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Full text of "Zeitschrift für Tuberkulose 13.1909"

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(7-429 357 
TUBERKUL 


UNTER MITWIRKUNG DER HERREN 





PROF. ARLOING (Lyon), Pror. BABES (BUKAREST), ProF. Guipo BACCELLI (Rom), 
PROF. BANG (KOPENHAGEN), KAISERL. LEIBARZT DR. LEO BERTHENSON (ST. PETERSBURG), 
GEH. REG.-RAT BIELEFEI.DT, DIREKTOR (LÜBECK), GEH. OBER-MED.-RAT PROF, BOLLINGER 
(MÜNCHEN), GEH. REG.-RAT BUMM, PRÄSIDENT D. KAISERL. GESUNDHEITSAMTES (BERLIN), 
ProF. COZZOLINO (NEAPEL), PROF. A. CHAUVEAU (Paris), PROF. CORNET (BERLIN), GEH, 
MED.-RAT PROF. CURSCHMANN (LEIPZIG), GEH. MED.-RAT PROF. FLÜGGE (BRESLAU), GEH. 
MED.-RAT PROF. HEUBNER (BERLIN), OBER-MED.-RATJOHNE (DRESDEN), PROF. DR.S.A. KNOPF 
(NEW York), WIRKL. GEH. RAT KOHLER, EXZELLENZ (GÖTTINGEN), DR. KOHLER (HOLSTER- 
HAUSEN), PROF, VON KORANYI (BUDAPEST), Dr. LANDGRAFF (BELZIG), ProF. LAN- 
DOUZY (Paris), Pror. LANNELONGUE (Paris), SAN.-RAT DR. MEISSEN (HOHENHONNEF), 
ERSTER HOFMARSCHALL V. PRINTZSSKÖLD (STOCKHOLM), DR. PYE-SMITH (LoNDON), Dr. 
OTT (LUBECK), DR. RANSOME (BOURNMOUTH), GEH. REG.-RAT RIETSCHEL (BERLIN), DR. 
RUMPF (EBERSTEINBURG), PROF, A. SATA (OSAKA, JAPAN), Dr. SCHELLENBERG (RUPPERTS- 
HAIN I. TH.), GENERALSTABSARZT DER ARMEE SCHJERNING, EXZELLENZ (BERLIN), GEH. BAURAT 
SCHMIEDEN (BERLIN), DR. SCHRÖDER (SCHOMBERG), Dr. SERVAES (ROMHILD 1. TH.), 
PRIMARARZT DR. v. SOKOLOWSKI (WARSCHAU), DR. E. L. TRUDEAU (SARANAC LAKE, 
NEW YORK), GEH. HOFRAT TURBAN (Davos), GEH. MED.-RAT PROF. M. WOLFF (BERLIN), 
Sir HERMANN WEBER (LONDON). 


HERAUSGEGEBEN VON 


B. FRANKEL, F.KRAUS, E.v.LEYDEN, W.v. LEUBE 


REDAKTION: Pror. Dr. A. KUTTNER, BERLIN W. 62, LüTzowpLarTz 6 


13. BAND 


MIT 2 TAFELN. 





LEIPZIG 1909 


VERLAG VON JOHANN AMBROSIUS BARTH 
DORRIENSTRASSE 16. 


Die Zeitschrift erscheint in zwanglosen Heften im Umfange von 5 bis 6 Bogen. 
6 Hefte bilden einen Band, der 20 Mark kostet. 

Originalarbeiten in größerer Schrift werden mit 30 Mark, Referate in kleinerer 
Schrift mit 40 Mark pro Bogen honoriert. Die Verfasser von Originalarbeiten er- 
halten 40 Sonderabdrücke kostenlos geliefert. 

Die Originalarbeiten und Referate können in deutscher, französischer 
oder englischer Sprache erscheinen. 

Die Redaktion richtet an die Verfasser von einschlägigen Arbeiten die höf- 
liche Bitte, einen Sonderabdruck der jeweiligen Arbeit einzusenden, um eine voll- 
ständige Berichterstattung zu ermöglichen. 

Einsendungen erbeten an Wirkl. Geh. Rat Exzellenz Prof. Dr. E. von Leyden, 
Berlin W. 10, Bendlerstr. 30, oder an Prof. Dr. A. Kuttner, Berlin W. 62, Lützow- 
platz 6. 


Band XIII. | Heft 1. 


ZEITSCHRIFT FÜR TUBERKULOSE. 


HERAUSGEGEBEN VON 
B. FRANKEL, F. KRAUS, E. von LEYDEN, W. von LEUBE. 
Redaktion: A. KUTTNER. 


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I. 


Über Opsonine und deren Verwertbarkeit in der Diagnose, 
Prognose und Therapie der Tuberkulose.’) 


[Veröffentlichung des haupt- u. residenzstädtischen Bakteriol. Institutes in Budapest 
(Direktor: Dr. Bernhard Vas, Privatdozent) und 
der VIII. ärztlichen Abteilung des St. Stefansspitales in Budapest (Primarius: Privat- 
dozent Dr. Géza v. Dieballa.)] 


Von 
Dr. Johann v. Szabóky, 


emer, Assistent an der Univ.-Klinik in Budapest, derzeit Kurarzt in Gleichenberg. 


it der Erklärung des Wesens der Infektion und Immunität befaßt sich 
neuestens die Aggressintheorie, die Theorie der Bakteriotropsubstanz 
J| und die Opsonintheorie. 

Der Begründer der nicht mehr neuen Aggressintheorie, deren Basis die 
Krusesche Antilysintheorie ist und welcher die selbständige Leukotoxin- und 
Antileukotoxintheorie Detres voranging, ist Bail. Er findet das Wesen der 
Infektion in der Aggressivität des Bakteriums, das Wesen der Immunität aber 
in dem in den Säften zirkulierenden und das Aggressin neutralisierenden 
Antiagressin. 

Die Theorie der bakteriotropen Substanz von Neufeld und Rimpau 
stimmt in ihrem Wesen mit der Opsonintheorie überein. Die genannten Autoren 
fanden, daß in dem von Pneumokokkus und Streptokokkus immunen Serum 
bakterienvernichtende Körper nicht vorhanden sind, vielmehr solche Substanzen, 
welche auf die Bakterien von solcher Wirkung sind, daß dieselben von den 
Leukocyten vernichtet werden können. Diese Substanz wird bakteriotrope 
Substanz, das Blutserum aber, welches diese Substanz enthält, bakteriotropes 
Blutserum genannt. 

Das Wesen der Opsonintheorie besteht darin, daß die Immunität das 
Resultat des Zusammenwirkens der Phagocyten und des Blutserums ist, und 
wenn auch unleugbar ist, daß die Phagocyten die in den Organismus gelangten 
Bakterien vernichten, so sind dieselben nur dann hierzu fähig, wenn das Blut- 


D) 
serum die Bakterien für die Phagocyten schon vorbereitet hat. 





1) Vorgetragen in der Sitzung des Tuberkulosekomitees in Budapest. 
Zeitschr. f. Tuberkulose. XIII. I 


210 


to 


J. v. SZABOKY. der 

Ich bezwecke nicht in dieser Abhandlung mich mit allen 3 Theorien 
eingehend zu befassen, sondern werde mich nur auf die Opsonintheorie einlassen. 

Obwohl die die Phagocytosis fördernde Wirkung des Blutserums in Ge- 
meinschaft mit Wright, Gruber und Futaki, vor ihnen aber schon Leish- 
mann, Denys und Leclef studierten, müssen wir als den Vater der Opsonin- 
theorie doch Wright betrachten, weil er es war, der die neue Theorie aus- 
arbeitete, aufbaute und in der Praxis verwertete. — Ganz langsam verbreitete 
sich seine Lehre in Europa. 

Selbst die gutdeutschen zusammenfassenden Abhandlungen Weinsteins, 
Sauerbecks und Joests genügten nicht, um das gehörige Interesse für die 
Opsonine zu erwecken. Erst im letzten Jahre begegnen wir je einer konti- 
nentalen Veröffentlichung, in welcher man sich mit der Feststellung des Opsonin- 
indexes auch praktisch befaßt. 


Was ist Opsonin? Was sind die charakteristischen Eigenschaften der 
Opsonine? Die Opsonine, welche Benennung vom griechischen tasovi = zum 
Essen beschaffen, vorbereiten stammt, ist eine im Blutserum befindliche Substanz, 
welche die Bakterien für die Phagocyten vorbereitet, damit sie von denselben 
verschlungen werden können. Diese Eigenschaft des Serums nennt Wright 
die opsonische Eigenschaft des Blutserums. Diese opsonische Eigenschaft des 
Blutserums ist spezifisch, weil sich in demselben für jedes Bakterium separat 
Opsonine befinden, welche dann von den verschiedenen Bakterien absorbiert 
werden. Die Bakterien werden in dieser Weise sensibil, opsoniert; die Opso- 
nisierungsfähigkeit des Blutserums nimmt wohl anderen Bakterien gegenüber nicht 
ab, den eigenen gegenüber aber wird dieselbe reduziert (Bulloch, Atkin, 
Hektoen, Rudiger). Die obige Eigenschaft der Opsonine illustriere ich mit 
folgendem Beispiel: Ein Blutserum, welches bei einer Temperatur von 37° C 
5—45 Minuten mit Tuberkelbazillen vermischt war, besitzt den Tuberkelbazillen 
gegenüber nur mehr eine sehr geringe Opsonisierungskraft, währenddem dasselbe 
z. B. Staphylokokkussen gegenüber die Opsonisierungskraft beibehielt. Sowohl 
im normalen Serum, wie im immunen Serum ist Opsonin vorhanden. Die im 
normalen Blutserum befindlichen Opsonine sind Normalopsonine. Diese schwanken 
zwischen engen Grenzen, verlieren aufgewärmt von ihrer Wirkung und gehen bei 
einer Temperatur von o° Cin 10Minuten zugrunde. Die im immunen Serum befind- 
lichen Opsonine, die immunen Opsonine, bilden sich derart, daß im Organismus 
des infizierten Tieres die die Krankheit verursachenden Bazillen im Wege einer 
vermehrten Opsoninbildung eine Gegenreaktion zustande bringen; das Maß der 
Gegenreaktion hängt von der Quantität der in den Organismus gekommenen 
Bakterien ab, und ist bei solchen Personen, in welchen die Infektion allgemein 
ist, eine starke Schwankung konstatierbar. Die immunen Opsonine verlieren 
aufgewärmt nicht an Wirkung. Wenn auch die Thermolabilität bezw. Thermo- 
stabilität der Normalopsonine und Immunopsonine den Anschein erweckt, daß 
die beiden Opsonine nicht identisch sind, ist jene Annahme Wrights, Deans 
und anderer viel wahrscheinlicher, daß, da sich im immunen Serum mehr 
Opsonine befinden, diese die hohe Temperatur besser verträgt. Die durch die 
Warme veränderten Opsonine nennen wir Opsonoid. Die Untersuchungen 


BD.XITREFTL OBER OPSONINE UND DEREN VERWERTBARKEIT. 3 





Knorrs zcigen, daß die Opsonisierungskraft des Blutserums in 24 Stunden um 
die Hälfte abnimmt, der Opsonisierungswert des Blutserums ist bei Zimmer- 
temperatur in 6 Stunden nicht größer, als bei 37% C in !/, Stunde und Bines 
und Lumiers Untersuchungen ergaben, daß bei 0° eine Verminderung auf ?/, 
konstatiert wurde. 


Experimente haben erwicsen, daß Opsonine wohl für die meisten Bakterien, 
aber doch nicht für alle Bazillen nachgewiesen werden können. Dies beweist 
auch die neue Klassifikation Wrights; bevor ich dies aber abhandle, muß ich 
in Kürze auf seine eigenen und auf die Beobachtungen Douglas’ abweichen, 
weil Wright bei der Klassifizierung auch diese berücksichtigte, laut welchen 
manche Bazillen in den Leukocyten eine auffallende Formveränderung erleiden, 
andere aber sich sogar auflösen (Bakteriolyse) Wright unterscheidet 4 Klassen 
der die Krankheit verursachenden Bakterien. ı. Solche, welche für die bak- 
terientötende, bakterienlösende und opsonisierende Einwirkung des Blutserums 
sehr empfindlich sind. 2. Solche, welche für die bakterientötende und bakterien- 
lösende Einwirkung des Blutserums nur mäßig, der opsonisierenden Wirkung 
gegenüber aber äußerst empfindlich sind. 3. Solche, welche für die bakterien- 
tötenden und bakterienlösenden Einwirkungen des Blutserums überhaupt nicht, 
auf die opsonisierende Einwirkung aber äußerst empfindlich sind und 4. solche, 
welche für die erwähnten Einwirkungen des Blutserums überhaupt nicht 
empfindlich sind. 


Die Experimente Hektoens und Rüdigers haben erwiesen, daß je 
flüssiger das Blutserum ist, um so geringer die Zahl der Phagocytierung sei und 
wenn auf dieser Grundlage manche auch angenommen haben, daß die Leuko- 
cyten ohne Blutserum kraftlos seien, so wurde diese Annahme einerseits durch 
Löhlein, Sauerbeck, Davis, Löwenstein und Miss Tunnielieff, die er- 
wiesen haben, daß die vom Blutserum gut ausgewaschenen weißen Blutzellen 
auch die Bakterien aufnehmen können, andererseits aber jene Erfahrung Lôh- 
leins — wonach er die Bakterien auch in 3 Gruppen einteilte!) —, daß sich 
gewisse Bakterien selbst unter Serumeinwirkung nicht phagocytieren können, 
widerlegt. Das Verhältnis zwischen der Opsonisierungsfähigkeit und der Virulenz 
des Bakteriums ist noch nicht geklärt. Während manche behaupten, daß die 
Widerstandsfähigkeit des Bakteriums der Opsonineinwirkung gegenüber um so 
größer sei, je virulenter derselbe ist, so halten andere es für ausgeschlossen, 
daß der virulente Bazillus opsoniert wird. Wenn irgend ein Organismus reichlich 
mit Opsonin versehen ist und das infizierende Bakterium trotzdem sich als 
virulent erweist, so findet dies darin seine Erklärung, daß die Wirkung der 
Opsonine von spezifischen, bakterienerzeugenden Substanzen, von Antiopsonine, 
welche offenbar mit dem Aggressin, mit Lysin und Leutoxin identisch sind, 
neutralisiert wurde. Es gibt Substanzen, welche die Wirkung der Opsonine 
bedeutend beeinträchtigen (Hektoen), so gewisse Salze, Chloroform, Alkohol, 


Y 1. Solche Bakterien, welche auch ohne Serum sich phagocytisieren. 2. Solche Bakterien, 
welche mit Serum leicht phagocytisiert werden können und 3. solche, welche selbst mit Serum nicht 


phagocytisiert werden können, 
1 * 


> 2 ZEITSCHR. t. 
4 J. v. SZABOKY. TUBERKULOSE 


Milchsaure, während aber andere, wie z. B. Hefe, Nuklein eine bedeutende 
Opsoninvermehrung hervorrufen. | 

Jenes Bestreben, welches dahin ausging, die Opsonine mit irgend einem 
der bisher bekannten Antikörper zu identifizieren, haben bisher zu keinem 
sicheren Ergebnis geführt. Die Thermolabilitit der Normalopsonine ist nicht 
genügend zur Identifizierung mit dem Komplement, und die Thermostabilität 
der Immunopsonine genügt auch nicht zur Identifizierung mit dem Ambozeptor. 
Die Opsonine können auch nicht mit den Agglutininen als identisch betrachtet 
werden, weil dieselben mit dem Agglutinin nicht korrespondieren und auch 
ihre Empfindlichkeit der Wärme gegenüber verschieden ist. Soviel genügt über 
die Opsonintheorie, um so mehr, weil sowohl in der in der Tierärztl. Ztg. er- 
schienenen Abhandlung von Aujeszky — von welcher auch ich guten Gebrauch 
nahm — alles andere gelesen werden kann, andererseits aber, weil zum Ver- 
ständnis des praktischen Teiles — denn mit diesem habe ich mich ja befaßt — 
das Gesagte vollständig genügt. 

Bevor ich auf die praktische Verwendung der Opsonintheorie tibergche, 
muß ich vorher über die Technik der Opsonine und zur notwendigen Begreiflich- 
machung gewisser Benennungen einige Bemerkungen zufügen. Ich befasse mich 
nicht mit der primitiven Methode Leishmans, auch nicht mit dem von Wright vor- 
mals befolgten Verfahren, sondern ich werde in folgendem nur die heute in Gebrauch 
befindliche Bestimmungsart beschreiben. Bei Feststellung des Opsoninindexes 
ist erforderlich: Normales Serum, Serum des Patienten, Bakteriumemulsion und 
rein gewaschene, weiße Blutzellen. Die Blutentnahme geschieht mit einer dünn 
ausgezogenen Pipctte, deren weiteres obere Ende eingebogen und auch 
diinn ausgezogen ist. Vor der Blutentnahme brechen wir die beiden Enden 
der zugeschmolzenen sterilen Pipette ab und stechen das längere Ende unter 
den Nagel der vorher schon unterbundenen Fingerspitze; mit dem anderen 
Ende der Pipette saugen wir das Blut auf. Jenes Ende der Pipette, welches 
wir unter den Nagel gestochen haben, muß 4—5 cm unterhalb des erweiterten 
Teiles der Pipette sofort zugeschmolzen werden, das andere Ende aber erst 
dann, wenn das Blut ‘schon erkaltet ist und sich zurückgezogen hat; statt des 
Schmelzens können die 2 Enden auch mit Wachs verstopft werden, wenn wir aber 
das Serum sofort verbrauchen, ist der luftdichte Verschluß garnicht notwendig. 
Das entnommene Serum wird mit einer Haarpipette nach Zentrifugierung abgesaugt. 


Die Herstellung der weißen Blutzellen geschieht auf folgende Weise: In 
die an beiden Enden verschmelzbare Glasröhre oder Glaswalze, in welche wir 
vorher eine zu 2 Dritteilen 1/,--1°/,iges zitronensaures Natrium enthaltende 
physiologische Kochsalzlösung geben, nehmen wir Blut. Das Blut vermischen 
wir gut mit der Lösung und zentrifugieren dasselbe so lange, bis die Blut- 
körperchen sich gesetzt haben, die obige reine Flüssigkeit pipettieren wir 
ab, das zurückgeblicbene Sediment aber, welches die roten und weißen Blut- 
zellen enthält, schütteln wir mit einer physiologischen Kochsalzlösung gut zu- 
sammen und zentritugieren dieselbe nochmals. Diesen letzteren Prozeß wider- 
holen wir einige Male und saugen dann die an der Oberfläche der Blutkörperchen 
rahmartig zum Vorschein kommenden weißen Blutzellen ab, mischen dieselben 


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BD.XIDEEFTL ÜBER OPSONINE UND DEREN VERWERTBARKEIT. 5 





mit einer physiologischen Kochsalzlösung und benutzen sie als weiße Blutzellen- 
emulsion zu unseren Experimenten. In neuerer Zeit wird diese Ausscheidung 
weggelassen und werden die weißen Blutzellen mit den roten Blutzellen gleich- 
mäßig zusammengeschüttelt verwendet. 


Die Herstellung der Bazillenemulsion geschieht auf folgende \Veise: Wir 
verwenden entweder vorher schon getötete, getrocknete Bakterien oder aber 
nehmen eine Öse voll von Bazillen einer getöteten reinen Agarkultur (laut 
den Untersuchungen Sauerbecks ist zu einer Suspension 5 mg Bazillenmenge 
erforderlich, Die Bakterien zermalmen wir in einem Achatmörser, und unter 
langsamer Hinzumischung einer 0,5—1,2°/ igen Kochsalzlösung verfertigen wir 
eine Emulsion. 

Die Emulsion muß opaleszierend sein und in je 3 ccm 7—10 Milliarden 
Keime enthalten. Die Emulsion muß, wenn in derselben Klumpen oder Knoten 
bemerkt werden, zentrifugiert werden. Eine solche Emulsion soll länger als 
$—10 Tage nicht gebraucht werden. Campbell behandelt die Tuberkel- 
bazillenemulsion vor der Untersuchung mit karbolisiertem Fuchsin und verrichtet 
mit den derart gut gefärbten Bazillen, welche auch von den Phagocyten auf- 
genommen werden, seine Untersuchungen. Der Vorteil des Verfahrens ist, daß 
wir ein besseres Präparat bekommen, wenn wir nicht nach Ziehl-Nellsen, 
sondern nach dem einfachen Verfahren Jenners die Blutfärbung vornehmen. 
Wenn wir derart die Vorbereitung zur Untersuchung getroffen haben, ist es 
am zweckmäßigsten, die Untersuchung mit einer Haarpipette vorzunehmen, deren 
oberes Ende ungefähr */, cm im Durchmesser hat, walzenfórmig ist und mit 
einer gut schließenden Gummikappe versehen ist; das untere, sehr dünn aus- 
gezogene Ende aber soll ca. 15—20 cm lang sein. Der Gang der Untersuchung 
ist folgender: Auf der Pipette machen wir mit Tintenstift ein Zeichen und können 
solcherweise gleiche Quantitäten von dem zu untersuchenden Blutserum, Bak- 
teriumemulsion und weißen Blutzellen aufsaugen, die aufgesaugte Substanz gießen 
wir auf eine Objektplatte — es ist am praktischsten eine in der Mitte vertiefte, 
zu den Hängende-Tropfenuntersuchungen erforderliche Objektplatte zu ver- 
wenden — und saugen, dieselbe zuerst vermengend, wider auf. Nach gehöriger 
Zusammenmischung der dreierlei Flüssigkeiten verschmelzen wir das Ende des 
Kapillarrohres und legen die ganze Pipette mitsamt der Gummikappe auf 20 Min. 
in Thermostat von 37°C. Wir brechen nunmehr das verschmelzte Ende der 
aus dem Thermostat genommenen Pipette ab und breiten den Inhalt auf ein 
Deck- oder Objektglaschen; das Präparat fixieren wir in einer konzentrierten 
Sublimatlösung oder an der Flamme. Die Färbung geschieht entweder nach 
Ziehl-Nellsen oder Romanowsky oder aber nach Löffler-Giemsa. In 
dem derart gewonnenen Präparate untersuchen wir nun, wie viel Tuberkel- oder 
andere Bazillen z. B. in 50—100 weißen Blutzellen enthalten sind; jene Ziffer, 
welche bezeichnet, wie viel Bazillen jede einzelne Phagocyte im Durchschnitt 
verzehrt hat, nennen wir Phagocytierungswert = „phagocytic count“, jene Ziffer 
aber, welche zeigt, um wievieles kleiner oder größer als das Normale der Phago- 
cytierungswert des Blutserums irgend einer untersuchten Person ist, nennen 
wir Opsoninindex = „opsonic index“. Der Opsoninindex kann also so aus- 


6 J. v. SZABOK Y. Garage dy 
gerechnet werden, wenn wir den bei der untersuchten Person gewonnenen 
Phagocyticrungswert mit dem an der gesunden Person gewonnenen Phago- 
cytierungswerte dividieren. Damit ich das Vorgehen bei der Untersuchung mit 
einem Beispiele illustriere, wollen wir annehmen, daß wir bei Untersuchung 
des mit dem Blutscrum einer normalen Person hergestellten Praparates fanden, 
daß in 100 Leukocyten 150 Bazillen vorhanden sind; der Phagocytierungsindex 
dieses Serums ist 1,50; in dem Serumpräparat der kranken Person finden wir 
in 100 Leukocyten 110 Bazillen, dessen Phagocytierungswert ist also 1,10; 1,10 
dividiert durch 1,50 ergibt also 0,75, dies ist der Opsoninindex. Nach Knorr 
steigert sich der Phagocytierungswert im Verhältnis zur Suspensionsdichte der 
zum Experiment verwendeten Bakteriumemulsion. Das Maximum der Phago- 
cytierung tritt nach 1 Stunde ein, nach 2 Stunden aber können genaue 
Beobachtungen wegen Degenerierung der Leukocyten nicht mehr durchgeführt 
werden. 

Betrachten wir nun, wie Wright seine Erfahrungen praktisch verwertet 
hat. Die Untersuchungen Wrights zeigten, daß der Wert des Opsoninindexes 
der normalen Personen im Durchschnitt der Ziffer 1 entspricht, aber zwischen 
0,9 und 1,1 variiert, ferner, daß der Opsoninindex jenes Organismus, dessen 
Widerstandskraft irgend einer Bakteriumart gegenüber gebrochen ist, kleiner, 
jenes Organismus aber, dessen Widerstandsfähigkeit gesteigert ist, größer ist. 
Ich kann mich mit der Herzählung der von Wright bei verschiedenen Krank- 
heiten gefundenen Opsoninindexe nicht befassen, sondern verweise nur auf die 
zusammenfassende Abhandlung Sauerbecks und werde in folgendem bloß 
kurz die auf dem Gebiete der Diagnostik und Heilung erzielten praktischen 
Erfahrungen Wrights anführen. 


Von diagnostischer Wichtigkeit sind jene Erfahrungen Wrights, in 
welchen er erklärte, daß der ständig niedrige Opsoninindex für die lokalisiert 
vorhandene Infektion spricht, der schwankende Opsoninindex eine ausgebreitete 
Infektion beweist, der hohe Opsonindex aber auf eine abgelaufene Infektion 
oder Immunität hinweist. Von diagnostischem Werte sind außerdem jene 
weiteren Erfahrungen Wrights, nach welchen das Blutserum irgend eines 
infizierten Organismus, wie auch eines kranken Organismus, die Wärme besser 
aushält als das normale Blutserum, und so können wir natürlich aus der Höhe 
jener Differenz, welche wir gewinnen, wenn wir mit dem aufgewärmten und 
nicht aufgewärmten Blutserum einer normalen, kranken oder injizierten Person 
arbeiten, auf das Nichtvorhandensein oder Vorhandensein irgend eines Leidens 
folgern. So z. B., wenn wir den Wert des Opsoninindexes mit nicht aufge- 
wärmtem und aufgewärmtem Blutserum untersuchen, dann folgern wir aus der 
Höhe der sich zwischen den beiden Werten ergebenden Differenz darauf, ob 
die betreffende Person gesund oder infiziert ist; die kleine Differenz spricht für 
die Infizierung. Nach Wright können wir in solchen Fällen, wenn in irgend 
einem krankhaften Gewebe mehrerlei Bakterien vorhanden sind, durch Fest- 
stellung des Opsoninindexes erfahren, welches Bakterium aktive Rolle spielt. 
In der Diagnostik können praktisch noch folgende Erfahrungen Wrights ver- 
wertet werden: 


BD.XIILBEFTL ÜBER OPSONINE UND DEREN VERWERTBARKEIT. 7 


1. Bei den mit Exsudatbildung verbundenen umschriebenen infektiösen 
Prozessen (Abscessus ascites) ist der Opsoninindex des Exsudates geringer, als 
der des Blutes, 2. erzielen wir bei infiziertem Organismus auch durch eine 
abgeschwächte Infektion eine raschere Wirkung als im normalen Organismus. 

Die auf dem Gebiete der Heilung gemachten Erfahrungen Wrights zeigen, 
daß man eine lokale Tuberkulose heilen kann, wenn man mit entsprechenden 
Injektionen die Opsoninproduktion steigert; da aber die Opsonine zu so iso- 
lierten Prozessen nicht in entsprechender Quantität gelangen, so muß dies durch 
lokale Operationen gefördert werden (Finsenstrahlen, Röntgenstrahlen, lokalisierte 
Anwendung von Rubefazientien). Bei allgemeinen Prozessen, welche — eventuell 
zufolge Antoinokulation — mit gesteigerter Opsoninproduktion verbunden sind, 
ist Ruhe erforderlich und darf nicht injiziert werden, erst später kann man zu 
dem Zwecke, damit die Antikörpersäfte die kranken Gewebe durchströmen, 
schwache Körperbewegungen und eventuelle Injektionen anwenden. 

Bei den Injektionen muß man in der Wahl der Dosis vorsichtig sein; als 
Richtschnur empfiehlt er die Berücksichtigung folgender Erfahrungen. Unter- 
suchen wir 24 Stunden vor der Injektion und 24 Stunden nach der Injektion 
den Wert des Opsoninindexes. Wenn 24 Stunden nach der Injektion der 
Opsoninindex dem Werte des vor der Injektion gefundenen Opsoninindexes 
gegenüber fällt, dann ist die Injektion schlecht, wenn derselbe aber steigt, dieser ' 
Steigung aber innerhalb 10 Tagen ein Sinken folgt, dann ist die Dosis zu klein; 
nur dann ist die Dosis gut, wenn die in den ersten 24 Stunden nach der In- 
jektion auftretende Steigung zum'mindesten 10 Tage anhalt. Wright erfuhr haupt- 
sächlich bei Drüsen-, Hoden- und beginnender Lungentuberkulose gute Resultate. 


Hiernach gehe ich auf meine eigenen Untersuchungen über. Ich habe 
meine Untersuchungen an tuberkulösen, tuberkuloseverdächtigen Patienten und 
an gesunden Personen vorgenommen. Bei Bestimmung des Wertes des Opsonin- 
indexes habe ich genau das vorgeschriebene Verfahren befolgt. Anfangs habe 
ich bei der Blutentnahme das vorgeschriebene, gebogene, an beiden Enden 
zugeschmolzene sterile Glas verwendet, später aber habe ich, da meine vergleichen- 
den Untersuchungen ergaben, daß kein Unterschied war, wenn ich nach vorher 
dem Finger beigebrachten Stichen (mit einer Frankeschen Nadel) das Blut in 
eine verstopfte kleine sterile Glaswalze abzapfte, nahm ich dieses vereinfachte 
Verfahren in Verwendung; so bekam ich in jedem Falle, oft auch ohne Zentri- 
fugierung schönes, reines Blutserum. 

Weiße Blutzellen habe ich auf die vorgeschriebene Weise gewonnen, auch 
hier habe ich eine sterile Glaswalze — nicht aber ein verschmolzenes Glasrohr — 
in Gebrauch genommen. Währenddem ich anfangs mit weißer Blutzellen- 
emulsion arbeitete, habe ich später die weißen Blutzellen mit roten Blutzellen 
vermengt verwendet. 

Die Bakteriumemulsion — welche ich ebenfalls nach Vorschrift anfertigte — 
und die weißen Blutzellen habe ich zu jeder Untersuchung neu hergestellt; die 
Bakteriumemulsion habe ich vor der Untersuchung nach dem Verfahren Ziehl- 
Nellsen gefärbt und erst dann verbraucht, wenn darin keine Bazillenklumpen, 
nichtsdestoweniger aber Bazillen in ziemlich großer Anzahl vorhanden waren. 





S y OK Y ZEITSCHR. f. 
S | J. ve SZABOKY. o ere 








Als zweckdienliches Verfahren erwies sich dasjenige von Pottenger, der 
zu dem Zwecke, damit die Emulsion gleichmäßiger sei, empfahl, daß wir die- 
selbe in einem solchen U-förmigen Glase durchlassen, in dessen Mitte und 
engerem Halse zerstückeltes und befeuchtetes Filtrierpapier placiert ist. 

Zur Verminderung der dreierlei Substanzen habe ich die vorgeschriebene 
unten dünne mit Gummikappe versehene Pipette verwendet, deren Inhalt ich 
in der Vertiefung eines zur Hängenden-Tropfenuntersuchung dienenden Objekt- 
glases zusammenmischte; nach dicser Prozedur, die man rasch vornehmen muß, 
habe ich die Pipette verlötet und dieselbe mitsamt der Gummikappe auf 
20 Minuten in einen 37% C aufweisenden Brutschrank gegeben. Dann habe 
ich Objektplatten-lräparate gemacht, welche ich nach Fixieren, nach dem Ver- 
fahren Ziehl-Nellsen färbte. Ich habe zuerst den Bazilleninhalt von 100, 
später bloß von 50 Weißblutzellen festgestellt. 

Ich hatte, als ich zu Beginn mit weißen Blutzellenemulsionen arbeitete, 
viel Schwierigkeiten; solche bereiteten mir schon die Herstellung von guter 
Bakteriumemulsion und die Gewinnung von reinen weißen Blutzellen. Es 
geschah sehr oft, daß ich manches Präparat überhaupt nicht gebrauchen konnte, 
weil solches entweder nicht in genügender Anzahl weiße Blutzellen enthielt oder 
wenig Bazillen vorhanden waren; in einer Weißblutzelle fand ich nur selten 
mehr als 1—2 Bazillen. 


L An gesunden Personen vollführte Untersuchungen. 

An 10 gesunden Menschen habe ich sómal den Wert des Opsoninindexes 
festgestellt. Der Opsoninindex war in 11 Fällen netto 1,0, in 40 Fällen vartierte 
derselbe 0,90 und 1,10 und nur in 5 Fällen fiel derselbe auf 0,85, resp. er- 
reichte die Höhe von 1,15. | 

Wenn auch die Resultate meiner Untersuchungen mit jenen Frenchs, 
der den Wert des Opsoninindexes bei gesunden Personen zwischen 0,7 und 
1,3 variierend fand, nicht übereinstimmen, so stimmen dieselben doch im allge- 
meinen mit den Untersuchungswerten von Elisabeth T. Fraser, Biene; 
Lissner und Fyshe überein, welche bei gesunden Menschen den Opsonin- 
index zwischen 0,80 und 1,20 fanden. Meine Erfahrungen stimmen mit den 
Untersuchungsresultaten Potters nicht überein, der den Wert des Opsonin- 
indexes auch an gesunden Personen für sehr variabel befand, stimmen aber mit 
den Erfahrungen Crace-Calverts, Jahn, S. Stewarts, Peel-Ritchies, 
Biene und Lissners überein, die bei kranken Personen große Schwankung, 
bei gesunden aber nur eine unbedeutende Schwankung des Opsoninindexes 
konstatierten. Ich habe an 4 gesunden Personen innerhalb 20—25 Tagen 
häufigere Untersuchungen vorgenommen, deren Resultate die Taballen I, IL, III, 
IV aufweisen. 

Tabellenerklärung. 


Gemischte Kurve, wo zur Bestimmung des Opsoninindexcs gemischte Tbc.kultur gce- 
braucht wurde. 
-----.-- Bovine Kurve, Bestimmung durch bovine Tbc.kultur. 


dat Humane Kurve, Bestimmung durch humane Tbc.kultur, 


Die in den Tabellen vertikal angelegten Linien bedeuten den Datum der Untersuchung. 


et ns ÜBER OPSONINE UND DEREN VERWERTBARKEIT. 9 








Die in den Tabellen horizontal angelegten Linien bedeuten den Wert in Ziffern. 


Die in den Tabellen angelegten zwei horizontalen Linien (zwischen 0,8—1,2) bedeuten die 
Grenzen der normalen Werte. 





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2. An Tuberkulose und auf Tuberkulose verdáchtigen Patienten 

vorgenommenen Untersuchungen. 

a) Zu diagnostischen Zwecken gemachte Untersuchungen. 

Ich habe insgesamt an 110 Patienten zu diagnostischen Zwecken die Fest- 
stellung des Opsoninindexes vorgenommen. Von diesen waren 79 tuberkulôs, 
2 litten an Lupus erythematodes und bei 29 Patienten war die Diagnose auf 
Tuberkulose zweifelhaft Von meinen an Tuberkulose leidenden 79 Patienten 
hatten 64 Lungentuberkulose, 7 Lupus vulgaris und 8 waren mit chirurgischer 
Tuberkulose behaftet. Von den mit Lungentuberkulose behafteten 64 Patienten 
waren 4 abgelaufene resp. verheilte Fälle, von den 60 aktiven Patienten aber 
befanden sich 13 in dem I. Stadium des Leidens, to in dem II. und 37 in dem 
III. Stadium. Bei der Stadieneinteilung habe ich die neueste, beim allerletzten 
Tuberkulosekongreß in Wien angenommene Turban-Gerhardtsche Einteilung 
beriicksichtigt.* Von meinen Fällen waren nur 15 solche, in welchen ich die 
Tuberkulose bloß auf Grund der klinischen Symptome, event. der Calmette- 
oder Pirquetschen Reaktion aufgenommen habe; in allen anderen Fällen hat 
entweder der Tierversuch, oder die Tuberkulinreaktion, oder die Positivität der 
Auswurfsuntersuchung, oder aber die Sektion die Tuberkulose bewiesen. Bei 
meinen in das I. Stadium gehörigen Fällen hat der Wert des Opsoninindexes 
zwischen 0,60 und 0,78, bei den in das II. Stadium gehörigen Fällen zwischen 


1) In das I. Stadium gehören jene Fälle, in welchen das Leiden geringeren Grades ist, sich 
bloß auf einen Flügel erstreckt; bei Erkrankungen beider Flügel über die Clavicula und Spina sca- 
pulae, bei einseitigem Leiden über den unteren Rand der II. Rippe nicht hinausgeht. 

In das II. Stadium gehören jene milden Fälle, welche sich nicht weiter als auf einen Flügel 
erstrecken und höchstens jene schweren Fälle, in welchen sich die Veränderung nicht über einen 
halben Flügel erstreckt. 

In das III. Stadium gehören die Fälle, welche das II. Stadium überschreiten. Die Kompli- 
kationen sind separat zu erwähnen. 


10 J. v. SZABOKY. RE SL. 
0,57 und 1,22, bei den in das III. Stadium gehörigen Fallen zwischen 0,27 und 
1,35 variiert. In 7 Fallen des Lupus vulgaris schwankte der Opsoninindex 
zwischen 0,57 und 0,75; von 10 chirurgischen Fällen sah ich 3mal normale 
Werte, 7mal stand aber der Opsoninindex zwischen 1,24 und 1,33. Von 4 
geheilten Fällen war in einem Falle der Opsoninindex 0,78, in den anderen 
Fällen aber schwankte derselbe in den normalen Grenzen; bloß als interessante 
Erfahrung will ich horvorheben, daß in 2 von diesen 4 Fällen, in welchen sich 
inzwischen der Prozeß erneuerte, der Wert des Opsoninindexes sich vom Normalen 
auf 0,77 reduzierte. Wie aus meinen hier angeführten Fällen zu sehen ist, 
schwankte der Wert des Opsoninindexes bei meinen tuberkulösen Patienten 
nicht ganz selten innerhalb der normalen Grenzen. Zwischen der Größe des 
Opsoninindexes und den Stadien war kein Zusammenhang nachweisbar, weil 
es dann immer vorkam, daß der Opsoninindex der in dem I. sowohl, als auch 
in dem II. und III. Stadium befindlichen Patienten gleichmäßig 0,74 war und 
hinwieder kam es vor, daß ein im III. Stadium befindlicher Patient 0,74, ein im 
I. Stadium befindlicher Patient aber 0,64 Opsoninindex aufwies. Den über das 
Normale hinausgehenden Wert des Opsoninindexes, wie dies Bulloch be- 
schreibt, habe ich nicht häufig, zusammen vielleicht in 10—12 Fällen, aber 


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immerhin konstatiert; es ist interessant, daß ein großer Teil dieser Fälle ent- 
weder rein chirurgischer Natur war, oder aber eine Lungentuberkulose mit 
Skoliosis, mit Koxitis oder mit anderen chirurgischen Tuberkuloseerkrankungen 
kompliziert war. 

Obwohl ich in den meisten Fällen den Wert des Opsoninindexes 2—3 mal 
feststellte, sah ich doch nicht jene Anforderung Peel-Ritchies, Jan S. Stewarts 
und Brookes erwiesen, daß man zu diagnostischen Zwecken an einem Patienten 
mehrere Male den Opsoninindex feststellen muß; die so gewonnenen Werte sind 
unbedingt von größerer Beweiskraft; wenn ich aber berücksichtige, daß an 
zweien meiner Patienten, an denen ich den Wert des Opsoninindexes innerhalb 
einiger Wochen 8—g mal feststellte, wenn auch der Wert des Opsoninindexes 
sehr schwankte, aber den Wert des Normalen niemals erreichte (wie dies 
Tabelle V, VI zeigt), dann glaube ich, daß ein auf Tuberkulose hinweisender 
Wert des Opsoninindexes doch nur beweiskräftig ist. 

Interessant waren jene meiner Untersuchungsresultate, welche ich teils 
aus rein diagnostischem Zweck, teils an tuberkuloseverdächtigen Patienten bekam. 
Von diesen hat in 9 Fällen, in welchen der Opsoninindex einen normalen Wert 
zeigte, die spätere klinische Beobachtung oder aber die Sektion tatsächlich keine 





BD.XIEREFTL ÜBER OPSONINE UND DEREN VERWERTBARKEIT. LI 


Tuberkulose ausgewiesen, in 12 Fällen aber, in welchen der Opsoninindex einen 
auf eine Tuberkuloseerkrankung positiven Wert ergab, hat die klinische Be- 
obachtung, die Tuberkulinreaktion oder die Obduktion tatsächlich die Tuber- 
kulose erwiesen. Es sprechen nur 8 Fälle gegen den diagnostischen Wert des 
Opsoninindexes: in diesen 8 Fallen war der Wert des Opsoninindexes 0,86, 1,13, 
1,16, 1,12, 0,95, 0,82, 0,99, 1,05, das Vorhandensein von Tuberkulose hat in 
3 Fällen die Obduktion, in 2 Fallen die Tuberkulinreaktion, in 1 Falle die 
Operation und in 2 Fällen der weitere Verlauf der Krankheit erwiesen. 


Ich glaube, daß es nicht uninteressant ist, wenn wir uns mit einigen 
dieser Fälle eingehender befassen. Bei einem meiner Patienten, der sich in der 
Remmissionsperiode der Anaemia perniciosa befand, war, als man (von den 
verdächtigen Temperatursteigungen abgesehen) aus den physikalischen Sym- 
ptomen auf Tuberkulose noch nicht folgern konnte und die Sputumunter- 
suchung auch keinen Befund ergab, der Wert des Opsoninindexes 0,70; zur 
selben Zeit war sowohl die Calmettesche Ophthalmoreaktion, als die Pirquet- 
sche kutane Reaktion negativ. Die Obduktion zeigte Anaemia perniciosa und 
floride Tuberkulose. 

Bei einem jungen Mädchen, an welchem weder die Röntgenaufnahme, 
noch auf Calmettesche Ophthalmorcaktion, noch aber bei Pirquetscher 
Reaktion auf Tuberkulose gefolgert werden konnte, habe ich nur aus dem 
Grunde den Wert des Opsoninindexes festgestellt, weil über der rechten Spitze 
von Zeit zu Zeit ein Knistern hörbar war; der Wert des Opsoninindexes war 0,79, 
also positiv. Um den diagnostischen Wert der Opsonine an der Patientin zu 
beurteilen, habe ich eine Tuberkulininjektion vorgenommen. Nach Injizierung 
von 0,2 mg Kochschem Alttuberkulin habe ich schon nach 3—4 Stunden 
eine starke klinische Reaktion bekommen. In einem anderen meiner Fälle, in 
welchem die klinische Diagnose auf Tabes dorsalis lautete und die Lunge sich 
als gesund erwies, war der Opsoninindex 0,78; die dann durchgeführte Calmette- 
reaktion und Tuberkulinreaktion (1 mg) hat das Vorhandensein von Tuberkulose 
erwiesen. 

Ich beabsichtige nur. einen meiner negativen Fälle zu erwähnen. Bei der 
ficberhaften Patientin, in welcher sich bei starkem Icterus langsam Ascites 
entwickelte und die klinische Diagnose auf Cholangitis und Peritonitis exsudativa 
lautete, habe ich den Wert des Opsoninindexes mit 1,13 gefunden. Die 
Operation erwies peritonitis tuberculosa. 

An zwei an Lupus erythematodes leidenden Patienten war der Opsonin- 
index 0,97 und 1,08, also normal. 

Bei Anwendung der probatorischen Injektion von Tuberkulin habe ich 
in 17 Fällen den Wert des Opsoninindexes untersucht. Von den 17 unter- 
suchten Fällen erwiesen sich 15 als Tuberkulose, 2 aber nicht, Die proba- 
torische Injektion des Tuberkulins habe ich auf zweierlei Art angewendet. Ent- 
weder so, daß ich mit 0,2 mg begann und dann auf 1—5—10 mg stieg, oder 
aber anfängliche Dosis (0,2, 1,0 mg) nach je 3 Tagen viermal repetierte. 

Von den 15 Tuberkulosefällen ist bei 6 schon nach der ersten Tuberkulin- 
injektion klinische Reaktion eingetreten, in diesen Fállen ist auch der Wert des Op- 


TUBERKULOSE 


12 J. v. SZABOKY. ZEITSCHR. f. 





soninindexes schon nach der ersten Injektion stark gefallen (siehe Tabelle VII, VII, 
IX, X, XI, XII); anders war dies bei jenen meiner 9 Tuberkulosen, bei welchen 
die klinische Reaktion nach der zweiten, dritten, event. erst nach der vierten 










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Injektion eintrat; in diesen Fällen war die Haltung des Opsoninindexes inter- 
essant, in 7 von 9 Fällen ist nämlich die Abnahme desselben — wie dies die 
Tabellen XIII, XIV, XV, XVI, XVII, XVIII, XIX schön beweisen — der 
klinischen Reaktion bei weitem vorangegangen, in 2 (XX, XXI) aber erst mit 
der klinischen Reaktion zusammen eingetreten. An 2 meiner nicht tuber- 








BD.XIILHEFT1. ÜBER OPSONINE UND DEREN VERWERTBARKEIT. 13 





kulösen Patienten, an welchen auf Tuberkulin keine klinische Reaktion eintrat, 
ist auch der Opsoninindex nicht gefallen, sondern ist vielmehr mit der Größe 
der Injektion korrespondierend gestiegen. (Dies demonstriert Tabelle XXII, XXIII). 


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2021 22 23 24 25 26 27 28 29 






































Bevor ich mich mit der prognostischen Verwertbarkeit des Opsonin- 
indexes befassen móchte, will ich jene meiner interessanten Beobachtungen 
bekannt geben, welche ich dann machte, als ich den Wert des Opsoninindexes 
in einer halben Stunde nach der Injektion priifte. Zur Injektion verwendete ich 
entweder eine größere oder kleinere Dosis des Tuberkulins oder des C.Spengler- 





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schen Vakzins. Diese Untersuchungen habe ich in 18 Fällen nach Injektion 
großer Dosen (0,2, I, 5, 10mg) und in 22 Fällen nach Injektion kleiner Dosen 
(!/,0000 *)/100000 Mg) vorgenommen. Von den ersteren ist in 12 Fällen (Beispiele 
zeigt Tabelle XXXIV, XXXV, XXXVI), in welchen Tuberkulose vorlag, der 


| = ZEITSCHR. f, 
14 J. v. SZABOKY. TUBERKULOSE 











Wert des Opsoninindexes — vorausgesetzt, daß nach 24 Stunden nach Injektion 
der großen Dosis eine Abnahme eintrat — schon in einer halben Stunde nach der 
Injektion gesunken; in 6 Fällen aber, in welchen Tuberkulose ausgeschlossen 
war, nicht (Beispiel Tabelle XL) Von letzteren 28 Fällen ist unter 26 an 
Tuberkulose leidenden Patienten ı8 mal der Wert des Opsoninindexes (wie 
dies auch in den Tabellen XXIV—XXXII und XXXVII ersichtlich ist) — in 
einer halben Stunde nach der Injektion — auch bei den in den Anfangsstadien 
befindlichen Patienten gesunken, an 6 mit Tuberkulose nicht-behafteten Personen 
aber in keinem Falle (Tabelle XXXIX, XL). Ich glaube nicht zu irren, wenn 
ich auf dieser Basis die Folgerung ablcite, daß wir in jenen Fällen, in welchen 
der Wert des Opsoninindexes eine halbe Stunde nach Einspritzung, sei es einer 
größeren oder kleineren Dosis spezifischen Mittels, sinkt, den Verdacht stark auf 
Tuberkulose annehmen können. 



















































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Welche Bedeutung schon an und für sich jener Umstand allein in der Praxis 
haben kann, wonach das Sinken des Opsoninindexes nach kleinerer probato- 
rischer Tuberkulininjektion schon dann cintritt, wenn von einer klinischen Reaktion 
noch keine Rede ist, beweisen einige meiner Fälle. Die beiliegenden 
Tabellen XII, XIV, XVI und XVII zeigen einige solcher Fälle, ausführlicher 
aber befasse ich mich bloß mit einem solchen Falle. An Frau B. S. (XIII) habe 
ich, da bei ihrer Aufnahme die klinische Untersuchung keinen positiven Anhalts- 
punkt für Tuberkulose bot, eine probatorische Tuberkulininjektion vorgenommen. 
An der Patientin trat nach der ersten und zweiten 0,2 mg Kochschen Alt- 
tuberkulininjektion nur ein Sinken des Opsoninindexes ein, aber keine klinische 
Reaktion; erst nach der dritten (1 mg) Injektion trat unter bedeutendem Sinken 
des Opsoninindexes starke klinische Reaktion ein: in den Lungen starke lokale 
Symptome, starke Zunahme des Auswurfes, sehr große Niedergeschlagenheit, 
Mattigkeit der Patienten, Temperatur 39,8°, schwacher Puls, vollständige Apathie; 
diese Symptome hielten 10 Tage an und erst nach dieser Zeit stieg der Wert 
des Opsoninindexes von 0,25 auf 0,85. 

Wenn ich in diesen Fällen die Diagnose schon nach Fallen des Opsoninindexes 
gestellt und nicht jenen Fehler begangen hätte, vor welchem Wright eindringlichst 
warnt, daß wir in der negativen Phase nicht impfen sollen, so hätten wir die Patienten 


BD.XILHEFTI OBER OPSONINE UND DEREN VERWERTBARKETT. 15 











von solchen Unannehmlichkeiten verschonen können. Diese meine Fälle beweisen 
schön, wie vorsichtig wir mit der Tuberkulindosis sein müssen und daß es nicht 
zweckmäßig ist, in der negativen Phase zu injizieren und daß die Tuberkulin- 
reaktion wahrlich von schädlichen Folgen begleitet sein kann. 


Wenn meine Erfahrungen bestätigen sollten, daß wir in einer halben Stunde 
nach der Injektion, sei es nach einer kleinen oder großen Dosis, aus dem Fallen 
des Opsoninindexes auf Tuberkulose schließen können, dann haben wir in der 
Tuberkulininjektion einen solchen diagnostischen Behelf gewonnen, mit welchem 
wir auch in den fieberhaften Fällen die Tuberkulose sicher feststellen könnten, 
weil ja doch die Injektion von */ 0000 —?*/00000 mg auch in fieberhaften Fällen 
unschädlich ist. 


b) Auf jene Frage, ob der Opsoninindex prognostisch verwertbar ist oder 
nicht, antworte ich in folgendem. In meinen Fällen kann ich die Untersuchungs- 
resultate Meakins und Wheelers, nach welchen der höhere Wert des Opsonin- 
indexes vielleicht eine bessere Prognose zuläßt, nicht bestätigen, und zwar aus 






















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= Bronchit. Bronchit. 
dem Grunde, weil einesteils in jenen meiner Falle, in welchen der Wert des 
Opsoninindexes das Normale iiberstieg, das Leiden nicht milderen Charakters 
war, ich aber andererseits in 2—3 von meinen derartigen Fallen entschieden 
einen schlechteren Verlauf sah. Meine eigenen Erfahrungen zeigten eher, daß 
der stark gesunkene Opsoninindex eine schlechte Prognose bedeutet. In 6 von 
ı2 Fällen hat der Wert des Opsoninindexes zwischen 0,40 und 0,50 geschwankt, 
in diesen trat der Tod innerhalb eines Monates ein, in 5 Fällen war die 
Schwankung 0,30—0,40, in diesen trat der Tod innerhalb ı3 Tagen ein und 
nur in einem Falle war der Wert des Opsoninindexes 0,27, in welchem der 
Patient nach 2 Tagen gestorben ist. Tatsache ist, daß man von ı2 Fällen nichts 
Sicheres sagen kann; wenn ich aber jene meiner Erfahrungen hinzunehme, 
welche ich an 2 nicht tuberkulösen Patienten machte, daß nämlich der Opsonin- 
index diesen Patienten gegenüber der Tuberkulosebazillenemulsion selbst einige 
Tage vor dem Tode normal war, dann glaube ich, daß meine Erfahrungen 
prognostisch doch vielleicht verwertet werden können. 


c) 14 Patienten habe ich immunisiert und beobachtete während der In- 
jektionen ständig den Wert des Opsoninindexes. Den Wert des Opsoninindexes 


ZEITSCHR. f. 
TUBERKULOSE 


J. v. SZABOKY. 


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1/,, 1, 2 und 4 Stunden nach der Injektion untersucht. Zur Immunisation habe 


habe ich in jedem Falle vor der Injektion und nach derselben, am folgenden 
Tage festgestellt; bloß in einigen Fällen habe ich den Wert desselben auch 


ich in 4 Fallen das Kochsche Alttuberkulin (siehe Tabelle XLI, XLII, SU) 


erlsuchtemulsion), (siehe Ta- 
Spenglersche P.T.O. (Perl- 


E. (P 


XLIV), in 3 Fällen die C. Spenglersche P. 


belle XLV, XLVI, XLVII, in 3 Fällen das C 


BD.XIILHEFTL UBER OPSONINE UND DEREN VERWERTBARKEIT. 17 








suchttuberkulin) (siehe Tabelle XLVIII, XLIX, L), in 2 Fällen die C. Spengler- 
sche T.B.E. (Humanemulsion) (siehe Tabelle LI, LIM, und in 2 Fällen das 
C.Spenglersche A. T. O. (Humantuberkulin) (siehe Tabelle LIII, LIV) verwendet. 





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Ich gebrauchte nur kleine Dosen, steigerte dieselben nur sehr langsam und 

machte die Erfahrung, daß der Opsoninindex bei den verschiedenen schweren 

Patienten nach der Injektion sich verschieden verhielt. Bei beginnender 
Zeitschr. f. Tuberkulose. XIII. H 


J. y. SZABOKY. 





ZEITSCHR. f. 
TUBLRKULOSE 


Lungentuberkulose konnte ich die Dosis des C. Spenglerschen P.E. bis 
auf 0,01 mg steigern und der Wert des Opsoninindexes vergrofierte sich stetig 


(siehe Tabelle XLVI, 











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mg P.E. eine starke Abnahme des Opsoninindexes zustande 


gebracht. Dieselben Resultate ergaben die mit C. Spenglerscher P.T.O. und 


mit dem 


Kochschen- Alttuberkulin durchgeführten 


Untersuchungen (siehe 


BD.XITHEFTL UBER OPSONINE UND DEREN VERWERTBARKEIT. 19 





Tabelle XLIX, XLVII. Als viel stärkere Materien erwies sich das C. Spengler- 
sche A.T.O. und insbesondere die T.B.E., bei Gebrauchnahme dieser Sub- 
stanzen ist in fieberhaften Fällen nach !/. soon (siehe Tabelle LID, in beginnen- 








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den Fällen aber nach Jan das Fallen des Opsoninindexes eingetreten (siehe 
Tabelle XLII, LI. Wenn ich nach einer Woche die gleiche Dosis wieder- 
holte, stieg der Opsoninindex. Ich will hier weder die Resultate meiner mit 


Kochschen, noch mit C. Spenglerschen Impfstotfen erzielten Resultate 
2* 


ZEITSCHR. f. 
TUBERKULOSE 





20 J. v. SZABOKY. 
detaillieren, sondern ich will bloß hervorheben, daß wir insbesondere mit der 
Spenglerschen P.E. und T.B.E. sehr vorsichtig umgehen müssen. Ich halte 
die vorgeschriebene Steigerungsskala nicht für richtig, weil meine Erfahrungen 








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Die erwähnten unbedeutenden Abnahmen 


wurden in der Regel nicht von unangenehmen Symptomen begleitet, boten 


aber immer Vorzeichen, welche heftig dann auftraten, wenn ich das erwähnte 


zeigen, daß dieselbe zu rasch ist. 


BDXITHEFTL ÜBER OPSONINE UND DEREN VERWERTBARKEIT. 21 











Fallen nicht vor Augen haltend, in der folgenden Woche die Dosis wieder 
steigerte (siehe Tabelle XLVII, LI, L). Auf Grund dessen kann ich also sagen, 
daß uns die Feststellung des Opsoninindexes ein wertvolles Kontrollverfahren 
zur spezifischen Behandlung der Tuberkulose zur Hand gibt, nachdem wir die 
Reaktionen, welche, wie Sahli sehr richtig bemerkt, immer die Schädigung 
des Organismus im Gefolge haben, vermeiden können. Eben die mit der 
Immunisation parallel angeführten Opsoninuntersuchungen beweisen, wie sehr 
man die Tuberkulose mit spezifischen Mitteln schablonenmäßig nicht behandeln 
kann, wie schwer es zu individualisieren ist, und wie schwer die gehörige Dosis 
zu treffen ist. 

Eine geringgradige negative Phase, ein geringeres, I—2 Stunden, event. 
I—2 Tage anhaltendes Fallen des Opsoninindexes habe ich während der 
Immunisation öfters beobachtet; eine stärkere negative Phase und neben der- 
selben subjektives schlechtes Befinden habe ich nur 2 mal gesehen und auch 
dies nicht während der Immunisation, sondern nach der probatorischen Impfung 
mit Tuberkulin. 

Es scheint, daß, trotzdem ich während meiner therapeutischen Behandlung 
eine Reaktion nicht beobachtete und den Anforderungen Wrights entsprechend 
öfters erreichte, daß der am nächsten Tage nach der Injektion gestiegene 
Wert des Opsoninindexes 10 Tage hindurch stehen blieb, ich dennoch nicht 
. jene ideale Dosis fand, auf welche nach Wright eine kleine Steigung (false 
rise) zustande kommt, die aber auch wegbleiben kann; nach derselben folgt ein 
Fallen, welcher am dritten Tage neuerdings eine Steigung folgt; ich sah nur 
eine dieser ähnliche, und zwar daß der Index in den ersten Stunden fiel, dann 
stieg und diesen Wert einige Tage beibehielt. 

d) Ich habe schließlich auch nach jener Richtung hin experimentiert, ob 
wir durch die Opsoninbestimmungen einen Anhaltspunkt dafür gewinnen, ob 
die Infektion des untersuchten Patienten boviner und humaner Befund sei, oder 
wenn doppelte Infektion vorhanden ist, welche die stärkere ist. Zu diesem 
Zwecke habe ich bei 5 gesunden Personen 9 mal mit Human- und gmal mit 
Bovinemulsion den Wert des Opsoninindexes festgestellt. Meine Untersuchungen 
zeigten, daß der Wert der mit Bovinemulsion untersuchten Opsoninindexe 
zwischen 0,87 und 1,10, der Wert der mit Humanemulsion untersuchten 
Opsoninindexe zwischen 0,89 und 1,12 schwankte (Tabelle II). Danach habe 
ich meine Untersuchungen an 17 tuberkulösen Patienten derart fortgesetzt, daß 
ich an ein und demselben Patienten den Wert des Opsoninindexes mit Bovin- 
emulsion, mit Humanemulsion und mit gemischter Emulsion festgestellt habe. 
Meine Experimente ergaben folgende Resultate: Bei 3 Patienten war der Wert 
des mit Humanemulsion untersuchten Opsoninindexes normal, der mit gemischter 
und Bovinemulsion untersuchte Opsoninindex ergab einen krankhaften \Vert. 
Bei 4 Patienten war der Wert des mit Bovinemulsion untersuchten Opsonin- 
indexes normal, der mit gemischter und Humanemulsion untersuchte Opsonin- 
index ergab einen krankhaften Wert. Bei 10 Patienten zeigte der Opsonin- 
index einen krankhaften Wert, wenn es mit gemischter, mit humaner und auch 
als er mit boviner Emulsion untersucht wurde; von diesen Fallen hat der 


22 J. v. SZABOKY. IN 
Wert des mit Bovinemulsion untersuchten Opsoninindexes 7 mal, der Wert des 
mit Humanemulsion untersuchten Opsoninindexes 3 mal stärkere Infektion 
erwiesen. Wenn ich bei alledem auch in Betracht zog, daß bei jenen meiner 
Experimente, bei welchen, sei es nach probatorischer Tuberkulininjektion,sei es nach 
kleinen Mengen nach einer halben Stunde (siehe Tabelle XXXVII XXV, XXXII, 
ANNI, XXXV, XLIT, XLVI, XLVIL LI) oder am nächsten Tage (siehe 
Tabelle X, XL NAT, XV) der Wert des gemischten Opsoninindexes fiel oder 
stieg, auch der \Vert des mit Bovin- oder mit Humanemulsion untersuchten 
Opsoninindexes fiel oder stieg, ferner auch, daß wenn ich bei der zu dia- 


gnostischen Zwecken vorgenommenen Opsoninindex-Feststellung im Werte des 


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mit gemischter Emulsion untersuchten Opsoninindexes keine Abweichung fand, 
auch der mit Human- und Bovinemulsion untersuchte Opsoninindex einen 
normalen Wert zeigte: hätte ich nach alledem darauf schließen müssen, daß 
die mit Bovin- und Humanemulsion vorgenommene Opsoninindex-Feststellung 
darüber Aufklärung geben kann, ob wir einer doppelten, oder einer Human- 
resp. einer Bovininfektion gegenüberstehen. 

Diese meine Folgerungen haben meine Tierexperimente, welche ich aller- 
dings noch nicht abgeschlossen habe, nicht nachgewiesen. Ich habe 6 gleich- 
wiegende Kaninchen intraperitonialiter mit abgewogenen gleichen Quantitäten 
von Tuberkulosiskulturen geimpft, und zwar 2 mit rein humaner Kultur, 
2 mit rein boviner Kultur, und 2 mit gemischten Kulturen. Vor der Impfung 


BD.XHDHEFTL ÜBER OPSONINE UND DEREN VERWERTBARKEIT. 23 


habe ich an diesen 6 Tieren, und noch an anderen 3 Kontrolltieren den Wert 
des Opsoninindexes separat mit gemischter Human- und Bovinemulsion fest- 
gestellt. Nach der Impfung aber habe ich wöchentlich einmal, zusammen fünfmal 
den Wert des Opsoninindexes festgestellt. Meine Erfahrungen waren folgende: 
Die Werte des sowohl mit Bovin- als Human-, als auch mit gemischter Emulsion 
untersuchten Opsoninindexes waren schon am Ende der ersten Woche nicht 
normal; während der ganzen Zeit habe ich bei meinen mit den dreierlei Emul- 
sionen vorgenommenen Untersuchungen keinerlei Zusammenhang gefunden, je 
nachdem die Infektion mit Bovin-, Human- oder gemischten Kulturen geschah. 
Zu Ausgang der fünften Woche hat sich das Resultat der Untersuchung nur 
insofern geändert, daß ich auf den einzelnen Tieren den niedrigsten Wert des 
Opsoninindexes durch jene Emulsion erreichte, mit welcher die Infektion vor 
sich ging (siehe Tabelle LV, LVI, LVII, LVII, LEX). Zu dem Zwecke, damit 
meine Tierexperimente die an den Patienten erzielten Untersuchungsresultate 
bekräftigen sollen, wäre es notwendig gewesen, daß das bloß mit humaner 
Kultur infizierte Tier nur mit der Humanemulsion, das bloß mit Bovinkultur 
infizierte Tier nur mit Bovinemulsion und daß das mit gemischter Kultur 
infizierte Tier sowohl mit Bovin- als mit Humanemulsion einen krankhaften 
Opsoninindex ergibt. Diese Erfahrung habe ich nicht gemacht und so haben 
meine Tierexperimente nicht bestätigt, daß wir aus dem Resultate der separat 
mit Humanemulsion vorgenommenen Opsoninfeststellungen auf den Ursprung 
der Human- oder Bovininfektion schließen können. Indem ich voraussetze, daß 
ich meine Untersuchungen gut ausgeführt habe, und daß die Technik der 
Wrightschen Untersuchungsmethoden nur innerhalb kleiner Fehlerquellen 
grenzen, muß ich aus meinen Resultaten folgende Schlüsse ziehen. 


1. Der Wert des Opsoninindexes gesunder Personen schwankt zwischen 
0,85 und 1,15. An ein und derselben Person häufiger vorgenommene Unter- 
suchungen ergaben keinen ständigen, sondern nur einen innerhalb der nomalen 
Grenzen schwankenden Wert. 

2. Wenn der Wert des Opsoninindexes unter 0,85 und über 1,15 war, 
konstatierte ich meistens Tuberkulose. Die Untersuchung hat sich bei 85 von 
99 internen Tuberkulosefällen, bei 5 von 8 chirurgischen und bei allen Lupus 
vulgarus-Fällen bewährt. 

3. Meine parallel mit den probatorischen Tuberkulininjektionen vor- 
genommenen Opsoninindex - Untersuchungen zeigten, daß das Sinken des 
Opsoninindexes — selbst wenn dasselbe der klinischen Reaktion auch weit 
voranging — das Vorhandensein von Tuberkulose bewies. Auf Grundlage 
meiner Untersuchungen kann auch angenommen werden, daß das Sinken des 
Opsoninindexes in einer halben Stunde nach der Injektion, sei es nach einer 
kleinen oder nach einer großen Dosis, ebenfalls Tuberkulose bedeutet. 

4. Aus der Höhe des Wertes des Opsoninindexes können wir auf den 
Grad des Leidens keine Folgerungen ziehen, es ist aber wahrscheinlich, daß 
das starke Sinken des Opsoninindexes eine schlechte Prognose bedeutet. 

5. Auch in der spezifischen Therapie bedeutet die Bestimmung des 
Opsoninindexes einen Fortschritt, weil wir durch diese Kontrolle die Reaktion 


24 v. SZABOKY, ÜBER OPSONINE ETC. ee 
häufig vermeiden können, und in der Lage sind, den Grad der Immunität 
aproximativ festzustellen. Wenn auch die während der Immunisation auftretende 
Opsoninindex-Steigung nicht in allen meiner Fälle die klinische Besserung im 
Gefolge hatte (dies zeigt schön die Tabelle VII: trotzdem das Leiden vorgeschritten 
st, stieg der Opsoninindex fortwährend), habe ich bei Fallen beginnender Lungen- 
tuberkulose doch ziemlich gute Resultate erzielt. Die Feststellung des Wertes 
des Opsoninindexes kann als guter Anhaltspunkt insbesondere in vorgeschrittenen 
fieberhaften Fallen dafür dienen, ob die begonnene Behandlung ohne Schädigung 
des Organismus fortgesetzt werden kann oder nicht; im allgemeinen sehen wir 
erst bei diesem Kontrollverfahren, wie schwer die spezifische Behandlung ist, 
wie schwer es ist, die gehörige Dosis zu wählen, welche Praxis zur gehörigen 
Individualisierung gehört, wie unrichtig die häufige Einspritzung und die rasche 
Steigerung der Dosis ist. 

6. Meine Tierversuche bieten keinen genügenden Anhaltspunkt dafür, daß 
auf Grund der mit Human- und Bovinemulsion vorgenommenen Opsoninunter- 
suchungen die doppelte, oder die reine Human- oder aber die reine Bovin- 
infektion angenommen werden könnte. 

Nach alledem glaube ich, daß die Feststellung des Opsoninindexes bei 
der Diagnose der Tuberkulose (Bradshaw und Glynn) eine ziemlich wichtige 
Rolle spielt. Es erleichtert in vielen Fällen die Diagnosestellung schon jener 
Umstand, daß wir nach der Tuberkulininjektion die Diagnose in !/, resp. 
ı Stunde (Fraser) durch das Sinken des Opsoninindexes erzielen können. 
Wenn wir hierbei jene Vorteile in Betracht ziehen, welche die Feststellung des 
Opsoninindexes in der Therapie der Tuberkulose und event. in der Prognose 
der Tuberkulose (French, Clive Riviere, Rotch, Floyd, Neuburger, 
Bunch, Balban, Cecil Bosanquet, Bradshaw und Glynn) bieten kann, 
dann dürfen wir nicht vor den technischen Schwierigkeiten zurückschrecken. 
Ich muß allerdings zugeben, daß die Opsoninbestimmung eine sehr mühsame, 
zeitraubende Untersuchung ist, welche eine kolossale Übung beansprucht. Nur 
nach einer längeren Einübung ist es möglich, gleichmäßige Resultate zu erzielen, 
und dann spielt aber noch immer die Subjektivität einzelner Untersucher eine 
ziemlich wichtige Rolle. 

Zum Schlusse gehe ich einer angenehmen Pflicht entgegen, als ich den 
Privatdozenten Herren Gúza v. Dieballa und Bernhard Vas für die Über- 
lassung des Untersuchungsmateriales meinen verbindlichsten Dank ausspreche. 


BDXUDDEFIL HENNIG, EINFLUSS DER DEUTSCHEN MEERE ETC. 25 





II. 
Der Einfluß der deutschen Meere (Ost- und Nordsee) auf die 
Tuberkulose der oberen Luftwege. 
Vortrag, gehalten auf dem I. Internationalen Laryngo-Rhinologenkongreß zu Wien. 
Von 
San.-Rat Dr. A. Hennig, Königsberg i. Pr. 


i und der Lungen an die französische, italienische und österreichische 
CAN Riviera, an den Gardasee oder in die Hühenkurorte der Schweiz Ver- 
EE wie auch schon allein der Umstand, daß es nur einer verschwindend 
kleinen Zahl von Kranken wegen der bedeutenden Kosten vergönnt ist, 
jene Kurorte aufzusuchen, hat mich schon seit Jahren veranlaßt, derartige 
Leidende aus dem Norden Deutschlands, bei denen der Prozeß noch nicht 
zu weit vorgeschritten war, an die Gestade unserer nordischen Meere, an die 
Ost- und Nordsee zu schicken. Ganz besonders wurde ich in diesem Ent- 
schlusse durch die ausgezeichneten Erfolge, die dänische Kollegen in ver- 
schiedenen Sanatorien und Lungenheilstätten an der dänischen Küste erzielt 
hatten, bestärkt. Es gibt daselbst zurzeit nicht weniger als 9, teils fertige, teils 
im Bau begriffene Seeküstensanatorien und Heilstätten für Lungentuberkulose, 
Skrofulose und chirurgische Tuberkulose und zwar in Refsnäs auf Seeland, 
in Juelsminde am Kattegat, in Hellebäk am Sund, in Boserup am Roskilde- 
fjord, in Vejlefjord, in Krabbesholm am Skiwefjord und diese 6 Sanatorien 
mit insgesamt 661 Betten arbeiten schon seit Jahren, Sommer und Winter 
hindurch mit glänzenden Resultaten. Es sind z. B. in dem unter Leitung 
Prof. Saugmans stehenden Vejlefjord-Sanatorium unter 1186 binnen 7 Jahren 
aufgenommenen Patienten aus allen drei Stadien der Tuberkulose bei So", 
Heilungen beobachtet worden, die Dauererfolge übertreffen sogar die von 
Turban in Davos erzielten. 

Prof. Schepelern, der Leiter des Kysthospitals auf Refsnäs, hält die 
Resultate bei der Behandlung der Lungentuberkulose an der Seeküste im 
Winter für ebensogute wie im Sommer, da die Kinder den ganzen Winter 
täglich an die Luft kommen. 

Infolge der ausgezeichneten Erfolge der obengenannten Sanatorien sind 
in Dänemark drei weitere für Tuberkulose im Bau begriffen, die schon in 
allernächster Zeit eröffnet werden und zwar in Nakkebölle auf Süd Fünen 
(122 Betten), in Faksinge am Prästofjord (120 Betten), beide für Männer und 
Frauen, und in Louisehöi am Koldingfjord. mit 102 Betten für Kinder bis 
zu 15 Jahren. 

Aber auch von der Nordsee mehren sich in den letzten Jahren die 
Berichte über eine günstige Beeinflussung von Lungen- und Kehlkopftuberkulose 
durch das Seeklima, von Helgoland, Norderney, Borkum und Sylt 
werden nicht nur Besserungen auch vorgeschrittener Tuberkulosefälle gemeldet, 
sondern direkt von Heilungen gesprochen. Schon Beneke hat gesagt: „Die 





; INNIG ZFITSCHR. f. 
20 e = an E o TUBFRKULOSE 


Meeresluft am nördlichen mittelländischen Gestade kann eine dauernde Kräftigung 
der schwächlichen Konstitutionen nur selten für sich in Anspruch nehmen. 
Was man dort atmet, ist sehr verschieden von der Lutt vom Nordseegestade. 
Am Strande von Nizza, Mentone, San Remo etc. ist die Luft oft so trocken 
und so wenig bewegt, daß man nicht glaubt dem großen Wasserbecken nahe 
zu sein. Die Ostsecluft hat schon bedeutend wirksamere Eigenschaften, der 
tonisierende Einfluß tritt bei ihr bereits hervor, sobald das Meer und die Luft- 
strömungen an den meist bewaldeten Ufern eine genügende Bewegung zeigen.“ 
Und noch höher schätzt Beneke die Nordseeluft ein, der er den ersten Platz 
unter allen gegen konstitutionelle Schwächezustände empfohlenen Behandlungs- 
methoden zuspricht. | 

In gleichem Sinne äußert sich Dr. Nicolas, Westerland-Sylt, in einem 
am 12. November 1907 im ärztlichen Verein zu Hamburg gehaltenen Vortrage 
„Winterkuren an der Nordsee“, 

Eine geradezu vernichtende Kritik über die französische Riviera spricht 
aus den Worten unseres Altmeisters der Laryngologie Moritz Schmidt. „Zu 
den ungeeignetsten Plätzen für Schwindsüchtige, besonders für die am Kehl- 
kopf Leidenden, gehören die von Frankreich und England so bevorzugten süd- 
französischen Orte Mentone, Nizza, Cannes etc., denn die meisten dieser Orte 
bieten keinen genügenden Schutz gegen die von Februar bis Ende März ein- 
tretenden Kälteperioden. Ganz besonders ist aber der unendliche Staub an 
diesen Orten für mich eine absolute Kontraindikation, Hals- und Lungen- 
phthisiker hinzuschicken.“ 


Prof. Tjaden, Geschäftsführer des Gesundheitsrates zu Bremen, sagt in 
dem Aufsatze, Nordseeklima und Tuberkulosebekampfung: ,,So günstig die 
Wirkung des Nordseeklimas auch bei der Drüsen-, Knochen- und Gelenk- 
tuberkulose ist, ihre größere Bedeutung scheint mir bei der Behandlung der 
Anfangsstadien der Lungentuberkulose zu liegen, und zwar sowohl bei Kindern 
wie bei Erwachsenen.“ 

Ferner hat der bekannte Rostocker Pharmakologe Kobert, der ehe- 
malige Direktor der Brehmerschen Heilanstalten, bei Gelegenheit der letzten 
Bäderreise der deutschen Ärzte am 5. September v. J. in Ahlbeck und am 
12. Oktober v. J. in der Sitzung des Rostocker Ärztevereins unter voller Zu- 
stimmung der Anwesenden sich dahin ausgesprochen, daß zum mindesten die 
westliche Hälfte der deutschen Ostseeküste, soweit sie eine schöne Gegend mit 
Windschutz und Wald bietet, sehr wohl geeignet ist zur Erbauung von Volks- 
lungenheilstätten, von Privatsanatorien für Lungenkranke und von Sanatorien 
für Skrofulose und chirurgische Tuberkulose, und zwar alle drei Arten von 
Anstalten mit Winter- und Sommerbetrieb gedacht. 

Endlich habe ich selbst schon im Jahre 1906 in meinem Buche: „Die 
wissenschaftliche und praktische Bedeutung der Ostseebäder“, auf 
die großen Vorzüge der Ostsee bei der Behandlung der auf chlorotischer oder 
anämischer Basis, auf Entwickelungsfehlern, nach langwierigen Infektionskrank- 
heiten oder in der Rekonvaleszenz sich ausbildenden, wie jedoch auch bei der 
primären Tuberkulose der Lungen und der oberen Luftwege, und zwar im 


BD.XIILHEFT I. EINFLUSS DER DEUTSCHEN MEERE AUF TUBERKULOSE. 27 





Sommer wie im Winter hingewiesen, weil wir gerade an ihr in der glücklichen 
Lage sind für jede Jahreszeit passende, windgeschützte Kurorte auszuwahlen 
und den Einfluß des Seeklimas wesentlich zu modifizieren, den Vorzug herr- 
licher Laub- und Nadelwaldungen haben und gerade dadurch unsere Kranken 
den rauhen Winden (besonders Ost, Nordost und Südost) im Frühjahre wie im 
Winter vollständig entziehen können. 

Wir besitzen zwar auf den Nordseeinseln wie an der Ostseeküste einige 
Hospize und Heilstätten, aber ausschließlich für Tuberkulosebekämpfung sind 
nur vorhanden die seit dem Herbst 1906 arbeitende Nordheimstiftung in 
Sahlenburg bei Cuxhaven, die Heilstätte der Hanseatischen Alters- 
und Invaliditätsversicherungsanstalt für weibliche Kranke in Wester- 
land auf Sylt und die kleinen Kurorte St. Peter und Wawerort an der 
Westküste der Halbinsel Eiderstedt in Holstein, im übrigen werden nur 
noch in den Kinderheilstätten, in Norderney, in Wyk auf Föhr, wie in 
St. Müritz i/M. und in Zoppot Kindertuberkulose in Gemeinschaft mit 
Anämien, Chlorose, Skrofulose, Drüsen-, Gelenk- und Knochentuberkulose 
behandelt. 

Und woran liegt es nun, resp. hat es gelegen, daß sowohl die zahlreichen 
Kurorte der Ostsee wie die Küsten der Nordsee und die ihr vorgelagerten ost- 
und westfriesischen Inseln wenig oder garnicht zur Bekämpfung der Tuberkulose 
herangezogen worden sind? Zunächst in der Unkenntnis der klimato- 
logischen Verhältnisse der Ost- und Nordsee, und zwar nicht nur auf 
seiten der Laien, sondern besonders seitens der Ärzte, obgleich es schon eine 
ganze Reihe wissenschaftlicher Veröffentlichungen über dieses Thema gibt 
(Röchling, Nicolas, Tjaden u. A.), aus denen zahlenmäßig ersichtlich, daß 
die Kurorte der nordischen Meere in klimatischer Beziehung sich sehr wohl 
mit bevorzugten Luftkurorten im Herzen Deutschlands, in der Schweiz und an 
den Rivieren messen können; nächstdem in der falschen Auffassung von 
Ärzten und Laien, die alles Heil im Meere, in den Strandbädern er- 
blickten und den hervorragenden Wert des Seeklimas, der ganzen klimato- 
logischen Verhältnisse nicht erkannten. Aber jetzt dürfte es wohl Allgemeingut 
aller beteiligten Kreise geworden sein, daß dem Seeklima bei weitem die 
erste Stelle in der Behandlung und bei der Heilung aller an die Sec 
Geschickten eingeräumt werden muß, und daß die Seebäder selbst 
erst in zweiter Linie rangieren. 


Dazu kommt noch, daß die meisten Badeverwaltungen den ganzen Betrieb 
auf wenige Monate im Sommer zuspitzen, in ihren Führern von einer von 
Juni bis September währenden Saison schreiben, auf die schon immerhin zahl- 
reicheren Hinweise der Ärzte über den Vorzug der Frühjahrs-, Herbst- und 
Winterkuren an der See bei einer großen Zahl von Krankheiten gar keine 
Rücksicht nehmen, sondern in allerdings entschuldbarer Kurzsichtigkeit und 
Unkenntnis, wohl häufig auch der alten Überlieferung folgend, alles Heil für 
die Kurorte in einer kurzen, möglichst geräuschvollen und besuchten Sommer- 
saison suchen; keine Sorge dafür tragen, daß Wohnungen, Pensionate und 
Hotels von vornherein derartig gebaut und angelegt werden, daß sie sich auch 


28 


ENT ZEITSCHR. f. 
A. HENNIG. TUBERKULOSE 








für einen Winterbetrieb eignen. Man mag sich im Gegensatze zu dieser Gleich- 
gültigkeit, Schwerfälligkeit und dem mangelnden Akkommodationsvermögen an 
unseren nordischen Meeren die mustergültigen Einrichtungen der Riesenhotels 
und Pensionate an den Gestaden des Mittelmeeres oder gar der Schweiz an- 
sehen, um zu der Erkenntnis zu gelangen, daß wir hier oben noch recht weit 
von dem notwendigsten Komfort für Kranke und Schwächliche entfernt sind. — 
Aber auch ein nicht zu verkennender Egoismus spielt ganz besonders bei der 
Tuberkulose mit. Die meisten Badeverwaltungen wollen gar keine Tuber- 
kulösen bei sich aufnehmen, wenigstens nicht offiziell, weil sich dann ihrer 
Meinung nach ein Rückgang von anderen Kurgästen, die bis dahin das Haupt- 
kontingent gebildet haben, also von Schwächlichen, Rekonvaleszenten und Er- 
holungsbedürftigen, einstellen könnte. In diesem Punkte muß man den wohl 
im allgemeinen von Laien geleiteten Badeverwaltungen recht geben, aber um- 
gekehrt ist es unsere — der Ärzte — Sache, das große Publikum und damit 
auch die Badevorstande immer wieder darauf aufmerksam zu machen, daß 
eine Ansteckungsgefahr bei geschlossener Tuberkulose, bei Tuber- 
kulosen im I. und Il. Stadium mit geringem Bazillenauswurf unter 
Rücksicht moderner Hygiene ganz und gar ausgeschlossen ist. Man 
mag sich doch z. B. die bekanntesten und am meisten aufgesuchten Schwind- 
suchtsstationen der Schweiz ansehen, in denen sich immer zahlreiche Tuber- 
kulöse, starke Bazillenspucker im terminalen (II) Stadium befinden, wie diese 
Orte trotzdem in den Wintermonaten von Sportfreunden des Ski, des Bobs- 
leigh etc. besucht sind. Und all diese Tausende, darunter Sportlustige aus 
hohen und höchsten Kreisen, scheuen sich nicht aus Furcht vor Ansteckung 
Wochen hindurch der Erholung und dem schönen und gesunden Wintersport 
in unmittelbarster Nähe von schwer Lungenkranken, von Bazillenspuckern zu- 
zubringen. Gerade in diesem Punkte muß von seiten der Ärzte wie seitens der 
Badeverwaltungen eingehende Aufklärungsarbeit im breiten Publikum geleistet 
werden. Und wenn dies geschehen sein wird, dann werden auch zum Heile 
der Tuberkulósen und zum Wohle der Badeverwaltungen sich in unseren Kur- 
orten an der Ost- und Nordsee neben anderen Kranken auch im Sommer und 
Winter Tuberkulöse im Anfangsstadium, Tuberkuloseverdächtige einfinden und 
auch von den Badeverwaltungen gerne gesehen werden. Dann haben wir ein 
schönes Stück sozialer Arbeit getan. Dahin geht mein Streben, das ist mein 
Ziel, von dessen sogar baldiger Erreichung ich fest überzeugt bin, wenngleich 
es auch noch manchen Kampf kosten, manches Hindernis zu beseitigen sein 
wird. Aber je schwerer der Kampf, um so schöner der Sieg. 


Welches ist nun aber der mächtigste Heilfaktor in der Bekämpfung der 
noch immer schlimmsten Volkskrankheit, der Tuberkulose; ich sage der noch 
immer schlimmsten! Denn trotzdem die Sterblichkeit an Tuberkulose in Preußen 
von 31,14 auf 10000 Lebende im Jahre 1886 auf 17,26 auf 10000 Lebende 
im Jahre 1906 heruntergegangen ist, erliegen dieser Seuche in Preußen allein 
doch noch jährlich ca. 65000 Personen von 673669, d. h. ca. 10%, aller 
Sterbefälle. 

Der machtigste Heilfaktor in der Bekämpfung der Tuberkulose der oberen 


BD.XIIREFTL EINFLUSS DER DEUTSCHEN MEERE AUF TUBERKULOSE. 20 








Luftwege und der Lungen ist und bleibt neben manchem anderen möglichst 
reine, staub-, ruß- und keimfreie Luft. Und wo finden wir eine solche 
Luft? Nur auf dem Meere und am Meere und in Deutschland an der Nord- 
und Ostsee und sonst nirgendswo. Ganz und gar irrelevant ist dagegen der 
Einfluß hoher Wärmegrade, besonders das südliche Klima der französischen, 
italienischen oder österreichischen Riviera. Den besten Beweis dafür liefern 
die Höhenkurorte Arosa, St. Moritz und Davos, die zahlreichen Sanatorien und 
Heilstätten im Herzen Europas, die schon außerordentlich günstige Resultate 
in der Heilung resp. Besserung Schwindsüchtiger in dem I. Stadium, wie aber 
bisweilen auch noch im II. und III. Stadium aufweisen. 

Die Seeluft, das Seeklima der Ost- und Nordsee ist aber von dem 
Kontinentalklima Europas wesentlich verschieden und zeichnet sich durch eine 
Reihe wichtiger Eigenschaften bezüglich des Einflusses auf Tuberkulose der 
oberen Luftwege und der Lungen aus. Dieselben sind: Die Temperatur, die 
Barometerschwankungen, die absolute Dichtigkeit, der Ozon- und Sauerstoff- 
gehalt, die Luftelektrizität, der Chlornatriumgehalt, die Reinheit, der Mangel an 
Mikroorganismen, die Staub- und Ruffreiheit, der Feuchtigkeitsgehalt, die 
größere Intensität der Luftstromungen, die abhärtende Wirkung und der 
psychische Eindruck. 

Fast alle diese Faktoren haben einen mehr oder weniger günstigen Einfluß 
auf die Tuberkulosen der oberen Luftwege resp. der Lungen, und nur in Kürze 
wollen wir dieselben Revue passieren lassen. 


Die Temperatur der Seeluft ist in den Sommermonaten viel niedriger 
(bis zu 8°C), im Winter dagegen weit höher (bis zu 6°C) als im Binnenlande; 
das Seeklima der Nord- und Ostsee ist mithin milder, gleichmäßiger als das 
kontinentale Klima. Neben der Gleichmäßigkeit des Temperaturverlaufes 
während eines Tages — es kommen nur geringe Schwankungen zwischen 
Morgen, Mittag und Abend, zwischen Tag und Nacht vor — besteht auch nur 
ein geringer Unterschied zwischen den einzelnen Tagen; auch der Temperatur- 
wechsel von einem zum anderen Monat, ja von einer zur anderen Jahreszeit 
liegt stets und immer in mäßigen Grenzen und ist weit weniger plötzlich und 
exzessiv als auf dem Festlande. Auch Schnee- und Frosttage sind an der See 
weit seltener als im Binnenlande und ganz besonders gegenüber weit südlicher 
und im Südosten gelegenen Orten. Diese größere Konstanz der Seeluft- 
temperatur wird auch noch erhöht durch die stärkere Bewölkung an der 
See, und hieraus ergibt sich der große Vorteil für den Schwindsüchtigen, sich 
weit seltener am Meere zu erkälten als im Gebirge oder im Flachlande, sich 
viel länger im Freien und zwar auch abends aufhalten zu können als auf dem 
Festlande und den Tag weit mehr auszunutzen. Dabei kommt den Kranken 
ganz besonders die Staub- und Rußfreiheit, der niedere Keimgehalt 
oder die Keimfreiheit der Seeluft zugute, denn da die meisten Kurorte der 
Ostsee, wie die Nordseeinseln hauptsächlich unter dem Einflusse nordwestlicher 
Winde stehen und sich ferner zum großen Teil in einer Entfernung von 120 See- 
meilen und darüber vom nächstgelegenen Festlande in nordwestlicher Richtung 
befinden, so ist die Seeluft daselbst absolut keimfrei. Die Süd- und ge- 


tre ZFITSCHR. f. 
30 A. HENNIG: g © TUBERKULOSE 





fürchteten Ostwinde, die reinen Landwinde sind allerdings für die Nordseeinseln 
wenig günstig, weil sie schlechte Luft vom Wattenmeer bringen; für die meisten 
Ostseekurorte spielen sie eine nur untergeordnete Rolle, da fast alle Ostsee- 
bäder mit einem breiten Waldesgürtel umsäumt, in großen, schönen, alten Park- 
anlagen gelegen sind, die wie ein Filter gegen jede vom Lande herkommende 
Staubverunreinigung der Luft wirken. Daß eine von korpuskulären Substanzen 
freie Luft nicht den geringsten Reiz auf die bei Lungen- und besonders Kehl- 
kopfleidenden von vornherein erkrankte Schleimhaut der Atmungsorgane ausübt 
und schon lediglich aus diesem Grunde wohltuend, reizmildernd wirkt, ist selbst- 
verständlich; aber weiterhin wird auch noch durch die Fernhaltung von Staub 
und Schmutz von den äußeren Bedeckungen die Hautatmung günstig beeinflußt, 
ein ebenfalls nicht zu unterschätzendes Moment für die Gesundheit. 


Nächstdem wichtig für die Tuberkulose ist der hohe Feuchtigkeits- 
gehalt der Seeluft der gemäßigten Zone, besonders an der Ost- und Nordsee, 
hervorgerufen durch die stete Verdunstung einer großen und bewegten Wasser- 
fläche, und zwar deshalb, weil ebenso wie die größere Dichte der Luft auch 
die mit Wasserdunst ziemlich gesättigte die Wärme besser leitet und dadurch 
den Wärmeverlust des Körpers wesentlich fördert. Da aber nun weiterhin die 
Hautperspiration bei trockener Luft viel stärker als bei feuchter ist, so ergibt 
sich infolge des hohen Wassergehaltes der Luft am Meere eine geringere Ver- 
dunstung der Hautoberfläche und mit ihr eine geringere Verdunstungskälte; 
hierauf beruht einzig und allein die höchst wichtige Tatsache, daß ein Kurgast 
sich weit seltener an unseren nordischen Meeren, selbst an stürmischen Tagen 
und bei längerem Aufenthalte auf der See und am Strande, auch abends und 
nachts, erkältet, als im Binnenlande oder an anderen Meeren, wo die Haut- 
perspiration infolge der trockenen Luft viel stärker und die Verdunstungskälte 
wesentlich größer ist. Die mit Wasserdampf gesättigte Seeluft bahnt zunächst 
in sehr schonender Weise die Erhöhung des Stoffwechsels an, ohne daß die 
gesteigerte Wärmeproduktion eine größere Arbeitsleistung vom Organismus 
voraussetzt oder verlangt, sie wirkt mildanregend auf den Körper. Ein 
weiterer sehr wichtiger physiologischer Effekt besteht nächstdem in einer be- 
ruhigenden Wirkung, und zwar besonders auf die Atmungsorgane durch die 
Erweichung, Lockerung und Lösung zäher Schleimmassen vom Naseneingang 
bis zu den feinsten Lungenalveolen, wodurch die Ausscheidung derselben er- 
Icichtert, die Lungen freier werden, infolgedessen sich die Atmung vertieft, 
die Zirkulationsverhältnisse sich bessern, der Stoffwechsel sich steigert. Und 
dieser Vorteil wird noch durch den etwaigen Ozon- und Salzgehalt der 
Atmungsluft etwas vermehrt. Können wir auch dem Ozongehalt der Lutt, 
besonders der Seeluft, keinen direkt günstigen Einfluß auf desinfizierende und 
oxydierende Vorgänge im Organismus zusprechen, so hat er dennoch eine 
indirekte Bedeutung für uns, weil er als Gradmesser der Reinheit der Luft gilt, 
denn je größer sein Gehalt in der Luft, um so sicherer können wir behaupten, 
daß die Luft von organischen Beimischungen fast frei ist; denn wo immer 
faulende Substanzen vorhanden sind, zersetzt sich das Ozon vermöge seiner 
ihm innewohnenden Kraft und verschwindet aus der Luft. Aber nur als Grad- 


BD.XIILHEFT1. EINFLUSS DER DEUTSCHEN MEERE AUF TUBERKULOSE. 31 


messer darf der Ozongehalt der Luft dienen, denn leider kommen auch, wie 
Flügge nachgewiesen hat, in der ozonreichen Luft Mikroorganismen vor. 
Ähnlich wie der Einfluß des Ozongehaltes der Seeluft weit überschätzt worden 
ist und leider noch immer wird, und zwar besonders von leidenschaftlichen 
Nordseeschwärmern, gerade so geht es mit dem Kochsalzgehalt derselben. Die 
Seeluft enthält im großen und allgemeinen weder an der Ost- noch Nordsee, 
noch einem anderen Meere, weder in den Küsten- noch auf den Inselbädern 
Kochsalz, sondern lediglich bei starkem Winde und heftiger Brandung findet 
sich Kochsalz in der Luft, aber immer nur in sehr geringer Menge und auch 
stets nur in unmittelbarster Nähe des Strandes, dort, wo die wilde 
Brandung sich in Gischt auflöst und feinste, kleinste Wasserteilchen in die Luft 
schleudert, von wo sie je nach dem Grade des Windes und der Windrichtung 
mehr oder minder weit vom Strande fortgetragen werden, aber doch nur auf 
relativ kurze Strecken. Also nur an stürmischen Tagen oder an Küsten, an 
denen infolge der Strandformation häufiger eine kräftige Brandung tobt, können 
wir uns den Genuß und den Vorteil der Einatmung einer fein verteilten Koch- 
salzlösung verschaffen, der sich jedoch nur in einer wohltuenden, mildanregenden 
Wirkung auf die oberen Luftwege bemerkbar macht, keineswegs aber wesent- 
lichen Einfluß auf den Stoffwechsel im allgemeinen, auf Rück- und Anbildung 
von Gewebe, von Wärmeproduktion ausübt, wie andere annehmen, denn dazu 
sind die eingeatmeten Kochsalzmengen viel zu gering im Verhältnis zu denen 
durch die Nahrung aufgenommenen. Unter den oben angeführten Umständen 
ist aber die See selbst das natürlichste, größte Inhalatorium der Welt, 
die Luft auf und an derselben von einer vollkommenen Reinheit, Staub-, Ruß- 
und Keimfreiheit und daher kann schon aus diesen physiologischen Gründen 
jedem an Tuberkulose Leidenden, sofern er genügend Kräfte besitzt, um den 
Stoffverbrauch, der mit jedem Aufenthalte an der See, in der Seeluft ver- 
bunden ist, vollständig zu decken und noch ein kleines Plus anzusetzen, warm 
empfohlen werden, besonders solche Orte aufzusuchen, an denen erfahrungs- 
gemäß häufiger kräftige Seewinde wehen, an denen das wunderbare Natur- 
schauspiel der wildtosenden Brandung oftmals den Gischt über den Seestrand 
und die Strandpromenaden treibt und dort Gelegenheit bietet, die Lungen 
tüchtig zu ventilieren und sich Gesundheit und Kraft in dem herrlichsten und 
kräftigsten Inhalatorium der Welt zu holen. Das ist aber ganz besonders auf 
einzelnen Nordseeinseln und in manchen Kurorten an der Ostsee, wie z.B. in 
dem an der samländischen Bernsteinküste gelegenen Seebad und Seekurort 
Cranz der Fall. 


Der therapeutische Wert eines mäßig starken Seewindes ist aber für 
Lungenkranke, für Tuberkulosen der oberen Luftwege von großer Bedeutung, 
denn neben der Zufuhr einer staub-, ruß- und keimfreien, öfters auch mit 
Kochsalz geschwängerten Atmungsluft, durchlüftet derselbe die Kleidungsstücke 
und führt die gasförmigen Ausscheidungen des Körpers schneller fort, dann 
aber steigert er auch die Wärmeabgabe und den Wärmeverlust in weit höherem 
Grade als der obenerwähnte Feuchtigkeitsgehalt der Seeluft. Diese fast un- 
unterbrochene Wärme entziehende Eigenschaft der Seeluft, die bei nicht ge- 


ER ZEITSCHR. f. 
32 | À. HENNIG, | __ TUBERKULOSE 





nügender Bekleidung recht erheblich, ja bei zu starkem und uneingeschränktem 
Genusse derselben sogar höchst gefahrlich werden kann, ist bei verständigem 
Gebrauche von unschätzbarem Nutzen für Gesunde wie Kranke, besonders aber 
für Tuberkulóse. Zunächst findet durch den häufigen Kältereiz eine Hebung 
und Kräftigung des Warmeregulierungsapparates statt, die glatten Muskelfasern 
der Haut und der Fautgefäße ziehen sich kräftig zusammen, die Ernährung der 
Haut geht schneller, energischer vor sich; mit ihr hält aber auch eine Steigerung 
der Wärme bildenden Prozesse im Körper gleichen Schritt, um den durch die 
Haut vermittelten Wärmeverlust zu decken, und zwar kommt der gesteigerte 
Stoffverbrauch durch den erhöhten Appetit zum Ausdruck. Infolgedessen sehen 
wir jeden Kurgast an der See sich sehr bald weniger stark bekleiden wie im 
Binnenlande, weil er sich unbewußt in der Seeluft abhärtet und nicht auf jeden 
Wechsel in der Temperatur, der, wie wir oben sahen, an unseren nordischen 
Meeren, an der Nord- "und Ostsee, überhaupt sehr gering ist, mit einer Er- 
kältungserscheinung antwortet und ferner infolge des gesteigerten Nahrungs- 
bedürfnisses auch gewöhnlich an Körpergewicht zunehmen. Aber auch nur 
solche Tuberkulösen dürfen an unseren Meeren bleiben, bei denen die An- 
bildung von Stoff die Rückbildung um etwas übersteigt; wenn dagegen der Ver- 
brennungsprozeß im Organismus nicht vollständig durch die Nahrungsaufnahme 
gedeckt wird, der Appetit sich verringert, so ist eine Seeluftkur nicht am Platze 
und muß sofort aufgegeben werden. 

Die übrigen der Seeluft der nordischen Meere zukommenden Eigen- 
schaften, wie die Barometerschwankungen, die absolute Dichtigkeit, die Luft- 
elektrizitat haben für die Tuberkulosen der oberen Luftwege keine besondere 
Bedeutung und können wir sie infolgedessen übergehen; ihren Einfluß im 
allgemeinen habe ich in meinem obengenannten Buche näher beleuchtet. 


Weiterhin müssen wir auch noch eines anderen sehr wichtigen Faktors 
bei einem Seeaufenthalte gedenken, d. i. der Lichtwirkung, des Sonnen- 
lichtes. Die exakte Beobachtung im Tier- und Pflanzenreiche lehrt uns den 
gewaltigen Einfluß des Lichtes, speziell der Sonne auf das Leben und Wirken 
sämtlicher organischer Wesen auf unserer Erde, die kräftigere Entfaltung aller 
Lebenserscheinungen, beim Menschen eine vermehrte Schaffensfreudigkeit, ge- 
hobene Gemütsstimmung, erhöhte Lebenslust; wir haben den hemmenden 
Einfluß auf die Entwickelung der Bakterien, speziell der Tuberkelbazillen, 
unsere ärgsten Feinde kennen gelernt; wir wissen, daß intensive Beleuchtung, 
grelles Sonnenlicht besonders den Stoffwechsel des Menschen mächtig anregt, 
und zwar werden in erster Linie diejenigen Naturen betroffen, die durch un- 
geeignete Wohnung und Lebensweise sich dem Sonnenlichte längere Zeit ent- 
zozen haben; ja der Stoffwechsel kann aber unter Umständen so stark werden, 
daß lediglich infolge der zu kräftigen Einwirkung des Sonnenlichtes Beschwerden 
aller Art, wie Kopfschwindel, Herzklopfen, Appetitmangel und Schlaflosigkeit 
auftreten, und daher ist es auch nicht vorteilhaft, sich gleich in den ersten 
Tagen eines Seeaufenthaltes viele Stunden den Strahlen der Sonne auszusetzen, 
sondern es ist dringend zu empfehlen, sich langsam an diesen mächtigen 
Heilfaktor zu gewöhnen. Das Licht wirkt ferner noch auf die Schweiß- ` 





BDXIILHEFTL EINFLUSS DER DEUTSCHEN MEERE AUF TUBERKULOSE. 33 





absonderung, es erhöht sie in warmen, sonnigen Tagen um Bedeutendes und 
belebt dadurch den Stoffwechsel; es vermehrt aber weiterhin auch die Kohlen- 
säureausscheidung wie die Sauerstoffaufnahme und trägt auf diese Weise ohne 
unser Zutun zur Verbesserung der Blutbildung und Blutmischung bei. Und 
wo kann die Sonne ihre Gesundheit befördernden Eigenschaften wohl mächtiger 
entwickeln als an der See? Nirgends anderswo, niemals in den Schatten 
spendenden Waldungen oder in den im Gebirge liegenden Kurorten, in denen 
häufig nur wenige Stunden am Tage zum Genuß der allbelebenden Sonnen- 
strahlen zur Verfügung stehen. Hat doch Kolberg z. B. viel mehr Sonnen- 
scheinstunden im Jahre wie die gepriesenen schweizerischen Höhenkurorte für 
Tuberkulose, ein Faktum, das wohl noch kaum in weiteren Kreisen bekannt 
sein dürfte, und ähnlich oder gleich ist es in den meisten Scekurorten 
der nordischen Meere. Es muß aber noch berücksichtigt werden, daß bei 
gleicher Intensität der Sonnenstrahlung wie bei gleich ausgedehnter Wolken- 
bildung die auf den Menschen zur Einwirkung kommenden Lichtmengen infolge 
der staub- und rußfreien Luft, der stärkeren Reflexion der Lichtstrahlen von 
der Meeresoberfläche wie der geringen Absorption vom grellen Sandstrand am 
Meere weit größer sind als im Binnenlande; das trifft aber nicht nur, wie 
Tjaden meint, für die Nordseeinseln zu, sondern meiner Überzeugung nach 
ist dieselbe an der Ostsee noch viel größer, weil der trockene Sandstrand weit 
weniger Lichtstrahlen absorbiert als der durch die Flut feucht gewordene. 


Luft und Licht, das Seeklima unserer Meere und die alles belebende 
Sonne sind die wichtigsten Faktoren zur Heilung der Tuberkulose 
der oberen Luftwege und der Lungen in der gemäßigten Zone; sie 
überragen in ihrer Wirkung um vieles die bis dahin erzielten Erfolge der viel 
gepriesenen Schwindsuchtstationen des Mittelländischen Meeres und der Schweizer 
Höhenkurorte, von Madeira und Ägypten und der vielumstrittenen mehrmonat- 
lichen Seereisen nach Australien, Südamerika und Asien; sie verweichlichen 
nicht den ohnehin schwächlichen, widerstandslosen Organismus, sondern sie 
kräftigen, sie beleben den Tuberkulösen, der Auswurf wird leichter, flüssiger 
und hört allmählich auf, der Appetit hebt sich, das Körpergewicht steigt, 
Nachtschweiße und Diarrhöen schwinden, Heiserkeit und Husten lassen nach, 
katarrhalische Erscheinungen, Infiltrationen und Geschwüre der oberen Luft- 
wege heilen aus, die abnormen auskultatorischen Erscheinungen auf den Lungen 
machen normalen Atmungsgeräuschen Platz, kurzum der Schwerkranke geht 
bei richtiger, umsichtiger ärztlicher Führung unter dem richtigen Gebrauche der 
unschätzbaren Naturkräfte gewöhnlich seiner Genesung entgegen, aber nicht nur 
im L Stadium der Tuberkulose, sondern häufiger auch in vorgeschrittenen 
Fällen, und zwar sicherer und billiger als sonst irgendwo in der Welt. 

Und diesen wissenschaftlichen Deduktionen über den Heilwert der Ost- 
und Nordsee auf die Tuberkulose der Lungen wie der oberen Luftwege im 
speziellen entsprechen nun auch die praktischen Resultate, die ich unter dem 
Einflusse des Seeklimas in Verbindung mit einer rationellen Behandlung ge- 
sehen habe. Was die spezielle Behandlung anbetrifft, so wurde jede derartige 
Kur im Frühjahr, Sommer oder Frühherbst begonnen; die Wohnung resp. der 

Zeitschr. f. Tuberkulose. XIII. 3 


NN ZEITSCHR, 4. 
34 == ae = Bl _ TUBERKULOSE 


Schlafraum niemals zu ebener Erde und nur nach Süden gelegen gewählt, auf 
vorzügliche Verpflegung ganz besonderer Wert gelegt, anfänglich nur kurzer 
Aufenthalt an der See gestattet, dagegen Liegekuren im Walde in der Nähe 
der See bevorzugt; erst später, wenn es sich herausgestellt hatte, daß der 
Kranke den Aufenthalt an der See gut vertrug, wurde ein längeres Verweilen 
im Strandkorbe oder auf dem trockenen Sandstrande liegend gestattet, dazu 
kamen Inhalationen von zerstäubtem Meerwasser im Dunstraum (Heryngs 
Viersitzer) und Einzelinhalationen mit Guajakol, Perubalsam, Ol. pini pumilionis 
Ol. Cupressi etc., lokale Behandlung, innerliche Medikationen, warme Seebäder, 
Abwaschungen oder Duschen mit lauem Seewasser und endlich in der warmen 
Jahreszeit bisweilen auch kalte Seebäder. 

Seit Jahren finden wir in einer Anzahl von Führern von Ostseekurorten 
und Nordseebädern als Indikation für die betreffenden Orte Lungentuberkulose 
im I. Stadium, Lungenspitzenkatarrh, chronische Lungenaffektionen, chronische 
Kehlkopfkrankheiten u. dergl. aufgeführt, ohne daß mit Ausnahme der Ver- 
öffentlichungen aus den Kinderheilstätten an den deutschen Seeküsten nähere 
Angaben über den Erfolg einer Seeluft- oder Seebadekur bei derartigen Leiden, 
über die Zahl der Kranken etc. gemacht worden wären. Nur Herr Kollege 
Wohlberg gibt an, daß im Jahre 1905 im Seehospiz Kaiser Friedrich in 
Norderney an Lungentuberkulose 13 und an Lungenspitzenkatarrh 78 behandelt, 
im Jahre 1906 von 111 Kindern mit Katarrh oder Verdichtung der Lungen- 
spitzen 64 geheilt entlassen worden sind. 


Nach Tjaden hat sich auch der leitende Arzt des Hamburgischen See- 
hospitals, der Nordheimstiftung, über den Erfolg bei Kindern aus tuberkulösen 
Familien mit chronischen Katarrhen der Atmungsorgane recht günstig geäußert, 
und dieses Resultat ist um so wichtiger, als es sich gerade auf eine Winterkur 
(und zwar in einem recht strengen Winter) bezog. 

Ferner geben uns auch die Jahresberichte der Hanseatischen Alters- und 
Invaliditätsversicherung über ihre Heilstätte für weibliche Lungenschwindsüchtige 
in Westerland auf Sylt einen sicheren Beweis für den günstigen Einfluß des 
Seeklimas auch im Winter. Dr. Nicolas berichtet aus dieser Anstalt vom 
Jahre 1905. Von den aufgenommenen Lungenkranken litten an Husten 116, 
derselbe blieb nur bei 14; Auswurf hatten 75, am Schlusse der Kur nur noch 
15; bei 13 war blutiger Auswurf, der bei allen verschwand; an Nachtschweißen 
litten 78, bei 6 blieb er. 


Die von der Versicherungsanstalt für Schleswig-Holstein in St. Peter und 


Warwerort an lungenkranken Männern und Frauen gemachten Erfahrungen 
sind ebenfalls recht gute und werden baldigst veröffentlicht werden. 

Tjaden berichtet über günstige Erfolge des Bremer Vereins zur Be- 
kampfung der Tuberkulose mit 15 an offener Tuberkulose Leidenden auf 
Norderney: Bei 11 Kranken hatte sich der Zustand während eines dreimonat- 
lichen Aufenthaltes und zwar vom I. Dezember bis ı. März derartig gebessert, 
daß sie ihre Arbeit wieder aufnehmen konnten. 

Ich selbst habe den ersten Lungenkranken im Jahre 1881 im Frühjahr 
nach Cranz bei Königsberg geschickt; derselbe blieb mit einigen Unter- 


BD.XITHEFTÍ. EINFLUSS DER DEUTSCHEN MEERE AUF TUBERKULOSE. 35 











brechungen bis zum Herbst dort und gesundete vollkommen. Seitdem, also 
seit 27 Jahren, habe ich, wo es die Verhältnisse gestatteten, alle Tuberkulösen 
und Schwindsuchtverdächtigen — und ihre Zahl ist nicht gering — speziell 
die Lungen- und Kehlkopfkranken im I. Stadium, Personen mit geschlossener 
Tuberkulose oder mit nur geringem Auswurfe an die See, und zwar an die 
Ostsee geschickt, anfänglich nur im Spätfrühling und im Sommer, seit einigen 
Jahren aber zu jeder Jahreszeit, und ich kann nur sagen, daß die Resultate 
quoad sanationem et laborem jenen von Davos, Meran, Mentone, San Remo, 
Palermo weit überlegen sind, und daß ich es im allgemeinen für einen großen 
Fehler halte, tuberkulöse Lungen- oder Kehlkopfkranke ans Mittelmeer zu 
schicken, ganz besonders aber aus Deutschland, falls die Patienten genötigt 
sind, wie es doch meist der Fall ist, ihr Brot im Vaterlande zu verdienen; 
aber auch die aus südlichen, wärmeren Ländern stammenden Tuberkulósen 
sollten zu ihrem Heile das reizmildernde, kräftigende und anregende Klima 
unserer nordischen Meere, der Ost- und Nordsee aufsuchen; hier wird ihnen 
in der staubfreien, erfrischenden, gesunden Seeluft eher der Stern der Genesung 
aufgehen als unter den erschlaffenden, heißen Sonnenstrahlen des Südens, als 
in den schönen, aber staubigen Kurorten Frankreichs und Italiens. 


Das ist nun wohl so ziemlich alles, was über den Einfluß der Nord- und 
Ostsee auf Tuberkulöse veröffentlicht worden ist, und infolge dieser äußerst 
spärlichen Angaben stellte ich im Laufe des verflossenen Winters eine Enquete 
bei 95 an der Ost- und Nordsee praktizierenden Ärzten Deutschlands, Däne- 
marks und Schwedens über die Zahl der an der See behandelten Tuberkulose- 
fälle (Tuberkulose der oberen Luftwege, der Lungen, der Knochen und Gelenke 
und der Haut), die Art und Weise der Behandlung und den Erfolg derselben 
an. Auf meine Umfrage habe ich von einer Reihe von Kollegen ausführlichere 
Antworten erhalten, die ich mir vorbehalte später in extenso zu veröffentlichen; 
für heute erlaube ich mir, das Fazit derselben in folgenden Thesen nieder- 
zulegen: 

I. Der Einfluß der deutschen Meere (Ost- und Nordsee), besonders des 
Seeklimas auf Tuberkulose der oberen Luftwege, wie der Lungen im Anfangs- 
stadium ist sehr günstig, in der Mehrzahl der Fälle tritt Heilung ein; auch das 
IL Stadium weist bei längerem Aufenthalte an der See noch stets bedeutende 
Besserung auf. 

2. Ganz besondere Vorteile von einem längeren Aufenthalte auf einzelnen 
Nordseeinseln und in verschiedenen Kurorten der Ostsee haben diejenigen 
Tuberkulosen der oberen Luftwege, die sich auf anámischer oder chlorotischer 
Grundlage, infolge allgemeiner Körperschwäche im Anschlusse an Skrofulose, 
Rachitis oder Infektionskrankheiten entwickelt haben. 

3. Die Kurorte der Ostsee eignen sich besonders für schwächliche und 
zarte Konstitutionen, die Nordseeinseln mehr für kräftigere Naturen. Im all- 
gemeinen sind die Ostscebäder wegen ihrer mehr windgeschützten Lage zu 
bevorzugen. 

4. Die klimatische Kur kann sowohl an der Ost- wie Nordsee während 
des ganzen Jahres gebraucht werden und muß mit einer hygicnisch-diatischen, 


Sc? 


Weg RE Serien e S ZEITSCHR. 4. 
36 HENNIG, EINFLUSS DER DEUTSCHEN MEERE ETC. ` yUBERKULOSE 

















Inhalations-, medikamentösen und event. lokalen Behandlung verbunden 
werden. 

5. Die Errichtung von Lungenheilstätten ‘und Sanatorien für Lungen- 
und Kehlkopttuberkulose mit Jahresbetrieb an geeigneten, windgeschützten 
Plätzen an den deutschen Mecresküsten ist ein dringendes Bedürfnis. | 

6. Weit ausgedehnte Tuberkulosen der oberen Luftwege im Verein mit 
vorgeschrittener Lungentuberkulose bilden eine Gegenanzeige für einen Aufent- 
halt an der See. 

7. Bazillenspucker sind von dem Aufenthalte in offenen Kurorten an der 
See auszuschließen und dürfen nur in geschlossenen Anstalten untergebracht 
werden. 











BD.KINGEFTL FRIBERGER, INFEKTIOSITAT DER KLEIDER ETC. 37 


III. 


Eine Untersuchung über die Infektiosität der Kleider Lungen- 
schwindsüchtiger. 
(Aus dem Pathologischen Institute, Upsala. Direktor: Prof. Dr. U. Quensel.) 
Von 


Dr. Ragnar Friberger, 


Dozent an der Universität zu Upsala. 


ZA le Wahrscheinlichkeit scheint dafür zu sprechen, daß die Kleider, 
|| welche Patienten mit offener Lungentuberkulose anwenden, mit Kochs 
Ac Bazillus infiziert werden. 

Was weniger reinliche Individuen betrifft, so scheint dieses Verhältnis 
offen zutage zu liegen. Man braucht bei diesen gar nicht an den infektiösen 
Staub zu denken, den Cornet?) fast überall um solche Kranke herum nach- 
gewiesen hat. Es genüge daran zu erinnern, daß diese oft den Auswurf vom 
Munde mit dem Ärmel, mit einer Schürze oder dergl. abwischen, und daß das 
Sputum die Hände beschmutzt, die dann mit den verschiedenen Teilen der 
Kleider in Berührung kommen, am meisten natürlich mit den Gegenden um 
Knöpfe und Knopflöcher herum sowie an den Eingängen zu den Taschen. 

Die Infektion der Kleider erscheint aber bei näherem Nachdenken 
unvermeidlich auch für reinliche Kranke, ja, sogar für solche, die in der Hygiene 
der Tuberkulose wohlgeschult sind. Ich denke hierbei in erster Linie wiederum 
an die Hände als Übertrager des Ansteckungsstoffes. Lehrreich sind hierbei 
Baldwins *) Untersuchungen, bei welchen er die Finger von Lungenschwind- 
süchtigen mit einer schwachen Bikarbonatlösung abrieb und in dem Sediment 
derselben teils direkt durch Färbung, teils durch Tierversuche Tuberkelbazillen 
nachwies. Von den 28 untersuchten Individuen waren 10 Privatpatienten, und 
bei 8 von diesen wurden positive Resultate erhalten. Die übrigen 18 waren 
geschulte Sanatorienpatienten. Das Material von 5 derselben scheint nach dem 
Referat — die Originalarbeit ist mir nicht zugänglich gewesen — zu einer 
Probe vereinigt worden zu sein; diese fiel positiv aus. Was die übrigen 
13 Sanatorienpatienten betrifft, so konnten Tuberkelbazillen im Spülwasser nur 
bei 3 nachgewiesen werden. 

Baldwins Untersuchung scheint mir ein besonders großes Interesse des- 
halb zu besitzen, weil sie zeigt, daß die Hände nicht selten auch bei denen 
infiziert werden, die bezüglich der Tuberkulosenprophylaxe als am gewissen- 
haftesten zu betrachten sind, wenn auch diese Infektion bei ihnen seltener als 
bei anderen Lungenschwindsüchtigen stattfindet. 

Man sollte meinen, daß auch ein ganz gewöhnliches Reinlichkeitsgefthl 
es dem Lungenschwindsüchtigen verbieten sollte, seine Hände mit dem Aus- 
wurf zu beschmutzen, beobachtet man aber die Art und Weise, wie Kranke 
— sowohl Lungenschwindsiichtige als andere — mit ihren Auswürfen umgehen, 


1) Verbreitung der Tuberkelbazillen außerhalb des Körpers, Ztschr. f. Hvg. 1880, Bd. 5. 
2) Philad. Med. Journ. 1898, zit, nach Ztschr. f. Tuberkulose 1900, Bd. 1, p. 256. 





ZEITSCHR. f. 
EAT — TURERKULOSE 


= ee 





so erhält man oft den Eindruck, daß diese letzteren für den, der sie expektoriert 
hat, nicht so widerlich und ekelerweckend sind, wie für andere. Als ein Bei- 
spiel hierfúr kann an einen Fall erinnert werden, den Cornet?) im Zusammen- 
hang mit seinen klassischen Untersuchungen über die Verbreitung des Tuberkel- 
bazillus anführt — eine Dame aus der höheren Aristokratie, die die aus- 
geworfenen Klumpen zwischen den Fingern in ihrem Taschentuch zu zerdrücken 
pflegte. Bilden aber auch ähnliche Fälle eine Ausnahme, so scheint es doch, 
als wäre nahezu eine Schulung zur Aseptik im chirurgischen Sinne nötig, wenn 
nicht bei dem Überführen der Sputa in den Spucknapf und beim Hantieren 
desselben die Finger ab und zu infiziert werden sollten, und dies so oft und 
manchmal z. B. bei Eile oder Gemütsbewegung so unvermerkt für den Patienten, 
daß nicht einmal fleißiges Händewaschen verhindern könnte, daß die Kleider 
ihrerseits auf diesem Wege infiziert werden. 

Und hiervon abgesehen scheint es, als müßten wenigstens die Teile der 
Kleider, die die Vorderseite der Kranken bedecken, in hohem Grade der 
Flüggeschen Tropfeninfektion ausgesetzt sein, der, Tag für Tag während 
längerer Zeit fortgehend, wenigstens in diesem Fall große Bedeutung beigemessen 
werden muß. 

In der Tat sind auch die Kleider von Lungenschwindsüchtigen ganz 
allgemein als ansteckend angesehen worden. Cornet?) führt Beispiele hierfür 
schon aus der Zeit vor der Entdeckung des Tuberkelbazillus und aus ver- 
schiedenen Ländern an. An mehreren Orten soll sogar die Ansicht so tief in 
das Volksbewußtsein eingedrungen sein, daß man allgemein Kleider, die Per- 
sonen angehörten, welche an Lungenschwindsucht gestorben waren, verbrannte 
(Portugal, Wien), ja, daß nicht einmal der Ärmste die besten Kleider benutzen 
wollte, wenn sie einem Lungenschwindsüchtigen angehört hatten. 

Wenn man indessen in der Literatur nach experimentellen Beweisen für 
die Infektiosität der Kleider Lungenschwindsüchtiger sucht, so wundert man 
sich vor allem darüber, daß nicht einmal in Cornets ausführlichem Handbuch, 
Die Tuberkulose 1907, einige solche sich angeführt finden. 

Und auch anderwärts in Literaturübersichten und Referatsammlungen ist es 
mir nicht gelungen, Untersuchungen zu dieser Frage veröffentlicht zu finden. 
Daß solche demungeachtet vorliegen können, will ich natürlich durchaus nicht 
leugnen. In seinen allbekannten, 1889 publizierten, umfassenden Versuchen?) 
nahm zwar Cornet auch einige Male Proben von den Kleidern Lungenschwind- 
süchtiger, teils in der Weise, daß der Staub aus einer Kleiderkiste, oder der beim 
Klopfen einer Decke entstehende Staub zur Untersuchung gelangte, teils so, 
daß die Jacke eines Lungenschwindsüchtigen mit Brot abgerieben wurde, um 
den Ansteckungsstoff aufzusammeln, von allen den Meerschweinchen aber, die 
mit derartigem Material geimpft wurden, lebte nur eines hinreichend lange, 
und dieses war bei der Obduktion frei von Tuberkulose. Einen Tierversuch 
mit Staub, der negatives Resultat ergab, führt auch O. V. Peterson?) an. 


) A. a. O., p. 307. 

2) Die Tuberkulose Wien 1907, Bd. 1, p. 384 f. 

8) Verbreitung der Tuberkelbazillen außerhalb des Körpers. Ztschr. f. Hyg. 1889, Bd. 5. 
+) Kliniskt-experimentela studier öfver lungtuberkulosen, Nord. Med. Ark. 1900, no. 30, p. 19. 


#DXILHEFTL INFEKTIOSITÁT DER KLEIDER LUNGENSCHWINDSÜCHTIGER. 39 











Sollte es sich wirklich nun so verhalten, daß bisher keine Untersuchungen 
betreffs der Intektiosität bei den Kleidern Lungenschwindsüchtiger angestellt 
sein sollten, so dürfte eine der Ursachen die sein, daß sie als selbstverständlich 
angesehen worden ist, so daß man a priori gemeint hat, die Voraussetzungen 
für die nötigen prophylaktischen Vorschriften und Maßregeln zu kennen. Bei 
der großen Wichtigkeit, welche derartige Vorschriften und Maßregeln besitzen, 
ist indessen als Ausgangspunkt Gewißheit unbestreitbar auch der größten 
Wahrscheinlichkeit vorzuziehen. Und im übrigen finden sich bezüglich der 
Infektiosität der Kleider Lungenschwindsüchtiger mehrere wichtige Einzelfragen, 
die der Klarstellung bedürfen, wie der Grad der Ansteckungsfähigkeit, die Frage, 
bei welchen Kranken sie am größten ist, etc. Die vorliegenden Untersuchungen 
machen keinen Anspruch darauf, eine vollständige Erörterung dieser Fragen 
zu liefern, doch dürften sie zu der endgültigen Beantwortung derselben einiges 
beitragen können. 

Ein anderer Grund, weshalb die Infektiosität der Kleider Lungenschwind- 
süchtiger so wenig zum Gegenstand von Untersuchungen gemacht worden ist, 
ist vielleicht der, daß eine geeignete Methode zur Gewinnung des Ansteckungs- 
stoffes nicht zu Gebote gestanden hat. Mit der Einführung der sogen. Vacuum- 
cleaner in den Handel scheint indessen ein gutes Hilfsmittel hierfür gewonnen 
zu sein. Die vorliegenden Untersuchungen sind in der Weise ausgeführt worden, 
daß mit einem solchen Apparat der Staub aus den Kleidern Lungenschwind- 
süchtiger herausgesaugt und dann zur Impfung von Meerschweinchen verwandt 
worden ist. 


Der Vacuum-cleaner oder 
„staubsauger“ (Fig. 1), den ich 
benutzte, stammte aus der 
Heßleholmer Mechan. Werkstatt 
in Schweden und trug den Na- 
men „Solidar‘“. Die Luftpumpe, 
deren Konstruktion hier von 
keinem Interesse ist, wurde mit 
Handkraft mittels eines Hebels 
(a) betrieben, der auf und nieder 
bewegt wurde. In der Beschrei- 
bung, die dem Apparat bei- 
gegeben war, war für die An- 
wendung desselben beim ge- 
wöhnlichen Reinigen von Mö- 
beln, Teppichen u. dergl. vor- 
geschrieben, daß der Hebel 
20 mal in der Minute auf und 
nieder bewegt werden sollte. 
Bei meinen Untersuchungen 
wurde, um die Intensität des Fig. I. 

Saugens zu erhöhen, in viel rascherem Tempo gepumpt, mit im Durchschnitt 








40 R. FRIBERGER. SO REEMULOSE 
50 Pumpbewegungen in der Minute. Die Teile des Apparates, die der Staub von 
den Kleidern her passieren mußte, bestanden erstens aus einem Mundstück 
aus Metall (b) mit einer spaltenförmigen Öffnung (15 x 0,4 cm), das über die 
Kleider hin und her geführt und dabei so fest wie möglich auf dieselben 
gepreßt wurde. Von diesem Mundstück aus führte ein 5m langer Gummi- 
schlauch (cc) zu einem Metallrohr (d), das in einen hermetisch verschlossenen, 
kesselartigen Raum (e) im Apparat führte, aus welchem die Luft mittels der 
Luftpumpe herausgesaugt wurde. In diesem letztgenannten Metallrohr wurde 
der Staub auf einem sterilen Wattepfropf aufgesammelt, der in der inneren 
Mündung des Rohres mittels aufgebundener steriler Gaze befestigt wurde. 
Außen um die Mündung des Rohrs herum wurde überdies noch ein Beutel 
aus dichten Stoff befestigt, um zu verhindern, daß Staub an dem Wattepfropf 
vorbeikommen, durch die Luftpumpe aus dem Apparat herausgeblasen werden, 
und den mit der Untersuchung Beschäftigten Gefahr bringen könnte. 

Die nötige Desinfektion des Apparates zwischen den Versuchen war bezüg- 
lich des Metallmundstiickes (b) leicht zu bewerkstelligen, das ganz einfach abge- 
schraubt und in üblicher Weise sterilisiert werden konnte. Das Metallrohr (d), das 
die Rohrleitung am anderen Ende abschloß, konnte dagegen nicht abgenommen 
werden, sondern mit diesem wie mit dem Gummischlauch mußte auf andere 
Weise verfahren werden. 


Zuerst wurde mittels der Luftpumpe ein großer Eimer Wasser mit großer 
Geschwindigkeit durch die Rohrleitung hindurchgesaugt, darauf folgte ein Hin- 
durchsaugen von mehreren Litern 1°/,iger Sublimatlösung. Sodann ließ man 
eine große Anzahl Bäuschchen reiner hydrophiler Watte hindurchpassieren, und 
man hörte hiermit nicht früher auf, als bis die Bäuschchen trocken waren. 
Nun wurde der Schlauch auf ein Loch in dem Deckel eines dichten Gefäßes 
von Blech aufgeschraubt, das zu einem Teil mit Formalin gefüllt war, und in 
das 2 Rohre von außen her bis beinahe auf den Boden führten. Ließ man den 
Vacuum-cleaner arbeiten, so wurden zufolge dieser Anordnung Formalindämpfe 
durch die Rohrleitung gesaugt. Zwischen den einzelnen Experimenten ver- 
flossen fast stets mchrere Tage oder sogar Wochen, und in dieser Zwischen- 
zeit wurde ein derartiges Hindurchsaugen von Formalindämpfen zu wieder- 
holten Malen, in der Regel jeden Tag, bewerkstelligt. Beim Entfernen des 
I'ormalingases vor einem neuen Experiment wurde die Vorsichtsmaßregel be- 
obachtet, daß das freie Ende der Rohrleitung durch ein Fenster hinausgesteckt 
wurde, damit nicht das Hindurchsaugen der Laboratoriumsluft eine Fehlerquelle 
in sich schließen könnte. 

Das Metallrohr, in welchem der Staub aus den zu untersuchenden Kleidern 
auf die oben angegebene Weise aufgesammelt wurde, wurde unmittelbar vor 
jedem Experiment noch in der Weise desinfiziert, daß beide Mündungen mit 
einer Gasflamme flambiert wurden, und außerdem wurde das Rohr in seiner 
Gesamtheit gleichfalls mit einer Gasflamme eine Weile so stark erhitzt gehalten, 
daß ein darauf getropfter Wassertropfen zischte. 

Die Kleidungsstücke, die zur Untersuchung kamen, bestanden aus Jacken, 
Westen, Frauenröcken, Wolljacken, Decken. Nur solche Kleidungsstücke, die 


BD.XITREFTL INFERTIOSITÄT DER KLEIDER LUNGENSCHWINDSUCHTIGER. 41 





mehrere Monate lang im Gebrauch gewesen waren, wurden in Arbeit genommen, 
und ich suchte in der Mehrzahl der Falle durch Examination des Patienten 
betreffs seiner Gewohnheiten etc. festzustellen, für welche Kleider die größte 
Wahrscheinlichkeit einer Infektion bestand, die dann auch zu den Versuchen 
benutzt wurden. Nur in einem Fall (Fall X) war das untersuchte Kleidungs- 
stück, eine Decke, kürzere Zeit, 10 Tage lang, angewandt worden. Die Kleider 
wurden stets unmittelbar, nachdem sie von dem Kranken kamen, untersucht. 
Fall XI bildete die einzige Ausnahme hiervon, indem die Kleider hier einige 
Tage vor der Untersuchung aufbewahrt wurden, dabei aber lagen sie vor 
direktem Sonnenlicht geschützt und außerdem fest zusammengerollt und in 
mehrfache Lagen Papier eingewickelt. Andere Ausnahmen von den obigen 
Angaben finden sich in den Wersuchsprotokollen vermerkt. 

Die Kleidungsstücke wurden bei der Untersuchung auf einem großen 
Stück Wachsleinwand ausgebreitet, die vor jedem Experiment sorgfältig mit 
1°/,iger Sublimatlösung abgewaschen und dann mit reiner hydrophiler Watte 
trockengerieben wurde. 

Auf den ausgebreiteten Klcidungsstiicken wurde dann das oben erwähnte 
Metallstück (b) überall 6, 10—12 oder mehrere Male hin und her geführt und 
dabei dasselbe mit beiden Händen so fest wie möglich gegen die Kleider 
gedrückt. Es versteht sich von selbst, daß man die größte Aufmerksamkeit 
den Eingängen zu den Taschen sowie sichtbaren Flecken widmete. Obwohl 
die Kanten des Metallmundstückes abgerundet waren, brachte das eben erwähnte 
Verfahren ein nicht geringes Schaben mit sich. Doch stellte sich heraus, daß 
einige Flecke nicht vollständig auf diese \Veise zu entfernen waren. Daher 
wurde bei den drei letzten Wersuchen einigemal mit dem oberen Teil einer 
sterilisierten Pinzette auf solchen Flecken geschabt, wonach das Staubsaugen 
aufs neue über denselben vorgenommen wurde. 


Die Menge Staub, die aus den verschiedenen Kleidungsstücken erhalten 
wurde, variierte sehr. Bisweilen hatten sich große Flocken Staub vor dem 
Wattepfropf im Apparat angesammelt, einmal — in Fall IX — so große, daß sie 
den dritten Teil des Rauminhaltes eines Trinkglaseg repräsentierten. Diese ganze 
Staubmenge wog jedoch nicht voll 2g. Oftmals dagegen wurden überhaupt 
keine Staubflocken vor dem Wattcpfropf gefunden, sondern man mußte sich 
mit dem Staub begnügen, der den Wattepfropf selbst imprägnierte. 

Zu Beginn der Untersuchungsserie wurden Versuche gemacht, Tuberkel- 
bazillen in dem erhaltenen Staube direkt durch Färbung nachzuweisen, dies 
erwies sich aber als resultatlos. Impfung auf Meerschweinchen war daher not- 
wendig, und wurde hierbei auf folgende Weise verfahren. 

Die Staubflocken, bezw. in den Fällen, wo keine solche erhalten wurden, 
die Teile des Wattepfropfs, die mit Staub imprägniert worden waren, wurden 
ungefähr 5 Minuten lang mit 15—30 ccm steriler Bouillon geschüttelt, darauf 
durch eine doppelte Schicht steriler Gaze geseiht, welche die, Watte und die 
gröbsten Staubpartikel zurückhielt. Die durchgeseihte Flüssigkeit, die ,,Staub- 
bouillon“, wurde nun zu Inokulation verwendet, mußte aber unmittelbar vor 
derselben sorgfältig umgeschüttelt werden, weil sie rasch sedimentierte. In der 


ds ZEITSCHR. f. 
42 ¿IRIS iech 





großen Mehrzahl der Fälle geschah die Inokulation — wie aus den folgenden 
Versuchsprotokollen hervorgeht — intraperitoneal, wobei 4—8 g von der Staub- 
bouillon je 2 Meerschweinchen injiziert wurden. Es dürfte kaum nötig sein zu 
erwähnen, daß man vor der Injektion durch Wegschneiden des Haares und 
sorgfältiges Waschen mit Alkohol und mit Sublimatlösung die Injektionsstelle 
desinfizierte. 

Bemerkt muß dagegen werden, daß bei den Versuchen, wo viel Staub 
beim Saugen aus den Kleidern erhalten worden war, man nicht wagte, die 
ganze Quantität Staubbouillon zur Injektion an den beiden Meerschweinchen 
zu verwenden, und zwar aus Furcht vor den akuten Infektionen, die viele von 
den Tieren innerhalb der nächsten Tage nach der Infektion dahinrafften. 

In der Meinung, möglicherweise die ebenerwähnte große Sterblichkeit 
vermindern zu können, ohne die inokulierte Staubmenge reduzieren zu brauchen, 
nahm ich bei einigen der letzten Versuche die Injektion in 2 Abteilungen 
vor. Der Staub wurde in 2 Portionen geteilt, die eine zur Injektion in gewöhn- 
licher Weise verwendet, die andere einige Tage lang in dunklem Eisschrank 
aufbewahrt, wonach auch sie eingeimpft wurde. Meine Hoffnung war die, daß 
die befürchtete akute Infektion hierdurch so gelinde gemacht werden würde, 
daß die Meerschweinchen sie leichter überstehen würden, während gleichwohl 
die ganze Quantität Staub zur Verwendung kam. Bevor die Untersuchungs- 
serie abgebrochen werden mußte, konnten nur 4 Meerschweinchen auf diese 
Weise geimpft werden. Von diesen starb ı ein paar Tage nach der Injektion. 

Bei einigen der frühest angestellten Versuche war subkutane Injektion an 
2 Meerschweinchen gemacht worden, da diese aber beide an akuter Infektion 
starben, hörte man mit dieser Inokulationsweise auf. 

In etwas größerer Ausdehnung wurden Versuche mit der von O. V.Peters- 
son!) angewandten Spraymethode angestellt. In einigen Fällen wurden mit 
Staub aus denselben Kleidungsstücken sowohl intraperitoneale Injektion als 
Sprayversuche gemacht. Zu dieser letzteren wurde alles verwendet, was nach 
der Injektion von „Staubbouillon‘“ übrig war. Dieser Rest wurde mit 300 ccm 
physiologischer Kochsalzlösyng verdünnt und unter beständigem Umschütteln, 
um die Sedimentierung des Staubes zu verhindern, durch ein kleines Loch in 
eine Holzkiste 23 x 25 x 35 cm Größe gesprüht, in welche 1 oder 2 Meer- 
schweinchen gesetzt worden waren. Die Sprayapparate, die verwendet wurden, 
hatten eine so feine Mündung, daß eine Nadel gerade noch durch dieselbe 
hindurchging; hierdurch wurden zwar die Spraytropfen sehr klein, der Staub 
aber verstopfte unaufhörlich das Loch, so daß es immer wieder gereinigt wer- 
den mußte. Das Sprühen wurde absichtlich so in die Länge gezogen, daß es 
30—45 Minuten in Anspruch nahm, und danach mußten die Meerschweinchen 
mindestens noch ı Stunde in der Kiste bleiben. Daß sie die Spraywolken ein- 
atmeten, ging deutlich aus ihrem wiederholten Niesen hervor. Nicht selten 
kamen sie auch heran und bissen in das Sprayrohr, während das Sprayen vor 
sich ging. Es versteht sich von selbst, daß sowohl der Sprayapparat als die 





Y A. a. O., p. 19. 





1905. 


BD.XULHEFFL. INFEKTIOSITÄT DER KLEIDER LUNGENSCHWINDSUCHTIGER. 43 








Holzkiste zwischen den einzelnen Versuchen sorgfältig desinfiziert wurden. Der 
Sprayapparat wurde lange mit 1°/,, iger Sublimatlósung durchspült und übrigens 
nach 2 Experimenten kassiert. Die Kiste wurde sorgfältig mit Sublimatlösung 
ausgewaschen und darauf in ein Fenster, das Innere dem Sonnenlicht zugewandt, 
gestellt. 

Nachdem die Inokulationsversuche auf die eine oder andere Weise mit den 
Meerschweinchen vorgenommen worden waren, wurden diese sorgfältig getrennt 
in zuvor gut gereinigten Abteilungen des Stalles verwahrt, damit eine Infektion 
von anderen Tieren her ausgeschlossen sein sollte. 

Nach dieser allgemeinen Übersicht über den Gang der Untersuchung gehe 
ich zu den einzelnen Versuchsprotokollen über. 


Fall I. Kleidungsstücke von Patientin in weit vorgeschrittenem 
Krankheitsstadium, die mit dem Sputum nicht vorsichtig gewesen ist. 
Positives Resultat. 

Aurora L., 23 Jahre alt. Leidet seit 6 Jahren an organischer Herzkrankheit, 
ist aber 1905 und 1906 matter als früher gewesen und hat gehustet. Im Sommer 1906 
eine Hämoptyse. Sie wurde am 10. XI. 1906 in die Brustklinik des Akademischen 
Krankenhauses in Upsala aufgenommen, und dann wurden zur Untersuchung die 
Kleidungsstücke und die Decke erhalten, die sie zu Hause angewandt hatte. Sie zeigte 
nun ausgebreitete tuberkulöse Veränderungen in den Lungen mit deutlichen Kavernen. 
Das Sputum enthielt zahlreiche Bazillen. Sie starb am 16. XII. 1906. Die Sektion 
zeigte Synechia pericardii sowie in den Lungen Induration, Kavernen, käsige Bronchi- 
tiden und Peribronchitiden und miliäre Eruptionen. 

Mit dem aus den Kleidungsstücken der Patientin (Taille und Rock) erhaltenen 
Staub wurden die Meerschweinchen Nr. ı und 2 infiziert. 

Dem Meerschweinchen Nr. ı, Gewicht 638 g, wurden intraperitoneal am 
1. XI. 1906 5ccm auf oben angegebene Weise bereitete „Staubbouillon“ injiziert. 
Das Meerschweinchen wurde am 21. XII. 1906 getötet; es wog da 670g. Bei der 
Sektion erwies sich die Milz als dicht von stecknadelkopfgroßen und kleineren 
graugelatinösen Knötchen durchsetzt. Außerdem fanden sich auf dem Schnitt ver- 
einzelt etwas größere und gelblich schimmernde Herde. In dem Ausstreichpräparat 
von der Milz wurden Tuberkelbazillen nachgewiesen. An der konvexen Ober- 
fläche der Leber und ebenso an der Pleura der linken Lunge Knötchen von dem- 
selben Aussehen wie die in der Milz. An der Porta hepatis und im Mesenterium 
wurden Lymphdrüsen von etwas weniger als Erbsengröße angetroffen, deren Schnitt- 
flächen käsige Partien zeigten. Am Hilus pulmonum eine Drüse von derselben 
Größe, aber nur mit graugelatinöser Schnittfläche. | 

Dem Meerschweinchen Nr. 2 wurden 5ccm von dem Filtrat subkutan injiziert, 
das Tier starb aber innerhalb einiger Tage. Das gleiche Schicksal traf die Meer- 
schweinchen Nr. 3 und 4, von denen das eine intraperitoneal und das andere 
subkutan mit Staubbouillon von der Decke der fraglichen Patientin geimpft wor- 
den waren. 

Fall II. Kleidungsstücke und Decke von Patientin, die wenig 
Sputum hat und Vorsicht mit demselben beobachtet. Negatives Resultat. 

Auguste E., Ehefrau, 32 Jahre alt. Patientin, die sich relativ gesund fühlt, 
ist auf und besorgt ihren Haushalt. Sie hustet seit einem Jahr und hat vor einigen 
Monaten eine kleinere Hämoptyse gehabt. Sie zeigt Dämpfung und subkrepitieren- 
des Rasseln in der oberen Hälfte der rechten Lunge sowie in der Fossa supraclav. 
sin., im übrigen aber nichts Krankhaftes an Herz, Nieren oder Verdauungsorganen. 
In der letzten Zeit ist die Expektoration spärlich gewesen, und bei der Untersuchung 
am 15. XI. 1906 kann kein Sputum erhalten werden. Sie kennt die Natur ihrer 


: - ZEITSCHR. £. 
4h — | | SR ARABE. o © TUBERKULOSE 


Krankheit, beobachtet die vorgeschriebene Vorsicht mit dem Auswurf und erscheint 
selbst — wie auch das ganze Heim — sehr sauber und eigen. 

Zur Untersuchung wurden teils eine wollene Weste und ein Rock, teils eine 
Decke verwendet. Der Staub von allen diesen Sachen wurde zusammen verarbeitet und 
mit der Staubbouillon am 17. XI. 1900 die Meerschweinchen Nr. 5 u, 6 intraperitoneal 
geimpft. Am 12. I. 1907 wurden die Meerschweinchen getötet und obduziert. 
Nr. 5, das bei der Impfung 720g gewogen hatte, wog nun 665g. Es zeigte 
nirgends tuberkulöse Veränderungen. Zwischen den Därmen fand sich ein kleiner 
Abszess; eine Partie der Leber, die der vorderen Bauchwand adhärierte, war mit 
grauen und gelblichen Knötchen durchsetzt, und im Mesenterium fanden sich 
geschwollene Drüsen, aber weder in dem Abszeßeiter noch in Ausstreichpräparaten 
von den Drüsen oder in Schnitten von ihnen und von der Leber konnten Tuberkel- 
bazillen nachgewiesen werden. Auch zeigte die mikroskopische Untersuchung der 
Schnitte keine Tuberkeln, sondern nur einfache entzündliche Veränderungen und 
Blutungen. 

Das Meerschweinchen Nr. 6 wog bei der Inokulation 638 und bei der Obduktion 
760 g. Auch dieses zeigte keine tuberkulösen Veränderungen. Einige käsige Partien, 
in einem schwartigen Gewebe zwischen der Leber und dem Dickdarm gelegen, 
wurden auf Bazillen untersucht, aber mit negativem Resultat. Die Milz war un- 
bedeutend vergrößert und zeigte an der Schnitttläche eine große Anzahl miliärer 
gelblichweiBer Knötchen, diese erwiesen sich aber bei der mikroskopischen Unter- 
suchung als die vergrößerten Malpighischen Körperchen. 


Fall III. Decke, von einer an Lungenschwindsucht gestorbenen 
Patientin angewandt. — Positives Resultat. 

N. N.S., Ehefrau, 50 Jahre alt. Von diesem Fall wurde nach dem Tode 
der Patientin durch die Gesundheitspolizei, welche eine Desinfektion in der Wohnung 
vornehmen sollte, eine Decke zur Untersuchung erhalten. Eine Sputumuntersuchung 
konnte demnach nicht bewerkstelligt werden, der Arzt aber, der die Patientin 
behandelt hatte, teilte gütiest mit, daß ihre Lungenschwindsucht vor 5—6 Jahren 
diagnostiziert worden war, daß die Patientin während der 3—4 letzten Monate 
ihres Lebens bettlägerig gewesen war und ausgebreitete tuberkulöse Veränderungen 
in den Lungen mit Kavernen etc. gezcigt hatte. 

Nur !/, von der Obertläche der Decke wurde in Arbeit genommen. Mit der 
Staubbouillon wurden die Meerschweinchen Nr. 7 und 8 intraperitoneal am 21. XI. 1906 
infiziert. Am 12.1. 1907 wurden die beiden Tiere getötet, und die Obduktion 
ergab Tuberkulose bei ihnen beiden. 

Das Meerschweinchen Nr. 7, Gewicht bei der Infektion 512, bei der Ob- 
duktion 565g. Am Peritoneum parietale anterius, entsprechend der Infektionsstelle, 
einige erbsengroße, gelb ‘ schimmernde, teilweise käsige Knötchen. Die Milz mit 
miliären, graugelatinösen Knötchen durchsetzt. Vereinzelte solche in der Leber. In 
dem Oment, das stark verdickt und mit der Leber verwachsen ist, und ebenso im 
Mesenterium mehrere fast erbsengrobe, teilweise verkäste Lymphdrüsen. Am Hilus 
pulmonum sowie in der oberen Brustapertur angeschwollene und gleichfalls teilweise 
verkäste Lymphdrüsen. Einige angeschwollene, aber nicht käsig umgewandelte 
Drüsen auch unter dem Unterkiefer. Die Lungen ohne Besonderheiten. In Aus- 
streichpräparaten von der Milz wurden Tuberkelbazillen nachgewiesen. 

Meerschweinchen Nr. 8. Gewicht bei der Infektion 550g, bei der Obduktion 
620 g. Das Oment beträchtlich verdickt; in demselben wie auch im Mesenterium 
zahlreiche, mehr als erbsengroße, teilweise käsig umgewandelte Lymphdrüsen. Die 
Milz durchsetzt mit gelatinösen Knötchen. Knötchen auch in der Leber und am Dick- 
darm. Am Hilus pulmonum und in der oberen Brustapertur angeschwollene und 
teilweise käsig umgewandelte Lymphdrüsen. Die Lungen zeigen nichts Bemerkens- 
wertes. In Ausstreichpräparaten von der Milz Tuberkelbazillen. 


"TT INFEKTIOSITÄT DER KLEIDER LUNGENSCHWINDSÜCHTIGER. 45 


Fall IV. Wollene Weste von Patientin, die spärliches Sputum hat 
und Vorsicht mit demselben beobachtet. Negatives Resultat. 

Jenny J., Mädchen, 19 Jahre alt. Patientin begann während des Jahres 1904 
sich müde zu fühlen und zu husten. Seit März 1905 hat die physikalische Unter- 
suchung der Lungen ziemlich stationär Dämpfung und subkrepitierendes Rasseln in 
der oberen Hälfte der rechten Lunge, sowie etwas Dämpfung an der linken Spitze 
ergeben. Bazillen sind im Auswurf nachgewiesen worden, dieser ist aber in der 
letzten Zeit ziemlich spärlich gewesen. Patientin genießt Unterstützung seitens der 
Upsalaer Fürsorgestelle für Tuberkulöse und ist streng geschult in bezug auf die 
Unschädlichmachung des Auswurfes. Sie lebt außerdem in einem wohlhabenderen und 
sauberen Heim. 

Zur Untersuchung wurde eine wollene Weste genommen, welche die Patientin 
2— 3 Monate getragen hatte. Nur wenig Staub, der den Wattepfropf imprägnierte, 
wurde erhalten. Am 24.1. 1907 wurden relativ große Mengen Staubbouillon, die 
jedoch nur schwach trübe war, den Meerschweinchen Nr. 9 und 10 intraperitoneal 
injiziert. 

Bei der Obduktion zeigte keines der Meerschweinchen tuberkulüse Verände- 
rungen. Nr. 9, das bei der Infektion 575g wog, starb spontan am 25. III. und 
wog da 305 g. Das verdickte Oment sowie die mit grauen Knötchen durchsetzte 
Milz wurden mikroskopisch untersucht, nirgends aber Tuberkel gefunden. 

Nr. 10 wog bei der Infektion 455g. Es wurde am 10. IV. getötet und wog 
da 560g. Die Milz hatte dasselbe Aussehen wie im vorhergehenden Fall. Sie wurde 
mikroskopisch mit negativem Resultat untersucht. 

Fall V. Wolldecke, von einem Patienten mit reichlichem und stark 
bazillenhaltigem Sputum angewandt, der jedoch Vorsicht mit demselben 
beobachtet hat. Negatives Resultat, wobei jedoch zu bemerken ist, daß 
nur Sprayversuche ausgeführt worden sind. Ä 

Oskar F., Anstreicher, 30 Jahre alt. Bluthusten mehrere Male, das erste 
Mal 1900. Hat in den letzten Jahren wegen Mattigkeit, Atemnot und Husten nicht 
arbeiten können. Die rechte Lunge zeigt bei physikalischer Untersuchung Dämpfung 
und konsonierendes Rasseln überall; oben sind die Rasselgeräusche groß. Die linke 
Lunge zeigt Dämpfung und Rasseln in der oberen Hälfte oder etwas mehr. Sputum 
reichlich, enthält zahlreiche Tuberkelbazillen. Patient gehört der Klientel der Fürsorge- 
stelle an, ist sauber und reinlich und scheint gewissenhaft die vorgeschriebene Vor- 
sicht mit dem Sputum zu beobachten. 

Zur Untersuchung wurden teils ein Rock, teils eine wollene Decke verwendet, 
und der Staub von diesen beiden Stücken je für sich gesammelt. 

Mit dem Staub aus dem Rock wurden intraperitoneal die Meerschweinchen 
Nr. 11 und 12 am 3. II. 1907 infiziert, beide aber starben nach 2 Tagen. Sie 
wurden obduziert, um als Kontrolle für die Freiheit des Tierstammes von Tuber- 
kulose zu dienen, und frei von tuberkulösen Veränderungen befunden. 

Mit dem Staub aus der Decke wurde am 2. II. 1907 ein Versuch gemacht, 
das Meerschweinchen Nr. 13 mittels Spray auf die in der Einleitung angegebenen 
Weise zu infizieren. Das Meerschweinchen, das bei der Spraybehandlung 4758 
wog, wurde am 10. IV. 1907 getötet und wog da 4508. 

Bei der Obduktion wurden am Hilus pulmonum, in der oberen Brustapertur 
und unter dem Unterkiefer Drüsen von halber bis ganzer Erbsengröße gefunden, 
die etwas gelatinös durchschimmerten, aber keine kiisigen Partien aufwiesen. In 
Ausstreichpräparaten keine Tuberkelbazillen. 

Fall VI. Kleid von einem gjährigen Mädchen in weit vorge- 
schrittenem Krankheitsstadium und ohne Vorsicht bei der Behandlung 
des Sputums. Negatives Resultat. Doch wurden nur Sprayversuche 
angestellt. 

Olga L., Mädchen, 9 Jahre alt. Patientin befand sich in weit vorgeschrittenem 


| a ZEITSCHR. f. 
46 Re ERIBERGER. TUBERKULOSE 








Stadium von Phthisis mit Kavernen und ausgebreiteten Dämpfungen in den Lungen 
und Zeichen von Kehlkopftukerkulose. Einige Wochen nach der Untersuchung der 
Kleider starb sie. Sputum reichlich, enthält zahlreiche Bazillen. Enge Wohnung, 
in der weder Sauberkeit noch Ordnung herrscht. Von einer Vorsicht in bezug auf 
den Auswurf kann kaum die Rede sein. | 

Zur Untersuchung wurde ein ganzes Kleid sowie eine Decke verwendet, und 
der Staub aus diesen Stücken zusammen verarbeitet. Mittels der Spraymethode 
wurden Infektionsversuche an den Meerschweinchen Nr. 14 und: 15 am 6. II. 1907 
angestellt. Nr. 14 wog bei der Spraybehandlung 535 g; es wurde am Io. IV. 1907 
getötet und wog nun 580 g. Abgesehen von angeschwollenen Drüsen, wurden bei 
der Obduktion in den Lungen eine Anzahl grauer Knötchen beobachtet, meistens 
von hyperämischen und hämorrhagischen Zonen umgeben. Bei mikroskopischer 
Untersuchung zeigte es sich jedoch, daß diese Knötchen nicht den Charakter von 
Tuberkeln haben. In den Ausstreichpräparaten keine Tuberkelbazillen. 

Das Meerschweinchen Nr. 15 starb spontan am 11. III. 1907. Es zeigte bei 
der Oduktion keine tuberkulúsen Veränderungen. 


Fall VII. Weste, Kissenbezug und Wolldecke von einem Patienten 
in weit vorgeschrittenem Krankheitsstadium, der strenge Vorsicht mit 
dem Sputum beobachtet. Negatives Resultat. 

N. N. L., Hausdiener, 40 Jahre alt. Patient ist seit einer 1903 durchge- 
machten Pleuritis kránklich. Seit 2 Monaten ist er zeitweise infolge hohen Fiebers 
bettlägerig. In den Lungen ausgebreitete Dämpfungen und reichliche Rasselgeräusche. 
Das Sputum enthält Massen von Tuberkelbazillen. Der Patient ist indessen nach 
Angabe des Arztes, der ihn behandelt, äußerst reinlich und vorsichtig mit seinem 
Auswurf, um so mehr als er ein zärtlicher Familienvater und sich der Gefahr bewußt 
ist, denen seine 5 kleinen Kinder ausgesetzt sind. 

Zur Untersuchung wurden teils eine Weste und ein Kissenüberzug, von denen 
der Staub zusammengenommen wurde, teils eine wollene Decke verwendet, von 
welch letzterer der Staub allein gesammelt wurde. Der Staub von Weste und 
Kissenüberzug wurde teils zu intraperitonealer Injektion am 10. IV. 1907 am Meer- 
schweinchen Nr. 16, teils zur Spraybehandlung des Meerschweinchens Nr. 17 
am selben Tage verwendet. Die beiden Tiere wurden am 4. IX. 1907 getötet und 
bei der Obduktion als frei von Tuberkulose befunden. Ein paar Drüsen aus der 
Hilus- und der Submaxillargegend des Spraytieres wurden mikroskopisch untersucht. 

Aus der wollenen Decke wurde viel Staub erhalten, ungefähr 2 g. Von der 
Staubbouillon wurden am 11. IV. 1007 3 g zu intraperitonealer Injektion am Meer- 
schweinchen Nr. 18 verwendet, der Rest zur Spraybehandlung des Meerschweinchens 
Nr. 19. Nr. 18 wurde am 4. IX. 1907 getötet, Nr. 19 starb 3 Tage nach der 
Spraybehandlung, wie die Sektion ergab, an Pneumonie. Die beiden Tiere waren 
frei von Tuberkulose. 


Fall VIII. Decke von einem Patienten in weit vorgeschrittenem 
Krankheitsstadium, der keine Vorsicht gegenüber dem Sputum be- 
obachtet hat. Negatives Resultat, doch konnte nur ein Sprayversuch 
zu Ende geführt werden. 

N. N. H., Telephonarbeiter, 30 Jahre alt. Patient leidet seit 1904 an Lungen- 
tuberkulose. Die beiden Lungen zeigen nun Dämpfung und Rasseln in der oberen 
Hälfte. Seit einem Monat ist Patient heiser. Sputum bazillenreich. Die Wohnung 
ist unsauber, dunkel und eng. Vorsicht mit dem Sputum ist anbefohlen, wird aber 
offenbar nicht beobachtet. 

Zur Untersuchung gelangten teils eine Jacke und eine Weste, aus denen der 
Staub zusammen verwendet wurde, teils eine Decke, von welcher er für sich ge- 
sammelt wurde. Die Staubportion von den erstgenannten Kleidungsstücken wurde 
am 22. IV. 1907 zu intrapetitonealer Injektion am Meerschweinchen Nr. 20 sowie 


BD.XIILHEFTL INFEKTIOSITÄT DER KLEIDER LUNGENSCHWINDSÜCHTIGER. 47 














zur Spraybehandlung des Meerschweinchens Nr. 21 verwendet. Mit dem Staub von 
der Decke wurde das Meerschweinchen Nr. 22 intraperitoneal injiziert und Nr. 23 
besprüht. 

Die Injektionstiere starben 3 Tage nach der Injektion. Um zu kontrollieren, 
daB der Tierstamm frei von Tuberkulose war, wurden sie seziert und frei von tuber- 
kulósen Veränderungen befunden. 

Von den Spraytieren starb Nr. 21 spontan am 1. V. 1907. Es zeigte einige 
Drüsen von halber Erbsengröße in der Submaxillargegend sowie am Hilus pulmonum, 
und in der Bauchhöhle fand sich ziemlich reichlich seröse Flüssigkeit, an Tuber- 
kulose erinnernde Knötchen konnten aber nicht nachgewiesen werden, und die 
Ausstreichpräparate enthielten keine Tuberkelbazillen. 

Das Meerschweinchen Nr. 23 wurde am 4. IX. 1907 getötet und frei von 
Tukerkulose befunden. 


Fall IX. Weste von einem Patienten mit reichlichem und bazillen- 
reichem Sputum. Es ist unbekannt, ob er besondere Vorsicht mit dem- 
selben beobachtet hat, er ist aber streng reinlich. Negatives Resultat. 

Axel G., Kleinbauer, 28 Jahre alt. Patient hat Symptome seiner Krankheit 
erst vor etwas mehr als !/, Jahre bemerkt, wo er heiser zu werden begann. Die 
Heiserkeit nahm zu, und Dysphagie hat seit einigen Monaten den Patienten belästigt. 
In der rechten Lunge findet sich Dämpfung in der oberen Hälfte oder mehr; in 
der Fossae supra- und infraclavicularis ist die Atmung bronchial; Rasseln in der 
ganzen Lunge zu hören, aber nicht besonders reichlich. In der linken Lunge 
Dämpfung in ungefähr derselben Ausdehnung wie in der rechten, Rasseln aber nur 
in der Spitze. Im Kehlkopf findet sich eine große Ulzeration in der Gegend der 
Basis des linken Gießkannenknorpels sowie bedeutende Infiltrationen in der Um- 
gebung etc. Das Sputum enthält zahlreiche Tuberkelbazillen und ist reichlich; ob 
der Kranke besondere Vorsicht mit demselben beobachtet hat, ist unbekannt, er ist 
aber die ganze Zeit über aufgewesen und hat sich meistens im Freien mit leichterer 
Feldarbeit beschäftigt; auch ist er streng sauber und lebt in guten Umständen. 

Zur Untersuchung wurde eine Weste verwendet und aus dieser eine große 
Menge Staub, 50—100 ccm, erhalten, der aber insgesamt nur 2 g wog. Der Staub 
wurde in 3 Portionen geteilt, wovon eine am 17. X. 1907 zur Bereitung von Staub- 
bouillon auf gewöhnliche Weise verwendet und der Rest im Eisschrank aufbewahrt 
wurde. Die Staubbouillon wurde in ihrer Gesamtheit zu intraperitonealer Injektion 
an den Meerschweinchen Nr. 24 und 25 verwendet. Nr. 24 starb 2 Tage nach 
der Injektion und wurde bei der Obduktion frei von Tuberkulose befunden. Nr. 25 
wurden am 22. X. 8 ccm Staubbouillon injiziert, welch letztere mit ungefähr ebenso 
viel Staub bereitet war, wie ihn das Meerschweinchen am 17. X. erhalten hatte. 
Es wog am 17. X. 595 g; am 7. I. 1908 wurde es getötet und wog da 565 g. 
Bei der Obduktion wurden zahlreiche Adhärenzen zwischen den Därmen und den 
Bauchviszera gefunden, aber keine auf Tuberkulose deutende Veränderungen. Die 
Lungen gesund. 


Fall X. Decke, 10 Tage lang von einem sehr kraftlosen, apathischen 
Patienten in den letzten Stadien der Krankheit angewandt. Positives 
Resultat. 

Gustav W., Holzhändler, 50 Jahre alt. Die Untersuchung betrifft in diesem 
Fall eine Decke, oder genauer gesagt einen Deckenüberzug, d. h. die Laken, in 
welche die Decke eingenäht war. Der Patient wurde nämlich in der Brustklinik 
des Akademischen Krankenhauses in Upsala gepflegt, und zur Untersuchung wurde 
ein Deckenüberzug genommen, den der Kranke ıo Tage hindurch benutzt hatte. 
Sein Zustand während dieser Zeit war folgender. In den Lungen hochgradige 
tuberkulöse Veränderungen, Verdichtung, Kavernen etc. Das Sputum, das zahlreiche 
Tuberkelbazillen enthält, wird in Massen ausgeworfen. Der Patient ist bei völlig 


` ada ZEITSCHR. f. 
48 o o | R. FRIBRERGER. g f TULERKULOSE 





klarem Bewubtsein, aber sehr matt und apathisch. Er transportiert wohl im allge- 
meinen den Auswurf direkt in den Spucknapf, eine Vorsicht aber, dabei nicht die 
Händen zu beschmutzen, und überhaupt besondere Reinlichkeit beobachtet er nicht. 
Er ist dazu zu schwach und matt. 

Aus dem Deckenüberzug wurde sehr wenig Staub erhalten, nicht mehr als was 
den Wattepfropf im Rohr des Saugapparates imprägnierte. An einem Fleck auf 
dem Zeug wurde vor dem Saugen ein wenig mit dem sterilisierten oberen Ende einer 
Pinzette geschabt. Mit den Teilen des Wattepfropfes, wo der Staub sich festgesetzt 
hatte, bereitete man auf die in der Einleitung angegebenen Weise Staubbouillon, und 
diese wurde in zwei gleichgroße Teile geteilt. Der eine derselben wurde am 15. XI. 
1907 zu intraperitonealer Injektion an den Meerschweinchen Nr. 26 und 27 ver- 
wendet. Die andere Portion sollte den Meerschweinchen nach einigen Tagen in 
gleicher Weise, wie das im vorigen Fall geschah, injiziert werden; trotzdem sie aber 
im Eisschrank verwahrt wurde, war sie in wenigen Tagen durch das Wachstum von 
Bakterien trübe geworden, so daß eine erneute Injektion nicht für ratsam ange- 
sehen wurde. 

Das Meerschweinchen Nr. 26 wog bei der Injektion 567 g. Es starb spontan 
am 4. XII. 1907 und wog da 350 g. Das Omentum majus war in eine feste, mehrere 
Millimeter dicke Lamelle verwandelt worden, die mit stecknadelkopfgroßen, gelblichweißen 
Knötchen durchsetzt war. Die Milz ist gleichfalls mit solchen Knötchen durchsetzt; 
etwas kleinere, graugelatindse Knötchen, bisweilen in kleineren Konglomeraten ge- 
sammelt, sind auf dem Peritoneum parietale, an der Oberfläche der Nieren etc. zu 
sehen. Die Lungen zeigen einige subpleurale Blutungen, sonst aber nichts von 
Interesse. Hinter dem Magen, hinter dem Sternum und in der oberen Brustappertur 
liegen angeschwollene Drüsen, einige mit gelben Partien in der Schnittfläche. In 
Ausstreichpräparaten von diesen finden sich Tuberkelbazillen. Unter dem Unter- 
kiefer gleichfalls angeschwollene Drüsen, aber kleiner und ohne gelbliche Partien 
im Schnitt. 

