Fäustel. 
Fundschicht: Sandlehm, an der Basis Kiesschicht mit Elephas 
antiquus. 

8. Hoch-Chelléen. Schwere, spitzmandelförmige Fäustel (ficrons), 
daneben plumpe Ovalfäustel.e. Fundschicht: Fluviatile Sande, an 
deren Basis Muschelfauna. 

9. Früh-Chelleen. Beginn der Fäustelkultur. 

An der Basis der Fundschicht Praechelleen mit primitiven 
Artefakten (Abschlagstücke) und Prototypen des Faustels. Fund- 
schicht: Alter Flussschotter mit Elephas antiquus. 

10. Kreide. 


Auf den Beginn der altpaläolithischen Besiedelung des Sommetals 
sind die aus der Basis der alten Flussschotter von St. Acheul hervor- 
gegangenen primitiven Prototypen der Fäustel (Abb. 1) und Abschlagstücke 
zurückzuführen, die als Schab- und Schneidegeräte dienten, und die alle 
Merkmale des künstlichen Abschlages tragen. Die Bearbeitung der Stücke 
beschränkt sich auf das notwendigste, auf die Herausarbeitung von 
Spitzen und Kerben; Schutzretusche dient zur Entfernung scharfer Kanten, 
die sich bei der Handhabung des Gerätes als störend erwiesen. Diese 
dem Chelleen vorangehende primitive Industrie bezeichnen wir am besten 
als Prae-Chelleen. 


Bereits im oberen Teile der gleichen Fundschicht treten diesem 
primitiven Gerätinventar die ersten vollkommeneren, aber gleichfalls noch 
roh zugeschlagenen Fäustel (Abb. 2) an die Seite, denen, wenigstens in 
der Mehrzahl, nur an der verdickten Basis zur leichteren Handhabung die 
Kruste belassen wurde. Gleichzeitig kommen bereits in reicherer Form- 
variation Silexspitzen, Schaber, Hobelschaber, Bohrer und grobe klingen- 
förmige Abschläge zur Herstellung, eine Industrie, die wir der Frühstufe 
des Chelléen, dem Friihchelléen, zuschreiben. ) 


950 R. R. Schmidt: 
Technisch vollendeter sind die Gerätschaften aus der folgenden 


Schicht, den fluviatilen Sanden, welche die Kultur des spitzmandel- 
formigen Faustels, das Hoch-Chelléen, einschliessen. Der spitz- 


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Abb.3. Fäustel des Hochchelléen. Abb. A Fäustel aus Hochchelleen. 


St. Acheul. Aus Schicht 8. (Nach den (Übergangsform zum Acheuléen.) 
Funden von Commont, ®/, Gr.) St. Acheul. Aus Schicht 8. (Nach den 


Funden von Commont, 2, Gr.) | 


mandelförmige Fäustel (Abb. 3 u. 4) bildet den Haupttypus dieser Kultur, 
den die Grubenarbeiter von St. Acheul als „ficron“ bezeichnen. Neben 
ihm entwickelt sich ein ovaler Fäusteltypus, der vorerst nur selten auftritt. 
Das übrige Kleingerät unterscheidet sich nicht wesentlich von dem der 
vorangegangenen Epoche. 


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Diluvialchronologie und Paläethnologie Westeuropas. 951 


Der Ovalfäustel, dessen Entwicklung auf das Chelléen zurückgeht, 
wird nun zur eigentlichen Leitform des Früh-Acheuleen, dessen 
Industrie der Sandlehm (Schicht 7) einhillt. Der Ovalfäustel des Früh- 
acheuleen (Abb. 5) ist leichter und flacher als sein chelleenzeitlicher 
Vorgänger, und von gleichmässig dünnem Durchschnitt, was durch die 
feinere Retuschierung des Acheuleen bedingt wird. Auch die verdickten 


Abb. 5a. Fäustel des Frühacheulleen. Abb.5b. Seitenansicht 
St. Acheul. Aus Schicht. (Nach den Funden desselben Stückes. 
von Commont, °/, Gr.) 


Griffe, die für die Fäustel des Chelléen charakteristisch sind, kommen 
jetzt nur selten vor. Von 300 Fäusteln, die dieser Schicht entnommen 
wurden, gehören allein 271 der Schollenform (limande) an, wie wir am 
besten die Ovalfiustel des Frühacheuleen bezeichnen; die übrigen 
nähern sich den chelléenzeitlichen Fiiustelformen. Diskusförmige und 
zylindrische Schlagwerkzeuge bilden einen weiteren Fundbestand dieser 
Ablagerung. Die Spitzen, Schaber und Kratzer weisen eine feinere 
Randschärfung auf. 


952 R. R. Schmidt: 


Die Funde aus der Lössschicht und den Schwemmsanden zeugen von 
der gleichen industriellen Höhe. 

Tiefgreifendere Unterschiede erkennen wir dagegen in der Werk- 
tätickeit, von der uns die Gerätschaften aus dem älteren Lösslaimen 
ktinden. An Stelle der alten schollenförmigen Fäustel sind nun apitz- 
ovale (Abb. 6) und lanzenspitzförmige Fäustel (Abb. 7) herrschend 
geworden; eine Neigung für sehr leichte, scharfschneidige und spitze 


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Abb. 6. Fäustel des Hochacheuleen. ` Abby, Fäustel des Hochacheuléen, 
St. Acheul. Aus Schicht. (Nach den Funden ` St. Acheul. AusSchichtd. (Nach den Funden 


von Commont, °/, Gr.) von Commont, ®/, Gr.) 


Typen maclıt sich geltend, die ein Hauptmerkmal der Industrie des Hoch- 
Acheuleen ist. Grazilere Stücke, die gleichmässiger geformt und nach 
einem bestimmten Verfahren retuschiert sind (stufenförmig abgesetzte 
Retusche), zeigt auch das Kleingerät. Diese Morphologie der altpaläo- 
lithischen Fäustelindustrie wird auch durch Beobachtungen an anderen 
Fundplätzen bestätigt. 

Mit dem Ausgange des Acheulcen, im Spät-Acheuleen, scheint die 
Weiterentwicklung der Fäustelindustrie in zwei Richtungslinien zu ver- 
laufen; die eine wird durch die lanzenspitzförmigen Fäustel vom Typus 


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Diluvialchronologie und Paläethnologie Westeuropas. 953 


La Micoque (Abb. 8), die auch in St. Acheul dürftig vertreten ist, 
repräsentiert, die andere kennzeichnet sich durch subtrianguläre, sehr 
dünne, scharfschneidige Fäustelformen (wie Abb. 9). Über das ausgehende 
Acheuleen geben die Funde von Chez- Pourret bei Brive, La Senetriere 
bei Maccon und La Micoque (Dordogne) Aufschluss. Die stratigraphische 
Stellung des Spätacheuleen ist noch nicht in der Weise gesichert wie die 
der vorausgehenden altpaläolithischen Epochen. 

Aus dieser Untersuchung ergibt sich, dass sich nur die Höhepunkte 
der paläolithischen Kultur auf Grund ihres Formenkreises und ihrer 


Abb.8. Fäustel des ausgehenden Acheuleen vom La Micoquetypus 
(Spätacheuleen). La Micoque. (/, Gr.) 


Technik festlegen lassen. Die natürliche Evolution der paläolithischen 
Industrie erschwert es, schärfere zeitliche Grenzen abzustecken. 

Dass die altpaläolithische Bevölkerung Belgiens einen ähnlichen Ent- 
wicklungsgang zurückgelegt hat wie die Frankreichs, wird uns durch die 
Untersuchungen Rutots nahegelegt, wenn auch die einzelnen Unter- 
abteilungen in Belgien in ihrem Schichtenverbande nicht in gleich präg- 
nanter Weise hervortreten, wie bei den altpaläolithischen Industrieen von 
Amiens. 

Bei der Frage nach dem Beginn der paliolithischen Kultur haben vor 
allem die von Rutot aufgestellten „Übergangsepochen“ zum Paläolithikum, 
das Mesvinien und Strépyien, eine wichtige Rolle gespielt. Durch 
eigene Untersuchung der Diluvialablagerung der Grube Helin bei Spienne, 
die mir durch das Entgegenkommen Rutots ermöglicht wurde, konnte ich 


954 R. R. Schmidt: 


mich von der stratigraphischen Lage des Mesvinien unter dem Chelleen 
iiberzeugen. Meines Erachtens geht die chronologische Ubereinstimmung 
der mesvinienzeitlichen Geräte mit dem praechelleenzeitlichen Inventar 
von St. Acheul klar hervor. Auch aus stratigraphischen Gründen müssen 
wir das Mesvinien Belgiens wenigstens annähernd dem Praechelleen 
Frankreichs zeitlich gleichsetzen. Skeptischer stehe ich dem Strepyien 
gegenüber, soweit seine Aufstellung sich auf die bekannten Silexdolche 
(Abb. 10) als Haupttypus stützt. In Strepy selbst ist die stratigraphische 


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Abb. 9. Triangulärer Fäustel des Spätacheuleen (Übergangsform zum 
Moustérien). Spy. (Nach de Puydt u. R. R. Schmidt, °®/, Gr.) 


Herkunft dieser Silextypen nicht feststellbar, da hier die altpalälolithischen 
Industrien vermengt sind. Die Aufstellung des Strepyien im Profile von 
Helin stützt sich auf unberechtigte Analogieschlüsse, denn nicht ein einziger 
Silexdolch ist hier den primären Schichten entnommen worden, nur läng- 
liche Silexknollen mit entkrusteter Spitze, Bohrer usw., die Rutot dem 
Strepyien zuschreibt. Derartige Geräte pflegen aber noch in den jüngeren 
Stufen des Altpaläolithikums, dem Chelleen und selbst dem Frühacheuleen 
vorzukommen und sind von mir selbst z. B. in den Diluvialablagerungen 
der Themse angetroffen worden. 

Südengland, in erster Linie die Themseterrassen, bieten ein aus- 
gezeichnetes Studienfeld für die Erforschung der altpaläolithischen Kultur- 


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Diluvialchronologie und Paläethnologie Westeuropas. 955 


entwicklung. Unter den reichen paläolithischen Sammlungen, die in 
Londoner Privatbesitz, in dem Naturhistorischen- und dem Britischen Museum 
sich befinden, treffen wir den gleichen Formenkreis und die gleiche 
Technik wieder, die uns aus dem Sommetal bekannt sind. Leider hat 
aber die ältere Steinzeit Englands nicht die umfassende stratigraphische 


Untersuchung erfahren, die den Grundstock zu einer gesicherten Klassi- 
fikation bildet. 


Abb. 10. Teilweise entkruste- Abb. 11. Amygdaloider, teil- 


ter Silexknollen (Silexdolch) weiseentkrusteterSilexknollen 
des Strepyien. des Strepyien. 
Strepy. (Nach Rutot, °/, Gr.) Bray. (Nach Rutot, 2, Gr.) 


In Spanien ist das Früh- und Hochchelléen und das mittlere Acheuléen 
nachweisbar. Dagegen schliesst sich das Spätacheuleen vom Typus La 
Micoque der grossen Verbreitung der altpaläolithischen Fäustelkulturen, 
die sich über Frankreich, Belgien und England erstreckten, nicht an. 

Über die faunistische Zusammensetzung der altpaläolithischen Epochen 
orientiert die Tabelle am Schluss meiner Ausführungen. 

Schwieriger gestaltet sich der stratigraphische Zusammenhang der 
einzelnen Moustérienindustrien. Vielleicht brachte die Umwandlung 
der Lebensweise, das Zurückweichen der altpaläolithischen Bevölkerung 


956 R. R. Schmidt: 


aus den breiten Flusstälern und ihre stärkere Zersprengung und Ver- 
teilung in den einzelnen kleineren, höhlenreichen Gebirgszügen es mit sich, 
dass die Kulturentwieklung im Mousterien nicht mehr die starre Gleich- 
heit bewahrt. Jedenfalls begegnen wir von nun an kleineren Kultur- 
zentren, die ihre Einflüsse nicht mehr über ganz Westeuropa ausstrahlen. 
Aus dem Fehlen der einen oder anderen Industrie werden wir deswegen 
noch keineswegs auf einen Hiatus schliessen dürfen. | 

Durch das Profil von St. Acheul wird die stratigraphische Folge von 


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Abb. 12. Herzförmiger Fiiustel des Abb. 13. Moustierspitze des 
Frühmoust@rien. Spy. (Nach de Puydt des Frühmousterien. Spy. 
u. RR Schmidt, Yy; Gr.) (Nach de Puydt u. R. R. Schmidt, 
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Acheuléen und Moustérien dokumentiert. Tiefere Einblicke in den Ent- 
wieklungsgang des Mousterien gewähren die Abris und Höhlenablagerungen. 
Als das älteste Mousterien haben wir nach der Überzeugung Breuils 
die Mousterienindustrie von Combe-Capelle anzusprechen, die mit 
ihren herzförmigen Fäusteln (wie Abb. 12) zweifellos dem Spätacheuleen 
morphologisch am nächsten steht. Die übrigen Geräte, Schaber, Moustier- 
spitzen usw. vergegenwärtigen ein typisches Mousterieninventar. 

Die Weiterentwicklung des Mousterien wird vor allem durch das 
Profil von Le Moustier?!) stratigraphisch bezeugt. Die tiefste Fundschicht 


1) Bourlon, Une fouille au Moustier. L’homme prehist. 1905. Nr. T. — Ders., 
L'industrie moustérienne au Moustier. Congrès intern, d’Anthr. et prehist. 1906. — 
Ders., L'industrie des foyers supérieurs au Moustier. Rev. prehist. 1910. Nr. 6. 


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Diluvialchronologie und Paläethnologie Westeuropas. 957 


Bourlons enthielt: ein primitives Moustérien, ohne Knochenindustrie. 
Das folgende Niveau lieferte sorgfältig‘ bearbeitete Moustierspitzen (wie 
Abb. 14) und zeigt das Mousterien in seiner reinsten, für das Hoch- 
Mousterien charakteristischen Ausprägung. 

Dieser Industrie folgt ein Spät-Mousterien, mit den charakteristi- 
schen Geräten der La Quinaepoche, mit grossen feinretuschierten Schabern 
(wie Abb. 15), vereinzelten kleinen Fäusteln und Knochenunterlagen 
(Compresseurs), die bei der Herstellung der Steingeräte als Amboss 
dienten. 

Die Zeitstellung der Combe-Capellekultur und des Primitiv-Mousterien 
zu einander bedarf noch des stratigraphischen Aufschlusses, doch dürfen 


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Abb. 14. Moustierspitze des Abb. 15. La Quinaschaber des Spätmousterien. 
Hochmousterien. Spy. (Nach La Quina. (3/, Gr.) 
de Puydt u. R. R. Schmidt, 1, Gr.) 


wir es als feststehend betrachten, dass beide Industrien dem frühen 
Mousterien angehören. 

Der Übergang vom Mousterien zum Aurignacien vollzieht sich 
in der Industrie vom Typus Abri Audit. Hier treffen wir noch ver- 
einzelte winzige Fäustel, offenbar dekadente Nachzügler der herzförmigen 
Moustierfäustel. Als Leitformen gelten die Abri Auditspitzen (Abb. 16), 
eine Klinge mit einem bogenförmig verlaufenden, schräg retuschierten Rande 
und kleine D-förmige Schaber. Durch das Auftreten vorerst noch unregel- 
mässig prismatischer Klingen, massiver Kratzer, die eine Annäherung an den 
Kielkratzer zeigen und der ersten spätpaläolithischen Stichel, kündet sich 
zweifellos der Beginn der jungpaläolithischen Industrie. Die enge Ver- 
bindung mit dem Jungpaläolithikum wird uns auch durch die stratigra- 


958 R. R. Schmidt: 


phische Stellung dieser Kultur versichert, die von einem typische 
Aurignacien überlagert wird. 

Diese Moustérienindustrien weisen noch an verschiedenen Fundplätzen 
Nuancen auf, die Lokalentwicklungen nicht ausgeschlossen erschejnen 
lassen. 

Die aufgestellte Gliederung des Moustérien ist vorerst auch nur für 
das mittel- und südfranzösische Gebiet anwendbar. In Spanien hat 
wohl das Mousterien Verbreitung gefunden, doch konnten bisher seine 
verschiedenen Unterabteilungen hier nicht beobachtet werden. Aus den 
Höhlen- und offenen Fundplätzen Belgiens und Englands ist mir die 
Technik und der Formenkreis des frühen Mousterien, 
des Hoch- und Spät-Mousterien bekannt. 

Klimatisch fällt das Mousterien mitten in eine 
Kältezeit. Relativ selten ist das Rentier noch im 
älteren Mousterien, erst später rücken das Ren und 
die arctoalpine Fauna mehr in den Vordergrund. 
Eine Ausnahme bilden die südlich gelegenen Mou- 
sterienstationen von Mentone, die noch das Faunen- 
bild des älteren Altpaläolithikums zeigen. (Siehe 
Tabelle.) 

Mit dem Beginn des Jungpaläolithikums 
vollzieht sich ein vollkommener Umschwung der 
Industrie. Die Klingenindustrie und die Verwertung 
ES von Geweih und Knochen zum Werkzeuggebrauch 
bot neue Entwicklungsmöglichkeiten. Erst die in 

Abb. 16. Bogen- dem letzten Jahrzehnt erschlossenen Funde erlauben 
a es, den feineren Entwicklungszügen der jungpalao- 
Le Moustier. (Coll, lithischen Kultur nachzugehen. Die neuen Auf- 
Bourlon, Si, Gr). schlüsse ermöglichten u. a. die Aufstellung des- 
Aurignacien!) und stellten vor allem das System 
des Jungpaläolithikums auf eine breitere und gesicherte Basis. Von der 
Erweiterung der Stratigraphie und Morphologie des Jungpalaolithikums 
unterrichten die Einzelstudien Breuils. 

Die Gliederung des westeuropäischen Jungpalaolithikums begründet sich 
vor allem auf die Stratigraphie der französischen Fundplätze Le Trilobite. 
Le Ruth, Laussel, Roc de Combe-Capelle, La Ferrassie, Le Placard, Pair- 
non-Pair, Solutre, Brassempouy, Arcy-sur-Cure, Cro-Magnon, Badegoule. 
Für die Entwicklung des Jungpaläolithikums Belgiens sind die Fundplätze 
Spy, Trou-Magrite und Goyet bedeutsam. 

Einige der wichtigsten Profile, die über die Folge der jungpaläolithi- 
schen Kulturen orientieren, stelle ich hier, um einen Vergleich zu er- 
möglichen, in schematischer Darstellung nebeneinander. In derselben ist 
das charakteristische Gerätinventar der einzelnen Schichten angeführt. 

Die Schichtenfolge von Le Trilobite, Le Ruth, Laussel, Roc de Combe- 


1) Breuil, La question aurignacienne. Rev. prehist. 1907. Nr.6 u. 7. — Ders. 
T/aurignacien presolutreen. Rey. prehist. 1909. Nr.8 bis 9. 


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Vergleichende Stratigraphie der Profile Le Trilobite 


Le Trilobite’) 


Magdalénien. Steinindustrie 
des Magdalénien, Speerspitzen, 
Nadeln, Kommandostiibe, 
Skulpturen. 

(Rentierfauna.) 


Früh-Solutreen. Gewöhnliche 
Stichel, Eckstichel mit Trans- 
versalretusche. Klingenspitzen 
m. einflächiger Solutréretusche. 
Lorbeerblattspitzen selten. 

(Fauna: Mammut häufig: 
Höhlenbär und Hyiine.) 


Spätes Aurignacien. Bogen- 
stichel (Typus Bouitou sup. , 
Klingen mit Kerben, zahlreiche 
Gravettespitzen, eine Aurigna- 
cienspitze mitgespaltener Basis. 

(Fauna: Mammut, Rhino- 
zeros tichorhinus, Wildpferd, 
Ren u. a) 


Hoch - Aurignacien. Kiel- 
kratzer, vereinzelte Chatelper- 
ronspitzen, Klingen mit Nutz- 
buchten, Pfriemen mit Kopf. 

(Fauna: Mammut, Rhino- 
zeros tich., Höhlenbär, Hyäne, 
Rentier selten, Eisfuchs u. a.) 


Mousterien an der Basis des 
Profils 


Le Ruth?) 


Friih-Magdalénien. Verschie- 
dene Stichelarten, Speerspitzen 
mit einseitig zugeschiirfter Basis, 
primitive einreihige Harpune 
(Prototypus). 


(Rentierfauna.) 
Spät - Solutréen. Typische 
Kerbspitzen, kleine Lorbeer- 
blattspitzen. 


(Fauna: Rentier häufig; Edel- 
hirsch, Wildpferd, Wolf, Fuchs 
u. a.) 


Sterile Schicht. 


Hoch-Solutréen. Grosse Lor- 
beerblattspitzen ; wie im unteren 
Solutreen noch einflächig be- 
arbeitete Blattspitzen. 

(Fauna: Rentier häufig, wie 
im oberen Solutreen.) 


Früh -Solutreen. Primitive 
Blattspitzen (Weidenblattspitzen 
- feuille de saule) meist ein- 
tlächig bearbeitet. 

Fauna: Rentier, Wildpferd, 
Wolf.) 


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Sterile Schicht. 


Spätes Aurignacien. Gravette 
spitzen, atypische Kerbspitzen, 
Bogenstichel 

(Fauna: Rentier, Hirsch, Wild- 
pferd, Fuchs u. a.) 


— — 


Sterile Schicht. 
——— _ ——_— 


Hoch - Aurignacien. Kiel- 
kratzer, Bogenstichel, Chatel- 
perron- und Gravettespitzen. 

‘Fauna: wie im oberen Aurig- 
nacien.) 

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1) Nach den Ausgrabungen von Parat, interpretiert durch Rreuil, — 2) Peyron 


Dr. Lalanne, — 4) Nach Breuil. — 5) Nach den Ausgrabungen von Peyrony. 


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Laussel, Roc de Combe-Capelle und La Ferrassie. 


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bearbeitete 


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Font - Ro- 
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Font - Robert, 
spitzen, Eck- 
nit Terminal- 


Schicht. 


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Chatelperron- 
Klingen mit 
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it gespaltener 


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usterien v. 
ombe Capelle. 


‘ehistorique du Ruth ’ 


beerblattspitzen. 


Übergangskultur v. 
TypusFont-Robert. 
Spitzen vom Typus 
Robert - Robert, Gra- 
vettespitzen, verschie- 
dene Stichelarten. Ein- 
flächig retuschierte 
Solutreretusche. 


Spät - Aurignacien. 
Gravettespitzen, Bo- 
genstichel, Kielkratzer. 


Hoch - Aurignacien. 
Kielkratzer, Knochen- 
spitzen mit gespaltener 
Basis. Atypische Mou- 
stiergeräte 


Roc de Combe- We 
| Capellen La Ferrassie’) 


Hoch-Solutréen. Lore | Spät-Solutreen.Kerb- 


spitzen. 


Spät-Aurignacien v. 
TypusFont-Robert. 
Gravettespitzen, Stiel- 
spitzen vom Font- 
Robert-Typus. 


Hoch - Aurignacien 
Kielkratzer, Knochen- 
spitze, Stichel usw. 


Übergangsindustrie 
vom Audit-Typus. 
Bogenspitzen vom Typ. 
Audit. 


Rev. de l’Ecole d’Anthr. de Paris, 1909. — 3) Nach den Funden von 


Diluvialchronologie und Paläethnologie Westeuropas. 959 


Capelle und La Ferrassie belegen in klassischer Weise den Entwicklungs- 
sang des Aurignacien und Solutreen; auch deren stratigrapbische Stellung 
zwischen dem Mousterien und Magdalenien wird in wünschenswerter 
Weise klargelegt. 

Auf Grund der Fundplätze von Chätelperron (Allier), Germolles 
(Saöne-et-Loire), Roche au Loup (Yonne), Haurets (Garonne) und Gargas 
unterscheidet Breuil noch eine ältere frühaurignacienzeitliche Industrie, 
die aus den eben erwähnten Profilen von Le Trilobite, Le Ruth, Laussel u. a. 
nicht hervorgeht. 

Das Früh-Aurignacien gestaltet sich als charakteristische Vorstufe 
des vollentwickelten Hoch-Aurignacien. Da das Frühaurignacien auch eine 
weitere Verbreitung besitzt und von mir in Deutschland nachgewiesen 
wurde, so nimmt diese Kultur berechtigterweise einen Platz im System 
des Jungpaläolithikums ein. Weniger Wert möchte ich auf ihren Haupt- 
typus, die Chatelperronspitze (Abb. 17 und 18) legen, die vereinzelt auch 
noch im Hoch-Aurignacien erscheint, als vielmehr auf die Gesamt- 
erscheinung dieser Industrie. Die meisten Gerätformen des Hoch- 
Aurignacien sind hier bereits vorgebildet, stechen aber durch ihre gröbere 
Bearbeitungsweise, die unregelmässige Retuschierung, merklich von den 
vollendeteren Geräten des Hoch-Aurignacien ab; die symmetrischen 
Geräte des vollentwickelten Hoch-Aurignacien fehlen noch ganz, ebenso 
verraten die Werkzeuge aus organischer Substanz, die noch selten sind, 
eine unvollkommene Technik. 


Abb. 17. Abb. 18. 
Bogenspitzen vom Typus Cha. Abb. 19. 
telperron des Friihaurignacien 

Gargas u. Chätelperron. 

(Nach Breuil, etwa 3/, Gr.) 


Klingenkratzer des 
Hochaurignacien. Coumba-del- 
Bouitou. (Nach Bouyssonie, !/, Gr.) 


Die weitere Entwicklung des Aurignacien ist durch die dargestellte 
Schichtenfolge der Fundplätze Le Trilobite, Le Ruth, Laussel, Roc de 
Combe-Capelle gegeben. 


960 R. R. Schmidt: 


Im Hoch-Aurignacien erreicht die Klingenindustrie ihren Höhe- 
punkt. Durch die sorgfältige gleichmässige Randretusche werden sym- 
metrische Gerätformen, wie vollovale Doppelspitzen, blattförmige Spitzen, 
Doppelkratzer (Abb. 19) u.a. erzeugt. Die Klingen sind, im Gegensatze 
zu denen des späten Jungpaläolithikum, grösser, breiter und von kräf- 
tigerem Durchschnitt; häufig werden an ihnen seitliche oder terminale 
Kerben (Nutzbuchten) angebracht. Das charakteristischste Steingerät des 
Hoch-Aurignacien ist der Kielkratzer (Abb. 21), ein kleiner hochdicker 
Kratzer mit steil abfallender Kannelierretusche; er kommt in diesem 
Niveau am häufigsten vor, während er in dem jüngeren Aurignacien 
seltener ist. Die verschiedenen Stichelformen, die das Jungpaläolithikum 
auszeichnen, sind hier bereits entwickelt. Unter den Knochengeräten 
besitzt die Aurignacienknochenspitze (Abb. 20), deren Hauptvorkommen 
ın diese Epoche fällt, typologische Bedeutung. Reichlich wird zur Her- 
stellung von Waffen und Geräten das Elfenbein verwertet; aus den Mittel- 
fussknochen des Pferdes und des Ren werden Pfriemen 
verfertigt. Selten sind dagegen noch knöcherne Wurf- 
speerspitzen mit einseitig abgeschrägter Basis, die 
zuweilen mit einfachen geometrischen Ornamenten 
dekoriert sind. 


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Abb. 21. Kielkratzer Abb. 22. Bogenstichel 


des Hochaurignacien, desSpätaurignacien. 
Abb, 20, Aurignacien- Spy. (Nach de Puydt u. Spy. (Nach de Puydt u. 


knochenspitze Gr R. R. Schmidt, Y, Gr.) R. R. Schmidt, It, Gr.) 


Diluvialchronologie und Paläethnologie Westeuropas. 961 

Im Spät-Aurignacien ist ein deutlicher Rückschritt in der sorg- 
fältigen Ausarbeitung der Steingeräte zu bemerken. Kielkratzer gehen 
auch aus den spätaurignacienzeitlichen Werkstätten hervor, indessen sind 
dieselben hier meist kleiner, das gleiche trifft auch für das übrige Gerät- 
inventar zu. Das Retuschierverfahren nähert sich bereits dem der späteren 
Mikrolithik, für die auch die Messer und Spitzen mit einer steil abgedrückten 
Schneide charakteristisch sind. Unter den letzteren zeichnet sich besonders 
die Gravettespitze (Abb. 23) durch ihr häufiges Vorkommen aus. Die Stichel- 
fabrikation ist im späten Aurignacien besonders rege. Nucleusförmige und 
polyedrische Stichel gesellen sich zu den schon früher aufgetretenen Eck- 
und Kantensticheln. Der Bogenstichel (Abb. 22) ist gewöhnlich zahlreicher 
und variationsreicher in diesem Niveau. Die Knochengeräte sind im wesent- 
lichen die gleichen, die Aurignacienknochenspitze erscheint nur noch in 
vereinzelten Exemplaren. 

Die Übergangskultur vom Aurignacien zum Solutreen, die Industrie 
vom Typus Font-Robert, enthält als auffällige Leitform die Stielspitze 
(Abb. 24), die in ihrem Vorkommen streng auf dieses Niveau beschränkt 


Hier sind die ersten Anfänge der Flächenretusche zu beobachten, die 


ist. 
Von den Stichelarten 


für das kommende Solutreen charakteristisch ist. 
sind die Eck- und Kanten- 
stichel (Abb. 25) häufiger. 
Von den eigentlichen Aurigna- 
ciengeräten wird nur noch die 
Gravettespitze übernommen. 


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Abb. 23. Gravettespitze 


des 
Spy. 


Spätaurignacien. 
(Nach de Puydt u. 


R. R. Schmidt, Y, Gr.) 


Abb. 24. Font-Robert- 

spitze der Font-Ro- 

bertkultur. Spy. (Nach 

de Puydt u. R.R. Schmidt, 
1/, Gr.) 


Zeitschrift für Ethnologie. Jahrg. 1911. Heft 6. 


Abb. 


25. 


Stichel 


der 


Font - Robert - Indu- 
strie. Spy. (Nach de Puydt 
u. R. R. Schmidt, Y/, Gr.) 


962 R. R. Schmidt: 


Zur Aufstellung eines Früh-Solutreen hat erst die Untersuchung 
der Fundplatze Le Ruth und Le Trilobite in neuerer Zeit gefiihrt. Die 
Flächenbearbeitung ist hier in einer weiteren Entwicklung begriffen. 
Spitze Klingen und weidenblattspitzenförmige Geräte (feuille de saule) 
(Abb. 26) werden teils oder vollkommen über eine Fläche retuschiert. 
Die übrigen Gerätschaften setzen sich aus Doppelkratzer, Stichel (Eck- 
und Kantenstichel) und kleineren Gravettespitzen zusammen. Auf die 
Knochenbearbeitung wird hier, wie im ganzen Solutreen, wenig Gewicht 
gelegt. 

Das Hoch-Solutreen eröffnet uns die bekannte Kultur der Lorbeer- 
blattspitzen (Abb. 27), die auf beiden Flächen durch Abtrennung feinster 
spandünner Lamellen (Schuppenretusche) eingeebnet werden. Klingen mit 
einfachem und doppeltem Krazerende, Eckstichel und feinere, kleine 
Bohrer bilden das übrige Gerätinventar. 


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Abb. 26. Weidenblatt- Abb.27. Lorbeerblatt- Abb. 28. Kerbspitze 
spitze (feuille de saule) spitze des Hoch- des Spätsolutreen. 
des Frühsolutreen. solutreen. Laugerie- Laugerie-Basse. (?/, Gr.) 
Spy. (Nach de Puydt u. Basse. ('/, Gr.) 


R. R. Schmidt, Y/, Gr.) 


Diluvialchronologie und Paläethnologie Westeuropas. 963 


Diese Industrie wird abgelöst durch das Spät-Solutreen, das noch 
dekadente Lorbeerblattspitzen von kleinerer Form und gröberer Bearbeitung 
besitzt. Leitform ist die Kerbspitze (pointe-a-cran) (Abb. 28), die noch die 
charakteristische Flächenbearbeitung zeigt und meist einseitig, seltener 
auf beiden Flächen bearbeitet ist. Zahlreich sind die Messer mit einem 
abgedrückten Rücken, ferner Bohrer und Eckstichel. Unter den Knochen- 
seräten begegnen wir Wurfspeerspitzen mit abgeschrägter Basis und 
Nadeln, die aber noch selten sind. 

Die unmittelbare Folge von Solutreen und Magdalenien ist gleichfalls 
aus den Profilen von Le Trilobite und Le Ruth ersichtlich. Die einzelnen 
Unterabteilungen des Magdalenien sind in prägnanter Weise aus Le Pla- 
card und La Madeleine hervorgegangen. Die Teilung des Magdalenien 
in ein Früh-, Hoch- und Spät-Magdalenien findet auch durch die neuer- 
lichen Grabungen Peyronys in La Madeleine Bestätigung, in deren strati- 
graphische Folge ich selbst Einblick gewann. 