Das Meerschweinchen Nr. 27 wog bei der Injektion 555 g; es starb spontan 
am 8. XII. 1907 und wog da 350 g. Das in einen Klumpen verwandelte Oment 
ist wie die Milz mit dicht zusammenstehenden, teilsweise käsig umgewandelten 
Knötchen durchsetzt. In Ausstreichpriparaten von diesen zahreiche Tuberkel- 
bazillen. Graugelatinöse Knötchen, vereinzelt und in Gruppen, sind in ziemlich 
zahlreicher Menge am Peritoneum parietale, an Leber und Nieren zu sehen. Be- 
züglich der Lungen sind, abgesehen von subpleuralen Blutungen, nur einige auf der 
Schnittfläche sichtbare, sehr kleine, graue Knötchen zu verzeichnen. Hinter dem 
Sternum einige angeschwollene Drüsen, teilweise gelb im Schnitt; am Hilus pulmonum 
und am Unterkiefer gleichfalls angeschwollene Drüsen, diese sind aber kleiner und 
zeigen keine gelblichen Partien. 


Fall XL Weste von einem Patienten mit mäßigen Lungenver- 
änderungen (Beginn des Ill. Stadiums)und bazillenreichemSputum. Keine 
Vorsicht mit demselben. Negatives Resultat. 

‘Erik B., Arbeiter, 35 Jahre alt. Patient soll 1905 eine Influenza durchgemacht 
haben und seitdem sich nie wohl gefühlt haben. Im Dezember 1906 hatte er eine 
kleine Hämoptyse. Im Sommer 1907 begannen die gewöhnlichen Phthisissymptome 
hervorzutreten, doch so gelinde, daß Patient die ganze Zeit über hat arbeiten können. 
Von Beruf war er Grobarbeiter. Das Sputum enthält zahlreiche Bazillen, seine 
Menge wechselt sehr, ist jedoch nie besonders groß. Die rechte Lunge zeigt Dämpfung 
in ihren oberen zwei Dritteln. Subkrepitierendes Rasseln ist, obwohl spärlich, auf der 
ganzen Vorderseite sowie in der Fossa supraspinata vorhanden. Die linke Lunge 
zeigt Dämpfung und verschärftes Inspirium an der Spitze sowie vereinzeltes Rasseln 
im Interskapularraum. 

Zur Untersuchung wurde eine Weste genommen, und aller Staub aus der- 


BD.XITREFTL INFEKTIOSITÄT DER KLEIDER LUNGENSCHWINDSÜCHTIGER. 49 











selben wurde zu intraperitonealer Injektion an den Meerschweinchen Nr. 28 und 
29 verwendet, die Inokulation geschah aber auf 2 Male verteilt, wie das in der 
Einleitung beschrieben worden ist, am 20. XI. 1907 mit der ersten Hälfte des Staubes, 
am 23. XI. mit der zweiten. 

Nr. 28 wog bei der Inokulation 495 g, bei der Tötung am 1. II. 1908 545 g. 
Die Sektion zeigte Adhärenzbildungen in der Bauchhöhle, aber keine angeschwollenen 
Drüsen und keine tuberkulösen Veränderungen. 

Nr. 29 wurde gleichfalls am 1. II. 1908 getötet. Fs zcigte eine Reihe dünner 
Adhärenzen im Peritoneum, aber keine tuberkulösen Veränderungen in der Bauch- 
höhle. Einige Drüsen am Halse und in der Gegend hinter dem Sternum waren 
gelinde angeschwollen. Sie wurden mikroskopisch untersucht, tuberkulöse Ver- 
änderungen oder Tuberkelbazillen konnten aber nicht nachgewiesen werden. 


Im Zusammenhang mit den Versuchsprotokollen dürfte auch zu erwähnen 
sein, daß mit Staub von weiteren 2 Patienten die intraperitoneale Injektion an 
insgesamt 4 Meerschweinchen vorgenommen wurde, die jedoch alle innerhalb 
der nächsten Tage nach der Injektion starben. Bei der Obduktion zeigten sich 
alle frei von Tuberkulose. 

Insgesamt sind also 14 Tiere gestorben, bevor eine tuberkulöse Infektion 
sich hätte entwickeln können; alle sind frei von Tuberkulose gewesen. Auch 
bei anderen Untersuchungen hat es sich gezeigt, daß eine solche nicht bei dem 
angewendeten Laboratoriumsstamm vorhanden ist. Außerdem dürfte aus den 
mitgeteilten Obduktionsberichten von den Fällen mit positivem Resultat mit 
ziemlich großer Sicherheit hervorgehen, daß es sich in diesen Fällen nicht um 
sogen. Spontantuberkulose bei den Tieren gehandelt hat. Die Ausbreitung der 
Krankheit erwies sich nämlich in allen Fällen als überwiegend abdominal im 
Gegensatz zu der bei spontaner Infektion gewöhnlicheren Lungentuberkulose. 

Zu Beginn dieses Aufsatzes wurde als in hohem Grade wahrscheinlich 
bezeichnet, daß die Kleider von Lungenschwindsüchtigen einer Infektion mit 
Tuberkelbazillen nicht gut entgehen könnten, und das nicht einmal, wenn der 
Kranke Kenntnis von seiner Krankheit und ihrer Ansteckungsmöglichkeiten 
besäße und sich bemühte, die übliche Vorsicht mit dem Sputum zu beobachten. 
Das Ergebnis der Untersuchungen, über die soeben berichtet worden ist, geht 
wenigstens bis zu einem gewissen Grade in einer anderen Richtung. 

Zwar haben die Fälle I, III und X gezeigt, daß mit der von mir ange- 
wandten Methode virulente Tuberkelbazillen aus Kleidern und Decken, die von 
Lungenschwindsüchtigen benutzt worden sind, erhalten werden können, nur in 
3 Fällen ist aber die Untersuchung mit den 12 verschiedenen Staubproben, 
die von Kleidungsstücken von 11 Patienten erhalten sind, positiv ausgefallen. 
Bevor man nun daraus folgert, daß die Kleider von Lungenschwindsüchtigen 
weniger ansteckungsgefährlich sind, als man wohl Anlaß haben konnte zu ver- 
muten, müssen wir indessen zusehen, ob die Untersuchung wirklich zu dem 
Schluß berechtigt, daß die Mehrzahl der untersuchten Kleider nicht virulente 
Tuberkelbazillen in für eine Infektion hinreichende Menge enthalten hätten. 

Was nun die Art und Weise selbst betrifft, wie der Staub von den Kleidern 
entfernt wurde, so geschah dies durch kräftiges Schaben, verbunden mit 

Zeitschr. f. Tuberkulose. XIIL 4 


EE adas ZEITSCHR, f. 
50 . OR. FRIBERGER, ARK ULOSE 


kräftirem Aufsaugen des Abgeschabten. Aller einigermaßen lose sitzender Staub 
dürfte hierbei für die Untersuchung erhalten worden sein, wovon denn auch 
das veränderte Ausschen des Stoffes nach der Behandlung Zeugnis ablegte: 
alle Falten und Sinkel wurden staubfrei, die Farben des Stoffes wurden klar etc. 


Wie aber in der Einleitung angegeben wurde, konnte ein Teil der auf 
den Kleidern vorhandenen Flecke nicht vollständig mittels der Behandlung bei 
den Versuchen entfernt werden. Zu Beginn der Untersuchung unterließ ich nun 
ınit Absicht, vor dem Absaugen diese Flecke mit einem scharfen Instrument 
abzukratzen, weil ich mir die Infektiosität der Kleider weit größer vorstellte, als 
wie sie es nach Ausweis der Versuche war, und weil ich meinte, es würde 
ziemlich leicht sein nachzuweisen, daß schon das flüchtige Ilantieren mit den- 
selben Gefahr in sich schließen könnte. Es laßt sich daher denken, daß ein 
vor dem Absaugen geschehendes cnergisches Kratzen auf denjenigen dieser 
Flecke, die möglicherweise aus eingetrocknetem Sputum bestanden, einiger- 
malien die Resultate hatte verändern können. Iliergegen spricht jedoch, dab 
das Schaben mit dem Mundstück des Saugapparates so energisch während des 
gleichzeitigen kräftigen Saugens geschah, daß, auch wenn die Flecke nicht voll- 
ständig entfernt werden konnten, so doch wenigstens die oberflächlichste Schicht 
derselben hätte mitgehen und hinreichend sein müssen, um die Meerschweinchen 
zu infizieren. 


Indessen kann auch der Einwand erhoben werden, daß bei gewissen Ver- 
suchen nicht all der Staub, der aus den Kleidern erhalten wurde, mittels Tier- 
versuche geprüft wurde. Erstens wurde nämlich auf dem Filter von doppelt- 
gelegter Gaze, durch welche die „Staubbouillon“ gesciht wurde, das Gróbste 
von den Staubpartikeln zurückgehalten, und an ihnen konnte ja Sputum haften. 
Ferner konnte bei einigen Versuchen nicht die ganze Quantität Staubbouillon 
zu intraperitonealer Injektion an den 2 Meerschweinchen, die für jeden Versuch 
bestimmt waren, angewandt werden, weil die Gefahr cines Todes der Tiere 
während der nächsten Tage infolge akuter Infektion zu groß geworden ware. 
Und schließlich starb doch bei einigen Versuchen das eine der Ticre kurz nach 
der Injektion, so daß eine Auskunft betreffs des Tuberkclbazillengehaltes der 
ihm eingespritzten Staubbouillon nicht erhalten werden konnte. Diese Einwände 
scheinen mir jedoch die Beweiskraft der Untersuchungen nur unbedeutend ab- 
zuschwächen. Vor dem Durchseihen war nämlich die Bouillon mindestens 
5 Minuten zusammen mit dem Staub kräftig geschüttelt worden, und hierbei 
muß, scheint es, sowohl das Sputum, das größeren Staubsplittern anhaftete, von 
diesen abgespült als auch überhaupt alles in der ganzen erhaltenen Staubmenge 
vorhandene Sputum homogen in der Staubbouillon verteilt worden sein. Wenn 
dann ein gewisser Teil von dicser nicht durch Tierversuche geprüft worden 
ist, so muß es sich bci der großen Empfindlichkeit der Meerschweinchenbauch- 
höhle für tuberkulöse Infektion um cine äußerst unbedeutende Infektiosität bel 
dem Staub gehandelt haben, da diese gar nicht zum Ausdruck kam. 


Was nun die Tierversuche selbst betrifft, so dürfen die Sprayversuche 
eine Sonderstellung einnehmen. Solche wurden zusammen mit intraperitonealer 


BD.XIH, HEFT 1. 
1908. 5 1 


 INFEKTIOSITÄT DER KLEIDER LUNGENSCHWINDSUCHTIGER. < 
Injektion mit Staub vom Falle VII angestellt, und von den Fällen V, VI und 
VII liegen zu Ende geführt nur Sprayversuche vor. 

Bei der Anstellung derselben suchte ich, wie in der Einleitung angegeben 
wurde, so genau wie möglich die von O. V. Petersson!) angewandte Technik 
zu befolgen. Dieser Forscher, der in einer großen Anzahl Experimente die 
Methode geprüft, hat mit derselben positive Resultate auch in solchen Fällen 
erhalten, wo es sich um relativ kleine Mengen infektiösen Materiales gehandelt 
hat. Ich erlaube mir, um die Empfindlichkeit der Methode zu beleuchten, 
einige von diesen Fällen anzuführen. 

Ein lungenschwindsüchtiger Patient?) mußte während 13 Tagen beim 
Ilusten eine mit Griff versehene Glasscheibe von 10 x 17 cm Größe in 10 bis 
ı5 cm Abstand vor dem Munde halten. Der Patient hatte die Weisung er- 
halten, nie das Glas mit den Fingern zu berühren. Nach Ende der Expositions- 
zeit sah man, daß „eine größere Anzahl, kaum stecknadelkopfgroße, grauliche 
Flecke dem Glase anhafteten, deren einige noch kleiner waren, und außer den 
begrenzten Flecken bemerkte man einen dünnen Belag wie einen Anflug von un- 
regelmäßiger Form hier und da auf der Oberfläche des Glases“. Was nun mit 
dem Messer von dem Glase abgekratzt werden konnte, wurde sorgfältig in 180 ccm 
Wasser verrührt, das dann in eine Holzkiste, in welche 2 Meerschweinchen 
eingesetzt waren, eingesprayt wurde. Dic beiden Tiere wurden nach Peters- 
sons Angabe infiziert. Mit einem anderen Patienten wurde dasselbe Experiment?) 
7 Tage hindurch angestellt. Danach „war das Glas mit einer Menge äußerst 
kleiner Flecke und Punkte von der Größe eines größeren Nahnadelóhrs bedeckt. 
Alle waren rund und wohlbegrenzt“. Über 60 solche konnten gezählt werden. 
Auch hier positives Resultat. 

Auch mit Itxkrementen von Fliegen, die unter eine Glasglocke, zusammen 
mit tuberkulósem Sputa gebracht wurde, gelang es Petersson, mittels der 
Spraymethode Meerschweinchen zu infizieren. 

Infolgedessen meint dieser Forscher, daß die fragliche Methode als Reagenz 
auf Tuberkelbazillen in völlig dem gleichen Grade empfindlich ist wie eine 
subkutane und intraperitoneale Impfung. 

Für eine sehr große Empfindlichkeit der Spraymethode sprechen auch 
ältere Versuche von Gebhardt.*) Dieses verdünnte Sputum auf 1: 100000, 
und 100 ccm von dieser Verdünnung waren genügend, um mittels Spray Meer- 
schweinchen zu infizieren. 

Sowohl Peterssons als Gebhardts Experimente sind jedoch wesentlich 
verschieden von den meinigen. Bei den positiven Versuchen mit sehr kleinen 
Mengen tuberkelbazillenhaltigen Materiales, über die ich soeben referiert, hatte 
Petersson durch vorhergehende mikroskopische Untersuchung gezeigt, daß 
das geringe Material, das in Arbeit genommen wurde, ziemlich stark bazillen- 
haltig war. Und das Sputum, das Gebhardt zur Verdünnung verwandte, 


1) Kliniskt-experimentela studier öfver lungtuberkulosen. Nord. Med. Ark. 1900, no. 30 u. 33. 

2 A. a. O. Nr. 33, p. 20. 

3) A. a, O, p. 21. 

4) Experimentelle Untersuchungen über den Einfluß der Verdünnung auf die Wirksamkeit 
des tuberkulösen Giítes. Virch. Arch. 1890, Bd, 119, p. 127. 


4 * 


¿RIBERGER ZEITSCHR. £. 
52 | | PRAIRIES TUBERKULOSE 





enthielt „eine große Menge “Tuberkeclbazillen* Anders stellt sich natürlich die 
Sache bei dem hauptsächlich aus Wolle- und Baumwollfasern, kleinen Holz- 
splittern und amorphen Körnchen bestehenden Material, womit ich gearbeitet 
habe. Hier konnten auch in Staubproben, die bei intraperitonealer Injektion 
Tuberkulose verursachten, bei mikroskopischer Untersuchung (so z. B. bei Fall D 
keine Tuberkelbazillen gefunden werden. Und wenn diese so spärlich vor- 
kommen, so dürfte die Spraymethode, was die negativen Resultate betrifft, nicht 
beweiskräftig scin. Es ist ja nur ein ganz geringer Teil von der Sprayflüssigkeit, 
den die Meerschweinchen inhalieren oder herunterschlucken. Ich wage daher 
betreffs der Fälle, wo nur Sprayversuche haben zu Ende geführt werden können 
aus den negativen Resultaten nur den Schluß zu ziehen, daß die betreffenden Staub- 
proben wahrscheinlich nicht Tuberkelbazillen in reichlicher Menge enthalten haben. 


Gegen mcine Untersuchungen ließe sich vielleicht noch folgender Einwand 
erheben. Von mehreren Forschern, besonders Weichselbaum!) und seinen 
Schülern, ist gezeigt worden, daß virulente Tuberkelbazillen durch Tierversuche 
in Geweben, besonders Drüsen, nachgewiesen werden können, wo eine genaue 
makroskopische und mikroskopische Untersuchung keine tuberkulösen Ver- 
änderungen ergeben hat, und wo Tuberkelbazillenfirbung negativ ausgefallen 
ist. Teilweise infolge weniger reichlichen Tiervorrates führte ich bei meinen 
Untersuchungen nicht derartige Inokulationen von den mit Staub geimpften 
Meerschweinchen an, bei welchen wohl vereinzelte angeschwollene Drüsen, 
ein verdicktes Oment oder dergl. bei der Scktion gefunden wurden, wo aber 
spezifisch tuberkulöse Veränderungen nicht entdeckt werden konnten. Wo 
indessen eine Veränderung angetroffen werden konnte, die irgendwie tuber- 
kulöser Natur verdächtig sein konnte, wurde eine mikroskopische Untersuchung 
des Gewebes vorgenommen und in Ausstreichpräparaten nach Tuberkelbazillen 
gesucht. Nun dürfte es wohl nicht gewöhnlich sein, daß die Tuberkelbazillen 
an allen Punkten im Organismus latent leben, ohne an irgend einem spezifische 
Veränderungen hervorzurufen. Und besonders ist wohl ein solches Verhältnis 
unwahrscheinlich, wenn so lange Zeit zwischen Inokulation und Obduktion ver- 
flossen ist, wie es wenigstens während des letzten Teiles der Untersuchung 
geschah — stets über 2 Monate, bisweilen 4 oder mehr. ` 


Die umständliche Erörterung meiner Fälle mit negativem Resultat schien 
mir im Hinblick auf das unerwartete Resultat notwendig. Die Beweiskraft der 
Sprayversuche ist zwar beschränkt, werden sie aber mit den Injektionsversuchen 
zusammengestellt, die mit 6 verschiedenen Staubproben von 5 Patienten her 
angestellt wurden, und die negativ ausfielen, so scheint doch aus ihnen hervor- 
zugehen, daß die Annahme der Ansteckungsgefahr bei den Kleidern von Lungen- 
schwindsüchtigen keine allgemeine Gültigkeit besitzt. 


Es dürfte daher von Interesse sein zuzusehen, wie beschaffen vom 
klinischen Gesichtspunkt aus die Krankheitsfalle gewesen sind, deren Kleider 
sich so wenig infektiös gezeigt haben. 


1) Vergl. Weichselbaum und Bartel, Zur Frage der Latenz der Tuberkulose. Wien. 
klin. Wehschr, 1905, Nr. 10 (daselbst weitere Literaturangaben in dieser Frage). 


"ae" INFEKTIOSITÄT DER KLEIDER LUNGENSCHWINDSÜCHTIGER. 53 


ee nn —— A a —Á —_— 











Fall II und IV hatten spärliches Sputum, gegenüber welchem sie im 
übrigen strenge Vorsicht beobachteten. Fall VII hatte zwar ein bazillenreiches 
Sputum, er war aber äußerst gewissenhaft in bezug auf die Unschädlichmachung 
desselben. Betreffs des Falles IX ist unbekannt, ob der Kranke besondere 
Vorsicht mit dem Sputum beobachtet hat, und Fall XI hatte infolge seiner 
Unbekanntschaft mit der Natur der Krankheit nicht solche Vorsicht beobachten 
können, beide aber waren ordentlich und sehr reinlich. | 

Einer ganz anderen Kategorie gehörten die Fälle mit positivem Resultat 
an. Bei ihnen allen handelte es sich um die letzten Stadien der Krankheit, 
kurze Zeit vor dem Tode, wo Kraftlosigkeit und Apathie eine mangelhafte 
Reinlichkeit so leicht erklärlich machen. Zwei von den Fällen sind lange Zeit 
bettlägerig gewesen; bei diesen waren es die Decken, die infektiös befunden 
wurden. Der dritte Fall hatte zwar Kräfte gehabt, um Tags über das Bett zu 
verlassen, die Phthise aber im Verein mit einem organischen Herzfehler hatten 
doch die Körper- und Willenskraft des Patienten dermaßen gebrochen, daß von 
einer Vorsicht bei der Behandlung des Auswurfes nicht die Rede sein konnte; 
in diesem Fall waren es die Gebrauchskleider, die zur Untersuchung verwandt 
und infektiös befunden wurden. 

Klinisch unterscheiden sich demnach die Fälle mit negativem Resultat 
höchst beträchtlich von denen mit positivem. Auf der einen Seite Patienten 
mit ziemlich wohlerhaltenen Körper- und Geisteskräften, mit dem Vermögen, 
die übliche Vorsicht mit dem Sputum oder wenigstens sorgfältige Reinlichkeit 
zu beobachten, auf der anderen Scite kraftlose, apathische und daher unsaubere 
Kranke. | 

Will man bei einer Untersuchung wie der vorliegenden überhaupt den 
negativen Resultaten Beweiskraft zuerkennen, und wollte man es wagen, aus 
einer relativ so geringen Anzahl Fälle allgemeine Schlüsse zu ziehen, so müßten 
sie also lauten: die Lungenschwindsüchtigen, die die Vorschriften der 
gewöhnlichen Tuberkulosehygiene betreffs des Auswurfes beobachten, 
möglicherweise auch die, welche nur sich gewöhnlicher Reinlichkeit 
befleißigen, scheinen ihre Kleider nicht zu infizieren, während 
unsaubere Kranke es erwiesenermaßen tun. 

Ein derartiges Verhältnis weist offenbar auf Kontaktinfektion als Ursache hin. 

Man könnte sich zwar denken, daß diese Kranken mit ihrem reichlichen 
Sputum infizierende Tröpfchen in reichlicherer Menge als andere um sich her 
verbreiteten. Dazu ist doch vor allem zu bemerken, daß es keineswegs die 
Menge des Sputums zu sein scheint, die die Reichlichkeit der Tropfeninfektion 
bestimmt, sondern vielmehr die Beschaffenheit desselben. Die Forscher, die 
sich mit dieser Frage beschäftigt haben, scheinen ziemlich einig darüber zu 
sein, daß es vor allem der leichtflüssige Auswurf ist, der zu infizierenden 
Tröpfchen Anlaß geben kann, und nicht in demselben Grade das globöse Sputum, 
wie es oft den letzten Krankheitsstadien zukommt. 

In Übereinstimmung hiermit hat O. V. Petersson!)in einer Untersuchungs- 





1) Om smittofaran från lungtuberkulósa i olika sjukdomstadier. Upsala L.äkaref’s Förh., N. F., 
Bd. 11, Heft 3 und 4, p. 130. 


54 R, FRIBERGER, TUBERKULOSE 
serie, auf die ich unten noch zurückkomme, gezeigt, daß Kranke im HI. Stadium 
— nach Turbans Einteilung — was die Tropfeninfektion betrifft, die wenigst 
gefährlichen zu sein scheinen. Bei der Versuchsanordnung, die er anwandte, 
wurden bazillenhaltige Tröpfchen von 7 Patienten unter 8 verbreitet, die dem 
I. von Turbans Stadien angehörten, von allen die 5 untersuchten, die dem 
IL Stadium angehörten, aber nur von 1 unter 6 im III. Stadium. 

Schließlich scheint es festgestellt zu sein, daß individuelle Verschieden- 
heiten bei den Kranken eine entscheidende Rolle gegenüber der Reichlichkeit 
der Tröpfcheninfektion spielen. Es ist ja freilich nicht ausgeschlossen, daß meine 
3 positiven Fälle solche sein könnten, die infolge individueller Eigentümlichkeiten 
mehr als andere infizierende Tröpfchen verbreiten, näher aber liegt es doch, 
den Ausfall der Versuche mit dem augenfälligen Unterschied betreffs der ge- 
wöhnlichen Reinlichkeit in Verbindung zu setzen. 


Im Zusammenhang mit dieser Verschiedenheit sei es mir erlaubt, auf einen 
Umstand hinzuweisen, der die verschiedenen Stadien der Krankheit, in welchen 
sich die Kranken befanden, betrifft. O. V. Petersson hat sich in der oben 
erwähnten Untersuchungsserie mit der Menge von Tuberkelbazillen beschäftigt, 
welche Kranke in den verschiedenen Stadien aushusten, und er ist dabei zu 
einer Durchschnittszahl gekommen, die für das Il. Stadium weit die für das 
I. und das UL Stadium übersteigt. Und dazu schienen Tierversuche, die der- 
selbe Forscher in diesem Zusammenhange mit Sputa von Kranken in verschiedenen 
Stadien anstellte, auf eine bedeutend geringere Virulenz bei den Tuberkelbazillen 
im III. Stadium der Tuberkulose hinzuweisen. 

Stellt man nun meine Untersuchungen hiermit zusammen, so sei zunächst 
darauf hingewiesen, daß die 3 Fälle, bei denen ich positives Resultat erhielt, 
alle den allerletzten Stadien der Krankheit angehörten. Sehen wir ferner von 
den Sprayfällen ab, so finden wir, daß von den 5 Fällen, bei denen intra- 
peritoneale Injektion mit negativem Resultat geschah, 2 dem II. von Turbans 
Stadien (Fälle II und IV), 3 dem III. (Fälle VII, IX, und XI) angehörten. Hierbei 
dürfte indessen daran zu erinnern sein, wie weite Grenzen das III. von Turbans 
Stadien hat, verglichen mit denen des I. und IL Während diese beiden mit 
ihren relativ engen Grenzen mehr einheitliche Gruppen repräsentieren, umfaßt 
das III. Stadium sowohl Fälle mit gutem Kräftezustand, gutèm Ernährungs- 
zustand und: überhaupt mäßigen subjektiven Symptomen als auch die rein 
desolaten Fälle. Wenigstens die Fälle IX und XI gehören mehr der ersteren 
der beiden zuletzt geschilderten Kategorien an. 

Meine Resultate scheinen demnach in Widerspruch zu den eben erwähnten 
Untersuchungen Peterssons zu stehen, aber dieser Widerspruch ist nur schein- 
bar, da es klar ist, daß ein weniger infektiöses Sputum, das von kraftlosen und 
apathischen Patienten unachtsam behandelt wird, gefährlicher sein kann als ein 
an sich infektiöseres, in dessen Unschädlichmachung man aber gewissenhaft ist 
— ein Umstand, auf den auch Petersson aufmerksam macht. 

Wenn nun die Kleider stark heruntergekommener Lungenschwindsüchtiger 
sich als mit virulenten Tuberkelbazillen infiziert erwiesen haben, so ist schließlich 
daran zu erinnern, wie groß die Gefahr ist, die dieser Umstand in sich schließt 


PR E INFEKTIOSITÁT DER KLEIDER LUNGENSCHWINDSÜCHTIGER. sg 


für die, welche mit den Kleidern hantieren oder sie nach den Kranken benutzen. 
Für Kontaktinfektion finden sich vielerlei Möglichkeiten. So kann z. B. das 
Abkratzen eines Fleckes mit dem Nagel die Überführung des Infektionsstoffes in 
die Mundhöhle vermitteln. Und vom Gesichtspunkte der Cornetschen l.ehre von 
der Staubinfektion aus dürfte besonders zu beachten sein, daß erwiesenermaßen 
Staub von Kleidungsstücken ein sehr großes „Flugvermögen“ besitzt, und das Tu- 
berkelbazillen, die solchen flugfahigen Kleiderstaub begleiten, ziemlich lange ihre 
Virulenz beibehalten können. Was den ersten Umstand betrifft, so ist folgendes 
Experiment von B. Heymann!) besonders lehrreich. In einen geschlossenen 
Raum von ungefähr 3 cbm Rauminhalt wurden mit Bouillon gefüllte Schalen 
hineingestellt, so überdeckt, daß die Deckel von außen her mittels Schnüre 
abgehoben werden konnten. Die Schalen wurden teils in 120, teils in 170 cm 
Höhe über dem Fußboden aufgestelit. Mit Tuberkelbazillen infizierter Kleider- 
staub wurde nun auf folgende \Veise verbreitet. Ein Teil von der Wand des 
Zimmers war durch einen Beutel aus Mosetigbattist ersetzt Mittels dieser 
Vorrichtung konnte eine außerhalb des Zimmers stehende Person in dem Zimmer 
Taschentücher, die mit reichlichen Mengen tuberkulösen Sputums beschmutzt 
und dann getrocknet waren, in dem Zimmer abwechselnd zusammenpressen 
und auseinanderziehen sowie schütteln. Dic Resultate bei den einzelnen Versuchen 
variierten etwas, es zeigte sich aber, daß die Bouillonschalen in den beiden 
Etagen mit Tuberkelbazillen infiziert worden waren, auch wenn sie 15, 30, ja 
in einzelnen Fällen sogar 45 und Co Minuten nach dem Aufhören der Mani- 
pulationen mit den Taschentüchern geöffnet worden waren. 

Und dieser virulente Staub, der so lange herumfliegt, kann, wie erwähnt, 
relativ lange seine Infektiosität beibehalten. Kirstein?) bestrich Lappen von 
Wollenzeugen mit tuberkulösem Sputum und ließ sie trocknen. Dann wurde 
das Zeug zerschnitten und in einem Kautschukbeutel geknetet, aus welchem 
der Staub mittels eines Gummigebläses in eine Glasglocke geblasen wurde. 
[lier wurde er auf ausgelegten Objektgläschen gesammelt. Uber diese ließ 
man in einem späteren Stadium des Experimentes einen Luftstrom von 4 mm 
Geschwindigkeit in der Sekunde hinstreichen, und der Staub, der nun mitging, 
wurde als „flugfahig“ angesehen. Dieser flugfahige Staub enthielt nun, wie 
durch Tierexperimente gezeigt wurde, virulente Tuberkelbazillen noch nach 
5 Tagen, und das trotzdem er während dieser Zeit, in einer dünnen Schicht 
ausgebreitet, vor der Wirkung des Lichtes nicht geschützt war. 


Im Hinblick auf diese Tatsachen und auf den Umstand, daß, meinen 
Untersuchungen nach zu urteilen, hauptsächlich die Kleider von Lungenschwind- 
süchtigen in den allerletzten Stadien der Krankheit eine Ansteckungsgefahr in 
sich bergen, scheint es notwendig, daß die Forderung einer Zwangsdesinfcktion 
der Kleider von an Lungenschwindsucht gestorbenen Personen sowie als Be- 
dingung hierfür einer gesetzlichen Anmeldepflicht aller Todesfälle an Phthisis 


1) Versuche über die Verbreitung der Phthise durch ausyehustete Trüpfchen und durch 
trockenen Sputumstaub. Ztschr. f. Hyg. u. Infektkr. 1901, Bd. 38, p. 21. 

2) Über die Dauer der Lebensfähigkeit von Tuberkelbazillen an flugfihigen Stáubchen. 
Ztschr, f. Hyg. u. Infektkr. 1905, Bd. 50, p. 186. 


ie ve x : Sn ZEITSCHR. f. 
56 FRIBERGER, INFEKTIOSITÄT DER KLEIDER ETC.  TUBERKULOSE 





pulmonum mit aller Energie aufrecht zu erhalten. In Schweden sind diese 
beiden Forderungen seit 1904 erfüllt, noch aber dürfte dies nicht in allen 
Kulturländern der Fall sein. 

Neuerdings hat A. Josefson?) darauf aufmerksam gemacht, daß Kleider 
Lungenschwindsüchtiger, besonders schwerkranker, in Stockholm in großer 
Ausdehnung schon zu Lebzeiten der Patienten versetzt und dann verkauft werden. 
Gewiß geschieht dasselbe in allen größeren Städten und gewiß muß die daraus 
entstehende Gefahr hoch geschätzt werden. Vielleicht kann, wie Josefson es 
meint, dieser Gefahr durch gesetzliche Vorschriften, insbesondere für die Pfand- 
leihgeschäfte, wirksam entgegengearbeitet werden, ohne daß die schwierige 
Frage der Anzeigepflicht gegenüber allen an Lungenschwindsucht erkrankten 
Individuen berührt wird. 


1) Gegen den Versatz und Verkauf von benutzten Kleidern. Tuberculosis 1908. 


1908. 


des: y. HOLTEN, HEILSTÄTTENERFOLGE UND IHRE KRITIK. 57 





IV. 
Heilstättenerfolge und ihre Kritik. 
(Aus der Heilstätte Friedrichsheim. Dircktor Dr. Curschmann.) 
Von 
Dr. Kurt von Holten. 


Fan letzter Zeit sind wieder mehrere Arbeiten erschienen, die eine Kritik 
der Erfolge der Heilstätten darstellen, und die durch die Ungenauig- 
| = keiten mehrerer darin enthaltener Angaben zu nachfolgenden Er- 
wägungen Anlaß gegeben haben. 

Croissant?) hat in seiner Arbeit dic Erfolge der poliklinischen Bchand- 
lung Lungenkranker mit den Erfolgen der Heilstättenbehandlung verglichen. 
. Er bespricht zunächst, daß Hammer 1902 gezeigt habe, daß der Unterschied 
der in Heilstätten Verpflegten und der anderweitig Behandelten kaum ein 
erheblicher sei. Im weiteren Verlaufe führt er sogar Hammers Zahlen an, 
nach denen einem Erfolge der Behandelten von 74 °/, ein solcher der Nicht- 
behandelten von 69°/, gegeniiberstehe. Es ist diese Angabe von E. Rumpf 
auf das Überzeugendste widerlegt worden, indem Rumpf?) zeigte, daß den beiden 
verglichenen Zahlen ein ungewöhnlich leichtes Krankenmaterial zugrunde lag. 
Wir halten es für angezeigt, den Abschnitt hier nochmals abzudrucken: 

«Einen Vergleich von 72 in Heilstätten und 55 poliklinisch behandelten 
Lungenkranken hat Hammer versucht. Er kam dabei zu dem ihm selbst 
überraschenden Resultat, daß bei den Heilstättenkranken überhaupt ein Erfolg 
erzielt wurde in 74 °/,, ein voller Erfolg in 35 °/,, daß dagegen bei den nur 
poliklinisch behandelten und auf eine zweckmäßige Lebensweise hingewiesenen 
Patienten 69 %/, gebessert wurden, 53 °/, einen vollen Erfolg erzielten. „Selbst 
wenn angenommen wird“, sagt Hammer, „daß das Material, welches sich 
keiner Heilstättenkur unterzog, durchweg ein leichter erkranktes war, bleibt es 
auffallend, daß die Differenzen in den wirtschaftlichen Erfolgen keine beredtcre 
Sprache führen zugunsten der Ileilstättenbehandlung.“ 

Wäre das Krankenmaterial überhaupt ein schwereres gewesen, so würden 
die Differenzen zugunsten der Heilstättenbehandlung schon deutlicher zutage 
getreten sein. Die große Mehrzahl von Hammers männlichen Kranken be- 
komme ich in meine Heilstätte. Ich bekomme aber aus keiner badischen Stadt 
annähernd ein so leichtes Krankenmaterial wie aus Heidelberg. Im Jahre 1902 
bekam ich 47 Kranke aus Heidelberg, davon 42 durch die Poliklinik; von 
letzteren gehörten 33 = 78,6 °/ zum I, 7 = 16,6°/, zum Il. und 2 = 4,8 °/, zum 
III. Stadium. Von der Summe aller Kranken einschließlich der Heidelberger 
gehörten dagegen 303 = 42,6°/, zum I, 152 = 21,3 °/, zum IL und 257 = 36,1 %/, 
zum II. Stadium. Bei einem Krankenmateriale, welches zu 78,6°/, dem 
I. Stadium angehörte (fast bei allen mußte in Heidelberg Tuberkulin zu Hilfe 





1) Croissant, Zur Frage der Dauererfolge der Lungenheilstätten. Münch. med. Wchschr. 


1907, Nr. 47. 
D Rumpf, Prognose der Phthise. Schröder-Blumenfeld, Therapie d. Lungenschw. 


E ae ZEITSCHR. f. 
58 i K. Vv. MUT EN. TUBERKULOSE 





genommen werden, um die tuberkulöse Natur des Leidens überhaupt fest- 
zustellen, während sich bei unseren Kranken des I. Stadiums eine ganze Reihe 
mit offener Tuberkulose befand), können aus der nach 1—3 Jahren kontrollierten 
Arbeitsfahigkeit gar keine Schlüsse gezogen werden, denn eine Lungentuber- 
kulose, deren physikalische Veränderungen sich noch im I. Stadium befinden, 
bedingt höchst selten länger dauernde Arbeitsunfähigkeit. Ganz anders liegt 
die Sache bei einem Krankenmaterial, wo die II. und III. Stadien überwiegen; 
je weiter die Krankheit fortschreitet, desto häufiger und länger treten bekanntlich 
Perioden wirklicher Arbeitsunfahigkeit ein. Fine ärztliche Nachkontrolle des 
Lungenbefundes kann ich bei der abgeschiedenen Lage meiner Heilstätte leider 
auch nur in Ausnahmefallen ausüben, aber die Umfrage der Landesversicherungs- 
anstalt Baden führt denn doch eine beredtere Sprache zugunsten der Heil- 
stättenbehandlung. Von sämtlichen im Jahre 1900 entlassenen Kranken waren 
Anfang 1903, also 2—3 Jahre nach der Entlassung noch 48,8 °/, arbeitsfähig, 
es hatten von ihnen aber nicht 4,8°/,, sondern 45°/, dem Ill. Stadium und 
26°/, dem II. Stadium angehört!» 


Hammer hat in der Generalversammlung des Deutschen Zentralkomitees 
1907 entgegnet, Rumpf sei im Irrtum begriffen, wenn er glaube, daß er das 
Material, das Hammer in jener Statistik verarbeitet habe, in seiner Heilstätte 
behandelt habe. Die größere Zahl der verwerteten Kranken sci in anderen 
Heilstätten untergebracht gewesen. Das ändert an der Tatsache nichts, daß 
diejenigen Falle, die aus der Heidelberger Poliklinik nach Friedrichsheim kamen, 
außerordentlich leicht waren; und wir gehen doch gewiß nicht fehl, wenn wir 
annehmen, daß das Material, das von Heidelberg aus an die verschiedenen 
6 Anstalten verteilt wurde, bezüglich der Schwere der Erkrankung einiger- 
maßen gleich war. Aus diesem Grunde glauben wir, dal die von Rumpf 
gemachten Einwände gegen den Vergleich durchaus zu Recht bestehen bleiben. 


Als obersten Grundsatz müssen wir für die Aufstellung eines Vergleiches 
von Statistiken über Lungenkranke fordern, daß die Kranken nach Stadien 
gcordnet sind, sonst hat man selbst bei dem größten Material keine gültigen 
Vergleichswerte. Wir wollen daraufhin die in Betracht kommenden Arbeiten 
durchsehen. In der Arbeit von Hammer 1902 finden wir keine näheren An- 
gaben über das Stadium, in dem sich die Kranken befanden. Ebenso ist es 
mir nicht gelungen, in der von Croissant angeführten Arbeit von Ambrosius" 
in Hanau Mitteilungen über das Stadium der Kranken zu finden. Ich kann 
daher auch auf die Ambrosiussche Statistik nicht näher eingehen. Auf die 
Arbeit von Reiche? komme ich weiter unten zu sprechen anläßlich der Kritik 
Grotjahns über die Ilcilstätten, die Croissant erwähnt. Dem, was er über 
Cornet schreibt: „Noch viel schärfer ist die Polemik, die Cornet schon früher 
geführt hatte“, können wir beipflichten. Das, was Cornet über die Heil- 
stätten vorbrachte, und wie er es vorbrachte, war keine gerechte und objektive 
Kritik mehr, wie sie in ein bedeutenderes wissenschaftliches Werk gchört, das 


1) Münch. med. Wehschr. 1903, Nr. 19. 
2) Münch. med. Wehschr. 1905, Nr. 15. 


EE HEN. STÁTTENERFOLGE UND IHRE KRITIK. 59 
war tatsachlich cine Polemik. Auf die Cornetsche Abhandlung cinzugehen, 
ist hier nicht der Ort. Doch kónnen wir uns bei dieser Gelegenheit nicht ver- 
sagen, unsere Verwundcrung darüber auszusprechen, daß der Ausspruch Cornets 
auf dem Wiesbadener Kongreß für innere Medizin: „Sie wissen alle, meine 
Herren, wie außerordentlich schwer es ist, überhaupt cinmal eine Tuberkulose 
zur Heilung zu bringen“, unwidersprochen geblieben ist. So selten scheint uns 
doch die Heilung einer Lungentuberkulose sonst nicht vorzukommen; „auch 
heilen Tuberkulosen der Lunge häufig, ja ich glaube außerordentlich häufig 
ohne jede Bchandlung“.!) 

Was die sorgfältige Arbeit aus der Baseler Poliklinik betrifft, so betont 
Burckardt?) besonders, daß der Vergleich zwischen den in Davos und den 
nicht dort Verpflegten angestellt sei bei Patienten gleichen Alters und gleicher 
Schwere der Erkrankung und führt weiterhin ausführlich den Beweis, daß sein 
Vergleich eher zu ungünstig für Davos ausfiele als zu günstig und damit die 
Gefahr der Übertreibung vermieden sci. 

Wenn wir jetzt die Statistik Croissants betrachten, so sind in derselben 
allerdings die Fälle nach Stadien geordnet. Doch müssen wir sagen, daß die 
Führung einer Rubrik mit unbekanntem Stadium nicht dazu geeignet ist, den 
Wert einer Statistik zu erhöhen. Den bei den Behandelten angeführten Satz 
von 9,9°/, kann man noch gelten lassen, aber man kann doch unter den nicht 
Behandelten 151 eine Zahl von 55 unbekannten Stadiums, d. h. 36,4 °/, un- 
möglich als einen kleinen Bruchteil bezeichnen. Die von Croissant an- 
gegebenen Erfolge des I. Stadiums scheinen ihm für die Heilstätten nicht 
günstige Resultate zu ergeben, um so mehr als er anführt, daß es durchaus un- 
wahrscheinlich sei, daß nur sehr gutartige Fälle unter den Nichtbehandelten scien. 
Uns erscheint das nicht so sicher. Es wäre außerordentlich interessant gewesen 
zu erfahren, wieviel Kranke des l. Stadiums Bazillen im Auswurf hatten, ferner 
bei wie vielen die diagnostische Tuberkulininjektion zu Hilfe genommen werden 
mußte, um überhaupt die Diagnose zu sichern. Unter den Kranken von 
Friedrichsheim aus den Jahren 1901 und 1902 weisen diejenigen des I. Stadiums, 
die bazillenhaltigen Auswurf hatten, nach 5 Jahren einen Dauererfolg von So"/, 
der Fälle auf. Ob ein derartiger Erfolg bei der lediglich ambulatorischen poli- 
klinischen Behandlung zu erreichen ist, möchten wir, so lange der Gegenbeweis 
aussteht, doch stark bezweifeln. Im übrigen verweise ich auf B. Fränkels 
Betrachtung der Croissantschen Statistik, in der Fränkel’) nachweist, daß die 
Croissantschen Zahlen, sobald die Patienten mit Wiederholungskuren nicht 
doppelt gerechnet werden, für die Fälle des I. Stadiums einen Dauererfolg von 
85 %/, ergeben, welche Zahl auch mit den Ergebnissen unserer Heilstatte ziemlich 
übereinstimmt. Ganz anders sieht auch der Erfolg schon bei den II. Stadien 
aus. Da sind von 39 Bchandelten 19 voll erwerbsfähig und nur 6 gestorben, 
während von den Nichtbehandelten 9 gestorben und nur 5 voll erwerbsfahig 
sind, Was die III. Stadien betrifft, so sind die Zahlen wirklich zu klein, um 


1) Winternitz, Blätter f. klin. Hydrotherapie 1902, Nr. 7. 
2) Ztschr. f. Tuberkulose Bd. 9. 
8) Berl. klin. Wchschr. 1908, Nr. 17, 


< a ZEITSCHR. f, 





genauere Erörterungen zu rechtfertigen, obgleich auch diese zuungunsten der 
Nichtbehandelten ausfallen würden. 


Weiterhin hat Croissant die Fälle kontrolliert, die das Material der 
Arbeit Hammers von 1902 bilden. Er berechnet als Ergebnis seiner Er- 
hebungen einen Erfolg der Heilstättenpfleglinge von 37,1 °/, gegenüber einem 
solchen der Nichtbehandelten von 44,4°/,. Wie in der Hammerschen Arbeit 
von 1902, so fehlen auch hier jegliche Angaben über das Stadium der Krank- 
heit, so daß man sich absulut kein Bild über die Schwere der Fälle machen 
kann. Croissant folgert jedoch aus diesem Ergebnis, daß weder ein Gewinn 
an Arbeitsfähigkeit noch an Lebensdauer von der Heilstättenkur für längere 
Zeit garantiert wird. Um derartige Schlüsse zu wagen, bedarf es wohl zunächst, 
wie oben erwähnt, einer gründlichen Sortierung der Fälle nach dem Grade der 
Erkrankung, dann aber — wir stimmen hier mit Burckardt völlig überein — 
eines viel größeren Materiales, als es die bescheidenen Zahlen von 72 Be- 
handelten und 55 Nichtbehandelten darstellen. 


Um die Erfolge der hiesigen Heilstätte bei denjenigen Kranken, die uns 
von der Heidelberger Poliklinik zugesandt wurden, festzustellen, habe ich diese 
Fälle herausgesucht und die Dauererfolge aus den amtlichen Erhebungen der 
Landesversicherungsanstalt Baden zusammengestellt. 

Dabei haben sich folgende Resultate ergeben: 





Von den Kranken des Jahres 1900 waren nach 5 Jahren 























S vom (Zahl der Be- erwerbsfühig Renten- | | nicht | ps neues 
Stadium handelten) empfänger | ermittelt | Heilverfahren 
I 4 4 — — — — 

II 3 = I a > 
III I — | — I en | As 
Von den Kranken des Jahres 1901 nach 5 Jahren 

1 3 2 — — — | I 
II 4 4 = == = | == 
NI 3 = | = 3 = | + 
Von den Kranken des Jahres 1902 nach 5 Jahren 
I | 23 16 2 — | I | 4 
IT 4 I A I I I | — 
mn 1614 | > = | I ES | = 
| Von den Kranken des Jahres 1903 nach 5 Jahren 
I 49 42 | — | 1 5 | I 
II 17 14 2 I (suicid) — — 
m | E E E mm e 
Von den Kranken des Jahres 1904 nach 4 Jahren 
I | 24 | 22 | I | I | = = 
II 5 5 | — : — — — 


III (2) 1 1 Se E = u 


e HEILSTÄTTENERFOLGE UND IHRE KRITIK. 6I 





Von den Kranken des Ill. Stadiums aus den Jahren 1902 und 1904 wurden 2 
resp. I als zu schwer krank heimgesandt, ohne daß sie eine Kur durchgemacht 
hatten. Der Kranke des II. Stadiums aus dem Jahre 1903, der 1907 durch 
Sekbstmord endete, war bis zum Jahre seines Todes voll erwerbsfähig. Wir 
halben bei dieser Statistik sämtliche Fälle ohne Ausnahme berücksichtigt, die 
als aus der Heidelberger Poliklinik gesandt erkennbar waren. Rechnet man 
die Zahlen der einzelnen Jahrgänge zusammen — den Jahrgang 1904 lasse ich 
weg, weil die Beobachtung sich nicht auf den erforderlichen Zeitraum von 
5 Jahren erstreckt —, so erhält man im ganzen 120 Fälle. Von diesen waren 
nach 5 Jahren voll erwerbsfähig 88 Fälle, d.h. 73°/, von den Kranken aller 
Stadien zusammen. Nach Stadien gesondert würden sich ergeben 


Erwcrbsfihige 


von den 73 Fällen des I. Stadiums 64 = 87°}, 
” » 27 „ „ IL „ 21 = 77 | 
39 3) 13 3) 3) II. 29 3 = 23 el 


Nehmen wir den Jahrgang 1903 gesondert vor, als den einzigen, der 
seiner etwas größeren Zahlen wegen eine solche Betrachtung rechtfertigt, so 
erhalten wir nach Abzug der nicht Ermittelten für die Kranken des I. Stadiums 
einen Dauererfolg von 95,4 °/,, für die des II. Stadiums einen solchen von 82 °/,. 
Wenn somit die Summierung aller Zahlen der 4 Jahrgänge das Gesamtresultat 
auch ungünstig beeinflußt, so glauben wir doch auch mit den Gesamtzahlen 
von 87 °/, Dauererfolgen für das I. Stadium, und 77°/, für das IL Stadium 
durchaus zufrieden sein zu müssen. Es ähneln diese Zahlen auch in auffallender 
Weise den sonstigen Resultaten der Heilstätte Friedrichsheim. Siehe den Jahres- 
bericht 1906 von Dr. Curschmann: Nach 5 Jahren erwerbsfähig 

von den Kranken des I. Stadiums aus dem Jahre 1902 . . 86,5%, 
3) 3) 9) 3) IL. 3) 29 99 3) 1902 E R 76,1 Sen 

Wir können uns daher nach diesen Betrachtungen der Ansicht Croissants, 
daß Heilstättenpfleglinge und anderweitig behandelte Tuberkulöse des I. Stadiums 
mindestens gleich gute Resultate haben, nicht anschließen.!) Im Gegenteil sind 
wir auf Grund unserer Zahlenangaben überzeugt davon, daß die Erfolge in 
unserer Heilstätte auch bei I. Stadien die der poliklinischen Behandlung weit 
übertreffen. Was die Auswahl der Fälle betrifft, so stimmen wir mit A. Frankel?) 
völlig überein, wenn er dafür eintritt, die nur verdächtigen Fälle ohne aus- 
gesprochenen Lungenbefund in Walderholungsstätten zu schicken. Demgegen- 
über hat es uns erschreckt, die Ausführungen Plehns?) zu lesen, welcher sagt: 
Es hat sich ein Betriebssystem in den Heilstätten herausgebildet, welches be- 
denklich erscheinen muß. Wir scheuen uns den Heilstätten Kranke zu über- 
weisen, welche nachweisbare anatomische Veränderungen bieten, welche Aus- 
wurf haben und Bazillen im Auswurf, auch wenn diese Kranken noch durchaus 
dem I. Stadium angehören (!, nach dem neuerdings wieder international fest- 
gestellten Schema. Kranke des IL Stadiums nach diesem Schema kommen 
überhaupt kaum mehr in Betracht. 


1) Vergl. auch Curschmann, Jahresbericht der Heilstátte Friedrichsheim 1907. 
D Berl. klin. Wchschr. Nr. 17. Diskussion über den Vortrag von B. Fränkel. 
3) Ebendaselbst. 


62 K. v. HOLTEN. EE 
Aufgenommen werden diese Kranken allerdings, aber wir riskieren, daß sie 
uns früher oder später, event. bei Wind und Wetter mit einer Hämoptöe zurück- 
geschickt werden, weil eben die Heilstätten auf ihre zweckmäßige Verpflegung 
und Unterbringung noch nicht eingerichtet sind etc. Ob da nicht doch 
bei ganz gleicher Behandlung ein graducller Unterschied in den Erfolgen der 
einzelnen lleilstätten vorliegen sollte, der auf äußeren Gründen beruhen könnte? 
Jedenfalls muß man sich dagegen wehren, wenn derartige Verhältnisse ohne 
weiteres in verallgemeinernder Weise auf alle Hleilstätten bezogen werden. Wir 
hiesigen llcilstattenarzte sehen im Grunde jeden Fall nicht gern, bei dem wir 
uns nicht nach der ersten Untersuchung bei der Einweisung darüber klar sind, 
ob eine wirkliche Lungentuberkulose vorliegt. Wir wollen in unserer Heilstätte 
solche Falle nicht haben, weil auch wir der Ansicht sind, daß sie ıhre Arbeit 
ruhig verrichten sollen unter ärztlicher Kontrolle, ob etwa die Tuberkulose 
manifest wird. Dann erst sollen sie in die Ilcilstätte eingewiesen werden. 
Energisch müssen wir jedoch gegen die Forderungen Franckenburgers auf- 
treten, welcher die Kranken des I. Stadiums von der Ileilstattenbehandlung 
ausgeschlossen wissen will. Er wirit die Kranken des I. Stadiums mit den 
Tuberkuloseverdächtigen und den Trägern latenter Tuberkulose zusammen und 
behauptet, sie könnten der [cilstattenbehandlung zumeist entraten. Er ver- 
einigt damit zwei Kategorien, die wir scharf voneinander trennen wollen. Die 
Tuberkuloseverdächtigen und Träger latenter Tuberkulose können der Heil- 
stättenbehandlung entraten, die Kranken im ausgesprochenen I. Stadium da- 
gegen nicht. 

Im Anschluß hieran möchten wir uns noch kurz mit dem Abschnitt des 
Grotjahnschen Buches „Uber Krankenhauswesen und Heilstattenbewegung“ 
beschäftigen, der über die Anstalten für Lungenkranke handelt. Grotjahn 
schreibt dort: 

Die Lungenheilstätten haben zahlreichen Patienten Segen gebracht; aber 
daß sie die Tuberkulose als Volkskrankheit auch nur in bescheidenem Maße 
eingedammt hätten, kann nicht behauptet werden. ....... Die Lungenheil- 
stätten sind nützlich, ja dringend erforderlich vom Standpunkte der Medizin 
und der Therapie. Fraglich ist nur ihr Wert vom sozialhygienischen Stand- 
punkte aus; denn das Sinken der Sterblichkeit an Tuberkulose ist auf ihre 
Wirksamkeit nicht zurückzuführen. Weiterhin schreibt Grotjahn: Die Zahl 
von 40000 Plätzen, die für die Heilbehandlung zur Verfügung Stehen, ist zwar 
absolut genommen höchst achtungswert, aber im Vergleich zu der Ausdehnung 
der Tuberkulose fast verschwindend. Der lähmende Einfluß dieser Erkenntnis 
ist auch in den Kreisen, die in dem im Jahre 1895 gegründeten Zentralkomitee 
zur Errichtung von Lungenheilstätten die Spitze ihrer Organisation sehen, be- 
merkbar. Das äußert sich zurzeit in der Bevorzugung der Errichtung von 
Fürsorgestellen, Tuberkulosemuseen und anderen kleinen Mitteln vor der 
Förderung des Baues neuer Anstalten. 


Gerade anläßlich der von Grotjahn erwähnten Namensänderung des 


Zentralkomitees zur Errichtung von Lungenhcilstátten in ein solches zur Be- 
kampfung der Tuberkulose hat B. Fränkel-Berlin betont, es sei bisher von 


aere HEILSTÄTTENERFOLGE UND IHRE KRITIK. 63 





dem Vorschlage der Namensänderung abgesehen aus der Befürchtung, es 
könnte daraus, wenn auch durchaus unberechtigterweise, der Schluß gezogen 
werden, daß das Komitee im Verlaufe der Jahre infolge der Angriffe, welche 
namentlich im Auslande gegen die deutschen Heilstätten erhoben wurden, die- 
selben geringer einschätze als bei seiner Begründung. Nachdem aber auf dem 
Internationalen Kongreß in Paris die Bedeutung der Heilstätten im Kampfe 
gegen die Tuberkulose durchaus anerkannt sei, sei dieser Grund hinfällig ge- 
worden. Wenn man also den Namen des Komitees ändere, so werde an den 
Aufgaben desselben durchaus festgehalten. Die Satzungen bestimmten, daß das 
Komitee insbesondere auf die Errichtung von Heilstätten für unbemittelte und 
minderbemittelte Lungenkranke hinzuwirken habe. Hieran solle nichts geändert 
werden. Man wolle in keiner Weise die Mitwirkung des Deutschen Zentral- 
komitees bei Errichtung von Heilstätten verringern. Wir können nicht ein- 
sehen, wie etwa in diesen Worten, in denen an leitender Stelle die Ansichten 
des Komitees zum Ausdrucke gebracht werden, der lähmende Einfluß der Er- 
- kenntnis des mangelnden sozialhygienischen Wertes der Heilstátten bemerkbar 
werden soll. Wir ersehen im Gegenteil daraus, daß das Komitee seine Zwecke 
unentwegt weiter verfolgt, und wenn es über die Errichtung von Heilstätten 
hinaus auch anderen Einrichtungen, die mehr der Prophylaxe dienen, seine 
Unterstützung zuwendet, kann man gewiß nicht daraus ableiten, daß es sein 
Interesse von der als Hauptzweck bezeichneten Mitwirkung bei der Errichtung 
von Heilstätten abgewendet hat. Grotjahn schreibt ferner: Die frühere Sicher- 
heit und hochangeschene Stellung werde das Zentralkomitee erst dann zurück- 
gewinnen, wenn es den Gedanken der Anstaltsbehandlung wieder in den Vorder- 
grund der Betätigung stellt. Nur mit dem Unterschiede, daß jetzt die 
Asylisierung der Lungenkranken im vorgeschrittenen Stadium ebenso energisch 
propagiert werden müsse, wie früher die Hospitalisierung der im Frühstadium 
Befindlichen. Er führt die Rede R. Kochs an, die dieser bei Empfang des 
Nobelpreises hielt und in der er die Wichtigkeit der Krankenhausverpflegung 
gerade der schwerkranken resp. unheilbar Tuberkulóscn darlegt und auch die 
Abnahme der Tuberkulosesterblichkeit in Preußen in erster Linie auf die für 
die Schwindsüchtigen im letzten Stadium geleistete bessere Fürsorge zurück- 
führt. Es sind ja auch in dieser Richtung bereits vielfach Anfänge gemacht 
worden und bis 1903 bei 17 Landesversicherungsanstalten Invalidenheime mit 
solchen Pfleglingen belegt worden. Es wurde aber von Bielefeldt betont, 
die bisher erzielten Erfolge ließen keinen Zweifel daran übrig, daß mit den 
gegenwärtigen gesetzlichen Mitteln, d. h. ohne Zwang das Ziel der Tuberkulose- 
heime nicht erreichbar sei. Während Grotjahn ferner Hansen-Bergen zitiert, 
der sich dahin ausspricht, der Wunsch, die übrigen Mitglieder der Familie vor 
der verheerenden Krankheit zu bewahren, vermöge den Wunsch, die Kranken selbst 
zu pflegen, zu überwinden, wird von Bielefeldt gerade das Gegenteil für die 
deutschen Kranken mit zur Erklärung dafür angeführt, daß die Zahl der in 
Invalidenheimen untergebrachten Tuberkulösen dauernd niedrig geblieben sei: 
daß nämlich die Familienbande den Kranken stärker beeinflussen als das Be- 
streben, seine Familie vor Ansteckung zu schützen. Auch hebt Bielefeldt 


64 K. v. HOLTEN. OS 
hervor, die Invalidenrente habe eine so große wirtschaftliche Bedeutung für die 
Familie, dab die Familienmitglicder selbst einen tuberkulósen Invalidenrentner 
lieber bei sich behielten, als ihn unter Verzicht auf die Rente in einem In- 
validenheim sähen. Was ferner zu der reichlicheren Besetzung der Pflegestätten 
für Tuberkulöse in Norwegen fürdernd und erleichternd beitragen mag, ist das 
Bestehen eines Gesetzes, nach welchem die Gesundheitskommission unter Um- 
ständen die Befugnis besitzt, einen Tuberkulösen zwangsweise in ein Kranken- 
haus zu bringen. 

Als weitere Gründe, die den Tuberkuloserückgang erklären, bezeichnet 
R. Koch u.a. auch die bessere Kenntnis der Ansteckungsgefahr, welche den 
einzelnen veranlaßt, sich nicht mehr ahnungslos der Ansteckung auszusetzen. 
Auch hier wird man wohl den lIleilstätten einen großen aufklärenden und 
erzieherischen Wert nicht absprechen können, denn durch die 40000 jährlich 
in den Anstalten Behandelten wird doch ein gutes Stück Belehrung in die 
Familien getragen. | 

Ferner führt R. Koch die Abnalme der Tuberkulose zurück auf die Ver- 
besserung der Lage der unteren Volksschichten in bezug auf die Wohnungs- 
verhältnisse. Grotjahn macht den Landesversicherungsanstalten einen Vorwurf 
aus den 33 Millionen, die sie zum Bau der Heilstätten verausgabt haben. Die 
zehnfach größeren Summen, die die deutschen Versicherungsanstalten und 
Kasseneinrichtungen zum Bau von Arbeiterwohnungen und Kranken- sowie 
Genesungshäusern aufgewendet haben, erwähnt er zwar an anderem Orte aus- 
führlich, doch scheinen sie nicht in das rechte Licht gerückt im Verhältnis zu 
den Ausgaben für die Heilstátten, weshalb wir es für geboten halten, die Zahlen 
hier nochmals anzuführen. Ä 

Bis!) zum 31. XII. 1905 haben die 31 deutschen Versicherungsanstalten und 
die 9 zugelassenen Kasseneinrichtungen Mittel bereitgestellt: 


a) zum Bau von Arbeiterwohnungen . . . . +. . 150987145,16 M. 
b) zum Bau von Kranken- und Genesungshäusern . 210632127,84 ,, 
c) zum Bau von eigenen Heilstätten . . . . . . 36225147,22 ,, 


Die Aufwendung für alle drei Zwecke im Jahre 1905 allein betrug zu 
a) 17795635,44 M. 
b) 32328122,14 ,, 
c) 3204141,03 ,, 
Sa. 53327899,21 M. 

- Wenn man diese Zahlen miteinander vergleicht, kann man gewiß aus den 
Summen, die bisher für die Heilstätten verausgabt sind, den Landesversicherungs- 
anstalten keinen Vorwurf konstruieren, besonders wenn man bedenkt, was mit 
den Heilstätten bisher erreicht ist. Und damit kommen wir zu den Erfolgen 
der Heilstätten, wie sie bei Grotjahn dargestellt sind. 

Grotjahn schreibt: Aus den zahlreichen Ermittelungen über die in den 
Lungenheilstätten erzielten Erfolge sind nur die von Wert, die sich auf wirk- 
liche Heilungen oder Besserungen bis zu einem Grade, daß noch im fünften 
Jahre nach der Heilstättenkur keine Invalidisierung eingetreten war, beziehen. 


1) Zitiert nach E. Rumpf, Die bisherigen Leistungen der Heilstätten. 1907. 


BD.X111,HEFT 1. 
1908. 








HEILSTÁTTENERFOLGE UND IHRE KRITIK. 65 
Absolute Heilungen waren nach den Ermittelungen des Kaiserlichen Gesund- 
heitsamtes nur bei 3,4 °/, der Heilstättenpfleglinge zu konstatieren. Daß diese 
geringe Zahl auf den Gang der Tuberkulose als Volkskrankheit irgend welchen 
Einfluß gehabt haben könne, wird niemand behaupten wollen. Aber auch die 
Zahl derer, die so gebessert waren, daß sie noch 5 Jahre nach der Kur nicht 
invalidisiert zu werden brauchten, beträgt durchschnittlich nur 31 °/,. Die Er- 
zielung dieses Prozentsatzes ist nicht so besonders rühmenswert, wenn man 
bedenkt, daß die für die Heilstättenbehandlung ausgesuchten Fälle doch nur 
solche im Anfangsstadium waren. Daß diese auch ohne Lungenheilstátten- 
behandlung noch jahrelang arbeitsfahig sind, pflegt unter den Ärzten, die mit 
den bessergestellten Arbeiterkategorien beruflich zu tun haben, seit langem 
bekannt zu sein. Es ist unbegreiflich, wie man sich dieser Zahlen jemals hat 
freuen können. Sie sind doch eher niederschmetternd und haben für die 
Ausbreitung der Tuberkulose wenig zu bedeuten. 


In der Tat, das wäre niederschmetternd, wenn die Tatsachen sich so 
verhielten, wie Grotjahn sie darstellt. Gott sei Dank liegen sie aber doch in 
Wahrheit ganz anders. Reiche, dessen Arbeit Grotjahn in der Literatur- 
angabe anführt, gibt an, von seinen 1263 Patienten, die eine Heilstättenkur in 
den Jahren 1895—1900 durchgemacht hätten, seien 1904 (also nach 5 —9 Jahren) 
noch 57,3 °/, arbeitsfähig. gewesen. Er sagt: Im großen und ganzen schen wir, 
daß die im Sanatorium erreichte Aufbesserung standhält, trotz der mannigfachen 
Schädigungen, die draußen wieder an die Eutlassenen herantreten, und trotz 
der erhärteten Tatsache, daß im Gang der Jahre sichergestellte klinische 
Heilungen keineswegs häufig sind. Diese geringen Zahlen klinischer Heilungen 
änderten aber an dem praktischen Nutzen, wie er aus den angeführten Zahlen 
ersichtlich sei, nichts. Und weiterhin schließt er, die Erfolge der Heilstätten 
seien danach zn bewerten, wie die zweifellos günstigen Wirkungen des Heil- 
stättenaufenthaltes in dem nach der Entlassung für jeden Arbeiter erneut be- 
ginnenden Kampf ums tägliche Dasein sich bewähren. Daß Grotjahn für die 
Dauererfolge eine viel zu geringe Zahl angibt, wurde ihm überdies schon 1907 © 
vorgehalten in der Generalversammlung des Deutschen Zentralkomitees. In dem 
ganzen Artikel, die Anstalten für Lungenkranke betreffend, steht niemals etwas 
über das Stadium der Krankheit, in dem sich die Heilstättenpatienten befinden. 
Nur bei der Angabe von 31 °/, Dauererfolgen wird plötzlich behauptet, es seien 
nur Kranke im Anfangsstadium gewesen. Ich zitiere hier die Resultate der 
Behandlung aus der Heilstätte Friedrichsheim von Dr. E. Rumpf, dessen Mit- 
teilung Grotjahn ebenfalls in seiner Literaturangabe anführt. Rumpf schreibt 
dort: Daß von allen Eingewiesenen volle 3—4 Jahre nach der Entlassung von 
den Kranken des I. Stadiums noch 70°/,, von denen des II. noch 55 °/, von 
denen des III. noch 23°/, als arbeitsfähig festgestellt wurden, kann füglich als 
allen auf die Heilstätten gesetzten billigen Erwartungen entsprechend und als 
besonders schöner Erfolg bezeichnet werden. Zur Beurteilung des Wertes der 
Kuren hebt Rumpf hervor, daß das Material der vorliegenden Statistik be- 
sonders wertvoll sei, weil es durchwegs ein recht schweres gewesen sei. Nimmt 


man trotzdem alle Zahlen der Statistik zusammen, inkl. die des II. und 
Zeitschr. f. Tuberkulose. XILL 5 


da ZEITSCHR. 1. 
HOLTEN. TUBERKULOSE 


06 K. v. 
III. Stadiums, z. B. aus dem Jahre 1900, wo unter den 544 Kranken 46°}, 
III. Stadien sich finden, so ergeben sich immer noch 44,3 %/, Dauererfolge, eine 
Zahl, die zu den Angaben Grotjahns in grellem Widerspruche steht. 

Dieselben Angaben Grotjahns, die hier angefochten werden, hatte der- 
selbe schon vor einem Jahre in einem Artikel veröffentlicht: „Über die Krisis 
in der Lungenheilstättenbewegung“, und E. Rumpf hatte ihm damals ent- 
gegnet: „Bevor Herr Grotjahn einen Artikel „über die Krisis in der Lungen- 
heilstättenbewegung‘“ schreibt, von deren Existenz man übrigens sonst nichts 
weiß, hätte er doch einen Blick in die Jahresberichte der Heilstätten werfen 
sollen. Dort steht fast ausnahmslos, daß die schwerer Kranken stark über- 
wiegen und die Anfangsstadien überall die Minderheit bilden. Wenn wir 
wirklich nur Anfangsstadien hätten, dann hatten wir 80—90°/, Dauererfolge“. 
Das hat aber Grotjahn nicht verhindert, dieselben unrichtigen Angaben in 
seinem Buche getrost wieder abzudrucken. 

Zum Schluß der betr. Abhandlung hat Grotjahn an erster Stelle folgende 
Leitsätze aufgestellt: 

1. Die Errichtung von Anstalten für Lungenkranke, die sich im Anfangs- 
stadium der Erkrankung befinden, ist in den letzten Jahrzehnten, besonders 
im Anschluß an das soziale Versicherungswesen, sehr gefördert worden. Wir 
verdanken dieser Lungenheilstättenbewegung zunächst überhaupt die Idee, die 
Lungentuberkulose mit Hilfe des Anstaltswesens zu bekämpfen, und sodann 
eine großzügige Mobilmachung privater und öffentlicher Kräfte zugunsten der 
Anstaltsverbringung lungenkranker Individuen der unteren Volksschichten, — 
aber eine erhebliche Verminderung der Tuberkulose infolge dieser Heilstatten 
ist nicht eingetreten und ist auch in Zukunft nicht zu erwarten. 


2. Dieses zurzeit mehr dunkel gefühlte als klarbewußte Fehlschlagen hat 
dazu geführt, auch Anstalten für fortgeschrittene und unheilbare Tuberkulöse 
zu bauen. In diesen Heilstätten liegt der entwickelungsfahige Keim für die 
Zukunft des Anstaltswesens für Lungenkranke. 

Wir können uns dem nicht anschließen: Mag es sein, daß die Verminderung 
der Tuberkulose zum größeren Teile nicht auf Rechnung der Heilstätten zu 
setzen ist, mag es sein, daß auch die Erfolge der Heilstätten hie und da den 
Ansprüchen mancher Ärzte nicht genügen, in den Heimstätten für fortgeschrittene 
unheilbar Tuberkulöse allein liegt der entwickelungsfahige Keim für die Zukunft 
des Anstaltswesens für Lungenkranke sicher nicht. 

Die Landesversicherungsanstalten wünschen von den Ileilstättenkuren cine 
Verminderung der Rentenauszahlungen und sind in dieser Hinsicht mit den Er- 
folgen zufrieden. Den Kranken, die in der Heilstätte verpflegt werden, kommt 
es nur darauf an, daß sie geheilt werden. Und das Bestreben, die heilbaren 
Leichtkranken von der Behandlung auszuschließen, bis sie etwa für ihre Um- 
gebung gefährlich werden, müssen wir als inhuman bezeichnen. Gerade die 
Unterbringung der noch heilbaren resp. besserungsfähigen Kranken in den Heil- 
stätten ist es, die die Heilstättenbewegung im Volke populär gemacht hat; 
einer Bewegung, die sich nur auf Internierung der Unheilbaren beschränkt 
hätte, wäre das niemals gelungen! 


GE HEILSTÄTTENERFOLGE UND IHRE KRITIK. 67 














Eine Kritik der Lungenheilstatten, selbst eine schonungslose, schadet der 
Heilstättenbewegung nicht, wenn sie nur gerecht ist. Aber unbedingt muß man 
verlangen, daß der, welcher eine solche Kritik schreiben will, sich über dic 
Tatsachen, die bezüglich der Erfolge der Lungenheilstätten veröffentlicht sind, 
auf das Genaueste unterrichtet, wenigstens aber über die in der von ihm selbst 
genannten Literatur enthaltenen Angaben! Und das hat Grotjahn nicht getan. 


Herrn Direktor Dr. Curschmann möchte ich für die Anregung zu dieser 
Arbeit, für die gütige Überlassung des Materiales, sowie für das derselben ent- 
gegengebrachte Interesse meinen wärmsten Dank aussprechen. 


Dä ZEITSCHR. 1. 
68 cra. ‘HIFERATER: TUBERKULOSE 





V. 
LITERATUR. 


Zusammengestellt von 


Prof. Dr. Otto Hamann, 


Bibliothekar an der Königl. Bibliothek in Berlin. 


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74 


REFERATE. 


ZEITSCHR. f. 
TUBERKULOSF 


IL REFERATE UBER BÜCHER UND AUFSÄTZE 


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Tuberkulose. 


E. Ozenne: Des rapports entre les 
accidents du travail et quelques 
maladies générales ou constitu- 
tionelles. (Tub. ext, syph., Cancer. 
— Bull. Med. 26.) 


Die Ausführungen Ozennes über 
den Zusammenhang zwischen Unfall und 
chirurgischer Tuberkulose und die De- 
urteilung der Entschädigungspflicht decken 
sich im allgemeinen mit dem Standpunkt, 
den auf dem letzten französischen Chi- 
rurgenkongreB der Referent Jeanbreau 
einnahm und über den seinerzeit referiert 
wurde. H. Grau (Düsseldorf). 


9 9 


de owe 


Drs. Samuel Bernheim et Louis Dieupart- 
Paris: La tuberculose chez les 
ouvriers raffineurs. (Acad. de Méd., 
Séance du 21. Avril 1908.) 


Dans un Dispensaire antituberculeux 
placé près d'une Raffinerie, les auteurs 
ont observé 150 cas de tuberculose sur 
1500 ouvriers. Les femmes sont plus 
durement éprouvées que les hommes. 
Cette grande frequence de la maladie 
serait due moins à une intoxication chimi- 
que par le sucre qu’à une action trau- 
matique. En effet, les multiples poussières 
fines et anguleuses de sucre, qui enve- 
loppent constamment les ouvrieurs raffi- 
neurs, pénètrent dans les bronches et 
dans les alvéoles, v causent des trauma- 
tismes fanthracose pulmonaire) tout comme 
les poussières métalliques. Ajoutez à 
cela que les conditions d'hygiène dans 
ces ateliers sont des plus défectueuses, 
que les salaires faibles ne permettent pas 
aux ouvriers de se nourrir convenable- 
ment, et on s’expliquera facilement la 
frequence de la contagion bacillaire. 

MM. Bernheim et Dieupart ont 
observé aussi chez la plupart des ouvriers 
raffineurs de graves troubles dentaires. 
Un grand nombre d'entre oux étaient 
complètement édentés. 


Enfin, les auteurs terminent leur 
communication en disant que l’évolution 
de la maladie se montre particulièrement 
grave chez ces travailleurs. Tout comme 
chez les diabétiques, la tuberculose prend 
chez les ouvriers raffineurs une marche 
très rapide et a presque toujours une 
issue fatalo. 


Feilchenfeld: Über die Verschlim- 
merung der Tuberkulose durch 
Unfälle. (Dtsch.med.Wchschr., 19.März 
Nr. 12) 

37 Fille von Verschlimmerung der 
Tuberkulose durch Umfälle werden unter 
kurzer Angabe der Protokolle mitgeteilt. 
Sie sind nach folgenden Gesichtspunkten 
geordnet: Das bisher latente Leiden tritt 
nach dem Unfall plötzlich in die Er- 
scheinung, es treten Komplikationen hinzu, 
die Tuberkulose flackert von neuem auf; 
als „echte Unfallfolgen“ betrachtet F. 
Lungenblutungen, Rippenquetschung und 
das Auftreten von Pleuritis. Weiter werden 
Fille mitgeteilt, bei denen das Unfall- 
ereignis nicht anerkannt wird, da die Tat- 
sache der Verschlimmerung fehlt. 

Naumann (Meran-Reinerz). 


Ravenel: Ätiologie der Tuberkulose. 
(Berl. klin. Wchschr., 20. April 1906, 
Nr. 16.) 


Eine häufige Eintrittspforte für das 
Tuberkulosevirus ist der Verdauungskanal. 
Es vermag durch die unversehrte Schleim- 
haut einzudringen, ohne dort Spuren zu 
hinterlassen; am leichtesten findet das 
während der Fettverdauung statt. Die 
aufgenommenen Bazillen gelangen dann 
mit dem Chvlus ins Blut, das sie den 
Lungen zufúhrt. Die Infektion vom Darm 
aus ist bei Kindern häufig, die Quelle 
der Infektion ist die Milch kranker Kühe. 
Eine Infektion ist ferner durch Berührung 
(Küssen, beschmutzte Hände, Verletzungen 
bei Sektionen etc.) möglich, doch spielt 
dieser Übertragungsmodus bei der Ver- 
breitung der Krankheit nur eine verhältnis- 
mäßig kleine Rolle. 

Naumann (Meran-Reinerz). 


BD.XIM,HEFT 1. 





e = 75 
A. Most: Die Infektionswege der | sich vergegenwiirtigt, daß die größere Zahl 
Tuberkulose. (Berl. klin. Wchschr., | der Schweinekastrierer von Beruf Metzger 


24. Februar 1908, Nr. 8.) 


Im wesentlichen ist die Tuberkulose 
eine Inhalationskrankheit. Fine sehr 
häufige Form ist die Halsdriisentuber- 
kulose, die mindestens in zwei Dritteln 
der Fälle von einer Infektion der Rachen- 
schleimhaut und namentlich des lympha- 
tischen Rachenringes ausgeht. Gegenüber 
der häufigsten Infektion der obersten Luft- 
und Verdauungswege tritt die Infektion 
der Darm-, Achsel- und Leistendrüsen- 
tuberkulose sehr in den Hintergrund. Im 
jugendlichen Alter kommt der Lymph- 
gefäßapparat als Infektionsweg für Darm- 
und Drüsentuberkulose mehr in Betracht. 


er a RR a a e o a aoM 


Für die Lungentuberkulose aber hat er : 


wohl nur beim Kinde eine größere Be- 
deutung. Naumann (Meran-Reinerz). 


E. Wyssmann-Neuenegg: Über tuber- 
kulöse, von den Kastrations- 
wunden ausgehende Infektionen 
bei Schweinen. (Schweiz. Arch. f. 
Tierheilk., Bd. 50, Heft 2.) 

Tuberkulöse Schweinekastrierer sind 
imstande, die Tuberkulose auf dieSchweine 
zu übertragen, sei es, daß die Infektion 
durch das im Munde gehaltene Kastra- 
tionsmesser, oder sei es, daß sie durch 
die Gewohnheit des Abbeißens der Hoden 
oder auch durch das Spucken in den 

Hodensack, sowie Bestreichen der Wunde 








mit Speichel — angeblich um eine raschere ` 


Wundheilung herbeizuführen — erfolst. 
Während dadurch vorwiegend die mensch- 
liche Tuberkulose auf die Schweine über- 
tragen werden kann, ist in manchen 
Gegenden, wo die Kastrationswunden mit 
süßer oder saurer Milch begossen werden, 
auch eine Infektion durch Tuberkelbazillen 
boviner Herkunft in den Bereich der 


Möglichkeit zu ziehen. Die Kasuistik der : 


Kastrationstuberkulose männlicher Tiere 
ist sehr reichhaltig, dagegen fehlte es bis- 


her völlig an einer Beschreibung derselben | 


bei weiblichen kastrierten Schweinen. 
2 Fälle letzterer Art werden eingehend 
beschrieben. W. hat bei: genauestem 
Studium den Eindruck erhalten, als ob 
doch der Typus bovinus des Tuberkel- 
bazillus für die Schweine gefährlicher sel, 
als der Typus humanus. 





sind und öfters mit tuberkulösem Virus 
boviner Herkunft in Berührung kommen, 
so liest es gewiß sehr nahe, anzunchmen, 
daß Messer und Finger dieser Operateure 
eine Infektion ebensogut herbeiführen 
können, wie z. B. virulente Keime enthal- 
tende Kuhmilch oder Menschenspeichel.“ 
Scherer (Bromberg). 


li. Allgemeine Pathologie. 


Andr. Beyer: Einige Ergebnisse der 
Untersuchungen der Kopenhage- 
ner Tuberkulose-Diagnosestation 
in den Jahren r901-1907. (Hospitals- 
tidende 1907.) 

Die Tuberkulosestation fing ihre 
Arbeit im Monat Mai 1901 an und wurde 
an das Laboratorium des Gesundheits- 
amtes (Sundhedskommissionnens Lab.) ge- 
knüpft, wurde aber, nachdem im Jahre 
1907 an dem „Örcsundshospital“ ein 
besonderes Tuberkuloselaboratorium er- 
richtet worden war, an dieses verlegt. 

Im Verlaufe der 6 Jahre sind 
8575 Untersuchungen ausgeführt worden, 
von denen die 1788, d. h. 20,9°/,, ein 
positives Ergebnis aufwiesen. 

B. gibt einige Ergebnisse der Be- 
stimmungen des spezifischen Gewichtes 
von Tuberkelbazillen an, sowie eine neue 
Zentrifugiermethode, die er ausgearbeitet 
hat. Zu der Bestimmung des spezifischen 
Gewichts sind von der Tuberkulinher- 
stellung herrührende Tuberkelbazillen be- 
nutzt, und die Bestimmungen sind sowohl 
mittels Pyknometer als mittels Volumeno- 
meter (Schumann) ausgeführt, indem 
beiden Pyknometerbestimmungen 5 g 
luftgetrocknete Tüuberkelbazillen (mit 
einem Gehalt an 10,2°/, Wasser) und bei 
den Volumenometerbestimmungen 10 g 
verwendet worden sind. Die Bestimmung 


ergab: 
mittels Pvknometer spez. Gew. 1,23, 
e Volumenometer ` e Sa 


B. erwähnt demnächst den großen 


- Vorteil, den die Verwendung des Zentri- 


„Wenn man | fugierens bei der Untersuchung des Spu- 


76 REFERATE. 


E  _ _ 22 ne 


tums auf Tuberkelbazillen darbietet, und 
hat zum Vergleich die gewóhnliche Aus- 
strichmethode mit Karbol-Fuchsinfärbung 
benutzt. Von 126 nach beiden Methoden 
untersuchten Proben fand er in beiden 
Fällen -> in 98, in 16 viel mehr, und in 
4 nicht wesentlich mehr nach der Zentri- 
fugiermethode, und in 8 Proben, d. h. 
6°/, von sämtlichen Proben, fand er 
Tuberkelbazillen nach Zentrifugieren, wäh- 
rend dieselben sich bei der Ausstrich- 
methode nicht nachweisen ließen. 

B. hat dann bei ca. 8000 Proben 
seine Methode benutzt und meint an 
derselben eine ideale Methode ermittelt 
zu haben, indem sie allen Ansprüchen 
sowohl auf Schleunigkeit als auf Zuver- 
lässıgkeit und  Reinlichkeit entspricht. 
Nachdem er darauf aufmerksam gemacht 
hat, daß man sich mit dem Homogeni- 
sieren des Sputums nicht begnügen lassen 
kann, weil homogenisiertes Sputum sehr 
wohl — ja sogar häufig — schleimig sein 
kann, gibt B, seine Präpariermethoden 
an, deren neues Prinzip darin besteht, 
durch Erwärmung unter Druck, den 
er auf eine besonders leichte und prak- 
tische Weise beschaffen kann, das Sputum 
leichter löslich in alkalisiertem Wasser zu 
machen. 

Die Probengläser (Präparatgläser von 
10 ccm Inhalt, die an die Ärzte in einem 
zylindrischen Pappfutteral gesandt werden) 
werden mit guten Stöpseln zugekorkt 
und ı bis mehrere Stunden in einen 
Warmwasserkasten bei ca. 95° C gestellt. 
Nach Verlauf der genannten Zeit ist der 
Speichel entweder in eine dünnflüssige 
wässerige Flüssigkeit umgebildet oder in 
eine käseartige Masse erstarrt worden; in 
beiden Fällen löst sich aber das umge- 
bildete Sputum leicht in alkalisiertem 
Wasser, oft sogar in destilliertem Wasser 
allein. Zu dem Zwecke wird die Probe 
in eine Kochflasche gegossen und mit 
2—5 mal seines Volumen alkalisiertem 
Wasser (1 g NaOH in 1 l destilliertes 
Wasser) versetzt und dann auf einem 
Asbestdrahtnetze langsam zum Kochen 
gebracht. Die hergestellten Lösungen 
eignen sich vorzüglich zum Zentrifugieren 
oder Sedimentieren. 

Für das Zentrifugieren hat B. eine 
Gärtnersche Zentrifuge (durch kleinen 


ZEITSCHR. t. 
TUBERKULOSE 


Elektromotor getrieben mit einer Geschwin- 
digkeit von etwa 3000 Umdrehungen 
in der Minute) verwendet. Der ausge- 
schiedene Bodensatz war äußerst gering, 
in der Regel 0,1—0,2 ccm bei ca. 5 ccm 
Sputum. Die Reinigung der Kochtlaschen 
und Gläser erfolet durch Auskochen mit 
roher Natronlauge (40° Be). 

Das wesentlich Neue an der Methode 
besteht in der genannten Erwärmung unter 
Druck. Der Überdruck, den B. in seinen 
Probengläsern beschafft, entspricht bei 
95°C einem Druck von 0,8 Atmosphären, 
und er meint, daß durch diese Erwärmung 
eine Spaltung des Mucins erfolgt, indem 
die hergestellten Lösungen die schleimige 
Beschatlenheit immer eingebüßt haben. 

Autoreferat. 


C. Constantinescu und V. Gomoiu: Tu- 
berkulose desinneren weiblichen 
Genitales. (Spitalul 1908, Nr. 4.) 

Die Tuberkulose der inneren weib- 
lichen Genitalorgane wird relativ selten 
diagnostiziert, obwohl dieselbe anscheinend 
eine ziemlich häufige Erkrankung ist. Eine 
frühzeitige Diagnose ist aber in therapeu- 
tischer Beziehung von Wichtigkeit, da 
auch in vorgeschrittenen Fällen durch 
einen chirurgischen Eingriff gute Resultate 
erzielt werden können, wie der von den 
Verff. angeführte Fall beweist. 

Es handelte sich um eine 25 Jährige, 
früher gesund gewesene Nullipara, die 
aber von seiten beider Eltern mit Tuber- 
kulose hereditär belastet war. Die Krank- 
heit war etwa 6 Wochen vor dem Ein- 
tritte ins Krankenhaus in Erscheinung 
getreten, und zwar mit einer zweiwöchent- 
lichen Verspätung der Menses, die dann 
sehr reichlich und begleitet von starken 
Schmerzen auftraten. Es entwickelte sich 
eine mandarinengroße Geschwulst in der 
rechten Bauchseite, mit hauptsächlicher 
Schmerzhaftigkeit bei Bewegung und Druck; 
auch das Harnlassen war schmerzhaft. 
Unter der eingeleiteten Lokalbehandlung 
gingen die Schmerzen etwas zurück, um 
dann wieder mit erneuter Heftigkeit auf- 
zutreten. Gleichzeitig bestand ein eitriger 
AusfluB aus der Gebärmutter. Die bima- 
nuelle Untersuchung ergab hauptsächlich 
das Vorhandensein einer großen, die ganze 
linke  Beckenseite einnehmenden Ge- 


BD,X111,HEFT 1, 
1908. 


REFERATE. 77 





schwulst, welche auch in die Vagina sich 
bedeutend vorwólbte. Es wurde bei der 
Laparotomie ein Konglomerat von größeren 
und kleineren, die Gebärmutter umgeben- 
den Tumoren, von denen die meisten 
mit eitriger Flüssigkeit gefüllt waren, 
gefunden. Es bestanden zahlreiche Ver- 
wachsungen mit den umgebenden Organen 
und dem Netze und war die Loslösung 
eine sehr mühselige. Von vielen dieser 
Abszesse ergoB sich der Inhalt in die 
Bauchhöhle. Beide Tuben waren ver- 
dickt und eitrig infiltriert Die Ovarien 
konnten nicht aufgefunden werden, da 
dieselben wahrscheinlich in den beschrie- 
benen Tumoren untergegangen waren. 
Nach vorgenommener totalerH ysterektomie 
und Präparierung aller Geschwiilste, wurde 
per vaginam drainicrt und konnte die 
Kranke nach einem Monate geheilt ent- 
lassen werden. E. Toff (Braila). 


Rudolf Koppel: Über traumatische 
Wirbeltuberkulose. Dissertation. 
München 1907. 


Verf. bespricht den Stand der Frage 
der traumatischen Ätiologie der Tuber- 
kulose und teilt einen Fall mit, bei dem 
sich eine tuberkulöse Spondylitis bei einem 
anscheinend Gesunden exquisit nach einem 
Trauma und an der Stelle desselben 
entwickelt hat. Fritz Loeb (München). 


Ferdinand Kaessmann: Über primäre 
Nierentuberkulose. Dissertation. 
München 1907, 25 p. 


In der Zusammenfassung seiner Er- 
gebnisse erklärt der Verf. die primäre 
Nierentuberkulose für eine relativ seltene 
Erkrankung, trotz der gegenteiligen An- 
sicht Israels u. a. Meist tritt das Leiden 


einseitig auf und greift erst später auf ` 


die andere Niere über. Die linke Niere 
scheint etwas disponierter zu sein als 
die rechte. 


Die größte Zahl der Erkrankungen fällt 
in das dritte und vierte Dezennium. Die 
sichere Diagnose ist sehr schwierig, unter 
Umständen unmöglich. Die Krankheit 
kann sich mehrere Jahre hinziehen. Die 
Progr.ose ist äußerst schlecht. Die ein- 
zige Therapie, die in Frage kommt, ist 


Das weibliche Geschlecht : 
wird häufiger befallen als das männliche. | 





bei rechtzeitig erkannicr, einscitiger Nieren- 
tuberkulose die Nephrektomie. 
Fritz Loeb (München). 


M. Imhoff-Paris: Influence des injec- 
tions de Tuberculine sur la Diazo- 
reaction d’Ehrlich chez les tuber- 
culeux. (Acad. de Méd., 31. III. 1908, 
Presse méd., 1. IV. 1908.) 

Tuberkulin ruft keine Diazoreaktion 
des Urins bei Individuen hervor, die vor- 
her dieselbe nicht hatten. Er glaubt, daß 
die Diazoreaktion an die Anwesenheit 

Kochscher Bazillen im Blut gebunden 

ist; dies Fehlen der Diazoreaktion nach 

Tuberkulininjektionen würde also beweisen, 

daß diese keine Mobilisierung der Bazillen 

hervorruft. 
Dr. Rothschild (Soden a. T.). 


Baer: Über Deviationen des Larynx 
und der Trachea, speziell über 
Schrägstand der Stimmritze bei 
Lungentuberkulose. (Dtsch. med. 
Wehschr., 27. Februar 1908, Nr. 9.) 


Der in 27°/, der Fälle beobachtete 
Schrägstand derStimmritze und der Trachea 
findet seine Erklärung in einer von 
schrumpfenden Prozessen ausgehenden 
Zugwirkung. 

Naumann (Meran- Reinerz). 


A. Martin: Zur Genitaltuberkulose. 
(Berl. klin. Wchschr., 20. Januar 1908, 
Nr. 3.) 

Symptomatologie, Diagnose und The- 
rapie werden ausführlich besprochen. 
Intensive Allgemeinbehandlung, örtliches 
Eingreifen unter Schonung nicht erkrankter 
bezw. einer Ausbeilung noch fähiger Organ- 
teile bilden die Basis der Behandlung. 

Naumann (Meran-Reinerz). 


Dr. L. Einis-Ekaterinodar: Zur Kasuistik 
desreflektorischen Einflussesder 
adenoiden Wucherungen. 


Aus einer Arbeit, welche in meiner 
Übersetzung an anderer Stelle erscheint, 
entnehme ich diejenigen Fälle, welche 
auch für den Leser dieses Blattes ein 
gewisses Interesse haben könnten: 

I. ı2 jähriger Knabe von mäßigem 
Körperbau und ebensolchem Ernährungs- 
zustand konsultierte Verf. zum erstenmal 


78 


bald nach einer überstandenen diphthe- 


rischen Angina und klagte über kont: ` 
schmerzen und allgemeine Schwäche. Verf. | 


untersuchte u.a. den Nasenrachenraum 
und stellte nicht besonders stark ent- 
wickelte adenoide Wucherungen, welche 
die Nasenatmung anscheinend wenig be- 
hinderten, fest. Er sprach sich für die 
eventuelle Zweckmäßigkeit einer Operation 
aus. Da aber der entzündliche Prozeß 
im Rachen noch nicht abgelaufen war, 
beschlob er, die Adenotomie erst nach 
einiger Zeit vorzunehmen. Der Patient 
kam nicht zur verabredeten Zeit, sondern 
erst nach 2!/, Jahren, und zwar wegen 
quälenden und trockenen Hustens, der 
seit ca. 15 Monaten bestand und den 
Kranken weder am Tage noch des Nachts 
zur Ruhe kommen ließ. Die ver- 
schiedensten therapeutischen Maßnahmen 
blieben ohne Erfolg. Der Patient ver- 
sicherte, daß der Husten sich im Anschluß 
an eine Erkältung eingestellt habe. Da 
weder in den Brustorganen, noch in der 
Nase, noch im Rachen und im Kehlkopf 
etwas gefunden wurde, worauf man den 
so lange bestehenden Husten hätte zurück- 
führen können, kam Verf. auf den Ge- 
danken, daß die Ursache des Hustens 
vielleicht in einer reflektorischen Wirkung 
von seiten der oben erwähnten Geschwulst 
der Rachenmandel liege, deren Größe, 
nebenbei gesagt, dieselbe geblieben ist 
wie bei der ersten Besichtigung. Die 
Operation wurde ausgeführt. Das Resultat 
war folgendes: Unmittelbar nach der 
Operation verschwand der Husten wie 
durch Zauberschlag. Drei Tage später 
stellte er sich aber wider Erwarten wieder 
cin, jedoch in Form von schwachen, ziem- 
lich seltenen Paroxysmen, deren Zahl und 
Intensität rasch nachließen und einen 
Monat nach der Operation vollständig 
verschwanden. 

2. Volksschullehrerin, 20 Jahre alt, 
mit blasser Haut, schwach entwickelter 
Muskulatur und schwach entwickeltem 
Knochensystem (Hühnerbrust und geringe 
Rückgratverkrümmung nach rechts, Am 
8. August konsultierte die Patientin Verf. 
zum erstenmal wegen Schwerhörigkeit 
und Ohrensausen, als deren Ursache An- 
häufung von Ohrenschmalz erkannt wurde. 
Verf. fand bei der Patientin adenoide 


REFERATE. 





| Vegetationen von mittlerem Grade. 


ZEITSCHR. f. 
TUBERKULOSE 





Im 
November des folgenden Jahres kam die 
Patientin wicder in die Sprechstunde. 
Sie klagte über quälenden, fast ununter- 
brochenen trockenen Husten, der nur 
während des Schlafes nachließ. Der 
Husten soll seit 1 Jahre bestehen und 
von einer Influenza zurückgeblieben sein. 
Von den Angaben der Patientin konnte 
sich Verf. an Ort und Stelle überzeugen. 
Die Hustenanfälle waren so häufig, daß 
sie im wirklichen Sinne des Wortes der 
Patientin beim Sprechen hinderlich waren. 
Sie mußte des Hustens wegen ihre Stellung 
als Lehrerin, ihre einzige Existenzquelle, 
aufgeben. Da Nase, Rachen und Kehl- 
kopf keine Abweichung von der Norm 
aufwiesen, nahm Verf. an, daß die hyper- 
plasierte Rachenmandel die Ursache des 
Zustandes war. Am 27. Nov. 1906 wurde 
die Patientin operiert, worauf der Husten 
schwächer wurde und nach 10 Tagen 
vollständig verschwand. 

3. Schüler, 12 Jahre alt, mager, 
blutarm, mit schwach entwickeltem Brust- 
korb. Sein Vater starb im Alter von 40, 
die Schwester im Alter von 20 Jahren an 
Lungenschwindsucht. Die Atmung ist 
nasal, aber doch abnorm. Die Abnormität 
besteht darin, daß auf jede regelmäßige 
Inspiration eine sakkordierte Exspiration 
folgt, welche von einem geringen Geräusch 
begleitet wird. Die retrograde Rhino- 
skopie ergab Hyperplasie der Rachen- 
mandel, welche bis zum oberen Rande 
der Choanen reichte. Da andere Ur- 
sachen für den bestehenden Krankheits- 
prozeB nicht ausfindig gemacht werden 
konnten, erblickte Verf. auch in diesem 
Falle die Ursache des Leidens in den 
adenoiden Wucherungen. Nach der am 
22. November vorgenommenen Operation 
wurde die Respiration vollständig normal, 
und nach einem Jahre teilte der Patient 
mit, daß die nach der Operation ein- 
getretenen normalen Respirationsverhält- 
nisse dauernd normal geblieben sind. 

4. Lehrerin, 20 Jahre alt, von hoher 
Statur und sehr schwachem Körperbau. 
Seit ca. 2 Jahren leidet sie an ununter- 
brochenem, trockenem Husten, der jeder 
Behandlung trotzt. Die Patientin ver- 
sichert, dali sie sich die Erkrankung durch 
Erkältung zugezogen habe, und zwar da- 


BD.XIILHEFT 1. 
108. 


REFERATE. 


79 





durch, daB sie sich vorgenommen habe, 
eine Kneippsche Abhärtungskur durch- 
durchzumachen. Der Arzt, der die Pa- 
tientin in der letzten Zeit behandelt hat, 
faBte die Sache sehr ernst auf, und riet 
hr, sich in eine Lungenheilanstalt auf- 
nehmen zu lassen. Es stellte sich aber 
heraus, daB die wirkliche Ursache der 
Krankheit wiederum die in Rede stehen- 
den Adenoiden waren. Am 15. März 1907 
wurden diese entfernt. Unmittelbar nach 
der Operation verschwand der Husten 
und kam seitdem nicht wieder. 

- M. Lubowski (Wilmersdorf-Berlin). 


Calmette, Massol et Breton: Sur les 
propriétés lécithinophiles du ba- 
cille de la tuberculose et de la 
tuberculine. (La Lemaine méd., 


8. IV. 1908.) 


Das Serum tuberkulóser, nicht kachek- 
tischer Menschen oder Tiere enthält eine 
bedeutsame Menge Lecithin, während das 
Serum Gesunder frei ist. Die Affinität 
der Kochschen Bazillen sowie des Tuber- 
kulins für das Lecithin spielt möglicher- 
weise eine Rolle bei der allgemcinen 
Fieberreaktion, sowie bei den lokalen 
Reaktionen der Haut und der Schleim- 
häute. Denn man kann feststellen, daß 
eine Lösung von Tuberkulin, welche kalt 
präzipitiert einige Stunden mit lecithin- 
reichem Pferde- oder Hundeserum in 
Berührung war und eine Stunde auf 
58°C erhitzt wurde, seine Fähigkeit ver- 
liert die Ophthalmoreaktion hervorzurufen, 
während es seine Toxizität bewahrt. Mög- 
licherweise beruht auf der Affinität des 
Tuberkulins für das Lecithin die Leb- 
haftigkeit meningealer Infektionen sowie 
die Toxizität des Tuberkulins bei be- 
stimmten Tieren, sofern man es direkt 
ins Gehirn bringt, während es für die- 
selben Tiere — unter die Haut gespritzt — 
ungefährlich ist. 

Dr. Rothschild (Soden a. T.). 


Stoerk: Bemerkungen zur Präzipi- 
tation bei Tuberkulose. (Wien. 
klin. Wchschr., 12. März 1908, Nr. 11.) 


Bei Fortsetzung der Untersuchungen 
über die Präzipitation tuberkulöser Sera 
ergab sich, daB einige Sera auch ohne 
Antigenzusatz nur durch die Beifügung 


E, ee =, 


' 0,5 °/,iger karbolisierter NaCl-Lösung Aus- 


flockung zeigten. Bei nichttuberkulösen 
Seras wurde diese Erscheinung niemals 
beobachtet. 

Naumann (Meran-Reinerz). 


Wildbolz: Die kutane und konjunkti- 
vale Tuberkulinreaktionam Tiere. 
(Berl. klin. Wchschr., 16. März 1908, 
Nr. 11.) 


Das zur Tuberkuloseinfektion weniger 
disponierte Kaninchen ist zum Studium 
der Tuberkulinprobe besser geeignet, als 
das nur zu empfängliche Meerschweinchen. 
Die Augenreaktion verlief stets viel füch- 
tiger, während die kutane Reaktion 4 bis 
5 Tage anhielt. 

Naumann (Meran- Reinerz). 


Entz: Über das Verhalten der 
menschlichen Haut gegen ver- 
schiedene bakterielle Giftstoffe. 
(Wien. klin. Wehschr., 19. März 1908, 
Nr. 12.) 

Vielleicht ist die durch Tuberkulin 
erzeugte Kutanreaktion bei Menschen, 
ausgenommen vielleicht Neugeborene, 
nichts anderes, als der Ausdruck eines 
rein örtlichen Reaktionsprozesses der Haut 
gegen das eingebrachte Gift, dem spezi- 
fische Eigenschaft im Sinne v. Pirquets 
nicht ‚zukommt. Für diese Annahme 
spricht die Tatsache, daB auch auf andere, 
beliebig gewählte Toxine in ca. 50 °/, der 
Fälle eine Reaktion erzielt wird. 

Naumann (Meran-Reinerz). 


Much: Die nach Zichl nicht darstell- 
baren Formen des Tuberkel- 
bazillus. (Berl. klin. Wchschr., 6. April 
1908, Nr. 14.) 

Es gibt 2 Formen des Tuberkulose- 
virus, die nach Ziehl nicht färbbar sind, 
erstens eine Stäbchenform, die teilweise 
granuliert ist und zweitens eine Körnchen- 
form; hier liegen die Korner unregel- 
mäßig in Haufen oder einzeln. Zwischen 
beiden Formen gibt es Übergänge. Zur 
Färbung benutzte der Verf. teils die alten, 
teils modifizierte Grammethoden. 

Naumann (Meran-Reinerz). 


v. Pirquet: Über das Verhalten der 
Haut gegen bakterielle Giftstoffe. 


So REFERATE. 





(Wien. klin. Wchschr., 23. April 1908, 
Nr. 17.) 

Verf. polemisiert gegen die von Entz 
in Nr. 12 der Wien. klin. Wchschr. ge- 
machten Ausführungen, welche die Spe- 
zifizitit der v. Pirquetschen Reaktion 
anzweifeln. Seine Ausführungen gipfeln 
darin, daß er sagt, kutane Reaktionen 
auf verschiedene bakterielle Gifte ohne 
vorherige Infektion mit demselben Mikro- 
organismus gestatten nicht den Schluß, 
daß die Tuberkulinrcaktion auch beim 
Gesunden eintreten könne. 

Naumann (Meran-Reinerz). 


Stoerk: Bemerkungen zur Präzipi- 
tationbei Tuberkulose. Vorläufige 
Mitteilung. (Wien. klin. Wchschr., 
27. Febr. 1908, Nr. 9.) 

Ätherextrakte von Filtraten der in 
physiologischer Kochsalzlösung aufge- 
schwemmten Tuberkelbazillen zeigten nach 

Abdampfen des Äthers einen Rückstand, 

der in 1/,°/,ig karbolisierter plıysiolo- 

gischer Kochsalzlösung aufgenommen mit 
dem Serum Tuberkulöser einen flockigen 

Niederschlag ergab. Das Serum Gesunder 

blieb bei Ausführung der Probe klar. 

Naumann (Meran-Reinerz). 


Oberwarth und E. Rabinowitsch: Über 
die Resorptionsinfektion mit Tu- 
berkelbazillen vom Magendarm- 
kanal aus. (Berl. klin. Wechschr., 
10. Februar 1908, Nr. 6.) 

Bei jungen Schweinen vermögen in 
den Magen eingeführte Tuberkelbazillen 
bereits nach 24 Stunden in Blut und 
Lunge einzudringen. Es ist auch der 
Nachweis erbracht, daß Tuberkelbazillen 
in den Geweben geraume Zeit latent 
bleiben können; konnten doch in den 
befallenen Organen nach 3 Wochen weder 
makroskopisch noch bei histologischer 
Untersuchung sichtbare Veränderungen 
gefunden werden, während der Tierver- 
such positiv ausfiel. 

Naumann (Meran-Reinerz). 


: der Klinik 





ZEITSCHR. f. 
_ TUBERKULOSE 


Ill. Diagnose und Prognose. 


A. J. Blum: ZurFrage der Bedeutung 
der Augen-Tuberkulinreaktion. 
{Wratsch. Gaz. 1907, No. 44.) 

Verf. hat seine Versuche mit Tuber- 
kulintest an 10 Soldaten angestellt. Bei 
6 wurde eine negative, bei 4 eine posi- 
tive Reaktion festgestellt. Von diesen 
letzteren waren 3 jedoch vollstindig frei 
von Tuberkulose, während der vierte nur 
eine tuberkulöse Aftektion des Hodens 
hatte. Wohl aber hatten alle diese Patienten 
eine Erkrankung der Augenlider (3 Folli- 
kulose und einer Trachom). Es entsteht 
somit nicht nur bei Tuberkulose, sondern 
auch bei Erkrankung der Lider eine 
positive Reaktion bei der Tuberkulin- 
einträufelung, und dieser Umstand setzt 
den Wert der Reaktion für die Fest- 
stellung von latenter Tuberkulose herab. 

M. Lubowski (Wilmersdorf-Berlin). 


Cassoute - Marseille: Ophthalmoréac- 
tion chez les enfants ct en parti- 
culier chez les nourrissons. (Arch. 
de mcd. des enfants, Avril 1908.) 


Der Verf. hat eine Reihe von Unter- 
suchungen vorgenommen, um mittels der 
Okuloreaktion ausfindig zu machen, ob 
die Neugeborenen latente Tuberkulose 
mit auf die Welt bringen und ist 
zum Resultate gelangt, daß, mit sehr 
seltenen Ausnahmen, eine Tuberkulose 
nach der Geburt nicht ausfindig gemacht 
werden kann. Unter den 80 mit In- 
stillationen von Tuberkulintest 1 : 100 bis 
200 untersuchten Kindern, zeigte nur ein 
einziges positive Reaktion, während bei 
6 das Resultat ein unbestimmtes und bei 
den übrigen 73 sicher negativ war. 
Weitere Untersuchungen haben gezeigt, 
daB man mitunter bei ganz sicher tuber- 
kulösen Rindern eine negative Ophthal- 
moreaktion erhält und wieder in anderen, 
wo keine Tuberkulose nachweisbar ist, 
eine positive Reaktion beobachtet. Die 
Methode ist also nicht derart, daß man 
auf dieselbe mit mathematischer Sicher- 
heit bauen könnte, doch gibt dieselbe in 
sehr wertvolle Fingerzcige. 
Fällt dieselbe nach mehrmals hinterein- 


_ ander wiederholten Untersuchungen ne- 


BD.XIII,HEFT 1. 
1908. 


gativ aus, so kann mit einer gewissen 


Sicherheit Tuberkulose ausgeschlossen 
werden. In jenen Fällen, wo die Reak- 


tion positiv ausfällt, muß erst eine spätere, 
event. auch jahrelange Beobachtung dar- 
über Aufschlu8 geben, inwieweit man 
auf dieselbe bauen kann. 

E. Toff (Braila). 


N. A. Filippow: Zur Frage der neuen 
Methode der Diagnostizierung 
von Tuberkulose (Calmettesche 
Augenreaktion). (Wratsch. Gaz. 1908, 
No. 9.) 

Verf. hat seine eigenen Beobachtungen 
an 27 Patienten des Militärhospitals zu 
Riga angestellt. Die Patienten lassen sich 
in folgende 4 Gruppen einteilen: 1. zwei- 
fellos tuberkulöse Individuen (5 mit Lungen- 
schwindsucht, 1 mit tuberkulóser Perito- 
nitis, 1 mit Hodentuberkulose, 1 mit 
tuberkulöser Bursitis, 1 mit seröser Pleuritis 
und Spitzenprozeß); 2. Personen, welche 
durch die klinischen Erscheinungen, welche 
sie darboten, den Verdacht auf Tuber- 
kulose rechtfertigten; 3. Personen, welche 
mit anderen nicht tuberkulösen Erkran- 
kungen behaftet waren und 4. gesunde 
Personen mit normaler und kranker Kon- 
junktiva. Bei sämtlichen Personen der 
ersten beiden Gruppen, ı2 an der Zahl, 
wurde die typische Calmettesche Reak- 
tion konstatiert mit Ausnahme zweier 
morbunden Patienten, bei denen die 
Reaktion ausblieb. Der Fall von tuber- 
kulöser Peritonitis ist noch in der Be- 
ziehung von Interesse, als er überhaupt 
der zweite Fall von tuberkulöser Perito- 
nitis in der gesamten Literatur ist, indem 
ein positives Resultat der Augenreaktion 
durch Operation und durch Sektion post 
mortem bestätigt wurde. In den übrigen 
Fällen (bei nicht tuberkulösen Personen) 
blieb die Reaktion mit Ausnahme einiger 
Personen, welche an follikulärer Kon- 
junktivitis und Trachom in verschiedenen 
Entwickelungsstadien gelitten haben, wo 
in 5 von 8 Fällen die sogenannte Cal- 
mettesche Pseudoreaktion eintrat, aus. 
Die Schlüsse des Autors sind folgende: 

I. Wir besitzen in der Augenreaktion 
ein einfaches, bequemes und unschäd- 
liches Mittel zur Diagnostizierung von 
Tuberkulose. 2. Das Verfahren besitzt 


Zeitschr. f. Tuberkulose. XIII. 


REFERATE. 





LU AA a a 


00 


augenscheinlich cinen hohen diagnostischen 
Wert, weil bei sämtlichen Personen, 
welche mit Tuberkulose behaftet bezw. auf 
Tuberkulose verdächtig waren, die Reaktion 
eintrat. 3. Sie gibt bei gesunden Personen 
mit normaler Konjunktiva ein negatives 
Resultat. 4. Bei Personen mit kranker 
Konjunktiva fällt die Reaktion in einigen 
Fällen gleichfalls positiv aus, und infolge- 
dessen kann die Reaktion bei solchen 
Personen als Hilfsmittel zur Diagnostizie- 
rung von Tuberkulose nicht verwendet 
werden, bis man nicht die Diflerenz 
zwischen dieser Pseudoreaktion und der 
wahren Reaktion festgestellt hat. 
M. Lubowski (Wilmersdorf-Berlin). 


J. Lignières: Sur un nouveau mode 
de produire chez l’homme tuber- 
culeux la réaction de la peau à 
l’aide de la tuberculine. (Ctrlbl. 
f. Bakt. etc., I. Abt. Orig, Bd. 46, 
Heft 4, pag. 373—377-) 

L. beschreibt im Gegensatz zu der 
Kutisreaktion Pirquets eine Dermo- 
reaktion. An der Innenfläche des Ober- 
armes wird die Haut mit Seife gereinigt und 
mit einem mechanischen Rasiermesser 
rasiert (um bei unruhigen Kindern jede Ver- 
letzung zu vermeiden). Auf die getrocknete 
Haut werden 5— 6 Tropfen unverdünnten 
Tuberkulins 1—2 Minuten lang verrieben 
(mit einem Kautschuckfinger oder Watte- 
tampon). Dann läßt man trocknen. 

Bei Nichttuberkulüsen bleibt die 
Haut völlig normal, während bei Tuber- 
kulósen nach 24 — 48 Stunden eine spe- 
zifische Reaktion auftritt. Es entwickeln 
sich mehr oder weniger zahlreiche Papeln 
von rosa-gelber oder rosa-grauer Farbe, 
ev. sogar rot und selbst veilchenblau. An 
der Basis der Papeln entsteht ein Hof 
von gleicher Färbung. Zuweilen sind die 
Papeln so zahlreich, daß sie zusammen- 
fließen. Diese Papeln können ohne Spuren 
zu hinterlassen nach 4—5 Tagen ver- 
schwinden. Es können sich auch Bläschen, 
schließlich auch Eiterpusteln mit Krusten 
entwickeln. Beim Menschen kommt es 
selten zur Bildung von Eiterpusteln, oft 
dagegen beim Rind. Die kleinen Bläs- 
chen verschwinden nach mindestens 
8 Tagen, wochenlang bleibt noch eine 
rote oder bräunliche Verfärbung der Haut 

6 


82 


REFERATE. 


ZEITSCHR. f. 
_ _ TUBERKULOSE 





zurück. Während der Eruption empfindet 
das Individuum ein Gefühl von leichtem 
Jucken. Fieber tritt nie auf, noch andere 
Allgemeinerscheinungen. 

L. unterscheidet 3 Grade der Kutis- 
reaktion: 

I. Grad: es entwickeln sich höchstens 
10 isolierte Papeln. 

2. Grad: es entwickeln sich mehr 
als 10 Papeln, von denen einige kon- 
fluieren. 

3. Grad: die Papeln fließen zu einer 
Platte zusammen. 

Es wird von Wichtigkeit sein, zu 
studieren, ob diese 3 Grade in progno- 
stischer Hinsicht eine Bedeutung haben. 
Besonders bei jungen Kindern beobachtet 
man, daß die Kutisreaktion anfangs dem 
I. Grade angehört, um nach mehreren 
Tagen zum 2. oder selbst 3. Grade sich 
zu entwickeln. Zuweilen bemerkt man 
hintereinander 2 oder 3 Eruptionen, so 
daß man gleichzeitig nebeneinander die 
verschiedenen Stadien beobachten kann. 
Die schubweisen FEruptionen dauern 
länger als die, welche mit einem Male 
entstehen. 

Kachektische Tuberkulöse reagieren 
viel seltener als nicht Kachektische, 
immerhin scheint die Dermoreaktion hier- 
bei der Kutisreaktion überlegen zu sein. 
Wenn man bei Kachektischen die Reak- 
tion öfters wiederholt, so kann man zu- 
weilen noch ein präzises Resultat be- 
kommen. 

Die Vorzüge der Dermoreaktion sind: 

Sie ist leicht und ohne Schmerzen 
anzustellen. Bei ihr kommt keinelnfektion 
vor. Sie ist wohl charakterisiert, wenn 
sie positiv ausfällt. Ist sie positiv, so ist 
das Individuum sicher tuberkulös; ist 
sie negativ, so ist es wahrscheinlich nicht 
tuberkulós. Zur Kontrolle soll man dann 
die Ophthalmorcaktion vornehmen, welche 
die empfindlichste Reaktion ist. Besonders 
wichtig ist die Dermoreaktion bei Kindern. 

E. Aron (Berlin). 


Lautier: Nouveau procédé de cuti- 
reaction a la tuberculine chez 
l'homme. (Journ. de méd. de Bor- 
deaux 12.1. 08; Bull. méd. 22. 6. et 
Soc. de Biol. 18. 1.08; Bull. med. 


22. 0.) 





Fine neue Abart der Hautreaktion. 
Lautier bringt auf die — unverletzte — 
Haut an der Außenseite des Armes einen 
kleinen Wattebausch, der mit 2 oder 
3 Tropfen 1°/,igen Tuberkulins (Lille, 
Paris) getránkt ist. Darüber kommt ein 
Stúck Guttapercha und eine Binde. Nach 
24, besser 48 Stunden zeigt sich bei der 
Abnahme des Verbandes bei Tuberkulósen 
eine Hautreaktion, die polymorph ist und 
in den bisherigen Beobachtungen 2 Tage 
bis 3 Wochen bestehen blieb. (Vergl. 
das Verfahren von Lignicres und Ber- 
ger, Bandler und Kreibich und die 
Salbenreaktion nach Moro. Ref.) 

H. Grau (M.-Gladb.-Holt). 


Henri Leroux et Trannoy: De la matité 
claviculaire, signe précoce de 
linduration du sommet. (Bull. med. 
22. 10.) 

Der Schallverkürzung bei Perkussion 
der Klavikula, die ja als Symptom einer 
Spitzendämpfung bekannt, aber im all- 
gemeinen wenig beachtet wird, haben die 
Autoren die vorliegende Arbeit gewidmet. 
Ihnen gab die Perkussion der Klavikula 
immer deutlichere und schärfere Resul- 
tate, als die der Nachbarbezirke. Die 
Schallverkürzung auf der Klavikula fehlte 
nie, wenn auch die anderen Spitzen- 
symptome vorhanden waren. Meist ging 
sie — das ist der wichtigste Punkt, — 
allen anderen palpatorischen, perkuto- 
rischen Zeichen voraus. Empfohlen wird 
die Perkussion mit einem Finger. 

Auskultiert man, während man in 
der beschriebenen Weise die Klavikula 
perkutiert, an der entsprechenden Stelle 
hinten, so ist der eigentümlich hohe, 
etwas verstärkte und dem Ohre nahe 
Klang ein Zeichen für Spitzeninduration. 

H. Grau (M.-Gladb.-Holt). 


Fernand Besancon et André Philibert: 
Recherche du bacille de Koch 
dansles urines parlexamen direct. 
(Bull. med. 22. 19.) 


Die Differentialdiagnose der Tuberkel- 
bazillen im Urin besonders gegenüber 
Smegnabazillen erfordert starke Entfär- 
bung des nach Ziehl unter Erhitzen 
gefärbten Präparates: Salpetersäure I:2, 


BD.XIT,HEFT 1. 
1908, 


REFERATE. 


83 





2 Minuten, absoluter Alkohol 5 Minuten; 
ferner den Tierversuch. 

Unter 20 Fiillen von Tuberkulose 
verschiedener Art fanden B. und Ph. 
niemals Tuberkelbazillen im Urin. Nach 
den bisher vorliegenden Arbeiten glauben 
sie annehmen zu dürfen: direkt im Urin 
mikroskopisch nachweisbare Tuberkel- 
bazillen sind ein fast sicheres Symptom 
der Urogenitaltuberkulose. Nur durch den 
Impfversuch nachweisbare  (spärliche) 
brauchen nicht notwendig von einer sol- 
chen herzurühren, sondern können auch 
auf Passage vereinzelter Bazillen durch 
die intakten Nieren beruhen. Der direkte 
mikroskopische Nachweis der Tuberkel- 
bazillen im Urin ist also bei einwand- 
freier Technik von großem Wert. 

H. Grau (M.-Gladb.-Holt). 


F. M. Autokratow: Zur Frage der 
diagnostischen Bedeutung des 
Tuberkulin- Test. (Wratsch. Gaz. 
1908, No. 7—9.) 

Patienten mit beginnender Lungen- 
tuberkulose behandelt man häufig und 
sehr lange wegen Erkältung, Neurasthenie, 
Magenkatarrh, Anämie etc., und in dieser 
falschen Diagnostizierung liegt das tragische 
Element des Kampfes gegen die Tuber- 
kulose. Indem man an Erkältungskrank- 
heiten denkt, läßt man die Patienten zu 
Hause sitzen, sich vor Erkältung schützen, 
d. h. man entzieht ihnen die Heilwirkung 
des Lichtes und der Luft. Zur Beseitigung 
vermeintlicher Magenaflektionen verordnet 
man nicht selten strenge Diät, wodurch 
der Ernährungszustand noch mehr unter- 
graben wird. Außerdem wird der Magen 
mit verschiedenen medikamentösen Giften 
überladen, während er in Wirklichkeit nur 
eine möglichst reichliche Zufuhr von 
Nahrungsstoffen erheischt. Wenn man 
also bei manifester Tuberkulose am häufig- 
sten nur als unberufener Zeuge des grau- 
samen Spieles des Bazillus mit dem be- 
siegten Organismus ist, so ist man bei 
latenten Tuberkuloseformen häufig unbe- 
wußt Mittäter diescs Bazillus. Aus dieser 
verzweifelten Lage kann nach Überzeugung 
des Autors, namentlich der Landärzte, nur 
das Tuberkulin retten. Infolgedessen hat 
Verf. beschlossen, in sein Ambulatorium 
folgende Kategorien von Kranken der 


ET a 





Tuberkulinprobe zu unterwerfen: a) Per- 
sonen, welche Spuren von überstandener 
Skrofulose (Narben am Halse, Drüsen- 
schwellung, geringe Trübungen der Horn- 
haut ohne Trachom etc.) aufweisen, b) 
Personen, welche mit tuberkulösen Kranken 
in infizierten Häusern wohnen, namentlich 
Rekonvaleszenten nach Partus, Keuch- 
husten, Influenza, Masern, Typhus, Trunk- 
sucht, welche Krankheiten bekanntlich die 
Schutzvorrichtungen des Organismus gegen 
den T.-bazillus vernichten; c) Individuen, 
welche auf Erkältung mit Husten, Nasen- 
Rachenkatarrh reagieren, weil Erkran- 
kungen, wie die eben erwähnten, die 
Widerstandsfähigkeit des Organismus gegen 
den Bazillus schwächen; d) anämische 
Personen. Bei Tuberkulose besteht schon 
im frühen Stadium cin gewisser Grad von 


Anämie. Die Kranken ermüden rasch, 
fühlen sich schwach und unbehaglich, 


verrichten mit Mühe körperliche und 
geistige Arbeit; e) Personen, welche an 
starker Reizbarkeit des Magens mit Er- 
brechen oder akuter Dyspepsie mit Auf- 
stoßen leiden, namentlich, wenn diese 
Affektionen mit Körpergewichtsverlust, 
mag dieser noch so gering sein, einher- 
gehen. Solcher gastrischer Beginn der 
Tuberkulose wird nach Prof. Osler schr 
häufig beobachtet; f) Personen, welche 
auf eine geringe Beimischung von Blut 
im Sputum hinweisen, welche sie ge- 
wöhnlich als Nasen- oder Rachenblutung 
bezeichnen; g) Personen, welche über 
Erregbarkeit des Herzens und der Gefiibe 
klagen. Etwas beschleunigter Puls, der 
bei der geringsten Anstrengung noch 
frequenter wird, Neigung zum Rotwerden 
und Erblassen, morgentliche Schweiße sind 
nach Gumprecht frühe Symptome der 
Tuberkulose; h) Neurastheniker in sämt- 
lichen Fällen, in denen für die Neu- 
rasthenie keine bestimmten Ursachen, wie 
Nephritis, Diabetes, Syphilis, Neubildungen, 
Arteriosklerose vorhanden sind, muß man 
nach Weinberg auf tuberkulöse Allektion 
untersuchen. 

Verf. glaubt, daB man durch beharr- 
liche Befolgung dieser Regel erstens recht- 
zeitig den Tuberkulosebazillus in allen 
seinen Schlupfwinkeln entdecken kann; 
zweitens würde man nach Verf. mehr 
oder minder genau die Kräfte des Tu- 

6* 


84 





berkelbazillus berechnen künnen, was man 
bis jetzt zu tun nicht in der Lage war. 
Die erste Bedingung eines jeden Kampfes, 
folglich auch des Kampfes gegen epi- 
demische Krankheiten ist aber, die Kriifte 
des Feindes zu kennen. 

M. Lubowski (Wilmersdorf-Berlin). 


Göbel-Cöln: Erfahrungen mit der 
v. Pirquetschen kutanen Tuber- 
kulinreaktion. (Münch. med. Wchschr. 
1908, Nr 4.) 

Verfasser impfte 170Erwachsene und 
und 50 Kinder wahllos. Von ihnen 
zeigten 127 ein unzweifelhaft positives 
Resultat, 93 versagten. Von 17 an 
Knochen- und Drüsentuberkulose leiden- 
den Kindern reagierten alle mit einer 
Ausnahme positiv. Unter 54 an Gelenk-, 
Knochen- und Drüsentuberkulose leiden- 
den Erwachsenen zeigten 53 einen durch- 
aus positiven Ausfall der Probe. Von 
31 tuberkuloseverdächtigen Erwachsenen 
zeigten 23, von 5 Kindern 3 einen posi- 
tiven Ausfall der Reaktion. Von klinisch 
tuberkulosefreien Erwachsenen zeigen 
keineswegs alle ein positives Resultat. 
Verf. sieht erwachsene Individuen, die 
auf eine eventuell zu wiederholende, 
technisch einwandfreie Impfung nicht 
reagieren, als mit aller Wahrscheinlichkeit 
tuberkulosefrei an. Ob die Kochsche 
subkutane Tuberkulininjektion eine größere 
Zuverlässigkeit als die Ophthalmoreaktion 
beanspruchen kann, steht noch dahin. 
Auch die Injektionsmethode ist keines- 
wegs ein Reagens von unfehlbarer Sicher- 
heit. Die Methoden v. Pirquets wie 
Wolff-Eisners sind wertvolle Hilfsmittel. 
Im Kindesalter (t—12 Jahren) ist der 
positive Ausfall der Reaktion nahezu 
beweisend. F. Köhler (Holsterhausen). 


P. 8. Medowikow: Uber die Pirquet- 
sche Reaktion. (Wratsch. Gaz. 1908, 
No. 12.) 


Verf. hat die Pirquetsche Reaktion 
bei 225 Kindern angewendet und in 
212 Fällen sich von dem hohen Wert 
derselben überzeugt. An 13 Kindern 
wurde die Impfung wiederholt ausgeführt, 
wobei in allen diesen Fällen das Resultat 
sofurt dasselbe war, wie bei der ersten 
Impfung, was für die Spezifizität der 


REFERATE. 


| 


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| 


ZEITSCHR. f. 
B TUBERKULOSE 


Reaktion spricht. Von den 212 Patienten 
reagierten auf Tuberkulin 101 bzw.47,6°/,. 
Auf Grund seiner Beobachtungen glaubt 
Verf., daß die Reaktion auch in pro- 
gnostischer Beziehung von Wert sei, da 
etwaige außerordentliche Entwicklung der 
Injektionspapel dafür spricht, daB der 
Organismus energisch gegen tuberkulóse 
Infektion noch anzukimpfen vermag. 
27 Kinder starben, und die Sektion ergab 
bei sämtlichen, die auf die Tuberkulin- 
injektion positiv reagiert hatten, Tuber- 
kulose, wobei in 6 Fällen das Vorhandensein 
von Tuberkulose einzig und allein durch 
die Reaktion erwiesen wurde, während 
klinische Anhaltspunkte überhaupt nicht 
vorhanden waren. Alles in allem stellt 
Verf. folgende Schlüsse auf: 

1. Die Pirquetsche Untersuchungs- 
methode ist zweifellos ein wertvoller Behelf 
zur Feststellung der Tuberkulose nicht 
nur bei Kindern in den ersten Lebens- 
jahren, sondern auch in höherem Alter. 

2. Die positive Reaktion ist für die 
Diagnose der Tuberkulose ein entschei- 
dendes Moment, während negative Reaktion 
noch nicht berechtigt, Tuberkulose aus- 
zuschließen. 

3. Starke Entwickelung der Injektions- 
papel kann bis zu einem gewissen Grade 
als prognostisches Merkmal gelten, indem 
sie von einer bedeutenden Widerstands- 
fähigkeit des Organismus gegenüber der 
Tuberkuloseinfektion zeugt. Schwache oder 
mangelhafte Entwickelung der Papel 
sprechen für Herabsetzung der Wider- 
standsfähigkeit des Organismus und sind 
als ungünstige prognostische Zeichen auf- 
zufassen. 

M. Lubowski (Wilmersdorf-Berlin). 


Collin - Berlin: Über Nachteile und 
Gefahren der konjunktivalen 
Tuberkulinreaktion. (Med. Klinik 
1908, Nr. 5.) 

Die verschiedene Empfindlichkeit des 
Auges bewirkt bei den einzelnen mit 
Tuberkulininstillation Geprüften eine Un- 
genauigkeit der Dosierung und gleichzeitig 
eine Unzuverlässigkeit der Resultate. Das 
positive Ergebnis ist nicht unbedingt aus- 
schlaggebend für die Tuberkulosediagnose 
und beweist vor allem nur event. eine 
tuberkulüse Infektion des Organismus, 


BD.XII,HEFT 1. 
1908. 





nicht etwa eine aktiv-tuberkulöse Er- 
krankung. Jede artefizielle Reizung des 
Auges verdunkelt das Ergebnis der In- 
stillation, so daß das Verfahren für Heer 
und Marine von vornherein nicht in Be- 
tracht kommt. Das neue Aufflackern der 
konjunktivalen Reaktion bei nachfolgender 
Tuberkulineinspritzung verhindert eine der 
Instillation nachfolgende Tuberkulinkur, 
da eine chronische Konjunktivitis nicht 
unterhalten werden darf. Schwere Augen- 
erkrankungen sind bei der Methode nicht 
auszuschließen. 
F. Köhler (Holsterhausen). 


Moro: Über eine diagnostische ver- 
wertbare Reaktion der Haut auf 
Einreibung mit Tuberkulinsalbe. 
(Münch. med. Wchschr. 1908, Nr. 5.) 


Verf. beobachtete nach Einreiben 
einer 50°/, igen Tuberkulinsalbe auf die 
Haut das Auftreten von knötchenförmigen, 
papulüsen Effloreszenzen am Orte der 
Einreibung. Die Reaktion ist spezifisch 
und harmlos. 

F. Köhler (Holsterhausen). 


Junker-Görbersdorf: Untersuchungen 


über die v. Pirquetsche Tuber- | 
 Bayard-Aarau: Die Ophthalmoreak- 


kulinreaktion bei Erwachsenen. 
(Münch. med. Wchschr. 1908, Nr. 5.) 


Bei Verwendung von 5—10°/, Tu- 
berkulinkisung hält Verf. auch für Er- 
wachsene die Kutanreaktion der Oph- 
thalmoreaktion wie der Subkutanreaktion 
nach Koch für ebenbürtig. 

F. Köhler (Holsterhausen). 


Reuschel: Vergleichende Bewertung 
der Tuberkulinreaktion im Kin- 
desalter. (Münch. med. Wchschr. 1908, 
Nr. 7/8.) 

Verf. unterwirft das Kochsche Fie- 
ber, die Stichreaktion nach Escherich 
und die kutane Reaktion nach v. Pirquet 
einer eingehenden Betrachtung. Die v.Pir- 
quetsche Reaktion wird als besonders 
zuverlässig betrachtet. 

F. Köhler (Holsterhausen). 


F. Mendel-Essen: Die v. Pirquetsche 
Hautreaktion und dieintravenöse 
Tuberkulinreaktion. (Med. Klinik 
1908, Nr. 12) 


REFERATE. 85 








Verf. berichtet über eine Modifikation 
des v. Pirquetschen Verfahrens, bestehend 
in der Intrakutanmethode. Für die Tu- 
berkulinbehandlung empfiehlt er das intra- 
venöse Verfahren, da dadurch klarere 
Dosierungen und Vermeidung von Kumu- 
lationserscheinungen infolge Resorptions- 
verzögerung erreicht würden. 

F. Köhler (Holsterhausen). 


Heinemann: Vergleichende Unter- 
suchungen mit der Konjunktival- 
reaktion nach Wolff-Eisner und 
der Salbenreaktion nach Moro. 
(Münch. med. Wchschr. 1908, Nr. 11.) 


Verf. warnt vor Überschätzung der 
prognostischen Bedeutung der Konjunk- 
tivalreaktion. Die Morosche Probe bean- 
sprucht die gleiche Wichtigkeit für die 
Tuberkulosediagnostik wie die Wolff- 
Eisnersche Reaktion. Nach der Kon- 
junktivalprobe sah Verf. Konjunktivitis 
auftreten, die oft 14 Tage hindurch die 
Patienten beliistigte. Die Salbenreaktion 
ist stets harmlos, so daß in ihr ein be- 
merkenswerter praktischer Vorteil vor der 
Konjunktivalreaktion liegt. 

F. Köhler (Holsterhausen). 


tion nach Calmette. (Ztschr. f. ärztl. 
Fortbldg. 1908, Nr. 7.) 

Ausführliche Abhandlung über die 
diagnostischen Methoden zur Erkennung 
der Lungentuberkulose. Versuche mit 
1°/, Tuberkulinlösung bei 94 Kindern im 
Alter von 3 Monaten bis 15 Jahren. 
Auftreten der Reaktion frühestens 5, 
spätestens 24 Stunden nach der Einträuf- 
lung. Zeitweise längeres Anhalten der 
Reaktion. Komplikationen seitens des 
Auges wurden nicht beobachtet. Die 
Erfolge waren zufriedenstellend. Verf. ist 
der Ansicht, daß der positive Ausfall der 
O.R. mit größter Wahrscheinlichkeit für 
das Vorhandensein eines tuberkulösen 
Herdes im Körper spreche, er beweist 
aber nicht, daß die in Frage kommende 


| Erkrankung auf Tuberkulose beruht. 


F. Köhler (Holsterhausen). 


REFERATE. 


ZEITSCHR. f. 
TUBERKULOSE 











IV. Therapie. 


Allgemeine, 


Johann Wolf: Über Heilung der tu- 
berkulösen Bauchfellentzündung 
mit und ohne Laparatomie. (Inaug.- 
Dissert., Straßburg 1907, 80 p.) 

Der Arbeit Wolfs liegen 30 Fiille 
der Universitiits-Frauenklinik zu StraBburg 
zugrunde, die in der Zeit von Mitte 1900 
bis Ende 1906 wegen tuberkulöser Bauch- 
fellentziindung behandelt wurden, und 
zwar 21 operativ, 9 konservativ; 17 ge- 
hórten der exsudativen, 13 der trockenen 
Form an. Ein Vergleich der operativ 
behandelten Fälle mit den exspektativ 
und intern behandelten führt den Verf. 
zu folgendem Endresultat: Betrachtet man 
beide Gruppen in bezug auf ihre Dauer- 
resultate ohne die exsudative Form von 
der trockenen zu trennen, so findet man 
durch Laparatomie 38°/, Dauerheilungen, 
durch interne Behandlung aber auch 
33°/, Dauerheilungen. Der Unterschied 
wäre nicht groß genug, um die Lapara- 
tomie zu rechtfertigen und zu empfehlen. 
Anders gestalten sich freilich die Resultate, 
wenn man die exsudative Form getrennt 
von der trockenen betrachtet. Es: finden 
sich auf diese Weise durch Laparatomie 
bei der exsudativen Form 43°/, Dauer- 
heilungen, durch interne Behandlung da- 
gegen nur 25°/,. Die interne Behandlung 
ergibt aber bessere Resultate bei der 
trockenen Form, nämlich 40%, Dauer- 
heilungen, wogegen nur 25°/, als Erfolg 
der Laparatomie bei dieser Form zu 
verzeichnen sind. Sind auch die Resultate 
bei der nicht operierten Gruppe weniger 
wertvoll, da erstens die Anzahl der Fälle 
viel geringer ist und außerdem leichtere 
Fälle diese Art der Behandlung erfahren 
zu haben scheinen, und da zweitens die 
Beobachtungsdauer meist zu kurz war, so 
erkennt man doch einen entschiedenen 
Einfluß interner Behandlung auf die tuber- 
kulöse Peritonitis, welcher den Vorschlag 
rechtfertigt, in der Mehrzahl der Fälle 
der chirurgischen Behandlung eine interne 
versuchsweise vorausgehen zu lassen, und 
wiederum der Operation als Nachkur 
interne Behandlung resp. Schmierseifen- 
und Schwitzkur folgen zu lassen. 


Vor | 


allem aber mahnen die schlechten Resultate 
der Laparatomie bei der trockenen Form 
zur größten Vorsicht, da in der Mehrzahl 
dieser Fälle im Anschlu an geringe 
Manipulationen Kotfisteln mit absolut un- 
günstiger Prognose entstehen. 

Fritz Loeb (München). 


Klotz-Krankenhaus Altstadt Magdeburg: 
Uber Yoghurt. (Zentralbl. f. inn. 
Med. 1908, Nr. 2.) 


In dieser vorläufigen Mitteilung spricht 
sich K. über den Wert oder Unwert der 
Y.-therapie sehr vorsichtig aus; immerhin 
empfichlt er doch, in geeigneten Fällen 
Versuche damit anzustellen. Von den 
verschiedenen Präparaten zur Herstellung 
des Y. bewährte sich am meisten die 
Lactobacilline liquide der Pariser Firma 
„Le Ferment“, Der eigentliche Erreger 
der Y.-gärung ist der sogen. Bac. bulgarus, 
ein oflenbar bei uns nicht heimischer 
Milchsäurebildner, da er wenigstens in 
unserer mitteleuropäischen Sauermilch 
nicht zu finden ist. Was nun die Erfolge 
der Y.-therapie betrifft, so wurden sie bei 
den akuten Toxikosen zunächst vermißt, 
in einigen Fällen von chronischer Er- 
nährungsstörung dagegen befriedigten sie 
durchaus; in einem Falle verschwand 
sogar ein chronisches Gesichtsekzem, das 
monatelang crfolglos behandelt worden 
war, Schon nach wenig Wochen vollständig. 
Die Versuche sollen fortgesetzt und dem- 
nächst ausführlich veröffentlicht werden. 

C. Servaes. 


E. Lichtenstein-Univ.-Augenklinik Berlin: 
Die Augentuberkulose und ihre 
Behandlung. (Therap. Monatsh. 1908, 
Heft 1.) 


Im ersten Teil seiner Abhandlung 
bespricht L. die verschiedenen Formen 
der Augentuberkulose, sodann die Dia- 
gnose und Prognose. Er erwähnt in bezug 
auf die Tuberkulinprüfung, daB bei Augen- 
tuberkulose natürlich nur die lokale Re- 
aktion von Bedeutung ist; aber gerade 
sie wird nicht selten vermißt; die Kutan- 
probe und die Konjunktivalreaktion werden 
7. 7. einer Prüfung auf ihre diagnostische 
Brauchbarkeit unterzogen. Auch thera- 
peutisch wurde das Tuberkulin (T. R.) 
nach v. Hippels Methode mit dem Er- 


BD.XIILHEFT 1. 
1908. 


folge angewandt, daß in einer Reihe von 
Fallen der Heilungsverlauf beschleunigt 
wurde. Verf. empfiehlt daher bei schweren 
Fällen von Augentuberkulose — mit 
alleiniger Ausnahme der prognostisch un- 
günstigen Bindehauttuberkulose — einen 
Versuch mit der Tuberkulinkur zu machen. 
Ähnlich wirksam, wie die letztere, zeigte 
sich die Behandlung mit den v. Behring- 
schen Präparaten Antitulase und Tulase- 
laktin. C. Servaes, 


Dr. Swerschewski: Über die Behand- 
lung der Tuberkulose des Kehl- 
kopfes nach der Methode von 
Bier. (Medizinskoje Obosrenie 1908, 
No. 4.) 

Verf. hat seine Beobachtungen sowohl 
an stationären, wie an ambulatorischen 
Patienten, deren Zahl im ganzen 18 be- 
trug, angestellt. Die Mehrzahl hatte ge- 
steigerte Temperatur und mehr oder minder 
ausgesprochene Affektion der Lungen und 
des Kehlkopfes. In der ersten Zeit 
richtete er sich genau nach den Angaben 
von Keppler und Pollyak. Die Gummi- 
bänder wurden um den Hals des Patienten 
möglichst tief gelegt. Der Patient darf 
auch nicht den geringsten Schmerz, nicht 
einmal Unbehagen, höchstens einen sehr 
geringfügigen Druck an der Stelle, wo der 
Verband appliziert ist, leichtes Ohren- 
sausen und Gefühl von Völle im Gesicht 
und in den Augen verspüren. Am ersten 
Tage wird der Verband unter steter Be- 
obachtung des Arztes für 1 Stunde, am 
zweiten für 2, am dritten für 3 etc. bis 
15—18 Stunden täglich ohne Unter- 
brechung angelegt. Manche Patienten 
haben, nachdem sie sich von der nütz- 
lichen Wirkung des Verbandes überzeugt 
hatten, selbst gegen die Verordnung des 
Arztes den Verband fast volle 24 Stunden 
ununterbrochen getragen. Zunächst ver- 
wendete Verf. Originalgummibänder, welche 
er aus Bonn bestellte, dann begann er 
gewöhnliche Gummibänder von 2—3 cm 
Breite mit durchwirkten wollenen Fäden 
zu verwenden. An dem einen Ende 
dieses Bandes wurde der Haken, an dem 
anderen eine Reihe nebeneinanderliegen- 
der Ösen festgenäht. Nach 2—3 Tagen 
mußte man zur Erzielung der Stauungs- 
hyperämie den Verband um den Hals um 


REFERATE. 87 


1—2 Ösen enger schließen. Nach 8 bis 
15 Tagen war weitere Schnürung nicht 
mehr erforderlich, in der Mehrzahl der 
Fälle bewirkte sie sogar eine Reihe von 
krankhaften Erscheinungen. Mit der Zeit 
läßt die Elastizität der Verbände nach, 
so daß sie ersetzt werden müssen. Bei 
Patienten mit leicht reizbarer Haut muß 
man vor der Anlegung des Verbandes 
den Hals mit Alkohol abwaschen und mit 
Fett einreiben. Was die Gazeunterlagen 
betrifft, welche Bier und seine Schüler 
empfehlen, so sind dieselben nach Ansicht 
des Verf.'s überflüssig. Die Mehrzahl der 
Patienten verträgt den Bierschen Hals- 
verband leicht. Im Anfang klagen manche 
Patienten über Ohrensausen etc.; nach 
10—20 Minuten verschwinden aber diese 
unangenehmen Erscheinungen. Klagen 
aber die Patienten auch dann namentlich 
über Schmerzen, so ist es in der Mehrzahl 
der Fälle durch die falsche Anlegung 
des Verbandes verursacht, indem derselbe 
entweder zu hoch angelegt ist und auf 
den Kehlkopf oder auf die unter dem- 
selben befindlichen entzündeten schmerz- 
haften Drüsen drückt oder der Verband 
selbst ist zu fest geschnürt, oder ein 
Haken drückt zu sehr auf die Haut etc. 
In solchen Fällen muß man den Verband 
sofort entfernen und nach 3—6 Stunden 
wieder anzulegen versuchen. Jedoch 
stellten sich in 4 Fällen trotz sämtlicher 
Vorsichtsmaßregeln so unangenehme Kom- 
plikationen ein, daß die Behandlung mit 
dem Bierschen Verbande aufgegeben 
werden mußte. So klagte ein 47 jähriger 
Patient mit tuberkulóser Kehlkopfaffektion 
und erhöhter Temperatur am vierten Tage 
über heftige Kopfschmerzen in der Gegend 
der linken Schläfe, und er forderte, trotz- 
dem unter dem Einflusse des Verbandes 
der Husten und die Schluckbeschwerden 
bedeutend nachgelassen haben, die Ent- 
fernung des Verbandes. Nach 2— 3 Tagen 
haben die Kopfschmerzen nachgelassen. 
Bei dem zweiten Patienten mit leichter 
tuberkulöser Affektion der Stimmbänder 
ohne Temperatursteigerung stellten sich 
eine halbe Stunde nach der Anlegung 
des Verbandes heftige und im höchsten 
Grade lästige Schmerzen des ganzen 
Kopfes bis zum Verbande ein. Das war 
dem Patienten so unangenehm, dal er 


88 REFERATE. 


nach einigen Tagen die weitere Behandlung 
kategorisch ablehnte. Bei dem dritten 
Patienten mit hochgradiger tuberkulóser 
Affektion des Kehlkopfes nebst steno- 
tischen Erscheinungen stellte sich am 
dritten Tage hochgradige Verschlimmerung 
ein, welche die Tracheotomie erheischte. 
In diesem Falle konnte man die Ver- 
schlimmerung jedoch keineswegs in irgend- 
welchen ZusammenhangmitdemBierschen 
Verbande bringen, da bei dem Patienten 
so ausgedehnte Veränderungen bestanden, 
die an und für sich jeden Augenblick 
die Tracheotomie erforderlich machen 
konnten. Aber auch dieser Patient ver- 
spürte an den ersten Tagen immerhin eine 
gewisse Besserung unter dem Einflusse 
des Bierschen Verbandes. Der vierte 
Fall betrifft einen 22j4hrigen Patienten 
mit ausgedehnter tuberkulöser Affektion 
des Kehlkopfes. Nach vorübergehender 
Besserung trat unter dem Einflusse des 
Bierschen Verbandes eine hochgradige 
Verschlimmerung hauptsächlich des All- 
gemeinzustandes ein. Die Temperatur 
stieg bis 39,5%, Die SchweiBe und Schüttel- 
fröste nahmen zu. Das Schlucken wurde 
erschwert. . Der Verband wurde entfernt, 
und nach einiger Zeit trat Besserung ein. 

Was die übrigen 14 Patienten betrifft, 
so haben sämtliche eine mehr oder minder 
bedeutende Besserung davongetragen. Ge- 
wöhnlich trat schon in den ersten Tagen 
nach der Anlegung des Verbandes Nach- 
lassen der Schmerzen, des Hustens und 
der übrigen unangenehmen Erscheinungen 
von seiten des Halses ein. Die Patienten 
lernten sofort den Nutzen der Heilmethode 
kennen und unterzogen sich gern dieser 
Behandlung. Nicht selten baten die Pa- 
tienten nach einer Behandlungsdauer von 
2—3 Wochen um Entlassung, indem sie 
sich für gesund hielten. Leider ent- 
sprachen die objektiven Veränderungen 
selten den subjektiven Empfindungen. Der 
tuberkulöse Prozeß hörte nicht auf. In 
einem Falle wurde allerdings vollständige 


‚Heilung erzielt. 


ZEITSCHR. f. 
TUBERKULOSE 


Alles in allem gelangt 
Verf. zu dem Schluß, daß die von ihm 
erzielten Resultate den Erwartungen, welche 
man auf Grund der Angaben der Literatur 
auf die Biersche Methode zu setzen be- 
rechtigt war, nicht entsprachen. Nichts- 
destoweniger kann diese Methode bei 
richtiger Anwendung als vorzügliches 
symptomatisches Mittel bezeichnet werden, 
welches bei tuberkulösen Laryngitiden in 
der Mehrzahl der Fälle sehr rasch und 
sicher den Husten, die Heiserkeit und die 
übrigen Krankheitserscheinungen zu be- 
seitigen vermag, und welches wegen seiner 
Einfachheit und relativen Unschädlichkeit 
der Aufmerksamkeit der Ärzte durchaus 
wert ist und weitere klinische Erforschung 
rechtfertigt. 
M. Lubowski (Wilmersdorf-Berlin). 


Zickgraf: Über Saponininhalation 
bei Erkrankungen der oberen 
Luftwege. (Münch. med. Wchschr. 
1908, Nr. 9.) 

Verf. wandte mit gutem Erfolge bei 
den trocknen Katarrhen der oberen Luft- 
wege, besonders bei inzipienten Phthisen 
das 1— 2°/, Saponin von Sthamer-Ham- 
burg an unter Gebrauch des Thermo- 
variator von Bulling. | 

F. Köhler (Holsterhausen). 


Bunzl: Über einen durch Operation 
geheilten Fall von großknotiger 
Lebertuberkulose. (Münch. med. 
Wchschr. 1908, Nr. 9.) 


Interessante Mitteilung über einen 
Fall von dem im Titel bezeichneten 
Krankheitsbilde bei einem 21 jährigen 
Kommis. Diagnose erst durch Inspektion 
durch Laparotomie. Die histologische 
Diagnose des Tumors lautete auf Tuber- 
kulose. Tuberkelbazillen oder Luësspirillen 
wurden nicht gefunden. Die Operation 
war von vollem Erfolge. 

F. Köhler (Holsterhausen). 


Band XIII. Heft 1. 


ZEITSCHRIFT FÜR TUBERKULOSE. 


Beilage für Heilstätten und Wohlfahrtseinrichtungen. 





INHALT: V. Tuberkuloscärzte-Versammlung. Von Dr. R. Lennhoff, Berlin 89. — Ver- 
schiedenes 95. 














V. Tuberkuloseärzte-Versammlung. 
Von 
Dr. R. Lennhoff, Berlin. 


I. 


<aie Versammlung der Tuberkuloscärzte, die sonst stets in Berlin stattfindet, 
AG wurde ausnahmsweise in diesem Jahre in München abgehalten. 

| Schon den 15. Juni nachmittags trafen die meisten Teilnehmer der 
ee) Versammlung hier ein und besichtigten, unter Führung von Hofrat Dr. May 
und Dr. Scholl und in Anwesenheit der Frau Ministerpräsident v. Podewils die 
Walderholungsstätten für Frauen und für Kinder in Holzapfelkreut. Des Abends 
versammelte man sich zwanglos im Hofbräuhause. - Münchener Stimmung. 

Mit einigem Humor dachte man an sie zurück, als man sich tags darauf vor- 
mittags zu den wissenschaftlichen Beratungen in dem Hörsaal der psychiatrischen 
Klinik versammelte, der vollkommen alkoholfreien Anstalt des alkoholverpönenden Prof. 
Kräpelin. 

Hofrat Dr. Ferdinand May, der an der Spitze aller gegen die Tuberkulose 
gerichteten Bestrebungen in München steht, leitete die Verhandlungen. Er begrüßte 
die Ehrengäste, den Kollegen Prinz Ludwig Ferdinand von Bayern, den Medi- 
zinalreferenten der bayrischen Regierung, Geh. Rat Grashey, den Generalstabsarzt 
v. Bestelmeyer, der an der Spitze zahlreicher Militärärzte erschienen war, und den 
Geh. Med.-Rat Messerer, Vertreter des Regierungspräsidenten. 

Prinz Ludwig Ferdinand übernahm mit Worten des Dankes das Ehren- 
präsidium, Gch. Rat Grashey begrüßte im Namen der Staatsregierung und über- 
reichte dem Generalsekretär des Deutschen Zentralkomitees zur Bekämpfung der 
Tuberkulose, Oberstabsarzt a. D. Prof. Nietner, den Michaelisorden 3. Klasse, 
Prof. v. Leube-Würzburg erstattete den Behörden den Dank des Zentralkomitees, 
dessen Vorsitzender v. Bethmann-Hollweg in einem Telegramm den Verhand- 
lungen guten Erfolg wünschte. 

Prof. Friedrich v. Müller, der Münchener Kliniker, hielt den ersten Vor- 
trag, Zur Diagnostik der Tuberkulose. Es wirkte geradezu wohltuend, von 
einem klar und nüchtern beobachtenden Kliniker ein vollständiges Bild aller dia- 
gnostischen Möglichkeiten zu erhalten, unter vorurteilsfreier Abwägung ihrer Beweis- 
barkeit, ohne Unterschätzung, aber auch ohne Überschätzung irgend eines Symptomes. 

Die Diagnostik der Tuberkulose hat zum Ziel die frühzeitige Erkennung der 
Krankheit, weil die Heilungsaussichten um so größer sind, je früher eine Behand- 
lung einsetzt. Je jünger das Krankheitsstadium, um so geringer die Symptome, mit 
um so größerer Sorgfalt sind alle erreichbaren zusammenzutragen. Wir verfügen 
über 3 Gruppen. Die allgemeinen Erscheinungen, die örtlichen, Nachweis des 
Krankheitserregers oder der durch ihn bedingten Reaktionen. Merkwürdigerweise 
fehlen die Allgemeinerscheinungen im Anfang fast nie, bei vorgeschrittener Krank- 
heit sehr oft. Zu den Allgemeinerscheinungen des Frühstadiums gehören leichte 
Schwankungen der Körpertemperatur, die nur bei regelmäßigen Messungen erkannt 
werden, Schwankungen des Gewichtes, Abnahme des Appetites und der Leistungs- 





E B ZEITSCHR. f. 
90 BEILAGE. + UNERKULOSE 





ähigkeit. Doch sind dieselben nur Alarmsignale, die keincrlei sichere Schluß- 
folgerungen zulassen. Sie finden sich auch bei Schilddrüsenerkrankungen, schwerer 
Bleichsucht, Magengeschwür, Erkrankungen der Gesichtshöhlen, und lange Zeit nach 
Mandelentzündungen und Scharlach. Von diesen Krankheiten wei man eben nur, 
wann sie beginnen, nicht wann sie aufhören. Es kommt noch eine ganze Reihe 
von Krankheiten hinzu; besondere Aufmerksamkeit bedingen die Schwankungen der 
Körpertemperatur bei Kindern. 

Zur Erkennung der örtlichen Erkrankungsherde in den Lungen bedienen wir 
uns zunächst der Beklopfung des Brustkastens. Kleinere tuberkulöse Herde bedingen 
noch keine Aufhebung des Klopfschalles, wohl aber nimmt die Tiefe des Klopftons 
ab, wodurch er zugleich verkürzt wird. Das geübte Ohr ist für die hierdurch 
bedingten Unterschiede schr empfänglich. Voraussetzung ist natürlich, daB zwischen 
der Beklopfung der beiden Lungenspitzen Unterschiede bestehen. An sich sind 
diese auch noch nicht beweisend. Da sie auch harmlose Ursachen, z. B. Verschieden- 
heit der Knochenform haben können. Stärkere Unterschiede beweisen schon mehr. 
Von Bedeutung ist auch die Grenze des Lungenspitzenschalles. Herabrücken deutet 
auf Schrumpfung. Die Untersuchungsmcthoden sind aber sehr schwierig. So ergibt 
die von Krönig bei verschiedenen Untersuchern verschiedene Grenzen, auch die 
neueste Methode von Goldscheider bringt uns nichts Neues. 

Wichtiger ist die Behorchung der Lungen. Hier muß beachtet werden, ob 
Abweichungen von dem normalen Atmungsgeräusch nicht etwa durch Nasenverengerung 
bedingt wurden, es ist zu aclıten auf die Unterschiede zwischen Einatmungs- und Aus- 
atmungsgeräusch, auf Nebengeriusche, wie Pfeifen, Rasseln etc. 

Diese örtliche Untersuchung kann uns lediglich zeigep, daß eine Erkrankung 
vorliegt; ob sie frisch oder alt ist, ob sie durch Tuberkelbazillen, Streptokokken oder 
Pneumokokken hervorgerufen ist, kann sie uns nicht lehren. 

Wir bedürfen also noch des Nachweises von dem Erreger der Krankheit oder 
der durch seine Anwesenheit bedingten Reaktionen. Zum Nachweis der Bazillen 
gehört in erster Linie das Vorhandensein von Auswurf. Wo solcher nicht entleert 
wird, ist man auf den Nachweis der Komplementbindung, des opsonischen Index 
oder der Tuberkulinreaktion angewiesen. Die Komplementbindung ist bei der Tuber- 
kulose nicht so zuverlässig wie bei der Syphilis. Auch gehört zu ihrer Ausführung 
so große Übung, daß man sich ausschließlich mit ihr beschäftigen muß. Daraus geht 
aber ihre Unanwendbarkeit für die tägliche Praxis hervor. Der opsonische Index 
zeigt an, in welchem Umfange im Blut Stofle bereitet werden, die die weißen Blut- 
körperchen zur Phagocytose vorbereiten. Metschnikoff hat uns gezeigt, daß die 
weißen Blutkörperchen die Fähigkeit haben, Krankheitserreger in sich aufzunehmen 
und zu verzehren. Der Engländer White zeigte, daß diese Fähigkeit wechselt und 
von vorbereitenden Stoffen des Blutes abhängig ist. Die beim Gesunden übliche 
Zahl ist der Index 1, die Schwankungen beim Gesunden liegen zwischen 0,8 und 1,2. 
Fin geringerer Index ist ungünstig, ein höherer günstig zu deuten. Beim Tuber- 
kulösen zeigt nun der Index große Schwankungen, schon zwischen der Zeit des 
ersten und des zweiten Frühstückes. Auch ist, angesichts der notwendigen Übung, 
die Zahl der Fehlerquellen erheblich, so daB diese Methode ebenfalls für die Praxis 
wenig verwertbar ist. 

Auch die Agglutination, die ein sicheres Mittel zur Typhusdiagnose abgibt, 
ist für die Tuberkulose wenig brauchbar. 

Bleibt die Tuberkulinreaktion, die alte Einspritzungsmethode von Koch, die 
in den meisten Fällen sichere Schlüsse zuläßt, aber gelegentlich bei nicht vorsichtiger 
Anwendung gefährlich werden kann. Die zweite ist die v. Pirquet-Wien angegebene 
Kutanreaktion. Sie ist ganz ungefährlich, aber nur bei Kindern ganz zuverlässig. 
Beide Methoden zeichnen sich dadurch aus, daß sie nur in ziemlich frischen Fällen 
wirksam sind. Die dritte und jüngste Methode ist die nacheinander von Wolff- 
Eisner- Berlin und Calmette-Frankreich angegebene Ophthalmoreaktion, die darauf 


BD.XIIL,HEFT1. e | 
En BEILAGE. 





beruht, daB nach Einträufelung von Tuberkulinlösung in das Auge beim Tuber- 
kulösen eine Augenbindehautentzündung eintritt. Sie ist bisher noch nicht zuver- 
lässig und oft nicht ungefährlich für das Auge. 

Als letztes kommt noch die Rontgenuntersuchung hinzu, aber mit allen 
Methoden zusammen sind wir doch nur imstande, in etwa */, der Frühfälle eine 
sichere Diagnose zu stellen. 

Über die ee tr der Lungentuberkulose sprach noch beson- 
ders Prof. Rieder-München. Zu genauen Untersuchungen bedarf es sorgfältiger 
photographischer Aufnahmen. Nur in besonderen Fällen genügt die einfache Durch- 
leuchtung und Beobachtung auf dem Röntgenschirm. Diese hat zur Voraussetzung 
ausgeruhte, an die Dunkelheit gewöhnte, sehr geübte Augen. Sehr oft ist das 
Röntgenbild imstande, vereinzelte, tiefgelegene tuberkulöse Herde aufzudecken, die 
mit Horchen und Klopfen nicht zu erkennen sind. Besonders zeigt das Röntgen- 
bild auch tuberkulöse Lymphdrüsenerkrankung innerhalb des Brustraumts. Redner 
zeigt eine große Zahl von Röntgenbildern, bei denen selbst kleinste Herde deutlich 
zu erkennen sind und mit denen sich vor allem auch Behandlungserfolge gut kon- 
trollieren lassen. So werden u. a. zwei RGntgenogramme desselben Patienten vor 
und nach Heilstättenbehandlung gezeigt. Trotz erheblicher subjektiver Besserung 
und großer Gewichtszunahme zeigte das Röntgenbild beträchtliche Weiterverbreitung 
des Krankheitsprozesses. Schon auf der Tuberkuloseärzteversammlung im vorigen 
Jahre wurde die Röntgendiagnose eingehend besprochen. Es überrascht, wie viel 
schärfere Bilder man jetzt schon zu erzielen vermag. 

Bei der Besprechung der Vorträge kamen die Praktiker zu Wort. 

Prof. Petruschky-Danzig berichtete über seine reichen Erfahrungen mit 
Tuberkulinproben, Dr. Köhler-Holsterhausen verwirft vorläufig die Ophthalmo- 
reaktion, Dr. Schröder-Schömberg gibt Anweisung zu sorgfältiger Temperatur- 
messung in Frühfällen, desgleichen Dr. Röpke-Melsungen, der auch über eingehende 
Erfahrungen mit Tuberkulinproben berichtet. Des weiteren sprachen Dr. Sobotta- 
Reiboldsgrün, Dr. Landmann, Dr. Francke, Dr. Ranke -München. | 

Nachmittags war ein kleiner Kreis der Teilnehmer der Versammlung vom 
Prinzregenten zu Tisch geladen. Der 88 Jahre alte Herr unterhielt sich vor der 
Tafel angelegentlichst mit den einzelnen Herren, bei Tisch brachte er einen Trink- 
spruch auf die Bekámpfer der Tuberkulose aus, nach dem Essen lud er einige der 
Herren in sein Rauchzimmer, wo er bei einer gemútlichen Tabakspfeife sich ein- 
gehend nach der Statistik der Heilerfolge und dcr Tuberkulosesterblichkeit erkun- 
digte und sein Bedauern aussprach, daB so viele in den Heilstátten Behandelte 
durch Rückkehr in ihre ungünstigen sozialen Verhältnisse sich wieder verschlechtern. 

Die Mehrzahl der Teilnehmer der Versammlung fuhr nachmittags nach Planegg, 
um unter Leitung des trefllichen Oberarztes Dr. Krebs die Volksheilstätte für 
Lungenkranke zu besichtigen. 

II. 

Abends kamen die Teilnehmer der Versammlung zu einem fröhlichen Fest- 
essen im Restaurant der so schön angelegten Ausstellung zusammen. 

Auch am zweiten Verhandlungstage zeigte sich das Interesse des bayrischen 
Königshauses an der Tuberkulosebekämpfung. Schon um 9 Uhr erschien der Thron- 
folger Prinz Ludwig und übernahm das Ehrenpräsidium. Über 2 Stunden folgte 
er den Beratungen mit großer Aufmerksamkeit, besonders als das Fürsorgewesen 
besprochen wurde, bei dem weniger medizinische als soziale Fragen in den Vorder- 
grund treten. Um 11 Uhr erschien auch Dr. Prinz Ludwig Ferdinand. 

Dr. Röpke, Chefarzt der Lungenheilstätte der Staatsbahnen zu Stadtwald- 
Melsungen erörtert zunächst die Frage, welche Fälle von Kehlkopftuber- 
kulose können in Volksheilstätten mit Erfolg behandelt werden? Redner 
berichtet zunächst über die in Heilstätten bei Kehlkopftuberkulose zu erzielenden Erfolge 
und über Mißerfolge. Ob ein Erfolg zu erwarten ist, hängt fast ganz von der gleich- 


E ; ZEITSCHR. f. 
E- a an | 7 a UBEREUEOSE 











zeitig bestehenden Lungentuberkulose ab. Bei Lungentuberkulose III. Grades ist 
keine wesentliche Besserung zu erwarten. Gute Aussicht bietet Kehlkopftuberkulose 
I. Grades in Verbindung mit Lungentuberkulose I. Grades, auch noch Kehlkopf- 
tuberkulose II. bei Lungentuberkulose I. Grades. Ist bei Beginn der Kehlkopftuber- 
kulose schon vorgeschrittenere Lungentuberkulose vorhanden, so sollten nur fieber- 
freie Kranke noch in Volksheilstätten aufgenommen werden. Man wird Erfolge 
erzielen, wenn man sich in der Auswahl der Fälle auf mittlerer Linie bewegt und 
bei der Behandlung nicht einseitig ist, man muß Allgemeinbehandlung, örtliche 
Behandlung und Tuberkulin miteinander verbinden. 

Dr. Rumpf-Ebersteinburg macht darauf aufmerksam, daß bei festgestellter 
Lungentuberkulose nicht immer auch der Kehlkopf untersucht wird. Daher kommen 
oft ungeeignete Fälle in die Heilstätten. Es wäre gut, vor der Einweisung eines 
Patienten regelmäßig den Kehlkopf zu untersuchen. Schröder und Koch-Schöm- 
berg berichten über Einzelheiten der Behandlung. 

Der Vorsitzende teilt darauf mit, daß vom Grafen v. Posadowsky ein 
Begrüßungstelegramm eingegangen ist. 

Prof. Dr. Kayserling aus Berlin besprach in längeren Ausführungen die bis- 
herige Entwickelung der Auskunfts- und Fürsorgestellen für Tuber- 
kulöse und deren weitere Ausgestaltung. Anknüpfend an den erheblichen 
Rückgang der Tuberkulosesterblichkeit in Deutschland, wenige Jahre nach der Ent- 
deckung des Tuberkelbazillus und der Einführung der Arbeiterversicherung (die 
Sterblichkeit an Lungenschwindsucht ist von 34,6 auf je 10000 Lebende im 
Jahre 1882 auf 19,01 von je 10000 Lebenden im Jahre 1904 gesunken) führte 
er aus, daß die Statistik den Weg weist, auf dem man der Tuberkulose Herr wer- 
den kann: Einerseits Bekämpfung der Tuberkulose auf Grundlage der Erkenntnis, 
daB es sich um eine spezifische Infektionskrankheit handelt und Unterordnung aller 
Maßnahmen dem Gesichtspunkte der Infektionsverhütung und andererseits weit- 
gehendste Ausbildung der Tuberkulosefürsorge auf dem Boden der Arbeiterver- 
sicherung. Jede systematische Organisation einer Seuchenbekämpfung erheischt 
in erster Linie die Schaflung von Mittelpunkten, in denen die Tuberkuloseverbrei- 
tung festgestellt und von welcher aus die Bekämpfungsmaßregeln einheitlich geleitet 
werden. Die Bestimmung als Mittelpunkt der Tuberkulosebekämpfung haben die 
Auskunfts- und Fürsorgestellen. Diese haben, nachdem sie auf Anregung von 
Dr. Freund, dem Direktor der Landesversicherungsanstalt in Berlin, und dem um 
das Fürsorgewesen hochverdienten Ministerialdirektor Althoff zentralisiert wurden, 
einen schnellen Aufschwung genommen, besonders dank der Propaganda des Deut- 
schen Zentralkomitees. Im Jahre 1905 betrug die Zahl der Fürsorgestellen 42, 
gegenwärtig 188. Prof. Kayserling legte in seinen Ausführungen besonderen 
Nachdruck auf die systematische Familienuntersuchung, die nahezu in allen 
Fürsorgestellen geübt wird. Nach einer Rundfrage des Deutschen Zentralkomitees 
wurden i. J. 1907 47098 Menschen in den Fürsorgestellen untersucht, für 28000 
der Untersuchten ist auch mitgeteilt worden, wie viel als tuberkulös erkannt worden 
sind; die Zahl beträgt 13040, also ca. 50 v. H. Hinsichtlich der Fürsorge für die 
Vorgeschrittenen betonte der Redner, daß für diese materiell bisher nur wenig 
geschehen sei, und daß dahin gestrebt werden müsse, den vollständig Arbeitsun- 
fähigen in Ergänzung der Arbeiterversicherung einen gesetzlichen Anspruch auf das- 
jenige Existenzminimum zu gewährleisten, das eine angemessene Krankenpflege und 
Prophylaxe ermöglicht. 

An diesen Vortrag schloß sich eine umfangreiche und eingehende Besprechung, 
bei der Redner aus vielen Städten über die Art und Weise berichteten, wie bei 
ihnen das Fürsorgewesen gehandhabt wird. 

Dr. Becker schilderte die Fürsorgeeinrichtung in Charlottenburg und betonte 
vor allem auch in Übereinstimmung mit Stadtrat Samter den Vorzug der städtischen 
Einrichtung, während viele andere Redner den Standpunkt vertraten, daß Privat- 


BD.XIHI,HEFT 1. > 
1908. | | PEAGE: | 93 


organisationen mit ausreichender behördlicher Unterstützung beweglicher wären, auch 
lieber von dem Publikum in Anspruch genommen würden, das im allgemeinen in 
seinen privaten Angelegenheiten vor den Behörden eine Scheu hat. Zu den Ver- 
tretern dieser Ansicht gehörte vor allem Dr. Frankenburger-Nürnberg. Dr. Ranke- 
München besprach die Schwierigkeit der Arbeitsvermittelung für Tuberkulúse. Auch 
vorgeschrittene Tuberkulöse haben oft noch eine beträchtliche Fähigkeit und auch 
die Lust zum Arbeiten. Wartet man, bis die Familie durch die Krankheit des 
Mannes zugrunde geht, ein Stück nach dem anderen ins Pfandhaus wandert, dann 
ist soziale Hilfe meist sehr schwer. Die Kommisson für Arbeitshygiene der Abteilung 
für freie Arztwahl in München hat angeregt, Arbeitgeber ausfindig zu machen, die 
statt eines Arbeiters mit voller Arbeitskraft zwei mit halber einzustellen bereit sind, 
entweder nebeneinander, oder den einen vormittags, den anderen nachmittags. Man 
solle auch an Vermittelung von Heimarbeit für Tuberkulöse denken oder an Heim- 
stätten, in denen der Kranke die Kosten seines Aufenthaltes abverdienen kann. 

Landesrat Liebrecht von der Landesversicherungsanstalt Hannover berichtet 
von schlechten Erfahrungen mit Arbeitsstätten. Freilich wurden dorthin Patienten 
überwiesen gleich nach der Entlassung aus der Lungenheilstátte, die Sehnsucht nach 
Hause hatten. Prof. Pannwitz hält die Ausnutzung der verbliebenen Arbeitskraft 
für eine der wichtigsten Aufgaben. Die preußisch-hessische Eisenbahngemeinschaft 
hat mit ihren Heilstätten weit bessere Erfolge als andere Stellen, weil sie in der 
Lage ist, ihren Tuberkulösen je nach dem Stand der Krankheit passende Beschäf- 
tigung zu geben. Sehr wichtig sind im Anschluß an Heilstätten ländliche Kolo- 
nien. Chefarzt Dr. Pannwitz von den Kinderheilstätten in Hohenlychen berichtet 
von den dortigen ländlichen Kolonien und der Haushaltungsschule. Die Kinder 
werden so ausgebildet, daB sie möglichst einen ländlichen Beruf ergreifen können. 
Es wird dann auch noch auf Frankreich verwiesen, wo man gefährdete Kinder in 
ländliche Erziehung gibt. 

Geh. Rat Kehl von der Landesversicherungsanstalt Rheinprovinz betont die 
Wichtigkeit der Fürsorgestellen auch für das Land. In einigen rheinischen Kreisen 
hat sich die Landesversicherungsanstalt mit der Kreisverwaltung und den Ärzten zur 
Einrichtung eines Fürsorgevereins verbunden. 

Nächster Redner ist Stabsarzt Dr. Kuhn-Berlin über physikalische Be- 
handlung der Lungentuberkulose vermittels der Lungensaugmaske. Die 
Saugmaske hat den Zweck, durch eine in abstufbarer Weise erschwerte Einatmung 
der Luftverdünnung im Brustraume und hierdurch eine Ansaugung des Blutes nach 
den Lungen hin zu bewirken. Dnrch die Blutfülle der Lungen werden die Krank- 
heitserreger abgetötet und durch bessere Ernährung des Lungengewebes rasche Ver- 
narbung erzeugt. Sehr wichtig ist auch die Kräftigung der Atemmuskulatur durch 
die Widerstandsgymnastik bei ruhig gestellten Lungen, wodurch dauernde bessere 
Atmung und Blutansaugung und Schutz gegen Neuerkrankung gewährleistet wird. Von 
größter Bedeutung ist ferner die nach dem Maskengebrauch eintretende Weitung des 
Brustkorbes, die dadurch zustande kommt, daß infolge der verringerten Zwerchfell- 
atmung eine vorwiegende Rippenatmung erzwungen wird. Neben der Hebung der 
Herzkraft durch reichliche Durchblutung und Ernährung des Herzmuskels bietet das 
Verfahren ferner auch den besten Schutz gegen Lungenbluten durch bessere Ernährung, 
Kräftigung und Verdickung der Blutgefäße. Überraschend ist es, daß schon bei 
ca. 2 Stunden täglicher Anwendung der Saugmaske, ebenso wie in der verdünnten 
Luft größerer Höhen eine Vermehrung der Blutkörperchen und des Hämoglobin- 
gehaltes des Blutes eintritt und daß durch die dann gleichzeitig hervorgerufene Ver- 
minderung der Blutfülle bezw. der Sauerstoffspannung des Gehirnes ein starkes 
Müdigkeitsgefühl und hierdurch guter Schlaf erzeugt werden, wie dieses vom Höhen- 
klima ebenfalls bekannt ist. Die theoretischen Ausführungen werden durch Tier- 
experimente erläutert. Die Erfolge sind sehr gute. 

Eine große Zahl von Heilstättenärzten berichten ‘über ihre Erfahrungen mit 


BEILAGE ZEITSCHR. f. 
94 Nr ` RE, | | TUBERKULOSE 


der Saugsmaske. Sie alle haben wenn auch keine Heilungen so doch, besonders in 
schweren Fällen, Besserung quälender Beschwerden, in erster Linie der Atem- 
not, gesehen. 

Dr. Wichmann-Hamburg spricht über Lupusbehandlung. Da meistens 
Lupus von der Nasenschleimhaut ausgeht, so ist auf deren Behandlung das meiste 
Gewicht zu legen. Eine einheitliche Behandlung gibt es noch nicht. Auf den 
Prozeß selbst wirken Tuberkulin, Finsen- Röntgen- und kRadiumbestrahlung. In 
gewissen Fällen leisten sie alle Gutes, doch selten allein. Man muß genau nach 
dem KrankheitsprozeB die Behandlungsart wählen oder mehrere miteinander ver- 
binden, was den Vorzug hat, daß man von dem einzelnen unschädlichere Dosen 
nehmen kann. Die beste Behandlung ist in frühen Fällen die radikale Heraus- 
schneidung der kranken Stellen. 

Zum Schluß spricht Dr. Curschmann, Chefarzt in Friedrichshain, über die 
Frage, inwieweit eine Trennungderoffenen Tuberkulosevondergeschlossenen 
in Lungenheilstätten erforderlich und durchführbar ist. Redner erörtert 
eingehend alle in Frage kommenden Momente und kommt zu dem Schluß, daß 
eine Trennung weder erforderlich, noch durchführbar ist, und alle erfahrenen Prak- 
tiker stimmen ihm zu. 

Darauf wurden durch den Vorsitzenden die wissenschaftlichen Verhandlungen 
geschlossen. 

Die Kongreßteilnehmer aber und alle Ehrengäste folgten der Einladung von 
Hofrat May zu einem feuchtfröhlichen „Bockfrühstück“, dessen wir alle sicher noch 
lange dankbarst gedenken werden. 


Am Internationalen Tuberkulosekongreß im September in Washington 
wird als Führer der Delegierten für das Reich der Geheime Obermedizinalrat 
und vortragende Rat im Kultusministerium Prof. Dr. Kirchner teilnehmen. 
Um eine Verständigung zwischen den deutschen Teilnehmern am Kongreß 
herbeizuführen, ist es wünschenswert, daß alle, die nach Washington gehen 
wollen, ihre Adresse dem Schriftführer des Deutschen Nationalkomitees, Prof. 
Dr. Nietner, Berlin W. 9, Eichhornstr. 9, mitteilen. 


BD.XHI,HEFT 1. 
1908. 


BEILAGE. 


95 





VERSCHIEDENES. 


Sitzung der Dettweiler - Stiftung. 
In unmittelbarem Anschluß an die 
Generalversammlung des Zentralkomitees 
zur Bekämpfung der Tuberkulose tagte 
am 27. Mai in Berlin das Kuratorium 
der Dettweiler-Stiftung unter dem 
Vorsitz des Geheimen Medizinalrates 
Prof. Dr. Fränkel. Die Stiftung zum 
Andenken an den vor einigen Jahren 
verstorbenen Dr. Peter Dettweiler ist 
zugunsten der Heilstättenärzte errichtet 
worden. Die Eigenart der Tätigkeit der 
Heilstätte läßt im allgemeinen Interesse 
besondere Maßnahmen für ihre Versor- 
gung gerechtfertigt erscheinen. Nur wenige 
von ihnen können pensionsfähig angestellt 
werden. Zum Teil haben sie es durch 
Gründung eines eigenen Vereins ermög- 
licht, mit der „Viktoria“ einen günstigen 
Vertrag für den Abschluß von Lebens- 
versicherungen zu vereinbaren. Unab- 
hängig von der Sicherung, die Pension 
und Versicherung für das hohe Alter 
oder für die Hinterbliebenen gewähr- 
leisten, soll die Dettweiler-Stiftung in 
all den Notfällen eingreifen, in denen 
Pension und Versicherung keinen Schutz 
gewähren, und solche Fälle können gerade 
bei den Heilstättenärzten sehr leicht ein- 
treten. Vorläufig ist die Stiftung bemüht, 
durch größere Zuwendungen und die 
Anwerbung ständiger Mitglieder ein für 
ihre Zwecke ausreichendes Vermögen an- 
zusammeln. 

Beiträge und Anmeldungen sind zu 
richten an Herrn Kommerzienrat Cohrs, 
Berlin W., Linnestraße 4. 


Der Berlin - Brandenburger Heil- 
stättenverein für Lungenkranke hielt 
am 31. Mai seine 14. ordentliche Gene- 
ralversammlung unter Vorsitz des Prof. 
Dr. v. Leyden ab. Prof. Dr. Nietner 
erstattete den Jahresbericht über die 
Wirksamkeit des Vereins und seiner Heil- 
stätte Belzig im Jahre 1907. Die Mit- 
gliederzahl beträgt 504. In der Lungen- 
heilstätte Belzig wurden im Berichtsjahr 
655 Patienten (einschl. 118 Bestand aus 


26 Freistellen. 558 Patienten kamen zur 
Entlassung, die Gewichtszunahme bei den- 
selben betrug durchschnittlich 2,9 kg. Bei 
31,5 v. H. der Patienten konnten bei 
der Aufnahme Tuberkelbazillen nach- 
gewiesen werden. Die Zahl der Ver- 
pflegungstage betrug 44196, darunter 
11063 für Freibetten (8889 für die Bleich- 
röder - Stiftung) und 10569 für die 
Kinderheilstätte, in der 115 Kinder 
(46 Knaben und 69 Mädchen) behandelt 
wurden. Die Gewichtszunahme bei diesen 
betrug durchschnittlich 2,4 kg. Zur Unter- 
haltung der Patienten fanden eine Reihe 
von Ausflügen, Konzerten und Vorträgen 
statt. Die Verpflegung der Kranken war 
stets eine gute. Infolge Verbesserungen 
des Küchenbetriebes haben sich die Aus- 
gaben für die Verpflegung vermindert auf 
1,62 Mk, mit der Personalverpflegung auf 
1,83 Mk. pro Person und Tag. Dem 
Jahresberichte schlossen sich Berichte des 
Damenkomitees und des Vertreters der 
Bleichröder - Stiftung an. Letzterer 
machte die erfreuliche Mitteilung, daß 
bei dem guten Stande der Bleichröder- 
Stiftung dem Heilstättenverein in diesem 
Jahre wieder eine größere Zuwendung 
gemacht werden könne. Den Kassen- 
bericht erstattete in Vertretung des Schatz- 
meisters Geh. Kommerzienrat v. Oppen- 
heim Herr Schalow. Die Bilanz des 
Vereinsvermögens schloß ab am 1. Januar 
dieses Jahres mit 1137 209,79 Mk. (gegen 
1116250,39 Mk. des Vorjahres, Der 
Jahres-Kassenbericht pro 1907 ergibt eine 
Einnahme von 220506,79 Mk, der eine 
Ausgabe von 239066,10 Mk. gegenüber- 
steht. Die Ausgabe ermäßigt sich jedoch 
um 10097,20 Mk. für nicht angekaufte 
Effekten. An Verpflegungsgeldern wur- 
den vereinnahmt, von Selbstzahlern 
98011 Mk., von Kassen, Berufsgenossen- 
schaften etc. 48578,08 Mk. Die Mit- 
gliederbeiträge ergaben 7854 Mk, ein- 
malige Beiträge 1060 Mk., Beitrag der 
Bleichröder-Stiftung 38500 Mk., die 
Stiftung der Frau Israel 10000 Mk. Effek- 
tenzinsen 4970 Mk. etc. Nach Erteilung 


1906) behandelt, darunter 333 männliche. | der Entlastung wurden die satzungsmäßig 


Die 


Bleichröder - Stiftung unterhielt | ausscheidenden Vorstandsmitglieder, die 


96 


BEILAGE. 


ZEITSCHR. f. 
TUBERKULOSE 





Herren Dr. Paul Friedländer, Bankier 
James Hardy, Geheimrat Herz, Kom- 
merzienrat Koppel, Prof. Dr. II. Liep- 
mann, Syndikus Dr. Springer, General- 
arzt Werner, die Damen Frauen Geheim- 
rat Anna Borsig, Gräfin Anna v. Dou- 
glas, Geheimrat Ehrlich, Prof. Dr. 
Edmund Meyer, Geheimrat Olshausen, 
Geheimrat Prof. Dr. v. Renvers, Viebig- 
Cohn einstimmig wiedergewählt; ebenso 
die Rechnungsrevisoren und deren Stell- 
vertreter. Der Etat für das Jahr 1908 
wurde in Einnahme und Ausgabe auf 
247100 Mk. festgestellt. Aus der dem 
Verein genehmigten Silberlotterie konnten 
60000 Mk. in den Etat eingestellt wer- 
den. Die Gehälter der Beamten wurden 
um gegen 2000 Mk. erhöht und ein Arzt- 
haus, das etwa 45000 Mk. erfordert, soll 
in Belzig erbaut werden. Ferner sollen 
noch die langgeplante neue Liegehalle 
und ein Röntgenkabinett gebaut werden. 
Die Generalversammlung gab ihre Ge- 
nehmigung hierzu. Der neue Chefarzt 
der Heilstätte Belzig, Dr. Freymuth, 
hielt zum Schlusse einen Vortrag über: 
„Die spezifische Behandlung der Lungen- 
tuberkulose in den Heilstätten.“ An die 
Generalversammlung schloß sich eine 
Vorstandssitzung behufs Wahl des Aus- 
schusses. 


Jena. Infolge der Bemühungen der 
Professoren Krause u. Gärtner hat sich 
vor einigen Monaten mit Unterstützung 
der medizinischen Fakultät der hiesigen 
Universität, der Gemeindebehörden und 
der Krankenkassen ein Verein zur Be- 
kämpfung der Lungentuberkulose 
in Jena und Wenigenjena gebildet, dem 
bereits etwa 800 Mitglieder aus allen 
Schichten der Bevölkerung beigetreten 
sind. Der Verein hat die Verwirklichung 
seines Programms sehr energisch in An- 
griff genommen und an die Gemeinde- 
behörden ein Gesuch um Überlassung 
eines geeigneten Grundstückes im Mün- 
chenrodaer Grund zur Errichtung einer 
Walderholungsstätte gerichtet. Der Ge- 
meinderat hat diesem Gesuch entsprochen 
und das gewünschte Grundstück auf 
10 Jahre zur unentgeltlichen Benutzung 


abgetreten. Zu gleichem Zwecke hat die ; 


Druck von Metzger 


Firma Carl Zeiß 5000 Mk., die deutsche 
Zentralstelle zur Bekämpfung der Tuber- 
kulose 8000 Mk. zur Verfügung gestellt, 
während sich die Thüringische Landes- 
versicherungsanstalt in Weimar zur teil- 
weisen Tragung der Verwaltungskosten 
bereit erklärt hat. 


Neuyork. Die Post Graduate Medi- 
cal School (Universität des Staates Neu- 
york) hat einen Lehrstuhl für Moderne 
Phthisiotherapie geschaflen und unserem 
geschätzten Mitarbeiter, Herrn Prof. Dr. 
S. A. Knopf, den Lehrauftrag für die 
neue Disziplin übertragen. Wie rege man 
bei unseren Vettern jenseits des Großen 
Wassers die Bekämpfung der Tuberkulose 
betreibt, dafür möge als Beispiel dienen, 
daß man die Knopfsche Preisschrift 
„Die Tuberkulose als Volkskrankheit und 
deren Bekämpfung“, die schon in die 
allerverschiedensten Sprachen übersetzt 
ist, nunmehr auch noch ins Norwegische 
und ins Chinesische übertragen hat. 


Deutscher Verein für öffentliche 
Gesundheitspflege. Nach einer Mittcilung 
des ständigen Sekretärs, Dr. Pröbsting 
in Köln a. Rh., wird die diesjährige Jahres- 
versammlung des Vereins in den Tagen 
vom 16.—19. September in Wiesbaden 
stattfinden, unmittelbar vor der am 20. Sep- 
tember beginnenden Versammlung Deut- 
scher Naturforscher und Ärzte in Köln. 

Folgende Verhandlungsgegenstiinde 
sind in Aussicht genommen: 

I. Städtische Gesundheitsimter und 
ihre Aufgaben. — Referent: Prof. Dr. v. 
Esmarch (Göttingen). 

2. Wasserversorgung in ländlichen 
Bezirken. — Referent: Geh. Oberbaurat 
Schmick (Darmstadt). 

3. Die Ursachen der „Nervosität“ 
und ihre Bekämpfung. — Referent: Prof. 
Dr. A. Cramer (Göttingen). 

4. Die hygienischen Grundsätze für 
den Bau von Volksschulen. — Referent: 
Stadtbaurat R. Rehlen (München). 

5. Die hygienische Bedeutung städ- 
tischer Markthallen, ihre Einrichtung und 
ihr Betrieb. — Referent: Stadtbauinspektor 
Dr. ing. Küster (Breslau). 


& Wittig in Leipzig. 


Band XIII. Heft 2. 


ZEITSCHRIFT FÚR TUBERKULOSE. 


HERAUSGEGEBEN VON 
B. FRANKEL, F. KRAUS, E. von LEYDEN, W. von LEUBE. 
Redaktion: A. KUTTNER, 





L ORIGINAL-ARBEITEN 


VI. 
Blutuntersuchungen auf Tuberkulose-Immunkörper. IT 


(Aus dem bakteriologischen Laboratorium der Stadt Köln, Dir. Dr. Czaplewski.) 
Von 
Dr. Paul Bermbach, prakt. Arzt in Köln. 


Jevor ich etwas näher auf die schon!) beriihrte Frage eingehe, ob bei 
Le NO meinen Versuchen eine Schädigung der Komplemente durch die 





noch über eine Anzahl von Versuchen berichten, die in derselben Weise wie 
früher, aber nur mit Alttuberkulin, ausgeführt wurden. 


IT. Serie. 

Untersuchung des in der Il. Serie benutzten hämolytischen, reaktivierten 

Serums. 
e I. 0,5 ccm Ser. ?/, + 1,0 ccm Tub. !/, : keine Hämolyse 
2. 0,5 » 33 ie +05 » „ Yes: „ DI 

Das schon genannte Kaninchen K ging am 8. L 08 an Marasmus ein. 
Makroskopisch lieB sich keine Tuberkulose feststellen. Das kurz nach dem 
Tode entnommene Serum wurde durch Erhitzen inaktiviert und vor dem Ge- 
brauch reaktiviert. 


I. 0,5 ccm Ser. K 1/, + 0,5 ccm Tub. */, : keine Hämolyse 
2. 05 » » K'!,+05 » ap, “opt 2 ” 
KH 05 » a K ale +05 » „ ne : „ „ 
4. 05 an a K de +05 » ” CH : , ” 
5. 0,5 A3 29 K en + 0,5 > 3 ion „ 3 


Das Serum K wurde einem Meerschweinchen (M. VIII) subkutan injiziert. 
Zwei Tage, nachdem das Tier getótet worden war, wurde sein Serum in nativem 
Zustande untersucht: 
I. 0,5 ccm Ser. ?*/, + 0,5 ccm Tub. }',,: völlige Hämolyse 
pr ! Loa 
2. O5 a „ a + O,I 33 ») Er „ „ 





1) Leider sind im I. Teil meiner Arbeit einige Druckfehler übersehen worden; es ist zu lesen: 
auf p. 184, Zeile 17 „Immunkörper‘ statt „Serumkörper‘“ und auf p. 185, Zeile 37 „Menge“ statt 
Waage“. 
3) = 


Zeitschr. f. Tuberkulose. XIII, 7 


ZEITSCHR. f. 
PSE ~ TUBERKULOSE 





Kaninchen L (cf. Serie II) wurde am 19.1 08 getötet. Bei der Sektion 


fanden sich nur verkäste Inguinaldrüsen am geimpften Hinterschenkel. Das 
Serum wurde inaktiviert und reaktiviert. 


I. 0,5 ccm Ser. !/ +0,5 ccm Tub. !,, : keine Hämolyse 


2. 0,5 „ 33 ve +05 » 5 GE : „ „ 
3. 0,5 3) „ p" F 0,3 3) 39 REH d 23 39 
4. 0,5 ” „ ce +01 a ” he : ” 13 
5. 0,5 » ” he +05 5 ” à : ” >) 
6. 0,5 „ 23 ae +05 » d E ” It 
7. 05 » H 1: +01 , ” Ch ` >, D 
8. 05 » >) "ie +02 , » gn „ „ 
9. 0,5 o ») so +01 5), „ no: H „ 


Meerschweinchen (M. VID, am 24. I. 08 intraperitoneal mit TB. in Rein- 


kultur infiziert, ging am 13. II. 08 zugrunde. Die Sektion ergab eine ausge- 
breitete Peritonitis tuberculosa. Serum inaktiviert und reaktiviert: 


I. 0,5 ccm Ser. }/ +0, ccm Tub. !/, : völlige Hämolyse ` 
2. 0,5 » ” Së +01 5), ” oh : T ” 
3- O,5 » ” SE +05 » ” eh : ” ” 
4. 0,5 3) 2) le + 0,3 ” 29 ns : 39 ” 
5. 0,5 » DH E +05 » ” et g ” D 
6. 0,5 » „ ER +04 » H ee : ” D 
7: O5 » ” gore + 0,3 a 33 EI „ ” 


Die folgenden Versuche wurden mit Normalseris angestellt; hiervon 


waren M. XII, M. IX, und M. X inaktiviert und reaktiviert worden, wahrend 
die anderen Sera in nativem Zustande untersucht wurden. 


Meerschweinchen M. XII: | : 


I. 0,5 ccm Ser. */, +0,5 ccm Tub. !/, : keine Hamolyse 
2. O5 » ” e +01 » ” ES : ” ” 
3- 0,5 » D SÉ +05 » ” EI völlige ” 
4. 0,5 » 3 Al +05 » » Menge „ » 
5. O,5 » D SC +02 ,„ „ [so ° 5) » 
6. O5 » „ ls +03 » » SE | „ „ 
7: 0,5 29 ” H FOT ,, 29 Jer : „ „ 
8. O,5 » d Gleck + 0,4 » ” Ge ” ” 
9. 0,5 „ „ Alès + 0,2 » „ E : „ 33 
IO. 0,5 3 „ CH + OI 23 „ Gre : 3 nn 


Meerschweinchen M. IX: 
1 5 ir. LU: ` 
I. 0,5 ccm Ser. */, +0,5 ccm Tub. ?/,, : keine Hämolyse 
2. O,5 » ” Hi +03 p „ eg : ” ” 
O m l; + O l; . 
3: 2 ” 2) ¡5 5 ” „ ‚100° „ 3) 


Meerschweinchen M. X: 
I. 0,5 ccm Ser. */ + 1,0 ccm Tub. !, : keine Hämolyse 
2. O5 » ” ech +05 » ” En : ” ” 


125 


BD.XIII,HEFT 2. | 
1908. BEBLUNTERSUFEUNGEN ETC. IT. | 99 





Meerschweinchen M. XI: 
I. 0,5 ccm Ser. !/ +0,5 ccm Tub. ?*', : völlige Hamolyse 


1! 1: à 
2. 0,5 „ 39 15 T 0,5 d „ 125 * „ ” 
e 1 P 1? : > 
3. 0,5 9) 3) i 50 + 0,3 29 3) ¡50 D keine 3) 
1; - l’ ; 
4. 0,5 39 ” ¡50 T 0,5 „ 2) ¿100* ” 33 


Kaninchen ©: 

I. 0,5 ccm Ser. */, +0,5 ccm Tub. *', : keine Hämolyse 
2. 0,5 ” ” "le + 0,5 ” ” WEE ” ” 

3. 0,5 T ” KC + 0,5 ” „ ns „ ” 
Kaninchen R; 

I. 0,5 ccm Ser. *', + 0,5 ccm Tub. Ir keine Hamolyse 
2. O,5 » ” a +05 » „ SE „ ” 
Kaninchen S: 

I. 0,5 ccm Ser. !, +0,5 ccm Tub. */,, : keine Hámolyse 


1/ i à 
2. 0,5 3) 39 i5 + 0,5 „ ” :30 ° ” | ” 
1 1! . 
3. O, 5 „ » la + 0,5 „ „ "um * „ „ 
O Io. +0 I : unvollständige Hämolyse 
4. 95 ” „ 15 95 „ „ ¿50 ° 8 y 
1; LÉ 
5. 0,5 „ „ Je + 0,5 „ „ [su * 33) ” 
1; oo. | 
6. 0,5 „ „ + + 0,5 „ „ :100° ” „ 


In Serie III wurden also, ungerechnet die schon früher erwähnten Sera D 
und K untersucht 10 Sera; davon rührten her: ' 

7 von nicht vorbehandelten normalen Tieren (4 Meerschweinchen, 3 Kanin- 
chen); 2 von mit Blut vorbehandelten Tieren (1 Meerschweinchen, ı Kaninchen); 
ı von einem tuberkulösen Meerschweinchen. Die Gesamtzahl der Versuche 
beträgt in Serie III 55. Meine früher gemachte Beobachtung, daß „bei der 
stärkeren Serumverdünnung (!/,,) dann die Hämolyse ausblieb, wenn sie auch 
bei der schwächeren (!/,) fehlte“, bestätigte sich bei Serum M. XI nicht. Die 
Erklärung hierfür ist nicht schwer zu finden: das Serum wurde in nativem 
Zustande untersucht und die in der Verdünnung von TL, enthaltenen Komple- 
mente genügten nicht mehr zur Reaktivierung des hämolytischen Serums. 

Zur Klärung der Frage, ob das Komplement durch das Tuberkulin eine 
Schädigung erfährt, habe ich zunächst das Tierexperiment zu Hilfe gezogen; 
ausgehend von folgenden theoretischen Erwägungen: da Serum K anscheinend 
Immunkörper enthält, so müssen im Blute eines mit diesem Serum immuni- 
sierten Meerschweinchens (M. VIII) Antiimmunkörper auftreten. Bei geeigneter 
Mischung der beiden Sera K und M. VIII werden also die etwaigen Immun- 
körper in Serum K neutralisiert werden und in der Mischung nur noch Komple- 
mente enthalten sein. Dieses Serumgemisch wird sich also zur Entscheidung 
jener Frage hervorragend eignen. Leider scheiterte jedoch dieser Versuch schon 
vor dem Ziele; der Nachweis von Antiimmunkörpern in Serum M. VIII gelang 
mir nicht. 

Der sichere Weg scheint mir die rechnerische Nachprüfung der sämtlichen 
Versuchsresultate zu sein. Wenn das Tuberkulin die Komplemente schädigt, 
so muB das Ausbleiben der Hämolyse von einem ganz bestimmten Mengen- 
verhältnis zwischen Tuberkulin und Komplementen abhängig sein; es müssen 

7* 


ZEITSCHR. f 
100 nn Far ea = TUBERKULOSE 





also die gleichartigen Versuchsreihen ceteris paribus stets die gleichen Resultate 
geben. Es wurde nun, um nur einige Stichproben zu machen, beobachtet bei 
Gegenwart von 


0,1 ccm Ser. + 0,2 ccm Tub.: 15mal keine, 2 mal völlige Hämolyse 


O,I yy » +91 ” si Jw „ 2, $ „ 
OI» » +0,02 ,, ” > 8 » „ 3 » ” „ 
Ol » » + 09,005 a » © 3» ” O 5) ” „ 


Diese Zusammenstellung spricht allerdings für eine Schädigung der 
Komplemente durch das Tuberkulin, und zwar entsprechend dessen Konzentration, 
trotzdem das eine Postulat, gleiche Resultate in den gleichartigen Versuchs- 
reihen, nicht erfüllt ist. In der Serie II ist nun vollends zu erwarten, daß die 
gleichnamigen Versuche ausnahmslos dasselbe Ergebnis liefern, weil hier stets 
die gleiche Menge eines und desselben Normalserums zur Reaktivierung diente, 
nämlich ot ccm, und weil alle Versuche hintereinander innerhalb 3 Stunden 
ausgeführt wurden, daher auch der Komplementgehalt der einzelnen Proben 
stets derselbe war. Hier wurde nun beobachtet bei Gegenwart von 


0,1 ccm Ser. + 0,2 ccm Tub.: 8mal keine, 1 mal völlige Hämolyse 
"OT » » +0,02 ,, » "A a „ 4 an II „ 


Der Zufall ist hierbei ausgeschlossen, weil die Versuche sämtlich bei mehr- 
maliger Wiederholung stets gleichmäßig ausfielen. Ich glaube nun gerade mit 
Rücksicht auf die letzte Zusammenstellung annehmen zu dürfen, daß nicht das 
Verhältnis von Tuberkulin zu Komplement, sondern der Gehalt der untersuchten 
Sera an Immunkörpern den Ausschlag gibt. Wenn dem aber so ist, so müssen 
sich meine sämtlichen Resultate, ohne daß sich Widersprüche ergeben, in die 
folgenden Schemata einfügen lassen, namentlich hinsichtlich der in Frage 
kommenden Tuberkulinmengen. In den Zeichnungen sollen die nebeneinander 
stehenden senkrechten Stäbe K, I, T bedeuten: Komplement, Immunkörper, 
Tuberkulin. Durch die Länge der Stäbe wird die Menge dieser 3 Körper 
veranschaulicht. 


T 





Schema II. 


Schema III. 





Vom theoretischen Standpunkt aus ist zu erwarten, daß 
die Hämolyse nicht eintritt, wenn 
I. K =0, oder 


pega re BLUTUNTERSUCHUNGEN ETC. II. 101 
2. | annähernd gleich oder größer als K, T aber gleich oder größer 
als I ist (siehe Schema J); 
die Hämolyse eintritt, wenn 
I. T =0, oder 
2. I = O ist, wobei die Größe von T gleichgültig ist (siehe Schema Il; 
die Hämolyse eine unvollständige ist wenn 
I. I kleiner als K ist, K — I aber immer noch eine gewisse minimale 
Grenze übersteigt; hierher muß T mindestens annähernd gleich I sein, 
2. [=K und T kleiner als I ist (siehe Schema III). 

In Serie I ist von vornherein mit einer Differenz im Komplementgehalt 
der einzelnen Sera zu rechnen, da diese bei ihrer Untersuchung weder gleich- 
altrig noch reaktiviert waren. Die Größe von I kann demnach auch hier nur 
einen relativen Wert haben. Das ist wieder ein Nachteil der Benutzung na- 
tiver Sera, falls diese nicht ganz frisch sind. Wir können somit die I. Serie 
bei unserer Berechnung mit den beiden anderen Serien nicht in Beziehungen 
bringen. Mit der Größe von K und I muß auch die von T variieren. Der 
Versuch, die Resultate der I. Serie den oben aufgestellten Schematen anzu- 
passen, ist also zwecklos. Das möchte ich jedoch nicht unerwähnt lassen, daß 
sich durch die Variabilität von K allein schon der Widerspruch im Verhalten 
von Serum E in Serie I und Il erklärt. In den folgenden Serien ist die Größe 
von K konstant, denn von den nativen Seris wurde stets nur 0,1 ccm, d. h. 
0,5 ccm einer Verdünnung von !/,, zur Untersuchung verwandt, während zu 
den inaktivierten Seris immer nur 2 Tropfen Normalserums = 0,1 ccm behufs 
Reaktivierung zugesetzt wurden, ferner waren sowohl die nativen wie die 
reaktivierenden Normalsera stets gleich alt, sie kamen in allen Fällen 2 Tage 
nach ihrer Entnalıme aus dem Tierkörper zur Verwendung. Die Resultate 
haben also hier einen absoluten Wert und lassen sich somit mit jeder beliebigen 
etwa noch folgenden Versuchsreihe, wenn dieselbe nach dem gleichen Muster 
ausgeführt wird, vergleichen. Der Vollständigkeit halber will ich im folgenden 
auch die Versuche mit einer unvollständigen Hämolyse in den Kreis meiner 
Betrachtungen ziehen. 

In Serie II lassen sich in das I. Schema hineinbringen die Sera K, M. IV, 
B und D. Hier ist also I gleich oder größer als K und T, dessen Größe hier 
wie bei allen anderen Versuchen dieser Serie zwischen 0,2 und 0,02 ccm 
schwankt, gleich oder größer als I oder K. 

Dem Schema III entsprechen die Sera L, P, E und M. NL Hier ist I 
kleiner als K; T muß mindestens gleich I, kann natürlich auch gleich oder 
größer als K sein. 

I =o in Serum M. II; die Größe von T ist hier irrelevant. 

Da in Serie III die Menge des zugesetzten Tuberkulins in den einzelnen 
Versuchen sehr variiert, so dürfte es wohl zweckmäßig sein, die einzelnen Sera 
getrennt für sich zu besprechen. 

1. Hämolytisches Serum; I=K, T(= 0,2 — 0,02) — K. 

2. Serum K; I => K, T(= 0,1 — 0,005) — K. 

3. Serum M. VII; I = 0; die Größe von T(= 0,02 — 0,002) ist gleichgültig. 


ZEITSCHR. f. 


102 P. BERMBACH. TUBERKULOSE 








4. Serum L; I — K; T(= 0,1 — 0,002) — K. 

5. Serum M. VII; I =0; die Größe von T ist nebensächlich. 

6. Serum M. XII: trotzdem hier der Wert von K und I in den ersten 
7 Versuchen der gleiche bleibt, sehen wir schon vom dritten Versuche ab 
völlige, in den beiden ersten Versuchen dagegen keine Hämolyse eintreten. 
Es ist deshalb anzunehmen, daß hier I gleich K ist (siehe Schema III), denn 
wäre I kleiner als K oder gleich o, so hätte in den ersten 7 Versuchen ent- 
weder nur eine unvollständige oder gar keine Hämolyse auftreten müssen. 
Dann aber muß im zweiten Versuche T(= 0,02) gleich oder größer sein als K; 
im dritten Versuche dagegen muß T(= 0,01) nahezu gleich O sein! Hier be- 
gegnen wir also dem ersten Widerspruch in unserer Rechnung! 

7. Serum M. IX: I = K, (= 0,02 — 0,005) => K. 

8. Serum M. X: I _- K, T(= 0,2 — 0,02) _- K. 

9. Serum M. XI: I=o. 

10. Serum Q: Lk T(= 0,1 — 0,025) _- K. 

11. Serum R: I > K, T(= 0,1 — 0,05) > K. 

12. Serum S: Hier liegen die Verhältnisse ähnlich wie bei Serum M. XII. 
Die Größe von K und I kann in den einzelnen Versuchen nicht wechseln, da 
die untersuchte Serummenge stets dieselbe ist, und ferner mußK gleich I sein 
aus denselben Gründen wie bei Serum M. XI. Es muß darum bei Versuch 3 
T(= 0,0125) >= K, bei Versuch 4 dagegen T(= 0,01) bedeutend kleiner 
als K sein. 

Fassen wir also das Verhalten von T in Serie II und III nochmals zu- 
sammen, so finden wir, daß in einem Falle T(= 0,01) bedeutend kleiner als 
K, ja fast gleich O ist, im anderen Falle T(= 0,002) — K. Das ist ein Wider- 
spruch, der hervorgehoben werden muß und der uns gerade in der III. Serie, 
wo die einzelnen Sera mit fallenden Tuberkulinmengen untersucht wurden, 
begegnet. | 

Zur Erklärung dieses Widerspruchs könnte man allenfalls an eine Differenz 
im Tuberkulingehalt der einzelnen Tuberkulinflaschchen denken. Zu einem 
ähnlichen Schluß kommt ja auch Wolff-Eisner in seiner Arbeit „Über die 
Ophthalmo- und Kutidiagnose der Tuberkulose“. (Beiträge zur Klinik der 
Tuberkulose, Bd. IX, Heft 1, p. 105): „bei diesem nicht austitrierbaren Produkt 
können auch bei Bezug von derselben Fabrik im Einzelfall leicht Differenzen 
der Wirksamkeit vorkommen“ Mir selbst wurden für meine Versuche von 
den Höchster Farbwerken vorm. Meister, Lucius & Brüning in einem Zwischen- 
raum von 3 Monaten 2 Portionen von Tuberkulinpräparaten liebenswürdigst 
zur Verfügung gestellt. Meine Vermutung, daß es sich hierbei um Tuberkulin ver- 
schiedener Herkunft gehandelt haben könnte, wurde mir jedoch auf meine Anfrage 
von der Firma nicht bestätigt, es wurde mir vielmehr mitgeteilt, daß die beiden 
Sendungen von derselben Füllung (Op. Nr. 28) stammten. Nach dieser Auskunft 
bliebe nur noch die Möglichkeit übrig, daß auch von derselben Kultur her- 
rührende Tuberkulinpräparate, je nachdem sie dem oberen oder dem unteren 
Teil der Kulturflüssigkeit entnommen sind und je nachdem längere oder kürzere 
Zeit nach deren Umschütteln vergangen ist, in ihrem Gehalt an wirksamen 


GE BLUTUNTERSUCHUNGEN ETC. II. 103 











Bestandteilen variieren. Ist diese Wahrscheinlichkeit auch sehr gering, so bleibt 
doch immerhin zu bedenken, ob es nicht ratsam ist, bei Ausführung der - 
Bordetschen Reaktion auf die Benutzung allzu starker Tuberkulinverdünnungen 
ganz zu verzichten und sich mit mittleren Verdünnungen zu begnügen, da als- 
dann die etwaigen Differenzen nicht allzuschwer in die Wagschale fallen. 

Nach den verschiedenen an der Hand der drei Serien gemachten Be- 
obachtungen komme ich zu dem Schlusse, daß die mit Tuberkulin ausgeführte 
Bordetsche Reaktion sich zwar zur Untersuchung von Blutseris auf Tuber- 
kuloseimmunkörper eignet, daß sie aber auch in manchen Fällen Fehlschläge 
gibt, die sich sehr schwer erklären lassen — ein Schicksal, das sie übrigens 
mit manchen anderen in die Diagnostik eingeführten Reaktionen teilt. 





> ZEITSCHR. f. 
104 E TUBERKULOSE 











VII. 


Das Tuberkuloseserum Marmorek. 
Von 
Chefarzt Dr. F. Köhler, 


Heilstätte Holsterhausen-Werden bei Essen Ruhr. 


L 

lie auffallende biologische Erscheinung der Tuberkulinreaktion in 
: ihrer verschiedenen Intensität im tuberkulösen Organismus ist bisher 
“4 einer einheitlichen, sicher geklärten Auffassung noch nicht zugänglich. 
Nach den eingehenden Untersuchungen von Wassermann und Bruck, die 
auch von Lüdke bestätigt, dagegen von Weil und Nakajama, sowie von 
L.Rabinowitsch keine volle Zustimmung erhalten haben,!) gelingt es allerdings, 
eine äußerst geringe Menge von Antituberkulin im tuberkulösen Herde nach- 
zuweisen. Von der Verbindung des Antituberkulins mit dem in den Körper 
eingeführten Tuberkulin soll nun das Auftreten der Reaktion abhängen, ins- 
besondere soll der Mangel der Reaktion bei Schwertuberkulösen damit erklärt 
sein, daß das in die Zirkulation gelangte Antituberkulin bereits in der Zirku- 
lation mit dem Tuberkulin zusammentritt und somit eine einseitige Beeinflussung 
des Organismus verhindert wird.? Die der Wassermannschen Anschauung 
zugrunde liegende Theorie ist geistvoll und gut durchgearbeitet, ob sie in- 
dessen sich mit den tatsächlichen Verhältnissen im tuberkulinisierten Organismus 
deckt und die volle Grundlage trifft für die auf sicher schwierig analysierbare 
Feinheit abgestimmte biologisch-chemische Reaktion, steht noch dahin. 

Eins scheint mir allerdings ziemlich sicher festzustehen, und diese Er- 
kenntnis ist nicht von unwesentlicher Bedeutung: Die Tuberkulinreaktion 
knüpft sich in erster Linie an die Tätigkeit der Tuberkelbazillen selbst, 
nicht an das tuberkulöse Gewebe. Denn nach den interessanten Versuchen 
von Preissich und Heim, welche Tuberkelbazillen in Kollodiumsäckchen in 
die Peritonealhöhle von Versuchstieren brachten und durch spätere Injektionen 
von Tuberkulin nachwiesen, daß Fieberreaktion entsteht, scheint die Annahme 
wohl gerechtfertigt, daß selbige schon zu beobachten ist, wenn Tuberkelbazillen 
nur in einer die Osmose ermöglichenden Membran im Körper vorhanden sind. 
Demgemäß scheint in erster Linie die Tuberkulinreaktion an das Vor- 
handensein von Giftprodukten der Tuberkelbazillen geknüpft zu 
sein, was wiederum die Existenz produzierender Bazillen voraussetzt. Tuber- 
kulöses Gewebe ist also zur Entstehung der Tuberkulinreaktion nicht erforder- 
lich. Auf Grund seiner im Kaiserlichen Gesundheitsamte vorgenommenen 
Versuche stimmt auch Weber dieser Auffassung zu. 

Wenn nun auch bei Gesunden gelegentlich Fieberreaktion nach Tuber- 












1) Ich verweise ferner auf die sehr bemerkenswerte Arbeit von S. Cohn „Über komplement- 
bildende Antikörper und ihre Beziehungen zur Tuberkulinreaktion“ in Berl. klin. Wchschr. 1908, 
Nr. 28, nach der auf Grund eingehender Untersuchungen die Natur und Bedeutung der durch die 
Bordet-Wassermann-Brucksche Versuchsanordnung nachweisbaren Tuberkuloseantikörper noch 
völlig unbekannt erscheinen. 

3) Vergl. dagegen ebenfalls S. Cohn, Le 


een DAS TUBERKULOSESERUM MARMOREK. 105 








kulin, insbesondere aber bei 1 cg überschreitenden Dosen, auftritt, so mag in 
einzelnen Fällen angenommen werden, daß zeitweise auch im Kreislaufe bei 
Gesunden gelegentlich Gift produzierende Tuberkelbazillen kursieren, ohne daß 
diese eine organische Destruktion hervorrufen, sondern vielmehr alsbald wieder 
eliminiert werden. Das stimmt ja auch mit der praktischen Erfahrung überein, 
daß keineswegs jeder, einer gelegentlichen Tuberkuloseinfektionsgefahr aus- 
gesetzte gesunde Mensch nun auch sofort an Tuberkulose erkrankt. Die 
Saugmanschen Untersuchungen über die Erkrankungen der Lungen- und 
Halsärzte, das Ergebnis der Sektion der Leiche Moritz Schmidts, der von dieser 
im Hinblick auf seine jahrzehntelange laryngologische Praxis und scine zahllosen 
Untersuchungen tuberkulöser Kehlkopfkranker einen Gewinn für die wissen- 
schaftliche Auffassung der Überlebenden erwartete, bilden einen genügenden 
klinischen Grund für die Anschauung, daß zur Erkrankung der Bazillus allcin 
nicht genügt. Hier liegt ein Angelpunkt für die Unzulänglichkeit bakterio- 
logischer Anschauungsform hinsichtlich der praktischen Pathologie. 
Weiterhin aber ist die Möglichkeit ebenfalls vorhanden, daß die Fieber- 
reaktion Gesunder nach Einverleibung von Tuberkulin auf eine toxische Reizung 
des wärmeregulicrenden Zentrums, dessen Erregbarkeit zweifellos recht ver- 
schieden bei den einzelnen Individuen ist, zurückzufuhren ist, so daß die Fr- 
scheinung in das Gebiet der pathologischen Physiologie, also in die Lehre der 
Physiologie des artetiziell pathologisch veränderten Organismus, gehört. 


Für die Frage der Entstehung der Tuberkulinreaktion ist neuerdings die 
Erscheinung der Ophthalmoreaktion wie der kutanen Reaktion des 
Tuberkulösen von Wichtigkeit geworden. Die meisten Autoren glauben an 
eine gesteigerte Empfindlichkeit der Zellen des tuberkulösen Organismus, also 
des Gewebes, und kommen zu dem Schlusse, daß eine lokale Antikörper- 
bildung im tuberkulösen Organismus statthat. Diese Auffassung geht also 
über die Wassermannn-Brucksche Auffassung, die eine Antituberkulinbildung 
im tuberkulösen Herde selbst annimmt, hinaus. Nun aber ist die Ophthalmo- 
reaktion wie die kutane Reaktion nach zahllosen Erfahrungen nicht nur im 
Stadium der Entwickelung des tuberkulösen Prozesses zu beobachten, sondern 
ebenfalls bei abgelaufenen Prozessen. Es gleicht also, wie Predtetschenski 
richtig bemerkt, der Wert der genannten Reaktionen dem der Sektion. Sie 
geben keine klinische, sondern eine anatomische Diagnose. Darin liegt die 
Bedeutung, aber auch der Mangel der Reaktionen. Es besteht somit die Auf- 
fassung zu Recht, daß bei einmal stattgehabter Tuberkuloseinfektion eine über- 
empfindliche Reaktionsfähigkeit zum mindesten der Haut- wie der Kon- 
junktivalzellen zurückbleibt. Die tuberkulöse Infektion rüstet also nicht 
nur die tuberkulös affizierte, sondern auch die gesunde Zelle mit 
einer Überempfindlichkeit, welche möglicherweise in der Fähigkeit 
gesteigerter Antikörperbildung besteht, aus. Die Bindung des ge- 
bildeten Antituberkulins mit dem Tuberkulin führt alsdann zu einer entzünd- 
lichen lokalen Reaktion. Indessen ist diese Auffassung noch nicht hinlänglich 
cesichert. Eine kritische Erörterung dieser Verhältnisse bchaite ich mir vor. 

Für die Tuberkulininjektion und ihre Folgen bleibt nun weiterhin das 


e ZEITSCHR. f. 
106 F. KÓHLER. TUBERKULOSE 





Rätsel übrig, warum die Intensität der Reaktion keineswegs proportional der 
Ausdehnung des tuberkulösen Prozesses ist. Es scheint, daß die akuten Prozesse, 
speziell die frischen Spitzentuberkulosen, besonders heftig auf eine Tuberkulin- 
injektion reagieren, während mit der Ausdehnung des Prozesses, oder vielleicht 
besser gesagt mit dem Älterwerden der Lungentuberkulose die Reaktionsfähig- 
keit des Körpers abnimmt, so daß gar nicht selten bei schwer Tuberkulösen 
die Reaktion völlig ausbleibt, eine Erscheinung, aus der Wolff-Eisner für 
seine Ophthalmoreaktion prognostische Schlüsse zu ziehen den Versuch machte. 


Mit diesen Ideengängen kommen wir denn auf die Grundlagen, auf denen 
Alexander Marmorek seine Theorie und die Gewinnung seines Antituber- 
kuloseserums aufbaute. 

Nach Marmorek spielt zweifellos die Qualität der Bazillen selbst, ihre 
biologische Leistungsfähigkeit eine ausschlaggebende Rolle. Wir haben ferner 
in sämtlichen Serumfragen mit dem Begriff der „Gewöhnung“ zu rechnen, 
unter der wir biologisch eine Herabsetzung der Giftsensibilität der 
Zelle, eine Passivität, uns vorzustellen haben, welche in einer Hemmung der 
vital-energetischen Reaktionsfähigkeit der Zellen besteht, und andererseits mit 
dem Begriff der „Überempfindlichkeit“, in der wir umgekehrt eine Steigerung 
der Giftsensibilität der Zelle, eine Steigerung vital-energetischer Reaktions- 
fähigkeit, erblicken. 

Die Vorstellung Marmoreks, daß die Tuberkelbazillen, je nach dem 
Nährboden, einen verschiedenen Stoff absondern, ist durchaus plausibel, sobald 
man die Tatsache festhält, daß der Stoffwechsel und das Produkt desselben, 
die Absonderung, abhängig sein muß von der Natur der aufgenommenen 
Stoffe. Ob indessen die Verschiedenheit der abgegebenen Bazillenstoffwechsel- 
produkte stets die gleiche Giftigkeit für die Bazillen selbst bedingt, ob auf 
Grund dieser Dinge eine therapeutische Wirkungsweise in dem tuberkulös 
infizierten Organismus errungen werden kann, in dieser Frage muß schließlich 
die klinische Beobachtung das letzte Wort sprechen. Jedenfalls reiht sich, 
wie ich schon an anderer Stelle hervorgehoben habe, die Auffassung Mar- 
moreks von der Verschiedenheit der Absonderungen der Tuberkelbazillen 
nach dem Nährboden durchaus in unsere Auffassungen vom Naturgeschehen 
ein, ja vielleicht ist hier auf ein Naturprinzip hingewiesen, das in der Zu- 
kunft noch zu wichtigen Erkenntnissen führen wird. Meines Erachtens sind 
wir geneigt, die gesamte Biologie der Mikroorganismen noch unter 
viel zu einseitigen Gesichtspunkten zu behandeln und bei der Ver- 
knüpfung derselben mit pathologischen Fragen mikrochemische 
Probleme außer acht zu lassen. Die Lehre vom Stoffwechsel der 
Bakterien, insbesondere von den Beziehungen der biologischen 
Vorgänge in den Mikroorganismen zu den Nährböden liegt noch 
im argen, und die Frage nach den Gründen der Schwankungen der 
Virulenz der Bakterien und den Beziehungen dieser Schwankungen 
zu der Infektion bedarf noch recht gründlicher Bearbeitung. 

Der von Marmorek bei der Züchtung von Tuberkelbazillen auf „leuko- 
toxischem Serum“ gewonnene Stoff ist zweifellos von den Robert Koch- 


delta nie DAS TUBERKULOSESERUM MARMORER. 107 











schen Tuberkulinen verschieden. Ob aber die Auffassung Marmoreks, daß 
die Wirkung des Kochschen Tuberkulins deshalb einseitig sei, weil es bei der 
Immunisierung von Impftieren nur Antituberkulin zu bilden imstande sei, gegen- 
über andersartigen Giften der Tuberkelbazillen dagegen naturgemäß wirkungslos 
bleibe, zu Recht besteht, möchte ich nicht ohne weiteres annehmen. Die 
zweifellos eigenartig verschiedene Wirkung des Kochschen Tuberkulins im 
tuberkulösen Organismus hängt meines Erachtens viel inniger zusammen mit 
der Verschiedenheit des Charakters der Tuberkuloseinfektion in 
den verschiedenen Individuen, welcher seinerseits wiederum von dem 
individuellen Verhalten des Körpers gegenüber der bakteriellen 
Noxe und von der Giftstärke dieser abhängig ist. 

Aus seiner Vorstellung heraus, daß das Kochsche Tuberkulin die Tuberkel- 
bazillen zur Absonderung eines Toxins anrege und somit nur eine vorbe- 
reitende Rolle spiele, erklärte Marmorek auch die von Buchner, Matthes 
und anderen betonte Tatsache, daß Substanzen von ähnlicher Zusammen- 
setzung, wie das Tuberkulin, Proteide, Albumosen, insbesondere die Deutero- 
albumosen (Matthes), die Reaktion hervorrufen. 

Die Züchtung der „primitiven Bazillen‘ unter einem besonderen Nähr- 
milieu strebte nun an, den Bazillen auch außerhalb des Organismus einen ähn- 
lichen günstigen Nährboden zu gewähren, wie im Körper des Infizierten, und 
die Sekretionsprodukte würden nach Marmoreks Auffassung auf diese Weise 
am ehesten denen, welche im Körper gebildet werden, identisch werden. Mit 
der auf diese Weise gewonnenen Substanz gelang es Marmorek in der Tat, 
Meerschweinchen gegen die subkutane Impfung von 1—2 Tropfen einer 
schwach opaleszierenden Aufschwemmung von Bazillen zu schützen. Der 
tierexperimentellen Grundlage entbehrt also die Methode Mar- 
moreks nicht. Indessen ist praktisch damit noch nicht der letzte Schritt 
zur Notwendigkeit der Wirkungsweise beim Menschen gegeben. Es liegt das 
daran, daß ohne Zweifel der menschliche Organismus in seiner Totalität wie in 
seiner Einzelzellenbiologie doch himmelweit vom Meerschweinchenkörper ver- 
schieden ist und auch der Tuberkuloseinfektion wie deren Bekämpfung gegen- 
über sich durchaus andersartig verhält. Das Meerschweinchen verhält sich 
seiner Zellenkonstitution nach zweifellos sehr empfänglich gegenüber der Tuber- 
kuloseinfektion, während das im allgemeinen vom Menschen nicht gesagt werden 
kann. Vielmehr ist die Empfänglichkeit der einzelnen Menschen gegen- 
über der Tuberkuloseinfektion äußerst variabel, ja höchst wahrschein- 
lich ist die Empfänglichkeit des einzelnen Individuums zu verschiedenen Zeiten 
und unter den verschiedensten Bedingungen schon recht wechselnd. 


Somit kann es wohl kaum wundernehmen, wenn die Ergebnisse der 
therapeutischen Anwendung des Marmorekserums nicht ohne weiteres ein- 
heitliche Resultate gezeitigt haben. Die bakterizide Wirkung kommt in 
zahlreichen Fällen sicher nicht zur vollen Geltung. Wenn besonders von Frey 
die rektale Darreichung empfohlen wurde, so schieben wir damit wiederum ein 
neues Moment ein, das möglicherweise hemmend wirken muß. Wir wissen 
nämlich nichts über die Gesetzmäßigkeit der Resorption für die Mar- 


ZEITSCHR. f. 
108 F. KOHLER. TUBERKULOSE 








moreksche Flüssigkeit; ähnlich wie bei der Anwendung von Tuberkulin- 
suppositorien!) habe ich mehrfach den Eindruck gewonnen, daß in nicht wenigen 
Fällen die Resorption vom Darm eine geringe ist. Es liegt das wohl daran, 
daß überhaupt die Darmresorption bei den einzelnen Menschen äußerst ver- 
schiedenartig ist, gelingt es doch durchaus nicht in gleicher Weise, z. B. bei 
Mastkuren, gleiche ,,Ansatz“erfolge zu erzielen, was nicht allein in der Auf- 
nahme der Zellen, der Assimilationsfähigkeit, gelegen sein dürfte, sondern 
ebenso in der mangelhaft entwickelten Resorptionsfähigkeit der Darmzotten. 
Bekanntlich sind nicht alle guten Esser auch die korpulentesten und die 
schlechten Esser die magersten, hier spielen individuelle Vitalvorgänge 
der Resorptionszellen zweifellos eine große Rolle. Zunächst also begeben 
wir uns mit der Klysmadarreichung des Serums schon auf einen unsicheren 
Weg und dann geht die Unsicherheit weiter, wenn wir die Frage beantworten 
sollen, ob nun tatsächlich im Organismus das Marmorekserum zu einer 
Bakterizidie befähigt ist. 

Die klinische Erfahrung läßt dies höchst fraglich erscheinen. Die 
Durchsicht der Literatur ergibt, daß die Resultate äußerst ungleich aus- 
gefallen sind. Eine Besprechung im einzelnen erübrigt sich wohl, zumal ich 
einen großen Teil der vorliegenden Erfahrungen bereits in einem Referate im 
„Internationalen Zentralblatt für die gesamte Tuberkuloseliteratur 1906, Nr. 2, 
besprochen und literarische Mitteilungen in den ,,Fortschritten der Medizin‘ 
1906, Heft 29, gegeben habe. Eine vollständige Übersicht der vorliegenden 
Literatur habe ich meiner Abhandlung beigegeben, bei deren Anfertigung mich 
Herr Dr. Marmorek in Paris in dankenswerter Weise unterstützte. Die Re- 
präsentanten der begeisterten Anhangerschaft des Serums sind Frey und Ull- 
mann, die Gegenpartei bilden Krokiewicz, Engländer, de la Camp, 
Stadelmann und Benfey, Holmboe. Auf der Mittellinie mit Neigung zur 
günstigen Beurteilung stehen Hoffa, Monod, Stephani. Die Franzosen neigen 
zum größeren Teile der günstigen Bewertung des Serums zu, während man in 
Deutschland außerordentlich ungleiche Erfahrungen gemacht hat. Nicht klein 
ist die Zahl derer, welche jede Einwirkung vermissen und das Serum unbe- 
friedigt verlassen haben. Verhältnismäßig gering ist die Zahl derer, welche 
direkte schädliche Folgen nach Anwendung des Serums gesehen haben. 
Aber mit dieser Erfahrung ist die Medizin keinen Schritt weiter gebracht, zum 
mindesten muß sich zu dem Bewußtsein, dem Kranken nicht geschadet zu 
haben, auch die Gewißheit, ihm genützt zu haben, hinzugesellen. Von dieser 
ist indessen in vielen Fällen nichts zu merken. 

Fasse ich nun die von den verschiedensten Seiten gemachten Erfahrungen 
zusammen, so komme ich zu dem Schlusse, daß sich bisher das Serum 
Marmorek ein Anrecht auf das Prädikat eines guten, zuverlässigen 
Tuberkulosemittels nicht hat erwerben können. Die begeisterten 
Anhänger mögen aus zahlreichen Mißerfolgen oder Indifferenz zeigenden Resul- 
taten anderer gewissenhafter Untersucher entnehmen, daß ein begeisterter Opti- 
mismus, wie so häufig in medizinischen Dingen, nicht am Platze ist, die ener- 





l) Vergl. dazu A, Lissauer, Dtsch. med. Wehschr. 1907, Nr. 33. 


Ep al DAS TUBERKULOSESERUM MARMOREK. 109 





i a nn oe EI 








gischen Gegner mögen aus nicht gerade selten beobachteten erfreulichen Er- 
gebnissen sich belehren lassen, daß das Serum nicht durchweg schlechte 
Resultate zeitigt. Je größer das Material, desto sicherer wird sich ein er- 
schöpfendes Bild gewinnen lassen. Auch meine Erfahrungen werden in diesem 
Hinblick einen nicht wertlosen Beitrag zu liefern geeignet scin. 


IL 

Ich habe im ganzen 60 Fálle mit dem Serum Marmorek behandelt 
und vor allen Dingen Fälle dieser Behandlungsmethode unterzogen, von denen 
ich einen Erfolg durch eine physikalisch-diätetische Kur allein nicht recht er- 
wartete. Naturgemäß handelte es sich also um fortgeschrittenere Fälle, bei 
denen immerhin eine Hoffnung auf Besserung recht wohl bestand und bel 
denen eine Besserung oder ein Stillstand mit weit größerem Rechte dem Serum 
zugeschrieben werden mußte, als wenn man leichte Fälle mit der Serummethode 
behandelt hätte, bei denen eine Spontanheilung nicht selten erreicht oder bei 
denen eine Heilstättenkur allein schon vollen Erfolg zeitigen wird. Die Dauer 
der Behandlung betrug 3 mal bis zu 5 . Wochen und mußte dann wegen 
zwingender Gründe, nämlich einer evidenten Verschlimmerung, abgebrochen 
werden. Zwischen 50—60 Tagen wurden 4, zwischen 60—70 Tagen 2, zwischen 
70—80 Tagen 5, zwischen 80—go Tagen 6, zwischen 90—100 Tagen 22, 
zwischen 100—110 Tagen 4, zwischen 110—120 Tagen 6, zwischen 120—130 
Tagen 4, 157 Tage 1, 171 Tage 1, 184 Tage 1, 194 Tage 1 behandelt. 

Die Darreichung geschah per rectum morgens nach Entleerung des 
Darmes. Nur in 2 Fällen habe ich versucht, das Serum intravenós zu geben, 
was bei einer Dosis von 5 ccm recht wohl gelang. Als ich bei 2 verschiedenen 
Patienten 10 ccm injizierte, beobachtete ich kurz hinterher einen Besorgnis 
erregenden Kollaps, so daß bei der intravenösen Injektion keinesfalls über die 
Menge von 5 ccm Serum hinausgegangen werden sollte. 


Die Dosierung war eine verschiedenartige. Meist habe ich anfangs 
10 Tage lang täglich 5 ccm Serum per rectum injiziert, dann eine Pause von 
10 Tagen eintreten lassen, dann folgte ein Turnus von 10 Tagen mit täglich 
Io ccm, dann wiederum 10 Tage Pause, sodann 10 Tage täglich 5 ccm oder 
10 ccm, 10 Tage Pause etc. In einer anderen Serie habe ich das Serum ohne 
Pause 2tägig zu je 5 ccm oder je IO ccm geben lassen; einzelne Variationen, 
tägliche Darreichung, sind ebenfalls gemacht worden und aus den Protokollen 
ersichtlich. Abweichungen durch gelegentliche Verhinderung sind ebenfalls 
dort notiert. Ein besonderes Schema für die Darreichung als besonders zweck- 
mäßig habe ich nicht finden können. Ich glaube, daß die meisten eine 2 tägige 
10 ccm-Darreichung recht wohl vertragen, zumal mit verschiedenartiger und 
gewiß nicht selten gehemmter Darmresorption gerechnet werden muß. 


Es wurden im ganzen 16295 com Serum verabreicht, welche Menge 
sich auf die einzelnen Kranken in der in den Protokollen angegebenen Weise 
verteilt. Die Möglichkeit, an unbemittelte Patienten das Serum abgeben zu 
können, wurde durch die Bereitwilligkeit der Landesversicherungsanstalt Rhein- 
provinz sowie der Fabrikkrankenkasse der Gewerkschaft Deutscher Kaiser zur 


x ZEITSCHR. f. 
IIO Ben allen. SR TUBERKULOSE 











Kostenübernahme geschaffen. Die Kosten sind keine geringen, da 5 ccm Serum 
sich immerhin auf 2,30—2,50 Mk. stellen, wenn man es von Paris direkt be- 
zieht (Apotheke Ferdinand Roques, Paris, Boulevard St. Croix de la Bre- 
tonnerie); ein nicht unbedeutendes Quantum stellte uns Herr Dr. Marmorek 
bereitwillig unentgeltlich zur Verfügung, wofür an dieser Stelle nochmals unser 
Dank ausgesprochen sel. 

Die Resultate waren nun äußerst ungleich. 


Gehe ich zunächst auf die unerfreulichen Vorkommnisse ein, so ist 
zu verzeichnen, daß in 7 Fällen Blutungen während der Kur zur Beobachtung 
kamen; in einem Falle war dieselbe so heftig, daß der Kranke in der Blutung 
verstarb. Lege ich auch nicht etwa durchweg das Vorkommen von Blutungen 
dem Serum zur Last, so ist immerhin bemerkenswert, daß das Serum das Auf- 
treten einer solchen nicht verhindern konnte, und daß in keinem einzigen Falle 
etwa nach der Blutung sich eine Besserung eingestellt hatte. In einem Falle 
(Nr. 5) traten multiple Abszesse auf, obwohl die rektale Methode ausschließlich 
zur Anwendung gekommen war, im Anschluß daran maligne Kniegelenkstuber- 
kulose, so daß das Bein amputiert werden mußte. Außerdem stellte sich 
während der Behandlung Blutung ein und zeitweise Fieber. Derselbe Kranke 
klagte schon nach den ersten Tagen der Serumanwendung über starke, neu 
auftretende Schweiße, Kopfschmerzen und Brustziehen. Der Kranke befindet 
sich zurzeit noch in Krankenhausbehandlung. 

In 2 Fällen äußerte sich eine eigenartige psychische Einwirkung. 
Einer wies die Zeichen einer geradezu verblüffenden psychophysischen Gleich- 
gewichtsstórung auf, über die ich mich bereits eingehend in Brauers ,,Bei- 
trägen zur Klinik der Tuberkulose“ Bd. VI 1907 geäußert habe, mit völliger 
Verkennung seines schweren Zustandes und mit ausgesprochenem Zwangslachen. 
Der Patient ist bald nach der Entlassung gestorben. Der zweite Kranke 
wünschte in einer Art von Vagiertrieb an kaltem Winterabend den von hier 
etwa Io Stunden betragenden Weg nach Dortmund, in aufgeregter Gemüts- 
verfassung, zurückzulegen und konnte nur mit größter Anstrengung beruhigt 
werden. 

In ı Falle entwickelte sich eine aller Behandlung trotzende Kehlkopf- 
tuberkulose. Dazu nahm der schon anfangs bestehende Diabetes sichtlich 
zu. Der Erfolg war ein durchaus ungünstiger. 

In 2 Fällen entwickelte sich eine sichere Darmtuberkulose, bei ı Falle 
blieb die Diagnose des tuberkulösen Ursprunges nicht ganz sicher, es gesellte 
sich indessen Appetitmangel und dauernder Kopfschmerz hinzu. In ı Falle 
wurde über heftige Unterleibsschmerzen geklagt, welche auf peritoneale 
Reizungen bezogen werden mußten. 

In 1 Falle entwickelte sich allmählich ein Mastdarmabszeß. 

In 12 Fällen trat Fieber auf, bei vorher normaler Temperatur. In 
3 Fällen steigerte sich das Fieber bei vorher leichten Temperaturerhöhungen. 
In 5 Fällen blieb das leichte und mittlere Fieber völlig unbeeinflußt bestehen, 
in 2 Fällen wurde es sehr unsicher beseitigt, während nur in 2 Fällen vorher 
bestandenes Fieber beseitigt werden konnte. 


ED RESTE. DAS TUBERKULOSESERUM MARMOREK. III 











Bezüglich der Lungenveränderungen machte ich folgende Be- 
obachtungen: Besserung des Lungenbefundes, zum Teil aber nur sehr 
gering, trat ein in 22 Fällen, unverändert blieb derselbe in 18 Fällen, ver- 
schlechtert hatte sich der Lungenbefund trotz Serumbehandlung in 20 Fällen. 
Eine ausgesprochene Verschlechterung des Gesamtzustandes trat in ı5 Fällen 
ein. Besserung subjektiver Beschwerden und Symptome erfolgte in 
21 Fällen, unverändert blieb Husten, Auswurf, Atemnot, Appetit etc. in 26 Fällen, 
eine bedeutende Verschlechterung dieser trat in ı3 Fällen auf. — Herz- 
störungen wurden in auffallender Form nicht beobachtet. 

Tod während oder kurz nach der Behandlung erfolgte in 4 Fällen. 

Günstiger gestaltete sich unter der Behandlung die Zunahme des Ge- 
wichtes in den einzelnen Fällen. Trotz verschlechterten Lungenbefundes nahm 
häufig das Gewicht auffallenderweise zu, so daß diese Beobachtung wiederum 
mahnt, die Prognose nicht etwa vorzugsweise von der Gewichtskurve abhängig 
zu machen. | 

Sehr gute Gewichtszunahme (über 3!/,—4 kg) zeigten 17 Fälle, 
mäßige Gewichtszunahme (bis 3!/, kg) 16, sehr geringe Gewichts- 
zunahme 14, unverändertes Gewicht 5, Gewichtsabnahme 8. ` 

Fast ausschließlich wurden in den Fällen, bei denen die Untersuchung 
das Vorhandensein von Tuberkelbazillen ergeben hatte, auch bei der Ent- 
lassung Tuberkelbazillen gefunden, nur in einem Falle bei anfangs vorhandenen 
Tuberkelbazillen war der Auswurf bei der Entlassung nicht mehr zu gewinnen. 
Ein Fall war anfangs bazillenfrei, bei der Entlassung war der Auswurf bazillen- 
haltig. Auf diese beiden letzteren Fälle lege ich keinen sonderlichen Wert, 
da bei geringem Bazillengehalt oder bei starker Verminderung des Auswurfes sich 
Fehlerquellen für die Beurteilung des Bazillenhustens nicht vermeiden lassen. 


Damit hätte ich in Kürze die Ergebnisse charakterisiert. Es leuchtet 
aus denselben sofort die eigenartige Unregelmäßigkeit hervor. Zweifellos 
ist eine gründliche Besserung nicht mehr in den Anfängen stehender Lungen- 
tuberkulose unter dem Einfluß des Serum Marmorek selten, sofern man 
darunter eine gleichmäßige Besserung des Lungenbefundes, des Allgemein- 
zustandes (Gewichtes), der Symptome (Husten, Auswurf, Atemnot) und der 
subjektiven Beschwerden (Brustschmerzen, Stiche, Mattigkeit) versteht.. Dagegen 
ist eine Besserung in einer der angegebenen Richtungen im einzelnen Falle 
durchaus häufig. Es ist nach 3—4 monatiger Behandlung alsdann noch nicht 
zu übersehen, welche Rückwirkungen diese einseitige Besserung auf die Ge- 
staltung der übrigen Verhältnisse ausübt. Es ist an sich recht wohl möglich, 
daß eine Besserung des Hustens und der Atemnot auf die Tuberkulose der 
Lunge durch die veränderten Blutverhältnisse auf Grund regelmäßiger Atmung 
weiterhin gutartig einwirkt, auch kann die Möglichkeit, daß eine Gewichts- 
zunahme eine Besserung der allgemeinen Widerstandskraft inauguriert, nicht 
geleugnet werden; ob die Gewichtszunahme vielleicht schon der Ausdruck der 
gesteigerten Leistungsfähigkeit ist, mag auch nicht ohne weiteres von der Hand 
gewiesen werden. Trotz alledem aber bleibt es recht unbefriedigend, daß in 
nicht weniger wie 38 Fällen sich der Lungenbefund offenkundig verschlechterte, 


II 2 TUBERKULOSE 


F. KOHLER. ZEIT SCHR. 2 








oder aber völlig unverändert ungünstig blieb und nur in 22 Fällen das Wort 
Besserung, selbst bei weitestgehender Liberalitat, Anwendung finden konnte. 

Aus den erwahnten unliebsamen Vorkommnissen geht ferner hervor, 
daß eine allgemeine Verträglichkeit des rektal angewandten Serums nicht 
behauptet werden kann. Störungen der Darmtätigkeit bis zur Darmtuberkulose 
werden zum mindesten nicht verhindert, in manchen Fällen vielleicht pro- 
voziert. Subjektive neue Beschwerden, wie Kopfschmerz, Brustschmerz und 
Unterleibsschmerzen, frische Temperaturanstiege kommen zur Beobachtung 
und drücken zweifellos ein aufrichtiges Vertrauen zu der Behandlungsmethode 
herab. | 

Zur richtigen Würdigung der Schlüsse und zum Beleg gebe ich hier 
summarisch die Krankengeschichten der 60 Kranken wieder, aus denen 
auch manche Einzelheit wichtig sein dürfte. 


1. Josef Linnhoff, 45 J., Förster, 18. XII. 06—0. II. 07. Dauer: 54 Tage. 

Keine Belastung. 3. Kind. Beginn angeblich vor 4 Jahren mit starkem 
Husten, später Auswurf, nach 8 Monaten Blutspucken 14 Tage lang. Vor 2 Jahren 
Atemnot, Mattigkeit; vor 3 Wochen noch einmal Blutspucken, Fieber unbekannt. 

Befund: R. Scap. verkürzt. 

R. Clav.: Reichliche kleinblasige, halbtrockene Rasselgeräusche, unterhalb desgl. 
mit Knarren bis VI. Rippe, auch A. L. L. Clav.: Trockenes Rasseln, verschärfte 
Atm., unterhalb Atm. verschärft. A. L.: frei. L. Scap.: Trockenes Rasseln bis zur 
Mitte, verschärftes Atmen. R. Scap.: Reichliche kleinblasige, halbfeuchte Rassel- 
geräusche, nach unten zu abnchmend. 

Tbaz.: +; Gewicht: 65 kg, bei der Entl.: 68,5 kg; Tp.: dauernd normal, 
höchstens 37°. Viel Husten. 

Während der Kur: Komplikationen infolge Durchfälle in der 
8. Woche mit starken Kopfschmerzen. 

Bei der Entlassung: Klage über Appetitmangel. Kein Husten; mäßiger 
Auswurf. Häufig Kopfschmerzen. Patient ist mit dem Erfolg selbst wenig zufrieden. 

Befund: R. Clav. und R. Scap. stark verkürzt. Von der III. Rippe ab Ver- 
kürzung. 

R. Clav.: Trockenes Rasseln und Knarren; unterhalb desgl. mit Giemen, ver- 
einzelt, bis IV. Rippe. Dann Atm. abgeschwácht. A. L.: Unreines Insp. L. Clav.: 
Geringes Knistern im Insp., abgestuft. Unterhalb Atm. rauh, Knistern. L. Scap.: 
Unreines Atmen. Abwärts frei. R. Scap.: Knarren. Abwärts rauh-verschärftes Insp. 
— Tbaz.: +. 

Modus: 10 Tage täglich 5 ccm per anum; 11 Tage Pause; 10 Tage 10 ccm 
per anum; 10 Tage Pause; 7 Tage 5 ccm. Aussetzen wegen Auftritts von Durch- 
fällen und Kopfschmerzen. Verabreicht: 185 ccm Serum Marmorek per anum. 

Erfolg: Geringe objektive Besserung auf beiden Lungen. Husten 
verschwunden. Gewichtszunahme: 3*/, kg. Komplikation: Appetitmangel, 
Durchfälle in der 8. Woche mit starken Kopfschmerzen. 

2. Adolf Ringelsiep, 28 J., Mechaniker, 27. XI. 06—28. II. 07. Dauer: 
94 Tage. 

Wahrscheinlich beiderseitige Belastung. 4. Kind. Beginn vor !/, Jahr mit 
Stichen, Nachtschweißen, geringem Blutspucken, Husten, Auswurf. 24 Pfd. Gewichts- 
abnahme. Fieber unbekannt. 

Befund: L. Clav. und L. Scap. verkürzt. 

R. Clav.: Knistern bis III. Rippe, abwärts Insp. verschärft. L. Clav.: Reichlich 
trockene Geräusche bis IV. Rippe. L. Scap.: Knistern. R. Scap.: Rauhes Atmen, 
vereinzelte trockene Geräusche. 


SE DAS TUBERKULOSESERUM MARMOREK. 113 














Tbaz.: + reichlich; Gewicht: 51 kg, bei der Entl.: 54 kg; Tp.: dauernd 
normal, höchstens 37% Wenig Husten und Auswurf. | 

Während der Kur: Keine Komplikationen. — Malzextrakt. 

Bei der Entl.: Kein Husten, geringer Auswurf. Tbaz.: +. 

Befund: Perkussion wie oben. 

R. Clav.: Rauh-verschärftes Insp., unterhalb Insp. verschärft, ohne Geräusche. 
L. Clav.: Knistern, zähe Geräusche, vereinzelt Giemen, unterhalb feuchte Geräusche 
bis zur IV. Rippe. A. L.: Verschärftes Insp. L. Scap.: Knistern, feuchte Geräusche, 
Atm. abgeschwächt. Unterhalb vereinzelt feuchtes Rasseln. R. Scap.: Rauhes Atmen. 

Modus: 11 Tage 5 ccm; Pause 10 Tage; 3 Tage 10 ccm; klagt über Brust- 
ziehen; Pause 3 Tage; 7 Tage 10 ccm; Pause 10 Tage; 10 Tage 10 ccm; Pause 
10 Tage; 10 Tage 5 ccm. Verabreicht: 305 ccm Serum Marmorek, per anum. 

Am 31. IV. o7 Mitteilung aus dem Krankenhause, daß Operation wegen Mast- 
darmabszeB vorgenommen ist. 

Erfolg: Geringe objektive Besserung der R. Lunge. Gewichts- 
zunahme 3 kg. Komplikation: Nachfolgender Mastdarmabszeß. 

3. Max Reintges, 25 J., Reisender, 29. VIII. 06— 22. XII. 06. Dauer: 
116 Tage. 

Keine Belastung. 2. Kind. Mai 1905 Pneumonie mit nachfolgender Venen- 
thrombose im Becken, später Nachtschweiße, viel Auswurf, Fieber anfangs. 


Befund: R. Clav. und Scap. verkürzt. Befund bei der Entl.: Keine Schall- 


differenz. 

R. Clav.: Trockene Rasselgeräusche. R. Clav. frei. Unterhalb unreine, 
Bis IV. Rippe Knistern. L. Clav.: knackende Atm. bis III. Rippe. L. Clav.: 
Reichliches trockenes Rasseln bis III. Trockenes Rasseln, unterhalb Knacken 
Rippe. A. L.: Vereinzeltes Rasseln. bis IV. Rippe A. L.: Rauhe Atm. 
L. Scap.: Trockene Rasselgeräusche bis L. Scap.: Knackende, trockene Ge- 
zur unteren Lungengrenze. R. Scap.: räusche, rauhe Atm., unterhalb unrein. 
Unreines Atmen im oberen Teil. R. Scap.: Unreines Atmen. 


Tbaz.: —; Gewicht: 69,5 kg; Beginn | Gewicht: 73 kg. 
mit Serum: 19. XI. 06. 


Modus: 10 Tage 5 ccm; Pause 7 Tage; 10 Tage Io ccm; Atmung besser, 
fast kein Husten, Appetit besser. Verabreicht: 150 ccm Serum. 

Während der Kur: Zeitweise leichtes Fieber 37,4—37,6, auch noch bei 
Schluß der Kur. 

Erfolg: R. Lunge wenig gebessert; leichtes Fieber nicht gehoben; 
Atmung, Husten, Appetit gebessert. 


4. Franz Götzke, 25 J., Schachtmeister, 19. IX. 06— 14. XII. 06. Dauer: 
87 Tage. 

Mutter an Phthise +. 5. Kind. Juli 1906 Blutspucken, August 1906 2 mal Blut- 
sturz JL und !/, Liter. Husten, Auswurf. Fieber unbekannt. Zeitweise Nacht- 
schweiBe. 


Befund: R. Clav. und R. Scap. ver- 
kürzt. 

R. Clav.: Reichlich trockenes Rasseln, 

Atm. verschärft. Trockenes Rasseln 


Bei der Entl.: R. Clav. und obere 
R. Scap. verkürzt. 

R. Clav.: Geringe trockene Geräusche 
im Insp., bis III. Rippe; Atm. ver- 
bis II. Rippe. L. Clav.: Geringes schärft. L. Clav.: Frei. L. Scap.: 
trockenes Rasseln im Insp. Sonst frei. Frei. R. Scap.: Verschärftes Insp. im 
L. Scap.: Trockenes Rasseln im oberen oberen Teil. Auswurf noch vorhanden. 
Teil. R. Scap.: Trockenes Rasseln im Husten abgenommen. 
oberen Teil. | 

Tbaz.: +; Gewicht: 58,5 kg. | Tbaz.: +; Gewicht: 59 kg. 
Zeitschr. f. Tuberkulose. XIII. 8 


ES ZEITSCHR. f.' 
114 F. KOHLER. TUBERKULOSE 





Modus: Vom 18. XI. 06 ab: 8 Tage 5 ccm; häufig SchweiBe; vom 22. XI. 
ab starke Appetithebung und Brustziehen, — Pause 7 Tage; 10 Tage Io ccm; viel 
Husten und Auswurf, dann abnehmend, Ausw. lose, keine Schweile. Zeitweise 
Tp. 37,4 und 37,6, zuletzt 4 Tage vor der Entl. Verabreicht: 140 ccm Serum 
per anum. 

Erfolg: Beide Lungen mäßig gebessert. Abnahme des Hustens, 
Auswurf nicht verschwunden. Sehr geringe Gewichtszunahme. Tempe- 
raturerhöhung unsicher beseitigt. 


5. Johann Theiß, 41 J., Walzer, 2. X. 06— 13. IV. 07. Dauer: 194 Tage. 
Belastung unbekannt. 4. Kind. Februar 1905 Blutspucken, mehrfach wieder- 
holt; Nachtschweiße, Husten, Auswurf, Brustschmerzen, Mattigkeit, Abmagerung. 


Befund: R. Clav. und Scap. verkürzt. ; Bei der Entl.: R. Clav. und Scap. ge- 

dämpft. 
R. Clav.: Rauhe Atm.; reichlich feuchte R. Clav.: Verschärftes Atmen, Knistern 
Geräusche; Knarren bis III. Rippe. bis II. Rippe. Dann rauh-verschärfte 
L. Clav.: Trockenes Rasseln im Exsp. Atm. A. L.: Rauhes Insp. L. Clav.: 
L.Scap.: Vereinzelte trockene Geräusche _TrockenesRasseln; rauhe Atm. L.Scap.: 
im oberen Teil. Abwärts Atm. unrein. Rauhe Atm. R. Scap.: Sehr rauhe, 
R.Scap.: Reichlichekleinblasige,trockene | verschärfte Atm. 
Geräusche; Insp. verschärft. Abwärts | 
Insp. unrein. 

Tbaz.: +; Gewicht: 67 kg. 


Tbaz.: +; Gewicht: 65 kg. Multiple 
| Abszesse am R.Fuß, R.Wange, 
| R. und L. Knie, L. Handgelenk, 
_L. Fußgelenk. — Inzisionen. 


Komplikationen durch multiple Abszesse und rechtsseitige Kniegelenks- 
tuberkulose. Amputation des L. Beines Mai 1907. 

Modus: 10 Tage 5 ccm; starke Schweiße, abends Kopfschmerz, Brustziehen; 
Pause 10 Tage; 10 Tage 10 ccm; Pause 13 Tage; 10 Tage 5 ccm; Pause 10 Tage; 
10 Tage 5 ccm; Pause; Blutung am 27. 1.07; 10 Tage 5 ccm. Verabreicht: 
250 ccm Serum per anum. Während des Auftritts der Abszesse zeitweise Fieber bis 38%, 

Erfolg: Lungenbefund gering gebessert. Starke Verschlimmerung 
durch Auftritt von multiplen Abszessen mit schwerer Reduktion des 
Gesamtzustandes. Rechtsseitige Kniegelenkstuberkulose. Amputation. 


6. Gottfried Winkler, 37 J., Schlosser, 27. XI. 06— 7. II. 07. Dauer: 
73 Tage. 

Keine Belastung. 1. Kind. Seit Herbst 1905 Husten. Blutspucken Mai 1906, 
10 Tage lang. Nachtschweiße. Fieber unbekannt. Allmähliche Abmagerung. 


Bei der Entl.: Gesamtzustand sehr ver- 
schlechtert. R. Clav. und Scap. 
stark verkúrzt. 

R. Clav.: Abgeschwächtes Infiltrations- 


Befund: R. Clav. und Scap. stark ver- 
kürzt. 





R. Clav.: Rauhes Atmen, trockene Ge- 
räusche bis III. Rippe. L. Clav.: Ver- atmen. L. Clav.: Verschärfte Atm., 
einzelte trockene Geräusche bis auch abwärts. L. Scap.: Reichliches 
III. Rippe. L. Scap.: Frei. R.Scap.: Rasseln. Giemen. R. Scap.: Rauhe 

Vereinzelte trockene Geräusche im Atm. Abwärts trockene Rhonchi. 
oberen Teil, rauhes Atmen. 
Tbaz.: +; Gewicht: 56 kg. Kein | Tbaz.: +; Gewicht: 56*/, kg. — 
Fieber. | Dauernd hohes Fieber, bis 

| 30,20 
Komplikationen: Fieberauftritt vom 3. XII. 06 an, 37,4—38—39, bleibt 
dauernd. 





re 2. DAS TUBERKUI.OSESERUM MARMOREK. 115 





Modus: Vom 30. XI. ab: 10 Tage 5 ccm; 11 Tage Pause; 2 Tage 10 ccm; 
3 Tage Pause; 8 Tage 10 ccm; 10 Tage Pause; 2 Tage 10 ccm; I Tag Pause; 
8 Tage 10 ccm. — Gestorben im Krankenhaus am 8. III. 07. — Verabreicht: 
250 ccm Serum per anum. 

Erfolg: Dauernde Verschlechterung unter Auftritt von Fieber am 
3. Tage des ersten Serumklystiers. Tod. 


7. Heinrich KieBlich, 37 J., Fabrikant, 21. VII. 06— 20. I. 07. Dauer: 
184 Tage. | 

Mutter an Phthise +. 2. Kind. Seit Juli 1905 Abmagerung und zeitweise 
leichtes Blutspucken. Kur in Davos X. 05—V. 06, hier dauernd gefiebert. Viel 
Husten und Auswurf, zeitweise Brustschmerzen. Appetit schlecht. 


Befund: R. Clav. und Scap. gedämpft. | Bei der Entl.: R. Clav. bis untere 
VorneR. Verkúrzung bis II. Rippe. Grenze und R. Scap. gedämpft. 

R. Clav.: Trockenes Rasseln. Unterhalb R. Clav.: Bronchiale Atm., trockene 
Atm. bronchial, vereinzelte Rhonchi, Geräusche, unterhalb desgl., auch 
trockene Geräusche, nach unten zu- ` Knarren. A. L.: Bronchiale Atm. 
nehmend. A. L.: Verschärftes Insp. L. Clav.: Rauhes Atmen, ohne Ge- 
L. Clav.: Unreine Atm. Unterhalb räusche. A. L.: Verschärftes Atmen. 
leicht verschärfte Atm. A. L.: Frei. L. Scap.: Frei. Abwärts vereinzelte 
L. Scap.: Frei. Abwärts frei. R. Scap.: Geräusche, metallischer Beiklang. R. 
Knistern. Abwärts vereinzelte Ge- Scap.: Trockenes Rasseln, metallischer 
räusche, Atm. rauh. Beiklang, abwärts metallisches Atmen. 
Tbaz.: +; Gewicht: 61 kg; leichtes ' Tbaz.: +; Gewicht: 57 kg; dauernd 
Fieber. Ä hohes Fieber bis 39°. Tod am 

4. II. 07. 


Komplikationen: Im Verlaufe auffallend psychische Beeinträchtigung, zu- 
nehmende Mattigkeit. 

Modus: Styracol-Kur vom 24. VII. 06—7. IX. op Vorsichtige Tuberkulin- 
per os-Kur vom 18. IX. 06— 14. XI. 06. Marmorekserum vom 16. XI. an: 
10 Tage 5 ccm; Pause 7 Tage; 10 Tage 10 ccm (bei der 8. Injektion hohes Fieber!); 
9 Tage Pause; 12 Tage 5 ccm, dann 3 Tage 10 ccm, 3 Tage 15 ccm, 1 Tag 
20 ccm, I Tag 10ccm, I Tag 5 ccm. Pause. Verabreicht: 320 ccm Marmorek- 
serum per anum. 

Erfolg: Dauernde Verschlechterung unter Zunahme von Husten, 
Auswurf, Nachtschweißen und Mattigkeit. FortschreitenderSchmelzungs- 
prozeB der R. Lunge. Tod am 4. II. 07. 


8. Theodor Schmitz I., 19 J., Former, 11. XII. 06— 13. III. 07. Dauer: 


93 Tage. 
Keine Belastung. 7. Kind. Seit August 1905 Stiche in der Brust, Husten, 


Auswurf, kein Fieber, Oktober 1906 ?/, Tasse Blut gespuckt. 


Befund: R. Scap. verkürzt. Bei der Entl.: L. Clav. gedämpft. 
Unterhalb der L. Scap. Ver- 
kürzung. 

R. Clav.: Unreines Insp., unterhalb R. Clav.: Unreines Insp., rauhes Atmen. 
Atm. abgeschwächt. L. Clav.: Knistern A. L.: Vereinzeltes Giemen. L. Clav.: 
im Insp., Exsp. verschärft. L. Scap.: Rauhes, unreines Atmen. Unterhalb 
Kleinblasiges Rasseln im Exsp. Ab- Insp. verschärft, ohne Geráusche. L. 
wärts frei R. Scap.: Frei. Abwärts Scap.: Giemen; im unteren Teil: Gluck- 
frei. sen, feuchtes Rasseln, auch abwärts. 
R. Scap.: Leise Atm. Abwärts Knarren 
im Exsp. 

Tbaz.: —; Gewicht: 52 kg. Fieber bis | Tbaz.: +; Gewicht: 52,5 kg. Fieber 

38°, zeitweilig bis 38,5". bis 38— 38,4 — 38,6. 


Ch 


a ZEITSCHR. f. 
116 F. KOHLER. u = TUBERKULOSE 





Komplikationen: Akute Exacerbation am 6. III. mit Fieber bis 40°. 

Modus: Vom 22. XII. 06 ab: 10 Tage 5 ccm; 10 Tage Pause; 2 Tage 
10 ccm; 10 Tage Pause; 2 Tage 5 ccm. Ausgesetzt wegen dauernden Fiebers und 
schlechten Befindens. Verabreicht: 80 ccm Marmorekserum per anum. 

Erfolg: Dauernde Verschlechterung mit Fortschritt des tuber- 
kulösen Prozesses, besonders L. Anhaltendes Fieber. 


9. Johann Wiecharz, 49 J., Dreher, 19. I. 07—22. V. 07. Dauer: 124 Tage. 

Keine Belastung. 6. Kind. 1900 Lungenspitzenkatarrh. 1900 und 1901 je 
6 Wochen-Kur in Lippspringe. Wenig Auswurf, kein Husten. Keine Blutungen, 
Keine Nachtschweiße. Atemnot vorhanden. 


Befund: R. Clav. und Scap. verkürzt. ' Bei der Entl.: Keine Schalldifferenz. 
R. Clav.: Reichliche kleinblasige, feuchte _ R. Clav.: Kleinblasige, halbfeuchte Ge- 
Geräusche, unterhalb Atm. verschärft. räusche, unterhalb unreine Atm. bis 
A. L.: Kleinblasige Geräusche. L. Clav.: II. Rippe. L. Clav.: Halbtrockene, 
Reichliche kleinblasige Geräusche, unter- kleinblasige Geräusche, abwärts und 
halb Atm. verschärft, unrein, Giemen A. L.: Frei. L. Scan: Vereinzelte klein- 
bis IV. Rippe. L. Scap.: Trockene blasige Geräusche im oberen Teil. Ab- 
Rasselgeräusche im oberen Teil. Ab- wärts frei. R. Scap.: Unreines Insp. 
wärts frei. R.Scap.: Vereinzelte trockene . im oberen Teil. 

Rasselgeräusche, verschärfte Atm. im 

oberen Teil. | 
Tbaz.: +; Gewicht: 53 kg; kein Fieber. : Tbaz.: +; Gewicht: 61 kg; kein Fieber. 
Modus: 2 Tage 5 ccm vom 23. I. an; 1 Tag Pause; 8 Tage 5 ccm; 10 Tage 

Pause; vom 13.11.—6. III. 07: 2t4gig 5 ccm; 10 Tage Pause; vom 16.111.—6.1V. 07: 

2tigig 5 ccm; 10 Tage Pause; vom 17. IV.—5. V. 07: 2tigig 5 ccm; Io Tage 

Pause; 2 Tage 5 ccm. — Verabreicht: 210 ccm Marmorekserum per anum. 

Erfolg: Bei guter Gewichtszunahme ist der Lungenbefund unver- 
ändert geblieben. Atemnot gut gebessert, Husten verloren. 

10. Wilhelm Busch, 35 J., Packer, 1. II. 07 —10. IV. 07. Dauer: 69 Tage. 

Keine Belastung. 4. Kind. Seit 11 Jahren lungenkrank; 1. Kur in Heilstátte 
6. V.— 5. VIII. 04. Mehrfach geringes Blutspucken; Atemnot seit 7 Jahren. Mäßig 
Husten und Auswurf. Keine Nachtschweile. 


Befund: R. Clav. und R. Scap. ver- | Bei der Entl.: Kein Husten. Kein Aus- 


kürzt. L. Clav. tympanitisch, ` wurf. Kein Stechen. R. Clav. 
L. Scap. verkürzt. | und R. Scap. verkürzt. 
R. Clav.: Stark abgeschwächte Atm., | R. Clav.: Rauhe Atm. Diffus trockene 
unterhalb vereinzelte kleinblasige Ge- Geräusche, auch unterhalb. A.L.: Frei. 
räusche bis III. Rippe. L. Clav.: | L. Clav.: Sehr rauhe Atm., ohne Ge- 
Knistern im Insp. Unterhalb Atm. ` räusche. L.Scap.: Rauhes Insp. Sonst 
unrein. L. Scap.: Leicht unreine Atm. | frei. R. Scap.: Unreines Insp. 


R. Scap.: Unreines Atmen. | 
Tbaz.: +; Gewicht: 47,5 kg; kein Auswurf fehlt; Gewicht: 51 kg; nie 
Fieber. | Fieber. 

Modus: 6.11.—25.11.07: 2tägig je 5 ccm; 10 Tage Pause; 8. 111.—27. III. 07: 
2tägig je 5 ccm; Pause; 7. IV.—0. IV. 07: 2tägig 5 ccm. Verabreicht: 110 ccm 
Marmorekserum per anum. 

Erfolg: Bei verlorenem Husten und Auswurf und mäfiger Ge- 
wichtszunahme nur geringe Besserung des Lungenbefundes. 


11. Heinrich Kleinebós, 27 J., Feuerwehrmann, 26. I. 07 — 20. IV. 07. 
Dauer: 85 Tage. 

Keine Belastung. 2. Kind. Seit August 1906 Husten, Auswurf, Mattigkeit, 
anfangs starke Nachtschweiße. Fieber unbekannt. 


da a DAS TUBERKULOSESERUM MARMOREK. 117 


© oa er a IaM = 


Befund: R. Clav. bis III. Rippe, auch ' Bei der Entl.: Perkussion wie anfangs. 
R. Scap. verkürzt. 
R. Clav.: Trockenes Rasseln auf der R.Clav.: Atm. abgeschwächt. Reichlich 











Höhe des Insp. Unterhalb verschärfte Knistern. Unterhalb desgl., zum Teil 
Atm., reichliche kleinblasige, halbfeuchte mit metallischem Beiklang. A.L.: Feuchte 
Geräusche bis III. Rippe L. Clav.: | Geräusche. L. Clav.: Trockene Ge- 
Frei. L. Scap.: Rauhes Atmen. R.Scap.: räusche. Unterhalb rauhe Atm. L.Scap.: 
Trockenes Rasseln bis zur Mitte, rauhes Trockene Geräusche bei rauher Atm. 
Atmen. R. Scap.: Trockene u. zähe Geräusche, 
‘ in der Mitte feucht. Abwärts rauhe 
Atm. 

Tbaz.: +; Gewicht: 65 kg. Leichtes , Tbaz.: +; Gewicht: 64 kg; zeitweise 
Fieber 37,5— 38". | noch leichtes Fieber. Auswurf 

| verstärkt. 
Modus: 10 Tage 5 ccm; 10 Tage Pause; 20 Tage 2tägig 5 ccm; 10 Tage 
Pause; 20 Tage 2tägig 5 ccm. — Verabreicht: 150 ccm Serum Marmorek per anum. 


Erfolg: Verschlechterung desLungenbefundes, Beibehaltung leichten 
Fiebers, Auswurf vermehrt. 


12. Theodor Schmitz II., 22 J., Schlosser, 21. II. 07—27. V. 07. Dauer: 
96 Tage. 

Keine Belastung. 4. Kind. Seit ı Jahre Stiche rechts, trockener Husten, 
Auswurf, mehrfach geringe Blutbeimengungen. Herzklopfen. 


Befund: R. Clav. und R. Scap. stark Bei der Entl.: Husten und Auswurf 
verkürzt. i wenig nachgelassen. Atemnot. 
| R. Clav. gedämpft. R. Scap. 
gering verkürzt. 
R. Clav.: Abgeschwächte Atm. Unter- R. Clav.: Trockenes Rasseln, Knistern, 
halb kleinblasiges Rasseln bis III. Rippe. unterhalb desgl., zum Teil metallisch, 
L. Clav.: Abgeschwächtes Insp. Ver- ` bis III. Rippe. Unterhalb und A. L.: 
einzeltes Knacken im Exsp. Unterhalb Knistern. L. Clav.: Knistern, auch 
rauh - verschärftes Insp., vereinzelte unterhalb, und Reiben, auch in der 
trockene Geräusche, L. Scap.: Rauhes A.L. L. Scap.: Trockene u. feuchte 





Atmen, ohne Geräusche R. Scap.: Geräusche. — Abwärts verschärfte 
Unreines Atmen, vereinzelte Geräuse he: Atm. R. Scap.: Abgeschwächte Atm. 
im oberen Teil. Unterhalb geringe trockene Geräusche. 


Tbaz.: +; Gewicht: 55 kg; kein Fieber. | Tbaz.: +; Gewicht: 53 kg; kein Fieber. 
Modus: 10 Tage 5 ccm; 10 Tage Pause; 12 Tage 5 ccm; 10 Tage Pause; 
10 Tage 5 ccm; Pause; 10 Tage 5 ccm; 10 Tage Pause; 9 Tage 5 ccm. — Ver- 
abreicht: 255 ccm Serum Marmorek per anum. 
Erfolg: Verschlechterung des Lungenbefundes und des Allgemein- 
zustandes. 


13. Robert Oppermann, 43 J., Fräser, 15. II. 07— 13. V.07. Dauer: 
88 Tage. 

Vater an Phthise +, 1 Stiefbruder lungenkrank. 2. Kind. Seit 3 Jahren 
Auswurf, Husten, allmahliche Abmagerung. Kein Blutspucken. Zeitweise Nacht- 
schweiße. 

Befund: R. Clav. u. R. Scap. verkürzt. Bei der Entl.: Wenig Husten, viel 


| Auswarf. R. Clav. verkürzt. 


R. Clav.: Reichliches kleinblasiges Ras- NR. Clav.: Unreines Insp. L. Clav.: 
seln. L. Clav.: Unreines Insp. Hinten ` Knistern im Exsp. L. Scap.: Frei. 
frei. R. Scap.: Leise Atm. 


Tbaz.: —; Gewicht: 55,5 kg; kein Fieber.  Tbz.: —; Gewicht: 65,5 kg; kein Fieber. 


OEE ZEITSCHR. f. 
118 F. KOHLER. TUBLRKULOSE 


Modus: Vom 20. II. ©07—12. V. 07 ohne Pause dauernd 2tägig 5 ccm. — 
Verabreicht: 200 ccm Serum Marmorek per anum. 

Erfolg: Lungenbefund partiell gebessert. Gewicht sehr gehoben. 
Auswurf unvermindert. 

14. Eduard Riegels, 23 J., Monteur, 11. III. 07—1ı3. VII. 07. Dauer: 
125 Tage. 

Keine Belastung. 8. Kind. Seit November 1906 Mattigkeit, Abmagerung, 
Husten und Auswurf. Zeitweise Nachtschweiße. Fieber unbekannt. 


Befund: R. Clav. u. R. Scap. gedämpft. | Bei der Entl.: Keine deutlichen Schall- 


L. Clav. verkürzt. differenzen. 
R. Clav.: Trockenes Rasseln. Desgl. R. Clav.: Rauhes Insp., ohne Ge- 
unterhalb vereinzelt. L. Clav.: Leise räusche; von der III. Rippe ab ver- 
Atm. Unterhalb Insp. verschärft. L. einzelte trockene’ Geräusche. L. Clav.: 
Scap.: Rauhe Atm. Abwärts vereinzeltes Vereinzelte trockene Geräusche, auch 
Giemen. R. Scap.: Rauhe Atm., ohne unterhalb, nicht konstant, bis III. Rippe. 
Geräusche. L. Scap.: Unreines Insp. im oberen 


Teil. R. Scap.: Verschärftes Exsp., 
ohne Geräusche. 
Tbaz.: +; Gewicht: 53 kg. Kein | Tbaz.: +; Gewicht: 57 kg; noch ge- 
Fieber. ringes Scapularstechen. Kein 
Fieber. 
Modus: 41 Tage 5 ccm; 10 Tage Pause; 58 Tage 5 ccm. — Verabreicht: 
495 ccm Serum Marmorek per anum. 
Erfolg: Lungenbefund wie Allgemeinbefinden mäßig gebessert. 
Auswurf reichlich beibehalten, mittlere Gewichtszunahme. 


15. Josef van Aalen, 26 J., Hilfsarbeiter, 1. VL 07—27. IX. 07. Dauer: 
119 Tage. 

Keine Belastung. Ältestes Kind. Seit 1 Jahre erkältet. Oktober 1906 Blut- 
spucken mehrere Tage, ebenso April 1907. Nachtschweiße. Abmagerung. Fieber 
unbekannt. 


Befund: Obere R. Scap. verkürzt. Bei der Entl.: R. Clav. bis II. Rippe 
und R. Scap. verkürzt. 

R. Clav.: Unreines, rauhes Atmen. Ab- R. Clav.: Rauh-verschärftes Atmen. 

wärts frei. L. Clav.: Giemen, Glucksen. Knistern. Unterhalb diffuse Rauhigkeit. 

Trockenes Rasseln bis III. Rippe. L. Clav.: Halbfeuchte Geräusche, Gie- 

L. Scap.: Desgl. — Abwärts frei. men, unterhalb desgl., reichlicher. 

R. Scap.: Leise Atm. Desgl. in der A.L. L. Scap.: Halb- 


feuchte Geráusche, unterhalb geringe 
trockene Geräusche. R.Scap.: Trockene 

Geräusche, abwärts rauhe Atm. 
Tbaz.: +; Gewicht: 54 kg; kein Fieber. | Tbaz.: +; Gewicht: 57 kg; häufige 
| Nachtschweiße. Leichte Tempe- 
‘raturerhôühung bis 37,4°, dauernd. 


Komplikationen: Interkurrente Influenza; Blutspucken Anfang August 1907. 

Modus: Vom 5. VI. 07—21. IX. 07 dauernd 5 ccm täglich. — Verabreicht: 
525 ccm Serum Marmorek per anum. 

Erfolg: Verschlechterung und Fortschritt des tuberkulösen Lungen- 
prozesses. Geringe Gewichtszunahme. 

16. Johann Spohr, 22 J., Schreiner, 25. V. 07—31. VIII. 07. Dauer: 
99 Tage. 

Belastung unbekannt. 4. Kind. Seit Winter 1006 Stiche, Herzklopfen, Atem- 
not, Husten, Auswurf. Februar 1907 geringes Blutspucken. 


Bp SURED Ee. DAS TUBERKULOSESERUM MARMOREK. 119 


Befund: R. Clav. gedämpft. L. Clav. | Bei der Entl.: Mäßig Husten und Aus- 


verkürzt, R. Scap. verkürzt. | wurf. R. Clav. verkürzt. L. Clav. 
gedämpft. Beide Scap. verkürzt. 
R. Clav.: Knarrende Geräusche im R. Clav.: Reichlich trockenes Rasseln; 


Insp., unterhalb trockene Geräusche mäßig reichlich bis III. Rippe. L. Clav.: 
bis III. Rippe. L. Clav.: Trockene ` Trockenes Rasseln im Insp. Unterhalb 





Geräusche im Insp., unterhalb reich- :  desgl. bei rauh-verschärfter Atm. L. 
licher bis IV. Rippe. L. Scap.: Knar- : Scap.: Reichlich kleinblasiges Rasseln, 
rende, zum Teil halbfeuchte Geräusche, | im unteren Teil geringer. R. Scap.: 
abwärts frei. KR. Scap.: Vereinzeltes |  Trockenes Rasseln im oberen Teil. 
Knarren. Abwärts frei. ' Unreinheiten im unteren Teil. 


Tbaz.: +; Gewicht: 60,5 kg; kein Fieber. Tbaz.: +; Gewicht: 61,5 kg; kein Fieber. 

Komplikationen: Fieberperiode vom 5. VI. 07 —14. VI. 07; am o und 
10. Juli 1907. 

Modus: 29. V.o7—23. VÍ. 07 täglich 5 ccm; 10 Tage Pause; 4. VII. 07 
bis 19. VII. 07 täglich 5 ccm, 10 Tage Pause; 30. VII. oz —29. NULL o7 5 ccm 
täglich. — Verabreicht: 375 ccm Serum Marmorek per anum. 

Erfolg: Fast unveränderter Lungenbefund. Sehr geringe Gewichts- 
zunahme. Husten und Auswurf unverándert. 

17. Adam Berg, 45 J., Bilderrahmer, 3. IV.07 —3. VII. o7. Dauer: 92 Tage. 

Vater an Phthise +. 4. Kind. Januar 1907 Influenza, Allmähliche Ab- 
magerung, Mattigkeit, Bruststiche. Wenig Husten und Auswurf. 


Befund: R. Clav. verkürzt. Bei der Entl.: Wenig Husten, morgens 
| viel Auswurf. Appetit schlecht. 
| R. Clav. gedämpft. Verkürzung 
| bis II. Rippe; R. Scap. fast ge- 
| dämpft. 
R. Clav.: Laut verschärftes Atmen. R. Clav.: Verschärftes Atmen. Knistern 
Unterhalb Knistern bis III. Rippe. im Exsp. Unterhalb reichliches Knistern 
L. Clav.: Verschärftes Atmen. Unter- | und halbfeuchtes Rasseln, zunehmend. 
halb frei. L. Scap.: Verschärftes At- | L. Clav.: Bronchialatmen. Unterhalb 
men. Unterhalb frei. R. Scan: Ver- |  rauh-verschärftes Atmen. L. Scap.: 
schärftes Atmen. Mitte: Giemen, | Bronchialer Beiklang; unterhalb rauhes 
feuchtes Rasseln. Abwärts Knistern. | Atmen. R. Scap.: Verschärftes Atmen, 

| geringes Knistern. Abwärts Knistern. 

Tbz.: +; Gewicht: 53,5 kg; kein Fieber. | Tbaz.: +; Gewicht: 57 kg; kein Fieber. 

Modus: 10 Tage 5 ccm; 16 Tage 10 ccm. — Verabreicht: 210 ccm 

Serum Marmorek per anum. 

Erfolg: Verschlechterung des Lungenbefundes und Allgemein- 
zustandes; mittlere Gewichtszunahme. 
18. Karl Riegel, 25 J., Diener, 17. VII. 07—28. IX. 07. Dauer: 74 Tage. 

Keine Belastung. 3. Kind. Winter 1906—1907 starke Erkältung, Husten. 

Allmähliche Abmagerung. Kein Blutspucken, zeitweise Nachtschweiße. 


Befund: R. Clav. und Scap. verkürzt. Bei der Entl.: Kein Husten. Kein 


Auswurf. 
R. Clav.: Unreine Atm. bis II. Rippe, L. Clav. und obere L. Scap. verkürzt. 
trockenes Rasseln bis III. Rippe L. R. Clav.: Geringe Unreinheit im Exsp. 
Clav.: Trockenes Rasseln. Unterhalb Unterhalb frei. L. Clav.: Frei. Ab- 
diffus rauhe Atm. L. Scap.: Trockenes wärts frei. L. Scap.: Leicht rauhes 
Rasseln. Unterhalb rauhe Atm. R. Atmen. Abwärts frei. R.Scap.: Frei. 
Scap.: Reichlich trockenes Rasseln, auch | Abwärts frei. 


unterhalb vereinzelt. 
Tbaz.: +;Gewicht:65,5 kg; kein Fieber. | Tbaz.: —; Gewicht: 68,5 kg; kein Fieber. 





r ZEITSCHR. f. 
120 F. KÖHLER. ` | TUBERKULOSE 














Modus: Vom 20. VII. 07—21. IX. 07 dauernd täglich 5 ccm. Verabreicht: 
320 ccm Serum Marmorek per anum. 

Erfolg: Bedeutende Verbesserung des Lungenbefundes, des All- 
gemeinzustandes und des subjektiven Befindens. 

19. Karl Brohl, 21 J., Krahnenführer, 16. V. 07—2. XI. 07. Dauer: 
171 Tage. 

Vater an Phthise +. Seit November 1906 Husten, Auswurf, zeitweise Fieber, 
Nachtschweibe. Abmagerung. Mehrfach kurzer Krankenhausaufenthalt. 5. Kind 
seiner Eltern. - 


Befund: R. Clav. und Scap. verkürzt. Bei der Entl.: R. Clav. verkürzt. 


R. Clav.: Unreine Atm. Kleinblasige R. Clav.: Geringe trockene Geräusche, 
trockene Geräusche. L. Clav.: Klein- abgeschwächte Atm. Unterhalb feuchte 
blasige Geräusche. L. Scap.: Rauhes : Geräusche bis IV. Rippe. L. Clav.: 
Insp. im oberen Teil. R.Scap.:Trockenes Geringe trockene Geräusche. L. Scap.: 
Rasseln bis zur Mitte. Trockenes Rasseln. R. Scap.: Halb- 


| feuchtes Rasseln bis zur Mitte. 
Tbaz.: +; Gewicht: 55 kg; Fieber mittel- Tbaz.: + reichlich; Gewicht: 53 kg; 
hoch. | zeitweise mäßiges Fieber. 

Dauernd wenig Husten und Auswurf, zeitweise Nachtschweiße. 

Modus: Vom §. VI.07—24. VI. 07 täglich 5 ccm; ausgesetzt wegen bleibenden 
Fiebers; vom 3. IX.— 23. IX. 07 2tägig 5 ccm. Verabreicht: 145 ccm Serum 
Marmorek per anum. 

Erfolg: Fortschritt des tuberkulösen Prozesses zur Verschlimme- 
rung. 2kg Gewichtsabnahme. Gesamtzustand reduziert. 


20. Fritz Schöntauf, 23 J., Ackerknecht, 10. VI. 07—30. IX. 07. Dauer: 

113 Tage. | 

Keine Belastung. 4. Kind. Seit 3 Jahren Husten, Auswurf, NachtschweiBe, 

Blutspucken 13. IV. 06 über ?/, l. 22. IV. o7—1. V. 07 Wiederholung. Ab- 

magerung. 

Befund: R. Scap. verkürzt. | Bei der Entl.: Mäßig Husten u. Aus- 

| wurf. R. Clav. verkürzt. L. Clav. 

leicht tympanitisch. Verkürzung 
bis II. Rippe. Beide Scap. ver- 
| kürzt. 

' R. Clav.: Verschärftes Atmen. Knistern. 
Unterhalb verschärftes Atmen. L.Clav.: 
Brorchialatmen, Knistern, bis III. Rippe, 

¡ zum Teil metallischer Beiklang. Ab- 


R. Clav.: Trockenes Rasseln im Insp. 
Unterhalb verschärftes Atmen. L. Clav.: 
Reichliche klingende Geräusche, auch 
unterhalb. L. Scap.: Klingende Ge- 
ráusche. Im unteren Teil geringer.: wärts verschärftes Atmen. L. Scap.: 
R. Scap.: Trockene Geräusche, rauhe ' Reichliches Knistern. Verschärftes At- 
Atm. Unterhalb Knistern. | men. Mitte: Mittelblasiges Rasseln, 
zum Teil Giemen. R. Scap.: Abge- 
schwächte Atm. Unterhalb: Geräusche 
feucht, zum Teil Glucksen. 

Tbaz.: +; Gewicht: 64,5 kg; kein Fieber. | Tbaz.: +; Gewicht: 67,5 kg; mäßig viel 
Im Laufe des Septembers Blut- Husten u. Auswurf; kein Fieber. 
spucken mäßig reichlich. | 

Modus: Vom 15. VI. an täglich 5 ccm Serum bis 30. IX. 07. Verabreicht: 

540 ccm Serum Marmorek per anum. 

Erfolg: Verschlechterung des Lungenbefundes; mäßige Gewichts- 
zunahme. Husten, Auswurf, Schweiße unverändert. 

21. Karl Ringk, 33 J, Dreher, 17. VI. oz —17. VIIL. 07. Dauer: 31 Tage. 

Mutter an Phthise y. 4. Kind. Seit November 1906 häufig Fieber, Ab- 











BD.XI11,HEFT2. DAS TUBERKULOSESERUM MARMOREK. 121 


Tous. 








magerung, Mattigkeit. März 1007 Blutspucken, auch Mai 1907. Viel Husten und 
Auswurf. 
Befund: R. Clav. und Scap. gedámpft. | Bei der Entl.: Hohes Fieber. Perkussion 


L. Clav. verkúrzt. wie oben. 
R. Clav.: Verschärftes Atmen. Trockenes. R. Clav.: Rauhe Atm., trockenes Rasseln. 
Rasseln. Unterhalb desgl. vereinzelt, Unterhalb desgl., diffus. L. Clav.: Rauhe 
auch in der A. L. L. Clav.: Leicht Atm., geringe trockene Geräusche, auch 
rauhe Atm. L. Scap.: Verschärftes | unterhalb, diffus. L. Scap.: Geringe 
Insp., geringe trockene Geräusche. R. | halbfeuchte Geräusche im oberen Teil, 
Scap.: Rhonchoröses, verschärftes At- | rauhe Atm. Unterhalb verschärftes At- 
men. Trockenes Rasseln im Exsp. men. R. Scap.: Abgeschwächte Atm. 
Abwärts Rhonchi, Giemen, Knacken. Feuchte Geräusche im oberen Teil. 

Tbaz.: +; Gewicht: 60 kg; Fieber bis  Tbaz.: +; Gewicht: 60 kg; Fieber 
39,1— 40°. dauernd hoch. 


Modus: 5 Tage Io ccm per anum; I Tag 5 ccm intravenös; ı Tag 
Io ccm per anum; 1 Tag 5 ccm intravenós; 4 Tage 10 ccm per anum; 7 Tage 
Pause; 1 Tag 10 ccm intravenös (Kollaps!); 7 Tage 10 ccm per anum. Ver- 
abreicht: 190 ccm Serum Marmorek. 

Erfolg: Lungenbefund unverándert; Gewicht unverándert; hohes 
Fieber unverändert. 

22. Peter Faust, 26 J., Schuhmacher, 17. XL o6—22. IV. 07. Dauer: 
157 Tage. 

Vater an Phthise +. 1. Kind. Vor 3 Jahren „Luftröhrenkatarrh“. Früh- 
jahr 1905 und 1906 mehrmals Blutspucken. Abmagerung. Wenig Husten und 
Auswurf. 

Befund: L. Clav. und L. Scap. verkürzt. | Bei der Entl.: Viel Husten, mäßiger 


Auswurf. 
R. Clav.: Unreines Insp., verschärftes R. Clav. verkürzt. R. Clav.: Reichliches 
und verlángertes Exsp. Unterhalb ver- Knistern bis II. Rippe. L. Clav.: Reich- 
schärfte Atm. L. Clav.: Kleinblasiges lich feuchte und zähe Geräusche, bis 
Rasseln bis IV. Rippe, rauhe Atm. zur unteren Grenze. IL. Scap.: Desgl.; 
L. Scap.: Exsp. verschärft. Abwärts abwärts trockene Geräusche. R. Scap.: 
Insp. verschärft. R. Scap.: Frei. Rauhe Atm., geringes Knistern. Ab- 


' warts rauhe Atm, 
Tbaz.: +; Gewicht: 51,5 kg; kein Fieber. | Tbaz.: +; Gewicht: 53 kg; kein Fieber. 


Modus: 24. III. o7—21. IV. 07 täglich 5 ccm, nur am 3. und 4. IV. aus- 
gesetzt. Verabreicht: 135 ccm Serum Marmorek per anum. 

Erfolg: Lungenbefund unverándert; Allgemeinbefinden kaum ge- 
bessert, Husten und Auswurf unverdndert. 

23. Heinrich Linnenbecker, 35 J., Pflasterer, 6. IX. 07—26. X. 07. 
Dauer: 51 Tage. 

Keine Belastung. 2. Kind. Vor 4 Jahren Lungen- und Rippenfellentztindung. 
Seitdem nur mit Unterbrechung gearbeitet. Viel Husten und Auswurf, Atemnot, 
NachtschweiBe. 


Befund: R. Clav. und R. Scap. stark 
verkürzt. Unterhalb R. Scap. 
deutliche Verkürzung. 

R. Clav.: Feuchte Geräusche u. Giemen 
bis zur unteren Grenze. Exsp. ver- 
längert, desgl. A.L. L. Clav.: Rauh- 
verschärfte Atm., auch abwärts L. 
Scap.: Vereinzeltes Giemen; unterhalb 
reichliche feuchte Geräusche im Insp. 


Bei der Entl.: Viel Husten und Aus- 
wurf, NachtschweiBe. 


R. Clav. verkürzt bis IV. Rippe, R. 
Scap. und unterhalb Verkürzung. R. 
Clav.: Reichlich feuchtes Rasseln ; unter- 
halb zum Teil metallisch. L. Clav.: 
Trockene Geräusche, verschärfte Atm., 
unterhalb verschärftes Insp. L. Scap.: 


g ZEITSCHR. f. 
122 F. KOHLER. TUBERKULOSE 








R. Scap.: Feuchte Geräusche u. Giemen, 
nach unten abnehmend. 


Verschärftes Insp. im oberen Teil. Ab- 
| wärts reichliche feuchte Geräusche. R. 
| Scap.: Reichlich halbfeuchte Geräusche, 
| auch abwärts. 
Tbaz.: +; Gewicht: 50kg; kein Fieber. | Tbaz.: +; Gewicht: 50 kg; zeitweise 
| erhöhte Tp. 
Modus: 5 ccm täglich. Verabreicht: 255 ccm Serum Marmorek per anum. 
Erfolg: Verschlechterung des Lungenbefundes und des Allgemein- 
zustandes. 
24. Wilhelm Wurth, 34 J., Kalibrierer, 24. VIII. 07—30. X. 07. Dauer: 
99 Tage. 
Keine Belastung. 3. Kind. Seit 1901 lungenkrank. Mehrmals Blutspucken. 
Husten, Auswurf, Gewicht schwankend. ` 


Befund: L. Clav. u. L. Scap. gedämpft. | Bei der Entl.: Geringer Husten u. Aus- 
| wurf. Subjektives Wohlbefinden. 

R. Clav.: Keinblasiges Rasseln. Unter- L. Clav. u. R.Scap. verkürzt. R.Clav.: 
halb stellenweise Knistern. L. Clav.: Leicht rauhe Atm. L. Clav.: Frei. 





Knistern. Unterhalb rauh-verschärfte ; Abwärts frei. L. Scap.: Frei. Ab- 
Atm. bis III. Rippe. L. Scap.: Ver- . wärts frei. R. Scap.: Rauh-verschärftes 
schärftes Atmen. Geringes Knistern, , Atmen. 


Exsp. verlängert. R. Scap.: Knistern | 
bis zur Mitte. 
Tbaz.: +; Gewicht: 54 kg; kein Fieber. | Tbaz.: —; Gewicht: 59 kg; kein Fieber. 
Modus: Vom 28. VIII. 07 ab täglich 5 ccm bis 27. IX. 07; ebenso vom 
11.—209. X. 07. Verabreicht: 245 ccm Serum Marmorek per anum. 

Erfolg: Lungenbefund und Allgemeinbefinden bei guter Gewichts- 
zunahme sehr gebessert. 

25. Wilhelm Borgmann, 24 J., Dreher, 21. VI.07—12. X.07. Dauer: 
114 Tage. 

Keine Belastung. 10. Kind. März 1906 Blutspucken, ebenso November 1906, 
Januar 1907; anfangs NachtschweiBe, Fieber, Husten und Auswurf. Abmattung. 
Befund: R. Clav. u. R. Scap. verkürzt. Bei der Ent: Zeitweise hart- 
näckiger Durchfall. Wenig 
Husten und Auswurf. R. Scap. 
verkürzt. 

R. Clav.: Trockenes Rasseln, verschärfte R. Clav.: Knacken. Unterhalb weich- 
Atm. Unterhalb sehr verschärftes At- ` verschärfte Atm. mit trockenem Rasseln 
men, unreines Insp. bis III. Rippe. bis III. Rippe. A. L.: Vereinzelte Ge- 
L. Clav.: Verschärftes Insp., unterhalb räusche u. Glucksen. L. Clav.: Weich- 
metallische Geräusche bis III. Rippe. verschärftes Insp., unterhalb rauhes At- 
L. Scap.: Unreine Atm. im oberen men, halbtrockenes Rasseln. L. Scap.: 
Teil. R. Scap.: Trockenes Rasseln im Rauhes, unreines Atmen. R. Scap.: 
oberen Teil. ` Knarrende und trockene Geräusche 
über der ganzen Scap. 
Tbaz.: +; Gewicht: 57 kg; kein Fieber. | Tbaz.: +; Gewicht: 57 kg; zeitweise 


| Fieber und Durchfälle. 


Modus: Vom 28. VI. 07— 17. IX. 07 täglich 5 ccm Serum. Verabreicht: 
410 ccm Serum Marmorek per anum. 
| Erfolg: Verschlechterung des Lungenbefundes und Allgemeinzu- 
standes; Auftreten von Fieber und wahrscheinlich Darmtuberkulose. 

26. Leonhard Matz, 37 J., Verlagsgehilfe, 6. VIL.07—5.X.07. Dauer: 
92 Tage. 

Belastung unbekannt. 4. Kind. Seit vielen Jahren Husten. Gewicht schwankend. 





BD. XTI,HEFT 2, 
1308, 


DAS TUBERKULOSESERUM MARMOREK. 123 








Befund: R. Clav. u R. Scap. gedämpft. | Bei der Ent: Perkussion wie oben. 
Vorne R. Verkürzung bis V. Rippe. 
R. Clav.: Abgeschwächte Atm., reich- 
lich kleinblasige halbtrockene Geräusche. 
Unterhalb desgl. zum Teil metallisch. 
Von der III. Rippe ab halbfeucht. L. 
Clav.: Frei. L.Scap.: Verschärftes Insp. 
im oberen Teil. R.Scap.: Reichliche 
kleinblasige Geräusche bis zur unteren 
Grenze. 


R. Clav.: Kleinblasige trockene Ge- 
räusche, weich-verschärftes Atmen. Un- 
terhalb metallische Geräusche bis III. 
Rippe und vereinzeltes Giemen bei 
verschärfter Atm. bis zur unteren 
Lungengrenze. L. Clav.: Verschärftes 
Insp., auch unterhalb. L. Scap.: Ver- 
schärftes Atmen, ohne Geräusche. R. 
| Scap.: Trockenes Rasseln, verschärfte 
Atm., auch abwärts. 

| Tbaz.: +; Gewicht: 55,5 kg; dauernd 
| leichtes Fieber. 

Modus: 10 Tage 10 ccm; Pause 10 Tage; 10 Tage 10 ccm; Pause 10 Tage; 
10 Tage 10 ccm; Pause; 10 Tage 10 ccm. Verabreicht: 400 ccm Serum Mar- 
morek per anum. 

Erfolg: Lungenbefund unverändert. Allgemeinbefinden bei ge- 
ringer Gewichtszunahme unverdndert, Auftritt von leichtem Fieber, 
dauernd, mehrfach geringe Blutungen. 

27. Heinrich van Overheidt, 34 J., Schlosser, 27. IX. 07—4. I. 08. 
Dauer: 100 Tage. 

Keine Belastung. 3. Kind. Seit 21/, Jahren Husten, Auswurf, später Herz- 
klopfen, Atemnot, Abmagerung, kein Blutspucken. 

Befund: R. Clav. bis II. Rippe, R. Scap. | Bei der Entl.: Husten u. Ausw. gebessert, 


Tbaz.: +; Gewicht: 53,5 kg; kein Fieber. 


stark verktirzt. 
R. Clav.: Verschärftes Atmen, Knistern, 
Exspirium verlängert. Unterh. Bron- 
chialatmen mit Knacken (Kaverne) bis 
III. Rippe. Dann stellenweise Brummen, 


leicht; ohne Atembeschwerden. 
R. Clav. u. R. Scap. verkürzt. Vorne 
R. Tympanie bis III. Rippe. R. Clav.: 
Knarrendes Insp., unterhalb knarrendes 
Rasseln mit geringem Metallbeiklang bis 


Giemen, unreine Atm. A.L.: Ver- 
schärftes Insp. L. Clav.: Trockenes 
Rasseln im Insp. bis IV. Rippe L. 
Scap.: Trockenes Rasseln im oberen 
Teil, im unteren Teil sehr gering. R. 
Scap.: Verschärftes Atmen. Im unteren 
Teil rhonchoröse Geräusche. Abwärts 
rhonchi. wärts rauhes Insp. 
Tbaz.: +; Gewicht: 52,5 kg; kein Fieber. | Tbaz.: 0; Gewicht: 54 kg; kein Fieber. 
Modus: Vom 1. X. 07 — 24. XI. 07 2tägig 5 ccm; Pause; vom 28. X. 07 
ab 2tägig 10 ccm bis 3. I. 08. Verabreicht: 330 ccm Serum Marmorek per anum. 
Erfolg: Lungenbefund und Allgemeinzustand bei geringer Gewichts- 
zunahme wenig gebessert. 
28. Karl Dreidoppel, 34 J., Heizer, 5.IX.07—5. XII. oz Dauer: 92 Tage. 
Vater an Phthise + 3. Kind. April 1906 Influenza, nachfolgend Husten, 
Auswurf, Nachtschweiße, Seitenstechen, Abmagerung. 
Befund: R. Clav. und R. Scap. verkürzt. | Bei der Entl.: R. Clav. u. obere R. 
Scap. wenig heller. 


11. Rippe. Abwärts Knarren b. V. Rippe. 
A. L.: Vereinzelte trockene Geräusche. 
L. Clav.: Sehr abgeschwächtes Atmen, 
auch unterhalb. Vereinzelte trockene Ge- 
räusche. L. Scap.: Knarrende trockene 
Geräusche im oberen Teil. R. Scap.: 
Trockenes Rasseln im oberen Teil. Ab- 





R. Clav.: Trockene Rasselgeräusche. R. Clav.: Leicht unreines Atmen, ohne 
L Clav.: Trockene Rasselgeräusche. | Geráusche. L. Clav.: Kleinblasiges halb- 
L. Scap.: Trockene Rasselgeräusche. | feuchtes Rasseln. L. Scap.: Unreines 


R. Scap.: Rauhe, verschärfte Atmung. Insp. im oberen Teil. R. Scap.: Frei. 
— Husten und Auswurf fehlen 


Tbaz.: 0; Gewicht: 64 kg; kein Fieber. 





Tbaz.: 0; Gewicht: 56,5 kg; kein Fieber. 


E | ZEITSCHR. f. 
124 F. KÖHLER. | o TUBERKULOSE 








Modus: Vom 6. X. 07—3. XII. 07 2tägig 5 ccm. Verabreicht: 150 ccm 
Serum Marmorek per anum. 

Erfolg: Lungenbefund und Allgemeinzustand bei guter Gewichts- 
zunahme mäßig gebessert. 


29. Gustav Zabel, 36 J., Schuhmacher, 15. X. 07 —20. I. 08. Dauer: 
95 Tage. 

Belastung unbekannt. 1. Kind. Frühjahr 1907 Bluthusten, auch August 1907; 
Husten, Auswurf, Abmagerung, Atemnot. 


Befund: R. Scap. oberer Teil gedämpft. | Bei der Entl.: Atemnot zugenommen. 
| Viel Husten und Auswurf. 
R.Clav.:Kleinblasiges,trockenes Rasseln. | R. Clav. u. R. Scap. verkürzt. R. Clav.: 
Unterhalb Insp. weich-verschärft, ver- :  Trockenes Rasseln, im Exsp. Knarren. 
einzelte Geräusche, diflus, bis zur un- Unterhalb weichverschärftes Insp., Ex- 
teren Lungengrenze. L. Clav.: Ver- spirium knarrend bis IV. Rippe L. 
einzelte Geräusche im Insp, unterhalb ! Clav.: Unreine, abgeschwächte Atm., 
weich-verschärftes Insp. bis III. Rippe. | unterhalb weich-verschärftes Insp. L. 
L. Scap.: Rauh-verschärftes Insp. im | Scap.: Abgeschwächte Atm. R. Scap.: 
oberen Teil. Abwärts vereinzelte trockene : Trockenes Rasseln, Knacken. Abwärts 
Geräusche. R. Scap.: Rauhe Atm., ver- |  weich-verschärfte Atm. — Am 1.XII. 07 
einzeltes Glucksen im oberen Teil. : Blutung. 
Tbaz.: +; Gewicht: 58 kg; kein Fieber. | Tbaz.: +; Gewicht: 63 kg; kein Fieber. 
Modus: Vom 18.X.07 2tigig 5 ccm bis 23. XIl.07. Pause bis 26. XII. 07; 
dann 2 tágig 5 ccm bis 18.1.08. Verabreicht: 230 ccm Serum Marmorek per anum. 
Erfolg: Bei ziemlich unverändertem Lungenbefund Verschlechte- 
rung des Allgemeinzustandes durch zugenommene Atemnot, vermehrten 
Husten und Auswurf, interkurrente Blutung. Gute Gewichtszunahme. 


30. Eduard Hinte, 31 J., Schlosser, 23.IX.07—25.1.08. Dauer: 125 Tage. 
Belastung unbekannt. 6. Kind. Seit Winter 1906 Husten, Auswurf, später 
Nachtschweiße, Appetitmangel, matt, kein Blutspucken. 
Befund: R. Clav. und R. Scap. verkürzt. | Bei der Entl.: Die Analfistel geöffnet. 
Wenig Husten und Auswurf. 


R. Clav.: Kleinblasiges Rasseln. Exsp. R. Clav. und R. Scap. verkürzt. R. 
verschärft, verlängert. Unterhalb un- Clav.: Vereinzeltes kleinblasiges Rasseln 
reines Insp. bis II. Rippe. L. Clav.: im Insp., Exsp. verschärft. Unterhalb 
Halbfeuchtes Rasseln, verschärftes At- Exsp. verschärft bis III. Rippe L. 
men; letzteres bis III. Rippe. L. Scap.: Clav.: Unreines Insp. L. Scap.: Klein- 
Kleinblasiges, trockenes Rasseln. Ab- blasiges trockenes Rasseln im oberen 
wärts frei. R. Scap.: Rauh-verschärfte Teil. R. Scap.: Frei. Abwärts frei. 
Atm. im oberen Teil. — Analfistel. 


Tbaz.: +; Gewicht: 62 kg; kein Fieber. | Tbaz.: o; Gewicht: 68 kg; kein Fieber. 


Modus: Vom 20. X. 07 an 2tägig 5 ccm bis 23. XII. 07; 4 Tage Pause; 
2tägig 5 ccm vom 28. XII. 07—23. I. 08. Verabreicht: 235 ccm Serum Mar- 
morek per anum. 

Erfolg: Lungenbefund wenig gebessert, Allgemeinbefinden bei 
guter Gewichtszunahme gebessert, Analfistel unverändert. 


31. Johann Hilbrans, 32 J., Flaschenbierhändler, 17. X. 07—18. I. 08. 
Dauer: 94 Tage. 
Keine Belastung. Dezember 1906 Blutspucken, mehrfache Wiederholung. 
Husten. Kein Auswurf. Nachtschweiße. Abmagerung. 
Befund: R. Clav. verkürzt. Bei der Entl.: Zeitweise mäßige 
Blutungen, wenig Husten, 
mäßiger Auswurf. 


io o a DAS TUBERKULOSESERUM MARMOREK. 125 














=— Me CE 2 
R. Clav.: Trockenes Rasseln. Unter- R. Clav. bis 11. Rippe, R. Scap. ver- 
halb vereinzeltes trockenes Rasseln, kürzt. R. Clav.: Geringes Knistern u. 
diffus. L. Clav.: Trockenes Rasseln, unreines Atmen. A. L.: Vereinzelte 
bis III. Rippe. A. L.: Desgl. L. Scap.: trockene Geräusche im Insp. L. Clav.: 
Trockenes Rasseln. Rauhe Atm. Ab- Leicht unreine Atm., unterhalb weich- 
wärts frei. verschärftes Insp. L. Scap.: Rauhe, 


unreine Atm. R. Scap.: Abgeschwächte 
Atm., abwärts kleinbl. Rasseln, trocken. 
Tbaz.: +; Gewicht: 55 kg; kein Fieber. | Tbaz.: +; Gewicht: 58,5 kg; kein Fieber. 

Modus: Vom 28.X.07 ab 2tägig 5 ccm bis 17. X1.07; Pause bis 24. XI. 07. 
Am 25. XI. 07: 5 ccm; Pause wegen Blutung. 3. XII.—23. XII. 07, 27. XII. 07 
bis 2.1.08, 9.1.08— 17.1. 08: 2tägig 5 ccm. Verabreicht: 175 ccm Serum 
Marmorek per anum. 

Erfolg: Mehrfache interkurrente Lungenblutungen; Lungenbefund 
mäßig gebessert; Allgemeinbefinden bei mäßiger Gewichtszunahme 
mäßig gebessert. 

32. Heinrich Kuhn, 43 J., Bohrer, 2. XI. o7—1. II. 08. Dauer: 92 Tage. 

Keine Belastung. Seit längerer Zeit Husten und Auswurf, zeitweise Nacht- 
schweiße und Herzklopfen. Gewichtsabnahme. 

Befund: L. Clav. u. L. Scap. gedämpft. | Bei der Entl.: Wenig Husten. Kein 
Vorne L. Dämpfung bis IV.Rippe. | Auswurf. 
R. Clav. verkürzt. 
R. Clav.: Verschärftes Atmen. Ver- 
einzelte Geräusche im Insp., unterhalb 
Insp. verschärft. L. Clav.: Sehr ver- 
schärftes Atmen. Vereinzeltes Knacken, 
auch unterhalb und in A. L. L. Scap.: 
Sehr verschärftes Atmen. Knacken im 
unteren Teil. R.Scap.: Rauhes Atmen, 
ohne Geräusche. 


L. Clav. u. L. Scap. gedämpft. Vorne 
L. Tympanie. R. Clav.: Verschärftes 
Atmen. Unterhalb weich-verschärftes 
Insp. bis III. Rippe. L. Clav.: Fast 
bronchiale Atm., ohne Geräusche. Un- 
terhalb verschärftes Insp. L. Scap.: 
Bronchiales Atmen, vereinzelte trockene 
Geräusche, abwärts frei. R. Scap.: Un- 
reines Atmen im oberen Teil. 

Kein Auswurf; Gewicht: 46,5 kg; 

kein Fieber. 

Modus: Vom 6. XI. o7 an 2tágig 5 ccm bis 31.1.08. Verabreicht: 215 ccm 
Serum Marmorek per anum. 

Erfolg: Lungenbefund wenig, Allgemeinbefinden bei guter Ge- 
wichtszunahme mäßig gebessert. 

33. Wilhelm Bender, 24 J., Schlosser, 12. VIII. o7—11. IX. 07. Dauer: 
31 Tage. 

Belastung unbekannt. 2. Kind. Seit April 1907 Nachtschweiße, Husten, 
später Auswurf, Kopfschwindel, Stiche; Blutspucken vor 4 Wochen; starke Blut- 
armut; Mattigkeit; Abmagerung. 

Befund: R. Clav. und R. Scap. verkürzt. | Bei der Entl.: R. Clav. bis II. Rippe, 
R. Scap. gedämpft. 


Tbaz.: —; Gewicht: 42 kg; kein Fieber. 


R. Clav.: Kleinblasiges Rasseln bis R. Clav.: Verschärftes Atmen. Klein- 
111. Rippe; verschárfte Atm. A. L.: blasiges halbfeuchtes Rasseln, auch 
desgl. L. Clav.: Trockene Rasselge- unterhalb und in der A.L. L. Clav.: 
räusche, unterhalb desgl. nur vereinzelt, Reichliches kleinblasiges Rasseln, ver- 
hinten frei. schärfte Atm., auch unterhalb. L. Scap.: 


Reichliche halbfeuchte Geräusche, zum 
Teil mitGiemen, bis zur unteren Lungen- 
grenze. R.Scap.: Mittelblasiges Rasseln, 
unterhalb trockenes Rasseln. 

Tbaz.: +; Gewicht: 53kg; kein Fieber. | Tbaz.: +; Gew.: 53 kg; leichtes Fieber. 


| de ZEITSCHR. f. 
126 F. KOHLER. TUBERKULOSE 








Vom 1.—3. IX. 07 reichliche Blutungen, Magenblutung nicht ausgeschlossen, 
unter Fieber. 

Modus: 14. VII.— 10. VIII. 07: je 10 ccm; vom 17. VIIT — 10. IX. täglich 
5 ccm; Patient klagt häufig über Unterleibsschmerzen. Kein Durchfall. Verab- 
reicht: 155 ccm Serum Marmorek per anum. 

Erfolg: Erhebliche Verschlechterung des Lungenbefundes und All- 
gemeinzustandes, Entwickelung von Fieber und Unterleibsschmerzen. 


34. Hermann Gatzky, 28 J., Zeichner, 14. VIII. 07— 19. XI. 07. Dauer: 
98 Tage. 

Vater an Phthise +; 3. Kind. Seit länger Räuspern, wenig Auswurf, Brust- 
schmerz, kein Fieber. Herzklopfen. Mattigkeit. Kein Blutspucken. 


Befund: L. Clav. u. L. Scap. zur Hälfte | Bei der Entl.: Kein Husten. Geringer 
gedämpft. Auswurf. 

R. Clav.: Kleinblasiges Rasseln. Bis L. Clav. verkürzt. R. Clav.: Rauhes, 
II. Rippe Knistern. L. Clav.: Trockenes holperiges Insp. A. L.: Vereinzeltes 
Rasseln im Insp., unterhalb unreine knacken, L. Clav.: Unreines Insp. 
Atm. L. Scap.: Halbfeuchtes Rasseln L. Scap.: Vercinzeltes trockenes Rasseln 
im oberen Teil. Abwärts frei. R. im Insp. im oberen Teil. R. Scap.: 
Scap.: Knistern im oberen Teil. Ab- Frei. Abwärts frei. 
wärts frei. 

Tbaz.; —; Gewicht: 61 kg; kein Fieber. | Tbaz.: +; Gewicht: 04 kg; kein Fieber. 


Modus: 15. VIII.— 24. VIII. 07; täglich 5ccm; Pause; 4. IX.07— 13.18.07: 
täglich 10ccm; Pause; 24.1X.—3.X.07: täglich 10 ccm; Pause; 14.X.—17. XI. 07: 
2tägig 5 ccm. Verabreicht: 340 ccm Serum Marmorek per anum. 

Erfolg: Lungenbefund und Allgemeinbefinden bei mäßiger Ge- 
wichtszunahme und Auftritt von Tuberkelbazillen mäßig gebessert. 


35. Wenzel Bröer, 22 J., Schneider, 24. VIII. 07—25. XI. 07. Dauer: 
94 Tage. 

Keine Belastung. 1. Kind. März 1907 ca. I | Blut gespuckt, allmählich 
Husten, Auswurf, Schmerzen in der Brust, Nachtschweile, kein Fieber, Abmagerung. 


Befund: R. Scap. verkürzt. | Bei der Entl.: Husten und Auswurf 
| bedeutend geringer. 
R. Clav.: Trockenes Rasseln im Insp., ` R. Clav. und R. Scap. verkürzt. R. 
bis IV. Rippe. L. Clav.: Leicht un- Clav.: Mittelreichlich trockenes Rasseln, 
reines Insp. — Sonst frei. unterhalb von knarrendem Charakter 
bis III. Rippe. L. Scap.: Vereinzelte 
|  Unreinheiten im oberen Teil. R.Scap.: 
| Geringe trockene Geräusche im oberen 
| 





Teil. 
Tbaz.: +; Gewicht: 62,5 kg; kein Fieber. | Tbaz.: +; Gewicht: 66,5 kg; kein Fieber. 


Modus: Vom 27. VIIL—25. IX. 07 täglich 5 ccm; Pause; vom 6. X. bis 
15. XL 07 täglich 5 ccm. Verabreicht: 355 ccm Serum Marmorek per anum. 

Erfolg: Bei Besserung des Allgemeinbefindens, mittlerer Gewichts- 
zunahme, Abnahme von Husten und Auswurf Lungenbefund unver- 
ändert. 

36. Diedrich Götzen, 30 J., Schachtmeister, 17..VIIl. 07—5. XI. 07. 
Dauer: 81 Tage. 

* Keine Belastung. 3. Kind. Seit Juli 1906 im Anschluß an Lungenentzündung 

Bruststechen, zeitweise Husten und Auswurf, Mattigkeit, kein Blutspucken. 


Befund: R. Scap. verkürzt. | Bei der Entl.: Kein Husten. Kein 
Auswurf. 


i 


Perte DAS TUBERKULOSESERUM MARMOREK. 127 


R. Clav.: Kleinblasiges Rasseln. Sonst! R. Clav. verkürzt. R. Clav.: Ver- 
frei. L. Clav.: Frei. L.Scap.: Trockenes | schärftes, sehr unreines Atmen. Unter- 
Rasseln über den ganzen Scap., ab- halb verschärftes Atmen. L.Clav.: Ge- 
wärts rauhe Atm. R. Scap.: Unreines | ringes trockenes Rasseln. L. Scap.: 
Insp. im oberen Teil. | Rauh-verschärftes Atmen. R. Scap.: 
Geringe trockene Rasselgeräusche. Ab- 
wärts frei. 

Tbaz.: +; Gewicht: 61 kg; kein Fieber. Gewicht: 68 kg; kein Fieber. 

Modus: 20.—29. VIII. 07: 5 ccm; Pause; 9.—19. IX. 07: täglich 10 ccm; 
11. IX. Pause, ebenso 20. IX.—30. IX. 07; 1.—10.X. 07: täglich 5 ccm; Pause; 
vom 21.—30. X. 07: täglich 5 ccm. Verabreicht: 250 ccm Serum Marmorek 
per anum. 

Erfolg: Bei ungebessertem Lungenbefund Hebung des Allgemein- 
zustandes, Verschwinden des Hustens und Auswurfes, gute Gewichts- 
zunahme. 

37. Mile Pavlovic, 25 J., Platzarbeiter, 16. XI. 07—8. I. 08. Dauer: 
54 Tage. 

Belastung unbekannt. 8. Kind. Geringe Blutbeimengungen vor 3 Jahren, all- 
mählich Husten, Auswurf, Abmagerung. 

Befund: R. Clav. u. R. Scap. gedämpft. | Bei der Entl.: Dauernd Fieber über 
38°; Durchfälle; rapide Ge- 
samtabnahme.—Viel Husten 

| und Auswurf. 





R. Clav.: Knistern im Insp. L. Clav.: R. Clav. und R. Scap. gedämpft. R. 
Unreines Insp. L. Scap.: Unreines Clav.: Kleinblasiges Rasseln, desgl. bis 
Insp. im oberen Teil. R. Scap.: Reich- zur unteren Lungengrenze viel. L. 
lich trockenes Rasseln, Atm. abge- Clav.: Unreines Atmen, unterhalb rauhes 
schwächt. Insp. L. Scap.: Frei. R.Scap : Leise 


| Atm. Abwärts frei. 
Tbaz.: +; Gewicht: 57,5 kg; kein | Tbaz.: +; Gewicht: 56 kg; dauernd 
Fieber. Fieber. 

Modus: 10 Tage je Io ccm; Pause 10 Tage; 5 Tage 5 ccm. Verab- 
reicht: 125 ccm Serum Marmorek per anum. 

Erfolg: Erhebliche Verschlechterung des Lungenbefundes, Auftritt 
von dauerndem Fieber und dauernden Durchfällen, rapide Abnahme 
des Gesamtzustandes. 

38. Wilhelm Nesshöfer, 22 J., Revisor, 26. X. 07—29. 11.08. Dauer: 
127 Tage. 

‚Vater an Phthise Ÿ. 4. Kind. Sommer 1904 geringe Blutbeimengungen. 
Allmählich Husten, Auswurf, Atemnot, Bruststiche. 

Befund: R. Scap. verkürzt. Bei der Entl.: Wenig Husten u. Aus- 
wurf. 
R. Clav. u. Scap. verkürzt. R. Clav.: 
Trockenes Rasseln, im Exsp. leises 
halb rhonchoröses Glucksen, Giemen, ; ` Gemen, unterhalb trockenes Rasseln 
reichlich, bis zur unteren Grenze. L. | bis III. Rippe, dann halbfeuchte Ge- 
Clav.: Vereinzeltes Giemen im Insp., räusche. L. Clav.: Rauhes Atmen, 
| 








R. Clav.: Rauhes Atmen. Vereinzelte 
Geräusche, Glucksen im Exsp. Unter- 


auch unterhalb. A. L.: Vereinzelte auch unterhalb. A. L.: Vereinzelte 
Geräusche. L. Scap.: Vereinzeltes Gie- trockene Geräusche. L. Scap.: Trocke- 
men und trockene Geräusche bis zur nes Rasseln, unterhalb vereinzelte halb- 
unteren Grenze. R. Scap.: Vereinzelte feuchte Geräusche. R.Scap.: Trockenes 
Unreinheiten im unteren Teil. Rasseln. Abwärts verschärftes Atmen, 
| vereinzelte trockene Geräusche. 

Tbaz.: —; Gewicht:61,5 kg; kein Fieber. | Tbaz. —; Gewicht: 64 kg; kein Fieber, 





S ZEITSCHR. f. 
128 | F. KOHLER, | o © TUBERKULOSE 








Modus: 10 Tage: 5 ccm; 10 Tage Pause; 10 Tage: 10 ccm; 10 Tage Pause 
Verabreicht: 150 ccm Serum Marmorek per anum. 

Erfolg: Bei ungebessertem Lungenbefund mäßige Gewichtszunahme 
und mäßige Hebung des Allgemeinzustandes. 


39. Anton Feldmann, 25 J., Bergmann, 30. XI. o7— 20. II. 08. Dauer: 
89 Tage. 

Keine Belastung. 1 Schwester lungenkrank. 5. Kind. Seit Influenza im 
Dezember 1906 viel Husten, Auswurf, Herzklopfen, Atemnot, zeitwcise Fieber. 
Blutspucken 20. VII. 07. 


Befund: R. Clav. und Scap. verkürzt. , Bei der Entl.: Kein Husten. Wenig 


Auswurf. 
R.Clav.: Verschärftes Atmen. Trockenes R. Clav. und R. Scap. verkürzt. R. 
Rasseln. Unterhalb frei. A. L.: Trocke- : Clav.: Rauhes Insp., verschärftes Exsp., 
nes Rasseln im Insp. L. Clav.: Un- des unterhalb. L. Clav.: Geringe 
reines Insp. L. Scap.: Knistern im — trockene Geräusche im Insp. Abwärts 
oberen Teil. Abwärts frei. R. Scap.: '  rauhe Atm. L.Scap.: Geringe trockene 
Rauhes Atmen im oberen Teil. Ab- Geräusche im oberen Teil. Abwärts 
wärts trockenes Rasseln. frei. R. Scap.: Trockenes Rasseln im 


Insp. Abwärts frei. „Hat sich seit 
| 3 Jahren nicht so wohl gefühlt.“ 
Tbaz.: —; Gewicht: 70,5 kg; anfangs , Tbaz.: —; Gewicht: 77 kg; kein Fieber. 
heftiges Fieber. | 

Modus: Vom 3. XII. 07 an 2tägig 5 ccm. Verabreicht: 215 ccm Serum 
Marmorek per anum. 

Erfolg: Bei unverändertem Lungenbefund starke Hebung des All- 
gemeinbefindens mit bedeutender Gewichtszunahme. 

40. Wilhelm Ringel, 30 J., Eisenarbeiter, 19. XI. 07 —26. II. 08. Dauer: 
100 Tage. 

Belastung unbekannt. 1. Kind. Seit Anfang September 1906 Husten, Aus- 
wurf; Blutspucken Ende Okt. 1906, vereinzelt Nachtschweiße. Atemnot. Abmagerung. 


Befund: R. Clav. und R. Scap. wenig ! Bei der Entl.: Reichlich Husten und 





verkürzt. | Auswurf. 
R. Clav.: Reichlich kleinblasiges feuchtes R. Clav. und R. Scap. verkürzt. R. 
Rasseln, vereinzelt bis II. Rippe. L. Clav.: Knistern.  Verschärfte Atm. 
Clav.: Halbfeuchtes Rasseln bis IV. Rippe, ; Unterhalb Knistern diffus. L. Clav.: 
auch in der A. L. L. Scap.: Klein- Feuchtes Rasseln, auch unterhalb. Atm. 
blasiges Rasseln. Abwärts frei. R. leicht verschärft. L. Scap.: Reichlich 
Scap.: Rauhes Insp. feuchtes Rasseln. Abwärts Atm. rauh. 
R. Scap.: Trockene und halbfeuchte 
Geräusche. — Abwärts Atmen ver- 
schärft. 
Tbaz.: +; Gewicht: 62 kg; kein Fieber. ` Tbaz.: +; Gewicht: 68,5 kg; Tempe- 
| raturen sehr labil. 





Modus: 10 Tage 5 ccm; 10 Tage Pause; 10 Tage 10 ccm; 10 Tage Pause; 
10 Tage 5 ccm; 10 Tage Pause; 10 Tage 10 ccm; Pause; 10 Tage 5 ccm. Ver- 
abreicht: 350 ccm Serum Marmorek per anum. 

Erfolg: Bei unverándertem Lungenbefund trotz guter Gewichts- 
zunahme kaum veränderter Allgemeinzustand und gelegentlicher Auf- 
tritt von Fieber. | 

41. Hermann Fink, 25 J., Schlosser, 23. X.07—31.1.08. Dauer: 101 Tage. 

Keine Belastung. 6. Kind. Juni 1907 erstes blutspucken, Juli 1907 Wieder- 
holung, später noch 3mal. Wenig Husten und Auswurf, starke Nachtschweibe 
später und Abmagerung. 


EE 2. DAS TUBERKULOSESERUM MARMOREK. 129 








Bei der Entl: Vóllige Heiserkeit. 
Schwere Kehlkopftuberku- 
lose. Sacch. reichlich +. 
— R.Clav. u. R.Scap. verkürzt. 

R. Clav.: Trockenes Rasseln im Insp., R. Clav.: Kleinblasiges feuchtes Rasseln, 

Exsp. verlängert bis II. Rippe. L. | verschärfte Atm. bis III. Rippe. Von 


Befund: R. Clav., obere R. Scap. ver- 
Clav.: Trockenes Rasseln, verschärftes da ab Insp. abgestuft. L. Clav.: Ver- 
| 
| 
| 
| 


kürzt. 


Insp. L. Scap.: Rauhes Atmen im schärftes Atmen. Exsp. verlängert. 
oberen Teil. R.Scap.: Trockenes Rasseln Unterhalb verschärftes Atmen bis III. 
im oberen Teil. Rippe. A. L.: Vereinzelte Unreinheiten . 
. Giemen. L. Scap.: Rauhes Atmen, 
ech abwärts. R. Scap.: Unreines At- 
men. Abwärts frei. — Herz sehr 
frequent. 

Tbaz.: +; Gewicht: 59 kg; schwerer 
Diabetes u. Kehlkopftuber- 

kulose; leichtes Fieber. 


Tbaz.: +; Gewicht: 65 kg; Spur Sacch. 
im Urin. Kein Fieber. Wäh- 
rend der Kur: Zunehmende 
Heiserkeit, Infiltration der Epi- 
glottis. | 

Modus: 2tágig 5 ccm. Verabreicht: 200 ccm Serum Marmorek per anum. 

Erfolg: Starke Verschlechterung des Lungenbefundes, des All- 
gemeinbefindens, rapide Gewichtsabnahme, Ausbildung eines Diabetes 
und ausgedehnte Kehlkopftuberkulose. 


42. Hugo Momm, 36 J., Steinformer, 8. XI. 07—13. II. 08. Dauer: 
98 Tage. 

Mutter brustleidend. 1. Kind. Seit mehreren Jahren Husten, Auswurf, Nacht- 
schweiBe, 4 mal Blutspucken, zuletzt Juni 1907, Atemnot, Mattigkeit, Abmagerung. 


Befund: R. Scap. wenig verkürzt. | Bei der Entl.: R. Clav. und Scap. ver- 
kürzt. 
R. Clav.: Verschärftes Insp., vereinzelte R. Clav.: Reichlich feuchtes Rasseln. 
Geräusche. Knacken von IV. Rippe Giemen. Verschärftes Insp. Unter- 
ab. L. Clav.: Reichlich halbfeuchte halb feuchtes Rasseln, verschärfte Atm. 
kleinblasige Geräusche bis III. Rippe. bis III. Rippe, dann zunehmend. L. 
L. Scap.: Unreines Atmen im oberen Clav.: Trockenes Rasseln. Verschärfte 
Teil. Abwärts: Knistern. R. Scap.: Atm. Unterhalb desgl., von der III. Rippe 
Frei. ab zunehmend. L. Scap.: Reichlich 


trockenes Rasseln. Unterhalb verein- 
zeltes Knarren. R. Scap.: Verschärftes 
Ä , Atmen. Giemen und Schnurren. 
Tbaz.: —; Gewicht: 58kg; kein Fieber. | Tbaz.: ; Gewicht: 66kg; kein Fieber. 
Modus: 2tägig 5 ccm. Verabreicht: 230 ccm Serum Marmorek per anum. 
Erfolg: Verschlechterung des Lungenbefundes. Allgemeinzustand 
bei guter Gewichtszunahme gebessert, 


43. Wilhelm Molsbeck, 26 J., Maschinenbauer, 23. I. 08—3. IV. 08. 
Dauer: 72 Tage. 

Mutter an Phthise +. 4. Kind. Winter 19g06— 1907 starke Erkältung. All- 
mählich NachtschweiBe, kein Fieber, viel Husten und Auswurf. Stiche. Zeitweise 
Blutspucken, zuletzt 22. IX. 07 ca. ?/, 1. 

Befund: R. Clav. und obere R. Scap. , Letzte Untersuchung 16. III. 08: 
gedämpft. Wenig Husten und Auswurf. 
Kein Fieber. 
R. Clav.: Rasselgeräusche. Unterhalb R. Clav. und R. Scap. gedämpft. R. 
Zeitschr. f. Tuberkulose. XIII. 9 


130 F. KOHLER. TÜRERKULOSE 
und A. L. frei. L. Clav.: Vereinzelte 
kleinblasige Rasselgeräusche im Insp. 
Abwärts und A. L. frei. L. Scap.: Ver- verschärft. L. Clav.: Reichlich trockene 
einzelte trockene Rasselgeräusche im Geräusche, rauhes Insp., bis 111. Rippe. 
oberen Teil. R. Scap.: Frei. — Am | L. Scap.: Trockene, záhe Geráusche im 
27. I. Blutung. oberen Teil. R. Scap.: Frei. 
Tbaz.: +; Gewicht: 51,5 kg; zeitweise | Gewicht: 54 kg; geringes Fieber. 
geringes Fieber. 


Clav.: Rauhe Atm., vereinzelte trockene 
Rasselgeräusche. Unterhalb Atm. leicht 


Starke Blutung am 30. III. 08, Wiederholung am 1. und 2. IV., abends ca. 1 L 
Erstickungsgefahr. Gelatine. Abbindung der Extremitäten. Subkutane Kochsalz- 
infusion. Nacht ruhig. Am 3.1V. 08 morgens sehr starke Blutung, unter der der 
Exitus erfolgt. 

Modus: Vom 20. II. 08 ab bis 30. III. 08 2tägig 5 ccm. Verabreicht: 
100 ccm Serum Marmorek per anum. 

Erfolg: Bei geringer Gewichtszunahme und mehrfachen kleinen 
Blutungen Tod im schweren Blutsturz nach 72tägiger Kur. 


44. Julius Lotz, 27 J., Bahnarbeiter, 7. XII. 07— 14. III. 08. Dauer: 
99 Tage. 

Keine Belastung. 5. Kind. 1898 1. Lungenblutung. Kuren Herbst 1904, 
Sommer 1905. Mehrmals Blutspucken, zeitweise geringes Fieber. Husten und Aus- 
wurf. Keine Nachtschweiße. 


Befund: R. Clav. u. R. Sean verkürzt. | Bei der Entl.: Wenig Husten, mäßig 


L. Clav. bis II. Rippe Tympanie. Auswurf. 
R. Clav.: Trockenes Rasseln. Unterhalb R. Clav. und Scap. verkürzt. R. Clav.: 
verschärfte Atm., vereinzeltes Knacken Knistergeräusche, Unterhalb Atm. ver- 
bis III. Rippe. L. Clav.: Kleinblasige schärft. Von der III. Rippe bis V. Rippe 
trockene Geräusche, bis IV. Rippe. L. vereinzelte trockene Geräusche. L.Clav.: 
Scap.: Verschärfte Atm. im oberen Teil. |  Vereinzelte trockene Geräusche im Insp., 
R. Scap.: Knackende Geräusche im reichlicher bis IV. Rippe. L. Scap.: 
oberen Teil. Exsp. verschärft. R. Scap.: Frei. Ab- 


wärts Insp. verschärft. 
Tbaz.: +; Gewicht: 61 kg; kein Fieber. | Tbaz.: +; Gewicht: 64 kg; kein Fieber. 


Modus: 10 Tage 10 ccm; 10 Tage Pause; 10 Tage 5 ccm; 10 Tage Pause; 
10 Tage 10 ccm; 10 Tage Pause; 10 Tage 5 ccm; 10 Tage Pause; 10 Tage 
10 ccm. Verabreicht: 400 ccm Serum Marmorek per anum. 

Erfolg: Unveränderter Lungenbefund, gering gebesserter Allge- 
meinzustand. 


45. Robert Haferkamp, 23 J., Schlosser, 13. XII. 07—19. III. 08. Dauer: 
08 Tage. 


Keine Belastung. 5. Kind. Seit April 1904 Brustschmerzen, Nachtschweiße, 
wenig Husten und Auswurf Kur Dezember 1904 bis März 1905. 


Befund: R. Clav. u. R. Scap. stark ver- | Bei der Entl.: Husten u. Auswurf ver- 


kürzt. mehrt. Mattigkeit. 
R. Clav.: Sehr verschärfte Atm., Exsp. R. Clav. und R. Scap. stark verkürzt. 
fast bronchial. Auch unterhalb, mit R. Clav.: Bronchialatmen, auch unter- 
metallisch klingendem Rasseln bis III. halb; dazu im Exsp. vereinzelte trockene 
Rippe. L. Clav.: Frei. L. Scap.: Ver- Geräusche bis III. Rippe, dann ver- 
einzeltes Giemen. Unreine Atm. im schärfte, zum Teil rauhe Atm. L. Clav.: 
oberen Teil. R. Scap.: Sehr rauhes Unreine, abgeschwächte Atm. Unter- 
Atmen im oberen Teil. halb verschärfte Atm. L. Scap.: Leise 


| Atm., vereinzelte trockene Geräusche, 


RER ii DAS TUBERKULOSESERUM MARMOREK. 131 


besonders im unteren Teil. R. Scap.: 
Verschárítes Insp., stellenweise klein- 
blasige Geräusche. 
Tbaz.: +; Gewicht: 52,5 kg; kein | Tbaz.: + reichlich; Gewicht: 59 kg; 
Fieber. kein Fieber. 
Modus: 8 Tage 10 ccm; 2 Tage Pause; 2 Tage 10 ccm; 10 Tage Pause; 
10 Tage 5 ccm; 10 Tage Pause; 10 Tage 10 ccm; 10 Tage Pause; 10 Tage 5 ccm; 
10 Tage Pause; 10 Tage 10 ccm. Verabreicht: 400 ccm Serum Marmorek 
per anum. : 
Erfolg: Bei ungebessertem Lungenbefund mäßige Hebung des All- 
gemeinzustandes bei guter Gewichtszunahme. 
46. Wilhelm Hermann, 29 J., Anstreicher, 21. XII. 07—4. III. 08. Dauer: 
71 Tage. 
Keine Belastung. 5. Kind. Seit 4 Jahren mäßiger Husten, ohne Auswurf, 
Abmagerung, zeitweise Nachtschweiße und Heiserkeit. 
Befund: R. Clav. und R. Scap. ver- | Bei der Entl.: Geringer Husten und 


kürzt. Auswurf, Atemnot gehoben. 