Mit dem Früh-Magdalenien setzt eine starke Dekadenz in der 
Steinbearbeitung ein. Die Klingen bleiben grösstenteils unretuschiert, 
und man begnügte sich meist mit einer flüchtigen Abrundung der Klingen- 
enden. Um so grössere Aufmerksamkeit wird den mikrolithischen Geräten 
zugewandt. Feine, länglich dünne Messerchen mit einer abgedrückten 
Schneide stehen jetzt stark im Vordergrunde der Produktion. Die Stichel- 
arten setzen sich aus Eckstichel, Kantenstichel und Stichel mit Mittel- 
spitze zusammen; auch diese fallen durch weniger sorgfältige Retu- 
schierung und durch ein stärkeres Hervortreten von Kleinformen auf. 
Einen lebhafteren Aufschwung zeigt die Knochenindustrie. Im Früh- 
magdalenien beginnt die Harpune ihre Entwicklung und tritt hier in Form 
eines länglichen, im Durchschnitt flachovalen Stäbchens hervor, das an 
einer Seite mit tiefen Einschnitten versehen ist, die die Umrisse der 
später freistehenden Widerhaken bereits andeuten. Dieser Prototypus 
der Harpune (Abb. 29) kehrt in mehreren altmagdalénienzeitlichen Fund- 
schichten wieder, z. B. in Placard, Mas d’Azil, Laugerie-basse und Altamira. 
Speerspitzen mit einseitig abgeschrägter Basis (wie Abb. 30 und 31), halb- 
runde Stäbchen aus Rentierhorn und elliptische, vielfach mit einfachen 
Gravierungen bedeckte Knochenstäbchen, sind der gleichen Epoche eigen. 
Zahlreich sind mitunter die feingearbeiteten dünnen Nadeln. 

Eine grössere Verbreitung als dem Früh-Magdalenien kommt dem 
Hoch-Magdalenien zu, das uns aus Raymonden, Bruniquel, Laugerie- 
Basse, Gourdan, Mas d’Azil (r. Ufer), Teyjat und einigen hundert anderen 
Fundplätzen bekannt ist. Überall erscheint hier als Leitform die ein- 
reihige Harpune (Abb. 32 und 33). In sehr reichen Fundplätzen haben 
sich weitere Variationen dieses Typus herausgebildet, zu denen wir auch 
die einreihige Harpune mit Schwalbenschwanzbasis rechnen. Typologische 
Bedeutung besitzen für das Hochmagdalenien auch die Speerspitzen mit 
gegabelter Basis (Abb. 34 und 35), meist von einfachen zylindrischen 
Durchschnitt. Unter den Knochengeräten bemerken wir einen grösseren 
Formenreichtum, der teils durch die dekorative Ausschmückung bedingt 


wird. Nadeln sind hier, wie im Magdalénien überhaupt, sehr zahlreich. 
Ek 


964 R. R. Schmidt: 


Unwesentliche Verschiedenheiten zeigt die Steinindustrie gegenüber der 
des Frihmagdalénien. Kratzer- und Stichelformen sind die gleichen, die 
Mikrolithik gelangt noch mehr zur Vorherrschaft. 

Im Spät-Magdalénien ist die Harpune vorwiegend mit zweireihigen 
Widerhaken versehen (Abb. 36 und 37), während die einreihige Harpune 
zurücktritt. Ein sehr häufiges Gerät ist der zylindrische Meissel aus Ren- 


Abb. 29. Prototypus Abb. 30. Wurfspeer- Abb. 31. Wurfspeer- 
der Harpune. Friih- spitze mit einseitig spitze mit einseitig 
magdalenien. LeRuth. abgeschrägter Basis. abgeschrägter Basis. 
(Nach Peyrony, °/; Gr.) Frühmagdalenien. Frühmagdalenien. 
Le Placard. Brassempouy. 
(Nach Maret, !/, Gr.) (Nach Piette, Y/, Gr.) 


veweih, der vielfach an seinem oberen Ende zugespitzt und von einer Rille 
durchzogen wird. Kunstvoll ausgeschmückte Kommandostäbe sind hier, wie 
auch im mittleren Magdalenien zahlreich. Die Mikrolithik erreicht, soweit 
die Magdalenienepoche in Frage kommen, im Spätmagdalenien ihren Kulmi- 
nationspunkt. Zu den Klingen mit abgestumpftem Rücken gesellen sich 
zahllose Federmesserchen. Einzelne kleinere Geräte nähern sich den 
geometrischen Formen des Azilien-Tardenoisien. Unter den Stichelarten 
dominiert der Stichel mit Mittelspitze; eine charakteristische Stichelform 


Diluvialchronologie und Paliethnologie Westeuropas. 965 


dieser Epoche ist auch der „Papageienschnabel“ (Abb. 39). Brüniquel, 
Les Eyzies, Teyjat, Lorthet, Le Souci, La Madeleine, Lourdes, Mas d’Azil, 
Gourdan und zahlreiche andere Funde haben ein typisches Spätmagdalenien 
geliefert. 


LT REIZE - 


Abb. 32. Abb. 33. Abb. 34. Abb. 35. 
Abb. 32 und 33. Einreihige Har- Abb. 34 und 35. Speerspitzen 
punen des Hochmagdalénien. mit gegabelter Basis. Hoch- 
Saint-Lizier. (Nach einer Photogra- magdalénien. 
phie nach Obermaier, etwa Te Gr.) (Nach Breuil, !/, Gr.) 


Das Azilien beschliesst als letztes Glied die Kette der paläolithischen 
Kulturentwicklung. Seine Stellung im jungpaläolithischen System wurde 
vor allem durch die Untersuchungen Piettes in der Flusshöhle von Mas 
d’Azil in der Ariege (Pyrenäen) beleuchtet. Der Schichtenaufbau zeigte 
von unten nach oben die folgenden Kulturstufen: a) Hochmagdalenien 
über einer kiesigen Ablagerung, b) sterile Schicht, c) Spätmagdalenien, 
d) sterile Schicht, e) Azilienschicht mit breitflachen Hirschhornharpunen 
(mit runder oder länglicher Durchbohrung), bemalten Kieseln, degenerierten 
Silexgeräten von Magdalenienform, Knochenpfriemen und Glättern. Fauna 
vorwiegend Edelhirsch, ferner Reh, brauner Bär, Wildschwein, Biber u. a., 
f) Übergang zur jüngeren Steinzeit (Piettes sogen. Arisien), g) vollneo- 
lithische und bronzezeitliche Funde. 

Charakteristisch für das Azilien sind die flachen Hirschhornharpunen 
(Abb. 40 und 41), die nun die zweireihigen zylindrischen Harpunen des Spät- 
magdalenien ersetzen, und die bemalten Kiesel, denen beide nur ein relativ 
geringer Verbreitungskreis zukommt. Dass aber die Azilienkultur tatsächlich 


966 R. R. Schmidt: 


eine weitere Ausbreitung erfahren hat, als ihre auffalligen Leitformen, die 
Azilienharpune, und die bemalten Kiesel, anzeigen, schliesse ich aus dem 
ausgedehnten Vorkommen der Aziliensteinindustrie, die im wesentlichen 
die gleichen Formen wie das Magdalenien besitzt, durchschnittlich 
aber noch flüchtiger retuschiert sind. Diese Industrie hat bereits viele 
Geräte aus dem Formenkreis des Tardenoisien in sich aufgenommen. 
Die Knochenindustrie ist in einem völligen Niedergang begriffen, auch 
die künstlerische Tätigkeit des Spätpaläolithikums ist erloschen. Bobach 


Abb. 38. Zweirei- Abb. 39. Sogen. 
Abb. 86. Abb. 37. hige Harpune Papageien- 
Abb. 36 und 37. Zweireihige Har- mit Schwalben- schnabel. Spät- 
punen des Spätmagdalenien. schwanzbasis. magdalenien. 
Saint-Lizier. (Nach einer Photogra- Spätmagdalenien. Laugerie Haute. 
phie, nach Obermaier, etwa */, Gr.) Saint-Lizier. (Nach Breuil, 
(Nach einer Photo- Za Gr.) 


graphie, etwa ‘/, Gr.) 


(Isere), Ecosse, Lortet a. d. Neste, Massat, La Vache bei Tarascon, La 
Madeleine, Laugerie-Basse (Dordogne), Abri Dufaure bei Sordes (Landes) 
und die Grotte J,abrie (Gord) zeitigten ein typisches Azilien. Jedoch 
nicht überall ist eine klare stratigraphische Scheidung von Spätmagda- 
lenien und Azilien möglich gewesen, und ich nehme an, dass die Ent- 
wicklung der Azilienharpune bereits mit dem Spätmagdalenien beginnt: 
erst später erlischt die zweireihige Magdalenienharpune, während die 


Diluvialchronologie und Paläethnolugie Westeuropas. 967 


flache Hirschhornbarpune allein bestehen bleibt und den Hauptgerattypus — 
des reinen Azilien bildet. 

Innige Zusammenhänge zeigen, wie schon aus dem gesagten hervorgeht, 
das Azilien und Tardenoisien. Für das Zusammenvorkommen dieser 
beiden Industrien haben in jüngster Zeit die Ausgrabungen von Breuil, 
Obermaier und Bouyssonie in der nordspanischen Höhle von Valle bei 
Gibaya (Prov. Santander) Zeugnis abgelegt. Hier fand sich über einer 
reichen Magdalenienschicht eine klassische Azilienstrate mit einer Serie 
flacher Hirschhornharpunen, die von typischen Tardenoisiengeräten be- 
gleitet waren. Aus dieser Feststellung geht unzweideutig hervor, dass 
das erste Auftreten der Tardenoisienindustrie in das Azilien fällt, wenn 


y 
yea 


Abb. 40. Abb. 41. Abb. 42. Mikrolithische 
Abb. 40 und 41. Flache Hirsch- Geräte des Tardenoi- 
geweihharpunen des Azilien. sien. (Nach G. u. A. de Mor- 
Mas d’Azil. (Nach Piette, etwa °/, Gr.) tillet, ®/, Gr.) 


auch die Tardenoisienformen (Abb. 42) die Azilienzeit noch weit überdauern. 
Der neolithische Kulturbesitz, Töpferei und Haustiere, gehört noch nicht 
zur Errungenschaft dieses Zeitalters. (Die Tierwelt des Spätpaläolithikums 
siehe Tabelle.) 

Über die tatsächliche Folge der jungpaläolithischen Kulturen 
Aurignacien, Solutreen,. Magdalenien und Azilien-Tardenoisien kann gegen- 
wärtig kein Zweifel mehr bestehen. Ihre Supraposition vergewissern uns 
auch die letzten Ausgrabungen in Nordspanien, die von dem Institut für 
Urgeschichte in Paris in der Höhle Castillo bei Puento Viesgo in der 
Provinz Santander vorgenommen wurden, an welchen ich selbst zwei 
Monate teilnahm. Das Profil von Castillo hat bisher 1 Azilienniveau, 
2 Magdalenienschichten, 1 Solutreenschicht, 3 verschiedene Aurignacienniveaus 
und 2 Mousterienschichten ergeben; die Funde sind noch nicht vollkommen 
erschöpft, und es bleibt zu erwarten, dass noch ältere Schichten erschlossen 


968 H R. Schmidt: 


werden. Durch seine reichen stratigraphischen Aufschlüsse rückt Castillo 
schon jetzt in den Vordergrund unseres Interesses. 

Was die Verbreitung der jungpaläolithischen Kulturen anbetrifft, so 
zeigt die Kultur vom Typus Chätelperron nur geringe Ausdehnung. Das 
Hoch- und Spät-Aurignacien ist ausser in Frankreich auch in England und 
Belgien, im letzten Gebiete durch die Héhlenfunde Ponte-a-Lesse, Trou- 
du-Sureau, Spy und Goyet vertreten. In Spanien, wo diese Kulturen gleich- 
falls Wurzel gefasst "haben, wurden sie bisher in den Fundstätten El Miron, 
Salitre, Mar, Camargo und Hornos de la Pena nachgewiesen‘). 

Einer weiteren Untersuchung bedarf noch die stratigraphische Stellung 
der Font-Robert-Kultur. In den belgischen Profilen lässt sich dieselbe 
gleichfalls beobachten; hier scheinen indessen, nach den älteren Aus- 
grabungen zu urteilen, die Font-Robert-Kultur und das Früh-Solutreen 
miteinander verschmolzen zu sein, und es ist nicht ausgeschlossen, dass 
es sich auch in Frankreich um Parallelkulturen handelt. 

Eine weit geringere Expansion hat die Kultur des Solutreen. Die 
Dordognefunde zeigen die Entwicklung dieser Kultur am besten. In 
Belgien und England fehlt das typische Hoch- und Spät-Solutreen, 
während die Frühstufe dieser Kultur in diesen Ländern nachweisbar ist. 

Das Magdalenien hat, wie das Aurignacien, auch ausserhalb der 
reichen Fundzentren Frankreichs, zahlreiche Funde gezeitigt; besonders 
die jüngeren Stufen des Magdalenien sind über England, Belgien und 
Nordspanien verbreitet. 

Auch das Azilien lässt sich, wenn wir die Verbreitung seiner lithischen 
Industrie berücksichtigen, über ganz Belgien, England und Nordspanien 
verfolgen. 

Ein wichtiges stratigraphisches Hilfsmittel für die Einteilung und die 
Chronologie des Jungpaläolithikums ist auch die Kunst, wenngleich hier 
der Abgrenzung der einzelnen Entwicklungsphasen, besonders bei der 
parietalen Kunst, noch grössere Schwierigkeiten begegnen. Ich greife 
hier nur die wesentlichsten Züge heraus. 

Aus dem Früh-Aurignacien liegen die ersten Versuche vor aus 
einfachen Strichkombinationen bescheidene geometrische Muster zu ent- 
wickeln. Aus den hochaurignacienzeitlichen Werkstätten der Pyre- 
näen gehen die ersten plastischen Darstellungen, die bekannten Venus- 
statuetten hervor. Die Deutung dieser Kleinplastiken als erotische Idole 
darf als vollkommen zutreffend bezeichnet werden, da auch andere 
aurignacienzeitliche Darstellungen aus der Dordogne, wie solche des Phallus 
und der Vulva’), diese Auffassung bestätigen. Die übertriebene Betonung 
der Sexualorgane in der figuralen Kunst des Hoch-Aurignacien ist charak- 
teristisch für die Epoche. Der Schritt von der plastischen Darstellung zur 
abstrakteren Zeichnung vollzieht sich sehr früh und tritt bereits — ent- 


1) Vergl, H. Obermaier, Der Diluviale Mensch in der Provinz Santander. 
Praehist. Zeitschr. 1900 I. Bd. 2. H. 

2) Aus dem Abri Blanchard (Gemeinde Sergeac). Ausgegraben von L. Didon 
in Périgueux. 


Diluvialchronologie und Paläethnologie Westeuropas. 969 


gegen den Annahmen Piettes — im Aurignacien der Zeichnung an die 
Seite. Im Spät-Aurignacien erreicht die zeichnerische Darstellung be- 
reits ein Stadium höherer Entwicklung. Von der vollen Skulptur des Auri- 
gnacien vollzieht sich im Solutréen die Umwandlung zur erhaben ge- 
arbeiteten Rundfigur (ronde bosse) und zum ‘Tiefrelief. Im frühen und 
mittleren Magdalénien zeigen die Tierplastiken ihre höchste Vollendung 
und sind von frischer naturalistischer Auffassung. Bemerkenswert ist die 
kunstgewerbliche Verwendung dieser Plastiken zu Wurfstöcken, Meisseln 
u. a. Geräten. Mit dem Magdalénien erreicht zugleich die Umrisszeichnung 
ihren Höhepunkt, durch welche uns die ganze Liste der magdalénienzeitlichen 
Tierwelt verewigt wird; das eigene Abbild des Menschen aber ist künst- 
lerisch so minderwertig, dass wir hieraus keine Schlüsse auf die 
äussere Gestalt des Menschen ziehen können. Im frühen und mittleren 
Magdalénien wird der naturalistischen Darstellung noch der Vorzug ge- 
geben. Im Hoch-Magdalénien gewinnt die ausgeschnittene Umriss- 
zeichnung an Bedeutung. Die Gravierung zeigt Tendenz zu einfacheren 
Figuren, zuweilen in schwacher Reliefausführung. Die dekorative Kunst ent- 
faltet sich im Hoch-Magdalénien lebhaft. Bewundernswert ist der Reichtum 
an Ornamenten, die teils, wie Breuil gezeigt hat, auf die fortlaufende 
Stilisierung der Tierbilder zurückzuführen sind. Mit dem Spät-Magda- 
lenien ist die plastische Kunst erloschen. Sehr feine Gravierungen wurden 
vorzugsweise auf Stein ausgeführt. Die Ornamentik des Spätmagdalenien 
verfügt im wesentlichen noch über die gleichen Motive wie das Hoch- 
Magdalénien. Mit dem Anbruch des Azilien ist ein völliger Verfall so- 
wohl der naturalistischen Darstellung, wie auch der ornamentalen Zier- 
kunst eingetreten. Jegliche Tradition der alten Kunstschule scheint 
abgeschnitten. Die Zeichen, die wir auf den bemalten Kieseln des Azilien 
antreffen, sind anscheinend Embleme von totemistischer Bedeutung. 

Einen kurzen Überblick über die einzelnen Entwicklungsphasen, die die 
parietale Kunst erkennen lässt, soll die nachstehende Tabelle geben. 
Die Aufstellung geht vor allem auf die Arbeiten Breuils und Car- 
tailhacs zurück, die eine kritische Untersuchung der zahlreichen Kunst- 
stätten Südfrankreichs und Spaniens eingeleitet haben. Diese stützt sich 
auf die Erforschung von etwa 40 Höhlen, die sichere diluviale Fels- 
gravierungen und Malereien enthalten, von denen hier Font-de-Gaume, Les 
Combarelles, La Mouthe, Bernifal, Teyjat, La Greze und Laussel in der 
Dordogne, Pair-non-Pair (Gironde), Niaux (Ariege) Gargas und Marsulas 
(Haute Garonne), Altamira, Hornos de la Pena, Castillo, Pasiego (Prov. 
Santander) und Pindal (Oviedo) genannt sein mögen. 

Die hohe künstlerische Produktivität der südfranzösischen und nord- 
spanischen jungpaläolithischen Bevölkerung teilt sich den paläolithischen 
Bewohnern Englands und Belgiens nicht mit. Die Höhlenfunde Belgiens 
zeugen nur von einem schwachen Abglanz dieser Kunstblüte. | 

Auf meine Untersuchungen über die chronologische Stellung der 
ältesten Menschenrassen kann ich hier nur kurz eingehen. Wesentlich 
war es vor allem, Klarheit über stratigraphische Zugehörigkeit und das 
Alter des Galley-Hill-Menschen zu erlangen. Die Auffindung der mensch- 


970 ; R. R. Schmidt: 


Entwicklungsstadien der Dargestellte 


parietalen Kunst Tiere Stationen 


| 


I.| Figuren meist tief eingraviert. | Steinbock, Pferd; Bi-| Pair- non - Pair. La 
Blosse, steife Profilumrisse;f son und Mammut] Grèze, La Mouthe, 


einzelne Linien rot oder schwarz | selten. Les Combarelles, 
nachgezogen. Bernifal, Font-de- 
| Gaume, Altamira, 

Marsulas. 


| 


II, | Zunächst noch tief eingravierte| Pferd, Hirschkuh, [La Mouthe. Comba- 
Umrisslinien. Schwarz, selten] Rentier, Mammut, relles, Font - de- 
rot aufgetragen. Einzelheiten | Bison. Gaume, Marsulas, 
mehr betont, aber noch Altamira. 
schwache Modellierung; später 
starkes Hervortreten der Sil- 
houette. 


Solutreen und Aurignacien 


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IlI.| Eingravierung weniger tief; mit] Hirsch, Rentier, Mam- | Font-de-Gaumie, Alta- 
Graffitilinie leicht nachgezogen.| mut, Pferd, Stein-| mira, Marsulas. 
a) Feinere Modellierung in] bock, Bison. 
schwarz; 
b) Flächen- und schatten- 
hafte Auftragung in rot 
oder schwarz. Bilder von 


| 


IV. {Į Die Graffitiumrisslinie tritt mehr] Bison sehr zahl-| Die grossen Fresken 
und mehr vor den das Haar-| reich, Wildschwein,] von Altamira, Mar- 
kleid markierenden Linien zu-} Hirschkuh, Rentier,| sulas, Font- de- 
rück. Pferd. Gaume. 

a) Schwach polychrome Fres- 
ken. 

b) Lebhaft polychrome Fres- 
ken. 


Magdalenien 


SC ger a .-- a ——— ee — 


< 


Konventionelle, gemalte Azilien- = Marsulas, Pindal. 
zeichen, ähnlich denen der ko- 
lorierten Steine. Keine Tier- 
darstellungen. 


Azilien 


lichen Reste von Galley-Hill erfolgte im Jahre 1888; aber erst mehrere 
Jahre später wurde der Frage nach dem Alter dieser Menschenreste 
nähergetreten. Das Skelett, das bei seiner Auffindung intakt war, lag 
nach Angaben des Lehrers von Galley (Hill) 3,50 bis 4m unter Tag und 
etwa 0,60 m über der Kreideformation. Die Fundstelle, die mir naher 
bezeichnet wurde, ist jetzt von den Kreidewerken abgetragen. Sie befand 
sich auf der Mittelterrasse der Themse, deren Schichten und Einschlüsse 
ich, dank der freundlichen Leitung von Mr. Corner, in dessen Besitz der 
Galley-Hill-Schadel übergegangen ist, näher untersuchen konnte. Die 
Schichten dieser Mittelterrasse sind durch mehrere Gruben aufgeschlossen, 
die mir selbst ein typisches Alt-Acheuleen, Hoch-Acheuleen, eine Levollois- 
industrie und Früh-Mousterien lieferte. Das Alt-Acheuleen liegt in gleicher 
Horizontale mit der angeblichen Fundstelle von Galley-Hill, und zwar in 
einem rostbraunen Sande mit Kiesen. Aber nur an einer Stelle war 


Diluvialchronologie und Paläethnologie Westeurupas. 971 


eine Trennung von älteren und jüngeren Industrien durchführbar, 
während an anderen, stärker geneigten Fundstellen eine stratigraphische 
Scheidung nicht möglich ist, hier vielmehr stark abgerollte Alt- 
Acheuleenartefakte mit dunkelbrauner Patina und hellgelb getönte Silices 
des späten Acheuleen nebeneinander angetroffen wurden. Die Ablagerung 
selbst ist an einzelnen Stellen nicht sehr mächtig, an der Fundstelle des 
Galley-Hill-Menschen etwa 4 m. Die Oberfläche der Kreideformation 
ist von sehr ungleichem Verlauf, oft von durch Auslaugung entstandenen 
grossen, sackförmigen Vertiefungen durchfurcht. 

Diese Vertiefungen haben vielerorts ein Abrutschen und EKinstürzen 
der auflagernden Schichten zur Folge gehabt, eine bekannte Erscheinung, 
mit der wir an manchen Fundplätzen zu rechnen haben, und die eine 
kritische Nachprüfung der Fundumstände erfordert. 

Die fossilen Tierreste, die der Mittelterrasse der Themse entnommen 
wurden, und die wir mit der Fundschicht von Galley-Hill in Zusammen- 
hang bringen können, enthalten Hippopotamus, Elephas primigenius, 
Elephas antiquus, Rhinoceros (?Merckii), Höhlenlöwe, Hirsch, Trogon- 
teriun u. a. Diese Fauna dürfte kaum einheitlicher Provenienz sein. 

Nach dieser stratigraphischen Untersuchung der Diluvialablagerung des 
Themsetals bei Galley-Hill bleiben immerhin zwei Möglichkeiten offen: 
entweder die fossilen Menschenreste sind der primären Lagerstätte ent- 
nommen und damit altacheuleenzeitlich, oder sie entstammen einer der 
zahlreichen umlagerten Auflagerungen der Kreide und gehören damit 
überhaupt nicht in das Bereich des bei Galley-Hill vertretenen Alt- 
Paläolithikums. 

Auf die Aussagen von Laien, die sich nach Jahren erinnerten, dass 
der Schichtenverband der Fundstelle einen vollkommen ungestörten Ein- 
druck gemacht habe, dürfen wir erfahrungsgemäss kein zu grosses Gewicht 
legen. Eine alte Schichtstörung gibt sich zudem nicht immer augenfällig 
kund, sondern geht oft erst aus der genauen Prüfung der Einschlüsse 
hervor. 

Wenden wir uns nun der Betrachtung des Schädels selbst zu, so fällt 
uns zunächst die erstaunliche Verschiedenheit in der Erhaltung und 
Fossilisation des menschlichen Schädels und der faunistischen Einschlüsse 
von Galley-Hill auf, woraus wir unbedingt schliessen müssen, dass beide 
nicht gleichaltrig sein können. Der Schädel hat ein weit frischeres, 
rezentes Aussehen und eine geringere Fossilisation als die verstreuten, 
meist schlecht erhaltenen fossilen Tierreste. 

Von einem ähnlichen Schicksal als die älteren Funde ist die Auf- 
findung eines erst in den letzten Jahren bei Galley-Hill aufgedeckten 
zweiten Skelettes, das dem gleichen Typus angehört, betroffen. Auch 
dieses Skelett teilt, was seine Erhaltung anbetrifft, mit dem früher auf- 
gefundenen die gleichen Merkmale. Anscheinend rühren beide aus Be- 
stattungen jüngerer prähistorischer Zeit her. 

Selbst wenn wir uns über die berechtigten Zweifel an dem hohen Alter 
des Galley-Hill-Menschen hinwegsetzen würden, so ist es meines Erachtens 
mit unseren paläanthropologischen Erfahrungen vollkommen unvereinbar, 


972 H R. Schmidt: Diluvialchronologie. 


denselben als altpaläolithisch hinzustellen. Der Mensch von Galley-Hill 
würde — seine altpaläolithische Provenienz vorausgesetzt — zeitlich ein 
Bindeglied zwischen dem Menschen von Mauer und den Neandertalmenschen 
von Le Moustier, La Chapelle-aux-Saints, La Ferrassie, Spy, Neandertal 
u. a. darstellen. 

Morphogenetisch repräsentiert indessen der Galley-Hill-Mensch, was 
auch von Klaatsch hervorgehoben wurde, ein jüngeres Glied in der 
Entwicklungskette, das wir etwa der Brünner Rasse oder der Rasse von 
Engis an die Seite stellen können, die ausserhalb des Alt-Paläolithikums 
stehen und dem Jung-Paläolithikum, bzw. der Jüngeren Steinzeit zu- 
geschrieben werden müssen. 

Bedenken gegen das diluviale Alter des Galley-Hill-Menschen sind 
schon früher, u. a. von Boyd Dawkins und John Evans, geäussert 
worden. Erst in jüngerer Zeit hatten Untersuchungen dazu geführt, seine 
Stellung unter den prähistorischen Rassegruppen zu suchen, ohne Kenntnis 
und Kritik der Fundumstände und der Ablagerungen von Galley-Hill. Dass 
man den Galley-Hill-Menschen bei dieser anthropologischen Einordnung 
dem älteren Paläolithikum zudatierte, lag unter den gegebenen. Umständen 
nahe; dass ihm diese Stellung aber nicht zukommt, dafür sprechen deutlich 
die erwähnten stratigraphisch-paläontologischen Gründe, über die wir uns 
nicht hinwegsetzen können. Hypothesen sind auch hier bereits helfend ein- 
gesprungen, die in dem Galley-Hill-Menschen eine Vorneandertalrasse oder 
einen dem Neandertalmenschen synchronistischen, aber weit höher stehenden 
Typus erblicken. Diese Hypothese ist auch von Rutot verkündet worden. 
Wenn ich auch nicht annehme, dass die Fachgenossen dem Gedanken- 
fluge Rutots hire folgen können, der in dem Galley-Hill-Menschen 
eine ältere diluviale Bevölkerung Europas sieht, der die primitiveren 
Neandertalmenschen als Sklaven dienten, so erachte ich doch eine Dar- 
legung der Fundunistände, die sich speziell an die Anthropologen wendet, 
zur Belichtung der Altersfrage für notwendig. 

Der Mensch von Galley-Hill muss aus der Reihe derjenigen Funde 
ausscheiden, die uns Aufklärung über die ältesten diluvialen Rassen 
Europas bringen können. Für diese aber bieten nur die zweifelsfreien 
Funde aus der älteren Diluvialzeit, der Kiefer von Mauer und die alt- 
paläolithischen Funde von Le Moustier, La Chapelle-aux- Saints, La Ferrassie, 
La Quina, Spy und Krapina einen sicheren Bestand, da über deren chrono- 
logische Stellung keine Unsicherheit besteht. Über das exakte Alter der 
fossilen Menschen von Spy habe ich mit Marcel de Puydt eine Mit- 
teilung in Vorbereitung. Auch ohne Kenntnis ihrer stratigraphischen 
Provenienz dürfen wir die Neandertalmenschen aus dem Neandertal und 
den Gibraltarschidel derselben Gruppe anreihen. 

In keinem aber der gesicherten Funde besitzen wir eine Andeutung, dass 
eine der Neandertalgruppe gleichzeitige, höher stehende Bevölkerung 
während des Alt-Paläolithikums in Europa gelebt hat. Sämtliche alt- 
paläolithischen Menschenreste, die ein und derselben Gruppe, der Neander- 
talrasse angehören, reichen, soweit wir sie archäologisch bestimmen können, 
vom ausgehenden Acheuleen bis in das ausgehende Mousterien. Erst 


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R. Hermann: Knochenfunde und Klima. 073 


mit dem Beginn des Jung-Paläolithikums begegnen wir verschiedenen 
Richtungslinien in der Entwicklung der diluvialen Bevölkerung, deren 
Zusammenhänge noch weiterer Untersuchung bedürfen. 

Der Beginn des Jung-Paläolithikums bedeutet auch kulturell einen 
vollkommenen Wendepunkt in der Entwicklung des Diluvialmenschen auf 
westeuropäischem Boden. Während wir z. B. in dem Sommetal, den alt- 
paläolithischen Ablagerungen Belgiens und im Themsetal einen Fund- 
komplex von einheitlicher Entwicklung haben, beginnen im Jungpaläo- 
lithikum Frankreichs, speziell in Südfrankreich sich Kulturkreise von be- 
sonderem Kolorit zu bilden, die sich nicht mehr über ganz Westeuropa 
ausbreiten. Stossen wir doch selbst innerhalb der geographisch sich an- 
schliessenden Gebiete der Dordogne, der Pyrenäen und Nordspaniens noch 
auf merkliche Unterschiede in der Industrie und in der darstellenden Kunst. 

Die nachstehende Tabelle soll an Stelle längerer Ausführungen einen 
kurzen Überblick über die zeitliche Folge und die Verbreitung der ein- 
zelnen paläolithischen Kulturen in Westeuropa bieten. Die Vertretung 
dieser Kulturen in Deutschland geht aus der angegliederten letzten Rubrik 
der Tabelle hervor. 


Zusatz. 


Im Anschluss an den vorstehenden Vortrag hat Hr. Dr. Rudolf 
Hermann die nachfolgende Bemerkung eingereicht, welche er durch die 
beschränkte Zeit verhindert war in der Diskussion vorzubringen. 

Da in der Diskussion zu dem Vortrage von Herrn R. R. Schmidt 
die Frage aufgeworfen wurde, ob das Vorkommen von Renntierresten den 
Schluss auf ein arktisches Klima rechtfertige, so möchte ich an die Er- 
gebnisse von Brauers Untersuchungen über die Tierwelt der arktischen 
Subregion *) erinnern, worin über das gleichzeitige Vorkommen des Renntiers 
im Frühjahr auf der Steppe und in der Tundra berichtet wird (a. a. O. 
S. 278). „In den südlicheren Gebieten (des europäischen Russlands) tritt 
ihrer Ausdehnung als Hindernis der Ackerbau entgegen“ (a. a. O. S. 204), 
also nicht das Klima. Während die heutige Südgrenze der 54° n. Br. 
darstellt, ist auch eine Nordgrenze nachweisbar. „Westlich von Grönland 
und auf der Westküste dieser Insel selbst liegt sie auf etwa 79° n. Br. 
bzw. 791/,°, in Ostgrönland schon auf 751/,° n. Br. Die Gründe in 
klimatischen oder physikalischen Verhältnissen zu suchen, 
wäre eine vergebliche Mühe... .“ „Es bleibt uns somit kein anderer 
Schluss übrig als der, dass das Renntier seine nördliche Ausbreitung noch 
nicht so weit wie möglich ausgedehnt hat, dass jene auf 79 bzw. 751/,° n. Br. 
gefundenen Tiere nur die äussersten Vorposten sind, dass der Hauptzug 
der Tiere, sobald die Brücke nach Grönland erreicht wurde, nach Norden 
zu sein Vordringen einstellte und den Weg in einen östlichen veränderte.“ 
(Ebenda, S. 263.) 

Wie unsicher es ist, aus Knochenfunden von Tieren, die heute für 
ein bestimmtes Klima charakteristisch sind, auf ein ähnliches Klima der 


1) A. Brauer, Die arktische Subregion. Ein Beitrag zur geographischen Ver- 
breitung der Tiere. Zool. Jahrb. III, 1888. S. 188—308, Taf. VII. 


974 H. Friedenthal: 


Vorzeit zu schliessen, haben neuere Untersuchungen mehrfach gezeigt. 
Ich möchte darüber auf die Ausführungen von Frech und Geinitz in 
der Lethaea geognostica *) verweisen. In einer Arbeit, in der ich Rhinoceros 
Merckii Jäger als ein Glied auch der nordostdeutschen Diluvialfauna nach- 
weisen konnte"), habe ich auf die scheinbar einander ausschliessenden Be- 
standteile verschiedener Diluvialfaunen in Westpreussen, im europäischen 
Russland und in Sibirien hingewiesen. Wenn man gegen die west- 
preussischen Faunenlisten einzuwenden versucht hat, duss die dortigen 
Funde auf sekundärer Lagerstätte sich befänden und deshalb aus ver- 
schiedenen Elementen gemischt seien, so sei darauf aufmerksam gemacht, 
dass ausser der vorzüglichen Erhaltung der Funde für ihre Zusammen- 
gehörigkeit auch die Übereinstimmung mit unzweifelhaft primären Faunen 
spricht; es sei hier als bedeutendste die von Tscherski beschriebene 
Fauna der grossen Ljachowinsel zwischen 73° und 74° n. Br. genannt, wo 
neben dem Tiger der Eisbär, neben dem Moschusochsen die Saigaantilope 
sich fand. In dem Kieslager von Gruppe, gegenüber Graudenz, fand sich 
Rhinoceros Merckii und die Saigaantilope (heute das Charaktertier der 
kontinentalen südrussischen Steppe) neben dem wollhaarigen Rhinoceros 
antiquitatis Blmb. und dem Mammut. In einer Kiesgrube bei Gr. Waplitz 
(Westpreussen) fand sich neben dem Mammut und Rhinoceros antiquitatis 
ein Löwe, Felis spelaea Nehring. 

Alle diese Funde mahnen zu grösster Vorsicht in der Beurteilung des 
Klimas der Vorzeit allein auf Grund von Tierresten. 


(10) Hr. H. Friedenthal hält den angekündigten Vortrag: 


Über die Behaarung der Menschenrassen und Menschenaffen. 


Zur Frage der Verwandtschaftsbeziehungen zwischen den Menschen- 
affen und dem Menschen hatten die Versuche des Verfassers ergeben, 
dass die drei grossen Menschenaffen Schimpanse, Gorilla und Orang als 
gleich nah verwandt mit dem Menschen anzusehen sind. Der Grad von 
Verwandtschaft entsprach der von Säugetieren der gleichen Familie oder 
Unterordnung. Dagegen gelang es bisher nicht auf Grund von Blut- 
untersuchungen eine Stammeseinteilung des Menschen durchzuführen oder 
Beziehungen der einzelnen Menschenaffen zu einzelnen Menschenstämmen 
festzustellen... Der Versuch von Bruck durch die Methode der Com- 
plementablenkung die verschiedenen Menschenrassen zu unterscheiden. 
führte bisher nicht zu anthropologisch brauchbaren Resultaten. 

Der Grund für das Scheitern der biologischen Methoden zur Unter- 
suchung der Verwandtschaftsbeziehungen der Menschenstämme liegt in der 
chemischen Einheitlichkeit des Menschengeschlechts und der allzugrossen 
chemischen Ahnlichkeit des Blutes der Menschenaffen mit dem Menschen- 


1) Fritz Frech, Leth. geogn. III. Teil, 2. Band 1. Abteilung. Flora und Fauna 
des Quartärs von Fr. Frech mit Beiträgen von E. Geinitz. Stuttgart 1904. S. 10ft. 

2) Rudolf Hermann, Rhinoceros Merckii Jäger im Diluvium Westpreussens 
und seine Beziehungen zur norddeutschen Diluvialfauna. Monatsber. d. Deutsch. 
Geol. Ges. Bd.63. Jahrg. 1911. S. 13-33. 


Behaarung der Menschenrassen und Menschenatfen. 975 


blute. Es ist möglich, dass bei weiterer Vervollkommnung der Methodik 
die biologischen Methoden der Blutprüfung sich auch für Aufhellung ganz 
naher Verwandtschaftsbeziehungen werden brauchen lassen. Heute ist 
dies aber noch nicht der Fall. 

Die innere Einheitlichkeit des Menschengeschlechts trotz grosser äusserer 
Formverschiedenheiten wird bewiesen durch das feinste biologische Expe- 
riment, welches wir kennen, nämlich durch die Bildung unbeschränkt 
fruchtbarer Bastarde bei Kreuzung der verschiedensten Menschenrassen. 
Wir sehen in der Natur bei Vermischung sehr nah verwandter Tierarten, 
dass die Bildung der reifen Geschlechtszellen auch dann auf innere 
Hindernisse stossen kann, wenn der Körper des erzeugten Bastardes 
keinerlei sonstige Hemmungen in seinem physiologischen Funktionieren 
erkennen lässt. Selbst so nah verwandte Arten wie Zebra und Esel 
erzeugen unfruchtbare Bastarde, die verschiedenen Menschenrassen stehen 
sich also innerlich viel näher als diese beiden nächstverwandten Tier- 
arten. Die Bildung unbeschränkt fruchtbarer Bastarde aller Menschen- 
rassen gibt den unwiderleglichsten Beweis für die innere Einheitlichkeit 
der gesamten Menschheit und zugleich eine Erklärung für die Schwierig- 
keit weiterer Einteilung des Menschengeschlechts in kleinere Gruppen. 

Während die Versuche als gescheitert anzusehen sind aus den Eigen- 
schaften des Skelettes eine Einteilung der Menschheit in grosse Stämme 
vorzunehmen, vererben sich die Eigenheiten des Haarbodens am Kopfe 
mit solch absoluter Konstanz, dass wir auf Grund der Haarverschieden- 
heiten zu einer brauchbaren Gliederung der Menschheit gelangen. Ver- 
fasser hat in seinem Werke, Das Haarkleid des Menschen, Jena 1908, 
S. 90, bereits auf die früheren Einteilungen des Menschengeschlechts nach 
der Beschaffenheit des Haares aufmerksanı gemacht und die bisherigen 
Einteilungen einer Kritik unterzogen. Berücksichtigen wir die geo- 
graphische Verteilung der drei Haupttypen der Behaarung, so finden wir 
Europa, Westasien und Australien mit einem grossen Teil von Ozeanien 
bewohnt von Rassen mit lockigem Haupthaar, sehr reichem Terminallıaar 
und einer grossen Variationsbreite der Behaarung. Spiralgekrauste Haare, 
Armut an Terminalhaar, sehr geringe Verschiedenheit von Kopfhaar und 
Terminalhaar finden wir bei Hottentotten, Buschmännern, Akkas, Negern, 
Papuas, Melanesiern, Tasmaniern und Negritos in Afrika und einigen 
Inseln des stillen Ozeans, sonst nirgends auf der Erde. Straffe Haare mit 
geringem Terminalhaarwuchs, der aber vom Kopfhaarwuchs oft ver- 
schieden ist, finden wir nur bei Nordasiaten, Ostasiaten und Südostasiaten 
und Eskimos. Die amerikanischen Rassen nähern sich zwar diesem straff- 
haarigen Typus, zeigen aber einen Einschlag von lockenhaarigen Typus 
besonders in Südamerika. Diese Befunde der Haarbeschaffenheit stehen 
im Einklang mit Besiedelung Amerikas vom Norden her durch eine straff- 
haarıge Rasse und Vermischung in Südamerika mit maori-ähnlichen 
Polynesiern. Die absolute Konstanz der Vererbung des Haarbodens zeigt 
sich darin, dass noch memals ein straffhaariger Neger oder ein spiral- 
gekrauster Ostasiate geboren wurde. Die Variationsbreite der 
Menschheitsbehaarung ist grösser als die Variationsbreite der 


976 H. Friedenthal: 


Rassenbehaarung und der individuellen Haarbeschaffenheit. 
Kein einziges anderes anthropologisches Merkmal ist bekannt, bei 
welchem diese unumgängliche Bedingung der Brauchbarkeit für Ein- 
teilungszwecke bekannt wäre. Die dreiteilige Gliederung der Menschheit 
nach der Beschaffenheit des Haarbodens und des Haarwuchses ist als 
einzig absolut sicheres Ergebnis der vergleichenden Menschenkunde der 
Unsicherheit der Vergleichung nach anderen Körpermerkmalen (Skelett) 
gegenüberzustellen. Aufgabe der Anthropologie wird es jetzt sein, die 
auf Grund der Haarvergleichung gefundene Stammesgemeinschaft von so 
differenten Rassen wie Togoneger, Tasmanier, Buschmann und Papua 
auch an anderen Körpermerkmalen nachzuweisen. 

Verfasser glaubt, dass auch die Sprachforschung gezwungen sein wird, 
ihr Augenmerk auf die durch die Haarvergleichung gekennzeichnete 
Stammeszugehörigkeit verschiedener Rassen zu richten. Eine Dreiteilung 
der Menschheitssprachen mit besonderer Berücksichtigung der Australier- 
sprache, welche der Ursprache am nächsten stehen wird, scheint dem 
‚Verfasser nicht unmöglich. Die geographische Verteilung der Menschheits- 
stämme lässt die Frage auftauchen, ob wir nicht blos zwei statt der drei 
Urtypen der Menschheit aufzustellen brauchen und den mittleren Typus 
als Bastardtypus zwischen den zwei Extremen ansehen sollen. Tatsächlich 
stellt sich geographisch der mittlere Typus zwischen die beiden extremen 
Haartypen, und in historischer Zeit haben zahlreiche sicher bewiesene Ver- 
mischungen an den Berührungsgrenzen der Menschheitsstämme stattgefunden. 
Gegen diese Vermutung spricht die Sonderform des spiralgekrausten Haar- 
typus, welcher im ganzen Tierreich keine Analogon hat. Nur einige 
krausborstige Schweinerassen zeigen entfernte Ähnlichkeit. Gegen diese 
Vermutung spricht ferner besonders die Terminalhaararmut des kraus- 
haarigen und des straffhaarigen Stammes im Gegensatz zum Terminal- 
haarreichtum des mittleren. Typus. Wir können den Terminalhaarreichtum 
nicht entstanden denken durch Vermischung zweier terminalhaararmer 
Typen, sondern werden bei den Ahnenstufen den Besitz eines starken 
Haarfelles, ähnlich dem der Anthropoiden vermuten. Dass der mittlere 
Haartypus in vielen Eigenheiten wie ein Bastardtyp zwischen den Extremen 
scheint, bildet nach Ansicht des Verfassers gerade einen Grund, um ihn 
für den ursprünglichen Typus zu halten. Überall im Tierreich, wo ein 
Stamm sich in zwei Äste gabelt, wird in vielen Beziehungen der Bastard 
dem Urahn ähnlich werden. Dass Branca den Pithekanthropus für einen 
Bastard zwischen Mensch und anthropoiden Affen ansah, spricht dafür, 
dass der Pithekanthropus dem Urahn des Menschengeschlechts sehr ähnlich 
gesehen haben wird. Aus dem mittleren Haartypus können wir leicht zu 
den extremen Typen gelangen durch geringe Variation, nicht aber von 
den Extremen zueinander. Dass unter den extremen Haartypen ab und 
zu einmal der mittlere Haartypus auftaucht, spricht nach Verfasser eben- 
falls dafür, dass der mittlere Typus der älteste menschliche Haartypus 
sein wird. Dass eine ganze Anzahl von Zeichen dafür sprechen, dass der 
spiralgekrauste Menschenstamm früher eine grössere Verbreitung hatte 
als jetzt, dass Europa, wenigstens Südeuropa, früher von diesem Stamın 


Behaarung der Menschenrassen und Menschenaffen. 977 


besiedelt war im Einklang mit seiner afrikanischen Tierwelt, zwingt uns 
noch nicht, diesen Typus als den ältesten Typus anzusehen. Nichts spricht 
gegen die Möglichkeit, dass zunächst der kraushaarige Typus in weiten 
Erdstrichen herrschend war, dass jetzt der mittelhaarige Typus den 
grössten Teil der Erdoberfläche beherrscht, und dass die Zukunft dem 
straffhaarigen Typus gehören wird. Ganz besonders aber spricht die Ähn- 
lichkeit der Terminalbehaarung des mittelhaarigen Typus, namentlich der 
Australier, mit der Behaarung der Anthropoiden für die Ursprünglichkeit 
dieses Haartypus. 

Die Behaarung der drei grossen Anthropoiden, Gorilla, Schimpanse 
und Orang, ähnelt ausserordentlich der Terminalbehaarung des Menschen, 
weit mehr als der Behaarung niederer Affenarten. Die Meerkatzen be- 
sitzen nicht Fell- sondern Pelzbehaarung, einige amerikanische Affen- 
arten (Kapuziner) besitzen sogar Grannenhaare auf dem Kopf, welche 
beim Menschen und den Anthropoiden völlig fehlen. Die anthropoiden 
Affen besitzen eine sehr einheitliche Behaarung auf dem ganzen Körper, 
während beim Menschen nur der kraushaarige Stamm einen einheitlichen 
Körperhaartypus aufweist. 

Die Stellung der Anthropoidenhaare in Reihen, seltener in Gruppen 
bis zu sechs, entspricht der Stellung der Terminalbehaarung des Menschen 
wie der Kopfbehaarung des Menschen. Die Lange der Anthropoiden- 
haare entspricht der Lange der Terminalbehaarung des Menschen am 
Bart. Der Orang besitzt die längsten Fellhaare, bis 50 cm lang. Beim 
Menschen sind Barthaare bis zu 1,5 m Länge beobachtet worden. Nicht 
nur auf dem Schädeldach sondern auch im Bart nehmen bei einzelnen 
Individuen die Haare den Charakter von Dauerwuchshaaren (Mähnen- 
. haaren) an. In diesem Falle persistiert das Haar jahrzehntelang auf der- 
selben Papille, während gewöhnlich ein weit rascherer Haarwechsel statt- 
hat. Am raschesten wechselt das Haar der kraushaarigen Rassen, langsamer 
das Haar der lockenhaarigen ae, am langsamsten das Haar der 
straffhaarigen Menschehrassen. 

Die Dicke der Fellhaare der drei grossen Anthropoiden entspricht 
der Dicke menschlicher Barthaare, die Haare der Hylobatiden sind weit 
feiner und dichter gestellt. Das Streckengewicht der Fellhaare der 
Anthropoiden ist gleich dem Streckengewicht menschlicher Barthaare. 


Streckengewicht gleich es erectile Die Haare der Hylobatiden sind 
Haarlänge 


weit leichter als die obengenannten Haararten. 

Der Haarquerschnitt aller Anthropoidenhaare ist einheitlich der 
Querschnitt eines flachen Bandes. 

Verfasser mass als Haarindex beim Orang einen Index von 67,5, 
beim Gorilla 65,0, beim Schimpansen 66,0, beim Europäer Achselhaar 57, 
beim Australier Schamhaar 55. Die Anthropoidenhaare stamnıten von 
jugendlichen Individuen. Es ist besonders bemerkenswert, dass nicht 
etwa die Fellliaare der afrikanischen Menschenaffen mit den Haaren der 
afrikanischen Menschenrassen Ähnlichkeit besitzen, noch die Haare des 
Orang mit denen asiatischer Menschenrassen. Kein Antlıropoide besitzt 

Zeitschrift für Ethnologie. Jahrg. 1911. Heft 6. 635 


978 , H. Friedenthal: 


spiralgekraustes Haar. Das straffste Fellhaar besitzen im ausgewachsenen 
Zustande die Schimpansenarten, nicht der Orang. Bereits die Foeten von 
Schimpansen in den letzten Schwangerschaftsmonaten besitzen gerade 
Haarschäfte oder solche, welche nur in einer Ebene gebogen sind. Das 
Fell des jungen Gorilla ist etwas lockig, āhnlich dem Schamhaar der 
poikilodermen Menschenrassen, nicht kraushaarig, wie das Haar der Neger. 

Der Orang besitzt gewellteres Haar als die Schimpansen und Tschegos. 
Besonders ist zu beachten, dass die Krimmung der Haarwurzel nach der 
konkaven Seite des Haarschaftes bei allen Anthropoiden erfolgt, dass die 
für den spiralgekrausten Menschenhaartypus spezifische Krümmung der 
Wurzel nach der konvexen Seite bei keiner Tierart sich bisher auffinden 
liess. Um die Einpflanzung der Haarwurzel in den Haarboden ver- 
gleichend beobachten zu können, hellte Verfasser Hautstückchen mit 
Karbolxylol auf. Selbst bei dickeren Schnitten lässt sich die Einpflanzung 
des Haarschaftes auf diese Weise bequem beobachten. Die steifen Fell- 
haare der erwachsenen Schimpansen stehen auf der Grenze zwischen 
Borsten und Haaren, so dass die Ähnlichkeit mit Schweinefell-an einzelnen 
Stellen des Schimpansenkörpers recht gross ist. . Die Barthaare der straff- 
haarigen Menschenrassen (Ostasiaten) ähneln den Fellhaaren der Schim- 
pansen. Das Terminalhaar aller Menschenrassen zeigt eine geringere 
Differenzierung als die Kopfbehaarung und bleibt dem Fellhaare der 
Anthropoiden teilweise ähnlicher als die Kopfbehaarung. Es finden sich 
spiralgekrauste Schamhaare bei Europäern, lockige, selbst etwas krause 
Schamhaare bei Ostasiaten. 

Wesentlich für unsere Auffassung von der Behaarung der anthro- 
poiden Affen erscheint die Entdeckung eines Flaumhaarkleides und einer 
Kopfkappe der Behaarung bei einem Tschegofoetus von Seiten des Ver- 
fassers. Die Anthropoiden wechseln ihr primäres Flaumhaarkleid bereits 
vor der Geburt gegen ein Terminalhaarkleid um, das Wollhaarjunge der 
afrikanischen Stummelaffen wechselt erst nach Beendigung der Säugezeit, 
der Mensch wechselt erst zur Zeit der Pubertät sein Flaumhaarkleid auf 
einem Teil der Körperoberfläche. Der Fellwechsel erstreckt sich beim 
Menschen bis zum Tode. 

Die Anthropoiden teilen als einzige Tierart die Glatzenbildung auf 
dem Schädel mit dem Menschen. Wie die Fellbekleidung tritt auch die 
Glatzenbildung bei den anthropoiden Affen weit früher auf als beim 
Menschen. Dies spricht dafür, dass die Ausbildung einer sehnigen Um- 
wandlung der Kopfmuskeln über dem knöchernen Schädel als Grund für 
die Ausbildung einer Kopfglatze auch beim Menschen anzusehen ist. 
Diese Umwandlung wird, wie die gesamte Ausbildung der Bewegungs- 
maschine beim Menschen, weit später auftreten als bei den anthropoiden 
Affen. Beim Gorilla ist keinerlei Glatzenbildung bekannt, beim Orang 
ist die Haararmut auf dem Schädeldach bereits beim Foetus zu kon- 
statieren und tragen verschiedenen Orangarten Stirnglatzen, andere 
Scheitelglatzen mit Kahlheit des Fetthöckers auf dem Kopf. Beim 
Schimpansen finden wir eine Kahlheit der vorderen Kopfmitte, die beim 
Menschen nur bei Japanern bisher andeutungsweise aufgefunden werden 


Behaarung der Menschenrassen und Menschenaffen. 979 


konnte. Junge Orangs sind oft so kahl wie Menschensäuglinge. Unter 
den Schimpansen ist eine Art, Anthropopithecus calvus, durch fast völlige 
Kahlheit des ganzen Schädels ausgezeichnet. Auf Kultureinfliisse kann 
die Glatzenbildung bei den Anthropoiden ebensowenig bezogen werden, 
wie die Kahlheit der Gorillabrust und des Gorillarückens. Verfasser 
verweist in dieser Beziehung auf seine früheren Ausführungen im „Haar- 
kleid des Menschen“. | 

Zusammenfassend können wir mit Hilfe der Haarvergleichung die 
verschiedenen Menschenrassen in die drei Hauptstämme der Menschheit 
eingliedern, wobei die in historischer Zeit erfolgten Vermischungen 
zwischen verschiedenen Rassen, wie in Nordafrika oder Nordasien, auch 
im Haarcharakter der Mischvölker zutage treten. Die Nachkommen der 
Hunnen und Mongolen in Europa sind heute noch am strafferen Haar- 
typus kenntlich, die Nachkommen der nordischen Einwanderer in Afrika 
an ihrem längeren Kopfhaarwuchs von geringerer Krümmung. Man hat 
die Regel aufgestellt, Kraushaar dominiere in der Vererbung über 
Schlichthaar. Dies ist aber nicht streng richtig, sondern die Haare der 
Bastarde bilden in den allermeisten Fällen Mischtypen der Elternhaare. 
Ein Spalten einzelner Charaktere der Behaarung bei Mischlingen ver- 
schiedener Menschenrassen ist bisher noch nicht nachgewiesen. Die ver- 
gleichende Haarkunde bietet noch eine solche Fülle der Probleme, dass 
die gemeinsame Arbeit vieler Forscher für die Aufhellung zahlreicher 
wichtiger anthropologischer Fragen als dringende Notwendigkeit erscheint, 
zumal die Grundlagen der Methodik der Haaruntersuchung jetzt gegeben 
und wir imstande sind, wichtige und unwichtige Einzelheiten der Be- 
haarung zu unterscheiden. | 


Anhang. 


Das Haar der Tasmanier wurde vom Verfasser in zwei verschiedenen 
Proben untersucht. Professor v. Luschan stellte eine blonde Tasmanier- 
kopfhaarprobe zur Verfügung. Professor Klaatsch schwarzes Tasmanier- 
kopfhaar. Beiden Forschern sei an dieser Stelle der aufrichtige Dank 
des Verfassers ausgesprochen. Von Professor Klaatsch erhielt Verfasser 
auch zahlreiche Kopfhaarproben aus den verschiedensten Gegenden 
Australiens, welche an anderer Stelle ausführlicher beschrieben werden 
sollen. Das Kopfhaar der Tasmanier ist so gänzlich ununterscheidbar 
von dem Haar der Papuas, dass ein einziges Tasmanierkopfhaar genügt, 
um mit aller Sicherheit die Zugehörigkeit der Tasmanier zum Mensch- 
heitsstamm mit spiralgekrausten Haaren festzustellen. Keine der sehr 
zahlreichen Australierhaarproben, welche Verfasser untersuchte, zeigte 
jemals ein spiralgekraustes Kopfhaar. Dieser Befund ist um so auf- 
fälliger, als auf Photographien der Kopfhaarwuchs der Australier nicht 
sehr verschieden erscheint von der Kopfbehaarung der afrikanischen 
Negerstämme. Tasmanier und Australier gehören, wie die Haarunter- 
suchungen mit aller Sicherheit ergeben, zwei verschiedenen Menschheits- 
stämmen an, trotz vielfacher Ähnlichkeiten, welche auf Verwandtschaft 

63* 


980 H. Friedenthal: Behaarung der Menschenrassen und Menschenaffen. 


schliessen liessen. Eine Verwechslung eines Australierkopfhaares mit 
einem Tasmanierkopfhaar hält Verfasser nur dann für möglich, wenn 
unter den Tasmaniern sich einzelne schlichthaarige Individuen befunden 
haben sollten (Atavismus). Bei Papuas sind solche Individuen beschrieben 
worden. Im Falle der Tasmanier genügte ein Haar eines Individuums 
einer ausgestorbenen Menschenrasse, um die Stammeszugehörigkeit mit 
aller Sicherheit feststellen zu können. 


Sitzung vom 16. Dezember 1911. 


Vortriige: 
Hr. Harbort: Ein menschliches Skelett aus dem Kalktufflager von Walbeck 
in Braunschweig. 
Hr. Carl Schuchhardt: Ausgrabungen neolithischer Häuser bei Lissdorf, 
Kreis Naumburg. Mit Lichtbildern. - 


Vorsitzender: Hr. Hans Virchow. 


(1) Der Vorsitzende erstattet satzungsgemäss den 


Verwaltungsbericht für das Jahr 1911. 


Die Zahl der Ehrenmitglieder, sieben, ist unverändert geblieben. Die 
der korrespondierenden Mitglieder beträgt 113, indem eins, Prosdocim, 
in Este gestorben und zwei hinzugekommen sind: Bamler in Deutsch- 
Neuguinea und Romiti in Pisa’), 

Von den ordentlichen Mitgliedern sind die immerwährenden die 
gleichen geblieben; wir zählen ihrer 12 lebende. Von den jährlich 
zahlenden ordentlichen Mitgliedern haben wir durch den Tod 
verloren 12, durch Austritt und Streichung wegen Beitragsver- 
weigerung 28, zusammen 40. Die Namen der Verstorbenen sind: die 
Herren Berwerth, Bolle, Davidsohn, Fränkel, Horwitz, Körner, 
Lucae, Madsen, Messerschmidt, Morwitz, Remak, Schmidt. Der 
Zugang an neuen Mitgliedern beträgt 95, so dass wir nach Abzug der 
Verluste eine Vermehrung um 55 hatten. Die Gesamtzahl der jährlich 
zahlenden ordentlichen Mitglieder ist 776. Die Zahl der weiblichen 
ordentlichen Mitglieder ist 37. 

Der Herr Unterrichtsminister hat auch in diesem Jahre die Be- 
strebungen der Gesellschaft durch einen Staatszuschuss von 1500 M unter- 
stützt, wofür an dieser Stelle der Dank ausgesprochen sei. 

Von der Zeitschrift für Ethnologie wird der diesjährige Band etwa 
die gleiche Stärke wie gewöhnlich erreichen. Die beiden letzten Hefte 
werden u. a. eine ausführliche Arbeit von Robert Beltz-Schwerin ent- 
halten über die Latenefibeln, welche als fünfter Bericht der Kommission 
für prähistorische Typenkarten erscheinen wird. Es wird darin eine 


1) Nach der Dezembersitzung, am 20. Dezember, ist noch Herr Topinard in 
Paris gestorben, so dass die Zahl der korrespondierenden Mitglieder am Schluss 
des Jahres 112 war. 


982 Verwaltungsbericht. 


schon von Lissauer begonnene Arbeit zu Ende geführt, was uns mit 
doppelter Befriedigung erfüllt. 

Die Prähistorische Zeitschrift hat mit einer Fülle von interessanten 
Mitteilungen unsere Anschauungen bereichert und dadurch in erfreu- 
licher Weise für unsere Gesellschaft geworben. 

Die Zahl der Sitzungen betrug wie im vorigen Jahre 15; darunter 
10 ordentliche, eine ausserordentliche, 2 anthropologische Fachsitzungen 
und 2 prähistorische Fachsitzungen. Die letzteren wurden durch die 
Herren von Luschan und Olshausen geleitet. Die Zahl der Vorträge 
war 26. Als auswärtigen Vortragenden hatten wir die Freude, Herrn 
R. R. Schmidt aus Tübingen über seine ausgedehnten Erfahrungen auf 
dem Gebiete der westeuropäischen paläolithischen Funde sprechen zu 
hören. 

Von wissenschaftlichen Vorführungen waren vier geboten: eine Vor- 
stellung der Samoanertruppe in Castans Panoptikum mit Erläuterungen 
des Hrn. Augustin Kraemer, eine Erklärung der Funde von Cucuteni 
in der prähistorischen Abteilung des Museums für Völkerkunde durch 
Hrn. Hubert Schmidt, eine Besichtigung der Ausstellung „Nordland“, zu 
welcher die Herren Regener, Planert, Crahmer und Solberg Vor- 
träge vorbereitet hatten, und ein Vortrag in der Urania, welchen Herr 
Berndt hielt und zu welchem Herr Görke eingeladen hatte. Allen 
genannten Herren sei an dieser Stelle herzlich gedankt. Die zahlreiche 
Beteiligung an diesen Veranstaltungen hat gezeigt, dass unseren Mit- 
gliedern eine solche Ergänzung unserer Bestrebungen erwünscht ist. Zu- 
gleich hat sich aber auch eine gewisse Schwierigkeit herausgestellt, bei 
dem glücklich gestiegenen Umfang der Gesellschaft nicht nur den Mit- 
gliedern selber, sondern auch, wie ja bei derartigen Gelegenheiten ge- 
wünscht wird, auch ihren Angehörigen die Beteiligung freizustellen. 

Unser Sommerausflug nach Brandenburg und Grosswusterwitz ge- 
staltete sich besonders lehrreich durch die Besichtigung der umfangreichen 
Sammlungen der Herren Stimming, Vater und Sohn. 

An dem diesjährigen Anthropologischen Kongress, welcher mit seinem 
reichen Programm nicht weniger wie zehn Tage füllte, nahmen viele von 
uns teil. Auf dem Rassenkongress in London war die Gesellschaft durch 
Herrn von Luschan vertreten. 

Von erfolgreichem längeren Aufenthalt im Auslande sind heimgekehrt 
Herr und Frau Seler und Herr Max Schmidt, von welchen wir dem- 
nächst Vorträge erhoffen; auf Forschungsreisen abwesend sind von Mit- 
gliedern die Herren Frobenius, Speiser, Fritz Sarasin, Koch- 
Grünberg. | 

Über die Bibliothek berichtet Herr Maass, dass der Bestand an 
Büchern durch Zugang von 191 Nummern auf 11568, der an Broschüren 
durch Zugang von 251 auf 4113 gewachsen ist. Gebunden wurden von 
Büchern 158 Bände, von Broschüren (253 Stück) 74 Sammelbände, von 
Zeitschriften 91 Bände, im ganzen 323 Bände. 

In unserer Photographiensammlung ist die Stagnation unter dem 
energischen ordnenden Zugreifen ihres zurückgekehrten Verwalters einem 


Verwaltungsbericht. 983 


mächtigen Aufschwunge gewichen. Es ist darüber folgendes zu berichten: 
Die Photographiesammlung hat gegenwärtig einen Bestand von 11164 
katalogisierten Einzelbildern. Das bedeutet gegenüber dem Abschluss 
von Ende 1910 einen Zuwachs von 471 Stück. Hierbei ist jedoch zu 
berücksichtigen, dass während der Abwesenheit unseres Verwalters der 
Photographiesammlung, Herrn Neuhauss, in den Jahren 1908 bis 1910, 
die einlaufenden Bilder überhaupt nicht katalogisiert wurden, so dass sich 
der Zuwachs von 471 Blatt auf einen Zeitraum von mehr als drei Jahren 
verteilt. 

Ausserdem erhielt unsere Photographiesammlung von Herrn Neu- 
hauss als Geschenk in diesem Jahre eine Gesamtauflage seiner in Neu- 
guinea gefertigten anthropologischen und ethnographischen Aufnahmen: 
1028 Stück auf 134 Tafeln in sechs Mappen. 

Die oben erwähnte Zahl von 11164 Einzelbildern gibt übrigens keine 
annähernde Vorstellung von der Vollständigkeit unserer Sammlung, da die 
in besonderen Mappen und Bänden vereinigten Sammelwerke, wie z. B. 
dasjenige von Neuhauss, im Katalog immer nur unter einer einzigen 
Nummer geführt werden. 

Alles in allem enthält unsere Sammlung gegenwärtig rund 15 000 Auf- 
nahmen. | 

Dagegen haben die Arbeiten an der Skelettsammlung im wesentlichen 
geruht, was hauptsächlich dadurch veranlasst war, dass Frau Futterer, 
welche diesem Besitz unserer Gesellschaft ihre Tätigkeit gewidmet hatte, 
sich wieder verheiratet und Berlin verlassen hat. Doch hofft Herr 
von Luschan einen Nachfolger binnen kurzem so weit ausgebildet zu 
haben, dass er die Arbeit zu Ende führen kann. 

An dem Jagorwerk konnte stetig weiter gearbeitet werden, indem 
Herr Planert noch ausschliesslicher als früher in die Lage gesetzt wurde, 
sich mit dieser Aufgabe zu befassen. Nach seiner Mitteilung sind ausser 
den Jagorschen Abbildungen und Photogrammen (63) etwa 120 Zeich- 
nungen angefertigt worden. 175 Blatt Manuskript (Reichsformat) sind 
druckfertig. Sie beziehen sich auf MalaSer, Kader, Känikkärer, Maleiyalı, 
Wodde, Marawer, Sanar und Tiyer, Badagaru und Kötaru. Es ist noch 
zu schreiben der Schluss des Kapitels über Todaru sowie die Kapitel 
über Prähistorie, Religion und Kondh. 


(2) Der Schatzmeister, Hr. Sökeland, erstattet den statutenmiissigen 


Rechnungsbericht für das Jahr 1911. 


Einnahmen. 
Hauptkasse. 
E y aoi rn ea u a a eu, er 1318 Mk. 25 P’fg. 
LAM USZUSCIUGS” rear. ae a aan welt es ee ee ee Ea 1500 , — , 
Depotzinsen!. a & 4 2 0. wale ee E a OE ER ee wee SSS 276 , 23 , 
Mitgliederbeiträge für 1911 .........2..0.2. 80080 15429 , — , 
5 a AIO e ER eet, Er a e ve a 100 , — , 
Prähistorische Zeitschrift... 00 0 0 ee ee ew ee et te 3224 p — a 


Einnahmen zusammen . . 21 847 Mk. 50 Pfg. 


984 Rechnungsbericht. 


Maass-Stiftung. 
Bestand 2 ae ae ei un a aa Hr TEE 210 Mk. — Pig. 
Von Herrn Maass . 2. 2.2 2 2 2 2 een. a a Air ech Soch Bo, HI p 
Verkauf von Effekten ....... be We Ba hae e eg ee IS ei Se e 
Zinsen . 2... Ke Ae gë rh en ea a eh 297. W 


8 861 Mk. 35 Pf. 


Bestands ee Sear. ng se Wg ee ee Ee ee Ss 663 Mk. 01 Pte. 
` 663 Mk. 01 Pfe. 


Bestand.” 5 220 ae 8 ne AE ive we a wa a te ee Ss ee 3904 Mk. 25 Pie. 
| 5034 Mk. 20 Pre. 


Bestand. u... 2: 800 0.80 Gy Sah a RE ee, he ee A oh ge RA 31 Mk. 35 Pfr. 
Von der Hauptkasse zurück . 2 2 2 2 ee nern. | 212 0% vx 
ek E EE EENEG 525 ` — a 


1108 Mk. 97 Pte. 


Ausgaben. 
Hauptkasse. 

William Schönlank-Stiftung zurück . . 2.2. 2 2 er ee ee 212 Mk. 62 Pty. 
Ankauf von Effekten. . 2... m mr ren. 2121 , 80 . 
Mieter. test sis ica tae Ye, Gy cae Gee Gh, e a e a dë a Gs gr a 600 , 50 , 
Einläduneen e gece te 8 So a ee Baier E 339 , 10 „ 
Registern 4.2: ee ar e ee e ee er Be 100, — , 
Ports. and Fracht@tw x soi # 28.2 ce we e a ae Feen 1566 „ 0 . 
Buchbinder -e 22 Aë, A es Se ar Ke a A ea A : 41,8. 
Bureau und Schreibmaterial . . 2 2 2 2 m vr nn nen 270 , 30 „ 
Remunerationen . wu. Ee We ee a Bw N 220 » — e 

An Behrend & Co: , 

Für überzählige Bogen ... 2... 2 we ee ee ee ee e 1022 , OF , 
Ankauf von Exemplaren ...... 22 2 ren 3492 „ — p 
Abschläagszahlüng: x 2 5 Sw a 0 2 ua Bu a ua 4 es 4500 , — ,} 
Wissenschaftliche Arbeiten und Gegenstände. . . .. 2.2... 156 „ Dä - 
Prähistorische Zeitschrift... . 2 2 2.0. 0.. Behe er EE 6326 , 55 , 
Verschiedene Ausgaben . 2 snaa ee 248 , 45 , 
Bestand. 2-278. be I EE 178 , 16 „ 

21 847 Mk. 50 Pfg. 