R. Clav.: Weich-verschirftes, unreines R.Scap. verkürzt. R. Clav.: Verschärftes 
Insp., bis III. Rippe. Im 4. Inter- Insp., rauhes, verlängertes Exsp. Unter- 
kostalraum Knacken bis VI. Rippe und halb unreine Atm. L. Clav.: Ver- 
in der A. L. L. Clav.: Verschirftes schárftes Atmen, Exsp. verlángert. Unter- 
Insp. bis III. Rippe. L. Scap.: Sehr halb verschárfte Atm. L. Scap.: Ge- 
verschärftes Atmen, ohne Geräusche. ringe trockene Geräusche im Insp., 
Abwärts rauhes Atmen. R. Scap.: Un- Mitte, sehr rauhes Atmen. R. Scap.: 
reines Atmen. Abwärts glucksende Ge- Rauhes Atmen, vereinzeltes Knistern. 
räusche. Abwärts halbfeuchte Geräusche. 


Tbaz.: +; Gewicht: 61 kg; keinFieber. | Tbaz.: +; Gewicht: 61 kg; kein Fieber. 
Modus: 10 Tage 5 ccm; 10 Tage Pause; 10 Tage 10 ccm; 10 Tage Pause; 
Io Tage 5 ccm; 10 Tage Pause; 5 Tage 10 ccm. Verabreicht: 250 ccm Serum 
Marmorek per anum. 
Erfolg: Unveränderter Lungenbefund, Allgemeinzustand desgl. 


47. Jakob Wey, Wärter, 29 J., 13. XII. 07 —15. II. 08. Dauer: 65 Tage. 
Keine Belastung. o Kind. Seit 3 Jahren Schmerzen in der R. Seite, 
Husten, Auswurf, schwerer Atem, allmáhlich Abmagerung. 
Befund: R. Clav. u. unterhalb, L. Scap. | Bei der Entl.: Mäßig Husten, Auswurf 


stark verkürzt. R. Clav. verkürzt. zugenommen. 

R. Clav.: Abgeschwächte Atm. Ver- R. Clav. und unterhalb, L. Scap. ge- 
einzelte Geräusche im Insp. Unter- dämpft. R. Clav. verkürzt. R. Clav.: 
halb vereinzelte trockene Geräusche, Verschärftes Atmen, vereinzelte zähe 
sehr verschärfte Atm. L. Clav.: Knacken Geräusche, unterhalb diffus unrein. L. 
und Knistern, verschärfte Atm. Unter- Clav.: Leicht verschärftes Atmen; feuchte 
halb kleinblasige trockene Geräusche, Geräusche — unterhalb laut verschärftes 
verschärftes Insp. bis III. Rippe. A. Atmen, metallisches Knacken bis II. 
L.: Sehr verschärfte Atm., kleinblasiges Rippe, dann vereinzelte feuchte Ge- 
Rasseln. L. Scap.: Sehr verschärfte ráusche. A. L.: Knacken und Knistern. 
Atm. Kleinblasiges Rasseln, auch ab- L. Scap.: Knistern. Mitte: Verschärftes 
wärts R. Scap.: Kleinblasiges Rasseln Atmen, unterhalb halbfeuchte Geräusche. 
im Insp., besonders im oberen Teil. | R.Scap.: Rauhe Atm., Knacken, Mitte: 

Vereinzelte zähe Geräusche. Abwärts 

frei. 


Tbaz.: +; Gewicht: 51,5 kg; kein Fieber. | Tbaz.: +; Gewicht: 56kg; kein Fieber. 
Modus: 2tägig 5 ccm Marmorekserum. Verabreicht: 150 ccm Serum 
Marmorek per anum. 
g* 


ZEITSCHR. t. 
132 ___F. KOHLER. TUBERKULOSE 








Erfolg: Bei unbeeinfluBtem ungiinstigen Lungenbefunde und zu- 
genommenem Auswurf gute Gewichtszunahme. 


48. August Brass, 33 J., Handlanger, 14. XII. o7—4y. I. 08. Dauer: 
22 Tage. 

Vater an Phthise +. 3. Kind. Seit 2 Jahren Schmerzen im Rücken und L. 
Seite. Anfangs Nachtschweiße, Abmagerung, Appetitmangel, Herzklopfen, wenig 
Husten und Auswurf. 

Befund: R. Clav. verkürzt. 

R. Clav.: Rauhe Atm., trockene Geräusche; bis III. Rippe rauhe Atm. A. L.: 
Unreines Insp. L. Clav.: Unreines Insp., unterhalb verschärftes Insp., geringes 
Knistern. A. L.: Knistern. L. Scap.: Knistergeräusche bis zur Mitte. Abwärts frei. 
R. Scap.: Trockenes Rasseln bis zur Mitte, rauhe Atm. Abwärts frei. 

Tbaz.: +; Gewicht: 59 kg; leichtes Fieber 37,5—37,8— 38,1. | 

Patient erhielt 20. XII.—29. XII. 07 täglich 10 ccm Serum per anum. Ver- 
abreicht: 100 ccm Serum Marmorek per anum. 

Erhebliche Fiebersteigerung am 21. u. 22. XII.: 39,2—39,9—40,1— 40,4. 
Nach 3 Tagen Abfall auf 38,5 und 38,3% — Allmähliche Veränderung der 
Psyche, will die Anstalt verlassen und zu Fuß bei 10% Kälte nach Dortmund 
(ca. 10 Stunden) gehen! 

Patient muß als ungeeignet entlassen werden. 


49. Johann Drüten, 16 J., Dreher, 8. VI.o7—31.VIl.07. Dauer: 54 Tage. 
Keine Belastung. 4. Kind. Seit 2 Jahren Husten, Auswurf, Bruststiche. 
Häufig Fiebergefühl, mehrmals Blutspucken. 


Befund: R. Clav. u. R. Scap. stark ver- | Bei der Entl.: Dauernd mittelhohes 
kürzt. Fieber. Allgemeinzustand sehr 
| geschwächt. Viel Husten. Aus- 
wurf vermehrt. 

R. Clav. gedämpft, R. Scap. stark ver- 
kürzt, L. Clav. auch unterhalb tympa- 
nitisch. Unterhalb der R. Clav. starke 
Verkürzung. R.Clav.: Verschärfte Atm., 
trockene Geräusche, bis zur unteren 
Grenze. A. L.: Seltenes Giemen,. ver- 
schärfte Atm. L. Clav.: Zähe Ge- 
räusche, verschärfte Atm., unterhalb 
desgl., metallisch in der Mohrenheim- 
grube. Unterhalb zähe Geräusche, auch 
in der A.L. L.Scap.: Zähe Geräusche, 
vereinzeltes Giemen, laut- verschärfte 
Atm. R. Scap.: Trockene und záhe 
Geräusche im oberen Teil. Abwärts 

| verschärfte Atm. 
Tbaz.: +; Gewicht: 53 kg; Fieber | Tbaz.: +; Gewicht: 54 kg; leichtes 

37,7 —38,2— 38,0. Fieber bis mittelhoch. 
Tod am 21. VIII. 07. 


Modus: 11 Tage 10 ccm per anum; 2 Tage 5 ccm per anum; 1 Tag 5 ccm 
intravenös; I Tag 5 ccm per anum; 1 Tag 5 ccm intravenös; 5 Tage 5 ccm 
per anum; 6 Tage Pause; 1 Tag 10 ccm per anum; 1 Tag Io ccm intravenös 
(schwerer Kollaps!), 8 Tage 5 ccm per anum. Verabreicht: 220 ccm Serum 
Marmorek. 

Erfolg: Bei fortschreitend verschlechtertem Lungenbefund und 
Allgemeinbefinden Tod 3 Wochen nach der Entlassung. 


R. Clav.: Abgeschwächte Atm. Knistern. 
Feuchte Geráusche, namentlich im 
Exsp., auch unterhalb bis III. Rippe. 
— A. L.: Rauhes Insp. L. Clav.: 
Giemen. Feuchtes Rasseln, Schnurren 
bis zur unteren Grenze, auch A. L. 
L. Scap.: Wie vorne, im oberen Teil. 
Mitte: Feuchte Geräusche, geringes 
Giemen. R.Scap.: Giemen. Knistern 
úber der ganzen Scap. 


SE DAS TUBERKULOSESERUM MARMOREK. 133 





50. Paul Appeltrath, 21 J., Anstreicher, 31. I. 08—4. V. 08. Dauer: 
95 Tage. | 

Keine Belastung. 3. Kind. Vor 4 Jahren schwere Brustquetschung. 1. Blut- 
spucken September 1907, wenig Husten. Keine Abmagerung. 
Befund: R. Clav. und Scap. verkürzt. | Bei der Entl.: Kein Husten. Kein Aus- 

Vorne bis III. Rippe Tympanie. | wurf. 
R.Clav.: Reichlich feuchtes Rasseln bis Perkussion wie links. R. Clav.: Knistern. 
III. Rippe. L. Clav. : Vereinzelte trockene Unterhalb halbfeuchte Geráusche und 
Geráusche. L. Scap.: Trockene Ge- Knistern, dann rauhe Atm. L. Clav.: 
ráusche, rauhe Atm. R.Scap.: Klein- Rauhe Atm. L. Scap.: Trockene Ge- 
blasige trockene Geräusche, Knarren. ráusche. R. Scap.: Knistern, halbfeuchte 
Unterhalb Atm. unrein. Geráusche im oberen Teil. Im unteren 
| Teil halbfeuchte Geräusche. 

Tbaz.: Kein Auswurf; Gewicht: 56 kg; | Gewicht: 57,5 kg; kein Fieber. 

kein Fieber. | 

Modus: 10 Tage 5 ccm; 10 Tage Pause; 10 Tage 10 ccm; 10 Tage Pause; 
10 Tage 5 ccm; 10 Tage Pause; 10 Tage 10 ccm. Verabreicht: 300 ccm Serum 
Marmorek per anum. 

Erfolg: Unbedeutende Besserung des Lungenbefundes und des Ge- 
wichtes. 

51. Hermann Splitthoff, 47 J., Tagelóhner, 25. I. 08—2. V. 08. Dauer: 
99 Tage. 

Keine Belastung. 8. Kind. Vor 2 Jahren Blutsturz. Danach Abmagerung, 
Nachtschweiße, Luftmangel, wenig Husten und Auswurf. 


Befund: Beide Clav. verkürzt. R. Scap. | Bei der. Entl.: Atemnot unverändert. 


verkürzt. Wenig Husten und Auswurf. 
Keine NachtschweiBe. 

R. Clav.: Rauhes Atmen. Vereinzelte | R. Clav. verkürzt. R. Clav.: Rauhe Atm., 
trockene Geräusche, Giemen. Unter- ohne Geräusche, unterhalb Knistern, zu- 
halb Insp. verschärft. Von III. Rippe nehmend. L. Clav.: Reichliche halb- 
ab vereinzelte trockene Geräusche. L. feuchte Geräusche, rhonchorös, be- 
Clav.: Feuchte Geräusche, zum Teil sonders unterhalb. L.Scap.: Reichliche 
metallisch, rauhe Atm., Giemen bis halbfeuchte Geräusche, rhonchorös. R. 
IV. Rippe. L. Scap.: Feuchte Ge- Scap.: Halbfeuchte Geräusche, bis Mitte. 
räusche, zum Teil metallisch, abwärts Dann Atm. verschärft, vereinzelte 
frei. R. Scap.: Leise Atm. trockene Geräusche. 


Tbaz.: 0; Gewicht: 52 kg; kein Fieber. | Tbaz.: 0; Gewicht: 6o kg; kein Fieber. 

Modus: 10 Tage 5 ccm; 10 Tage Pause; 10 Tage 10 ccm; 10 Tage Pause; 
10 Tage 5 ccm; 10 Tage Pause; 10 Tage 10 ccm; 10 Tage Pause; 10 Tage 5 ccm. 
Verabreicht: 350 g Serum Marmorek per anum. 

Erfolg: Bei teilweise gebessertem Lungenbefund Hebung des All- 
gemeinzustandes und große Gewichtszunahme. 

52. Hermann Possmann, 19 J., Dreher, 25. I. 08—2. V. 08. Dauer: 
99 Tage. 

Vater an „Asthma“ t. 4. Kind. Seit 4 Jahren Husten, Auswurf, Appetit- 
mangel, zeitweise Atemnot, keine Blutung. Keine Nachtschweile. 


wurf, keine Nachtschweiße. Appe- 


Befund: R. Clav. u. R. Scap. verkürzt. | Bei der Entl.: Kein Husten, wenig Aus- 
| tit gut. — L. Clav. u. L. Scap. 
| 


| verkürzt. 
R. Clav.: Unreines Insp., unterhalb | R. Clav.: Verschärfte Atm. Unterhalb 
trockene Geräusche bis III. Rippe, ab- : Insp. verschärft, leicht rhonchorös. L. 


warts sehr rauhe Atm. L. Clav.: Un- Clav.: Rauh-verschärfte Atm., geringe 


| ZEITSCHR. f. 
134 F. KOHLER. TUBERKULOSE 


reines Atmen. L. Scan: Kleinblasiges ; trockene Geräusche. Unterhalb Atm. 

trockenes Rasseln im oberen Teil. R. verschärft. L. Scap.: Rauh-verschärfte 

Scap.: Reichliche trockene Geräusche Atm., Knistern im oberen Teil. Unter- 

im oberen Teil. halb Atm. sehr rauh. R. Scap.: Ge- 
ringe trockene Geräusche, abwärts rauhe 
Atm. 


Tbaz.: 0; Gewicht: 67,5 kg; kein Fieber. | Tbaz.: 0; Gewicht: 71 kg; kein Fieber. 
Modus: 10 Tage 5 ccm; 10 Tage Pause; 10 Tage 10 ccm; 10 Tage Pause; 
10 Tage 5 ccm; 10 Tage Pause; 10 Tage 10 ccm; Io Tage Pause; 10 Tage 5 ccm 
Serum Marmorek per anum. Verabreicht: 350 ccm Serum. 
Erfolg: Bei kaum verändertem Lungenbefund mäßige Hebung des 
Allgemeinzustandes und des Gewichtes. 
53. Gustav Sommerkorn, 48 J., Maurer, 8. II. 08—13. V.08. Dauer: 
96 Tage. 
Vater an Brustleiden +. 1 Schwester an Phthise +. Ältestes Kind. März 1906 
2), 1 Blut gespuckt, Husten, Auswurf, März 1907 nochmals Blutspucken. Seit kurzem 
NachtschweiBe. 
Befund: R. Clav. u. R. Scap. verkürzt. | Bei der Entl.: Gut erholt. Reichlich 
| Husten. Auswurf abgenommen. 
R, Clav.: Rasselgeräusche bis III. Rippe. | R. Scap. verkürzt. R. Clav.: Frei. L. 


L. Clav.: Knistern. L. Scap.: Trockene Clav.: Vereinzelte Unreinheiten im Insp. 
Rasselgeräusche im oberen Teil. R. L. Scap.: Frei. R. Scap.: Leicht un- 
Scap.: Vereinzeltes Rasseln. reines Insp. im oberen Teil. 


Tbaz.: +; Gewicht: 58 kg; kein Fieber. | Tbaz.: +; Gewicht: 6o kg; kein Fieber. 

Modus: 10 Tage 5 ccm; 10 Tage Pause; 10 Tage 10 ccm; 10 Tage Pause; 
10 Tage 5 ccm; 10 Tage Pause; 10 Tage 10 ccm; 10 Tage Pause; 8 Tage 5 ccm 
Serum Marmorek per anum. Verabreicht: 340 ccm Serum. 

Erfolg: Bei mäßiger Gewichtszunahme bedeutende Besserung des 
Lungenbefundes und des Allgemeinzustandes. 

54. Wilhelm Thal, 22 J., Eisenarbeiter, 8. II. 08— 16. V. 08. Dauer: 
99 Tage. 

Keine Belastung. Ältestes Kind. 9. IX. 07 Blutspucken teelöffelvoll, Husten, 
Auswurf, Mattigkeit, Atemnot allmählich entwickelt. 


Befund: Vorne L. Verkürzung bis III. | Bei der Entl.: Wenig Husten u. Aus- 


Rippe. wurf. Atemnot gebessert. Appetit 
gut. Keine Nachtschweiße. 

R. Clav.: Exsp. verlängert, hauchende L. Scap. wenig verkürzt. Unterhalb 
Atm. Von der IV. Rippe ab klein- Dämpfung. R. Clav.: Leicht-rauhe 
blasige Geräusche, Reiben, auch in der . Atm. bis III. Rippe. Dann trockenes 
A. L. mit Schnurren. L. Clav.: Bron- Rasseln. A. L.: Rauhe Atm. L. Clav.: 
chiale Atm., Exsp. verlängert. Unter- Sehr rauhes Atmen. Schnurren, bis 
halb unreine, zum Teil rauhe Atm. |! IN Rippe. L. Scap.: Verschärfte Atm. 


Schaben, nach unten zunehmend. R. 
Scap.: Leise Atm. Schaben im unteren 
Teil. Abwärts Knarren des Insp. 


Letzteres bis IV. Rippe. — A. L.: 
Reichlich kleinblasiges Rasseln, bron- 
chiale Atm. L. Scap.: Vereinzeltes 
Giemen und Rasseln, unreine Atm. 
Abwärts reichliches Rasseln, Pfeifen, 
Schnurren. R. Scap.: Leise Atm., ver- 
einzelte Unreinheiten. | 
Tbaz.: +; Gewicht: 56 kg; kein Fieber. | Tbaz.: +; Gewicht: 6o kg; kein Fieber. 
Modus: 10 Tage 5 ccm; 10 Tage Pause; 10 Tage 10 ccm; 10 Tage Pause; 
10 Tage 5 ccm; Io Tage Pause; 10 Tage 10 ccm; 10 Tage Pause; 10 Tage 5 ccm. 
Verabreicht: 350 ccm Serum Marmorek per anum. 


ie at DAS TUBERKULOSESERUM MARMOREK. 135 











Erfolg: Bei geringer Besserung des Lungenbefundes bedeutende 
Besserung der subjektiven Beschwerden und mäßige Gewichtszunahme. 


55. Johann Müller, 30 J., Handlanger, 19. II. 08— 18. V. 08. Dauer: 
go Tage. 

Keine Belastung. 8. Kind. Vor 2 Jahren Lungenentzündung, seitdem kränk- 
lich, matt, Husten, Auswurf, zeitweise NachtschweiB. 


Befund: R. Clav. und Scap. verkürzt. | Bei der Entl.: Sehr gebessert. Wenig 
Husten. Kein Auswurf. 
R.Clav.: Leise Atm. Unterhalb trockenes | R. Clav. und halbe R. Scap. verkürzt. 


Rasseln im Insp. bis III. Rippe. Ab- R. Clav.: Unreine Atm. Unterhalb ver- 
wärts Atm. abgeschwächt. L. Clav.: einzeltes Knacken u. verschärfte Atm. 
Atm. abgeschwächt, reichlich trockenes L. Clav.: Unreines Insp. Unterhalb 
Rasseln. Unterhalb verschärftes Insp. verschärfte Atm. L. Scap.: Unreine 
bis III. Rippe. L. Scap.: Vereinzeltes Atm., stellenweise vereinzeltes trockenes 
trockenes Rasseln im oberen Teil. Rasseln. R. Scap.: Unreine Atm. im 
Leise Atm. im unteren Teil. R. Scap.: oberen Teil. 


Unreine Atm. Vereinzelte trockene Ge- 
räusche im oberen Teil. 
Tbaz.: o; Gewicht: 65,5 kg; kein Fieber. | Kein Auswurf; Gewicht: 71,5 kg; 
kein Fieber. 
Modus: 10 Tage 5 ccm; 10 Tage Pause; ro Tage 10 ccm; 10 Tage Pause; 
10 Tage 5 ccm; 10 Tage Pause; 10 Tage 10 ccm. Verabreicht: 300 ccm Serum 
Marmorek per anum. 
Erfolg: Lungenbefund und Allgemeinbefinden sehr gebessert; starke 
Gewichtszunahme. 


56. Johann Pyrags, 33 J., Sattler, 22. II. 08—20. V. 08. Dauer: 89 Tage. 
Keine Belastung. 9. Kind. Seit !/, Jahr Nachtschweiße, Abmagerung, Blut- 
spucken vor 3 Monaten, zeitweise Atemnot. 


Befund: R. Clav. u. R. Scap. verkürzt, | Bei der Entl.: Wenig Husten, noch viel 
Auswurf, zeitweise Schmerzen in 
der linken Seite. 

R. Clav.: Leise Atmung. Unterhalb R.Clav. u. R.Scap. wenig verkürzt. R. 
abgeschwächte Atm. Insp. abgesetzt Clav.: Vereinzelte kleinblasige trockene 
bis IV. Rippe, von da ab reichliches Geräusche. L., Clav.: Geringes Knacken 
Rasseln, feucht, auch in der A.L. L. im Exsp. L. Scap.: Rauhes, unreines 
Clav.:Halbfeuchteskleinblasiges Rasseln. Insp. im oberen Teil. R.Scap.: Leichte 
Unterhalb Atm. rauh bis III. Rippe. Rauhigkeit im Insp. im oberen Teil. 
A. L.: Sehr unreines Insp. L. Scap.: 
Unreine Atm. im oberen Teil. Halb- 
feuchtes kleinblasiges Rasseln im unteren 
Teil, auch abwärts. R. Scap.: Unreine 
Atm. Rhonchi angedeutet im oberen ` 

Teil. Abwärts unreine Atm. | 

Tbaz.: 0; Gewicht: 63 kg; kein Fieber. | Tbaz.: 0; Gewicht: 64,5 kg; kein Fieber. 

Modus: Dauernd 2tägig 5 ccm; Pause vom 1.—4. III. 08; verabreicht bis 
18. V.08.' Verabreicht: 200 ccm Serum Marmorek per anum. 

Erfolg: Deutliche Besserung des Lungenbefundes bei geringer 
Hebung des Gewichtes, des Allgemeinzustandes und der subjektiven 
Beschwerden. 

57. Hermann Flesch, 36 J., Kesselschmied, 14. III. 08— 30. V. 08. Dauer: 
78 Tage. 

Keine Belastung. 2. Kind. Vor 7 Jahren erste Lungenblutung ı Tasse, 


F ZEITSCHR, f. 
136 F. KÖHLER. TUBERKULOSE 


desgl. vor 3 Jahren, vor 2 Jahren „Rippenfellentzündung“. Seitdem dauernd Husten, 
Auswurf, Abmagerung, Mattigkeit. Zeitweise Nachtschweiße. 


Befund: L. Clav. verkürzt, R. Clav. ge- | Bei der Entl.: Bedeutend verschlechtert. 


dämpft, R. Scap. verkürzt. Äußerst schwach. Perkussion wie 
links. 

R. Clav.: Sehr rauhes Atmen. Unter- R. Clav.: Reichliches Knistern, auch 
halb reichlich trockene Geräusche bis unterhalb, zum Teil metallisch bis 
III. Rippe. L. Clav.: Rauhes, unreines III. Rippe. A. L.: Knistern im Insp. 
Insp. L. Scap.: Leise Atm. im oberen L. Clav.: Rauhe Atm. Diffus trockene 
Teil. R. Scap.: Reichlich halbtrockene Geräusche bis III. Rippe. L. Scap.: 
Geräusche im oberen Teil. Im unteren Rauh-verschärfte Atm. Knistern. R. 
Teil leise Atm. Scap.: Zähe und feuchte Geräusche, 


unterhalb Knistern. 

Tbaz.: +; Gewicht: 55 kg; kein Fieber. | Tbaz.: +; Gewicht: 51 kg; kein Fieber. 

Modus: Alle 2 "Tage Io ccm; ohne Pause. Verabreicht: 370 ccm Serum 
Marmorek per anum. 

Erfolg: Ausgesprochene Mecca des Lungenzustandes 
und des Allgemeinbefindens. 

58. Ferdinand Thon, 35 J., Schlosser, 29. II. 08—24. VI. 08. Dauer: 
117 Tage. 

Vater an Tuberkulose +. 3. Kind. Seit Sommer 1904 Husten, Auswurf, ge- 
legentlich Blutbeimengung. Kur in Holsterhausen 4. X. 05—16. I. 06. Seitdem 
unterbrochen gearbeitet. — Atemnot. 


Befund: R. Clav. u. R. Scap. verkürzt Bei der Entl.: Atemnot, Husten, Aus- 
| wurf ungebessert. 


R. Clav.: Unreines Insp., Exsp. ver- | L. Clav. u. L. Scap. verkürzt. R. Clav.: 
schärft. Unterhalb sehr verschärftes Knistern. Unterhalb Atm. leicht ver- 
Atmen bis III. Rippe. A. L.: Klein- schärft, ohne Geräusche. L. Clav.: 
blasige trockene Geräusche. L. Clav.: Feuchte Geräusche, Giemen im Insp., 
Knistern im Insp. und Exsp. — Bis | unterhalb Atm. abgeschwächt, Knistern 
III. Rippe trockene Geräusche. L. Scap.: | bis III. Rippe. A. L.: Atm. leicht ver- 
Verschärftes, verlängertes Exsp. im ; schärft. L. Scap.: Feuchte Geräusche, 
oberen Teil, lese Atm. R. Scap.: | geringes Giemen bis zur Mitte. Ab- 
Sehr verschärftes Atmen, Exsp. ver- warts Atm. verschärft. R. Scap.: Ver- 
längert im oberen Teil. Abwärts reich- schärftes Atmen. Unterhalb knisternde 
lich kleinblasige halbfeuchte Geräusche. Geräusche. 


Tbaz.: +; Gewicht: 55 kg; kein Fieber. | Tbaz.: +; Gewicht: 56,5 kg; kein Fieber. 
Modus: Alle 2 Tage 10 ccm; ohne Pause. Verabreicht: 540 ccm Serum 
Marmorek per anum. 
Erfolg: Objektiver Befund wie subjektive Beschwerden vóllig un- 
beeinfluBt. 
- 59. Rudolf Swoboda, 27 J., Motorwárter, 18. III. o8—27. VI. 08. Dauer:. 
102 Tage. 
Keine Belastung. Erkrankte Juli 1907 mit Husten, später Auswurf, Atemnot, 
geringe Nachtschweiße, starke Atemnot. Kein Blutspucken. Ältestes Kind. 


Befund: R.Clav. bis II. Rippe, R.Scap. | Bei der Entl.: Noch reichlich Husten 


verkürzt. u. Auswurf, zeitweise Schmerzen. 
R. Clav.: Trockenes Knarren im Insp. | R. Clav.: Feuchte Geräusche, Knistern, 
u. Exsp., reichlich, bis III. Rippe. Von unterhalb desgl. reichlich bis IV. Rippe, 
da ab trockene Geräusche bis V. Rippe. dann Atm. abgeschwächt, Knistern. 
A. L.: Knarren u. vereinzelte trockene A. L.: Knistern im Insp. und Exsp. 


Geräusche. L. Clav.: Trockenes Knarren L. Clav.: Reichliches Knistern. Unter- 


BD.XIILHEFT?  .  DASTUBERKULOSESERUM MARMOREK. 137 





im Insp., unterhalb reichlich klein- |  halbhalbfeuchte Geräusche bis III. Rippe, 
blasiges Rasseln, zum Teil mit rauher dann Knistern. A. L.: Rauhe Atm. L. 
Atm. L. Scap.: Trockene Geräusche | Scap.: Halbfeuchte Geräusche bis zur 
im oberen Teil. Abwärts Atm. rauh. Mitte. Dann rauhe Atm. R. Scap.: 
R. Scap.: Vereinzelte trockene Ge- Rauhe, abgeschwächte Atm., feuchte 
räusche, im unteren Teil reichlicher. Geräusche im Insp. und Exsp. bis zur 
Mitte, dann vereinzeltes Knistern, feuchte 
ı Geräusche. 
Tbaz.: +; Gewicht: 48kg; kein Fieber. Tbaz.: +; Gewicht: 51 kg; kein Fieber. 
Modus: Alle 2 Tage 10 ccm; ohne Pause. Verabreicht: 4So ccm Serum 
Marmorek per anum. 

Erfolg: Bei mäßig gutem Allgemeinzustand, geringer Gewichts- 
zunahme blieb der objektive Befund unverändert, zeigte eher Tendenz 

zum frisch-entzündlichen Fortschritt. 


60. Johann Sonnenschein, 38 J., Fabrikarbeiter, 29. II. 08—24. VI. 08. 
Dauer: 117 Tage. 

Keine Belastung. 1 Bruder lungenkrank. Beginn Mai 1902 mit Husten, 
Auswurf, geringem Blutspucken. Kur in der Heilstätte Holsterhausen 3. VI. bis 
5. IX. 03. Seitdem dauernd gearbeitet, in letzter Zeit schlechtes Befinden. 


Befund: R.vorne Dämpfung bisIIL. Rippe, | Bei der Entl.: Husten und Auswurf 
L. Clav. u. beide Scap. verkürzt. | mäßig stark. 
R. Clav.: Verschärftes Atmen, vereinzelte | R. Clav. und R. Scap. stark verkúrzt. 
trockene Geräusche, Exsp. verlángert, | R. Clav.: Feuchte Geráusche, Giemen, 
unterhalb rauhe, bronchiale Atm., ver- | leicht rhonchorös, im Insp. und Exsp. 
einzelte trockene Geräusche, mit me- Unterhalb Atm. verschärft, besonders 
tallischem Beiklang bis IV. Rippe. Ab- im Insp., rhonchorös, bis zur unteren 
wärts Atm. rauh, auch in der A.L. Grenze. L. Clav.: Laut-verschärftes 
L. Clav.: Sehr rauhe Atm., auch unter- | Atmen, fast bronchial, stellenweise rhon- 
halb und in der A. L., hier Brummen chorös, unterhalb Atm. verschärft, rauh, 
im Exsp. L.Scap.: Sehr rauhes Atmen, rhonchi, Knacken im Exsp. bis II. Rippe. 
zum Teil mit Brummen. Abwärts A. L.: Verschárftes Atmen, ohne Ge- 
Brummen im Insp. R. Scap.: Ver- |  räusche. L. Scap.: Verschärftes Insp., 
schärfte Atm., Brummen, Schnurren, | Exp. rhonchorös, vereinzeltes Giemen 
. vereinzelte trockene Geräusche. Ab- | im mittleren Teil, fast bis zur unteren 


wärts sehr rauhe Atm. Grenze. R. Scap.: Lautes Giemen, 
' rhonchi, besonders im Exsp., bis zur 
‘ unteren Lungengrenze. — Atemnot ge- 
| bessert. 


Tbaz.: 0; geringes Fieber bis max. , Tbaz.: 0; kein Fieber; Gewicht: 56 kg. 
38,5% bis 31. III; Gewicht: | 
47 kg; vom 1. IV. ab dauernd | 
normale Tp. | 
Modus: Alle 2 Tage 10 ccm; ohne Pause. Verabreicht: 540 ccm Serum 
Marmorek per anum. 
Erfolg: Bei mäßig gebessertem Allgemeinzustand und guter Ge- 
wichtszunahme Besserung der Atemnot, Hebung des Initialfiebers. 
Lungenbefund unverändert. 


Ich habe diesen Protokollen nur wenig hinzuzufügen. Besonderes Inter- 
esse erweckt ohne Zweifel der 5. Fall (Theiss), bei dem eine anschließende 
eigenartige Durchseuchung des Körpers, charakterisiert durch multiple Abs- 
zesse, die in Rücksicht auf die angewandte Rektalmethode nicht etwa auf sep- 


> AT | E ZEITSCHR. f 
138 F, KOH LER. | | en -TUBERKULOSE 





tische Infektion zurückgeführt werden können, und bösartige Kniegelenkstuber- 
kulose mit notwendig gewordener Oberschenkelamputation einen recht üblen 
Ausgang herbeiführte. Der Kranke litt bei seinem Eintritt lediglich an einer 
tuberkulösen Affektion der Lunge und zeigte während der Serumbehandlung 
die geschilderte Verschlimmerung. Der Beweis dafür, daB diese dem Serum 
als der veranlassenden Ursache zuzuschreiben ist, ist natürlıch kaum zu liefern. 
Daß aber die Serumanwendung die ungünstige Entwickelung des ganzen 
Prozesses nicht zu hemmen vermochte, ist sicher und bedeutet ein ungünstiges 
Zeichen für die Frage der Wirksamkeit. Indessen gab gerade dieser Fall mir 
Veranlassung, über eine besondere Frage nachzudenken, deren Lösung nicht 
ohne weiteres sich von selbst ergibt. Die Bakterizidie ist zweifellos das Haupt- 
erfordernis, welches für die wirksame Bekämpfung der Infektionskrankheit, 
welche es auch sein möge, eine Garantie zu geben vermag. Wenn die Neu- 
tralisierung des Bazillengiftes, also die antitoxische Praxis, gewiß die Wirk- 
samkeit der Bazillen lahmzulegen imstande ist, so wird auf die Dauer dennoch der 
Erfolg nur ein halber sein, wenn es nicht gelungen ist, die Quelle der Toxine, 
nämlich die Bakterien selbst, im Organismus abzutóten. Die Wirkung des 
Kochschen Tuberkulins ist meines Erachtens zum großen Teil deshalb eine 
so ungewisse, weil das Tuberkulin nicht die Tuberkelbazillen selbst zu töten 
vermag und diesem Erfordernis höchstens nur auf indirektem Wege gerecht 
zu werden in der Lage ist, indem es durch die Unschädlichmachung der 
Toxine den Körper befähigen soll, nun seinerseits durch eigene Kraft die 
Bazillen zur Giftproduktion unfähig zu machen. 

Das bakterizide Prinzip ist also zweifellos viel sicherer zur Überwindung 
einer Infektionskrankheit, als wie das antitoxische Verfahren, sofern es nicht 
gleichzeitig bakterizide Rückwirkungen auf direktem Wege sicher vermittelt. 


Aber gerade bei der Tuberkulose scheint mir nach den neuesten Unter- 
suchungen ein besonderer Nachdruck für alle Serum- und Antitoxinverfahren 
darauf gelegt werden zu müssen, daß das Agens gleichzeitig eine Resorption 
oder Beseitigung abgetöteter Tuberkelbazillen gewährleistet. Die abgetöteten 
Tuberkelbazillen im Organismus sind keine indifferenten Körper. F. Daels (Med. 
Klinik 1908, Nr. 2) hat auf Grund interessanter Untersuchungen sichergestellt, daß 
auch abgetötete Tuberkelbazillen die spezifischen tuberkulösen Ge- 
websveränderungen hervorzurufen vermögen. Experimentelle Unter- 
suchungen über die Wirkung toter Tuberkelbazillen stammen von C. Steinberg 
(Zentralbl. f. allg. Pathol. 1902, Nr. 3} Nach diesen beiden Autoren können 
abgetötete Tuberkelbazillen, wenn auch in geringem Grade, im Tierkörper im 
wesentlichen dieselben Veränderungen hervorrufen, wie lebende Tuberkelbazillen. 
Von besonderer Bedeutung sind die Selbstversuche Nösskes, die in einer aus- 
führlichen Experimentalarbeit: „EosinophileZellen und Knochenmark, insbesondere 
die chirurgischen Infektionskrankheiten und Geschwiilste' (Deutsche Ztschr. f. 
Chirurgie 1900, S, 211) und später in einem interessanten Aufsatze in der 
Medizinischen Klinik 1908, Nr. 16, niedergelegt sind. 

Nach diesen Untersuchungen kann eine Durchsetzung des Gewebes mit 
einer lebhaften Infiltration recht wohl durch abgetötete Tuberkelbazillen hervor- 


A alle, DAS TUBERKULOSESERUM MARMOREK. 139 





gerufen werden, ja es kann zu ausgebildeten Abszessen kommen, in denen als- 
dann keine Tuberkelbazillen nachweisbar sind. 

Diese Feststellungen lassen es logischerweise als unumgänglich notwendig 
erscheinen, daß ein bakterizides Verfahren gleichzeitig eine Aus- 
schwemmung des toten Bakterienmateriales gewährleisten muß, 
wenn die Möglichkeit ausgeschaltet werden soll, daß dieses noch 
tuberkulöse Gewebszerstörungen hervorbringt. 

Ich glaube, daß auf diese Frage bisher noch nicht genügend hingewiesen 
ist und daß dieser Forderung im Interesse therapeutischer Zuverlässigkeit mehr 
wie bisher Rechnung getragen werden muß. Daß auf dem Versagen gegen- 
über dieser Notwendigkeit manche Mißerfolge des Marmorekserums beruhen, 
welche durch Auftreten neuer, unerwarteter Infektionsherde charakterisiert sind, 
dafür läßt sich bisher gewiß kein Beweis, der stichhaltig wäre, erbringen. Immer- 
hin aber sind die Erfahrungen dazu angetan, die Tatsache der keineswegs garan- 
tierten Ungefährlichkeit abgetöteter Tuberkelbazillen, solange sie im Organismus 
vorhanden sind, im Auge zu behalten. 

Bezüglich der Dauererfolge meiner beschriebenen 60 Fälle hoffe ich 
nach zwei Jahren eingehende Feststellungen bringen zu können. 


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E ZEITSCHR, f. 
142 Lee ES: TUBERKULOSE 














VIII. 
Das Antituberkuloseserum Marmorek. 


Seine praktischen Erfolge während 5 jähriger Anwendung. 
Bearbeitet an Hand der gesamten bisher erschienenen Literatur. 


Von 


Dr. med. Hermann Frey, Davos, 


Spezialarzt für Lungen- und Nervenkrankheiten. 


is ist für den vielbeschäftigten praktischen Arzt keine leichte Aufgabe, 
+4%| beständig über die Bestrebungen der Tuberkulosetherapie und deren 
—45| Resultate auf dem Laufenden zu bleiben. Entweder fehlt die dazu 
notice Zeit, oder vielfach auch die einschlägige Literatur; der Praktiker ist dann 
darauf angewiesen, sich mit den kurzen Extrakten zu begniigen, die in den 
von ihm gehaltenen Zeitschriften zu finden sind. Je nach dem Gesichtswinkel, 
unter welchem der Referent jeweilen die Sache betrachtet, wird das Bild ein 
mehr oder weniger richtiges sein, und wenn ungliicklicherweise ein abfalliges 
Urteil das einzige war, das zur Kenntnis gelangte, dann ist die Angelegenheit 
erledigt und die betreffende Therapie verurteilt. 

Wie haufig wird aber leider nur der Spur nach, bisweilen ohne griind- 
liches Studium und sorgfaltige eigene Priifung, sogar ex kathedra, ein Urteil 
abgegeben! Es ließe sich hierfür eine Menge von Beispielen anführen, und 
dürfte gerade das Antituberkuloseserum Marmorek und sein bisheriges Schicksal 
eine ziemlich deutliche Illustration dazu sein. 

Ich habe mir nun die Aufgabe gestellt, in dieser Schrift eine Übersicht 
über die bisher mit dem Marmorekschen Serum erreichten Resultate zu geben 
und über Herstellung, Anwendungsweise des Serums, sowie über seine theoretische 
Begründung zu berichten. Da ich selbst das Serum seit 5 Jahren praktisch 
verwerte, und mir auch so ziemlich die gesamte Literatur, welche darüber bisher 
erschienen ist, zur Verfügung steht, so sollte es mir möglich sein, ein richtigeres 
Bild über den Wert der Marmorekschen Serumbehandlung der Tuberkulose 
zu geben, als dies durch die kurzen Einzelberichte, die dem praktischen Arzte 
vor Augen kommen, der Fall ist. Die statistische Verwertung muß natürlich 
cum grano salis aufgefaßt werden, da die große Verschiedenheit des zugrunde 
liegenden Materiales und die teilweise ungenügend referierten Krankengeschichten 
keine leichte einheitliche Beurteilung und Klassifizierung gestatteten. 

Zu alledem kommt noch die bei aller Sorgfalt nicht zu vermeidende 
Subjektivität in der Bewertung der Resultate meinerseits; in zweifelhaften Fällen 
habe ich aber stets nach unten und nicht nach oben abgerundet. 

Trotz dieser unleugbaren Mängel dürfte die Statistik doch ziemlich klar 
beweisen, daß dem Marmorekschen Antituberkuloseserum ein weit hervor- 
ragenderer Platz im Kampfe gegen die Tuberkulose gebührt, als ihm bisher 
eingeräumt worden ist, 





Ee DAS ANTITUBERKULOSESERUM MARMOREK. 143 














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25. Dr. Th. Stephani-Montana, Résultats statistiques de l'action du sérum antituberculeux 
de Marmorek. Progrès méd. 1905, 18 Nov., no. 45. 

26. Dr. W. Múller-Budapest, Zur Behandlung der Lungentuberkulose mit dem Marmorek- 
schen Serum. Wien. med. Wchschr. 1905, 25. Nov. u. 2. Dez., Nr. 48 und 49. 


ZEITSCHR. f. 
144 H. FREY. TURERKULOSE 





27. Drs. Kohler, Levy et Jacobson, Un cas de tuberculose aigüe, traité par le sérum 

antituberculeux de Marmorek. — Guérison. Journ. des Prat. 1905, 16 Déc. 
7 28. Dr. A. Marmorek-Paris, Les résultats cliniques et l’application du sérum antituber- 

culeux. Bull. gén. de thérap. 1905, 30 Déc., no. 24; La Revue int. de la tub., Janv. 1906. 

— Klinische Resultate des Antituberkuloseserums und seine Anwendung. Med. Klinik, 
Berlin, 21. Jan. 1906, Nr. 3. 

29.* Dr. E. Stadelmann u. Dr. Arnold Benfey, Erfahrungen úber die Behandlung der 
Lungentuberkulose mit Marmoreks Serum. Berl. klin. Wchschr. 1906, 22. Jan., Nr. 4. 

30. Dr. Ernst Lewin-Stockholm, Behandlung der Tuberkulose mit dem Antituberkulose- 
serum Marmorek. Berl. klin. Wchschr. 1906, 22. Jan., Nr. 4. 

31. Prof. Hoffa-Berlin, Das Antituberkuloseserum Marmorek. Berl. klin. Wchschr. 1906, 
19. Febr., Nr. 8. 

32.* Dr. Krokiewicz und Dr. Engländer-Krakau, Erfahrungen mit Marmoreks Serum 
bei der Lungenphthise. Wien. klin. Wchschr. 1906, 15. März, Nr. 11. 


33. Dr. F. Röver-Bremen, Uber 25 mit Marmoreks Serum behandelte Fälle von Tuber- 
kulose, Beitr. z. Klinik d. Tub. 1906, Bd. 5, Heft 3. 

34. Dr. E. Ullmann-Znaim, Uber meine Erfolge mit Dr. Marmoreks Antituberkuloseserum. 
Wien. klin. Wchschr. 1906, 31. Mai, Nr. 22. 

35. Dr. Adelstan de Martigny-Montréal, De la valeur du sérum de Marmorek dans le 
traitement de la tuberculose pulmonaire. Le journ. de med. et de chir,, Montréal 1906, 9 Juin. 

— Tuberculose et sérum de Marmorek, Rapport présenté au Congrès des médecins de 
langue française de l’Amérique du Nord à Trois-Rivitres, Juin 1906. 

36. Dr. Kohler-Belfort et Dr. Jacobson-Paris, Un cas de tuberculose subaigüe, traité 
par le sérum antituberculeux de Marmorek. Bull. gén. de thérap. 1906, 15 Juillet. 

37. Dr. Georges Petit-Paris, Le sérum antituberculeux de Marmorek, Rev, int. de la 
tub. 1906. 

38. Dr. A. Feldt-Petersburg, Marmoreks Antituberkuloseserum. Roussky Vratsch. 1906, 
Nr. 28. 

— Über Marmorcks Antituberkuloseserum. Vortrag, gehalten den 21. Februar 1906 im 
Verein St. Petersb. Ärzte; Ztschr. f. Tuberkulose 1906, Bd. 9, Heft 3. 

39. Congrés international de ¡a tuberculose, Paris 1905. Compte rendu, vol. 1. 


40. Dr. J. Köhler-Holsterhausen, Das Tuberkuloseserum Marmorek. Sammelreferat. Int. 
Centralbl. f. d. ges. Tub.-Literatur 1906, Nr. 2. 

41. Dr. A. van Huellen-Berlin, Zur Behandlung der Tuberkulose mit Antituberkuloseserum 
Marmorek, Dtsch. Ztschr. f. Chir. 1906, Bd. 84. 

42. Dr. L. Steinberg-Wien-Ischl, Über 5 mit Marmoreks Antituberkuloseserum behandelte 
Fälle. Wien. med. Presse 1906, Nr. 41. 

43* Dr. G. Mann-Triest, Das Serum Marmorek bei Lungentuberkulose. Wien. klin. 
Wehschr, 1906, Nr. 42. 

44. Prof. Hoffa-Berlio, Über das Marmorekserum in der Therapie der chirurgischen Tuber- 
kulosen. Berl. klin. Wchschr. 1906, Nr. 44. 

45. Dr. Ullmann-Znaim, Über meine Erfolge mit Dr. Marmoreks Antituberkuloseserum. 
Ztschr. f. Tuberkulose 1906, Bd, 10, Heft 2. 

46. P. Catz, Le traitement des tuberculoses chirurgicales par le sérum antituberculeux de 
Marmorek. La Clinique 1907, 4 Janv., no. 1. 

47. Dr. A. Roblot, Sur le sérum antituberculeux de Marmorek. La Revue int. de la tub., 
Janv. 1907. 

48. Dr. Henr. Holmström, Bidrag till kannedomen om behandlingen i Finland of tuber- 
kulos med Marmoreks antituberculoseserum. Finska Läkaresällskapets Handlingar 1906, p. 461—467. 

49.* Dr. R. Sievers, Om behandling i Finland af tuberkulos med Marmoreks antituber- 
culoseserum. Finska Läkaresällskapets Handlingar 1906, p. 285—295. 

50. Dr. Faraggi-Paris, Tuberculose subaigüe guérie par le sérum antituberculeux de 
Marmorek. Le Progrès méd. 1907, 6 Avril, no. 14. 

| 51. Dr. G. A. Weill-Paris, Essai sur le traitement de la tuberculose laryngée par le sérum 

de Marmorek, Le Progrès méd. 1907, 18 Mai, no. 20. 

52. Diskussion in der Berliner medizinichen Gesellschaft, Sitzg. 8, Mai 1907. 
A. Neumann. — v. Huellen. — Th. Landau. — A. Hoffa, — Arthur Meyer. — Stadelmann. 
Berl. klin. Wchschr. 1907, Nr. 20, p. 645. 

53.* Dr. G. R. Rubinstein, Observations sur l’action du sérum antituberculcux de Mar- 
morek, Rousski Vratsch 1907, no. 15. 

54. Dr. Gustav Baer-Davos, Heilerfolg, Giftwirkung und opsonischer Index bei Behand- 
lung mit Marmoreks Antituberkuloseserum. Münch. med. Wchschr. 1907, Nr. 34. 

55.* Dr. Emil Bock-Laibach, Erfolglose Behandlung skrofulóser Augenkrankheiten mit 
Antituberkuloseserum Marmorek. Wien, med. Wchschr. 1907, Nr. 38. 

56. Prof. Th. Pfeiffer und H. Trunk, Uber die Behandlung von Lungentuberkulose mit 
Marmoreks Antituberkuloseserum. (Aus der Heilstátte Hörgas in Steiermark.) Ztschr. f. Tuber- 

kulose 1907, Bd. XI, Heft 4. 


Pan DAS ANTITUBERKULOSESERUM MARMOREK. 145 


1908. 

















57. Dr. F. A. Elsaesser-Hannover, Spezifische Behandlung der Tuberkulose durch passive 
Immunisierung. Ztschr. f, Tuberkulose 1907, Bd. 11, Heft 4. 

58. Dr. A. H. Freiburg-Cincinnati, A preliminary statement regarding the treatment of 
joint tuberculosis with Marmorek’s serum, Amer. Journ. of Orthop, Surgery, July 1907. 

59. Dr. Bosanquet et French, The influence of antituberculous serum on the opsonic 
index. Brit. Med. Journ. 1907, April 13. 

60. Dr. Schenker-Aarau, Meine Beobachtungen in der Tuberkulosetherapie bei der An- 
wendung von Marmorekserum. Münch. med. Wchschr, 1907, Nr. 43. 

61. Dr. Hermann Frey-Davos, Meine Erfahrungen mit dem Antituberkuloseserum Mar- 
morek, III. Serie. Dtsch. med, Presse 1907, Nr. 21. 

62. Dr. Wohlberg, Uber Versuche mit dem Antituberkuloseserum Marmorek. Berl. klin. 
Wehschr. 1907, Nr. 46. : 

63. H. M. Hymans und L, Polak Daniels-Den Haag, Über die Behandlung der Tuber- 
kulose mit Marmorekschem Serum. Berl. klin. Wehschr. 1907, Nr. 49. 

64. Dr. Ullmann-Znaim, Uber meine Erfolge mit Dr. Marmoreks Antituberkuloseserum. 
Dritter Bericht. Ztschr. f. Tuberkulose Bd. 12, Heft 1. 

65." Dr. Holmboe-Norwegen, Uber einige Fälle von Lungentuberkulose mit Dr. Marmoreks 
Antituberkuloseserum behandelt. Ztschr. f. Tuberkulose Bd. 12, Heft 2. 

66. Dr. H. Frey-Davos, Zur Beurteilung des Wertes von Antituberkuloseserum Marmorek. 
«Bemerkungen zu Nr. 55.) Wien. med. Wchschr. 1908, Nr. 6. 

67. Dr. Clément et Dr. Jacobson-Paris, Un cas de cystite tuberculeuse trait par le 
scrum de Marmorek, Gucrison. Journ. des prat. 1908, 8 Février, no. 6. 

68. Dr. Ernest Uhry, Une annte de traitement de la tuberculose par le sérum antituber- 
culeux de Marmorck. Rev. de med. 1908, 10 Février, no. 2. 

69.* Dr. Hohmeier-Altona, Die Behandlung chirurgischer Tuberkulose mit dem Antituber- 
kuloseserum Marmorek. Münch. med. Wehschr. 1908, Nr. 15. 

70. Dr. Jacobson-Paris, Les effets eloignes du serum antituberculeux de Marmorek. Pro- 
grès méd. 1908, no. 23. . 


Nachtrag. — Nach Drucklegung dieser Arbeit sind mir noch 6 weitere Publikationen úber 
Marmorekserum zugänglich geworden, deren Berücksichtigung in der statistischen Besprechung 
jedoch nicht mehr möglich war: 


71. Dr. M. Mori-Ise-Japon, Sur le sérum antituberculeux de Marmorek. Chou-Gai Iji 
Chimpo, Tokio, 20 Févr., § et 20 Mars, 5 et 20 Mai 1908. 

72. Dr. E. Wein, Über Marmoreks Antituberkuloseserum. Vortrag, gehalten in der Gesell- 
schaft der Ärzte in Budapest. Orvosi Hetilap 1908, Nr. 21, 22, 23, 24. 

73. Dr. F. Guignot-Montpellier, Le sérum antituberculeux de Marmorek dans le traitement 
des tuberculoses chirurgicales. These, Montpellier 1908. 

74. Dr. A. Catz-Paris, Le sérum antituberculeux de Marmorek. Le Progres méd. 1908, 
27 Juin, no. 26. (Sammelreferat.) 

75. Dr. Köhler, Klinische Erfahrungen mit Marmoreks Serum an 60 Tuberkulosefillen. 
Dtsch. med. Wehschr. 1908, Nr. 29. 

76. Dr. P. Glaessner, Über Marmorekserum. Dtsch. med. Wchschr. 1908, Nr. 29. 





Nach den glänzenden Resultaten, die mit dem Diphtherieserum von 
Behring bei der Behandlung der Diphtheritis erreicht worden sind, war es 
sehr naheliegend, daß nun ebenfalls auf dem Wege der passiven Im- 
munisierung versucht wurde, der Tuberkuloseinfektion energischer entgegen- 
zutreten und ein wirksames Tuberkuloseheilserum herzustellen. Die zahlreichen 
Versuche mittels systematisch gesteigerter Tuberkulineinspritzungen beim 
Pferd und bei anderen Tieren ein solches Heilserum zu erzeugen, dürften wohl 
fast sämtlich als gescheitert betrachtet werden.?) 

Zur Erklärung dieser Mißerfolge wurden verschiedene Theorien auf- 
gestellt, es dürfte aber, nach den Forschungsergebnissen der letzten Jahre, der 
Grund in dem Umstande liegen, daß das „Tuberkulin“ sehr wahrschein- 
lich nicht das eigentliche Tuberkulosetoxin ist. 








1) So hat sich das auf diesem Wege gewonnene „Serum Maragliano“ in der Praxis noch 
wenig Anhänger erworben. 


Zeitschr. f. Tuberkulose, XIII. 10 


A 2 ZEITSCHR. f. 
H FREY. TUBERKULOSE 


146 





Mit dieser Annalıme ließen sich dann auch die sonst schwer begreiflichen 
Erscheinungen der verschiedenartigen Tuberkulinreaktion beim gesunden und 
kranken Menschen, sowie speziell beim hochgradig tuberkulösen Rind zwanglos 
erklären. 

Marmorek ist es nun tatsächlich gelungen nachzuweisen, daß wir bei 
dem Tuberkelbazillus vorerst zwei voneinander in tinktorieller, kultureller und 
biologischer Beziehung, deutlich verschiedene Stadien zu unterscheiden haben. 
Das erste, junge Stadium des Tuberkelbazillus, zeichnet sich durch eine sehr 
dünne Fett- und Wachshülle aus und wurde von Marmorek mit dem Namen 
„Primitivbazillus“ bezeichnet. Auf den bisher üblichen Nährböden gingen 
diese Bazillen rasch in das Il. Stadium über und sonderten dann das bekannte 
,Tuberkulin‘ ab, während die Primitivbazillen, allerdings auf besonderen, den 
vitalen Bedingungen im Organismus analogeren Nahrbéden,!') einen vom 
„Juberkulin‘“ ganz verschiedenen Stoff ausschieden. Dieses, von Marmorck 
„luberkulovakzin“ genannte Sekret, wird von dem Autor als das wirkliche 
„luberkulosetoxin“ angesprochen, d. h. als dasjenige Gift, das die Tuberkel- 
bazillen im Organismus ausscheiden und welches die bekannten toxischen Er- 
scheinungen der Tuberkuloseinfektion hervorruft. ?) 

Mit diesem, von den bisher verwendeten „Tuberkulinen‘“ ganz ver- 
schiedenen Toxin, immunisierte nun Marmorek Pferde. Diese Tiere reagierten 
sehr stark auf die Einspritzungen, es brauchte jeweilen 7—8 Monate, bis ein 
Immunitätsgrad erreicht wurde, der ein zu therapeutischen Zwecken brauch- 
bares Serum lieferte. Nach Beendigung der Einspritzungen läßt man erst 
4 Wochen verstreichen, ehe man zur Blutentnahme schreitet, damit das Serum 
nicht noch Tuberkulotoxine enthält; vor der Blutentziehung müssen die Pferde 
15—18 Stunden hungern, um die Resorptionsvorgänge des Darmes auszu- 
schalten. Mit sterilisierten Instrumenten wird das Blut aus der Jugularis ent- 
nommen und direkt in sterile Gefäße geleitet, welche, zum Absetzen der Blut- 
körperchen, verschlossen in den Eisschrank kommen. Nach 48 Stunden wird 
sodann das Serum (stets mit sterilen Instrumenten und Gefäßen) abgezogen, zu 
nochmaliger Sedimentierung für einige Tage in den Eisschrank gestellt und 
nachher in die Fläschchen?) verfüllt. 


Zum Zwecke der fraktionierten Sterilisierung werden die Fläschchen an 
3 aufeinander folgenden Tagen im \Vasserbade 40 Minuten lang auf 55° er- 
warmt und sind dann, wenn dieselben völlig klar geblieben und der Pfropfen 
mit Paraffın luftdicht abgeschlossen worden, zum Versand und Gebrauch fertig. 
Das Marmoreksche Serum enthält somit kein Antiseptikum. Dies ist in kurzen 
Umrissen die Theorie und Herstellung des Antituberkuloseserums Marmorek. 
Der Umstand, daß namentlich bei Lungentuberkulosen so häufig noch Strepto- 
kokkenmischinfektion besteht, veranlaßte Marmorek später ein sogen. „Doppel- 


1) Sogenanntes leukotoxisches Serum (abgestandenes Blutwasser mit weißen Blutkörperchen) 
und Glyzerinleberbouillon, (Marmorck, Antituberkuloseserum und Vakzin. Berl. klin. Wchschr. 
1903, Nr. 48. 

2) Die früher erzeugten Sera wären somit lediglich ,,Antituberkulinsera'* und keine „Anti- 
tuberkulosesera“ gewesen! 

8) 5 ccm Inhalt. 


Kee DAS ANTITUBERKULOSESERUM MARMOREK. 147 ` 








serum“ herzustellen, d. h. ein Antituberkulose-Antistreptokokkenserum. Dieses 
Serum wurde von Pferden gewonnen, die einerseits in der angegebenen Weise 
gegen Tuberkulose und andererseits mindestens 2!/, Jahre lang gegen ungefähr 
450 Streptokokkenstämme, die direkt aus dem Sputum Tuberkulöser rein ge- 
züchtet worden, immunisiert waren. Das in der letzten Zeit verwendete Serum 
(seit nahezu 2 Jahren) ist stets ein solches „Doppelserum“ und sind vielleicht 
die von diesem Zeitpunkte an sich mehrenden Erfolge hauptsächlich diesem 
Umstande zuzuschreiben. 

Die grundlegende neue ae der ,Primitivbazillen“ und des von den- 
selben abgesonderten Toxines (Tuberkulovakzin) wurde meines Wissens bis heute 
von keiner Seite widerlegt. Ich möchte im nachfolgenden zeigen, was das 
auf dieser Grundlage gewonnene Serum in den 5 Jahren, die es praktisch ver- 
wertet worden ist, geleistet hat. 

Nachdem die mit dem Serum gemachten Tierversuche ziemlich überein- 
stimmende positive Resultate ergeben hatten, mußte die Anwendungsweise des 
Serums beim Kranken durch vorsichtige und langwierige Versuche ausprobiert 
werden, da man bisher absolut keine Erfahrungen in der Behandlung chro- 
nischer Leiden mit Serum besaß. Die Schwierigkeiten waren dabei größer, 
als man von vornherein erwartete, zumal dem Marmorekschen Serum bei 
seinem ersten Erscheinen in der wissenschaftlichen Welt (Académie de médecine?) 
ein recht frostiger oder, richtiger gesagt, deutlich ablehnender Empfang bereitet 
wurde. Inwieweit diese Haltung berechtigt war, mag der Leser nach Durch- 
sicht des vorliegenden Materiales selbst beurteilen. Einem unparteiischen Beob- 
achter mußten die damaligen abfälligen Urteile unbedingt als stark verfrüht 
und teilweise auf recht schwachen wissenschaftlichen Gründen fußend auffallen. 

So sehr in Fragen von solch eminenter Tragweite allzugroßer Optimismus 
zu verurteilen ist, so verwerflich ist andererseits Animosität, und daß eine solche 
damals in Paris gegen Marmorek bestanden hatte, ging aus dem Verlaufe 
jener Sitzung der Académie de médecine?) und dem Verhalten der Presse nur 
zu deutlich hervor. 

Es hatte nun, wie ich in meiner ersten Publikation über das Mar- 
moreksche Serum bereits bemerkte, nach dem geradezu vernichtenden Urteile, 
das in der Académie de medecine gefällt wurde, von seiten der Patienten wie 
des Arztes ziemlichen Mut gebraucht noch weitere Versuche mit dem Serum 
zu wagen. Daß dies der Fall gewesen ist, beweist das Verzeichnis der über 
Marmoreks Serum erschienenen wissenschaftlichen Arbeiten, welche bis heute 
die stattliche Zahl von 70 erreicht haben und in mehr oder weniger ausführ- 
licher Weise über 938 behandelte Fälle berichten. Von diesen 70 Arbeiten 
sprechen sich 59 zum Teil sehr bestimmt zugunsten einer spezifischen Heil- 
wirkung des Serums aus und nur 11 kommen zu einem ablehnenden Schluf.5) 

Berücksichtigen wir noch die Anzahl der als Beleg für die geauberten 


1) Bull. de P' Acad. 1903, no. 39—40. 

2) 17. Nov. 1903. 

3) Es muß noch bemerkt werden, daß von diesen 11 Autoren 7 nur die subkutane, 3 die 
subkutane und rektale und nur 1 Autor die rektale Methode angewendet hat. 


10* 


ZEITSCHR. f. 
a et a TUBERKULOSE 





Urteile veröffentlichten Krankengeschichten, so enthalten obige 59 zu günstigen 
Schlußfolgerungen kommenden Publikationen 833, die negativen Veróffent- 
lichungen 105 Fälle. Diese Zahlen allein zeigen zur Genüge, daß es heute 
nicht mehr möglich ist mit einigen Phrasen die Heilwirkung des Antituber- 
kuloseserums zu bestreiten. Denn, daß nicht alle Autoren zu der gleichen 
Meinung kommen, ist zu selbstverständlich, um viele Worte darüber zu ver- 
lieren. Man denke doch ein wenig an das Diphtherieserum oder an die 
Jennersche Schutzpockenimpfung, wo heute noch einige Dutzend fanatisch 
bekämpfen, was Tausenden an Hand großer Erfahrungen zu unumstoflichen 
Wahrheiten geworden ist. | 

Bei flüchtiger Durchsicht der statistischen Tabellen!) wird dem Leser sofort 
auffallen, daß die Ansichten über den Wert des Antituberkuloseserums doch 
noch geteilt sind und die Schlußfolgerungen einigemale direkt entgegen- 
gesetzt lauten. Wem der Zufall nur bloß einige dieser widersprechenden Ur- 
teile zu Gesicht kommen ließ, dem kann man nicht verargen, daß er sich der 
ganzen Frage gegenüber ablehnend verhält, zumal in unserer heutigen Zeit, wo 
neue Heilmittel und Heilmethoden wie Pilze aus dem Boden schießen. 


Bei genauem Studium der zu ungünstigen Schlußfolgerungen kommenden 
Arbeiten ist mir unangenehm aufgefallen, daß vielfach die als Beleg angeführten 
Krankengeschichten zu knapp angegeben sind. Einige Autoren lassen sich über 
ganz unwesentliche, völlig nebensächliche Dinge breit aus und geben dafür über 
äußerst wichtige Punkte gar keinen Aufschluß. Es ist daher nur bei wenigen 
dieser Arbeiten möglich, sich an Hand der Krankengeschichten ein eigenes 
Urteil zu bilden und wir müssen meist die Schlußfolgerungen der Autoren auf 
Treu und Glauben annehmen; ohne dabei der persönlichen Überzeugung der 
Betreffenden irgendwie zu nahe zu treten, kann man aber aus solchen Kranken- 
geschichten — oft gegen die Absicht des Verfassers! — Verschiedenes 
herauslesen. 

Als ein Beispiel hierfür will ich die Publikation Nr. 55 anführen, wo ich 
an Hand eines genauen Studiums der mitgeteilten Krankengeschichten zu einem 
etwas anderen Schlußresultat gelangte wie der Autor selbst.?) Gerade bei 
erfolglos behandelten Fällen sind genaue Krankengeschichten von größtem 
Werte, denn nur dann wird es möglich sein, den Gründen auf die Spur zu 
kommen, weshalb die in sehr zahlreichen anderen Fällen wirksame Therapie 
versagte. 

Ich konnte mich des Eindruckes nicht erwehren, daß verschiedentlich das 
„post hoc, ergo propter hoc“ etwas allzu rasch angewendet wurde, speziell bei 
einer Krankheit, wie die Tuberkulose, die an Überraschungen nicht gerade arm 
ist. Dies könnte nun freilich in ähnlicher Weise auch für die Krankengeschichten, 
die eine günstige Serumwirkung beweisen sollen, Geltung haben! 

Abgesehen davon, daß vor allem die Zahl dieser letzteren eine ganz 
wesentlich größere ist und auch die meisten dieser Fälle viel genauer und 


1) Da diese Tabellen allzuviel Raum beanspruchen würden, müssen sie hier weggelassen 
werden, doch sollen dieselben in dem erweiterten Separatabzuge Aufnahme finden. 
2) Vide hierüber ausführlicher, Quelle 66. 


PN ie DAS ANTITUBERKULOSESERUM MARMOREK. 149 











ausführlicher beschrieben sind, so dürfen wir auch nicht außer acht lassen, daß 
recht oft die Serumbehandlung erst eingeleitet wurde, nachdem alle sonst ge- 
bräuchlichen Heilmethoden gänzlich oder doch größtenteils versagt hatten. 

Wenn nun in solchen sorgfältig beobachteten Fällen sofort oder doch 
ganz kurze Zeit nach der Serumverabfolgung eine wesentliche, oft geradezu 
außerordentliche Besserung des ganzen Krankheitsbildes sich einstellt und ähn- 
liche Beobachtungen so zahlreich von den verschiedensten Ärzten gemacht 
werden, so kann von Selbsttäuschung oder zufalligem Zusammentreffen mit 
einer spontanen Besserung doch nicht mehr gut die Rede sein. Da dürfte das 
„post hoc, ergo propter hoc“ etwas mehr Berechtigung haben und als Beweis 
für eine unzweifelhafte spezifische Heilwirkung gelten können. Daran werden 
einzelne negative Resultate nicht viel ändern, wenn sie uns auch freilich die 
Frage aufdrängen, aus welchen Gründen die Heilwirkung bisweilen versagt? 
Vielleicht bringt uns eine spätere Zeit einmal die Lösung. Man kann nun nicht 
einmal in allen als ‚negativ‘ angeführten Fällen von einem „Versagen“ des 
Serums sprechen, denn mehrfach handelte es sich dabei eher um ein „Ver- 
wischen“ der Heilwirkung durch unangenehme Nebenerscheinungen lokaler und 
allgemeiner Natur, die durch die subkutane Anwendung des Serums hervor- 
gerufen wurden. Daß dieser Umstand ganz wesentlich mitspielte, geht aus der 
Beobachtung hervor, daß seit Anwendung der rektalen Methode die negativen 
Resultate viel seltener geworden sind. Ich komme darauf später noch aus- 
führlicher zu sprechen. Bei denjenigen Krankheitsfällen, wo das Serum tat- 
sächlich in extremis angewendet wurde, beweist der „trotzdem“ eingetretene 
Exitus nichts gegen das Serum; die verschiedentlich auch da noch beoachteten 
augenfälligen Besserungen dürften doch weit eher zugunsten des Serums 
sprechen. 

Man darf bei der Beurteilung allerdings nicht den Standpunkt einnehmen, 
es müsse ein Serum jeden Fall von Tuberkulose heilen, um als wirksames 
Antituberkuloseserum gelten zu dürfen, und fast kommt es einem vor, als ob 
diese Auffassung da und dort als Maßstab angelegt worden sei (32). 


Technik der Serumanwendung. 
Subkutane Einspritzungen. 


Nachdem zahlreiche kritische Tierexperimente unzweifelhaft gezeigt hatten, 
daß das nach dem früher geschilderten Verfahren gewonnene Serum tatsächlich 
ganz besondere, sowohl präventive als auch kurative Eigenschaften gegenüber 
der Tuberkuloseinfektion besaß, wurden von Marmorek mit diesem ,,Anti- 
tuberkuloseserum“ ganz vorsichtige Versuche am Krankenbette gemacht. Da 
aber für die Behandlung chronischer Krankheiten mit antitoxischem Pferdeserum 
keinerlei Erfahrungen vorlagen, so mußte durch tastendes Vorgehen erst nach 
der geeignetsten Anwendungsweise gesucht werden, um die so wichtigen Fragen 
nach den Einzeldosen, der Häufigkeit der Einspritzungen, der günstigsten Körper- 
stelle etc. zu lösen. 

Anfänglich wurden, dem Wunsche Marmoreks entsprechend, meistens 
schwere, teilweise desperate Krankheitsfälle mit dem Serum behandelt und da die 


D ZEITSCHR. f. 
150 H FREY. TUBERKULOSE 





damals, wie bereits gesagt, noch wenig bekannten Erscheinungen der Serum- 
krankheit die Beurteilung oftmals trübten, brauchte es geraume Zeit, bis sich 
eine gewisse „Technik“ der Serumanwendung herausgebildet hatte. 

Die vielleicht nahelicgende Auffassung, daß wir um so raschere und ` 
sicherere Heilwirkung erreichen werden, je mehr Serum wir dem Körper ein- 
verleiben, erwies sich bald genug als nicht zutreffend. Es zeigte sich, daß eine 
Dosis von 5ccm von den Kranken meistens ohne jegliche Nebenerscheinungen 
ertragen wurde und daß diese Dosis bisweilen täglich wiederholt werden konnte. 
In vielen Fällen traten aber meist nach der 3. oder 4. Einspritzung unangenehme 
lokale und allgemeine Reaktionserscheinungen auf. Bei der Verminderung der 
Einzeldosen zeigte es sich, daß für diese Reaktionserscheinungen die Menge 
des Serums merkwürdigerweise gar nicht so sehr in Betracht zu kommen schien, 
sondern vielmehr die rasche Aufeinanderfolge der Einspritzungen ausschlag- 
gebend war. Es wurde nun versucht, sich mit dem Serum in den Körper 
„einzuschleichen“ und mit kleineren Dosen begonnen, Intervalle eingeschaltet, 
sowie auch größere Pausen mit den Einspritzungen gemacht. (Serienweise An- 
wendung.) Es bildeten sich allmählich verschiedene Methoden heraus, die es 
ermöglichen sollten, die Serumnebenerscheinungen zu umgehen oder doch auf 
ein Minimum zu reduzieren. Diese sogen. anaphylaktischen Symptome traten 
aber dennoch bisweilen in äußerst unangenehmer Weise auf, die verschiedenen 
„Schemata“ hatten keinen Bestand und verleiteten leider, wie aus den Kranken- 
geschichten da und dort später ersichtlich wurde, bisweilen zum Schablonisieren. 
Ich will zur besseren Orientierung trotzdem einige angeben, aber mit der 
dringenden Warnung, niemals kritiklos nach irgend einem solchen Schema zu 
verfahren, sondern stets sorgfältig zu individualisieren. Diese Warnung mag 
vielleicht recht überflüssig erscheinen, ich habe aber bei der kritischen Be- 
urteilung der vorhandenen Krankengeschichten gefunden, daß sie gar nicht so 
unangebracht ist, wie es auf den ersten Blick scheinen mag. 


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Die zë, E a ge JEC, à 2s Gy ct a So 353 3: KEE g 
Se ap. e a 20 3S EE E EE E 
A e TE 5 Or, A eid. EE 3 Tage Ruhepause, 
5. + Ruhepause, 4 Tage Ruhepause, 7. Tag .... 5 ccm, 
6. „ 1 Einspr. von 5ccm, 9. Tag.... 5 ccm, So ay meee aon e 
Tie gn AE y fs: 25) as lO ak meis e EE ON 
EC SEN E ON ds D ZER g IO: se ee y 
Os. g¢. E % ‘Or. ERP CAE Erste Serie beendet. 
10. ,, Ruhepause, 4 Tage Ruhepause, Ruhepause von 8 bis 
Il. ,, I Einspr. von 5 ccm, 17. Tag .... 8 ccm. 10 Tagen. 
12: TT 4 a ER Lor da. e 20° os (Frey) 
Erste Serie beendet. Ruhe- Erste Serie beendet, 14 
pause von 10 Tagen. Ruhepause von Io Tagen. 
(Jaquerod) (Klein & Jacobson) 


7 9 








malen DAS ANTITUBERKULOSESERUM MARMOREK. E 











Als Ort der Einspritzung wurde von Marmorek zuerst die Bauchgegend 
empfohlen, doch veranlaßte der Umstand, daß allfällige an der Einstichstelle 
auftretende lokale Reaktionen bei stark Hustenden äußerst schmerzhaft waren, 
nach anderen günstigeren Stellen zu suchen. Es wurden die Einspritzungen 
an den Armen, den Beinen, auf der Brust und am Rücken versucht, der eine 
Autor fand diese, der andere jene Stelle für günstiger. Ich hatte ebenfalls alles 
durchprobiert und kam am Ende stets wieder auf die Außenseite des Ober- 
armes zurück, da meine Patienten, bei Eintreten einer entzündlichen Reaktion, 
daselbst am wenigsten Beschwerden empfanden. Ganz leichte nachfolgende 
Massage schien mir sehr günstig auf die Resorption zu wirken und hatte i@h 
den Eindruck, als ob dadurch die lokalen Reaktionen vermindert würden. 
Von einigen anderen Autoren wurden später ähnliche Erfahrungen gemacht. 
Sicher ist, daß auch hierin sehr große individuelle Verschiedenheiten herrschen 
und kann nur als Regel gelten, daß man für die Einspritzungen möglichst 
Stellen wählen soll, an welchen die Haut leicht abhebbar ist und worunter 
nicht stärkere Faszien liegen, die die Resorption wesentlich verzögern und 
dadurch das Entstehen lokaler Reizerscheinungen begünstigen. 

Daß schon bei der Entnahme des Serums aus dem Fläschchen sowie der 
Einspritzung selbst streng aseptisch vorgegangen werden muß, ist selbst- 
verständlich. Was die zu verwendende Spritze anbelangt, so ist eine solche 
ganz aus Glas (Luer, Lieberg) mit feiner Platin-Iridiumkanüle am empfehlens- 
wertesten. Die Injektion dauert damit vielleicht etwas länger, doch ist sie 
weniger schmerzhaft, als mit den großen, den 10 ccm haltenden Spritzen ge- 
wöhnlich beigegebenen Kanilen. Die Gefahr des Anstechens einer Vene mit 
den manchmal darauf folgenden synkoptischen Erscheinungen ist dabei eben- 
falls wesentlich geringer. Ich möchte gleich hier noch auf einen wichtigen 
Punkt aufmerksam machen. Es kommt bisweilen vor, daB ein Serumfläschchen 
nicht vollkommen klares Serum enthält, sondern daß dessen Inhalt bei Schütteln 
sich etwas trübt. Diese Trübung wird durch Fibrinpräzipitation verursacht und 
ist ein solches Serum subkutan nur nach völligem Absetzen des Präzipitates 
zu verwenden, rektal kann es ohne weiteres gebraucht werden. 


Rektale Ergießungen. 

Da trotz aller erdenklichen Versuche, die später näher beschriebenen 
lokalen und auch allgemeinen Serumreaktionserscheinungen zu vermeiden, dies 
doch nicht immer gelingen wollte, versuchte ich auf anderen Wegen das Serum 
dem Körper einzuverleiben. Die zuerst versuchte Anwendung per os erwies 
sich bald genug als absolut wirkungslos und blieb somit nur noch die rektale 
Anwendung übrig. Wenn auch gewisse Medikamente wie Chinin, Chloral, 
Opium und Morphium erfahrungsgemäß aus dem Rektum in genügender Menge 
‘resorbiert werden um wirksam zu sein, so lag doch für das Serum die Frage 
etwas anders. Zu meiner eigenen Überraschung ergaben aber bereits die ersten 
orientierenden Versuche sehr gute positive Resultate.!) Heute ist es eine durch 
die Praxis erwiesene Tatsache, daß das Serum — gewissen theoretischen und 


VE Van: 


1) Frey, Wien. klin. therap. Wehschr. 1905, Nr. 42. 








se ZEITSCHR, f. 
152 H. FREY. TUBERKULOSE 








experimentellen Gegengriinden zu Trotz — vom Darm sehr gut resorbiert wird 
und seine spezifischen Eigenschaften dabei nicht verliert. Die unangenehmen 
Erscheinungen der „Anaphylaxice“ fallen bei dieser Anwendungsweise fast völlig 
weg. Seit meiner ersten diesbezüglichen Veröffentlichung sind nahezu alle 
Versuche mit dem Antituberkuloseserum Marmoreks mittels rektaler Ein- 
gießungen gemacht worden und es ist aus den Krankengeschichtentabellen 
ohne weiteres zu ersehen, welch wesentlicher Fortschritt dadurch in der Serum- 
anwendung gemacht worden war.) 

Auch bei den rektalen Eingießungen hat sich im Laufe der Zeit ein 
gewisser Applikationsmodus herausgebildet und werden hier ebenfalls „Serien“ 
gemacht. 

Ich will ebenfalls einige solcher Schemata angeben, doch gilt für dieselben 
das für die Subkutaninjektionen Gesagte, d. h. man lasse sich dadurch nicht zu 
schablonenmäßiger Anwendung verleiten. 


5 ccm rektal, täglich 5 ccm jeden 2. Tag. Auf 5 ccm jeden Tag20Tage 
2—3 Wochen lang, diese Weise eine Serie lang, dann Ruhepause 
dann 8 Tage Ruhepause von 10 Klysmen, dann von 14—20 Tagen. 
und neue Serie. 6—8 Tage Ruhepause 


und neue Serie. 


Es ist sehr empfehlenswert, das Serum vormittags zu verabfolgen, selbst- 
verständlich nach vorhergegangener Entleerung des Darmes. Wenn eine spon- 
tane Defäkation vormittags nicht erfolgt oder doch nur in ungenügender Weise 
eintritt, so ist ein kleines Reinigungsklysma unerläfilich. Um eine möglichst 
gute Ausnützung des Serums zu erreichen, benützt man mit Vorteil einen 
Nelaton-Katheter als Spritzenansatz. Es gelingt damit das Serum ziemlich weit 
in das Colon descendens hinaufzubringen. Dabei bleibt allerdings ein recht 
bedeutender Serumrückstand in Spritze und Schlauch zurück, es wurde Nach- 
spritzen von aqua dest. oder physiologischer Kochsalzlösung empfohlen. Ich 
kann ein viel einfacheres Mittel angeben! Es läßt sich der Rückstand der 
Spritze ja sehr leicht vor Gebrauch bestimmen, indem man Wasser mit der- 
selben aufsaugt, dasselbe langsam ausspritzt und — Spritzenmündung nach 
oben gerichtet — den Stempel zuriickzieht. Wir können nun die in Spritze 
und Schlauch zurückgebliebene Flüssigkeitsmenge ungefähr abschätzen, d. h. 
die Höhe der Flüssigkeitssäule bestimmen. Wenn wir nun das Serumklysma 
geben wollen, so saugen wir mit der Spritze das Serum aus dem Fläschchen, 
ziehen aber den Spritzenkolben noch soviel weiter zurück, daß bei Senken 
der Spritzenmündung nach unten über dem Serum eine kleine Luftsäule vor- 
handen ist. Wenn wir diese Luftsäule etwas größer nehmen, als der vorher 
festgestellte Flüssigkeitsrückstand, so können wir auf einmal, ohne Nachspritzen 
von Wasser, den letzten Tropfen Serum in den Darm bringen. Auf diese 
Weise vermeiden wir jeden Serumverlust und ersparen uns und dem 
Patienten eine unangenehme Manipulation und Zeit. Man wird gut tun, das 


1) Seit Anwendung der rektalen Methode sind nur 3 Arbeiten veröffentlicht worden, die 
zu negativen Resultaten kommen, und auch diese Autoren geben zu, daß das Serum rektal keinerlei 
Schädigungen verursachte. 


ne 


vus DAS ANTITUBERKULOSESERUM MARMOREK. 153 











Serum vor Gebrauch etwas anzuwarmen (aber ja nicht erhitzen‘), am besten 
indem man das Fläschchen in warmes Wasser stellt und auch die Spritze mit 
reinem warmen Wasser vorher ausspritzt. Dadurch werden Darmreizungen 
und unangenehme subjektive Empfindungen (leichtes Darmschneiden etc.) für 
den Patienten vermieden. Wo die äußeren Umstände es ermöglichen, soll der 
Patient nach dem Serumklysma ungefahr ı Stunde in linker Seiten- oder 
Rückenlage verbleiben. Wenn trotz aller dieser Maßregeln doch einmal leichte 
Darmreizungen auftreten sollten — es wurde dies einige wenige Male beob- 
achtet — dann werden dieselben durch Zusatz einiger Tropfen Opiumtinktur 
(nach Ullmanns Vorschlag) beseitigt. | 

Die Serumklysmata werden auch von Kindern ganz ausgezeichnet ver- 
tragen, so daß man ohne Bedenken ziemlich große Dosen anwenden darf, 
wenn der Krankheitsfall es erforden sollte. 

Kombinierte rektale und subkutane Anwendung. 

Es ist ohne weiteres klar, daß einzig die subkutane Injektion eine genaucre 
Dosierung ermöglicht und da, wo sie ohne Nebenerscheinungen hervorzurufen 
angewendet werden kann, die wirksamere und vor allem auch sparsamere 
Methode sein wird. In einigen Fällen hatte sich mir folgendes Verfahren recht 
gut bewährt: 

Nach Beendigung einer ersten Serie von 10 Klysmata, die in 1—3tägigen 
Intervallen (je nach dem erreichten Effekt) gegeben wurden und nach Ablauf 
einer 10—14tägigen Ruhepause, wird eine zweite Serie begonnen und zwar: 


1. Tag 2 ccm subkutan, 11. Tag 5 ccm rektal, 

3 » 5 » rektal, 3 » S5» » 

5 » 3 : subkutan, 15. 55 5 » » 

7. » 5 ,) rektal, 17. 5, 5 „ subkutan, 
9. » 4 „ subkutan, 19. » 5 „ rektal. 


Schlub der Serie. Ruhepause von 10—20 Tagen. 


Verursacht eine subkutane Injektion irgendwelche lokale oder allgemeine 
Nebenerscheinungen, so wird vor vólligem Abklingen derselben keine neue 
Injektion mehr gemacht, dafür aber an den betreffenden Tagen ein Serum- 
klysma gegeben. 

Die oben angegebenen Intervalle von 1 Tag werden selbst- 
verständlich sofort vergrößert, sowie der Krankheitsverlauf uns die 
Indikation dazu gibt; ebenso werden wir unter Umständen die rektalen 
Dosen steigern, wenn wir den Eindruck bekommen, daß 5 ccm nicht deutlich 
wirken, aber auch keine Nebenerscheinungen hervorrufen. 

Da wird es eben Aufgabe der ärztlichen Kunst sein, in jedem einzelnen 
Falle durch sorgfältiges Beobachten aller Symptome, den geeignetsten Ap- 
plikationsmodus herauszufinden. 

Ich hatte seinerzeit selbst geglaubt, daß wir um so größere Heilwirkung 
haben würden, je größere Mengen Serum, resp. Antitoxine, wir dem Körper 
einverleiben. Diese Auffassung mochte für einzelne Fälle stimmen, aber bei 
vielen anderen Fällen trat das Gegenteil ein. 

Wir kennen zurzeit über die intimeren Vorgänge der Serumwirkung im 


2 ZEITSCHR. f. 
154 H. PREY. TUBERKULOSE 











Organismus noch sehr wenig — oder so gut wie gar nichts — denn die ge- 
machten hämatologischen Beobachtungen vor, wahrend und nach der Serum- 
behandlung sind noch zu wenig zahlreich. Vielleicht geben uns diese später 
einmal klarere Indikationsstellungen für die Serumanwendung. Zurzeit sind wir 
lediglich auf unsere klinischen Beobachtungen und Erfahrungen angewiesen 
und ist mein Standpunkt heute — nach mehr wie sjähriger Anwendung — 
folgender: Ich beginne stets mit einer rektalen Eingießung von 5 ccm und 
beobachte 1—2 Tage deren Wirkung. Treten keine Nebenerscheinungen auf, 
aber auch keine oder sehr geringe Heilwirkungen, so steigere ich sowohl die 
Dosis als auch die Häufigkeit der Einspritzungen resp. Eingießungen. Sowie 
ich eine deutliche günstige Einwirkung auf den KrankheitsprozeB konstatieren 
kann, vergrößere ich die Ruhepausen und warte oftmals mit der neuen Serum- 
verabfolgung so lange zu, als die Heilungsvorgänge oder sonstigen günstigen 
Beeinflussungen deutlicher werden. Sowie ein Stillstand einzutreten scheint, 
gebe ich wieder Serum. Dieses Vorgehen wird auch von Weill empfohlen 
und scheinen gerade Larynx- und Augentuberkulosen sehr geeignete Testobjekte 
für diese Methode zu sein. Beim Studium des vorliegenden Krankengeschichten- 
materiales fiel mir nämlich oftmals auf, daß eine ganz deutliche auf Serum (oft 
schon beim ersten oder zweiten Fläschchen!) eingetretene Besserung, bei den 
nächsten rasch nachher folgenden Einspritzungen oder Klysmata, ins Gegenteil: 
umschlug. Der Umstand, daß von einigen Autoren während der Serumserien 
kleine Temperaturerhöhungen und einigemale leichte Gewichtsabnahmen kon- 
statiert wurden, die in der Ruhepause zwischen den Serien wieder verschwanden, 
legt uns ebenfalls den Gedanken nahe, daß in einzelnen Fällen eine zu häufige 
Serumeinverleibung zum mindesten überflüssig, wenn nicht sogar die Heil- 
wirkung hemmend sein kann. Damit kommen wir auch auf die so überaus 
wichtige Frage nach der „Schädlichkeit‘“ des Serums, die wir zusammen mit 
den Erscheinungen der Serumkrankheit oder „Anaphylaxie“ erledigen können, 
da sie sich nahezu völlig damit deckt. 


Serumnebenerscheinungen. 
(Anaphylaxie.) 

Kann das Serum schädlich wirken? Diese bei einem neuen Heilmittel 
so sehr wichtige Frage wurde seinerzeit von den ersten Beobachtern in Paris 
(Dieulafoy, Hallopeau, Le Dentu, Lucas-Championniére) nach einigen 
wenigen, zum Teil recht kurzen Versuchen bejaht und schien damit das 
Schicksal des Serums besiegelt. Daß dem noch nicht ganz so war, beweisen 
die seither veröffentlichten Krankengeschichten und deren Schlußfolgerungen 
recht deutlich, da sie doch weitaus in der Mehrzahl wesentlich anders lauten 
und von zahlreichen Autoren gerade die „Unschädlichkeit“ des Serums be- 
sonders hervorgehoben wird. 

Wie läßt sich dieser Widerspruch erklären? Aus den veröffentlichten 
Krankengeschichten laßt sich tatsächlich nirgends mit Sicherheit eine durch 
das Serum direkt hervorgerufene „Schädigung“ herausfinden, wohl aber treffen 
wir öfters Angaben über Serumnebenwirkungen (accidents sériques), die eben 


ie as DAS ANTITUBERKULOSESERUM MARMOREK. 155 














anfänglich in etwas stark alarmierender Weise gedeutet wurden. Daß ein 
hoffnungsloser Lungenkranker „trotz Serum“ doch zu dem vorauszusehenden 
fatalen Ende kommt und daher auch nach der Serumanwendung Verschlimme- 
rungen des Zustandes eintreten, wird doch nicht etwa als „schädliche Wirkung 
des Serums“ gedeutet werden können? 


Die unangenehmen Erscheinungen aber, die als: direkte Folge der Serum- 
einverleibung beobachtet wurden und zwar namentlich (oder fast ausschließlich!) 
bei den subkutanen Einspritzungen, können wir wissenschaftlich doch auch nicht 
als schädliche Serumwirkung auffassen. Es sind dies freilich recht unangenehme 
Begleiterscheinungen, die aber glücklicherweise nicht immer auftraten und durch 
die rektale Serumanwendung so gut wie gänzlich wegfallen. Diese Erscheinungen, 
die in geringerem Maße schon bei der Verwendung des Diphtherieserums beob- 
achtet wurden, scheinen aber das Urteil der ersten Experimentatoren stark 
getrübt zu haben. : 

Diese Serumnebenerscheinungen waren teils rein lokaler, teils mehr all- 
gemeiner Natur und bestanden in Rótung und Schwellung der Umgebung der 
Injektionsstelle, bisweilen in größerer Ausdehnung. Manchmal trat lokalisiertes, 
öfters auch allgemeines Erythem auf, ebenso Urtikaria bald leichteren, bald 
stärkeren Grades, Schmerzhaftigkeit der geschwollenen Partien, Gelenk- und 
Gliederschmerzen, Drüsenschwellungen. Als Allgemeinerscheinungen wurden Un- 
ruhe und allgemeines Unbehagen, Tachykardie, Kopfschmerzen, Benommenheit 
beobachtet. In einzelnen Fällen traten auch vorübergehende Temperatur- 
steigerungen auf, aber meistens nur bei gleichzeitigen lokalen Entzündungs- 
erscheinungen. Diese Temperatursteigerungen gingen jedoch gewöhnlich in der 
Ruhepause zwischen den einzelnen Serien zurück und machten öfters einer 
besseren Temperatur Platz als vor den Einspritzungen bestanden hatte. Die 
vereinzelten Fälle von Synkope, die in unmittelbarem Anschlusse an die Serum- 
injektionen beobachtet wurden, dürften aller Wahrscheinlichkeit nach durch 
Einspritzen des Serums in eine Vene verursacht worden sein. 

Diese eben erwähnten lokalen und allgemeinen Erscheinungen, die bis- 
weilen sehr unangenehm empfunden wurden, schreckten im Anfange die Patienten 
wie auch die Ärzte ab, zumal diese Reaktionen als schädliche Einwirkungen 
der spezifischen Tuberkulosestoffe des Serums auf den menschlichen Or- 
ganismus gedeutet wurden. Schon lange bevor der wissenschaftliche Beweis 
erbracht wurde, daß diese Annahme völlig unrichtig, äußerten mehrere Autoren 
ihre Ansicht dahin, daß dies lediglich Reaktionserscheinungen des menschlichen 
Organismus auf die fremdalbuminoiden Stoffe des Pferdeserums wären. Es 
zeigte sich, daß sogen. ,Normalserum“, d. h. gewöhnliches Serum von einem 
völlig gesunden und mit keinerlei Toxinen behandelten Pferde alle oben be- 
schriebenen Reaktionserscheinungen erzeugen konnte, sowie eine gewisse Menge 
davon dem menschlichen Körper einverleibt wurde. Ein weiterer Beweis für 
die obenerwähnte auf klinische Beobachtungen fußende Annahme wurde durch 
die rektale Serumanwendung erbracht. Die günstigen Serumwirkungen 
blieben sich gleich wie bei der subkutanen Methode, aber die so lästigen Neben- 
erscheinungen fielen weg; gänzlich, d. h. absolut in allen Fällen freilich nicht, 


S , ZEITSCHR. f. 
6 H FREY. TUBERKULOSE 





denn es wurde doch noch bisweilen leichte Urtikaria und dann und wann einmal 
leichter Gelenkschmerz beobachtet. In einigen wenigen Fallen trat Unbehagen, 
leichte Benommenheit und Schwindelgefühl ein, ebenso wurde einigemale etwas 
Darmreizung und Tachykardie beobachtet (letztere von einzelnen Autoren ziemlich 
häufig, von anderen wieder gar nicht). 

Diese Nebenerscheinungen waren aber bei der rektalen Methode stets so 
unbedeutend, daß sie tatsächlich praktisch gar nicht in Betracht kommen und 
höchstens als willkommener Beweis für die Resorption des Serums angesehen 
werden. Eine einzige Ausnahme machte der von Baer!) beobachtete und be- 
schriebene Fall. Wir müssen annehmen, daß es sich dabei um ganz abnorme 
Resorptionsvorgänge im Darme handelte, verbunden mit einer ausgesprochenen 
idiosynkrasie des Patienten gegen Pferdeserum. Auch diese, in Tatsache ziemlich 
unheimlichen Serumzufälle, verliefen aber ohne jeglichen Schaden für die Patienten 
und dürfen wir ruhig sagen, daß solche Störungen zu den größten Seltenheiten 
zählen. Da das Serum einzelner Pferde bisweilen ganz besonders individuell 
reizende Eigenschaften besaß, während dasjenige anderer Pferde fast reaktionslos 
vertragen wurde, suchte Marmorek diesem Übelstande dadurch abzuhelfen, 
daß er das Serum verschiedener Pferde mischte. Das gegenwärtig therapeutisch 
verwendete Serum ist jeweilen eine Mischung von wenigstens 3 Pferden; da- 
durch werden diese akzidentellen Idiosynkrasien auf ein Minimum reduziert. 

Gegen die lokalen Entzündungen und Schwellungen an der Einspritzstelle 
haben sich sofortige Umschläge mit kaltem Wasser, dem etwas liquor. alumin. 
acet. oder aqua sedativa zugesetzt wurde, recht gut bewährt; die Beschwerden 
werden dadurch wesentlich vermindert und gehen die Entzündungen rasch zurück. 
Den bisweilen hochgradigen Juckreiz bei den Urtikariaeruptionen hatte ich mit 
Erfolg durch Betupfen der Quaddeln mit einer Lösung von 1,0 acid. salicyl 
auf 100,0 alcoh. absol. bekämpft. 

Die Darmreizungen, die vereinzelte Male bei der rektalen Serumein- 
verleibung auftraten, konnten mit einigen Tropfen tet. opii spl. sofort beseitigt 
werden. 

Es müssen noch einige Worte über die „Abszesse“ gesagt werden, welche 
mehrere Autoren auf die subkutanen Serumeinspritzungen beobachteten. Dem 
Serum als solchem dürfen diese Abszesse kaum zur Last gelegt werden, sondern 
wird m vielen Fällen ungenügende Asepsis die Schuld tragen. Bei sehr 
dekrepiden Kranken mit auffallend verzögerter oder fast aufgehobener Re- 
sorptionsfähigkeit (und namentlich bei zugleich bestehenden Streptokokken- 
Mischinfektionen!) ist auch ohne technisches Verschulden eine Abszeßbildung 
möglich; im allgemeinen dürfen wir aber als erwiesen betrachten, daß das 
Antituberkuloseserum bei tadellos aseptischem Vorgehen keine Abszesse erzeugt. 


Indikationen und Kontraindikationen. 


Da die Unschädlichkeit des Marmorekschen Serums heute unzweifelhaft 
erwiesen ist, ergibt es sich ganz von selbst, daß jegliche Tuberkulose mit dem 





D Vide Quelle 54. 


PRA EREA DAS ANTITUBERKULOSESERUM MARMOREK. 157 








Serum behandelt werden kann und keinerlei medizinische Kontraindikationen 
bestehen. 

Vom praktischen Standpunkt aus werden sich nach den bisher ge- 
machten Erfahrungen in der Regel frischere Tuberkulosefälle am besten eignen, 
dabei scheinen Extensitát und Intensität der Erkrankungen für den Heil- 
erfolg eine wesentlich geringere Bedeutung zu besitzen als die Dauer 
der Erkrankung. 

Bei ganz chronischen Tuberkulosen und speziell chronischen Lungen- 
tuberkulosen dürften am wenigsten eklatante Serumerfolge zu verzeichnen sein. 
Es geht dies auch ohne weiteres aus dem Charakter des Serums (anti- 
toxisches Serum) hervor, so daf wir bei Tuberkulosen im letzten Stadium 
mit weit vorgeschrittenen Zerstórungen wohl auf voriibergehende symptomatische 
Besserungen des Krankheitsbildes infolge teilweiser Entgiftung des Körpers 
hoffen können, in den wenigsten Fällen aber, und dann auch nur bei sehr 
langer Serumanwendung, Heilung erreichen werden. Vom praktischen Stand- 
punkte aus könnte man daher die Serumbehandlung solcher Fälle als kontra- 
indiziert ansehen, wenn wir nicht stets doch die Möglichkeit im Auge behalten 
müßten, daß auch scheinbar hoffnungslose Fälle noch gebessert werden können. 
Wir dürfen dann nur nicht so ungerecht sein, aus einem Versagen des Serums 
bei solchen Kranken auf Wirkungslosigkeit oder gar Schädlichkeit zu schließen. 
Wenn aus dem Obengesagten auch hervorgeht, daß somit Fieber und auch 
Blutungen keine Kontraindikation für die Serumbehandlung sind, so ist doch 
bei Hämoptöe das psychische Verhalten des Patienten auf die Einspritzungen 
und die Beeinflussung der Herztätigkeit in jedem einzelnen Falle sorgfältig zu 
beobachten und das therapeutische Vorgehen danach zu regeln. 


Erfolge der Serumbehandlung. 
Wenn wir die Resultate, die mit dem Antituberkuloseserum Marmoreks 
erreicht wurden, statistisch zusammenstellen, so erhalten wir folgende Übersicht: 


Gesamtzahl der behandelten Fälle . . . . . . . . 938 
Davon sind: Heilungen. . . e, der, a TFIO 
Wesentliche Besserungen "+ objektiv RER. 

subjektiv . . . 314 

objektiv . . . 197 

Teilw eise Besserungen. = iO. a e dos 

; objektiv . . . 145 

Unbeeinflußt. . . Tr er a TAS 

objektiv . . . 63 

Verschlechtert . Lab eo 
Gestorben. . . . 5 dea 88 

Somit gúnstig beeinflubt bis achat oh Oe te a ee Se CA O7 G 
Unbeeinflußt, verschlechtert, gestorben. . . . . . . ca. 33%, 


Betrachten wir die Resultate, die bei der Lungentuberkulose und Kehl- 
kopftuberkulose einerseits, der chirurgischen Tuberkulose andererseits erreicht 
wurden, getrennt voneinander, so bekommen wir folgende Zahlen: 














158 H. FREY. TUBERKULOSE 
Lungen- und Chirurgische 
Kehlkopftuberkulose: Tuberkulose: 
Heilunsen.. sos a E e a a à 2 Py 
Wesentliche nn Do esa 2 73 
Besserungen | subjektiv . . . . . 233; ca. 64°/) 734 ca. 79% 
Teilweise rss ne E A | 
Besserungen | subjektiv . . . . . 142. 45 
Unbeeinflubt | Sy ee ee | ‘| 
subjektiv. . . . . 99 43 
Ver- Äer zwet eme, aa OA O Ke, 27, 
schlechtert l subjektiv . . . . . 59 | 
Gestorben. . . . 2 2 22020207 
662 Fille. 239 Fälle. 


Am günstigsten ist das statistische Resultat der tuberkulösen und 
skrofulösen Augenerkrankungen. Von 33 behandelten Fällen sind: 


Heilungen . . . . . . . . . 20= 60%, 
Wesentliche | objektiv S ` 24,2%) 
“ Besserungen J subjektiv go ol KE 
Teilweise objektiv 2.02; | 
Besserungen E 5 = 15%, 
Unbeeinflußt | OBRE < ns 
subjektiv . . . . — = of. r 
Ver- | objektiv . . . . 1= 3% 2 je 
schlechtert J subjektiv . — = Sup 


Wir dürfen nicht aufer acht Be dab das Krankenmaterial, welches 
diesen statistischen Aufstellungen zugrunde liegt, von demjenigen der Heilstätten- 
statistiken ganz wesentlich verschieden ist und daß daher nicht etwa direkte 
Vergleiche zwischen den beiden gezogen werden dürfen.!) Weitaus die Mehr- 
zahl der mit Serum behandelten Fälle waren schwere Erkrankungen, gegen 
welche vielfach schon das ganze therapeutische Rüstzeug, über welches wir 
verfügen, aufgeführt worden war und gänzlich oder doch größtenteils versagt 
hatte. Die mit der Serumbehandlung erzielten Prozente von Besserungen oder 
Heilungen müssen daher entschieden wesentlich höher gewertet werden. 

Berücksichtigen wir die Reihenfolge, in welcher die Serumheilwirkungen 
am häufigsten auftreten, so sind es ganz entschieden Besserungen subjektiver 
Natur, die in den Vordergrund treten: Nachlassen und Verschwinden des 
‘schweren Krankheitsgefühles und des Fiebers, Hebung des Appetites (infolge- 
dessen auch sehr bald Zunahme des Körpergewichtes), Verschwinden des Nacht- 
schweißes, Besserung des gesamten psychischen Zustandes. Ganz besonders 
rasch werden auch öfters die Schmerzen beeinflußt; wir stehen bisweilen tat- 


1) Es ist mir etwas unklar, was Dutoit mit seinem etwas orakelhaften Satz „Die Statistiken 
aller Zonen vertragen in dieser Beziehung den schärfsten Vergleich“ in Nr. ı2 dieser Zeitschrift 
meint, Meines Wissens existierte bisher über Marmorekserum keine Statistik, ebensowenig wie über 
die „Solution Pantanberge“, Ein Urteil in dieser Beziehung dürfte daher stark verfrüht sein. 

Interessant war es mir, daß ich diese Äußerung Dutoits bereits 10 Tage bevor sie in der 
Zeitschrift für Tuberkulose veröffentlicht war, auf einem Reklameblättchen von l’antanberge 
angeführt fand. 


BD eee DAS ANTITUBERKULOSESERUM MARMOREK. 159 


190S, 











sächlich vor einem Rätsel, wie es möglich ist, daß intensive, lange bestehende 
Schmerzen in Gelenken ganz plötzlich auf einige Kubikzentimeter Serum nach- 
lassen und verschwinden können, daf hochgradige Dysphagie und intensivste 
Lichtscheu mit einem Male wie weggezaubert sind. Wenn auch dann und 
wann etwas Suggestivwirkung in Betracht kommen mag, so ist dies doch nur 
in ganz vereinzelten Fällen wahrscheinlich und dürfte bei der subkutanen 
Serumanwendung die Suggestivwirkung öfters eher eine negative, d. h. die 
günstigen Serumresultate etwas trübende, gewesen sein. Gewöhnlich folgte 
auf die subjektive Besserung des Allgemeinzustandes Abnahme des Hustens 
und des Auswurfes und bald auch der Bazillen, bisweilen allerdings erst nach 
ciner vorübergehenden mehr oder weniger intensiven Steigerung der Sputummenge, 
Rein toxische Dyspnöe wurde ebenfalls sehr günstig beeinflußt, während die aut 
anatomischen Grundlagen beruhende Atemnot wenig und auf alle Fälle ganz 
langsam erst mit Änderung des physikalischen Befundes gebessert wurde. 

Die anatomischen Veränderungen zeigten sich am deutlichsten und auch 
am raschesten bei den chirurgischen Tuberkulosen, sowie bei Kehlkopf- und 
Augenaffektionen. Entzündliche Schwellungen, Ulcerationen, Fisteln können 
sich innerhalb Tagen schon ganz auffallend bessern und wurde oftmals nach 
einigen Wochen eine eigentliche restitutio ad integrum beobachtet. Bei den 
Lungenerkrankungen sind es die Dämpfungen jüngeren Datums, die sich bis- 
weilen in kürzester Frist aufhellen, während sehr chronische Infiltrations- 
erscheinungen und solche mit ausgesprochen fibrösem Charakter sich begreif- 
licherweise wenig verändern. Die pathologischen Auskultationserscheinungen 
bessern sich manchmal ebenfalls merkwürdig rasch, das bronchiale Atmen ver- 
schwindet, verschärftes Atmen wird weicher, die Rasselgeräusche verlieren ihren 
konsonierenden Charakter, werden trockener, nehmen an Zahl ab und gehen 
ganz zurück. Wenn auch einige Ausnahmen vorkommen, so gilt im all- 
gemeinen entschieden der Grundsatz: je älter die Läsionen, je weniger Erfolg 
und je frischer die Erkrankung, um so eher Aussicht auf rasche Besserung bis 
Heilung. 

| Hämatologische Resultate. 

Leider sind genauere hämatologische Untersuchungen vor und nach der 
Serumbehandlung noch recht wenig zahlreich; die wenigen bisher veróffent- 
lichten ergaben aber ziemlich übereinstimmende wichtige Resultate, welche uns 
in unzweideutiger Weise die spezifische Heilwirkung des Marmorekschen 
Serums beweisen. 

Die ersten Befunde wurden von Roever (33) veróffentlicht, welcher 
Autor bei einer größeren Anzahl von Serumpatienten das neutrophile Blut- 
bild nach Arneth bestimmte und unter Serum vielfach eine deutliche Ver- 
mehrung der mehrkernigen neutrophilen weifen Blutkórperchen konstatierte. 
Ich selbst habe die námlichen Beobachtungen gemacht, da die Untersuchungen 
aber noch viel zu wenig zahlreich waren, so hatte ich bisher über deren Er- 
gebnisse nichts veröffentlicht.) 


1) Die neueren Forschungen sprechen freilich den Arnethschen Beobachtungen als auf Irr- 
tum beruhend, jegliche Beweiskraft ab, 


ZEITSCHR. Í. 
160 H. FREY. TUBERKULOSE 








Bosanquet und French (59) sowie Baer (54) beobachteten das 
Verhalten des opsonischen Index bei der Serumkur und fanden ein deut- 
liches Ansteigen desselben bereits nach den ersten 3 oder 4 Serumdosen. Nach 
den ersteren Autoren erreicht diese Steigerung des opsonischen Index bald ihr 
Maximum und bleibt 3—4 Wochen auf dieser Höhe stehen; nach Aussetzen 
des Serums sinkt der opsonische Index ziemlich schnell wieder auf das ur- 
sprüngliche Niveau herab. 

Bei beiden Untersuchungen war das Antituberkuloseserum rektal ver- 
abfolgt worden, es bilden somit die ebenerwähnten Beobachtungen einen 
weiteren Beweis dafür, daß das Serum spezifsch wirksame Stoffe enthält und 
daß dieselben vom Darme aus in ausreichender Menge resorbiert werden. 

Schenker (60) sah unter der Serumbehandlung eine wesentliche 
Steigerung der Leukocytose. 

Die genauesten hämatologischen Aufschlüsse über die Wirkung des Anti- 
tuberkuloseserums verdanken wir Pfeiffer und Trunk (56). Diese Autoren 
stellten bei ihren Serumpatienten eine bedeutende Zunahme des Agglutinations- 
vermögens fest (auf das 2!/,—r1ofache des ursprünglichen Wertes!). 

Von ganz besonderer Bedeutung sind die von den gleichen Autoren ge- 
machten Beobachtungen, daß Agglutinationsvermögen, Antitoxingehalt 
(Methode der Komplementablenkung) und antihämolytische Wirkung des 
Patientenserums (d.h. von solchen, die mit Serum Marmorek behandelt worden 
sind!) wesentlich größer waren, als dies bei dem verwendeten antitoxischen 
Pferdeserum (Serum Marmorek) selbst der Fall war. 

Diese Befunde scheinen zu beweisen, daß die Wirkung des: Antituber- 
kuloseserums nicht lediglich auf rein passiven Immunisierungsvorgängen 
beruht, sondern daß der Organismus selbst durch das Serum zu aktiver Be- 
teiligung angeregt wird. 


Serum- und Tuberkulinbehandiung. 


Es liegt nun ziemlich nahe, die Frage einer „gemischten“ Behandlungs- 
weise in den Bereich unserer Betrachtung zu ziehen und zu studieren, ob wir 
nicht mit Vorteil die passive (oder doch ganz vorwiegend passive) Immunisierung 
vermittels Serum mit der aktiven Immunisierung durch Tuberkuline verbinden 
könnten. Die darüber vorhandenen Beobachtungen und Erfahrungen sind jedoch 
auBerst spärlich. Die erste Anregung zu einem Vorgehen in dieser Richtung 
finden wir bei Richer (11). Daß es gelingen kann, schwere Tuberkulin- 
reaktionen durch Serum innerhalb einigen Stunden zu beseitigen, dafür habe 
ich ein erstes Mal in meiner Publikation über Serumbehandlung Serie II (21) 
ein Beispiel gebracht und seither noch 5 mal Gelegenheit gehabt eine ähnliche 
prompte Wirkung zu beobachten (61).') 

Pfeiffer und Trunk fanden ebenfalls, daß durch Serumanwendung , die 
Tuberkulinwirkung paralysierende Faktoren wirksam geworden sind“, während 


1) Eine weitere Bestätigung dieser Beobachtung findet sich auch in der kürzlich erschienenen 
Publikation von Stephani und Gourod ,,Tuberculinisition progressive", Congrès l‘rançais de 
médecine, Neuvième session, 


ro a DAS ANTITUBERKULOSESERUM MARMOREK. 161 








Elsaesser zu der Ansicht neigt, daß mit Serum behandelte Patienten auf 
Tuberkulin stärker reagierten. Diese letztere Ansicht läßt sich theoretisch sehr 
schwer begründen und steht mit meinen auf viele Jahre sich erstreckenden 
Erfahrungen völlig im Widerspruche. Ich habe sehr oft Patienten zuerst so 
lange mit Serum behandelt, bis ich dieselben von den schweren toxischen Er- 
scheinungen ihrer Erkrankung befreit hatte und dann die Tuberkulinkur begonnen. 
Dabei fand ich stets eine ganz vorzügliche Toleranz gegen die steigenden 
Tuberkulindosen, auch bei solchen Patienten, die vor Serumgebrauch direkt 
hochgradig giftüberempfindlich waren. Diese ganze Frage bedarf noch langer 
sorgfältiger Beobachtungen, bevor wir es wagen dürfen, eigentliche Schlüsse 
und Nutzanwendungen daraus zu ziehen. Ich habe aber die Überzeugung, daß 
eine solche kombinierte Behandlungsweise entschieden Aussicht auf Erfolg bietet 
und möchte ich zu eingehendem Studium anregen. 


Ziehen wir aus den statistischen Tabellen und den Schlußfolgerungen der 
verschiedenen Experimentatoren das wissenschaftliche Fazit, so können wir 
heute nicht mehr bezweifeln, daß das Antituberkuloseserum Marmorek wirklich 
ein spezifisches Tuberkuloseheilmittel ist. 

Wenn auch zugegeben werden muß, daß seine nan in 
gewisser Beziehung begrenzt ist, so übertraf sie doch in zahlreichen Fillen alle 
anderen uns bisher zur Verfügung stehenden Hilfsmittel weitaus. Es stehen ja 
freilich der stattlichen Reihe von auffallenden weitgehenden Besserungen und 
Heilungen, die vielfach ohne jegliches andere therapeutische Agens als eben 
das Serum erreicht wurden, eine kleine Anzahl von Miferfolgen gegeniiber; 
bei einer so komplexen Krankheit wie die Tuberkulose, darf uns das aber nicht 
allzusehr wundern. Vielleicht kommen wir später einmal dazu, die richtige 
Erklärung dafür zu finden; das Antituberkuloseserum deshalb allgemein als 
unwirksam zu erklären, geht nicht an, denn ein einziger klassischer Beweis 
seiner Wirkung hebt in diesem Falle zehn negative Resultate auf. Solche 
klassische Heilwirkungen wurden aber zu viele und von verschiedenen Autoren 
beobachtet und beschrieben, um den „Zufall“ zur Erklärung heranzuziehen. 

Ein Universalheilmittel für jegliche Tuberkulose ist auch das Serum nicht, 
aber wiewohl es mit weniger Pomp und weniger großen Versprechungen. in 
die Welt gesetzt wurde, wie gewisse andere Heilmethoden, so hat es in aller 
Stille weitaus mehr geleistet. 

Wir wollen jedoch auch nicht vergessen, daß die so zahlreichen ein- 
gehenden Versuche mit diesem neuen Tuberkuloseheilmittel nur durch die 
überaus große Liebenswürdigkeit und Zuvorkommenheit Dr. Marmoreks 
möglich waren, indem er sein Serum, dessen Herstellung einen so großen Auf- 
wand an Zeit, geistiger Arbeit und nicht zum geringsten auch an finanziellen 
Opfern erforderte, jahrelang unentgeltlich zur Verfügung stellte. 


Möge der herzliche Dank zahlreicher Ärzte und hunderter von durch das 
Serum geheilten oder gebesserten Kranken Dr. Marmorek als kleine Ent- 
schädigung gelten für die seinerzeit so mit Unrecht erlittene Unbill. 

Die sorgfältigen Beobachtungen mehrerer Jahre haben gezeigt, daß 

Zeitschr. f. Tuberkulose. XIIL LI 


otre “os pic r ZEITSCHR. f. 
162 FREY, DAS ANTITUBERKULOSESERUM MARMOREK. TUBERKULOSE 








Marmorek in der ersten Mitteilung über sein Serum nichts versprochen hatte, das 
sich in der Praxis nicht als voll bewahrheitet hátte. Jene executio brevi manu 
in der Sitzung vom 17. November 1905 bildet entschieden kein Ruhmesblatt 
in den Annalen der Académie de médecine. Et dii minores habeant templum! 
Hoffen wir, daf die stete rege Arbeit des uneigennützigen Forschers von weiteren 


Erfolgen gekrónt werde. 


BDESIILHEFTA, SOKOLOWSKI U. DEMBINSKI, ÜBER SERUM MARMOREK. 163 





IX. 


Klinische Untersuchungen über das antituberkulöse Serum von 
Marmorek. 
(Aus der Abteilung f. innere Krankheiten im Hospital z. heiligen Geist, Warschau.) 
Von | 
Dr. med. A. Sokotowski und Dr. med. B. Dembinski, 


Primararzt. Assistenzarzt. 


"äm Ende verflossenen Jahrhunderts baute man große Hoffnung auf die 
ae We e aie der Tuberkulose und glaubte, daß diese 
Yee schwierige Aufgabe auf diesem Wege ihrer Lósung nahe gebracht 
eden kónne. Es werden demnach in allen Lándern Europas und vornehmlich 
in Deutschland, unter Mitwirkung der sogen. Krankenkassen, zahlreiche Sana- 
torien für Phthysiker errichtet. Seit einigen Jahren begegnet man indessen 
immer häufiger einer abfälligen Kritik dieser Methode. Man fand, daß in 
diesen Heilanstalten vorwiegend nur Kranke im I. Stadium der Tuberkulose 
Besserung erfahren, während im IL oder gar im III, die Heilerfolge bei weitem 
nicht so ergiebig sind. Dann bemerkte man, daß. selbst in der ersten Krank- 
heitsperiode die Besserung keine beständige sei, daß nachträglich häufige Rück- 
fälle erfolgen, namentlich bei unbemittelten Kranken, welche ihre Kur nicht 
jahrelang fortzusetzen imstande sind und aus der Anstalt in frühere ungünstige 
Umstände zurückkehren: Die Heilergebnisse erscheinen demnach ungenügend, 
zumal, wenn man die großen Bau- und Unterhaltungskosten der Sanatorien in 
Betracht zieht. Daher beschritt man neue Wege zur Bekämpfung der Tuber- 
kulose. In Deutschland werden nunmehr kleinere, minder kostspielige Heil- 
anstalten errichtet, in Frankreich werden sogen. Dispensaires, d. h. Institutionen, 
die bloß den Phthisikern ihre Obhut angedeihen lassen etc., geschaffen. Gleich- 
zeitig aber erfolgte auch eine Umkehr zu der im Laufe der letzten Jahre ganz 
in Vernachlässigung geratenen spezifischen Therapie. Unter den spezifischen 
Methoden sind zweierlei bekannt: die aktive und die passive Immunisierung. 
Die aktive kann entweder preventiv mit Behringschen Impfungen, oder kurativ 
mittels Kochschen Tuberkulins besorgt werden. 

Das im Jahre 1891 entdeckte Kochsche Tuberkulin wurde anfangs mit 
großem Entzücken aufgenommen, aber auch recht bald verlassen. Erst in den 
letzten Jahren wird es wieder, namentlich in Deutschland, der Schweiz und 
anderen Ländern häufiger in Gebrauch gezogen. Bis jetzt kann indessen seine 
Anwendung weder vom wissenschaftlichen, noch vom klinischen Standpunkt 
als genau begründet betrachtet werden. Es wird sowohl das Kochsche Tuber- 
kulin T, TR, BE, sowie auch dasjenige von Beraneck und andere, ohne ge- 
hörige Berücksichtigung ihrer Unterschiede und entsprechender Indikationen, 
angewendet. Die Theorie der Tuberkulinwirkung ist ebenfalls zurzeit noch 
nicht genügend erläutert. Koch erklärt die Wirkungsweise des Tuberkulins 
derart, daß unter dessen Einwirkung in der Umgebung des tuberkulösen Ge- 


webes hyperämische und exsudative Erscheinungen entstehen, worauf dann 
Kr? 





er ENER = ` TCL ZEITSCHR. t. 
164 AA OO Pr DEN BING: |.. TUBERKULOSE 





Nekrose und Elimination des Gewebes erfolgt. In letzterer Zeit suchen 
Wassermann und Bruck tiefer in den Mechanismus der Tuberkulinwirkung 
einzugehen und erklären ihn auf Grund von Experimenten folgendermaßen: 
Das frische tuberkulöse Gewebe enthält stets Antituberkulin. Das eingespritzte 
Tuberkulin geht nun in dem tuberkulösen Organismus mit dem Antituberkulin 
eine Verbindung ein, wobei das Komplement gebunden wird und Zufluß von 
Leukocyten erfolgt. Daraus aber entsteht Zerfall des tuberkulösen Gewebes 
mit der ganzen Reihe seiner Begleiterscheinungen: Temperatursteigerung, 
Schüttelfrost, Husten etc. als Folgen der Aufsaugung des zerfallenen Gewebes. 
Das verkäste Gewebe enthält nach Wassermann und Bruck kein Antituberkulin 
und daher ruft das Tuberkulin bei vorgerücktem tuberkulösen Prozesse keine 
Reaktion hervor. Die Angewöhnung des Organismus an das Tuberkulin er- 
klären Wassermann und Bruck auf diese Weise, daß in dem mittels 
Tuberkulins immunisierten Organismus mit der Zeit im allgemeinen Blutkreis- 
lauf Antituberkulin auftritt und sich sofort mit dem einverleibten Tuberkulin 
verbindet und dieses nicht in den tuberkulösen Herd hingelangt. Diese ganze 
Theorie Wassermanns und Brucks wurde indessen von Weil und Besredka 
einer näheren Kritik unterzogen. Weil fragt, wie denn Tuberkulin und Anti- 
tuberkulin gleichzeitig nebeneinander in demselben krankhaften Herde bestehen 
können ohne gegenseitige Einwirkung und Besredka sagt: „Ist es denn nicht 
merkwürdig, daß das im tuberkulösen Gewebe entstehende Antituberkulin mit 
seiner so ausnehmenden Anziehungskraft auf das eingespritzte Tuberkulin, daß 
es dasselbe sozusagen aus den entlegensten Schlupfwinkeln des Organismus 
ansaugt, nur wirkungslos dem Tuberkulin gegenüber verbleibt, welches sich 
neben ihm im tuberkulösen Gewebe befindet, wie dies aus Wassermanns 
Experimenten ersichtlich.“ | 

Was nun die klinischen Erfolge anbelangt, so zeigt die Statistik, daß 
die Ergebnisse der Tuberkulinbehandlung bei gleichzeitiger Anwendung der 
hygienisch-diätetischen Methode gar nicht günstiger sind als die durch die bloße 
Anwendung dieser letzteren erlangten. Den sich näher für die Angelegenheit 
der Tuberkulinbehandlung interessierenden Leser verweisen wir auf die äußerst 
erschöpfende und kritische Arbeit von Dluski. 


Die preventive Impfung ist hauptsächlich durch die Behringschen Arbeiten 
über die Immunisierung des Rindviehes gegen Perlsucht bekannt geworden. 
Die Behringschen Impfstoffe rufen indessen, selbst beim Vieh, keine absolute 
und andauernde Immunität hervor. Was den antituberkulösen Impfstoff gegen 
menschliche Tuberkulose, die sogen. Tulase, anbetrifft, so scheint dieselbe bis 
jetzt noch gar keine Erfolge geleistet zu haben. 

Was die passive Immunisierung oder die Serotherapie betrifft, so vermuteten 
schon Richet und Héricourt, Bertin und Picq und später Lépine und 
Bernheim, daß man Kaninchen gegen Tuberkulose immunisieren könne, 
indem man denselben in das Bauchfell Hunde- oder Ziegenblut einspritzt, in 
der Meinung, daß die genannten Tiere zu den gegen Tuberkulose immunen 
gehören. 

Indessen hat Bouchard in seinen Versuchen die Ergebnisse seiner Vor- 


BD.XNLĦEFI?. KLINISCHE UNTERSUCHUNGEN ÜBER SERUM MARMOREK. 165 











gänger nicht bestätigt und zeigte im Gegenteil, daß bei mit Ziegen- oder 
Hundeserum behandelten, tuberkulösen Meerschweinchen der tuberkulöse Prozeß 
rascher fortschritt als bei unbehandelten Tieren. Später versuchten Cadiot, 
Gilbert und Roger die Tuberkulose mit Serum von Hennen, die damals 
ebenfalls als immun galten, zu behandeln; diese Versuche erwiesen sich aber 
als erfolglos. 

Als nun die obige Methode gescheitert, begann man das Serum von Tieren 
zu versuchen, denen man vorher Tuberkelbazillen eingespritzt hatte, in der 
Vermutung, daß dieses Serum Antitoxine, nach dem Vorbild des antidiphterischen 
und antitetanischen Serums enthalte. Richet und Héricourt untersuchten das 
Kaninchenserum. Viquerat spritzte Maultieren Bouillonkulturen von Tuberkel- 
bazillen ein und untersuchte dann ihr Serum auf seinen Gehalt an Tuberkulin 
und Antituberkulin, wobei er im Beginn der Erkrankung ein Übergewicht des 
Tuberkulins und nur Spuren von Antituberkulin fand, in späteren Stadien da- 
gegen enthielt das Serum ausschließlich Antituberkulin. Die Versuche, mit 
diesem Serum tuberkulöse Meerschweinchen zu behandeln, ergaben in den 
Experimenten des Autors positive Erfolge, die späteren Forschungen Richets, 
Héricourts, Darembergs, Rutkowskis und anderer haben indessen diese 
Ergebnisse nicht bestätigt. 

Andere Forscher (Redon und Chenot 1895, Peron 1897) suchten dann 
ein Heilserum von nicht mit Kulturen immunisierten Tieren zu erhalten, durch 
eine Aufschwemmung aus Sputum, Eiter, oder tuberkulös erkrankter Organe. 
Es wurde dieses Serum bei der Behandlung der Tuberkulose, aber erfolglos, 
versucht. 

Auch die Proben am Serum durch Immunisierung von Tieren mittels 
Tuberkulin, ergaben ebenfalls keine günstigen Erfolge. Wernike und Knorr 
weisen die Anwesenheit von Antituberkulin im Serum von längere Zeit mit 
Tuberkulin behandelten Individuen nach. 

Das Serum dieser Individuen gleichzeitig mit einer tödlichen Gabe 
Tuberkulin Meerschweinchen eingespritzt, schützte dieselben vor dem Tode. 
Boinet (1895) erhielt günstige Resultate bei der Behandlung tuberkulöser 
Meerschweinchen mit Serum von mit Tuberkulin behandelten Ziegen. Frisch 
aus Neuyork (1897) immunisierte Pferde mittels Kochschen Tuberkulins 
(T.R.); das von diesen Tieren erhaltene Serum soll preventive und kurative 
Eigenschaften besessen haben. Indessen wurden die obgenannten Forschungen 
nicht bestätigt. Bei uns hat Karwacki bei Anwendung des Serums Park- 
Davis, nach Frisches Methode bereitet, zweifelhafte Ergebnisse erhalten. 
Andere Serumarten, wie das von Bernheim (1894) durch Immunisierung von 
Tieren mit filtrierten Kulturen erhaltene, das von Niemann (1896) von mit 
alkoholischem Tuberkulinextrakt immunisierten Ziegen und andere lieferten 
gleichfalls keine erwünschten Erfolge. 
| Zu den berühmtesten Serumarten der letzten Zeit gehören dasjenige von 
Maragliano und von Marmorek. Auf dem Kongresse französischer Ärzte 
in Bordeaux (1895) teilte Maragliano mit, es sei ihm gelungen, ein kuratives 
antituberkulöses Heilserum zu erhalten. Dieser Forscher ist der Ansicht, die 


ët REN Se ZEITSCHR. <. 
166 de SOKOLOWSKI ENE DENBINSEL _ TUBERKULOSF. 





Wirkung der Tuberkelbazillen beruhe auf Ausscheidung durch dieselben 
während ihres Lebens von Toxinen, und nach ihrem Tode von Proteingiften, 
als Produkten der Bakteriolyse. Maragliano bereitet, von dieser Annahme 
ausgehend, einen zusammengesetzten Impfstoff aus von lebenden Bazillen in 
flüssige Nährböden ausgeschiedener Toxine (Toxalbumin) und aus in den 
Bazillenkörpern enthaltenem Protein. Um das Toxalbumin zu erhalten, läßt 
Maragliano 4—6 wöchentliche Boullionkulturen mit einem Glyzerinzusatz durch 
einen Chardinschen Filter fließen; das so erhaltene Filtrat filtriert er nochmals 
durch eine Chamberlandsche Kerze. Das Protein wird aus den auf dem 
Filter zurückgebliebenen Bazillenkörpern ausgelaugt. Zu diesem Zwecke wird 
der Filterrückstand getrocknet und in einem Morser pulverisiert, dann Wasser 
in der doppelten Menge der Kulturflüssigkeit zugesetzt und das Ganze im 
Wasserbade bei 90—95° im Laufe von 3 Tagen zu 10 Stunden täglich belassen. 
Nach Abdampfung der Flüssigkeit bis zu !/,, des ursprünglichen Volums und 
Durchlassung durch einen Porzellanfilter wird das sogen. wässerige Tuberkulin 
erhalten, welches alle Tuberkelproteine enthält. Der Impfstoff vor Einspritzung 
besteht aus Toxalbumin mit Protein im Verhältnis von 1:3 vermischt. Dieser 
Impfstoff wird Pferden subkutan in ansteigender Dosis von 5—50 ccm ein- 
gespritzt. Nach Ablauf von 4—6 Monaten wird den Pferden gegen 3 1 Blut 
gelassen, und man erhält daraus ein Serum, welches antitoxische und bakterizide 
Eigenschaften besitzen soll. 

Was die Behandlung tuberkulöser Kranker betrifft, so applizierte Mara- 
gliano sein Serum im Laufe von 6 Wochen, indem er jeden zweiten Tag 
1 ccm injizierte und dann die Dosis bis auf 10 ccm steigerte. Im Jahre 1902 
veröffentlichte ein Schüler Maraglianos, Mircoli, eine Statistik der mit oben- 
genanntem Serum behandelten Kranken. Aus dieser Statistik, die 2897 Kranke 
umfaßt, zeigte sich, daB das Maraglianosche Serum günstige Resultate ergibt. 
Indessen wurden die experimentellen und klinischen Forschungen Maraglianos 
nicht bestätigt. Karwacki unternahm noch unlängst Versuche nach dem Serum 
Maraglianos an Kaninchen und Meerschweinchen, wobei es sich zeigte, daß die 
tuberkulösen Tiere bei der Serumbehandlung viel rascher mit dem Tode abgingen 
als ganz unbehandelte. 


Nach Karwacki läßt sich die Serumwirkung auf die Auflösung des 
Bazillus im Organismus und demnach auf Vergiftung mit Tuberkelproteinen 
zurückführen. Über den klinischen Heilwert des Maraglianoschen Serums 
lauten die Urteile aller Autoren, mit Ausnahme der italienischen, ganz abfallig. 
Das Serum von Marmorek (1903) hat die größte Anzahl einschlägiger Ar- 
beiten zutage gefördert. Dieser Forscher meint, daß das Kochsche Tuberkulin 
kein eigentliches Tuberkelgift sei. Um wirkliches Toxin zu erhalten, müssen 
seiner Ansicht nach junge Tuberkelbazillen (bacilles a type primitif) auf leuko- 
toxischem, mit Leberextrakt gemischtem Serum gezüchtet werden. Das leuko- 
toxische Serum erhält Marmorek folgendermaßen: Meerschweinchen wird in 
das Bauchfell 10—15 ccm Bouillon eingespritzt, wonach nach Auswaschung des 
Bauchfellsackes mit 20 ccm einer physiologischen Kochsalzlösung eine weißliche, 
I.eukocyten enthaltende Flüssigkeit erhalten wird. Diese Flüssigkeit wird einem 


BD.XILHEFT2. KLINISCHE UNTERSUCHUNGEN ÜBER SERUM MARMOREK. 167 








Ochsen gegen 30 mal eingespritzt, wobei für jede Injektion die Leukocyten- 
aufschwemmung von zwei Meerschweinchen benutzt wird. Nach Aderlaß erhält 
man leukotoxisches Serum. Diesem auf solche Weise bereiteten Serum fügt 
nun Marmorek Glyzerinbouillon und Leberextrakt hinzu, indem er diese 
letztere als ein Schutzorgan gegen Tuberkelinfektion betrachtet. Auf so zu- 
bereitetem Nährboden soll nach Marmorek eine äußerst heftige und vom 
Kampfe mit dem Organismus sehr befähigte, an Toxinen reiche Bazillenrasse 
erwachsen. Diese Toxine töten Meerschweinchen in einer Dosis von 5—10 ccm. 
Durch 5—6 malige Injektion von 5 ccm dieses Giftes kann ein Meerschweinchen 
gegen Tuberkulose immun gemacht werden. Ein in solcher Weise immunisiertes 
Meerschwein verträgt ungestraft 1—2 Tropfen schwach opalisierender Bazillen- 
aufschwemmung. Um antitoxisches Serum zu erhalten, injizierte Marmorek 
das Toxin Pferden. Nach 7—8 Monaten erhalt Marmorek ein mit preventiven 
und kurativen Eigenschaften ausgestattetes Serum. Sein Serum hat Marmorek 
vorerst an Kaninchen geprüft. Es zeigte sich, daß 15 —20 ccm dieses Serums, 
3 Tage vor der tuberkulösen Infektion eingespritzt, das Tier immun machten. 
Und auch die mit Tuberkulose infizierten und dann mit dem genannten Serum 
behandelten Kaninchen lebten bedeutend länger als unbehandelte, oder genasen 
sogar vollständig. 

Bei Menschen empfahl Marmorek anfangs Seruminjektionen von 5 ccm 
einen um den andern Tag und nach 10 Injektionen eine dreiwöchentliche Pause. 
Unter dem Einflusse des Serums trat, selbst in schweren Fällen mit hohem 
Fieber und Lungenkavernen, zweierlei allgemeine und sogar auch lokale 
Besserung ein. Bei wenig vorgerückter Tuberkulose erlangte Marmorek eine 
ganze Reihe von vollständiger Genesung; noch bessere Erfolge erhielt er in 
Fällen chirurgischer Tuberkulose, bei Pleuritis u. dergl. 


Die ersten durch die Pariser Kliniker Dieulafoy, Hallopeau, Le- 
dentu u.a. mit dem Marmorek-Serum angestellten Versuche ergaben teils 
negative, teils zweifelhafte Resultate. Später indessen erscheint in der Literatur 
eine große Anzahl von Arbeiten, welche die Anwendung des Marmorekschen 
Serums empfehlen. Im Jahre 1905 hat Marmorek 28 Arbeiten gesammelt, 
welche 350 mit Serum behandelte Fälle von Tuberkulin enthalten. Die Mehr- 
heit der Autoren, wie Dubard, Veillard, Stephani, Jaquerod, Frey, 
Levin u. A. hat günstige Erfolge erlangt. Andere dagegen, wie Stadelmann, 
Benfey, Krokiewicz und Englaender hatten bloß negative Resultate zu 
verzeichnen. Im vorigen Jahre reichte Monod an die Académie de Méde- 
cine in Paris ein Referat ein, worin alle Arbeiten über das Marmoreksche 
Serum gesammelt sind. Bis zu jener Zeit belief sich die Zahl dieser Ar- 
beiten im ganzen auf 43, worunter 38 der Methode günstig, 5 abfallig lauten. 
Diese letzteren enthalten 39 Fälle weit vorgerückter Lungentuberkulose, einige 
darunter ganz verzweifelte. In drei Arbeiten unter den genannten sprechen 
die Autoren derselben dem Serum jedwede therapeutische Bedeutung bloß 
wegen der bei seiner subkutanen Anwendung entstehenden Komplikationen 
vollkommen ab. Die zwei anderen betonen, daß das Serum einen verderblichen 
Einfluß auf den Krankheitsverlauf gezeigt habe. Die dem Serum günstigen 


5 De E E ZEITSCHR. f. 
168 A. SOKOLOWSKI UND B. DEMBINSKI. © TUBERRULOSE 





Arbeiten enthalten 592 Fälle von interner oder chirurgischer Tuberkulose. In 
allen diesen Fällen wurde die Serumbehandlung von den Kranken recht wohl 
vertragen oder es kamen höchstens ähnliche Komplikationen wie bei jedweder 
Seruminjektion vor: Urtikaria, Hautrötung u. dergl. Das Serum wurde entweder 
in subkutaner Injektion oder per rectum angewendet. Diese letztere An- 
wendungsweise wird jetzt immer häufiger benutzt, da sie es gestattet, allen 
Komplikationen aus dem Wege zu gehen. Monod kommt zu folgenden 
Schlußfolgerungen: 


I. Die Applikation des Marmorekschen Serums ist ganz unschädlich. 
Die jetzt ausgearbeitete, nach vielen mühsamen Versuchen festgesetzte Technik 
ist äußerst einfach und leicht ausführbar. 

2. Das Serum ist wirksam in allen Formen von Lungen-, Gelenkknochen-, 
Drüsentuberkulose etc. 

3. Die Wirkung betrifft nach Lewin sämtliche Symptome, sowohl all- 
gemeine, als auch lokale: Atemnot, Fieber, Husten, Auswurf, perkutorische 
und auskultatorische Erscheinungen und nach Hoffa und van Huellen: den 
Schmerz, die Eiterung, die Fisteln bei chirurgischer Tuberkulose. 

4. In vielen Fällen zeigte sich die Wirkung des Serums auf alle krank- 
haften Symptome dermaßen gründlich, daß manche Ärzte von vollständiger 
Heilung und Genesung sprechen. 

van Huellen äußert sich über das Marmoreksche Serum folgender- 
maßen: , Nach den von Stephani, Dubard, Ullmann, Frey, Hoffa, Rover 
und vielen Anderen veröffentlichten Arbeiten und nach einer ganzen Reihe 
eigener Erfahrungen, können wir nicht daran zweifeln, daß wir in dem Mar- 
morekschen Serum ein spezifisches Mittel gegen die Tuberkulose besitzen.“ 

Und Prof. Hoffa sagt: „Ich hatte in vielen Fällen Gelegenheit, die 
wahrhaft spezifische Wirkung auf den Verlauf der Tuberkulose festzustellen, 
und nimmt man daher die Unschädlichkeit dieses Mittels in Betracht, so kann 
man ihm keinesfalls eine große Bedeutung in dem Kampfe gegen die Tuber- 
kulose absprechen.“ 

Im Laufe des Jahres 1907 erschien eine ganze Reihe dem Marmorek- 
schen Serum günstige Arbeiten, nämlich von: Schenker (Aarau), Hymans 
und Polak, Daniels (Haag), Elsaesser, Röver, Weill, Wohlberg u. A. 

Um sich ein eigenes Urteil über die Behandlung der Lungenschwindsucht 
mit dem Marmorekschen Serum zu bilden, beschlossen wir, einschlägige 
Untersuchungen auf der Abteilung für innere Krankheiten im Hospital zum 
heiligen Geist durchzuführen. Dies gelang uns nur dank der Gefälligkeit des 
Dr. Marmorek, welcher die Güte hatte, uns stets mit der dazu notwendigen 
Menge seines Serums!) zu versorgen, wofür wir ihm an dieser Stelle unseren 
wärmsten Dank aussprechen. 

Nach seiner eigenen Anleitung wählten wir zu unseren Untersuchungen, 
soviel dies nur unter unserem Hospitalmaterial möglich war, Kranke in den 
mittleren Schwindsuchtsstadien. Denn sowohl diejenigen im Anfangsstadium 


1) Es ist dies zu gleicher Zeit ein antituberkulöses und Antistreptokokkenserum. 


BD.XILHEFT2. KLINISCHE UNTERSUCHUNGEN ÜBER SERUM MARMOREK. 169 





der Tuberkulose, die ja häufig ohne jedwede Behandlung bedeutende Besserung 
erfahren, sowie auch Phthisiker im weit vorgerückten Stadium sind wegen all- 
gemeiner Erschöpfung für derartige Forschungen nicht geeignet. 

Unter 20 Kranken, bei denen wir das Marmoreksche Serum angewendet 
haben, bot uns ein einziger (Nr. 44) diagnostische Zweifel. Er hatte zwar Kon- 
densationssymptome an der ‚rechten Lungenspitze, aber im Sputum wurden 
trotz vielmaliger Untersuchungen keine Kochschen Bazillen nachgewiesen. 
Bei allen 19 übrigen war die Diagnose der Tuberkulose sicher (Kochsche 
Bazillen im Sputum). 

2 Kranke (Nr. 7 und 9) können dem I. Stadium der Tuberkulose (nach 
Sokołowski) zugezählt werden (Spitzenkondensation ohne Rasselgeräusche). 

9 Kranke (Nr. 3, 8, 12, 14, 15, 16, 17, 19, 20) befanden sich im II. Stadium 
der Tuberkulose (Spitzenkondensation mit trockenen oder feuchten Rassel- 
geräuschen). 

Bei 8 Kranken endlich (Nr. 1, 2, 5, 6, 10, 11, 13, 18) hat die Lungen- 
schwindsucht bereits ihr letztes Stadium erreicht (Zerfall und Kavernen). 

3 unter den obengenannten Kranken (Nr. 13, 15, 18) boten außerdem 
Komplikationen seitens des Kehlkopfes dar (Laryngitis tuberc.). 

Die Verhältnisse, unter denen sich alle diese Kranken vor und während 
der Serumbehandlung befanden, waren bei allen die gleichen. Gewöhnliche 
Hospitaldiät. Eine Krankengruppe (die ersten zehn) wurden im Sommer (Juli, 
August, September) behandelt und verbrachten die Zeit in der im Anstalts- 
garten errichteten Liegehalle, die zweite (die anderen zehn) im Winter (Oktober, 
November, Dezember und Januar) lagen im Krankensaale, wobei derselbe aus- 
giebig gelüftet wurde. | 

Vor dem Beginne der Serumbehandlung wurden die Kranken einer 
genauen ein- oder mehrwôchentlichen Beobachtung unterzogen, wobei ein- 
gehend untersucht wurde: 1. Stand der Körpertemperatur, 2. der Puls, 3. die 
Atmung, 4. der Husten, 5. Qualität und Menge des Auswurfs, 6. Menge der 
Bazillen im Sputum, 7. Allgemeinbefinden nach Kórpergewicht und 8. physi- 
kalische Symptome. Im Laufe der Serumanwendung und nachträglich wurde 
sorgfáltig beobachtet, ob nicht unter ihrem Einflusse irgend welche Veránderungen 
in den obenerwähnten Symptomen stattfanden. 


Was die Anwendungstechnik des Serums betrifft, so wendeten wir dasselbe 
bei manchen Kranken subkutan, bei anderen per rectum an. Bei subkutaner 
Anwendung (10 ccm jeden anderen Tag) wurden gewohnlich die ersten In- 
jektionen gut vertragen, aber schon nach 4—5 Injektionen traten folgende 
Symptome zutage: Schmerzen in den Gelenken und im Kreuz, Kopfweh, Er- 
brechen, Temperatursteigerung bis auf 40%, Urtikaria, recht schwerer Allgemein- 
zustand (die Kranken lagen regungslos und stóhnten acht bis zehn Tage hin- 
durch). Der Husten und die Menge des Auswurfes nahmen zu, in den physi- 
kalischen Erscheinungen waren keine deutlichen Veranderungen wahrzunehmen. 
Mit besonderer Heftigkeit traten obige Komplikationen bei Phthisikern im 
Il. Krankheitsstadium auf (Nr. 1, 2). Bei Kranken im I. und II. Stadium der 
Tuberkulose waren die Komplikationen gelinder und beschrinkten sich auf 


| r H TCU ZEITSCHR. f. 








Nesselausschlag, Hautrótung (erythema) in der Umgebung der Seruminjektions- 
stelle, leichte Gelenkschmerzen etc. 

Ahnliche und viel schwerere Komplikationen wie Zyanose, Atemnot, 
Kollaps u. dergl. haben fast alle Autoren beobachtet, welche das Serum sub- 
kutan applizierten (Krokiewicz und Englaender, Hymans und Polak, 
Daniels, Holmstroem, Holmboe u. A.) Seit den Untersuchungen von 
Arthus, v. Pirquet und Marfan ist es bekannt, daf die genannten Symptome 
nicht auf Rechnung spezifischer Eigenschaften der Serumfliissigkeiten zu setzen 
seien; denn normales Pferdeserum ruft nach mehrmaliger Injektion ganz gleiche 
Symptome (Anaphylaxie) hervor. Jedenfalls erschwert dieses Symptom in Fallen, 
wo man das Serum längere Zeit einspritzen muß, die Sache recht beträchtlich. 
Was uns betrifft, so hielten wir bei derartigen Komplikationen die fernere 
subkutane Anwendung des Serums ftir unmôglich und entschlossen uns, nur 
Rektaleinflößungen nach Frey (Davos) und Mannheim (Berlin) in Gebrauch 
zu ziehen. 


Diese Einflößungen vollzogen wir nach den -Anleitungen Marmoreks 
mittels des Nelatonschen Katheters, welches wir zur Hälfte seiner Lange in 
das Rektum versenkten. Auf diese Weise wurden drei Wochen lang einen um 
den anderen Tag 10 ccm Serum eingeflößt, so daß man in einer Behandlungs- 
serie 120—140 ccm in 12—14 malen verwendete. Nach dreiwöchentlicher Pause 
begann man eine neue Einflößungsserie. 

Wir kommen nun zur Darstellung der bei der Serumanwendung erlangten 
Resultate. Wir beginnen mit dessen Einfluß auf die Körpertemperatur, deren 
Verlauf, nach unserer Ansicht, die am meisten objektive Anschauung über die 
spezifische Wirkung des Serums treffen kann. Im Laufe der Serumbehandlung 
stieg selbst bei rektaler Anwendung bei vielen Kranken (Nr. 4, 5, 6, 7, 8, 10, 
15, 16, 18) die Körpertemperatur auf 38% und sogar auf 39,5% und verblieb 
auf dieser Höhe die ganze Zeit der Behandlung hindurch. Erst nach Be- 
endigung der ersten Einflößungsserie sank die Körperwärme von 37°—38° auf 
37° oder selbst darunter bei vier Kranken (Nr. ı, 7, 8, 19). Einer dieser Kranken 
(Nr. 7) befand sich im I. Stadium, zweie (Nr. 8 und 19) im IL. und einer (Nr. 1) 
im III. Stadium der Tuberkulose. 

Bei einem Kranken (Nr. 3, J. S., 18 Jahre alt), welcher sich im II. Stadium 
der Schwindsucht befand (Spitzenkondensation mit Rasselgeräuschen), erhielt 
sich die Körpertemperatur nach der ersten Einflößungsserie auf derselben 
Höhe, wie vor der SS 38 °—38,5°, und sank erst nach der zweiten 
Serie auf 36,6°. 

Bei einem Kranken (Nr. 2) sank sie zeitweilig von 37,6° auf 37°, stieg 
aber nach einigen Wochen wieder an; bei 3 Kranken (Nr. 4, 9 und 20), bei 
denen die Temperatur vor der Behandlung fast normal war (37%— 37,2°), sank 
dieselbe nach der Behandlung auf 36,2°—36,6° und schließlich bei 11 Kranken 
im Il. oder Ill. Stadium (Nr. 11, 14, 15, 16, 17 und 5, 6, 10, 12 und 18) blieb 
die Temperatur unverriickt auf der Höhe von 38°— 40°. 

Hier muß sofort dazu bemerkt werden, daß unter 5 Kranken, bei 
denen die Fiebertemperatur vollständig sank, 4 (Nr. 1, 3, 7,8) im 


BD.XHLHEFT?. KLINISCHE UNTERSUCHUNGEN ÜBER SERUM MARMOREK. 171 














Sommer in der Liegehalle und nur 1 (Nr. 19) im Winter auf dem 
Krankensaale behandelt wurden. 

Von anderen Autoren, die sich mit der Einwirkung des Marmorekschen 
Serums auf die Körpertemperatur befaßten, hat Waller die meisten Daten 
geliefert. Er teilt die Kranken in dieser Hinsicht in 2 Gruppen: zur ersten 
gehóren diejenigen, denen mindestens 17 Injektionen einverleibt wurden, zur 
zweiten diejenigen, die 10— 12 Injektionen erhalten haben. In der ersten 
Gruppe erlangte Waller Temperaturabfall in 38 °/, aller Fälle, in der zweiten 
bei 33 °/o. 

Dubard (Dijon) erzielte in 4 schweren Fällen mit Fieber bedeutende 
Besserung. Jaquerod (Leysin) erzielte nach Anwendung des Serums bei 
7 Kranken Temperaturabfall, bei denen die Temperatur trotz längeren Aufent- 
haltes im Sanatorium gleich anhielt. Frey (Davos) wendete zuerst das Serum 
subkutan an und erzielte bei 5 unter 8 Kranken Temperaturabfall; unter 16 Fällen 
rektaler Serumanwendung erhielt er positiven Erfolg 15 mal. Andere Autoren 
erhielten ebenfalls Temperaturabfall bei einer mehr oder weniger großen Anzahl 
Kranker. 

Was den Puls betrifft, so beobachteten einige Autoren, darunter z. B. 
Schenker (Aarau) stets Steigerung desselben. Schon nach 2—3 Injektionen 
stieg die Pulszahl bei den Kranken Schenkers von 70—80 auf 100— 120, 
selbst auf 130. 

Unter unseren Kranken stieg die Pulszahl auf 100— 120 und sogar auf 
140 bei denjenigen, denen das Serum subkutan gereicht wurde. Von den- 
jenigen, denen Rektaleinflößungen appliziert wurden, stieg die Pulszahl nur bei 
wenigen, und verblieb bei der Mehrzahl auf derselben Höhe wie vor der Be- 
handlung. Die Steigerung der Pulszahl auf 100—120 bei per rectum mit 
Serum behandelten Kranken bietet eine üble Prognose, nämlich: 3 Kranke mit 
gesteigerter Pulsfrequenz starben (Nr. 6, 13 und 18, alle im III. Stadium der 
Tuberkulose) und 3 Kranke blieben ohne Besserung (Nr. 17 im II. und Nr. 2 
und 5 im Ill. Stadium). 


Pulsverlangsamung erhielten wir nur bei 2 Kranken: Nr. 3 (im II. Stadium), 
wo gleichzeitig mit der Besserung anderer Symptome die Pulszahl von 110 auf 
go—96 herabsank, und Nr. 4 (I. Stadium), wo die Pulsfrequenz von 100 auf 
75—78 abnahm. 

In der Atmung bemerkten wir keine beträchtlichen Veränderungen bei 
der Serumbehandlung, die subkutan behandelten Kranken ausgenommen, bei 
denen häufig Atemnot eintrat, wobei die Atemfrequenz bis 36—40 pro Minute 
anstieg. | 

Wenden wir uns nun solchen Symptomen zu wie Husten, Auswurfs- 
menge, Quantität Kochscher Bazillen im Sputum, so beobachteten viele Autoren, 
wie Stephani, Frey u. A., Beschwichtigung des Hustens und Abnahme der 
Auswurfsmenge. 

Unter den von uns behandelten Kranken verschwand der 
Husten vollständig oder wurde ganz unbedeutend bei 7 Kranken: 
bei 3 im I. Stadium der Tuberkulose (Nr. 4, 7 und 9), bei 2 im IL Stadium 


172 A. SOKOLOWSKI UND B. DEMBINSKI.  UDERKULOSE 











(Nr. 3 und 8) und bei 2 im III. Stadium (Nr. 1 und 2). Die Kranken, welche 
vor der Serumbehandlung fortwährend husteten und narkotische Mittel ein- 
nehmen mußten, konnten während der Serumbehandlung ganz gut ohne 
jedwede Medikamente fortkommen. Wir müssen indessen hinzufügen, 
daß alle diese Kranken im Sommer bei Aufenthalt in der Liege- 
halle behandelt wurden. Auf den Auswurf, dessen tägliche Quantität genau 
Tag für Tag verrechnet wurde, zeigte sich deutlicher Einfluß des Serums bei 
5 Kranken, nämlich: Nr. 8 (im Il. Stadium), wo die Auswurfsmenge von 20 bis 
25 ccm pro die fast auf Null herabsank, Nr. 19 (IL Stadium) von 100—120 ccm 
auf 50—60 ccm pro die, Nr. wo die Sputumquantität (II. Stadium) von 
75 ccm auf 15 ccm fiel, Nr. 2 (II. Stadium) von 50 ccm auf 10 ccm und Nr. 4 
(I. Stadium) von 125 ccm auf 5—10 ccm pro die herabsank. 

Bei 3 Kranken, welche vor der Serumanwendung sehr wenig Sputum 
expektorierten, sank ihre Menge fast auf Null. 

Also im ganzen zeigte sich, unter 20 Kranken, der günstige 
Einfluß des Serums auf die Auswurfsmenge bei 8 Kranken. 

Es muß indessen auch hier bemerkt werden, daß, außer Nr. ı9, 
welcher auf dem allgemeinen Krankensaal behandelt wurde, alle 
anderen Kranken ihre Kur während des Sommers in der Liegehalle 
durchmachten. 


Was die Kochschen Bazillen betrifft, so verschwanden dieselben aus dem 
Sputum bei keinem Kranken vollständig, trotz Besserung aller anderen Symptome. 
Es ließ sich überhaupt keine konstante Einwirkung auf die Zahl der Bazillen 
feststellen. 

Der Allgemeinzustand und das Körpergewicht hielt gewöhnlich gleichen 
Schritt mit der Besserung anderer Symptome. So stieg beim Kranken Nr. 4 
(I. Stadium) das Körpergewicht von 62,2 auf 71 kg, bei Nr. 7 (I. Stadium) von 
57,6 auf 59,6 kg und bei Nr. 9 (I. Stadium) von 53 auf 53,2 kg, bei Nr. 3 
(II. Stadium) von 52,5 auf 55,6 kg, bei Nr. 8 (II. Stadium) von 64,5 auf 67,3 kg, 
bei Nr. 19 (IL Stadium) von 58,8 auf 60,4 kg, bei Nr. 1 (III. Stadium) von 57 
auf 62 kg, endlich bei Nr. 2 (III. Stadium) von 58 auf 60 kg. 

In den physikalischen Symptomen konnten wir bei keinem Kranken 
namhafte Veränderungen konstatieren, einen ausgenommen, Nr. 3 (IL. Stadium), 
bei welchem nach zweimaliger Behandlung (im ganzen 230 ccm Serum), die 
feuchten Rasselgeräusche verschwanden und nur Dämpfung und verlängertes 
Exspirium zurückblieben. ß 

Was die laryngealen Komplikationen betrifft, so verschlimmerte sich unter 
3 Kranken (Nr. 13 Ulzeration an dem linken wahren Stimmband, Nr. 15 — In- 
filtration des Kehldeckels, der Hinterwand und des linken falschen Stimm- 
bandes und flache Ulzeration am linken wahren, und Nr. 18 — Infiltration der 
hinteren Kehlkopfwand und des linken falschen Stimmbandes) bei 2 der Prozeß 
beständig bis zum Tode, und bei Nr. 15 erfuhren die Kehlkopfslasionen gar 
keine Veränderung. 

Im Vergleich mit anderen Autoren, welche, wie Lewin, Dubard, 
Schenker, Weill u. A. bedeutende Besserung perkutorischer und auskul- 


BD.XUCHEFT?. KLINISCHE UNTERSUCHUNGEN ÜBER SERUM MARMORER. 173 





tatorischer Symptome und auch bedeutende Verringerung der Infiltrationen 
und Ulzerationen, sowie Beseitigung der Dysphagie bei Kehlkopftuberkulose 
erzielten, waren unsere Erfolge in dieser Hinsicht viel weniger günstig. 

Nachdem wir den Einfluß des Marmorekschen Serums auf verschiedene 
Symptome der Lungentuberkulose erörtert haben, wenden wir uns jetzt den 
allgemeinen, bei ihrer Anwendung von uns erlangten Ergebnissen zu. 

Unter 20 Kranken erhielten wir Besserung des Allgemeinbefindens und 
verschiedener Symptome bei 8 Kranken; darunter: 


im I. Stadium der Tuberkulose bei 3 Kranken (Nr. 4, 7 und 9), 
im I. Stadium bei . . . . . . 4 Kranken (Nr. 3, 8, 19, 20), 
im III. Stadium bei . . . . "kranken (Nr. 1). 


Schauen wir diese Kranken näher an: 


I. Der Kranke Nr. 4 (O. 30 J. alt). I. Stadium mit Spitzenkondensation 
(Zweifel an der Diagnose wegen Abwesenheit von Bazillen im Sputum), erhielt im 
ganzen 260ccm Marmoreksches Serum in 2 Serien, darunter 40 ccm subkutan. 
Ungemeine Besserung des Allgemeinbefindens, Gewichtszunahme 8,8 kg (von 62,2 
auf 71 kg). Die Korpertemperatur sank von 37°—37,2° auf 36,2%—36,6%, die 
Pulszahl fiel von 100 auf 76—78, die Atemzahl von 25 auf 16 in der Minute. Der 
Husten hörte vollständig auf und die tägliche Auswurfmenge ging von 125 ccm auf 
Null zurück. Die physikalischen Veränderungen (Spitzenkondensation) blieben unver- 
ändert bestehen: Wiederaufnahme seiner gewöhnlichen Arbeitsbeschäftigung. 

Der Kranke Nr. 7 (D. 21 J. alt). I. Stadium mit Spitzenkondensation, erhielt 
120ccm Marmorekserum in 12 subkutanen Injektionen. ` Besserung des Allgemein- 
befindens, das Körpergewicht stieg um 2 kg, der Husten und der Auswurf sind ver- 
schwunden, die Körpertemperatur sank von 37 °—38° auf 36,6°, die physikalischen 
Symptome unverändert. Kehrt zu seiner Arbeit zurück. 

Der Kranke Nr. 9 (K., 21 J. alt). I. Stadium mit Kondensation der Lungen- 
spitzen, erhielt 7occm Serum subkutan. Besserung des Allgemeinbefindens, das 
Körpergewicht stieg von 53 auf 53,2 kg, die Körpertemperatur sank von 37°—37,2° 
auf 36,2°—36,6°, Husten und Auswurf sind verschwunden, Puls- und Atemzahl, 
sowie auch die physikalischen Symptome unverändert. Hat seine Arbeit wieder auf- 
genommen. 

2. Der Kranke Nr. 3 (S., 18 J. alt). II. Stadium. Spitzenkondensation und 
feuchte Rasselgeräusche. Erhielt 250ccm Serum in 2 Serien (20 Rektaleinflößungen 
zu IOccm und 5 subkutane Injektionen zu 5 ccm), Besserung des Allgemeinbefindens, 
Gewichtszunahme 3,1 kg. Temperatur sank von 38°—38,5° auf 36,6°, Pulszahl von 
110 auf 80—06. Es war das der einzige Kranke, bei dem wir auch Besserung der 
physikalischen Symptome konstatierten (Verschwinden der Rasselgeräusche). Nimmt 
seine Arbeit wieder auf. 

Der Kranke Nr. 8 (S., 27 J. alt). II. Stadium. Spitzenkondensation mit feuchten 
Rasselgeräuschen. Erhielt 110 ccm Serum subkutan und 120 ccm per rectum: 
zusammen 230ccm. Besserung des Allgemeinbefindens, das Körpergewicht stieg 
um 2,8kg, Körpertemperatur sank von 38° auf 37,1°—37,2°; Pulsfrequenz von 
100—116 auf 100—104. Der Husten hörte auf, die Auswurfsmenge fiel von 20 
bis 25 ccm fast auf Null, physikalische Symptome unverändert. Kehrt zur Arbeit 
zurück. 

Der Kranke Nr. 19 (B., 37 J. alt. II. Stadium. Spitzenkondensation mit 
feuchten Rasselgeräuschen. Erhielt 130ccm per rectum. Besserung des Allgemein- 
befindens. Gewichtszunahme um 1,6kg. Temperaturabfall von 37°—38° auf 
36,8°— 37°. Pulsfrequenz unverändert. Sputumquantität sank von 100—120 ccm 


- 7S S e 7 ZEITSCHR. f. 
174 | E EH SKI UND B. ES ED: TUBERKULOSE 








auf so—6occm pro die. Der Husten hörte nicht auf, so daß Narcotica fort- 
gebraucht werden mußten. Nimmt seine Arbeit wieder auf. 

Der Kranke Nr. 20 (L., 35 J. alt. II. Stadium. Spitzenkondensation mit 
feuchten Rasselgeräuschen. Erhielt 56 ccm subkutan. Besserung des Allgemein- 
befindens, Gewichtszunahme um 0,9 kg. Temperaturabfall von 37%—37,2% auf 
36,8°—37°. Puls blieb unverändert, die Atmung beschleunigt (von 24—28 pro 
Minute auf 30—40) Der Husten verminderte sich, Auswurfmenge unverändert. 
Rückkehr zur Arbeit. 

3. Kranker Nr. 1 (K., 38 J. alt. III. Stadium der Schwindsucht. An der 
linken Lungenspitze kaverne und klingende Geräusche. Erhielt 210ccm per rectum 
und 40ccm subkutan. Besserung des Allgemeinbefindens, Gewichtszunahme um 5 kg. 
Temperaturabfall von 37,6° auf 36,8°, Puls und Atmung unverändert. Der Husten 
hörte auf, die Auswurfmenge fiel von 75ccm auf 15 ccm pro die. Der Kranke ist 
zur Arbeit zurückgekehrt. | | 


Von den übrigen 12 Kranken erlangte man zeitweilige Besserung bei 
einem Kranken im III. Stadium (Nr. 2), keine Besserung bei 5 Kranken im 
II. Stadium der Tuberkulose (Nr. 12, 14, 15, 16 und 17), und bei einem Kranken 
im III. Stadium (Nr. 5). Gestorben sind 5 Kranke im III. Stadium (Nr. 6, 10, 11, 
13, 18). Außerdem starb nach 3 Monaten nach der Serumkur ein Kranker 
(Nr. 12), welcher sich während der Behandlung erst im II. Stadium der Schwind- 
sucht befand. Ä 

Also unter 20 Kranken: 

bei 3 Kranken im I. Stadium der Tuberkulose Besserung bei 
allen, bei 9 Kranken im IL Stadium in 4 Fällen Besserung, bei 4 Kranken 
blieb der Zustand unverändert, 1 Kranker starb; bei 8 Kranken im Ill. Stadium 
Besserung in ı Falle, zeitweilige Besserung bei ı Kranken, bei ı Kranken blieb 
der Zustand unverändert, Tod bei 5 Kranken. 

Also im ganzen von 20 Kranken: 

Besserung bei. . . . . . 9 Kranken (45 °/,); 
der Zustand unverändert bei 5 Kranken (25 °/,); 
gestorben sind . . . . . 6 Kranke (30 °/,). 

Hätten wir die Besserung bei 45 °/, unserer Kranken ausschließlich durch 
die Wirkung des Serums erlangt, so wäre dies jedenfalls ein recht schöner 
Erfolg. Wir meinen indessen, daß ein ausgesprochener Einfluß auf die Besserung 
unserer Kranken den Verhältnissen, unter welchen sich dieselben befanden, zu- 
zuschreiben ist, wofür als Beweis der Umstand dienen kann, daß von 9 Kranken, 
bei denen Besserung eintrat, 7 im Sommer in der Liegehalle behandelt wurden 
und nur 2 im Winter im Krankensaale. Deshalb erscheint es uns unmöglich, 
sowohl aus den eigenen Erfahrungen, als auch aus den Arbeiten anderer Autoren 
bestimmte Schlüsse über die Spezifizität des Marmorekschen Serums zu ziehen. 
Die Arbeiten über das Marmoreksche Serum sollten, sowie über alle tuberku- 
lösen Serumarten überhaupt, unserer Ansicht nach, auf den experimentellen Weg 
geleitet werden. Es müssen die Serumflüssigkeiten auf die Anwesenheit spe- 
zifischer Körper geprüft werden nach der Methode von Bordet-Gengon 
(Deviation von „Komplement“), von Wrigth (Opsonine), auf Agglutinine u. dergl. 
Zwar ist schon in dieser Richtung eine Arbeit von Pfeiffer und Trunk er- 
schienen: diese Forscher haben festgestellt, daß unter 6 untersuchten Fällen 








BD.XUI HEFT2. KLINISCHE UNTERSUCHUNGEN ÜBER SERUM MARMORER. 175 








die Agglutination in 4 Fällen 2'/,—10fach gestiegen ist, während sie in 2 Fällen 
unverändert blieb. Mittels der Methode von Bordet-Gengon konstatiert: n 
die Verfasser die Anwesenheit spezifischer Körper bei 4 Kranken, bei 2 Kranken 
waren diese Körper nicht vorhanden. Der an 2 Kranken vollzogene Versuch 
mittels Kochschem Tuberkulin zeigte, daß beide unter der Wirkung des Serums 
Marmoreks auf Tuberkulin zu reagieren aufgehört haben. Die Arbeit 
Pfeiffers und Trunks, obwohl recht gründlich, enthalt noch jedenfalls zu 
wenig Versuche und ist noch nicht soweit nachgeprüft worden, daß sie be- 
stimmte Schlüsse über die Spezifizitat des Marmorekschen Serums zu ziehen 
gestatten könnte. Endlich ist noch unumgänglich die Wirkung dieses Serums 
auf tuberkulöse Tiere zu untersuchen. Zwar behauptet Marmorek, daß sein 
Serum eine entschiedene preventive und kurative Wirkung auf tuberkelkranke 
Kaninchen ausübe, diese Behauptung erfordert aber dennoch Kontrollbestatigung. 
Metchnikoff und Borrel aus dem Institut Pasteur sprechen dem Mar- 
morekschen Serum jedwede spezifische Eigenschaft der Tuberkulose des 
Kaninchens gegenüber ab. 