Maass-Stiftung. : 

DEUE were Gc: eeepc E ee, ee en Ae eis tae Se ER 500 Mk. — Die, 
Ankauf von Effekten . 2. 2 2 6 0 6 eee ee ew ee 7853 , 8 , 
Bestun A <g> glee te eg Ve a ae eS A ee er E WI , 50 . 

8 861 Mk. 35 Pfg. 

Schiidel-Sammlung 

Verausingt e 4 30.0 Ed Be er Re 184 Mk. 95 Pfg. 
Bestand u u ne ne ae Re en ES Sas 478 „ 06 „ 

663 Mk. 01 Die, 

Jagor-Stiftung. 

Veruuslast si: 22 2 aa Er en er Oe EEE . 1832 Mk, 85 Pfg. 

E E ME EE EE e e ER 1701 „ 40 „ 


3534 Mk. 25 Pfe. 


Wahl des Vorstandes. 985 


William Schönlank-Stiftung. 


Für die Bibliothek verausgabt . . 2 2 2 2 2 2 e 2 2 nr en 2 en 433 Mk. 91 Pfe 
Bestand ..... Be a Er EE 615, OO, 


1108 Mk. 97 Pfg. 
Das Kapitalvermögen besteht aus: 


L den verfügbaren Beträgen 
a) Neue Berliner 3'/, prozentige Pfandbriefe . . 24600 Mk. 
b) 34, prozentige Berliner Stadtanleihe. . . . . 13600 
cl 31%, 5 5 Stadtobligationen . . 8000 

2. dem eisernen Fonds, gebildet aus den einmaligen 
Zahlungen von je 300 Mk. seitens 17 immer- 
währender Mitglieder, angelegt in 3'/, prozentigen 
Neuen Berliner Pfandbriefen. ......... 5 100 

3. der William Schönlank-Stiftung, in 3'/, prozenti- 
gen Neuen Berliner Pfandbriefen angelegt . . . 1500 , 

4. der Maass-Stiftung, angelegt in 3'/, prozentigen 
Neuen Berliner Pfandbriefen ........ 8 500 


Summa 74800 Mk. 

Der Ausschuss hat durch die beiden satzungsgemäss bestellten 
Revisoren, die Herren Friedel und Minden, die Rechnung prüfen lassen 
und ihrem Antrage entsprechend dem Vorstande in der Dezembersitzung 
Entlastung erteilt. 

Der Vorsitzende spricht dem Herrn Schatzmeister den Dank der Ge- 
sellschaft aus, ebenso den Herren Maass für die Verwaltung der Bibliothek 
und Neuhauss für die der Photographiensammlung. 


(3) Wahl des Vorstandes für das Jahr 1912. 


Hr. von den Steinen hat es aus (esundheitsrücksichten abgelehnt, 
in irgend einer Form im Vorstande zu bleiben, sei es als wiederzuwählender 
Vorsitzender, sei es als Stellvertreter. Der Vorsitzende bringt das leb- 
hafte Bedauern der Gesellschaft und seiner selbst über diesen Entschluss 
zum Ausdruck. Der Vorstand ist übereingekommen, insbesondere auch 
auf Anraten des Herrn von den Steinen, Herrn Seler an Stelle des 
letzteren als Stellvertreter in Vorschlag zu bringen. Auf Antrag des Herrn 
Magnus wird die Wahl des Vorstandes durch Zuruf vollzogen, wobei 
Hr. Seler an die Stelle des Herrn von den Steinen gesetzt und die 
übrigen Mitglieder wiedergewählt werden. 

Der Vorstand hat demnach folgende Zusamniensetzung: Vorsitzender 
Hans Virchow, Stellvertreter des Vorsitzenden Schuchhardt und Seler, 
Schriftführer von Luschan, Neuhauss, Träger, Schatzmeister 
Sökeland. 

Der Vorsitzende dankt im Namen des gesamten Vorstandes. 


(4) Hr. Hans Virchow erstattet den folgenden Bericht über den 


Stand der Rudolf Virchow-Stiftung für das Jahr 1911. 


Der Vorstand hielt eine Sitzung ab: am 12. Dezember. 
Es sei zunächst über die schwebenden Unternehmungen aus früheren 
Jahren berichtet. 


986 Rudolf Virchow-stiftung. 


1. Hr. Wiegers (s. vorjährigen Bericht S. 983) ist auch in diesem 
Jahre nicht dazu gekommen aus Riicksicht auf seine Gesundheit, die 
Untersuchungen über die diluvialen Fundstätten des Menschen, fiir welche 
ihm 1000 M gezahlt waren, auszuführen. Da inzwischen die gleiche Auf- 
gabe in erfolgreicher Weise durch R. R. Schmidt in Arbeit genommen 
ist und ein ausführliches Buch des letzteren in Aussicht steht, so hält es 
Hr. W. für förderlicher, sich einer anderen sehr dringenden Aufgabe zu- 
zuwenden, nämlich der geologischen Untersuchung der Hauserschen 
Fundplatze in der Dordogne. Der Vorstand hat sich mit dieser Änderung 
der Aufgabe einverstanden erklärt. 

2. Hr. Hubert Schmidt hatte bereits im vorigeu Jahre seine er- 
folgreiche Grabung in Cucuteni abgeschlossen (s. vorjährigen Bericht S.983). 
Inzwischen sind die von dort zu uns gelangten Funde gesichtet und ge- 
säubert und aus den Scherben eine Anzahl höchst ansehnlicher und 
wichtiger Gefässe zusammengesetzt worden. Diese, mit anderen Fund- 
objekten zu einer wertvollen Sammlung vereinigt, wurden als Geschenk 
seitens der Stiftung an das Museum für Völkerkunde übergeben. Herr 
Schmidt hat in der Junisitzung über seine Ergebnisse berichtet (s. S. 582). 
Die Absicht des geschickten Bodenforschers, auch in Macedonien Nach- 
forschungen anzustellen, wovon schon im vorjährigen Bericht gesprochen 
wurde, liess sich zunächst schon deswegen nicht ausführen, weil derselbe 
eine ernstlichere Erkrankung durchmachte, von welcher er glücklicher- 
weise vullkommen wiederhergestellt ist. Inzwischen war die bereits er- 
wirkte Erlaubnis zu einer Ausgrabung verfallen. Dieselbe von neuem 
nachzusuchen schien zurzeit nicht ratsam im Hinblick auf die augenblick- 
lichen politischen Zustände in jener Gegend. Herr S. hatte nach Aus- 
weis seiner genau geführten Rechnungen von der ihm zur Verfügung ge- 
stellten Summe noch 1432,03 M übrig behalten. Hiervon sind im Laufe 
dieses Jahres für photographische Aufnahmen und Zeichnungen 538,85 Æ 
mit Bewilligung des Vorstandes verausgabt worden. Der Rest von 893,18 Æ 
wurde in den Händen des Herrn Schmidt belassen, um gegebenenfalls 
bei einer nächstjährigen Unternehmung Verwendung zu finden, welche ge- 
eignet wäre, um über den durch die früheren Untersuchungen erschlossenen 
Formenkreis weiteres Licht zu verbreiten. 

3. Über Herrn Hantzsch war im vorigen Jahre berichtet worden, 
dass er am 26. September 1909 Schiffbruch erlitten und dabei fast seine 
ganze Ausrüstung verloren hatte (s. vorjährigen Bericht S. 984). Er hatte 
dann den Winter 1909 auf 1910 als Gast des Missionars Greenshield in 
Blacklead Island am Cumberland Golf in Baffins Land zugebracht, hat 
sich aber durch den Verlust seiner Hilfsmittel nicht abhalten lassen, seine 
Pläne weiter zu verfolgen. Er ist am 23. April 1910 ins Innere auf- 
gebrochen in Begleitung von elf Eskimos, von denen allerdings vier 
Kinder waren, das jüngste !/, Jahr alt. Das Reisen in dieser Form, im 
Anschluss an Familien, ist das billigste. Es mussten drei sehr schwere 
Schlitten mitgeführt werden, je einer für ein schweres Boot, für die Vor- 
räte und für die Kinder und Ausrüstung. Hierzu waren gegen 30 Hunde 
nötig. Mehrere Berichte des Reisenden sind in der Sonntagsbeilage des 


Rudolf Virchow-Stiftung. 987 


Dresdener Anzeigers erschienen, der letzte in der Nummer vom 8. Ok- 
tober 1911; er ist datiert vom 10. August 1910 und geschrieben in 
Tikkerakdjuk, einem Platze am Netschilling oder Kennedysee. Hierin 
wird berichtet, dass die Reisenden anfangs sehr durch Neuschnee, dann 
durch die Schneeschmelze zu leiden hatten, dass dann im Hochsommer 
die Wärme lästig und die Moskitoplage unerhört war. H spricht aber 
befriedigt von den empfangenen Eindrücken, insbesondere der Tierwelt. 
Seine Absicht ging dahin, mit zwei der ihn begleitenden Eskimofamilien 
bzw. neun Personen weiter nach Westen zu ziehen und am Foxkkanal 
den Winter von 1910 auf 1911 zuzubringen. 

4. Das Buch des Herrn Sergio Sergi über die aus dem Nachlass 
von Rudolf Virchow stammenden abessinischen Schädel, zu dessen 
Herausgabe die Stiftung beigetragen hat, ist noch nicht erschienen (s. vor- 
jährigen Bericht S. 984.) | 

5. Das gleiche gilt von dem Buche des Herrn Maximilian Mayer 
über süditalische Altertümer (s. vorjährigen Bericht S. 984). 

6. Hr. Carthaus hat seinen Berichten über die Ausgrabung in der 
Veledahöhle, welche bis zum Schlusse des vorigen Jahres vorlagen (s. vor- 
jährigen Bericht S. 984), das Fundverzeichnis und Skizzen der Topographie 
der Höhle folgen lassen. Daraufhin wurde ihm die Summe von 100 Æ 
zur Begleichung eines Kostenrestes gezahlt. Hr. Carthaus hat alsdann 
über die Ergebnisse seiner Ausgrabung in der Sitzung vom 29. April 
einen Vortrag gehalten (s. S. 315), welcher in der prähistorischen Zeit- 
schrift (s. dort III. Bd. S. 132 bis 144) erschienen ist. Daselbst sind 
auch die am meisten charakteristischen Fundstücke auf einer Tafel ab- 
gebildet. Die Scherben, welche im vorjährigen Bericht als römische be- 
zeichnet wurden, sind nach dem Urteile des Herrn Dragendorff karo- 
lingisch bzw. merovingisch. — Der Mavistrat der Stadt Dortmund hat auf 
Antrag des Direktors des Städtischen Kunst- und Gewerbe-Museums, des 
Herrn Baum, durch Schreiben vom 16. Februar darum gebeten. dass die 
Funde aus der Höhle dem genannten Museum überwiesen werden. Der 
Vorstand hat dementsprechend beschlossen. Hr. Carthaus ist mit der 
Überweisung einverstanden. 

7. Hr. Kluge hat seine Absicht, die Lazische Sprache grammatika- 
Iech aufzunehmen (s. vorjährigen Bericht S. 985), erreicht. Seine Arbeit 
wird demnächst in den Abhandlungen der „Göttinger gelehrten Gesell- 
schaft“ gedruckt werden, und ausserdem wird eine russische Übersetzung 
in der Sammlung von „Materialien zur Kenntnis der Sprachen und 
Stämme .. .“ erscheinen. 

8. Herr Köhl hat über seine Grabungen auf neolithischen Wohn- 
plätzen in der Pfalz (s. vorjährigen Bericht S. 985) in Nr. 9 bis 10 des 
Korrespondenzblattes des Gesamtvereins der deutschen Geschichts- und 
Altertumsvereine für 1911 (S. 401 bis 406) berichtet und kurze briefliche 
Angaben folgen lassen. Es ist ihm jetzt in 43 Fällen gelungen, Über- 
schneidungen von Wohngruben mit verschiedenen keramischen Stilen zu 
finden, auf Grund wovon die Reihenfolge der vier bandkeramischen 
Perioden ganz sicher festgestellt ist; und zwar folgen einander als älteste 


YRS Rudolf Virchow-Stiftung. 


die Hinkelsteinperiode, dann Réssener, dann Grossgartacher und zuletzt 
Spiral-Mäanderkeramik. — Herr Köhl hat versprochen, nach Abschluss 
der Grabungen eine Auswahl von Scherben der verschiedenen Perioden 
sowie Photos zur Verfügung zu stellen. 

9. Von dem Reisewerk des Herrn Neuhauss sind zum Jahresschluss 
der erste und zweite Band erschienen, nachdenı der dritte, welcher Be- 
richte von Missionaren enthielt, schon früher herausgekommen war. Von 
den beiden Bänden enthält der erste 34 Kapitel Text, zwei Nachträge und 
einen Anhang sowie 334 Abbildungen und eine Karte; der zweite ist mit 
764 Abbildungen und gleichfalls einer Karte ein grundlegender Völker- 
typenatlas von Deutsch-Neuguinea. Nach Vollendung des Werkes ist ver- 
sprochenermassen ein zweites Mal die Summe von 3500 Æ an die Verlags- 
handlung gezahlt worden. 

10. Hr. R. R. Schmidt hat seine Studienreise zum Besuche von 
Museen und paläolithischen Fundplätzen beendigt (s. vorjährigen Bericht 
S. 986). Er hat darüber in der Novembersitzung berichtet (s. S. 945). 
Hr. Schmidt hat der Stiftung als Entgelt eine wertvolle Sammlung von 
150 paläolitlischen Steingeräten auf neun Kartons von verschiedenen 
Fundorten aus Frankreich, Belgien und England überwiesen, welche von 
dieser als Geschenk an die prähistorische Abteilung des Museums für 
Völkerkunde abgegeben worden ist. — Eine wichtige Folge dieser Reise 
ist es, dass Hr. Schmidt zusammen mit Herrn Marcel de Puydt in 
Lüttich eine Neubearbeitung des Geräteinventars von Spy in Angriff ge- 
nommen hat. — Herr S. ist auch in der glücklichen Lage gewesen, sich 
an der Entdeckung einer neuen Höhle mit Tierzeichnungen und an einer 
Grabung in Nordspanien beteiligen zu können. Die Veröffentlichungen 
über diese Originalarbeiten werden an anderen Orten erfolgen. 


Neue Bewilligungen. 


l. An Herrn Dr. Theodor Kluge wurden weitere 700 A gezalılt, 
diesmal zum Studium der Mingrelischen Sprache. 

2, An Herrn Rob. Rud. Schmidt wurden weitere 2000 M gezahlt, 
um sein Programm, eine umfassende Übersicht über die paläolithischen 
Funde und Fundplätze zu gewinnen, vervollständigen zu können. Seine 
Reiseziele liegen diesmal im Osten. 

3. Herrn Wilh. Müller wurden 5000 æ bewilligt zur Unterstützung 
einer Reise nach dem Osten des Malaiischen Archipels. Die Reise selbst 
geschieht im Auftrage der Generalverwaltung der Königlichen Museen und 
hat den Zweck, die Sammlungen des Museums für Völkerkunde zu ver- 
vollständigen. Die von der Stiftung gewährte Unterstützung aber soll dem 
Reisenden Gelegenheit bieten zu längerem Aufenthalt an solchen Stellen, 
welche für sprachliche, soziale, religiöse usw. Fragen geeignet sind. 
Etwaiges anthropologisches Material hat Hr. Müller zugesagt der Stiftung 
auszuliefern. 

Da die Einnahmen aus Zinsen bis zum 31. Dezember 11 103,65 A 
betragen werden, und da vom vorigen Jahre her ein Überschuss von 
1339,50 M vorhanden’ war, so hätten 12443,15 Æ zur Verfügung ge- 


Rudolf Virchow-Stiftuny. 


989 


standen. Hiervon wurden gezahlt gemäss früheren Zusicherungen 100 Æ an 
Herrn Carthaus und 3500 Æ an den Verleger des Herrn Neuhauss; gemäss 


neuen Bewilligungen 700 # an Herrn Kluge, 


2000 Æ an Herrn Schmidt 


und 5000 & an Herrn Müller, zusammen 11300 A. Es verbleibt mithin 
ein Rest von 1143,15 Æ. Doch ist in Betracht zu nehmen, dass an Herrn 
Sergi und Herrn Mayer die oben erwähnten Zusicherungen gemacht sind, 
für deren Einhaltung eine bare Summe zur Verfügung stehen muss. 


Jahresrechnung der Rudolf Virchow-Stiftung für das Jahr 1911. 


Effektenbestand. 
Ende 1910 besass die Stiftung: 
a) in das Staatsschuldbuch eingetragen: 


3 proz. Preussische Konsols ...... . 111 500,— Mk. 
31/, proz. 5 REN 112 30, — 
b) in das Reichsschuldbuch eingetragen: 
3proz. Deutsche Reichsanleihe ...... EE 
c) bei der Reichsbank deponiert: 
3'/, proz. Berliner Stadtanleihe. ..... 3 000,— Mk 
4 proz. TERRE 4 000, — , 
31, proz. Westfälische EE , « (IR , 
4 proz. x is : 1000.— , 
d) bei Delbriick, Schickler & Co, deponiert: 
4 proz. Westfälische Provinzanleihe ........2.. 
An dem Bestande von ........ ae ae ee eee 
hat sich im Jahre 1911 nichts geändert. 
Von diesen Effekten sind am 31. Dezember 1911: 
L in das Staatsschuldbuch eingetragen: 
auf Konto (3 pCt.) V.795: 3 proz. Preussische 
Konsols .... . Èi Ss e eS e e e, 111 500,— Mk. 
auf Konto (3'/, pCt.) V. 3510: 31/, proz. 
Preussische Konsols . .. . . 5.3, 4 112330,— ,, 


2. in das Reichsschuldbuch eingetragen: 

auf Konto (3 pCt.) V.520: 3 proz. Deutsche Reichsanleihe 
3. bei der Reichsbank deponiert: 

lt. Depotschein 1035934: 31/, proz. Berliner 


Stadtanleihe . . 402 er ENN 2 we wes 4000,— Mk. 
lt. Depotschein 13359355: 34/, proz. Berliner 

Stadtanleihe ..... ae Se Gee ar 1000,,— , 
It. Depotschein 1576602: 4 proz. Berliner 

Stadtanleihe ........ 4000,— , 
It. Depotschein 1035936: Mis proz. W Gt 

fülische Provinzialanleihe. . . . . GO00— , 
lt. Depotschein 1369362: Ə3!/; proz. W est- 

fälische Provinzialanleihe . . .. ha’ 53000, — , 
lt. Depotschein 1372440: "Hl proz. West- 

fälische Provinzialanleihe. ...... 9000, — , 
It. Depotschein 1445414: 4 proz. West- 

fälische Provinzialanleihe. . . 2... -. 1W,— „ 


4. bei Delbrück, Schickler & Co. deponiert (nach einem Be- 


schluss des Vorstandes als Spezialreservefonds für eine 
grössere Unternehmung ausgeschieden): 
4 proz. Westfälische Provinzialanleihe It. Depotverzeichnis 


vom 931. Dezember 1911 


zusammen . 


223 850.— Mk. 


21200,— , 
83000, — , 
DW.— 


333 050,— Mk. 


SI. 


IOWA y | 
od 090,— Mk. 


940 Rudolf Virchow-Stiftung. 


Das Barguthaben der Stiftung bei dem Bankhause Delbrück, 
` Schickler & Co. betrug ausweislich des Rechnungsauszuges vom 


31. Dezember 1910. . . sses asese. ee ee Arte 1339,50 Mk. 
und beträgt am 31. Dezember 1911 . .. 2 22220200. 1 170,30 , 


Im Rechnungsjahre 1911 waren folgende 


Einnahmen 
zu verzeichnen: 
a) an Zinsen: 

1. von den bei der Reichsbank bzw. Delbrück, 
Schickler & Co. deponierten und in das Staats- 
bzw. Reichsschuldbuch eingetragenen Effekten 
(2./1., 18./3., 20./3., 20./6., 27./6., 10.9., 20./9., 


19212: Wee a o a ee «e e . 10998,25 Mk. 
d. von Delbrück, Schickler & Co. in laufender 
Rechnung 9 3-2 e EN esee A 135,94 „ 11 134,19 Mk. 
Den stehen gegenüber folgende 
Ausgaben: 
a) Für Stiftungszwecke: 
1. Zahlung an Dr. Carthaus ........ 100,— Mk. 
2, š „ Professor Neuhauss. .... i 3 500, — , 
3. us & DE Schmidt: sei 8:4 2,5% 200,— p» 
4. = eg Dr Klüp 523 Se 8.228 2 TOL , 
A = „ Dr. Müller ....... ee 9000,— , 11 300,— Mk. 
b) Allgemeine Ausgaben: 
Porti und Spesen an Delbriick, Schickler & Co. 
(306; m 3I ea i ae Rela Beet aes 3,39, 
11 303,59 Mk. 
Barguthaben am 31. Dezember 1910 ......... 1 339,50 Mk. 
Einnahmen im Rechnungsjahr 1911 ......... 11 134,19 „ 
12 473,69 Mk. 
Ausgaben im Rechnungsjahr 1911 .......... 11 303.39 „ 


Barguthaben der Stiftung am 31. Dezember 1911 .. 1 170,30 Mk. 


Das Gesamtvermögen der Stiftung 
besteht demnach am 31. Dezember 1911: 
a) aus Effekten im Nominalbetrage von... . 353000,— Mk. 
b) aus dem Barguthaben bei Delbrück, Schickler 
RIED: 6 ee E ee NS genee SC 1170,30 , 


Der derzeitige Effektenbestand der Stiftung im Gesamtbetrage von nom. 

599 050,— Mk. wird für das Jahr 1912 einen Zinsbetrag von zusammen 11 043,25 Mk. 
ergeben, und zwar: 

111 500 Mk. 3 proz. Preussische Konsols ergeben Zinsen 3 340,— Mk. 


112300 „ 8Y: proz. e s e e 3332,20 . 
21200 „ 38proz Deutsche Reichsanleihe , e 636,—- x 
5000 „ 3; proz. Berliner Stadtanleihe ` o Uh - 
4 000 D 4 r mn n n r 160.— . 
13000 , D! proz. Westfäl. Prov.-Anleihe „ a 2 555, - 
GOW. t proz. 2 S o e 210,— > 
zusammen 333050 Mk. ergeben Zinsen 11 048,25 Mk. 


Berlin, den 31. Dezember 1911. 
Ludwig Delbriick. 


Rudolf Virchow-Plaketten-Stiftung. 991 


(5) Der Vorsitzende macht die nachfolgende Mitteilung über die 
Rudolf- Virchow-Plaketten-Stiftung. 


Ich habe der Gesellschaft Mitteilung zu machen von einer Schenkung. 
Was in den Worten des vorjährigen Herrn Vorsitzenden verheissungsvoll 
angekündigt war: „Herr Georg Minden hat sich bereit gefunden, der 
Gesellschaft eine alljährlich zu verleihende Rudolf-Virchow-Plakette zu 
stiften, und seine kunstsinnige Gattin will es sich besonders angelegen 
sein lassen, für die reizvolle und edle Ausgestaltung der Plakette Sorge 
zu tragen“ — was in diesen Worten ausgesprochen war, ist der Erfüllung 
entgegengereift, ja ist bis auf eine zu erledigende Formalität schon Wirk- 
lichkeit. Die Plakette steht vor uns, und nachdem sie vollendet war, hat 
Herr Minden die Stiftungsurkunde entworfen, welche ich verlese: 

„In dem Wunsche, die der Berliner Gesellschaft für Anthropologie, 
Ethnologie und Urgeschichte zur Verfügung stehenden Auszeichnungen 
(Ehrenmitgliedschaft, Goldene Medaille und korrespondierende Mitglied- 
schaft), durch welche die Genannte die in ihren Wirkungskreis fallenden 
Verdienste belohnen kann, zu vermehren, stelle ich die Mittel für die 
Verleihung einer bronzenen Plakette zur Verfügung, welche der Er- 
innerung an Rudolf Virchow, den verewigten Ehrenpräsidenten der 
Gesellschaft dienen soll. 

Hierzu bestimme ich die Summe von 7000 (siebentausend) M und 
bitte die Gesellschaft, diese Summe als Schenkung anzunehmen und die 
Landesherrliche Genehmigung zur Annahme herbeizuführen. 

Die Stiftung soll den Namen führen: Rudolf-Virchow-Plaketten- 
Stiftung der Berliner Gesellschaft für Anthropologie, Ethnologie und Ur- 
geschichte. | 

Ich treffe hierfür folgende Bestimmungen: 


§ 1. 

Das Vermögen der Stiftung wird von dem Vorstand der Berliner Ge- 
sellschaft fiir Anthropologie, Ethnologie und Urgeschichte gesondert ver- 
waltet. Über die Verwaltung wird der Gesellschaft alljährlich Rechnung 
erstattet. 

§ 2. 

Aus dem Kapital werden die Kosten fiir die Herstellung einer bron- 
zenen Plakette bestritten, welche nach den vom Stifter in Uberein- 
stimmung mit dem Gesellschaftsvorstande getroffenen Angaben von dem 
Bildhauer Professor Hugo Kaufmann zu Westend hergestellt worden 
ist. Ebenso wird aus dem Kapital der für die Herstellung des Guss- 
modells und der ersten zehn zu Verleihungen bestimmten Abgüsse nötige 
Betrag entnommen; der Rest wird in miindelsicheren Papieren zinsbar 
angelegt. Die Zinsen werden aufgespart, um für den Guss der später 
nötig werdenden Abgüsse verwendet zu werden. 


§ 3. 
Die Plakette wird verliehen als Anerkennung hervorragender 
Leistungen auf einem der von der Gesellschaft gepflegten oder auf einem 


99? Rudolf Virchow-Plaketten-Stiftung,. 


verwandten wissenschaftlichen Gebiete oder fiir bedeutende Verdienste 
um die Gesellschaft selbst. Sie soll in der Regel alljahrlich zur Ver- 
teilung gelangen mit Ausnahme derjenigen Jahre, in denen die Verleihung 
der goldenen Medaille stattfindet, also in drei Jahren zweimal. Falls 
jedoch in einem Jahre eine Veranlassung zur Auszeichnung nicht vor- 
liegt, fliessen die ersparten Zinsen dem Stiftungskapitale zu. 


§ 4. 

Uber die Verleihung der Plakette entscheiden Vorstand und Ausschuss 
der Gesellschaft in gemeinschaftlicher Sitzung; das Ergebnis ist in einer 
der drei auf den Geburtstag Rudolf Virchows folgenden Sitzungen der 
Gesellschaft zu verkünden. 

Der Stifter behält sich auf Lebenszeit das Recht vor, bei der Ab- 
stimmung über die Verleihung mitzustimmen, auch wenn er den beiden 
vorgenannten Kollegien nicht angehören sollte. 


§ 5. 

Erweiterungen und Anderungen dieser Bestimmungen dirfen nur 
nach Massgabe des § 40 der Satzungen der Berliner Gesellschaft fir 
Anthropologie, Ethnologie und Urgeschichte vom 19. April 1889 vor- 
genommen werden. Ausserdem ist bei Lebzeiten des Stifters dessen Zu- 
stimmung erforderlich. 

§ 6. 

Ausser den zur Verleihung gemäss $ 4 bestimmten Abgüssen der 
Plakette dürfen Abgüsse nur mit besonderer Genehmigung des Vorstandes 
und Ausschusses zur Vervollständigung wissenschaftlicher oder künstle- 
rischer Sammlungen oder zu ähnlichen Zwecken angefertigt werden. 

Berlin, 6. November 1911. 

Dr. jur. Georg Minden, 
Direktor des Berliner Pfandbriefamtes.“ 


Der Vorstand hat gern im Namen der Gesellschaft diese Schenkung 
angenommen. Er ist sich dessen wohl bewusst, dass die Arbeiten für 
unsere Gesellschaft nicht um der Belohnung willen getan werden, aber 
er glaubt auch, dass es der Gesellschaft erwünscht sein muss, ihre Achtung 
und Bewunderung für hingebende Arbeit auf dem Gebiete der Wissen- 
schaft und des Gesellschaftslebens durch sichtbare Zeichen kenntlich zu 
machen, und dass es auch für die auf solche Weise Geehrten eine Freude 
sein wird, sich anerkannt zu sehen. 

In den Worten des Herrn von den Steinen ist schon ausgesprochen, 
dass die Arbeit nach der Absicht der Stifter eine edle und künstlerische 
sein sollte, und diesem Ziel haben sie mit Besonnenheit nachgestrebt, in- 
dem sie einen Künstler in Anspruch nahmen, der seiner Technik voll- 
kommen Meister und doch dabei bereit war, die Rechte des seiner 
Obhut anvertrauten Objekts, d. h. der darzustellenden Persönlichkeit, voll 
zu achten und sie nicht zum Tummelplatze technischer Launen zu ent- 
würdigen, und indem sie Berater zuzogen, welche das Porträt begutachten 
sollten. Dies waren die Herren vom Vorstande unserer Gesellschaft. Es 


Sitzung vom 16. Dezember. 993 


zeigte sich, dass in ihrem Gedächtnis die Züge dessen, den sie so oft als 
Vorsitzenden vor sich gesehen hatten, so fest hafteten, dass sie guten Rat 
geben konnten; und indem der Künstler mit bewunderungswürdig leichter 
Hand ihre Armen verwertete und durchprobierte und sie mit den 
künstlerischen Notwendigkeiten verschmolz, entstand das, was den Ab- 
sichten der Stifter entsprach, ein künstlerisch edles Werk, und zugleich 
ein gutes Porträt der Persönlichkeit. 

So dürfen wir nicht nur Herrn und Frau Minden danken, sondern 
auch dem Künstler. Es ist Herr Professor Hugo Kaufmann, den wir 
heute als Gast unter uns sehen. 

Die Plakette, deren Rückseite eine allegorische Figur einnimmt, ist 
in einem Rahmen drehbar, und dieser Rahmen ruht auf einem Fuss, in 
welchem ein archäologisches Objekt zwar stilisiert, aber doch in engem 
Anschluss an die Vorlage verwendet ist, nämlich ein Hallstattgefäss von 
Gemeinlebarn in Niederösterreich (vgl. Hörnes, Urgeschichte der bilden- 
den Kunst Taf. 19). 


(6) Neue Mitglieder: 

Bibliothek der Kunsthistorischen Sammlungen in Wien, 
Hr. Apollinar-Maria in Bogotà, 

Hr. Professor Ludwig Darmstaedter in Berlin, 

Hr. Professor Rothmann, Berlin, 

Hr. Gerichtsassessor Teetzmann in Zeitz, 


Hr. Anastas Tschilingiroff, Kustos am National-Museum in 
Sofia. 


(7) Am Mittwoch hat auf Einladung unseres Mitgliedes Hrn. Franz 
Görke, des Direktors der Urania, in diesem Institut für Mitglieder unserer 
Gesellschaft eine Vorführung von Lichtbildern und kinematographischen 
Originalaufnahmen stattgefunden, wozu Herr Dr. Wilh. Berndt einen 
Vortrag hielt über: Geheimnisse der belebten Natur in lebenden Bildern. 
Beiden Herren sei hiermit herzlich gedankt. 


(8) An Herrn von den Steinen ist aus Salatu eìn Brief des Herrn 
Leo Frobenius vom Juli 1911 gelangt, worin dieser die bestimmte Er- 
wartung ausspricht, dass es ihm gelingen werde, in einem bisher unzu- 
gänglichen Hochtal im Nordkameruner Gebirge alte Kulturelemente von 
entscheidender Bedeutung aufzufinden. 


(9) Von unserem Mitgliede Herrn Dr. Bleyer in Santa Catharina 
(Brasilien) sind für die Gesellschaft sieben Photos eingegangen. Derselbe 
stellt in einem an Herrn von den Steinen gerichteten Schreiben vom 
11. Dezember v. J. einen Reisebrief in Aussicht, welcher 40 Quartseiten 
umfassen, von zahlreichen Photos und Aquarellen begleitet sein und 
folgenden Titel führen soll: „Über die Ureinwohner Santa Catharinas und 
der Zona contestada Santa Catharina Parana zwischen den Flüssen 
_ Yguassu und Uruguäy“. Die in ihm besprochenen Ergebnisse sollen sein: 
Zeitschrift für Ethnologie. Jahrg. 1911. Heft 6. Ot 


994 Harbort: 


„Entdeckung von Skeletteilen des Vormenschen in Grotten; Auffinden 
von Resten kannibalischer Mahlzeiten sowie sonstiger Knochenreste der 
Ureinwohner, verschiedenen Perioden angehörend, selbst der neuesten 
Zeit, im oberen Quellgebiete des Pelotas-Uruguay; die Totenstätte der 
ausgerotteten Campindianer unterhalb des Wasserfalles bei ,Bom Jardim‘; 
aus der Küstenregion Sambaquireste. Leider ist der Bericht nicht ein- 
getroffen, da Herr B. zu sehr durch Praxis in Anspruch genommen ist, 
doch geben fünf der übersendeten Photos von einer dieser Höhlen und 
den in ihr gefundenen Knochen Kunde. Die beiden noch übrigen Photos 
zeigen einen 12- bis l4 jährigen Knaben aus dem Stamm der Schokleng, 
einem der Stämme von Santa Catharina. 


(10) Herr Dr. Simoens da Silva in Rio de Janeiro, Vizepräsident 
der dortigen geographischen Gesellschaft, welcher unserer Gesellschaft als 
Mitglied beizutreten wünscht, übersendet einige brasilianische Zeitungen, 
in welchen er über seine Reise zur Teilnahme an dem Amerikanisten- 
kongress in Buenos-Ayres berichtet. 


(11) Herr Vix bittet, darauf aufmerksam zu machen, dass seine 
Figur 7 auf S. 511 verkehrt gedruckt sei, so dass die Zeichnungen auf 
dem Kopfe stehen. 


(12) Hr. Dr. Erich Harbort (Berlin) spricht als Gast vor der Tages- 
ordnung über: 


Ein menschliches Skelett aus dem Kalktufflager von Walbeck 
in Braunschweig. 


Fossile Knochenreste von Homo sapiens sind bereits früher von 
Barth’) aus dem Kalktufflager von Walbeck und von Griepenkerl’) 
und Wollemann?) aus dem Kalktufflager von Königslutter in Braun- 
schweig erwähnt. In beiden Fällen handelt es sich um Schädelfragmente. 
Im Kalktufflager von Königslutter wurde auch ein bearbeitetes Feuer- 
steinstück nach Wollemann gefunden. 

Am 10. Juli d. J. teilte mir nun Herr Bergwerksdirektor 
Schwarzenauer in Helmstedt mit, dass im Kalktufflager von Walbeck 
von Herrn Ziegeleibesitzer Würzberg ein ziemlich vollständiges mensch- 
liches Skelett gefunden sei. Da die Kalktufflager in Braunschweig zum 
Teil bis in das Diluvium hinabreichen und z. B. in den untersten 
Schichten des Kalktufflagers von Königslutter ein Zalın vom Rhinozeros 
gefunden ist, aus dem Kalktufflager des Fallsteins aber zahlreichere 
diluviale Säugerreste beschrieben wurden, so schien es nicht unmöglich, 
dass es sich um einen wichtigen Fund handelte. Ich reiste daher noch 


1) Barth, Zeitschr. f. Naturw. Halle 1892, Bd. 65 S. 130. 

2) Griepenkerl, Das Kalktufflager von Königslutter. Sitzungsber. d. Ver. f. 
Naturw. in Braunschweig 1877. | 

5) A, Wollemann, Die Fossilien der Kalktuffe des Elm und Lappwaldes. 
Ebenda 1905—1907 S. 53-57. | 


Menschliches Skelett von Walbeck. 995 


am gleichen Tage nach Walbeck, um mit Herrn Direktor Schwarzenauer 
die Fundstätte zu untersuchen, dem ich hier für seine freundliche Unter- 
stützung verbindlichsten Dank sage. 

Das relativ vollständig erhaltene Skelett befand sich, wie das bei 
derartigen Funden leider meistens der Fall ist, nicht mehr an Ort und 
Stelle, sondern es waren die Kalktuffstücke, welche die Knochen ent- 
hielten, herausgebrochen, aber von Herrn Ziegeleibesitzer Würzberg ir 
dankenswerter Weise aufgesammelt und der geologischen Landesanstalt 
bereitwilligst zur Verfügung gestellt. 

Das Skelett wurde in 1m Teufe freigelegt, und zwar in der NO.- 
Ecke der Kalktuffbrüche, 540 m NO. der Kirchenruine Walbeck und 215 m 
SSW. der Windmühle am Triftberge. Die Mächtigkeit des Kalktufflagers 
beträgt an dieser Stelle 2,5 m, die obere, etwa 40 cm mächtige Schicht 
besitzt eine humose Verwitterungsrinde. 

Das Kalktufflager verdankt seine Entstehung Quellen, welche an der 
Grenze von unterem Muschelkalk gegen Rhöt entspringen. Die Lagerungs- 
verhältnisse erläutert das nebenstehende Profil nach den geologischen 


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Profil des Kalktufflagers von Walbeck. 
Nach den geologischen Aufnahmen von Th. Schmierer 1910. 


Aufnahmen von Herrn Dr. Schmierer. Die Mächtigkeit des Kalktuff- 
lagers beträgt nur 2 bis 4m. Die unteren Lagen bestehen nach Wolle- 
mann aus festeren Bänken, während der Kalk nach oben krümelig und 
körniger wird. Wollemann führt ausser den schon erwähnten Schädel- 
knochen vom Menschen folgende Säugerarten an: 
Ursus arctus L. 
Cervus elaphus L. 
» Capreolus L. 
Bos cf. priscus Bojan. 
Capra hircus L. 
Equus caballus L. 
Ausserdem erwähnt er 40 Gastropoden, ein Pisidium und Pflanzenreste. 
Die gesamte Fauna, welche bis jetzt aus dem Kalktufflager von 
Walbeck bekannt ist, weist auf ein alluviales Alter der Ablagerungen hin. 
Was nun den Fund selbst anlangt, so war leider nicht mehr mit 
Sicherheit festzustellen, ob er sich an primärer Lagerstätte befand. 
Nach den Angaben der Arbeiter war der Kalk an der Fundstelle lockerer 
als in der Umgebung. Die Arbeiter wurden darüber befragt, ob sie den 
Eindruck gehabt hätten, dass der alte Abstich der Grabwände noch deut- 
b4* 


996 d Harbort: 


lich zu erkennen gewesen wäre. Ich erhielt die Antwort: „Na natürlich, 
wenn der Kerl da beigebuddelt ist, muss doch auch ein Loch dagewesen 
sein.“ Mit diesen Aussagen ist nicht viel anzufangen, da es naturgemäss 
für den Ideenkreis des Steinbrucharbeiters nur die eine Möglichkeit gibt, 
dass es sich um eine reguläre Begräbnisstätte handelt und die Angaben 
leider nieht mehr zu kontrollieren waren. 

Für die Annahme, dass sich das Skelett auf primärer Lagerstatte 
befand, sprechen indes doch wohl folgende Anhaltspunkte. Die Erhaltung 
der Knochenreste entspricht der aus Kalktufflagern bekannten. Der Kalk- 
tuff hat die einzelnen auffällig leichten Knochen vollständig inkrustiert 
und ist vielfach auch sekundär in die Röhrenknochen eingewandert. Um eine 
normale Begräbnisstätte scheint es sich nicht zu handeln, da weder Sarg- 
teile noch Beigaben zusammen mit den Knochen gefunden wurden. Man 
könnte also allenfalls vermuten, dass es sich um eine ermordete und 
hier verscharrte Person handelt. 

Ein anderer Anhaltspunkt für die primäre Lagerung des Skelettes ist 
aber wohl die Beobachtung, dass sich in den liegenden Schichten des 
Kalktufflagers weithin eine Schicht verfolgen lässt, die von Holzkohle- 
resten erfüllt ist und darauf hindeutet, dass zur Zeit der Ablagerung dieser 
Kalktuffschichten menschliche Kulturstätten in der Nähe des Quellgebietes 
vorhanden gewesen sein müssen. Man könnte ja auch hier einwenden, 
dass ein Waldbrand die Holzkohlereste geliefert hätte, indes liegt die 
erstere Vermutung wohl näher. 

Vom geologischen Standpunkt aus lässt sich unter diesen Umständen 
nur sagen, dass sich das Skelett anscheinend auf primärer, alluvialer 
Lagerstitte befand, obwohl die Möglichkeit nicht ausgeschlossen werden 
kann, dass es sekundär in das Kalktufflager gelangte und der vielleicht 
zur Eindeckung verwendete Kalktuff unter dem Einfluss der Tagewässer 
wieder so stark zusammengesintert ist, dass er äusserlich den Eindruck 
eines primären Gesteines macht. 

Was nun das Skelett selbst anlangt, so zeigt es keinerlei auffällige 
Merkmale, die auf ein höheres geologisches Alter schliessen lassen. Der 
Schädel ist zierlich gebaut, dolichocephal und hochgewölbt. Kiefer und 
Augenbögen zeigen nichts Abnormes. Die Zähne sind stark abgekaut. 
Von sonstigen Skeletteilen liegen vor der grössere Teil der Extre- 
mitätenknochen, ein Teil der Wirbelsäule, des Beckens und Fragmente 
von Rippen. Wenn nun auch dieser Fund vom geologisch-paläontologischen 
Standpunkt aus zunächst wenig Interessantes zu bieten scheint, so bat 
mich gleichwohl Herr Geheimrat Virchow den Fund doch zu registrieren. 
Einerseits könnte er für die Folgezeit zum Vergleich wichtig werden, 
falls andere Exemplare einwandfrei auf primärer Lagerstätte, vielleicht 
zusammen mit Artefakten im Kalktuff von Walbeck gefunden werden. 

‘Andererseits aber möchte ich die Herren Anthropologen und Lokal- 
sammler auf die holzkohlenführenden Schichten aufmerksam gemacht 
haben, die hier doch wohl im Zusammenhang stehen dürften mit den bis 
jetzt mehrfach aufgefundenen Knochenresten vom Menschen. Es würde 
also nicht unwahrscheinlich sein, dass wir in diesen Kalktufflagern zum 


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Menschliches Skelett von Walbeck. 


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(Oberansicht.) 


Menschliche Schädeldecke aus dem Kalktufflager von Walbeck i. Braunschweig. 


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(Seitenansicht.) 


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Menschliche Schädeldecke aus dem Kalktufflager von Walbeck i. Braunschweig. 


998 Diskussion. 


mindesten aus neolithischer Zeit, vielleicht aber auch aus älteren Perioden, 
menschliche Skelette in relativ günstiger Erhaltung auffinden. 

Der Schädel wurde im anatomischen Institut auf Veranlassung von 
Herrn Geheimrat Virchow, dem ich hierfür meinen verbindlichsten Dank 
sage, photographiert*). 


Diskussion. 


Herr Menzel bemerkt dazu, das ihm einmal ein alluviales, post- 
glaziales Alter des Schädels gesichert erscheine; denn eine genaue Unter- 
suchung eines reichen Materials der in dem Kalktuff sehr zahlreich auf- 
tretenden fossilen Binnenmollusken hat keinerlei Anhalt für diluviales 
Alter der Ablagerung ergeben. Zum andern zeigte die Erhaltung der 
Knochenstücke eine Beschaffenheit, wie sie sich häufig an in Kalktuff ein- 
gebetteten Knochen findet. Die organische und die Knochensubstanz 
wird rasch aufgelöst und davongeführt; daher erscheinen Kalktuffknochen 
sehr leicht. Ein Ersatz der Knochenmasse durch kohlensauren Kalk 
findet merkwiirdigerweise nicht statt, sondern die Knochen werden immer 
poröser und weicher und schliesslich schw:nden sie ganz und es bleiben in 
der Regel nur die Zähne und von Hirschen und anderen Geweihträgern 
auch die Geweihe übrig. Deshalb findet man in älteren Kalktuffen wie 
z. B. bei Taubach meist nur die Zähne vom Menschen erhalten. 

Was nun das genaue priihistorische Alter des Schädels betrifft, so 
hat es sich in diesem Falle nicht mit der nötigen Bestimmtheit feststellen 
lassen; wahrscheinlich aber ist es, wie in vielen anderen Fällen, ver- 
hältnismässig hoch, d. h. es geht vermutlich bis über die neolithische 
Zeit in engerem Sinne hinaus und ist in die mesolitbische Zeit zu stellen. 
Wir haben aber heute Methoden, die bei guter Fossilführung der ein- 
schliessenden ‚Schichten und genauer Kenntnis der Fundstelle auch eine 
nähere Altersbestimmung gestatten. Aus diesem Grunde glaube ich be- 
tonen zu müssen, dass es von grossem Interesse und für Geologen und 
Prähistoriker dringend nötig ist, auf Funde menschlicher Knochen im 
Kalktuff mehr Gewicht als bisher zu legen. 


(13) Hr. Schuchhardt hält den angekündigten Vortrag: 


Ausgrabungen neolithischer Häuser bei Lissdorf, Kreis Naumburg, 


die er im September dieses Jahres zusammen mit denı Studiosus Hage- 
mann aus Naumburg, der die Stelle entdeckt hatte, vorgenommen hat. 
Die Siedlung in Lissdorf gehört der bandkeramischen Kultur an, wie sie 
besonders durch die Grabungen von Schliz in Gr.-Gartach bei Heilbronn 
und von Köhl bei Worms bekannt geworden ist. An diesen beiden Fund- 
plätzen waren aber gewisse Verschiedenheiten zu beobachten, indem in 
Gr.-Gartach lauter rechteckige Häuser, bei Worms dagegen flache Gruben 
mit unregelmässigem Umriss gefunden wurden. In Gr.-Gartach finden sich 


1) Ich werde demnächst zusammen mit Herrn Dr. Bartels noch einige weitere 
Mitteilungen über den Fund im Jahrbuch der Kgl. geologischen Landesanstalt machen. 


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Schuchhardt: Neolithische Häuser bei Lissdorf. 999 


die verschiedenen bandkeramischen Stilarten: Hinkelsteintypus, Spiral- 
keramik, Rössener und Gr.-Gartacher Typus fast in jedem Hause bunt 
durcheinander; bei Worms gibt es Siedlungen und Gräberfelder, die reine 
Hinkelstein-, reine Spiral- und reine Gr.-Gartacher Keramik führen. Schliz 
betrachtet deshalb diese Stilarten nur als landschaftliche Sonderbildungen, 
die gleichzeitig nebeneinander bestanden haben, während Köhl sie für 
Dokumente verschiedener Zeiten und wohl auch verschiedener Völker hält. 

In Lissdorf fanden sich nun ganz dieselben unregelmässigen Gruben 
wie bei Worms, aber um sie herum ein rechteckiger Rahmen von Pfosten- 
löchern, so dass der eigentliche Grundriss des Hauses ebenso wie in Gr.- 
Gartach rechteckig ist. Die in den Gruben auftretende Keramik zeigt 
zum kleinen Teile den Spiral-, zum weitaus grössten Teile einen sehr 
einfachen Hinkelsteinstil. Dieser ahmt noch als ein rein technisches 
Ornament die Umschnürung des aus dem Flaschenkürbis geschnittenen 
halbkugligen Gefässes nach. Er lässt sich als Hinkelstein I bezeichnen, 
während die Hauptmasse der Wormser Keramik mit ihren schraffierten 
Drei- und Vierecken und dem eckigeren Umriss des Gefässes als Hinkel- 
stein II erscheint. Die Formen dieses II. Stils setzen sich in der Gross- 
gartacher Keramik fort und arten hier in das Festonartige und Blumige 
aus; so kann man den Gr.-Gartacher Stil einfach Hinkelstein III nennen. 

Der alte geschlossene Stil der Bandkeramik (Spiral- und Hinkelstein D 
hat seine Heimat an der mittleren Donau einschliesslich Mähren und 
Böhmen gehabt; von dort ist er, vielfach sich abwandelnd, östlich die 
Donau hinab, westlich durch Süddeutschland und nordwestlich durch 
Mitteldeutschland bis an den Nordfuss des Harzes gedrungen. In ihrer 
frühen Zeit muss diese Kultur mit grosser Kraft eine Völkerwelle weit 
durch Deutschland geworfen haben. Diese Völker waren hochentwickelt 
und strebsam. Sie sind zur Leichenverbrennung übergegangen und haben 
die Gefässmalerei in Mitteleuropa zuerst geübt. — 

Von den Häusern wurden Modelle, von einem Bildhauer aus Naum- 
burg am Fundplatze selbst verfertigt, vorgeführt, die Hauptfunde in Licht- 
bildern gezeigt. Eine ausführliche Veröffentlichung wird in der Prähist. 
Ztschr. erfolgen. 


Ill. Literarische Besprechungen. 


John, R. Swanton, Indian Tribes of the Lower Mississippi Valley and 
Adjacent Coast of the Gulf of Mexico. Smithsonian Institution, Bureau 
of American Ethnology Bulletin 43 Washington 1911. 8° VIII u. 
387 Seiten. 32 Tafeln 2 Texttiguren. | 


Trotz der grossen Anstrengungen, die in den letzten Jahrzehnten in der 
Völkerkunde der Vereinigten Staaten gemacht worden sind, bilden die ausführlichen 
ethnologischen Berichte über einzelne Stämme nur Oasen in der Wüste. Für ganze 
grosse Gebiete setzte das Studium zu spät ein, und solche Zusammenfassungen der 
alten Nachrichten über die Völker einer Gegend wie die vorliegende, die von den 
Anwohnern des unteren Mississippi handelt, müssen den Ethnologen mit Resignation 
erfüllen. Es werden die sprachlichen Gruppen der Natchez, westlichen Muskhogee, 
Tunica, Chitimacha und Atakapa, deren Wohnsitze etwa im Beginn des 18. Jahr- 
hunderts auf einer Karte angegeben sind, in bezug auf Ethnologie und Geschichte 
behandelt. Dabei nehmen die geschichtlichen Nachrichten einen weit grösseren 
Raum ein als die ethnologischen, derart, dass es sich nur bei den Natchez, Tunica 
und Chitimacha verlohnte, diese in der übersichtlichen Gliederung, wie sie die 
moderne Völkerkunde verlangt, nebeneinander zu reihen. Aber selbst in diesen 
Füllen ist die Ausbeute weit geringer, als die Seitenzahl vermuten lässt, denn der 
Inhalt besteht meist in der unverkürzten Wiedergabe der zum Teil weitschweifigen 
Angaben der Originalwerke. Auf diese Weise kann man nun aber sicher sein, dass 
alles Wissenswerte zum eigenen Studium beisammen ist. Der Verfasser, der durch 
seine eingehenden Studien bei den Haidah rühmlichst bekannt ist, hat hier selbst 
nur noch einige wenige Mythen und ethnologischen Daten von den heutigen 
Natchez, Tunica und Chitimacha beibringen können, da die übrigen Stämme ent- 
weder ausgestorben oder zu sehr zersetzt sind. Das dabei gewonnene linguistische 
Material soll an anderer Stelle veröffentlicht werden. 

Den Hauptanteil an dem Werke haben natürlich die Natchez, die wegen ihrer 
despotischen Sonnenherrschaft, ihrer zentralisierten Regierungsform und ihrer 
Menschenopfer beim Tode von Mitgliedern der herrschenden Klasse von jeher Auf- 
sehen erregt haben und über die deshalb noch verhältnismässig ausführliche Nach- 
richten auch bezüglich ihrer Feste und ihres Kultes vorliegen. Ihnen sind etwa 
zwei Drittel des Werkes gewidmet. Verf. hält an ihrer Verwandtschaft mit den 
Muskhogee fest, obwohl er sein endgültiges Urteil über den Grad der Verwandt- 
schaft noch von dem Studium seiner Natchez-Texte abhängig macht. Ein anderes 
Element, das in den Natchez steckt, seien möglicherweise die Chitimacha. Ihre 
Tempel betrachtet er als Varianten der Ossuarien bei den Choctaw und Chitimacha. 
Bemerkenswert für Mexikanisten ist die Fesselstellung der Kriegsgefangenen mit 
ausgestreckten Armen und Beinen an einem Gerüst, wo sie mit brennenden Rohr- 
stäben, die man gegen einzelne Stellen des Körpers stemmt, zu Tode gebrannt 
werden (du Pratz). Diese Stellung entspricht nämlich der Stellung der Xipeopfer, 


Literarische Besprechungen. 1001 


die mit Wurfpfeilen durchbohrt werden. Unter den Quellen wird auch die 
famose Angelegenheit der gefiilschten Grammatik der Taensa, die nach den 
Traditionen die Sprache der Natchez sprechen, in der Bibliothéque linguistique 
américaine IX 1882 ausführlich erörtert. Die Hauptquellen für die Natchez sind 
die Werke von Le Page du Pratz, Histoire de La Louisiane. 3 Bde. 1738 und 
von Dumont de Montigny, Mémoires historiques sur La Louisiane. 2 Bde. 1753. 
Im Jahre 1907 fand der Verf. nur noch fünf Individuen, die die Sprache der 
Natchez sprachen. Von den Tunica und Chitimacha waren im Jahre 1908 noch je 
50, erstere allerdings Mischblut, vorhanden, und von diesen beiden Stimmen ist 
auch noch manches durch Gatschet und den Verf. gerettet worden. Von den 
ersteren teilt der Verf. unter anderem eine Donner- und eine Flutmythe mit. Von 
den Chitimacha erwihne ich als besonders interessant das Vorkommen von Blasrohr 
aus ausgehöhltem Rohr und dünnen Rohrpfeilen mit Distelhaar-Befiederung. Sie 
wurden für kleineres Wild gebraucht. Eine Anzahl der bekannten Körbe werden 
abgebildet und die Erklärungen der Flechtmuster durch die Eingeborenen gegeben. 
Als Trommel hatten sie in früherer Zeit einen mit einer Hirschhaut überspannten 
Tontopf, später einen hohlen Baumklotz statt des Topfes. Auch machte man durch 
Streichen von Stöcken auf Alligatorhaut Musik. Die Knaben mussten bei der 
Pubertät sechs Tage im Tempel fasten und tanzen, bis sie umfielen. Ausser einigen 
Mythenresten nach Aufnahmen des Verf. bringt er auch Material aus einem unge- 
druckten Manuskript von Martin Duralde. K. Th. Preuss. 


Wörter und Sachen. Bd. IH Heft I. Heidelberg. Karl Winters 
Universitätsbuchhandlung 1911 gr. 4°. | 


Da ich so gerne dieser Fachzeitschrift eine recht weite Verbreitung auch in 
den Kreisen der Ethnologen, Prähistoriker und Wirtschaftsforscher gesichert sehen 
möchte, habe ich es übernommen auch dem dritten Bande noch ein paar Begleit- 
worte mitzugeben. 

Wieder finden wir eine Fülle interessanter Artikel, von denen wohl ganz be- 
sonders Pesslers Aufsatz: Ziele und Wege einer umfassenden deutschen Ethno- 
und Geographie, programmatischen Wert hat. 

Andere Abhandlungen beziehen sich z. B. auf das Postwesen der alten Perser 
und Inder und auf eine für die arabische Architektur wichtige Frage, wobei auch 
hier für mich der weitreichende Einfluss des Altbabylonischen zur Geltung kommt. 
Wie Rhodokanakis feststellt, geht die Orientierung des islamitischen, rein religiösen 
Mihrab, der ,Gebetsnische* auf das neupersische Hofzeremoniell und so, wie ich 
mir erlaube hinzuzufiigen, wohl auf die altbabylonische Vorstellung elner Identitit. 
des Königs beim Neujahrsempfang mit der jungen Sonne zurück. Das wäre ja eine 
recht originelle Verschiebung! 

Bei einem Aufsatz von Fuhse-Braunschweig über den Kräuel (mit 13 Abb.) 
ist mir nicht ganz klar, ob F. das Gerät vom Teppich von Bayeux für wirklich so 
ungeschickt geformt hält, wie die Abb. 11 es zeigt. Die nächste Abbildung lässt. 
mich nämlich doch vermuten und die von ihm abgebildeten prähistorischen Fund- 
stücke bestärken mich noch mehr in dieser Ansicht, dass diese Form nur auf dem 
Mangel an perspektivischem Geschick beim Zeichner beruht und das Gerät in 
Wirklichkeit also handlicher war. 

Der Artikel von Merlo, „Die romanischen Benennungen des Faschings“ bringt 
trotz reichlichen Materials gerade die Beziehung, die ich hier suchte, zwischen 
Karneval und Carrus navalis nicht! Bei meinem Interesse für das Schiff ver- 
misste ich das natürlich. 

Dafür bringt eine ganz kurze Abhandlung von Hans Sperber über „Den 
germanischen Schiffsbau“ (freilich ohne von meiner Arbeit über das genähte Schiff, 
(Zeitschr. f. Ethnol. Bd. 39, 1907, S. 42—56 zu wissen) eine ausserordentlich wichtige 


1002 Literarische Besprechungen. 


und sachliche Darstellung des Nähens eines Schiffes mit Nadel und Faden aus 
Russisch-Lappland. (Nach Fataburen 1908, S. 152 und besonders 1900, S. 85f.). 
Es kann mir nur recht sein, wenn er meine Aufstellungen so glücklich bestätigt! 
Sachlich darf ich wohl hinzufügen, dass auch der Renschlitten der Lappen seine 
urtümliche Originalität aufs klarste dadurch beweist, dass der lappische Kulturheros 
— denn so hoch müssen wir ihn doch wohl stellen — als Gerät nichts Schlitten- 
ähnliches entlehnte, sondern einen gekielten und genähten Kahn hinter dem 
Zugtier auf den Schnee brachte. 

Dagegen wird vielleicht Sperbers Abhandlung über „Die Harpfe“, die dies 
Trockengerüst für Getreide mit Kräuel-ähnlichen Instrumenten und sogar mit 
der Harfe als Musikinstrument zusammenbringt, weniger Anklang finden. 

J. Hoops behandelt die interessante Tatsache, dass die Armbrust am Ausgang 
der klassischen Periode in Gallien vorhanden war und dann doch eigentlich 
erst im späteren Mittelalter zu grösserer Bedeutung kam. Bekanntlich erhielt 
sich der Bogen, in England z. BB — Robin Hood hat nicht etwa eine Arm- 
brust — bis an die Entstehung des Feuergewehrs heran, und er hat sich ja in 
Belgien und England noch heute im Volksgebrauch erhalten, während in Deutsch- 
land bei Volks- und Kinderfesten wohl die Armbrust, der Stahlbogen, meist den 
Gebrauch des Bogens verdrängt hat. 

Auf das vielumstrittene Gebiet der Hausforschung geht v. Gerambs Arbeit 
über „Die Feuerstellen des volkstümlichen Hauses in Österreich.“ Gleichfalls auf 
eine Anregung des leider vor einigen Monaten verstorbenen, so vielfach ver- 
dienten Rhamm geht eine Arbeit Mikkolas über die Dalken zurück. Die 
Frage ist aber viel schwieriger und viel umfassender, wie Rh. bei der Abfassung 
seines Aufsatzes in der Carinthia 1909 meinte und wie auch AL weiss. Es stösst 
hier die Frage über das Aussengen und Rösten des Korns in alter Zeit 
mit dem schwierigen Problem des Säuerns für menschliche Nahrungsmittel zu- 
sammen (s. jetzt dazu: Zeitschr. f. Ethnol. 1911. Bd. 43. S. 826 u. Note 10 sowie 
S. 831 u. Note 28). Vom Geisslitz hat Rh. es noch vor seinem für die Wissenschaft 
immer noch zu frühen Tode erfahren, dass nicht nur die Verbreitung des gesäuerten 
Getreidegerichtes viel weiter hinaus und zurückgeht, wie er damals meinte, dass 
vielmehr auch das häufig verwendete Wort G. z. B. beim alten Colerus, dem 
Verfasser des bekannten Liber oeconomicus usw., Superintendent in Berlin, am 
Ausgange des 16. Jahrhunderts bis zur Bedeutung von ,Gallerte* abgeschwächt ist. 
Aber abgesehen davon bringt auch dieser Aufsatz eine Fülle sprachlichen, besonders 
asiatischen Materials und zeigt, wie weit auch eine scheinbar so einfache Sache 
ihre Kreise zieht. Ed. Hahn. 


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IV. Eingänge für die Bibliothek.” 


. Drumont, Eduard, Das verjudete Frankreich, Autorisierte deutsche Ausgabe 


von A. Gardon. 7. Aufl. Berlin: G. Ad. Dewald v. J. 8° 
Hrn. r. L Cog. 


. Mateer, Samuel, The Land of charity a descriptive account of Travancore and 


its people ... London: J. Snow and Co. 1871. 8°. 
Prof. Lissauer Stiftung. 


. Boerschmann, Ernst, Die Baukunst und religiöse Kultur der Chinesen ... 


Band I. Berlin: G. Reimer 1911. 4°, 


. Vogel, Hans, Eine Forschungsreise im Bismarck-Archipel. Mit einer Einführung 


von Dr. G. Thilenius. Hamburg: L. Friederichsen & Co. (Dr. L & R. 
Friederichsen) 1911. 4°. 


. Etzel, Gisela, Aus Jurte und Kraal Geschichte der Eingeborenen aus Asien 


und Afrika. München: Die Lese Verlag G. m. b. H, 1911. 8°. 


. Stanley, Henry Morton, Mein Leben. Bd. I bis II. München: Die Lese Verlag 


G. m. b. H. 1911. 8°. 2 Bde. 


. Bader, Paul, Sexualität und Sittlichkeit. Zweite unveriinderte Auflage. Leipzig: 


O. Borggold v. J. 8°. 


. Ploss, Heinrich, Das Kind in Brauch und Sitte der Völker ... Dritte gänzlich 


umgearbeitete und stark vermehrte Auflage. Nach dem Tode des Ver- 
fassers herausgegeben von Dr. phil. B. Renz. 1.Bd. Leipzig: Th. Griebens 
Verlag (L. Fernau) 1911. 8°. 


. Benignus, Siegfried, In Chile Patagonien und auf Feuerland. Berlin: 


D Reimer (E. Vohsen) 1912. 8°. 


. Chaillou, A., et L. Mac-Auliffe, Morphologie medivale etude des quatre 


types humains... Paris: O. Donin et Fils 1912. 8°. 


. Krause, Fritz, In den Wildnissen Brasiliens, Bericht und Ergebnisse der 


Leipziger Araguaya-Expedition 1908. Leipzig: R. Voigtländer 1911. 8°. 


. Mansür, Abdullah, (G. Wyman Bury), The Land of Uz. London: Macmillan 


and Co. 1911. 8°. 


. Almkvist, Hermann, Nubische Studien im Sudan 1877—78 ... herausgegeben 


von K, v. Lettersteen. Uppsala: Almgvist & Wiksell. Leipzig: O. Harras- 
sowitz 0. J. 4°. 


. Caillot, A. C. Eugene, Histoire de la Polynésie orientale. Paris: E. Leroux 


1910. 8°. 


». Neuhauss, R., Deutsch-Neu-Guinea Bd. I, Bd. II. Völker-Atlas, herausgegeben 


mit Unterstützung der Rudolf-Virchow-Stiftung in Berlin. Berlin: D. Reimer 
(E. Vohsen) 1911. 8°. 


. Schultze, Leonhard, Zur Kenntnis der Melanesischen Sprache von der Insel 


Tumley. Jena: G. Fischer 1911. 8°. 


a a a en 


1) Die Titel der eingesandten Bücher und Sonder-Abdrücke werden regelmässig 


hier veröffentlicht, Besprechung der geeigneten Schriften vorbehalten. Rücksendung 
unverlangter Schriften findet nicht statt. 


1004 Eingänge fiir die Bibliothek. 


17. 


18. 


19. 


Wilke, Georg, Südwesteuropäische Megalithkultur und ihre Beziehungen zum 
Orient. Würzburg: C. Kabitzsch 1912. 8°% (Aus: Mannus-Bibl. 7). 
Nr. 60 bis 74 Verleger. 
Mielke, Robert, Vom Werden des deutschen Dorfes. Berlin: Heimat und Welt- 
Verlag W. Weicher, G. m. b. H. 1911. 8° 
Podenzana, Giovanni, Su di alcune varieta della Conocchia Lunigianese. 
Spezia: 1911. 8°. 


20. Podenzana, Giovanni, Su di un reggilumi di Ugliancaldo. Spezia: 1911. 8°. 


SEI 


95. 


26. 


2q. 


. Podenzana, Giovanni, L'antico costume dei dintorni di Sarzana. Spezia: 


1911. 8°. 


. Podenzana, Giovanni, Gli antichi costumi dei dintorni della Spezia. I. 


Valdipino e Biassa. Spezia: 1911. 8°. 


. Röttger, Walter, Über Haarverletzungen und über die postmortalen Ver- 


änderungen der Haare in forensischer Beziehung. Leipzig: F. C. W. Vogel. 
1911. 8°. (Aus: Arch. f. Kriminalanthrop. u. Kriminalstatistik, Bd. 4.) 
Seler, Eduard, Die Stuckfassade von Acanceh in Yukatan. Berlin: 1911. 3° 
(Aus: Sitzungsber. der Königl. Preuss. Akad. d. Wissensch. XLVII.) 
Kunike, Hugo, Beiträge zur Anthropologie der Chalchaquitäler. Braunschweig: 
F. Vieweg & Sohn 1911. 8° (Aus: Arch. f. Anthrop. N.F. Bd.X.) 
Rivet,P., Les langues Guaranies du Haut-Amazone. Paris: Au siège de la Société 
1910. 8° (Aus: Journ. de la Soc. des Americanistes de Paris. N. s. 
“Tome VIL) 
Rivet, P., Sur quelques dialectes Panos peu connus. Paris: Au siege de la 
Société 1910. 8° (Aus: Journ. de la Soc. des Américanistes de Paris 
N. s. Tome VII.) 


. Rivet, P., A propos de l'origine du mot »Peron«. Paris: 1911. 8% (Aus: 


L’Anthropologie. T. XXIL) 


. Benchat, H. et Rivet, P., La famille Betoya ou Toucano. Paris: o. J. 8°. 


(Aus: Mém. de la Soc. de Linguistique de Paris. T. XVII.) 


30. Czekanowski, Jan., Beitrige zur Anthropologie von Polen. Braunschweig: 


40, 


F. Vieweg & Sohn 1911. 4° (Aus: Arch. f. Anthrop. N.F. Bd. Ei 


. Outes, Felix F., Variaciones y anomalías anatomo-antropolögicas en los huesos 


del cráneo de los primitivos habitantes del sur de Entre Rios. Buenos 
Aires: 1911. 8". (Aus: Rev. del Mus. de la Plata, tom. XVIII (segunda 
ser. tom. V). 


e 
. Zeltner, Fr. de, Notes sur l’archeologie soudanaise, Paris: 1910. 8° (Aus: 


Bull. et Mem. de la Soc. d’Anthrop. de Paris.) 