Schlußfolgerungen: 

1. Das Marmoreksche Serum ist bei Rektaleinflößung un- 
schädlich. 

2. Die subkutane Anwendung des Marmorekschen Serums ist 
durch verschiedene Komplikationen erschwert, nämlich: Nessel- 
ausschlag, Gelenkschmerzen, Temperatursteigerung u. dergl. 

3. Unter der Einwirkung des Marmorekschen Serums tritt in 
vielen Fällen von Lungenschwipdsucht, namentlich im I. und 
IL Stadium (nach Sokotowskis Einteilung) Besserung des Allgemein- 
befindens und verschiedener Symptome der Tuberkulose ein, in- 
dessen kommt das häufiger bei im Sommer in der sogen. Liegehalle 
behandelten Kranken, als bei denjenigen die im Winter in den 
Krankensälen behandelt werden, vor. 

4. Aus unseren klinischen Versuchen ist es unmöglich, feste 
Schlüsse über die Spezifizitat des Marmorekschen Serums ab- 
zuleiten. | 


Literatur. 


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BD.XILHEFT 2. 
1908, 


REFERATE. 


177 | 








IL REFERATE ÜBER BUCHER UND AUFSÄTZE 


IL Allgemeine Pathologie. 


S. Kitamura, Path. Inst. des Augusta- 
Viktoria-Krankenhauses in Schöneberg- 
Berlin: DieStellung derBronchial- 
drüsen im lymphatischen System 
und ihre Beziehung zum Gang 
dertuberkulösen Infektion. (Ztschr. 
f. Hyg. u. Int, Bd. 58, Heft 2.) 


Durch subkutane Infektion von Meer- 
schweinchen mit einer schwachvirulenten 
Tuberkelbazillenkultur vermochte Verf. das 
schrittweise Vorschreiten der Infektion im 
Tierkörper zu studieren. Es zeigte sich, 
daß die Bronchialdrüsen keineswegs, wie 
Weleminsky behauptet, eine Art Lymph- 
herz darstellen, vielmehr erkrankten die- 
selben stets nach der Infektion von Lunge 
und Milz, erst dann also, wenn die Ba- 
zillen bereits durch den Ductus thoraci- 
cus bezw. die Trunci lymphatici in die 
Blutbahn eingeschwemmt worden waren. 
Das gleiche Resultat ergab sich bei Ein- 
spritzung von Tuscheaufschwemmungen 
unter die Haut bezw. in die Bauchhôühle 
junger Katzen. Verf. kann daher die 
Angaben Weleminskys nicht bestätigen, 
schließt sich vielmehr vollinhaltlich den 
Forschungen Beitzkes an. C. Servaes. 


H.Toyosumi, Path. Inst. in Bonn: Intima- 
tuberkel in den kleinen Lungen- 
arterien. Beitrag zur Kenntnis 
über die Entstehung der miliaren 
Tuberkel der Lunge. (Virch. Arch., 
Bd. 191, Heft 2.) 


Verf. untersuchte einen ganz frischen 
Fall von Miliartuberkulose der Lungen 
und fand die ersten — mikroskopischen — 
Anfänge der Tuberkel nicht in den Alve- 
olen, auch nicht in den Kapillaren, son- 
dern vorwiegend an der Innenseite der 
feinsten Arterien. Aus einer lockeren 
Vereinigung von proliferierten Endothelien 
und Leukocyten entwickelt sich allmählich 
ein Thrombus, der das Gefäß schließlich 
zur Obliteration bringt. Diese kleinen 
und kleinsten Herdchen nun geben — 
im Sinne der Lehren Ribberts — be- 


Zeitschr. f. Tuberkulose. XIII. 


ständig Tuberkelbazillen in die Blutbahn 
ab, so zu immer neuer Entstehung mili- 
arer Tuberkel beitragend. Von diesen 
Thromben nun schreitet die Entzündung 
in das periarterielle Bindegewebe und in 
die Alveolen fort. Hier beginnt der 
Prozeß durch AbstoBung von Epithelien 
und Absonderung von Fibrin in die 
Alveolarlumina. Im Kapillarsystem fand 
Verf. Knötchen nur selten. Da nun 
unmöglich sämtliche Bazillen, ja nicht 
einmal der größere Teil, an der Intima 
der kleinsten Arterien haften bleiben, so 
muß aus dem Freisein des Kapillarsystems 
geschlossen werden, daß die Mehrzahl 
der Bazillen die Kapillaren ungehindert 
passiert und so in den großen Kreislauf 
gelangt. C. Servaes. 


Beneke u. Kürbitz-Marburg: Ein Fall 
von Tuberkulose der Plazentar- 
stelle. (Beitr. z. Klinik d. Tub., Bd. 9, 
Heft 3.) 

Sektionsbefund einer im Wochenbett 
verstorbenen Frau, bei der sich eine 
hochgradige Tuberkulose der Plazentar- 
stelle fand. Bei dem zugehörigen Kinde, 
das im Alter von 3 Monaten an einer 
Darmverschlingung starb, fand sich im 
ganzen Organismus nirgends eine Spur 
von Tuberkulose, weder makroskopisch, 
noch mikroskopisch, noch im Tierversuch. 


Ott. 


Prof. Taav. Laitinen-Hyg. Inst. Helsing- 
fors: Über die Einwirkung der 
kleinsten Alkoholmengen auf die 
Widerstandsfähigkeit der tieri- 
schen Organismen mit besonderer 
Berücksichtigung der Nachkom- 
menschaft. (Ztschr. f. Hyg. u. In- 
fektkr. Bd. 58, Heft 1.) 


Versuchstiere — 
Meerschweinchen — erhielten längere 
Zeit hindurch geringe Alkoholmengen 
(0,1 ccm pro kg Tier) in sehr verdünntem 
Zustande in den Mund eingeträufelt. Die 
Untersuchungen ergaben nun, daß bei den 
Alkoholtieren die normale Widerstands- 
kraft der roten Blutkörperchen herab- 

12 


Kaninchen und 


„178 


gesetzt war, insofern sic durch Rinder- 
serum leichter gelöst wurden. Eine deut- 
liche Verminderung der bakterientötenden 
Kraft des Blutes war jedoch bei diesen 
Tieren nicht nachzuweisen. Hingegen 
war die Widerstandskraft der Alkoholtiere 
im Vergleiche zu derjenigen der Kon- 
trolltiere gegen natürliche (Kaninchen- 
seuche) und künstliche (Diphtherietoxin) 
Ansteckung deutlich herabgesetzt. Die 
Behandlung der Muttertiere mit Alkohol 
übte endlich auch auf die Nachkommen- 
schaft eine schwächende Wirkung aus, 
insofern die von Alkoholtieren geworfenen 
Jungen eine größere Sterblichkeit und 
zudem eine geringere Wachstums- und 
Körpergewichtszunahme aufwiesen, als 
diejenigen der Kontrolltiere. 
C. Servaes. 


Lubenau-Sanatorium Beelitz: Der Ei- 
gelbnährboden als Ersatz des 
Serums zur Kultur von Diph- 


therie- und Tuberkelbazillen. 
(Hyg. Rundsch. 1907, Nr. 24.) 

Als Ersatz der teueren und oft 
schwer zu beschaflenden Serumnährböden 
empfiehlt L. Eigelbnährböden, die aus 
Fleischwasserbrühe und Eigelb zu gleichen 
Teilen bestehen mit Zusatz von 3°), 
Glyzerin zur Tuberkelbazillenzüchtung 
bezw. 1 °/, Traubenzucker für Diphtherie- 
bazillenkulturen. C. Servaes. 


Beneke-Marburg: Ein Fall von Luft- 
embolie im großen Kreislauf nach 
Lungenembolie. (Beitr. z. Klinik. d. 
Tub. Bd. 9, Heft 3.) 

Sektionsbefund eines Falles, der 
während einer Lungenoperation plötzlich 
verstorben war. Durch Eröffnung einer 
sroßen Lungenvene wurde Luft aspiriert, 
die in das linke Herz und von da in die 
Hirnarterien eingedrungen war. Ott. 


Ill. Diagnose und Prognose. 


Louis Renon: L’ophthalmo-reaction et 
la tuberculinothérapie. Soc. d’etud. 
scientif. sur la tub., III. 08. (Bull. Med. 


22.34.) 


REFERATE. 





ZEITSCHR. f. 
TUBERKULOSE 


Verf. widmet die vorliegende Mit- 
teilung der bekannten Erscheinung des 
Wiederaufflammens einer Ophthalmo- 
reaktion unter dem Einflusse lokaler Tuber- 
kulinreaktion und bringt dazu einige eigene 
Fälle bei. ,,In vielen Fällen scheint die 
Ophthalmoreaktion nicht die weitere Tuber- 
kulinbehandlung zu kontraindizieren.“ Der 
SchluBsatz ist sehr vorsichtig gefaßt — 
in der Tat führt Verf. selbst einen Fall 
an, in dem er wegen der Heftigkeit, mit 
der die Ophthalmoreaktion nach Tuber- 
kulininjektion wieder aufflammte, die spezi- 
fische Behandlung nicht fortzusetzen wagte. 
Die Frage harrt noch weiterer Klärung. 

H. Grau (Diisseldorf). 


Lafite-Dupont et Molinier: La rhino- 
reaction. (Journ. de med. de Bordeaux, 
16. II. 08 ref. Bull. Med. 22. 23.) 


Ein neuer Sprößling der Opthalmo- 
reaktion. Das Tuberkulin wurde an be- 
stimmten Stellen der Nasenschleimhaut 
entweder aufgestrichen oder 10 Minuten 
lang durch Tampon fixiert. Die Reaktion 
besteht in dem Auftreten einer kleinen 
Kruste auf der entziindeten Schleimhaut. 

Die Verf. glauben der ,,Rhinoreak- 
tion“ ganz besondere Vorzüge vor ihren 
Schwestern zuschreiben zu sollen. 

H. Grau (Düsseldorf). 


Bing: Über den Wert der v. Pirquet- 
schen und der Wolff-Calmette- 
schen Reaktion im Kindesalter. 
(Berl. klin. Wchschr., 16. März 1908, 
Nr. 11.) Ä 


Der negative Ausfall beider Methoden 
läßt mit hoher Wahrscheinlichkeit Tuber- 
kulose ausschließen. Die bei beiden 
Methoden sich ergebenden Differenzen 
erklären sich daraus, daß die v. Pirquet- 
sche Reaktion auch latente Tuberkulose 
anzeigt, während der negative Ausfall der 
Ophthalmoreaktion eine solche nicht aus- 
schließt. Die Konjunktivalreaktion ist bei 
skrofulösen Kindern kontraindiziert. 

Naumann (Meran-Reinerz). 


Hamburger: Überden WertderStich- 
reaktion nach Tuberkulininjek- 
tion. (Wien. klin. Wchschr., 19. März 
1909, Nr. 12.) | 

Die Injektion von I mg und weniger 


BD.XII, HEFT 2. 





Alttuberkulin löst bei Tuberkulösen eine 


spezifische, diagnostisch verwertbare Reak- | 


tion aus. Sie ist dann positiv, wenn sie 
4—5 Tage deutlich erkennbar ist. Diese 


Stichreaktion ist empfindlicher als alle 


anderen bisher bekannten Methoden. 
Naumann (Meran-Reinerz). 


Klieneberger: Die Ophthalmoreak- 
tion auf Tuberkulose, eine zur- 
zeit klinisch und praktisch nicht 
brauchbare Methode (nebst Be- 
merkungen über die v. Pirquetsche 
Kutanreaktion) (Deutsche med. 
Wehschr., 30. April 1908, Nr. 18.) 


Die Beobachtungen des Verf.'s zeigen, 
daß ein negativer Ausfall der Ophthal- 
moreaktion bei vielen Tuberkulösen, auch 
des I. und II. Stadiums, ebenso vor- 
kommt, wie positive Reaktionen bei klinisch 
Unverdächtigen beobachtet werden. Die 
prognostischen Schlüsse, die Wolff-Eis- 
ner und Stadelmann aus der Art des 
Ablaufs der Reaktion ziehen wollen, kann 
er in dieser Allgemeinheit nicht bestätigen. 

Naumann (Meran-Reinerz). 


v. Pirquet: Zur Diskussion über die 
kutane und konjunktivale Tuber- 
kulinreaktion. (Berl. klin. Wchschr., 
2. März 1908, Nr. 9.) 

Wolff-Eisner: Entgegnung. (Ebenda.) 


Prioritätsauseinandersetzungen. 
Naumann (Meran-Reinerz). 


Necker und Paschkis: Die diagnosti- 
sche Verwertbarkeit der Kon- 
junktivalreaktion in der Urologie. 
(Wien. klin. Wchschr., 5. März 1908, 
Nr. 10.) 

Ein sicheres diagnostisches Mittel 
ist die Methode nicht. Sie vermag jedoch 
in solchen Fällen, wo der Bazillennachweis 
im Sedimente oder im Tierversuche miB- 
lingt, der Diagnose eine große Stütze zu 
verleihen. Ihre Einfachheit gibt die 
Möglichkeit, aus der großen Zahl ver- 
dächtiger Fälle rasch diejenigen auszu- 
wählen, bei denen der Bazillennachweis 
mit allen Methoden angestrebt werden muB. 

Naumann (Meran-Reinerz). 


Fertl: Der Wert und die Bedeutung 
der Opnthalmoreaktion mit be- 








m nn EE 


REFERATE, 179 








sonderer Rücksichtnahme auf die 
militärischen Verhältnisse. (Wien. 
klin. Wchschr., 12. März 1908, Nr. 11.) 
Die Ophthalmoreaktion hat einen 
eminent diagnostischen Wert. Die event. 
auftretenden Nebenerscheinungen sind 
nicht derartig, daß sie das Verfahren dis- 
kreditieren könnten. Die Schnelligkeit, mit 
der die Diagnose zu stellen, hat sowohl 
für den Patienten hohe Bedeutung, wie 
sie auch verwaltungstechnisch wichtig ist, 
da sie zur Entlastung der Anstalten bei- 
trägt. Naumann (Meran-Reinerz). 


Rosenbach: Beitrag zur Konjunkti- 
valreaktion. (Berl. klin. Wehschr., 
4. Mai 1908.) 

Die Ophthalmoreaktion wird bei 
Kindern als ein gutes diagnostisches Hilfs- 
mittel betrachtet. 

Naumann (Meran-Reinerz). 


Stadelmann: Über kutane und kon- 
junktivale Tuberkulinanwendung. 
(Dtsch. med. Wehschr., 6. u. 13. Februar 
1908, Nr. 6 u. 7.) 

Betonung des Wertes derv. Pirquet- 
schen wie der Wolff-Eisnerschen 
Reaktion. Der positive Ausfall der 
Ophthalmoreaktion scheint aktive Prozesse, 
der positive Ausfall der Kutanreaktion 
auch inaktive Herde anzuzeigen. Beide 
Methoden, die in praxi am besten neben- 
einander auszuführen wären, haben pro- 
gnostischen Wert, da sie bei schweren 
Prozessen fast stets nur spurweise auf- 
treten. Die beiden Reaktionen vermögen 
die probatorischen Subkutaninjektionen 
von Tuberkulin zu ersetzen. Für die 
Diagnosenstellung nicht zu verwenden ist 
die in ihrer Bedeutung noch nicht ge- 
klärte Spätreaktion bei kutaner Impfung. 

Naumann (Meran-Reinerz). 


Gaupp: Über die Ophthalmoreaktion 
auf Tuberkulose (Dtsch. med. 
Wehschr., 13. Februar 1908, Nr. 7.) 


Die Reaktion fällt bei rezenten Fällen 
mit großer Konstanz positiv aus, während 
sie bei vorgeschrittenen Fällen sehr oft 
versagt. Sie ist nicht ganz ungefährlich; 
besondere Vorsicht ist bei Kindern, die 
zu Skrofulose neigen, geboten. 

Naumann (Meran-Reinerz). 
12* 


‘at 


cas "9 Pa A _ 








180 
Wolff: Kutane, konjunktivale und 
subkutane Tuberkulininjektion. 


(Berl. klin. Wchschr., 10. Februar 1908, 
Nr. 6.) 


Mehrfache Tierversuche an sicher 
tuberkulösen Tieren zeigten, daß die 
v. Pirquetsche wie die Wolff-Eisner- 
sche Methode hinter den Leistungen der 
subkutanen Injektion zurückbleibt. Auch 
die Erfahrungen am Menschen lassen den 
Autor der bisher geübten subkutanen 
Methode den Vorzug geben. 

Naumann (Meran-Reinerz). 


Heine und John: Allergie und Tuber- 
kulin-Filtratproben nach v. Pir- 
quet-Detre. 145 Fälle. (Wien. klin. 
Wchschr., 20. Februar 1908, Nr. 8.) 

Von 145 Fällen reagierten QI positiv, 

54 negativ. Diese an Kindern gewonnenen 

Zahlen beweisen, dal die Reaktion im 

Kindesalter nicht so häufig ist, wie beim 

Erwachsenen. Unter 77 klinisch Tuber- 

kulösen ergab sich 75 mal positive Reaktion; 

die 2 Fälle, bei denen die Reaktion aus- 
blieb, waren schwer kachektisch. Von 

68 nichttuberkulösen Rindern reagierten 

52 negativ, 16 positiv. Unter 12 Säug- 

lingen im Alter zwischen 14 Tagen und 

4 Monaten ıeagierte kein einziger positiv. 

In 35 Fällen von Knochentuber- 
kulose ergab sich 25 mal bovine Reaktion. 
jet 18 Lungentuberkulösen fand sich nicht 
ein einziges Mal boviner Typus. Doch 
wollen die Verff. hieraus nicht den Schluß 
ziehen, daß bei Phthisis pulmonum boviner 

Typus überhaupt nicht vorkomme. 

Naumann (Meran-Reinerz). 


Plehn: Die Ophthalmoreaktion auf 
Tuberkulin als diagnostisches 
Hilfsmittel. (Dtsch. med. Wehschr., 
20. Februar 1908, Nr. 8.) 

Die Arbeit legt Wert auf die Kontrolle 
klinisch nicht Tuberkuloseverdichtiger. 
Der Verf. kommt zu dem Resultat, dab 
die Ophthalmoreaktion auf Tuberkulin 
höchst wahrscheinlich nicht spezifisch im 


strengen Sinne ist und daß sie weniger 


zuverlässig ist, als die subkutane Injektion. 
Der Gebrauch stärker konzentrierter Lö- 
sungen könne sogar zu unangenehmen 


Folgeerscheinungen führen, so daß die | 


REFERATE. 





. plikationen. 





ZEITSCHR. £. 
TUBERKULOSE 


Anwendung der Methode für die allge- 
meine Praxis nicht zu empfehlen sei. 
Naumann (Meran-Reinerz). 


J. Citron: Die wissenschaftliche und 
praktische Bedeutung der Oph- 
thalmodiagnostik der Tuberku- 
lose. (Dtsch. med. Wchschr., 20. Februar 
1908, Nr. 8.) 

Die Ophthalmoreaktion läßt bei posi- 
tivem Ausfall unter Verwendung von 
ı 9/ mem Kochschen Alttuberkulin nahezu 
sicher den Schluß auf Tuberkulose zu, 
bei Verwendung 2 °/,iger Lösung bietet 
sie noch mindestens 80 %/, Wahrschein- 
lichkeit, während ihr negativer Ausfall 
beim Gebrauch einer 4 °/,igen Lösung 
entschieden gegen Tuberkulose spricht. 
Bei Patienten, die augenkrank sind oder 
waren, muß auf dieses diagnostische Hilfs- 
mittel verzichtet werden. Wiederholte 
Einträufelungen in dasselbe Auge müssen 
vermieden werden. Er rät zur Vorsicht 
bei Skrofulösen, die oft überempfindlich 
sind und empfiehlt nur frisch hergestellte 
Alttuberkulinlösung in Anwendung zu 
bringen. Naumann (Meran-Reinerz.. 


Dr. B. T. Miklaschewski: Einige Wortc 
über die Möglichkeit schwerer 
Komplikationen von seiten des 
Auges bei der Calmetteschen 
Ophthalmoreaktion. Aus dem Land- 
schaftskrankenhause zu Roslawl, Gouv. 
Smolensk, Rußland. (Russki Wratsch 
1908, No. 14.) 

In der letzten Zeit erschienen in der 
medizinischen Journalistik immer häufiger 
und häufiger sowohl kurze Berichte, wie 
auch ziemlich eingehende Aufsätze über 
die Bedeutung der Calmetteschen 
Ophthalmoreaktion bei der Feststellung 
der latenten Tuberkuloseform in ihren 
verschiedenen Manifestationen. Trotzdem 


| stets úber zahlreiche Fille berichtet wird, 


begegnet man nirgends Hinweisen auf 
schwere, für das Auge gefährliche Kom- 
Im Gegenteil, überall wird 
die Unschädlichkeit dieser Reaktion für 
das Auge mit Nachdruck hervorgehoben. 
Nur nebenbei wird bisweilen von stärkeren 
Auftreten der Calmetteschen Reaktion 
gesprochen, ohne daß des Näheren ange- 
geben wird, worin dieselbe besteht und 


BD.XUILHEFT 2. 
1908, 


wie lange sie andauert. Verf. hat nun 
bei einem geringen Material von 8 Personen, 
bei denen er die Calmettesche Oph- 
thalmoreaktion angewendet hatte, zweimal 
cine auBerordentlich starke Calmettesche 
Reaktion beobachtet. In sämtlichen Fällen 
hat er vollkommen frisch zubereitetes und 
vollständiges steriles Tuberkulintest in 
Lösungen von 0,5°/, angewendet und die 
Reaktion selbstnach dem von den Autoren 
angegebenen Verfahren ausgeführt. In 
sämtlichen Fällen haben die untersuchten 
Personen keine Klagen über das Seh- 
vermögen geäußert. Die Augen waren 
bei der üblichen Besichtigung gesund. 
Auch fehlten irgendwelche Hinweise auf 
eine etwa früher überstandene Erkrankung. 
Trotzdem stellte sich in 2 Fällen eine 
schwere Komplikation von ` seiten der 
Augen ein. In dem einen Falle, in dem 
Verdacht auf Darmtuberkulose bestand, 
entwickelte sich schwere Keratitis, welche 
länger als 10 Tage andauerte und dem 
Patienten große Unruhe verursachte. In 
dem zweiten Falle entwickelte sich hoch- 
gradige Iritis mit allen klinischen Erschei- 
nungen dieser Krankheit, die 14 Tage 
anhielten. In beiden Fällen tratdie Reaktion 
ungefähr ı2 Stunden nach der Probe ein. 
Von den übrigen 6 Fällen zeigten 5 die 
typische Ophthalmoreaktion, in dem 
sechsten Falle blieb dieselbe vollständig 
aus. Die erwähnten 2 Fälle, welche so 
schwere Komplikationen von seiten der 
Augen gegeben haben, veranlaßten den 
Verf., von weiteren Experimenten in dieser 
Richtung Abstand zu nehmen. Da er 
in der ihm zugängigen Literatur ähnliche 
Angaben nicht fand, glaubte er, die er- 
wähnten schweren Komplikationen auf 
irgend eine unaufgeklärt gebliebene zu- 
fällige Erscheinung zurückführen zu müssen 
und hielt es für nicht ratsam, die beiden 
‘älle zu veröffentlichen. In der letzten 
Zeit brachte Verf. jedoch in Erfahrung, 
daß gleiche schwere Erscheinungen und 
sogar noch schwerere auch von anderen 
Kollegen selbst in so großen wissen- 
schaftlichen Zentren, wie Moskau, be- 
obachtet, leider aber noch nicht ver- 
üflentlicht wurden. Unter diesen Um- 
ständen glaubt Verf., daß bei der Anwen- 
dung der Calmetteschen Ophthalmo- 


reaktion immerhin Vorsicht geboten sei, | 


REFERATE. 


| 


181 


und daB dieselbe wenigstens nicht, wie 
es in Rußland vielfach geschieht, in 
Ambulatorien angewendet werden dürfe. 

M. Lubowski (Wilmersdorf-Berlin). 


Reinecke-Leipzig: Ein Beitrag zur 
kutanen und konjunktivalen Tu- 
berkulinreaktion beim Rinde. (Berl. 
tierärztl. Wchschr. 1908, Nr. 18 u. 19.) 


Verf. nahm bei 25 Rindern die Haut- 
probe allein, bei 4 die Augenprobe kom- 
biniert mit der Hautprobe, bei 1 die 
Augenprobe allein vor. Das Ergebnis 
seiner Versuche war folgendes: Von 25 
der Hautprobe allein unterworfenen Tieren 
hatte eines leichte Reaktionserscheinungen 
seitens der Haut gezeigt. Dieses Tier 
war längere Zeit zuvor mit tuberkulösem 
Material, das vom Menschen stammte, 
infiziert worden, erwies sich aber bei der 
Schlachtung als frei von Tuberkulose, Mit 
Tuberkulose behaftet waren von den 
übrigen keine Reaktion zeigenden 24 Tieren 
8 befunden worden, und zwar 2 auf 
Grund des Ergebnisses der Schlachtung, 
die 6 anderen auf Grund der Nachprüfung 
mit subkutaner Tuberkulininjektion. Von 
5 Rindern, bei denen die Augenprobe 
vorgenommen war, hatten 3 leichte Ent- 
zündung der konjunktivalen Schleimhaut 
auf dem mit Tuberkulin behandelten Auge 
gezeigt. Hiervon wurdenbeiderSchlachtung 
2 Tiere tuberkulös befunden. 2 andere 
Rinder, welche ebenfalls bei der Schlach- 
tung als tuberkulös erkannt wurden, hatten 
keine Reaktion gezeigt. Interessant ist, 
daß bei dem einzigen gesunden Tiere 
ebenfalls die entzündlichen Erscheinungen 
im Auge aufgetreten waren. Die in 
4 Fällen daneben noch vorgenommene 
Hautimpfung lieferte bei allen Tieren ein 
vollständig negatives Resultat. Die in den 
Versuchen erzielten Ergebnisse lassen es 
somit zweifelhaft erscheinen, daß die kutane 
und konjunktivale Tuberkulinprobe für die 
Diagnose der Tiertuberkulosc eine ähnliche 
Bedeutung erlangen werden, wie die sub- 
kutane. Auf die prognostische Be- 
deutung der neuen Reaktionen geht Verf. 
leider nicht ein. Scherer (Bromberg). 


Prof. 0. Zuckerkandl-Wien: Die Spal- 
tung des Ureters und ihre Be- 
deutung fúrdie Klinik der Nieren- 


182 
— o —— 
tuberkulose. 
1908, Nr. 3.) 
In der Klinik der Nierentuberkulose 
entstehen dadurch nichtselten diagnostische 
Schwierigkeiten, dab Ureter und Nieren- 
becken geteilt sein können und dann 
jeder Teil seinen eigenen abgeschlossenen 
Nierenstromkreis hat. Dadurch zerfällt 
auch die Niere selbst funktionell in zwei 
durchaus getrennte Abteilungen, eine obere 
und eine untere, die meist durch einen 
engen Gang miteinander in Verbindung 
treten. Erkrankt nun ein Abschnitt an 
Tuberkulose — meist ist es der obere —, 
so wird die enge Kommunikation dem: 
Fortschreiten der Krankheit auf den 
anderen unteren Abschnitt ein 
erhebliches Hindernis bieten; es zerfällt 
dann die Niere tatsächlich in eine kranke 
und eine gesunde Hälfte. Die Kommuni- 
kation kann aber leicht durch krümeligen 
Fiter, Blutgerinnsel u. a. verlegt werden; 
wenn man dann durch Ureterenkathe- 
terismus den Urin dieser Niere isoliert 
auffángt, so erhält man ein klares, durch- 
aus normales Sekret. Zu anderen Zeiten 
wiederum ist der Urin dieser selben Niere 
trüb, eitrig, dann nämlich, wenn sich die 
Kommunikation wieder hergestellt hat. 
Dieses gegensätzliche Verhalten der Urin- 
absonderung bei einer Niere ist natur- 
gemäß diagnostisch von größter Wichtig- 
keit, da nur seine Beachtung vor schwer- 
wiegenden Fehlschlüssen bewahren kann. 

C. Servaes. 


P. Schultz-Zehden-Berlin: Die Stellung 
des Augenarztes zur Ophthalmo- 
reaktion. (Therap. Monatsh. 1908, 
Nr. 4.) 

Verf. hat in 150 Fällen sciner augen- 
ärztlichen Praxis die Konjunktivalprüfung 
mit 1- und 2°/,-Lösungen von -Alttuber- 
kulin angestellt. Trotzdem die Kranken 
an frischen und abgelaufenen Prozessen 
des äußeren und inneren Auges litten, 
stellten sich nur in 2 Fällen stürmische 
Erscheinungen ein, die eine z. T. längere 
Nachbehandlung erforderten, Als Gegen- 
anzeige der Konjunktivalreaktion sieht 
Verf. bei Augenkranken nur frische Ver- 
letzungen, frisches Hornhautgeschwürbezw. 
geplatzte Phlyktinen an; auch frische 
Iritiden wurden nicht instilliert. Die früher 


(Wien. med. Wchschr. 


REFERATE. 





ZEITSCHR. f. 
TUBERKULOSE 


von anderer Seite berichteten schweren 
Schädigungen Augenleidender durch die 
Konjunktivalprüfung führt Verf. auf An- 
wendung zu toxischer Präparate zurück. 
C. Servaes. 


Prof Siegrist, Univ.-Augenklin. in Bern: 
Zur Frage nach dem Wert und 
den Gefahren der Ophthalmo- 
reaktion. (Therap. Monatsh. 1908, 
Nr. 4.) 

Für den Augenarzt hat die Ophthal- 
moreaktion nur wenig Wert. Denn einer- 
seits weist der positive Ausfall der Reak- 
tion nur daraufhin, daß irgendwo im 
Körper ein tuberkulöser Herd vorhanden 
ist, ohne über das Augenleiden selbst 
Klarheit zu verschaflen; und dann können 
durch ihn schon vorhandene Augen- 
erkrankungen heftige Verschlimmerung 
erfahren. Aber auch für ein gesundes 
Auge ist die Konjunktivalprüfung nichts 
Gleichgültiges; denn auch bei Augen- 
gesunden, die Verf. der Reaktion unter- 
zog, traten mehrfach heftige pllyktinu- 
lire Ophthalmien ein, und in 4 Fällen 
schossen nach etwa 8—10 Tagen zahl- 
reiche miliare Knötchen auf, die sich 
histologisch als echte Tuberkel erwiesen, 
die allerdings, wie die Tierversuche er- 
gaben, keine Tuberkelbazillen enthielten, 
sondern offenbar auf toxischer Basis ent- 
standen waren. Durch Einspritzung des- 
selben Tuberkulintestes in die vordere 
Augenkammer mehrerer Kaninchen gelang 
es, in I Falle die gleichen Knötchen 
hervorzurufen, die allerdings nach kurzem 
Bestehen wieder völlig schwanden, wäh- 
rend dieselben bei den Menschen über 
Wochen und selbst Monate persistierten. 

C. Servaes. 


Roepke - Melsungen: Die Ergebnisse 
gleichzeitig angestellter kutaner, 
konjunktivaler und subkutaner 
Tuberkulinreaktionen bei vorge- 
schrittenen, initialen und suspek- 
ten Formen der Lungentuber- 
kulose. (Beitr. z. Klinik d. Tub. Bd. o, 
Heft 3.) 

Die subkutane Tuberkulinreaktion ist 
auch heute noch das souveráne Diagnosti- 
kum für die Erkennung der initialen 
Lungentuberkulose. Will man ihr An- 


BD.XIM, HEFT 2. 
1008, 


wendungsgebiet einschränken, und die 
kutane und konjunktivale Tuberkulinprü- 
fung vorschalten, so sind die beiden Me- 
thoden gleichzeitig nebeneinander anzu- 
stellen. Der gleichzeitige negative Aus- 
fall der einmaligen Kutanimpfung mit 
unverdünntem Tuberkulin und der vier- 
maligen Konjunktivalimpfung am gleichen 
Auge mit steigenden Dosen (1—4°;,) be- 
weist das Fehlen eines tuberkulösen Her- 
des im Körper des Impflings, während 
gleichzeitig vorhandene Kutan- und Kon- 
junktivalreaktion auf Tuberkulose schließen 
lassen, ohne über ihren Sitz und Cha- 
rakter zu orientieren. Weichen die Er- 
gebnisse der Kutan- und Konjunktival- 
impfung voneinander ab, so entscheidet 
die subkutane Methode endgültig, ob eine 
Tuberkulose vorliegt oder nicht. Ott. 


Brecke - Davos: Zur Diagnose von 
Schwellungenderendothorakalen 
Lymphdrüsen. (Beitr. z. Klinik d. 
Tub. Bd. o Heft 3.) 

Druckgefühl auf dem oberen Teil 
des Sternums, systolische Rauhigkeit auf 
oder links neben demselben in der Höhe 
deszweiten Interkostalraumes, Pulsverände- 
rungen, Stimmbandlähmung, Spinalgie, 
Magenschmerz nach Tuberkulineinsprit- 
zung bilden einen Symptomkomplex, der 
mit Wahrscheinlichkeit auf das Vorhanden- 
sein vergrößerter Bronchial- oder Me- 
diastinaldrüsen schließen läßt. Das Ergeb- 
nis der Röntgenuntersuchung kann die 
Diagnose sichern. Krampfhusten und 
asthmatische Erscheinung können noch 
hinzukommen. Ott. 


K. Wólfel: Die konjunktivale Tuber- 
kulinreaktion beim Rinde. Aus 
dem Veterinärinstitute der Univ. Bres- 
lau. (Berl. tierärztl. Wchschr. 1908. 


Nr. 21.) 


Verf. stellte bei 57 Rindern Ver- 
suche mit 1— 5 prozentegen Lösungen von 
Alttuberkulin an und erhielt nur in den 
seltensten Fällen eine deutliche Reaktion. 
Mit 7prozentigen Lösungen waren die 
Ergebnisse bedeutend besser, mit IOpro- 
zentigen wurden gute Reaktionen erzielt. 
Bei Einträufelung unverdünnten Tuber- 
kulins reagierten von 10 Kühen eine 
kranke und drei verdächtige deutlich, zwei 


REFERATE. 


| lich, die anderen beiden nicht. 


183 


verdächtige reagierten zweifelhaft, eine 
verdächtige nicht. Von drei klinisch un- 
verdáchtigen Tieren reagierte eines deut- 
Ferner 
wurden 13 kranke Kühe und 3 unver- 
dichtige Ochsen subkutan mit Tuberkulin 
geimpft und gleichzeitig die Ophthalmo- 
reaktion vorgenommen. Bei sämtlichen 
Tieren fiel die subkutane Reaktion deut- 
lich positiv aus. Bei 11 Rindern war 
auch die Opthalmoreaktion deutlich bezw. 
sehr deutlich, bei den drei klinisch un- 
verdächtigen Ochsen zweifelhaft, bei zwei 
klinisch kranken Kühen negativ. Die Kon- 
junktivalreaktionen begannen frühestens 
nach 3, meist aber erst nach 6—9 Stun- 
den und wurden 11—13 Stunden nach 
der Einträufelung am deutlichsten. Eine 
Temperaturerhöhung oder sonstige Störung 
des Allgemeinbefindens konnte nicht fest- 
gestellt werden. Die Versuche ergaben, 
zusammengefaßt, folgendes: 

Nicht alle Tiere, welche auf die sub- 
kutane Tuberkulinanwendung reagieren, 
geben eine positive Konjunktivalreaktion. 

Die subkutane Tuberkulininjektion 
übt auf eine folgende Konjunktivalreaktion 
keinen erheblichen Einfluß aus. 

Die beste Zeit für die Beobachtung 
ist die Zeit 12—18 Stunden nach dem 
Einträufeln. 

Eine Temperaturerhöhung tritt in- 
folge der Konjunktivalreaktion nicht ein. 

Die Konjunktivalreaktion verspricht 
vorerst nicht, eine größere praktische Be- 
deutung zu erlangen, weil man niemals 
weiß, wieviel von dem eingeträufelten 
Tuberkulin lange genug im Auge bleibt, 
weil die Diagnose zu sehr von der sub- 
jektiven Auffassung des Beobachters ab- 
hängt und weil schließlich von skrupel- 
losen Interessenten auch noch auf andere, 
betrügerische Weise bei strittigen Tieren 
eine eitrige Konjunktivitis erzeugt werden 
kann. 

Der große Vorzug der Reaktion aber 
bleibt, daB die Wirkung einer betrüge- 
rischerweise vorgenommenen Impfung mit 
Tuberkulin in vielen Fällen ausgeschaltet 
werden kann, und daß durch die Kon- 
junktivalreaktion eine Störung des Allge- 
meinbefindens, insbesondere eine Tem- 
peratursteigerung nicht hervorgerufen wird. 
Es erscheint deshalb der Mühe wert, 


184 


Mittel und Wege aufzusuchen, um die 
vorhin angeführten Mängel des Verfahrens 
zu überwinden. (Bedauerlicherwcise wurde 
kein einziger der Versuche durch die 
Sektion kontrolliert. Ref.) 

Scherer (Bromberg). 


Moritz Frhr. von Marenholz: Über die 
konjunktivale Tuberkulinreak- 
tion. Ein Beitrag aus dem Garnison- 
lazarett II, Berlin. (Inaug. - Dissert., 
Leipzig 1908. 34 p.) 

Zum Zustandekommen der Über- 
empfindlichkeit ist das Zusammentretien 
von Antigen und Antikörper im Gewebe 
erforderlich und es läßt sich die Kon- 
junktivalreaktion durch eine lokale Anti- 
körperbildung, bei der die Leukocyten 
eine hervorragende Rolle spielen, erklären. 
Die Hauptergebnisse vorliegender Arbeit 
sind folgende: 1. Der positive Ausfall der 
Reaktion bei Anwendung einer Iprozen- 
tigen Tuberkulinlösung spricht mit ziem- 
licher Sicherheit für Tuberkulose. 2. Ne- 
gativer Ausfall spricht nicht absolut gegen 
Tuberkulose, besonders nicht bei kachek- 
tischen Fällen und bei Leuten, die unter 
Tuberkulinbehandlung stehen. 3. Eine 
ängere Zeit nach der Einträufelung ge- 
machte subkutane Tuberkulininjektion ist 
imstande, die lokale Reaktion zum Wieder- 
aufflackern zu bringen. 4. Die einmalige 
Einträufelung erzeugt bei Nichttuber- 
kulösen eine Überempfindlichkeit des ein- 
geträufelten Auges; es darf niemals das- 
selbe Auge zum zweitenmal benutzt wer- 
den. 5. Die Konjunktivalreaktion kann 
an die Stelle der probatorischen Impfung 
nach Koch treten, da sie einfacher, harm- 
loser und auch bei Ficbernden anzuwen- 
den ist. Fritz Loeb (München). 


Prophvlaxe. 
Jessen-Davos: Zur Bckimpfung der 
Tuberkulose. (Münch. med. Wchschr. 
1908, Nr. 5.) 

Vorschläge für durchgreifende Maß- 
nahmen gegen Tuberkulose seitens der 
Behorden: Absolute Anzeigepflicht, Merk- 
blätter, Desinfektion. 

F. Köhler (Holsterhausen). 


C. Sternberg - Bakt. Inst. Brünn: Des- | 


infektionsversuche mit Autan. 


(Hyg. Rundsch. 1907, Nr. 17.) 


REFERATE. 


ZEITSCHR. f. 
TUBERKULOSE 





Die Annehmlichkeit der Autan-Des- 


| infektion besteht darin, daß man eines 


Apparates und infolgedessen auch einer 
geübten Hilfskraft nicht bedarf. Um einen 
Raum von 30—40 cbm Inhalt zu des- 
infizieren, braucht man nur in einem recht 
groBen Gefüße — etwa 501 fassend — 
1250g Autan mit der in der Gebrauchs- 
anweisung angegebenen Menge Wassers 
zu übergießen. Eine Abdichtung von 
Türen und Fenstern ist nicht einmal 
erforderlich. Wie die Desinfektionsver- 
suche ergaben und wie auch nicht anders 
zu erwarten war, leistet auch das Autan, 
wie alle Formaldehydmethoden, nur eine 
Obertlächendesinfektion; doch es wurde 
z. B. tuberkulöser Auswurf in offenen 
Petrischalen sicher sterilisiert. 
C. Servaes. 


Aufrecht: Die Fúrsorge fúr Tuber- 
kulöse (Fúrsorgestellen-). (Berl. 
klin. Wchschr., 27. April 1908, Nr. 17.) 

Vorschläge zur Vervollständigung der 

im Kampfe gegen die Tuberkulose als 

Volkskrankheit schon getroffenen Maß- 

nahmen. Die Vorschläge betreflen die- 

jenigen Maßnahmen, welche der Über- 
führung in die Heilstätte vorauszugehen 
haben, beziehen sich auf das Vorgehen 
der Heilstätte selbst und namentlich auf 
die Fürsorge für die aus der Anstalt 

Entlassenen. 

Naumann (Meran - Reinerz). 


Dr. F. Bjalokur-Jalta: Zur Frage der 
prophylaktischen Behandlungder 
Lungentuberkulose. (Praktitscheski 
Wratsch 1908, No. 14.) 

Vor 10 Jahren hat Verf. theoretische 
Betrachtungen über die Möglichkeit anti- 
tuberkulöserSchutzimpfungen veröffentlicht 
und die Theorie aufgestellt, daß Kinder 
tuberkulöser Eltern eine gesteigerte Immu- 
nität gegen Tuberkulose besitzen. Die 
damaligen Betrachtungen über die prophy- 
laktische Behandlung der Lungentuber- 
kulose gipfelten in folgenden Thesen: 
Kinder schwindsüchtiger Eltern werden 
stets ohne jegliche Symptome von Tuber- 
kulose geboren und können in diesem 
Zustande 10, 20 und mehr Jahre leben. 
Der Organismus des von schwindsüchtigen 
Eltern abstanımenden Individuums scheint 


BD.XIIL,HEFT 2. 
1908. 


somit für die erfolgreiche Wucherung der 
Tuberkelbazillen nicht geeignet zu sein, 
d. h. Kinder schwindsüchtiger Eltern 
kommen mit einer gewissen Immunität 
der Schwindsucht gegenüber zur Welt. 
Diese Immunität dauert 10, 20 oder mehr 
Jahre, worauf das Individuum trotz früherer 
blühender Gesundheit und trotz günstiger 
hygienischer Verhältnisse der Krankheit 
unterliegt. Man kann annehmen, daß der 
Organismus der hereditär belasteten Indi- 
viduen in jeder Beziehung schwächlich, 
in den ersten Lebensjahren jedoch nicht 
nur empfänglich für Tuberkulose, sondern 
sogar gegen dieselbe gefeit ist. Wenn 
man auch annimmt, daß virulente Tuber- 
kelbazillen in latentem Zustande sich in 
unveránderten Lymphdrúsen des Menschen 
und der Tiere aufhalten können, so muß 
man auch an eine gesteigerte Immunität 
des Organismus denken. Unter normalen 
Verhältnissen geschieht die Schutzimpfung 
gegen Tuberkulose im uterinen Leben: 
das Ovum und das Spermatozoon tuber- 
kulöser Individuen sind gegen Tuber- 
kulose immun und übermitteln diese 
Immunität zunächst der Zellengeneration, 
die durch Teilung der Eigenschaft ent- 
standen ist und dann dem ganzen Organ, 
der Frucht und dem Kinde. Diese Schutz- 
impfung geschieht wahrscheinlich mittels 
Toxin resp. Protein, welche von den 
Tuberkelbazillen in den tuberkulösen 
Herden ausgeschieden werden. Die Toxine 
bespülen, indem sie in das Blut gelangen, 
die Zellen des Organismus und erzeugen 
in denselben solche chemische Verände- 
rungen, daß sie gegen Tuberkulin immun 
werden. 

Das bedeutet, daß auch die Zellen 
des mit Schwindsucht behafteten Indi- 
viduums, welche sich außerhalb der tuber- 
kulösen Herde befinden, eine gesteigerte 
Immunität gegen Tuberkulose besitzen, 
was dadurch bewiesen wird, daß Lungen- 
tuberkulose Jahrzehnte bestehen kann, 
ohne Metastasen in den übrigen Organen 
zu bilden, trotzdem Chancen für eine 
reine und erfolgreiche Infektion gegeben 
sind. Man gewinnt den Eindruck, als 
ob die aktiven Tuberkelbazillen, nachdem 
sie eine Tuberkel gebildet haben, ihre 
biologischen Eigenschaften ändern und 
sich in zur Symbiose fähige Saprophyten 


REFERATE. 


| 


verwandeln. Die mißlungenen Tierexperi- 
mente, welche bis auf den heutigen Tag 
mit künstlich erzeugter Immunität ange- 
stellt werden, vermógen der Kritik in 
keiner Weise Stand zu halten. Nur noch 
Experimente sind beweiskráftig, in denen 
die Tuberkuloseinfektion durch die At- 
mungs- und Verdauungswege, und das 
nur in milder Weise, vor sich geht. 
Von obigen Betrachtungen ausgehend, 
glaubte Verf. denSchwerpunkt des Kampfes 
gegen die Lungentuberkulose in das Kindes- 
und jugendliche Alter, d. h. in dasjenige 
Alter zu verlegen, in dem der Organismus 
noch die von den gesunden und tuber- 
kulösen Eltern geerbte Immunität besitzt. 
BekanntlichweigemsichBehring,Marag- 
liano u. a., Lungentuberkulose zu behan- 
deln und verstehen unter dem Kampfe gegen 
die Tuberkulose die prophylaktische Be- 
handlung derselben im Kindesalter. Beh- 
ring istder Ansicht, daß die Lungentuberku- 
lose unheilbar sei. Je nach der Virulenz und 
der Anzahl der Bazillen, je nach der 
Häufigkeit der Infektion und der che- 
mischen, sowie physikalischen Einwirkung, 
der die Bazillen ausgesetzt sind, entsteht 
entweder eine akute Krankheitsform oder 
Skrofulose oder lokale Tuberkulose oder 
latente Tuberkulose oder Immunität 
gegen Tuberkulose oder aber die Bazillen 
verlassen den Organismus, ohne demselben 
irgendwie zu schaden. Lungenschwind- 
sucht entwickelt sich in denjenigen Fällen, 
in denen früher in den Organismus ein- 
gedrungene Tuberkelbazillen einen ge- 
wissen Grad von Immunität erzeugt haben. 
Ist diese Immunität nicht vorhanden, so 
entwickelt sich akute miliare Tuberkulose 
und nicht Lungenschwindsucht. Alle diese 
Betrachtungen beruhen auf logischen Prin- 
zipien, sind aber doch nicht so beweisend, 
wie die von Prof. Behring bereits er- 
zielten experimentellen praktischen Resul- 
tate. Es ist ihm gelungen, das Rindvieh 
durch Impfung der Kälber mit reinen 
Kulturen von menschlicher Tuberkulose 
vor Erkrankung an Perlsucht zu schützen. 
Dieser Triumph der Wissenschaft muß 
von entscheidender Bedeutung für den 
Kampf mit der Tuberkulose des Menschen 
sein, da zum erstenmal erwiesen ist, daß 
Tuberkuloseimpfungen sich praktisch ver- 
wirklichen lassen. Verf. ist der Meinung, 


186 





dab man dem Menschen mitigierte Kul- 
turen nicht injizicren soll, da damit eine 
gewisse Gefahr verknüpft ist; besser wäre 
es, beim Menschen der Natur zu folgen, 
In der Natur vollzieht sich die Immuni- 
sierung der Frucht in der Weise, daB 
die Zellen des Organismus der Frucht 
von Siften der Mutter bespúlt werden, 
welche Stoffwechselprodukte der Tuberkel- 
bazillen enthalten. In der Praxis kann 
man diese natürliche Methode dadurch 
ersetzen, daß man jugendlichen Personen 
von Zeit zu Zeit Tuberkulin einspritzt, 
Kinder mittels Milch immunisiert. Tiere 
zu immunisieren wird kaum gelingen, da 
die Natur uns in dieser Richtung keine 
Hinweise gibt. Was die Immunisierung 
mit anderen säurefesten Bakterien: Möller, 
Friedmann) betritit, so läßt sich darüber 
vorläufig noch nichts Bestimmtes sagen. 

Alles in allem nimmt Vf. in der Frage 
der Immunisierung des Menschen gegen 
Tuberkulose folgenden Standpunkt ein: 

I. Man kann zweifellos den Menschen 
gegen Tuberkulose immunisieren, da wir 
in der Natur auf Schritt und Tritt diesen 
im Uterus vor sich gehenden Immuni- 
sierungsprozeß beobachten. 

2. Dielmmunisierung läßt sich augen- 
scheinlich mittels Tuberkulin bewerk- 
stelligen. 

3. Der Zeitpunkt der künstlichen 
Immunisierung ist das Kindesalter, wo 
noch Spuren der geerbten künstlichen 
Immunität vorhanden sind. Es wäre er- 
wünscht, daß diejenigen, welche über ge- 
eignetes Material und über das geeignete 
Milieu verfügen, schon jetzt zur Immuni- 
sierung an gesunden Menschen mit Tuber- 
kulin schreiten, da man auf die Resultate 
sehr lange wird warten müssen. Man 
muß in diesem Falle dem Beispiele 
Jenners folgen. 

M. Lubowski (Wilmersdorf-Berlin). 


IV. Therapie. 





Allgemeine. 


E. P. Friedrich-Kiel: Was können wir 
von der Behandlung der Kehl- 
kopftuberkulose erwarten? (Med. 
Klinik 1908, Nr. 10.) 


REFERATE. 


ZEITSCHR. f. 
TUBERKULOSE 


Die 3 Faktoren, welche die Prognose 
der Kehlkopftuberkulose und die davon 
abhängige Therapie bestimmen, sind die 
Form der Kehlkopferkrankung, die Schwere 
der Lungentuberkulose und der allgemeine 
Ernährungszustand des Kranken. Von 
der Stellung der Frühdiagnose hängt aller 
Erfolg der Behandlung ab. Bei früh genug 
gestellter Diagnose und der richtigen 
Auswahl der erforderlichen Behandlungs- 
weise, wird der Erfolg nicht ausbleiben 
und die Meinung des Verf.’s von der 
Heilbarkeit der lokalisierten Tuberkulose 
bestätigen. Die lokale endolaryngeale 
Behandlung der Frühfälle zur Zerstörung 
submuköser Infiltrate ist chirurgisch oder 
kaustisch. Auf chirurgischem Wege lassen 
sich umschriebene Infiltrate entfernen. Die 
Gefahr der tuberkulösen Wundinfektion 
darf keine Gegenindikation abgeben. Als 
Ergänzung tritt die Galvanokaustik in 
Kraft zur äußeren Verschorfung. Aber 
auch der galvanokaustische Tiefenstich 
verdient bei der Frühform der Tuberkulose 
Beachtung. Bei der ulzerierenden Form 
der Larynxtuberkulose treten medikamen- 
töse Mittel in Kraft. Mit antibakteriellen 
Mitteln kann man wohl zuweilen eine 
Geschwürsreinigung erzielen, unter beson- 
ders günstigen Verhältnissen wohl auch 
eine Heilung erlangen. Als souveränes 
Mittel steht hier die Milchsäure da. 
Geschwüre und von ihnen ausgehende 
Granulationen ist sie imstande zur Heilung 
zu führen. Andere Ätzmittel, wie Chrom- 
säure, Trichloressigsäure, treten gegen 
dieses Mittel weit zurück. Gegen die 
schweren Komplikationen hingegen kom- 
men die Tracheotomie und die Laryngo- 
fissur in Frage, welche Operation für den 
Tuberkulösen stets einen schweren Eingriff 
bedeutet. HiB (Bad Gastein). 


G. Kuss: Contribution à l'étude du 
traitement des pleurésies puru- 
lentes récidivantes par les injec- 


tion gazeuses intrapleurales. (Bull. 
Méd. 22. 28.) 


Bericht über 2 interessante Fälle von 
rezidivierender eitriger tuberkulöser Pleu- 
ritis, die mit Einblasungen von Sauerstoff 
bezw. Stickstoff behandelt wurden. Die 
Indikationen, die Verf. nach seinem aller- 
dings kleinen Material zum Schlusse unter 


BD,XIII,HEFT2. 
1908. 





aller Reserve als „Hypothesen“ aufstellt, 
sind folgende: 

J. Bei chronischer, eitriger, rezi- 
divierender tuberkulóser Pleuritis mit 
schlechtem Allgemeinzustande und fort- 
schreitender Erkrankung derselben Seite 
kein aktives Eingreifen, da solche Ergüsse 
erfahrungsgemáb selbst links lange Zeit 
ohne Schaden ertragen werden. 

2. Ist der Allgemeinzustand befrie- 
digend geworden, der Lungenprozeß zum 
Stillstand gekommen, und ist zu befürch- 
ten, daß eine tuberkulöse Erkrankung der 
anderen Seite durch die übermäßige Funk- 
tion ungünstig beeinflußt werde, so emp- 
fehlen sich Punktionen mit nachfolgender 
Injektion von reinem Sauerstoff. Nach 
Resorption des Sauerstoffes muß sich die 
Lunge ohne üble Nebenerscheinungen 
gut entfalten. 

3. Entfaltet sie sich schlecht, oder 
flackern die Herde in ihr wieder auf, so 
empfiehlt sich die sofortige Injektion von 
Stickstoff in die Pleura und auch nach 
weiteren Punktionen die Einführung von 
Stickstoff bis zu leicht positivem Druck 
und Aufrechterhaltung dieses Druckes auf 
die Lunge durch weitere wiederholte 
Stickstoffinjektionen nach der Methode 
von Forlanini. H. Grau (Düsseldorf). 


Henri Barbier et C. Leon: Le nuclé- 
inate de soude dans la tuber- 
culose pulmonairechronique. (Soc. 
de thérap., 11. III. 08. Bull. Med. 
22. 23.) 

Die Autoren haben versucht, durch 
Injektion von nukleinsaurem Natron (zur 
Begünstigung der Phagocytose) bei 3 Fällen 
von Tuberkulose Erfolge zu erzielen. 
Indeg blieb ein Fall unverändert, die 
beiden anderen wurden im ungünstigen 
Sinne beeinflußt (Appetit- und Gewichts- 
verlust. Verf. halten diese Therapie 
demnach bei chronischen Affektionen, wie 
der Tuberkulose für nicht angezeigt. 

H. Grau (Düsseldorf). 


R. Blondel et D. Labbé: Adenite cer- 
vicale tuberculeuse traitée par 
l'ionisation jodique. (Soc, de thérap., 
23. III. Bull. Med. 22. 29.) 

Ein groBer tuberkulóser Drüsentumor 
am Halse eines 18 jährigen Mannes wurde 


REFERATE. 


en mm 
— ee e Á EE PP 





187 





nach erfolglosen anderweitigen Maßnahmen 
mit „Jodjonisation“ behandelt; eine Elek- 
trode, mit Jodkalilösung getränkt, wurde auf 
den Hals gesetzt, die andere, sehr große auf 
das Abdomen — %/, stündige Sitzungen, 
2 x,später 1 X wöchentlich, allmähliche 
Steigerung des Stromes bis auf 100 (!) Milli- 
amperes. Rascher Rückgang des Tumors 
bis zu fast völligem Verschwinden, Zwei 
Monate nach Beginn dieser Behandlung 
Verschlechterung des bis dahin aus- 
gezeichneten Allgemeinbefindens, einen 
Monatspäter Lungenerscheinungen, rapider 
Verfall, Exitus nach weiteren 4 Monaten 
trotz aller Gegenmaßregeln. Es handelt 
sich danach um Generalisation lokaler 
Tuberkulose. Verff. mahnen zur grüßten 
Vorsicht bei Anwendung jeglicher lokalen 
Behandlungsmethode tuberkulöser Drüsen- 
tumoren. H. Grau (Düsseldorf). 


Dean Bardswell u. John Ellis Chapman: 
Dietetics in Tuberculosis. (Roval 
Soc. of. Med., Jan. 1907.) 


Versuch einer individualisierenden, 
billigen Sanatoriumskost. Rein vegeta- 
bilische Diät — die billigste — wird auf 
die Dauer nicht gern genommen. Verft. 
plädieren für gemischte Rost. Bei leicht 
arbeitenden Phthisikern halten sie 134 g 
Eiweiß — 3889 Kolorien für wünschens- 
weit. Der Kostplan ist so eingerichtet, 
daß die Ausgaben I Schilling im Tag 
nicht übersteigen. (Solche Aufstellungen 
haben keine internationale Gültigkeit, da 
die Nahrungsmittelpreise von den Zöllen 
diktiert werden. D. R. 

Dr. Rothschild (Soden a. T.). 


Dr. Smirnow-New Haven: Les Injec- 


tions intrapulmonaires de Tannin 
contre les hemoptysies. (Semaine 
Méd., 8. I. 1908.) 

Bei verzweifelten Fällen von Hämop- 
töe, bei welchen sich der Ursprungsort 
der Blutung exakt in einer Kaverne nach- 
weisen läßt, werden mit feinen Nadeln 
— nach sorgfältigster Hautdesinfektion — 
Tanninlösungen direkt in die Kaverne 
injiziert. Verf. berichtet über zwei günstige 
Beobachtungen. 

Dr. Rothschild (Suden a. T.). 


188 REFERATE. 


M. Blumenthal-Berlin: Zur Behandlung 
gewisser Erkrankungen der Luft- 
wege mittels „Pertussin“ Taesch- 
ner. (Therap. Monatsh. 1908, Heft 3.) 


Verf. rühmt aufs neue „die schleim- 
lösende und krampfmildernde Wirkung“ 
des Pertussins bei akuten und chronischen 
Katarrhen der Luftwege, Auffallend war 
auch die rasche Milderung des Husten- 
reizes und die Erleichterung der Expek- 
toration durch Verflússigung des Schlei- 
mes, letzteres insbesondere bei Emphyse- 
matikern. C. Servaes. 


Prof. Martens, Krankenhaus Bethanien in 
Berlin: Die BehandlungderGelenk- 
tuberkulose. (Therap. d. Gegenw. 
1907, Heft 11.) 

Verf. gibt einen Uberblick über den 
augenblicklichen Stand der Frage. An 
die Spitze aller Bestrebungen zur Be- 
kämpfung der Gelenktuberkulosen stellt 
er die individuelle Prophylaxe: Die Ver- 
setzung der Nachkommen tuberkulöser 
Eltern unter die denkbar günstigsten 
hygienischen Bedingungen. Es gibt aber 
auch eine lokale Prophylaxe: das früh- 
zeitige Auffinden und die operative Ent- 
fernung tuberkulöser Knochenherde, ehe 
ein Durchbruch ins Gelenk stattgefunden 
hat. In bezug auf die spezifische Wir- 
kung des Tuberkulins und des Marmorek- 
serums bei Behandlung der Gelenktuber- 
kulosce äußert sich Verf. sehr zurück- 
haltend; er glaubt nicht, daß mit diesen 
und ähnlichen Mitteln (Hetol u. a.) eine 
völlige Heilung herbeigeführt werden kann. 
Sehr wichtig ıst die Beeinflussung des 
Allgemeinbefindens, Hebung der Körper- 
kräfte durch gute Ernährung, ausgedehn- 
ter Aufenthalt im Freien, Behandlung in 
geeigneten Kurorten oder speziellen Heil- 
anstalten. Auch auf medikamentöse Be- 
handlung wird in geeigneten Fällen nicht 
verzichtet; besonders rühmt Verf. die 
Schmierseifenkur nach Kapesser. 

In bezug auf die lokale Behandlung 
wird man sich in jedem einzelnen Falle 
nur nach reiflichster Erwägung aller 
Chancen für konservatives oder operatives 
Verfahren entscheiden können und jedes 
einseitige Schematisieren strengstens ver- 
meiden. Man wird insbesondere stets 





ZEITSCHR. f. 
TÜBERKULOSE 


Zeitverlust, wenn man mit dem konser- 
vativen Verfahren keine günstigeren Er- 
gebnisse in bezug auf Heilung bezw. 
Funktion des Gelenkes erreichen kann; 
denn durch eine Operation kürzt man 
das Krankenlager ganz wesentlich ab, 
was natürlich in vielen Fällen von un- 
berechenbarem Nutzen ist. Über das 
Stauungsverfahren nach Bier sind die 
Akten noch nicht geschlossen. Die 
Funktionsergebnisse sind übrigens bei dem 
operativen Verfahren keineswegs un- 
günstige und gegen die des konservativen 
Verfahrens in vielen Fällen sicher nicht 
zurückstehend. C. Servaes. 


Tuberkulin. Sera. 


Hendrik E. Reeser: Das Tuberkulin. 
(Centralbl. f. Bakt. etc., I. Abt., Originale, 
Bd. 46, Heft 1, p. 56—67 u. Heft 2, 
p. 149—107.) 

Klare, historische Übersicht sämt- 
licher einschlägiger Arbeiten, welche sich 
mit der Herstellung der verschiedenen 
Tuberkuline beschäftigen, von der ersten 
Kochschen Veröftentlichung aus dem 
Jahre 1890 bis zu den Publikationen des 
Jahres 1905. 

Hierauf gibt Verf. eine ausführliche 
Darstellung der Bereitung des Tuberkulins 
in Rotterdam. Als Kulturmedium für die 
Tuberkelbazillen wird die Glyzerinkartoftel- 
bouillon verwendet. Es ist natürlich un- 
móglich die Zubereitung des Tuberkulins 
in einem kurzen Referat wiederzugeben, 
da bei seiner Herstellung jede kleinste 
Vorschrift unumgänglich nötig ist. Sie 
setzt sich zusammen aus dem Anlegen 
der Kultur, dem Sterilisieren, dem Ab- 
filtrieren der Bazillen, Eindampfen, Sedi- 
mentieren, Sterilisieren und Zentrifugieren. 
Je höher die Reaktion nach einer Tuber- 
kulinimpfung, um so geringer die Gefahr 
einer falschen Diagnose. Verf. legt be- 
sonderen Wert darauf, daß die Bouillon 
vor dem Eindampfen filtriert wird. Da- 
durch werden die Fehlergebnisse stark 
verringert, und die Ausbeute sei eine 
sehr große. Gleichzeitig werde es er- 
reicht, daß die toxischen Nebenwirkungen 
stark vermindert werden. In ganz ähn- 
licher Weise wie aus Rindertuberkel- 
bazillen könne Tuberkulin auch aus Vogel- 


| 
dann operieren, und zwar sogleich ohne ¡ tuberkelbazillen gewonnen werden. Dieses 





BD.XITI, HEFT 2. 
1905. 


REFERATE, 








Tuberkulin ist jedoch als Diagnostikum 
für Tuberkulose beim Rindvieh untauglich. 
Da Rinder sich an Tuberkulin ge- 
wöhnen, d. h. auf eine zweite Injektion, 
welche bald nach der ersten vorgenommen 
wird, nur selten reagieren, so wurde dies 
an Grenzorten benutzt, um kranke Ticre 
einzuführen, indem sie vom Eigentümer 
vorher tuberkulinisiert wurden. Vallée 
riet daher, die Tuberkulineinspritzung 
mit einer doppelten Dosis vorzunehmen. 
Dann zeigen auch tuberkulinisierte Tiere 
eine Reaktion. Zum Schluß erörtert Verf, 
die Wertbestimmung des Tuberkulins nach 
Koch und Doenitz. Seit 1897. hat das 
Ehrlichsche Institut die Kontrolle der 
Tuberkulinpräparate übernommen. Nach 
Verf. ist die Doenitzsche Methode oft 
nicht ausreichend. ŒE. Aron (Berlin). 


X. Th. Haverkorn van Rijswijk-Renkum: 
Behandeling met tuberculine 
Denys. — Uber Behandlung mit 
Denysschem Tuberkulin. (Ned. 
Tijdschr. v. Geneesk. 1908, H. I, Nr. 4.) 


Notizen aus den Krankengeschichten 
von 9 Lungentuberkulüsen, die in der 
Anstalt des Verf.’s seit Juli 1906 mit 
Denys’ bouillon filtré behandelt worden 
sind. Ein zehnter Kranker, dessen Lungen- 
leiden mit Diabetes mellitus kompliziert 
war, wurde in der eigenen Wohnung 
behandelt. Dieser und einer der 9 Heil- 
stättenpatienten erlagen ihrer Krankheit, 
die 8 anderen sind noch am Leben. 
Nur bei 4 derselben kann nach Ansicht 
des Verf.’s von einem deutlichen günstigen 
Einfluß der Tuberkulinkur auf den Ver- 
lauf der Lungentuberkulose die Rede sein. 
Einer von ihnen, ein sehr initialer Fall, 
ist wahrscheinlich geheilt. Verf. ist über 
das Mittel nicht sehr begeistert, meint 
aber, daß die erzielten Resultate zu wei- 
terer Anwendung desselben anregen. 

W. J. van Gorkom (Haag). 


Arthur Latham: Caseating Pulmonary 
Tuberculosis treated by Tuber- 
culin (T. R.) and fresh Horse 
Serum both administered by the 
Mouth. (Royal Soc. of. Med., vol I, 
5. III. 1908.) | 


Ein 22 jähriger Mann, der an Tuber- 
kulose des linken Unterlappens litt, Munate 


189 
hindurch hoch fieberte und schließlich 
Zeichen von beginnender Oberlappen- 


tuberkulose auf beiden Seiten zeigte, wurde 
mit 10 ccm Pferdeserum und Tag mgr 
Tuberkulin, die per os gegeben wurden, 
behandelt. Es zeigte sich ein günstiger 
FinfluB auf die Temperatur, so daß in 
Zwischenriumen von 0—10 Tagen die 
Verordnung wiederholt wurde. Nach 
viermaliger Wiederholung blieb die Tempe- 
ratur normal, das Gewicht hob sich, das 
Sputum verminderte sich, der opsonische 
Index des Blutes korrespondierte mit der 
klinischen Beobachtung. 
Dr. Rothschild (Soden a. T.). 


Pielicke: Tuberkulin gegen Nieren- 
tuberkulose. (Berl. klin. Wehschr., 
20. Januar 1908, Nr. 3.) 

Auf Grund der Beobachtung eines 
eigenen Falles und unter Berücksichtigung 
der Literatur kommt Verf. zu dem Schlusse, 
daB die Behandlung der isolierten Nieren- 
tuberkulose mit Tuberkulin anscheinend 
zuweilen zur Heilung führe. Er hält die 
Tuberkulinbehandlung bei doppelseitiger 
Nierenerkrankung und Komplikation mit 
Lungentuberkulose und ganz besonders 
bei Blasentuberkulose für indiziert. Ob 
Exstirpation der Niere zu erfolgen hat 
oder ob die Tuberkulinbehandlung vor- 
zuziehen sei, müsse von Fall zu Fall ent- 
schieden werden. 

Naumann (Meran-Reinerz). 


Dr. S. D. Neporoschni: Über die Wir- 
kung des Antituberkuloseserums. 
(Archiv biologischer Wissenschaft. 1908, 
Bd. 13, Heft 4 u. 5. — Prakt. Wratsch 
1908, No. 15.) 

Verf. suchte vor allem darüber ins 
Klare zu kommen, welcher Art diejenigen 
Faktoren sind, die in Aktion treten, wenn 
der tuberkulüse Prozeß in Heilung über- 
geht. Er überzeugte sich durch seine im 
Institut für experimentelle Medizin in 
St. Petersburg angestellten experimentellen 
Untersuchungen, daß die Verheilung des 
tuberkulösen Prozesses beim Meerschwein- 
chen, sowie in alten Herden beim Rind- 
vieh mit aktiver Phagocytose einhergeht. 
Letztere beruht hauptsächlich auf der 
Tätigkeit der mononukleären Zellen, welche 
unter günstigen Verhältnissen die Tuberkel- 


190 REFERATE. 


ZEITSCHR. f. 
TUBERKULOSE 





bazillen nicht nur aufnehmen, sondern in 
ihrem Protoplasma zerstören. Weitere 
Experimente ergaben, daß sämtliche Mittel, 
welche eine Ansammlung von mono- 
nukleären Zellen bewirken (Jodpräparate, 
Knochenmark- und Milzemulsion etc.) die 
Chancen des Kampfes mit dem Tuber- 
kulosegift wenigstens in dem Sinne gün- 
stiger gestalten, als der Prozeß in mehr 
oder minder bedeutendem Grade in die 
Länge gezogen wird. Da aber die An- 
sammlung von mononukleären Zellen allein 
und für sich vollkommenere Resultate 
nicht zu sichern vermag, so mußte man 
eine Methode finden, welche das digestive 
Vermögen dieser Zellen den Tuberkel- 
bazillen gegenüber zu steigern imstande 
wäre. Nachdem Verf. sich überzeugt 
hatte, daß im Körper mittels Endotoxins 
emulsierter Tiere solche Substanzen pro- 
duziert werden und in das Blutserum 
übergehen, welche ihrerseits im Organis- 
mus frischer Tiere spezifische Mono- 
nukleose herbeizuführen vermögen, stellte 
er sich die weitere Aufgabe, durch Wahl 
aktiver tuberkulöser Antigene und geeig- 
neterer Tierarten ein solches Serum zu 
produzieren, welches die höchsten Grade 
der Fähigkeit besäße, die phagocytäre 
Tätigkeit der mononukleären Zellen zu 
steigern und letztere für den spezifischen 
Kampf mit den Tuberkelbazillen geeig- 
neterer zu machen. Von sämtlichen Tier- 
arten haben sich die Hunde am geeig- 
netsten erwiesen; die Immunisierung der- 
selben wurde mittels des nach der 
Methode von Besredka hergestellten 
tuberkulösen Endotoxins bewerkstelligt. 
Das zur Gewinnung dieser Endotoxine 
erforderliche, stark agglutinierende Serum 
wird von einem zu diesem Zwecke speziell 
präparierten Pferde gewonnen. Sobald 
‘die Hunde das Endotoxin in bedeuten- 
der Quantität gut zu vertragen beginnen, 
beginnt man mit der Einspritzung von 
entfetteten Tuberkelbazillenleibern in die 
Venen oder in die Peritonealhöhle, dann 
mit Einspritzungen nicht entfetteter, son- 
dern nur mittels Chloroform getöteter 
Tuberkelbazillen. Die Immunisierung be- 
ginnt man, sobald die Hunde diese Injek- 
tion leicht ertragen und im subkutanen 
Bindegewebe nur Infiltrate entstehen, mit 
der Einführung von pathogenen, leben- 





den, in keiner Weise bearbeiteten Tuberkel- 
bazillen in die Venen oder in die Bauch- 
hóhle. Dadurch unterscheidet sich der 
vom Verf.ausgeübte Immunisierungsmodus 
wesentlich von den Methoden von Mara- 
gliano und Marmorek, die bekanntlich 
gleichfalls antituberkulöse Sera herstellen. 
Der gesamte ImmunisierungsprozeB nimmt 
einen ziemlich bedeutenden Zeitabschnitt, 
mindestens 8 Monate, in Anspruch und 
ist trotz strenger Individualisierung mit 
großen Verlusten verknüpft. Das auf 
diese Weise gewonnene Serum hat Verf. 
an Meerschweinchen erprobt, welche mit 
2 Kulturen von Tuberkelbazillen von ver- 
schiedener Virulenz infiziert waren: die 
eine Kultur wurde subkutan, die andere 
in die Bauchhöhle injiziert. Bei allen 
Meerschweinchen zeigte der Verlauf der 
Krankheit deutlich 3 Perioden. Die erste 
Periode folgte unmittelbar nach der In- 
fektion und äußerte sich durch Steigerung 
der Temperatur, Abnahme des Körper- 
gewichtes und Hyperleukocytose. Im 
II. Stadium ist die Temperatur fast nor- 
mal, das Körpergewicht geht nicht mehr 
zurück, an Stelle der Hyperleukocytose 
tritt Hypoleukocytose. Im III. Stadium 
schließlich steigt die Temperatur wieder, 
und zwar mit großen Schwankungen fast 
unmittelbar zum Tode. Das Körper- 
gewicht nimmt ab, während die leuko- 
cytáre Kurve, welche vor dem Beginn 
dieser Periode sich gesenkt hat, nunmehr 
breite, aber unregelmäßige Exkursionen 
zeigt. Im ganzen sind 417 infizierte 
Meerschweinchen der Behandlung unter- 
zogen worden. Die Experimente wurden 
verschiedentlich modifiziert, und zwar so- 
wohl hinsichtlich der Gesamtquantität und 
der Einteilung der Seruminjektionen. Aus 
2 Tabellen geht hervor, daB der Gesamt- 
prozentsatz der Genesungen 57°/, aus- 
macht. Speziell repräsentiert sich das 
Resultat der Serumanwendung in folgen- 
den prozentualen Verhältnissen: an Tuber- 
kulose zugrunde gegangen 20,5 °/,, ge- 
tötet und bei der Sektion tuberkulöse 
Veränderungen nachgewiesen in 25,5°/,, 
keine tuberkulösen Veränderungen nach- 
gewiesen (genesen) 57°/,. Schon diese 
prozentualen Berechnungen berechtigen 
zu dem Schluß, daß die Chancen auf 
Erfolg desto größer sind, je früher zur 


BD.XHIHEFT 2, 
1908. 


Serumbehandlung geschritten wird; ferner 
geht aus den Tabellen hervor, daß einer- 
seits günstige Resultate nicht erzielt wur- 
den, wenn die Gesamtquantität des ein- 
geführten Serums weniger als 3,6 ccm 
betrug, andererseits, daß der Erfolg der 
Serumbehandlung nur in denjenigen Fällen 
erreicht werden konnte, in denen dieselbe 
mindestens 5,5 Monate dauerte, selbst 
dann, wenn die Behandlung sehr bald 
nach der Infektion begonnen wurde. Von 
besonderem Interesse ist auch nach An- 
sicht des Vers das pathologisch-histo- 
logische Material, welches er von seinen 
Meerschweinchen gewonnen hatte, da 
durch dasselbe die von dem Verf. aus- 
gesprochene Vermutung bestätigt wird, 
daß unter dem Einflusse der Serotherapie 
eine vollständige Heilung durch Vernar- 
bung der tuberkulösen Herde möglich sei. 
Die bei den Meerschweinchen beobachteten 
pathologischen Veränderungen entsprechen 
denjenigen Veränderungen, die durch Ein- 
führung von getöteten bezw. dermaßen 
geschwächten Kulturen, die dieselben 
Meerschweinchen nicht zu töten vermögen, 
erzeugt werden. Augenscheinlich voll- 
ziehen sich im Organismus unter dem 
Einflusse des Serums derartige Verände- 
rungen, die denselben befähigen, sich den 
vollkommen virulenten Bazillen gegenüber 
ebenso zu verhalten, wie den getöteten 
oder wenig pathogenen Bakterien gegen- 
über. Zum Schluß hebt Verf. einige Tat- 
sachen hervor, welche sich zwar nicht 
aus seinem Material ergeben, wohl aber 
zugunsten der Vorstellung sprechen, 
welche er sich über den Mechanismus 
der Serumwirkung gemacht hat. Diese 
Tatsachen hat er aus den klinischen Be- 
obachtungen entnommen, welche er an 
den mit demselben Serum behandelten 
Patienten angestellt hat. Bei diesen Pa- 
tienten bewirkt das Serum eine Reaktion, 
deren Intensität von der eingespritzten 
Dosis und von dem Allgemeinzustand 
des Organismus abhängt. Gerade eine 
Steigerung der Temperatur, und das nur 
vorübergehend, macht sich erst einige 
Tage nach der Injektion bemerkbar, also 
im Gegensatz zu der Fieberbewegung, 
welche nach der Injektion. von aktiv- 
immunisierenden Substanzen eintritt. Diese 
verspätete Temperatursteigerung kann man 


REFERATE. 


eu ee 


nicht als Reaktion der samt dem Serum 
eingeführten toxischen Substanzen be- 
trachten. Weit richtiger ist diese Tempe- 
ratursteigerung in direktem Zusammenhang 
mit der durch das Serum bewirkten spe- 
zifischen Phagocytose zu bringen, welche 
die Tuberkelbazillen und die Zellelemente 
der Tuberkeln zerstört und Material für 
die Resorption schafft, welche mit einer 
Steigerung der Temperatur einhergeht. 
Eine weitere Erscheinung, welche bei der 
erfolgreichen Serumbehandlung hervortritt, 
besteht in Schwellung der Lymphdrüsen, 
was nach Ansicht des Verf.’s wiederum 
zugunsten der von ihm vertretenen 
Theorie der aktivierenden Wirkung auf 
die cytogenen Gewebe des Organismus 
spricht. 
M. Lubowski (Wilmersdorf-Berlin). 


V. Bücherbesprechungen. 


Der Sanitätsbericht über die Armee 
(ausschl. Bayern) für den Zeitraum 
vom 1. Okt. 1904 bis 30. Sept. 1905 ist 
dieses Mal besonders interessant durch 
einen zusammenhängenden Rückblick auf 
die Gestaltung des Gesundheitszustandes 
der Armee im Laufe der letzten Jahr- 
zehnte. Er zeigt, daB die Fortschritte, 
welche die medizinische Wissenschaft in 
dieser Zeit gemacht hat, auch auf dem 
Gebiete des Militärsanitätswesens zu zahl- 
reichen und schönen Ergebnissen geführt 
haben. Ganz besonders treten diese Er- 
folge hervor bei denjenigen Krankheiten, 
deren Bekämpfung uns die Hygiene ge- 
lehrt hat. Der Verlauf, den die tuber- 
kulösen Erkrankungen genommen haben, 
ist mehrfach in selbständiger Weise aus- 
führlich bearbeitet und zum Teil in dieser 
Zeitschrift referiert worden. Es erübrigt 
daher nur, den Berichtszeitraum 1904/05 
zu besprechen. 

Bei einer Durchschnittsstirke von 
525717 Mann betrug der Tuberkulose- 
zugang 1,9°/,, = 1014 Mann, ist also 
die letzten 3 Jahre gleich geblieben, nach- 
dem er 1890 noch 3,3°/,, betragen hatte. 
Er verteilt sich auf die einzelnen Krank- 
heitsformen folgendermalsen: akute Miliar- 


192 REFERATE. 





tuberkulose 25 Mann, Tuberkulose der 
ersten Luftwege und Lunge 822, Tuber- 
kulose der Knochen und Gelenke 63, 
Tuberkulose anderer Organe 104 Mann. 


| 


Den größten Zugang (2,8°/,,) hatte dies- ` 


mal das 1. Armeckorps (Ostpreußen), den | 


geringsten (1,1°/,,) das 2. Sächsische. 
Beim Abgang wurde weitaus der größte 
Teil invalide, 139 starben, 31 wurden 
wieder dienstfähig, 117 blieben im Bestand. 

Die Leichenöffnungen bei akuter 
Miliartuberkulose ließen verschiedent- 
lich den vermutlichen Ausgangspunkt der 
Krankheit entdecken; I mal fand sich ein 
alter Käseherd in der Niere, Imal im 


rechten Oberlappen eine bohnengroße, : 


mit dicker gelber Flüssigkeit gefüllte 
Höhle, I mal eine kurz zuvor überstandene 
Brustfellentzündung, I mal war die Krank- 
heit mit bakteriell festgestellterepidemischer 
Genickstarre vereint. 

Für die Lungentuberkulose ließ 
sich 48 mal erbliche Belastung feststellen, 
die Ansteckungsquelle dagegen schr selten: 
2 mal wird die Pilege der an Schwind- 
sucht gestorbenen Ehefrauen beschuldigt. 
Als auslösende Ursache wurden meistens 
Erkältungen, zuweilen auch Anstrengungen 
im Dienst angegeben. Häufig gingen der 
Krankheit andere Erkrankungen der Luft- 
wege, wie fieberhafter Bronchialkatarrh, 
Lungenentzündung, Brustiellentzündung 
u. dergl., unmittelbar voraus. Je 1 mal 
schloß sie sich an Syphilis, Typhus, 
Malaria, Diabetes, Ruhr und Handgelenks- 
quetschung an, je 2 mal an Grippe, Ge- 
lenkrheumatismus und Quetschung der 
Brust. Von Mitkrankheiten werden alle 
möglichen erwähnt; am interessantesten 
davon ist, daß bei einem gleichzeitig an 
Typhus erkrankten Mann im Auswurf 
neben den Tuberkelbazillen Typhusbazillen 
nachzuweisen waren bei positivem Widal. 


diagnostischen Zwecken wird nur aus 
3 Garnisonen berichtet, ebenso über Neu- 





ZEITSCHR, f. 
TUBERKULOSE 





tuberkulin zur Therapie. Sonst bietet 
die Behandlung nichts Bemerkenswertes. 
Die Tuberkulose der Knochen 


' und Gelenke wird mehrfach auf mecha- 


nische Verletzungen zurückgeführt, z. B. 
2 Rippenerkrankungen auf BajonettstoB 
und Quetschung, I Wirbelsäuleerkrankung 
auf Fall von der Treppe, 1: Handgelenks- 
erkrankung auf Verstauchung, 2 Hüft- 
gelenksentzündungen auf Exerzieren und 
Sprung über einen Graben, 1 Kniegelenks- 
erkrankung auf Fall aufs Knie, 2 Mittel- 
fulerkrankungen auf Abrutschen. Die 
Behandlung war meist operativ; die Bier- 
sche Stauung versagte mehrmals. 

An der Tuberkulose anderer 
Organe waren beteiligt: das Hirn, die 
Hirnhaut, das Bauchfell, Brustfell, die 
Niere und dic Blase, die Drüsen, der Hoden 
und Nebenhoden, für welche in der Hälfte 
Quetschung beschuldigt wird, die Weichteile 
des Gesäßes und die Haut am Daumen. 

Dem Sanitätsbericht der Armee ist 
der Sanitátsbericht úber die Ost- 
asiatische Besatzungsbrigade an- 
gegliedert. Von der durchschnittlich 
27 30 Mannstarken Besatzung ging während 
des Berichtsjahres nur 1 Tuberkulose 
(Lunge) = 0,36 Dias der Kopfstärke zu; 
1 Mann vom übernommenen Bestand starb. 

Von den vielen ausgefúhrten sani- 
tiren Maßnahmen sei nur erwähnt, 
daß in Göttingen, Goslar, Hirschberg, 
Pirna, Stuttgart, Chemnitz neue Garnison- 
lazarette bezogen und an verschiedenen 
Orten die innere Ausstattung der Lazarette 
durch elektrische Kraft zu Beleuchtungs- 
und Heilzwecken, Röntgenapparate, Licht- 
bäder, Operationszimmer, mediko-mecha- 
nische Apparate, bakteriologische Stationen 
vermehrt wurde. In einer großen An- 
zahl von Standorten wurden die Trink- 


1 | wasserversorgung und die Abfuhr ver- 
Uber Anwendung von Alttuberkulin zu | 


bessert, Badeanstalten neu gebaut oder 
vergrößert und Desinfektionsapparate be- 
schallt. Mühlschlegel (Stuttgart). 


Verschieclenes. 


Der Kaiser hat aus seinem Dispositionsfond der Robert Koch-Stiftung zur 
Bekämpfung der Tuberkulose 100 000 Mk, bewilligt. 


Druck von Metzger & Wittig in Leipzig, 


A nn e zé 


Band XIII. Heft 3. 


ZEITSCHRIFT FÚR TUBERKULOSE. 


HERAUSGEGEBEN VON 
B. FRÁNKEL, F, KRAUS, E. von LEYDEN, W. von LEUBE. 
Redaktion: A. KUTTNER. 


L ORIGINAL-ARBEITEN 


X. 

Blutuntersuchungen auf Tuberkulose-Immunkörper. III. 
(Aus dem bakteriologischen Laboratorium der Stadt Köln, Dir. Dr. Czaplewski.) 
Von 
Dr. Paul Bermbach, prakt. Arzt in Köln. 





| sie im Handel erhältlich sind, in ihrem Gehalt an wirksamen Bestand- 
a teilen variieren, erschien mir wichtig genug, um sie einer Untersuchung 
zu unterziehen. Ich wählte hierfür zwei mit der Op.-Nr. 23 gezeichnete 
Fläschchen, welche unter gleichen äußeren Verhältnissen aufbewahrt worden 
waren. Zur Unterscheidung bezeichnete ich dieselben mit „Tuberkulin I“ und 
„luberkulin II“. Die einzelnen, aus je 0,5 ccm Verdünnung des inaktivierten 
Serums + 0,5 ccm der Tuberkulinlösung + 0,5 ccm NaCl-Losung + 2 Tropfen 
ganz frischen, normalen Meerschweinchenserums bestehenden, gründlich ge- 
schüttelten Proben wurden zuerst 6 Stunden lang in den Brutschrank gestellt 
und dann mit je einem Tropfen einer konzentrierten Emulsion sorgfältig ge- 
waschener Hammelerythrocyten + 0,3 ccm eines homologen hämolytischen 
Kaninchenserums versetzt; erst nach weiterem 24-stündigem Aufenthalt im 
Brutschrank wurden die Resultate verzeichnet. Ich bemerke noch, daß von 
dem benutzten hämolytischen Serum schon 0,2 ccm einen in 2,0 ccm NaCl. 
Lösung suspendierten Tropfen jener Erythrocytenemulsion nach 6-stündigem 
Stehen im Brutschrank auflöste. 

Dem Kaninchen 500 wurden subkutan injiziert am 16. VII. zwei und am: 
23. VII. ein Tropfen Alttuberkulin, gelöst in je 1,0 ccm NaCl-Lósung. Am 
30. VII. wurde das Tier getötet und sein Serum nach einigen Tagen inaktiviert. 
Es ergab sich bei Zusatz von 0,5 ccm Serum 500 in der Verdünnung von 
‘lao zu 

0,5 ccm Verdünnung von Tuberkulin I von Tuberkulin Il 
von Yo schwache Hämolyse keine Hämolyse 

völlige „ „ H 
völlige ,, 


3) ioo 
23 RE 23 2) 


| 
IT 200 If „ ” ” 
Zeitschr. f. Tuberkulose. XIII. 13 


SNE x ZEITSCHR. f. 
P. BERMBACH. | | | TUBERKULOSE 


194 


Ich halte mich nach dem Ausfall dieser Versuche fiir berechtigt, 
eine Differenz im Gehalte der einzelnen Tuberkulinpräparate, auch 
wenn sie von derselben Kultur herstammen, anzunehmen. 

Was nun meine bisherigen Versuche (Serie I, II und III) betrifft, so 
möchte ich hier unter strengster Beobachtung der an der Hand dersclben 
gemachten Beobachtungen bezeichnen: 

I. Als sicher Immunkörper enthaltend, das Serum von 

1. Meerschweinchen IV und Kaninchen L (beginnende Tuberkulose‘, 

2. Kaninchen K (vorbehandelt mit abgetötetem Tub. Bac.), 

3. 3 D (vorbehandelt mit Tuberkulin), | 

4. a B (vorbehandelt mit Blut) und das zu den Versuchen 
der Serie If benutzte hämolytische Serum, 

5. Meerschweinchen IX und X, sowie Kaninchen R (nicht vor- 
behandelt, normal). 

II. Als sicher frei von Immunkörpern, das Serum von 

1. Meerschweinchen VII (unkomplizierte, nur auf das infizierte Organ 
— Bauchfell — beschränkte Tuberkulose), 

2. Meerschweinchen III (Mischtuberkulose; Tuberkulose im Beginn, 
Sepsis prävalierend), 

3. Meerschweinchen XI (nicht vorbehandelt, normal). 

Es wurden also sowohl bei kranken, wie auch bei mit Tuberkulin, ab- 
getöten Tub. Bac. und Blut immunisierten, sowie bei normalen, d. h. nicht 
vorbehandelten Tieren Immunkörper gefunden — und vermißt! Das kleine 
Material gestattet keine klinischen nur für das Tier gültigen Schlüsse. Ich 
würde auch, selbst wenn mein Material ein sehr großes wäre, mich hüten, 
aus demselben gezogene, ganz einwandsfreie Schlüsse auf menschliche Ver- 
hältnisse zu übertragen. Ehe wir überhaupt über den Wert der Bordetschen 
Reaktion für die humane Praxis ein Urteil abgeben können, müssen wir über 
ein ganz ungeheures Material von Untersuchungen an sicher Tuberkulösen 
verfügen. Das glaube ich jedoch schon jetzt behaupten zu dürfen, 
daß die Bordetsche Reaktion sich vortrefflich für die Bewertung des 
immunisatorischen Effektes einer Tuberkulinkur nutzbar machen 
lassen kann. Es kommt nur darauf an, eine Einigung über eine einheitliche 
Untersuchungsmethode zur quantitativen Bestimmung der Immunkörper 
und eine einheitliche, allgemeinverständliche Bezeichnung der hierbei erzielten 
. Resultate herbeizuführen. 

Der einfachste Weg, welcher zu diesem Ziele führt, ist das Austitrieren 
des zu untersuchenden Serums mit einer konstanten Tuberkulinverdünnung. 
Ich lasse hier meine diesbezüglichen Versuche mit Serum 500 folgen: 


I. 0,5 ccm Tub. */,, + 0,5 ccm Ser. 500 '/,: keine Hämolyse 
2. 0,5 >) ” yer T O, 5 ” ,, ” SE : 33 33 
3. 0,5 „ „ Kä + 0,5 ” ” „ EN : „ ” 
4.0,5 4, » “To zk OR e » a ‘Jen: schwache ;, 
5. 0,5 33 9) eee + 0,5 3) 3) H KEES 3) 3) 
O. 0,5 ” 2) ven + 0,5 33 ” 3) u völlige | ” 


BD.XII,HEFTS. : | ` 
ie BLUTUNTERSUCHUNGEN ETC. III. 195 





7. 0,5 ccm Tub. Ia + 0,5 ccm Ser. 500 !/,,,: völlige Hamolyse 
1 D A 

8. 0,5 3) IT Ep F O, 5 33 33 „ ae „ ” 
1 e 

9. 0,5 2) 3) leg + 0,5 5 ” 3) so: ” d 


10. 0,5 39 39 fe + 0,5 2 3) A3 one: ” ” 
Entsprechend dem am Schlusse meiner vorigen Arbeit gemachten Vor- 


schlage, bei der Ausführung der Bordetschen Reaktion keine allzustarken 
Tuberkulinverdiinnungen zu benutzen, damit die (wie ich mittlerweile bewiesen 
zu haben glaube, tatsachlich vorhandene) Differenz im Gehalte der einzelnen 
Tuberkulinpraparate sich nicht stórend bemerkbar macht, habe ‘ich eine 
Tuberkulinverdünnung von !/,, gewählt und glaube damit auch, wie sich im 
folgenden herausstellen wird, das Richtige getroffen zu haben. Als den Titer 
des Serums 500 bezeichne ich die schwächste. Verdünnung, bei der eben eine 
vollständige Hämolyse auftritt, also !/,. Nur die vollständige Auflösung 
der roten Blutkörperchen gestattet ein sicheres Urteil über die Wertigkeit des 
zu prüfenden Serums. Eine unvollständige Hämolyse kann zu Mißdeutungen 
in dieser Hinsicht Veranlassung geben; wenn in den betreffenden Proben zwar 
die Flüssigkeit mehr oder minder rot gefärbt ist, aber auf dem Boden noch 
eine gewisse Menge roter Blutkörperchen liegt, so kann unter Umständen die 
Beurteilung über die Herkunft der roten Verfärbung der Flüssigkeit sehr schwer 
sein: das zu untersuchende Serum kann a priori schon rötlich gefärbt gewesen 
sein; oder es kann trotz sorgfaltigster Behandlung schon beim. Waschen und 
Zentrifugieren der Erythrocyten aus diesen eine minimale Menge Hämoglobin 
ausgetreten und zwischen ihnen suspendiert gewesen sein. 


Ich nenne nun ein solches Serum, von dem 0,5 ccm einer Verdünnung 
von 1:20 mit 0,5 ccm einer Tuberkulinverdünnung von ?/,, bei Innchaltung 
der eingangs dieser Arbeit geschilderten Versuchsanordnung den Titer aufweist, 
ein „einfaches Antituberkulinserum‘“ Serum 500 ware demnach als ein 
vierfaches Antituberkulinserum zu bezeichnen. Ein Serum, welches erst in der 
Verdünnung von ?*/,,,, eine vollständige Hämolyse gestattet, wäre ein fünffaches 
Antituberkulinserum. Ich schlage für die Bezeichnung ,,Antituberkulinserum“ 
die Abkürzung „A.S.“ vor, in der Annahme, daß letztere noch nicht ander- 
weitig vergeben ist. Es wäre also beispielsweise zu schreiben statt 

„Serum x ist ein vierfaches Antituberkulinserum“: 
„serum + = 4 A.S.“ 

Ich bin deshalb von der schwachen Verdünnung I : 20 ausgegangen, 
weil die zur Verfügung stehende Serummenge, auch wenn sie klein ist, wohl 
stets eine Verdünnung von 1:10, von der dann weitere Verdünnungen an- 
gelegt werden müssen, gestattet; auch vermeidet man so die immerhin störenden 
Bruchzahlen. Mit einer Verdünnung ?*/,, zu beginnen, halte ich jedoch zur 
Ermittelung des Titers für nötig. 

Ich habe nun diese Methode auf ihre Brauchbarkeit an einigen anderen 
Blutseris erprobt und lasse hier das Protokoll folgen: 

a) Patient Roder, 34 jähr. anämischer, hereditär belasteter Schlosser. 
Angeblich seit 4 Jahren Blutspucken, Husten, Nachtschweiße, Abmagerung. 

Befund: HLO Ronchi. Sputum nicht zu erhalten. Am 23. VIL Blut- 

13* 


= ZEITSCHR. f. 
196 | E BERAMBACH, TUBERKULOSE 








entnahme, darauf Impfung nach Pirquet. Vom 24. VII. bis 2. VIIL lebhafte 
Cutireaktion. Vom 3. VIIL verlor ich den Patient aus den Augen. 
Die Blutuntersuchung nach dem Bordetschen Prinzip ergab: 


I. 0,5 ccm Tub. !/,, + 0,5 ccm Ser. ?/,: keine Hämolyse 
2. 0,55 », „ E +05 » „ AR „ HI 
3. 0,5 „ ” SCH Se 0,5 » 3) aie ” „ 
4.05 » an “so FOS » 59 so: schwache , 
5.05 » „ SCH +05 » „ KC „ „ 
6. 05 » ” SCH + 0,5 » 33 a „ „ 
7.05 » » so F O5 »  » "so: völlige » 
8. 0,5 » ») SEH +05 » D SEH » ” 


b) Patient Otto, 57 jahr. Schreiner, seit Jahren an Anfallen von Husten, 
Atemnot, Auswurf, Herzschwiche leidend. 

Befund: Obere Lungengrenzen vorn links 2, vorn rechts 3 Finger breit 
über der Klavikula. VLO leichte, bis zur 2. Rippe hinabreichende Dämpfung 
und verschärftes Exspirium. Überall Ronchi. Untere Lungengrenzen (Brust- 
korb ist sehr eng) um einen Interkostalraum nach abwärts verschoben. Auswurf 
ohne Tub. Bac. Herzgrenze 1 Finger breit außerhalb der Mammillarlinie. 
Puls zuweilen arythmisch. Schon seit Jahren bemerkte ich, daß während der 
Zeit, wo die Anfälle am heftigsten waren, eine prallgespannte Hautvene vom 
linken Oberarm quer über die Brust zur rechten Sternalwand zog, um sich 
daselbst zu verlieren, ein Symptom, welches von vielen als charakteristisch für 
Tuberkulose der Bronchialdrüsen angesprochen wird. 

Am 7. VII. Blutentnahme und Impfung nach Pirquet. Die Cutireaktion 
begann schon am 8. VIL, dauerte bis zum 1. VIIL und war ziemlich schwach. 

Die Blutuntersuchung nach dem Bordetschen Prinzip ergab: 


I. 0,5 ccm Tub. !/,, + 0,5 ccm Ser. !/,: keine Hämolyse 
2. O5 » „ SCH +05 » IT RE » 3 
30,5 ss as “hep PROS » y "Mag schwache ,, 
4.05 » „ las +05 a ” se ” „ 
5. 0,5 „ 2 ee + 0,5 IT „ eher vóllige ” 
6. 0,5 3) „ ee + 0,5 „ 2) SCH 3 3 


c) Patient Weyer, 51 jähr. Schlosser, seit 5 Jahren angeblich Husten, 
Auswurf, Blutspucken, Nachtschweiße, Abmagerung. 

Befund: VRO groß- und mittelblasiges Rasseln, VL über der 2. bis 
3. Rippe verschärftes Exspirium. Im Sputum keine Tub. Bac. 

Am 24. VIL Blutentnahme und Impfung nach Pirquet. Vom 25. VII. 
bis zum 1. VII. wurde keine Cutireaktion beobachtet, dann verlor ich Patient 
aus den Augen. 

Die Blutuntersuchung nach dem Bordetschen Prinzip ergab: 

. 0,5 ccm Tub. ?*',, + 0,5 ccm Ser. 1/,,: keine Hämolyse . 

- 05» H E +05 5 d SC schwache ” 

ELE 45 » ley FOS » an Lan" VOllige + 

O,5 » ” EH +05 » „ A un: „ ” 
O,5 ,, SH Gg +05 ,„ 5 SE Ké = 


wm a w N nm 


ie BLUTUNTERSUCHUNGEN ETC. III. 197 





d) Patient Martin, 18 Jahre, Handlungsgehilfe, Phthisiophob, kein Organ- 
befund. Auf Wunsch am 25. VI. Blutentnahme und Impfung nach Pirquet. 
Noch 10 Tage nach der Impfung keine Cutireaktion. 

Die Blutuntersuchung nach dem Bordetschen Prinzip ergab: 


I. 0,5 ccm Tub. Ten + 0,5 ccm Ser. !/,: keine Hämolyse 
2. 0,5 IT ” nee + 0,5 2 33 oe ” ” 
3.05 ,„ » HMOFOS » an Ha: schwache ,, 
4.05 5; ” ee T O5 » 9 hate 39 „ 
5. 05 5, „ e +05 ,„ IP eat völlige y 
€. 0,5 „ 3) + 0,5 3) „ ae „ 2) 


7: 0,5 » » ‘isn + O5 » a Yw » D 
e) Patient Stein, 40 Jahre, Handlanger. Seit 1903 jedes Jahr Blutsturz. 
Jetzt wieder Husten, Hámoptoé. Im Sputum Tub. Bac. 
Befund: VR O inspiratorisches Exspirium, VLO verschärftes Inspirium; 
am 30. VIL Blutentnahme und Impfung nach Pirquet. 
Die Cutireaktion bestand in einer sehr geringen Rótung und Schwellung 
der allernächsten Umgebung der Impfstelle, sie dauerte vom 31. VIL bis 7. VIL. 
Blutuntersuchung nach Bordet: 
1. 0,5 ccm Tub. ?/,, + 0,5 ccm Ser. !/,,: völlige Hämolyse 


2.05 » „ Sen +05 » ” or ” „ 
3. 0,5 » ” Yen +05 » D so: D » 
4. 0,5 » ” KE +05 » ” "Tan? „ „ 
5.05 , ” SEH +05 5 ” ane „ » 
6. 0,5 „ „ eee +0,5 » IT E » 9 


Eine schwächere Verdünnung wie !/,, ließ sich nicht herstellen, weil zu 
wenig Serum vorhanden war. 
f) Kaninchen X, mit Hammelblut vorbehandelt, ging dann an Pneumonie 
ein. Serum, selbst unverdünnt, für Hammelerythrocyten nicht hämolytisch. 
Blutuntersuchung nach Bordet: 
1. 0,5 ccm Tub. !/,, + 0,5 ccm Ser. ?/,: völlige Hämolyse 


2. 0,5 » » CH +05 » ” 20: „ » 
3. 0,5 » » a +05 » 33 hic ” „ 
4. 0,5 55 „ SC +05 ,„ „ ons: „ „ 
5. 0,5 „ ” es + 0,5 » „ RT 39 ” 


Von den sieben gegen 0,5 ccm Tub. !/,, austitrierten Blutseris zeigten 
also alle bei einer gewissen Verdiinnung vóllige Hamolyse. Es kann somit 
hier nicht der Verdacht einer die Komplemente schädigenden Wirkung der 
Tuberkulinverdiinnung !/,, aufkommen. Ich halte die Verdünnung (?/,,) dem- 
nach für die quantitative Bestimmung der Immunkórper für geeignet. 

Um kurz zu rekapitulieren, war 

Serum 500 ein 4-faches Antituberkulinserum (= 4 A.S 
» Roder ,, 7- „ be Kee 
» Otto e: Pe 299 E (=:7 AS. 
» Weyer ,, 2- ,, > (=2 AS 
» Martin „ 5- ,, be (6 AS 


198 BERMBACH, BLUTUNTERSUCHUNGEN ETC. III. est 











Serum Stein weniger als ein einfaches Antituberkulinserum (< 1 A.S.), 

» kan X annähernd ein o-faches a (SOAS) 

Nur bei einem Patienten (Stein) stand die Tuberkulose durch den 
Bazillenbefund ganz einwandsfrei fest; bei dreien (Roder,. Otto, Weyer) 
bestand nur Verdacht auf Tuberkulose im I. Stadium, der letzte Patient 
(Martin) war als gesund anzusehen. Auffallend ist allerdings der geringe 
Gehalt an Immunkörpern bei Stein. Da wir nach Wolff-Eisner (l. c.) über 
den diagnostischen Wert der Cutireaktion bei Suspekten noch kein abschließen- 
des Urteil abgeben können, so verzichte ich auf jede SchluBfolgerung aus 
meinen Blutuntersuchungen bei diesen drei Patienten, zumal hier eine Be- 
ziehung zwischen dem Verlauf der Cutireaktion und dem Immunkörpergehalt 
des Serums vermift wurde. 

Die Ausführung der quantitativen Bestimmung der Tuberkulose- 
immunkörper würde sich also folgendermaßen gestalten: 

Von dem zu untersuchenden Serum wird zuerst eine Verdünnung von 
1:10 (O,f ccm Serum + 0,9 ccm NaCi-Lósung) und hiervon eine Reihe 
stärkerer Verdünnungen zu je 0,5 ccm angelegt. Schlimmstenfalls dürften also 
dem Kranken 0,5—1,0 ccm Blut zu entnehmen sein, ein Blutverlust, den wohl 
jeder für die aktive Immunisierung in Betracht kommende Patient ohne Schaden 
vertragen kann. Zu den einzelnen Verdünnungen werden je 0,5 ccm Tuber- 
kulin Y/,, + 0,5 ccm NaCl (zweckmäßiger direkt 1,0 ccm einer 1°/,igen 
Tuberkulinlösung) + 2 Tropfen des zur Reaktivierung dienenden Normalserums 
zugesetzt. Der Aufenthalt dieser Gemische im Brutschrank soll, nach meinen 
Erfahrungen, mindestens 6 Stunden betragen, bevor das inaktivierte hämo- 
lytische Serum plus Hammelerythrocyten hinzugefügt werden. Das Endresultat 
soll erst nach einem weiteren 24-stündigen Aufenthalt im Brutschrank abgelesen 
werden. Bei all meinen Versuchen mit der Tuberkulinlösung von !/,, konnte 
eine Hämolyse nach 6 Stunden nirgends konstatiert werden, während sie 
nach 24 Stunden in einem großen Teil der Gläschen — bei gleichzeitigem 
Fehlen in den Kontrollproben! — vorhanden war. Der protrahierte 
Verlauf der Reaktionen legt mir die Vermutung nahe, daß die Angaben 
mancher anderer Untersucher über die intensive komplementschädigende 
Wirkung des Tuberkulins auf eine zu kurze Beobachtungszeit zurückzuführen ist. 

Es würde mir eine große Genugtuung gewähren, wenn die von mir 
vorgeschlagene Methode einer Nachprüfung standhielte und in der Praxis Ein- 
gang fände. 

ls drängt mich, hier nochmals Herrn Kollegen Czaplewski für die 
mir in seinem Laboratorium gewährte Gastfreundschaft herzlichst zu danken. 


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XI. 
Tuberkulinproben und Tuberkulinkuren. 
(Aus der Heilanstalt Hohenhonnef.) 
Von 
Gan, Rat Dr. med. E. Meißen, leitendem Arzte.!) 






Ns ist eine bemerkenswerte Tatsache, daß die Häufigkeit der Todesfälle 
ba zc durch Tuberkulose seit einigen Jahrzehnten in verschiedenen Ländern 
y Europas eine deutliche Abnahme zeigt. Am frühesten ist dieser 
Rückgang der ,weiben Pest“ in England hervorgetreten: Dort ist die Tuber- 
kulose-Sterblichkeit, auf 10000 Einwohner berechnet, von 33 im Jahre 1864 
auf 18 im Jahre 1904 gesunken, trotz der ausgedehnten Industrie und trotz 
dem unfreundlichen Nebelklima dieses Landes. Auch Deutschland, zumal 
Preußen zeigt diese Abnahme: In Preußen ist die Tuberkulosemortalität, ebenso 
auf 10000 Lebende berechnet, von 32 im Jahre 1876 auf 17—18 im Jahre 
1906 gefallen, so daß wir unseren Vettern gleichkommen. Es ist dabei über- 
raschend, daß die Abnahme im industriellen Westen wesentlich größer ist als 
im agrarischen Osten, und zwar merkwürdigerweise am größten in den Städten: 
Einzelne Fabrikstädte wie Barmen und Essen haben seit 20 Jahren trotz ihrer 
gewaltigen Vergrößerung ihre Tuberkulosesterblichkeit auf die Hälfte herab- 
gedrückt, Elberfeld und Dortmund auf weniger als die Hälfte, Krefeld gar auf 
weniger als ein Drittel! Die Tuberkulosemortalität von Danzig, Königsberg 
und Stettin sank dagegen in der gleichen Zeit nur auf 84, 80 und 77°/,, das 
heißt auf vier Fünftel bis drei Viertel. ?) 

Fragt man nach den Gründen dieser erfreulichen Erscheinung, so hört 
man heutzutage, wo die Kontagiositát der Tuberkulose stark betont wird, gern 
die Antwort, daß die Abnahme auf die größere Sorgfalt in der Beseitigung 
des infektiösen Sputums der Lungenkranken und die dadurch verminderte 
Infektionsgelegenheit zu beziehen sei. Es ist leider nicht wahrscheinlich, daf 
diese besonders von Cornet vertretene Auffassung die wirkliche Ursache trifft: 
Der Auswurf der Tuberkulösen ist sicher nicht der einzige Ursprung der 
tuberkulösen Infektion, die vermutlich viel mannigfaltigere und verstecktere 
Quellen hat, als wir zurzeit annehmen. Es ist auch mit der angeblichen 
größeren Sorgfalt in der Behandlung des Sputums keineswegs allgemein so 
bestellt, wie gelegentlich behauptet wird: Außerhalb der Krankenhäuser und 
Anstalten trifft man wohl eine oft wunderliche Bazillenangst, aber was geschehen 
sollte, geschieht meist mangelhaft oder garnicht. Die Bemühungen der Ärzte 





1) Nach einem Vortrag, gehalten zu Köln in der rheinisch-westfálischen Gesellschaft für innere 
Medizin. 

2) Veröffentl. d. Kaiserl. Gesundheitsamtes über die Verbreitung der Lungentuber- 
kulose und der entzündlichen Erkrankungen der Atmungsorgane in europäischen Ländern, Bernh. 
Paul, Berlin 1899. 

H. Weicker, Tuberkulose-Heilstitten-Dauererfolge. F. Leineweber, Leipzig 1903. 

B. Fränkel, Die Abnahme der Tuberkulosesterblichkeit und ihre Ursachen. Berl. klin. 
Wehschr, 1908, Nr. 12. 


S ZEITSCHR. f. 
200 E, MEISSEN. TUBERKULOSE 








scheitern an der Trägheit und dem Unverstand der Menschen. Darüber sollten 
wir uns keinen Täuschungen hingeben. 

Träfe die Cornetsche Meinung zu, so müßte sich eine Abnahme der 
Tuberkulosemorbidität zeigen. Nun wissen wir aus der pathologischen 
Anatomie (Nägeli, Lubarsch, Burckhardt u. a), daß bis weit über 90°/, 
sämtlicher Menschen bei der Sektion tuberkulöse Veränderungen aufweisen, 
daß wir also in der Tat so ziemlich alle „ein bißchen tuberkulös“ sind, während 


doch nur ein viel geringerer Prozentsatz, durchschnittlich ?/,—!/, der Menschen 


an Tuberkulose stirbt. Eine Abnahme dieser fast allgemeinen Durchseuchung 
ist bisher nirgends beobachtet worden, im Gegenteil, je mehr man bei den 
Sektionen darauf achtete, desto mehr wurde sie bestätigt. Weitere Bestätigung 
findet sie, wie wir sehen werden, durch die Tuberkulinproben. 


Hier scheint nun aber der Ausgang zu einer befriedigenden, wenn auch 
vielleicht nicht vollständigen Erklärung der Abnahme der Tuberkulosesterblichkeit 
zu liegen: Offenbar ist tuberkulöse Infektion und tuberkulöse Erkrankung, das 
heißt klinische Tuberkulose nicht identisch. Wie es scheint, führt die tuber- 
kulöse Infektion, aus welchen Quellen sie stammen und welche Eingangspforten 
sie wählen mag, fast stets zunächst nur zur Bildung kleiner Herde, zuerst in 
den Drüsen. Diese wirken als Schutzorgane, in denen die Bazillen vielfach 
allmählich zerstört werden mögen, häufiger aber in einem latenten Zustande 
mit stark geschwächter Lebensfähigkeit sich erhalten. Man hat dieses latente 
Stadium, das sich wahrscheinlich meist über viele Jahre hinzieht, nicht ganz 
zutreffend als eine Inkubation auffassen wollen: Es ist vielmehr ein Zustand, 
der zur tuberkulösen Erkrankung führen kann, aber nicht führen muß. Es 
kommt für gewöhnlich erst dann zur Entwickelung einer klinischen Tuberkulose, 


wenn, abgesehen von konstitutioneller Minderwertigkeit, ungünstige oder fehler- 


hafte Lebensbedingungen: gesundheitwidrige Verhältnisse der Wohnung, der 
Ernährung, des Berufes und der Arbeit, schädliche Gewohnheiten und Mif- 
bräuche, gewisse Krankheiten, traumatische Einwirkungen das auslösende 
Moment abgeben. Auf viele von diesen Verhältnissen vermögen wir offenbar 
verbessernd einzuwirken, und haben es zweifelsohne tatsächlich durch die groß- 
zügigen Leistungen der allgemeinen Hygiene getan. Die öffentliche Gesundheits- 
pflege hat zwar die tuberkulöse Infektion nicht nachweislich vermindert, wohl 
aber durch Herbeiführung gesunderer Wohnungs-, Ernährungs- und Arbeits- 
verhältnisse, durch die Ermöglichung besserer Lebenshaltung die Weiter- 
entwickelung tuberkulöser Infektion zu tuberkulöser Erkrankung mit Erfolg bei 
vielen Menschen verhindert. Daraus erklärt sich hauptsächlich die Abnahme 
der Tuberkulosesterblichkeit, die sicher nicht zufällig gerade in den Ländern 
anı deutlichsten hervortritt, die in den volkshygienischen Bestrebungen an der 
Spitze stehen. England ist hier dem Kontinent vorangegangen und zeigt des- 
halb die Abnahme lange Jahre vor der Entdeckung des Tuberkelpilzes und 
damit vor den auf seine Beseitigung gerichteten Bemühungen. Wir sind nach- 
gefolgt und haben das Gleiche erreicht. Es ist kein Grund vorhanden, bei uns 
nach anderen Gründen zu suchen als in England gewirkt haben. Eine Be- 
stätigung liegt überdies darin, daß Irland mit seinen in mancher Hinsicht 


BD.KULHEFTS. ` TUBERKULINPROBEN UND TUBERKULINKUREN. 201 


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unerfreulichen Verhältnissen, umgekehrt wie England, nicht eine Abnahme, 
sondern eine Zunahme der Tuberkulosesterblichkeit zeigt, und daß das volks- 
hygienisch noch sehr rückständige Rußland die höchste Tuberkulosemortalität 
von allen europäischen Ländern aufweist. 

Wenn uns in Deutschland eine friedliche Weiterentwickelung beschieden 
ist, so dürfen wir wohl auf weiteres Absinken hoffen, das allerdings wahr- 
scheinlich eine Grenze haben wird, schon weil die soziale Hygiene ideale 
Zustände wohl erstreben, niemals aber erreichen kann. Wir Ärzte müssen 
natürlich auch die Bekämpfung der Infektionsgelegenheiten ins Auge fassen, 
das heißt auf die Beseitigung des Tuberkelbazillus hinarbeiten. Die heut- 
zutage übliche, vielfach bis ins Lächerliche geschürte Ansteckungsfurcht, die 
den Tuberkulösen fast wie einen Pestkranken ansieht, ist dabei freilich ein 
recht ungeeignetes Mittel, eher ein Hindernis, weil sie viele Tuberkulöse ver- 
anlaßt, ihre Krankheit zu verhehlen. Furcht ist stets ein schlechter Ratgeber! 
Jedenfalls wird die Tuberkulose noch geraume Zeit eine Plage der Menschheit 
sein und ihr Studium eine hochwichtige Angelegenheit bleiben. Ihrer Be- 
kämpfung geht vorauf ihre sichere Erkennung, die theoretisch und praktisch 
von gleicher Bedeutung ist, und wir gelangen damit auf die Tuberkulinproben, 
deren neuere Entwickelung hier einer kritischen Betrachtung unterworfen 
werden soll. 

Das Tuberkulin ist ein äußerst feines Reagens auf das Vorhandensein 
tuberkulöser Veränderungen im menschlichen Organismus. Bis vor kurzem 
kannten wir nur die subkutane Tuberkulinprobe, die Robert Koch gleich 
bei der Entdeckung seines ersten Tuberkulins angab. Sie beruht bekanntlich 
darauf, daß die Einspritzung kleiner Mengen von Tuberkulin (ein oder einige 
Milligramm) unter die Haut eine entzündliche Reizung in der Umgebung vor- 
handener tuberkulöser Herde, sowie Fieberbewegungen bewirkt. Diese Reaktion 
zeigt sich, auch wenn die Veränderungen sehr gering sind, also auch bei sehr 
vielen anscheinend gesunden Menschen. So fand der österreichische Stabsarzt 
Franz, daß über 60°/, der gesunden Soldaten eines bosnischen Regiments 
auf 1—3 mg Tuberkulin reagierten. Hier konnte es sich also nur um die 
erwähnten kleinen latenten Herde handeln. 

Die subkutane Tuberkulinprobe hat manche Bedenken gegen sich: 
Gelegentlich tritt die Fieberreaktion mit bedenklicher Heftigkeit auf, so daß ihre 
unbedingte Nichtschädlichkeit mindestens zweifelhaft ist. Wegen der erforder- 
lichen häufigen Temperaturmessungen ist sie außerdem lästig und umständlich. 
Vor etwa einem Jahre zeigte nun v. Pirquet in Wien, daß die Einverleibung 
geringer Mengen Tuberkulin in die Haut selbst die Reaktion lokalisiert, so daß 
der Vorgang sich an Ort und Stelle abspielt. Das ist die kutane Tuberkulin- 
probe. Kurze Zeit nachher fand Wolff-Eisner!) in Berlin, daß man durch 
Eintropfen einer Tuberkulinlösung ins Auge, das heißt in den Bindehautsack 
in der Conjunctiva eine Reaktion erzeugen kann, die bei tuberkulös Infizierten 
auftritt, und der er sowohl diagnostische wie prognostische Bedeutung beimißt. 


1) A. Wolff-Eisner, Die kutane und die konjunktivale Tuberkulir reaktion, ihre Bedeutung 
für Diagnose und Prognose der Tuberkulose. Ztschr. f. Tuberkulose Tock, Bd. 12, Heft 1. 


ZEITSCHR. f. 
TUBERKULOSE 


202 E. MEISSEN. 








Er hat diese Reaktion als die konjunktivale Tuberkulinprobe benannt. 
Gleich nach Wolff-Eisner hat auch Calmette in Paris diese Augenprobe 
versucht, und sie als Ophthalmoreaktion bezeichnet; man spricht deshalb 
vielfach auch von der Calmetteschen Reaktion. Doch hat Calmette selbst 
die Priorität Wolff-Eisners ausdrücklich anerkannt, dem sie jedenfalls 
gebührt. | 

Die Ausführung der neuen Tuberkulinproben gestaltet sich sehr einfach: 
Man bringt für die kutane Reaktion einen Tropfen einer 25°/,igen Lösung von 
Tuberkulin mittels Tropfglases auf die gereinigte Haut, etwa am Vorderarm, 
und ritzt sie dann mit einer Impfnadel oder mit dem für den besondern Zweck 
angegebenen v. Pirquetschen Schaber. Nach dem Vorübergehen der geringen 
Wundreaktion, entsteht nach etwa 6 Stunden eine Reaktion an der Wundstelle 
von verschiedener Intensität: Hyperämie, Infiltration, Exsudation. Die Dauer 
dieser Papelbildung ist verschieden; unter Umständen kann sie wochenlang 
bestehen. Gelegentlich entsteht sie auch nicht schnell, sondern erst nach einigen 
Tagen: Dauerreaktion und Spätreaktion. 

Die konjunktivale Tuberkulinprobe ist noch einfacher: Man bringt mit 
einem Tropfglas einen mittelgroßen Tropfen einer 1°/,igen Lösung von Tuber- 
kulin in den Bindehautsack eines Auges, indem man den etwas zurück- 
gebeugten Kopf fest anlehnen läßt, das untere Augenlid abzieht und das obere 
gleichzeitig fixiert. Man hat nur dafür zu sorgen, daB der Tropfen im Auge 
bleibt, und hält also die angegebene Lage etwa eine Minute lang fest, um 
Zwinkern auszuschließen. Am besten macht man die Sache mit einem 
Gehilfen, der die Augenlider halt. 6—24 Stunden nach dem Einträufeln tritt 
eine entzündliche Reizung der Conjunctiva auf, die verschiedene Intensität 
annehmen kann, von leichter Hyperämie bis zu seröser Durchtränkung und 
Fibrinexsudation. 

Man kann die Reaktionen mit jedem Tuberkulin anstellen; doch erfordern 
sie etwas verschiedene Konzentrationen. Es empfiehlt sich das Kochsche 
Alttuberkulin zu wählen, das die konstanteste Zusammensetzung hat. Es 
empfiehlt sich weiter, nicht wesentlich über die angegebenen Konzentrationen 
hinauszugehen, die völlig ausreichen und bei denen man unerwünschte Heftig- 
keit der Reaktion vermeidet. Daß man bei Erkrankung der Haut, namentlich 
aber des Auges, von den Proben Abstand zu nehmen hat, versteht sich von 
selbst. Bei der konjunktivalen Probe dient das zweite Auge zur Kontrolle; eine 
bestehende leichte chronische Conjunctivitis beider Augen ist also kein Hindernis. 
Bei der kutanen Probe kann man zu gleichem Zwecke eine Hautstelle in der 
Nähe der Impfstelle ebenso wie diese behandeln, indem man nicht die Tuberkulin- 
lösung, sondern einen Tropfen physiologische Kochsalzlösung oder Borsäure- 
lösung aufbringt. Bei Wiederholung der Proben nach kurzer Zeit tritt bei 
vielen Leuten, die zuerst nicht reagierten, eine Überempfindlichkeit ein, so daß 
man die so erhaltenen Ergebnisse nicht sicher verwerten kann; solche Wieder- 
holung ist also zu praktischen Zwecken nicht brauchbar. 


* 


Ge Ge TUBERKULINPROBEN UND TUBRKULINKUREN. 203 











Über die Resultate, die mit den neuen Proben erreicht werden, hat 
Wolff-Eisner?) folgende Leitsátze aufgestellt: 

1. Gesunde reagieren kutan etwa in der Hälfte der Fälle — also an- 
nähernd ebenso häufig wie bei der subkutanen Probe, konjunktival in etwa 
1/, der Fälle. Die Reaktion der Gesunden ist häufig eine Spätreaktion, und 
es ist wahrscheinlich, daB diese einen latenten Herd anzeigt. 

2. Die Tuberkulösen des I. Stadiums reagieren annähernd gleichläufig 
kutan und konjunktival — etwa 80°/,. Die konjunktivale Reaktion scheint 
durchschnittlich stärker aufzutreten, so daß ihr, mit Rücksicht darauf, daß sie 
bei Gesunden seltener eintritt, der größere klinische Wert beizumessen ist. 

3. Bei den Tuberkulösen des II. und III. Stadiums wird eine positive 
Reaktion immer seltener und schwächer, je weiter die Erkrankung fort- 
geschritten ist oder je mehr sie zum Fortschreiten neigt. Dies gilt namentlich 
für die konjunktivale Probe. 


An die Entdeckung dieser Reaktionen hat sich alsbald eine wahre Flut 
von Veröffentlichungen geknüpft, auf die einzugehen zu weit führen würde. 
Man wird gut tun, sich zunächst an die Darlegungen Wolff-Eisners!) selbst 
zu halten, der den Gegenstand in einem Buche sehr gründlich bearbeitet hat, 
auch nach der theoretischen Seite hin über die Natur des Tuberkulins und 
seine Wirkungen. | 

Es ist zweifellos ein wesentlicher Fortschritt, daß wir zu der immerhin 
bedenklichen und umständlichen alten Tuberkulinprobe zwei einfache und 
gefahrlose Verfahren bekommen haben. Was nun die diagnostische Verwendung 
aller Tuberkulinproben anlangt, so ist nicht recht verständlich, weshalb die 
meisten Autoren ihnen auch bei der klinischen Tuberkulose hohen Wert bei- 
messen und sich so gebärden, als ob ihre Erkennung erst durch sie ermöglicht 
wäre. Eine nur einigermaßen entwickelte Tuberkulose ist doch so leicht zu 
erkennen, daß die Tuberkulinproben hier wahrlich erübrigen. Dem erfahrenen | 
Arzte werden die gewöhnlichen klinischen Hilfsmittel: die sorgfältige Anamnese, 
die genaue physikalische Untersuchung, die Mikroskopie des Auswurfes, viel- 
leicht noch die Röntgen-Durchleuchtung auch in schwierigen Fällen fast stets 
genügen. Es ist sehr anzuerkennen, daß der „klinische Bakteriologe“, wie 
Wolff-Eisner sich nennt, vor der Überschätzung bakteriologischer Methoden 
warnt, und den Wert der rein klinischen Untersuchung nicht nur betont, 
sondern z. B. die neueren Methoden der Perkussion (Krönig, Goldschmidt) 
in seinem Buche eingehend bespricht. Die alte subkutane Tuberkulinprobe 
versagt naturgemäß offenbar gerade in schwierigen, zweifelhaften Fällen und ist 
zur Diagnose einer klinischen Tuberkulose wenig brauchbar. Denn die 
Allgemeinreaktion, das Fieber, sagt über den Sitz der Infektion nichts aus; sie 
braucht sich garnicht auf das verdächtige Organ, sondern kann sich auf irgend 
einen harmlosen latenten Herd beziehen. Die Probe ist hier ein viel zu feines 
Reagens, weil zweifellos auch nicht an Tuberkulose erkrankte Menschen und 


Y Wolff-Eisner, Dic Ophthalmo- und Kutandiagnose der Tuberkulose, nebst Besprechung 
der klinischen Methoden zur Frühdiagnose der Lungentuberkulose, Beitr, z. Klinik d. Tub., Bd. 9, 
Heft 1. C. Kabitzsch, Würzburg 1908. 


es ZFITSCHR. f. 
204 id __ TUBERKULOSE 





Gesunde in großer Zahl reagieren. Die lokale Reaktion ist aber nur in be- 
stimmten Fallen wie Lupus, Kehlkopferkrankung u. dgl. einigermaßen zu ver- 
werten, für die Lunge selten und mit großer Vorsicht, weil sie unter Umständen 
sicher Gefahr bringt. Ähnliches gilt von der kutanen und der konjunktivalen 
Probe, nur daB hier bei richtiger Ausführung jede Gefahr fortfällt. 

Die kutane Probe hat anscheinend ziemlich die gleiche Empfindlichkeit 
wie die subkutane und ist dabei völlig unbedenklich; sie vermag diese also 
zu ersetzen. Zu klinisch diagnostischen Zwecken sind beide wenig geeignet. 
Eine sehr wichtige Bedeutung der v. Pirquetschen Reaktion kann dagegen 
auf einem andern Gebiete liegen, wo sie gerade wegen Ungefährlichkeit be- 
sonders geeignet ist: Man sollte sie bei Gesunden und bei nicht tuberkulose- 
verdächtigen Kranken fleißig nachprüfen, um über die Verbreitung der tuber- 
kulösen Infektion ins klare zu kommen und die Ergebnisse der pathologischen 
Anatomie zu ergänzen. Dadurch würden wir eine Grundlage gewinnen, um 
endlich zu richtigen Vorstellungen über die Entstehung der tuberkulösen Er- 
krankung zu gelangen. Es geht nicht an und entspricht nicht der beob- 
achtenden Erfahrung, die Tuberkulose einfach unter die kontagiösen Er- 
krankungen einzureihen: Tuberkulöse Infektion und tuberkulöse Erkrankung 
sind nicht identisch vom klinischen Standpunkt aus. 


Anders scheint es mit der konjunktivalen Tuberkulinprobe zu sein. Nach 
ihrem Entdecker würde sie bei klinischer Tuberkulose ein prognostisches 
Urteil gestatten, in dem Sinne, daß wir durch sie erfahren, ob der Organismus 
ın einem solchen Zustande sich befindet, daß er mit Hilfe geeigneter MaB- 
nahmen der Krankheit Widerstand zu leisten vermag. Die bloße Stadium- 
einteilung, so wie sie heute beliebt ist, gibt hier nur unbeträchtlichen Anhalt, 
weil sie nur die quantitativen, nicht die qualitativen Verhältnisse der tuber- 
kulösen Erkrankung berücksichtigt. Man könnte sie allerdings verbessern, 
wenn man nach meinem Vorschlage der Angabe des Stadiums jedesmal hinzu- 
fügen wollte, ob es sich um eine offene oder eine geschlossene Tuberkulose, 
und namentlich, ob es sich um eine fieberlose oder eine fieberhafte, das heißt 
mit langwierigem Fieber verlaufende oder zu wiederkehrendem Fieber neigende 
Tuberkulose handelt. Der Fieberhaftigkeit nämlich kommt eine ähnliche Be- 
deutung zu, wie Wolff-Eisner sie seiner konjunktivalen Tuberkulinprobe bei- 
mißt: Ausgesprochen fieberhafter Verlauf bedeutet einen ungünstigen Fall, 
dessen Behandlung schwieriger und dessen Aussichten wesentlich schlechter 
sind als bei dauernd fieberlosem Verlauf, wo Stillstand und Heilung viel leichter 
erfolgen. Entsprechend soll der positive Ausfall der Augenprobe ausreichende 
organische Widerstandsfähigkeit bedeuten, der negative deren Mangel. Dieser 
Mangel ist jedenfalls ein übles Zeichen. Die positive konjunktivale Reaktion 
würde also die Fähigkeit des Organismus beweisen, den Kampf zu führen, 
würde uns ermuntern, ihm diesen Kampf zu erleichtern, ihn in geeigneter Weise 
zu unterstützen, um vielleicht auch zum Siege zu gelangen. Freilich gilt der 
Ausfall der Probe nicht für alle Zukunft, sondern nur für die nächste Zeit; 
die Verhältnisse können sich ändern. Aber die Reaktion gibt ihre Auskunft 
sofort, während die Beurteilung der Fieberhaftigkeit längere Beobachtung 














BD XITBMEFIS. ` TUBERKULINPROBEN UND TUBERKULINKUREN. 205 
erfordert, und sie gibt sie auch bei bestehendem Fieber, dessen Bewertung 
naturgemäß in sich verschieden ist und sich deshalb recht oft schwierig gestaltet. 

Man wird von einer derartigen klinischen Reaktion nicht verlangen, daß 
sie ein absolutes Werkzeug sei: Wir müssen mit Fehlergrenzen rechnen. Wenn 
aber die Genauigkeit auch im Bereiche von etwa 5°/, schwanken sollte, so 
würde das den Wert der Probe nicht aufheben; sie würde eine willkommene 
Ergänzung unserer klinischen Hilfsmittel bleiben, die gerade bei der Prognostik 
der Lungentuberkulose eine solche Ergänzung brauchen können. 

Wir haben nun in Hohenhonnef die konjunktivale Tuberkulinprobe hin- 
sichtlich ihrer prognostischen Bedeutung einer Nachprüfung unterzogen. Wir 
haben uns dabei möglichst genau an die Vorschriften des Entdeckers gehalten, 
wie sie vorher dargelegt wurden, und die Ergebnisse mit der Beurteilung der 
organischen Widerstandskraft, wie sie aus der sonstigen klinischen Untersuchung 
sich ergibt, in Vergleichung gestellt. Wir haben vorzugsweise solche Fälle 
gewählt, wie die rein klinische Beurteilung wenigstens für die zunächst abseh- 
bare Zukunft der betreffenden Kranken durch längere Beobachtung ausreichend 
begründet war. Das Ergebnis ist eine recht befriedigende Übereinstimmung 
mit den Angaben und Darlegungen Wolff-Eisners. Zunächst ist zu betonen, 
daß die Probe niemals irgendwie bedenkliche oder auch nur beschwerliche 
Folgen hatte; nur in wenigen Fällen wurden Borwasser-Umschläge verordnet, 
um die Reizerscheinungen zu lindern. Versagt hat die Probe nur in 3 von 
78 Fällen, das heißt hier trat eine ausgesprochene Reaktion auf, obwohl es 
sich um schlechte Fälle mit ungünstigem Verlaufe handelte. Das würde einer 
Fehlergrenze von etwa 4°/, entsprechen. Diesen Fällen stehen übrigens 2 andere 
gegenüber, wo umgekehrt die nach dem sehr schwachen Ausfall der Reaktion 
ungünstige Beurteilung durch den weiteren Verlauf sich bestätigte, während sie 
rein klinisch nicht so schlecht schien. — Auffallend starke Reaktionen, die 
nur selten auftraten, scheinen eine besondere Bedeutung nicht zu haben. Man 
hat den Eindruck, daß normale, das heißt mäßig starke Reaktionen am ehesten 
ein prognostisch günstiges Urteil erlauben. 


Zu bemerken ist, daß in einigen seit längerer Zeit zum Stillstand gelangten 
Fällen die Reaktion sehr schwach ausfiel oder auch fehlte. Völlig fehlte sie in 
einigen anderen Fällen, die auch klinisch nicht als Tuberkulosen anzusprechen 
waren (multipler Lungenabszeß, chronisch-katarrhalische Pneumonie): Wenn sich 
die Fälle dem Gesunden nähern, oder wenn es sich nicht um Tuberkulose 
handelt, fallt die Probe negativ oder annähernd negativ aus. Das stimmt zu 
zu der Angabe Wolff-Eisners, daß von Gesunden nur ?/, konjunktival ` 
reagieren. Ähnliches gilt aber nun auch für die schweren und schwersten 
Fälle. Man könnte das für einen Fehler der Methode halten. Doch lassen 
sich diese Extreme wohl stets leicht auseinanderhalten. — Daß alle Menschen, 
die konjunktival reagieren, nicht nur tuberkulös infiziert sind, sondern auch 
mit großer Wahrscheinlichkeit mehr oder minder aktive Herde haben, ist eine 
Schlußfolgerung, die sich schon aus der relativen Seltenheit einer positiven 
Reaktion bei Gesunden ergibt. Die praktisch wichtigste Folgerung bleibt aber, 
daß ein Patient mit manifester Lungentuberkulose, bei dem die konjunktivale 


SE ZEITSCHR. f. 
Spe E. MEISSEN. ` _______TUBERKULOSE 





Tuberkulinprobe deutlich positiv ausfällt, mit einer Wahrscheinlichkeit von 
etwa 25:1 seiner Erkrankung für die nächste Zukunft zu widerstehen vermag 
und Aussicht hat, mit Hilfe der üblichen hygienisch-diätetischen Maßnahmen 
weiteren Erfolg zu erreichen, vielleicht zum Siege zu gelangen. Es wird sich 
empfehlen, die Probe mit Wechsel des Auges etwa alle 6 Wochen zu wieder- 
holen, um einen Anhalt für die weitere Beurteilung des Falles zu gewinnen. 

Jedenfalls ermuntern diese Ergebnisse zur weiteren Prüfung dieser ein- 
fachen und gefahrlosen Probe, und es wäre von nicht geringer praktischer Be- 
deutung, wenn sie Bestätigung fände: Zu einem endgültigen Urteil sind größere 
Zahlenreihen erforderlich als dem Einzelnen in kurzer Zeit zur Verfügung 
stehen. — 

In den letzten Jahren hat das Tuberkulin auch zu Heilzwecken wieder 
mehr, zum Teil recht begeisterte Anhänger gefunden. Diese berichten von 
vorzüglichen Erfolgen, die sie der Tuberkulinkur allein zuschreiben, obwohl 
doch gleichzeitig klimatische und hygienisch-diätetische Maßnahmen in An- 
wendung kamen. Sie befürworten die Einführung in die allgemeine Praxis, 
und betonen doch selbst die Schwierigkeit der Dosierung des zweischneidigen 
Mittels im einzelnen Fall und die Notwendigkeit oft wiederholter, genauer 
Temperaturmessungen, was außerhalb des Krankenhauses oder der Anstalt nur 
ausnahmsweise durchführbar ist. Ihnen gegenüber stehen die Skeptiker, die 
trotz eifrigen Bemühens diese glänzenden Leistungen nicht zu erkennen ver- 
mögen. Wir verfügen zurzeit wohl über ein volles Dutzend verschiedener 
Tuberkuline, deren jedes besondere Vorzüge beansprucht, und zy denen doch 
immer wieder neue Modifikationen hinzutreten. Jedenfalls ist die Frage noch 
nicht geklärt, ob diesen eigenartigen Giftstoffen wirklich spezifische Heilkraft zu- 
kommt. Auch der Skeptiker möchte diese Frage gern gelöst sehen, und würde 
dafür gern auf die endlosen theoretischen Darlegungen verzichten, die alle 
Tuberkulin-Empfehlungen begleiten, weil es doch mehr auf bewiesene Tat- 
sachen als auf beweisen sollende Theorien ankommt. Wir sind also auf 
weitere Versuche angewicsen. 


Zwei Wirkungen werden dem Tuberkulin zugeschrieben: Eine hyperámi- 
sierende auf das „tuberkulöse Gewebe“, im besonderen auf die Umgebung der 
tuberkulösen Herde, und eine immunisierende gegen die Wirkungen des 
Tuberkelpilzes. Die erste ist unbestritten; auf ihr beruht die lokale Reaktion 
der alten und in abgeleiteter Weise auch der neuen Tuberkulinproben. Die 
zweite aber ist unbewiesen, solange die Tierversuche nicht klarere, über- 
einstimmendere Ergebnisse zeigen. Man erreicht ersichtlich nur eine Immuni- 
sierung gegen das betreffende Tuberkulin, nicht einmal gegen andere Tuber- 
kuline, ein für den Kranken recht zweifelhafter Gewinn. Ich ziehe es deshalb 
vor, mich an die hyperämisierende Wirkung zu halten und darauf allein eine 
Tuberkulinkur zu begründen. Jedes Tuberkulin hat seine besonderen Ver- 
ehrer. Ich verwende mit Vorliebe das Kochsche Alttuberkulin, das am gleich- 
mäßigsten hergestellt wird, und auch sonst wie es scheint am meisten beliebt 
ist. Zur Behandlung wähle ich solche Fälle, deren Eigenart ich durch längere 
Beobachtung ausreichend kenne, die auch vorwärts gekommen sind, wo aber 


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BD.XULHEFTS. ` TUBERKULINPROBEN UND TUBERKULINKUREN. 


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der Fortschritt dann zu stocken scheint. Bei diesen beginne ich mit sehr 
geringen Dosen, oft Bruchteilen eines hundertstel Milligrammes, so daß ich auch 
die so genannte Überempfindlichkeit nicht zu fürchten brauche. Denn ich habe 
garnicht die Absicht, zu besonders hohen Dosen zu gelangen, weil ich an 
eine Immunisierung gegen den Tuberkelbazillus nicht glaube und weil eine 
Immunisierung gegen größere Mengen Tuberkulin zwecklos ist. Wie rasch ich 
steige und wie hoch ich gehe, hängt vom Verlauf und der Eigenart des be- 
handelten Falles ab; genaue Temperaturmessungen und sorgfältige physi- 
kalische Untersuchungen geben den nötigen Anhalt. Die Absicht ist, einen 
gelinden Reiz auf die erkrankten Stellen auszuüben, ähnlich wie man eine 
schlecht heilende Wunde durch geeignete Applikationen anzuregen sucht. Es 
liegt nahe, die Behandlung mit der Kuhnschen Maske oder ähnliche Maß- 
nahmen in Vergleichung zu stellen. Doch liegt die Sache hier immerhin 
anders, und man erreicht niemals eine so „spezifische“ Wirkung auf die er- 
krankten Gebiete wie mit dem Tuberkulin. 

Ich meine auf diese Weise in einigen Fällen zum günstigen Verlaufe bei- 
getragen zu haben, so daß die Ernährung und das Gesamtbefinden sich besserten, 
langwierige subfebrile Temperaturen verschwanden, auch örtliche Besserung 
hervortrat. Wenn bei den Kranken etwas Suggestion mitwirkte, so war das 
jedenfalls nicht schädlich. Doch meine ich die Tuberkulinwirkung allgemein 
wie örtlich stets konstatiert zu haben, auch bei sehr geringen Dosen. 


Das Ergebnis meiner Beobachtungen kann ich in folgenden Sätzen 
zusammenfassen: 

1. Die Abnahme der Tuberkulose-Sterblichkeit in England und Deutsch- 
land beruht nicht auf einer Abnahme der tuberkulösen Infektion, sondern auf 
der Verminderung der tuberkulösen Erkrankung infolge der sozialhygienischen 
und sozialpolitischen Fortschritte. Tuberkulöse Infektion und tuberkulöse Er- 
krankung sind zu trennen, zur Entwickelung dieser gehören allermeist aus- 
lösende Momente. 

2. Die subkutane Tuberkulinprobe ist ein schr feines Reagens sowohl für 
die tuberkulöse Infektion wie für die tuberkulöse Erkrankung. Sie ist nicht 
ganz ungefährlich und überdies für die klinische Diagnose im allgemeinen zu 
fein. Für diese eignet sie sich nur in solchen Fällen, wo die auftretende 
lokale Reaktion dem Auge oder dem Ohr zugänglich ist. 

3. Die kutane Tuberkulinprobe steht an Empfindlichkeit der subkutanen 
kaum nach. Sie eignet sich durch ihre Einfachheit und Gefahrlosigkeit ganz 
besonders zu Untersuchungen über die Verbreitung der tuberkulösen Infektion, 
um die Ergebnisse der pathologischen Anatomie zu ergänzen, und dadurch zu 
richtigeren Vorstellungen über die Entstehung der Tuberkulose zu gelangen. 

4. Die konjunktivale Tuberkulinprobe ist bei richtiger Ausführung ganz 
unbedenklich. Sie eignet sich anscheinend zu prognostischen Zwecken, das 
heißt zur Beurteilung der Widerstandsfähigkeit des tuberkulös erkrankten Orga- 
nismus: Fehlende oder sehr schwache Reaktion bei manifester Lungentuber- 
kulose ist fast stets von übler Vorbedeutung, positiver Ausfall bedeutet mit 


=p 17 e ` "RE ZEITSCHR. 1. 
208 MEISSEN, TUBERKULINPROBEN UND TUBERKULINKUREN. JUBERKULONE 











großer Wahrscheinlichkeit, daß der Organismus noch kampffähig ist und mit 
Unterstützung hygienisch - diätetischer Maßnahmen vielleicht zum Siege ge- 
langen kann. l 

5. Das Tuberkulin ist kein erwiesenes Heilmittel der Tuberkulose. Seine 
Anwendung erfordert sorgfältige Überwachung wie sie im allgemeinen nur in 
Anstalten und Krankenhäusern möglich ist; sie sollte nur in ausgewählten 
Fällen versucht werden nach einem Verfahren, das sich auf die zweifellos vor- 
handene hyperämisierende, anregende Einwirkung auf die tuberkulösen Herde 
stützt, auf die streitige immunisierende Wirkung aber verzichtet. 


BI STRANDGAARD, KONSTITUTIONELLE URSACHEN ETC, 209 








XII. 
Uber konstitutionelle Ursachen zu Lungenblutungen. 


(Mitteilung aus dem Boserup Sanatorium zu Kopenhagen, Dänemark.) 
Von 
N. J. Strandgaard, Chefarzt. 





| auf das Bersten. der fettdegenerierten Wandung in aneurysmatischen 

2.3, Erweiterungen der Lungenarterienzweige, die in größeren oder kleineren 
ka liegen, zurückzuführen sind, wird nach Untersuchungen, angestellt 
von Fearn, Cotton, Peacock, Rokitansky, Rasmussen u. a., allgemein 
angenommen. Aus diesem Grunde werden Hämoptysen bei der Lungentuber- 
kulose von vielen, z. B. von Gerhardt, geradezu als ein Kavernensymptom 
angesehen. 

Nach Ansicht der meisten Verfasser, wie beispielsweise Cotton, C. T. 
Williams, Harris and Beale und vieler anderer ist die Hämoptyse ein 
Symptom, das sich nur ungefähr bei der Hälfte der Fälle von Lungentuber- 
kulose vorfindet, was mit der vom Verfasser selbst gemachten Erfahrung über- 
einstimmt. 

Unter den ca. 1600 Phthisikern männlichen und weiblichen Geschlechts, 
die während der Jahre von 1902—1907 an dem Boserup Sanatorium zur Be- 
handlung gelangten, war Hämoptyse zu dem einen oder anderen Zeitpunkte des 
Verlaufes der Krankheit in 55%, der Fälle vorhanden gewesen, und zwar bei 
männlichen Patienten 59, bei weiblichen 30°/,. Alle, selbst ganz kleine Blutungen, 
sind mitinbegriffen, während sämtliche zweifelhaften Fälle, in denen das Blut 
etwa aus der Nase, dem Ventrikel, dem Zahnfleisch und ähnlichem herrühren 
könnte, ausgeschlossen sind. 

Die Häufigkeit, mit welcher die Hämoptyse in den verschiedenen Stadien 
auftrat, war im I. Stadium 50, im Il. Stadium 59 und im III. Stadium 59%, 
(für männliche Patienten 54 bezw. 63 und 61°/,, für weibliche Patienten 46 
bezw. 52 und 57°/,). Ferner trat Hämoptyse in 45 bezw. 50, 58, 66, 71, 70 
und 79°/, der Fälle ein, je nachdem die Krankheitsdauer bis ?/,, 1, 2, 3, 
5, 7, 9 Jahre oder mehr währte. | 

In febrilen Fällen wurde Hämoptyse bei 57, in afebrilen Fällen bei 
53°/, konstatiert (bei männlichen Patienten 60 bezw. 58°/,, bei weiblichen 55 
bezw. 45°/,). Unter den mit Bazillen behafteten Phthisikern betrug der 
Hämoptyseprozentsatz 59, unter denjenigen, bei denen Bazillen nicht nach- 
gewiesen waren, 46°/, (bei Männern 61 bezw. 52°/,, bei Frauen 55 bezw. 41°/,). 

Wie es ja auf der Hand liegt, wird die Neigung zur Hämoptyse demnach 
geradezu mit der Verbreitung, Dauer und Intensität stärker. Das Symptom 
hat daher auch eine gewisse prognostische Bedeutung. Dieses geht auch daraus 
hervor, daß der Hämoptyseprozentsatz — soweit das hier vorliegende Material 
in Betracht kommt — 50 bezw. 54, 54, 62, 59, und 70 betrug, je nachdem die 
betreffenden Patienten vom Sanatorium als relativ geheilt, bedeutend ge- 

Zeitschr. f. Tuberkulose. XIII. 14 


210 N. J. STRANDGAARD. ER 
bessert, gebessert, unverändert, verschlimmert entlassen wurden oder 
daselbst verstarben {bei Männern 55 bezw. 57, 60, 64, 64 und 75"/,, bei 
Frauen 45 bezw. 51, 48, 59, 52 und 61°/,). 

Indessen berechtigt der Umstand, daß die Lungentuberkulose ohne jegliche 
Spur von Blut im Auswurf verlaufen kann, selbst da, wo der Prozeß in den 
Lungen sehr ausgedehnt und von stark destruktivem Charakter ist, während es 
andererseits nicht zu den Seltenheiten gehört, daß selbst erhebliche Lungen- 
blutungen in Fällen entstehen können, wo die stethoskopischen Phänomene 
derartig gering sind, daß man sogar an der Richtigkeit der Diagnose zweifeln 
könnte, falls nicht Tuberkelbazillen im Auswurfe sich vorfänden —, zu dem 
Gedanken, daß mit der Lungentuberkulose in Verbindung stehende Blutungen 
nicht allein auf pathologisch-anatomische Veränderungen, die eine Folge der 
Krankheit sind, zurückzuführen sind, sondern, daß auch angeborene oder er- 
worbene Eigentümlichkeiten der Konstitution bei einigen Individuen vorkommen, 
so daß diese leichter Lungenblutungen als andere, wenn sie von der Lungen- 
tuberkulose angegriffen werden, ausgesetzt sind. 

Dieses Verhältnis scheint nicht sonderlich beachtet worden zu sein, und 
es findet sich auf jeden Fall nicht viel hierüber in der Literatur. 


Felix Wolff (1896) ist, soweit bekannt, der erste, der näher.die Sache 
berührt. Er fand, daß große Menschen leichter zu Lungenblutungen neigen 
als kleine. Unter 100 Männern, ohne Rücksicht auf die Größe, war Hamoptyse 
bei 40%/, vorgekommen, bei denen aber, die über 175 cm groß waren, betrug 
der Hämoptyseprozentsatz 66°/,, und bei denen, deren Größenmaß 179 cm 
überstieg, sogar 89°/,, wogegen der Prozentsatz derer, die ein Maß unter 170 cm 
hatten, nur 16°/, war. Unter 100 Frauen war der Prozentsatz 23 ohne Rücksicht 
auf die Größe. Wolff ist der Ansicht, daß ein relativ hämophiler Zustand mit 
einer größeren Körperlänge verbunden ist und sucht hierin eine Erklärung 
dieses Phänomens. 

Hans Weicker (1399) hat durch Untersuchung eines erheblich größeren 
Materiales, nämlich einer Anzahl von 646 Phthisikern, die Richtigkeit der 
\Wolffschen Resultate bestätigen können; 23,9°/, seiner Patienten hatten eine 
Körpergröße von 171—180 cm, doch hatten von denen, die Hämoptyse gehabt 
hatten, 30,5°/, dieselbe Körpergröße, wogegen die geringeren Körpergrößen 
gleichmäßig stark unter Blutern und Nichtblutern vertreten waren. Weicker 
sucht nicht nach einer Erklärung dieses Phänomens. 

A. Naumann (1901) hat durch Untersuchung von etwas mehr als 
100 Patienten unter 35 Jahren nicht gefunden, daß die Wolffschen und 
Weickerschen Resultate sich bestätigen. Ebenfalls ergab die Untersuchung 
des Brustumfanges und des Brustdurchmessers resp. deren Verhältnis zueinander 
sowie zur Körperlänge kein positives Resultat hinsichtlich eines mehr oder 
minder häufigen Vorkommens von Lungenblutungen. Das Naumannsche 
Material ist jedoch zu klein als daß man darauf bauen könnte, und er gibt 
keine detaillierte Auskunft. — In einer anderen Arbeit sucht Naumann nach- 
zuweisen, daß die Neigung zur Hämoptyse oft mit einem besonders hohen 
Blutdruck zusammenhängt. Ein ähnlicher Gedanke ist bereits früher von 


en. PS S KONSTITUTIONELLE URSACHEN ZU LUNGENBLUTUNGEN. 211 


Piassietzky ausgesprochen worden. Derselbe meint, daß der tuberkulóse 
ProzeB durch Verursachung einer Thrombosierung und Obliteration eines Teiles 
der Zweige des art. pulmonalis erhóhten Blutdruck in anderen Zweigen und 
konsekutive Hypertrophie des rechten Ventrikels bewirkt, und da dieser am 
leichtesten in den afebrilen, mehr gutartigen Fällen, aber weniger leicht in 
febrilen und kachektischen Fällen zustande kommt, tritt Hämoptyse leichter in 
den erstgenannten als in letzteren Fallen auf. Barbary (1905) meint sogar, 
daß der Druck des Blutes stets vor dem Eint.itt einer Hämoptyse erhöht ist, 
entweder permanent oder vorübergehend. Auch J. M. Anders (1907) legt 
dem kongestiven Moment neben dem ulzerösen und erosiven eine Bedeutung 
bei, während C. W. Branch (1906) und L. Flick (1907) gefunden zu haben 
glauben, daß der infektiôse Moment (Mischinfektionen) wiederholt eine Rolle 
beim Entstehen der Hämoptysen spielt. Keiner dieser Verfasser spricht über 
die Rolle, die die Eigenarten der Konstitution für die Pathogenese der Hämo- 
ptysen möglicherweise spielen könnte. Mircoli (1901) ist, wie ebenfalls auch 
Wolff der Ansicht, daß Lungenblutungen in einigen Fällen auf einer Art 
„tuberkulöser Hämophilie“ beruht, und daß diese eine spezielle Ursache zu den 
initialen Lungenblutungen ist, die unabhängig von Verletzungen der Atmungs- 
wege auftreten, doch erwähnt er nichts von deren eventueller Abhängigkeit von 
der Körpergröße. 

Soweit bekannt, ist im übrigen in der Literatur nichts mitgeteilt betreffs 
Untersuchungen über die größere oder geringere Neigung zu Lungenblutungen 
und deren möglichem Zusammenhang mit den Konstitutionseigenschaften der 
betreffenden Personen. 

Es dürfte daher nicht ohne Berechtigung sein, die Richtigkeit der Behauptung 
von Wolff und Weicker mit Hilfe eines größeren Materiales zu untersuchen. 

Tabelle I enthält den Hämoptyseprozentsatz auf Grund der Körpergröße 
bei 1607 männlichen und weiblichen Phthisikern. 





























Tabelle L 
Körpergröße | Männer Weiber Beide Geschlechter 
(cm) | mit | ohne à | mit | ohne | mit ohne ES J 
"Blus, Blutg. | lo Blutg. | Blutg. | | KR Blutg. Bl Za d 
> 180 | 43 13 |77 EN — | = | — 43 13 Nee 
180—176 | 68 42 |62 2 | 2 !50 70 44 | 61 
175—171 | 161 100 Se 13 | HI eal 174 ECH 9 q 
170—166 | 147 97 |60 64 | 40 he 211 137 | 61 
165—161 | 72 69 5 51 105 | 87 ¡55 177 | 156 ¡53 
GË 48 | | las 
160—156 28 30 87 | 120 |42 115 150 | 43 
155— 151 5 8 CG d 61 | 57 |52 Jas 66 | 65 | 50 las 
nmn | 4| 8 a 26 | 37 e i a 45 wirt 
Zusammen E 528 | 367 ' 59 A 358 | 354 :50 | 886 | 72 r| 55 


Aus vorstehendem ist eine auffallende Steigerung des Hämoptyseprozent- 
satzes ersichtlich, je nachdem die Körpergröße zunimmt. Zieht man das ganze 
Material in Betracht, beträgt der Prozentsatz, wie früher erwähnt, 55°/,, für 
männliche Individuen 59, für weibliche 50°/,. Wird das Material in 2 Hälften 

1}° 


N F . ZEITSCHR. 1. 
212 | © N.J, STRANDGAARD.  1UBERKULOSE 





geteilt, je nachdem die Größe mehr als 165 cm oder unter 166 cm beträgt, 
so zeigt es sich, daß der Hämoptyseprozentsatz 62 bezw. 60 und 62°}, beträgt, 
bezw. für Männer, Frauen und beide Geschlechter zusammen, soweit es sich um 
die großen Individuen handelt, während der Prozentsatz 49 bezw. 48 und 48°/, 
beträgt für Männer, Frauen und beide Geschlechter, soweit es sich um die 
kleinen Individuen handelt. Wird das Material in 4 Größengruppen geteilt, so 
steigt der Prozentsatz von 47 bei den kleinsten auf 49, 61 und auf 66"/, bei 
den größeren und größten, bei einer Teilung in 8 Größengruppen zeigt sich 
sogar eine Steigung von 40, bei den kleinsten bis 50, 43, 53, 61, 61, 61 und 
77%/,, je nachdem die Körpergröße 155, 160, 165, 170, 175, 180 und mehr 
als 180 cm beträgt. Eine ähnliche Steigung findet sich auch bei jedem 
Geschlecht für sich vor, insbesondere bei den Männern, bei denen eine ganz 
gleichmäßige Steigung von 33°/, bei Individuen unter 151 cm bis 39, 48, 51, 
60, 62, 62 und 77°/, bei Individuen von einer Größe bis 155, 160, 165, 170, 
175, 180 und über 180 cm zu konstatieren ist. Bei weiblichen Personen ist 
eine entsprechende Steigung weniger ausgesprochen, was jedoch auf den kleinen 
Zahlen, soweit die höchsten Gruppen in Betracht kommen, beruhen kann. 

Jedenfalls läßt sich kaum bezweifeln, daß der Hämoptyseprozentsatz nicht 
allein viel größer bei großen Individuen als bei kleinen ist, sondern es ist auch 
ersichtlich, daß dieser einigermaßen gleichmäßig proportional mit der Körper- 
größe steigt. 

Unwillkürlich muß man sich nach einer entsprechenden L.ösung eines 
scheinbar so überraschenden Phänomens umsehen. 

Zunächst muß man untersuchen, welche Rolle das Alter spielen kann. 
Was die niedrigeren Altersklassen anbetrifft, wird ja nämlich die Größe mit 
dem Alter zunehmen, und da dieses ja wiederum in einem gewissen Verhältnis 
zur Krankheitsdauer steht und dadurch auch zur mehr oder minder großen 
Neigung zur Hämoptyse, ließe sich die Abhängigkeit der letzteren von der 
Größe vielleicht teilweise hierdurch erklären. 


Tabelle II. 











Alter Männer Weiber Beide Geschlechter 














(Jahr) mit | ohne "a mit | ohne e | o mit | ohne ; ee 
Blutg. Blutg. 0 _| Blutg. | Blutg. 9 Blutg. ` Blutg. | ` lo 
< 16 8 21 28 13 36 27 21 57 27 
16—20 | 68 | 65 SG 49 82 7] di 117 | 147 aa} 40 
21—25 | 113 71 OË 93 80 SÉ 206 151 65) 57 
26— 30 | 97 78 | 55 80 65 55 177 | 143 | 55 
31—35 85 43 | 66 53 39 58 138 82 | 63 
36—40 64 27 S 68 40 26 at 57 104 53 ee 64 
41—45 | 49 30 | 14 18 al 63 48 e 
iI 7 H 

46—50 30 23 y ° 10 9 53 ` 40 | 32 56 56 
> 50 i 19 9 68 5 I 83 24 | 10 71 
Zusammen | 533 : 367 | 59 "Tt 357 EE? | 50 890 | 723 | 55 


Aus der Tabelle II ist ersichtlich, daß der Hámoptyseprozentsatz von 270, 
bei Individuen unter 16 Jahren auf 44, 58, 55, 63, 66, 57, 56 und 71°/, steigt, 


BD. "wë ra KONSTITUTIONELLE URSACHEN ZU LUNGENBLUTUNGEN. 213 











je nachdem das Alter 20, 25, 30, 35, 40, 45, 50 und mehr als 50 Jahre beträgt. 
Es sind demnach insbesondere die Altersklassen unter 21 Jahren, die einen 
besonders niedrigen Hämoptyseprozentsatz zeigen. In den übrigen Altersklassen 
variiert der Prozentsatz nur mit geringer Tendenz zum Steigen mit dem Alter. 
Das Verhältnis stellt sich ungefähr gleich bei Männern und bei Frauen. Es 
sind somit die Altersstufen unter 21 Jahren, die außer Betracht zu lassen sind, 
wenn das Verhältnis des Hämoptyseprozentsatzes zur Körpergröße vom Alter 
unabhängig untersucht werden soll. 

Dieses ist aus Tabelle III ersichtlich, in der nur die Altersklassen über 


20 Jahre mitberechnet sind. 
Tabelle UL 














Männer Weiber Beide Geschlechter 






































Körpergröße | 
(cm) mit | ohne wu mit | ohne D å mit | ohne | e u 
ze IE Paten | lo i Blutg. | Blutg. | lo Blutg. ; Blutg. lo | 
> 180 A8 | II 78 — — '— 38 | 11 | 18 
180—176 1.62 | 33 sf I 2 | 33 63 35 64169 
175—171 L 140 | 83 e ke 13 8 ¡62 lez 153 st a 164 
170— 166 _ 128 | 75 ch 3 5I | 30 6563 179 105 63} 63 
165—161 | 62 59 88 | 58 |60 150 117 |56 
52 153 53 
160—156 21 18 a 77 88 147 98 106 |48 53 
155—151 2 | 3 |40 lsz 49 | 42 E SI ol Ap a, 
< 151 o = — |— 16 | 12 GE 55 16 y 12 57 
Zusammen | 453 | 282 |62 | 295 295 lk 240 | ras 748 | 522 522 | 59 | 





Man sieht, daß der paa was ja auch We? ist, im 
ganzen sich etwas hôher stellt, wenn die niedrigen Altersklassen ausgeschlossen 
werden, indem der Prozentsatz für das ganze Material 62 bezw. 55 und 59%, 
für Mánner, Frauen und beide Geschlechter ausmacht (gegen 59,50 und 55°}, 
in der Tabelle D Im übrigen ist aber der Prozentsatz bedeutend größer soweit 
die Hälfte der Größeren in Betracht kommt, nämlich 65, 62 und 64 bezw. für 
Männer, Frauen und beide Geschlechter gegen 52, 53 und 53°/,, soweit die 
Hälfte der kleineren Personen in Betracht kommt. Bei den Männern steigt der 
Prozentsatz auch ziemlich proportional mit der Größe, indem dieser 40, 54, 51, 
63, 63, 65 und 78°/, beträgt im Verhältnis zur Höhe bis 155, 160, 165, 170, 
175, 180 und über 180 cm. Bei den Frauen ist ein entsprechendes Verhältnis 
weniger ausgesprochen. 

Es läßt sich demnach kaum bezweifeln, daß der Hämoptyseprozentsatz 
vom Alter unabhängig wirklich in einer oder anderen Weise im Verhältnis zur 
Körpergröße steht. Die Möglichkeit, daß die Krankheit, was das hier in Frage 
kommende Material anbetrifft, zufälligerweise mehr unter solchen von hoher 
Statur als unter solchen von niedriger Statur ausgebreitet und vorgeschritten 
sein sollte, kann unberücksichtigt gelassen werden, indem die verschiedenen Stadien 
gleichmäßig in allen Größengruppen vertreten sind, ein Verhältnis, das ver- 
mutlich nicht mit Zahlen belegt zu werden braucht. Durch Beispiel soll nur 
erläutert werden, daß das IIL Stadium unter den Patienten von hoher Statur 
!/, aller Fälle ausmachte, während es !/, der Fälle unter den Patienten von 


3 ZEITSCHR. f. 
214 | 5 N. J. SIR En TUBEREULOSE 


kleinerer Statur bildete. Die Krankheit war somit verhältnismäßig am meisten 
unter den letztgenannten Patienten verbreitet. Die Frage ist jetzt die, ob es 
möglich ist, eine passende Erklärung der Abhängigkeit des Hämoptyseprozent- 
satzes von der Körpergröße zu finden. 

Daß es sich eigentlich nicht denken läßt, daß diese letztere direkt auf 
die Neigung zum Blutspeien einen Einfluß ausüben kann, ist einleuchtend. Es 
dürfte daher das richtigste sein, eine Untersuchung anzustellen, ob andcre 
Faktoren, die mit der Körpergröße in Verbindung stehen, ein ähnliches Ver- 
hältnis zum Ilämoptyseprozentsatze zeigen. Es liegt vor allen Dingen nahe, 
zuerst den Gedanken auf die Dimensionen des Brustkastens selbst zu richten, 
den Diameter antero-posterior, den Querdiameter und den Brust- 
umfang. Der erstere wurde bei 1518 Männern und Frauen in gleicher Höhe 
mit dem angulus Ludowici gemessen, der Querdiameter bei 1311 Männern und 
Frauen in der Höhe der Pappilärtransversale und der Brustumfang bei 895 Männern 
in derselben Höhe, dagegen nicht bei den Frauen, bet denen die Weichteile 
eine zuverlässige Messung des Brustumfanges nicht gestatten. Das Verhältnis 
des Hämoptyseprozentsatzes zu diesen Maßen sind in den Tabellen IV, V und 
VI in der ersten Kolonne für sämtliche Altersklassen aufgeführt, in der zweiten 
Kolonne für die Altersklassen von 21—40 und in der dritten Kolonne für die 
Altersklassen von 26—35 Jahren. Durch Mitaufführung der beiden letzten 
Kolonnen wird vermutlich der Einfluß ausgeschlossen, den sowohl die juvenilen 
als auch die senilen Veränderungen in den Brustmaßen möglicherweise haben 
könnten. 