. Schütz, Ludwig Harald, Die deutschen Kolonialsprachen. Frankfurt a. M. 


J.St. Goar: 1912. 8°. 


. Führer durch die Schausammlungen des Niederösterreichischen Landesmuseums, 


redigiert von Dr. Max Vancsa. Wien: N-O Landesmuseun 1911. 8°. 


. Giuffrida-Ruggeri, V., Il supposto centro antropogenico sud - americano. 


Firenze: 1911. 8%. (Aus: Monit. Zoolog. Ital. Anno XXII.) 


36. Brandt, M. von, Der Chinese in der Öffentlichkeit und der Familie, wie er 


sich selbst sieht und schildert. Berlin: D. Reimer (E. Vohsen) o J. 8°. 


. Goessler, P., Die vor- und frähgeschichtlichen Altertümer des Oberamts 


Münsingen, Stuttgart: 1912. 8°. (Aus: Oberamtsbeschreibung Münsingen.) 
Nr. 18 bis 37 Verfasser. 


38. Hohmann, Franz, Zur Chronologie der Papyrusurkunden. (Römische Kaiser- 


zeit) Berlin: F. Siemenroth 1911. 8°. 


. Junod, Henri A., Sidschi-Kultur, Christentum und das Problem der schwarzen 


Rasse. Deutsch von Georg Buttler. Bevorwortet von Prof. Dr. C. von Orelli. 
Leipzig: J. C. Hinrichs 1911. 8° 

Schuchhardt, Carl, Die Urnenfriedhöfe in Niedersachsen ... Band I Heft 1 
und 2. Die ältesten Friedhöfe bei Uelzen und Lüneburg von Gustav 
Schwantes. Mit einem Beitrage von M. M. Lienau. Hannover: E. Geibel 
1911. 4° 


41. 


43. 


44. 


D6. 


60. 


61. 


Eingänge für die Bibliothek. 1005 


Elbert, Johannes, Die Sunda-Expedition des Vereins für Geographie und 
Statistik zu Frankfurt a. M. Festschrift zur Feier des Töjährigen Bestehens 
des Vereins. Band I, Frankfurt a M.: Minjon 1911 4° 


2. Fritz, Georg, Ad majorem Dei gloriam! Die Vorgeschichte des Aufstandes von 


1910/11 in Ponape. Leipzig: Dietrichsche Verlagsbuchhandlung (Th. Weicher) 
1912. 8°, 
Braungart, Richard, Die Urheimat der Landwirtschaft aller indogermanischen 
Völker... . Heidelberg: C. Winters Verlagsbuchhandlung 1912. 4°. 
Walkhoff, Neue Untersuchungen über die menschliche Kinnbildung. (Zugleich 
eine kritische Betrachtung der bestehenden Theorien.) Leipzig: G. Thieme 
1911. 8°. (Aus: Deutsche Zahnheilkunde Heft 22.) 
Nr. 38 bis 44 Verleger. 


. Movers, F. C., Das Opferwesen der Karthager. Kommentar zur Opfertafel von 


Marseille, Breslau G. Ph. Aderholz 1847. 8° (Aus: Phönizische Texte 
2. Teil.) Herr Pfeiffer. 


n» Claparède, Arthur de (1852—1911) par Lucien Gautier. Genève: 1911. 8°. 


(Aus: Journ. de Geneve 1911.) 


. Hrdlicka, Ales, Human Dentition and Teeth from the Evolutionary and Racial 


Standpoint. o. O. 1911. 8°. (Aus: The Dominion Dental Journal.) 


. Gennep, A. van, Etudes d'ethnographie algérienne ... Paris: E. Leroux 1911. 


8°. (Aus: Rev. D’Ethnogr. et de Sociol. 1911.) 


. Gennep, A. van, Notice des titres et travaux scientifiques. Paris: 1911. 8°, 
. Virchow, Hans, Über das nach Form zusammengesetzte Sklelett des Fusses 


einer Chinesin. Braunschweig: F. Vieweg & Sohn 1911. 4° (Aus: 
Korrespondenz BL. d. Deutsch. Gesellsch. f. Anthrop. Ethnol u. Urgesch. 
XLII. Jhrg.) 


. Schellong, O., Die erste Befahrung des Kaiserin-Augustaflusses am 5. und 


6. April 1886. Berlin: W. Süsserott 1911. 8°. (Aus: Zeitschr. f. Kolonialpol., 
Kolonialrecht u. Kolonialwirtsch. 1911.) 


2. Dempwolff, Otto, Beiträge zur Kenntnis der Sprachen in Deutsch-Ostafrika. 


Berlin: D. Reimer (E. Vohsen) 1911/12. 8% (Aus: „Zeitschr. f. Kolonial- 
sprachen“ Bd. JI.) 


, Doch, R., Über die Kunst der Buschmiinner, Braunschweig: F. Vieweg E Sohn 


1911. 4% (Aus: Korrespondenz-Bl. d. Deutsch. Gesellsch. f. Anthrop., Ethnol. 
u. Urgesch. XLII. Jhrg.) 


. Doch, R., Die Stellung der Buschmannrasse unter den übrigen Menschenrassen, 


Braunschweig: F. Vieweg & Sohn 1911. 4° (Aus: Korrespondenz-Bl. d. 
Deutsch, Gesellsch. f. Anthrop., Ethnol. u. Urgesch. XLII. Jhrg.) 


. Doch, R., Stidafrikanische Steinwerkzeuge aus verschiedenen Perioden. Braun- 


schweig: F. Vieweg & Sohn 1911. 4° (Aus: Korrespondenz-Bl. d. Deutsch. 
Gesellsch. f. Anthrop., Ethnol. u. Urgesch. XLII. Jhrg.) 

Hoernes, M., Ursprung und älteste Formen der menschlichen Bekleidung. 
Bologna: N. Zanichelli. London: Williams and Norgate. Paris: F. Alcan. 
Leipzig: W. Engelmann 1912. 8°. (Aus: Scientia Bd. XI.) 


. Friederici, Georg, Südsee-Inseln. Strassburg: K. J. Trübner 1912. 8°. (Aus: 


Mitteil. d. Gesellsch. f. Erdkde. u. Kolonialw. z. Strassburg i. È) 


. Germann, Paul, Das plastisch-figürliche Kunstgewerbe im Graslande von 


Kamerun. Leipzig: 1910. 8°. (Aus: Jhrb. d. Städt. Mus, f. Völkerkunde. 
Bd. 4.) 


. Kalkhof, Josef, Beiträge zur Anthropologie der Orbita. Freiburg im Breisgau: 


1911. 8°. (Diss.). 

Fischer, Eugen, Anthropologische Aufgaben in unseren deutschen Kolonien. 
Braunschweig: F. Vieweg & Sohn 1911. 4° (Aus: Korrespondenz-Bl. d. 
Deutsch. Gesellsch. f. Anthrop., Ethnol. u. Urgesch. XLII. Jhrg.) 

Simoens da Silva, A, Uma viacem scientifica pela America do Sul. Rio de 
Janeiro, Paris: 1911. 2% (Aus: A Illustracäo Brazileira. 3 Anno.) 


1006 Eingänge für die Bibliothek. 


62. 


63. 


80, 


KN 


SI. 


Simoens da Silva, Conferencia realizada na Sociedade de Geographia. Rio 
de Janeiro: 1911. 2% (Aus: Jornal do Commercio. Anno 85) 

Simoens da Silva, Antonio Carlos, 2. conferencia publica realizada sobre a 
ethnographia da Bolivia... Rio de Janeiro: 1911. 2°. (Aus: Jornal do 
Commercio. Anno 89.) 


. Simoens da Silva, Antonio Carlos, 3. e ultima conferencia. Mumias Bolivianas, 


Lago Titicaca. Ilhas de sol da lua e peninsula de Copacabana, com os 

- habitos e costumes dos indios que as habitam e ruinas da civilização pre 
historicanas mosmas existentes. Rio de Janeiro: 1911. 2°. (Aus: Jornal do 
Commercio. Anno 85.) 


. Simoens da Silva, Antonio Carlos, Memoria apresentada ao 3° Congresso 


Brasileiro de Geographia actualmente em reunião na capital do Estado do 
Paraná, em data de hontem. Rio de Janeiro: 1911. 2°, (Aus: Jornal do 
Commercio.) 


. Simoens da Silva, Interview com Dr., o. O. 1911. 2°, (Aus: Odita Anno NI). 
. Lehmann, J, Flechtwerke aus dem Malayischen Archipel unter.Zugrundelegung 


der Sammlungen des Städtischen Vélker-Muscums. Frankfurt a M.: 
J. Baer & Co. 1912. 4° (Aus: Veröffentl. a. d. Städt. Völker-Mus. IV.) 


. Thurnwald, R., Die Denkart als Wurzel des Totemismus. Braunschweig: 


F. Vieweg & Sohn 1911. 4%. (Aus: Korrespond.-Bl. d. Deutsch. Gesellsch. 
f. Anthrop., Ethnol. u. Urgesch. XLII. Jahrg.) 


. Thurnwald, R, Über ethno-psychologische Untersuchungen bei Naturvölkern. 


Karlsruhe: 1911. 8°. (Aus: Verhandl. d. 83. Vers. deutsch. Naturforsch. u. 
Ärzte.) 


. Hackman, Alfred, Trouvailles préhistoriques. o. O. 1910. 8°. (Aus: Atlas de 


Finlande 1910.) 


«1. Giuffrida-Ruggeri, V., Luomo primordiale come tipo indifferenziato, a pro- 


posito di H. Philippinensis (Bean). Firenze: 1911. 8°. (Aus: Arch. per 
l’Antrop. e la Etnol. Vol. XLI.) 


. Hauschild, Wolfgang, Zur Tätowierungsfrage: Ein Fall von Tätowierung des 


Hinterkopfes. Leipzig: F. C. W. Vogel 1911. 8%. Aus: Arch. f. Kriminal- 
anthrop. u. Kriminalistik Bd. 45.) 


, Hauschild, M. W., Anthropologische Betrachtungen an der menschlichen Lippe. 


Braunschweig: F. Vieweg & Sohn 1911. 4°. (Aus: Korrespond.-Bl. d Deutsch. 
Gesellsch. f. Anthrop., Ethnol. u. Urgesch. XLII. Jhrg ) 


. Schachtzabel, Alfred, Die Siedelungsverhältnisse der Bantu-Neger. Leiden: 


E. J. Brill, Paris: E. Leroux, Leipzig: C. F. Wintersche Verlagsbuchhandlung, 
London: K. Paul, Trench, Trübner & Co. (Limd.) 1911. 4° (Aus: Internat. 
Arch. f. Ethnogr. Suppl. 2. Bd. XX.) 


. Loth, E., Über die Notwendigkeit eines einheitlichen Systems bei der Be- 


arbeitung der Rassenweichteile. Karlsruhe: 1911. 8% (Aus: Verh. d. 
Gesellsch. Deutsch. Naturf. u. Ärzte. 83. Vers.) 


. Loth, Ed., Anthropologische Beobachtungen am Muskelsystem der Neger. 


Braunschweig: F. Vieweg & Sohn 1911. 4°. (Aus: Korresp.-Bl. d. Deutsch. 
 Gesellsch. f. Anthrop, Ethnol. u. Urgesch. XLII. Jhrg.) 


. Chavannes, Ed., Bulletin critique. o. O. 1911. 8°. (Aus: T’oung-Pao.) 


Nr. 46 bis 17 Verfasser. 


18. Negelin, Julius von, Der Traumschlüssel des Jagaddeva. Ein Beitrag zur in- 


dischen Mantik. Giessen: A. Toepelmann (vormals J. Ricker) 1912. N“ 
(Aus: Religionsgeschichtl. Vers. und Vorarb. ... XI. Bd.) 


. Calloc’h, J., Vocabulaire francais-(bea précédé d’elements de grammaire. 


Paris: P. Geuthner 1911. Hu. 

Calloc'h, J., Vocabulaire francais-Ihumu (Batik6) précédé d’elements de gram- 
maire. Paris: P. Geuthner 1911. 8°. 

Calloc'h, J., Vocabulaire francais-Gmbwaga-Gbaziri-Monjombo précédé d'ele- 
ments de grammaire, Paris: P. Geuthner 1911. Bn 


Eingänge für die Bibliothek. 1007 


2. Calloc’h, J., Vocabulaire francais Sango et Sango-francais langue commerciale 


de l’Oubangui-Chari précédé d'un abrégé grammatical. Paris: P. Geuthner 
1911. 8°, 


. Franchet, L., Céramique primitive ... Paris: P. Geuthner 1911. 8°. 
. Keith, Arthur, Ancient types of man. London and New York: Harper & Brothers 


1911. 8°. 


. Klüger, Hermann, Friedrich Delitzsch der Apostel der neubabylonischen 


Religion. . .. Leipzig, Krüger & Co. 1912. 8°. 


. Bradley, Isaac Samuel, A bibliography of Wisconsin’s participation in the war 


between the states... o. O.: Wisconsin History Commission 1911. 8°. 


. Pokorny, Julius, The origin of Druidism. Wahington: 1911. 8°. (Aus: Smithson. 


Rep. 1910.) 


. Niederle, Lubor, Geographical and statistical view of the contemporary slav. 


peoples. Washington: 1911. 8° (Aus: Smithson. Rep. 1910.) 


. Fewkes, J. Walter, The cave dwellings of the old and new worlds. 


Washington: 1911. 8° (Aus: Smithson. Rep. 1910.) 


. Balfour, Henery, The origin of West african crossbows. Washington: 1911. 8°. 


(Aus: Smithson. Rep. 1910.) 
Nr. 78 bis 90 Verleger. 


. Cabaton, Antoine, Les Indes Nerlandaises. Paris: E. Guilmote o J. 8°. 


Angekauft. 


(Abgeschlossen am 17. Februar 1912.) 


Inhaltsverzeichnis. 


Mitgliederverzeiehnis . 


als Geschenk zugehen . 


vember S. 944 — 16. Dezember S. 981. 
Prähistorische Fachsitzungen 2. März S. 161 — 11. Mai S. 347. 


Anthropologische Fachsitzungen 18. März S. 271 — 


Eingänge für die Bibliothek . 


Vorträge, Abhandlungen, Mitteilungen 
Redner in den Diskussionen . 


Sachregister 
Literarische Besprechungen 
Verzeichnis der Tafeln 


Bartels, P., Zur Anthropologie und 
Histologie der Plica semilunaris bei 
Herero und Hottentotten 

Beltz, R., Die Laténefibeln. 
Bericht über die Tätigkeit der von 
der Deutschen anthropologischen Ge- 
sellschaft gewählten Kommission für 
prähistorische Typenkarten 

—, Nachträge zu Laténefibeln 

Borchardt, P., 
Monumenten 


Papierabformungen von 


Seite 
ee Be A cae a SE e ER) 
Vorstand, Ausschuss, Kommissionen, Vermschtnrse S. (1), Goldene Me- 
daille S. (2), Ehrenmitglieder S. (2), Korrespondierende Mitglieder S. (2), 
Ordentliche Mitglieder, immerwährende und jährlich zahlende S. (5). 
Periodisehe Veréffentlichungen, die der Gesellschaft durch Tausch, Ankauf oder 
Se key an ue fo ee ee (23) 
Sitzungen des Jahres 1911. (Für die Einzelheiten der Verhandlungen s. Sach- 
register S. 1010.) 21. Januar S. 114 und 28. Januar S. 133 — 18. Fe- 
bruar S. 139 — 25. März S. 290 — 29. April S. 307 — 20. Mai S. 348 
— 17. Juni S. 581 — 15. Juli S. 621 — 21. Oktober S. 818 — 18. No- 
7. Juli S. 616. 
. 185, 384, 629, S62, 1003 
on 
Übersicht für das Inhaltsverzeichnis. 
Seite 
ee a . 1008 
Dr ee en age i 1010 
et ee, Bis ea a e Ge a A A 1010 
E EE EE 1027 
ee oe ; ; 1027 
Vorträge, Abhandlungen, Mitteilungen. 
Seite Seite 
Boerschmann, E., Ein vorgeschichtlicher 
Fund aus China 153 
616 | —, Einige Beispiele für die gegenseitige 
Fünfter Durchdringung der drei chinesischen 
Religionen 429 
Brandenburg, E., Über Höhlenwohn- 
| ungen 115 
664 Burger, Demonstration eines Apparates 
930) für Kopfmessungen 620 
Busse, H., Neue uud ältere Aus- 
541, grabungen von vorgeschichtlichen 


Alphabetisches Inhaltsverzeichnis, 


Einzelfunden, Gräberfeldern und 
Wohnplätzen bei Woltersdorf, Kreis 
Nieder-Barnim 346, 

Carthaus, E., Ergebnisse der Aus- 
grabungen in der Veledahöhle bei 
Velmede a. d. Ruhr 

Dahse, J., Ein zweites Goldland Salo- 
mos. Vorstudien zur Geschichte 
Westafrikas 

Fischer, E., Sind die heutigen Albanesen 
die Nachkommen der alten Illyrier? 

Friedemann, M., Uber Grosshirnrinde 

Friedenthal, H., Über die Behaarung der 
Menschenrassen und Menschenaffen 

Fritsch, G., Verwertung von Rassen- 
merkmalen für allgemeine Vergleich- 
ungen 

Frobenius, Leo, Brief aus Salatu 

Gutmann, B., Zur Psychologie des 
Dschaggarätsels 

Hahn, Ed., Wirtschaftliches zur Prä- 
historie | 

yon Hansemann, D., Ein syphilitischer 
Schädel aus Südamerika 

Harbort, E., Ein menschliches Skelett 
aus dem Kalktufflager von Walbeck 
in Braunschweig 

Hauser, O., Bericht über die Ergebnisse 
der vorjährigen Ausgrabungen 308, 

Hermann, R., Knochenfunde und Klima 

v. Hornbostel, E., Über ein akustisches 
Kriterium für Kulturzusammenhänge 

Iden-Zeller, O., Ethnographische Beob- 
achtungen bei den Tschuktschen 

Karutz, Uber Kinderspielzeug 

Kiekebuseh, Vorgeschichtliche An- 
siedlung und vor- oder frühgeschicht- 
liche Befestigungsanlage 

Kissenberth, W., Über die hauptsäch- 
lichsten Ergebnisse der Araguaya- 
Reise 

Klaatsch, Bemerkung zu dem Vortrage 
des Herrn v. Luschan in der anthro- 


pologischen Fachsitzung 
Koch, M., Pathologisch verdickte 
Schädel 


Krämer, Aug., Die Hamburger Südsee- 
Expedition 1909/10 nach den Karo- 
linen 

Kunike, H., Das sogenannte ,,Manner- 
kindbett“ 

—, Einige grundsätzliche Bemerkungen 
über Sonne, Mond und Sterne im 
alten Mexiko 


Zeitschrift für Ethnologie. Jahrg. 1911. Heft 6 


1 Menzel, Hans, Die geologische Ent- 

wicklungsgeschichte der älteren Post- 

564 glacialzeit im nördlichen Europa und 
114. ihre Beziehungen zur Prähistorie) 

Messing, Otto, Uber die chinesische 
Staatsreligion und ihren Kultus 

Moszkowski, Max, Die Völkerstämme 

am Mamberamo in Holländisch-Neu- 


974 


272; guinea und auf den vorgelagerten 
993: Inseln 
| Müller, Herbert, Über das taoistische 
522 Pantheon der Chinesen, seine Grund- 
lagen und seine historische Ent- 
821, wicklung 138, 
‚ Müller, W., Japanisches Mädchen- und 
125 Knabenfest 
. Neuhauss, Richard, Reise nach Deutsch- 
Neuguinea 
994 —, Kinematographische und phono- 
graphische Aufnahmen aus Deutsch- 
621: Neuguinea 
973 —, Über die Pygmäen in Deutsch- 
Neuguinea und tiber das Haar der 
601. Papua 
i Nopcsa, F., Sind die heutigen Albanesen 
840 die Nachkommen der alten Illyrier? 
237 Noetling, F., Beiträge zur Kenntnis der 


archäologischen Kultur der Tasmanier 
Pastor, W., Stonehenge 
819 | Preuss, K. Th., Die Opferblutschale der 
| alten Mexikaner, erläutert nach den 
Angaben der Cora-Indianer 
627 | Prietze, R., Pflanze und Tier im Volks- 
| munde des mittleren Sudan 
Quente, Langobardischer Urnenfriedhof 


291 bei Dahlhausen, Kr. Westpriegnitz 
Rhamm, K., Erwiderung auf die Be- 
617  sprechung meines Buches „Die 
 altslavische Wohnung“ durch A. 
Brückner 


293 Rütimeyer, L., Uber einige altertüm- 
liche afrikanische Waffen und Geräte 
und deren Beziehungen zur Prähistorie 

Schmidt, Hubert, Bedeutung der 
| Kammmuster 

922. —, Vorläufiger Bericht über die Aus- 


546 


69 


1009 
Seite | Seite 
Ä Leden, Christian, Musik und Tänze der 
|  grönländischen Eskimos und die Ver- 
436, wandtschaft der Musik der Polar- 
eskimos mit der der Indianer 261 
von Lusehan, Schiefer Gorillaschädel 271 
315 —, Zur Stellung der Tasmanier im 
anthropologischen System 287 
i —, Tasmanier-Haarprobe 271 


136 


280 


915 


633 
163 


240 


161 


1010 


grabungen 1909/10 in Cucuteni bei 


Seite | 


Alphabetisches Inhaltsverzeichnis, 


Straueh, Curt, Geschlechtsteile eines 


Seite 


Jassy (Rumänien) 582 Zwitters 149 
Schmidt (Tiibingen), R. R., Die Grund- ' Struck, B., Bemerkungen über die 
lagen für die Diluvialchronologie und | „Mbandwa“ des Zwischenseengebiets 516 
Paläethnologie West-Europas 945 | Strzoda, Walter, Die Li auf Hainan 
Schuehhardt, Karl, Götterkult und und ihre Beziehungen zum asiatischen 
Ahnenkult 153, Kontinent 193 
—, Ausgrabungen neolithischer Häuser Stumme, Hans, Wortlaut und Uber. 
bei Lissdorf, Kreis Naumburg 998 setzung zweier zum Einlegen in 
Seler, Ed., Bericht über den Inter- | Amulettkapseln bestimmter Schrift- 
nationalen Amerikanisten - Kongress | stücke in arabischer Sprache 91, 111 
in Buenos-Aires und Mexico 117 : Virehow, Hans, Fragment eines Schädels 
—, Brief aus Mexico 310! aus einem neolithischen Begräbnis- 
Seyffert, Carl, Die Ausrüstung eines | platze 133 
Elefantenjägers der Baia nebst einigen '—, Demonstration einer Tätowierten 271 
Bemerkungen iiber die Elefantenjagd '—, Uber die Mamma des am 18. Fe- 
in Kamerun 91 bruar besprochenen Zwitters 2921 
Sökeland, Rechnungsbericht für das ! —, Uber die Weichteile des Chinesinnen- 
Jahr 1911 983' fusses 375 
Speiser, Felix, Mitteilungen von den ‚—, Ein Schädel von Oberhausen im 
Neuen Hebriden 307, Rheinland 622 
Staudinger, P,, Funde und Abbildungen —, Becken mit ungewöhnlich langem 
von Felszeichnungen aus den alten Steissbein 622 
Goldgebieten von Portugiesisch-Süd- | —, Verwaltungsbericht für das Jahr 1911 9x1 
ostafrika 140 —, Bericht über den Stand der Rudolf 
—, Bruchstiick eines westafrikanischen | Virchow- Stiftung für das Jahr 1911 955 
Riesensteinbeiles 146 | Vix, Beitrag zur Ethnologie des 
—, Zinnschmelzen afrikanischer Ein- Zwischenseengebiets von Deutsch- 
geborener 147| Ostafrika 502 
—, Briefliche Mitteilung des Herrn Weissenberg, S., Die syrischen Juden 
Seiner über Buschleute 562' anthropologisch betrachtet SO 
Redner in den Diskussionen. 
Seite | Seite 
Bartels, P. 617, 620 , Müller, Herbert 159 
von Buchwald 136 —, W. 344, 346 
Friedenthal, Hans 279 | Neuhauss 343 
Fritsch 286 Schmidt, Hubert 173 
Kiekebusch 163, 171 | Schuchhardt 169, 173 
von Luschan 272, 280, 286, 619, 620 Staudinger, P. 279 
Menzel 998 , Virchow, H. 616, 620 
Moszkowski 280, 285, 345, 820 
Sachregister. 
Seite Scite 
A. Abbeville (Somme), Quartär von 947 
Ababde, Gefässe der, aus Speckstein 255, Abendmahlzeit der Tschuktschen 81 
—, Holzschale der -258| Aberglaube der Tschuktschen S52, 854 
—, Tabakpfeifen aus Speckstein 259| Abri Auditspitzen DA 


Abusso (Koassa Kamboi-Ramboi) 
Acheull&en von Le Moustier 
Ackerbau der Li auf Hainan 

— -Jahreszeiten nach Sternen berechnet 
„Adium“, Speer der Schilluk (Afrika) 


Alphabetisches Inhaltsverzeichnis. 1011 
Seite Seite 
335 Ansiedlung, vorgeschichtliche von 

309 | Cucuteni bei Jassy (Rumänien) 583 

211'—, vorgeschichtliche bei Hasenfelde, 
661 Kr. Lebus 819 

—, vorgeschichtliche bei Nackel (Nähe 
243 von Friesack, Kr. Westhavelland) 820 


mit Spitze aus Antilopenhorn 

Alfekläusserung in Deutsch-Ostafrika 

Afrika, die Staaten der Westküste 

—, Wechselbeziehungen zwischen dem 
Westen, Osten und Süden 

—-, Wurfkeulen aus Nord- 

—, 8. Issenghe, Steinbeil, Waffen, Xylo- 
phon, Zinnschmelzen 

—, Deutsch-Ost-, Ethnologie des 
Zwischenseengebiets von 

—, Portugiesisch-Siidost- s. Felszeich- 
nungen 

—, 8. Südafrika 

—, s. Westafrika 

Afrikanische Speere mit Knochenspitzen 

— Wurfhölzer, Wurfkeulen und Bume- 
rangs 

aggry-beads von der Goldküste 

Ägypten, Beziehungen nach Westafrika 

Ägyptische Einwirkung auf Westafrika 

Ahanta (Goldküste), Woche von zehn 
Tagen 

Ahnenkultus in China 

Ahnentempel, chinesischer 

Ähren, geröstete 


356, 


513 Anthropologisehe Kommission der Ber- 


19 ` liner Anthropologischen Gesellschaft (1) 
Antilope in Kamerun, Aberglauben 95 
77  Antilopenhorn, Speere mit Spitzen aus 243 
247 —, s. Flöte 
Apparat für Kopfmessungen 620 
‚Araber, Wurfkeule der 248 
Arabisch s. Amulettbriefe 
502 Araguaya-Reise 627 
'Arehäolithische Kultur der Tasmanier 633 
Argentinien, Alter des Menschen in 118 
‘Armbänder aus Schweinsleder, Hollän- 
| disch-Neuguinea 336 
242 Armringe eines Elefantenjägers der 
Baia 94, 95 
244 —, bronzene von Cucuteni bei Jassy 
46| (Rumänien) 595 
29 Aschanti, Pythonschlange heilig 38 
77 —, Symbole der Macht von 15 
 Aschanti-Goldgewichte 58, 61 
40 | Astronomisches, Westafrika 64 
357 Atakpame, Sage von der Regenbogen- 
358  schlange 44, 48 
835 Atlantis, das alte 26 


Akustisches Kriterium für Kultur- ‚ AugenderVölkerstämmeam Mamberamo 
zusammenhänge 601 in Holländisch-Neuguinea 319, 320, 335 
Albanesen, Nachkommen der Illyrier? 564, 915 — (= Sterne) als Himmelskörper 925 
Aleppo, Juden aus 81 ff. | Aurignaeien 958 
Altar der Erde, Peking 371, 372 Aurignacienknochenspitze 960 
—, 8. Himmelsaltar ‚ Ausgrabungen des Herrn O. Hauser 308, 621 
Altarschrein, zweistöckiger hölzerner, — 1909/10 in Cucuteni bei Jassy (Ru- 


im Tempel des eisernen Buddha auf 
dem Heng-shan 

Alter des Menschen in Argentinien 

„.Altmärkische‘“ Fibel 

Amerika, Süd-, syphilitischer Schädel 
aus 

Amerikanisten-Kongressin Buenos- Aires 
und Mexico 

Amulett mit dem Stempel des T‘ien-shih, 


mänien) 582 
433 — neolithischer Häuser bei Lissdorf, 
118! Kreis Naumburg 998 
680, 682, 759| — in der Veledahöhle bei Velmede a. 
Ä d. Ruhr 315 
128 | — von vorgeschichtlichen Einzelfunden, 
Gräberfeldern und Wohnplätzen bei 
117 Woltersdorf, Kreis Nieder-Barnim 346, 436 


. Ausschuss der Berliner Anthropologischen 


China 405, 406 ' Gesellschaft (1) 
Amulettbriefe, arabische, in der Aus- —, s. Wahl 
rüstung eines Elefantenjägers der Baia 111 Ausstellung „Nordland‘“ 945 
Amulette eines Elefantenjiigers der Australien, Parierschild aus West- 254 
Baia 93 ff. Axt, goldene, Symbol der Macht von 
—, Holländisch-Neuguinea 329 Aschanti 15 
—, versteinerte Seeigel als 257 :—, s. Lochaxt 
Angmagsalik (Eskimodorf) 261 Azilien 955 


654 


1012 Alphabetisches Inhaltsverzeichnis. 


Seite 7 
B. Berliner Gesellschaft fiir Anthropologie, 
Backgloeke der Albanesen 566 | Ethnologie und Urgeschichte: s. Photo- 
Baia (Kongo), Ausrüstung eines Ele- graphien-Sammlung 
fantenjägers der 91, Berwerth, Fritz f 
Ballspielplatz der mexikanischen Bilder- Bestattung, Neu-Guinea 
schriften 304 ' Bibliothek der Berliner Anthropologi- 
Bamler, Missionar, Deutsch-Neuguinea, schen Gesellschaft 
korrespondierendes Mitglied 139! —, Eingänge für die 185, 384, 629, 862, 
Bannerbrück, Mecklenburg - Strelitz, — 8. Periodische Veröffentlichungen 
Fragment eines neolithischen Schädels 133)! Bibliotheks-Kommission der Berliner 
Bart der Völkerstämme am Mamberamo. Anthropologischen Gesellschaft (1) 
in Holländisch-Neuguinea 319, 335 : Bildersehrift vomeJahre 1534 (Klage- 
Basedow, Dr., Chief-Protektor aller | schrift wegen unbezahlter Leistungen) 
australischen Eingeborenen 581 | —, mexikanische 
Bauch- und Trommeltanz-Duell, Ang- Bilderschriften, Hikchen in den 
magealik (Ostgrénland) 263 265 Bimbajo, Göttin, Hollandisch-Neuguinea 
Bauernhaus (Grundriss) mit Stallung 324, 
aus dem 13. und 14. Jahrhundert, | Bithynella, kleines Schneckchen 
Niedergörsdorf bei Jüterbog 347 | Blutrache auf Hainan 
bean-shooter (Spielzeug) 237 | Bogenspitze vom Typus Abri <Audit, 
Becher 3. Urinbecher Le Moustier . 
Becken mit ungewöhnlich langem Steiss- Bogenspitzen vom Typus Chatelperron 
bein 622' des Frühaurignacien 
Beckerslohe (Mittelfranken), Frühlatene- | Bogenstichel des Spätaurignacien 960, 
fibel 676, 677, 680 | Böhmen s. Dux, Jungfernteinitz, Ky- 
Beerdigung auf Hainan 205 schitz, Langugest, Letky, Libesnitz, 
Befestigung der Ansiedlung von Cucuteni | Nimburg 
bei Jassy (Rumiinien) 588 | Bolivien, Exkursion des Amerikanisten- 
Belestigungsanlage, vor- oder früh- | Kongresses nach 
geschichtliche bei Nackel (Nähe von | Bolle, Dr. Karl f 
Friesack, Kr. Westhavelland) 820 | Boote in Holländisch-Neuguinea 
Begräbnisplatz der Tschautschus in den Bornulied auf den Storch 
Tschaunbergen 845, 855 Borumessu (Holländisch-Neuguinea) 336, 
Behaarung der Menschenrassen und Brandgruben bei Seebad Rüdersdorf, 
Menschenaffen 974; Kreis Nieder-Barnim 
Beifussblatter in japanischem Aber- | Brandwirtsehaft in der Bodenkultur 
glauben 577 Brasilien, Siid-, heutige Verteilung der 
Beilngries (Oberpfalz), Frühlatenefibel 676,677 Indianerstamme 
Bekleidung, Neu-Guinea 132 | Braunschweig s. Walbeck 
Bemalung, Holländisch-Neuguinea 337 : Brennnesseln als Nahrungsmittel 830, 
Benin, Beziehungen nach dem Osten 25 Brief des Herrn Frizzi aus Korömira 
—, indische Einflüsse auf 76! auf Bougainville 
—, Schlangenkult 39 — des Herrn Leo Frobenius aus Salatu 
Berber, Wurfkeule der 248, 249,— des Herrn O. Hauser 
Bergtempel vom Heng-shan, China 431, 434 — des Herrn Seler aus Mexico 
Berichtigung 994 — des Herrn Speiser aus Noumea 
Berliner Gesellschaft für Anthropologie, | Bronze- Armringe von Cucuteni bei 
Ethnologie und Urgeschichte: Vor- | Jassy (Rumänien) 
stand, Ausschuss, Kommissionen, Bronze-Funde aus einem Grabe auf 
Organ, Vermächtnisse (1), Goldene dem Sprintberge bei Woltersdorf, 
Medaille, Ehrenmitglieder, Korre- Kreis Nieder-Barnim 442, 
spondierende Mitglieder (2), Ordent- | Bronzeringe aus einem Gräberfelde bei 
liche Mitglieder (5). Woltersdorf, Kreis Nieder-Barnim 491, 
— s. Bibliothek Bronzestiicke als Goldgewichte 


Seite 


944 
132 


982 
1003 


443 


407 
og 


Alphabetisches Inhaltsverzeichnis, 


Seite Seite 
Brücken, lederne 828 | Cortez, Zug nach Honduras 127 
Briickenbauten, Neu-Guinea 132 | Cucuteni bei Jassy (Rumänien), Aus- 
Brüste der Tschuktschen-Frauen 850 | grabungen 1909/10 582 
Bücherschenkung seitens der Frau — -Funde, Führung durch die Samm- 

A. Bartels 819 | lung von 621 
Buddha s. Tempel Cuzeo, alte Hauptstadt des Inca- 
Buddhismus in China 406, 432| Reiches 124 
Buenos Aires, Internationaler Amerika- 

nisten-Kongress 117 D. 

— 8. Museo, Museum SE 
A Dahlhausen, Kr. Westpri tz, lango- 
Biiffelsehwanz als Fliegenwedel 94| bardi her Urne CH s S 163 
Bumerang ‘aus Darfor 245 Dakome. das Reich 18 
Burgwall aus vorwendischer Zeit, Damaskus Juden aus 81 ff 
. D . .. 9 R 

Madergoridorf ber Jiterböğ 347 | Dankopfer für glückliche Heimkehr, 
Bürsten für Papierabformungen von Deutsch-Ostafrika 519 
B e Ge Darfor, Bumerang aus 245 

EIER A D “| Darshofen, Oberpfalz, Tierkopf-Fibel 673 
Butzow (Westhavelland), Frühlatene- | Darstellungen in. Schalen der Cora and 

ng y GC in Opferblutschalen der Mexikaner 298 
buzz (Spielzeug) ~ ‘=~, taoistische, auf den Reliefs von 

o | Woue-liang-tz*, ca. 147 p. Chr. n. 403 

. č _Davidsohn Sanitätsrat Dr. Herm. t 581 

a | Deiikation in China 419, 422 
ee eae Samm iing Musee EE Gerhard Ronis Ga Vere: 

de Buenos Aires 122: Srn 621 

.. = 
en REES, L19 Denkmalpflege s. Naturdenkmalpflege 
en ER Dialekte auf Hainan 216 ff. 
Chamacoco, Mythen und religiöse Vor- Diebstahl bei den Tschuktschen 843 
2: 

stellungen der : i 121 Diluvialchronologie und Paläethnologie 
Chang -tao-ling, der erste T‘ien-shih West-Europas 945 
Des in ag 104, 40° | Dinka, Stockschilde der 254 

EE Es ' Djenni (Westafrika), die Stadt der Gold- 
Chile s. Sprache E tere 10 
China, älteste Geschichte 193 

EE een hicht Doleh s. Knochendolch 
E aes S SE 153 Donau-Balkangebiet, stein -kupferzeit- 

S Behsionen liche Kultur des 597 

Chinesen, Haarboden vom Scheitel ei ene ed SCH ed 
; 974. 276 schaggarätsel, Psychologie des 522 

Dech SE Dualismus in der Philosophie der 
—, taoistisches Pantheon der 138, 393 Ohinesen 395 
mesinnenlüss, Weichteile. des "7 Dühren (Baden), Mittellatönefibel 684, 685 
Chinesische Staatsreligion und deren | en 

Dunkelmalerei der frühminoischen Ke- 

Kultus 348 ae 599 
Chiquitosprache 121 s ss roh 
Christentum in China Se Dux (Böhmen), Frühlatenefibel 676, 677 
Columbus, Sprache der Briefe des 127 
Combe-Capelle, Moust£rienindustrie von 957 i E. 

Congrès préhistorique de France in Eberzähne, Stirnschmuck aus gespalte- 

Nimes 140; nen, Holländisch-Neuguinea 335 
Copan, Chronologie der Reliefskulpturen Ehe der Tschuktschen 850 

von 126 | Ehrenmitglieder der Berliner Anthro- 
Cora-Indianer 294| pologischen Gesellschaft (2) 
Cortez, Originalmanuskript des Testa- Eideehsen, zwei sich kreuzende 62, 67, 68 

ments von 127 Eimerférmige Gefässe aus Gräbern bei 


1014 Alphabetisches Inhaltsverzeichnis. 
Seite Seite 
Woltersdorf, Kreis Nieder- Barnim | Faustschild vom Senegal 255 
490, 496 , Fellhemdhose der Tschuktschen-Frauen 845 
Eiserne Pfriemen von Cucuteni bei Fellkammer der Tschuktschen 845 
Jassy (Rumänien) 595 | Felszeichnungen aus den alten Gold- 
Elefant im Leben der Neger 109, gebieten von Portugiesisch-Siidost- 
Elefantenfetisch 108, 110| afrika 140 
Elefantenjagd in Kamerun 91 — bei der Mission Buanja in Kisiba, 
Elefantenjäger der Baia, Ausrüstung 91 Deutsch-Ostatrika 512 
Elefanten-Totem 110 Feng-shen, chinesischer Ausdruck für 
Elmina an der Goldküste, erstes portu- die Deifikation 421 
giesisches Fort 1481 | 11, 16 | Feng-shen-yen-yi, Hauptquelle fur die 
— s. Stab | Kenntnis des chinesischen Pantheons 423 
Engelsüss (Farnpflanze) als Nahrung Fest auf Hainan 202 
830, 839 | —» japanisches Mädchen- und Knaben- 568 
Ente, durchlochtes Gefäss in Gestalt — bei dem Eintritt ins Männerhaus, 
einer, aus einem Gräberfeld bei Wol- Holländisch-Neuguinea 339, 340, 342 
tersdorf, Kreis Nieder-Barnim 490, 495 Fetischkamm s. Negerfetischkamm 
Equisetum als Nahrung 825, 839 | Feuer, Zubereitung des Feldes für das 
Erdbauten in Mexico 315. Getreide durch 825 
Erde, göttliche Verehrung in der chinesi- | Feuermachen, Neu-Guinea 138 
schen Staatsreligion 356 | Feuersteingewehr eines Elefantenjägers 
Erdkröte, Reliefbild der 127 der Baia 104 
Eskimos, Musik und Tänze der grön- Feuerstein-Manulacte von Woitersdorf, 
ländischen 961 Kreis Nieder-Barnim 438, 439 
— s. Ausstellung | Feuerstelnpfeilspitzen, feingearbeitete 
Eskimolied von Kap Dan in Ostgrön- von Cucuteni bei Jassy (Rumänien) 
land 268 590, 591 
Eskimotrommel 264, 266 Fibeln s. Latenefibeln 
Essnapf als Nachtgeschirr g52 Figuig (südwestmarokkanische Oase), 
Ethnologie des Zwischenseengebiets von Steinstössel aus 255, 256 
Deutsch-Ostafrika 509 | Firnismalteehnik 599 
Etrurien, Beziehungen nach Westafrika 70 Fisch im Aberglauben der Völkerstämme 
Europa s. Diluvialchronologie in Holländisch-Neuguinea 322 
Ewestämme 41 ff. —> Gespräch des, mit dem Ziegenbock 9v4 
Exkursionen des Amerikanisten- Kon- Fischfang der Li auf Hainan ZU 
gresses 123, 128 Flachbeil aus Kupfer von Cucuteni bei 
Expedition nach Holländisch - Neu- Jassy (Rumänien) ond 
guinea 315 | Fiachbeile, steinerne, von Cucuteni bei 
— s. Südsee Jassy (Rumänien) 591 
Flaggen bei dem japanischen Knaben- 
F. fest STi 
Familienleben der Tschuktschen 849 | Fiiegenwedel eines Elefantenjägers der 
Farbensymbolismus des chinesischen Baia 94 
Ritus 364 | Flöte (aus Holz und aus Antilopenhorn) 
Farbentypus der syrischen Juden 85, 90, eines Elefantenjägers der Baia 34 
Farnwurzeln, Nahrungsmittel der prä- Font - Robertspitze der Font - Robert- 
historischen Zeit 829 | kultur gül 
Fäustei, des Praechelléen, St. Acheul 948 Forts, europäische an der Goldküste im 
— des Friihchelléen, St. Acheul 048 17. Jahrhundert 17 
— des Hochchelleen, St. Acheul 950 ` Fränkel, B., Geh. Med.-Rat t 94 
— des Frühacheuleen, St. Acheul 951 Frauen, Einfluss in Holländisch-Neu- 
— des Hochacheuléen 952, guinea 323, 335 
— des Spätacheuleen 953, 954 | Frithlaténefibeln 675, 714, 932 
— des Frühmousterien 956 Fuss s. Chinesinnenfuss 


Alphabetisches Inhaltsverzeichnis. 


G. 
Ga-Volk 


1015 

Seite Seite 
Goldstaub, Charakteristikum der 

42  Aschantiländer 37 

39, Gorillaschädel, schiefer 271 


—, Zeremonien 

Gagho, zweite Hauptstadt Songhais 

Galley-Hill-Mensch, Alter des 

Gastfreundlichkeit der Li auf Hainan 

Gastreebt bei den Tschuktschen 

Gebete, chinesische 

Gebräuehe, abergläubische, auf Hainan 

Geburstag, 80., des Herrn Stimming 

Gelässe der Ababde aus Speckstein 

— aus Gräbern bei Woltersdorf, Kreis 
Nieder-Barnim 445 ff., 449 ff, 

— aus einem Grabe auf dem Sprint- 
berge bei Woltersdorf, Kreis Nieder- 
Barnim 

—, lederne 

Gehirn s. Grosshirnrinde 

Geister im Glauben der Chinesen 356, 

Geld selten angenommen von den 
Tschautschus 

Genetta servalina, Täschchen aus dem 
Fell der 

Geologische Entwicklungsgeschichte der 
älteren Postglacialzeit im nördlichen 
Europa und ihre Beziehungen zur 
Prähistorie 

Gerlalingen (Pfahlbau) am Bieler See, 
Klopfhammer 

Geschenk des Herrn Richard Neuhauss ` 
(1028 photographische Aufnahmen) 

Gesichtsindex der syrischen Juden 

Gesteinsarten Tasmaniens 

Getreide, Aussengen des 

Getreidebau und künstliche Bewässerung 

Gewehrleder als Feuerstahl 

Gewichte s. Goldgewichte 

Gewichtssystem der Aschantigewichte 

Ghana (Westafrika), das Reich von 

Giftspeere der Baia (Kongo) 

Gittermuster in der frühminoischen 
Keramik von Kreta 

Glatzenbildung bei den Anthropoiden 

Gloeke, Doppel- eines Elefantenjägers 
der Baia 

Glyceria tluitans = Schwaden = Manna, 
Verwendung 829, 

Goldbroschen von der Goldkiste 

Goldgewiehte, H auf 

Goldhandel, stummer 

Goldkiiste (Westafrika) 

Gioldland, ein zweites, Salomos 

— s. Guinea 

Goldschmiedekunst, Westafrika 


653 


19, 36 | Götter, Klassifizierung der chinesischen 417 


970; —, Rangtafel taoistischer 
198 | —, s. Hausgötter 
852, Gétterdarstellungen, China 


427 


402 ff., 423, 430 


361 | Götterkult und Ahnenkult 153 
201 ` Gottheiten der Tschuktschen 853 
818| Gräberfeld mit ältesten Buckelurnen, 
258| Niedergörsdorf bei Jüterbog 347 
Gräberlelder bei Woltersdorf, Kreis 
485, Nieder-Barnim 439 ff. 
Grabkammern mit Reliefs, China 402 
| Grabstoek, stets nur aus Holz 823 
442 —, als Auszeichnung der Frau 824 
628 Grammatik der Zamuco-Sprache 121 


Gräser, wilde der prähistorischen Zeit 822, 829 
373 | Gravettespitze des Spätaurignacien 961 
Griechenland, Trinkgeschirr mit Stern- 


813 ` bilderdarstellungen 17 
Grönland s. Eskimos 
96 Grosshirnrinde 114 
ae Säuern in 832 
—, s. Kochgruben 
Nerunarlise verschiedener Gehöfte mit 
347; Wohnhäusern und Sklavenkasernen 
aus Südostafrika 146 
252. Guaieurusprache 121 
' @uansprache, Verbreitungsgebiet 40 
140 | Guarani-Indianer, Sammlung 121 
82 | Guayaki (Paraguay), Sammlung 121 
654 | Guinea als Goldland 9 
826 Gurina (Kärnten), Fibeln 689 
825 | 
97 H. 
Haar der Völkerstämme am Mamberamo 
63! in Holländisch-Neuguinea 317, 334 
10 —, Länge des, bei den Negern 279 
91 der Papua 980 
| —, spiralgekraustes 279, 250 
599 | — der Tasmanier 979 
978 = der Tschuktschen 842 
,— 8. Behaarung 
94 Haarbildung, Wert für Rassenver- 
| gleichungen 275 
838 Haarboden vomScheitel eines Chinesen 274,276 


14 | —, vom Scheitel eines Hottentotten 275, 276 
56 Haarfarbe der syrischen Juden 84, 90 


9| Haarnadeln, hölzerne von der Goldküste 50 

9 ff.. Haarperrücken s. Perrücken 
1 Haarprobe, Tasmanier- O71 
Haarschneiden (?) der Tasmanier 652 
12, 15 Haartrachten auf Hainan 205 


1016 


Hacken, hölzerne 

Hainan (Insel), die Li auf, und ihre Be- 
ziehungen zum asiatischen Kontinent 

Häkchenzeiehnung in den Bilderschriften 

Halsschmuck: Ringe aus Schwanzhaaren 
des Elefanten 

Hammeräxte, durchlochte von Cucuteni 
bei Jassy (Rumänien) | 

Han-Grab altes Baudenkmal, China 

Han-Zeit, Taoismus der 

Handel der Phönizier (= Karthayer) mit 
den Völkern der Westküste Afrikas 

Handelsverkehr zwischen Nordafrika 
und den Gebieten südlich der Sahara 

Handelswege im Innern Westafrikas 

Hanno (Karthager), Expedition des 

„Hannoverische‘“ Fibel 655, 

Harpune, Prototypus der, Frühmagda- 


lenien 903, 
Harpunen, einreihige des Hochmagda- 
lénien 963, 


—, zweireihige des Spätmagdalenien 964, 966 Holzstempel, westafrikan., 


— s. Hirschgeweihharpunen 

Haselnusskätzehen als Notnahrung 

Hasenbrot 

Hasentelde, Kreis Lebus, vorgeschicht- 
liche Ansiedlung 

Häuser der Li auf Hainan 


— der Völkerstämme am Mamberamo - 


323, 
Kreis 


in Holländisch-Neuguinea 
—, neolithische bei Lissdorf, 

Naumburg 
Hausbauten, Neu-Guinea 
Hausgerät der Tschautschus 
Hausgeräte auf Hainan 
Hausgötter der Tschuktschen 
Haussa, Epitheta für Pflanze und Tier 
Hautfarbe der Völkerstämme am Mam- 


beramo in Holländisch-Neuguinea 320, 


Heirat bei den Völkerstämmen in Hol- 
ländisch-Neuguinea 

Heiratsgebräuche auf Hainan 

Heldenfiguren bei dem Aufbau zum 


japanischen Knabenfest 
Helmshagen, Pommern, Spätlatene- 
fibel 659, 690, 


Heng-shan, altchinesischer heiliger Berg 


431, 


Henkelschalen aus Gräbern bei Wolters- 
dorf, Kreis Nieder- Barnim 

Herero, Plica semilunaris bei 

Hessen s. Wachenheim 

Hierog'yphe Youallan, „am Orte der 
Nacht‘ 


549, 


202, 


390, 


Seite 


524 | 

| 
193 | 
925 


92 

| 
591 | 
158 
402, 


55 | 


36 | 
19 
73. 
793 


964 | 
965 


| 
$29 
830 


819 
209 


338 


998 
132 
849 
212 
853 
866 


335 | 


Seite 
Hieroglyphen der Tageszeichen 127 
Himmel der Chinesen 355 
Himmelsaltar Tien-Tan, Peking 364, 366, 369 
Peking 
` 363, 369 
Hirsch, die Sonne tragend, Cod. Borgia 929 ` 
 Hirschgeweihharpunen, flache des Azilien 
965, 967 
Hirschhornaxt, polierte von Cucuteni 
bei Jassy (Rumänien) UE? 
 Hirschbhorgbseke, rohe von Cucuteni - 
bei Jassy (Rumänien) 593 
Höhle Castillo bei Puento Viesgo in der 
, Provinz Santander 967 
.— 8. Veledahöhle 
Höblenwohnungen 115 
Hohnrätsel der Dschagga 533 
 Höllendarstellungen der Taoisten 406 
Hoizkeule der Ja-Luo 253 
'Holzsehale der Ababde 253 
Holzsehwert der Issenghe (Afrika) 246 
Schlangen- 
motiv 14, 39 
Holsteller aus Rhodesia (Südafrika), 
symbolische Zeichen OU 
Holzwaffen aus dem Kongogebiet 245 
Hölzerne Geräte und Werkzeuge neben 
Ä den oder statt der Steinwerkzeuge 822 
— Sichelkeulen der Issenghe, Afrika 245 
Homo neogacus 118 
Homosexuelle in Holländisch-Neuguinea 339 
Honzik, Architekt f 114 
Hopi-Indianerlied 269 
Hottentotten, Haarboden vom Scheitel 
eines 275, 276 
—, Plica semilunaris bei 616 
-Hua-hu-king, chinesisches Werk, ,,Buch 
von der Bekehrung der Hu ( EE 
durch Lao-tzv“ 408 
‘Hund in Holländisch-Neuguinea 330- 


322 
203 


‚Niyrier, Albanesen Nachkommen der? 564, 


Alphabetisches Inhaltsverzeichnis. 


I. 


577 Inea, Geschlechterverfassung der 121 
"Indianer, mexikanische, Überreste heid- 

691 nischer Vorstellungen und Gebräuche 127 
— , Verwandtschaft der Musik der Polar- 

432. eskimos mit der der 261 
Indianerlied vom Thompson-River 268 

496 Indianische Elemente in der heutigen 

616 Sprache Chiles 121 
Indische Einflüsse auf Benin 76 
'Irisfarbe der syrischen Juden 85, 90 

925 Islam in China 412 


Alphabetisches Inhaltsverzeichnis. 


Issenghe (Afrika), Holzschwert der 
— hölzerne Sichelkeulen 


J. 

Jagd bei den Li auf Hainan 

— s8. Elefantenjagd 

Jagor-Sammlung . 

Jahresrechnung der Rudolf Virchow- 
Stiftung fiir das Jahr 1911 

Ja-Luo (nilotischer Stamm, Viktoria 
Nyanza), Holzkeule der 

— Steinkeulen 

Japanisches Madchen- und Knabenfest 

Joehbeine, vorstehende bei syrischen 
Juden / 

Juden des westlichen Sudan 

—, syrische, Anthropologie 

Judentum in China 


1017 


Seile Seite 


246 Kersbach, Mittelfranken, Tierkopf-Fibel 


245 673, 674 
i Ketten, goldene von der Goldküste 58. 
Keulen s. Steinkeulen . 
210 Kiao, chinesische Opferzeremonie . 362 ff. 
Kielkratzer des Hochaurignacien 960. 
983 Kilimia=Plejaden 66 
Kindergewebr aus Lübeck 238 
989 | — aus Togo 238 
Kinderspiele, Neu-Guinea 132 
253 | Kinderspielzeug 237 
250 | Kinematographische Aufnahmen aus 
568! Deutsch-Neuguinea 136 
Kleidung der Li auf Hainan 206 


83 — der Völkerstämme am Mamberamo 
30: in Holländisch-Neuguinea 

60! — der Tschautschus 

412, Kl. Gleiehberg, Sachsen-Meiningen, Früh- 


Jungfernteinitz, Böhmen, Maskenfibel 672| latenefibel 676, 677, 680 
Jütland, Spätlatenefibel 690 | —, Mittellaténefibel 683, 684, 685 
—, Vogelkopf-Fibel 674, 675 
K. Kl, Jeseritz (Schlesien), Frühlat2nefibel 680 
Kaka (Baiastamm), hervorragende Jäger 92 KL Schweinitz, Kr. Liegnitz, Schlesien, 
ka-ko-mä, Ausruf des Erstaunens bei | Tierkopf-Fibel 673, 674 
den Tschuktschen 850 | Klima, Knochenfunde und 973 
Kalebassen, westafrikanische, Stern- | Klingenkratzer des Hochaurignacien 959 
. darstellungen 62, 66, 67, 68 Kiopfhammer, prähistorischer 251, 252 
Kalenderstein des Museo Nacional de — aus dem neolithischen Pfahlbau 
Mexico 298, 303: Gerlafingen am Bieler See 252 
Kalktufflager s. Walbeck -— als Knauf der Steinkeule der Ja- 
Kalmus in japanischem Aberglauben 577, Luo 252 
Kamerun, Elefantenjagd in 91 Knabenfest, japanische 568, 576 
— s. Antilope, Leopard, Schildkröte Konallbüchsen aus Togo 238, 239 
Kamm s. Negerfetischkamm ' Knochen zur Anfertigung von Geräten 
Kammmuster, Bedeutung der 161 .in der archäolithischen Kultur der 
Kaninchen = Mond im alten Mexiko Tasmanier nicht verwendet 640 
926, 929 —, Waffen und Geräte aus, von Cucu- 
Kano, versteinerter Seeigel aus, als ' teni bei Jassy (Rumänien) 592 
Amulett getragen 257 Knoehendoleh, pfriemenartiger von 
Karawanenstrasse von Fezzan nach : Cucuteni bei Jassy (Rumänien) 592 
dem Tschad 28, 29 Knochenfunde und Klima 973 
Karawanenstrassen quer durch Afrika 21 Knochenspitzen, afrikanische Speere mit 242 
Karolinen, Hamburger Siidsee-Expedi- Knöpfe, goldene von der Goldküste 58 
tion 1909/10 nach den 293 Koassa Kamboi Rambo), Stämme am 
Karpfen, Bedeutung in Japan 676. Mamberamo in Holländisch - Neu- 
Karthager, Goldhandel der 9 guinea 332 ff. 
— 8. Handel ' Kochgruben, mit Rinde ausgesetzte 828 
Kasuar in Hollindisch-Neuguinea 330. Kochtöpfe, steinerne der Ababde 258 
Kasuarhaare, Perrücken aus 335 — aus Gräbern bei Woltersdorf, Kreis 
Keramik, bemalte von Cucuteni bei Nieder-Barnim 488, 496 
Jassy (Rumänien) 585 ff. Kommissionen der Berliner Anthropo- 
— von Kreta 598 logischen Gesellschaft (1) 
Kerbspitze des Spitsolutréen 962, 963 Konfuzius, Gedenktafel 397 
Kerbzeichen als Schrift auf Hainan 213 Kongo, Wurfhölzer vom 244 


1018 


Alphabetisches Inhaltsverzeichnis. 


A Seite ' Seite 
Kongress, 18. internationaler Ameri- Kukia, alto Hauptstadt Songhais 19, 36 
kanisten- 818 | Kuklanka = Rentierfellhemd der 
— s. Amerikanisten-Kongress Tschautschus 8415 
—, 10. internationaler Geographen-, ver- | Kulturentwieklungz, alt-kretische 598 
schoben 818 Kulturheroensage in Holländisch-Neu- 
—, internationaler Rassen- 348: guinea 327, 345 
Kontrasträtsel der Dschagga 528 | Kulturkreis, mexikanischer 294 
Kopf s. Menschenköpfe Kulturschiehten in Afrika 242 
Kopfbedeekung der Albanesen 565 | Kulturzusammenhänge, akustisches Kri- 
— auf Hainan 206 terium für 601 
Kopfthaut eines Chinesen 276 Kunst, Entwicklungsstadien der parie- 
— eines Hottentotten 2771 talen 968, 970 
Kopfindex der syrischen Juden 82, 83 Kupfer neben Eisensachen 596 
Kopfjägerei in Holländisch-Neuguinea 325!— s. Flachbeil, Lochaxt 
Kopfmessungen, Apparat fiir 620 | Kupterwaffen und Geräte von Cucuteni 
Kopfstützen, Miniaturnachbildungen von 160. bei Jassy (Rumänien) 394 
Korantasche eines Elefantenjägers der | Kürbisschale der Cora 246 
Baia 96 Kysehitz, Böhmen, Maskenfibel 672 
Körehow, Mecklenburg-Schwerin, Spät- | 
latenefibel 688, 689 L. 
Kornspeicher der Li auf Hainan 200 La Mieoque s. Typus 
Körner, Franz t 581 | La Plata s. Museo 
Körperdeformationen der Li auf Hainan 200 La Quinaschaber des Spätmousterien 957 
Körperhöhe der Pygmien in Deutsch- Big Rochette, Ausgrabungen 309 
Neuguinea 981 Landwirtschaft, Plejaden in der 65, 6b 


— syrischer Juden 

Körpermasse der syrischen Juden 

Korzespondierende Mitglieder der Ber- 
liner Anthropologischen Gesellschaft 


139, 


Korvar = Figur in Hockerstellung, Hei- 
matstätte für die Seele 

Kosmogonie der Chinesen 

Krankenheilung bei den Tschuktschen 

Krankheiten auf Hainan 

— in Neu-Guinea 

— bei den Tschuktschen 

Kreta s. Keramik, Kulturentwicklung, 
Metallindustrie 

Kreuznach, Vogelkopffibel 

Krüge aus Gräbern bei Woltersdorf, 
Kreis Nieder-Barnim 

Krugtassen aus Gräbern bei Wolters- 


dorf, Kreis Nieder-Barnim 490, 495, 


Krugtöpfe aus Gräbern bei Woltersdorf, 
Kreis Nieder-Barnim 

Kuan-yin, Figur des taoistischen Pan- 
theons in China, christliches Vor- 
bild 

Kuchen, Herstellen von, Deutsch-Neu- 
guinea 

huert a Quer 

„Kugsassuak“ (Schaukelschweif),Schau- 
spicllied der Eskimos 


674, 


4189, 


459, 


g1 | Langobardiseher Urnenfriedhof bei Dahl- 
sa! hausen, Kr. Westpriegnitz 163 


Langugest (Böhmen), Frühlatenefibel 678 
(2) Lanzen zur Elefantenjagd 104, 105 
981 , Lao-tze, historische Persönlichkeit in 
China 399, 400 
326'—, die Geburt von 409 
395 —, s. Hua-hu-king 
814 Laténefibeln, Formengebung der 671 
205 | —, Typenkarte 664, 930 
132: Le Moustier, Ausgrabungen 309 
855 | Leden, Christian, Forschungsreise im 
| nördlichen Kanada 819 
Leder, Verwendung SE 
675 Ledersechiffe &28, Sin 
‚Ledertäschehen eines Elefantenjiigers 
494 der Baia 96 ff. 
Legenden im Feng-shen-yen-yi 423 ff. 
496 '— chinesischer göttlicher Wesen 427 
| Lei-chen-tz@, chinesische Gottheit, Le- 
494. gende 425, 426 
Leidingshof, Oberfranken, Tierkopf- 
Fibel 673 
411 ' Leopard in Kamerun Oe 
| Letky (Böhmen), Frühlatenefibel 
138 : 676, 677, 6738, 650 


'Li, die, auf Hainan und ihre Be- 
' gziehungen zum asiatischen Kontinent 143 
265 | Libesnitz (Böhmen), Frühlatenefibel 676, 677 


te. Atten hr u ne a 


Alphabetisches Inhaltsverzeichnis, 


Lima s. Museo 


Seite 


Seite 
Meerschneekengehäuse auf dem First 


Lissdorf, Kreis Naumburg, Ausgrabungen des Tempeldaches Uitzilopochtlis 922 
neolithischer Hauser 998 | Meili, das Reich von 10 
Loebaxt (Bruchstiick) aus Kupfer mit Mene, heilige Stadt der Athiopier 25 
Schafthelm von Cucuteni bei Jassy Mensch, Abstammung im Aberglauben 
(Rumänien) 594, 596, 601| der Vélkerstamme in Holländisch- 
Löffel mit Stiel aus einem Gräberfeld Neuguinea 322 
bei Woltersdorf, Kreis Nieder-Barnim — s. Homo 
495, 497 Menschenköpfe, abgeschnittene, auf den 
Löffeleben (?) aus Knochen in Tas- buntbemalten Gefässen von Nazca 
manien 640! in Peru 127 
Lohne (Altmark), Mittellaténefibel 685 : Menschenrassen und Menschenaffen, 
Lorbeerblattspitze des Hochsolutreen 962| Behaarung der 974 
Liibeck s. Kindergewehr Merongai (Kerudu) 319, 322 
Lucae, A., Geh. Med.-Rat Prof. Dr. + 290 | Messersehmidt, Dr. L., Kustos t 290 
Lügen in Neuguinea 320 Messiassage bei den Papua 327, 344 
von Lusehan, Delegierter auf dem First |Mesvinien, „Übergangsepoche“ zum 
universal races Congress in London 945 | Paläolithikum 953 
‘ Metallfunde, Südostafrika 145 
M. | Metallguss, ,,verlorenes Wachsverfahren‘‘ 
Madchentest, japanisches 568 | beim 60 
Madsen, P. t 348 Metallindustrie, alt-kretische 600 
Magdalénien 963 | Metallspiegel der T ang Zeit mit sym- 
Mainz, Spätlatenefibel 688! bolischem Dekor 399 
Makonde, Kindergewehr der 238 Metallstücke als Goldgewichte 58 
Malve als Nalırungsmittel 830 Mexico, Internationaler Amerikanisten- 
Mamberamo (Strom) in Holländisch- | Kongress 117 
Neuguinea, Völkerstämme am 315 —, Brief des Herrn Seler aus 310 
Mamma eines Zwitters 291 --, Sonne, Mond und Sterne im alten 922 
Mangossi (Gott), Holländisch-Neuguinea 325 Mexikaner, Medizin der alten 127 
Manichäismus, Beziehungen zu dem Tao- i —, Opferblutschale der alten 203 
ismus Chinas 408 | Miao auf Hainan 211 
Männerhaus der Papua, Holländisch- Milehsehlauch 828, 837 
Neuguinea 339 Minden, Dr. jur. Georg, Schenkung 991 
Männerkindbett 546 miquiztli = das sechste Tageszeichen 923 
Marignac (Gironde), Fundstation 947 Mitglieder, neue 139, 290, 307, 348, 581, 621, 


Marzabottofibel 

Maskenfibeln 

Masse s. Körpermasse 

>> Matraque“, Wurfkeule der Araber und 
Berber 

—, Verbreitung und Vorkommen 

Maya, Darstellung des Mondes bei den 

Maya-Gesehichte 

Maya-Verbum, Formation des 

Mbandwas, Institution der, Deutsch- 
Ostafrika 503, 

Mecklenburg-Schwerin s. Körchow, Per- 
döhl, Rachow 

Mecklenburg -Strelitz s. Bannerbrück 

Medaille, Goldene der Berliner Anthropo- 
logischen Gesellschaft (2) 

Medizin der alten Mexikaner 

Meeres-Götter, China 


676, 679, 
672, 696, 


631 
930 


818, 944, 993 
Mitgliederverzeiehnis der Berliner An- 
thropologischen Gesellschaft 


| 
(5) 


Mittellaténefibeln 682, 760, 936 

248 ‚MIZPAH-Ring aus Gold von der Gold- 

ZOU, kiiste 14, 72 

924 Mohammedanische Ansiedlungen auf 

127° Hainan 195 

126 Mokmer (Insel Biak) 328 
Mond im alten Mexiko 922 

516 Mondbild 315 
_Mongolenpfeifehen der Tschuktschen 845 
Monumente, Papierabformungen von 541 
'— von Tiahuanaca 121, 124 
Morwitz ł 114 
Mossi, das Reich von, im Innern West- 

127 | afrikas 20 


403 Moustérienindustrie von Combe-Capelle 956 


1020 


Moustierspitze des Friihmoustérien 

— des Hochmoustérien 

Münsingen b. Bern, Frithlaténefibel 
676, 677, 678, 679, 

—, Mittellaténefibel 682, 683, 

Museo Nacional de Buenos Aires 

— Historico Nacional in Lima 

— de la Plata 


Alphabetisches Inhaltsverzeichnis. 


Seite Seite 
956 Neue Hebriden, Dr. Felix Speiser dort 317 
957 | Neuguth, Westpreussen, Fibel 655 

‚Neuhauss, Rich., Geschenk 140 
680 ' Niedergérsdorf bei Jüterbog, Aus- 
684| grabungen des Herrn Kiekebusch 347 
122 | Nienburg (Hannover), Mittellaténefibel 665 
125  Nienbättel bei Ulzen, Hannover, Fibel 635 
122 | Nigeria, Wurfholz aus 248 
—, Wurfkeulen aus 247 


Museum der Facultad de Filosofia y 
Letras in Buenos Aires 

Musik und Musikinstrumente in Hol- 
ländisch-Neuguinea 

— und Tänze der grönländischen Eski- 
mos und die Verwandtschaft der 
Musik der Polareskimos mit der der 
Indianer 

Mütze eines Elefantenjägers der Baia 


N. 