Aus diesen Tabellen geht hervor, daß eine noch größere Übereinstimmung 
zwischen dem Hämoptyseprozentsatz und den Brustmaßen existiert als zwischen 
jenem und der Körpergröße. Der Hämoptyseprozentsatz steigt beispielsweise 
ganz allmählich von 34 bis 49, 58, 64, 81 und 83°;,, im selben Verhältnis wie 
der Diam. ant. post. von weniger als 15 cm auf mehr als 22 cm steigt. 
Der Prozentsatz steigt von 29 auf 48, 49, 56, 59, 60 und 100%/,, im selben 
Verhältnis wie der Querdiamcter von weniger als 21 auf mehr als 30 cm 
steigt, und derselbe steigt von 42 auf 51, 58, 65 und 73°/,, im selben Ver- 
hältnis wie der Brustumfang zunimmt von unter 75 auf über 89 cm. Das 
Verhältnis ist in bezug auf den Diameter bei Männern und Frauen gleich aus- 
geprägt, und die Ausschließung der jüngsten und ältesten Altersklassen von 
der Berechnung ergibt keine nennenswerte Veränderung des Verhältnisses. Nur 
soweit der Querdiameter in Frage kommt, ist es in den mittleren Altersklassen 
(Tabelle V) weniger ausgeprägt, das indessen leicht seine Erklärung durch die 
verhältnismäßig kleinen Zahlen findet. Andererseits ist das Verhältnis sehr gut 
ausgeprägt, was Diam. ant. post. anbctrifft, bei den Altersklassen von 26 bis 
35 Jahren, wo der Hamoptyseprozentsatz von 38 auf 48, 60, 65, 94 und 100°/, 
steigt, je nachdem der Diameter von unter 15 bis über 22 cm zunimmt, und 
in derselben Altersklasse steigt der Prozentsatz von 50 bis 51, 54, 66 und 71°/,, 
je nachdem der Brustumfang von weniger als 75 auf mehr als 89 cm steigt. 

I's ist also nicht nur ganz im allgemeinen eine größere Neigung zu 
Lungenblutungen bei Individuen von großem Brustmaf als bei solchen von 


215 


N. 


+ 
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BD.XII HEFT 3. 


KONSTITUTIONELLE URSACHEN ZU LUNGENBLUTUNGE 


1908. 





























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"AI P9921 








: ZEITSCHR. f. 
216 N. J. STRANDGAARD. _ TUBERKULOSE 





kleinem Brustmaf vorhanden. Der Hämoptyseprozentsatz steigt allmahlich 
nahezu für jedes Zentimeter, das die Maße zunehmen. 


Tabelle VL 








| | Sämtliche Alters- 




















Brustumfang klassen | He Jahr 20—35 a — 

(cm) mit | ohne | 9, mit | ohne e mit | ohne o) 
Blutg. | Blutg. | /° | Blutg. Blutg. | lo | Blutg. * Blutg. |  * 

100— 90 l 100 | 37 | 73 68 | 26 | 72 36 df 5 | 71 
89—85 158 | 84 | 65 | 114 | 55 67 67 34 66 
84—80 _ 167 128 | 58 123 | 80 61 57 48 | 54 
79—75 , "9 75 : 61 46 | 46 50 19 18 | 51 

75 | 28 | 39 | 42 8 : | 


9 47 3 3 


| | 50 


Zusammen | 532 | 363 | 59 | 











Da eine Erklärung für das hier nachgewiesene auffallende Phänomen nicht 
direkt im Maße des Brustkastens selbst gesucht werden kann, liegt es nahe, 
den Gedanken auf den Inhalt desselben, speziell auf die Lungen und das Herz 
zu richten. 

Die Möglichkeit, daß in den Lungen und in deren Verhältnis zu den 
Brustmaßen sich eine Erklärung für die Abhängigkeit des Hämoptyseprozentsatzes 
von den Körperdimensionen finden ließe, ist nicht sehr wahrscheinlich, wenn 
sie auch von vornherein sich kaum abweisen läßt. Daß die Lungengefäße 
geradezu dünnwandiger und leichter zum Bersten geneigt sein soliten, je größer 
der Brustkasten ist, läßt sich wohl nicht mit Wahrscheinlichkeit annehmen, wie 
es auch höchst unwahrscheinlich ist, daß überhaupt irgendwelche Art von 
Hämophilie mit den Körper- und Brustmaßen in Verbindung stehen sollte. 
Für das zu der vorliegenden Arbeit benutzte Material sind 398 Phthisiker genau 
und sorgfältig in bezug auf die Symptome der Hämophilie sowohl bei sich 
selbst als auch bei deren Familien befragt worden, aber bei keiner einzigen 
dieser 398 Personen ließ sich zweifellose Hämophilie nach gewöhnlicher Auf- 
fassung nachweisen. Nur bei 14 zeigten sich vage und unbestimmte Symptome 
wie häufiges Nasenbluten, reichliches Bluten beim Zahnausziehen u. dergl., was 
sich als Zeichen einer ganz leichten, aber doch höchst zweifelhaften Hämophilie 
deuten ließe; von diesen 14 Personen hatten nur 8 Hämoptyse gehabt, die für 
keine derselben besonders gefahrdrohend gewesen war, während die 6 anderen 
nie das geringste Zeichen von Blut im Auswurf gehabt hatten. Eine speziell 
tuberkulöse Hämophilie, wie von Wolff und Mircoli angenommen, ist somit 
unwahrscheinlich. 

Es ließe sich die Möglichkeit denken, daß eine Krankheit wie Rachitis, 
die ja durch Einwirkung auf das Knochensystem ohne Zweifel auf das Körper- 
insbesondere auf das Brustkastenmaß Einflu haben kann, ebenfalls derartige 
Störungen der Ernährung in den Lungen verursachen könnte, daß daraus 
besonders spröde Gefäße entstehen könnten, um so mehr da ja Rachitis angeblich 
zur Lungentuberkulose disponieren soll. Wenn dieses sich so verhiclte, müßte 
die Hamoptyse besonders häufig bei Phthisikern, deren Brustkasten Mißbildungen 
aufweisen, die von einer wahrend der Kindheit durchgemachten Rachitis her- 





BD.XUI HEFT. KONSTITUTIONELLE URSACHEN ZU LUNGENBLUTUNGEN. 217 





rühren, auftreten. Von solchen Patienten sind für dic vorliegende Arbeit im 
ganzen 109 beriicksichtigt worden. Von diesen hatten nur 54 Hämoptyse 
gehabt, wogegen dieses bei den restlichen 55 Personen nicht der Fall gewcsen 
war, so dab demgemäß Rachitis nicht besonders zur Hämoptyse disponiert. 

Es ließe sich ferner denken, daß eine spezielle Neigung zur Hämoptyse 
bei den erblich disponierten vorhanden wäre. Der Hämoptyscprozentsatz 
war bei dem vorliegenden Material 57"/, bei den tuberkulös disponierten, 53°}, 
bei den nicht disponierten (bei männlichen Patienten 60 bezw. 58°',, bei 
weiblichen Patienten 54 bezw. 46%/,). Es scheint demnach ein wenig größere 
Neigung zur Hämoptyse bei den disponierten als bei den nicht disponierten 
vorhanden zu sein, insbesondere was die Frauen anbetrifft. Das Verhältnis ist 
aber zu wenig ausgesprochen, um demselben besondere Bedeutung beilegen zu 
können, wenigstens in dem vorliegenden Zusammenhang und kann unter allen 
Umständen nicht leicht in Verbindung mit Verschiedenhciten hinsichtlich Höhe 
und Brustmaß gesetzt werden. 

Sklerose der Lungenarterienäste, wovon Fälle durch Laache, 
Mönckeberg und Schwartz mitgeteilt worden sind, soll sehr selten vorkommen 
und dürfte kaum irgendwie mit den Brustmaßen in Verbindung gesetzt werden 
können. 

Unter den Phthisikern, von denen hier die Rede ist, waren 162 (Männer), 
die an chronischem Alkoholismus litten. Von diesen hatten 113 Ilámoptyse 
gehabt, demnach 70°/, der Fälle. Es ist also eine besondere Neigung zur 
Hämoptyse bei Alkoholisten vorhanden, welches auch mit den seitens anderer 
Verfasser gemachten Erfahrungen übereinstimmt, beispielsweise mit denen von 
Wolff. Aber auch hier läßt sich nicht leicht irgendwie ein Zusammenhang mit 
der Körperhöhe und dem Brustmaß denken. 

Es scheint somit nicht viel Aussicht vorhanden, in dem Verhältnis der 
Lungen selbst die Ursache zu dem auffallenden Verhältnis zwischen der Neigung 
zu Lungenblutungen und den Körperdimensionen zu finden. 

Wir richten daher den Gedanken auf das Herz um zu sehen, ob wir in 
dessen Verhältnis zum Körpermaß eine Erklärung für das erwähnte Phänomen 
finden können. Zunächst sei gesagt, daß Komplikationen mit Herzkrankheit 
und Nephritis so selten auftraten — und zwar 37 bezw. 21mal —, daß der 
Einfluß dieser außer Betracht gelassen werden kann. 

Unter der Voraussetzung, daß die Größe des Herzens mit derjenigen des 
Körpers, speziell mit dem Maße des Brustkastens proportional ist, und daß ein 
entsprechend passendes Verhältnis zwischen der Größe des Herzens und seiner 
Energie sowie des Blutdruckes existiert, speziell die Kraft des rechten Herzens 
und der Blutdruck des kleinen Kreislaufes, würde die Abhängigkeit des Himoptyse- 
prozentsatzes von den Dimensionen des Brustkastens einigermaßen verständlich sein. 


Hans Dictlen hat vermittelst orthodiagraphischer Messungen an zahl- 
reichen Gesunden die Größe und die Lage des normalen Flerzens sowie deren 
Abhängigkeit von physiologischen Verhältnissen untersucht. Was speziell die 
Größe des Herzens anbetrifft, findet er, daß sie mit zunehmender Körpergröße 
und Brustmaß wächst. Die llerzmaße zeigen aber auch c'n bestimmtes Ver- 


SEN y ZEITSCHR. f. 
2 I S N. J- S Į R ANDG AA R D. S TUBERKULOSE 














hältnis zu dem Körpergewichte, welches nach den von Dietlen angestellten 
Untersuchungen weit ausschlaggebender für die Größe des Herzens ist als die 
Höhe und die Brustmaße. 

Es dürfte daher das richtigste sein, das Verhältnis des Hämoptyseprozent- 
satzes zum Körpergewicht zu untersuchen, welches aus Tabelle VII hervorgeht. 


Tabelle VII. 





Sämtliche Altersklassen 





Gewicht Männer | 














Weiber | Beide Geschlechter 
(ke) mit | ohne | 4, mit | ohne: „ ' mit ‘ ohne | EEN | 
. Blutg. | Blutg. | /0 ` Blutg. | Blutg. ' lo | Blutg. ' Blutg.  /0 

100—9 1 11 3 : 79 | — | — i — ; II 3 | 79 
90-81 e 38 16 | 69 4 — | 100 39 16 71 
80—71 | 132 74 64 23 | 7 77 | 155 81 66 
70—61 230 156 60 71 . 57 55 301 213 59 
60—51 105 87 55 185 174 | 52 _ 290 | 261 53 
50—41 16 19 46 65 o 41 j 81 112 42 
40—31 | 2 6 | 25 8 | 12 | 40 | 10 18 36 
30—21 © L| 4 20 I 1; 68 2 15 12 





-— — 


Zusammen | 532 | 365 59 | 357 354 | 5° | 889 | 719 | 55 


















































j | Alter über 25 Jahre Alter über 30 Jahre 

Esel Männer | Weiber "Bd. Geschl. Männer = Weiber | Bd. Geschl. 
m Kee re an 
(kg) ¡E Ge EE E EE Eer, E SCHER 
2 le ele Tle Bole Elo s Ss wl gi 

E | ES ee) |E. 4 ES ES 
100—9I rl 3 79 — — =| 11 3 79 10! 3 77: — = = 10 3. 77 
go—8I aa 68 3 — 100 31 13 70} 19 8 | 7ol 1) — „| 20 8,71 
80—71 95,55 63: 16, 6| 66111, 61) 65 71136 66113; 4 84 40 ` 68 
70—61 152 95:62 43 31! 58195126 Bitoz 54 | 66 23' 14 | 62 130 68: 66 
60—51 l 51) 38] 57 105. 83; 56156 DI 56, 35 "re 62 sI 55, 97, 80 55 

50—41 8: 6 ez  31' 35 | 39 4115 51 2 21 | 23 | à 26 25 
N | 49 i ! 5 53 

40—31 ou dd ise e, So g RA 3 I 3 I 

la AA RA ee) eae) le 











Aus vorstehendem ist ersichtlich, daß der Hämoptyseprozentsatz bei 
Individuen von 21—30 kg 12°/, beträgt, und daß derselbe dann auf 36, 42, 
53, 59, 66, 71 und 79°/, steigt, im selben Verhältnis wie das Gewicht sich auf 
40, 50, 60, 70, 80, 90 und 100 kg erhöht. Ein ganz entsprechendes Verhältnis 
findet sich bei Männern und Frauen, jedes Geschlecht für sich, und in den 
Altersklassen über 25 sowie über 30 Jahre, wodurch der Einfluß des Alters 
vermutlich beseitigt wird. 

Hier kommt noch hinzu, daß auch der Blutdruck in recht nahem Ver- 
hältnis zum Körpergewicht zu stehen scheint, was auch von Waldenburg, 
Eckert, Weiß, Sommerfeld, Hensen und Strandgaard angeführt wird. 
Der letztere fand bei 612 Phthisikern, daß der Blutdruck (Gärtner) durch- 
schnittlich 118 mm bei Patienten betrug, die ein Gewicht von 26—40 kg hatten, 
und daß dieser auf 124, 122, 118, 125, 120 und 140 mm stieg, je nachdem 


BD.XILREFIS. KONSTITUTIONELLE URSACHEN ZU LUNGENBLUTUNGEN 219 








das Gewicht bis zu 50, 60, 70, 80, 90 und 100 kg betrug. Bei den männlichen 
Phthisikern war das Verhältnis am ausgesprochensten, indem der Blutdruck in 
den genannten Gewichtsgruppen 103, III, 118, 115, 124, 124 bezw. 140 mm 
ausmachte, wogegen der Blutdruck bei Frauen 123, 127, 124, 128, 131 und 
150 mm betrug. Dagegen ließ sich bei denselben Patienten kein Verhältnis 
zwischen dem Blutdruck und der Körpergröße, ebensowenig wie zwischen Blut- 
druck und Brustmaßen nachweisen. 


Wenn somit sowohl die Größe des Herzens als auch der Blutdruck im 
Verhältnis zum Körpergewicht zu stehen scheinen, liegt Grund zur Annahme 
vor, daß dieser Umstand jedenfalls zum wesentlichen Teil eine Erklärung dazu 
bildet, daß die Neigung zur Hämoptyse mit dem Körpergewicht proportional 
ist und dadurch auch indirekt mit der Körpergröße und den Brustmaßen. Was 
die letzteren anbetrifft, wäre ein mehr direkter Zusammenhang mit der Größe des 
Blutdruckes in dem kleinen Kreislauf doch denkbar. Der auffällige Parallelismus 
zwischen dem Hämoptyseprozentsatz und den Brustmaßen könnte sehr darauf 
deuten. 

Wenn sich die Sache so verhielte, müßte man durchschnittlich höheren 
Blutdruck bei Phthisikern mit Hämoptyse als bei solchen ohne Hamoptyse 
vorfinden. Das geht ja auch indirekt daraus hervor, daß sowohl Blutdruck als 
Hämoptyseprozentsatz das erwähnte Verhältnis zum Körpergewicht zeigen. Bei 
den vorgenannten Phthisikern, deren Blutdruck gemessen worden war, fanden 
sich, soweit Männer in Frage kommen, durchschnittlich 121 mm bei Blutern, 
118 mm bei Nichtblutern vor. Der Unterschied war somit nur gering und 
unter den Frauen war der Druck sogar 124 mm bei Blutern, 125 mm bei 
Nichtblutern, also das Gegenteil von dem, was man erwarten könnte. Man 
darf jedoch nicht vergessen, daß der Blutdruck meistens lange Zcit nachdem 
die Hämoptyse stattgefunden hatte, gemessen ist, und daß die Krankheit blut- 
druckerniedrigend wirkt; ferner ist die Messung des Blutdruckes kaum genügend 
genau, um mit Sicherheit das genannte Verhältnis zu zeigen, und endlich besagt 
die Messung des Blutdruckes ja nichts Definitives in bezug auf den Druck im 
Lungenkreislauf. Dagegen zeigte sich der Blutdruck bei einer besonderen Klasse 
Phthisiker, und zwar bei solchen, deren Krankheit mit einer Lungenblutung, 
einer initialen Hämoptyse begonnen hatte, verhältnismäßig hoch, nämlich 
durchschnittlich 131 mm bei 51 Männern und 133 mm bei 24 Frauen, während 
es sich zeigte, daß der Blutdruck bei Phthisikern im allgemeinen 119 bezw. 
ı25 mm bei Männern und Frauen war. Bei 13 Männern mit initialer Hämoptyse 
und deren Krankheit nur weniger als ein halbes Jahr gedauert hatte, hatte der 
Blutdruck sogar durchschnittlich eine Höhe von 137 mm. Die „Initialbluter“ 
scheinen demnach speziell hohen Blutdruck zu haben. Daß dieses in diesen 
Fällen nicht auf einem durchschnittlich besonders hohen Körpergewicht beruhte, 
scheint daraus hervorzugehen, daß das Gewicht für die betreffenden Phthisiker 
durchschnittlich 67,4 kg bei Männern und 55,9 kg bei Frauen betrug. Hieraus 
scheint hervorzugehen, daß der zuvor angedeutete genaue Zusammenhang 
zwischen dem Körpergewicht und der Neigung zur Hämoptyse nicht die einzige 
Ursache dazu bildet, daß cine spezielle Geneigtheit zu T.ungenblutungen in 


220 N. J. STRANDGAARD. en 
gewissen Fällen der Lungentuberkulose vorhanden ist. Ilierauf deutet auch 
der früher besprochene hohe Hämoptyseprozentsatz bei den Alkoholisten (70°), 
deren Durchschnittsgewicht 71,5 kg (72,8 kg bei denen, die Hämoptyse gehabt 
hatten, 68,8 kg bei solchen ohne dieselbe), und deren Blutdruck durchschnittlich 
nur 121 mm betrug. 

Zum Schluß sei noch bemerkt, dab das hier als Resultat nach Unter- 
suchung von 1600 Phthisikern mitgeteilte Resultat vollig mit dem übereinstimmt, 
was der Verfasser bereits früher bei Untersuchung von 500 bezw. 1000 Patienten 
gefunden hat, welches noch weiter die Richtigkeit der Resultate bestätict. 
Diese laßt sich daher kaum bezweifeln, selbst wenn die Zahlen an einigen Stellen 
zu klein sind, um daraus einen Schluß zu ziehen. 

Es muß also als Resultat dieser Arbeit festgestellt werden, daß die Neigung 
zu Lungenblutungen bei Phthisikern nicht allein in einem Verhältnis zum Grade 
der Krankheit, insbesondere zum Charakter der pathologisch-anatomischen Ver- 
änderungen in den Lungen steht, sondern auch von Verhältnissen der Konstitution 
abhängig ist, mdem sie speziell mit dem Körpergewicht, der Körpergröße und 
den Brustmaßen wächst und sinkt und daß die natürlichste Erklärung dieses 
Phänomens zum großen Teil darin zu suchen ist, daß die Größe und Energie 
des Herzens wahrscheinlich in einem bestimmten Verhältnis zu den genannten 
Faktoren, namentlich zum Körpergewichte stehen, daß man aber doch nicht 
ganz die Möglichkeit ausschlicben darf, daß die Erklärung zum Teil in einem 
noch unbekannten Verhältnis zwischen den Körperdimensionen und dem Bau 
der Lungen, insbesondere der Lungengcfäße, zu suchen ware. Außerdem ist 
die Annahme berechtigt, daß sich, unabhängig vom Gewicht und Maß des 
Körpers, Faktoren vorfinden, die eine spezielle Neigung zu Lungenblutungen 
bei einigen Phthisikern bewirken können, u. a. habitueller, hoher Blut- 
druck und chronischer Alkoholismus, vielleicht auch Mischinfektionen. 
Endlich dürften die Lebensstellung und die Lebensweise des Patienten 
eine Rolle spielen, indessen liegt eine diesbezügliche Untersuchung außerhalb 
des Rahmens dieser Arbeit. 


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168, 





BD.XHLHEFT3. KONSTITUTIONELLE URSACHEN ZU LUNGENBLUTUNGEN. 221 





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2 Eee 


op e ZEITSCHR. f. 
22200 a KRAUSE TUBERKULOSE 











XIII. 


Tuberkulinverdauung. 
Von 


Dr. Krause, Hannover, 


Spezialarzt für Lungen- und Halsleiden in Sülzhayn. 


WEE EJ enn neuerdings die interne Anwendung der spezifischen Tuberkulose- 
Tä mittel zu allgemcinerer Verbreitung gelangt, so ist es ebenso natürlich 
GE wie erfreulich, daß die bisherigen Erfolge auf diesem neuen Gebiete 
nicht nur nachgeprüft, sondern durch vielfache, an großem Krankenmateriale 
ausgeführte Untersuchungen auch in einer aller Anzweiflung standhaltenden 
Weise unbestreitbar festgelegt werden. Denn wir, die wir in praktischer, 
in klinischer Beziehung gute Erfahrungen mit dieser Applikationsart gemacht, 
eine wesentliche Bereicherung nicht nur, sondern den häufig allein möglichen 
Weg der wirksamen Tuberkulosebekämpfung schätzen gelernt haben, wir legen 
auch großen Wert darauf, daß „unparteiische“ wissenschaftlich tätige Kollegen 
uns durch theoretische Überlegungen, durch umfangreiche Versuchsreihen den 
zur allgemeinen Durchführung erforderlichen Rückhalt bringen sollen. So 
freudig wir also jede in dieser Beziehung tätige Betrebung begrüßen und mit 
unserer Erfahrung zu unterstützen bereit sind, so müssen wir ebenso unsere 
Stimme erheben, wenn nach Versuchen im Laboratorium oder in vitro eine 
Verurteilung der internen Tuberkulintherapie ausgesprochen wird. So wurde 
neuerdings in einer Veröffentlichung betont, daB eine genaue Dosierung kaum 
möglich wäre, eine Zerstörung bezw. Unwirksammachung durch die Verdauungs- 
säfte stattfände, und eine Resorption nicht oder doch nur in ganz beschränktem 
Maße möglich sei. Auch die geringe Zahl beobachteter Reaktionen wird be- 
mängelt. Auf diese Punkte soll in folgendem näher eingegangen werden. 
Zuerst über Dosierung und über beobachtete Reaktionen bezw. Heilwirkungen, 
sodann über den Einfluß der Verdauungssäfte und die Resorptionsverhältnisse. — 
Daß die Genauigkeit der Dosierung schwer zu erreichen ist, wird nicht be- 
stritten. Von vornherein ist anzunehmen, daß die intestinal beigebrachte 
Tuberkulinmenge nur zu einem Teil die Darmwand passieren und verwertet 
werden kann, so daß die Dosis des Mittels in entsprechender, durch lange 
Versuche festgestellter Weise erhöht werden mußte. Da aber die Resorptions- 
menge je nach den äußeren Verhältnissen und dem Zustand des Verdauungs- 
traktus verschieden ist, so wird man auf genaue Beobachtung angewiesen 
sein, um danach die fernere Dosierung zu regeln. In therapeutischer Hinsicht 
ist diese Schwierigkeit nicht so groß, wie es scheint; man muß sich nur die 
moderne Methode zu eigen machen, die durch dauernde Einwirkung kleiner 
und kleinster Dosen, ohne ruckweises Vorgchen, das den labilen Gleichgewichts- 
zustand des Phthisikers immerhin erschüttert, die Heilwirkung durchzuführen 
bestrebt ist. Aus diesem Grunde habe ich auch von der Anwendung zu dia- 
gnostischen Zwecken fast stets Abstand genommen, da ich in den verhältnis- 
mäßig seltenen Fällen, wo zur Diagnose genaueste Untersuchungen und Beob- 











BD.XII,HEFT3, | e 
1908, 1 VSERRILDIVERDSDUDG 223 








achtung nicht ausreichen, mich mit der altbewährten Probeinjektion begnügt 
habe. Wenn in meiner Publikation in der Zeitschrift für Tuberkulose Band X, 
Heft 6 Reaktionen erwähnt werden, so sind dieselben nicht aus diagnostischen 
Gründen herbeigeführt, sondern sie wurden im Verlauf einer internen Bazillen- 
emulsionskur hervorgerufen und waren mir als Begleiterscheinung willkommen, 
da die erfolgte Resorption und Wirksamkeit dadurch eine objektive Feststellung 
erfuhr. Stärkere Reaktionen zu erzielen, was durch größere Gaben leicht 
erreichbar gewesen wäre, fehlte mir jede Veranlassung, aber auch Temperatur- 
steigerungen auf 37.5% und 37.6% bei Kranken, die vorher stets unter 37° auf- 
wiesen, sind beweiskräftig genug; psychische Einwirkungen und suggestive 
Steigerungen sind dadurch ausgeschlossen, daß die Kranken weder wußten, 
was und zu welchen Zwecken sie einnahmen, noch bei Injektionen derartige 
Erscheinungen zeigten. In einigen Fällen gestaltete sich der Verlauf der 
Temperaturkurve nach subkutaner und interner Tuberkulinanwendung voll- 
kommen übereinstimmend. Abgesehen von dieser gelegentlichen Temperatur- 
steigerung und von den Angaben der Patienten über ihre subjektiven Empfin- 
dungen war ich häufig in der Lage, lokale Reaktionen verschiedener Art fest- 
zustellen, wie durch das Gehör an Lunge und Brustfell, durch das Auge 
im Kehlkopf und an Fisteln, durch Auge und Gefühl bei Drüsenanschwel- 
lungen etc.; an allen diesen Stellen konnten die bei subkutaner Anwendung so 
oft gesehenen und beschriebenen örtlichen Reizerscheinungen, ihr Entstehen 
und Verschwinden beobachtet werden. 

Aber, wie schon gesagt, auf alle diese Erscheinungen habe ich kein be- 
sonderes Gewicht gelegt: die interne Anwendung der Bazillenemulsion führte 
ich nur zu therapeutischen Zwecken durch, und die auf diesem Gebiet 
erzielten Erfolge sind das, was mir bedeutungsvoller und ebenso beweiskräftig 
erscheint. Und daß ich in der Beziehung nicht allein stehe, daß man dasselbe 
auch an anderem Orte gesehen und erreicht hat, beweisen mir die zahlreichen 
Mitteilungen von Kollegen aus den verschiedensten Gegenden, zum Teil von 
solchen, denen eine langjährige Erfahrung in der spezifischen Tuberkulose- 
therapie zur Seite steht. 

Daß die Wirkung der Bazillenemulsion vom Darm aus in vielen Fällen 
langsamer eintritt, ist wohl erklärlich (und hat mich dazu veranlaßt, wenn 
irgend möglich mit einer oder mehreren Einspritzungen zu beginnen und erst 
nach Erzielung einer gewissen Wirkung mit Phtysoremid fortzufahren), aber 
ein Versagen wird kaum je zu konstatieren sein, wenn man sich an die Grund- 
bedingungen und Voraussetzungen jeder wirksamen spezifischen Therapie hält 
und nicht in Fällen, wo jede Leistungsfähigkeit des erkrankten Körpers gegen- 
über den Giftstoffen seiner Krankheit fehlt, das Unmögliche erwartet. Die 
Einzelheiten des Erreichten decken sich in weitgehendem Mabe mit dem bei 
der spezifischen Therapie überhaupt Erzielten, welches ja oft und von berufener 
Seite geschildert ist. Die Patienten empfinden eine Linderung ihrer Be- 
schwerden, sie fühlen sich freier und kräftiger, die Expektoration wird erleichtert, 
Nachtschweiße bessern sich oder verschwinden etc., und dasselbe kann man 
objektiv konstatieren: die günstige Einwirkung auf Körpertemperatur, Katarrlı, 


E ZEITSCHR. f. 
224 KRAUSE, | TUBERKULOSE 








pleuritische Reizungen, Driisenschwellungen und andere Erscheinungen ist 
unverkennbar; besonders leicht aber kann man sich vielfach bei Kehlkopf- 
geschwiiren von der Wirksamkeit unserer Therapie überzeugen, indem es sich 
mit dem Kehlkopfspicgel verfolgen läßt, wie nach vorübergehenden leichten 
Reaktionserscheinungen die allmähliche Vernarbung und Überhäutung der 
ulzerierten Flächen vor sich geht. 


Lassen sich nun diese praktischen Erfolge theoretisch begründen? oder ist 
es berechtigt, der Verdauung, insbesondere dem Pepsin allein oder einem 
Pepsinsalzsäuregemisch zerstörende Eigenschaften für in zweckmäßiger Form 
eingeführtes Tuberkulin zuzuschreiben? — 


Daß solche Bedenken vom rein theoretischen Standpunkt aus, zumal wenn 
sie durch sorgfältig ausgeführte Experimente gestützt werden, ihren Wert und 
ihre Wichtigkeit besitzen, sei ohne weiteres zugegeben. Ebenso ist nie be- 
stritten worden, daß die Pepsinverdauung auf die verschiedenen Tuberkuline 
(uns persönlich ist dies in ausgesprochener Weise vom Alttuberkulin, weniger 
von der Bazillenemulsion bekannt) abschwächend bezw. zerstörend wirken kann 
oder auch wirkt; im Gegenteil haben wir schon vor Jahren diese Wirkung des 
Pepsins und der Salzsäure dadurch anerkannt, daß wir die Präparate, mit denen 
wir auf den kranken Organismus einwirken wollten, stets in einer (nicht nur 
in vitro, sondern auch in vivo bewährten) Form verabreichten, die den Einfluß 
der Magenverdauung ausschalten soll und auch tatsächlich ausschaltet.* Die 
Kapseln passieren also den Magen in unverändertem Zustande, kommen erst 
im oberen Darmabschnitte zur Auflösung und lassen ihren Inhalt erst mit dem 
Darmsaft in Berührung kommen. In diesem Darmsaft ist eine nennenswerte 
Pepsinwirkung überhaupt nicht mehr vorhanden, da dieselbe an saure Reaktion 
gebunden ist, diese saure Reaktion sich aber höchstens in den obersten Darnı- 
teilen findet, während der Gesamtinhalt neutral reagiert. Hierzu kommt die 
Wirkung der Galle, indem diese, und zwar besonders die Taurocholsäure, aus 
dem Chymus das Acidalbuminat niederschlägt, wodurch ein mechanisches 
Niederreißen des Pepsins bewirkt wird. „Es findet im Chymus, sobald der- 
selbe den Magen verlassen hat, nachweislich keine Pepsinwirkung mehr statt.“ 
(J. Munk.) Von der bei Tuberkulösen häufig vorhandenen Minderabsonderung 
von Verdauungssäften und speziell Pepsin (,„Salzsäurebildung meist, Pepsin- 
bildung oft gestört, also auch in den obersten Darmabschnitten geringere 
Menge und geringere Wirksamkeit!“ Ott, S. 163—166) soll hier ganz ab- 
gesehen, wohl aber kann durch geeignete Art der Verabreichung die Pepsin- 
wirkung den Tuberkulinen gegenüber abgeschwächt werden. Durch Milch- 
genuß wird bekanntlich die Absonderung des Magensaftes merklich (direkt) 
beeinflußt, die Sekretion beginnt später, und das Sekret ist weniger konzen- 
triert; verstärkt wird diese Wirkung durch gleichzeitige Darreichung von Fett, 
das vom Duodenum aus (Fernwirkung) hemmend auf die Pepsinsekretion wirkt 
(„nicht nur weniger, sondern auch pepsinärmerer Saft“, Conheim, die Physio- 
logie der Verdauung und Ernährung, S. 56). Diese zuerst von Pawlow am 


') Ich beziehe mich, da ich hauptsächlich mit Phtysoremid arbeite, auf dieses Präparat. 


BD.XULHEFTS, TUBERKULINVERDAUUNG. ` 32% 


Hunde nachgewiesenen Verhältnisse gelten auch für den Menschen. Gleich- 
zeitig wirkt das Fett steigernd auf die Gallenabsonderung und beeinflußt auf 
diese Weise indirekt die Pepsinwirkung. Um also die (wenn auch unnötig) 
gefürchtete, zerstörende Wirksamkeit des Pepsins auf die Tuberkuline mit noch 
größerer Sicherheit auszuschalten, braucht man nur das Tuberkulin nicht nach 
größeren (insbesondere Fleisch) Mahlzeiten nehmen zu lassen, sondern gleich- 
zeitig mit Milch und Fett Am besten bewährt sich die Methode, daß man 
morgens als erstes Frühstück Milch, Weißbrod mit Butter und nachher das 
Phtysoremid gibt; in dieser Weise wende ich es seit Jahren mit bestem Erfolg 
an. Ob die öligen bezw. fettigen Bestandteile des Phtysoremid eine Rolle spielen, 
durch Einwirkung auf Pepsin- und Gallenabsonderung, lasse ich dahingestellt. 
Jedenfalls haben aber zahlreiche Versuche mit verschiedenen Vehikeln den 
Eindruck gefestigt, daß die Resorption vom Darm aus günstig beeinflußt wird; 
und zwar vom Darm aus, denn mit der Magenresorption, auf die irrtümlich 
immer wieder Bezug genommen wird, kann selbstredend schon wegen der 
schützenden Keratinschicht nicht gerechnet werden. Abgesehen davon aber 
auch würde die Resorption von der Magenschleimhaut aus fast gleich Null sein, 
und nur wenig besser sind die Aufsaugungsverhältnisse im Rektum, wie nicht nur 
rein theoretische Erwägungen lehren, sondern Versuche mit rektaler Applikation 
im Vergleich zu der internen erwiesen haben. Die Schleimhaut des übrigen 
Darmes ist zur Resorption des Tuberkulins durchaus imstande. 


Be 


Zeitschr. f. Tuberkulose. XIII. IS 


. : ZEITSCHR. f. 
= © to TUBERKULOSE 








XIV. 


Prognosis and Treatment of Tuberculous Laryngitis; an Analysis 
of Sixty-one Cases Treated at the Pottenger Sanatorium for Dis- 
eases of the Lungs and Throat. 


Read before the California State Medical Society, at a meeting held at Coronado, 
Cal., April 21—23, 1908. 
By 
F. M. Pottenger, A.M., M.D., Monrovia, Cal., 


Medical Director of the Pottenger Sanatorium for Diseases of the Lungs and Throat. 


Y ntil recent years, tuberculosis of the larynx has been classed along 
with tuberculosis of the bowels as the most unfavorable complication 
| S which can arise in the course of pulmonary tuberculosis. In fact, it 
ee been and still is considered by most observers as fatal. The writer has 
heard many able laryngologists say that they never saw a case recover. 

In face of such hopelessness, an optimistic contribution on the subject 
should be welcomed. Yet I am aware that doubt may arise in the minds of 
some of my hearers. Nevertheless, I shall not allow this to deter me from 
maintaining that tuberculosis of the larynx is not a hopeless condition, but 
one which has failed to yield to treatment because it has been diagnosed too 
late, and because when diagnosed, it has been treated wrongly. ` 

My experience in the treatment of this condition, leads me to say that 
the prognosis in tuberculosis of the larynx is little, if any more grave than 
that of tuberculosis of the lungs. 

The prognosis depends upon: 

First, the extent of the laryngeal lesion; second, the location of the - 
lesion; third, the extent of the accompanying pulmonary condition, and fourth, 
the manner in which the condition is treated and the length of time such 
treatment is carried out. 

As in pulmonary tuberculosis, so here the extent of the lesion is very 
important. An early diagnosis offers greatly increased chances of cure. 

Tuberculosis of the larynx always begins as an infiltration. In its earliest 
form it is not visible to the naked eye under ordinary conditions, but can be 
demonstrated by a tuberculin reaction. This early tuberculosis as recognized 
on inspection after a tuberculin reaction presents the same picture to the eye 
as the disease usually presents without tuberculin, after it has progressed a 
little farther. It appears as a slight hyperæmia or congestion. 

The infiltration may remain as such; it may heal out, or it may extend, 
break down and form an ulcer. I have no doubt that many of these early 
infiltrations heal out, without having been recognized the same as they do in 
the lungs, lcaving no recognizable symptoms or visible traces behind them. 

Thcse early infiltrations, which are none the less tuberculous, although 
they have not ulcerated, are rarely diagnosed as tuberculous. Many do not 
cause the patient to consult the laryngologist, and often when they are seen, 








ES SW ebe PROGNOSIS AND TREATMENT OF TUBERCULOUS LARYNGITIS. 227 





they are treated as chronic catarrhal thickenings, until the patient becomes 
dissatished and stops treatment, or until the infiltration becomes more marked 
or an ulceration appears showing the true nature of the condition. 

The experience of the laryngologist, however, has been almost exclu- 
sively confined to the treatment of far advanced conditions, either large infil- 
trations or more commonly ulcerations. These, while not hopeless, are very 
difficult to treat, and it is not surprising when we consider the disadvantages 
under which these cases have been handled and the measures that have been 
employed in their treatment, that they have shown so little encouragement to 
those who have attempted to treat them. 

While the great majority of infiltrations can be apparently cured and 
even the severe ulcerations will yield to treatment in a fair proportion of cases 
when the condition in the lung is inactive or of slight extent; when the pul- 
monary condition is far advanced, alleviation is all that can be hoped for, and 
the occasional healing that does take place is the exception. 

During the two years between January 1st, 1906, and January 1st, 1908, 
in the Pottenger Sanatorium for Diseases of the Lungs and Throat, there were 
208 patients who remained 3 months or more, and of these there were 61, 
29,3 per cent., who showed sufficient involvement of the larynx to cause 
symptoms, or to allow the diagnosis to be made upon laryngoscopic examin- 
ation. This does not include many cases of slight infiltration revealed by local 
tuberculin reactions. | 

In order to illustrate the effect of the various factors eg above 
upon prognosis, I have arranged the following tables: 

Table 1 show the difference in prognosis according to the extent of 
the lesion. Whereas, 96 per cent. of slight and moderately extensive infil- 
trations with leerations were apparently cured, only 16,67 per cent. of the 
severe infiltrations with ulcerations were apparently cured. 


Table I. 
Showing difference in prognosis of tuberculous laryngitis according to the 
extent of the lesion. 


a o m nn HET pera Ee — pra er Es A  i E 




















Extent of Lesion i Cases | KEN | Arrested ! Improved | Unimproved 
Slight and modernie in- | | 
filtration . 6 T 25 | 24=96 9%, 1=409, — | — 
Severe infiltration without | | | 
ulceration . oy 6 3=50 %, — 3=50°, | — 
Severe infiltration with ulcer- f | | 
ation . . . . . . 30 | 5= 16,67 ‘lo I = 3,33 %o | 19= 63,33 “lo 5=16,67 °lo 


I 

The prognosis also depends very much upon the location of the lesion. 

The portions of the larynx which are best supplied with lymph and blood, yield 

the most readily, because the protective bodies which are elaborated by the 

body cells can be applied more directly. Therefore, a lesion in the interaryt- 

enoid space yields much better than one involving the cords or the epiglottis, 
as shown in Table II. 

15* 


| TVer ZEITSCHR. f. 
228 © F, M. POTTENGER. TUBERKULOSE 














Table II. 


Showing difference in prognosis of tuberculous laryngitis according to the 
location of the lesion. 





Apparently | 








No. | Ge Arrested | Improved | Unimproved 

Interarytenoid space . . . . 10 | 10=100%, — — — 
Int. space and arytenoids . . 13 13= 100 0, — — — 
Int. space, aryts. and cords .p 22 6=27,27 Vil. 1=4,55%. | 14 = 63,03 85) 1=455%, 
Int. space, aryts. and ventricles | I 1=100°;, — — | — 
Int. space, aryts., cords and | | 

ventricles: 4 „u... =. o 8 1=12,50%,| 1=12,50%,| 5=62,50°,| 1=12,50 %/, 
Int. space, aryts., cords, ven- 

tricles and epiglottis . . 7 1=14,28 H — 3=42,86 Dia 3= 42,86 Di 


The extent of the pulmonary lesions is of great prognostic importance. 
A slight or moderate infiltration will nearly always heal out in a patient in 
whom the disease has not seriously undermined the general condition, while 
if the pulmonary condition is rapidly advancing and the general strength of 
the patient is failing, then more than an improvement on the part of the la. 
rynx must not be expected. 

A severe infiltration or an ulceration offers a very fair prognosis in cases 
with slight pulmonary involvement, or in those cases with more extensive in- 
volvement, but where the disease is inactive and the general condition good; 
providing, in case of ulceration, the ulcer is so situated as not to cause dys- 
phagia and interfere with nutrition. In many cases with advanced pulmonary 
trouble, the larynx will heal out although the lungs do not. In rapidly pro- 
gressive pulmonary cases, the prognosis in laryngeal complications is bad and 
little can be hoped for through treatment, beyond the relief of the most pro- 
nounced symptoms. 

In my cases, the results classiñed according to stage and activity of the 
disease are shown in table III. (See next page.) 


We now come to the most important factor in prognosis — the manner 
in which the disease is treated. It must be borne in mind that tuberculosis 
of the larynx is perhaps always secondary; and, in nearly all instances, se- 
condary to tuberculosis of the lungs; so it cannot be treated as a special en- 
tity, but must be treated along with the primary focus. No treatment of 
tuberculosis of the larynx can be considered that does not comprehend this 
broader idea. 

I wish to otfer a few suggestions regarding the diagnosis of tuberculosis 
of the larynx, for an early diagnosis of this condition is essential to success- 
ful treatment. Much of the failure on the part of the laryngologist is due to 
the fact that the disease has been treated only in its advanced stage of severe 
infiltration or ulceration. 

Remembering that tuberculosis begins as an infiltration, and that this in- 
filtration often exists for months without ulceration supervening, we should 
look upon all infiltrations of the larynx which do not yield to treatment after 


ANO. 


GE rk PROGNOSIS AND TREATMENT OF TUBERCULOUS LARYNGITIS, 229 








Table IIL 


Showing the results obtained in the laryngeal complications according to the 
pulmonary condition. 














Slight and moderate infiltrations 





























Stage SP rae ees T = 

g S Ee | cured ` EE ES Arrested | Improved | Unimproved 
First `... a — | | 
Second Inactive. . . . | 
Second Active . . . . \ I 1=100 ©}, 
Third Inactive . . . . | 14 14=100°}, 
Third Active. . . . . | 10 9=90 %/, 1=10°%, | 

Severe infiltrations without ulceration 
First. or Ge e He oa | 
Second Inactive . i 
Second Active . . . . | 
Third Inactive . . . . | 2 1=50°/, = 507), 
Third Active. . . . . : 4 2=50%, 2=50 %, 
Infiltration with ulceration 

FIRE caca An Sia es! 
Second Inactive . | | 
Second Active | | | 
Third Inactive dE 4 | a= 50%, | | 2=50%/ | 
Third Active. . 2.2... 26 | 3=11,54%,1 1=3,85 %, | 17=65,38 | 5=19,23 el 


a reasonable time as suspicious. All such should call for a thorough skilful 
examination of the chest; and if it be found that a pulmonary lesion exists, 
then it is imperative that the exact nature of the laryngeal lesion be deter- 
mined. 

While I recognize very well that infiltrations occurring in the larynx 
during the course of pulmonary tuberculosis are not necessarily of a tuber- 
culous nature, yet I also realize that these conditions are tuberculous more 
often than is generally believed, and I am positive that when they are present, 
it is imperative that a definite diagnosis be made. 

Clinical experience shows that careful examination of the larynx of patients 
suffering from advanced pulmonary tuberculosis, reveals a lesion in about 
50 per cent. of cases; therefore, the seriousness of such infiltrations is evident. 

The skilled laryngologist who has the opportunity to examine the throats 
of many tuberculous patients, will soon learn to make a diagnosis. For those 
who do not have this opportunity, I would suggest the use of the tuberculin 
test. The larynx is an ideal location in which to observe the action of tuber- 
culin. If the laryngeal lesion is tuberculous, a reaction will show after the 
tuberculin has been administered. When Tuberculin is administered, it causes 
a local reaction in tuberculous tissue, which can be detected before a general 
reaction with temperature appears. This manifests itself as a slight blush with 
a small dose, and may even appear as a slight congestion after a larger one. 
This usually appears from 8 to 24 hours after a dose of old tuberculin has 
been administered, and passes off in from few hours to a day or two thereafter. 


ZEITSCHR. f. 





The diagnosis in laryngeal cases can usually be made with smaller doses than 
those commonly advised for making the tuberculin test, The usual method 
consists in administering ?/,, I, 2, 3, 5, 7, and 10 mgs., preferably at night, with 
1 day intervening between the doses up to 5, and then about 3 days between 
5 and 7, and 7 and 10. The larynx should be carefully examined at frequent 
intervals on the day following the injection. The larger doses will rarely be 
required. In fact, I have observed laryngeal reactions to follow minute doses 
of tubercle vaccines. 

More important than the earliness of the diagnosis, the location of the 
lesion, and the character of the accompanying pulmonary condition, is the 
manner in which the lesion is treated. 

I wish at the beginning of this discussion to emphasize the fact that 
tuberculosis of the larynx cannot be cured by local application. 

Local application may help to keep the parts clean and relieve cough 
and pain, but we cannot conceive of them directly and favorably influencing 
the healing of the lesion, except as they cause a hyperamia, thus facilitating 
the direct application of the curative agents found in the blood and lymph 
to the focus of disease. 

Tuberculosis is an infectious disease. Its cure is brought about by the 
establishment of immunity. The body cells, stimulated by the toxins elabor- 
ated by the tubercle bacillus, are put upon the defensive and respond by the 
formation of protective substances, which neutralize the toxins and destroy the 
bacilli. In this manner, and this alone, is a cure brought about. It matters 
not where the lesion is located, whether in the lungs, the larynx, the glands, 
the kidneys, or the bones, the disease has the same cause and same pathology, 
and its cure is established in the same manner. . 

The general treatment of tuberculosis of the larynx, then, is the same as 
that of tuberculosis elsewhere, and only differs in so far as those symptoms 
which arise from the particular location of the lesions are concerned. 


There are three factors in the cure of tuberculosis: 

First, the ability of the cells to respond and form protective substances; 

Second, the stimulant which excites the cells to form protective sub- 
stances; and, 

Third, application of the protective substances to the focus of infection. 

These principles apply just the same to tuberculosis of the larynx as 
they do to tuberculosis elsewhere. 

The body cells must be kept healthy in order to be able to furnish the 
best response. Therefore, such measures as open air, carefully regulated rest 
and exercise, proper food, hydrotherapy, climatic change, and suitable tonics 
must be carefully employed. 

The stimulant which naturally excites the cells to the formation of pro- 
tective substances, is furnished by toxins which are given off from the tubercle 
bacillus at the seat of infection. For some reason, in tuberculosis, this stimu- 
lant often fails, just why we do not exactly know; but it has been found that 
the toxins made from the tubercle bacillus (tubercle bacillus vaccines) can be 


dos. PROGNOSIS AND TREATMENT OF TUBERCULOUS LARY NGITIS. 231 








introduced artificially into the body and be made to produce the necessary sti- 
mulation. Since this stimulation is necessary in order to cause the cells to respond, 
the employment of specific vaccines becomes a very important part of treatment. 

I wish to emphasize what must now be clear to all: that in the employ- 
ment of vaccines, no new toxin is being employed; use is simply being made 
of the one which nature uses and without which the cells will fail to be sti- 
mulated to the production of anti-bodies. 

The method of employing tuberculin and other specific vaccines in tuber- 
culosis of the larynx is very simple. The initial dose should be small. The 
day following, the larynx should be examined. If there is no reaction (which 
shows as a slight hyperæmia or congestion according to its severity) present, 
then that day or the next a larger dose may be given. This should be in- 
creased until a local reaction occurs. Then another dose should not be given 
until all signs of reaction have disappeared; neither should the quantity of 
vaccine be increased until the last dose has failed to produce a reaction. 
Given in this way, the dosage is absolutely under the control of the physician. 
Personally, 1 have learned more of the use and local action of tuberculin and 
have had my faith in its curative powers strengthened more, by watching its 
effects in the larynx, than by any other phenomenon associated with its ad- 
ministration. 

The third factor is the application of the protective bodies when formed, 
to the seat of the infection. In tuberculosis, the areas of the disease are pe- 
culiarly shut off from the circulation, the foci being surrounded by a stagnation 
of the body fluids. Careful studies have shown that the fluids which are in 
contact with these foci, are very poor in protective substances, owing to the 
fact that the fluids change so slowly that the antibodies are all used up in 
combating the infection. It is essential then, if possible, to hasten the circul- 
ation through the diseased parts and increase the amount of blood in them, 
and this can be done by such measures as the application of the sun's rays 
after the plan of Sorgo, whereby the patient treats his own throat by using 
a laryngeal mirror and focusing the sunlight, reflected by a mirror, upon the 
larynx; or by direct application of blue light taken from the sun's rays and 
reflected from large mirrors upon the larynx externally. 


In this connection, I would like to call attention to the hyperæmia in 
tuberculous areas, caused by the local tuberculin reaction. The value of this 
hyperæmia produced by tuberculin, has not been fully appreciated. 

Theoretically, such a line of treatment is an ideal one and should result 
in a cure in all instances, but there are many difficulties to overcome, the 
principle ones of which, as 1 see them, are: 

First, the cutting off of the blood supply and the tendency to necrosis 
on the part of the tuberculous tissue; and 

Second, the stagnation of the body fluids in the neighborhood of the 
tubercles. These prevent the direct and complete application of the curative 
substances to the seat of infection and cause the cure to be produced at a 
great disadvantage. 


Sep us ZEITSCHR. € 
232 F. M. POTTENGER. - TÚBERKULOSE 


Aside from these measures, there are others of value such as rest and 
cleanliness. Local applications will not cure the disease, but they will relieve 
distressing symptoms, and in this manner, give comfort. They should not be 
severe in their action. With my conception of the pathology and therapy of 
this affection, 1 can see no place for the employment of such remedies as 
lactic acid, and in practice, I have never found them necessary. Bland appli- 
cations such as Protargol, 5—10 per cent. and Argyrol, 10—25 per cent., 
have given me good service. 

I wish also to mention operative procedures, that I may protest against 
their employment. They were originally suggested because it was thought 
that the knife would remove the focus of the disease; but with greater know- 
ledge of tuberculosis, we know that this is impossible; the result of operation 
has proven anything but satisfactory. Following operation, the wound often 
heals, but in a very short time it breaks out a new and the patient is really 
worse off than before, because he has lost tissue and at the same time, gained 
nothing. It is always a dangerous procedure to operate in tuberculous tissue, 
for the cut ends of the blood vessels are opened and stand ready recipients 
of bacilli to carry them to new tissue. 


If it is the physicians’ purpose to attempt to cure tuberculous laryngitis, 
I can conceive of operative procedures being called for only in the rarest of 
instances. If, on the other hand, the purpose is simply to palliate or tempo- 
rize, then I can see how operation might relieve a severe dysphagia and make 
the patient more comfortable for a time, until ulceration occurs again, which 
is usually in a short time. 

When ulceration has occurred, the parts should be kept clean, and, if 
pain is present, dusting the part with orthoform will often give relief. When 
cough is severe, I add !/, gr. of heroin to the orthoform, before dusting it into 
the larynx. Cold compresses to the throat at night help to relieve cough, 
thus serving a good purpose. 

This simple treatment of tuberculous laryngitis has proven to be very 
satisfactory. There are other important factors which contribute to its success. 
First, the laryngeal infection is treated only as an incident connected with the 
pulmonary lesion; consequently, all the rational measures which aid in the cure 
of the latter are employed. The second important factor is time. When the 
patient is being treated for pulmonary tuberculosis, he expects to devote from 
4 to 5 months to I or more years to it, according to the severity of the case, 
and consequently, this prolonged treatment affords the laryngeal lesion an 
opportunity to heal. 

In table IV, I have classified my cases according to the result obtained 
and time of treatment. | 

In treating these cases in the manner in which it is usually done by the 
laryngologist, i. e., as a separate disease, I can see no bright future for tuber- 
culous lesions of the larynx; but, regarding them as a part of a tuberculous 
lesion elsewhere and treating them as such, offers an opportunity for classifying 
tuberculous laryngitis as one of the most curable lesions. 





BD.XILHEFTS. PROGNOSIS AND TREATMENT OF TUBERCULOUS LARYNGITIS. 233 




















Table IV. 
Showing average length of treatment according to result obtained. 
Results | No. Cases | Average time in months 
Apparent cure 32 10— 2/3 
Arrested . . 2 9—1/2 
Improved!) . | 22 7 
Unimproved . : 5 3—2/5 


1) 4 of these were treated from 3 to 5 months. 


From my study and experience in the treatment of tuberculous laryngitis, 
I offer the following conclusions: 

First, when tuberculosis of the larynx is diagnosed early, the prognosis 
is about the same as tuberculosis of the lung when diagnosed early. 

Second, chronic thickening in the larynx always calls for a careful ex- 
pert examination of the lungs, to determine the presence or absence of pul- 
monary tuberculosis, and if the latter is found to be present, the evidence is 
strongly in favour of the tuberculous nature of the laryngeal lesion. 

Third, local applications will not cure tuberculosis of the larynx. The 
cure comes through the patient’s body fluids, 

Fourth, tuberculosis of the larynx is not a separate disease, but a com- 
plication, and a rational treatment consists in the treatment of it as a part of 
a tuberculous process elsewhere, usually of the lungs. 

Fifth, tuberculin and the other tubercle vaccines, intelligently administered, 


are of inestimable value in establishing immunity and bringing about a cure 
in tuberculous laryngitis. 





12 "ITC ZEITSCHR. f. 
234 u J- EECH ITCH. TURERKULOSE 
XV. 
Über das Tuberculinum purum. 
Von 


Dr. J. Gabrilowitch, Chefarzt in Halila. 


“las Tuberculinum purum enthält die wirksame Agens des Alttuberkulins 
gap in vollem Maße. Es wird in analoger Weise hergestellt, wie das Alt- 

3) tuberkulin, aus Tuberkelbazillenkulturen vom Typus humanus, jedoch 
a es durch chemische Reagentien (Xylol, Äther, Alkohol und Chloroform) 
das Präparat dermaßen zu verändern, daß es bei subkutaner Anwendung keine 
allgemeinen Reaktionserscheinungen mehr hervorruft. Dieses Tuberkulin kann 
deshalb in großen Dosen und bei rascher Steigerung der Dosis sowohl bei 
Erwachsenen als Kindern angewandt werden. Seine wirksame Kraft entfaltet 
es in der Lunge selbst, indem es die katarrhalischen Erscheinungen in sehr 
kurzer Zeit zum Schwinden bringt, die Lunge also gewissermaßen austrocknet. 
Bei zirkumskripten Lungenprozessen dürften im Durchschnitt 16— 20 Einspritzungen 
genügen; bei größeren Prozessen, die einen ganzen Lappen ergriffen haben, 
oder bei disseminierten Herden sind 50—60 Injektionen nötig. Klinisch 
läßt sich der Heilungsprozeß in klarer Weise verfolgen. Oft erhält man den 
Eindruck, als ob es sich um eine Verschlimmerung des lokalen Prozesses handle: 
die katarrhalischen Erscheinungen treten reichlicher auf, ebenso die Bazillen im 
Auswurf. Das abgeschwächte oder rauhe Atemgeräusch erhält bronchialen 
Charakter; das bronchiale amphorischen. Aber ebenso rasch verschwinden 
diese Symptome und die Lunge wird rein. Während der Kur bleibt das 
Allgemeinbefinden stets gut: das Körpergewicht nimmt nicht ab, die Tempe- 
ratur sinkt. 

Prophylaktisch wäre die Anwendung des Tuberculinum purum bei hereditär 
Prädisponierten oder nach überstandener Krankheit, in der Ernährung herunter- 
gekommenen Leuten, von großem Nutzen. 

Tuberculinum purum wurde von mir in der Anstalt und in der Privat- 
praxis angewandt, immer mit gutem Erfolg. Bei Leuten mit sehr ausgebreitetem 
Lungenleiden injizierte ich das T. p. nur dann, wenn bei verhältnismäßig 
günstigem Allgemeinbefinden der Lungenprozeß auf einer Lunge beschränkt war. 

Im Gegensatz zum Alttuberkulin kann das T. p. auch bei akut oder 
subakut verlaufender Tuberkulose Anwendung finden. 

Bei Komplikationen von seiten anderer Organe ist das T. p. nicht kon- 
traindiziert. 

Die günstigsten Erfolge habe ich jedoch bei den unkomplizierten, chronisch 
verlaufenden Fällen gesehen. 

Auf die Temperatur wirkt das T. p. eher herabsetzend. Steigerungen 
als Reaktionserscheinung sind äußerst selten, bei stufenweiser Zunahme der Dosis. 

Die Herztätigkeit wird auch in großen Dosen nicht alteriert; der Puls ist 
fast nie beschleunigt. 








ld ÜBER DAS TUBERCULINUM PURUM. 235 








Die Respirationsfrequenz nimmt nicht zu. Gliederschmerzen wurden nicht 
beobachtet; ebensowenig Übelkeit oder Erbrechen. 

Ich habe nie Schlaflosigkeit, allgemeine Schwäche oder vermehrte Diurese 
gesehen. 

In 3 Fällen trat etwas Kopfweh auf. Die Haut wird selten affiziert. 

Bevor ich Genaueres über den Erfolg der Kur bei meinen Kranken sage, 
möchte ich darauf hinweisen, daß die Patienten, nach der klinischen Form der 
Krankheit, sich folgendermaßen verteilen. Es gehörten an: 


der Tuberculosis sicca . . . . 12%, 
8 E catarrhalis. . . 28%, 
S x fibrosa . . . . 28%, 
= > ulcerosa . . . 160}, 
,» Bronchopneumonia ulcerosa . 4°}, 


„ Pneumonia tuberculosa ulcerosa ı12°/,. 

Zu den schwereren Formen gehörten somit ?*/, aller mit T. p. behandelten 
Fälle; nur 12°/, dürfen als Leichtkranke bezeichnet werden. 

Die Bazillen verschwanden aus dem Auswurf bei 59 ”/,, verminderten sich 
beträchtlich bei 31 °/). 

Die katarrhalischen Erscheinungen in der Lunge verschwanden bei 75°/,, 
wurden geringer bei 25°. 

Die Temperatur wurde schon während der Kur normal bei 31 °/,; nach 
der Kur bei 62 °/,. 

Die Anzahl der Injektionen war bei 80°/, der Fälle 20. 

Die Kurdauer betrug 40—60 Tage. 

Die Anfangsdosis war fast durchweg 0,01 mg. 

Die Enddosis 100—200 mg. 

Das Körpergewicht stieg während der Injektionskur bei 96 °/,, und zwar 
von 1—6 kg. 

Der große Vorteil des T. p. besteht jedenfalls noch darin, daß es leicht 
in der Privatpraxis Anwendung finden kann, weil keine unerwarteten Reaktions- 
erscheinungen zu befürchten sind. E 

Als diagnostisches Mittel wird das T. p. in Dosen von !/, mg subkutan 
angewandt. 

Die Pirquetsche Hautreaktion erfolgt, wenn Tuberkulose vorhanden, bei 
der Anwendung des T. p. in unverdinntem Zustand, 

Wenn das Auftauchen eines neuen Tuberkulins unter gewóhnlichen Ver- 
háltnissen kein Gewinn fir die Wissenschaft ist, scheint das T. p. doch der 
Nachprüfung wert, denn der objektive Befund, der allein entscheidend ist, war 
sehr giinstig in allen beobachteten Fallen. 


«tor 


ec ZEITSCHR. f. 
230 AS TÜBERKULOSE 





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Zusammengestellt von 


Prof. Dr. Otto Hamann, 
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en FRANKENBURGER, HEILSTÄTTENERFOLGE U. KRITIK. 243 


XVII. 
Heilstattenerfolge und ihre Kritik. 


Bemerkungen von 


Dr. A. Frankenburger, Niirnberg. 


sinter dem obengenannten Titel veröffentlicht Herr Kollege K. von Holten 
“| in Heft 1, Bd. 13 dieser Zeitschrift eine Arbeit, welche sich in 4 Sätzen 
Jz auch mit meiner Arbeit: „Zur Frage der Heilstattenbehandlung und 
der Anzeigen für dieselbe“ in Nr, 17 und 18 der Münchener Medizinischen 
Wochenschrift 1908 befaßt. (Der Herr Kollege hat entgegen allen sonstigen 
von ihm zitierten Arbeiten den Ort der Veröffentlichung nicht angegeben.) 
Zwei von seinen Sätzen geben mir Veranlassung zur Berichtigung. Der Herr 
Kollege schreibt: „Energisch müssen wir jedoch gegen die Forderungen 
Frankenburgers auftreten, welcher die Kranken des I. Stadiums von der 
Heilstättenbehandlung ausgeschlossen wissen will.“ Eine solche Forderung habe 
ich niemals und an keiner Stelle meiner Arbeit aufgestellt. Ich verweise dies- 
bezüglich auf meine ganze Arbeit und hebe nur zwei Sätze aus derselben 
wörtlich hervor: „Wenn ich Sie nun zu der Ansicht bekehren will, daß wir 
künftig andere Patienten oder, um mich gleich präzise auszudrücken, nicht 
mehr vorwiegend(!) solche des I., sondern des II. Stadiums in die Heilstätten 
schicken sollen, so muß....“ Ferner: „Keineswegs will ich den Standpunkt 
vertreten, als seien nun alle Kranke des IL Stadiums wahllos als günstige : 
Heilstattenpatienten anzusehen; das sind sie natürlich ebensowenig als 
alle Kranken des I. Stadiums.“ 

Ferner erhebt Herr Kollege von Holten den Vorwurf: „Er wirft die 
Kranken des I. Stadiums mit den Tuberkuloseverdächtigen und den Trägern 
latenter Tuberkulosen zusammen und behauptet, sie könnten der Heilstätten- 
behandlung zumeist entraten. Hier gebe ich gerne den Fehler zu im Interesse 
der Kürze mich nicht präzise genug ausgedrückt zu haben. Die These lautet 
übrigens im Original: „Die Kranken des I. Stadiums, vor allem aber die 
Tuberkuloseverdächtigen und die Trager latenter Tuberkulose können .. . ent- 
raten.“ Richtiger hatte ich allerdings geschrieben: Die Tuberkuloseverdächtigen 
und Träger latenter Tuberkulosen können der Heilstättenbehandlung immer, 
die Kranken des I. Stadiums häufig entraten. Der letzteren Ansicht haben eine 
ganze Reihe von Autoren, auch von Heilstättenärzten schon Ausdruck gegeben. 

Jedenfalls geht aber aus meiner ganzen Arbeit hervor — ich hoffe wenigstens 
klar genug gewesen zu sein — daß ich niemals die Tuberkulösen des I. Stadiums 
von der Heilstättenbehandlung ausschließen wollte, sondern vielmehr, wiederum 
gleich vielen Heilstättenärzten, mich dafür eingelegt habe nicht auf Grund 
einer Untersuchung, sondern genauerer Beobachtung aus den Kranken des 
I. und IL Stadiums die geeigneten und bedürftigen Fälle auszuwählen. 

Dem Schlußsatze der Arbeit des Herrn Kollegen, zu verlangen, daß der, 
welcher eine Kritik schreiben will, sich auf das Genaueste über die in der von 
ihm selbst genannten Literatur enthaltenen Angaben unterrichtet, kann ich nur 
beipflichten. 





16* 








244 v. HOLTEN, ANTWORT ETC. e 


XVIII. 


Antwort auf vorstehende Bemerkungen 
des Herrn Dr. Frankenburger. 
Von 


Dr. K. von Holten. 


enn Herr Kollege Frankenburger dem betreffenden Satze in der 
i| Originalarbeit dieselbe Fassung verliehen hätte, wie in den vorstehen- 
den Bemerkungen, so hätte ich gewiß nichts dagegen vorgebracht. 
Denn in der jetzigen Fassung ist der Unterschied zwischen den Tuberkulose- 
verdächtigen und Trägern latenter Tuberkulose einerseits und den Kranken 
des I. Stadiums andererseits deutlich bezeichnet und dadurch der Sinn des 
Satzes sehr wesentlich geändert worden. Gegen die Bedeutung des betreffenden 
Satzes jedoch, wie er am Schlusse der Originalarbeit in Nr. 18 der Münchener 
Medizinischen Wochenschrift 1908 als zusammenfassende These aufgestellt 
ist, muß ich den erhobenen Einspruch jetzt wie früher durchaus aufrecht er- 
halten. Übrigens gibt Herr Kollege Frankenburger ja auch die Differenz 
in der Bedeutung des getanen Ausspruches in der Originalarbeit und des 
gewollten in der vorstehenden Fassung selbst zu, so daß eine weitere Erörterung 
sich dadurch erübrigt. 





ro 


BD.XIII,HEFT 8. 
190$. 


REFERATE. 


245 








I]. REFERATE ÜBER BUCHER UND AUFSÄTZE 


|. Ätiologie und Verbreitung der 
Tuberkulose. 


G. Railliet: Portes d'entrée de la 
: tuberculose. (Rev. de la tub., Avril 
1908, Paris, Masson et Cie.) 


Eine gute und vollstandige Uber- 
sicht über den gegenwärtigen Stand der 
Lehre von den Eingangspforten der tuber- 
kulósen Infektion mit ausführlicher Lite- 
raturangabe. Die Infektion durch den 
geschlechtlichen Verkehr hat keine prak- 
tische Bedeutung; ebensowenig die von 
der Konjunktiva aus. Infektion von der 
gesunden Haut aus ist zweifelhaft, von 
der verletzten Haut aus schwierig: sie 
verläuft dann meist gutartig, bleibt meist 
ürtlich, wird selten allgemein. Die wich- 
tigsten Infektionswege sind die Aufnahme 
des Tb. mit der Atemluft und mit der 
Nahrung: Inhalation und Ingestion. Die 
Infektion von den Mandeln und ihrer 
Umgebung aus bedarf nach Railliet 
noch weiterer Untersuchungen. 

Daß man Tiere sowohl durch In- 
halation wie durch Ingestion tuberkulös 
infizieren kann, ist unbestritten. Ob sich 
das Ergebnis ohne weiteres auf die na- 
türliche Infektion des Menschen über- 
tragen läßt, betrachtet Railliet mit Recht 
als unsicher. Ob hier der eine oder der 
andere Weg der wichtigste oder wesent- 
lichste ist, kann überhaupt schwerlich 
durch Tierexperimente entschieden werden. 
Es scheint aber, daB man auch beim 
Menschen mit beiden Möglichkeiten zu 
rechnen hat. Die Gefahr der Infektion 
durch eingetrockneten Auswurf ist gering 
anzusetzen; mehr Bedeutung haben die 
Flüggeschen Tröpfchen, gegen die man 
sich aber leicht schützen kann. Milch 
von kranken Kühen kann infizieren; ge- 
nügendes Kochen nimmt die Gefahr. 

Meißen (Hohenhonnef). 


H Barbier et M. Bondon: Recherches 
statistiqes sur la fréquence de la 
tuberculose chez les enfants pa- 


risiens méd. 
22, 43.) 

Eine statistische Zusammenstellung 
über die Fälle von Kindertuberkulose, die 
vom Januar 1905 bis Mitte 1907 im 
Hospital Herold in Paris beobachtet wurden. 
Die Berechnung der Mortalität an Tuber- 
kulose auf die Gesamtzahl der beobachteten 
Todesfälle ergibt für die verschiedenen 
Lebensalter Zahlen, die im allgemeinen 
mitden Ergebnissen der bekannten Arbeiten 
vom Comby, Baginsky, Hamburger 
und Sluka u. a. übereinstimmen. 

Wichtig erscheinen den Verff. vor 
allem zwei Tatsachen: I. Die mit stei- 
gendem Alter zunehmende Häufigkeit der 
latenten Tuberkulosen im Kindesalter (Tb. 
bei der Obduktion als Nebenbefund). 
2. Die Notwendigkeit, bei der Berechnung 
der Tb.-Mortalität für die verschiedenen 
Lebensalter die relative Sterblichkeit des 
betreffenden Alters in Betracht zu ziehen 
(mit anderen Worten die Notwendigkeit 
der Berechnung auf eine bestimmte Zahl 
Lebender — wie jetzt allgemein üblich), 
dann springt die Tatsache in die Augen, 
daß der wirkliche und absolute Verlust 
durch Tuberkulose im ersten Lebensjahre 
der höchste ist. H. Grau (Düsseldorf). 


hospitalisés. (Bull. 


Max Plath: Ein Beitrag zur Frage 
der Verbreitung und Bekämpfung 
der Rindertuberkulose. (Inaug.- 
Dissert., Leipzig 1907, 61 p.) 

Die Tuberkulose unter den Rindern 
hat in den letzten 5 Jahren zugenommen. 
Die Schäden, die durch die Rindertuber- 
kulose der Landwirtschaft zugefügt wer- 
den, sind in den letzten Jahren größer 
geworden und zwar weil die Preise der 
Nutzrinder erheblich gestiegen sind und 
der Erlös aus den erkrankten Tieren 
mit dieser Steigerung nicht gleichen 
Schritt gehalten hat. Die Tuberkulose 
tritt in den Abmelk- und Umschlags- 
wirtschaften viel häufiger auf, als in den 
Zuchtwirtschaften, d. h. als in denjenigen 
Betrieben, in denen der Bedarf an Milch- 
vieh durch eigene Nachzucht gedeckt 
wird. Die Tuberkulose ist in den Stal- 


246 


lungen der größeren Landwirtschaftsbe- 
triebe verhältnismäßig viel häufiger, als 
in den Stallungen der kleineren Betriebe. 
Die meisten Rinder zeigen die klinische 
Tuberkulose im Alter von 6—8 Jahren 
und in den ersten 5 Monaten der Melk- 
periode. Daher sind es gerade die 
höchstbewerteten Tiere, die mit offener 
Tuberkulose behaftet sind. Nach den 
Erhebungen des Verf.’s betrug der Verlust 
durch die Rindertuberkulose, soweit sie 
während des Lebens der Tiere durch 
klinische Untersuchung festgestellt werden 
konnte, 1. 3 °/, des Wertes der gesamten 
in Betracht kommenden Rinder. Zum 
Schutze der Landwirtschaft vor größeren 
Verlusten infolge der Tuberkulose ist die 
gegenseitige Versicherung angezeigt. Zur 
Verhütung der Übertragung der Rinder- 
tuberkulose auf den Menschen ist die 
gesetzliche Bekämpfung der Eutertuber- 
kulose und eine Entschädigung für diese 
Verluste erforderlich. Im Anschluß daran 
ist ein gleiches Vorgehen gegen die über- 
haupt mit oflener Tuberkulose behafteten 
Tiere angezeigt. 
Fritz Loeb (München). 


Landouzy: Tuberculose des collecti- 
vites (blanchisseurs) dans la ban- 
lieue de Paris. (Acad. de Med. 
16. VI. 1908. Bull. Med. 22. 48.) 


Der Wiischer infiziert sich durch 
die Wäsche von Tuberkulüsen, er infi- 
ziert dann seine Wohnung, nach seinem 
kummt in das Krankenhaus steckt sich 
sein Wohnungsnachiolger an. Dieser Zu- 
stand wird nicht anders werden, bis die 
Tuberkulose anzeigepflichtig und jede 
Anzeige von sofortiger Desinfektion der 
Wohnung gefolgt ist. 

In der Diskussion macht Lance- 
raux darauf aufmerksam, daß der Alko- 
holismus in der Entstehung der Wascher- 
tuberkulose eine Rolle spielt, weil jeder 
Wäschereibesitzer auf den Kopf seines 
Arbciters pro Tag 40—50 Centime für 
alkoholische Getränke ausgibt. 

H. Grau (Düsseldorf). 


Rappin ct L. Fortineau: Toxines du 
bacille de Koch dans le lait des 
femmes tuberculeuses. (Soc. de 
Biol. 30. V. 1908. Bull. Med. 22. 47.) 


REFERATE. 





| 





| kelbazillenhaltige Milch. 


ZEITSCHR, f. 
_ TUBERKULOSE 


Die Autoren konnten bei tuberku- 


' lösen Meerschweinchen durch Injektion 


von 5 ccm gekochter Milch von tuber- 
kulösen Frauen eine Fieberreaktion her- 
vorrufen, die bei Milch gesunder Frauen 
oder bei Verwendung gesunder Meer- 
schweinchen ausblieb. Die Temperatur- 
erhöhung betrug 1I—1?/,% Die Reaktion 
wird verglichen mit der Wirkung einer 
schwachen Tuberkulininjektion. Die Verii. 
schließen auf das Vorhandensein 
Tuberkelbazillengiften in der Milch. 

H. Grau (Düsseldorf). 


von 


Armaingand: Decroissance progres- 
sive de la tuberculose pulmo- 
naire dans les vingt cinq derni- 
ères années à Berlin, à Londres, 
a Vienne et á Paris. (Acad. de 
Med. 7. VIL Bull. Méd. 22. 54) 


In den letzten 25 Jahren hat die 
Sterblichkeit an Lungentuberkulose in 
Paris um mehr als 21 °/,, in Berlin um 
35 °/,, in Wien um 45 °/,, in New York 
um 41 °/,, in London um 25°/, abge- 
nommen Verf. geht noch näher ein auf 
die Pariser Verhältnisse. 

H. Grau (Düsseldorf), 


Eber-Leipzig: Untersuchungen über 
den Tuberkelbazillengehalt der 
in Leipzig zum Verkaufe kommen- 
den Milch und Molkereiprodukte. 


(Zeitschr. f. Fleisch u. Milchhyg., 
18. Jahrg., Heft 10.) 
Alle zum Verkaufe gelangenden 


Molkereierzeugnisse können gelegentlich 
einmal Tuberkelbazillen enthalten. Um 
festzustellen, wie groB die hieraus für 
die Konsumenten erwachsende Gefahr 
ist, hat E. seit Frühjahr 1905 die in 
Leipzig zum Verkaufe gelangende Markt- 
milch, später auch die sämtlichen Mol- 
kereiprodukte (Butter, Margarine, Sahne 
und Quark) systematisch untersucht und 
dabei folgende Ergebnisse erzielt: 

Von 70 dreimal im Laufe des Jahres 
kontrollierten Milchgeschäften führten 19 = 
27,1°/, mindestens einmal eine mehr 
oder minder lange Zeit hindurch tuber- 
In 2 Milch- 
geschäften wurde die Milch bei 2 etwa 
3 Monate auseinanderliegenden Probe- 
untersuchungen und ın einem der Milch- 


BD.XUL,HEFT 3, 
1908. 


REFERATE. id 


247 








geschäfte bei jeder der 3 Probeunter- 
suchungen tuberkelbazillenhaltig befunden. 
Von 210 vorschriftsmábig 
Milchproben erwiesen sich 
20 = 10,5 °/, tuberkelbazillenhaltig. 

VonısountersuchtenButterproben 
wurden 18 = 12 °/, tuberkelbazillenhaltig 
befunden. 2 große Buttergeschäfte, welche 
4 Monate nach der ersten Untersuchung 
zum zweiten Male kontrolliert wurden, 
führten beide Male tuberkelbazillenhaltige 
Butter. i 
Von I 50 untersuchten Quarkproben 
war keine tuberkelbazillenhaltig. 

Bei der Untersuchung der Sahne 
von 50 verschiedenen Milchgeschäften 
erwiesen sich 3 Proben = 6 °/, tuberkel- 
bazillenhaltig. 

Von 50 untersuchten Margarine- 
proben endlich wurden 2 = 4°/, tu- 
berkelbazillenhaltig befunden. 

Scherer (Bromberg). 


Flensberg: Zur Sanitätsstatistik der 
GarnisoninStockholm1878— 1902. 
(Stockholm, Norstedt und Söner. 161 S. 


Unter anderen Krankheiten ist auch 
der Lungentuberkulose ein größerer Ab- 
schnitt gewidmet. Sie hat in der letzten 
Zeit in der rund 3000 Mann starken 
Garnison deutlich abgenommen: für die 
Periode 1878—1889 beträgt die jähr- 
liche absolute Durchschnittsziffer der 
neuen Fälle 22,2; für 1890— 1902 nur 
12,2. Diese Abnahme beginnt ziemlich 
schnell zu Ende der 1880er Jahre, und 
es haben hierzu ganz sicher die zu dieser 
Zeit neuerbauten Kasernen und die da- 
selbst eingeführten hygienischen Ver- 
besserungen in beträchtlichem Grade bei- 
getragen. Von den verschiedenen Regi- 
mentern weist das (söta Garde-Regiment 
die höchste jährliche relative Durchschnitts- 
zifler auf, die berittenen Waffengattungen 
die niedrigsten. 

Im Vergleich mit fremden Heercn 
zeigt die Stockholmer Garnison eine un- 
gewöhnlich hohe jährliche Durchschnitts- 
morbidität, nämlich 5,7°/,,; die ent- 
sprechende Ziffer beim deutschen Heere 
beträgt nur 2,8°/,, (seit 1897/98 jähr- 
lich um 1,9°/,, herum. Ref), dic beim 
österreichischen 3,9°/,, und die beim 
englischen 4,9 le: 


| 
| 


untersuchten : 
insgesamt | 


Die Mortalität hat im allgemeinen 
20°/, der behandelten Fälle betragen; 
da ein großer Teil entlassen worden ist, 
ohne daß man ihr weiteres Schicksal 
kennt, kann die totale Mortalitát nicht 
berechnet werden. 

Mühlschlegel (Stuttgart). 


Swierstra, Johannes: Kommen in dem 
Fleische undin makroskopischge- 
sunden Lymphdrisen von tuber- 
kulósen Tieren Tuberkelbazillen 
vor? Dissertation. Bern 1906. 


Die Titelfrage ist für viele Fälle zu 
bejahen; die negativen Resultate der 
letzten Zeit fielen nach der Auffassung 
des Verf.’s aus dem Grunde negativ aus, 
weil zu wenig Bazillen an das Versuchs- 
tier übertragen wurden. 

Fleisch, in welchem sich Tuberkel- 
bazillen befinden, ist als schädlich für 
den Menschen zu betrachten, solange 
man nicht auf eine bessere Weise als 
bisher die Unschädlichkeit nachweisen 
kann. 

Verf warnt vor zu großer Nach- 
sichtigkeit in der Beurteilung tuberkulösen 
Fleisches. Die Sterilisation ist zu emp- 
fehlen: 

I. In allen Fällen von Tuberkulose, 
welche zu hochgradiger Abmagerung ge- 
führt hat. 

2. Bei Tuberkulose mit ausgedehn- 
ten Erweichungsherden. | Ä 

3. Bei Tuberkulose mit Erscheinungen 
einer frischen Blutinfektion, auch wenn 
nur die Lungen akut infiziert sind. 

4. Bei Tuberkulose, bei der die 
Knochen auch der Sitz des Krankheits- 
prozesses sind. 

Bei dieser Sterilisation hat man ferner 
auf den Umstand zu achten, daß man 
die Stücke Fleisch nicht zu groß, nicht 
größer als 2kg nimmt. Bei größeren 
Stücken ist die Möglichkeit zu befürchten, 
daß das Innere des Fleisches roh bleibt, 
selbst wenn man länger als 2 Stunden 
sterilisiert. Fritz Loeb (München). 


248 





Il, Allgemeine Pathologie. 


Dr. R. W. Kiparski: Tuberkulose der 
Beckenorgane der Frauen. Bericht 
auf dem II. Kongreß der russischen 
Gynäkologen und Geburtshelfer zu 
Moskau. (Russki Wratsch 1908, No. 12.) 


Verf. berichtet über die Resultate 
seiner Beobachtungen an Frauen, welche 
mit tuberkulösen Erkrankungen an der 
Genitalsphäre behaftet waren und im 
klinischen geburtshilflich -gynäkologischen 
Institut zu St. Petersburg behandelt wurden. 
Er macht auf die Schwierigkeit der Dia- 
gnose besonders aufmerksam. Selbst das 
mikroskopische Bild erweist sich häufig 
demjenigen einer Neubildung ähnlich. 

Prof. Snegirew bemerkt, daß tuber- 
kulöser Prozeß in den Adnexen ver- 
wechselt wird: mit extrauteriner Gravidität, 
mit Pseudosalpynx und mit Malignita. 
Das Abdomen ist hier wie bei Malignita 
bretthart. 

Prof. Grusdew bemerkt, daß Frauen, 
welche tuberkulöse Herde beherbergen, 
in der Mehrzahl der Fälle auch mit Tu- 
berkulose der Geschlechtsorgane behaftet 
sind. Gorizontow hatte dies bei Tieren 
experimentell nachgewiesen. 

Priv.-Doz. Kalabin macht auf die 
Wichtigkeit der mikroskopischen Unter- 
suchung des Sekrets für die Diagnose der 
Tuberkulose der Geschlechtsorgane bei der 
Frau aufmerksam. Peritonitis sicca mit 
Verwachsungen ist noch kein Zeichen 
von Tuberkulose. Die Behandlung des 
tuberkulösen Herdes kann sowohl eine 
lokale (chirurgische Exzision des Herdes) 
wie auch allgemeine, d. h. scrotherapeu- 
tische sein. Priv.- Doz. Neelow betont, 
daß die primäre Tuberkulose der weib- 
lichen Genitalspháre eine häufige Er- 
scheinung ist. 

Lewitzki (Jalta) empfiehlt bei der 
Behandlung der Tuberkulose der Ge- 
schlechtsorgane der Frau Sonnenbäder 
anzuwenden. 

Rosenberg bemerkt, daß die pri- 
mire "Tuberkulose der Genitalorgane der 
Frauen meistenteils Tuberkulose der übri- 
gen Organe begleitet. Die Tuberkulinan- 


wendung hätte bei frühzeitiger Diagnose | tuberkulose, 


Nutzen bringen können. 


REFERATE. 


ZEITSCHR, t. 
TUBERKULOSE 


wäre hier das Spenglersche Tubercu- 
linum Test, welches von mit Perlsucht 
behafteten Rindern gewonnen wird. Dieses 
Tuberkulin wirkt fünfmal so schwach wie 
das Tuberkulin von Menschen. 

Lewinowitsch bemerkt, daß man 
dank der neuen Ophthalmoreaktion mit- 
tels Tuberculinum Test beginnende 
Tuberkulose diagnostizieren kann. 

Bonstedt bemerkt, daß die Tuber- 
kulinreaktion nicht sämtliche Kranken 
geben. 

M. Lubowski (Wilmersdorf/Berlin). 


Charles Sandoz: Untersuchungen úber 
die Bedeutung d. Sternalwinkels 
bei Lungentuberkulose. (Inaug.- 
Dissert., Basel.) 


Aus seinen Untersuchungen glaubt 
Verf. folgende Schlüsse ziehen zu kónnen: 

I. Der Sternalwinkel bei Phthisikern 
ist individuell sehr verschieden groß, so 
daß man nicht imstande ist, irgend einen 
konstanten Wert der Abflachung dieses 
Winkels bei Phthisikern zu finden. 

2. Die Exkursionsgröße in der Ge- 
lenkverbindung zwischen Manubrium und 
Corpus sterni bei Phthisikern variiert — 
in Zahlen ausgedrückt — zwischen O und 
20 Graden. 

3. Die Verkürzung des antero- 
posterioren Brustdurchmessers kann bei 
Phthisikern nicht als Ursache eine Nei- 
gungsabnahme der den Sternalwinkel 
bildenden Ebenen haben. 

4. Der Sternalwinkel hat nach den 
Ergebnissen der Untersuchungen des Verf.’s 
nicht diejenige Bedeutung für die Ent- 
stehung der Lungenspitzentuberkulose, 
die Rothschild ihm zuschreiben möchte. 

M. Lubowski (Wilmersdorf/Berlin). 


John McCrae: The pathology of tu- 
berculosis in children. (Arch. of 
Pediatrics, April 1908.) 

Bei Kindern unter ı5 Jahren tritt 
die Tuberkulose in 3 Hauptformen auf: 
1. Intestinale (Fütterungs-) Tuberkulose 
selten; 2. Generalisierte oder Miliartuber- 
kulose, ausgehend von einem einige Zeit 
latenten Herd und gewöhnlich auftretend 
als Knochen-, Gelenk-, Lymphknoten- 
tuperkulöse Meningitis oder 


Am besten | tuberkulöse Bronchopneumonie; 3. ge- 








BD. X11, HEFT 3. 
"1908. o REFERATE, 249 
meine Lungentuberkulose (bei älteren | Leider wird über die anatomische Be- 
Kindern). Infektion mit bovinen Bazillen | schaflenheit solcher Prozesse nur wenig, 


wird leichter überwunden als die mit 
humanen. Sie befällt gewöhnlich die 
Lymphknoten. Milch und Butter von an 
Eutertuberkulose erkrankten Kühen ent- 
halten wahrscheinlich oft Bazillen. 

G. Mannheimer (Neuyork). 


Brandts: Über die Wechselbezie- 
hungen von Lymphosarkomatose 
und Tuberkulose. (Münch. med. 
Wchschr., Nr. 14, 1908.) 


Verf. erzeugte aus menschlicher 
Lymphosarkomatose aus einem festen 
Tumorkörper, der mikroskopisch keinen 
Anhaltspunkt für Tuberkulose bot und in 
welchem keine Tuberkelbazillen zu finden 
waren, nach einmaliger Passage im Tier- 
körper eine Tuberkulose aus anscheinend 
sehr wenig virulenten Bakterien und betont 
die Notwendigkeit ausgedehnter Tierüber- 
tragungsversuche bei neuen Beobachtungen 
von Lymphosarkomatose. Gleichzeitig 
wurde bei sämtlichen Tieren Leberzirrhose 
gefunden. F. Köhler (Holsterhausen). 


Seifert-Würzburg: Lupus und Tuber- 
kulose des Nasenrachenraumes. 
(Med. Klin., Nr. 16, 17, 1908.) 


Im klinischen Sinne ist zwischen 
lupös und tuberkulös streng zu unter- 
scheiden, natürlich im engeren Sinne. 
Literarische und kasuistische Mitteilungen 
über die Tuberkulose und den Lupus des 
Nasenrachenraumes, Erörterung der Patho- 
genese und Diagnose sowie der Therapie. 

F. Köhler (Holsterhausen). 


A. Poncet et Leriche: Tuberculose 
inflammatoire de l'estomac. Tu- 
meursetstenosespyloriquesd’ori- 
gine tuberculeuse. (Soc. de chirurgie, 
20. V. Bull. med. 22, 41.) 


Neben der ulzerösen und der hyper- 
trophischen Form der Magentuberkulose 
unterscheiden die Autoren eine entzünd- 
liche Form, die zu adenomatösen Wuche- 
rungen oder zur Bildung sklerös-entzünd- 
licher Infiltrate führen soll, die diffus oder 
umschrieben sein können. Die umschrie- 
benen in derPylorusgegend können Stenosen 
verursachen. Die Lehre ist ein Ausfluß 
der bekannten Poncetschen Theorie. 


über die Unterscheidung von den auf 
dem Boden eines Ulcus simplex entstan- 
denen Sklerosen gar nichts gesagt. 

H. Grau (Düsseldorf). 


G. Dupond: Un cas de tumeur tuber- 
culeuse primitive de la cloison. 
(Soc. Franc. de Laryngologie, Otolo- 
logie et Rhinologie. Séance annuelle. 
Bull. méd. 22, 42.) 

Bei einer 60 jährigen Frau fand sich 
vorn unten an der Nasenscheidewand ein 
gestielter, grauweißer Tumor vom Aus- 
sehen eines Schleimpolypen. Die mikro- 
skopische Untersuchung ergab Tuberkulose. 
Es handelt sich vielleicht um eine direkte 
Infektion, da die Frau die Gewohnheit 
hatte, in der Nase zu bohren. 

H. Grau (Düsseldorf). 


C. A. Treuholtz: Forms of tubercle 
bacilli which cannot be colored 
by Ziehl-Neelsen stain. (Med. 
Record 1908, Jan. 11.) 

In Anlehnung an die Mitteilungen 

von Much u. Michaelides in Bd. 8, 

Heft 1 der Beiträge z. Klinik der Tub. 

wurden folgende Beobachtungen gemacht: 

Auffallend oft zeigte es sich, daß in 

Schmierpräparaten aus der Milz von 

Meerschweinchen, die mit menschlicher 

Tuberkulose infiziert waren, bei Karbol- 

fuchsinfärbung keine Tuberkelbazillen ge- 

funden wurden, obgleich makroskopisch 

Tuberkel in der Milz sichtbar waren 

und andere Organe (Drüsen, Hautge- 


schwüre) positive Präparate lieferten. 
Gramfärbung der Milzpräparate zeigte 
einige Bazillen in Körnchen. Wurden 


Teile der Milz einige Tage in der Brut- 
kammer gehalten, so zeigten dann 


| Schmier- und Schnittpräparate säurefeste 


Bazillen. G. Mannheimer (Neuyork). 


Lüdke-Würzburg: Tuberkulin undAnti- 
tuberkulin. (Múnch. med. Wchschr., 
Nr. 15, 16, 1908.) 

Der Organismus der Tuberkulösen 
pflegt in viel weitgehenderem Mabe mit 
Tuberkelbazillen durchseucht zu sein, als 
bisher beschrieben ist, so daß die Bak- 
teriimie bei der Tuberkulose eine größere 


250 


Rolle spielt wie die Toxiimie. L. gelang 
es, die Wassermann-Bruckschen Anti- 
tuberkulinnachweise im tuberkulósen Or- 
ganismus zu bestätigen. Bei einem Material 
von 41 mit Tuberkulin behandelten Fällen 
wies Verf. 17 mal Antituberkulin im Blut- 
serum nach. Ferner wurden Versuche 
über Antikörperbildung nach Albumosen- 
und Peptoninjektionen bei Tieren an- 
gestellt und weitere Beweise für den 
Albumosencharakter des Tuberkulins ge- 
wonnen. F. Köhler (Holsterhausen). 


Nösske-Kiel: Zur Kenntnis der Wir- 
kung abgetöteter Tuberkelba- 
zillen im menschlichen Körper. 
(Med. Klin., Nr. 16, 1908.) 


Auch abgetôtete Tuberkelbazillen ver- 
mögen die spezifischen tuberkulösen Ge- 
websveränderungen hervorzurufen, beim 
Menschen wie beim Tiere. Charakteristisch 
ist die eosinophile Reaktion. Die Unter- 
suchungen beanspruchen im Hinblick auf 
die Therapie mittels bakterizider Sera 
zweifellos Interesse und erfordern Nach- 
prüfung. Es wird zu erörtern sein, ob 
nicht unter gewissen Umständen eine ein- 
greifende Bakterizidie im Organismus ge- 
eignet sein kann, schädliche Folgen zu 
zeitigen (Ref.) F. Köhler (Holsterhausen.) 


Rossolino: Über das Verhältnis des 
Ohrláppchens zur Tuberkulose. 
(Wien. klin. Wchschr., 28. Mai 1908, 
Nr. 22.) 

Unregelmäßigkeiten im Bau des äuBe- 
ren Ohres sind als anatomisches Degene- 
rationsstigma bei Personen mit persönlicher 
oder familiärer Anlage für Tuberkulose 
häufig. Das Verhältnis der abnormen 
Ohrláppchen zu den normalen beträgt bei 
Personen, die frei von Tuberkulose sind, 
1:4; umgekchrt bei Veranlagung zu Tu- 
berkulose ist das Verhältnis 3,25: 1. Das 
unregelmäßig gebaute Öhrläppchen (es 
werden mehrere Typen beschrieben und 
abgebildet) ist nach R. charakteristisch für 
eine besondere physische Organisation, 
deren wichtiges Merkmal eine vitale 
Schwäche der Gewebe bildet, die eine 
Prädisposition zur Erkrankung an Tuber- 
kulose infolge geringer Widerstandskraft 
darstellt. Naumann (Reinerz-Meran). 


REFERATE. 








ZEITSCHR. 1. 
TUBERKULOSE 


C. Rubino: Ricerche ematologiche 
nella tubercolosi polmonare con 
speciali riguardi alle varieta leu- 
cocitarie. (Ann. dell Istitut. Mara- 
gliano, Bd. 2, Heft 4.) 

Hat die Tuberkulose einen beson- 
deren hämatologischen Charakter, der 
bestimmten klinischen Formen entspricht: 
Welche diagnostische und prognostische 
Bedeutung darf man ihnen zuschreiben? 

125 Fälle wurden untersucht, davon 
unterlagen 55 einer vollständigen häma- 


tologischen Prüfung, bei den übrigen 
wurden nur die Leukocytenvarietäten 
geprüft. 


Das Ergebnis war: 

I. Die Lymphocyten vermehren 
sich bei Beginn von Tuberkuloseprozessen. 
Wo Lymphocytose vorhanden ist, mul 


immer latente Tuberkulose vermutet 
werden. 
2. Die Lymphocyten vermindern 


sich im Verhältnisse, wie andere Mikro- 
organismen sich den Kochschen Ba- 
zillen zugesellen; in den letzten Stadien 
der Krankheit sind sie bedeutend ver- 
mindert. 

3. Die Iymphocyten vermehren 
sich in den Fällen, wo der Prozeß ver- 
heilt ist oder zur Heilung neigt (sklero- 
siert) zur Vervollständigung dieser Er- 
fahrung diene: 

a) Bei der Sklerose muß alte Sklerose 
von beginnender unterschieden werden. 
Im ersteren Falle ist die Vermehrung 
der Lymphocyten deutlich, sie ist mit 
einem gewissen Grade von Eosinophilie 
vergesellschaftet; im zweiten, in dem Hä- 
moptöen häufig sind, können die Lym- 
phocyten vermindert oder normal sein. 

b) Lymphocvtose zeigt sich nicht 
bei Sklerose mit Toxiimie, d. h. in den 
Fällen, wo die lokalen Veränderungen 
ausgeheilt sind oder zur Ausheilung neigen, 
während die Allgemeininfektion ihren Fort- 
gang nimmt. 

c) Lymphocytose ist nicht vorhan- 
den bei initialen Herden, die frühzeitig 
Mischinfektionen aufweisen. 

Mielocyten, Mononukleäre. 
Übergangsformen. Diese Elemente 
wurden zum ersten Male von Tedeschi, 
Romanelli und Rubino auf der Mara- 
glianoschen Klinik bei Tuberkulose so- 


BD.XII,HEFT 8. 
1908. 


REFERATE. 





wohl klinischer als experimenteller nach- 
gewiesen. 

Mononukleose ist häufig, jedoch 
schwer zu klassifizieren, es kann nur ge- 
sagt werden, daß sich 


a) die mononukleären Zellen in den | 


Anfangsstadien auf Kosten der polynu- 
kleären Zellen, 


auf Kosten der Lymphocyten vermehren. 
Mononukleose findet sich in klinisch 

durchaus verschiedenen Formen. 
Mielocytänose ist häufig auch 

„prätuberkulären“ Stadien. 
Diepolynukleärenneutrophilen 


in 


Zellen sind in den vorgeschrittenen Sta- | 


dien der Erkrankung vermehrt, meist in 
den Fällen von Toxämie mit oder ohne 
Höhlenerscheinungen. 

Eine Vermehrung der polynukleären 


Leukocyten kann gleichzeitig mit mono- | 
nukleären Zellen sowie bei der zuweilen ` 


zu beobachtenden Hyperglobulie als bei 
der spezifischen Toxämie auftreten. 


PolynukleäreeosinophileZellen | 


vermehrten sich sobald der tub. Prozeß 
Heilungstendenz zeigte, nahmen aber ab, 
sobald er sich verschlimmerte. Sie sind, 
nach dem Verf. anzusehen, als Ausdruck 
der Verteidigungskräfte des Organismus, 
die sich unter der Einwirkung der spe- 
zifischen toxisch-infektiösen Substanzen 
entwickeln. 

Ortenau (Nervi — Bad Reichenhall) 


Leo Minski: Zur Frage der Tuber- 
kuloseheilung im frühen Kindes- 
alter. (Inaug.-Dissert., Freiburg i. Br. 
1908.) 

DaB die Tuberkulose im kindlichen 
Alter so häufig vorkommt, ist hauptsäch- 
lich durch die dürftigen Lebensverhält- 
nisse der ärmeren Bevölkerung bedingt, 
welche ihren Ausdruck in der unzweck- 
mäßigen Wohnung, Ernährung und dem 
Mangel an Reinlichkeit finden. Der Ver- 
kehr mit hustenden und auswerfenden 
Menschen in geschlossenen Räumen stellt 
weitaus die häufigste Infektionsgelegenheit 
dar. Der Säugling ist dem besonders 
ausgesetzt. Eine Begünstigung der In- 
fektionsgefahr ruft die schlechte Pflege des 
Kindes hervor. Die Prophylaxe hat ziel- 
bewußt, einerlei ob sie im Kampfe gegen 


die Tuberkulose als Volkskrankheit etwas 
erreichen will, oder ob sie als individu- 


: elle Prophylaxe bisher leider nur in ge- 











| Gefäßruptur 


ringem Umfang Erlangtes zu verwirklichen 
sich bestrebt, vornehmlich das Kind vor 
der Gefährdung durch eine bazillenstreu- 
ende Umgebung zu schützen. Gleich- 


' zeitigist die durch ererbte oder erworbene 
b) in den vorgeschritteneren Stadien 


pathologische konstitutionelle Momente 
geschaflene Disposition zu tuberkulöser 
Erkrankung zu bekämpfen. Im Einzel- 


falle wird Gutes unter den jetzigen Er- 


kennungsverhältnissen erreichbar sein. Für 
den großen Kampf gegen die Tuberku- 
lose als Volkskrankheit werden aber ge- 
setzliche Hilfen in Gestalt von Wohnungs- 
vesetzen, Gesetzen, die sich mit der 
Bekämpfung der Säuglingssterblichkeit etc. 
befassen, nicht zu entbehren .sein und 
immer wieder gefordert werden müssen. 
Fritz Loeb (München). 


ErnstSpilleke: TraumatischeLungen- 
tuberkulose. (Inaug.- Dissert., Frei- 
burg i. Br. 1908.) 

Die traumatische Lungentuberkulose 
hat wenig charakteristische Erscheinungen. 


| Form und Verlauf geben keine Antwort 


auf die Frage nach dem ursächlichen 
Zusammenhang. Dieser ist zu erschließen 
aus dem Nachweis, daß die Lunge bzw. 
der Thorax einen Stoß oder Schlag, oder 


| daß der Körper eine allgemeine schwere 


Erschütterung erlitten hat, wodurch eine 
oder Parenchymzerreißung 
hervorgerufen werden konnte, daß ferner 
zwischen dem Trauma und der Tu- 
berkulose ein kontinuierlicher Zu- 
sammenhang besteht. Der zeitliche 
Zwischenraum zwischen dem Unfall und 
dem Auftreten der ersten tuberkulüsen 
Symptome kann verschieden groß sein; 
3-4 Wochen, entsprechend der Impf- 
zeit der Tuberkulose, bei den Fällen, 
bei denen Zwischenkrankheit fehlte. Von 
höchstem Werte ist es für die Feststellung 
einer Verschlimmerung, Kenntnis zu haben 
von dem Zustand des Verletzten 
vor dem Unfall (Stammrolle, Militär- 
papiere), direkt nach dem Unfall und 
über den Verlauf der Erkrankung 
seit dem Unfall. Auffällige Unter- 
schiede in der Raschheit des Verlaufes, 
Änderung in der Form der Erkrankung 


252 





REFERATE. 


bejahen die Frage nach ungünstiger Be- ` 


einflussung. Die durch den Unfall be- 


dingte Verschlimmerung der Tuberkulose | 


braucht nicht anzuhalten, vielfach ist sie 
temporär beschränkt, besonders wenn 
der Unfall Veranlassung zur Einleitung 
eines spezifischen Heilverfahrens gegeben 
hat. War dieses von Erfolg begleitet, 
dann ist die Annahme berechtigt, dal 
der Zustand der Lunge nach Beendigung 
der Behandlung dem Zustand vor dem 
Unfall entspricht; in späterer Zeit dann 
wieder eintretende Verschlimmerungen 
sind dann nicht Unfallsfolgen, sondern 
durch den natürlichen Verlauf der Krank- 
heit bedingt. 


Kirmisson: A propos du rhumatisme 
tuberculeux. (Soc. de chirurgie 
8. VII. Bull. Med. 22. ss 


Ein energischer und wohlbegrúndeter 
Protest gegen die Lehre Poncets von dem 
tuberkulösen Rheumatismus, speziell deren 
wunderliche Verallgemeinerungen, die 
in letzter Zeit so zahlreich in den Spalten 


Fritz Loeb (München). . 





ZEITSCHR. f. 
TUPERKULOSE 





druckabnahme. Die bei weitem häufigste 
von ihnen ist die Tachycardie, die durch 
mancherlei Ursachen zustande kommen 
kann: 1. auf autosuggestivem Wege, durch 
das Bewußtsein, krank zu sein; 2. durch 
reflektorische Vorgänge; 3. auf toxischer 
Grundlage; 4. infolge Verringerung des 
Atemvolums der Lunge; 5. durch krank- 
hafte Veränderungen in der Nähe des n. 
Vagus (vergrößerte Bronchialdrüsen); 6. in- 
folge gesteigerter Funktion der Schild- 
drúse; 7. infolge Mischinfektion. 
C. Servaes. 


G. Zand-Med. Klinik Zúrich: Klinische 
Untersuchungen über das Ver- 
halten des Blutes bei Meningitis 
cerebrospinalis epidemica, Me- 
ningitis tuberculosa und Menin- 
gitis purulenta non epidemica. 
(Virch. Arch. Bd. 192, Heft 1.) 


Verf. hatte bei ihren Blutunter- 


‘ suchungen in einer größeren Anzahl von 


der französischen Zeitschriften zu finden | 
| Leukocyten auf der Höhe der Krankheit; 


sind („Lipome, Adenome, genu valgum, 
Spätrhachitis“ auf entzündlich tuberku- 
löser Grundlage). 

H. Grau (Düsseldorf). 


Devraigne: A propos d’un cas de 
pleuresie purulente guerie par 
lempyème chez un nouveau-né. 
(Soc. d’obstetr. de Paris 2. VII. Bull. 
Med. 22. 55.) 

Sehr seltener Fall von Staphylo- 
und Streptokokken-Empyem bei einem 
3 Wochen alten Kinde; Heilung durch 
Inzision ohne Rippenresektion. Fistel- 
bildung. H. Grau (Düsseldorf). 


K. Franz-Garnisonspital Wien: Bezieh- 
ungen der Lungentuberkulose zu 
funktionellenStörungenderHerz- 
tätigkeit, vornehmlich bei Sol- 
daten. (Wien. med. Wchschr. 1908, 
Nr. 15.) 


Die bei Lungenkranken nicht sel- 
tenen Stürungen der Herztätigkeit sind 
in der Hauptsache auf eine gewisse Hy- 
poplasie des Gefäßsystemes zurúckzu- 
führen. 


Sie äußern sich in Pulsbeschleu- ! 
nigung, Arhythmie des Pulses und Blut- | Genesung. 


| 
| 
| 
| 
| 


| 





Fällen folgende Ergebnisse. Die nicht 
tuberkulöse Meningitis ist ausgezeichnet 
durch eine Vermehrung der neutrophilen 


geht letztere in Genesung über, so macht 
die Hyperleukocytose einer Leukopenie 
Platz. Die eosinophilen Zellen ver- 
schwinden dagegen regelmäßig und günz- 
lich aus dem Blute. Die Zahl der roten 
Blutkörperchen und der Hämoglolin- 
gehalt ist oft vermindert. Die Blutdruck- 
verhältnisse entsprechen im allgemeinen 
der Norm. 

Bei der tuberkulösen Meningitis 
ist dagegen die Zahl der neutrophilen 
Leukocyten vermindert. Das Verhalten 
der eosinophilen Zellen ist verschieden: 
teils ist ihre Anzahl hochnormal, teils 
vermindert, teils sind sie auch ganz aus 
dem Blute verschwunden. Die Zahl der 
roten Blutkörperchen ist gegen die Norm 
unverändert, der Hämoglobingehalt ver- 
mindert. Auch der Blutdruck zeigt keine 
Abweichung von der Norm. 

Differentialdiagnostisch spricht daher 
eine Hyperleukocytose gegen tuberkulöse 
Meningitis, prognostisch eine beständige 
allmáhliche Abnahme der Leukocvten- 
zahl bis zu völliger Leukopenie bei nicht- 
tuberkulöser Meningitis für beginnende 
C. Servaes. 


BD.XITI,HEFT 3. 
1908. 





REFERATE. 


253 





E. Joest und C. Noack: Zur Patho- 
genese der Lymphdrüsentuber- 
kulose. (Zeitschr. f. Infekt.-Krankh,, 
Parasitenkunde und Hyg. d. Haustiere, 
Bd. 4, Heft 3/4.) 

Die hämatogene Infektion der Lymph- 
drüsen mit Tuberkulose setzt voraus, daß 
sich Tuberkelbazillen in der arteriellen 
Blutbahn befinden, daß also die Bedin- 
gungen für eine Generalisation der Tu- 
berkulose im Organismus erfüllt sind. 
Besondere Prädisposition des Lymph- 
drüsengewebes für die tuberkulöse In- 
fektion vom Blutstrome aus konnten die 
Verff. bei ihren Versuchen nicht er- 
kennen. Sie halten daran fest, daß in 
allen Fällen, in denen die Möglichkeit 
einer hämatogenen tuberkulösen Infektion 
der Lymphdrüsen überhaupt vorliegt, 
gleichzeitig auch die Möglichkeit ihrer 
lymphogenen Infektion gegeben ist. Die 
hämatogene Infektion einer Lymphdrüse 
ziehen sie nur da in Betracht, wo die 
Lymphdrüse selbst tuberkulös erkrankt 
ist, während ihr Wurzelgebiet frei von 
Tuberkulose erscheint. Das Ergebnis 
ihrer eingehenden Untersuchungen ist, 
daß beim Rinde die hämatogene Tuber- 
kuloseinfektion der portalen Lymphdrüsen 
in 2,74°/,, beim Schweine dagegen nur 
in 0,37 °/, aller generellen Tuberkulosen 
vorkommt. Für das Rind ist also die 
Möglichkeit der hämatogenen Infektion 
der portalen Lymphknoten im Vergleiche 
mit der lymphogenen Infektion sehr klein, 
für das Schwein aber fast gleich Null. 

Für die praktische Fleischbeschau 
ergibt sich daraus, daß im Hinblick auf 
die große Seltenheit des Vorkommens 
der hämatogenen Tuberkuloseinfektion 
der Lymphdrüsen kein Anlaß zur Rück- 
sichtnahme auf diese Infektionsmöglich- 
keit gegeben ist. Scherer (Bromberg). 


G. Romanelli: L'indice opsonico e 
fagocitico del siero di sangue 
di animali vaccinati contro la 
tubercolosi. (Ann. dell’ Istitut. Ma- 
ragliano, Bd. 2, Heft 4.) 

R. arbeitete mit Kaninchen, die er 
in 9 Abteilungen teilte. Die 1. Gruppe 
wurde behandelt mit Unterhauteinsprit- 
zungen von Tuberkelbazillen, die bei 120° 
getötet worden waren. Die 2. wurde 


eingespritzt mit eiterigem Materiale, das 
aus der Abszeßhöhle von Tieren der 
I. Gruppe stammte. Die 3. von dem 
Eiterherde der 2. Gruppe und so jede 
folgende bis zur 0. Gruppe. 

AuBerdem wurden einige Kaninchen 
und Affen an zwei Stellen der Bauch- 
wand mit Material geimpft, das von der 
3. Gruppe herrührte. 

Das Blut wurde entweder der Ohr- 
vene oder der Carotis entnommen und 
steril aufgefangen. 

Die Bazillenemulsion wurde Agar- oder 
Glyzerin-Bouillonkulturen entnommen. 

Die Leukocyten wurden von Ka- 
ninchen aus pleuritischen oder peritone- 
alen Exsudaten gewonnen, die nach Ein- 
spritzung einer dicken Aleuronatemulsion 
sich gebildet hatten. Die Opsoninprobe 
wurde entweder bald nach der Einsprit- 
zung oder während der Bildung der 
Eiterblase oder nach deren Eröffnung 
und Entfernung des Eiters oder endlich 
lange Zeit nachher vorgenommen. 

Das Normalserum wurde von ge- 
sunden Kaninchen oder Affen gewonnen, 
die annähernd gleich alt und schwer wie 
die zur Untersuchung verwendeten Tiere 
waren; ihr Phagocytenindex war durch- 
schnittlich 0,8. 

Es ergab sich: 

I. Es ist möglich, den Phagocyten- 
index und infolgedessen auch den Op- 
soninindex gesunder Tiere zu erhöhen 
durch Einimpfen von Tuberkelbazillen 
oder davon herrührendem eiterigen Ma- 
teriale. 

2. Auf ihre Einführung folgt in den 
ersten Tagen eine leichte Verminderung 
beider Werte (Wrights negative Phase), 

3. Die positive Phase Wrights 
wurde in den ersten 6 Gruppen der Ka- 
ninchen und bei den geimpften Affen 
nachgewiesen. 

4. Von der 6. Gruppe ab tritt eine 
Änderung der beiden Indizes nicht mehr 
ein (Abwesenheit von Bazillenkörpern im 
Impfmaterial). 

5. Das Blutserum entfaltet seine 
stärkste Wirkung zur Zeit der vollendeten 
Bildung der Eiterblase, darauf folgt ein 
Gleichbleiben von recht langer Dauer 
(2 Monate und darüber), dann ein Ab- 
sinken und Rückkehr zur Norm. 


254 


REFERATE 


ZEITSCHR. f. 
TUBERKULOSE 


6. In den ersten 4 Gruppen dauert ' Verlauf ausgezeichnet und hatte keine 


die gleichbleibende Periode 
in den späteren. 

R. fügt hinzu, daß die Körperwärme 
des Tieres ohne Einfluß auf die Schwan- 
kungen des Opsoninvermógens des Blut- 
serums ist. Phagocyten- und Opsonin- 
index haben nichts zu tun mit der Ag- 
glutinationskraft des Blutserums. 

Ortenau (Nervi— Bad Reichenhall). 


C. P.Goggia: Unicismo o pluralismo? 
Sul? adattamento del bacillo tu- 
bercolare all’ organismo di alcuni 
animali. (Ann. dell Istit. Mara- 
gliano, Bd. 2, Heft 2.) 


C. P. Goggia: Intorno all’ azione es- 
plicata dei bacilli tubercolari 
coltivati in sacchetti di collodio 
nel peritoneo del cane sopra i 
poteri difensivi del siero. (Ann. 
dell’ Istitut. Maragliano, Bd. 2, Heft 4.) 


Seine früheren Untersuchungen haben 
den Verf. von der Einheit der Tuberkel- 
bazillen durchaus überzeugt; die bei ver- 
schiedenen Tierarten gefundenen Bazillen 
sind nun Varietäten einer Spezies, die 
durch die Veränderung des Nährbodens 
entstehen. 

G. studierte zunächst die Einwirkung 
der Säugetiertuberkulose auf Tauben. 
Um die Widerstandsfähigkeit des Orga- 
nismus herabzumindern, wurde diesen 
Tieren, wie in früheren Untersuchungen, 


länger als | 


heterogenes Serum endoperitoneal und | 


subkutan eingespritzt. Früher hatte G. 
normales Ochsenblutserum verwandt, dies- 
mal pathologische Sera (von Influenza- 
kranken, von Pneumonikern, Typhôüsen, 
sowie von Kranken, die an Gelenkrheu- 
matismus litten, letzteres wegen seines 
hohen auto- und heterolytischen Ver- 
múgens) 1—10 ccm wurde 14 Tage lang 
alle 2 Tage eingespritzt. Dann wurden 
die Tiere mit hochvirulenten mensch- 
lichen Tuberkelbazillen infiziert. 

Es zeigt sich entgegen der Ansicht 
einer Reihe von Untersuchern, daß es 
móglich war, wahre spezifische Tuberkel- 
gewebszerstörungen zu erzielen, obgleich 
doch Tauben gegen menschliche Tuberkel 
so widerstandsfähig sind. Die entstan- 
dene Tuberkulose war durch langsamen 


| 
| 


Tendenz sich anzubrechen, blieb viel- 
mehr auf das Bauchfell und die Bauch- 
eingeweide beschränkt. 

Das aus ihr gewonnene Material 
war imstande, Meerschweinchen zu tuber- 
kulisieren. 

Ferner experimentierte er an Hun- 
den. Direkte Bazillenüberimpfung von 
Menschen- oder Meerschweinchen - Tu- 
berkel gab geringe Ergebnisse. Er ging 
darum nach Metschnikoff, Roux und 
Salimbeni vor: Kollodiumsäckchen, in 
denen Glasróhrchen staken, wurden mit 
Bazillenemulsion gefüllt, hermetisch ver- 
schlossen, ins Peritoneum eingeführt, und 
bis zu 3 Monaten daselbst belassen. 
Dann wurden die Tiere geopfert, aus 
dem Inhalt der Säckchen wurden neue 
Kulturen hergestellt und Hunden ins Peri- 
toneum gebracht. 

Es entwickelte sich deutliche Peri- 
tonealtuberkulose, die Bazillen unter- 
schieden sich in Farbe und Ansehen 
wenig von menschlichen Tuberkelbazillen. 
Diese beim Hunde akklimatisierten Ba- 
zillen wiesen verminderte Giftigkeit für 
Meerschweinchen und Kaninchen auf. 

Der Beweis ‘für die Umwandlung 
desselben Tuberkelbazillus scheint also 
erbracht. 

Da es nicht angängig ist, am Men- 
schen selbst zu prüfen, ob er für Bazillen 
seiner eigenen Spezies empfänglicher ist 
als die anderer, suchte G. das Problem 
auf indirektem Wege zu lösen. 

Es wurden 4 homogene Kulturen 
von Tuberkulose angelegt, vom Menschen, 
vom Meerschweinchen, vom Kaninchen 
und vom Hunde. Mittels eines beson- 
deren Kunstgrifles wurde bewerkstelligt, 
daß jede verwandte Kultur die ungefähr 
gleiche Anzahl von Bazillen enthielt. Es 
wurde nun das Agglutinationsvermügen 
von Seren vorgeschrittener Tuberkulose 
auf diese Kulturen geprüft und gefunden, 
daB es bei Kaninchen am stärksten, 
schwächer beim Hunde und Meer- 
schweinchen, am schwächsten beim Men- 
schen war (+ “/ig — “/ao gegen + "Ia — 
+ ‘/39) Der menschliche Bazillus ver- 
liert also durch die Überpflanzung auf 
andere Tierarten an Giftigkeit fúr den 
Menschen, er modifiziert sich also nicht 


BD XILLHEFTS. 
1008. ` 7 

unbetriichtlich. 

weis fiir die Einheit der Tuberkulose. 

Galt diese Untersuchung der Erfor- 
schung der Einheit der Tuberkulose, so 
bezog sich die zweite auf die Immunität. 

Der Verf. ging in gleicher Weise 
wie bei den Experimenten am Hunde 
vor. Es wurden Kollodiumsäckchen mit 
Tuberkulose von Sputum oder von Kul- 
turen, die in der Peritonealhóhle des 
Hundes geweilt hatten, 16, 30 und 
go Tage in der Bauchlióhle von Hunden 
belassen. 

Die Tiere wurden vor der Tötung 
zur Ader gelassen, ihr Serum gewonnen 
und das Agglutinations-, das Wachstums- 
hinderungsvermögen und seine antitoxische 
Kraft geprüft. 

Es ergab sich eine bedeutende Ver- 
mehrung der antitoxischen, eine ziemlich 
große der agglutinierenden Kraft, während 
die wachstumshemmende Kraft dem Tu- 
berkelbazillus gegenüber nicht oder kaum 
gesteigert war. 

Ortenau (Nervi — Bad Reichenhall). 


A. Fedeli: Le associazioni micro- 
biche nella infezione tubercolare. 
(Ann. dell’ Istit. Maragliano, Bd. 2, 
Heft 4.) 

F. infizierte Meerschweinchen mit 
T'uberkulose entweder nach vorausgehender 
oder nachfolgender Infektion mit anderen 
Mikroorganismen. Er zog in den Bereich 
seiner Untersuchung: Pneumokokken, 
Streptokokken, Micrococcus tetrazonus, 
Staphylokokken. Er konnte feststellen, 
dal Tuberkulose schwerer verlief, wenn 
andere Mikroorganismen eingeimpft wor- 
den waren, daß andere Infektionen auf 
Tuberkulose vorbereitetem Boden leichter 
hafteten denn sonst und schwerer ver- 
liefen. 

Ortenau (Nervi — Bad Reichenhall). 


G. Basso: La sieroterapia nelle iriti 
tubercolari sperimentali. (Ann. 
dell’ Istit. Maragliano, Bd. 2, Heft 2.) 


Es wurden Kulturen von Säugetier- 
tuberkulose auf Glyzerinserum im Mo- 
mente der Verwendung mit physiologischer 
Kochsalzlósung emulsioniert und Kanin- 
chen in die vordere Augenkammer ge- 
bracht. 


Die Hiilfte dieser Tiere erhielt | 


REFERATE. 255 





Ein recht deutlicher Be- | jeden 2. Tag 2 ccm des antibazillären 


Serums von Maragliano. 

Nach ı!/, monatiger Behandlung 
schwanden alle Erscheinungen von Hy- 
perámie. Die grauen Knötchen sowie 
das Exsudat der Regenbogenhaut hörten 
bald zu wachsen auf und begannen nach 
2 Monaten ein weißliches Aussehen an- 
zunehmen. 

Die histologische Untersuchung er- 
gab das Vorhandensein sklerosierenden 
Gewebes in den verschiedenen Schichten 
der Iris. 

Die nicht behandelten Kontrolltiere 
gingen unter den gewöhnlichen Erschei- 
nungen der Bulbustuberkulose zugrunde. 

Die entwickelungshemmendeWirkung 
des antibazilliren Serums wird nach B. 
durch diese Experimente klar bewiesen. 

Ortenau (Nervi — Bad Reichenhall). 


G. Romanelli: Influenza di pregressa 
infezione da diplococco lance- 
olato di Fränkel sul decorso della 
tubercolosi sperimentale. (Ann. 
dell’ Istitut. Maragliano, Bd. 2, Heft 4.) 


So zahlreiche Untersuchungen ge- 
macht sind über das Wachstum von ver- 
schiedenen Bakterien auf Nährböden oder 
Geweben, die mit Tuberkulose infiziert 
wurden, so wenig ist der Gang der tu- 
berkulösen Infektion auf anderweitig be- 
reits infizierten organischen Nährböden 
studiert worden. Die wenigen bisher 
veröffentlichten Arbeiten haben nur zu 
unvollkommenen oder ganz unsicheren 
Ergebnissen geführt. 

Unter Leitung von Mangiagallı 
hat R. diese Lücke auszufüllen gesucht. 

Er ging folgendermaßen vor: Auf 
Bouillonserum, Blutserum und Blutagar 
wurden Fränkelsche Diplokokken, die 
aus dem Herzblute von infizierten Ka- 
ninchen herrühren, 24 Stunden lang ge- 
züchtet. Durch wiederholten Durchgang 
durch Kaninchen wurden hochgiftige 
Kulturen erzielt. Von diesen wurde eine 
halbe bis ganze Öse Meerschweinchen 
in die Brust und Bauchhöhle eingespritzt. 
Es erfolgte eine heftige fieberhafte Re- 
aktion, die in 7—10 Tagen abgelau- 
fen war. 

Bei gelegentlichen Sektionen zeigte 
sich jedesmal eine typische Diplokokken- 


256 
infektion. Stets konnte im Herzblute der 
Fränkelsche Mikroorganismus nachge- 
wiesen werden. 

Hatten die Tiere ihr ursprúngliches 
Gewicht vor Beginn des Versuches er- 
reicht, was nach weiteren 8—12 Tagen 
der Fall war, so wurden sie mit I ccm 
(= 0,005 g Bazillen) Bazillenemulsion 


behandelte Die Tiere, welchen die 
Kokkenkulturen in die Brusthöhle ein- 
gespritzt worden war, wurden in die 


Bauchhohle injiziert und umgekehrt. 
Es ergab sich nun folgendes: 
Bei Meerschweinchen, 
eine Diplokokkeninfektion durchgemacht 
haben, verläuft ı. die experimentelle 
Tuberkulose innerhalb 8—12 Tagen mit 
höherem Fieber und stärkerer Abmage- 
rung als bei den Kontrolltieren, 2. rascher, 
auch was die pathologisch anatomischen 
Veränderungen betrifit, 3. die experimen- 
telle Tuberkulose hat nicht nur die Ten- 
denz in der Umgebung der Impfstellen 
rasch um sich zu greifen, sondern sich 
auch allgemein zu verbreiten und na- 
mentlich an den Stellen, wo die Kokken- 
infektion sich abgespielt hatte, sich fest- 
zusetzen. Besonders zeigt die Pleura der 
tuberkulösen Infektion gegenüber ver- 
minderte Widerstandsfähigkeit. 
Ortenau (Nervi— Bad Reichenhall). 


E. Fritzsche-Hyg. Univ.-Inst. Zürich: 
Experimentelle Untersuchungen 
über 
ungen des Tuberkelbazillus zu 
einigen anderen säurefesten Mi- 
kroorganismen und Aktinomy- 
zeten. (Arch. f. Hyg. Bd. 65, Heft 3.) 


Die vorliegende Arbeit diente dem 
Zwecke, etwas über die Verwandtschaft 
der verschiedenen säurefesten Mikroor- 
ganismen untereinander auf Grund von 
biologischen Untersuchungen zu erfahren. 
Es wurde zunächst festgestellt, daß die 
verschiedenen Arten der Säurefesten, auf 
denselben Nährboden gebracht, einander 
im Wachstum nicht hemmten; auch wuchsen 
sie auf Nährböden, die schon anderen 
Arten der Säurefesten zur Kultur gedient 
hatten. Vergleichende Untersuchungen 
über die Agglutinierbarkeit der einzelnen 
Arten waren nicht durchführbar, weil die 
Agglutinationsreaktionen bei den ver- 


die biologischen Bezieh- | 


REFERATE. 








die vorher ` 





ZEITSCHR. f. 
= TUBERKULOSE 





schiedenen Aufschwemmungen keine ein- 
heitlichen Ergebnisse zeigten. Komple- 
mentbindungen ließen sich mit homologen 
Stimmen deutlich nachweisen, mit hetero- 
logen dagegen nur ausnahmsweise. Da 
übrigens auch normale Sera positive Re- 
sultate ergaben, so bezweifelt F. die Spe- 
zifitit dieser Reaktion. Die wenigen 
Versuche Verfs. über gegenseitige Immu- 
nisierung lassen zwar bindende Schlüsse 
noch nicht zu. Immerhin konnte jedoch 
F. eine deutlich verlängerte Lebensdauer 
der tuberkuloseinfizierten Meerschwein- 
chen nach Vorbehandlung mit Blind- 
schleichenbazillen feststellen, während bei 
anderen säurefesten (Möller II, Tob- 
ler II}immunisierende Eigenschaften nicht 
zu erkennen waren, die untersuchten 
Aktinomyzesarten(Eppinger und Farcin) 
sogar eher eine Anaphylaxie hervorzu- 
rufen schienen. C. Servaes. 


E. Levy, Franz Blumenthal und A. Marxer: 
Experimentelle Untersuchungen 
über Tuberkulose. 2. Mitteilung. 
Über Immunisierungs- und Be- 
handlungsversuche kurzer Labo- 
ratoriumstiere gegen experimen- 
telle Tuberkulose vermittelst Tu- 
berkelbazillen,die durchchemisch 
indifferente Stoffe abgetôtet, bzw. 
abgeschwächt sind. (Ctrlbl. f. Bakt. 
etc. Originale. Bd. 47, Heft 3, p. 289 
bis 297.) 

Schutzimpfung von Meerschweinchen 
durch Tuberkelbazillen, welche durch 
Glyzerin, Harnstoff, Galaktose abgetótet 
oder abgeschwächt waren. Durch diese 
Methode werden die Antigene der Bak- 
terien möglichst geschont, wodurch sie 
zu Immunisierungszwecken und zur Er- 
höhung der Widerstandskraft geeignet 
bleiben. Eintägige, abgeschwächte Harn- 
stoflbazillen erwiesen sich als ungeeignet, 
um die Widerstandskraft gegen Tuberkel- 
bazillen zu erhöhen. Besser waren die 
Resultate, wenn der kleinen Dosis ab- 
geschwächter Bazillen eine große Dosis 
abgetöteter Harnstoffbazillen vorange- 
schickt wurde. Nur ein Tier war nicht 
immun. Die Immunisierung von Meer- 
schweinchen gegen hochvirulente Tuber- 
kelbazillen ist eine sehr schwierige. Re- 
lativ gute Resultate erzielten Verfl., wenn 


BD.XIII,HEFTS. 
E E 1908. ar 


sie auf eine größere Dosis abgetóteter 
Bazillen noch mehrere kleine Dosen ab- 
geschwächter Bazillen den Tieren injizierten. 
Es wurde keine vollstindige Immunisie- 
rung erzielt, wohl aber eine Verlängerung 
des Lebens. Die Immunisierung mit ab- 
geschwächten Bazillen ohne vorherige Be- 
handlung mit abgetóteten Bazillen ergeben 
viel schlechtere Resultate. Auch die Re- 
sultate mit 25 °/, Galaktosebazillen waren 
nicht günstiger. Es gelingt also, das 
so empfindliche Meerschweinchen 
mit der angegebenen Methode ge- 
gen Tuberkulose zu immunisieren 
und seine Widerstandskraft zu er- 
hóhen. Mit Galaktoselósungen abgetôtete 
und im Vakuum getrocknete Tuber- 
kelbazillen werden in der Scheringschen 
Fabrik unter dem Namen Tebean in den 
Handel gebracht. Über die Heilversuche 
beim Menschen werden Verff. später be- 
richten. Kranke Tiere ertragen große 
Mengen Tebeans anstandslos. Zum Teil 
zeigten die Tiere eine bedeutende Ver- 
längerung des Lebens; Schaden verur- 
sachten die Injektionen niemals. Bei 
ganz großen Dosen traten Abszesse auf, 
bei 2 Tieren entstand kurz vor dem 
Tode eine Lähmung der hinteren Extremi- 
täten. Verf. halten diese Lähmungs- 
erscheinungen nicht für eine Folge der 
Giftwirkung, sondern für Erscheinungen 
sehr langsam verlaufender Tuberkulosen. 
Auch Kavernenbildungen wurden öfters 
beobachtet. Ferner berichten Vert über 
Immunisierungsversuche bei Kaninchen 
mit hochvirulenten Tuberkelbazillen vom 
Typus bovinus. Die Ergebnisse mit ab- 
geschwächten Bazillen (25 °/, Harnstoff) 
Kaninchen gegen Tuberkulose schutzzu- 
impfen, waren befriedigend, wenn die 
Tiere mit abgeschwächten Bazillen intra- 
venös vorbehandelt waren. Stets gelang 
es, Kaninchen intravenös mit abgetöteten 
und getrockneten Tuberkelbazillen voll- 
ständig gegen eine nachherige Infektion 
zu schützen. E. Aron (Berlin). 


R. Kraus und 8. Grosz: Über experi- 
mentelle Hauttuberkulose bei 
Affen, (Ctrlbl. f. Bakt. etc. Orig., 
I. Abt., Bd. 47, Heft 3, p. 298— 307.) 

Aus den Untersuchungen der Vert, 


REFERATE, 


257 | 





versehen sind, geht hervor, daß Tuber- 
kelbazillen menschlicher Herkunft sowie 
auch Perlsuchtbazillen tuberkulöse Haut- 
affektionen bei Affen hervorrufen. Das 
Material wurde mittels Skarifikation in 
die Haut der Augenbrauen eingebracht. 
Nach 10—14 Tagen treten entzündliche 
Veränderungen auf, die entweder zu 
Zerfalls- und Geschwürsbildung führen, 
oder sich zurückbilden. Die Menschen- 
tuberkelbazillen rufen nur an der Skari- 
fikationsstelle Veränderungen hervor. Die 
Perlsuchtbazillen bringen Erscheinungen 
hervor, welche sich über die Impfstelle 
ausdehnen. Es kommt zu geschwürigem 
Zerfall der infiltrierten Hautstellen und 
zu tuberkulösen Veränderungen der re- 
gionären Lyınphdrüsen, der Parotis und 
der Inguinaldrüsen. Schließlich erkranken 
Lunge, Milz und Leber, und die Tiere 
gehen zugrunde. Auch bei einigen 
menschlichen Stämmen traten ähnliche 
Bilder ein. Die mit Zerfall einhergehenden 
Fälle enthielten nur vereinzelte Tuberkel- 
bazillen, während die mit menschlichen 
Tuberkelbazillen erzeugten Impfprodukte, 
welche nicht zu Zerfall neigen, oft ganz 
enorme Mengen von Bazillen aufweisen. 
Abbildungen illustrieren dies. Auch die 
mit Vogeltuberkulose geimpften Tiere 
zeigten enorme Mengen von Tuberkel- 
bazillen im Gewebe. E. Aron (Berlin). 


Ill. Diagnose und Prognose. 





Dr. A. Schiperska: Zur Frage der 
diagnostischen Anwendung der 
Pirquetschen Reaktion bei Tuber- 
kulose. Aus dem Kalinkin-Kranken- 
hause zu St. Petersburg. (Russ. Journ. 
f. Haut- u. vener. Krankh. 1908, Bd. 15, 
Heft 3.) 


Verf. berichtet über die Resultate, 
welche bei der Anwendung der Pirquet- 
schen Reaktion in der Abteilung für haut- 
kranke Kinder am Kalinkin-Krankenhause 
zu St. Petersburg erzielt worden sind. 
Das Tuberkulin stammte aus dem Institut 
für experimentelle Medizin und entspricht 
dem alten Kochschen Tuberkulin. Die 


welche mit sehr schönen Abbildungen | Beobachtungen wurden an 54 Kindern 


Zeitschr. f. Tuberkulose XIII. 


17 


258 





REFERATE. 


ZEITSCHR. f. 





im Alter von 6—15 Jahren und außerdem 
an 4 Erwachsenen (Frauen) im Alter von 
25, 25, 30 und 35 Jahren angestellt. Es 
wurden absichtlich Kranke gewählt, die 
weder Erscheinungen von Lupus, noch 
solche von Hauttuberkulose hatten. Es 
waren darunter 40 Fälle von Favus, 4 Fälle 
von Herpes tonsurans, 17 Fälle von 
Skabies, je 5 Fälle von akutem und 
chronischem Ekzem, 4 Fälle von Psoriasis 
vulgaris, 3 Fälle von Furunkulosis und 
2 Fälle von im allgemeinen gesunden 
Kindern, deren Mütter an Lupus litten. 
Die 4 Frauen waren die Mütter von 
ekzemkranken Säuglingen. Es hat sich 
herausgestellt, daß Kinder von lupus- 
kranken Frauen (Lupus vulgaris) im Alter 
von Io Monaten bezw. ı Jahre, die 
folglich von kranken Müttern geboren 
wurden, gleichfalls eine ziemlich bedeutende 
Reaktion in Form von erbsengroßen Papeln 
gaben, welche ringsherum einen entzünd- 
lichen, strahlenförmigen Reifen hatten, und 
doch boten diese Kinder weder von seiten 
der Haut, noch von seiten der inneren 
Organe, Drüsen und Knochen irgendwelche 
Veränderungen dar. Bei 2 Kindern mit 
Furunkulose im Alter von 6 Monaten und 
I Jahre, bei denen stark ausgesprochene 
Dämpfung unterhalb der Skapula und 
klingende Rasselgeräusche vorhanden 
waren, ist es überhaupt nicht gelungen, 
die Reaktion zu erzielen. Diese Kinder 
sind 14 Tage später unter fortschreitenden 
Erscheinungen von seiten der Lungen 
gestorben. Die Sektion ergab difluse 
Lungentuberkulose. Ferner wurde konsta- 
tiert, daß die Skarifikation an der Volar- 
obertläche des Vorderarmes ceteris paribus 
stärker ausgebildete Papeln erzeugte, als 
an der dorsalen Fläche, was annchmen 
ließ, daß die Papelbildung von der größeren 
oder geringeren Dünnheit der Haut bis 
zu einem gewissen Grade abhänge. Kinder 
von zarter Konstitution mit dünner Haut, 
welche wegen Skabies aufgenommen 
wurden und Veränderungen tuberkulöser 
Natur nicht hatten, gaben eine stärkere 
Reaktion als andere kräftiger genährte 
Kinder mit gröberer Haut. Als sämtliche 
Kranke auf die Erscheinung des Dermo- 
graphismus untersucht wurden, stellte sich 
heraus, daß letzterer bei Patienten mit 


nn nn nn 


_TUBERKULOSE 


und bei 2 gesunden Frauen stark ausge- 
sprochen war, wobei gerade bei diesen 
Patienten die Reaktion deutlicher auftrat 
und lánger andauerte. Daraus geht hervor, 
daB man bei den diagnostischen Tuber- 
kulinimpfungen auch mit der Beschaffen- 
heit der Haut selbst, mit ihrer Zartheit, 
Feinheit, sowie auch mit dem Grad der 
Erregbarkeit der vasomotorischen Nerven 
rechnen miisse. 
M. Lubowski (Wilmersdorf-Berlin). 


Dr. R. Bylsma: Naar aanleiding van 
de ophthalmoreactie. Uber die 
Ophthalmoreaktion. (Geneesk. courant, 
no. 11, p. 62.) 


Enthalt einige Literaturangaben úber 
Mißerfolge bei der Anwendung der kon- 
junktivalen Reaktion, der Verf, ein ,,Re- 
quiscat in pace“ zuruft. 

Vos (Hellendoorn). 


John H. Pryor: The early diagnosis 
and treatment of pulmonary tu- 
berculosis. (Med. Record 1908, 
Jan. 4.) 

Verf. meint, es sei die Schuld der 
praktischen Ärzte, daß die Sanatorien 
meist vorgerücktere Fälle zur Behandlung 
erhalten. Es sei die Frühdiagnose daher 
von der größten Wichtigkeit. Seine hier- 
auf bezüglichen Ausführungen bieten 
nichts Neues. Er nimmt entschieden 
Stellung gegen die probatorische Tuber- 
kulininjektion und warnt vor allzu großem 
Vertrauen in spezifische Behandlungs- 
methoden. 

G. Mannheimer (Neuyork). 


Hy. B. Dunham: Incipiency in tuber- 
culosis from the standpoint of 
sanatoria. (Med. Record 1908, Fe- 
bruary 8.) 


Verf. beklagt den offenbaren Wider- 
willen von Kranken im Frühstadium der 
Tuberkulose sich der Behandlung in 
Sanatorien zu unterwerfen. Das Staats- 
institut von Massachusets mit 350 Betten 
ist kaum zu einem Drittel mit Früh- 
kranken belegt; ähnlich ergeht es den 
Instituten in Neuyork, Rhode Island, 
New Jersey und anderen Staaten. Die 
späte Diagnose seitens der allgemeinen 


Psoriasis vulgaris, Ekzem, Skabies, Favus | Praktiker, meint er, trage mit zu den 


BD.XIILHEFT 3. 
1908. 


REFERATE. - 259 





Zustánden bei. Er pládiert fir ausgie- 
bigeren Gebrauch des Tuberkulins zu 
diagnostischen Zwecken, für schnellere 
Schlüssigkeit in der Diagnose und frühere 
Zuweisung der Patienten an Heilstátten. 
Obwohl die allmähliche Dosensteigerung 
bei diagnostischen Einspritzungen vorzu- 
ziehen ist, erhielten zu einer Zeit die 
Fälle, bei denen sich keine bestimmten 
physikalischen Befunde ergaben, eine ein- 
malige Dosis von 10 mg. Hierauf re- 
agierten !/, mit Temperaturen von 99 
bis 100% E, */, mit 100—101, °/,, mit 
101— 102, */, mit 102—103 und 7°}, 
mit 103 und darüber. Die Lösungen 
sollten frisch hergestellt werden. 
G. Mannheimer (Neuyork). 


William J. Butler: Cutaneous tuber- 
culin vaccination in the diagnosis 
oftuberculosis. (Med. Record 1908, 
Feb. 1.) ` 

Unter 34 Tuberkulósen wurden 24 
während der letzten 10 Lebenstage zum 
ersten Male der Impfung unterworfen. 

Bei 13 blieb die Reaktion aus; bei einem 

Fall war sie positiv, ohne daß bei der 

Sektion makroskopisch Tuberkulose nach- 

weisbar war. — Schlußfolgerungen: Eine 

positive Reaktion sichert bei Kindern die 

Diagnose auf Tuberkulose. Ein negatives 

Resultat ist bedeutungslos in den’ letzten 

Stadien der Krankheit. Alte latente 

Herde geben manchmal erst bei der 

Wiederimpfung eine positive Reaktion. 

G. Mannheimer (Neuyork). 


Reichmann-Jena: Der Wert der Kon- 
junktivalreaktion, speziell beider 
Hauttuberkulose. (Med. Klin., Nr.17, 
1908.) 

R. erzielte sehr befriedigende Resultate 
mit der Konjunktivalreaktion, besonders 
in einer Anzahl von Fiillen von Lupus. 
Ihm scheint ein Parallelismus zwischen 
Schwere der Haut- und Schleimhaut- 
reaktion mit dem Grade der Reaktion zu 
bestehen. F. Köhler (Holsterhausen). 


F. Hamburger-Wien: Über die Wir- 
kung des Alttuberkulins auf den 
tuberkulosefreien Menschen. (M. 
med. Wchschr., Nr. 23, 1908.) 


Sduglinge reagieren nicht auf Alt- 


| 


tuberkulin, weil sie fast ausnahmslos tuber- 
kulosefrei sind. Gesunde reagieren auf 
groBe Dosen, weil sie nahezu nie tuber- 
kulosefrei sind. Unverdiinntes oder nur 
wenig verdünntes Tuberkulin bewirkt 
„Stichreaktion“ auch beim tuberkulose- 
freien Menschen infolge Reizwirkung ande- 
rer im Kochschen Tuberkulinpräparat 
vorhandener Substanzen. Man kann beim 
tuberkulosefreien Menschen nicht nur keine 
Allgemeinreaktion, sondern auch keine 
örtliche Reaktion erzielen, die sich mit 
Sicherheit auf Gifte des Tuberkelbazillus 
zurückführen lassen. — Die Erklärungen 
des Vert is muten etwas sonderbar an und 
bedürfen gründlicherer Unterlagen, um 
mit Sicherheit zur Zustimmung zu be- 
rechtigen. F. Köhler (Holsterhausen). 


E. Emmerich- München: Uber die kli- 


nische Bedeutung der kutanen 


und perkutanen Tuberkulinreak- 
tion (nach v. Pirquet und nach 
Moro) beim Erwachsenen. (Münch. 
med. Wchschr., Nr. 20, 1908.) 


Die Salbenreaktion schränkt die Zahl 
der positiven Reaktionen bei klinisch tuber- 
kulosefreien Individuen gegenüber der 
kutanen Reaktion bedeutend ein. Die 
Salbenreaktion ist leichter ausführbar als 
die kutane Impfung und absolut harmlos. 
Die Salbenreaktion versagt bei progre- 
dienter Tuberkulose früher als die kutane 
Impfung. Da bei der Salbenreaktion auch 
latente Herde reagieren, ist dieselbe zu 
diagnostischen Zwecken beim Erwachsenen 
nur in beschränktem Maße zu verwerten. 

F. Köhler (Holsterhausen). 


Ranke: Zur Diagnose der Lungen- 
tuberkulose. (Münch. med. Wchschr., 
Nr. 22, 1908.) 


Bemerkenswerte Beiträge zur Dia- 
gnose der Lungentuberkulose auf Grund 
von kurz ante mortem und sectionem 
gemachten Untersuchungen. Die Einzel- 
heiten müssen im Original eingesehen 
werden. F. Köhler (Holsterhausen). 


Mitulescu: Beiträge zum Studiumder 
Ophthalmoreaktion. (Wien. klin. 
Wchschr., 14. Mai 1908, Nr. 20.) 

M. hat verschiedene Tuberkuline hin- 
sichtlich ihrer Stärke bei der Ausführung 


17” 





260 





der Ophthalmoreaktion verglichen und ist 
zu dem Resultat gekommen, daß 1: 10000 
Höchst gleichwertig ist mit I:1000 
Pasteur und 1:250 Calmette Wo 
auch nach Ausführung der Kutanreaktion 
und der Ophthalmoreaktion noch ein 
Zweifel hinsichtlich der Diagnose bestehen 
bleibt, rät er Kontrollinjektionen mit Tu- 
berkulin an.: Auch ihm erwies sich Tuber- 
kulintest Höchst 1:1000 als zu stark, 
doch ergab die Verdünnung von I : 10000 
ausgezeichnete Resultate. 
Naumann (Reinerz-Meran). 


Meyer: Über die Verwendbarkeit 
der Komplementbindungsmetho- 
de zur Diagnose tuberkulöser 
Exsudate. (Dtsch. med. Wchschr., 
I4. Mai 1908, Nr. 20.) 

M. hat 8 sicher tuberkulüöse Exsudat- 

- flüssigkeiten untersucht, konnte aber nie- 

mals Antigen in ihnen nachweisen, ein 

solcher Nachweis könne schon wegen der 

Empfindlichkeitsgrenzen der Komplement- 

bindungsmethode nur selten gelingen. 

Naumann (Reinerz-Meran). 


E. Sobotta-Reiboldsgrün: Die Bedeu- 
tung der Konjunktivalreaktion 
fürden praktischen Arzt. (Fortschr. 
d. Med. 1908, Heft 0.) 


Da der positive Ausfall der Kon- 
junktivalprüfung das Vorhandensein einer 
aktiven Tuberkulose anzeigt, ohne aller- 
dings über den Sitz der Erkrankung etwas 
auszusagen, so empfiehlt S. ihre allge- 
meine Verwendung in der Praxis, und 
zwar an Stelle der Auswurfuntersuchung, 
deren Ergebnis bei negativem Ausfall 
doch stets unsicher und zweifelhaft ist. 
Will man aber warten, bis sich die ersten 
Bazillen im Auswurf zeigen, dann wird 
man oft die günstigste Zeit zur Heilung 
verpassen. Durch die Konjunktivalprü- 
fung wird die genaue physikalische Lungen- 
untersuchung nicht entbehrlich, da doch 
nur die letztere über Sitz und Ausdehnung 
der Erkrankung Aufschluß gibt. 

C. Servaes. 


M. Biagi: Ricerca del bacillo di 
Koch nelle urine di malati di 
tubercolosi polmonare. (Gazz. 


d'Osp, Nr. 23, 1908.) 


REFERATE. 


| 


. überwunden. 


ZEITSCHR. f. 
= TUBERKULOSE 


Die Schwierigkeiten, im Urine Tu- 
berkelbazillen nachzuweisen, scheinen B. 
am besten durch die Methode von Jousset 
Er bedient sich ihrer in 
folgender von ihm erprobter Weise: 

100 ccm Urin werden mittels Ka- 
theter von einem in Agone befindlichen 
Kranken entnommen, in Erlenmeyer- 
schen Kolben aufgefangen, sterilisiert und 
mit leicht alkalisch gemachtem Wasser zu 
gleichen Teilen gemischt. Von einem 
Kaninchen mittels AderlaB in der Menge 
von 30 ccm gewonnenes Blut ward dann 
zentrifugiert und das übrigbleibende Plasma 
von IO ccm unter stetem Schütteln dem 
Harne zugesetzt; der Kolben wurde dann 
3/, Stunden in einer Temperatur von 18° 
belassen. Das entstehende künstliche Ge- 
rinnsel, eine gelatinöse Masse wurde dann 
auf sterile Gaze, die in einem großen 
Trichter ausgebreitet war, gegossen und 
so lange komprimiert, bis ein kleines 
Fibrinflöckchen übrig blieb. Dasselbe 
wurde mit 5 ccm künstlichem Magensafte 
(Joussetsche Flüssigkeit: Pepsin 1,0, 
Chlornatrium 2,0, Salzsäure 1,0, Wasser 
100,0) zusammengebracht und war nach 
7 —8 stündigem Verweilen im Thermo- 
state (bei 37°) verdaut Der Magensaft 
wird durch Dekantieren entfernt, der 
Rückstand lange Zeit zentrifugiert und 
schließlich auf Deckgläser gebracht. Mit 
Ziehl-Gabbet wurde gefärbt. Es zeigten 
sich nun in einer Anzahl von Präparaten, 
bei weitem nicht in allen, je 3—4 Stäb- 
chen einer kurzen, leicht granulierten 
Form, welche der Färbung durchaus 
widerstand. 

Bei einer 2. Untersuchung, bei der 
der Urin unter analogen Bedingungen 
gewonnen war, war das Ergebnis mit der 
ersten durchaus übereinstimmend. Es 
handelte sich um Harn eines Individuums, 
das eine tuberkulöse käsige Peribronchitis, 
aber keinerlei Lesionen des harnbildenden 
Systems aufwies. 

Da auf diese Weise ein eindeutiges 
Urteil über die Natur der Mikroorganismen 


- nicht zu gewinnen war, wandte Verf. die 


t 


| 
| 
| 


indirekte Methode an, indem er die Fi- 
brinflöckchen teilte und die eine Hälfte, 
wie in den beiden ersten Fällen, unter- 
suchte, die andere Kaninchen unter die 
Haut brachte. Die Tiere magerten ab 


BD.X 111, HEFT 8. 
1908. 





und gingen bald ein. Bei der Sektion 
zeigten sie Tuberkulose der Drúsen und 
Mili art. der Leber. Hier zeigten sich 
Tuberkelbazillen zwar in geringer Zahl, 
aber in der gewöhnlichen Form. Die 
spezifische Färbung war ohne weiteres 
zu erzielen. 

B. zieht den Schluß, daß bei in- 
taktem Nierengewebe eben nur eine äußerst 
geringe Menge von Bazillen das Nieren- 
filter passiert. Er hält die angewandte 
Methode für brauchbar, um Tuberkel- 
bazillen im Harne festzustellen und helıt 
hervor, daß sie in keinem Verhältnisse 
zur Schwere der Lungenerkrankung stehen. 
Die Methode erfordert größte Genauigkeit 
und Geduld. Sie beansprucht außerdem 
außerordentlich viel Zeit. 

Ortenau (Nervi — Bad Reichenhall). 


Julius Malis: Kutandiagnose der Tu- 
berkulose bei chirurgischen Lei- 
den. Klinische Studie aus der chi- 
rurgischen Klinik in Basel. (Inaug.- 
Dissert. Basel 1908, 34 p.) 


Aus der Darstellung des Verf.'s geht 
hervor, daß der klinische Wert der Ku- 
tandiagnose der Tuberkulose noch keines- 
wegs als gesichert betrachtet werden darf. 
Die bis jetzt ausgeführten Untersuchungen 
haben meist das gesetzmäßige Auftreten 
der Reaktion bei Tuberkulösen und das 
Fehlen derselben bei Tuberkulosefreien 
nachzuweisen gesucht. Die Frage kann 
aber damit nicht gelöst werden. Es be- 
darfvielmehr weitgehender Untersuchungen 
an speziell ausgewählten Füllen zur Be- 
stimmung der Art des Auftretens der 
Reaktion und der Differenzen im Reak- 
tionsverlauf bei verschiedenen Tuber- 
kulösen, sowie zum Nachweis des eventuell 
bestehenden Zusammenhanges zwischen 
der Intensität der Reaktion und der 
Größe oder Akuität der tuberkulösen 
Affektionen. Aus den erhobenen Befun- 
den geht, kurz zusammengefaßt, folgen- 
des hervor: 

I. Die kutane Reaktionsmethode 
zum Zweck der Diagnostik der Tuber- 
kulose ist absolut ungefährlich. Die Re- 
aktion verläuft lokal, ohne Störungen des 
Allgemeinbefindens. 

2. Bei der Anwendung dieser Me- 
thode stehen keine Kontraindikationen 


REFERATE. 


Seas, ee 20i 








im Wege Sie ist darum die einzige zu 
freien Experimenten am Menschen voll- 
kommen geeignete Methode zum Studium 
der Tuberkulinreaktion. 

3. Mit Ausnahme der fortgeschrit- 
tenen Tuberkulösen (bei schwerster Ka- 
chexie) reagiert bei Anwendung dieser 
Methode positiv jeder Mensch, der mit 
Tuberkulose jemals infiziert worden war. 
4. Die kutane Reaktion ist sehr 
empfindlich und zeigt auch inaktive 
Herde an. 

5. Der negative Ausfall der Re- 
aktion ist von größter diagnostischer und 
prognostischer Bedeutung, da er nur bei 
Tuberkulosefreien und bei sehr fortge- 
schrittenen Tuberkulösen beobachtet wird. 
Die Differenzierung der letzteren bietet 
dem Kliniker kaum je Schwierigkeiten. 

6. Der positive Ausfall der Reak- 
tion hat an und für sich fast keine prak- 
tische Bedeutung, infolge der hohen Pro- 
zentzahl der Tuberkulosen bei Erwachsenen 
(Nägeli) Es laßt sich aber mit großer 
Wahrscheinlichkeit annehmen, daß die 
Stärke der Reaktion mit dem Fortschreiten 
der Tuberkulose immer mehr abnimmt, 
bis sie, wie das bei den schwersten Tu- 
berkulösen der Fall ist, endlich ganz er- 
lischt. 

7. Auf Grund der gemachten Beob- 
achtungen, daß die inzipienten Tuber- 
kulösen am stärksten reagieren, die Fort- 
geschrittenen, die noch überhaupt zu 
reagieren vermögen, am schwächsten, 
läßt sich die Möglichkeit vermuten, nach 
dem Verlauf der Reaktion das Stadium 
der Krankheit gewissermaßen ablesen zu 
können. 

8. Die sog. „Frühreaktion“ — also 
die spezifizierte Überempfindlichkeit wurde 
nur bei Tuberkulösen beobachtet. Der 
Reaktion der Gesunden fehlt dieses Cha- 
rakteristikum; es fehlt aber auch bei einem 
Teil der Tuberkulösen (18 °/,). Die Spät- 
form bei Tuberkulösen kann noch nicht 
erklärt werden. 

9. Die Art und Entstehungsweisc 
der Spätreaktion bei klinisch Gesunden 
ist auch noch nicht vóllig erklärt. | 

10. Die chirurgischen Tuberkulüsen 
reagieren im allgemeinen viel heftiger, 
als die Lungentuberkulósen; sie zeigen 
sogar regelmäßig eine Reaktionsform, die 


ZEITSCHR. f. 
TUBERKULOSE 





bei Lungentuberkulösen als eine seltene 
und ungewöhnlich starke beschrieben 
wird. Die bei Lusentuberkulüsen als 
starke bezeichnete Reaktionsform, wird 
bei der chirurgischen nur als cine mitt- 
lere bezeichnet etc. Es kommt deshalb 
den chirurgischen Tuberkulösen eine re- 
lativ günstigere Prognose zu als den 
Lungentuberkulösen, was auch in der 
Tat der Fall ist. 
Fritz Loeb (München). 


Einar Key: Om pavisandet af tuber- 
kelbaciller i urin. (Hygiea 1908, 
Nr. 5.) 

In 3 Fällen gab der Befund von 
säurefesten Stäbchenbakterien im Harn 
Anlaß zu diagnostischen Irrtümern. Ein- 
mal wurde die für tuberkulüs gehaltene 
Niere exstirpiert und eine bloße chroni- 
sche interstitielle Nephritis festgestellt, im 
2. Falle wurde die Diagnose schon vor 
der Operation auf Ren mobilis mit Hy- 
dronephrose berichtigt, auch im 3. Falle 
schützte vorsichtige Verwertung des schein- 
bar positiven Befundes vor vielleicht ver- 
hängnisvollen Folgerungen. In einem, 
vielleicht in 2 der mitgeteilten Fälle lag 
wohl keine Verwechselung mit Smegma- 
bazillen vor, vielmehr machten die Um- 
stände eine nachträgliche Verunreinigung 
der Urinproben mit fremden Tuberkel- 
bazillen währscheinlich. Der Verf. betont 
daher die Wichtigkeit äußerst sorgfältiger 
Reinigung und Sterilisierung von Spitz- 
gläsern, Zentrifugenröhren und Ureteren- 
kathetern. Letztere sollten am besten 
neu genommen werden. Auch die Not- 
wendigkeit des nur in gewissen Fällen 
entbehrlichen Tierversuches zur Sicherung 
der Ditlerentialdiagnose gegenüber den 
Smegmabazillen wird nochmals hervor- 
gehoben. Böttcher (Wiesbaden). 


0. Medin: Om det kutana tuberkulin- 
profvetenligt Pirquet. (Hygiea 1908, 
Nr. 4.) 

Die Erfahrungen, welche im „all- 
gemeinen Kinderhause“ zu Stockholm 
mit der Pirquetschen Probe gemacht 
wurden, stimmten in allen wesentlichen 
Punkten mit den von Pirquet selbst 
berichteten überein. Das Material be- 
Stand zum weitaus größten Teile aus 


262 REFERATE. 


Rindern im 1. Lebensjahre. Der Verf. 
ist nun kein Anhänger der Behringschen 
Hypothese von der häufigen Frühinfektion 
und latenten Tuberkulose der Säuglinge, 
glaubt vielmehr, daB die in dieser aller- 
ersten Lebensepoche infizierten Kinder 
im allgemeinen nach wenigen Monaten 
zugrunde gehen. Die Erfahrungen, die 
er mit Pirquets Probe machte, scheinen 
diese Auffassung zu stützen. Von 250 
Säuglingen reagierten nur 2 auf die Imp- 
fung. Bei dem einen war die Tuber- 
kulose auch klinisch nachweisbar, bei 
dem anderen trat sie bei der Obduktion 
zu Tage. Ein Fall von tuberkulöser 
Meningitis, der wenige Tage vor dem 
Tode geimpft wurde, reagierte nicht. 
Von den anderen Säuglingen, welche 
alle nicht reagierten, waren 4—5 ver- 
dächtig auf Tuberkulose. 2 davon star- 
ben und erwiesen sich als nicht tuber- 
kulós. Bei älteren Kindern war die 
Reaktion in der Art, wie dies Pirquet 
beschreibt, am wenigsten stark bei Lungen- 
tuberkulose, stärker bei Drüsentuberkulose 
und am stärksten bei Knochentuberkulose. 
Vor der Ophthalmoreaktion glaubt der 
Verf. warnen zu müssen, weil dieselbe 
recht lästige Erscheinungen bewirken kann, 
ohne zuverlässiger zu sein als die kutane 
Probe. Letztere verursachte bei keinem 
der 300 im Kinderhause geimpften Kin- 
der irgend welche Unbequemlichkeit. 
Böttcher (Wiesbaden). 


Josefson: Om de lokala tuberkulin- 
reaktionerna. (Hygiea 1908, Nr. 4.) 
Während die kutane und die per- 
kutane Reaktion mehr kurz referierend 
behandelt werden, bespricht der Verf. 
die konjunktivale Reaktion auf Grund 
eigener Erfahrungen an 86 Patienten. 
Die Reaktion trat meist intensiver auf, 
als es nach den Angaben von Calmette 
und anderen zu erwarten war, die sub- 
jektiven Symptome waren bei Anwendung 
einer Lösung von !/,,, oft lästig, zuweilen 
trat Chemosis, ziemlich oft Phlyktäne auf, 
desgleichen Ptosis am reagierenden Auge, 
einmal eine leichte Konjunktivitis am an- 
deren Auge. Der Verf. schlägt vor, erst 
cine Lösung lu zu nehmen, dann, falls 
die Reaktion ausbleibt, nach längerer Zeit 
lo am anderen Auge zu versuchen. 


BD.XII, HEFT 8. 
1908. 


AAA ed 


Die Methode sollte nur in klinisch zwei- 

felhaften Fällen und nur bei gesunden 

Augen zur Anwendung kommen. 
Böttcher (Wiesbaden). 


A. Calmette et C. Guérin: Sur la va- 
leur spécifique de l’ophthalmo- 
diagnostic par la tuberculine. 
(Soc. de Biol. 23. V. Bull. Med. 22. 47.) 


Arloing hatte auf Grund einer 
Reihe von Versuchen behauptet, daß 
Kaninchen, die mit Typhus, Diphtherie 
oder Staphylokokken vorbehandelt sind, 
oder Pferde, die gegen Diphtherie oder 
Tetanus immun sind, auf Tuberkulinein- 
träufelung positive Ophthalmoreaktion 
geben. C. und G. haben diese Resultate 
nachgeprüft Bei Typaus bcobachteten 
sie in der Tat sowohl im Tierexperiment 
wie in der Klinik ziemlich háufig positive 
Tuberkulinaugenreaktionen, wenn auch 
etwas abweichender Art. Die Autoren 
erinnern daran, daf nach den Unter- 
suchungen von Arloing und J]. Cour- 
mont bei 75 °/, der Typhösen das Serum 
auch Tuberkelbazillen agglutiniert. Für 
die anderen Infektionen (Staphylokokken, 
Pest, Diphtherie und Tetanus) konnten 
C. und G. im Tierexperiment niemals 
die Arloingschen Behauptungen bestä- 
tigen. Hier blieb die Tuberkulinaugen- 
reaktion stets negativ. 

H. Grau (Düsseldorf). 


Garth, Kranich und Grünert-Darmstadt: 
Ein weiterer Beitrag zur Oph- 
thalmoreaktion bei Rindertuber- 
kulose. (Dtsch. tierärztl. Wchschr., 
1908, Nr. 29.) 

Durch Schlachtung der Tiere kon- 
trollierte Versuche mit Bovotuberkulol, 
deren Hauptergebnis ist, daß die Probe 
ein zuverlässigeres Mittel zur Erkennung 
der Tuberkulose am lebenden Rinde ist, 
als der Ausfall der subkutanen Tuber- 
kulinprobe, und daß die Ophthalmoreaktion 
nach 3 Tagen mit gleichem Erfolge durch 
wiederholte Instillation nochmals hervor- 
gerufen werden kann, während die kurz 
nach 


REFERATE. 





| 





der ersten wiederholte subkutane | 


Injektion von Tuberkulin keine Reaktion | 
` rechtsseitiger Konjunktivitis und mit po- 


bei tuberkulösen Tieren gibt, wodurch 
dem Betruge Vorschub geleistet werden 
kann. Scherer (Bromberg). 


203 





C. v. Pirquet und Schnúrer-Wien: Al- 
lergie beiTuberkulose der Rinder. 
(Monatsh. f. pr. Tierheilk., Bd. 10, 
Heft 9.) 

Die SchluBsätze der Arbeit fassen 


, das Ergebnis der umfangreichen Versuche 


in folgender Weise zusammen: 

In Übereinstimmung mit den Be- 
funden beim Menschen und mit den 
Angaben von Vallee, Guerin, Lig- 
nieres und Berger für das Rind konnten 
wir feststellen, daB das tuberkulöse Rind 
in ähnlicher Weise wie der tuberkulüse 
Mensch auf kutane und kunjunktivale 
Einbringung von Tuberkulin mit lokalen, 
charakteristischen Entzündungserschei- 
nungen der Haut und Schleimhäute re- 
agiert. Rinder, welche auf subkutane 
Tuberkulinreaktion kein Fieber zeigen, 
reagieren auch nicht auf kutane und kon- 
junktivale Applikation von Tuberkulin. 
Umgekehrt dagegen können tuberkulöse 
Rinder wohl die Fieberreaktion auf In- 
jektion der üblichen großen Dosen zeigen, 
aber Haut- und Schleimhautreaktion mit 
den gegenwärtig verfügbaren Präparaten 
vermissen lassen. Der positive Ausfall 
jeder der 3 Proben beweist unter allen 
Umständen Tuberkulose. Sie unterschei- 
den sich nicht grundsätzlich, sondern 
nur quantitativ, wobei die Fieberprobe 
als die schärfste, die beiden anderen als 
schwächer, aber unter sich als ungefähr 
gleich scharf anzusehen sind. 

Für den praktischen Vorgang der 
Tuberkulosetilgung in einem Rinderbe- 
stande empfiehlt sich als einfachstes Ver- 
fahren, die Konjunktivalreaktion als Aus- 
wahlreaktion anzustellen. Bei zweifellos 
positivem Ergebnis ist das Tier als tuber- 
kulös anzusehen. Bei zweifelhaftem oder 
direkt negativem Ausfall der Konjunkti- 
valprobe ist die subkutane Injektion aus- 
zuführen. Der Vorgang kann in folgender 
Weise vor sich gehen: 

1. Tag: Einträufelung von Tuber- 
kulin in das rechte Auge jeden Rindes, 
ausgenommen jener, welche an Konjunk- 
tivitis leiden. Bei diesen Tieren ist die 
Rutanprobe anzustellen. 