Naekel bei Friesack, Kr. Westhavel- 
land, vorgeschichtliche Ansiedlung 
und vor- oder frühgeschichtliche Be- 
festigungsanlage 

Nahrungsmittel der prähistorischen Zeit 

Namen, alte, in Albanien 564, 

Napfférmige Töpfe aus Gräbern bei 
Woltersdorf, Kreis Nieder-Barnim 488, 

Narben s. Schmucknarben 

Narbenverzierungen in Neuguinea 

Nase der Völkerstämme am Mamberamo 
in Holländisch-Neuguinea 

Nasendurchbohrung auf Hainan 

—, Holländisch-Neuguinea 

Nasenform der syrischen Juden 

Nasenindex der syrischen Juden 

Nasenpflock der Völkerstämme am Mam- 
beramo in Holländisch-Neuguinea 321, 

Naturdenkmalpflege, Amtliche Stelle für 

Naturgötter der Chinesen 418, 

Nauheimer Fibel 687, 685, 691, 

Negerfetischkamm mit alten und 
modernen Perlen, arabischen Miinzen 
und astronomischen Darstellungen 


122 | Nigritische Kulturschiehten von Afrika 242 ff. 


| Nil, Nebenflüsse in alter Zeit 21 
320 Nimburg (Böhmen), Frihlaténefibel 678 
' Notbrot 829, 839 
Nubien, Beziehungen zu Westafrika 32 
—, Herkunft des westafrikanischen 
261, Schlangenkultes aus 39 
93: Nymphäenknollen als Nahrung 830, 839 
| 
Ä 0. 
Oberhausen im Rheinland, Schädel 523 
Oberlippe der Pygmäen in Deutsch- 
: Neuguinea EA) 
820 Oberndorf (Oberpfalz), Frühlatenefibel 
829) 676, 677 
567 Ohr, kurzes breites der Pygmäen in 
Deutsch-Neuguinea SEA 
496 Ohrldppehen fehlt bei Pygmäen in 
| Deutsch-Neuguinea 2:1] 
132 ' Ohrringe aus Südostafrika 146 
Olin-Zeichen 301 


319 © mi shan, heiliger buddhistischer Berg 432 
01 ‚Opfer bei den Chinesen 361 ff., 305 ff. 
336 — s. Dankopfer | 


e4 ‚Opferblutschale der alten Mexikaner 243 
82 i Opferbrauch in Deutsch-Ostafrika 512 
‘Orakei in Hollandisch-Neuguinea 329 
336 | Orientalistenkongress in Athen, Ein- 
139° ladung 308 
423 | Ornamentbilder von Palenque 313 


194 Ornamente der Gefässe aus Gräbern 
| bei Woltersdorf, Kr. Nieder-Barnim 
448, 485 ff. 


80, 51, 62 


Neolithischer Schädel (Fragment) von 
Bannerbrück, Mecklenburg-Strelitz 
Neu-Guinea, Deutsch-, kinematographi- 
sche und phonographische Aufnahmen 
aus 

—, photographische Aufnahmen 

—, Pygmiien 

—, Reise nach 

—, Holländisch-, s. Mamberamo, Volker. 
stimme 


| Osterburg (Altmark), Spätlatenefibel 6% 
| P. 
133  Päderastie bei den Tschuktschen 855 
'Pai-shou-t‘u, Tafel mit 100 Formen 
des Zeichens für shou „langes Leben“ 420 
136 Pa-kua, mystisches chinesisches Zeichen 
140 395, 399, 402, 405 
250 | Palenque, Ruinen von 311 
130 Pangwe-Gebiet, Kindergewehr aus dem 238 
| Panpfeife 612 


| Pantheia der chinesischen Literatur 


Alphabetisches Inhaltsverzeichnis, 


Pantheon, taoistisches, der Chinesen 138, 

Papageiensehnabel, Stichelform des Spät- 
magdalénien 965, 

Papierablormungen von Monumenten 


Papua, Haar der 

Papuahunde 330, 

Papuasprachen 318, 

Paraido (Dorf) am Mamberamo in Hol- 
landisch-Neuguinea 


Parierschild aus Westaustralien 

Patagonisehe Sprachen 

Pauwi (Dorf) am Mamberamo in Hol- 
liindisch-Neuguinea 

—, Frau aus 

Pawnee-Indianerlied 

Peking s. Himmelsaltar, Himmelstempel 

Pemari (Koassa-Kamboi-Ramboi) 

Penis der Buschleute 

— - Amputation in Neuguinea 

Perdöhl, Mecklenburg-Schwerin, Spät- 


1021 


Seite | Seite 
393  Plejaden in Westafrika 65 
Plica semilunaris bei Herero und 
966 Hottentotten 616 

541 | Polareskimos, Verwandtschaft der Musik 
32850 | der, mit der der Indianer 261 
331 Polareskimolieder 266, 267, 269 
343 Polarstern bei den Phöniziern 64 
‚ Pommern s. Helmshagen 
317 „Pommersche“: Fibel 690, 691 
254 Prähistorle, geologische Entwicklungs- 
121, geschichte der älteren Postglacialzeit 
| im nördlichen Europa und ihre Be- 
332  ziehungen zur 347 
324 —, altertiimliche afrikanische Geräte 
267| und 240 
—, Wirtschaftliches zur 821 
338 | Prahistorisehe afrikanische Funde 143 ff. 
582 — Kommission der Berliner Anthropo- 
132. logischen Gesellschaft (1) 
Prosdoeimi, A., Prof. f 621 
688 | Protolith 252, 253 


latenefibel 687, 

Periodische Veröffentlichungen, die der 
Berliner Anthropologischen Gesell- 
schaft durch Tausch, Ankauf oder 
als Geschenk zugehen 

Perlen aus Südostafrika 

— 8. aggry-beads 

Perrücken bei Stämmen am Mamberamo 
in Holländisch-Neuguinea 

Persisehe Einfiüsse auf die religiösen 
Verhältnisse in China 

Personilikationen von Ideen in China 

Perú, Exkursion des Amerikanisten- 
Kongresses nach 

— s. Vasengemälde 

Peruanische Grabfelder 

Pfahibau s. Gerlafingen, Butz, Wauwyl 

Pfeilspitze aus Südostafrika 

Pflanze und Tier im Volksmunde des 
mittleren Sudan 

Pllanzen als Nahrungsmittel 

Pfriemen, eiserne von Cucuteni bei 
Jassy (Rumänien) 

— aus Knochen von Cucuteni bei Jassv 
(Rumänien) 

Phönizier in Westafrika 

— s. Polarstern 

Phonographische Aufnahmen aus 
Deutsch-Neuguinea 

Photographie des Königs Mihigo von 
Kwidschwi 

Photographien-Sammlung der Berliner 
Anthropologischen Gesellschaft 

—, Kustos der 


145, 


' Prüllsbirkig (Oberfranken), Vogelkopf- 


fibel 674, 675 

| Psychologie des Dschaggarätsels 522 

(23), Pulquegott 305 

146) Pulquegötter = \Mondgötter 926 
Pulverflasche eines Elefantenjägers der 

Baia 93 


335 Puppen für das japanische Mädchenfest 571ff. 


' Pygmäen in Deutsch-Neuguinea 250 
408 Pythonschlange, heilig in Aschanti 38 
49 

Q. 
123 Quer = Stockschild vom oberen Nil 25 

_Quetzalcouatl, Mondgott 2 
126 

R. 
145 Rabe, Schwalbe und 906 
‘Rachow, Mecklenburg-Schwerin, Spät- 
865 latènefibel | 688, 689 
S30 Rangtafel taoistischer Götter 427 

Ranke, Joh., 75. Geburtstag 944 
595 Rasse, Begriff 272 

Rassenkongress, internationaler in 
592 ` London 348 

72 Rassenmerkmale, Verwertung für all- 
gemeine Vergleichungen 272 


— der Pygmien in Deutsch-Neuguinea 280 ft. 


136 Rasttag der Tschuktschen 850, 852 
Riitsel und Sprichwort 535 
514 Rätselspiel bei den Wadschagga 525 


Rechnungsbericht für das Jahr 1911 983 
_ Redaktions-Komniission der Zeitschrift 


für Ethnologie (1) 


1022 


Seite | 

Regenbogensehlange, Sage in Atakpame | 

44, 48 

— bei den Kaffern Südostafrikas 53 
Regengott s. Tlaloc 

Reise nach Deutsch-Neuguinea 120 | 

Religion, alte, in China 396 


—, chinesische Staats- und deren Kultus 348 
— der Völkerstämme am Mamberamo | 
in Holländisch-Neuguinea 324, 327, 342, 344 : 
Religionen, Beispiele für die gegenseitige 
Durchdringung der drei chinesischen 
414, 429 
—, fremde in China 407 
Religiöse Verhältnisse im heutigen China 412 
Remak, Ernst, Geh. Med.-Rat t 581 
Rentier selten im älteren Moustérien 958 
Rentiere, Einfangen mit Hilfe des Urins 846 
— s. Wettrennen 
Rentierfell, Zelte der Tschuktschen aus 


gegerbtem 848 
Rentierfellhemd der Tschautschus 845 
Rentierzucht der Tschautschus 843 
Rhodesia (Siidafrika) s. Holzteller 
Riga soll nach der Kornriege so heissen 

826, 835 
Rinde, Verwendung der 827 
Rindenbrot der Schweden und Finnen 

830, 840 
Rindenschiffe 828 
Ringe, goldene von der Goldküste 14 
— s. MIZPAH-Ring | 
Rödenberg bei Woltersdorf, Kr. Nieder- | 

Barnim, Gräberfeld 440, 498 
Rohlfs-Denkmal 621 | 
Romiti, Prof., Pisa, korrespondierendes 

Mitglied 139 
—, Dankschreiben 291 
Rote Haarfarbe der Völkerstämme in 

Holländisch-Neuguinea 318 
Rüdersdorf, Kr. Nieder-Barnim, Brand- 

gruben 500: 
Rudolf Virchow-Plaketten-Stiftung 991 | 
Rudolf Virchow-Stiftung 583, 9&5 
Ruinen der alten Totonaken-Haupt- 

stadt Cempoallan 314 
— von Palenque 311 
Riilpsen bei den Tschuktschen 551 
Rumänien s. Cacuteni 
Rundschild aus Senegambien 255 

S. 
Nage von der Regenbogenschlange in 

Atakpame 44, 48 
—, mexikanische 


926 


Alphabetisches Inhaltsverzeichnis. 


Seite 

Sago, Nahrungsmittel der Papuas 317, 323, 
331, 339 

Sabara, Steinstössel aus der 255 


Salomo s. Goldland 


Salz den Stämmen am Mamberamo in 
Holländisch-Neuguinea unbekannt 331 
Sama, Goldhandel in 11 
Samenkörner als Goldgewichte 56 
Sammlungen von den Guayaki und 
Guarani-Indianern 1 


— des Museo Historico Nacional in Lima 125 
Samoaner-TruppeinCastans Panoptikum, 


Sondervorstellung 291 
Sangen, alte Bezeichnung für frisch 
geröstete Ähren 835 
Santa Catharina, Brasilien, Dr. Bleyer 
dort a93 
Särge, ausgehöhlte Baumstämme als, auf 
Hainan 205 
Säuern in prähistorischer Zeit 831, 840 
Sehaber des Spätmoust£rien 957 
Schädel, pathologisch verdickte 617 
— der Calchaqui-Gräber 118 
— aus Neu-G uinea 131 


— der Pygmäen in Deutsch-Neuguinea 281 


— von Oberhausen im Rheinland 622 
—, syphilitischer, aus Siidamerika 128 
—, Fragment aus einem neolithischen 
Begräbnisplatze von Bannerbrück, 
Mecklenburg-Strelitz 133 
Sehädel-Darstellungen auf der Fassade 
des Tempels Uitzilopochtlis ER 
Schädeldecke, menschliche, aus dem 
Kalktufflager von Walbeck in 
Braunschweig Di 


Sehädellund (Schimpanse) von Steinau 582, §19 
Schädelindex der Völkerstämme am 
Mamberamoin Hollandisch-Neuguinea 319 


Schalen, kleine, aus Grabern bei Wolters- 
dorf, Kreis Nieder-Barnim 49), 496 
Schamane bei den Tschuktschen §53 
Schauspiellieder der Eskimos 269 
Scheinkämpfe, Neu-Guinea 137 
‚ Scherzrätsel der Dschagga 527, 536 
Schild s. Faustschild, Parierschild, 
Rundschild 
Schildkröte in Kamerun, ,,Fernzauber 9% 
Schilluk (Tonga), Schlafholz der 254 
—, Speere mit Spitzen aus Anti- 
lopenhorn 243 
—, Stockschilde der 24 
| Sehlafholz der Schilluk (Tonga) 254 


Schlaginhaufen, Otto, Professor für An- 
thropologie an der Universität Zürich 3 


Alphabetisches Jnhaltsverzeichnis. 


Sehlange im Codex Borgia 

Schlangenkult, westafrikanischer 

Schlangenmotiv in Kunstarbeiten 

Schleiien, Kunst des, den Tasmaniern 
nicht unbekannt 

Sehlitten der Tschuktschen 

Schmidt, Prof. Dr. Erich, Bromberg f 

Sehminkbüchschen eines Elefanten- 
jägers der Baia 

Sehmuck der Li auf Hainan 

— der Völkerstämme am Mamberamo 
in Holländisch-Neuguinea 321, 


Seite: 


14, 39) 


1023 


Seite 
306 Sonne, Mond und Sterne im alten Mexiko 922 


38 , „Sonne-Nachi“, Zeichen der Bilderhand- 


schriften 304, 305 
Sonnen, prähistorische der Mexikaner 126 

634 | Sonnensehirm als Attribut königlicher 
846 | Macht 15 
818 | Spatlaténefibeln 687, 794, 940, 941 
—, Verbreitung der 691 
103 Speekstein, Gefässe der Ababde aus 258 
208 —, Tabakpfeifen der Ababde aus 259 
| Speer der Li auf Hainan 210 


336 | Speere, afrikanische mit Knochenspitzen 242 


—, Neuguinea 132, — mit Spitzen aus Antilopenhorn, 
— s. Halsschmuck, Stirnschmuck Afrıka 243 
Schmucknarben der Völkerstämme am ' Speerspitzen mit gegabelter Basis, Hoch- 
Mamberamo in Holländisch - Neu- | magdalenien 963, 965 
guinea 324 Speisen in Albanien 566 
Sehmueksachen von Cucuteni bei Jassy | Spiegel in japanischer Anschauung 572 
(Rumänien) 592 Spiele, Neuguinea 135 
Sehöpfungsmythus, taoistischer 395 — s. Rätselspiel 
Sehrift der Ureinwohner Hainans 213 Spielzeug s. Kinderspielzeug 
Sehrittsprache, papuanische 326, 327. Spinnwirtel aus Ton von Cucuteni bei 
Schüsseln aus Gräbern bei Woltersdorf, Jassy (Rumänien) 592 
Kreis Nieder-Barnim 487, 493 , Spiralornamentik in der frühminoischen 
Schwalbe und Rabe 906. Keramik von Kreta 599 
Schweiz s. Münsingen , Sprache der Briefe des Columbus 127 
Seeigel, versteinerte, als Amulette 257 | — Chiles, indianische Elemente in der 
Seeverkehr, Spuren uralten, nach West- | heutigen 121 
afrika 46, 56, 64 — der Li auf Hainan 214 
Seelenlehre in China 396 Sprachen, Handbuch der indianischen 126. 
Seler, Direktor des Internationalen |— der Völkerstämme in Holländisch- 
ärchäologischen Institutes in Mexiko 307 Neuguinea 318, 343 
Semnonen 498 — der sog. nauatlakischen Gruppe 127 
Senegambien, Goldindustrie 13, 14; — s. Chiquito, Guaicuru, Maya, Pata- 
—, Rundschild aus 255 | gonisch, Tschi, Zamuco 
Sercni (Padeaido-Inseln) 318 Sprachtabellen, vergleichende, hainane- 
Servalgenette s. Genetta servalina sischer und kontinentaler Sprachen 222 ff. 
Shangti, Name des höchsten Wesens Sprichwort, Rätsel und 538 
in China 354 Spriniberg bei Woltersdorf, Kreis 
Sichelkeulen, hölzerne, der Issenghe Nieder-Barnim, Gräberfeld 440, 498 
(Afrika) 245: St. Acheul bei Amiens, Quartär- 
Silexdoleh des Strepyien 954, 955,  ablagerungen von 947 
Sinompi = böser Geist 326 Staatszuschuss 981 
Sintflut s. Sündflut Stab, elfenbeinerner goldbesetzter von 
Sitten und Gebräuche der Li auf Elmina, Symbol der Machthaber von 
Hainan 202, der Goldkiiste 16 
Skelett, menschliches aus dem Kalk- Stein, bearbeiteter, aus Südostafrika 144 
tufflager von Walbeck in Braun- Steinbeil, Bruchstiick eines westafrika- 
schweig 9941 nischen Riesen- 146 
Sklavenhandel 17 Steinbeile aus Woltersdorf, Kreis Nicder- 
Solutréen 961; Barnim 438, 439 
Solutréenschichten von Badegoule 309 Steinfigur aus Neuguinea 130, 137 
Sommerausflug der Gesellschaft 581 Steingeriite aus Deutsch-Neuguinea 137 
Songhai (Reich am Niger) 19, 37 — des französ, Altpaläolithikum 948 


'Steinmühle (Oberpfalz), Vogelkopf-Fibel 
Steissbein, ungewöhnlich langes 
Sternbilderdarstellungen s. Kalebassen, 
Trinkgeschirr 
Sterndarstellungen im alten Mexiko 
Stichel der Font-Robert-Industrie 
Stichelarten des Spätmagdalenien 
Stirnschmuck aus gespaltenen 
zähnen, Holländisch-Neuguinea 
Stockschilde der Dinka und Sclulluk 


Eber- 


Stonehenge 

Storch, Bornulied auf den 

Storkow (Uckermark), Latenefibel 683, 

Streitberg, Fränkische Schweiz, Tier- 
kopf-Fibel 

Ströpyien, „Ubergangsepoche“ zum 
Paläolithikum 

‚Stuhl, goldener, Symbol der Macht von 
Aschanti 

Siidafrika a Rhodesia 

Siidsee-Expedition 1909/10 nach den 
Karolinen 

Sudan, Pflanze und Tier im Volksmunde 
des mittleren 

Suggestion, heidnische Krankenheilung 
bei den Tschuktschen durch 


Siindflut in den Sagen der Stämme am 
Mamberamo in Hollandisch-Neugui- 
nea 340, 344, 

Sutz (Pfahlbau) am Bieler See, Wurfholz 


1024 Alphabetisches Inhaltsverzeichnis. 
Seite 
Steinhammer aus Südostafrika 143, 144 Swastika - Zeichen auf Aschanti -Gold- 
Steinkeulen der Ja-Luo 250 gewichten 
Steinkoehen §26, 837 — — in Westafrika durch die Phönizier 
‘Stein-kupferzeitliche Kultur des Donau- ' eingeführt 
Balkangebietes 597 Syphilis s. Schädel 
Steinlöcher im Fels zum Kochen be- Syrien s. Juden 
nutzt 826, 835 Sze Shu, heilige Bücher der Chinesen 
Steinmesser, Mond als, Cod. Borgia 924 
Steinpyramiden zwischen Gräbern bei 
Woltersdorf, Kreis Nieder-Barnim 449 T. 
‘Steinring am oberen Ende des Grab- Tabak in Holländisch-Neuguinea 
stocks 823 — im Tauschverkehr der Tschuktschen 
Steinstéssel aus der Sahara 255 Tabakpfeifen der Ababde aus Speckstein 
Steintempel im Bezirk Lo-kiang-hien, Tabaksbeutel der Tschuktschen 842, 
Prov. Szé-ch‘uan, China 429, 430 Tageszeichen, Hieroglyphen der 
Steintépfe der Ababde 259 —, das sechste 
Steinwerkzeuge der Tasmanier, Bezeich- Tamaulipas, Ethnologie und Altertümer 
nung 650, des Staates 
—, Verwendung hölzerner Geräte und Tanabatalest in Japan 
Werkzeuge neben den oder statt der 822 Tanz der Li auf Hainan 
Steinzeit von Cucuteni bei Jassy (Ru- — der Tschuktschen 
mänien) 592 Tänze der grönländischen Eskimos 
'Steinauer Höhle bei Schlüchtern, Schädel- — der Mokmer-Leute 
fund (Schimpanse) 582, 819 —, Neuguinea 


674 Tao, Bedeutung des Wortes 
622 Taoismus 
— der Han-Zeit 


Taoistisches Pantheon der Chinesen 138, 


922 Tao-té-king, philosophisches Buch der 
901 Chinesen 
964 Tardenoisien 
—, mikrolithische Geräte des 
335 Tasmanien, Gesteinsarten 
254 Tasmanier, Stellung im anthropologi- 
163| schen System 
909 —, archäolithische Kultur der 
684! —, Haar der 
Tasmanier-Haarprobe 
Tasmanische Worte zur Bezeichnung 
der Steinwerkzeuge 
Tassen, konische mit einem Henkel aus 
Gräbern bei Woltersdorf, Kreis 
Nieder-Barnim 
— der Tschuktschen 
Tätowieren auf Hainan 
‚ Tätowierte 
Tätowierung der Küstenstämme 
865 Holländisch-Neuguinea 
'— der Tschuktschen-Frauen 
‚ Ta-tu-tz& Mi-lo-fo, ,, Dickbauch- Buddha“ 
: Taua (Koassa Kamboi-Ramboi) 
Tauschverkehr der Tschautschus 
345 Tee bei den Tschuktschen 
245. Tempel in vorchristlicher Zeit 


673 


953 


15 


293 
in 


84 


Va 


653, 


490, 


843, 
164, 


Seite 


300 


336 
643 
259 
546 
127 
923 


127 
569 
204 
853 
261 
328 
137 
394 
401 
402 
393 


399 
967 
967 
654 


257 
633 
979 


zul 


650 


495 
849 
201 
21 


322 
812 
427 
334 
$43 
851 
171 


Tempel des eisernen Buddha auf dem 
Heng-shan, China 432, 


Alphabetisches Inhaltsverzeichnis. 1025 

Seite | Seite 
Woltersdorf, Kreis Nieder - Barnim 

433 | 488, 495 

| Töpferei, Neu-Guinea 138 


— „die blaue Kammer“ in dem Kom- 
plex des Himmelstempels, Peking 
— 8. Bergtempel, Himmelstempel, Stein- 
tempel 

tero-watta, Gebrauch und Verwendung 
der 

—, Gewicht und Grössenverhältnisse 
der 

— von scheinbar absichtlicher Form 

— als Universalinstrument 656, 

Terrinenlörmige Gefässe aus Gräbern 
bei Woltersdorf, Kreis Nieder-Barnim 


485, 
Tertiärzeit, Existenz des Menschen in 
der (7) 
Tezcatlipoea 


Tharschisch, Lage 

Tharschischfahrt, Ziel und Einfuhr- 
artikel der 

Thessalien als Brücke zwischen Kreta 


365 | Topfscherben aus Manu, Siidostafrika 145 

Totemtier, Elefant als 110 

| Totemtiere in Holländisch-Neuguinea 322 

| Totengebriuche auf Hainan 204 

650 — in Hollandisch-Neuguinea 325, 342 
Trinkgesehirr mit Sternbilderdarstell- 

642 ungen in Griechenland 77 

644 Trommel der Eskimos 264, 266 

660 Trommelsprache, Neu-Guinea 138 

Trommeltanz der Eskimos 261, 263 
Tsehautschu, Name der nomadisierenden 

486 BewohnerderTschuktschen-Halbinsel 843 

Tschisprache 41, 42 

118 Tschivölker 40, 41 
929 | Tschuktsechen, ethnographische Beob- 

3| achtungen bei den 840 


Tsu-t‘ien, (nicht identifizierte) Figuren 
1 in chinesischen Tempeln 433, 434, 435 
Typenaufnahmen der Völkerstämme in 


und dem Donau-Balkangebiete 601 Neu-Guinea 131 
Tiahuanaca, Monumente von 121, 124 Typenkarten, prähistorische 664 
T’ien-shih, ,,Himmelsmeister“, seine Typus Abri Audit 957 

Funktion bei der Ernennung und — Chatelperron des Frühaurignacien 959 

Beförderung von Göttern 404, 406, 422 | — Font-Robert 961 
Tien-tan, allerheiligstes Bauwerk der _— La Micoque 953 

Chinesen 364 | 
Tiere im Volksmunde des mittleren U. 

Sudan 876 | Uitzilopoehtli, Gottheit der Mexikaner 922 
Tierkreisdarstellung, westafrikanische 71 i Umanatsiak, Westgrönland 261 
Tierkreissymbolismus in dem mexi- ' Unterhaltung der Tschuktschen 850 

kanischen und dem Maya-Kalender 126 | Unterrichtsministerium, Zuschuss seitens 
Tier- und Vogelpantomimen der Eskimos 265 | des 308 
Ti-Tan, Altar der Erde, Peking 372 Uphas (bisher vergeblich gesuchtes 
Titikakasee, Besuch der Inseln des 124 Land) = Goldküste (Westafrika) 8, 9, 79 
Ti-ts‘ang-wang, der oberste Herr der Urania, Vortrag in der 982, 993 

Unterwelt, China 415 Urin, Verwendung bei den Tschuktschen 
Tlaloc, Regengott der Mexikaner 922 846, 852 
Tod, Furcht vor dem, der Tschuktschen 854 ` Urinbecher der Tschuktschen 846 
Togo, Kindergewehr aus 238 | Urnen, doppelkonische, aus Gräbern 
—, Knallbüchsen 238, 239 bei Woltersdorf, Kreis Nieder- 

— , Zunzui (Spielzeug) aus 238, 239 Barnim 486, 492 
Ton, Spinnwirtel aus, von Cucuteni bei | Urnenfriedhof, Jangobardischer, bei Dahl- 

Jassy (Rumänien) 592 hausen, Kr. Westpriegnitz 163 
Tonidole von Cucuteni bei Jassy (Ru- | 

mänien) 592, 593, 594 vV. | 
Tontopf, glasierter (500 v. Chr.) aus | Vasenformige Gefiisse aus Gräbern 

China 153 bei Woltersdorf, Kreis Nieder- 
Tonhöhe, absolute, als Kriterium für - Barnim 489 

Kulturzusammenhänge 601 Vasengemälde, altperuanische 120 
Tonmaiende Rätsel der Dschagga 635 | Veledahöhle bei Velmede a. d. Ruhr, 
Tonnenférmige Töpfe aus Gräbern bei | Ausgrabungen 315 

Zeitschrift fiir Ethnologie. Jahrg. 1911. Heft 6. e 66 


1026 Alphabetisches Inhaltsverzeichnis. 
Seite Seite 
Verbrennungsplitze bei Waltersdorf, Weissmalerei, kretische 599 

Kreis Nieder-Barnim 449 Werkzeuge der Tschuktschen 6419 
Verein für Volkskunde, Delegierten- Westafrika, Beziehungen zum Osten 

versammlung in Einbeck 348| und Norden 28 
Verfassung der Li auf Hainan 199 '—, Kenntnis der Alten von 20 
Vergleichsrätsel der Dschagga 537 —, Spuren uralten Seeverkehrs nach 
Vermächtnisse der Berliner Anthropo- | 46, 56, 64 

logischen Gesellschaft (1) —, Völkerverschiebungen in 35 
Versammlung, 5. gemeinsame der —, Vorstudien zur Geschichte 1 

Deutschen und Wiener Anthropo- Westafrikanisehe Holzstempel, Schlan- 

logischen Gesellschaft in Heilbronn 291, 815 | genmotiv 14, 39 
Verwaltungsbericht für das Jahr 1911 951) Westpreussen s. Neuguth 
Vözöretal, „Führer“ durch das 310, 819 Westpriegnitz, Kr. s. Dahlhausen 
—, Studienfahrt ins 581 Wettrennen mit Rentieren bei den 
Vögel, Sammellied auf verschiedene 907 Tschuktschen 853 
Vogelkopf-Fibeln 672, 698, 930 Winchesterbüchsen der Tschuktschen 848 
—, örtliche Verteilung der 675 Wind- und Wolken-Götter, China 403 
Völkerstämme am Mamberamo in Hol- „Windische‘“ Fibel 655 

ländisch-Neuguinea und auf den vor- | Wirtschaftliches zur Prähistorie c21 

gelagerten Inseln 315 | Woche, viertägige der Ewevölker 43 
Völkerverschiebungen in Westafrika 38 — von zchn Tagen in Ahanta (Gold. 
Volkskunde s. Verein | küste) 40 
Vorburz bei Delsberg, Seeigel aus neo- 'Wobnart der Li auf Hainan 205 

lithischer Lagerung aus 957: Wohnplätze bei Woltersdorf, Kreis 
Vorgeschichte, chinesische 153 | Nieder-Barnim 499 
Vorstand der Berliner Anthropologi- Woltersdorf, Kreis Nicder-Barnim, Aus- 
“schen Gesellschaft (1) grabungen 346, 1430 

Wu-King, heilige Bücher der Chinesen 3 
-Wurlholz und Wurfkeule, Unterschied 24: 
W. '— aus Nigeria 24s 
Wachenheim (Hessen), Frühlatenefibel — aus dem Pfahlbau von Putz am 
676, 677, 680) Bieler See 245 
„Wuchsverfahren, verlorenes“ beim Wurfhölzer von Darfor und vom 

Metallguss 60, Kongo 244 
Waffen, altertümliche afrikanische, Be- | Wurlkeule aus einem neolithischen Pfahl- 

ziehungen zur Prähistorie 240 bau von Wauwyl (Kanton Luzern) 245 
— der Li auf Hainan 210; Wurfkeulen aus Nigeria und Nord- 
Wahl des Ausschusses für 1911 114 afrıka 247 
— des Vorstandes für das Jahr 1912 985 Wurfspeerspitze mit einseitig abge- 
Walbeck, Braunschweig, menschliches schrägter Basis, Frühmagdalcnien 

Skelett aus dem Kalktufflager von 994, 963, Und 
Waldlichtung durch Brand 825, 834 | 
Walkersbrunn, Oberfranken, Tierkopf- | X. 

Fibel 613 Xylophon, afrikanisches Di 
Wangara (Land), Westafrika 11) 

Warnlieder der Wadschagga 523 | . 
Wauwyl (Kanton Luzern), Pfahlbau, Y. 

Wurfkeule 247 Yang Jen, chinesische Gottheit, Le- 
Webstuhl der Li auf Hainan 213, gende 425 
Weidenblattspitze (feuille de saule) des Yi-king, Dokument ältester chinesischer 

Frühsolutreen 962, Philosophie 397, 38 
Weisbach, Generalstabsarzt a. D., Graz, Yin und Yang der Chinesen 305 

HOjaihriges Doktorjubiläum 139 Yukatan (Halbinsel), altestes Zeugnis 
Weissagekunst auf Hainan 205, von der Existenz des Menschen auf 17 


Alphabetisches Inhaltsverzeichnis. 


2. 


Seite 


Zelte der Tschuktschen 


1027 


Seite 


848 


Zahlen bei den Völkerstämmen am ‚Zeremonien in Holländisch-Neuguines 326 
Mamberamo in Holländisch - Neu-  Ziegenbock, Gespräch des Fisches mit 
guinea 321 dem 904 

Zahlenmystik im religiösen Leben der Zinn in Afrika 26 
Chinesen 364, 395 Zinnsehmelzen afrikanischer Einge- 

Zahlwörter der Li auf Hainan 219 borener 147 

Zähne s. Eberzähne ‚ Zunzui (Spielzeug), Togo 238, 239 

Zamuco-Sprache, Grammatik der 121 : Zwergwuchs in Neuguinea 281 

Zeippern, Kr. Guhrau, Schlesien, Mittel- | Zwitter, Geschlechtsteile eines 140 
latenefibeln 686 —, Mamma eines 291 

Literarische Besprechungen. 
Scite Seite 

Arauzadi, T. de, A propósito de al- Maccurdy, G. G., A Study of Chiri- 
gunos >, lapones y castellanos quian Antiquities (E. Seler) 857 
(E. v. Hornbostel) 153 Meringer, R., Meyer-Lübke, W., Mikkola, 

Frazer. J. G., The golden bough J. J., Much, R., Murko, M., Wörter 
(P. Ehrenreich) 628 und Sachen (Ed. Halın) 177 

—, — — —, Part II, Taboo and the Parker, H., Village folktales of Ceylon 
perils of the soul, Part III, The | (P. Ehrenreich) 376 
dying god (P. Ehrenreich) 857  Rhamm, K., Ethnographische Beiträge 

Hartland, Edwin, Primitive paternity zur Germanisch - Slawischen Alter- 
the myth of Supernatural Birth in tumskunde (A. Brückner) 180 
Relation to the History of the Saville, M. H., Contributions to South 
family (v. Reitzenstein) 174 American Archaeology. Vol. Iu. II 

Jyer, Anantha Krishna, The Cochin (E. Seler) 859 
Tribes and Castes (W. Planert) 178 Thonner, Franz, Vom Kongo zum 

John, R. S., Indian Tribes of the _ Ubangi (P. Staudinger) 182 
Lower Mississipi Valley and Adjacent Thurston, Edgar, Castes and Tribes of 
Coast of the Gulf of Mexico | Southern India (Griinwedel) 176 
(K. Th. Preuss) 1000 Weissenberg, S, Das Wachstum des 

Johnson, J. P., Geological and archaeo- Menschen nach Alter, Geschlecht und 
logical notes on Orangia (v. Luschan) 183 Rasse (v. Luschan) 379 

Kauffmann, O., Aus Indiens Dschungeln | Wörter und Sachen, Bd. II (Ed. Hahn) 376 
(W. Planert) 625 —, Bd. III, Heft 1 (Ed. Hahn) 1001 


Verzeichnis der Tafeln. 


> Seite 


Tafel I—III. Seyffert: Die Ausrüstung eines Elefantenjägers 96, 98, 110 


Tafel IV. Seyffert-Stumme: Die Ausrüstung eines Elefantenjägers 


112 


Druck von Gebr Unger in Berlin, Bernburger Strasse 30. 


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Dt FEB 4 1985 


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FEB 10 1965 HEED 


Library, University of California, Davis 
Series 458A 


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3 1175 01067 4573 


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