2. Tag: Revision. Alle Rinder mit 
sitiver Hautreaktion sind als tuberkulös 
auszumerzen. 


204 





3. Tag: Subkutane Tuberkulininjekton 
bei allen úbrigen auf Haut- und Augen- 


probe negativ oder zweifelhaft reagieren- ! 


den Tieren. Scherer (Bromberg). 


Prophylaxe. 
Ondracek-Góding: Erfahrungen über 
die Bovovakzination der Kálber 
nach Dr. von Behring. (Tierárztl. 

Zentralbl. 1907, Nr. 11.) 


Auf dem k. und k. Familiengute 
Göding wurde bei Kälbern und Kalbinnen 
bis zum Alter von 2 Jahren, welche sich 
bei der Tuberkulinprobe als unverdächtig 
erwiesen hatten, das Behringsche Immu- 
nisierungsverfahren angewandt, und zwar 
vom Jahre 1904 ab. Am 30. X. 06 
wurden dann sámtliche Tiere (insgesamt 
247) mit Tuberberkulin injiziert. 8 rea- 
gierten, 4 davon waren vor 2?/,, 4 vor 
11/, Jahren immunisiert worden. Bei der 
ersten Immunisierung wurden bei 5 Kálbern 
gefahrdrohende Erscheinungen (Kurzatmig- 
keit, Lungenödem) beobachtet, welche 
darauf zurückgeführt werden, daß der 
Impfstoff erst am zweiten Tage nach der 
Zubereitung verbraucht wurde und daß 
sich wahrscheinlich in der Emulsion Koch- 
salzkristalle ausgeschieden hatten, durch 
welche die Kapillaren des kleinen Kreis- 
laufs verstopft wurden. Außerdem trat 
auch bei vollständig vorschriftsmäßiger 
Anwendung bei einzelnen Tieren Schüttel- 
frost, Pulsbeschleunigung und Steigerung 
der Atmungsfrequenz auf, welche Er- 
scheinungen jedoch innerhalb 2 Stunden 
wieder verschwanden. 

Auf Grund seiner Erfahrungen kommt 
O. zu folgenden Schlußsätzen: 


REFERATE. 


1. Die bisher vorgenommene !/,jähr- | 


liche klinische Untersuchung des Milch- 
viehbestandes ist beizubehalten, um Fälle 
offener Tuberkulose aufzudecken. 

2. Die diagnostische Tuberkulinisie- 


ZEITSCHR. f. 
TUBERKULOSE 


infektionsvermögen des Autans. 
(Iherap Monatsh. 1908, Heft 3.) 


Verf. erzielte im allgemeinen mit 
Autan befriedigende Desinfektionsergeb- 
nisse. Nur scheint es ihm erforderlich, 
daß alle Gegenstände, die durch Dampf- 
desinfektion oder Auskochen nicht leiden, 
zuvor aus dem zu desinfizierenden Raume 
entfernt und diesen Verfahren unter- 
worfen werden. Auch muß der betr. 
Raum hermetisch abgeschlossen werden; 
und endlich empfiehlt es sich, lieber mehr 
Autanpulver zu nehmen, als nach der 
Gebrauchsanweisung erforderlich wäre. 
Die von der Fabrik neuerdings aus- 
gegebenen Tabletten bewährten sich we- 
niger; dagegen rühmt Verf. die desodo- 
rierenden Eigenschaften des Autanpul- 
vers. C. Servaes. 


Krankenhauswesen 
und Heilstättenbewegung im 
Lichte der sozialen Hygiene. 
(F. C. W. Vogel, Leipzig 1908. Preis 
10 Mk.) 

Der Verf. beabsichtigt, von dem ge- 
samten Krankenhaus- und Anstaltswesen 
Deutschlands ein Bild in großen Zügen 
zu geben und aus der überall sich gel- 
tend machenden Bewegung für die Er- 
richtung von Anstalten zur Unterbringung 
kranker oder siecher Personen die Ent- 
wickelungstendenzen herauszuschälen. Uns 
interessiert an dieser Stelle vorzugsweise, 
was er von den Lungenheilstätten sagt; 
da heißt es: „Die Errichtung von An- 
stalten für Lungenkranke, die sich im 
Anfangsstadium der Erkrankung befinden, 
ist in den letzten Jahrzehnten, besonders 
im Anschluß an das soziale Versicherungs- 
wesen, sehr gefördert worden. Wir ver- 
danken dieser Lungenheilstättenbewegung 


Grotjahn-Berlin: 


| zunächst überhaupt die Idee, die Lungen- 


rung des ganzen Rinderbestandes ist all- . 


jährlich vorzunehmen, um latente Fälle zu 
ermitteln. 

3. Die Bovovakzination der Kälber 
ist bis auf weiteres einzustellen und der 
Ausbau der wissenschaftlichen Forschung 
abzuwarten. Scherer (Bromberg). 


Galli-Valerio, Hyg. Inst. in Lausanne: 
Untersuchungen über das Des- 





| 


| 





tuberkulose mit Hilfe des Anstaltswesens 
zu bekämpfen und sodann eine großzügige 
Mobilmachung privater und öffentlicher 


| Kräfte zugunsten der Anstaltsverbringung 


lungenkranker Individuen der unteren 


| Volksschichten, — aber eine erhebliche 


Verminderung der Tuberkulose 
dieser Heilstätten ist nicht eingetreten 
und ist auch in Zukunft nicht zu er- 
warten. Dieses zurzeit mehr dunkel 
gefühlte als klar bewußte Fehlschlagen 


infolge 





BD.XTI,HEFT 3. 


Seier REFERATE. 265 


hat dazu geführt, auch Anstalten für 
fortgeschrittene und unheilbar Tuberkulöse 
zu bauen. In diesen Heimstátten liegt 
der entwickelungsfähige Keim für die 
Zukunft des Anstaltswesens für Lungen- 
kranke. Außer dieser Errichtung von 
Invalidenheimen zeigt sich als eine zweite 
Tendenz zu einer erfréulichen Weiter- 
bildung des Anstaltswesens für Lungen- 
kranke das Bestreben, die Lungenkranken 
unter ärztlichen Kautelen den ihnen ge- 
bliebenen Rest von Arbeitskraft ausnutzen 


und sie innerhalb der Anstalt arbeiten | 


zu lassen. Die Idee des Invalidenheimes 
muß mit der Arbeitskolonie zusammen- 
treten zur Förderung von Heimstätten 
für Lungenkranke, in der diese sich 
dauernd aufhalten und ihren Kräften an- 
gemessene, ökonomisch wertvolle und den 
Anstaltsbetrieb verbilligende Arbeit leisten. 
Die tunlichst weitgehende Verallgemeine- 
rung solcher Anstalten, die von ükono- 
mischen Gesichtspunkten aus durchaus 
nicht undurchführbar ist, würde einen 
außerordentlich hohen sozialhygienischen 
Wert haben und die rationellste und hu- 
manste Art der Tuberkulosebekämpfung 
überhaupt bedeuten; denn allein die Er- 
gänzung des Heilstättenwesens durch ein 
Heimstättenwesen ermöglicht zugleich die 
Disposition wie die Infektion mit gleicher 
Energie zu bekämpfen. Als Vorbilder 
für die Heimstätten dürfen nicht die 
großen und teuren Anstalten der deutschen 
Landesversicherungsanstalten, sondern die 
billigen norwegischen Pflegeheime dienen, 
da von der Wohlfeilheit des Baues und 
Betriebes dieser Anstalten die größt- 
mögliche Verallgemeinerung abhängig ist 
und außerdem nur in kleinen Heimstätten 
der Charakter des Sterbehauses vermieden, 
sowie den Insassen ein familiäres Zu- 
sammenleben ohne überflüssigen Zwang 
geboten werden kann.“ Ott. 


H. R. M. Landis: The after-care of 
tuberculosis with reference to 
employment. (Med. Record 1908, 
Febr. 1.) 


Besserung oder Heilung Armer ist, 


nur von relativem Werte, wenn nicht 
weiterhin für passende Beschäftigung ge- 
sorgt wird. Sonst sind Rückfälle nicht 
zu vermeiden. Für diese Klasse von 


AA ES 


Patienten sollten Beschäftigungsämter ins 
Leben gerufen werden. Während des 
ersten Jahres nach Verlassen der Heil- 
anstalt sollten sie wenigstens einmal 
monatlich untersucht werden und auch 
später für eine längere Dauer unter ärzt- 
licher Kontrolle bleiben. 
G. Mannheimer (Neuyork). 


Stern-Disseldorf: Zur Organisation 
der Lupusbekämpfung. (Med. 
Klin., Nr. 17, 1908.) 

Verf. begrüßt lebhaft die Inangriff- 
nahme der Organisation der Lupusbe- 
kämpfung durch das Deutsche Zentral- 
komitee zur Bekämpfung der Tuberkulose 
und plädiert für eine Zusammenfassung 
aller verfügbaren Kräfte zur Sammlung 
großer Mittel, insbesondere für einen Zu- 
sammenschluß der kleineren Gemeinden 
zu größeren Verbänden, ein Zusammen- 
wirken der privaten Wohltátigkeit mit den 
Organen der öffentlichen Fürsorge. 

F. Köhler (Holsterhausen). 


Pütter: Die Fürsorge für Tuberku- 
löse (Fürsorgestellen). (Berl. klin. 
Wehschr., 25. Mai 1908, Nr. 21.) 


P. halt den von Aufrecht gemachten 
Vorschlag (Berl. klin. Wchschr., 1908, 
Nr. 17), daß dem Armenarzt die Tuber- 
kulösenfürsorge übertragen werden soll, 
für nicht durchführbar bezw. für unzu- 
reichend. Gerade der Mittelstand be- 
dürfe der Fürsorge. 

Naumann (Reinerz-Meran). 


v. Bonsdorff: Ett sätt att oskadlig- 
göra sputa. (Finska läkaresällsk. 
handi. 1908, Juni.) 

Der Verf. hält die Mehrzahl der 
Methoden, Sputa unschädlich zu machen, 
für nicht sicher genug. Wirklich zuver- 
lässig ist nur die Verbrennung. Im Num- 
mela-Sanatorium wird dieselbe seit 4?/, 
Jahren so geübt, daß man die Innenfláche 
gewöhnlicher, emaillierter Spucknäpfe 
mit undurchlässigem Papier bekleidet und 
dann dieses mit den Sputis verbrennt. 
Auf diese Weise kann die Verwendung 
der teueren brennbaren Spucknäpfe ent- 
behrlich gemacht werden. 

Böttcher (Wiesbaden). 


a a  ts—s—s—s—sSs 


2, @ "be ER. dua ¿má ¿Pb A] 


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266 





REFERATE. 


ZEITSCHR. f. 
TUBERKULOSE 





Prof. R. Kobert-Rostock: Kann, ja soll | die alljährlich erscheinenden Jahresberichte 
man an der Ostseeküste Volks- | der Heilstátten, aus denen hervorgeht, 


lungenheilstätten errichten? — 
(Dtsch. Ârzte-Ztg. 1908, Heft 1 u. 2.) 
K. beschäftigt sich zunächst mit der 
allgemeinen Frage: „Hat es überhaupt 
Sinn, heutzutage noch Lungenheilstätten 
zu bauen?“ Um hierauf eine klare Ant- 
wort geben zu können, widerlegt er sechs 
Einwände, die in der Hauptsache von 
gegnerischer Seite erhoben werden: 
I. Durch die Heilstätten wird der Kas- 
senarzt nicht beiseite geschoben; vielmehr 
arbeiten erstere in vielen Fällen der 
therapeutischen Tätigkeit der letzteren 
— Tuberkulinbehandlung — vor und 
unterstützen seine ärztlichen Maßnahmen. 
2. Der Einwand (Cornet und andere), 
die Tuberkulosesterblichkeit habe sich 
seit Errichtung der Volksheilstätten in 
Deutschland nicht weiter verringert, ist 
angesichts des offiziellen statistischen Tat- 
sachenmateriales unhaltbar; zudem ist in 
anderen Ländern (Frankreich), die noch 
über keine Volksheilstätten verfügen, die 
Tuberkulosemortalität in den letzten Jahren 
auch nicht annähernd so gesunken, wie 
in Deutschland. 3. Genug oder gar zu 
viel Heilstätten besitzen wir in Deutsch- 
land durchaus nicht; denn nach sorg- 
fältigen Berechnungen können wir noch 
nicht einmal den vierten Teil der jährlichen 
Tuberkuloseerkrankungen in den Heil- 
stätten unterbringen. Wenn einige Heil- 


stätten im Winter leer stehen, so liegt | 


das teils an unzweckmäßigen Einrichtungen, 
zum guten Teil aber daran, daß Winter- 
kuren im Laienpublikum, aber auch bei 
vielen Ärzten, die 
Beachtung noch nicht finden. 4. Daß 
manche Heilstätten mit mehr als erfor- 
derlichem Luxus gebaut worden sind, kann 
zugegeben werden, wird aber von an- 
derer Seite (Dr. Freund-Berlin) ent- 
schieden bestritten. Bei Neugründungen 
braucht man ja nicht in diesen Fehler 
zu fallen. 
wie von sozialdemokratischer Seite be- 


hauptet wird, Wohltätigkeitsanstalten, die | 
i.die vorher nicht auf Tuberkulin empfind- 
Die Be- : 
hauptung, daß die Heilstätten nur leichte ` 
Fälle aufnehmen und die schweren zu- | 


den Arbeitern als Almoscn geben, was 
ihr gutes Recht ist. Und 6. 


rückweisen, widerlegen aufdasSchlagendste 


ihnen gebührende | 





| verleibt. 





5. Die Heilstätten sind nicht, : 


daß über zwei Drittel dem II. und III. Sta- 
dium angehören. Und daß auch bei 
diesen Schwerkranken die Heilstättenkur 
von Nutzen ist, das beweist der Umstand, 
daß fast ein Drittel der Bazillenhuster 
ihre Bazillen aus dem Auswurf verlieren. 
Die deutschen Volksheilstätten finden da- 
her immer mehr Anerkennung, auch im 
Auslande. 

Daß sich im besonderen die Ost- 
secküste zum Bau von Lungenheilstätten 
eignet, darf aus ihren klimatologischen 
Eigenschaften geschlossen werden. K. 
erörtert dieselben im einzelnen kurz und 
kommt zu dem Schlusse, daß sie auch 
in den Wintermonaten zur Behandlung 
Lungenkranker günstig sind. Auch die 
diesbezüglichen Erfahrungen in den dä- 
nischen Küstensanatorien und in Cranz 
befriedigen durchaus. K. bezweifelt da- 
her nicht, daß die Heilerfolge in zu er- 
bauenden Lungenheilstätten der Ostsee- 


| küste, falls man nur für windgeschützte 


Lage Sorge trägt, denen im Binnenlande 
zum mindesten nicht nachstehen werden. 
C. Servaes. 


Eber-Leipzig: Die Tuberkuloseschutz- 
und Heilimpfung nach Prof. 
Dr. Heymans, Gent. (Dtsch. tier- 
árztl. Wchschr., 1908, Nr. 23.) 


Heymans sucht eine Immunisierung 
gegen Tuberkulose dadurch herbeizu- 
führen, daß er Schilfsäckchen, welche 
virulente Rindertuberkelbazillen in trocke- 
ner Form enthalten und durch Gelatine- 
kapseln vor der Zertrümmerung geschützt 
werden, vermittelst eines Troikars an den 
Seitenteilen der Brustwand subkutan ein- 
Die geschlossenen Kapseln ha- 
ben eine Länge von 3, eine Dicke von 
3/, cm. Die Impfstellen verhalten sich 


| in der Regel vóllig reaktionslos, Tempe- 
| ratursteigerungen werden nicht beobachtet. 


Die Schilfsäckchen kapseln sich unter der 
Haut allmählich ein. 14—40 Tage nach 
Einverleibung der Schilfsäckchen beginnen 


lichen Tiere auf Tuberkulininjektionen zu 
reagieren. Die Reaktionsfähigkeit bleibt 
4—6 Monate erhalten und verschwindet 
dann wieder. Bei der Schlachtung solcher 


HD.XIT,HEFT 3. 
1908. 





REFERATE. 


267 





reagierenden Tiere konnten niemals tu- | sich endlich noch zeigen, daß in einer, 


berkulöse Herde nachgewiesen werden, 
außer in dem bazillenhaltigen Schilfsäck- 
chen. Hieraus folgert H., daß von dem 
Schilfsäckchen aus eine Imprägnierung 
des gesamten Körpers mit den spezi- 
fischen löslichen Erzeugnissen der Ba- 
zillen stattfinde. Die Impfungen sind 
mindestens einmal im Jahre zu wieder- 
holen. 

Das Verfahren hat sich bei mehr 
als 20000 Impfungen als unschädlich 
erwiesen. H. selbst hält den Impf- 
schutz nur für beschränkt, die Tiere 
widerstehen einer Infektion besser als 
die nicht geimpften. Fine hinreichend 
große Bazillenmenge aber vermag auch 
die geimpften Tiere zu infizieren. Dies 
ist sowohl durch Versuche mit künst- 
licher Infektion, wie mit natürlicher Tu- 
berkuloseansteckung der schutzgeimpften 
Tiere erwiesen. 

3000 auf Tuberkulin reagierende 
Rinder haben die Schutzimpfung sämtlich 
gut überstanden, so daß an der Un- 
schädlichkeit des Verfahrens auch für 
bereits infizierte Tiere wohl nicht ge- 
zweifelt werden kann. Eine direkte Heil- 
wirkung der Impfung auf bereits bestehende 
Tuberkulose wird angenommen, ist aber 
noch nicht strikte bewiesen. In wenigen 
Jahren hofft H. durch seine Methode 
die Rindertuberkulose in Belgien aus- 
gerottet zu haben. 

Eber ist etwas skeptischer veran- 
lagt: Er erkennt zwar den großen Vorzug 
des Heymansschen Verfahrens, welcher 
darin besteht, daB es bei reagierenden 
und bei nicht reagierenden Tieren jeden 
Alters anwendbar ist und jede beliebige 
Wiederholung gestattet, an, findet aber 
in dem bis jetzt vorliegenden Beobach- 
tungsmateriale keine genügende Stütze 
für die Annahme, daß die Tuberkulose 
unter den Rindern Belgiens sobald schon 
radikal getilgt sein würde. Er empfiehlt, 
das Hsche Verfahren mit dem zweifellos 
etwas schneller wirkenden v. Behring- 
schen versuchsweise insoweit zu kom- 
binieren, als die erste Schutzimpfung 
nach v. Behring, die in 6— 12 monatigen 
Zwischenräumen vorzuzehmenden Nach- 
impfungen nach dem Heymansschen 
Verfahren zu machen wären. „Sollte es 


wenn auch nur beschränkten Zahl von 
Fällen frischer Tuberkuloseansteckung, tat- 
sächlich eine Heilung bereits vor- 
handener tuberkulöser Herde durch 
das Heymanssche Verfahren erreicht 
werden kann, so würde auch diese Hilfe 
in dem ebenso schwierigen als mühe- 
vollen Kampfe gegen die Rindertuber- 
kulose mit Freuden zu begrüßen sein. 
Vor allzuhoch gespannten Hoffnungen 
gerade in dieser Beziehung möchte ich 
aber doch warnen. Auf jeden Fall 
verdientdaslleymansscheVerfahren 
auch in Deutschland auf seine Wirk- 
samkeit in der Praxis geprüft zu 


werden.“ Scherer (Bromberg). 
IV. Therapie. 
Allgemeine. 

Priv.-Doz. Dr. Karl Baisch- Tübingen: 


Über die Dauererfolge bei der 
Behandlung der Genital- und 
Peritonealtuberkulose d. Weibes. 
(Arch. f. Gynäkol., Bd. 84.) 


Verf. gibt einen kurzen Bericht über 
die Literatur der Genital- und Peritoneal- 
tuberkulose des Weibes und führt dann 
zum Schluß als Resultat seiner eigenen 
Beobachtung (100 Fälle) an, daß die 
Erfolge der operativen Therapie, in erster 
Linie Laparotomie, bei 36°/, Gesamt- 
mortalitätverhältnismäßig zufriedenstellend 
seien. Damit auch die interne Therapie 
alle ihr zu Gebote stehenden Mittel an- 
wenden könne, müßten ebenso wie die 
Lungentuberkulösen, auch die anderen 
Formen der Tuberkulose große und 
wohleingerichtete Sanatorien zur Verfü- 
gung haben. A. Pinkuss (Berlin). 


Dr. Logothetopulos-München: Über Ge- 
nitaltuberkulose bei doppelseiti- 
gem Dermoidcystom. (Ztschr. f. 
Geburtsh. u. Gynäkol., Bd. 61.) 


Im vorliegenden, von Prof. Amann 
operierten Falle, handelt es sich um eine 
relativ frische tuberkulöse Infektion der 
Dermoidcysten, wobei Verf. annimmt, 
daß von den Genitalorganen zuerst beide 
Tuben und sekundär Uterus und Der- 


208 


moide erkrankt sind. 
kulöse Infektion der Tube als sekundär 
auf hämatogenem Wege von der Lunge 
aus entstanden zu betrachten ist, dafür 
gibt hier die Anamnese einer früher ent- 
standenen Lungenaflektion einen Anhalts- 
punkt. A. Pinkuss (Berlin). 


F. M. Pottenger: Upon what does 
the cure of tuberculosis depend. 
(Med. Record 1908, Jan. 25.) 


Die Heilung der Tuberkulose hängt 
einerseits ab von der Zahl und Virulenz 


Daß die tuber- : 


REFERATE. 


| 


der eingedrungenen Bazillen, andererseits ` 


von der Widerstandsfáhigkeit des Patienten. 
Je größer die letztere, desto mehr Anti- 
toxine werden im Körper erzeugt. Hy- 


gienisch-diätetisches Verhalten des Pat. ` 


mag vielleicht im Beginn leichter Erkran- | 
Vorgeschrit- | 
zur | 


kungen hierzu ausreichen. 
tenerc Fälle bedürfen hingegen 
Produktion genügender Mengen von Anti- 
toxinen einer spezifischen Behandlung. 
G. Mannheimer (Neuyork). 


Emil G. Beck: Fistulous tracts, tu- 
berculous sinuses and abscess 
cavities, a new method of dia- 
gnosis and treatment by Bismuth- 
Paste. (Journ. of the Am. Med. Ass. 
1908, March 4.) 

Durch Einspritzung einer Wismuth- 
Vaselinpaste in Fistelednge gelang es, 
deren Form und Verzweigungen auf dem 
Strahlenbild genau sichtbar zu machen. 

Diese anfánglich zu diagnostischen 
Zwecken benutzte Methode, die sich als 
schmerzfrei und ungefährlich 
wurde zu einer therapeutischen Maßnahme, 
dic in 14 Fällen gute Resultate lieferte. 
Das Wismut wird wahrscheinlich durch 
die X-strahlen radioaktiv und veranlaßt 
die Bildung von Granulationen. Die 
Paste wird resorbiert. Das neugebildete 
Bindegewebe vernarbt und obliteriert die 
Fistel. G. Mannheimer (Neuyork). 


John Lovett Morse: Management and 
treatment of tuberculosis in in- 
fants and children. (New York 
Med. Journ. 1908, Feb. 22.) 


Verf. meint, daß in frühester Kind- 





| Alkoholinjektionen in den N. 
erwies, | 


heit sich kaum etwas von irgend einer : 


Behandlungsart erhoffen läßt. Er teilt 


| 


ZEITSCHR. 1. 
TUBERKULOSE 


die Tuberkulose bei Kindern in 2 Klassen, 
die chirurgische (einschließlich der skro- 
fulósen und lymphatischen Fälle) und die 
viscerale. Für die erstere eignet sich die 
Meeresküste und gemäßigtes Klima. We- 
nigstens ı Jahr ist für eine Heilung cr- 
forderlich. — Kinder von erethischem 
Typus, schwach, zart, neurotisch gedeihen 
besser im Binnenland mit mildem Klima 
und sind vor übertriebenen körperlichen 
Übungen zu bewahren. Die von tor- 
pidem Typus gedeihen besser an der 
Meeresküste; sie vertragen kälteres Klima, 
können abgehärtet werden und brauchen 
mehr Bewegung. Lungentuberkulose ın 
früher Kindheit ist gewöhnlich Teiler- 
scheinung einer mehr oder weniger aus- 
gedehnten Allgemeintuberkulose, und es 
ist weniger von klimatischer Behandlung 
zu erwarten. Die Kranken vertragen 
Kälte und Abhärtung viel schlechter. Die 


ı Diät soll die gleiche sein wie bei Er- 
_ wachsenen (Milch, Eier) ebenso die Me- 


dikation (tonisch, symptomatisch). Verf. 
befürwortet das Unterbringen der Kinder 
in Zelte und Sanatorien, der fortgeschrit- 
tenen Fälle in Spezialhospitälern, und die 
Trennung der Kinder von tuberkulösen 
Eltern. G. Mannheimer (Neuyork). 


Hoffmann-München: Daueranisthesie 
im tuberkulösen Kehlkopf. (Münch. 
med. Wchschr., Nr. 14, 1908.) 


Selbstanästhesierung bei Kehlkopf- 
tuberkulose durch ein Saugröhrchen. Ferner 
behandelte Verf. Kehlkopfphthisiker mit 
larvngeus 
sup., nach dem Vorgange Schlössers 
für den N. trigeminus. 

F. Köhler (Holsterhausen). 


Friedrich-Kiel: Was können wir von 
der Behandlung der Kehlkopf- 
tuberkulose erwarten? (Med. Klin., 
Nr. 16, 1908.) 


In erster Linie ist die allgemeine 
gegen die gleichzeitige Lungentuberkulose 
gerichtete Behandlung von Wichtigkeit. 
Ferner hängt aller Erfolg der Behandlung 
von der Frühdiagnose ab. Die lokale 
endolaryngeale Behandlung der Frühfälle 
zur Zerstörung submuköser Infiltrate ist 
chirurgisch oder kaustisch. Umschriebene 
Infiltrate und Tuberkulome werden mit 


BD.XIILHEFT 8. 
1908. 





der Doppelcurette entfernt oder mittels | 


Galvanokaustik beseitigt. Beider ulzerieren- 
den Form der Larynxtuberkulose sind 
medikamentöse Mittel von ätzenderWirkung 
am Platz. Die Milchsäure hat noch immer 
als souveränes Mittel zu gelten. Gegen 
die schwere Komplikation mit aussedehnten 
Defekten und Granulationstumoren ist die 
Tracheotomie, in zweiter Linie die Laryngo- 
fissur angezeigt. Selbst in scheinbar ver- 
zweifelten Fällen hat die Tracheotomie 
zweifelsohne háufig kurative Wirkung. Zum 
Schlusse widmet Verf. der rein sympto- 
matischen Therapie in Gestalt von Inha- 
lationen, Einstáubungen etc. eingehende 
Bemerkungen und plädiert warm für die 
Auffassung, daß die Tuberkulose des 
Kehlkopfes in Tuberkuloseheime hinein- 
gehöre, und zwar in solche, in denen eine 
sachgemäße laryngologische Behandlung 
die allgemeine Behandlung in wirksamer 
und förderlicher Weise unterstützt. 
F. Köhler (Holsterhausen). 


Hinsberg-Breslau: Über kurative Tra- 
cheotomiebeiLarynxtuberkulose. 
(Med. Klin., Nr. 16, 1908.) 


Im Gegensatz zu Besold und Gide- 
onsen betont Verf., in Übereinstimmung 
mit Moritz Schmidt, die kurative Wir- 
kung der Tracheotomie bei der Larynx- 
tuberkulose. Allerdings verlangt das Aus- 
husten des Sputums nach der Tracheo- 
tomie eine erheblich hóhere Kraftleistung 
wie vorher, und es ist zu úberlegen, ob 
Lunge und Herz diesem Kraftaufwand 
gewachsen sind. | 

F. Köhler (Holsterhausen). 


$ 

Schrader-Loslau: Spezifische Tuber- 
kulosemittel. (Med. Klin., Nr. 17, 
1908.) 

Der Aufsatz enthält eine Übersicht 
úber die Erfolge mit Antituberkulin, Neu- 
tuberkulin, Bazillenemulsion Koch, über 
Versuche mit Serum Marmorek, Für 
das Alttuberkulin betont Verf., daß bei 
der diagnostischen Verwendung des Tuber- 
kulins jeder im Körper befindliche tuber- 
kulöse Herd reagieren könne. Man müsse 
somit auf alle möglichen Zufälle bei der 
Anwendung des Alttuberkulins gefaßt sein. 
Die Indikationen für die Alttuberkulin- 
Anwendung mußten erheblich 


REFERATE. 


einge- 


KE 





schränkt werden, eine Entfieberung ist 
nur selten geglückt. Zu warnen ist vor 
Jeder Tuberkulinanwendung bei vorhande- 
nen Erweichungsherden. Auch Neigung 
zu Blutungen bilden eine Kontraindikation. 
Es bleiben also nach Schraders Er- 
fahrungen die Frühstadien mit wenigen 
Ausnahmen — ohne Fieber — und die 
unkomplizierten Fälle des II. Stadiums 
für Tuberkulinkuren übrig. Die Produktion 
von Schutzstoflen durch den Organismus 
selbst kann begreiflicherweise von einem 
geschwächten Körper nicht mehr geleistet 
werden, 

Die Abhandlung wurde im Verein 
der Ärzte Oberschlesiens am 27. Oktober 
1907 vorgetragen. 

F. Köhler (Holsterhausen). 


Risacher: Du thymolcamphrécomme 
agent de fonte des fongosités tu- 
berculeuses. (Thèses de Paris 1907.) 


Die Arbeit des Verf.’s gibt eine Be- 
schreibung der auf der Abteilung von 
Menard in Berck-sur-Mer angewendeten 
Injektionsmethode tuberkulöser Abszesse. 
Hierzu wird der Thymol-Kampher benutzt, 
den man darstellt, indem man ein Teil 
Thymol mit zwei Teilen Kampher mischt 
und leicht erwärmt; es bildet sich eine dick- 
liche, in Wasser unlösliche, in fetten Ölen, 
Alkohol, Äther und Chloroform leicht lös- - 
liche Flüssigkeit, von 0,957 spez. Gewicht. 
Man spritzt hiervon 2—4 ccm in größere, 
Iccm in kleinere Abszesse ein, indem 
man darauf achtet, keine Vene anzu- 
stechen und die Flüssigkeit nur unter 
leichtem Drucke ausfließen zu lassen. 
Das Mittel bewirkt eine Verflüssigung der 
tuberkulösen Fungositäten, ist stark anti- 
septisch und viel weniger giftig, als das 
zu demselben Zwecke empfohlene Naph- 
tolum camphoratum. E. Toff (Braila). 


Vaquez: Traitement des épanche- 
ments pleuraux récidivants par 
les injections gazeuses. (Acad. de 
méd., 26. V. 1908. Bull. méd. 22, 42.) 


Das Verfahren wirkt in keinem Falle 
spezifisch, sondern nur symptomatisch; 
aber die Wirkung kann je nach der Art 
des Ergusses heilend oder nur bessernd 
sein. Bei den serofibrinósen Pleuritiden 
auf tuberkulóser Basis gibt die Gasein- 


270 





REFERATE. 


ZEITSCHR. f. 
_ TUBERKULOSE 





führung nach vorhergegangener Punktion 
fast sichere Resultate, besonders wenn sie 
gleich beim ersten Rezidiv ausgeführt wird. 
Indes gelang es dem Autor auch, durch 
zwei in einem Abstande von 3 Monaten 
ausgefiihrte Gaseinblasungen eine Pleuritis 
zum Stillstand zu bringen, die zwölfmalige 
Punktion notwendig gemacht hatte. Ein 
weiterer Fall, der in 12 Tagen 4 mal 
hatte punktiert werden miissen, kam zum 
Stillstand nach der ersten Einblasung. 

Ebenso giinstig war die Wirkung bei 
zwei hámorrhagischen Pleuritiden. 

Von den eitrigen Ergüssen sind nur 
die tuberkulösen für das Verfahren geeignet. 
Von drei derartigen Fällen des Verfassers 
hatten zwei einen befriedigenden Erfolg, 
indem dieKranken noch 10 und 18 Monate 
nach der Punktion lebten. Die Flússigkeit 
war zwar nicht ganz verschwunden, aber 
ihre Wiederbildung hintangehalten. 

Die Wirkung der Gaseinblasungen 
ist eine rein mechanische, eine Druck- 
wirkung. Als Medium ist der Stickstoff 
das Gegebene, weil er sich sehr langsam 
resorbiert. Man muB — im allgemeinen — 
etwa ein Volum Stickstoff auf zwei Volu- 
mina durch die Punktion entfernter Flüssig- 
keit injizieren. H. Grau (Düsseldorf). 


Prof. R. Kobert-Rostock: Über den 
jetzigen Stand der Heilstátten- 
frage für Lungenkranke. (Ztschr. 
f. Krankenpfl. 1908, Heft 1 und 3.) 


Auf einer Versammlung der Orts- 
krankenkassen Mecklenburgs äußert sich 
Verf. über den augenblicklichen Stand 
der Tuberkulosebekämpfung. Nach einem 
kurzen historischen Überblick erörtert er 
kurz aber treffend die einzelnen Maß- 
nahmen, die zur Überwindung dieser 
Volksseuche zurzeit in Anwendung sind: 
Ferienkolonien und Heilstätten für Kin- 
der, Volksheilstätten und -heimstätten, 
Privatheilanstalten und Fürsorgestellen. 
Dann geht Verf. zur Beschreibung der 
Einrichtung und Bchandlungsweise über, 
wie sie zurzeit in den Heilstätten üblich 
ist. Da nach Verf.’s Ansicht im Winter 
nur bei mildem Frostwetter Freiluft- 
Liegekur gemacht werden soll, so emp- 
fehlt Verf. für die schlechte Jahreszeit 
die Einrichtung eines „Inhaliersales,“ in 
dem die Kranken täglich zweimal min- 





destens ı Stunde lang plaudernd umher- 
gehen und in welchem durch Düsen 
von der Decke aus Wasser oder irgend 
eine Heilquelle, am besten mit Zusatz 
kleiner Mengen aromatischer Substanzen 
(Latschenkiefernöl, Eucalyptol oder dergl.), 
zerstäubt wird. C. Servaes. 


Prof. E. Holländer-Berlin: Die chirur- 
gische Behandlung der Schleim- 
hauttuberkulose d. oberen Wege, 
besonders der Kehlkopftuberku- 
lose. (Therap. d. Ggw. 1907, Nr. 12.) 


Auf Grund seiner Erfolge mit HeiB- 
luftkauterisation bei Schleimhauttuberku- 
lose des Mundes und der Nase empfiehlt 
H. in solchen Fállen von Kehlkopftuber- 
kulose, wo der Luftrührenschnitt notwen- 
dig wird, sowie auch bei den Fällen, bei 
denen die endolaryngeale Behandlung 
keinen Erfolg mehr bringt, die Laryngo- 
fissur vorzunehmen und die kranken 
Schleimhäute ausgiebig mit Heißluft zu 
kauterisieren. Verf. selbst hatte mit dieser 
Methode in verzweifelten Fällen mehrfach 
Erfolg. C. Servaes. 


Schmidt-Halle: Erfahrungen mit dem 
therapeutischen Pneumo- u. Hy- 
drothorax bei einseitiger Lungen- 
tuberkulose, Bronchiektasien und 
Aspirations-Erkrankungen. (Beitr. 
z. Klinik d. Tub. Bd. 9, Heft 3.) 


Die Kompressionstherapie wird nie- 
mals zu einer Universalmethode oder auch 
nur zu einem Grundpfeiler der Tuber- 
kulosebehandlung werden. Sie bleibt für 
eine beschänkte Anzahl von Fällen reser- 
viert, und in der richtigen Beschränkung 
ihrer Anwendung liegt ihr Wert. Unter 
diesen Bedingungen aber wirkt der künst- 
liche Pneumothorax durchaus segensreich. 


Ott. 


b) Tuberkulin. Sera. 


Prof. A. Moeller-Berlin: Die ambulante 
(diagnostische u. therapeutische) 
Verwendung des Tuberkulins in 
derSprechstunde des praktischen 
Arztes. (Deutsche Ärzteztg. 1907, 
Heft 22.) 


Von je 50 Lungenkranken, die am- 
bulant behandelt worden waren, wurden 
von den ersteren geheilt 36 °/,, gebessert 


BD.XIII,HEFTS. 
_ 1908, 


56°/,, unverändert blieben 8°/,, während 
von den letzteren die entsprechenden 
Zahlen lauten 10%,, 60%,, 12%, 
außerdem verschlechterten sich 12 °/,, es 
starben 6 %/,. Dagegen waren die Erfolge 
bei den ambulant und bei den in ge- 
schlossener Anstalt mit Tuberkulin be- 
handelten nicht voneinander unterschieden. 
C. Servaes. 


Weicker-Görbersdorf: Das Tuberkulin 
in der Hand des praktischen 
Arztes. (Wien. med. Wchschr. 1907, 
Nr. 47— 51.) 

Zunächst erörtert W. kurz die The- 
orie der Tuberkulinwirkung; dann be- 
spricht er die Auswahl der Fälle, die 
Anwendungsweise und die Dosierung. 
W. sieht jede Erhöhung über die Norm 
auch nur von wenigen Zehntel als Fieber 
an und verwertet dies entsprechend bei 
der Dosierung: bei leichter Reaktion wird 
die Dosis wiederholt, sonst zu der nächst 
schwächeren hinuntergegangen. Bei Ab- 
nahme des Körpergewichtes sollen die 
Einspritzungen solange ausgesetzt werden, 
bis das alte Gewicht wieder erreicht ist. 

Eigenartig an der Weickerschen 
Tuberkulinbehandlung ist, daß in einer 
Reihe von Fällen — bei großer Tuber- 
kulinempfindlichkeit — mit der ersten 
kleinsten Dosis auch schon die Maximal- 
dosis erreicht ist. 

Als ein brauchbares Entfieberungs- 
mittel hat sich W. Kochs Bazillenemul- 
sion bewährt. Er beginnt mit !/, 00 mg 
(! Ref.) und steigt nur sehr langsam und 
mit größeren Pausen zwischen den ein- 
zelnen Einspritzungen. Jede Dosis wird 
so oft wiederholt, wie sich noch eine 
therapeutische Einwirkung zeigt: anfäng- 
liche Steigerung, dann langsames Absinken 
der Temperatur. Während der ganzen 
Behandlungszeit bis zum Eintritt völliger 
Entfieberung ist beständige Bettruhe er- 
forderlich. 

Bei der diagnostischen Einspritzung 
dosiert W. in gleicher Weise, wie bei der 
therapeutischen, d. h. er beginnt mit 
0,01 mg Alttuberkulin und steigt ganz 
allmählich bis 5 mg. Temperatursteige- 
rungen von 2—3 Zehntelgraden auf 
kleinste Dosen sind beweisend. 


REFERATE. 


271 


árzten noch einige Winke, wie sie sich 
bei eintretenden Zwischenfillen (Reakti- 
onen) den Kassen gegenúber verhalten 


sollen. C. Servaes. 
M. Wolff-Elberfeld: Tuberkulinbe- 
handlung, insbesondere Perl- 


suchttherapie, nach K. Spengler 
[Davos]. (Wien. med. Wchschr. 1907, 
Nr. 52.) 

W. empfiehlt warm die Spengler- 
sche Behandlung der Lungentuberkulose 
mit den verschiedenen Tuberkulinen, 
insbesondere den Perlsuchtpräparaten, 
unter gleichzeitiger Darreichung von Jod 
(entweder JodeiweiB innerlich oder Jo- 
thion perkutan, jedoch nicht die Jod- 
alkalien). Mit dieser kombinierten Be- 
handlungsweise soll es möglich sein, 
selbst ganz schwere Phthisen zur Heilung 
zu bringen. Komplikationen mit Fieber, 
Blutungen, Kehlkopftuberkulose, Albumi- 
nurie, Neurasthenie und Hysterie sowie 
Pseudoasthma sind keine Gegenanzeige; 
doch ist bei Fieber und Albuminurie 
große Vorsicht geboten: kleinste Dosen 
und lange Pausen; auch muß bei letzterer 
wegen der verlangsamten Jodausscheidung 
täglich der Harn geprüft werden. Die 
Erfolge, die W. mit der Tuberkulin-Jod- 
behandlung erzielte, sind seiner Aussage 
nach erstaunlich. C. Servaes. 


Strelinger: Fünfjährige Erfahrung 
über die Schutzimpfung gegen 
die Tuberkulose der Rinder nach 
v. Behring. Durchgeführt auf den 
Gütern Sr. K. Hoheit des Prinzen Ludwig 
von Bayern zu Särvär in Ungarn. (Berl. 
tierärztl. Wchschr. 1908, Nr. 22.) 


Mit den Schutzimpfungen wurde 
schon im Jahre 1902 begonnen, und 
zwar wurden gewöhnlich nur solche zwei 
bis drei Wochen alte Kälber zur Impfung 
herangezogen, welche bei der Unter- 
suchung durch den Tierarzt gesund be- 
funden wurden. Nach drei Monaten 
wurde die Impfung wiederholt. Sämtliche 
Tiere wurden alljährlich tierärztlich kli- 
nisch untersucht und mit Tuberkulin ge- 
impft Das Ergebnis war, daß nach 5/}, 
Jahren 10°/,, nach 4 Jahren 13,8°/,, nach 


| 3 Jahren 7,2°/,, nach 2 Jahren 9,4°/, 
Zum Schluß gibt W. den Kassen- | 


der bovovakzinierten Tiere reagierten. 


272 ` E 


REFERATE. 


ZEITSCHR. f. 
TUBERKULOSE 





Während vor Einführung der Schutz- 
impfung von künstlich aufgezogenen zwei- 
jährigen Tieren bereits 50°, Reaktion 
zeigten, waren die seit 5*/, Jahren ge- 
impften Tiere trotz der in reichem Mabe 
gegebenen Infektionsgelegenheit mit sehr 
schönem Erfolge imstande, die erlangte 
Widerstandsfähigkeit zu bewahren. Bei 
diesen günstigen Erfolgen muß es als 
überflüssig bezeichnet werden, die neuer- 
dings von verschiedenen Seiten empfohlene 
jährliche Wiederholung der Schutzimpfung 
vorzunehmen. 

Eine Kombination des v. Behring- 
schen Verfahrens mit dem von Bang 
und von Ostertag angegebenen ist zweck- 
mäßig. Dabei dürfte aber die Tuber- 
kulinprüfung der nach v. Behring ge- 
impften erwachsenen Rinder wegfallen 
und nur für ganz spezielle Fälle (welche? 
Ref.) vorbehalten bleiben. Auch ist die 
von Ostertag geforderte, praktisch in 
der Landwirtschaft nur sehr schwer durch- 
führbare künstliche Aufzucht der bovo- 
vakzinierten Kälber nicht erforderlich, da 
sie sich unter den gewöhnlichen Verhält- 
nissen ebenso günstig entwickeln, wie bei 
künstlicher Aufzucht. Sollen jedoch die 
Rinderbestände tuberkulosefrei erhalten 
bleiben, so sind die Stallungen möglichst 
allen hygienischen Anforderungen anzu- 
passen und die Tiere, soweit die land- 
wirtschaftlichen und Witterungsverhältnisse 
gestatten, im Freien zu halten. 

Scherer (Bromberg). 


Dr. L. C. Kersbergen: Over de speci- 
fieke behandeling der Tubercu- 
lose. Über die spezifische Behand- 
lung derTuberkulose. (Geneesk. Bladen, 
vol. 13, no. 8.) | 

Verf. gibt eine kurze historische 
Übersicht über die Tuberkulinfrage und 
widmet den verschiedenen Tuberkulin- 
präparaten eine kurze Besprechung. Ins- 
besondere der Standpunkt Sahlis wird 
eingehend erörtert. Es sei Denys als 
großes Verdienst anzurechnen, daß er 
aufs neue die Aufmerksamkeit auf das 
von Koch verlassene TO gelenkt hat, 
und daß er, die Verdünnungen zum Ge- 
brauch fertig abliefernd, die Handhabung 
des Mittels bedeutend erleichtert hat; 


lichen minimalen Anfangsdosen empfohlen. 
Verf. bespricht eingehend die Technik, die 
Vorsichtsmaßregeln bei der Einspritzung, 
die Dosierung, die Indikationen und die 
diagnostische Tuberkulininjektion. Er 
gibt 65 kurzgefaßte Krankengeschichten, 
aus welchen recht erfreuliche Erfolge der 
Tuberkulinbehandlung ersichtlich sind. 
Vos (Hellendoorn). 


Hohmeier-Altona: Die Behandlung 
chirurgischer Tuberkulose mit 
dem Antituberkuloseserum Mar- 
morek. (Münch. med. Wchschr., Nr. 1 5, 
1908.) 

Irgendwelche Schädigungen destuber- 
kulüsen Organismus durch Einverleibung 
des Marmorekschen Serums wurden 
nicht beobachtet, Verf. hält bei ganz 
leichten Fällen von Knochentuberkulose 
bei daneben durchgeführter antituber- 
kulöser Kur eine Beschleunigung des 
Heilungsprozesses durch das Serum für 
möglich. Eine sichere Wirkung auf ganz 
frische und leichtere tuberkulöse Knochen- 
oder Gelenkerkrankungen besteht dagegen 
nicht. Bei mittelschweren Erkrankungen 
von Knochentuberkulose wurde ein Heil- 
erfolg nicht erzielt, ebensowenig eine 
Besserung bei schweren Fällen. Das Auf- 
flackern alter, längst schlummernder tuber- 
kulöser Herde wurde durch das Serum 
nicht verhütet. Auch in der Folgezeit 
wurde keine Besserung beobachtet. Eine 
Hebung des Allgemeinzustandes konnte 
im allgemeinen kaum dem Serum zuge- 
schrieben werden. 

F. Köhler (Holsterhausen). 


V. Bücherbesprechungen. 


Der Sanitätsbericht über die Kaiserlich 
Deutsche Marine für die Zeit vom 
1. Okt. 1904 bis 30. Sept. 1905. 

Der Krankenzugang ist in ununter- 
brochenem Sinken begriffen: er betrug 
bei einer Kopfstärke von 40432 Mann 
402,4 °/,, (bei der englischen Marine 
754,7 Haal, Die Behandlungsdauer belief 
sich durchschnittlich an Bord auf 23,9 Tage, 


außerdem hat noch Denys die jetzt üb- | an Land auf 18,2. Als dienstunbrauchbar 


BD.XUI,HEFT 8. 
1908, 








oder invalide gingen 47°/,, ab. Gestorben 
sind 2,8°/,,, gegenüber 3,2°/, in der 
österreichischen, 3,9°/,, in der englischen, 
und 6,48°/,, in der amerikanischen Ma- 
rine. Die meisten Todesfalle durch Krank- 
heit (12 von 66) wurden auch in diesem 
Jahre durch Tuberkulose der Atmungs- 
organe verschuldet; dazu kamen 4 Todes- 
fälle durch Tuberkulose anderer Organe 
und 1 Fall durch akute Miliartuberkulose. 
Die Lungentuberkulose führte im ganzen 
57 Mann zu, davon 30 vom Lande, 


REFERATE, 


f 


23 von Bord in der Heimat und nur — 


4 von Bord im Auslande; meist setzte 
die Krankheit plötzlich ein, und gewöhn- 
lich wurden Erkältungen, Durchnässungen 
und außerordentliche Anstrengung im 
Dienst als Grund angegeben; erbliche 
Belastung war nur bei einer geringen 
Anzahl von Kranken mit Sicherheit nach- 
zuweisen. Soweit diese Kranken an Bord 
zugingen, wurden sie dem nächsten Land- 
lazarett überwiesen. Knochentuberkulose 
hatte 1 Mann. Mit Tuberkulose an- 
derer Organe gingen 16 Mann zu, je 
8 vom Lande und von Bord in der 
Heimat. Es waren betroffen: 4 mal Hoden 
und Nebenhoden, 4 mal Halsdrüsen, 3 mal 
das Bauchfell, 2 mal die Nieren, je 1 mal 
Gehirn, Darm und Achseldrüsen. Der 
an Hirntuberkulose Verstorbene ging zu 
mit den Erscheinungen von Hirndruck 
und mit zentralen Lähmungssymptomen; 
die Lumbalpunktion ergab einen Druck 
von 350—380; bei der Leichenöffnung 
fand sich im rechten Sehhügel eine wal- 
nußgroße, graugelbe, tuberkulöse, in der 
Mitte käsig zerfallene Geschwulst, die den 
Aquaed. Sylvii nach links verschoben und 
zusammengedrückt hatte. Außer der chirur- 
gischen Behandlung wurde in einigen 
Fällen das Alttuberkulin angewandt. 
Die Katarrhe der oberen Luft- 
wege und Bronchien zeichneten sich 
auch in diesem Berichtsjahre dadurch 
aus, daß sie bei den Marineteilen am 
Lande doppelt so häufig vorkamen als 
an Bord, und an Bord in der Heimat 4 mal 
so häufig als an Bord im Auslande. Eine 
auffallend große Anzahl dieser Erkran- 


ee 








wesentlichste Begleiterscheinung wurde 
Blutarmut beobachtet. Mit akuter Lungen- 
entzündung gingen 136 Mann zu, wo- 
von 4 Starben, 2 invalide und 129 wieder 
dienstfahig wurden. Auf den Schiffen 
in Ostasien kamen auch diesmal die 
Lungenentzündungen nur in den kältesten 
Wintermonaten und in den heißesten 
Sommermonaten vor; ähnlich war es mit 
den Brustfellentzündungen, womit 
insgesamt 165 Mann zugingen; 141 wur- 
den wieder dienstfähig, 23 dienstunbrauch- 
bar und invalide, 2 starben. Mit dieser 
Krankheit, wie mit Lungenentzündung 
wurde das seemännische Personal ent- 
schieden häufiger betroffen als das Ma- 
schinenpersonal. 

Was die Unterkunft betrifft, so haben 
von den Linienschiffen die Schiffe der 
Kaiserklasse die besten Wohnräume. Am 
ungünstigsten sind die Flußkanonenboote 
in den Tropen gestellt, so betrug z. B. 
auf „Isingtau“ die Durchschnittstempe- 
ratur im September hinterschiffs 33°C. 
Mit Ausnahme einiger älterer Auslands- 
schiffe haben alle Schiffe Dampfheizung 
und elektrische Beleuchtung. Die Ver- 
pflegung hat durch den Einbau von Kühl- 
räumen auf den neueren Schiffen eine 
wesentliche Verbesserung erfahren. Be- 
sondere Aufmerksamkeit wurde den hygie- 
nischen Verhältnissen der Heizergeschenkt; 
die allgemeine Einführung der Schwamm- 
respiratoren zum Gebrauch bei der Kohlen- 
übernahme und in den Bunkern scheiterte 
bisher an der Verständnislosigkeit der 
Leute. In Wilhelmshaven wurde die 
Luftheizung des Lazarettes in eine Warm- 
wasserheizung umgewandelt. Dort und 
in Cuxhaven wurde eine neue Kaserne 
gebaut und belegt. Im Gouvernements- 
lazarett in Tsingtau wurde der Pavillon 
für Frauen und Kinder bezogen. Das 
Mecklenburghaus wurde im ersten Jahre 
seines Bestehens von über 1000 Personen 
aus der Zivilbevölkerung mit gutem Er- 
folg in Anspruch genommen. Die Poli- 
kliniken für Chinesen erfreuen sich eines 
regen Zuspruches. Die Garnionswasch- 
anstalt ist in Betrieb genommen und da- 


kungen erweckte den Verdacht auf Lungen- | mit die dauernde Ansteckungsgefahr seitens 
tuberkulose, insofern als die katarrhalischen | derchinesischen Wäschereien ausgeschaltet. 


Erscheinungen 
Lungenspitzen beobachtet 


XIII. 


wurden; 


Zeitschr. f. Tuberkulose. 


hauptächlich über den | 
als ; russischen Kriegsschiffen wurden im Be- 


Von den im August 1904 desarmierten 


18 


274 REFERATE. 


ZEITSCHR. f. 





richtsjahr 8 Offiziere und 95 Mann im 
Lazarett aufgenommen; ı Mann starb an 
Lungentuberkulose. Im Frühjahr 1905 
kamen dann die russischen Evakuierten 
ins Lazarett, zusammen 12 Offiziere, 
201 Mann, 4 Frauen und 2 Kinder; hier- 
von starben 4 Mann, ı an Tuberkulose. 
Mühlschlegel (Stuttgart). 


Tuberculosis, Vol. VII, No. 4. 


1.Calmette- Lille: L’ophthalmo-dia- 
gnostic de la Tuberculose et son rôle 
dans la defense sociale antituberculeuse 
enthält einen Auszug aus dem Bulletin 
de l'Académie de medecine, betr. die 
Sitzung vom 14. I. 1908, und beleuchtet 
die Art der Anwendung und dic Bedeu- 
tung der Ophthalmoreaktion. 

2. Krause- Hannover: Stand der 
spezifischen Therapie der Lymphdrúsen- 
tuberkulose Ende 1907. 

3. Nathan Raw-Liverpool: The 
Treatment of Tuberculosis by different 
Kinds of Tuberkulin, ausgehend von der 
Anschauung, daß die Lungentuberkulose 
durch den Bazillus der Menschentuber- 
kulose, die chirurgische Tuberkulose da- 
gegen durch den Bazillus der Rinder- 
tuberkulose hervorgerufen wird und daß 
als Heilmittel jeweils das entgegengesetzte 
Bakterienpräparat zu verwenden sei. 

4. Bollag-Liestal: Tuberkulosege- 
setzgebung in der Schweiz. 

F. Kóhler (Holsterhausen). 


Tuberculosis, Vol. VII, Nr. 5, Mai 1008. 

1. Nekrolog auf v. Schrötter. 2. Die 
Kutanreaktion auf Tuberkulose (v. Pir- 
quet) von Petruschky bringt wesent- 
liches Material zur Beurteilung des v. Pir- 
quetschen Verfahrens in günstigem Sinne. 
3. Lentz, L’Inspection gouvernementale 
des Dispensaires antituberculeux en Bel- 


= TUBERKULOSE 


gique: bringt der von der belgischen 
Regierung angestrebten Einrichtung einer 
Inspektion für die belgischen Dispensaires 
Zweifel an der Zweckmäligkeit entgegen. 
4. Auszug aus dem Jahresbericht des 
König Eduard Sanatoriums in Midhurst. 
5. Das Brehmer-Denkmal in Breslau. 
F. Köhler (Holsterhausen). 


Tuberculosis, Vol. VII, Nr. 6. 


I. Newton - Montclair: Personal 
Hygiene in the Prophylaxis and Treat- 


. ment of Consumption. Die farbige Be- 


völkerung Amerikas, insbesondere Neger 
und Indianer, werden von der Tuberkulose 
so schwer heimgesucht, weil sie unter 
einem plötzlichen Wechsel der Lebens- 
weise, unter dem Übergang von dem 
rauhen, aber gesunden Leben in der 
Wildnis oder in der Sklaverei zu einem 
weichlichen Leben in engen Quartieren 
bei reichlicher Bekleidung und veränderter 
Kost zu leiden haben. Es liegt keine 
besondere Empfänglichkeit der Rasse vor. 
Dieselben verweichlichenden Einflüsse lie- 
gen bei den in Amerika geborenen Kindern 
irischer Eltern vor. Die seit Jahrhunderten 
in elendesten Verhältnissen lebenden Juden 
im östlichen Europa zeigen eben wegen 
dieser Gewöhnung wenig Empfänglichkeit. 
Die Hauptursache für die Tuberkulose 
sucht daher Verf. in den Lebensgewohn- 
heiten und in der Umgebung. 

2. v. Pirquet: Die kutane Tuber- 
kulinreaktion. 

3. Hillenberg-Springe: Zur Ser- 
viettenfrage in Lungenheilstätten. Verf. 


befürwortet den Gebrauch von Seiden- 


papier als Serviette. 
4. Bollag-Liestal: Tuberkulosege- 
setzgebung in der Schweiz. 
5. Bezensek: Das Komitee zur 
Bekämpfung der Tuberkulose in Bulgarien. 
F. Köhler (Holsterhausen). 


FERR 


mM O 





Band XIII 


Heft 3. 


ZEITSCHRIFT FÜR TUBERKULOSE. 


Beilage für Heilstätten und Wohlfahrtseinrichtungen. 





INHALT: Heilstättenwesen, Sanatorien und Fürsorgestellen 275. — Verschiedenes 280. — 
Personalia 280. 




















HEILSTÄTTENWESEN, 
SANATORIEN UND FÜRSORGESTELLEN. 


Über die Betätigung der Landes- 
versicherungsanstalt Berlin im Kampfe 
gegen die Tuberkulose schreibt die 
Voss. Ztg.: 


In wenigen Wochen tagt in Washing- 
ton der internationale TuberkulosekongreB, 
Die Landesversicherungsanstalt Berlin 
überreicht ihm eine Denkschrift, in der 
sie Rechenschaft über alle ihre Einrich- 
tungen zur Bekämpfung der Tuberkulose 
ablegt. Die Bestimmung des Invaliden- 
versicherungsgesetzes, die den Landes- 
versicherungsanstalten das Recht gibt, 
Heilverfahren einzuleiten, um drohender 
Invalidität vorzubeugen, hat dazu geführt, 
daß erfreulicherweise viele Anstalten, und 
ganz besonders die von Berlin, weit mehr 
ihre Aufgabe darin sehen, vorbeugend zu 
wirken, als Renten zu zahlen. 

Da unter den Krankheiten, die zur 
Invalidität führen, die Tuberkulose an 
erster Stelle steht, so ergibt sich von 
selbst, daß bei den Vorbeugungsmaßregeln 
auch die Bekämpfung der Tuberkulose 
die erste Stelle einnimmt. Der Krank- 
heit in dem Kreise der Versicherten vor- 
zubeugen, stehen der Landesversicherungs- 
anstalt verhältnismäßig wenig Möglich- 
keiten zur Verfügung, am ausgiebigsten 
sind die Bemühungen, 


Zeit erwerbsfähig zu halten. Hierfür 
sind die Heilstätten in Beelitz ge- 
schaffen worden, die größten ihrer Art 
in der ganzen Welt. 

Sie scheiden sich in die eigentlichen 
Lungenheilstätten und die Sanatorien für 
chronisch Kranke. 


die schon Er- | De 
krankten zu heilen, oder doch für lingere | geben hat. 


Das gesamte Areal | 


ist 140 ha groß; Eisenbahn und Chaussee, 
die sich inmitten desselben rechtwinklig 
kreuzen, teilen es in 4 Teile; nördlich 
der Eisenbahn liegen die Heilstätten, 
südlich die Sanatorien, östlich der Chaus- 
see liegen die Abteilungen für Männer, 
westlich die für Frauen und jede der 
4 Abteilungen ist für sich abgeschlossen. 
Je zwei und zwei bilden in bezug auf 
Verpflegung, Wäschereinigung und ärzt- 
liche Behandlung einheitliche Betriebe. 
Die Wirtschaftsbetriebe sind derart ver- 
teilt, daß Kochküchen, Waschküchen etc., 
in denen weibliches Personal tätig ist, im 
Gebiet der Frauenabteilung, Desinfektion, 
Maschinenkesselhaus ete., mit m'innlichem 
Personal, im Gebiet der Männerabteilungen 
errichtet sind. Die Heizung, Beleuch- 
tung und Wasserversorgung aller Gebäude 
und des gesamten Geländes erfolgt von 
einer Zentralkraftstation. Die Einrich- 
tungen reichen für insgesamt 1800 Betten 
aus. Die Lungenheilstitten sind schon 
auf die ursprünglich geplante Höhe von 
900 Betten gebracht, in den Sanatorien 
sind erst 300 Betten in Benutzung. Es 
wird ausdrücklich in dem Bericht hervor- 
gehoben, daß die ungewöhnliche Größe 
der Heilstiitten bis jetzt nicht zu den 
mindesten Unzuträglichkeiten Anlaß ge- 


Auf dem weiten Gelände zerstreut 


, befinden sich 44 Gebäude. In dem Heil- 
: stättenbezirk stehen 2 Pavillons für lungen- 
| kranke Männer und 2 für Frauen, das 


Wohnhaus des Chefarztes und ein Wohn- 

haus für unverheiratete Ärzte, in dem 

auch noch die Wohnung für einen ver- 
Eh 


_276 


BEILAGE. 


ZEITSCHR. f. 
TUBERKULOSE 








heirateten Verwaltungsinspektor, der Speise- 
saal für das gesamte männliche Personal 
und Betriebsräume untergebracht sind. 
Es folgen 2 Pförtnerhäuser, cin großes 
Werkstättengebäude, die Desinfektions- 
anstalt, das Kochküchengebäude und dazu 
ein besonderes Kellerhaus und schließlich 
das Waschküchengebäude. 352 laufende 
Meter Hallen dienen in 7 Gruppen den 
Männern zur Liegekur, 254 min 10 Gruppen 
den Frauen. Wandelhallen verbinden die 
einzelnen Pavillons miteinander. In den 
Sanatorien finden wir je einen Pavillon 
für Mánner und für Frauen, die grobe 
Zentralbadeanstalt, die jede Art von Hy- 
drotherapie, Dampf- und elektrische, 
Moor-, Sand- und Schwefelbäder ermög- 
licht und allein fast */, Million Mark ge- 
kostet hat. Neben den übrigen ent- 
sprechenden Gebäuden wie in den Heil- 
stätten finden wir eine Kegelhalle und 
5 Pumpenhäuser, die in Entfernungen 
von je 100 m voneinander aus 40 m 
tiefen Brunnen das Anstaltswasser liefern. 
Ein besonderes Wasserrückkühlwerk führt 
der Dampfmaschine das verbrauchte 
Wasser wieder zu. Es folgen Bäckerei- 
gebäude und Speichereigebäude, das rie- 
sige Kessel- und Maschinenhaus, ein 
Wohnhaus für verheiratete Bureaubeamte 
und eins für verheiratetcs Betriebsper- 
sonal, Gärtncreigebäude, Stall und Remise 
für 5 Pferde und Wagen, die Kirche 
mit 200 Sitzplätzen und schließlich das 
Posthaus, das für den Postdienst in den 
Anstalten die Reichspost gemietet hat. 

Den ärztlichen Dienst versehen zwei 
_ Chefärzte, 3 ärztliche Abteilungsdirigenten, 
2 Oberärzte und 11 Assistenzärzte. Ihnen 
stehen 2 Oberinnen, 5 Oberschwestern, 
14 Schwestern, 22 Wärter und 14 Wär- 
terinnen zur Seite. An Personal für Ver- 
waltung, Aufsicht, Koch- und Wasch- 
küchen, Schlächterei und Bäckerei, Ma- 
schinenbedienung, Gärtnerei, Wirtschafts- 
betrieb der Stationen und Handwerkern 
sind über 350 vorhanden. Für alle sind 
Anstellungs-, Urlaubsverhältnisse etc. ge- 
nau geregelt. 

Einige Zahlen geben ein ungeführes 


Bild von dem Umfang des Betriebes. In 


den Waschküchen werden jährlich rund 
1300000 Wäschestücke gereinigt, für die 
im Durchschnitt nur das Reinigungs- 





material */, Pfennig kostet. Zum Stopfen 
der Strümpfe sind besondere Maschinen 
aufgestellt, auf denen jährlich etwa 30000 
Paar Strümpfe ausgebessert werden. Die 
Kosten für jedes Paar betragen ungefähr 
3/, Pfennig. In eigener Eismaschine wurden 
im vergangenen Jahre ungefähr 160000 kg 
Eis erzeugt. Selterwasser, das früher die 
Flasche mit 5 Pfennig bezahlt wurde, 
wird seit einigen Jahren für 0,7 Pfennig 
in der Anstalt selbst hergestellt, wodurch 
bei einem Jahresverbrauch von 130000 
Flaschen 5590 Mark erspart werden. In 
der eigenen Bäckerei sind ein Werk- 
meister und 2 Gesellen tätig, diese haben 
täglich zu backen etwa 110 Brote zu 
3 kg, 1700 Milchbrötchen zu 50 g, 800 
Wassersemmeln zu 100 g, 140 Knüppel 
zu 30 g, außerdem Spezialgebäcke, wie 
Zwieback, Schrotbrote etc. Täglich wer- 
den über 500 kg Mehl verbacken. Die 
eigene Bäckerei gewährt auch den Vorzug, 
daß die Kranken früh und nachmittags 
frische Backwaren bekommen können. 
Seit Mai d. J. ist auch eine eigene Schläch- 
terei im Betrieb, in der ein Werkmeister, 
2 Gesellen und ein Hausdiener tätig sind. 
Einmal wöchentlich kaufen der Ober- 
inspektor und der Werkmeister auf dem 
städtischen Zentralviehhof in Berlin le- 
bendes Vieh ein; die Schlachtung erfolgt 
auf dem Schlachthof. Die Angestellten 
mit eigenem Haushalt können durch Ver- 
mittelung der Anstalt Lebensmittel zum 
eigenen Gebrauch beziehen. 

In allen Gebäuden sind Feuerlösch- 
einrichtungen vorhanden. Aus dem männ- 
lichen Personal ist eine 100 Mann starke 
Heilstättenfeuerwehr unter der Leitung 
und Führung des Hausaufsehers gebildet. 
Sie verfügt über zwei mechanische Leitern, 
2 Spritzen, 2 Wasserwagen und 400 m 
Schlauch. Außerdem ist mit der Beelitzer 
freiwilligen Feuerwehr ein Abkommen 
getroflen, daß sie im Bedarfsfalle schnell- 
stens erscheinen muß. Für die stete 
Hilfsbereitschaft erhält sie jährlich 400 
Mark. 

In welchem Umfange nun diese 
großen Einrichtungen den Kranken nutz- 
bar gemacht werden, lehren folgende 
Angaben. 

Im Jahre 1807 wurde das Heilver- 
fahren durchgeführt für 375 Männer und 


` BD.XIILHEFT8. 
1908. 





BEILAGE. 277 


65 Frauen bei einem Kostenaufwand ' den, meist weil die Krankheit zu weit 


von rund 150000 Mark; von Jahr zu 
Jahr stiegen Umfang und Kosten des 
Heilverfahrens, bis sie im Jahre 1907 
die Hóhe von úber 2250000 Mark er- 
reichten fúr 5192 mánnliche und 2393 
weibliche Versicherte, d. h. also für rund 
7500 Versicherte. Nach den Ergebnissen 
der Berufs- und Gewerbezählung von 
1895 wurde die Zahl der gegen Inva- 
lidität Versicherten innerhalb des Stadt- 
kreises Berlin auf rund 450000 Personen 
berechnet. Inzwischen ist die Bevólke- 
rung Berlins von 1680000 im Jahre 1895 
auf rund 2100000 Einwohner oder um 
12,5 v. H. gewachsen. Unter Zugrunde- 
legung desselben Steigerungssatzes für die 
Zunahme der versicherungspflichtigen 
Berliner Arbeiterbevölkerung dürfte die 
Landesversicherungsanstalt Berlin mit rund 
500000 Versicherten zu rechnen haben. 
Bei einem Umfang des Heilverfahrens 
für 7500 Versicherte würden demnach 
fast 1*/, v. H. der versicherungspflichtigen 
Bevölkerung Berlins den Segen eines 
Heilverfahrens jährlich genießen können. 
Diese Maßnahmen für die Erhaltung der 
Erwerbsfähigkeit bedingen auch die Auf- 
wendung großer Mittel. Im Jahre 1907 
belaufen sich die Kosten für Durchführung 
des Heilverfahrens auf über 2250000 
und sie dürften in Zukunft bis auf 3 000000 
anwachsen bei einer jährlichen Einnahme 
aus Beiträgen der Versicherten von rund 
10000000 Mark. Davon wird bei den 
Männern fast die Hälfte, bei den Frauen 
über die Hälfte zur Bekämpfung der 
Lungenschwindsucht aufgewendet. 
Während im Jahre 1897 auf je 100 
Behandlungsfälle bei 30 Männern und 
27 Frauen erfolglose Kuren entfielen, 
sanken diese Zahlen von Jahr zu Jahr 
bis auf 11 und 6 im Jahre 1907. Von 
79 mit Erfolg behandelten Männer aus 
dem Jahre 1897 sind Io Jahre später 
noch 36, also fast die Hälfte, erwerbs- 
fähig geblieben. Ein beträchtlicher Teil 
hat denn auch noch weiter Quittungs- 
marken kleben können und dadurch von 
den für ihn verwendeten Kosten wieder 
abgetragen. 
Trotzdem soviele Kranke einem Heil- 
verfahren unterworfen werden, müssen 
fast ebenso viele Anträge abgelehnt wer- 


vorgeschritten ist. Für solche Kranke 
hört aber nicht durchweg die Fürsorge 
der Landesversicherungsanstalt auf. Ein 
großer Teil von ihnen findet in den 
Walderholungsstätten Aufnahme, de- 
nen die Landesversicherungsanstalt sehr 
erhebliche Zuschüsse zahlt, einem anderen 
kommen die Auskunfts- und Für- 
sorgestellen für Tuberkulöse zugute, 
die zu einem großen Teil von der Lan- 
desversicherungsanstalt erhalten werden. 

Walderholungsstätten und Fürsorge- 
stellen zählen auch zu den vorbeugenden 
Einrichtungen. Der Vorbeugung dient 
weiter die Zahnpflege, die von der 
Landesversicherungsanstalt gewährt wird. 
Diese hat jetzt ein eigenes zahnärztliches 
Institut errichtet, in dem in großem Um- 
fange Zähne plombiert und jährlich etwa 
2000 Gebisse für die Versicherten ange- 
fertigt werden. 

Neben all diesen Einrichtungen war 
in der Nähe von Berlin noch eine be- 
sondere versuchsweise geschaffen, in der 
Versicherte Aufnahme fanden, die auf 
Grund der Tuberkulose bereits invalidi- 
siert worden waren. Dieses Invaliden- 
haus ist aber wieder aufgelöst worden, 
weil ein dringendes Bedürfnis nicht vor- 
liegt. Der großstädtische Arbeiter liebt 
zu sehr seine Freiheit und Selbständigkeit 
und ist nicht geneigt, sich für seine ihm 
noch bleibende Lebenszeit in eine An- 
stalt zu begeben, in der seine Freiheit 
nicht unerheblich beschränkt wird. Auch 
stellen sich die Kosten für den einzelnen 
Pflegling so unverhältnismäßig hoch, daß 
sich die Aufwendung so großer Summen 
für eine geringe Anzahl von Renten- 
empfängern nicht rechtfertigen läßt. 

Dagegen ist in Aussicht genommen, 
an Stelle dieses Invalidenhauses zwei neue 
Einrichtungen zu schaffen, die in dem 
Kampf gegen die Tuberkulose von großer 
Wichtigkeit sind, eine Beobachtungs- 
station und eine Station für spezi- 
elleTuberkulinbehandlung.Die Beob- 
achtungsstation soll einer möglichst sorg- 
fältigen Auslese für die in die Lungen- 
heilstätteaufzunehmendenPersonen dienen. 
Die Station für Tuberkulinbehandlung soll 
Versicherten, die in Lungenheilstátten mit 
Erfolg behandelt worden sind, nachtrig- 


278 BEILAGE. ZEITSCHR. f. 


lich einer ambulanten Tuberkulinbehand- 
lung zu teil werden lassen. 





u 


Hesse-Berlin: Arzt und Fürsorge- | = 
stelle fir Lungenkranke. (Zeitschr. 
f. Krankenpfl. 1908, Maiheft.) 
(Genaue Darstellung des Betriebes 
in den Berliner Fürsorgestellen. 
C. Servaes. 





Jahresberichte. 


Jahresbericht der M.-GladbacherEin- 
richtungen zur Bekämpfung der 
Tuberkulose. (1. April 1907 bis 
I. April 1908.) 

A. Heilstätte (für Frauen). 


Zahl der Krankenverpflegungstage: 37 451 
Bestand 1. April 1907 . . 81 Personen 
Aufgenommen....... 533 e 
Bestand 1. April 1908 . . 93 ji 
Es wurden also entlassen 521 Personen. 


Von diesen wurden vorzeitig, d. h. 
mit ciner Kurdauer von weniger als 
30 Tagen entlassen: 


Wegen vorgeschrittener Tuberkulose 24 
Als nicht tuberkulós ......... 5 
Aus-anderen Gründen (Heimweh etc.) 21 


Zusammen 50 


Es kommen also für unsere Statistik 
471 Kranke in Betracht. Davon litten an 
offener Tuberkulose 77 = 16,33 ln 

Über den Kurerfolg gibt folgende 
Tabelle Aufschluß; in der A volle, B teil- 
weise Erwerbsfähigkeit, C Erwerbsunfähig- 
keit bedeutet. 

A | B | C 
LUS Se a i 
2% 12] % 

| 








Stadium Jl 


A 
| 





uN 
É| o 
ar 


I 1296) ee ssl 24 8,10 9| 3,04 


| 
II 114 | 71) 62,28 40 35,08) 3| 2,63 
62,29; 15 | 24,59 


It | 61| 8 113,11) 38 
Tr qe 72,61|102' 21,65 27 | 5:73 
ern 


Erwerbslihig 444 = 94,27 fo 





u Kaiserl, Gesundheitsamt. 


I + 11 + IL | 10 


1UBERKULOSE 


Unter 16 Jahren waren von diesen: 














` Stadium Séi | Zus. | A | B | C 
T, 
II 2 | 2 
III | 3 | I j I 
KERZE 


1) Kaiserl, Gesundheitsamt, 


B. Walderholungsstätte der Stadt 

M.-Gladbach. 

Jahrgang 1907. 
Betriebszeit: 2. April bis 24. Okt. 1907. 
Frequenz: Männer . . 188 

Frauen . . 213 
Kinder . . 55 
Summa 456 mit 
7268 Verpflegungstagen. 
Durchschnittliche Aufenthaltsdauer 


15,9 Tage. 

Zugänge: April . . 48 
Mai. . . 56 
Juni . . 73 


Juli. . . 103 
August. . 119 
September 52 
Oktober . 5 
Das Krankenmaterial bestand aus 
Tuberkulose (offene ausgeschlossen), Chlo- 
rose, Anämie, Rekonvaleszenz nach akuten 
Krankheiten etc. 


C. Waldschule der Stadt M.-Glad- 
bach. 
Jahrgang 1907. 
Betriebszeit: 15. April bis 18. Okt. 1907. 
Frequenz: 253 Kinder (111 Knaben, 
142 Mädchen), 8 Lehrpersonen mit zu- 
sammen 13800 Verpflegungstagen. 
Kostenträger waren: 
die Eltern 5216 Verpfl.-Tg. 
Ein Wohltätigkeitsverein 2190 3 
Arm, - Verw. M. - Gladb. 6014 


Es litten an: 


Anämie . . . . . . . 78 Kinder 

Skrophulose . . . o. e. G2 

Tb. und Tb. -Verdacht = O 4, 

Herzfehler — à 4 we a AI 
etc. 

Eine Soolbadeeinrichtung wurde im 


Laufe des Sommers in Betrieb genommen. 


BD.XTILHEFT 9. 
1908. 


Fúr das náchste Jahr ist eine bedeutende 
Zunahme der Besuchszifier und eine Er- 
weiterung der baulichen Einrichtungen 
zu erwarten. 


Jahresbericht des Vereins zur Er- 
richtung und Unterhaltung von 
Volksheilstátten fúr Brustkranke 
in den Niederlanden. 1907. 


Dem verstorbenen Vorsitzenden des 
Vereins, Dr. Homoet, werden vom 
ersten Sekretär Dr. de Josselin de 
Jong einige Worte von dankbarem An- 
denken gewidmet. Sodann folgt der 
Geschäftsbericht. 

Der Verein besteht jetzt 10 Jahre, 
und seine Stiftung, die Volksheilstätte für 
Lungenkranke zu Hellendoorn (dirig. Arzt 
Dr. Vos) ist jetzt ungefähr 6 Jahre in 
Betrieb. Dem ärztlichen Bericht ist fol- 
gendes entnommen: Die Zahl der Pilege- 
tage ist noch immer im Ansteigen be- 
griffen, erreichte in 1907: 26835, d.h. 
73 pro Tag, wobei die Anstalt immer 
voll besetzt ist. Der Pflegetag hat ge- 
kostet 2,036 Gulden (etwa 3,40 Mk.). 
8 Betten werden auf Kosten des Vereins 
umsonst belegt. Männer und Frauen 
wurden in ungefähr gleicher Zahl aufge- 
nommen, und zwar 104 Männer und 
108 Frauen; entlassen wurden 107 M. 
und 102 F.; in der Anstalt starben 2 M. 
und 2 F. Der Aufenthalt der Kranken 
hat im Durchschnitt 121 Tage gedauert. 
Nur bei 35°/, war erbliche Belastung 
nachzuweisen; bei 45 °/, war die An- 
steckung anscheinend in der Familie er- 
folgt, bei 8°/, in der Werkstätte. Die 
Hälfte der Patienten war bei der Auf- 
nahme schon mehr als 2 Jahre krank. 
Aufgenommen wurden 212, entlassen 213 
Patienten. Bei der Aufnahme fanden 
sich 33%, im I, 23 °/, im IL, 44 °/, im 
III. Stadium. Bei 13°/, der Kranken 
hat sich der Lungenbefund während der 
Kur soviel gebessert, daß sie aus dem III. 
in das II. oder aus dem Il. in das 
I. Stadium übergeführt werden konnten. 
Über die Resultate der Behandlung bei 
194 Kranken wird folgendes berichtet: 

In Stadium I aufgenommen 74; po- 
sitiver Erfolg der Behandlung bei 67 


(90 Tal 


BEILAGE. 


279 


In Stadium II aufgenommen 59; 
positiver Erfolg der Behandlung bei 55 
(93 °/o); 

In Stadium III aufgenommen 61; 
positiver Erfolg der Behandlung bei 45 
(73 "/o)- 

Die Erwerbsfähigkeit besserte sich 
im I. Stadium bei 85 °/,, im II. bei 73“/,, 
im III. bei 66%, der Patienten. 

Tuberkelbazillen verschwanden aus 
dem Auswurf: in Stadium I bei 40 °/,, 
11: 20% E, arts 

Das Körpergewicht der Kranken hat 
im Durchschnitt um 6,8 kg zugenommen. 

Die Behandlung war die übliche 
hygienisch-diätetische. Die Erfolge der 
Arbeitskur blieben erfreuliche. Bei der 
systematischen Durchführung der Tuber- 
kulinbehandlung hat es sich herausgestellt, 
daß trotz durchschnittlich etwas kürzerer 
Kurdauer, und obwohl die Kranken im 
allgemeinen in weniger günstigem Zu- 
stande in die Heilstätte aufgenommen 
wurden als im vorigen Berichtsjahre, der 
Lungenbefund sich in mehr Fällen bes- 
serte, der Kurerfolg ein besserer war, die 
Erwerbsfähigkeit bei mehreren Patienten 
wiederhergestellt wurde, und mehr als 
früher die Tuberkelbazillen aus dem Aus- 
wurf verschwanden. All dieses kann nur 
dem Tuberkulin zugeschrieben werden. 
In einigen Fällen wurde das Marmorek- 
serum verwendet. Vos (Hellendoorn.) 


Jahresbericht der Lungenheilstätte 
Oranje-Nassau’s Oord (Holland) 
1907: Dirig. Arzt Dr. Schuld. 


Geklagt wird über den Umstand, 
daß noch immer der Unterschied zwischen 
Heilstätte und Krankenhaus vielen nicht 
deutlich zu sein scheint. Zu weit vorge- 
schrittene Fälle melden sich zur Auf- 
nalıme an, und für Sanatoriumbehandlung 
geeignete Kranke suchen die zahlreichen 
Sommerpensionen auf; die mangelhafte 
Desinfektion derselben schließt eine nicht 
zu unterschätzende Gefahr in sich. Es 
sollen die staatlichen Behörden dieser An- 
gelegenheit ihre Aufmerksamkeit widmen. 

Im Berichtsjahre sind behandelt 
worden 268 Patienten mit 24 272 Pflege- 
tagen. Aufgenommen wurden 85 Männer 
und 96 Frauen; entlassen sind 88 M. 
und 97 F., deren Aufenthalt im Durch- 


280 


— wut = LS = - Fe Së EE 








schnitt 157 Tage gedauert hat. Es sind 
4 Männer in der Anstalt gestorben. Im 
allgemeinen bleiben die Kranken zu kurz 
in Behandlung. Es fand sich rechts- 
seitige Erkrankung in 50, beiderseitige in 
28, doppelseitige in 95 Fällen; bei 7 
Patienten war der Lungenbefund negativ. 
Die Erfolge der Behandlung sind: Viel 
gebessert 48 °/,, etwas 28%/,, nicht ge- 
bessert 19 °/,, verschlimmert 3°/,. Für 
die einzeinen Stadien werden diese Zahlen 
folgenderweise berechnet: Stadium I 64, 
20, 13 und 2°/,; Stadium II 32, 38, 
25 und 0°/,; Stadium III 25, 32, 25 u. 
11 °/,. Das Körpergewicht der Kranken 
hat im Durchschnitt um 6,2 kg zuge- 
nommen. Von den 104 Patienten mit 
positivem Bazillenbefunde haben 18 die 
Bazillen aus dem Auswurf verloren. 

Die Behandlung war die übliche 
hygienisch-diätetische.  Marmorekserum 
und Tuberkulin (Beraneck) sind in meh- 
reren Fällen verwendet worden. Über 
das Marmorekserum wird ein Urteil nicht 
abgegeben; das Tuberkulin wird in ge- 
cigneten Fällen weiter benutzt. Es wurde 
im Berichtsjahre die Arbeitskur in die 
Anstalt eingeführt. 

Vos (Hellendoorn). 


VIT. Jahresbericht der Lungenheil- 
stätte zu Putten (Holland). 


In der Abteilung für Bemittelte 


BEILAGE, 


ZEITSCHR. f. 
TUBERKULOSE 


(Drs. Haentjens u. Middelburg) sind 
behandelt worden 74 Kranke, durch- 
schnittlich während 3—4 Monaten. Ei- 
nige Patienten sind zu früh abgereist, 
von den 69 übrigen gehören 35 zum I., 
29 zum Il, 5 zum III. Stad. Turbans. 
Die Kranken kommen immer früher in 
Behandlung. Die 35 des I. Stadiums 
sind alle in klinischem Sinne geheilt ent- 
lassen, von den 29 des II. Stadiums 23. 
Daß in den letzten Jahren Lungen- 
blutungen selten sind, wird dem Umstand 
zugeschrieben, daß gegen die Obstipation 
der Patienten vielfach Magnes. sulfur. 
verwendet wird; dasselbe Mittel wirkt 
tadellos als Hämostatikum. Vor Narko- 
ticis wird gewarnt: posthämoptoische 
Temperatursteigerung soll ausbleiben, 
wenn man nur kein Morphium oder 
Kodein anwendet. Die Freiluftliegekur 
war während des ganzen Jahres möglich. 

In der Abteilung für Unbemittelte 
(Drs. Haentjens, Middelburg und 
v. d. Horst) sind im Berichtsjahre 89 
Patienten behandelt worden, davon 40 
im I, 36 im II. und 13 im III. Stadium. 
Die meisten Kranken waren bald ambu- 
lant. Erwerbsfähig entlassen 52, teilweise 
erwerbsfähig 18. Gewichtszunahme im 
Durchschnitt 8,1 kg. Der Aufenthalt 
einiger Patienten konnte kostenfrei um 
einige Monate verlängert werden. 

Vos (Hellendoorn). 


VERSCHIEDENES. 


Für den Internationalen Tuberku- 
losekongreß in Washington ist soeben 
das Programm eingetroffen. Es sind zwei 
'Plenarsitzungen vorgesehen: Montag, den 
28. September u. Sonnabend, den 3. Ok- 
tober. Präsident Roosevelt beabsichtigt 
den Kongreß zu eröffnen und den Vor- 
sitz in der ersten Plenarsitzung zu führen. 





Jede der sieben Sektionen hält täglich 
mit Ausnahme der Plenarsitzungstage 
zwei Sitzungen ab. In Verbindung mit 
dem Kongreß werden in Washington und 
anderen Städten von namhaften Persön- 
lichkeiten eine Reihe von Vorträgen ge- 
halten werden. 


Personalia. 
Unser Mitarbeiter Herr Dr. Schellenberg, bisher Oberarzt in Beelitz, ist 
zum Chefarzt der Heilstätte „Ruppertshain i. T.“ ernannt worden. 


Druck von Metzger & Wittig in Leipzi~. 


Band XIII.. Heft 4. 


ZEITSCHRIFT FUR TUBERKULOSE. 


HERAUSGEGEBEN VON 
B. FRANKEL, F. KRAUS, E. von LEYDEN, W. von LEUBE. 
Redaktion: A. KUTTNER. 


a eee e uMlMŘÁĖĂÁ = = eee 








L ORIGINAL-ARBEITEN 


XIX. 


How to adapt sanatorium methods to treatment of consumptives 
at their homes.) 
By | 
S. Adolphus Knopf, M.D, New York, 


Professor of Phthisio-therapy at the New York Post-Graduate Medical School and Hospital; Asso- 
ciate Director of the Clinics for Pulmonary Diseases of the Health Department; Visiting Physician 
to the Riverside Sanatorium for Consumptives of the City of New York, etc. 


Mr. President, Ladies and Gentlemen:— 





nn. RT 


: his is my first appearance as Professor of the New York Post-Graduate 
# Medical School and Hospital before the Clinical Society and the Ma- 
SZ triculates of this institution. I cannot let the opportunity pass with- 
out expressing to the Board of Directors and the entire Faculty my deep and 
grateful appreciation for the great honor they have bestowed upon me by 
calling me to fill the important Chair created for the teaching of modern 
Phthisio-therapy. 

I feel keenly the great responsibility which rests upon my shoulders. I 
am called to teach men who will often be not only my seniors, but very 
often my superiors in experience as practitioners. However, I trust that, as I 
go along in the new field of activity as a teacher, by coming in contact with 
such men, although they may claim to be nothing else but general practi- 
tioners, I may often learn from them what I may in turn impart to others. 
To my mind a teacher who cannot learn from his students has not fully 
grasped the meaning of his calling. 

It is my ambition, with the help of our distinguished President and the 
other members of the Faculty, to make of this new Chair of Phthisio-therapy 
a center of instruction worthy of this great school, worthy of this great city 
and worthy of a great cause to which the chair is consecrated. 

The teaching of the phthisio-therapy of to-day means more than simply 
instructing the students in therapeutics of tuberculosis, and when such a 


1) Inaugural address delivered by Prof. Knopf at the opening of the course on phthisio- 
therapy before the Clinical Society and the Matriculates of the New York Post-Graduate Medical 
School and Hospital, June 19, 1908. 


Zeitschr. f. Tuberkulose. XIII. 19 


NER ZEITSCHR. f. 
282 on OE re, ____ TUBERKULOSE 








chair is intended for post-graduate instruction, its importance is many times 
greater than when intended for under-graduates. May I therefore say to you, 
gentlemen, who are matriculates of our school, if 1 shall have your ear, your 
attention and your cooperation, I hope to discuss with you in my weekly 
clinics first of all, the early diagnosis of tuberculosis. It seems to me that it 
is here that all of us have to learn the most. Next, we shall discuss the etio- 
logy as far as it is due to the presence of the specific organism. After that, 
we will study the predisposing factors, hereditary and acquired, physical 
or social. 

It must be our duty to pay a good deal of attention to the social 
aspect of tuberculosis, for without it we cannot possibly hope to solve the 
problem. We will study the development of tuberculosis in infant and child- 
life and study the unsanitary conditions which may be productive of the spread 
of tuberculosis in the home, in the school and in the factory. We will study 
the duties of the state and the municipality in the control of tuberculosis. 
We will carefully discuss the various methods of treatment, such as sanatorium, 
dispensary and treatment at home. We hope to have in time a museum or 
tuberculosis exhibit to help us to practically demonstrate the prophylactic and 
therapeutic means in vogue in institutions and at home, and as my inaugural 
address I will attempt to-day to show you in as brief and in as practical a 
way as possible, how to adapt sanatorium methods to the treatment of con- 
sumptives at their homes. 

You will notice that I am using the word sanatorium, and I do it ad- 
visedly. I prefer this word to the word sanitarium for the following reasons: 
Brehmer, the founder of the first institution of that kind, called it “Heil- 
anstalt”, which means a healing institution; and the word “Sanatorium” from 
the Latin sanare, to heal, gives certainly a better equivalent to the German 
word than the word “sanitarium”. This latter word is derived from the Latin 
sanitas, health, and is usually employed in this country to designate a place 
considered as especially healthy, a favorite resort for convalescent patients, or 
an institution for the treatment of mental or nervous diseases, 


I embrace this opportunity to call your attention to the fact that the 
word tubercular is equally inappropriate and will not be used in any of 
our lectures and discussions relative to tuberculosis. 1 think the word tuber- 
cular almost as inaccurate as the word sanitarium when dealing with the sub- 
ject of tuberculosis. Tubercular really means an eminence or an elevation, 
like a pin head, and may be applied to any disease where the pathological 
changes are productive of little nodules tubercular in their form. The word 
tubercular is applied to indicate such a pathological appearance, and as you 
all know there are tubercular leprosy, a tubercular type of syphilis, and various 
other cutaneous diseases which are sometimes described as tubercular, indi- 
cating the nodular form. 

But when we speak of tuberculosis, the disease due to the specific or- 
ganism discovered by Robert Koch and known as the tubercle bacillus, when 
using the adjective we should always employ the word tuberculous. 


e HOW TO ADAPT SANATORIUM METHODS ETC. 283 


To return then to our subject of the sanatorium treatment at home 
for the tuberculous patient. Because experience has demonstrated that for the 
average tuberculous patient the best and most successful treatment of the 
disease is the sanatorium treatment, we shall, when dealing with a patient who 
for one reason or another is not to be sent to such an institution, try to 
adapt the sanatorium methods to his home. 

What is the first and most essential thing in this method of treatment? 
It is individualizing; that is to say, treating the patient and not the disease. 
The successful phthisio-therapeutist must not only have the implicit confidence 
of his patient but he must also know the patient’s character, peculiarities, idio- 
syncrasies, and daily habits. You should impress your patient with the im- 
portance of telling all his troubles to you, and to nobody else, and after 
having told you everything not to dwell any longer on his disease. If other 
patients or well meaning friends try to give him advice or tell him of their 
woes, he should quietly tell them that he has enough trouble of his own and 
that one physician at the time will do him. 


In speaking of the home treatment of tuberculosis we must divide our 
subject into ambulant and bed cases. The former are up and about and per- 
haps even at work and afebrile, the latter mostly confined to bed and room. 
Necessity compels us to again subdivide these cases into the well-to-do and 
the poor. The first thing in all cases is to see that the patient is properly housed. 
Among the well-to-do and those having their own house, one must see to it 
that the patient has a number of rooms on the upper floor at his disposal. In 
all cases where this is not feasible, select the best lighted and ventilated 
room preferably with southern exposure for the patient to sleep in. Even in 
the poorest family the patient should have his own bed, and if he is in the 
later stage of the disease and obliged to spend day and night in bed nothing 
will be so pleasant to him as to have two beds at his disposal, one to rest 
in during the day and one to sleep in during the night. The furniture should 
be plain or leather covered. Plush furniture and all dust-catching material, 
heavy curtains and fixed carpets, should be avoided. Still the room need not 
be made cheerless. A few small rugs, washable curtains and some cheerful 
pictures to decorate the wall, should be allowed. Even in the case of an am- 
bulant patient the physician should be familiar with the invalid’s home envi- 
ronments and while, as a rule, he may come to your office it will be in the 
interest of the patient that you should see him now and then at his home. 
With the absolutely poor, and particularly with the dispensary patients, it is 
of course difficult to make frequent visits to the patient's home and we have 
to rely on our visiting district nurses. The hygienic measures tending to pre- 
vent the spread of tuberculosis for rich and poor, ambulant or bed cases must 
of course be virtually the same. At home the patient may use a spittoon 
with a large opening or a special cup to receive his expectoration. The re- 
ceptacle should be partly filled with water. A stationary spittoon should be 
preferably elevated and of course never be without a cover (fig. 1). It has 
been sufficiently demonstrated that when flies and other insects have access to 

19* 


ZEITSCHR. f. 
284 S. A. KNOPF. | TUBERKULOSE 








‘ig. 2. Authors nickel-plated oval-shaped 
pocket flask, manageable with one hand, 





THE KNY-SCHEPRER COU., N, V. 


Q/5995-B 


Fig. 1. Author's elevated spittoon entirely of metal, 
the receptacle only visible when in use. 





Fig. 4. Method of emptying the flask. 





Fig. 3. The same hidden in the folds of a hand- 
kerchief. 





. dNI wALNdS 
SO ATU 





Fig. 6. Aluminium frame for 
Fig. 5. Johnson € Johnson's pasteboard purse. Seabury & Johnson's sputum cup. 


ar ds HOW TO ADAPT SANATORIUM METHODS ETC. 285 





tuberculous material they can become the propagators of the disease. When 
walking, the patient should use a pocket flask (figs. 2, 3, 4), if he is brave 
enough to do so, or expectorate in a pasteboard purse (fig. 5), or piece of 
cloth. Experience has taught me that the following method is most willingly 
adopted. I tell my female patients to divide their handbags into two compart- 
ments and line them carefully with oiled silk. I tell my male patients to have 
the right or left pocket of their trousers lined with some impermeable material. 
I suggest buying a number of yards of cheap white muslin to cut into squares 
resembling handkerchiefs. On starting out in the morning the men fill one 
pocket and the ladies one of the compartments of their bag with these make- 
believe handkerchiefs, which after having been used to receive the expector- 
ation are placed in the oiled silk compartments or pocked lined with oil cloth. 
On their return home, the soiled make-believe handkerchiefs are burned, the 
pockets or compartments which serve as receptacle for the soiled handkerchiefs 
are cleaned and the hands washed thoroughly. 





A E N Q/5965 
Fig. 7. Pasteboard box for Fig. 8. Pasteboard sputum cup Fig. 9. Aluminium spit 
Seabury € Johnson's frame. for use at the bedside. cup for use at the bedside. 


For people who live in city flats where the cooking is done over gas it 
may be difficult to find a place to burn the cheap handkerchiefs, paper, 
or pasteboard spittoons. While thin paper might be thrown into the water 
closet, this can not be done with cloths or pasteboard. Individuals thus situated 
should use thin paper which can be thrown into the water closet or flask of 
metal or glass which should be emptied into the closet and cleaned with 
hot water. 

The patient is taught always to hold his hand or handkerchief before 
his mouth when he coughs or sneezes so as to avoid drop infection. You 
will at times, of course, have some patients who do not get well and who 
become finally so weak as even not to be able to use a pasteboard cup 
(figs. 6, 7, 8) or light aluminium cup (fig. 9) for the purpose of expectorating. 
In such instances I advise that the nurse keep a supply of moist cloths within 
easy reach of the patient to receive the expectoration. At times the nurse 
herself will be obliged to help the patient by holding these cloths before the 
patient's mouth. The soiled cloths should always be burned before they get 
a chance to dry and the soiled bed and personal linen of the patient should 
be manipulated as little as possible in their dry state. If possible the patient 
should never be in his room when it is being cleaned or when the bed is 
being made. Cleaning the room should never be done by dusting or sweeping; 


x ZEITSCHR. f. 
286 S. A. KNOPF. TUBERKULOSE 











but if, on account of a fixed carpet, sweeping is inevitable, let it be preceded 
by throwing moist saw dust or bits of moistened paper on the floor to allay 
the dust. The furniture should be wiped with a moist cloth, and whenever 
possible cleaning by the pneumatic exhaustive or vacuum process should be 
resorted to. This is the ideal method of cleaning the appartments of the sick. 

After the general hygiene we come to the personal hygiene of the patient. 
The skin should be kept in good condition by weekly warm baths and daily 
sponges. Beard and mustache should not be worn at all or be closely out. 
As underwear I recommend linen-mesh, heavy weight in winter and light weight 
in summer. If, as it happens in some cases, the patient feels cold even with 
the heavy weight linen-mesh, I tell him to wear linen-mesh next to the skin, 
and an additional cotton, silk or very light woolen garment over it. I prefer 
linen-mesh underwear because it dries quickly when the patient perspires. It 
produces a constant pleasant friction on the skin, allowing free ventilation and 
renders the patient less apt to catch cold. His outside garments should be 
comfortable and according to season, light in summer, warm in winter; but 
not so heavy as to hinder free movement. All garments restricting free 
thoracic or abdominal breathing should be done away with. The high collar 
for men and the now very fashionable high collar with bones in them for 
‚women, or anything else constricting the neck, are injurious; so are the tightly 
laced corset and tight belt. I should like to see ladies’ skirts suspended from 
the shoulders and instead of the steel corset I like to recommend a comfort- 
able waist. Lastly, 1 don't like to see trailing skirts doing the scavengers 
dirty work. These are happily now out of style, at least for street garments. 


As the most important therapeutic factor in the modern treatment of 
tuberculosis we must consider fresh pure air, and as stated above, we can 
make the home treatment most successful when we intimate as far as practic- 
able all the salient features of the sanatorium treatment. In these institutions 
the patients live outdoors virtually twenty-four hours of the day. 

Let us now see how we can imitate this aerotherapy of the sanatorium 
treatment in the home of the patient. In summer we have of course all the 
windows open and during the day we place our patients in the yard, on the 
veranda, or on the roof, whenever and wherever conditions permit us to have 
the patient take what is known as the rest cure in the open air. Here he 
rests on a reclining chair with a proper knee bend and comfortable back. If 
the patient can afford it we get him also a half tent. This half tent is com- 
posed of a frame of steel tubing which can be folded together when not in 
use (fig. 10). Over this frame strong sail duck is stretched and secured by 
snap buttons on the inside, so as to completely protect the patient against 
wind and sun. To prevent the tent from being overturned by the wind, the 
frame has ground spikes holding it securely. The reclining chair is placed in 
this half tent in such a manner that the floor bracing, attached to the frame, 
is held down by the chair and this adds to its security. A beach chair of 
wicker work can also be made to do the service of the half tent (fig. 11). 
After the seat has been removed, the inner walls of the wicker chair are 


uses” ads HOW TO ADAPT SANATORIUM METHODS ETC. 287 





lined with padding. A reclining chair is placed with its back in the interior, 
and the whole arranged so that the patient is protected from the wind and sun. 
Whenever the patient is on the chair he should be so comfortable as to allow 
complete muscular relaxation. 
Mind and body must be at 
rest. For poor patients the 
simple steamer chair and a 
few boards joined together to 
replace the costly half tent 
will have to answer the pur- 
pose. À large, stout um- 
brella, such as is often used 
at seaside resorts, can be 
fastened to the back of the | 
steamer chair, and will answer 
the purpose where the tent 
cannot be provided. The 
poor patient in cities will 
probably be obliged to re- 

sort to the roof for his 

rest-cure, as the small yard 

of the tenement house, with 


many children playing in it, Fig. 10. Half tent with patient resting on metal reclining chair 
taking the rest cure. 





will scarcely be suitable. I 
do not favor the use of the 
fire-escape for this purpose. 
A recent conflagration in this 
city, where many lives were 
lost owing to the obstruction 
of the fire-escape, showed 
the dangerous results of evad- 
ing the law in this way. On 
the reclining chair in the open 
air the patient should remain 
during the day whenever he 
is not taking walking exer- 
cises. In modern American 
and also in some European 


sanatoria the majority of i e? -— 
patients have their beds Fig. 11. Beach chair of wicker work transformed into a half 
tent for taking the rest cure on the reclining chair. 





moved out on the veranda 
during the night and there they sleep often in the coldest weather. The 
brilliant results obtained through this method of sleeping outdoors in cold 
weather are too well known to all American physicians to need further men- 
tion here. What has worried me for years has been the fact that I could 


288 S. A. KNOPF. 


ZEITSCHR. f. 
TUBERKULOSE 


provide this open air treatment at night only for so relatively small a number 
of patients when there are so many who need it and particularly among the 





Fig 12. Dr. S. A. Knopf's window-tent in position, with 
patient in bed looking through the celluloid window into the 
room, but breathing outdoor air only. 





Fig. 13. Dr. S. A. Knopf’s window-tent raised when not 
in use, 


consumptive poor. I be- 
lieve I have been fortu- 
nate enough to solve this 
problem in a measure by 
a modest little invention 
which I call a “Window 
Tent”. After much ex- 
perimenting, modelling 
and remodelling the de- 
vice, trying to overcome 
the defects which I lear- 
ned through my own ex- 
perience and that of others 
in the use of the tent, I 
believe to be able to pre- 
sent to you to-day a model 
as nearly complete and 
perfect as possible. 


The Kny-Scheerer 
Company have kindly in- 
corporated all my sugges- 
tions in this latest device 
and by manufacturing the 
tent in large quantities 
have been able to reduce 
the price so that the con- 
sumptive poor, unable to 
avail themselves of sana- 
torium treatment may be 
able to purchase it. Many 
of the unfortunate poor, 
will, however, not even 
be able to pay the mo- 
dest price at which the 
window tent is now put on 
the market, and they, with 
the illustrations before 
them, may have sufficient 
mechanical skill to imitate 
the device at very little cost. 


As you see, this window-tent is an awning which, instead of being placed 
outside of the window, is attached on the inside of the room, It is so con- 
structed that the air from thé room cannot enter or mix with the air in the 


ges, ss HOW TO ADAPT SANATORIUM METHODS EIC. 289 








tent. The patient lying on the bed, which is placed parallel with the window, 
has his head and shoulders resting in the tent (figs. 12, 13, 14, 15). By 
following the description closely you will see that the ventilation is as nearly 
perfect as can be produced with so cheap a device. The tent is placed in 
the lower half of an American window but it does not quite fill the lower 
half of the frame; a space of about three inches is left for the escape of the 
warm air in the room. By lowering the window, this space can be reduced 
to one inch or less, according to need. On extremely cold and windy nights 
there need not be left any open space at all above the window frame. The 
patient's breath will rise to the top of the tent, the form of which aids in the 


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Fig. 14. View of the window-tent with patient taken from Fig. 15. Diagram showing ven- 
the house opposite, tilation of the window-tent. 


ventilation. The tent is constructed of a series of four frames, made of 
Bessemer rod suitably formed and furnished with hinged terminals, the hinges 
operating on a stout hinge pin at each end with suitable circular washers to 
insure independent and easy action in folding the same, the Bessemer rod 
being hardened to make a stiff rigid frame to insure its maintaining the ori- 
ginal form. 

The frame is covered with extra thick yacht sail twill, properly fitted, 
and having elongated ends to admit of their being tucked in, under and around 
the bedding to prevent the cold air from entering the room. The patient 
enters the bed and then the tent is lowered over him. Or with the aid of 


ZEITSCHR. f. 
290 p S. A. KNOPF. TUBERKULOSE 


a cord and a little pulley attached to the upper portion of the window, he 
can manipulate the lowering and raising of the tent himself. Shutters or 
Venetian blinds, whether they are attached on the inside or on the outside of 
the window, can be utilized in conjunction with the window-tent as a screen 
to intercept the gaze of the neighbors, and in stormy weather as a protection. 
The bed can be placed by the window to suit the patient's preference for 
sleeping on his right or left side, so that he has the air most of the time on 
his face. Another advantage of the window-tent is that it will not attract 
attention from the outside. The bed being placed alongside of the window 
will be convenient for a majority of the poor who have small rooms. If, 
however, the bed must be placed at a right angle to the window, this can 
be arranged as well. A piece of transparent celluloid is placed in the middle 





Fig. 16. Bulls ærarium inside view, Fig. 17. Bull's ærarium, outside view. 
with awning cut away. 

portion of the tent to serve as an observation window for the nurse or members 
of the family to watch the patient if this is necessary. It also serves to make 
the patient feel less outdoors and more in contact with his family. He can, 
if he desires, see what is going on in the room. If the window-tent must be 
placed at a right angle to the window, the observation glass can be put in 
on the side. It goes without saying that, as a rule, patients should not smoke; 
when, in exceptional cases, this can be allowed, the danger of the celluloid 
window becoming ignited must be impressed upon them, and the greatest 
caution urged. I prefer celluloid to ordinary glass for this purpose because it 
can easily assume the vaulted form of the rest of the tent, and thus even the 
slightest possibility of an air-pocket formation is avoided. 

If it is necessary to raise the bed to the height of the window sill, it can 
be done with little expense. If the bed is of iron, a few additional inches 
of iron piping can be attached to the legs by any plumber, or one handy 
with tools; raising a wooden bed can be accomplished with equal facility. If 
the window tent is to serve the patient only during the night, the tent can 
be pulled up and the bed moved away from the window during the day 


aS HOW TO ADAPT SANATORIUM METHODS ETC. 291 





and the window closed. Or the tent can be taken from the hooks and put 
out of the way. 

The window-tent will, of course, be of greatest service to the consump- 
tive sufferer in winter. If he is feverish, or his stay in bed is advisable, he 
can spend his entire time in the window-tent. If the people are poor, and the 
room where the consumptive sufferer lies serves as living room for the rest 
of the family, the fact that the well members need not shiver and yet the 
patient can take his open-air treatment, is of vital importance in many respects. 
While the room will not be quite as warm as if the window was entirely 
closed, it will be much warmer than if there was no tent in front of the open 
window. Laying aside the economic advantages to a poor family when not 
being obliged to heat more than one room, 
the patient feels that he does not deprive 
his loved ones of comfort and warmth 
and that he is less a burden and hindrance 
to their happiness. The other members 


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Fig. 18. Inexpensive porch, built especi- Fig. 19. Veranda arrangement for the outdoor 
ally for outdoor sleeping at home. sleeping at home. | 


of the family, on the other hand, feel that they can give the patient all the 
air he needs and that he himself need not suffer for their comfort. 

Besides the just mentioned advantages there is another benefit derived 
from the use of the window-tent arrangement which will add to the patients 
physical and mental comfort. His prolonged rest cure in bed will be more 
endurable when he is permitted to look out on the street and watch life there, 
than when obliged to gaze at the four walls of his room. An important 
advantage which the window-tent offers is the following: Patients who can 
only be persuaded with difficulty to sleep with the window wide open will not 
hesitate when they have this tent as an inducement. Draught, which the 
consumptive patient usually dreads, particularly when he perspires and in cold 
weather, need not be feared when sleeping in the window-tent. The construction 
is such that even should the shoulders be accidentally exposed the tent 
walls protect the patient from violent currents of air which may be produced 
by leaving opposite doors in the room open. In this respect the window- 


i ZEITSCHR. f. 
292 S. A. Seer es © TUBERKULOSE 


tent even has an advantage over sleeping on porches when they are not 
properly inclosed. 

Lastly, an important point gained by the use of the window-tent for 
consumptives is in regard to drop infection, that is to say, the prevention of 
the dissemination of the bacilli through particles of saliva expelled during the 
so-called dry cough, sneezing, etc. While as a matter of course, the patient 
should be taught to always hold his hand or handkerchief before his mouth, 
when he coughs or sneezes, this is not always done, and to limit the possible 
infection to the interior of the window-tent is obviously a great advantage. 
First, the constant exposure to air and light of the bacilli which may have 
been expelled with the saliva and remain adherent to the canvas, will soon 
make them innoxious; and secondly, in this last model of our window-tent 
the canvas of the tent is attached to the frame by simple bands. Its thorough 
cleansing, washing, or disinfecting is thus made easy. 

Another very ingenious device which can be applied very easily in a 
country town and in small houses is Bull’s aera- 
rium. The fact that this device could not as easily 
be applied as open air arrangement for the con- 
sumptive dwellers in our New York tenement houses 
caused me to think out the window-tent just de- 
K scribed. The aerarium of Dr. Bull is a double 
AW awning attached to the outside of the window with 
a special ventilation arrangement. The head of a 
cotbed is put through the window and thus the 
patient's head rests out of doors (figs. 16 and 17). 


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I also take pleasure in showing you some 
other inexpensive constructions which can be at- 
tached in country homes when one owns his own 
house. The inexpensive porch has been devised by Dr. Trudeau, our great 
pioneer of the open-air treatment in this country (fig. 18). The veranda 
arrangement (fig. 19) for outdoor sleeping and the sleeping sack (fig. 20) owe 
their inception to the ingenuity of Dr. Millett who introduced outdoor sleep- 
ing in midwinter in the rigorous winter weather of Massachusetts. 

In cold weather the patients bed must be covered with a sufficient 
number of blankets to assure his absolute comfort and warmth throughout the 
night. Still, this covering should not be so heavy as to press down upon the 
body and make the patient feel uncomfortable or tire him. The tightly woven 
blanket is a better protection than the loosely woven one. The poor, whose 
disposal of blankets is, alas, often very limited, it may be valuable advice to 
tell them to put several layers of newspapers between the coverings. Outdoor 
Life, of December, 1903, recommends to have a dozen layers sewed between 
two layers of flannel. This will certainly make a cheap, light and warm 
covering. In extremely cold weather the patient, while sleeping in the window- 
tent, should wear a sweater and protect his head and ears with a woolen cap, 
shawl or woolen helmet, such as shown in fig. 21. 





Fig, 20. Dr, Millet's slecping slack. 


ber 


ra pi HOW TO ADAPT SANATORIUM METHODS ETC. 293 





Some patients complain that the bright light awakens them too 
early in the morning, and that they have difficulty in going to sleep again. 
In such instances I counsel the patient to have some light weight but dark- 
colored material (such as black lisle-thread hose) to put over his eyes. This 
usually suffices to obviate the inconvenience caused by the bright light. 


Ihe consumptive invalid when in bed should be provided with a bell to 
communicate with his nurse, relatives or friends who take care of him. He 
should, of course, have a small sputum cup or pocket flask handy to receive 
his expectoration. I prefer the flask for use in the window-tent, for it seems 
to me that any kind of cuspidor which had to stand on the window-sill would 
not be as safe, as there is always a danger of its falling. A urinal should 
also be placed at the bed side, so that the patient will not have to leave the 
bed in the night and be uselessly chilled. 


When arranging for the rest cure on the reclining chair during the day, 
whether it is in the half tent, in the garden, on the veranda, in the sleeping 
sack, on the roof, or on the balcony, one should always bear in mind that 
it is much more agreeable and conducive to the wellbeing of the patient 
to have a pleasant view to look upon. In building sanatoria 
the greatest attention is paid to the proper selection of the place 
for the rest-cure gallery or veranda. The more pleasing and 
entertaining the outlook from these places, the more certain is 
one to keep the patients quiet and restful. 





When there is no garden, veranda, porch, nor flat roof, gig. ar. 
the window-tent can also be put into service for the rest-cure Woolen helmet 
during the day. The bed is moved away and the reclining chair " an 
is put in its place. The latter can be raised to the necessary height by wooden 
blocks or a platform, and with the aid of blankets and comforters the air 
from the room can be excluded and the patient being in front of the open 
window breathes only outdoor air. \Vhen beginning this aero-therapy, it is 
of course essential that it be done gradually according to the patient’s sus- 
ceptibility to cold. Impress upon him that night air is as pure as day air 
and begin by placing him in the tent for a few hours at night and in the chair 
a few hours during the day. Get him gradually accustomed to living in the 
pure cold air, day and night. À hot water bottle for the feet either in bed 
or in the chair may often be necessary in extreme cold weather. The 
patient's feet must be kept warm if he is to benefit from the open-air treatment. 


As an adjuvant in aero-therapy I must not forget to call your attention 
to the importance of respiratory exercises. I have taught and practiced these 
respiratory exercises for a good many years and described them a number of 
times, and may I say that I become more and more enthusiastic about their 
utility. I will demonstrate them to you and wish to say that these exerciscs 
judiciously taught and carefully carried out, are suitable in nearly all afebril 
early and moderately advanced cases. Even in the third stage of the disease 
have I seen beneficial results from judicially directed breathing exercises. Most 


294 men, E, TUBERKULOSE 








careful clinical observations made under Dr. Otis?) at the Massachusetts State 
Sanatorium prove conclusively the value of judicially directed breathing exer- 
cises in the treatment of pulmonary tuberculosis. 

Presuming that you have satisfied yourself that the patient to whom you 
are to teach respiratory exercises, is dressed in such a manner that there is 
not the slightest restriction around throat, thorax or abdomen, you can begin 
your instructions. It goes without saying that you should teach the breathing 
exercises always either in the open air, or in a well-ventilated room, preferably 
in front of an open window. A locality where the individual, by taking deep 
breaths, would only inhale an additional amount of injurious odors or dust is, 
of course, not a suitable place to teach breathing exercises. Starting out with 


\ 





Fig. 22. First and second breathing exercises. Fig. 23. Third breathing exercises. 


the presumption that we find ourselves in suitable environments for respiratory 
gymnastics we teach our patients to assume the position of the military 
“attention” heels together, body erect, chest forward, head straight, the palms 
of the hands touching the external portion of the thigh. We tell the patient 
to keep his mouth closed and to take a slow deep inspiration through the 
nose, that is to say, take in all the air possible with one inspiratory move- 
ment; to hold his breath a few seconds and then exhale a trifle faster. If 
the patient has done this act well, we supplement it by allowing him to raise 
the arms to a horizontal position. He does this during the act of inspiration, 
remains in that position for a few seconds and while exhaling brings the arms 
down to the original position. The act of expiration should again be a little 
more rapid than that of inspiration. 

After a few days when the first exercise (fig. 22) is thoroughly mastered, 
the patient can be taught a second one, which is like the first except that 
the upward movement of the arms is continued until the hands meet over the 
head (fig. 22). The third respiratory exercise, somewhat more difficult and 


1) Otis, Boston Med. and Surg. Journ.,July 19th, 1906, and Transactions of the Nat. Assoc. 
for the Study and Prevention of Tub., 1906. 


BD.XUILHEFT 4. HOW TO ADAPT SANATORIUM METHODS ETC. 295 








requiring more strength and endurance, should not be undertaken until the 
first two have been mastered and practiced for several days. The third exer- 
cise might be called a dry swim; one takes the same military position of 
“attention”, heels together, body erect, and then stretches out the arms as in 
the act of swimming, the dorsal surface of the hands touching each other. He 
then moves the arms, just as if he were dividing the water; during the act of 
inspiration, the hands meeting finally behind the back. The patient remains 
in this position for a few seconds, retains the air, and during exhalation brings 
the arms forward. This somewhat difficult exercise can be facilitated and made 
more effective by rising on the toes during the act of inspiration and descen- 
ding during the act of expiration (fig. 23). 

Valuable as these exercises with moving of the arms are, they cannot 





Fig. 24. Breathing exercise with rolling Fig. 25. Exercises for children in the habit 
of shoulders. of stopping. | 


be practiced everywhere and at all times without attracting attention. Under 
such conditions one must often be content with raising the shoulders, mak- 
ing a rotary movement backward during the act of inhalation, remain in 
this position, holding the breath for a few seconds and then exhale while 
moving the shoulders forward and downward, assuming again the normal 
position. This exercise (fig. 24), can be taken while walking and, of course, 
very easily while sitting or riding in the open air. 

Young girls and boys, and especially those who are predisposed to 
consumption, often acquire a habit of stooping. To overcome this the following 
exercise is to be recommended. The child makes his best effort to stand 
straight, places his hands on his hips with the thumb in front, and then bends 
slowly backward as far as he can during the act of inhaling. He remains in 
this position for a few seconds, while holding his breath and then rises again 
somewhat more rapidly, during the act of exhalation (fig. 25). 

Concerning the general directions as to the frequency and order of these 
exercises, I can only say here the same that I have said in previous writings 
when speaking of aero-therapeutics proper: Commence always with the easier 


m : ZEITSCHR. f. 
296 S. A. KNOPF. = TUBERKULOSE 





exercises and only gradually take the more difficult ones. Repeat the exer- 
cises from four to six times either of one kind or the other, or one or two 
of each every half hour or so, and continue this practice until deep breathing 
has become a natural habit. One rule which is applicable as well to the 
predisposed individual whom you teach to breathe to prevent disease as to 
the patient for whom you prescribe respiratory exercises as a means of cure, 
is the following: Instruct them never to take the exercises when tired and 
never to continue them so long as to become tired. 

In all chronic forms of tuberculosis I have found the above described 
ordinary respiratory exercises of the greatest value. To increase their effici- 
ency I have added a few movements to my armamentarium. While we need 
not be over-careful and over-precise when teaching respiratory exercises to a 
relatively healthy child or a young man or woman, we can not be too care- 
ful when the exercises are given to develop the chest capacity and respiratory 
function of the tuberculous patient. To increase the efficacy of the respiratory 
exercises l add a movement by having each respiratory act, that is to say, 
each deep inspiration and corresponding expiration, followed by a second 
forced expiratory effort. This is for the purpose of expelling as much of the 
supplemental and residual air as possible, which may be effectually aided 
by supinating the arms and pressing the thorax with them. 

Considering that the amount of tidal air, that is to say, the volume 
which is inspired and expired in quiet respiration— is only 500 cc., the com- 
plemental air—the volume which can be inspired after an ordinary respiration 
— 1,500 cc., and the supplemental or reserved air—the amount which can be 
forcibly expelled after an ordinary respiration — amounts to 1,240 to 1,800 cc., 
one can readily see the value, not only of deep breathing, but particularly of 
this second expiratory eflort. As to the main contra-indications, let us 
remember that a patient in a highly febrile state, or during an acute exacer- 
bation of the tuberculous process, or an active hemorrhage, should refrain 
from all respiratory exercises. Following haemoptysis all respiratory exer- 
cises with movements of arms should be prohibited, at least for a time. On 
the other hand, I encourage quiet and deep respiratory movements, a few at 
the time, following a prolonged haemoptysis. In cases where the sanguine 
expectoration has continued for weeks, these deep, quiet respirations seem to 
act as a veritable styptic. Irritating coughs resulting from the attempt to 
carry out the breathing exercises, or pleuritic pains resulting from the tearing 
of old adhesions, are no contra-indications to the continuation of the respira- 
tory exercises. Both cough and pain will cease in a short time. When 
the patient has learned to breathe properly through the nose and the air is 
relatively pure, cold, warmth, rain, snow and even wind should not prevent 
him from carrying out the physician's instructions for breathing exercises. 

After aero-therapy comes solar- or helio-therapy, that is to say, the 
utilization of the sun in the treatment of pulmonary tuberculosis. You probably 
have heard of the views concerning the supposed danger of sunlight in tuber- 
culosis recently advanced by Major Charles E. Woodruff of the U.S, Army 


SE HOW TO ADAPT SANATORIUM METHODS ETC. 297 





Medical Service, particularly his contention that the blond type is especially 
susceptible to the dangerous influence of sunlight and that these would do 
better in cold than in warm climates, and the brunettes better in warm cli- 
mates than in cold, and that the improvement in winter and the well-feeling 
in the morning was due to the absence of sunlight. These views were ex- 
pressed and treated at large not only in lay papers but also in medical papers. 
Those of you who wish to read more about the Major's views, I refer to his 
article in American Medicine of June 1907, on “Actinophysiology and Actino- 
therapy”, and his editorials on „The Danger of too much Sunlight in Tuber- 
culosis”, in the issue of October 1907. 

There is no doubt that in tropical countries a newly arrived person who 
has been born and raised in Northern climates, be he blond or brunette, un- 
less he leads an exceedingly sober and careful life, and protects himself against 
the strong actinic rays of the sun and the intense heat of midday, is bound 
to suffer and become more easily a victim of endemic and epidemic diseases, 
not excluding tuberculosis. And even in our temperate zones in hot weather, 
when every one feels better in the shade, it is, of course, absurd to expect a 
patient (unless he feels chilled) to remain in the sun and be comfortable. 

Every well-equipped sanatorium will not only have rest-cure galleries 
exposed to the south, but also such exposed to the north, where patients can 
seek the shade and the cool when the sunny side is uncomfortably hot. 


To learn the concensus of opinions on this subject prior to the prepa- 
ration of my recent paper read on June 6th before the National Association 
for the Study and Prevention of Tuberculosis, I adressed some fifty letters to 
leading authorities and particularly to experienced phthisiotherapeutists. Nearly 
all replied and from forty odd expressions of opinions from men who have a 
right to speak authoritatively we learn that the blond do no better in cold 
weather or colder climatic regions than those having brown or black hair; 
that brunettes do no better in warm weather or warmer climates, that sunlight 
is not harmful in cool or cold weather, providing the patient is careful to 
protect his head, and that the improvement in winter is to be ascribed to the 
cold and not to the absence of sunlight. A similar opinion is held by the 
majority in regard to the question that the relative wellbeing of the patients 
in the morning is to be ascribed to rest and not to the absence of sunlight. 
Concerning solar therapy the majority have declared themselves in favor of it. 
It would thus seem that solar therapy is by the majority of men considered 
as a valuable adjuvant in phthisiotherapy. 

Solar therapy is not good for every one, even in our temperate zone, 
but certainly it has proved beneficial in many cases in the hands of others 
and my own. The directions I am in the habit of giving my patients regar- 
ding the sun when outdoors are something as follows: Never walk in the 
bright sunlight without having your head covered; when taking the rest-cure, 
have your body bathed by the rays of the sun, but keep your head in the 
shade; if the glare of the sun causes your eyes to feel uncomfortable, wear 
smoked glases; when you are feverish do not take sun-baths. Should the 

Zeitschr. f. Tuberkulose. XIII. 20 


ZEITSCHR. f. 
208 S. A. KNOPF. č _ TUBERKULOSE 





prolonged exposure to the sun give you headache, cause a rise of temperature, 
or make you feel uncomfortable in any way, discontinue these sun-baths until 
the physician orders them to be resumed. 

I believe in the direct sun-baths for tuberculous patients, but I also 
believe that the utmost caution is necessary. I attach so much importance to 
this that when ordering sun-baths indoors, I give each patient the following 
specific directions: 

The sunniest room should be selected for the purpose. Fixed carpets 
should not be placed in such a room, and the floor must be kept scrupulous- 
ly clean. 

In a private house, where neighboring windows are often near, the 
arrangement will be somewhat difficult, and low screens may have to be used. 
In winter the room should be heated to from 70% to 75% F. By and by the 
patient's skin will be less sensitive to the air, and the temperature of the room 
can be decreased. The room must always be well ventilated. In summer the 
upper part of the windows can be left open. 


The patient undresses entirely, but if he complains of cold feet, he may 
keep his stockings and even his shoes on until he has become warm enough 
and desires to take them off. He first places a warmed sheet around his body, 
and then a large blanket; he then lies down on the floor in the sun, the head 
in the shade and slightly elevated by a cushion. As he begins to feel the 
warmth of the sun, he uncovers himself gradually until the whole of his body 
is exposed to the rays of the sun; he exposes his back by turning on his 
chest. He remains in the sun-room for from half an hour to two hours, 
according to the directions given him by his physician. He may change the 
recumbent to the sitting position, or walk about. 

Like all curative agents in the treatment of phthisis, sun-baths should 
not be taken without the supervision of the physician. Too much exposure 
may cause irritating skin troubles. To prevent these the patient should cover 
himself with one or two layers of the sheet whenever the sun's rays pro- 
duce a slightly burning sensation. Should these coutaneous complications 
occur nevertheless, the baths must be omitted for a time and the skin bathed 
in warm water and friction with lemon juice applied. Headache or a feeling 
of discomfort is the signal to stop, no matter how short a time the bath has 
lasted. When there is a temperature above normal (98.6%), sun-baths should 
not be taken, and the patient should remain in bed. Slightly feverish patients 
may take sun-baths; but when experience shows that the baths are followed 
by an elevation of temperature, they must be discontinued. 

While taking the sun-bath the patient should do some deep breathing. 

If it is not possible to have enough sun-baths while undressed at home, 
patients should take them outdoors, dressing in light-colored clothes — never 
in black, red or brown—so as to permit the better penetration of the actinic 
rays. Patients should always take an umbrella or parasol with them, so that 
they may shade their heads, no matter where they take their sun-baths. 

To avoid all possible misunderstanding, I wish again to repeat that the 








Dee HOW TO ADAPT SANATORIUM METHODS ETC. 299 








indication for solar-therapy and its methods of application will depend not 
only upon locality (altitude, latitude, and other climatic factors), upon the 
season of the year, upon the discase for which it is prescribed, but also upon 
the idiosyncrasies, that is to say, peculiar susceptibilities, of the individual. 
Never should solar-therapy be resorted to without direction of a competent 
physician. The number of sunny days in our temperate zone in addition to 
altitude have been heretofore largely our guidance regarding the selection of 
climate for our consumptive patients. 

To justify my enthusiasm for sunlight as a means to prevent disease, 
particularly tuberculosis, and my reasons for advocating solar-therapy as a most 
valuable adjuvant in the treatment of consumptives, allow me to repeat what 
I said in Chicago the other day. 

Those of us who work among the poor in the tenement houses know 
“only too well how much more frequently tuberculosis develops in the houses 
of the poor, where the majority live, sleep and work in dark rooms, where 
the sunshine never enters or rarely. Let me quote in regard to this from 
a letter received as recently as May 2d from Mr. Robert W. de .Forest, 
President of the New York Charity Organization Society and former Tenement 
House Commissioner: 

“More than 300.000 persons sleep every night in dark, unventilated 
interior rooms in tenement houses in this city. These rooms have no windows 
even to adjoining rooms. This state of affairs is largely responsible for the 
fact that 10.000 persons die of tuberculosis in New York each year.” 


Scrofulous diseases, local, bone, skin and joint tuberculosis we find most 
frequently among children of the sunless tenement houses in large cities, rarely 
among children reared in the country where they are exposed to a great deal 
of sunshine. Thus it would scem that the men dcaling with tenement house 
problems and tuberculosis among the masses are in favor of light and parti- 
cularly of sunlight as a powerful preventive factor in tuberculosis. There is 
no tendency among them to wish to revise the old Persian saying: “Where 
sun does not enter the physician enters often.” 

The wonderful results obtained in the climatic resorts in the high alti- 
tudes of Switzerland are ascribed by close observers to the great amount of 
sunshine in those regions, and we may justly claim the same for our own 
beautiful climate in New Mexico, Arizona, Southern California, and other 
Southern regions, also for the higher regions in the Eastern sections of the 
country. | 

So much for the ordinary influence of sunlight on the average individual 
and the average tuberculous patient in our temperate zones under average 
conditions. That there is another side to the question and that Major Woo- 
druff is right in some respects no unbiased observer will deny. 

The dietetic treatment, that is to say, the proper nutrition of the tuber- 
culous patient, is of course a most important factor. My esteemed teacher, 
the late Prof. Dettweiler, in whose institution I had the privilege of serving 
as assistant, used to say “the kitchen is my pharmacy”. He paid the greatest 

20* 


ZEITSCHR. f 
300 S. A. KNOPF. | TUBERKULOSE 








attention to the dietetic management of the patients in his care. The menu 
for each day was submitted for his approval previous to its preparation. Con- 
cerning “suralimentation”, that is to say, over-feeding, I am willing to confess 
that I have modifed my views somewhat during the past few years. It is 
well and good to feed patients good and abundantly; but I question the wis- 
dom of excessive over-feeding, which so often causes the patient great distress 
and produces a sense of disgust for any kind of food. We should be guided 
in directing dietetic treatment by the patient's digestive and assimilative powers. 
We should strive to have him regain the best weight he had when in good 
health or get a good average weight for his height. Increase in weight of 
muscular is better than that of adipose tissue. Let us never forget that an 
increase of adipose without concomitant improvement of pulmonary lesions is 
of little value. 


After these preliminaries permit me to give you a general outline of 
what I think a good menu for the average consumptive. As soon as the 
patient awakes in the morning he should take, while yet in bed, a glass of 
hot milk, half milk and tea, or half coffee and milk, with a slice of milk toast. 
After a little while he will rise to prepare for his douche, friction or massage, 
whatever the physician’s prescription may call for. After this it will probably 
be nine o'clock and the patient may take his ordinary breakfast. He should 
have eggs, and may have his choice as to the way they may be prepared or 


served soft-boiled, poached, raw, etc., or in the form of egg-nog, with or. 


without a little sherry, orange or lemon juice (whiskey only when such is in- 
dicated). If he is accustomed to a meat breakfast, he should have broiled 
steak, chops, poultry, sweet bread, etc., or raw chopped becf. Bread a day 
old,—preferably whole wheat bread or French rolls, but not hot—with plenty 
of butter or honey, either milk, cocoa, coffee with milk, but not too strong, 
or a cup of bouillon, should also form part of the meal. Whether the patient 
likes to have his cereals for breakfast or supper may be left to his choice. 
Some fruit should always precede his eggs or meat in the morning. If fish 
is served in the morning it should be either broiled, boiled or baked. 

The patient should take the heartiest meal between the hours of twelve 
and two o’clock (four hours after his breakfast). Broths or soups should be 
the first course. Oysters and clams are most easily digested raw. Any kind 
of fresh fish may be served again at dinner and in any form except fried. 
There will be, of course, roast meat of some kind, rare roast beef, mutton, 
poultry, etc. Of vegetables, spinach is to be particularly recommended on 
account of the large proportion of digestible and assimilable iron. Next to 
this in nutritive value come lentils, peas, beans, cauliflower, potatoes. Fresh 
vegetables should be given whenever it is possible to have them. Lettuce 
and other salads, preferably prepared with lemon juice instead of with 
vinegar, are permitted. Light puddings, fruits and nuts may constitute the dessert. 

At about four or five o’clock some milk with toast may be taken, or, 
if the patient cares for it, he should have a cheese or meat sandwich. At this 
times the milk may be replaced by bouillon or chocolate. 





ió HOW TO ADAPT SANATORIUM METHODS ETC. 301 


The supper should not be quite as voluminous as the dinner; cold or 
warm meat, rice with milk or gruel and jellies, fruits, such as grapes which 
are particularly good because of their nutritive value, etc. At bedtime again 
a glass of milk or some milk-toast. 

It is of course impossible to lay down an absolute rule of what to allow 
and what not to allow. One must consider the patient’s likes and dislikes; 
there are idiosyncrasies for certain dishes as well as for certain medicines. I 
have learned to allow my patients occasionally such things as ham, smoked 
tongue, and even pickled or salt herring, sardines or sardelles, and I have not 
yet found any occasion to regret this practice, for they seem at times to 
stimulate the appetite. Experience has taught me that patients can take the 
greatest number of eggs without inconvenience and without interfering with 
their appetite for their regular meals, by taking them immediately after the 
principal meals. Thus, two or even three or four fresh eggs can be taken 
twice or even three times a day. When the patient is unable to take them 
in the pure state I employ the following method, which has rarely failed me: 
In a wine glass with rather a narrow opening pour about half a teaspoonful 
of lemon-juice and on top of it put a pinch of pepper and salt. Upon this 
break carefully a fresh raw egg and finish with another layer of lemon-juice 
with pepper and salt. The patient does not taste anything but the lemon-juice 
and the egg goes down the throat like an oyster. 


As a rule, I do not favor any so-called food medicines. I am willing to 
admit, however, that iron tropon or the simple tropon, which is an albuminous 
preparation invented by Professor Finkler of Bonn, and the sanatogen have 
rendered me valuable service as an adjuvant in the dietetic treatment of pul- 
monary tuberculosis. 

I tell my ambulant patients to rest half an hour before and half an hour 
after meals. It is not always easy for the patient who is at work to rest half 
an hour, so I tell him to get all the rest possible, and I add, “If you do 
have to work all the week stay at home in the evening, resting in the open 
air, in front of the open window or stay in bed all day Sunday with windows 
wide open”. 

Hydro-therapy you will find most valuable as a tonic and as a means 
to prevent your patient from contracting colds. But you must be careful 
with a patient who has never used cold water on his body, and you will find 
quite a number of such persons. The surest way to educate the skin and 
nervous system to the use of cold water is to begin with frictions of pure 
alcohol for a number of days. This is to be followed by frictions with half 
alcohol and half water; then, for the same length of time, water alone, and 
then you commence gradually with douches of cold water at the ordinary 
temperature (40° to 60° F.) as the water comes from the faucet. If the patient 
feels chilly after the application of water it is a sure sign that he has not 
reacted well and you must temper the water accordingly. To avoid any 
serious consequences it is best at first to have the patient take douches when 
arising from his bed, to which he should quickly return if the application of 


ZEITSCHR. f. 
302 | en = TUBERKULOSE 








water leaves him with a chilly sensation. When the patient has become tho- 
roughly accustomed to the use of cold water and reacts well, he can, in order 
to produce a reaction, take a vigorous walk before having his douche. Indi- 
vidualizing is of course most important in hydro-therapy. Children and the 
aged do not react as well as the middle-aged, and in cold weather douches 
should never be given in cold rooms. No elaborate hydro-therapeutic appli- 
ances are necessary in order to give a douche. In the families of the poor 
the luxury of the douche apparatus is unknown and often they have not even 
a bathroom. In such instances I advise the following: Take a large circular 
English bathtub, about three feet in diameter and ten inches high, and pour 
about five inches of cold or tepid water into it. The bather jumps into the 
water, kecping his feet in motion for a few seconds, then a second person 
pours one or two pitcherfuls of water quickly over each shoulder, thoroughly 
wetting the whole body. It is not at all essential that the head should be 
wet at the same time. The douche can, of course, be taken more easily with 
the help of a second person to pour the water from the pitcher or water-pot. 
If a hose can be attached to a nearby faucet, a douche, bath, or direct jet 
can be improvised. If the ambulant patient is obliged to attent to the douche 
himself he should proceed as follows: He places a large empty washbowl near 
the bed on the floor to stand in, and has a smaller washbowl filled with cold 
water placed at the height of the table with a good sized sponge. He may 
go to bed first and get thoroughly warm, then rise, remove his night clothes 
and take his douche by standing in the larger bowl and squeezing out the 
sponge soaked in the smaller basin full of cold water once over his left 
shoulder, once over his right, once in front of the neck and once over the 
back of the neck. Thus the whole body will be douched. He dries himself 
quickly and should he feel chilly he can return to the warm bed. 


Now we must devote our attention for a few moments to the symptom- 
atic treatment. While I do not believe in senseless drugging of the tuber- 
culous patient, I believe that we are not only justified but obliged to relieve 
suffering by medication when pain cannot be relieved by any other means. 
The conscientious phthisio-therapeutist will always try to get along with 
as little medicine as possible. For example, in cough, discipline will be 
tried first. Ä 
The patient is told to control his cough when he feels that there will 
be no expectoration. He should try to accomplish this by using his will 
power. By making a short respiratory movement he will also often succeed 
in stopping the irritating impulse to cough. Taking a small sip of cold water 
or milk will often help, and one may give a menthol tablet or pastille to 
allay the constant irritation of the throat. If the cough is painful, small doses 
of heroin (1—15 to 1—12 of a grain) or some codeine (1—8 to 1—6 of a 
grain) might be given every few hours in a tablet form or solution. To ease 
the morning cough which is usually the most troublesome, I have the patient 
take a hot orangeade immediately on awakening in the morning. When the 
expectoration is very tenacious, some expectorant such as cherry laurel water, 


kaa a HOW TO ADAPT SANATORIUM METHODS ETC. 303 














Syp. prun., virg. ammonia nuriat, and some glycerine, etc., should be added. 
The patient should of course be instructed never to suppress a cough when 
he feels that he must expectorate, and never should he, out of false modesty, 
swallow his expectoration. Before I resort to internal medication for persistent 
and annoying cough, I instruct the patient to inhale with the aid of an ordi- 
nary perforated zinc inhaler 5 to 10 drops a few times daily from 15 to 
30 minutes of the following mixture: Ol. eucalvpt., menthol, spirit. chloroform. 
aa, 38S. When the patient is away from home so that he cannot very well 
use the inhaler, he can use the handkerchief for that purpose. If the patient 
has no aversion to the odor of creosote, beachwood creosote and alcohol in 
the same proportion may be added to this prescription. The creosote alone 
or in combination with eucalyptus seems to give particularly gratifying results 
as an inhalant in the chronic bronchial Trouble D When the cough is so 
violent that it results in a concussion of the whole thoracic cavity, I resort to 
the use of a broad flannel bandage bound tightly around the chest so as to 
lessen the painful feeling produced by the concussion. 

What are we to do for those vague indeterminate pains in the chest? 
Before we can give effectual relief we must know the cause of the pain. If 
it is due to an acute pleuritic envolvement we must stop breathing exercises, 
put the patient to bed and strap the side of the chest where the pain is 
located. If the painful sensations are evidently due to the gradual tearing of 
old pleuritic adhesions as a result of the newly instituted breathing exercises, 
I tell the patient not to mind these occasional stitches as they are simply the 
result of increasing pulmonary development. If the pain seems to be deep 
seated in the pulmonary tissue or due to intercostal neuralgia I have found 
hot compresses during the day, changed frequently, and a cold compress at 
night enveloping apices and anterior and posterior portion of the chest, of 
great value. In all sorts of thoracic pains, deep seated or superficial, let us, 
however, never forget the time-honored remedies of our fathers, dry cupping 
and the old fashioned mustard plaster. Particularly, when there is an active 
congestive process I have found the: dry cups to do valuable service. 


When in the latter stages of the disease these non-medicinal and external 
remedies do not suffice to allay the pain, I consider it our sacred duty to 
render the suffering patient comfortable by the judicious use of opiates. 

We come now to that important symptom, pulmonary hemorrhage. The 
psychical treatment of hemoptysis should begin when the patient is seen the 
first time. He should be told that a hemorrhage is in itself rarely anything 
serious, only one of the phases of the disease not necessarily lessening the 
chances of complete recovery. Eearly hemorrhages are sometimes a blessing. 
They are often the cause of the patient seeking timely medical aid. The patient 
must be warned to kcep quiet at the appearance of blood in the expectoration, 
go to bed as soon as possible and send for his physician. 

Have we any effectual antihemorrhagic remedy? I do not know of any 


1) Beverly, Robinson, Med. Record 1906, Dec. 8. 


e ZEITSCHR. f. 
304 S. A. KNOPF. _TUBERKUI OSE 








except morphine, hypodermically, and an ice bag over the heart. In very 
severe cases ligation of the lower and upper extremities is indicated. This 
can be easily done with the aid of a flannel band or a large handkerchief or 
towel. The value of ergot, acetate or lead, etc., I venture to question. The 
suprarenal extract—3 to 5 grains per dose seems to do some good. 

While I do not favor a coarse diet which might possibly bring on a 
coughing spell followed by a new hemorrhage, I think too much of a liquid 
diet and particularly the ingestion of great quantities of milk is injurious, 
for it increases the work for the heart which is already in a weakened condition 
through hemoptysis. A semi-liquid strengthening diet should take the place of 
the milk diet. If there is a fear of an approaching hemoptisis, it should be 
anticipated by limiting the ingestion of liquids to the least possible amount. 


All patients having a temperature over 100° F. should be in bed. All 
those having a temperature over 99 should refrain from exercises, particularly 
when the thermometer shows more than physiological increase in temperature 
after exercise. I prefer cold sponging to the administration of coaltar pro- 
ducts, which as a rule depress the heart too much for the good of the patient. 
If rest and cold drinks internally and cold water externally do not suffice 
to reduce the temperature, I try moderate-sized doses of quinine for a 
few days. If the fever is due to the derangement of the stomach this of 
course has to be attended to. The chronically high fever arising from the 
secretions of the tubercle bacilli and their associates in the mixed infection, is 
the hardest thing to deal with in tuberculo-therapeutics. Antistreptococcic 
serum has been of some use in a number of cases. Hypodermoclysis has 
likewise been resorted to with some good results. It goes without saying 
that the best of all antipyretics is the cold pure outdoor air in which the 
patient should be day and night, particularly in the earlier stages of the disease. 
To insist upon continued outdoor life in winter when the patient is hopelessly 
ill and when he dislikes cold and suffers from it, is to my mind not only useless 
but cruel, 

Night sweats depend, like fever, usually on the amount of toxines in the 
body. The medicinal remedies employed are atropin, agaricin, and pyramidon. 
Aerotherapy is as important to prevent night sweats as anything else. As 
a dietetic treatment 1 recommend the patient to take a glass of milk and toast 
just before retiring and have a glass of milk and some toast placed near the 
bed to eat in case he awakens during the night with a feeling of faintness. 
Sponging with aromatic vinegar must also be considered a valuable remedy 
in hyperhydrosis. 

A chilly sensation or a genuine chill in the tuberculous patient must at 
once be treated internally by hot drinks, only exceptionally alcoholic, and 
externally with hot water bottles and warm coverings. 

All digestive disturbances must be attended to. A hyperacidity or 
hypoacidity must be treated the same as in any other patient. So must con- 
stipation and diarrhoea. The constipation should, whenever possible, be treated 
dietetically and hygienically and only if these means fail should laxatives be 


Sober ls HOW TO ADAPT SANATORIUM METHODS ETC. 305 





resorted to. A diarrhoea due to over feeding or injudicious feeding should be 
treated first by cleansing the intestinal tract and by giving it a rest afterwards. 
When the diarrhoea is due to the tuberculous invasion we are confronted with 
greater difficulty. Careful dieting, bismuth, opium, tannin and other astringent 
preparations may have to be resorted to, good claret, hot or cold, thick 
nourishing soups, rice, with cinnamon are also helpful. All fresh bread and 
pastry should be avoided. 

The tuberculous patient is often a bad eater. He complains of lack of 
appetite. The psychical treatment should consist in telling the patient that 
his digestive and assimilative powers are far greater than his stomach indicates 
and he should eat regularly whether he has an appetite or not. Massage is 
to my mind one of the best remedies to overcome anorexia. The patients 
muscles are exercised without fatigue. In the ambulant cases douches are also 
well indicated to overcome a bad appetite. At times, bitters such as cin- 
chona tirictures with a little nux vomica are indicated. In pronounced 
anemia Blaud’s pills (Pilulae Ferri Carbonatis) ovoferrin, pepto-mangan and 
similar iron preparations must be resorted to besides the hygienic and dietetic 
measures. l 

You have a right to expect from me an expression of an opinion on 
the value of culture products. Have we any serum, tuberculine or similar 
substances of value in the treatment of tuberculosis? Maragliano’s serum, the 
most widely used of all sera, has proved a disappointment. For Koch’s 
tuberculin better results are claimed. For my part, I only consent to the 
use of tuberculin in the very few rare cases which are at an absolute 
standstill and which the hygienic, dietetic and climatic treatment does not 
improve. Let us hope that with the simplifying of the method to obtain the 
opsonic index in such cases, whatever danger there is now connected with the 
administration of tuberculin, may finally be done away with. Of Behring’s 
promised new remedy, known as tuluse, we know as yet nothing. So let us 
frankly confess that we have no effective specific treatment as yet. 

The idea of tuberculosis causing a demineralization has long been a topic 
of discussion. It has been shown that workers in chalk and lime are relatively 
free from tuberculosis. I have myself always favored giving large quantities 
of chloride of sodium to tuberculous patients with the food, and of late I have 
added, upon the suggestion of some French authors," the following prescription 
to this treatment to counteract the demineralization: 


B Calcis carbonitis, 
Calcis phosphatis, } aa. 3 I Iss 
Sodii chloridi. 

M.F. in Chart. No. XXX. 

S. Take one in water after each meal. 


The patient is to take as little acid as possible and avoid all food which 
may cause fermentation. In a number of cases this has proved to me a 


1) Ferrier and Binnet, Tribune méd. 1906, July 24. Les Alcalines de la thérapeutique. 


: : ZEITSCHR. f. 
306 SEN TUBERKULOSE 











valuable adjuvant in the hygienic and dietetic treatment. If the administration 
of these salts produce diarrhoea, the dose must be diminished or the powders 
discontinued. The treatment can, as a rule, be persisted in for a long time 
and there is hardly any danger connected with it. 

Through the courtesy of Surgeon-General Rixey of the U. S. Navy, I have 
come in possession of a preliminary report submitted to him by Surgeon 
B. L. Wright in command of the U. S. Naval Hospital for Consumptives at 
New Fort Lyon, Las Animas, Colo. 35 cases have been treated by Dr. Wright 
at that institution with the succinimide of mercury. The doses in some 
instances being as high as two-thirds of a grain. I have as yet no personal 
experience with the effect of deep intramuscular injections of the succinimide 
of mercury in non-syphilitic, purely tuberculous cases, but the report of 
Dr. Wright would indicate that the experiments have certainly been followed 
by encouraging results. Of the 35 cases 30 showed improvement evidenced 
by reduced pulsation and temperature curve, increased appetite, lessened cough 
and gain in weight. I am watching Dr. Wright’s work with great care and 
eagerness and if the detailed report of the 30 cases still under observation 
will show continued success, [ shall certainly try the mercureal treatment 
ere long. 

In the meantime I trust that the few hints given to you to-day in regard 
to the hygienic, dietetic and symptomatic treatment of consumptives will be 
helpful to you in the adaptation of the sanatorium method of treating the 
tuberculous in their homes. 

A part of the treatment of a patient, whether in the sanatorium or at 
home, particularly when he is in the earlier stages of the disease, or con- 
valescent, must always be to occupy or entertain him. This portion of the 
modern methods of treating consumptives might justly be called “occupation 
therapy”. 

To discuss the subject in detail would lead.us too far at this moment. 
All I can do is to lay down the principles which should guide us in occupying 
the patient. Whatever he does should be done in the open air. The character 
of the work should not be such as to tax his strength, and not be of sucha 
kind as to involve the inhalation of dust. 


The patient should never do physical or mental work when tired or 
febrile, nor exercise or work to the extent of getting tired or becoming febrile. 
It should never be an occupation demanding much stooping or intense, close 
mental attention. It goes without saying that time, character and amount of 
work should be regulated by the attending physician, and as the word 
“occupation-therapy” indicates, the work done by the patient should have for 
its main purpose to strengthen him and render him more happy and contented 
than he would be likely to be made by a prolonged enforced idleness. 

Indispensible in the home treatment of the consumptive is a good reliable 
and cheerful nurse who will watch over the invalid in the absence of the 
physician and see to it that all the hygienic, dietetic and other directions are 
carefully carried out. 


BD.XINHEFT4. HOW TO ADAPT SANATORIUM METHODS ETC. 307 











In the homes of the poor where the constant employment of a trained 
nurse is not possible on account of the expense, the city authorities or some 
charitable agency should help the attending physician by placing at his dis- 
posal a District nurse who could be helpful in the supervision of such cases. 
No community of any size should be without visiting district nurses for its 
consumptive poor. 

I have not yet said a word on climate and what I have to say on this 
subject brings me to the conclusion of my address. 

Without depreciating the value of climate as a precious adjuvant in the 
treatment of tuberculosis, I claim that the sanatorium treatment, also known 
as hygienic and dietetic treatment in special institutions, and in many homes, 
is feasible in nearly all of our home climates; but alas, not in all homes. 
Therefore, I wish to say that while advocating the treatment at home for those 
who cannot or those who do not wish to enter an institution, I plead with all 
my heart and with all the earnestness I am capable of with you physicians and 
through you with your wealthy philanthropic friends or patients, and the legis- 
lators of our own and all the states of this great land, for the establishment 
of more state and municipal sanatoria for the treatment and care of the great 
number of consumptive poor in all stages of the disease who by reason of 
their unhygienic environments or extreme poverty cannot be treated at home. 


In face of the indisputable fact that tuberculosis is a curable disease, it 
should be a matter of deep humiliation to our statesmen, municipal authorities 
and philanthropists that there are at this moment thousands and thousands of 
our fellow-citizens suffering from tuberculosis, many of them in the prime of 
life, and that they must continue to suffer and die not because their disease 
is incurable, but because there are no places to cure it. 

It is my intention to embrace the opportunities offered to me as Professor 
of Phthisio-therapy of this great institution to appeal to the physicians coming 
to us from all over the United States, from hamlets, towns and cities, to enlist 
everyone as a crusader against the great white plague in their respective 
homes. I trust that the physicians having attended the lectures on phthisio- 
therapy at the Post-Graduate Medical School and Hospital will all become 
apostles of the gospel of the prevention and curability of tuberculosis and that 
they will forever bear in mind that the crusade is one against tuberculosis 
and not against the tuberculous, for we as physicians must never allow 
phthisiophobia to become the result of the anti-phthisis campaign. On the 
contrary, we should forever preach and practice that the honest conscientious 
consumptive, taking care with his expectoration, is not a source of infection 
and is as safe an individual to associate with as anybody else, and that he 
should be treated with the utmost consideration. 

_ Those who, as official authorities or private citizens, oppose the establish- 
ment of sanatoria or special hospitals for consumptives, must be convinced of 
their error. Show them the great educational value of a sanatorium for con- 
sumptives. Tell them that any patient who has been in a sanatorium, if even 
only for a few months, must of necessity on account of the training he will 


> ` e ter TUANE rn ZEITSCHR. f. 
208 ENDE, EEN ADAPT SANATORIUM METHODS Eee, TUBERKULOSE 


have received become a hygienic factor in the community to which he may 
return, inproved or cured. If this simple assurance does not suffice to convert 
them from their unjustified prejudice against the establishment of a tuberculosis 
institution, show them the statistics of this country and Europe, which prove 
that the mortality from tuberculosis among the inhabitants of villages or towns 
where sanatoria for the tuberculous are situated has always been considerably 
reduced after the establishment of those institutions. The cleanly and sanitary 
habits involuntarily imitated by the villagers, have resulted in diminishing con- 
sumption in their own midst. 

Thus the well conducted and well equipped sanatorium for consumptives 
serves not only as an institution to cure, but also as an institution to prevent 
the spread of consumption. It can even be demonstrated that the prosperity 
of the community which harbors a sanatorium for the consumptive poor has 
always been improved thereby. By the cures accomplished in such a sana- 
torium, wealthy invalids are almost invariably attracted to the locality. 

To prevent the spread of consumption by teaching practical and feasible 
hygiene; to overcome the prejudice against institutions for the treatment of 
the tuberculous and the prejudice against those who are afflicted with the 
disease; to cure when cure is possible; to do what we can to arrest the dis- 
ease, prolong life and render comfortable when absolute cure seems impossible; 
to relieve the sufferings of the consumptive individual, be it mental, physical, 
or social, should be our only aim as true workers in the field of modern 
phthisio-therapy. 


Sub mi KUHN, PHYSIKALISCHE BEHANDLUNG USW. 309 











XX. 


Physikalische Behandlung der Lungentuberkulose durch Hyper- 
ámie, Lymphstrombeförderung usw. vermittels der Lungen- 
Saugmaske. 


Referat, gehalten in der 5. Versammlung der Tuberkuloseärzte, München 1908, 


von Stabsarzt Dr. E. Kuhn, Berlin. 
Mit 2 Tafeln. 


Königliche Hoheiten! Meine Herren! 


Cut die Theorie der Hyperämiebehandlung der Lungen hier näher ein- 
GO zugehen, erübrigt sich, da in neuerer Zeit dieses Thema oft genug 
WA erörtert und auch von mir wiederholt ausführlich behandelt ist.?) 

Es besteht kein Zweifel, daß eine gute Durchblutung den Organen und 
besonders den Lungen den besten Schutz gegen tuberkulöse Erkrankung 
gewährt, und ich möchte hier nur noch einmal besonders hervorheben, daß 
sich das Verfahren der Hyperämiebehandlung mit der Lungen-Saug- 
maske nicht sowohl auf die Erfahrungstatsache der günstigen Beein- 
flussung der Lungentuberkulose durch Blutstauung bei Kreislauf- 
störungen stützt, als vielmehr besonders auf die Tatsache, daß die 
unteren Lungenteile infolge ihrer reichlicheren Durchblutung (und 
besseren Lymphdurchströmung) selbst dann noch in der Regel geschützt 
sind, wenn in den oberen Teilen bereits weitgehende Zerstörungen 
und Kavernen aufgetreten sind. 

Der Schutz, welchen die Herzfehlerstauung durch Behinderung des Blut- 
abflusses aus den Lungen gewährt, wird durch die gleichzeitig eintretende 
Lymphstauung beeinträchtigt, während die bessere Beweglichkeit der unteren 
Brustkorbteile und die hieraus resultierende stärkere Blutansaugung deshalb 
noch günstiger wirken, weil dabei die Lymphzirkulation befördert und infolge- 
dessen die Stagnation und Ansiedelung der Gifte und Krankheitserreger in den 
bedrohten Teilen verhindert wird. 

Die Saugmaske stellt, wie ich in folgendem näher ausführen werde, 
für die gesamte Lunge die Bedingungen her, welche den unteren 
Lungenteilen (gegenüber den oberen) größeren Schutz verleihen. 

Was die Maske selbst anlangt, so verweise ich des Näheren auf meine 
früheren Arbeiten.!) 

Es handelt sich um einen Apparat zur Erschwerung der Einatmung, 
während die Ausatmung völlig unbehindert bleibt.?) 





1) E. Kuhn, Lungen-Saugmaske zur Erzeugung von Stauungshyperämie in den Lungen. 
Dtsch. med. Wechschr. 1906, Nr. 37 und Kongr, f. inn. Med., Wiesbaden 1907. Ferner Münch. 
med. Wchschr. 1907, Nr. 16 und Kongr. f. Hyg. u. Demogr., Berlin 1907. 

2) Das Prinzip dieses Verfahrens hat in anderer Form bereits wiederholt Versuchen in dieser 
Richtung zugrunde gelegen. Ramadge (London 1835), welcher beobachtet hatte, daß Asthmatiker 
und Kranke, die infolge einer Halsgeschwulst oder dergl. an erschwerter Atmung litten, seltener 
tuberkulös werden, ließ durch enge Röhren oder besondere Apparate mit engem Mundstück atmen 
und erwarb sich durch seine Erfolge einen Ruf auch auf dem Kontinent. Rationeller war ein 
Vorschlag Biers (1902): durch Zudrücken der Nase die Nascneinatmung zu behindern und durch 


ZEITSCHR. f. 
310 E. KUHN. | | TUBERKULOSE 














Die Einatmungserschwerung läßt sich dabei genau regulieren und dem je- 
weiligen Kräftezustand des Kranken bezw. der Kraft und Ausbildung seiner 
Brustorgane anpassen. Die Maske kann deshalb ohne die geringsten Beschwerden 
selbst von den schwächlichsten Patienten stundenlang getragen werden. Be- 
züglich des Naheren verweise ich auf die jeder Maske beigefügte Gebrauchs- 
anweisung und möchte hier nur noch hinzufügen, daß nach den bisherigen 
Erfahrungen eine ca. 2stündige tägliche Anwendung sich für die meisten 
Zwecke als genügend wirksam erwiesen hat. 

Was nun zunächst das Zustandekommen der Hyperämie anlangt, 
so weiß jeder aus dem bekannten physiologischen ,,Müllerschen Versuch“, daß 
bei einer Einatmungserschwerung die Lunge mit Blut je nach dem Grade der 
Erschwerung angefüllt wird. 

Man kann auch analoge Erscheinungen aus der pathologischen Anatomie 
heranziehen. Wenn z.B. ein Bronchus verstopft ist, dann entsteht durch die 
fortdauernde Saugbewegung des Brustkorbes bei der Einatmung (allerdings hier 
zum Teil auch durch die Luftresorption innerhalb des ausgeschalteten Lungen- 
teiles) eine starke Hyperämie, wie sie am ausgeprägtesten bei der Erstickung 
in die Erscheinung tritt. Von letzterer bin ich bei meinem Verfahren zur 
Hyperämisierung der Lunge ursprünglich ja auch ausgegangen. 

Ich habe vor einiger Zeit wiederholt auch experimentell versucht, bei 
einem Kaninchen einen Luftröhrenast künstlich zu verstopfen und sah stets 
schon nach kurzer Zeit, wo der Kollaps durch Luftresorption ebenso wie bei 
der Erstickung noch gar nicht oder in sehr geringem Maße vorhanden war, 
eine starke Hyperämie in den an der Atmung behinderten Teilen auftreten. 
(Näheres siehe Münch. med. Wchschr. 1907, Nr. 16.) 

Sodann habe ich einem Hunde ein durchsichtiges Zelluloidfenster in die 
eröffnete Brustwand eingepflanzt und ihm eine Saugmaske aufgesetzt. Man 
konnte nunmehr die Brustorgane direkt beobachten und sehen, daß die anfangs 
rosenrote Lunge im Verlaufe etwa einer halben Stunde dunkler und blaurot 
wurde. Ferner zeigte sich, daß auch im Anfange jeder stärker behinderten 
Einatmung jedes Mal eine dunklere rote Färbung schattenartig über die Lunge 
huschte.!) Diese Erscheinung, sowie die Tatsache, daß im Verlaufe der Ein- 
atmungsbehinderung die Lunge immer dunkler wird, lassen sich somit als 
weitere Beweise anführen, daß das durch die Maske erstrebte Ziel der Lungen- 
hyperämie auch wirklich erreicht wird. | 


den Mund frei ausatmen zu lassen, ebenso wie das Verfahren Wassermanns(1904), welcher durch 
enge Bornkesselsche Röhrchen die Mundeinatmung erschwerte. Ähnliches haben Walden- 
burg u.a. (1874) durch Einatmen verdünnter Luft im pneumatischen Kabinet usw. zu erreichen 
gesucht, doch scheiterten alle diese Verfahren schließlich an der Komplizicrtheit oder mangelhaften 
Technik bezw. den sie begleitenden nachteiligen Folgen. Eine reine Hyperämie kann nur durch 
Erschwerung der Einatmung erzeugt werden, wenn dabei die Ausatmung unbehindert bleibt, zumal 
da eine Behinderung der Ausatmung auch infolge der eintretenden akuten Lungendehnung bei tuber- 
kulösen Lungenerkrankungen unbedingt zu vermeiden ist. Eine Mundatmung durch Röhren u. dergl. 
wirkt aber schiidigend durch Austrocknen der Schleimhäute, ebenso wie eine Behinderung der 
Nasenatmung durch Zudrücken der Nasenflügel, Wolffsche Kanülen oder dergl, Als rationell 
kann daher nur ein Verfahren bezeichnet werden, welches die natürliche Naseneinatmung so be- 
hindert, daß die Luft in der Nase in der nötigen Weise angefeuchtet umd vorgewärmt wird, und 
welches zugleich die Ausatmung unbehindert läßt. 
D) Bei unbehinderter Einatmung war diese dunkle Färbung nicht zu schen. 


EE BEHANDLUNG MIT LUNGEN-SAUGMASKE. 311 











Wir haben dann bei verschiedenen Kranken Blutdruckmessungen während 
des Gebrauches der Maske vorgenommen, welche allerdings — wie alle Blut- 
druckmessungen — nicht beweisend sind, aber doch dafür sprechen, daß der 
periphere Kreislauf im allgemeinen leerer wird. Es war immer dasselbe Bild: 
Der Blutdruck fällt in den ersten 20—30 Minuten dauernd ab, dann kommen 
die üblichen, durch Steigerung des Gefaßtonus oder verstärkte Herzkontrak- 
tionen usw. bedingten regulatorischen Schwankungen, die die Kurve natürlich 
ändern, aber der Blutdruck steigt in der Regel nicht wieder bis zur anfäng- 
lichen Höhe; und alle aufgenommenen Kurven sprechen übereinstimmend 
dafür, daß der große Kreislauf gegenüber dem kleinen leerer wird. 

Wach Nach Nach Nach Nach Nach Nach 


Blutdruck, „ee, 5 10 15 20 25 30 35 Maskenatmung 
Y Minuten | Minuten a Minuten) Minuten | Minuten Minuten | 


790 


780 





en 

| 

: 

| | 
ol | 


E 
Blutdruckkurve während des Gebrauches der Saugmaske, (Nach v. Recklinghausen.) 





Man kann dies übrigens auch durch Fühlen des Pulses bei den Kranken 
gewöhnlich ohne weiteres feststellen, und sehr blutarme Kranke haben manch- 
mal auch selbst die Empfindung, daß die peripheren Teile, z. B. Hände und 
Füße, unter der Maske (durch Wegsaugung des Blutes nach den inneren Or- 
ganen) kühler werden. (S. a. Anm. 2, p. 319.) 

Die stärkere Blutfülle der Lungen hat nun, wie bekannt, zum 
Zweck, die Bazillen abzutöten!) und gleichzeitig durch die bessere 
Ernährung des Lungengewebes eine gute Vernarbung hervorzu- 
rufen. 

Bei einer Reihe von Patienten des letzten Stadiums, welche die Saug- 
maske längere Zeit anwandten, und schließlich an fortschreitender Darmtuber- 
kulose starben, habe ich bei der Sektion denn auch stets die Beobachtung 


1) Wie groß die bakterizide Kraft.des Blutes ist, hat Marmorek (Berl. klin. Wchschr. 1907, 
Nr, 11) an Meerschweinchen experimentell erwiesen. Während bei diesen so sehr für die Tuber- 
kulose emptänglichen Versuchstieren die experimentelle Impftuberkulose sonst ausnahmslos zur 
tuberkulösen Septikämie führt, blieben Meerschweinchen, die mit tuberkelbazillenhaltigem 
Blut arteriell und intraperitoneal geimpft wurden, in fast allen seinen zahlreichen Versuchen gesund. 
Daraus geht hervor, daß selbst die Meerschweinchen, welche im allgemeinen fast als schutzlos gegen 
Tuberkuloseinfektion gelten, durch ihr Blut die Tuberkelbazillen abzuschwächen und ganz zu ver- 
nichten vermögen. 


ZEITSCHR. f. 
312 Es UE, | TUBERKULOSE 





machen konnen, daB die Bindegewebeentwickelung in der Lunge sehr reich- 
lich war.) 

Ebenso ergab die mikroskopische Untersuchung dieser Lungen, daß ge- 
wöhnlich nicht nur die kleinen miliaren Tuberkel, sondern auch größere ältere 
Käseherde und Kavernen von reichlichem Bindegewebe durchsetzt bezw. um- 
geben und abgekapselt waren. Ausgedehnte käsige Erweichungen oder frische 
Einschmelzungen habe ich dagegen nach längerer Behandlung mit der Saug- 
maske niemals gesehen. | 

Sehr wichtig ist nun, daf bei dieser Hyperámie nicht, wie bei sonstigen 
Stauungsverfahren (z. B. nach Bier-Klapp), gleichzeitig eine Lymphstauung 
entsteht. Denn unter der Maske wird durch die Ansaugung des Blutes aus 
den großen Hohlvenen gleichzeitig der Inhalt des Ductus thoracicus, welcher 
in den linken Angulus venosus mündet, aspiriert und somit auch der Lymph- 
strom der Lunge, welcher schon durch den Druck des vermehrt in die Lungen 
einströmenden Blutes nach vorwärts getrieben wird, auf doppelte Weise gefördert.?) 


Die Hyperämiebehandlung mit der Saugmaske steht also in- 
folge der gleichzeitigen Beförderung des Lymphstromes in einem 
gewissen Gegensatz zu den sonstigen Arten der Hyperämiebehand- 
lung, welche gerade bei der Tuberkulose (z. B. der Gelenke) m. E. wegen der 
gleichzeitigen mehr oder minder starken Lymphstauung verhältnismäßig häufig 
versagen.?) 

Die Wirkung der Saugmaske ist aber nicht auf die Hyperämie 
beschränkt, sondern sie gewáhrleistet auch in anderen Punkten eine 
rationelle Behandlung der Lungentuberkulose. 


Wichtig ist zunächst, daß bei diesem Verfahren die Lungen ruhig 
gestellt bleiben. Ich möchte das an Hunden demonstrieren, bei welchen sofort 
in die Augen fallt, wie unter der Saugmaske der Atemmodus sich in dem 
Sinne ändert, daß unter „Hochsaugung“ des Zwerchfelles (sichtbar an der 
starken Einziehung der Flanken) ein fast rein kostaler Atemtyp zustande 
kommt (s. Tafel J). 

Die dünne Zwerchfellmuskulatur kann den Zug der Luftverdünnung bei 
der erschwerten Einatmung nicht in dem Maße überwinden, wie bei unbe- 
hinderter Atmung; infolgedessen wird zwar der Brustkorb weit gedehnt, doch 
bleibt der für die Ausdehnung der Lungen verfügbare Raum (trotz- 
dem infolge der stark ausgeprägten Rippenatmung unter der Saug- 
maske der Anschein vertiefter Atemzüge erweckt wird!) geringer als 
bei freier Einatmung. 

Auch bei dem Hunde, welchem, wie erwähnt, ein Fenster in die Brust- 
wand gepflanzt wurde, konnte man sehen, wie das Zwerchfell und die Lunge 
unter der Maskenatmung nicht so tief nach unten stiegen, wie bei freier Atmung, 

Und früher habe ich auch bereits an der Hand eines für diesen Zweck 


1) Ein Fall ist ausführlicher publiziert: Münch. med. Wehschr. 1907, Nr. 16. 

2) Näheres siehe Landois, Lehrbuch der Physiologie u. a. 

3) Aus deniselben Grunde sieht man trotz hochgradigster Herzfehlerstauung in den 
Lungen auch zuweilen tuberkulöse Prozesse unaufhaltsam fortschreiten. 


SE 4. BEHANDLUNG MIT LUNGEN-SAUGMASKE. 313 








hergestellten Lungenmodells diesen Punkt ausführlich erörtert. (S. das Modell, 
Dtsch. med. Wchschr. 1906, Nr. 37.) 

Ferner hat Waldenburg bereits 1872!) gezeigt, daß beim Einatmen 
verdünnter Luft aus der pneumatischen Kammer (was ja physiologisch völlig 
identisch ist mit dem Einatmen verdünnter Luft durch Einatmungserschwerung) 
das eingeatmete Luftvolumen geringer ist, als bei unbehinderter Atmung, und 
ich konnte diese Versuche auch durch Spirometermessungen bei der Masken- 
atmung bestätigen. 

Beispielsweise atme ich selbst nach einem tiefen freien Atemzug 3500 ccm 
und nach einem tiefen Atemzug unter der Maske nur etwa 2850 ccm Luft in 
den Spirometer aus. 

Bei gewöhnlicher Atmung waren die Zahlen ohne Maske 1800 ccm, mit 
Maske 1550 ccm. 

Die entsprechenden Zahlen bei einem Unterarzt waren 4300 ccm und 
3330 ccm bei tiefer Atmung, und 2400 ccm und 1900 ccm bei oberflächlicher 
Atmung. | 

Sogar die freie Einatmung ergibt unmittelbar nach Abnahme der einige 
Zeit angewandten Maske durchschnittlich etwas geringere Einatmungsluftmengen, 
als sich vor der Maskenatmung mittels des Spirometers feststellen lassen, zumal 
da infolge des vermehrten Blutgehaltes der Lungen, welcher das geringere 
Luftvolumen besser auszunutzen gestattet, das Bedürfnis nach tiefer Atmung 
weniger vorhanden ist. 

Einigen Aufschlub über diese Verhältnisse gibt uns ferner die Durch- 
leuchtung mit Röntgenstrahlen (s. die Abbildungen auf nächster Seite). 

Die Röntgenbilder zeigen deutlich, daß bei jeder Einatmung unter der 
Saugmaske: 

1. das Zwerchfell höher steht; 

2. die Lungenzeichnung undeutlicher bezw. die Lungenfelder dunkler 
sind als bei freier, unbehinderter Atmung. 


Die geringere Zwerchfellatmung wird also auch hier bestätigt, und die 
dunkleren Lungenfelder weisen (außer auf vermehrten Blutgehalt) ebenfalls 
darauf hin, daß das unter der Maske eingeatmete Luftquantum geringer ist. 

Denn während man mit guten Röntgenröhren im Röntgenschirm die bei 
freier Einatmung hell werdenden Lungenfelder am Ende der Einatmung durch 
Hineinströmen des Blytes wieder dunkler werden sieht, werden unter der Saug- 
maske die Lungenfelder auch bis zur Höhe der Einatmung nicht so hell wie 
bei einem unbehinderten Atemzug, woraus man schließen muß, daß die Dunkel- 
heit der Lungenfelder bei behinderter Einatmung nicht allein dem vermehrten 
Blutgehalt der Lunge zugeschrieben werden kann. 


Diese „Ruhigstellung“ der Lungen infolge der geringeren 
Entfaltungsmöglichkeit unter der Saugmaske (s.auch Anm, I, p. 319 und 
Abbild. p. 322) ist aus verschiedenen Gründen von größter Bedeutung; 
denn es ist solchergestalt die Möglichkeit gegeben, zur Kräftigung der Atem- 


1) Waldenburg, Krankheiten der Atmungsorgane, Berlin 1872. 
Zeitschr. f. Tuberkulose. XIII. 21 


ZEITSCHR. f. 
314 E. KUHN e TUBERKULOSE 








Ein tiefer Atemzug ohne Maske, 





Ein tiefer Atemzug mit Maske, 


ser us BEHANDLUNG MIT LUNGEN-SAUGMASKE. 315 





muskulatur!) und der gesamten Atmungsorgane die rationellste und wirk- 
samste Widerstandsgymnastik zu pflegen, ohne, wie bei sonstigen Atem- 
übungen, die Gefahren der Lungendehnung (wie Lungenbluten, Verbreitung 
des Krankheitsprozesses, Verhinderung der Heilung durch Auseinanderzerrung 
der vernarbenden Teile usw.) fürchten zu miissen. Diese Gefahren sah man 
bei den gewöhnlichen „Tiefatemübungen“ als so groß an, daß ihretwegen die 
so notwendige Kräftigung der Atmungsorgane durch Atemgymnastik bisher 
meist gänzlich unterlassen wurde. 

Sodann wird durch die Atemgymnastik unter der Saugmaske bei ge- 
wissermaßen „ruhig gestellten“ Lungen nicht allein die beste Kräftigung 
der Atemmuskulatur ermöglicht, sondern die dabei durch den Hochstand 
des Zwerchfelles erzwungenermaßen eintretende, vorwiegend „kostale“ 
Atmung (s. die Abbildungen der Hunde auf Tafel I) hat infolge der stärkeren 
Exkursionen der Rippen naturgemäß auch eine allmähliche erhebliche 
Beweglichkeit und Weitung des Brustkorbes zur Folge. 

Auf diesen Punkt haben Freund und neuerdings Hart auf Grund 
pathologisch-anatomischer Untersuchungen ihre besondere Aufmerksamkeit 
gerichtet und sogar vorgeschlagen, zur Erzielung besserer Beweglichkeit des 
Brustkorbes die oft in Verknöcherung begriffenen oberen Rippenknorpel zu 
durchschneiden, um auf diese Weise die durch mangelhafte Beweglichkeit der 
oberen Rippen (bezw. schlechte Durchblutung und Lymphdurchstrómung der 
oberen Lungenteile) bedingte Disposition zur Erkrankung der Lungenspitzen zu 
beseitigen. 

In den meisten Fällen wird sich jedoch durch Atemübungen und weitaus 
am zweckmäßigsten durch längere Zeit fortgesetzte Anwendung der Saugmaske, 
die nötige Beweglichkeit des Brustkorbes auch ohne operativen Eingriff in 
genügendem Maße herstellen lassen, ein Standpunkt, welchen neuerdings auch 
Hart vertritt.?) 

Wie stark die Weitung des Brustkorbes ist, welche sich durch die Maske 
erzielen läßt, sei an Cyrtometermessungen (p. 316— 317) erläutert, welche von 
einem jungen 17jährigen Mädchen mit allerdings noch sehr weichem und 
elastischem Brustkorb innerhalb zirka 2 Monaten aufgenommen sind. Die Zu- 
nahme des Brustumfanges betrug dabei 5!/, cm. 

Wenn nun auch eine derartig schnelle Zunahme der Brustweite wohl 
nur im jugendlichen Alter zu erreichen ist, so kann man doch fast in allen 
Fällen nach längerem Gebrauch der Maske eine oft noch erheblichere 
Zunahme des Brustumfanges und der Ein- und Ausatmungsdifferenz auch 
schon mittels des Bandmaßes feststellen.) Auch bei den abgebildeten Ge- 
schwisterhunden (s. bunte Tafel) ließ sich durch Handauflegen oder schon durch 
bloße Vergleichung der nebeneinanderstehenden Tiere ohne weiteres feststellen, 


1) Auch das Zwerchfell wird dabei trotz seiner geringeren Exkursionen hervorragend gekräftigt, 
da es ja den Gegenzug des verstärkten negativen Druckes naturgemäß durch stärkere Anspannung 
beantwortet. 

2) Nach einer mündlichen Mitteilung. 

3) Daß diese Weitung und Beweglichmachung des Brustkorbes ohne akute Dehnung der 
Lunge, Emphysem oder dergl. zustande kommt, versteht sich nach dem Obengesagten von selbst. 


21* 


ZEITSCHR. f. 
316 E. KUHN. TUBERKULOSE 











Hinten 





Cyrtometrische Brustkorbmessungen 
Phthis.pulm.J. 


29.1. 07. 


(Oben) 


Vorn 


Hinten 


15.V11.07 


(Oben) 


Cyrtometrische Messungen, welche die Weitung des Brustkorbes bei einem 17jáhrigen 
Brustkorb ist schmaler aber zugleich gewölbter geworden und hat an Umfang 51/, cm zuge- 
genommen. Mehr- 
daß der Hund, welcher einige Monate hindurch durch die Maske 
geatmet hatte, einen viel breiteren, die Brustwölbung stärker her- 
vortreten lassenden Brustkorb bekommen hatte, gegenüber dem 
schmalen Thorax des gleichartigen Geschwistertieres. 
Stolzenburg?) u. a. haben bei ihren Patienten diese Wirkung der Masken- 
atmung auf den Brustumfang bestätigt. Stolzenburg gibt an, daß bei seinen 
Kranken die Atmungsbreite gewöhnlich um 1—3 cm, und die absolute Zahl 
des Brustumfanges sogar um 6—8 cm und darüber zugenommen haben.?) 





1) Über die mit der Kuhnschen Lungen-Saugmaske in der Heilstätte Slawentzitz gemachten 
Erfahrungen. Münch. med. Wchschr. 1907, Nr. 16. 
2) Jahresbericht der Heilstätte Slawentzitz, 1907. 


ri BEHANDLUNG MIT LUNGEN-SAUGMASKE. 317 


——, N | 


-Hinten x 















10.V11.07. 


(Oben) 


Vorn. 





Hinten 


A 


22. Vill. 07. 


(Oben) 


Vorn. 


Mädchen in ca. 2 Monaten unter Anwendung der Saugmaske erkenñen lassen, Der 
nommen. (Die Maße sind vorn 7 cm unterhalb des Jugulum, hinten über den Anguli scap. 
mals verkleinert.) 

Sehr merkwürdig ist, daß man, während sonst aus Furcht vor Lungen- 
bluten alle Atemübungen gewöhnlich verworfen wurden, bei der Masken- 
atmung die Erfahrung gemacht hat, daß Lungenbluten nicht einzutreten 
pflegt, ja sogar, daß zuweilen schwere Lungenblutungen unter der Maske 
aufhören und fortbleiben. Seit Anwendung dieses Verfahrens habe ich bei den 
Kranken der Tuberkuloseabteilung der ı. Chariteklinik niemals mehr Lungen- 
bluten erlebt, obwohl die Maske selbst bei den schwersten kavernösen Phthisen 
versuchsweise angewandt wurde. Ebenso hat Stolzenburg bei über 100 mit 
der Maske behandelten Patienten keine Blutung gesehen,') und Geheimrat 


1) Jahresbericht der Heilstätte Slawentzitz, 1907. 


en ZEITSCHR. f. 
318 EBEN, TUBERKULOSE 











Senator teilte mir mit, daß er sogar in einer Reihe von Fällen schwersten 
Lungenblutens, in denen alle anderen Mittel versagt hatten, nach Anwendung 
der Maske die Blutungen stehen sah. Diese Beobachtung sollte man a priori 
um so weniger erwarten, als durch das Verfahren ja die Blutzufuhr zu den 
Lungen vermehrt wird. Es bestätigt sich jedoch hier die auch von Bier unter 
Anwendung stärkster Saugapparate selbst bei offenen Wunden gemachte Er- 
fahrung, daß die Gefäße sich den vermehrten Anforderungen anpassen und 
nicht biuten H | 

Die Hyperämisierung erfolgt dabei ja auch nicht durch vermehrten Druck 
von innen, sondern durch Saugung auf die Gefäße von außen; da ferner die 
Gefäße infolge des Blutreichtumes besser ernährt und dickwandiger werden, 
so wird es verständlich, daß die Gefäßwand unter diesen Umständen der Ar- 
rosion durch den tuberkulösen Prozeß um so besser widerstehen kann. 

Auch das Herz wird bei diesem Verfahren durch reichlichere 
Durchblutung und Ernährung gekräftigt und durch Verstärkung der 
physiologischen Wirkung des Einatmungsmechanismus auf den 
kleinen Kreislauf bei nicht allzu forcierter Einatmungserschwerung in seiner 
Tätigkeit sogar entlastet. 





II, Pulskurve nach !/, stündigem Gebrauch der Maske. 
(Der Sphygmograph wurde nach der Aufnahme der Pulskurve I unverrückt auf der Radialis be- 
lassen und nach !/, stündiger Anwendung der Maske die Kurve II gewonnen, welche illustriert, 
wie der kleine, irreguläre Puls regelmäßig und kräftig geworden ist.) 


Man erkennt im Röntgenbild bei stärker behinderter Einatmung sofort an 
dem größeren Schatten, daß das Herz und die großen Gefäße (entsprechend 
dem im Gesamtthorax herrschenden verstärkten negativen Druck) stärker mit 
Blut gefüllt werden; und wiederholt wurde von mir, Stolzenburg u. a. auch 
die Erfahrung gemacht, daß Zustände von Herzschwäche sich bei den Kranken 
unter dem Maskengebrauch erheblich besserten bezw. verloren. 

Die Entlastung des rechten Herzens konnten wir zuweilen sogar durch 
unmittelbares Nachlassen des Klappens des II. Pulmonaltones konstatieren; und 
die folgende Pulskurve gibt ein Bild von dem auch unmittelbar wirkenden 
regulatorischen Einfluß, den die Maske bei manchen Herzschwäche- 
zuständen ausübt. 

Ein weiterer und ebenfalls sehr wichtiger Heilfaktor ist die 
Wirkung der Saugmaske auf die Blutbildungsorgane. Ich habe in 
einer besonderen Arbeit (Die Vermehrung der roten und weißen Blutkörperchen 
und des Hämoglobins durch die Lungen-Saugmaske und ihre Beziehung zum 





t) Näheres ist Münch. med. Wchschr. 1907, Nr. 16 bereits mitgeteilt. 





a BEHANDLUNG MIT LUNGEN-SAUGMASKE. 319 








Höhenklima, Münch. med. Wchschr. 1907, Nr. 35) an der Hand zahlreicher 
Blutuntersuchungen festgestellt, daß infolge der Einatmungserschwerung, ebenso 
wie bei der Luftverdünnung im Höhenklima durch den Reiz der vermin- 
deften Sauerstoffspannung auf das Knochenmark eine schnell an- 
steigende, dauernde Vermehrung der roten und weißen Blutkörper- 
chen und eine etwas langsamere aber auch stetige Vermehrung des 
Hämoglobins stattfindet.') Dieser Einfluß der Maske, welcher an Schnellig- 
keit der Wirkung die sonst üblichen arzeneilichen Blutanregungsmittel bel 
Zuständen von Blutarmut und Bleichsucht weit übertrifft, ermöglicht sogar 
(ebenso wie durch das Höhenklima) selbst bei normalen Individuen die Blut- 
menge zu steigern. | 


Von dem oben erwähnten Hundepaar begann der eine ım Alter von 
zirka */, Jahr 2—4—6—8 Stunden täglich durch eine Saugmaske zu atmen, 
während der andere als Kontrolltier (desselben Wurfes, Alters, Gewichts usw.) 
ohne Maske, aber unter sonst gleichen Bedingungen gehalten wurde. Es zeigte 
sich, daß der „Maskenhund“ außer der im Laufe der Monate auftretenden 
Brustkorbweitung sehr bald gegenüber dem anderen auch eine Vermehrung 
der Blutzahlen aufwies, welche bei etwa 4—6stündiger Maskenatmung zirka 
1 Million rote Blutkörperchen und etwa 12°/, Hamoglobin mehr ergaben, 
und welche bei 7—8stündigem Maskengebrauch auch noch weiter zunahmen.? 


(S. die Blutkurven p. 320.) 


Ebenso deutlich und ohne weiteres einleuchtend ließ sıch der größere 
Blutreichtum des einen Hundes durch Betrachtung der Schleimhäute erkennen. 
Die Wangenschleimhaut, das Zahnfleisch etc. zeigten dauernd eine viel inten- 
sivere rote Färbung; ebenso war die Ohrhaut dunkler rot und von stärker 
gefüllten Gefäßen durchzogen, und auch die Augenbindehäute ließen den 
Unterschied im Blutreichtum beider Geschwistertiere gut erkennen. (S. d. Farben- 
photographie). i 

Diese Wirkung der Saugmaske auf die Blutbildungsorgane ist von anderen 
Seiten wiederholt bestätigt. | 

Grober berichtete auf dem Kongreß für innere Medizin in Wiesbaden (1907) 
von (nachher auch ohne Makse anhaltenden) Vermehrungen der Blutkörperchen 
und des Hámoglobins bei blutarmen und bleichsiichtigen Mädchen. Aron 
prüfte im tierphysiologischen Institut der Tierärztlichen Hochschule auf Ver- 





1) Gegenüber dem Höhenklima hat die Erythrozytenvermehrung unter der Saugmaske, 
wie ich a. a. O. ausführte, „den Vorzug, daß die Kranken in der Ebene cinerseits der Schwierig- 
keiten der Akklimatisation überhoben sind und andererseits durch die zahlreicheren Erythro- 
zyten die sauerstoffreichere Luft der Ebene besser ausnützen können. Dadurch verlangsamt sich 
dann die Atmung, und es resultiert, was bei Tuberkulóscn besonders wichtig ist, cine Schonung 
und ‚Ruhigstellung‘ der Lungen, wie sie in der dünnen Luft des Höhenklimas natürlich nicht er- 
reichbar ist.‘ 

2) Auch bei dem Hunde zeigte sich, daß bei sehr stark behinderter Atmung, wie ich be- 
reits bei den Patientenzählungen geschildert habe, in den Hautkapillaren die Zahl der Blut- 
körperchen manchmal bis auf 3—2 Millionen im Kubikmillimeter abnahm. Die peripheren Teile, 
Ohr usw., waren dabei infolge der Wegsaugung des Blutes nach den inneren Organen gewöhnlich 
ganz kalt anzufühlen. Die Kurve ist deshalb aus Zählungen zusammengestellt, welche morgens 
vor der Maskenatmung vorgenommen wurden. 


E ZEITSCHR. f. 
E. KUHN. TUBERKULOSE 





anlassung des Herrn Geheimrat Zuntz an einer Reihe von Versuchshunden 
die Ergebnisse nach und fand sie bestätigt.') 

Ebenso sah Stolzenburg bei Tuberkulösen der Heilstätte Slawentzitz 
und Stähelin auch bei den ambulatorisch behandelten, anämischen und 
chlorotischen Patienten der ersten medizinischen Charitépoliklinik z. T. recht 
beträchtliche Zunahmen der Zahlen der roten Blutkörperchen und des Hämo- 
globins,!) welche auch nach Aussetzen der Maskenbehandlung nur wenig sanken, 
und in keinem Falle ganz vermißt wurden. 


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Kurve I. ——————— rote Blutkörperchen. ------- Hämoglobin. 
Kurve der Vermehrung der roten Blutkórperchen und des Hämoglobins durch die Saugmaske bei 
einem Hund. (Gewichtszunahme i, d. Zeit: 18—191/, Pfund.) 


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Kurve IL. —- - rote Blutkörperchen. ------- Hämoglobin. 
Kontrollkurve bei dem Geschwisterhund desselben Wurfes. (Gewichtszunahme i. d. Zeit: 18!/, bis 
19 Pfund.) 


(Obige Kurven geben nur einen Teil der mehr als 5 Monate lang aufgenommenen Blutkurven wieder.) 


Auch Herr Geheimrat Senator ermächtigt mich mitzuteilen, daß er bei 
allen in seiner Klinik mit der Maske behandelten Kranken, bei denen Blut- 
untersuchungen vorgenommen wurden, eine Vermehrung der Blutzahlen fest- 
stellen konnte.?) 


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1) Noch nicht publiziert, nach einer múndlichen Mitteilung. 

2) Mit Plesch habe ich auch begonnen, Bestimmungen der Gesamtblutmenge usw. vorzu- 
nehmen; doch haben diese Untersuchungen, abgesehen von einer Vermehrung des Sauerstoffbindungs- 
vermögens im Volumenprozent des Blutes, ein bestimmtes Ergebnis noch nicht gehabt, zumal, da 
zunächst an zahlreichem Material erprobt werden muß, ob sich mit der Kohlenoxyd- und Kochsalz- 


LA 
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sc 





RE 4. BEHANDLUNG MIT LUNGEN-SAUGMASKE. 





Auf die Wichtigkeit einer so einfachen Methode zur Blutvermehrung brauche 
ich hier nicht näher einzugehen. Ich möchte nur darauf hinweisen, daß gerade 
bei Tuberkulösen die Bekämpfung der Blutarmut vielfach Schwierigkeiten 
macht, da die innerlichen Mittel oft versagen,!) und wegen der ohnehin auch 
schon im Beginne des Leidens häufig vorhandenen Magenstörungen kontra- 
indiziert sind. 

In einer früheren Arbeit habe ich auch bereits ausgeführt, daß anderer- 
seits der bei diesen Kranken so häufig vorhandene Appetitmangel bei der 
Möglichkeit reichlicherer Bereitung von Galle und anderen Verdauungssäften 
aus den vermehrten Blutelementen gut beeinflußt werden kann, wie ich das 
öfters in ganz eklatanter Weise gesehen habe. Die so notwendige reich- 
lichere Ernährung des Phthisikers wird oft überhaupt erst möglich, 
wenn die Blutarmut und der dadurch bedingte Mangel an Verdauungs- 
säften behoben wird.) 

Die Wichtigkeit der vermehrten Produktion weißer Blutkörper- 
chen, welche infolge des Reizes der verminderten Sauerstoffspannung auf das 
Knochenmark die Erythrozytenvermehrung beim Gebrauch der Maske begleitet 
und welche, wie ich hier nachtragen möchte, auch durch Römisch (Arosa) im 
Hohenklima *) festgestellt wurde, bedarf ebenfalls keiner näheren Erörterung, 
denn die Bedeutung der Leukocyten als Schutzorgane gegen eingedrungene 
Bakterien ist durch Metschnikoff und neuerdings durch Wright u.a. genügend 
hervorgehoben. Ich möchte deshalb nur darauf hinweisen, daß die Erhöhung 
des „opsonischen Index“, welche sich in mehreren Fällen bei Patienten unter 
der Maskenanwendung feststellen ließ, und welche in erster Linie wohl durch 
„Auto-inokulation“ infolge der innigeren Berührung der Krankheitsprodukte 
mit dem Blut bei der Hyperämie zu erklären ist, wahrscheinlich auch durch 
die Anregung des Leukocytenapparates noch gesteigert wird. 


Schließlich muß ich noch zwei Wirkungen der Saugmaske hervorheben, 
welche sich physiologisch — ähnlich der „Bergkrankheit“ in größeren Höhen — 
aus der geringeren Sauerstoffspannung des Gehirns (infolge Wegsaugung des 
Blutes vom Gehirn bezw. einer allgemein verminderten Sauerstoffspannung) 
ergeben. Die eine ist ein Gefühl der Müdigkeit und Schlafneigung.‘) 





infusionsmethode einwandsfreie Resultate erzielen lassen. Natürlich würde sich auch mit diesen 
Methoden nur die im gesamten Blutgefäßröhrensystem enthaltene Flüssigkeitsmenge, nicht aber deren 
Zusammensetzung aus den einzelnen Blutelementen ermitteln lassen. Es soll deshalb an einigen 
Versuchshunden demnächst auch noch die Gesamthämoglobinbestimmung durch Auswaschen nach 
Welker vorgenommen werden. 

1) Zudem wirkt das Arsen nach Jacobj wahrscheinlich auch erst auf dem Umwege durch 
Blutkörperchenzerfall und dadurch bedingten Sauerstotfmangel. 

3) Wahrscheinlich ist ferner auch die Beförderung der Darmzirkulation und -Resorption 
durch die allgemeine Beförderung des Lymphstromes unter der Saugmaske von nicht zu unter- 
schätzender Bedeutung für die Hebung des Appetites und Stoffwechsels. 

3) Römisch, Festschrift zum 650 jährigen Bestehen des Stadtkrankenhauses Dresden. Dres- 
den 1899. 

4) Zuntz erklärt die analoge Erscheinung bei der Bergkrankheit ebenfalls durch O,-Mangel 
des Gehirns, und diese Erklärung erscheint nach den Ausführungen von Zuntz entschieden plau- 
sibler als die von Mosso früher versuchte Erklärung durch verminderte CO,-Spannung, für welche 
Mosso bekanntlich den Ausdruck ,,Akapnie™ geprägt hat. Näheres siehe Zuntz usw. „Höhen- 
klima und Bergwanderungen“, Berlin 1906 und Mosso, „Der Mensch auf den Hochalpen“, 
Leipzig 1899. 


E ZEITSCHR. f. 
322 e E. KUHN. y TUBERKULOSE 





Die Abbildung fs. u.) zeigt, wie ein Versuchstier selbst in der unbequemsten 
Stellung, in Gurten hängend, nach kurzer Zeit unter der Saugmaske fest ein- 
schläft. Als zweite Wirkung zeigt sich dabei eine ganz erhebliche Verlang- 
samung der Atmung oft bis auf 7 oder gar 6 Atemziige in der Minute, 
welche (ebenfalls analog einem Symptom der Bergkrankheit) als eine Wirkung 
der verminderten Sauerstoffspannung auf das Atemzentrum des Nervus vagus 
aufzufassen ist. (Siehe Mosso a. a. OD 

Wenn man den Hund dann aufrüttelte, war er nach dem Erwachen nicht 
etwa benommen, sondern sofort sehr munter, ein Zeichen, daß nicht Kohlen- 
säure-Intoxikation oder dergl. die Ursache des Schlafes war. Mosso hat die 
analoge Wirkung bei der Bergkrankheit auch mit der des Morphiums verglichen, 
durch welches ja auch eine starke Blutleere des Gehirns erzeugt wird. 





Hund unter der Saugmaske schlafend. 
Die Atemzüge gehen bis auf 6—7 in der Minute herunter, (Wirkung der Gehirnanämie.) 


Diese Schlaf erzeugende Wirkung der Maske, welche von den 
Patienten als sehr wohltuend empfunden wird, ist nicht allein bei Zu- 
stinden von Schlaflosigkeit willkommen, sondern sie erleichtert auch die An- 
wendung des Verfahrens insofern, als die Kranken ruhig liegen und die 
Langeweile, welche mit einer Liegekur naturgemäß verbunden ist, weniger 
empfinden. 

Ich habe mich anfangs gewundert, daß beim Gebrauch der Maske ver- 
hältnismäßig wenige das Bedürfnis haben zu lesen oder dergl., bis ich merkte, 
daß die Kranken infolge des eintretenden Müdigkeitsgefühles in der Regel lieber 
jede Beschäftigung unterlassen. 

Die Verlangsamung der Atemzüge, welche auch bei den Kranken 





1) Weitere Symptome, wie sie bei schwereren Formen der „Bergkrankheit“ in der Höhe 
vorkommen, z. B. Speichelfluß und Erbrechen, kann man beim Versuchstier unter der Maske eben- 
falls beobachten, wenn man die Einatmungserschwerung sofort sehr stark vornimmt, ohne das Tier 
allmählich daran zu gewöhnen, Bei den Patienten bleiben diese Symptome natürlich aus, da sie 
stets ganz allmählich mit der Einatmungserschwerung vorgehen und zu starke Behinderung der 
Einatmung jederzeit vermeiden können, 


De 4. BEHANDLUNG MIT LUNGEN-SAUGMASKE. 323 








manchmal bis auf 8 oder 7 in der Minute herabgehen (s. a. Stolzenburg 
a. a. O.) ist schließlich als ein weiteres, die „Ruhigstellung“ der Lunge 
förderndes Moment von Wichtigkeit. Und da hierbei ätiologisch eine Ver- 
ringerung der Atmungsreize eine Rolle spielt, läßt sich diese Wirkung besonders 
bei Komplikation mit Asthma und natürlich auch bei reinem Asthma 
bronchiale verwerten. Die Atemnot wird dabei nicht nur durch die bessere 
Übung der Brustmuskulatur, durch die Erzwingung der Nasenatmung und eines 
physiologisch richtigen Atemrhythmus behoben, sondern die einzelnen asthma- 
tischen Anfálle werden auch durch die Herabsetzung der Wagusreize oft in 
kurzer Zeit unterdrückt. 

Nach der im vorhergehenden geschilderten physiologischen Gesamtwirkung 
der Saugmaske, ist es einleuchtend, daß schädigende Einflüsse mit diesem 
Verfahren nicht verknüpft sind. Dieses wurde auch bereits in der Debatte 
im Verein für Innere Medizin, Berlin 1906 von Exz. v. Leyden und anderen 
hervorgehoben und auch Senator, Stähelin, Fürbringer (Braunschweig),') 
Stolzenburg usw. haben übereinstimmend bekundet, daß sie niemals irgend- 
welche ungünstigen Nebenwirkungen gesehen haben. 

Auch subjektiv empfinden die Kranken keinerlei Beschwerden, so daß es 
in der Regel eher nötig ist, sie vor allzu eifrigem Gebrauch der Maske zurück- 
zuhalten als sie dazu zu ermuntern. | 

Ich habe bisher in der Charite im ganzen 75 Patienten mit der Saugmaske 
behandelt. Davon scheiden 20 aus, da sie schon mit ganz schwerer, hoffnungs- 
loser Darm- und Lungentuberkulose im allerletzten Stadium ins Krankenhaus 
kamen. | Ä 
Auch bei diesen habe ich prinzipiell die Maske angewandt, um zu beweisen, 
daß sie kein Lungenbluten bekämen, und daß keine sonstigen schädlichen Ein- 
wirkungen auftreten würden. In keinem Fall hat das Verfahren irgendwie 
geschadet, sondern auch bei diesen Kranken verminderte sich Atemnot, Husten- 
reiz, Auswurf usw., und sie fühlten sich subjektiv in der Regel so erleichtert, 
daß sie manchmal bis wenige Tage vor ihrem Tode die Maske gebrauchten. 


Von den anderen 55 Patienten, die in Betracht kommen, gehörten dem 
I. Stadium 26 Patienten, dem II. 12 und dem III. 17 an. Von diesen zusammen 
hatten 76°/, bazillenhaltigen Auswurf. Verschiedene litten gleichzeitig an Kehl- 
kopftuberkulose, Ohrentuberkulose usw. 


Die Bazillen resp. der Auswurf waren am Schluß der Behandlung 
bei 71°/, der Fälle verschwunden, im I. Stadium sogar bei ca. 90°/). 


Alle Patienten mit einer einzigen Ausnahme (im III. Stadium) 
nahmen an Gewicht zu, und zwar durchschnittlich in der Woche um 
ca. 0,69 Pfund bei gewöhnlicher Charitékost. Dabei hatten rund 82%, 
dieser Kranken febrile Temperaturen, nur 10 waren fieberfrei. 

Trotzdem also das Krankenmaterial schwerer als in den Heilstätten war 
(eine Reihe dieser Kranken war sogar von Heilstätten zurückgewiesen), sind die 
Resultate besser, als sie beispielsweise Goetsch unter nur fieberfreien 


1) Verein für Naturwissenschaft, Braunschweig, Sitzung 19. Dez. 1907. 


E ZEITSCHR. f. 
E. REIN: p TUBERKULOSE 








Patienten der Heilstätte Slawentzitz !) mit seiner Tuberkulintherapie kleinster 
Dosen erreichte, wobei er trotz der hygienisch viel günstigeren Verhältnisse nur 
cine durchschnittliche Gewichtszunahme von 0,67 Pfund in der Woche erzielte. 

(Ich habe auch eine größere Reihe anderer Patienten ambulatorisch 
behandelt, doch sind in dieser Statistik absichtlich nur die in der Klinik genau 
beobachteten Fälle ausgeführt.) 

Außer dem Schwinden des Auswurfes und der Bazillen sowie der Zunahme 
des Körpergewichtes sind natürlich noch weitere Symptome der Besserung zu 
bemerken. 

Abgeschen von dem subjektiven Wohlbefinden, der Besserung der 
Atmung, der Abnahme der Atem- und Pulsfrequenz, dem Aufhören 
der Nachtschweiße, des Fiebers usw. beobachtet man meist sehr bald ein 
frischeres Aussehen der Kranken infolge der Blutverbesserung. 

Der Hustenreiz schwindet (ebenso wie der Auswurf) in allen Fällen 
sehr rasch, außer bei frischer trockener Pleuritis, wo durch den anders 
gerichteten Zug an der Pleura bei der ungewohnten kostalen Atmung anfangs 
der Hustenreiz manchmal stärker wird. Aber auch in diesen Fällen wende ich 
die Maske jetzt stets weiter an, da ja auch das Brustfell dem negativen Druck 
und damit besserer Durchblutung und Vernarbung unterliegt, und da der 
pleuritische Reizzustand durch die schneller eintretende Vernarbung sehr bald 
beseitigt wird, wie sich aus dem Verschwinden der Reibegeráusche, des 
Hustens usw. ergibt. 

Fast regelmäßig habe ich dann unter weiterer Behandlung mit der Saug- 
maske-später auch die Funktion des Zwerchfells durch Lösung der Ver- 
wachsungen sich in verhältnismäßig kurzer Zeit wiederherstellen oder 
erheblich bessern gesehen. 

Daß mit dem Husten und Auswurf auch die Rasselgeräusche schwinden, 
ist die Regel; doch ist es nicht möglich, in allen Fällen die feinen katarrhalischen 
Geräusche in den erkrankten Herden und die Disposition zu lokalisierten 
Katarrhen binnen wenigen Monaten oder gar Wochen zu beseitigen. Dazu 
gehört eine bindegewebige Abkapselung und Durchwachsung der Herde mit 
Narbengewebe, welche Monate, manchmal selbst Jahre erfordert. Es ist des- 
halb nötig, und ganz besonders in den Fällen, in denen die gesamten Brust- 
korbverhältnisse durch Ausbildung der Atemmuskulatur, durch Weitung und 
Beweglichmachung des Thorax usw. erst umgestaltet werden müssen, wo Blut- 
armut und Appetitmangel den Stoffansatz und die Produktion der natürlichen 
Schutzmittel hintanhalten, wo die Herzkraft und der Blutumlauf darniederliegen, 
bis zum vollen Erfolg das Verfahren über Monate, ja selbst Jahre 
hinaus anzuwenden.’) 


1) S. Beitr, z. Klinik d. Tub, 1908, Bd. 2, Heft 1. 

2) Zu berücksichtigen ist ferner, daß bei diesem Verfahren die Hyperiimie keine rein me- 
chanische ist, sondern daß sie sich der Patient durch ein Training seines Brustkorbes und seiner 
Muskulatur erst verschaffen muß. Deshalb sind zunächst 1—2, manchmal selbst 3—4 Wochen zur 
Übung notwendig, che die Saugmaske ihre Wirksamkeit voll entfalten kann, Eine nur wenige 
Wochen dauernde Anwendung dieses Verfahrens kann wohl das Blutbild beeinflussen, den Appetit 
heben, asthmatische Beschwerden lindern usw., doch ist zur Ausheilung tuberkulöser Herde unbe- 
dingt eine längere Behandlungsdauer nötig. 


ás BEHANDLUNG MIT LUNGEN-SAUGMASKE. 325 


E o Pe = ES BERN 








Es ist selbstverständlich, daß das hygienisch-diätetische Verfahren auch 
bei dieser Behandlungsmethode als die Grundlage anzusehen ist; ich glaube 
jedoch, daß die Behandlung mit der Saugmaske das hygienisch- 
diätetische Verfahren, besonders was Dauererfolge anlangt, noch 
weit besser gestalten wird, schon allein aus dem Grunde, weil bisher aus 
Mangel an einem geeigneten unschädlichen Verfahren der Atemgymnastik für 
die so notwendige Kräftigung und Ausbildung der Atmungsorgane so gut wie 
nichts geschah. 

Zum Schluß weise ich darauf hin, daß auch in anderen Heilstätten usw. 
mit dem Verfahren gute Erfolge erzielt wurden. Besonders möchte ich hier 
den Jahresbericht von 1908 der Heilstätte Slawentzitz unter Stolzenburg 
hervorheben, nach welchem dort 106, d. i. mehr als ein Drittel aller in den 
letzten fünfviertel Jahren zugegangenen Patienten, mit der Maske behandelt 
worden sind. Wie ich der Statistik!) entnehme, sind die Gesamterfolge, wenn 
man die Gewichtszunahmen (0,68 Pfund in der Woche) als zwar nicht aus- 
schlaggebenden, aber sicher objektivsten Indikator ansieht, noch besser als sie 
dort Goetsch unter nur fieberfreien Patienten erzielte. 

Wenn man ferner demgegenüber die an erheblich ungünstigerem 
Material im Charitékrankenhause, welches den Patienten natürlich nicht an- 
nähernd die hygienischen Vorteile der Heilstätte bieten kann, unter aus- 
schließlicher Behandlung mit der Maske erzielten Resultate betrachtet, so 
ergibt sich, daß (wiederum unter Zugrundelegung der Gewichtszunahmen, 
0,69 Pfund in der Woche) die in der Charite erzielten Resultate die der 
Heilstätte sogar noch übertreffen. 

Da nun ferner durch die Maskenbehandlung die Brustorgane eine 
dauernde Umformung in günstigem Sinne erfahren und da diese einfache 
und den Kranken leicht verständliche und sympatische Behandlungsmethode °) 
auch zu Hause jederzeit beliebig lange fortgesetzt werden kann, so dürfte der 
Nutzen des Verfahrens einleuchtend sein. 





1) Beitr. z. Klinik d. Tub. 1908, Bd. 2, Heft 1. Zusammenstellung von Dluski. 

2 Es ist mir niemals vorgekommen (ebenso wie dieses auch v. Leyden, Senator, 
Stolzenburg, Stähelin u. a. angeben), daß die Patienten diese Behandlungsmethoden als unan- 
genehm empfunden hätten. 


KC ZEITSCHR. f. 
326 o g F. KOHLER, Bu TUBERKULOSE 











XXI. 

Kritische Abhandlung zur Theorie und Praxis der Ophthalmo- 
reaktion nebst Literaturverzeichnis bis 1. September 1908. 
Von 
Chefarzt Dr. F. Köhler, 


Heilstätte Holsterhausen-Werden bei Essen, Ruhr. 


Air haben in der Konjunktivalreaktion eine biologische Erscheinung 
Al von Interesse zu begrüßen, deren Einzelheiten in Verbindung mit der 
"EM Frage der Wirkungen des Tuberkulosegiftes im menschlichen Orga- 
nismus noch nicht als geklärt gelten können, die aber geeignet sein dürfte, bei 
wciterer biologischer Durchforschung fördernde Erkenntnisergebnisse, speziell 
für die Frage der Cellularbiologie bei Infektionskrankheiten, zu liefern. 

Die meisten Autoren nehmen an, daß unter dem Einflusse der tuberku- 
lösen Infektion des Körpers eine Überempfindlichkeit der Konjunktivalzellen 
hervorgerufen wird und eine lokale Antikörperbildung in der Konjunktiva statthat. 
Im Gedankengange der Wassermann-Bruckschen Theorie, gegen welche 
übrigens neben Weil und Nakajama, Morgenroth und L. Rabinowitsch, 
neuerdings Cohn!) sowie Weil und Strauss?) gewichtige Einwände erheben, 
würde zutreffendenfalls die unter dem Einflusse der tuberkulösen Infektion des 
Körpers erregte Überempfindlichkeit der Konjunktivalzellen und eine lokale 
Antikörperbildung in der Konjunktiva mit dem Nachweis von Antituberkulin 
einherzugehen haben. Dieser fehlt bisher. 

Infolgedessen liegt die Ursache der konjunktivalen Entzündungsprozesse 
bei der Ophthalmoreaktion noch nicht klar zutage. Bisher ist man nach unseren 
Erfahrungen der Antitoxinbehandlung beim Tetanus und bei der Diphtherie 
geneigt, nach dem Zusammentritt von Toxin und Antitoxin auf einen Aus- 
gleich, einen Nivellierungsprozeß, nicht aber auf einen Entzündungsprozeß zu 
rechnen. 

Sieht man zunächst einmal von den Antituberkulinideen ab, so drängt 
sich die Frage auf, ob nicht das Tuberkulin allein schon als corpus alienum, 
oder spezieller als Bakterieneiweiß, eine Konjunktivalreizung hervorzurufen 
imstande ist. In der Tat haben Smithies und Walker?) destilliertes Wasser 
an und für sich schon für ein Irritans der Konjunktiven erklärt und auch gegen 
Glyzerin als Vehikel sind in diesem Sinne Bedenken geltend gemacht worden. 
Wenn Franke‘) als Suspensionsmittel Thymol vorgeschlagen hat, so hat eben- 
falls allen weiteren Studien mit dieser Auflösung der exakte Nachweis voraus- 
zugehen, daß das Lösungsmittel allein durchweg als nicht irritierend anzusehen 
ist. Gewiß kann man annehmen, daß wohl meist die Vehikel, die ich anführte, 
als indifferent angesehen werden können, indessen für den einzelnen Fall, bei 
dem speziell die Reaktion des Auges für weitere Zwecke maßgebend sein soll, 





1) Cohn, Berl. klin. Wchschr. 1908, Nr. 28, 

2 E. Weil u. Strauß, Wien. klin. Wchschr. 1908, Nr, 29. 

8) Smithies u. Walker, Journ. of the Amer, med, assoc. 1908, vol, 50, no, 4. 
‘) Franke, Dtsch. med. Wehschr, 1907, Nr. 48. 


o TE KRITISCHE ABHANDLUNG ÜBER OPHTHALMOREAKTION. 327 
ist doch dieser Frage besondere Aufmerksamkeit zu schenken, da nach allge- 
meiner Erfahrung die Konjunktiven äußerst verschiedenartig auf herantretende 
Reize zu reagieren pflegen. Man denke nur an Windzugeinwirkungen oder an 
die Einflüsse bei Wasserapplikationen, die bei „Leichtempfindlichen‘ leicht 
Konjunktivalreizungen verursachen, oder auch an gelegentliche Augenentzündungen 
nach Sonnenbestrahlungen im Sonnenbade oder bei einer Schneepartie, wobei 
sich die Konjunktiven der einzelnen Menschen als sehr verschiedenartig irritier- 
bar erweisen. Serafini,!) welcher eine große Zahl von positiven Tuberkulin- 
Ophthalmoreaktionen bei Fällen von sicher nicht tuberkulöser Affektion sah, 
hebt meines Erachtens mit vollem Recht hervor, daß es träge, unsensible, 
ferner auch bei Gesunden hypersensible Konjunktiven gebe. 

Bringen wir ferner die Erklärung Wolff-Eisners,?) daß in jedem Tuber- 
kulin sich Bazillensplitter befinden, mit den Ergebnissen der Nösske schen?) 
Untersuchungen, nach denen abgetötete Tuberkelbazillen Infiltrationsgewebe 
und Abszesse (ohne Bazillenbefund) hervorrufen können — auch Daels*%) hat 
sich in diesem Sinne ausgesprochen —, in Zusammenhang, so liegt hierin für 
manche Fälle eine eventuelle Erklärung für die Ophthalmoreaktion, deren Er- 
örterung sich zum mindesten lohnen dürfte, ehe man mit Sicherheit in den 
Gedankengängen der Antituberkulinbildung im Sinne Wassermanns die Lösung 
gefunden zu haben überzeugt sein darf. 

Weiterhin legen die interessanten Feststellungen von Cohn,f der bei 
12 Typhösen 8 mal positive Ophthalmoreaktion auf Tuberkulin fand, den Ge- 
danken nahe, daß bei gewissen Krankheiten eine Überempfindlichkeit 
gegen Bakterieneiweiß besteht. Die Beobachtung Cohns findet ihre Be- 
statigung durch Courmont,®) der fast immer bei Typhus positive Ophthalmo- 
reaktion auf Tuberkulin gefunden hat, und ihm reiht sich Arloing?”) an, der 
gleiches bei sekundärer Syphilis beobachtete, sowie Dufour,®) welcher geneigt 
ist, eine Uberempfindlichkeit der Konjunktiva in Verbindung mit eruptiven 
Affektionen, wie Erysipel, Urticaria etc., zu setzen. 

Wenn demgegenüber Calmette?) behauptet, die Typhösen (mit positiver 
Tuberkulin-Ophthalmoreaktion) seien gleichzeitig sicher tuberkulös, so fehlt 
dieser Erklärung doch jedes Beweisgewicht. 


1) Serafini, Med. Akademie zu Turin, 15. XI. 1907. 

2) Wolff-Eisner, Brauers Beitr. Bd. 9, Heft 1. Würzburg 1908, 

3 Nösske, Med. Klinik 1908, Nr. 16. 

D Daels, Med. Klinik 1908, Nr. 2. 

$) Cohn, Berl, klin. Wehschr. 1907, Nr. 47. 

6) Courmont, Soc. méd. höpit. de Lyon, 12. XI. 1907. 

7) Arloing, Soc. méd. höpit. de Lyon, 3. XII. 1907. 

8) Dufour, Étude clinique sur l’oculoreaction à la tuberculine, p. 50: «— nous voulons 
encore parler de «deux cas que nous avons observés et où le caractère particulièrement intense de 
la reaction nous a paru tenir à une ‘sensibilisation’ de la conjonctive, conséquence peut-ctre d'une 
affection éruptive des téguments. Il s’agit dans le premier cas d'un trysipèle de la face, et dans le 
second, d'une poussée d'urticaire géant.» — p. 51: «ll est peut-ótre permis de faire un rapproche- 
ment entre ces réactions et celles qu'Arloing a constatées chez des syphilitiques en pleine efflores- 
cence secondaire (plaques muqueuses, roséoles, etc.) Pensant bien, qu'il ne s'agissait pas dans nos 
cas d'une coïncidence fortuite, nous nous sommes abstenus dès lors de pratiquer Poculoréaction 
dans tous les cas où il existait une affection éruptive (scarlatine, varicelle, rougeole, impétigo, etc.)» 

9) Calmette, Bull. méd., 15. I. 1908: «Le bacille typhique n’est peut-ctre virulent que sur 
les sujets porteurs de lésions tuberculeuses dans leur système lymphatique.» 


e RE ZEITSCHR. f. 
_ 328 _ nn = Be. a : ___ TUBERKULOSE 





Aber es reihen sich in diesem Zusammenhange noch weitere wichtige 
Beobachtungen an. Bei Cohn?) finden wir den bemerkenswerten Hinweis 
darauf, daß Kranke, denen Tuberkulin ins Auge getráufelt war, nach später 
vorgenommener subkutaner Tuberkulininjektion stets Rötung des Auges zeigten. 
Diese Erscheinung wurde bei den bloß Verdächtigen wie bei sicher 
Nichttuberkulösen beobachtet. Im Gegensatze zum Verhalten der Nicht- 
tuberkulösen hat die Tuberkulineinträuflung bei Tuberkulösen die Wirkung, 
eine allgemeine Überempfindlichkeit hervorzurufen in Gestalt positiver Reaktion 
am anderen Auge bei einer späteren Prüfung. Eine lángere Zeit nach der 
Linträuflung gemachte subkutane Tuberkulininjektion ist also imstande, die lokale 
Reaktion am Auge wieder hervorzurufen, oder, falls sie vorher nicht erfolgt 
war, zu erzeugen. Cohn spricht dann schon den Gedanken aus, daß die ein- 
malige Einträuflung bei nichttuberkulösen Erwachsenen — nicht bei Säug- 
lingen — nach genügend langer Zeit im allgemeinen eine Überempfindlichkeit 
des eingeträufelten Auges hervorrufe. Bei Tuberkulösen erstreckt sich die 
Wirkung meist auch auf das andere Auge. 

Im Mittelpunkte dieser Gedanken steht also die unter bestimmten Um- 
ständen hervorzurufende Uberempfindlichkeit der Konjunktiva. Wenn nun bei 
der Mehrzahl der Tuberkulósen eine 1%,ige, ja schon geringere Lösungen 
genügen, um eine Konjunktivalreaktion auszulösen, während bei Gesunden diese 
Konzentrationen meist indifferent sind, so kann von einer allgemeinen che- 
mischen Reizung der Konjunktiva in weitem Sinne, ohne daß Besonderheiten 
für Tuberkuloseinfizierte und wahrscheinlich auch andere Kranke existierten, 
nicht die Rede sein. 

Wendet man aber bei Gesunden kurz hintereinander steigende Instillations- 
dosen an, so reagieren auch Gesunde. Eine gewisse chemische Empfindlich- 
keit des Auges gegenüber Tuberkulinlösungen besteht also auch bei Gesunden. 
Indessen bei Tuberkulösen scheint diese Konjunktivalempfindlichkeit größer 
zu sein. 

Sie ist zweifellos endogen-toxischen Ursprunges. Wir wissen nun, daß 
bei Gesunden sowie bei einer Anzahl Tuberkulöser die äußere Instillation ohne 
Wirkung bleiben kann, jedoch daß eine solche bei nachfolgender Injektion, 
subkutan, auftreten kann. Es läßt sich dieses Phänomen wohl nur daraus er- 
klären, daß die erste Instillation ins Auge lediglich einen latenten Reizzustand 
hervorbringt, der indessen bei geringster Veränderung des Blut- und Lymph- 
stromes durch subkutan beigebrachtes Bakterieneiweiß in einen Entzündungs- 
prozeß übergeht. 

Bei Tuberkulösen, deren Organismus vom Tuberkulosegift mehr oder 
weniger infiziert ist, besteht vermutlich vielfach bereits eine Überempfindlich- 
keit der Konjunktivalzellen endogenen Ursprungs präformiert. Es 
genügt nun eine leise Reizung durch Tuberkulin von außen, eine Summa- 
tion der einen latenten Reizzustand bedingenden Stoffe in den 
Konjunktivalzellen, um Rötung, Schwellung, Entzündung manifest werden 
zu lassen. 





1) Cohn, Le 


9D. XI HEFT4 KRITISCHE ABHANDLUNG ÜBER OPHTHALMOREAKTION. 329 








Diese Überempfindlichkeit der Konjunktivalzellen, die ich für die größte 
Mehrzahl tuberkulös Infizierter annehme, trägt meines Erachtens noch keines- 
wegs ohne weiteres spezifischen Charakter. 

A. Fränkel!) meint, daß vielleicht mit bakteriolysierten Bakterienleibern 
gesättigte Individuen eine Empfindlichkeit gegenüber jeder Form von Bakterien- 
eiweiß erwerben. Diese Annahme hat vielleicht Berechtigung. Die Empfind- 
lichkeit könnte cellular-chemisch oder toxisch-vasodilatatorisch, 
möglicherweise auf centralem Wege bedingt sein, worauf ich noch zu- 
rückkomme. 

Wir konstatieren bei Masern z. B. eine solche Überempfindlichkeit der 
Konjunktiva in Gestalt eines nie versagenden Symptomes der Krankheit. Es 
gehört die endogen-toxisch bedingte Reizung der Konjunktivalzellen bis zur 
Entzündung zum Krankheitsbilde Der ausführlich berichtete Fall Dufours?) 
von Tuberkulinophthalmoreaktion bei Erysipel 2 Stunden nach der Instillation 
läßt kaum eine andere Annahme zu, als daß unter dem Einflusse der Erysipel- 
infektion die tuberkulös bedingte Überempfindlichkeit der Konjunktiva überaus 
gesteigert war. Auf die besondere Eigenschaft verschiedenartiger Infektions- 
prozesse, eine Konjunktivalüberempfindlichkeit hervorzurufen, ist ebenso zurück- 
zugreifen, wenn man die Reaktion der Typhösen wie Syphilitischen auf Bak- 
terieneiweiß (speziell Tuberkulin) verstehen will. 

. Schon in der Diskussion zu F. v. Müllers Vortrag auf der V. Tuberku- 
loseärzteversammlung in München 1908 habe ich angeregt, zu untersuchen, 
wie sich eine Deuteroalbumoseninstillation verhalten würde in ihren Wirkungen 
auf die Konjunktiva Gesunder und Tuberkulöser. Zurzeit scheint Dufour’) 
in dieser Richtung bereits tätig zu sein. Andere naheliegende Untersuchungs- 
fragen ergeben sich aus unseren Ausführungen von selbst. 

Es beruht keineswegs die Entzündung jederzeit auf Toxin- und Anti- 
toxinzusammentritt. Es besteht auch für die Erscheinung der Ophthalmo- 
reaktion die Möglichkeit, daß sie durch eine Zellenüberempfindlichkeit 
zustande kommt in ähnlicher Weise, wie etwa die Rachenzellen eines passio- 
nierten Rauchers leichter zu Halserkältungen neigen können, wie die des Nicht- 
rauchers. Bei den Infektionskrankheiten würde die Überempfindlichkeit auf 
einen endogen bedingten Ursprung zurückzuführen sein. 

Nach diesen Hinweisen bedarf es also meines Erachtens in der Ophthalmo- 
reaktionfrage der Lösung des Problems: Beruht die Ophthalmoreaktion 
auf einem entzündungerregenden Zusammentritt von Tuberkulin 
und Antituberkulin (was ich für sehr unwahrscheinlich halte), oder aber 


1) Zit. nach Wolff-Eisner, Brauers Beitr, z. Klinik d. Tub. Bd. 9, Heft 1. 

? Dufour, l. c., p. 50: «Mile. A., 26 ans, entrée dans le service le 4. XI. pour un ery- 
sipèle très bénin de la face. Tp. 38,1% Le surlendemain déjà, la malade était apyrétique, et toute 
trace d’erysipéle avait complètement disparu, L'existence d'un rétrécissement mitral dystrophique, 
avec sommet gauche, motivait l’épreuve de l’oculoréaction, qui est pratiquée le 9 Novembre, Deux 
heures après déjà, la réaction s'annonce exceptionellement intense; maximum d'intensité le 11. 
L'œil gauche présente les symptômes classiques de la conjonctivité aigue: état papillaire de la con- 
jonctive palpébrale, fort chemosis, flocons fibrineux abondants dans le cul-de-sac inférieur. Examen 
bactériologique: staphylococces blancs. Tp. 38°. Les phénomènes commencent à s’amender, mais 
lentement, a partir du 12, 

$) Dufour, ibidem, p. 39, Anmerkung 1. 


Zeitschr. f. Tuberkulose. XIII. 22 


330 Fe KONTER, TUBERKULOSE 
auf einer Entzündung auf Grund von Zellenüberempfindlichkeit der 
Konjunktiva gegenüber einer chemischen Noxe und steht diese stets 
in einem Antipodenverháltnisse zur Infektion des Organismus, oder 
kann sie im allgemeineren Sinne als Bakterieneiweiß charakterisiert 
werden? 

Es liegt auf der Hand, daß die Aufklärung dieser Dinge recht wichtige, 
theoretisch interessante, wie praktisch wertvolle Ergebnisse für die Infektions-, 
wie Immunitätslehre bringen wird. Die Anregung zu diesen biologischen 
Fragen gegeben zu haben, ist zweifellos ein Verdienst, das der neuen Reaktion 
zuzuschreiben ist. 

Letztlich ist von nicht zu unterschätzender Bedeutung für die Auffassung 
der Ophthalmoreaktion, daß ihre Beweiskraft fir den streng spezifischen 
Charakter bisher durch den Tierversuch nicht sicher und zuverlässig gestützt 
ist. Wenn Vallée,!) von dem übrigens der Ausdruck ,, Ophthalmoreaktion“ 
zuerst gebraucht ist, an einem größeren Tiermaterial die diagnostische Be- 
deutung der Erscheinung bestätigt zu haben glaubte und auch Ligniéres?) 
von zuverlässigen Resultaten an 200 tuberkulösen Rindern berichtete, so be- 
zweifelte Arloing* auf Grund von Tierversuchen den Wert der Reaktionen, 
und auch loannovics und Kapsammer,*) ähnlich auch Levy?) bei Hunden, 
konnten nur das völlige Versagen derselben im Tierexperiment feststellen. 
Nach diesen vorliegenden Veröffentlichungen ist also die tierexperimentelle 
Grundlage noch keineswegs gegeben. 

Auch muß die Kontrolle der Ergebnisse der Ophthalmoreaktion in vivis 
durch Autopsie gewichtige Aufschlüsse geben. Es liegen in dieser Beziehung 
eine Reihe von Angaben vor, die ebensowenig das volle Zutrauen zur Zuver- 
lässigkeit der Reaktion rechtfertigen. Ich erwähne nur, daß Klieneberger?), 
der ein großes Material der Ophthalmoprüfung unterzog, unter 28 Sektionen in 
3 Fällen völliges Fehlen von Tuberkuloseerscheinungen konstatierte, bei denen 
zu Lebzeiten die Ophthalmoreaktion positiv gewesen war. Außerdem bot ein 
Fall die Zeichen ausgeheilter Tuberkulose, der zu Lebzeiten positiv reagiert 
hatte. Bourget”) erhob bei 3 Fallen mit positiver Reaktion negative Au- 
topsiebefunde. 

So darf es nicht Wunder nehmen, daß in den Veröffentlichungen mannig- 
fach betont ist, daß klinisch durchaus Tuberkulosefreie in keineswegs geringen 
Prozentsätzen positive Reaktionen gezeigt haben. Dufour?*) vermißte bei klinisch 
nicht Tuberkulösen zwar meist die positive Reaktion, bei 15%/, aber wurde 
positive Reaktion verzeichnet. Klieneberger?) sah bei klinisch Unverdächtigen 


1) Vallée, Acad. d. sciences 1907, 3 et 17. VI.; Compt. rend. 1907, t. 144, no. 24. 

2) Lignieres, Compt. rend. acad. sc. 1907, t. 145, no. 22. 

3) Arloing, Soc. med. höpit., Lyon, 3. XII. 1907; Soc. de biol., 25. I. 1908; Journ. de 
physiol. et de pathol. gén. 1908, no. 1. 

4) loannovics u. Kapsammer, Berl, klin. Wchschr. 1907, Nr. 45. 

5) Levy, Verein f. inn. Med., Berlin, 16. XII. 1907. 

6) Klieneberger, Dtsch. med. Wchschr. 1908, Nr. 18. 

7) Bourget, Revue méd. de la Suisse Romande 1907, p. 888; Soc. méd., 31. X. 1907. 

8) Dufour, Le 

9) Klieneberger, Le 


"e TT KRITISCHE ABHANDLUNG ÜBER OPHTHALMOREAKTION. 331 





23,5°/, positive Resultate. Nach der Tabelle HI von Schenck und Seiffert?) 
über 52 Fälle mit klinisch ausgeschlossener Tuberkulose haben von diesen 
50°/, reagiert und zwar 5,77°/, auf 1%, Lösung, 21,15°/, auf 2°/, Lösung, 
23,08°/, auf 4%/, Lösung. Cohn?) sah bei 192 Nichtverdächtigen bei 1°}, 
Lösung nach der Instillation 10 positiv, 4 fraglich, 178 negativ reagieren. 

Aus diesen kurzen Angaben ist ersichtlich, daß zweifellos eine ganze 
Anzahl von Individuen die Überempfindlichkeit der Konjunktiva 
gegenüber einer Tuberkulininstillation besitzt, ohne daß es be- 
rechtigt wäre, nun auf das Vorhandensein von Tuberkulose zu 
schließen. Der Beweis dafür, daß alle solche in Wirklichkeit doch kleine 
Tuberkelherde gehabt haben müssen, ist nicht geliefert. Wir werden mit Recht 
nicht den Punkt, der zu beweisen ist, als feststehende Voraussetzung nehmen dürfen. 

Wenden wir nunmehr den Angaben unsere Aufmerksamkeit zu, welche 
den Reaktionsausfall bei Leuten betreffen, die klinisch tatsächlich tuberkulös 
gewesen sind, so ist auch hier von einer allgemein befriedigenden Lösung 
keine Rede. 

Ich’) habe bei 169 klinisch sicher Tuberkulösen bei Positivrechnung 
leichtester Rötungen 8 negative Resultate beobachtet. Cohn‘) hatte schon 
bei 86 Tuberkulösen 26 Ausfälle, bei leicht- und mittelschweren Tuberkulose- 
fällen ca. 6°/, Ausfälle, bei Schwertuberkulösen ca. 50°/, negative Resultate. 
Serafini®) vermißte die Reaktion bei sichergestellter Knochen- und Gelenk- 
tuberkulose. Klieneberger®) fand bei nachweislich Tuberkulósen nur 63,5%, 
positive Resultate. Wollte man nun, im Gedankengange Wolff-Eisners, die 
Ausfälle mit dem Fortschritt der Tuberkuloseinfektion des Körpers in Zu- 
sammenhang bringen und mit ihm annehmen, daß bei Tuberkulösen des 
III. Stadiums die Reaktion nur selten, etwa in 28°/,, auftritt, so liefert die 
neueste Arbeit von Röpke’) bei recht gründlicher Versuchsanordnung geradezu 
entgegengesetzte Resultate. 

Nach Röpke reagieren im III. Stadium konjunktival auf die erste In- 
stillation einer 1°/,igen Lösung etwa 50°/,, auf die erste und zweite über 90°/,, 
von den ersten Stadien nur etwa ?!/ẹ Bei der zweiten Instillation reagieren 
von ersten Stadien rund 44°/,, von den zweiten rund 64°/,, von den dritten 
91°/, positiv. Es prävalieren die starken und prompt einsetzenden Reaktionen 
bei den manifesten und vorgeschrittenen Stadien. Nach diesen Erfahrungen 
erklärt also Röpke logischerweise eine einmalige Instillation für absolut unzu- 
reichend. Bei der Wiederholung ergibt sich aber die praktisch verhängnisvolle 
Tatsache, daß gewöhnlich auch die inaktiven Herde bei klinisch Gesunden auf- 
gedeckt werden. 


1) Schenk und Seiffert, Münch. med. Wochschr. 1907, Nr. 46. 

N Cohn, Le 

5) Köhler, Ztschr. f. Tuberkulose Bd. 12, Heft 1. 

#) Cohn, Le 

5) Serafini, Le 

6) Klieneberger, Le 

7 Röpke, Brauers Beitr. z. Klinik d. Tub. Bd. 9, Heft 3. Während der Drucklegung vor- 
liegender Abhandlung erscheint an gleicher Stelle eine Erwiderung von Wolff-Eisner, die indessen 
gegenüber Röpke doch keine volle Klarheit gebracht hat. Brauers Beitr. Bd. 10, Heft 2. 


22* 


332 F. KÖHLER. Ro 

So ist der Wirrwarr unverkennbar. Daß vollends bei lediglich sus- 

pekten Fällen an den Ausfall der Reaktion keine Schlußfolgerungen 
geknüpft werden können, ergibt sich nach alledem von selbst. 

Es mag nicht unerwähnt bleiben, daß vielleicht in manchen Fällen das 
Präparat nicht recht geeignet gewesen sein mag. Das Höchster Präparat ist 
ursprünglich wohl wie das Calmettesche zu stark gewesen. Aber dennoch 
genügt dieser Einwand keineswegs, um die Resultate in durchweg anderem 
Lichte erscheinen zu lassen, besonders wenn man an die zahlreichen sicher 
tuberkulösen Fälle denkt, die dennoch keine Reaktion zeigten. In dieser Be- 
ziehung sind auch die Mitteilungen von Lipe, Wedd und Hertz!) recht be- 
merkenswert. Auch ist nach meiner Erfahrung der Hinweis Siegels?) nicht 
unberechtigt, man wisse oft nicht, ob die Reaktion positiv sei, oder nicht. Es 
unterliegt zweifellos die Interpretation der Augenerscheinungen nicht selten dem 
subjektiven Ermessen. So ist das I. Stadium Letulles?) sicher ein recht 
schwankendes Grenzstadium. Letulle unterscheidet: 1. simple rougeur, 2. rou- 
geur vive sans exsudat fibrineux, 3. réaction énergique avec exsudat fibrinoide 
plus ou moins abondant. 

Kann nach diesen Feststellungen begreiflicherweise den weitgehenden 
Schlüssen Wolff-Eisners für die Prognose in Verbindung mit dem Ausfall 
der Reaktion keinenfalls zugestimmt werden, so miissen weiterhin die Vorschläge, 
die man an die Ophthalmoreaktion für die praktische Verwertung, z. B. zur 
Ermittelung tuberkulóser Schulkinder etc., gekniipft hat, ablehnend beantwortet 
werden. 

Ich beschäftige hier mich kurz mit der Frage der Anwendung bei 
militärischen Aushebungen. 

Nach den vorausgegangenen Ausführungen ist die Zuverlässigkeit der 
Reaktion eine zu geringe, als daf man irgendwelche weitgehenden 
Schlüsse für praktische Zwecke zu ziehen berechtigt wäre, Ent- 
sprechend der berühmt gewordenen Mitteilung von Franz über 60°/, positive 
Tuberkulinreaktionen bei subkutaner Einspritzung an dem Material bosnischer 
Rekruten wird spáterhin die Angabe Simonins‘) häufig Beachtung finden, daß 
er bei neueingestellten Rekruten 40°/, positive Ophthalmoreaktionen beobachtet 
hat. Wird man nötig haben, diese 40°/, etwa für den Heeresdienst als un- 
brauchbar anzusehen, oder gar unter dem Gesichtspunkte gelungener Früh- 
diagnose von Tuberkulose an die Unterbringung in Heilstätten zu denken? — 
Ohne Zweifel geht Calmette?) zu weit, wenn er am 14. Januar 1908 in der 
Académie de Médecine erklärte: — „que le médecin militaire soit autorisé à 
employer cette épreuve. — „Son emploi judicieusement effectué permettrait 
de réaliser dans la famille, dans les écoles, dans notre armée nationale, dans 
les hôpitaux et dans toutes les collectivités humaines, une sélection, qu'aucun 





1) Lipe, Wedd and Hertz, Lancet, no. 4399. 

2 Siegel, Laryngol. Ges., Sitzber. Berl. klin. Wehschr, 1908, Nr. 13, p. 672. 

3) Letulle, Soc. méd. höpit. Paris, 28. VI. 1907. 

4) Simonin, Semaine méd. 1907, no. 48. 

5) Calmette, L'ophthalmodiagnostic de la tuberculose et son rôle dans la lutte sociale anti- 
tuberculeuse, Bull. méd. 1908, 15 Janvier. 


"Te TTT KRITISCHE ABHANDLUNG ÜBER OPHTHALMOREAKTION. 333 


autre procédé ne permet d'assurer aussi efficacement, des sujets porteurs de 
lésions tuberculeuses en activité.‘ 

Délorme!) opponierte gegen diese optimistische Auffassung Calmettes 
und faßte die Gründe, welche gegen die ausschlaggebende Verwendung im 
Heeresdienst sprechen, so prägnant zusammen, daß ich den Originaltext an 
dieser Stelle nicht unerwähnt lassen möchte: ‚en apparence précieuse pour le 
diagnostic, chez le soldat, des tuberculoses pulmonaires au début, Pophthalmo- 
réaction donne lieu communément à des interprétations cliniques et sourtout 
médico-légales erronnées, si nombreuses qu’elles contre-indiquent son emploi 
par les médecins de l’armée. Les accidents locaux qu’elle provoque du côté 
de Poeil, pour rares qu'ils soient, imposeraient encore des réserves à son usage. 
Dans un milieu comme l’armée, où par respect pour l’homme, on demande 
la suppression des diagnostics écrits sur les billets d'entrée de nos hôpitaux, 
il ne semblerait pas permis à un médecin militaire d'infliger à un malade 
l’angoisse d'un diagnostic terrible, de la dernière évidence pour lui, vu par lui, 
et qui péserait à jamais sur son moral“, — 

Ich habe ferner bei meinen zahlreichen Untersuchungen nur zu háufig 
die Beobachtung gemacht, daß die Kranken, denen ein Tropfen Tuberkulin 
ins Auge instilliert war, nahezu reflektorisch, wenn man nicht dringende An- 
weisungen gegeben hatte, mit der Hand oder gar dem Taschentuch an das 
Auge herankamen, wodurch bei militärischen Untersuchungen in Anwesenheit 
oder Abwesenheit des Arztes nur gar zu leicht artefizielle Konjunktival- 
rötungen entstehen können. Schrecken militärscheue Individuen schon nicht 
selten vor schmerzhaften Selbstverstümmelungen grausamer Art zurück, um 
wieviel leichter würde das Bekanntwerden der Folgerungen aus gerötetem Auge 
nach der Tropfeninstillation für die Einstellung in den Heeresdienst einer leichten 
Selbstentziehung von diesem Tür und Tor öffnen. 

Weiterhin erschweren physiologische Hyperämieen, worauf schon 
Röpke aufmerksam macht und was ich nach meinen Erfahrungen voll bestätigen 
kann, die konjunktivale Diagnostik. 

Gehen wir nun weiter auf die praktische Anwendung der Ophthalmo- 
reaktion ein, so ist hervorzuheben, daß, unter Berücksichtigung der eingangs 
besprochenen gar nicht so seltenen Ausfälle der Reaktion trotz vorhandener 
Tuberkulose, bei zweifelhaftem klinischen Tuberkulosebefund natürlich gar 
nichts gewonnen ist, wenn die Reaktion negativ ausfällt. Fällt sie positiv aus, so 
ist zwar richtig, daß in zahlreichen Fällen von Tuberkulosen die Reaktion positiv 
zu sein pflegt — ich möchte damit Wolff-Eisner gewisse Konzessionen machen, 
obwohl andererseits Röpke, wie gesagt, von den ersten Stadien auf die erste 
Instillation nur etwa !/, reagieren sah — aber zur Entscheidung kann eine 
solche, zahlreichen Fehlerquellen leicht unterliegende Methode 
gewiß nicht dienen, zumal sowohl Sitz, wie insbesondere Art, Akti- 
vität oder Latenz des tuberkulösen Prozesses durchaus unklar bleibt. 
Ja, es ist sogar sicher, daß ausgeheilte Tuberkulose Ophthalmoreak- 





1) Delorme, L'ophthalmoréaction et son röle dans la défense sociale antituberculeuse. Acad, 
de méd. 1908, 21 Janvier. 


ZEITSCHR. f. 
334 F. KÖHLER. = TUBERKULOSE 


tion zeigen kann. Ich erkläre diese Tatsache so, daß jeder ausgeheilte 
tuberkulöse Prozeß einmal ein manifester mit Intoxikation des Organismus und 
dadurch bedingter Konjunktivalzellenüberempfindlichkeit gewesen ist. Wenn 
ich an dieser Stelle, wie auch schon eingangs mich auf diesen Ausdruck be- 
schränke, so möchte ich ausdrücklich hervorheben, daß vorläufig eine nähere 
Präzision der Art derselben unmöglich ist und ich es offen halten muß, ob 
es sich lediglich um eine cellular-chemisch-protoplasmatische, oder 
möglicherweise auch um eine toxisch bedingte vasodilatatorische 
Hypersensibilität handelt. In letzterem Falle würden wir auf eine durch 
das Tuberkulosegift bedingte Nervenirritabilität zurückzukommen haben, 
also auf ein Phänomen, das in anderer Art zweifellos eine große Rolle in der 
Tuberkulosepathologie spielt (Nachtschweiß, Temperaturlabilität, psychophysische 
Gleichgewichtsstörung). Die Überempfindlichkeit hat bei diesen Fällen aus- 
geheilter Tuberkulose den Abheilungsprozeß offenbar überdauert. 

Man hütet sich deshalb zweckmäßig wohl, eine manifeste Tuberkulose 
bei positiver Ophthalmoreaktion anzunehmen, und noch vielmehr davor, auf 
Grund positiver Reaktion eine Heilstättenbehandlung für notwendig zu halten, 
vorausgesetzt, daß nicht andere Symptome zu einer solchen drängen. 

Mit Recht hat also Predtetschenski!) darauf hingewiesen, der Wert der 
Ophthalmoreaktion gleiche dem der Sektion. Sie gibt keine klinische Diagnose, 
sondern — ich setze hinzu: „mit großem Vorbehalt“ — eine anatomische Diagnose. 

Solange die Reaktion noch keine einheitlichen Resultate ergeben hat und 
unter Berücksichtigung der meines Erachtens in ihren Wirkungen im Organis- 
mus sich äußerst verschiedenartig geltend machenden Manifestation der Tuber- 
kulose kaum jemals geben wird, solange aktive, latente und abgeheilte Tuber- 
kulose durch die Ophthalmoreaktion nicht sicher voneinander unterschieden 
werden können, solange, was noch besonderer Hervorhebung bedarf, zwischen 
Miliartuberkulose und Typhus auf Grund der Ophthalmoreaktion 
nicht differential-diagnostische Erkenntnisse möglich sind, solange ist 
mit derselben praktisch sehr wenig zu machen. 

Es verdichtet sich das absprechende Urteil noch besonders, wenn das 
Verfahren selbst als durchaus nicht ungefährlich angesehen werden muß. 

Die Durchsicht der diesbezüglichen ophthalmologischen Arbeiten, deren 
Autoren sich begreiflicherweise infolge der Heranziehung ihres Spezialorganes 
zur Diagnose einer Konstitutionskrankheit, die vornehmlich in einem anderen 
- Organe ihren Sitz hat, mit der Reaktion eingehend beschäftigt haben, ergibt, 
daß kein einziger die Gefahren verkannt hätte. Es muß ernstlich zu denken 
geben, wenn Siegrist-Bern?) bei 4 Fällen nach 8—10 Tagen außer einer 
starken Entzündung eine Aussaat von miliaren Knötchen sah, deren histologi- 
scher Bau bei Untersuchung exzidierter Stückchen das typische Bild der 
Tuberkel zeigte. Er hatte das Tuberkulintest von Lille verwandt, ähnliche 
Erfahrungen machte Seligmann-Hamburg* mit einer 1/,°/, igen Original- 


1) Predtetschenski, Prakt. Wratsch 1908, no, 1, 2. Referat, 
2) Siegrist, Therapcut. Monatsschr. 1908, Nr. 4. 
$) Seligmann, Arztl. Verein Hamburg, 28, IN. 1908; Ref. Münch. med. Wchschr. 1908, Nr. 18, 


e.” KRITISCHE ABHANDLUNG ÜBER OPHTHALMOREAKTION. 335 








Calmette - Lösung. Sollte nicht vielleicht ein Zusammenhang bestehen 
zwischen den Bazillensplittern, die nach Wolff-Eisner in jedem Tuberkulin 
vorhanden sind, und der Möglichkeit der Erzeugung tuberkulösen Gewebes 
auch durch abgestorbene Tuberkelbazillen, im Sinne von Nösske,!) Daels?) 
und Steinberg?*) — Stülp*) schrieb eine ausdrückliche „Warnung vor der 
Ophthalmoreaktion“, Schiele?) beobachtete ekzematöse Bläschen, resp. tracho- 
matöse Follikel, Barbier®) sah bei einem Kinde schwere Keratitis auftreten, 
ebenso Rénon.”) Die Zahl der bemerkenswerten Beobachtungen ließe sich 
noch außerordentlich vermehren. Ich weise nur kurz auf die Arbeiten von 
Adam,?) Brons,?) Collin,!®) Klieneberger,!!) Krause und Hertel!?) hin, 
weiteres Material findet sich in den in meinem Literaturverzeichnis angegebenen 
Abhandlungen. Von langer Dauer der Konjunktivitis und vom Auftreten schmerz- 
hafter Eiterung habe ich mich selbst bei meinen 175 Fällen verhältnismäßig 
recht häufig überzeugen können. 


Gegenüber diesen vielfachen Erfahrungen sind Wolff-Eisner und 
Teichmann meines Erachtens von übertriebenem Optimismus hinsichtlich der 
Gefahrlosigkeit des Verfahrens. Ersterer warnt vor der Anwendung der 
Tuberkulininstillation bei allen pathologischen Zuständen der Uvea. Tuberkulöse 
Veränderungen im inneren Auge gelten ihm als Kontraindikation. Dagegen 
erscheint es fast unbegreiflich, wenn Teichmann??”) die chronische Konjunk- 
tivitis nicht als Gegenanzeige gelten lassen will Teichmann leugnet wesent- 
liche Augengefahren, wiewohl von denen, welche das Auge und seine Pflege 
als Spezialorgan erkoren, durchweg die mannigfaltigsten Unzuträglichkeiten 
immer wieder hervorgehoben werden. Immerhin scheint sich auch Teichmann 
nicht ganz der Frage entziehen zu können, da er angibt, zur Kupierung 
schwererer Augenaffektionen zum 2°/,igen Kokain-Adrenalin (1 : 1000) gegriffen 
zu haben. Seine Angabe, die stärkeren Reaktionen träten nur bei klinisch 
manifesten Tuberkulösen auf, kann ich nach meinen Beobachtungen nicht 
bestätigen. Ich habe klinisch manifest Tuberkulöse nicht reagieren sehen und 
ebenso leicht Tuberkulöse recht heftige Augenerscheinungen darbieten seben. 


Ich bin fest überzeugt davon, daß vom Grade, d. h. von der quanti- 
tativen Tuberkuloseinfektion der Ausfall der Ophthalmoreaktion gar nicht so 
sehr abhängt, wie von dem qualitativen Prozeß, der bekanntlich außer- 
ordentlich verschiedenartig ist. Die Qualität hängt aber erstlich ab von dem 


1) Nösske, Dtsch. Ztschr. f. Chir, 1900, p. 211 u. Med. Klinik 1908, Nr. 16. 

2) Daels, Med. Klinik 1908, Nr. 2. 

3) Steinberg, Centralbl. f. allgem. Pathol. 1902, Nr. 3. 

4) Stülp, Klin. Monatsbl. f. Augenheilkunde, März 1908, 

5) Schiele, Russk. Wratsch 1908, Nr. 13. 

6) Barbier, Soc. méd. hópit., Paris 6. XII. 1907. 

7) Rénon, ibid. 

8) Adam, Med. Klinik 1908, Nr. 6. 

D Brons, Klin. Monatsbl. f. Augenheilk., Jan. 1908. 

19) Collin, Med. Klinik 1908, Nr. 5. 

11) Klieneberger, Münch. med Wehschr. 1907, Nr. 52 und Dtsch. med. Wchschr. 1908, 
Nr. 18. 

1) Krause und Hertel, Med. Klinik 1908, Nr. 4. 

18) Teichmann, Med. Klinik 1908, Nr. 26. 


ZEITSCHR. f. 
336 F. KOHLER. | l TUBERKULOSE 





Organismus des Menschen selbst und zweitens von der Virulenz des speziellen 
Bakteriums. | | 

So ist auch Teichmanns Ansicht, daß alles von der Wahl der Tuber- 
kulinpräparate und von der mangelhaften Kontraindikationsbeachtung abhänge, 
nicht annehmbar. In letzterem Punkte ist ein leiser Vorwurf gegen die nach- 
prüfenden Forscher enthalten, zu dem die Literatur über unseren vorliegenden 
Gegenstand keinen Anhalt bietet. Was den ersteren Punkt angeht, so scheint 
ja zwar Calmettes Lösung!) wie das Höchster Präparat tatsächlich zu stark 
zu sein, indessen hat eine ganze Anzahl von Nachprüfern doch mit einer lege 
artis präparierten Lösung gearbeitet und ist doch nicht von unliebsamen Er- 
fahrungen frei geblieben. Ich habe stets Alttuberkulin Koch benutzt, die 
Auflösung selbst in Borwasser I-, 2- und 4°/,ig vorgenommen. 

So stehen wir am Schlusse nochmals vor der Frage: Wie soll denn 
die Ophthalmoreaktion vorgenommen werden? Es unterliegt keinem Zweifel, 
daß ı°/ ige Lösungen, wie Röpke und zahlreiche Untersucher vor und nach 
ihm dargetan haben, zu häufig versagen und somit keinenfalls bei zweifelhaften 
Fällen den Ausschlag geben können, 2°/,ige Lösungen aber decken mit großer 
Wahrscheinlichkeit eine Konjunktivalüberempfindlichkeit auch bei abgeheilten 
Tuberkulosen auf. Die entscheidende Frage also, ob das Objekt unserer 
Prüfung zurzeit noch wirklich krank ist, bleibt ungelöst. Darauf machte auch 
v. Müller-München in seinem trefflichen Vortrage auf der V. Tuberkulose- 
ärzteversammlung zu München mit Recht aufmerksam. 

Vor allen Dingen aber wird auch gegen die Wiederholung, wenn das 
Resultat der ersten Instillation unbefriedigend gelassen hat, zu sprechen sein, 
da von Klienebergers?) Patienten bei wiederholter Tuberkulineinträufelung 
auf dem gleichen Auge auch von klinisch durchaus unverdächtigen Fällen ca. 
78°/, positiv reagierten. Sollte man aber die Wiederholung der Instillation 
auf dem anderen Auge machen wollen, so ist der Ausfall hier ebensowenig 
entscheidend, da nach vorliegenden Untersuchungen die Lymphstromverbindung 
beider Konjunktiven eine „Ansteckung“ mit Überempfindlichkeit von dem 
ersten, zum Versuche benutzten Auge zu dem anderen nicht ausschließt. 


Zum Schlusse ist endlich nicht zu übersehen, daß eine angestellte 
Ophthalmoreaktion eine therapeutische Tuberkulinanwendung ganz wesentlich 
erschwert, da jederzeit die Reizung oder Entzündung des Auges wiederkehren 
kann unter dem Einflusse der Tuberkulinsummation und ihrer Rückwirkung 
auf das Auge. Es erscheint durchaus unangängig, dieser Situation die Kranken 
auszusetzen, und ratsam — auf die Ophthalmoreaktion ruhigen Gewissens zu 
verzichten. Dem Tuberkulosediagnostiker stehen andere, sicherere und gefahr- 
losere Methoden zur Verfügung. 

Wenn ich somit die Ophthalmoreaktion für den praktischen Gebrauch, 
in voller Übereinstimmung mit Klieneberger, verwerfe, so geschieht es aus 


1) Schultz-Zehden, Therap. Monatsh., April 1908, hält speziell Calmettes Trockenprä- 
parat, das glyzerin- und alkoholfreie Tuberkulin Höchst für augengetihrlich, Das 1°/,ige Alt- 
tuberkulin führte in 150 Fällen 2 mal zu heftigen Reizerscheinungen. 

3 Klieneberger, Münch. med. Wehschr. 1907, Nr. 52. 





BD.XILMEFT4. KRITISCHE ABHANDLUNG UBER OPHTHALMOREAKTION. 337 





eingehender Überlegung und strenger Prüfung der Verhältnisse heraus. Einen 
ähnlichen Standpunkt nimmt von Müller-München ein und, soweit mir ein 
Urteil gestattet ist, auch mancher andere, der bei den Ergebnissen des Oph- 
thalmoreaktion das Vertrauen zur Zuverlässigkeit und zur Ungefährlichkeit 
nicht gewinnen konnte. Schroeder-Schömberg, der sich eine Zeitlang viel 
von der Methode versprochen hatte, ist nach längerer Anwendung enttäuscht 
worden, wie er auf der Tuberkulosearzteversammlung in München erklärte. Mir 
ist es ähnlich ergangen, wenngleich ich von vornherein in meinen Publikationen 
in dieser Zeitschrift wie in der Deutschen med. \Vchschr. eine gewisse Reserve 
bewahren zu müssen überzeugt war. 

Werfen wir aber einen Blick auf die außerordentlich reichhaltige Literatur, 
die ich hier, um dem Rechte aller, dem Freunde wie dem Gegner, gerecht zu 
werden, anfüge, so wird selbst der größte Freund der neuen Reaktion sich 
dem Eindrucke, „es wankt der Grund, auf dem wir bauten“, nicht entziehen 
können. Ich sehe in den Erscheinungen der Ophthalmoreaktion 
einen zweifellosen Fortschritt für die Erkenntnis cellular-biologi- 
scher Verhältnisse in Verbindung mit der Infektion des Organismus, 
deren weitere Durchforschung unzweifelhaft fruchtbringend sein wird für die 
gesamte Infektions- und Immunitätslehre. Dem Entdecker gebührt das Ver- 
dienst, einen interessanten Beitrag in dieser Richtung geliefert zu haben, 
dessen Wichtigkeit im Interesse objektiver Würdigung und zur Vermeidung 
einseitiger Kritik durch die praktische Unbrauchbarkeit nicht geschmälert 
werden soll. 


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m ZEITSCHR, f. 
KÖHLER, KRITISCHE ABHANDLUNG ETC. TUBERKULOSE 





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Dv. GEBHARDT, v. PIRQUET-DETRESCHE KUTANREAKTION. 345 





XXII. 
Über die v. Pirquet-Detresche Kutanreaktion. 
(Aus dem städtischen Krankenhaus Heiliger Johann zu Budapest.) 
Von 


Franz von Gebhardt, Primarius. 






$ Men Untersuchungen v. Pirquets zufolge verhält sich die Haut der 
SIEB] tuberkulós infizierten Individuen dem tuberkulösen Gifte, dem Tuber- 
E | kulin, gegenüber derart, daß im Falle einer Einimpfung des konzen- 
trierten oder verdünnten Kochschen Alttuberkulins mit einer Impflanzette in 
die Haut an der Stelle des Eindringens des Giftes binnen 8—10 Stunden eine 
rosa- oder rotgefärbte Papel entsteht, während an der Haut der tuberkelfreien 
Individuen eine solche Reaktion nicht eintritt. v. Pirquet hält seine Reaktion 
auf Grund seiner zahlreichen Beobachtungen für spezifisch und laut ihm tritt 
eine positive Reaktion nur bei Menschen ein, die eine tuberkulöse Infektion 
durchgemacht haben, oder gegenwärtig noch tuberkulös sind; eine negative 
Reaktion beweist die Tuberkelfreiheit des Betreffenden. Patienten in sehr vor- 
geschrittenem Stadium reagieren nicht. 

Das Wesen der Reaktion erklärt v. Pirquet mit dem Begriff der Allergie. 
Diese besteht darin, daß der menschliche Organismus auf die Einführung ge- 
wisser fremder. Albuminstoffe, z. B. eines Serums verschiedenermaßen reagiert, 
und zwar danach, ob der Organismus schon einmal jenes Serum erhalten hat oder 
nicht. Ein Organismus nämlich, der bisher keiner Serumbehandlung unter- 
worfen wurde, reagiert erst nach 8—14 Tagen mit den unter dem Namen 
Serumkrankheit bekannten Symptomen, wie Ausschlägen, Drüsenschwellungen, 
Fieber, Gelenkentzündungen, Leukopenie etc., hingegen ein Organismus, der 
bereits einmal die Serumwirkung überdauert hat, reagiert bereits auf sehr kleine 
Dosen sofort oder nach 2—3 Tagen und zeigt sehr heftige Symptome der 
Serumkrankheit. Dieses verschiedene Verhalten nennt v.Pirquet Allergie, 
was der Gegensatz der Immunität ist. Solche allergische Organismen sind 
gewöhnlich überempfindlich gegen den allergischen Stoff. Bei der Blattern- 
impfung zum zweiten Male (Revakzination) spielen sich die Symptome rascher 
ab, als beim ersten Male. Und gerade die Analogie der Blatternimpfung über- 
trug v. Pirquet bei der Hervorbringung der Kutanreaktion der Tuberkulose. 

Ein Individuum, das dieWirkung des Tuberkelgiftes einmal bereits 
erlitten hat, reagiert anders, d. i. mit Papelbildung, als ein tuberkel- 
freies. 

Am 8. Mai 1907 machte v. Pirquet sein Verfahren bekannt, und seit 
dieser Zeit haben sich zahlreiche Forscher mit seiner Methode befaßt, die 
sämtlich seine Daten bestätigen. Er will dieses Verfahren hauptsächlich in der 
Diagnostik der Tuberkulose im Kindesalter anwenden, wo die Zahl der 
Tuberkulotiker viel geringer ist. Die höchste Zahl der Erwachsenen reagiert, 
hinsichtlich welcher Reaktion v. Pirquet bereits in seiner ersten Mitteilung 
andeutet, daß er seine Reaktion bei Erwachsenen nicht für anwendbar hält. 
Zeitschr. f. Tuberkulose. XIII. 23 


ZEITSCHR. f. 
346 F. v. CEB AS TUBERKULOSE 





Detre hatte in der Wanderversammlung ungarischer Ärzte in Preßburg 
am 28. August 1907 sowie in der Sitzung des Budapester königl. Ärztevereins 
vom 26. Oktober 1907 eine neue Methode bekannt gemacht, mit deren Hilfe 
wir einen Einblick gewinnen können hinsichtlich des humanen oder bovinen 
Ursprunges der tuberkulösen Infektion. 

Wie bekannt, war Smith der erste, der (1898) die vom Menschen 
stammenden Tuberkelbazillen von denen der Tiere unterschied, da er zwischen 
beiden Bazillenarten mikroskopische, kulturelle und biologische Unterschiede 
erkannt hatte, worauf er seine Auffassung über die beiden Typen des nämlichen 
Bazillus „human and bovin type“ aussprach. Koch hatte die beiden Arten 
1901 als besonders bestehend erklärt, während v. Behring nur Virulenz- 
unterschiede anerkennen will. Die Daten neuerer Forscher bestätigen, daß die 
Annahme eines humanen und bovinen Typus berechtigt sei, da zwischen diesen 
beiden Abarten nicht nur Virulenzunterschiede, sondern auch ständige morpho- 
logische, kulturelle und biologische Unterschiede bestehen. (Smith, Ravenal, 
Dorset, Kossel, Weber, Heuss.) Namentlich gedeiht, wie Arpád bereits. 
1903 im Institute des Professors Preiß bewiesen hatte, der humane Typus auf 
der Kartoffel in gelber oder Orangefarbe, während der bovine Typus in weißer 
Farbe wächst. Die einzelnen Stäbchen des humanen Typus sind unter dem 
Mikroskop schlank, dünn, ihre Kultur wächst auf einer 2 °/,igen Glyzerinbouillon 
von amphoterer chemischer Wirkung in Form einer dicken faltigen Haut, 
währenddessen die chemische Wirkung der Bouillon sauer wird. 


Die Bazillen des bovinen Typus weisen unter dem Mikroskope dickere, 
kürzere und unregelmäßige Formen auf, ihre Kultur wächst auf der Oberfläche 
der 2°/, igen Glyzerinbouillon in Form einer dünnen, netzartigen, durchsichtigen 
Haut und sie produzieren nur wenig Säure. Dabei erscheinen bei der Spengler- 
schen Warm- und Kaltfärbemethode die bovinen Typen länger, dicker und 
röter, die humanen Typen aber kürzer, violettfarbiger. Bei der Karbol-Fuchsin- 
Fibrin- und der Kapselfärbemethode Spenglers erscheinen die Bazillen 
beider Arten auf gelber Grundlage charakteristisch als 2 verschiedene Typen. 
Bei der Kapselfärbemethode erscheinen die humanen Typen als dünne, schwache 
Gebilde, während die bovinen Typen länger und dicker sind. 

Die Bazillen des bovinen Typus sind auch virulenter, als die des 
humanen Typus. Die Daten von Heuss, Kossel, Weber beweisen, daß 
1—2 mg boviner Kultur einem Kaninchen intravenös injiziert, dasselbe binnen 
3 Wochen töten, während der humane Bazillus, in derselben Menge injiziert, 
eine monatelang währende chronische Tuberkulose verursacht. Mit dem humanen 
Typus ist es aber weder durch Einimpfung, noch durch Beimengung zur 
Nahrung, noch durch Inhalation gelungen, eine Infektion der Rinder herbei- 
zuführen. 

Die bisherigen Untersuchungen haben ergeben, daß die menschliche 
Tuberkulose durch beide Abarten des Bazillus verursacht werden 
kann. Es ist nämlich gelungen, die Typen zu isolieren; genannte Forscher 
haben von 56 Fällen menschlicher Tuberkulose bei 49 bloß den humanen Typus, 
bei 5 bloß den bovinen Typus, bei 2 beide gefunden. Diese Kulturen wurden 





PRATO EETA: v. PIRQUET-DETRESCHE KUTANREAKTION. 347 








hauptsächlich aus tuberkulósen Organen von Leichen verfertigt, was ein sehr 
langwieriges und monatelang währendes Verfahren erheischt, wo man noch im 
Leben des Patienten entschied, ob die Infektion durch den humanen oder 
bovinen Typus hervorgerufen wurde. 

Detre ist mit seiner Methode bestrebt, zu erreichen, daß wir im Interesse 
der Heilung schon zu Beginn der Krankheit feststellen können, ob die tuber- 
kulöse Erkrankung in überwiegender Weise durch den humanen oder durch 
den bovinen Bazillentypus verursacht wurde, oder ob das gemeinsame Vor- 
handensein beider Typen beim Aufbau des tuberkulösen Prozesses mitspielt. 

Das Wesen der Methode Detre’s besteht darin, daß er das Filtrat 
beiderartiger Tuberkelbazillen nach dem vonv. Pirquet beschriebenen 
Verfahren subkutan einimpft. Schon Denys hatte auf den Umstand auf- 
merksam gemacht, wovon sich auch Detre oft überzeugte, daß der Organismus 
gegen das Kulturfiltrat der Tuberkelbazillen hundertmal, ja tausendmal empfind- 
licher ist, als gegen das gewöhnliche Tuberkulin, das, wie bewiesen wurde, 
nicht sämtliche Gifte der Bakterien enthält; außerdem sind zahlreiche 
chemische und biologische Unterschiede vorhanden zwischen dem aus derselben 
Kultur entstandenen Tuberkulin und dem Tuberkulinfiltrat. 

Detre nimmt an, daß im Filtrate viel heftiger wirkende Gifttoxine 
vorhanden sind, von denen wir nur soviel wissen, daß sie thermolabilen Charakters 
sind, daß sie bei längerem Kochen zugrunde gehen, während das Tuberkulingift 
infolge seiner Thermostabilität und anderer Eigenschaften eher unter die sogen. 
Proteingifte zu reihen ist. 

Detre hatte anfangs vom Gesichtspunkte der Immunisierungstherapie mit 
subkutanen Injektionen beobachtet, gegen welches der beiden Filtrate die 
Tuberkulotiker eher empfindlich sind, und schon seine ersten Versuche haben 
bewiesen, daß neben einer großen Zahl gegen das humane Filtrat Empfindlicher 
auch gegen das Bovinfiltrat Empfindliche vorhanden sind, ja sogar auch solche, 
die eine gleiche Empfindlichkeit gegen beide Filtrate zeigten. Seit der Ver- 
öffentlichung der v. Pirquetschen Subkutanreaktion hat Detre seine weiteren 
Untersuchungen an den früher mit Injektionen untersuchten Individuen mit 
Kutanimpfungen derart bewerkstelligt, daß er auf die Beugeseite des mit Äther 
gereinigten Unterarmes der zu untersuchenden Individuen von folgenden 6 Flüssig- 
keiten je einen linsengroßen Tropfen mittels eines Haarröhrchens tropfte. 


. Kochsches Alttuberkulin. 

. Auf Te verdiinntes Alttuberkulin. 
. Denyssches Tuberkulin. 

. Spenglersches Humanfiltrat. 

. Spenglersches Bovinfiltrat. 

. 1, %/,ige Karbollósung. 

Dann brachte er ihnen mit dem aus Platin verfertigten dünnen, meißel- 
förmigen Pirquetschen Instrumente mittels einer plötzlichen Drehbewegung in 
der Mitte des Tropfens auf der ein wenig gespannten Oberhaut eine geringe 
Verletzung bei; nach 5 Minuten reinigte er die geimpften Stellen mit Watte, 


Bei der Vergleichung von erstens und zweitens ergab sich, daß das ver- 
25" 


Am BR WwW Nm 


ZEITSCHR. f. 
348 F. v. GEBHARDT. TUBERKULOSE 


dünnte Tuberkulin stets eine kleinere Papel verursacht hatte, als das 
konzentrierte, woraus Detre folgert, daß die Papel mit Recht als Maß der 
Reaktion bei einem und demselben Individuum betrachtet werden könne. Drittens 
ist eigentlich kein Tuberkulin, sondern humanes Filtrat, welches er wegen der 
Kontrollierung des Spenglerschen Humanfiltrates verwendete. Bei Vergleichung 
von viertens und fünftens ergab sich, daß Individuen, die bei dem subkutanen 
Verfahren „humane Empfindlichkeit“ zeigten, auch bei der Haut- 
impfung auf das Humanfiltrat heftiger reagierten, indem auf der Haut 
eine größere Papel entstand. Die bovinempfindlichen Individuen dagegen 
zeigten eine größere Bromfiltratpapel. 

Jene Filtratwirkung, die hinsichtlich ihrer Stärke die andere überholt, 
nennt Detre dominantes Filtrat. Bei den Untersuchungen Detre’s war 
mieistens die humane Papel die dominante, viel geringer war die Zahl der Fälle, 
wo die bovine Papel dominierte, wodurch der quantitative und qualitative Unter- 
schied der beiden Filtrate bewiesen ist. 

Detre hält es für sehr wahrscheinlich, daß die Infektion in jenen Fällen, 
wo das Humanfiltrat die dominante Papel gibt, durch den human-typischen 
Bazillus, wo die dominante Papel hingegen vom bovinen Filtrat stammt, durch 
den bovin-typischen Bazillus hervorgerufen wurde. 


Detre selbst hat mehr denn 100 tuberkulóse und nichttuberkulöse 
Individuen vom Gesichtspunkte der Hautempfindlichkeit gegen das Tuberkulin 
und das Filtratum dominans auf die Weise untersucht, daß er die Flüssigkeit 
zweitens und drittens der obengenannten wegließ und nur viererlei Flüssigkeiten 
einimpfte. I. Kochsches Alttuberkulin, 2. Humanfiltrat, 3. Bovinfiltrat, 4. */, Y, ¡ge 
Karbollösung, letztere nur, um die Filtratreaktionen von den durch den 
miechanischen Stich etwa entstehenden Reaktionen zu sondern. 

An der internen und chirurgischen Abteilung des Neuen St. Johannes- 
Spitales habe ich in insgesamt 197 Fällen an tuberkulösen und nichttuberkulösen 
Kranken das System v. Pirquet’s bezw. Detre’s angewendet. Ich erhielt in 
147 Fällen positive Reaktion, was 74°/, entspricht und mit den Ergebnissen 
der übrigen Forscher vollständig übereinstimmt. 

Negative Reaktion gaben diean folgenden Krankheiten leidenden Individuen: 


I. An der internen Abteilung: II, An der chirurgischen Abteilung: 
Enteropsisis . . I Gonitis i S I 
Catarrhus ventriculi . I Peritonitis tbc. . I 
Tonsillitis I Osteomyelitis chron. . I 
Influenza . eet I Perniones 1 
Tbc. pulmon. III. 9 Hernia 5 
Neuritis . E A8 1 Faux lupina I 
Nephritis chron. I Carc. mammae . 2 
Enteritis tbc, 2 Osteomyelitis ac. inf. I 
Typhus abd. 3 Vulnus contusum . 2 
Myorheuma I Nierenblutung . I 
Hysteria . 1 Otitis . I 
Neurasthenia 3 Caries . I 
Peritonitis chron. . 2 Tumor coeci . . . I 
Bronchitis I Cholecystitis calcolusa I 

| 28 Lipoma femocis I 
I 


lleitis tbc. 





N 
N 


PRADU ORELE v. PIRQUET-DETRESCHE KUTANREAKTION. 349 


Also insgesamt 50 Fälle, 28 interne und 22 chirurgische, gaben nega- 
tive Reaktion. 

Unter den internen Fällen litten 15 an anderen Krankheiten, 2 waren 
verdächtig und 11 vorgeschritten tuberkulös. 

Unter den chirurgischen litten 16 an anderweitigen Krankheiten, 1 war 
verdächtig, 5 tuberkulös (Peritonitis, Ileitis, Tumor coeci, Caries, gonitis tbc.) 

Daraus erhellt, daß unter unseren Fällen bei 31 (= 62°/,) nicht einmal 
der Verdacht einer Tuberkulose obwaltete, so daß alle 3 Reagentien ein negatives 
Ergebnis boten. 

Die übrigen 19 Fälle (= 38 %,) waren solche, wo auch die klinische 
Untersuchung vorgeschrittene tuberkulöse Veränderungen zeigte und die Kutan- 
reaktion dennoch negativ blieb. 

Denjenigen, die wissen, daß die Empfindlichkeit gegen das Tuberkulin 
nicht mit der Krankheit, sondern mit der Reaktionsfähigkeit des Kranken 
gegen das Tuberkelgift im Verhältnisse steht, werden oben skizzierte Daten 
ganz natürlich erscheinen. 

Wir wissen seit jeher, daß sich der kranke Organismus in ausgebreiteten 
tuberkulösen Fällen an das Gift gewöhnt, wie das unter anderem zum Ausdrucke 
gelangt in der hochgradigen Tuberkulintoleranz solcher Patienten. Die Forscher 
der probatorischen Tuberkulinproben haben uns auf diesen Umstand längst 
aufmerksam gemacht, und so ist es natürlich, daß die Kutanprobe als völliges 
Analogon anderweitiger Tuberkulinproben dasselbe Verhältnis aufweist. Die 
negative Kutanprobe besitzt demnach keine Beweiskraft, wenn sie 
zur Diagnostik einer vorgeschrittenen, ausgebreiteten Krankheit 
verwendet wird; ist aber von einem beginnenden Prozesse die Rede, wenn 
wir, wie wir sehen werden, gewöhnlich sehr ausgesprochene Kutanreaktionen 
erhalten, dann hat unserer Meinung nach die negative Reaktion als tuberkulose- 
ausschließendes Moment in der Diagnostik eine wichtige Rolle. 


Wir müssen noch erwähnen, daß unter den negativen Fällen viel weniger 
manifeste chirurgische als interne Tuberkulose war. Rechnen wir 3 Darm- 
und Peritonealtuberkulosefälle ab, bezw. zu den internen Fällen, so bleiben uns 
2 alte chirurgische Tuberkulosefälle als negativ reagierend gegenüber 11, 
bezw. 14 internen Fällen. 

Die Erfahrung bestätigt uns die neuerdings übrigens auch von Freund’) 
bestätigte Beobachtung Detre’s, daß die chirurgischen Fälle eine viel 
heftigere Reaktion geben und auch viel länger reaktionsfähig 
bleiben, als die internen. 

Unten wollen wir jene Reaktionen nach der Größe der Papeln grup- 
pieren, in denen nur das Kochsche Tuberkulin Wurzel fafte. 

(S. Tabelle auf nächster Seite.) 

Wie wir aus dieser Tabelle ersehen, hatten wir 61 Fälle, in denen nur 
das Kochsche Tuberkulin Wurzel Gite, Und zwar 28 interne und 33 chirur- 
gische Fälle. 


N) Wien. med. Wehschr., Juni 1908. 


ZEITSCHR. f. 





350 F, v. GEBHARDT. TUBERKULOSE 
Koch (mm) Koch (mm) Koch (mm) 
Pyelitis . . . . . . 14 Otitis . + 3 à + « » 6 Fractura pelneos 5 
Catarrhus ventriculi. . 10 Spondylitis tbe. 6 Fractura cruris . 5 
Tbc. pulmon. III . . 10 Polyarthritis . 5 Fractura femoris 5 
Exostosis multiplex . . 10 Lues . EE 5 Osteomylitis . 5 
Tumor abdominis . . IO Natronlaugenvergiftung 5 Otitis . 5 
Spondylitis dorsalis . 10 Lumbago. 5 Graviditas 4 
Pneumonia croup 8 Influenza . 5 Abscessus pubis 4 
Peritonitis tbc. 8 Tbc. pulmon. II 5 Peritonitis tbc. . 4 
Emphysema, Alkohol 8 Tbe. pulmon. III. 5 Influenza . 3 
Pyothorax . 8 Emphysema . 5 Hernia 3 
Vulnus contusum 8 Bronchitis capillaris 5 Tumor cœci. 3 
Tendovaginitis tbc. . 8 Peritonitis tbe. . 5 Fractura tibiae . 3 
Appendicitis 8 Peritonitis tbc. . 5 Pyothorax . 3 
Osteomyelitis acuta . 8 Vitium cordis 5 Tumor cœci 3 
Epispadiasis 8 Pyelitis 5 Phlegmone 2 
Caries 8 Cholelithiasis 5 Gonitis tbc. . 2 
Appendicitis 6 Sarcoma pedis . 5 Polyarthritis . I 
Fissura Urethrae . 6 Vulnus contusum . 5 Lues I 
Paralys. extrem. infer. . 6 Carcin. mammae 5 Vitium cordis . I 
Arthritis 6 


Unter den internen litten an anderen Krankheiten 14, tuberkulosever- 
dächtig waren 7, sicher tuberkulös 7. 

Unter den chirurgischen litten an anderen Krankheiten 22, tuberkulose- 
verdachtig waren 5, sicher tuberkulós 6. 

Aus dieser Zusammenstellung erhellt, daß aus der Größe der Papeln 
auf die Natur der Krankheit keinerlei Schluf gezogen werden kann, da 
wir bei tuberkelfrei scheinenden Kranken heftige, bei sicher tuberkulósen Indi- 
viduen wiederum zur Halfte geringe Reaktionen gefunden haben. 

Wir kónnen uns neuerdings darauf berufen, was wir bereits hervorgehoben 
haben, daß die Tuberkulinprobe unserer Meinung nach nicht nur die Probe 
des Grades der Infektion, sondern daneben auch die Probe der 
Reaktionsfahigkeit ist. Wenn wir die Erklarung Detre’s, laut welcher die 
beginnenden frischen Infektionen eine heftige, die alteren jedoch eine immer- 
fort sinkende Reaktionsfähigkeit besitzen, annehmen, so wird die angedeutete 
Unregelmäßigkeit einfach verständlich, womit jedoch der diagnostische Wert 
der Reaktion ein Beträchtliches einbüßt. Dem verliehen übrigens schon 
v. Pirquet und seine Anhänger Ausdruck, als sie die reine Kochreaktion als 
für Erwachsene unverwendbar erklärten. 

Zwischen den Daten Detre’s und den unserigen ist ein wichtiger Unter- 
schied der, daß wir neben Koch-Papel öfter fehlende Filtratreaktion fanden, 
als er. 

Möglicherweise kann der Unterschied durch die Verschiedenheit des an- 
gewendeten Tuberkulins erklärt werden, da Detre mit Kochtuberkulin eigener 
Erzeugung, wir jedoch mit Höchster Tuberkulin arbeiteten. 

Es wäre sehr angezeigt, wenn jemand die gebräuchlichen Tuberkuline 
in dieser Hinsicht einer eingehenden Untersuchung unterzöge, 

Fälle, wo außer der Koch-Papel auch das Humanfiltrat entwickelt war, 


cier ad v. PIRQUET-DETRESCHE KUTANREAKTION. 351 





das bovine jedoch nicht, hatten wir insgesamt 38. Darunter waren 25 interne 
und 13 chirurgische Kranke. Nicht tuberkulós waren 9 interne, 7 chirurgische, 
verdächtig 9 interne und 3 chirurgische, sicher tuberkulós 7 interne und 3 chi- 
rurgische. 


SS 





rr en a 
































| Koch ' Humanfiltrat | Koch ` Humanfiltrat 

| (mm) | (mm) (mm) (mm) 
Lymphoma + 10 | 8 Tbc. pulmon. I (?) 8 I 
Neurasthenia . | 10 5 Exsud. pleur.. . | 6 5 
Vitium cordis. . | 10 5 Hernia. . . .| 6 5 
Peritonitis tbc. . | 10 5 Typhus abd. . . | 6 4 
Catarrh. bronch. . | 10 | 3 Appendicitis . . | 6 3 
Ulcus cruris 8 6 Ischias . 6 3 
Vitium cordis. . 8 5 Hernia . 6 2 
Influenza : | 8 5 Perityphlitis 6 I 
Arthritis chron. . | 8 5 Fractura fib. d. . 5 4 
Perimetritis i 8 4 Tbc. pulmon, I . | 5 3 
Appendicitis : | 8 4 Vitium cordis. | 5 3 
Caries pedis ; 8 3 Caries cost, . .| 5 3 
Polyarthr. ac.. . | 8 3 Icterus catarrh. 5 3 
Emphysema | | 8 | 3 Exsud. pleurit, 5 | I 
Arthritis chron, . | 8 | 3 Tbc. pulmon. III 5 I 
Tbc. pulmon. II. | 8 | 2 Tbe. pulmon. II. ; 4 3 
Typus abdominalis 8 3 I Pneumonia croup | 4 2 
Influenza 8 I Appendicitis . . | 3 2 
Fissura ani . | 8 | I | 





Bei Überprüfung dieser Fälle fällt zunächst auf, daß an unserem Material 
jene Eigentümlichkeit, die Detre bei frischer Lungentuberkulose beschrieb, daß 
nämlich die Filtratpapel fast so groß, ja größer als die Koch-Papel ist, nicht 
wahrzunehmen war. 


Doch müssen wir bedenken, daß unsere Spitalsfälle zur Erledigung dieser 
Frage nicht völlig geeignet waren, da wir an bettlägerigem und nicht ambu- 
lantem Krankenmaterial arbeiteten wie Detre, welch letzteres wir bei der 
großen Entfernung unseres Spitals weniger hätten kontrollieren können. Und 
zur Nachprüfung dieser Frage ist das ambulante Krankenmaterial berufen. In 
unseren teilweise tuberkulösen, teilweise verdächtigen Fällen war hauptsächlich 
jener Typus vertreten, den Detre chronischen Typus benannt hat, dessen 
charakteristische Eigenschaft ist, daß die Filtratpapel viel kleiner ist als die 
Koch-Papel. In dieser Hinsicht bewegt sich die Reaktion zwischen weiten 
Grenzen, so war z. B. das Verhältnis der beiden Papeln 8:6 — 8:1. Jeden- 
falls können wir die Beobachtung Detres bestätigen, daß in einer gewissen 
Anzahl von Fällen nur eines der beiden Filtrate, und zwar in diesem 
Falle das humane eine Reaktion hervorgerufen hat, und können in 
diesem Hinblick getrost von einer Reaktionsform des humanen Typus 
sprechen. 

Freilich bleibt vorläufig unentschieden, ob die Reaktion des humanen 
Typus tatsächlich auf eine Infektion durch den Bazillus des humanen Typus 
hinweist, weil diese Frage nur durch Herauszüchtung der krankheitserregenden 


ZEITSCHR. f. 
352 F. y. GEBHARDT. O TUBERKULOSE 





Bazillen vollständig sicher entschieden werden könnte, wozu aber die Arbeits- 
kraft eines Menschen unzulänglich ist. Unserer Meinung nach wird die Frage 
in der von Detre angedeuteten Richtung entschieden durch die von mehreren 
Seiten unternommenen Versuche, nach welchen tuberkulöse Rinder unter 
den beiden Filtraten nur oder hauptsächlich auf das bovine Filtrat reagieren. 

Auch unsere Fälle beweisen, daß die Einwendung, als beständen zwischen 
den beiden Filtraten nur okzidentale, quantitative Unterschiede, jeder Grundlage 
entbehrt, da bei sehr ausdrücklichen humanen Papeln — mit einem 
Durchmesser von 6—8 mm — das Bovinfiltrat überhaupt keine Reaktion 
gab, während, wie wir später sehen werden, neben kleineren hu- 
manen Papeln als 6 mm auch eine bovine Reaktion gefunden werden 
konnte. 
Fälle, die alle drei Reaktionen gaben, standen uns 48 zur Verfügung. 
Und zwar 25 interne und 23 chirurgische. 

Unter den internen Fällen litten 13 an anderen Krankheiten, 5 waren 
verdächtig, 6 sicher tuberkulös. 

Unter den chirurgischen waren 6 nicht tuberkulös, 3 verdächtig und 
15 tuberkulös. 

Nach der Millimetergröße der Papeln gruppiert: 


Koch Human | Bovin | Koch | Haman Bovin 

















Mephritis chron.. . 14 | 8 e Emphysema . . . | 10 I | I 
Alkoholismus. . . 14 8 | 5 Arthritis tbe. . > JO | I | 4 
Bronchitis cap. . . | 14 | ge Osteomyelitis tbc. 8 | 11 5 
Tabes incipiens . .. 14 5 3 Emphysema endart. 8 6 | 3 
Hepatitis hyper . . 14 5 3 Catarrh. ventric. . 8 5 a 
Lymphoma tbc. . . 14 ° 5 8 Chlorosis (verdácht.) ' 8 5 1 I 
LES e: q e "d e 12 5 6 Caries multiplex . 8 5 3 
Lupus . . . . . 10 8 5 Coxitis tbc. 8 5 5 
Hernia. . . . . 10 8 4 Carc. mediastini . 8 3 3 
Tumor Highmori . | 10 , 8 2 Appendicitis 8 3 S 
Hernia . ee 10 8 6 Caries multiplex . 8 3 3 
Vitium cordis . . 10 | 6 4 Coxitis tbc. 8 2 E 
Appendicitis . . . "10 i 6 TG Pneumonia . a 4 8 Logs 3 
Pneumonia cat. . .: 10 | es À I Lymphadenitis tbc. . 8 1 | of 
Emphysema . . . 10 5 | | Elephantiasis cruris . 8 ro] : 
Tbc. pulmon, II. . 10 5 i 1 Luxatio . 8 I I 
Tbe. pulmon. II. ." 10 5 | 3 Arthritis chron. 6 4 4 
Fistula ani tbc. . . | 10 S E 3 Spondylitis tbc. . 6 4 I 
Caries cost. Empyema ` 10 5 3 Tbe. pulmon, I . 6 3 3 
Gonitis tbc. . . . 10 5 4 Influenza 6 2 I 
Neurasthenia . . . 10 4 2 Appendicitis 5 8 3 
Tumor cœci . . .! 10 4 5 Exsud. pleurit. 5 4 4 
Gonitis tbc. . . . 10 4 3 Tbc. pulmon. II. 5 3 3 
Tbe. pulmon, II ." 10 I I Caries & 3 3 





| | E i 

Nach dieser Gruppierung fallt zunächst ins Auge, in wie bedeutender 
Anzahl die sicher tuberkulösen Fälle zur dreifachen Reaktion beigetragen haben. 
Und noch deutlicher wird es, wenn wir folgende Tabelle betrachten, in welcher 


BEES v. PIRQUET-DETRESCHE KUTANREAKTION. 353 


die Fälle danach gruppiert sind, wie viel Prozent der nichttuberkulösen, ver- 
dächtigen und sicher tuberkulösen Fälle negative, Kochsche, Koch-humane 
und Koch-bovine Reaktion aufwiesen. 
































Interne Fälle 105 Chirurgische Fälle 92 
Nicht | . vs | Tuber- Nicht Tuber- 
„tuberkulös E kulós AS Verdächtig kulós 
Negativ . . . . . . . |15=290 2 St, EE wa 16= 31%, I= go) | Bert), 
Koch: + «4 «os > » || I4=27 7=30 | 123 22=73 5 = 42 6=21 
Koch-human. . . . . . || 9=18 !9=39 7-2; 7=14 3=25 3=10 
| | 
Koch-human-bovin . . .!13=26 ,5=22 | 6=19 | 6—12 |3=25 |ı5=52 
Zusammen . | SE + 23 . 31 | si o, 12 29 


Unter den 31 internen tuberkulösen Fällen sind 6 (= 19°/,), während 
unter den 29 chirurgischen tuberkulösen Fällen mehr als die Hälfte, d. i. 15 
(= 52°/,) unter die dreifach reagierenden zu reihen. 

Da die dreifache Reaktion ceteris paribus auch von der allgemeinen 
Reaktionsfähigkeit des Organismus abhängt in dem Sinne, daß wir unter den 
auf Koch heftig reagierenden Fällen eher auf Filtrate reagierende stoßen, als 
unter den auf Koch schwach reagierenden, so ist es zweifellos, daß der skizzierte 
prozentuelle Unterschied wiederum nur ein Ausdruck der bereits erwähnten 
heftigen Reaktionsfähigkeit der chirurgischen Tuberkulosefälle ist. 

Bei Betrachtung dieser Tabelle fällt auf, daß unter den internen Fällen 
die doppelten und dreifachen Reaktionen der nicht tuberkulösen diejenigen der 
tuberkulösen prozentuell übertreffen. 

Doch darf aus dieser Tatsache keine Waffe gegen die Kutanreaktion 
geschmiedet werden, da in diesen Daten die Unzulänglichkeit der Instrumente 
der physikalischen Diagnostik zum Ausdrucke gelangt. 

Der Umstand, daß die Kutanreaktion, und zwar deren Modifizierung durch 
Detre, in den chirurgischen Fällen, wo wir die Dignität der krankhaften Ver- 
änderungen sozusagen mit freiem Auge wahrnehmen können, ausgezeichnet 
einschlägt, erweckt den Verdacht, daß die Reaktionsdaten, wenn sich eine Ab- 
weichung zeigt zwischen dem Ergebnis des klinischen Krankheitsbildes und der 
Reaktion, sehr in Betracht zu ziehen sind. 

Unter unseren Fällen weisen die sehr heftigen doppelten und dreifachen 
Reaktionen der mit Diagnose auf Neurasthenie, Nephritis, Hepatitis hypertroph., 
Arthritis, Alkoholismus, Emphysema, Bronchitis etc. darniederliegenden Kranken 
mit großer Wahrscheinlichkeit auf die tuberkulöse Infektion der Betreffenden 
hin, welche Infektion in vielen Fällen gerade die Ursache jener Symptome sein 
kann, derenthalben die Kranken behandelt werden. Erinnern wir uns nur an 
die Neurasthenie der heranwachsenden Individuen, an ihre Magen- 
katarrhe, die sich zu zahlreichen Fällen als Vorläufer der Tuberkulose erweisen. 
Da wir heute ohnedies annehmen, daß diese diffusen Symptome auf der Ver- 
giftung des durch frische Infektion überempfindlich gewordenen Organismus 
durch tuberkulöse Gifte beruhen, so werden wir es nur natürlich finden, daß 


ZEITSCHR. f. 


354 | e TUBERKULOSE 





diese Uberempfindlichkeit auch in der kutanen Uberempfindlichkeit gegen die 
einzelnen Tuberkuline und Filtrate zutage tritt. 

Mein Freund Detre hat mich zur Verôffentlichung folgender Beobachtung 
ermáchtigt: Wenn bei Individuen, deren Kutanempfindlichkeit fast gleich Null 
ist, durch rasche Filtratdosierung die Toleranzgrenze überschritten wurde, so 
stellt eine die Gesamtreaktion hervorrufende Dosis die Kutanempfindlichkeit 
der Haut wieder her, so daf das auf das Tuberkulin friiher nicht re- 
agierende Individuum auf eine neuere Kutanimpfung die schónsten 
Papeln zeigt. (Demonstriert am Arzte-Ferienkurs 1908.) 

Dies beweist, daß die Kutanreaktionen einen treuen Spiegel der all- 
gemeinen Giftempfindlichkeit des Organismus bieten. Mit ihrer Hilfe gewinnen 
wir einen Einblick in den geheimnisvollen Herd des Organismus und kónnen 
im gegebenen Falle beurteilen, ob irgendein Symptom hineinpaßt in den 
Rahmen, den die durch die Kutanreaktion gegebenen Daten bilden. 


Gruppieren wir unsere 48 dreifach reagierenden Fälle nach dem Verhältnis 
der Human-bovin-, bezw. der Koch- und Filtratpapeln, so erhalten wir 
folgende Daten: 

Detre unterscheidet eine dominante Filtratpapel, d. h. die größere unter 
den zwei Filtratpapeln, und eine Begleitfiltratpapel. Ist die dominante wesent- 
lich größer als die andere, so können wir nach ihm von einer humanen, bezw. 
bovinen Reaktion sprechen, im entgegengesetzten Falle von einem gemischten 
Reaktionstypus. 

Unter unseren internen Fällen gaben 17 humane Reaktion, 4 eine 
gemischte, Carcin. mediastini, Arthritis chronica, Tbc. pulm. I, Tbc. pulm. II — 
in allen 4 Fällen Papeln mit einem geringen Durchmesser von 1—4 mm; 
bovine Reaktion gaben 2, der eine mit Diagnose auf Lues, der andere auf 
Pneumonie. 

Unter unseren chirurgischen Fällen gaben ausdrücklich humane Reak- 
tion 11, gemischte 10, ausdrücklich bovine Reaktion 4. — Lymphoma 
colli 14:5:8; Arthritis tbc. 10:1:4; Appendicitis 10:6: 15; Coxitis tbc. 8:2:4. 

Auch aus unseren Fällen erhellt die heftige Bovinreaktionsfähigkeit der 
chirurgischen Tuberkulose, die nach Detre auch bereits von Heim und John 
bestátigt wurde. 

Unter den 23 internen Fällen reagierten rein human 17 (= 74°/,), ge- 
mischt + bovin 6 (=26°/,), während unter den 25 chirurgischen Fällen rein 
‘ human nur II (=44°/,), hingegen gemischt + bovin 14 (=56°/,) reagierten. 
In den chirurgischen Fällen ist also die bovin + gemischte Gruppe mehr 
als doppelt so groß, als in den internen Fällen. 

Dieser Befund stimmt überein mit den direkten Züchtungsversuchen 
Raws, der im Gegensatz zu der auch nach ihm human infizierten Lungentuber- 
kulose den bovinen Ursprung der meisten Fälle der chirurgischen 
Tuberkulose behauptet. | 

Es ist übrigens charakteristisch, daß der eine Fall, von dem bisher keine 
Rede war, der Koch und bovin reagierte — ohne humane Reaktion —, eben- 
falls ein Fall der chirurgischen Tuberkulose — Gonitis tuberculosa — war. 


ic ais © v. PIRQUET-DETRESCHE KUTANREAKTION. 355 








Unter den dreifach reagierenden Fällen erwähnen wir noch besonders die 
Reaktion des Falles 27 — Osteomyelitis tbc. — und des Falles 45 — Appen- 
dicitis —, ferner die des Falles 13 — Appendicitis. In den beiden ersten 
Fällen überholt die dominante Humanfiltratpapel, im dritten die dominante 
Bovinfiltratpapel die Koch-Papel bedeutend an Größe (8:11:5; 5:8:3; 
10:6:15); dies sind Beispiele des von Detre beschriebenen akuten Re- 
aktionstypus, dessen hauptsächlich charakterisierendes Symptom die außer- 
ordentliche Empfindlichkeit gegen das Filtrat ist. Dies betonen wir deshalb, 
weil unter den Nachforschern Detre’s Kentzler!) das Bestehen dieses Reaktions- 
typus angezweifelt hat. 

Als Endresultat können wir aussprechen, daß wir in der modifizierten 
Kutanreaktion besonders für die chirurgischen Fälle eine sehr wertvolle 
Methode besitzen, wo etwa auch die Indikation eines operativen Eingriffes da- 
durch bestimmt werden kann. 

Wir halten sie für eine hervorragend wichtige Methode einerseits in 
beginnenden Tuberkulosefällen, wo uns andere diagnostische Methoden im 
Stiche lassen, andererseits zur Bekräftigung bezw. Ausschaltung der durch 
andere Mittel erzielten diagnostischen Daten. 

Die klinische Erklärung der einzelnen Reaktionsformen aber ist heutzu- 
tage um so schwerer, da wir die klinische Offenbarung der Über- 
empfindlichkeit des Organismus nicht zur Genüge kennen. 

Durch die Reaktion gewinnen wir einen Einblick in den Brochemismus 
des Organismus, doch dürfen wir sie in diagnostischer Richtung nur mit 
großer Umsicht anwenden. Diese Umsicht besteht in der vorsichtigen Erwägung 
sämtlicher Daten, welche nebst den Kutanreaktionen sonstige Untersuchungs- 
ereignisse — Intoxikationssymptome, die Untersuchung auf Anämie, kleinere 
Temperaturerhöhungen — bieten. | 

Was die außerordentliche Empfindlichkeit der chirurgischen Fälle — die 
Veränderung der Form der Reaktion mit dem Fortschreiten der Krankheit, 
sowie auch was die humanen, bovinen und gemischten Reaktionen anbelangt — 
die Seltenheit der Anwendung des Bovin in internen Fällen — werden Detre’s 
diesbezügliche Daten durch unsere Erfahrungen bestätigt. 








1) Wien, med. Wehschr. 1908, 


ZEITSCHR. f. 
356 S. BERNHEIM ET P. id TUBERKULOSE 











XXIII. 


Valeur therapeutique des tuberculines,') 
par MM. les Drs. 


Samuel Bernheim et P. Barbier, 
President de Œuvre de la Tuberculose Médecin du Dispensaire des Employés des 
Humaine Postes, Télégraphes et Téléphones. 
Historique. 


fiques de Villemin, la découverte du bacille de la tuberculose par 
j Robert Koch en Mai 1882 devait jeter un jour nouveau sur le traite- 
ment de cette maladie qui constitue le plus terrible fléau des temps modernes, 
causant à elle seule plus de trois millions de victimes par an dans tout PUni- 
vers. La découverte de Pagent spécifique de cette affection devait donc faire 
sortir la thérapeutique antituberculeuse de l’empirisme pour l’orienter vers une 
méthode rationnelle, c’est-à-dire spécifique. 

Déjà, avant que Robert Koch lui-même n’ait découvert sa première 
tuberculine, des essais timides avaient été faits dans cette voie que nous passe- 
rons rapidement en revue. En 1883, Daremberg, prenant modèle sur la 
vaccination anti-rabique, rend des animaux tuberculeux et se sert de leur 
moëlle pour vacciner d’autres animaux. Il n’obtint aucun résultat. En 1885, 
Testi et Marzi traitent des tuberculeux en leur faisant absorber des cultures 
de Bacterium termo qu’ils considèrent comme antagoniste du bacille de Koch. 
En 1886, Cavagnis inocule à des animaux des crachats tuberculeux traités 
par des solutions phéniquées de plus en plus fortes. En 1889, Grancher et 
Martin emploient des cultures atténuées de tuberculose au moyen desquelles 
ils tentent d’immuniser le lapin. En 1890, Courmont et Dor cherchent à 
isoler par la filtration les produits solubles secrétés par les bacilles dans les 
cultures liquides, dont ils se servent ensuite pour vacciner le lapin; ils en au- 
raient obtenu de bons résultats, mais Lépine répétant à son tour leurs expé- 
riences, n’obtint aucun succès. La même année, Richet et Héricourt 
essayent également de vacciner des lapins avec des cultures de bacilles tués 
par la chaleur à 80% En Italie, Maffucci expérimentait aussi de son côté 
les cultures de bacilles atténués soit par le chauffage à 70°, soit par le vieil- 
lissement. 

C’est alors que le 4 Août 1890, au Congrés International de Berlin, 
Koch fit sa retentissante communication, où il annonçait la découverte du 
remède spécifique de la tuberculose. «Je possède maintenant, disait-il, «le 
remède cherché. Quatre cobayes extraordinairement prédisposés à la tuber- 
culose résistent, grâce à cette substance, à l’inoculation du virus tuberculeux 
et ceux qui sont déjà atteints d’une tuberculose avancée peuvent être guéris 


1) Rapport présenté au Congrès International de la Tuberculose, Wasbington, Sept.-Oct. 1908. 








PD.XULHEFT4. VALEUR THÉRAPEUTIQUE DES TUBERCULINES. 367 





sans que cette substance ait une autre influence sur l’organisme.» Ce n'est 
qu'en Janvier 1891 que Koch révéla la vraie nature de son remède: il s'agissait 
d'un extrait glycériné tiré de cultures pures des bacilles de la tuberculose, 
Aussitôt livrée à la publicité, la tuberculine de Koch ne tarda pas à être 
expérimentée dans les hôpitaux de tous les pays. On s’aperçut bientôt que 
la lymphe de Koch, loin d'améliorer l’état des malades, l’aggravait le plus 
souvent; des cas de mort par généralisation des lésions, signalés par différents 
observateurs, et en particulier par Virchow, eurent vite fait de refroidir Pen- 
thousiasme de la première heure. En présence des cas désastreux, tout le 
monde renonça à la tuberculine de Koch comme moyen thérapeutique; seule 
sa valeur diagnostique devait continuer à être utilisée, principalement en méde- 
cine vétérinaire où elle devait rendre les plus grands services. 

L’échec de la première tuberculine ne devait pas décourager le savant 
allemand. Attribuant les accidents observés par certains auteurs à la présence 
dans son produit de principes toxiques, il chercha de diverses manières à 
modifier son produit pour le débarrasser de ces principes toxiques. Dans une 
nouvelle communication du 22 Octobre 1891, il croit avoir obtenu cette tuber- 
culine tout à fait pure. C’est la tuberculine épurée qu'il obtient en mélange- 
ant sa première tuberculine avec trois fois son volume d'alcool; le précipité est 
lavé avec de Palcool à 60°, puis séché dans le vide à 100% Mais Koch re- 
connut lui même que les effets obtenus avec cette tuberculine épurée ne diffé- 


raient pas sensiblement de ceux que l’on obtenait avec la première. 


* 
+ 2 


Pendant ce temps, d'autres expérimentateurs cherchaient de leur cóté a 
purifier également la lymphe de Koch. Dans deux articles, le premier publie 
le 11 Avril 1891 dans la «Wiener medizinische Wochenschrift» et le second 
le 5 Novembre 1891 dans la « Deutsche medizinische Wochenschrift», Klebs nous 
montre comment il est arrive a obtenir une nouvelle substance la tuberculo- 
cidine. Sa methode consiste a traiter 5 centimetres cubes de lymphe de Koch 
par 100 centimètres cubes d'alcool absolu: le dépôt ainsi obtenu, après avoir 
été bien brassé, est filtré, puis lavé avec 100 centimètres cubes d’alcool absolu, 
100 centimètres cubes de chloroforme et de benzine. On dessèche ensuite 
a 56% On reprend le dépôt, on le mélange avec 100 centimètres cubes de 
glycerine à une solution de 0,5 °/, d’acide phénique; on refiltre soigneusement 
et on obtient ainsi une solution soluble dans l’alcool, laquelle représente 5 °/, 
de la lymphe primitive. 

En 1892, Spengler, de Davos, dans un travail publié dans la « Deutsche 
medizinische Wochenschrift», nous communique les résultats favorables qu'il a 
obtenus en combinant l’action de la tuberculine de Koch la tuberculocidine 
de Klebs, dans les proportions de '/,, à Hee de milligramme de la premiere 
pour 5 à 20 milligrammes de la seconde. 

En 1893, S. Bernheim, au Congrès de la Tuberculose de Paris, annonça 
qu'il était arrivé a immuniser des animaux contre la tuberculose par des in- 
oculations intravasculaires de cultures de bacilles chauffées pendant une heure 
et demie et filtrées. On inoculait ensuite aux malades le sérum de ces ani- 


o ZEITSCHR. f. 
358 | | | S. BERNHEIM ET P. BARBIER. TUBERKULOSE 








maux immunisés. Ce fut là la première tentative faite dans la voie de la 
sérothérapie antituberculeuse. 

En 1804, un auteur américain Schweinitz, dans le numéro du 8 Dé- 
cembre de «Philadelphia médical News», publiait les résultats des recherches qu’il 
avait faites en vue d’obtenir l’immunité contre la tuberculose chez les cobayes, 
en leur injectant des bacilles atténués. Il était arrivé ensuite à immuniser de 
grands animaux (chevaux, ânes, mulets): le sérum des animaux traités lui 
parut avoir quelque valeur curative. 

En 1895, au Congrés de Bordeaux, un italien Maragliano annonçait 
également qu'il avait rendu des animaux réfractaires à la tuberculose par des 
injections de toxines retirées des cultures du bacille de Koch. 

En Novembre 1896, le Dr. Hirschfelder, de San Francisco, proposait 
une nouvelle tuberculine, l’oxytuberculine, laquelle résulte de l’oxydation de la 
tuberculine au moyen de l’eau oxygénée. 


En 1897, Schweinitz, en collaboration cette fois avec Dorset, nous 
décrit une seconde tuberculine, laquelle possédait par elle-même des vertus 
curatives. 

C’est la même année enfin que Robert Koch, dans un travail paru dans 
la « Deutsche medizinische Wochenschrift», annonçait la découverte de sa nou- 
velle tuberculine T.R. 

Cette nouvelle tuberculine T.R. consistait en une véritable émulsion de 
bacilles. Pour l'obtenir, il se servait de cultures desséchées et triturées, qu’il 
soumettait à la centrifugation. Le résultat de centrifugation était de nouveau 
desséché et trituré puis soumis à une seconde centrifugation. On arrivait ainsi, 
par ces opérations successives, à détruire l’enveloppe résistante du bacille, ce 
qui permettait a ce dernier de pouvoir être résorbé. Cette nouvelle tubercu- 
line de Koch ne fut point accueillie avec Venthousiasme qui avait marqué 
Papparition de la première; le monde des auteurs qui l’ont expérimentée fut 
par suite moins considérable. Elle ne devait guère donner d’ailleurs de résul- 
tats plus encourageants; des cas de généralisation des lésions provoquée par 
son emploi devaient également être signalés. 

En 1898, Weyl et Wesely indiquent un procédé nouveau permettant 
d’obtenir une tuberculine moins toxique. Ce procédé consiste en une modi- 
fication apportée à la composition du bouillon de culture: absence d’extrait de 
viande, addition d’une forte proportion de glycérine. 

Cette même année enfin, au Congrés de Paris contre la tuberculose, plu- 
sieurs communications furent faites à ce sujet. Arloing et Guinard, à la 
recherche d’un sérum immunisant contre la tuberculose, ont retiré des cultures 
du bacille de Koch plusieurs tuberculines qu’ils nomment T.A., T.C., T.D. et 
enfin T.B. 

À ce même Congrès de Paris, Hirschfelder exposa les bons résultats 
qu’il avait obtenus de l’emploi de son oxytuberculine. 

Enfin, la communication la plus intéressante fut celle de Denys de 
Louvain, qui annonça qu’il avait découvert une tuberculine capable d’exercer 
chez le chien infecté de tuberculose une action aussi bien préventive que cu- 


da VALEUR THÉRAPEUTIQUE DES TUBERCULINES. 359 














rative. Il a commencé à expérimenter cette tuberculine chez l'homme, il a 
obtenu dans les formes fébriles des améliorations considérables et méme la 
guérison dans un grand nombre de cas. 

En 1899, dans un article de la Revue médicale de la Suisse Romande, 
Vignerat étudie la nature chimique de la tuberculine qui ne serait d'apres lui 
qu’un succinate alcalin. Le traitement de la tuberculose consisterait à em- 
pêcher la formation d'acide succinique dans l’organisme. 

En 1900, au Congrés International de Médecine de Paris, Middendorp 
fit une communication sur la doctrine et la méthode curative de Koch. Pour 
lui, le bacille de Koch n’est qu’un simple saprophyte et non l’agent spécifique 
de la tuberculose La méthode curative de Koch n’a donc aucune base scienti- 
fique; elle est au surplus nuisible et dangereuse. 

En 1902, le Dr. Weigert soutenait devant la Faculté de Médecine de 
Lyon une thèse très documentée sur les tuberculines. _ Cette thèse est un travail 
très complet pour l’époque à laquelle elle a paru. 

La même année dans le numéro du 5 Juin du e Centralblatt für Bakterio- 
logie», Fritz Thellung publiait une étude expérimentale sur lagglutination du 
bacille tuberculeux et sur le traitement de la tuberculose par la nouvelle tuber- 
culine de Koch: la valeur diagnostique de l’agglutination du bacille tuberculeux 
lui parait douteuse; quant au traitement reposant sur cette méthode, il n’a ob- 
tenu que des résultats négatifs chez les animaux en expérience. Le 4 Sep- 
tembre 1902, dans la Gazzetta degli Ospedali e delle cliniche, un médecin italien 
Figari signalait un cas de guérison par le sérum de Maragliano d’un tuber- 
culeux pulmonaire datant de deux ans. 

Dans les numéros d'Octobre et de Decembre 1902 de la Revue Inter- 
nationale de la Tuberculose, le Dr. Maréchal, médecin des Hôpitaux de 
Bruxelles publiait un travail intitulé: Traitement de la tuberculose par l’emploi 
combiné des tuberculines et des composés créosotés. La tuberculine qu’il pré- 
conisait consiste en une association de la tuberculine T.R. de Koch ou bouillon 
filtré de Denys. Cette association remplirait d’après l’auteur, un double but: 
action immunisante produite par les corps bacillaires broyés de T.R. et action 
antitoxique due aux toxalbumines du bouillon filtré de Denys. 

En Mai 1903 également, le Dr. van Beneden faisait a la Société méd.- 
chir. de Liège une communication intitulée: « Tuberculines et cures hygiéno- 
diététiques.» Sans contester la valeur du traitement spécifique de la tuberculose, 
il montre qu'à la période de début la cure hygièno-diététique seule peut suffire. 

Enfin, en Juin 1903, dans la Revista de medicina y cirurgica praticas, 
Maragliano fait une étude de l'immunisation et de la lutte de Porganisme contre 
la tuberculose. S'appuyant sur ce fait que la guérison d’un foyer tuberculeux 
localisé laisse en général le malade réfractaire à toute nouvelle atteinte, il a 
pensé pouvoir obtenir l’immunité en produisant un foyer circonscrit de tuber- 
culose cutanée. Par l’inoculation sous la peau du bras d’une petite quantité 
de bacilles morts, il détermine un foyer purulent amicrobien très lent à guérir 
(trois ou quatre mois): pendant ce temps, on peut constater l’augmentation 
progressive du pouvoir agglutinant du sérum. 


* * 
* 


ZEITSCHR. f. 
360 Oe po nus, VUBERKULOSE 








Le 18 Novembre 1903, a Académie de Médecine de Paris, le Dr. Mar- 
morek faisait une importante communication intitulée: Sérum et vaccin anti- 
tuberculeux. La tuberculine ne serait pas, d’aprés lui, la vraie toxine du ba- 
cille de Koch: il serait arrivé a isoler cette derniére dont il s’est servi pour 
immuniser les chevaux. C’est le sérum des chevaux ainsi immunisés qu’il a 
employé dans le traitement de la tuberculose. Cette communication donna 
lieu à une deuxième a laquelle prirent part MM. Dieulafoy, Le Dentu, 
Monod, Hallopeau. Sauf M. Monod, les autres orateurs déclarent qu’ils 
n’ont observé aucune amélioration sous Pinfluence du sérum de M. Marmorek; 
le Dr. Hallopeau a méme observé des accidents locaux et á distance. 


Le 23 Novembre, le Prof. Béraneck de Neufchâtel faisait à l’Académie 
des Sciences une première communication sur sa nouvelle tuberculine. Cette 
tuberculine est une tuberculine compléte contenant á la fois les toxines ex- 
traites des cultures et les endotoxines provenant des corps bacillaires. 


En 1904, dans le numéro du 28 Janvier de la «Deutsche medizinische 
Wochenschrift », le Dr. Friedmann, de l’Institut biologique de Berlin, nous donne 
les résultats de ses essais de vaccination des cobayes contre la tuberculose 
humaine ou bovine au moyen des cultures du bacille de la tuberculose des 
tortues: ces essais ont été tres satisfaisants. 


En Décembre 1905, nous signalerons également un article publié dans 
la Revue Internationale de la Tuberculose par le Prof. Ferran, de Barcelone, 
sur l’immunisation des cobayes contre la tuberculose spontanée et contre la 
tuberculose expérimentale provoquée par leur bacille. L'auteur est arrivé à 
vacciner les cobayes contre la tuberculose en leur injectant des cultures mortes 
de bactéries tuberculogènes saprophytes. 


À la même époque M. Lignières, directeur de l’Institut bactériologique 
de Buenos-Ayres, annonçait qu’il s’occupait de la préparation d’un vaccin anti- 
tuberculeux. Il existait, d’après lui, deux types de bacilles de Koch, différents 
par leur action pathogène: c’est sur ce fait que sont basées ses recherches 
expérimentales. | 


Le 6 Mars 1906, devant la Société Internationale de la Tuberculose de 
Paris, le Dr. Jacobs de Bruxelles venait communiquer les résultats observés 
par de nombreux médecins tant en Belgique qu’en Angleterre, en Suisse et 
en France, à la suite du traitement des différentes localisations tuberculeuses 
‘par une tuberculine préparée dans son laboratoire depuis 1897. L’auteur in- 
sistait sur le nombre élevé des guérisons maintenues telles depuis plusieurs 
années, sur la constance des résultats obtenus, ainsi que sur l'innocuité absolue 
du traitement, Sur 500 malades qu'il a traités lui-même le Dr. Jacobs a eu 
62 guérisons, 209 améliorations, 58 décès; 171 malades ont abandonné le 
traitement. A la suite de la communication du Dr. Jacobs, le Dr. Lespinne, 
de Bruxelles, vint signaler les heureux résultats obtenus par lui avec cette 
tuberculine dans le traitement des tuberculoses cutanées (lupus, gommes, scro- 
fulo-tuberculeuses, adénites): certaines guérisons se sont maintenues après deux 
années. À leur tour le Dr. Georges Petit et le Dr. S. Bernheim confir- 


sr ds VALEUR THÉRAPEUIIQUE DES TUBERCULINES. 361 





mérent les résultats favorables obtenus dans leurs dispensaires avec la tuber- 
culine de Jacobs. 


* xk 


Tuberculine de Jacobs. 


La tuberculine de Jacobs est un vaccin bactérien provenant d'une émul- 
sion de bacilles de tuberculose humaine cultivés sur un sérum spécial, de 
virulence toujours identique et contrôlée. On laisse la culture à l’etuve un 
temps déterminé; après réduction à chaud dans le vide, jusqu’à réduction à 
8°/, du volume primitif, les cultures sont filtrées sur porcelaine et stérilisées. 
On étend le liquide de glycérine, et l’on obtient ainsi une liqueur mère, au 
moyen de laquelle on fait des solutions de titres différents qui sont placées en 
ampoules de verre coloré de 2 centimètres cubes, scellées à la lampe. Ces 
ampoules se conservent indéfiniment. | 

L’auteur expérimenta d’abord sa tuberculine sur l’animal. Le cobaye 
sain supportait sans manifestation morbide une injection sous-cutanée et intra- 
péritonéale de 2 centimètres cubes de ce liquide; 5 centimètres cubes ame- 
naient des troubles qui disparaissaient plus ou moins rapidement. Un cobaye 
tuberculeux mourut en quelques heures après une injection de !/, à 1 centi- 
mètre cube. Chez le lapin sain, Pinjection de 5 centimètres cubes ne donnait 
qu’un amaigrissement passager; chez le lapin tuberculeux une injection d’un 
centimètre cube amena une hyperthermie de 41° à 42% avec mort plus ou 
moins rapide. Toutes ces expériences devaient être faites avec la solution 
mère. Les autres solutions n’entraînent aucun trouble sérieux chez les animaux 
sains; chez les animaux tuberculeux, les injections répétées peuvent amener 
des troubles inquiétants, mais le plus souvent passagers. Les autopsies que 
l’on a faites d'animaux infectés morts en expérience montrèrent que les foyers 
tuberculeux étaient entourés de véritables exsudats leucocytiques qui isolaient 
en quelque sorte ces foyers; les leucocytes étaient le siège d’une phagocytose 
intense, amenant la destruction plus ou moins rapide des bacilles. Dans les 
tissus tuberculeux mortifiés, les masses caséeuses, ce travail ne se produisait 
pas; autour des lésions tuberculeuses récentes on l’observait dans toute son 
intensité A une période expérimentale plus avancée, on voyait le foyer in- 
fecté devenir de plus en plus petit, se nécroser et même finir par être éliminé. 

L’intensité du travail phagocytaire autour des foyers tuberculeux est en 
rapport avec l'intensité du mécanisme de défense que l’organisme emploie dans 
sa lutte contre le bacille de Koch. Cette phagocytose a lieu en effet grâce 
à un élément susceptible de se combiner au bacille de Koch et de le pré- 
parer à la digestion intra-cellulaire. Cette substance, appelée par Wright 
` «opsonine », peut être décelée et dosée dans une goutte de sang en suivant 
la technique de Leishman, modifiée par Wright et Douglas: On mélange 
dans un tube capillaire un volume de sérum à essayer, un volume d’une 
émulsion de leucocytes lavés provenant d'un sang normal et un troisième 
volume d’une émulsion de bacilles’ de Koch dans une solution de 0,75 NaCl. 
Le tube capillaire scellé est mis à l’étuve pendant dix minutes à 37° puis on 

Zeitschr. f. Tuberkulose, XIII. 24 


| ZEITSCHR. f. 
362 S: PERN ET P: BARBIER: TUBERKULOSE 











fait des préparations microscopiques de son contenu. Après une coloration 
appropriée, on compte le nombre des microbes phagocytés par les 30 ou 40 
premiers leucocytes qui se présentent au microscope. En divisant le total des 
microbes phagocytés par le nombre des leucocytes examinés, on obtient le 
coefficient phagocytaire. On compare ce coefficient a un coefficient normal 
pris comme unité et obtenu par une opération exactement similaire menée 
simultanément, mais dans laquelle on a mélangé au volume d’émulsion bacil- 
laire et leucocytaire le sérum provenant d'un sujet sain: c’est le rapport de 
ces deux coefficients qui constitue Pindex opsonique. 

La recherche de index opsonique sera un guide précieux dans le traite- 
ment de la tuberculose par la tuberculine de Jacobs. Cet index opsonique 
subit, en effet, des variations de hauteur après chaque injection de vaccin bac- 
térien. Au-dessous de la normale chez le sujet non traité, il commence par 
s'abaisser encore davantage a la suite de cette première injection. C’est ce 
qu’on appelle la phase négative, laquelle s'explique par la soustraction à lor- 
ganisme d’une certaine quantité de substances protectrices que provoque la 
tuberculine en se combinant avec les éléments bactério-tropiques toujours 
présents dans le sang. Cette soustraction a pour conséquence une stimulation 
cellulaire, d’où formation instantanée et surabondante de substances bactério- 
tropiques ou protectrices; c’est la phase positive, caractérisée par le relèvement 
de l'index opsonique de sang. Au bout d'un temps variable, Pindex opsonique 
a tendance à retomber vers le taux primitif; on doit alors pratiquer une se- 
conde injection qui est suivie de la même succession de phénomènes, avec 
cette différence cependant que l’immunité atteint un sommet encore plus élevé. 


Les choses se passent ainsi dans les cas favorables; mais malheureuse- 
ment il n’en est pas toujours de même. Chez les sujets profondément infectés 
toute réaction défensive semble être épuisée, et chez ces sujets les tentatives 
d'immunisation n’ont comme résultat qu’une diminution plus accentuée encore 
du pouvoir défensif, la phase positive manque et l’on ne provoque qu’une 
phase négative prolongée: dans ces cas, Pindex opsonique ne se relève pas. 
Continuer quand même les injections, ce serait häter la mort du malade, puis- 
que chaque inoculation lui enlève une certaine dose de substance protectrice. 

La recherche de l’index opsonique du sang, nous guide également pour la 
question des doses de vaccin et de l’intervalle entre les injections. Si la dose 
de vaccin est trop forte, il y a une telle soustraction de substances protectrices 
du sang que le malheureux ne s’en relève pas, qu’il meurt pendant une phase 
négative foudroyante. Ce mécanisme nous explique les accidents qui ont 
marqué les débuts de ladministration de la tuberculine de Koch. Remarquons, 
d'autre part, qu’une injection journalière de petites doses de vaccin manque 
également le but; à chaque injection correspond un accroissement progressif 
de Pimmunité, mais fatalement il arrive un moment où cette immunité, ayant 
atteint son maximum, s’effond sous laction répétée des inoculations. Si Pon 
diminue considérablement la dose injectée, la phase négative manque totale- 
ment ou passe inaperçue; la phase positive fait également défaut et le degré 
d’immunité du malade reste ce qu'il était. Si la dose est suffisante pour pro- 


BD. XULHEFT4. vALBUR THÉRAPEUTIQUE DES TUBERCULINES. 363 














voquer une réaction, celle-ci porte en elle la guérison ou la mort. La question 
de dose est primordiale: trop faible, elle passe inapergue; trop forte elle peut 
aggraver l’état infectieux du malade et produire une mobilisation générale des 
microbes infectants. Cette question de dose devient encore plus importante 
lorsqu'on pratique une série d’inoculations, car on additionne des lors les effets; 
on peut obtenir des effets cumulätifs positifs ou bien négatifs, élevant ou 
abaissant par échelons successifs le niveau final de l'immunité. 

L'examen opsonique est une épreuve scientifique rigoureusement exacte; 
elle n’est cependant pas indispensable dans le traitement de la tuberculose par 
les tuberculines. En effet, maintes fois, nous avons pu nous guider sur certains 
phénomènes cliniques (céphalée, lumbago, fatigue générale, légère ascension 
thermique, inapétence, traces d’albumine dans les urines), signes qui nous ont 
averti que l’organisme était saturé et qu’on était arrivé au stade du plateau. 
Lorsqu'on observe ces symptômes qui surviennent généralement au bout de 
50 à 60 piqüres, il faut suspendre le traitement pendant 15 jours ou I mois 
et toutes ces légères complications disparaissent comme par enchantement. 
Quand Porganisme a éliminé complètement toute l’anti-toxine, on peut refaire 
une nouvelle série d’injections en commençant par le titre 1 exactement comme 
au début du traitement. 


* * 


Le lieu d’élection pour les injections de la tuberculine Jacobs est la 
région fessiére, par la voie intra-musculaire; linjection est très peu douloureuse, 
ne donne qu’une sensation d’engourdissement du membre inférieur qui disparait 
en cing ou dix minutes. On peut, comme nous le verrons plus loin, pratiquer 
deux injections par semaine en se basant sur certains phénoménes cliniques, 
de ou sur l’index opsonique pour déterminer le moment opportun d'une nou- 
velle injection. | 

Les injections de la tuberculine de Jacobs ne sont suivies d'aucune ré- 
action, ni thermique, ni générale, ni locale: sur plus de 60000 injections on 
n’a signalé aucun accident. Cette médication jouit donc d’une innocuité ab- 
solue. Non seulement, les injections du vaccin bactérien ne déterminent pas 
d'élévation de température, mais même certains malades qui étaient fébriles au 
début du traitement ont vu leur température s’abaisser rapidement comme Pun 
de nous!) l’a observé. La phase négative au début peut cependant, comme 
Pa montré Delatre?) se traduire par quelques symptômes cliniques: une cour- 
bature légère, quelquefois des fourmillements dans les membres inférieurs, 
d'autre fois de la raideur articulaire, un peu d'arthralgie, le sommeil un peu 
agité ou au contraire plus profond, un état nerveux qui dure à peine. La 
température descend généralement de deux ou trois dixièmes de degré. Au 
niveau des lésions, les malades accusent une sensation de tension; les doulcurs 
névralgiques, les points de côté sont plus sensibles. Au moment de la phase 


1) Drs, S. Bernheim et Martin Saint-Laurent, Congrès intern. de méd., Lisbonne, 
Juin 1906, 

7) Delattre, Traitement de la tuberculose pulmonaire par la T.J. sous le contrôle de l’examen 
Opsonique. Progrès méd., 15 Juillet 1906. 


24* 


ZEITSCHR. f. 
364 S. BERNHEIM ET P. BARBIER. Per Le 








positive tous ces petits symptômes disparaissent. Le malade se sent amélioré. 
La température cependant, qui était légèrement abaisséc, remonte un peu. 
Elle ne reste définitivement abaissée qu’apres un certain nombre d’injections. 
Si ces phénomènes suivent les premières inoculations, il n’est pas toujours ainsi 
dans la suite. Au bout d'un certain temps, les symptômes d’amélioration se 
manifestent carrément et l’on ne voit plus, au moment de la période négative, 
qu’une légère augmentation de l’expectoration qui, en même temps,. devient 
plus fluide. 
* S * 

Ces données générales étant connues sur le traitement de la tuberculose 
par la tuberculine de Jacobs, voyons maintenant quels sont les résultats 
thérapeutiques donnés par cette méthode. Le professeur Jacobs apportait 
en 1906 à la Société internationale de la tuberculose une statistique de 
500 cas de tuberculose pulmonaire à tous les degrés traités par les in- 
jections de tuberculine: Sur ces 500 cas, on comptait 62 guérisons main- 
tenues telles depuis plus de 3 ans, 2 ans et 1 an, 209 améliorations, 58 dé- 
cès, 171 cas, ayant abandonné le traitement rapidement ou Payant suivi 
dans de telles conditions qu'il eùt été impossible d'obtenir un résultat quel- 
conque. La méme année au Congrès international de Lisbonne, Pun de nous? 
communiquait les premiers résultats qu'il avait obtenus de emploi de la tuber- 
culine de Jacobs dans la tuberculose pulmonaire; 12 malades traités depuis 
6 mois d'une façon suivie étaient tous en voie d'amélioration. En 1907, dans 
la Revue internationale de la tuberculose, Delattre publiait 14 cas de tuber- 
culose pulmonaire traités par la tuberculine de Jacobs: dans tous ces cas 
l'amélioration était considérable. Dans toutes les observations, on signale sous 
influence des injections de tuberculine, l’élèvement très rapide de l’état général 
et de la nutrition, coincidant avec le relèvement du taux opsonique. L’un des 
premiers symptômes est le réveil de Pappétit qui est parfois excessif: la faim 
est impérieuse chez certains malades. On constate en même temps l’amélio- 
ration des fonctions gastro-intestinales, la disparition des troubles gastralgiques, 
des nausées, des vomissements L’augmentation de poids n’est pas toujours 
en raison de cet appétit. exagéré: les malades gagnent en moyen 2 kilos. 
Parfois même, il se produit au début du traitement un phénomène paradoxal: 
avec le réveil de l’appétit, le malade maigrit. La perte de poids est de 1 kilo, 
quelquefois même de 2 kilos pendant le premier mois; mais il ne tarde pas 
‘à regagner son poids. Les malades qui étaient fébriles avant le traitement, 
voient, sous l'influence des injections, leur température s’abaisser rapidement. 
Il est parfois utile cependant de soumettre pendant quelques jours les malades 
au repos au lit, ce qui facilite la chute de la température. Avec la fièvre 
disparaissent les sueurs nocturnes et le sommeil devient réparateur. Au niveau 
des lésions pulmonaires, on constate à la percussion la disparition progressive 
des zones de matité, qui sont remplacées plus ou moins rapidement par une 
sonorité voisine de la normale. A l’auscultation, on perçoit la disparition ra- 


1) Drs. S. Bernheim et Martin Saint-Laurent, Communication au Congrès de Lis- 
bonne, Juin 1906. 


Braut VALEUR THERAPEUTIQUE DES TUBERCULINES. 365 








pide des rales et autres phénomènes stéthoscopiques. L’amélioration des sym- 
ptómes locaux se traduit par la diminution de la toux et de l’expcctoration; 
les crachats deviennent plus fluides, les bacilles de Koch disparaissent plus ou 
moins rapidement. 


La tuberculine de Jacobs nc donne pas seulement de remarquables ré- 
sultats dans la tuberculose pulmonaire, mais également dans toutes les autres 
localisations de la tuberculose. Dans la tuberculose du larynx, sur 15 cas de 
la statistique de Jacobs, on a obtenu 11 guérisons contrôlées par des spé- 
cialistes. L’hyperémie des cordes vocales, leur tuméfaction, diminuent assez 
rapidement sous l'influence des injections; les ulcérations se cicatrisent, laissant 
aux cordes vocales leur aspect nacré brillant; la voix revient. Sur 30 cas de 
péritonite tuberculeuse de la même statistique, lascite disparaît rapidement, la 
fièvre tombe, la diarrhée et les vomissements s’amendent au bout de quelques 
injections, en même temps que s'améliorent l’état général et la nutrition. Des 
les premières injections, les douleurs abdominales disparaissent; les tumeurs 
(gateaux et noyaux tuberculeux) fondent lentement, mais progressivement, sans 
laisser aucune trace. On a vu chez la femme la menstruation reparaître même 
après plusieurs années d’aménorrhée. Dans l’enterite tuberculeuse primitive de 
la première enfance, sur 6 cas de cette même statistique on a signalé 3 gué- 
risons, dont une s'est maintenue définitivement depuis plus de 5 ans, une 
deuxième depuis 2 ans et demi. Les diarrhées putrides cessent très rapide- 
ment sous l'influence des injections. Dans les ostéites tuberculeuses, sur 44 cas 
de cette statistique on a constaté 25 guérisons durant depuis 2 ans et plus, 
9 guérisons datant d’au moins un an; dans plusieurs cas la mort est survenue 
par infection générale ou à la suite de complications. Dans les cas favorables, 
l’état général se relève rapidement, au point de permettre à des malades alités 
depuis des mois de se lever après 15 jours, 3 semaines. La douleur, souvent 
si atroce, dans cette localisation tuberculeuse est un des premiers symptômes 
à disparaître; elle est remplacée par un fourmillement dans la région malade. 
Les ostéites fermées, c’est-à-dire non fistuleuses, passent à résolution; les os 
dégonflent et la peau perd sa rougeur, sa tension. Si Paffection est de date 
ancienne, la guérison est plus lente; on peut observer des arrêts dans la gué- 
rison avec recrudescence du mal. Il y a dans ces cas réveil des lésions en- 
dormies et l’on assiste alors à l’évolution rapide de ces nouveaux foyers. S'il 
y a abcès ou collection purulente autour des foyers, quelques ponctions 
amènent la guérison sans fistule. Quant aux ostéites ouvertes à fistules, ce 
sont souvent des foyers de suppuration entretenus par des séquestres. on doit 
dans ces cas intervenir d’abord chirurgicalement pour enlever ces séquestres. 


On a signalé des cas de coxalgies guéries sans raccourcissement du 
membre, chez les enfants, grace aux injections de tuberculine; des cas de spina- 
ventosa qui ont rétrocédé sans suppuration; des cas d’arthrites anciennes à 
fistules soumis au traitement à la veille d’amputation soit du bras, soit de la 
jambe, soit de la cuisse et qui guérirent complètement, rendant ainsi Pampu- 
tation inutile; un cas de tuberculose vertébrale dans lequel le sujet impotent 


ZEITSCHR f. 
366 S. BERNHEIM ET P. BARBIER. ` ` ` "peter 








et souffrant atrocement depuis de longs mois était capable de se lever et de 
reprendre ses occupations au bout d’un mois de traitement par la tuberculine. 


* 
* * 


Comme autres localisations tuberculeuses soumises avec succés aux in- 
jections de tuberculine de Jacobs, nous citerons également la tuberculose con- 
jonctivale, les cystites et les orchi-épididymites tuberculeuses. Dans la plupart 
des cas, la guérison a été rapide, avec relèvement des forces, de l’état général 
et disparition des lésions. Nous citerons pour terminer les tuberculoses cutanées 
(lupus, gommes scrofulo-tuberculeuses, adénites), dans lesquelles les injections 
de tuberculine Jacobs ont donné des résultats non moins remarquables. La 
statistique rapportée à ce sujet par le Dr. Lespinne à la Société Internatio- 
nale de la Tuberculose portait sur 22 cas de lupus, 12 cas de gommes scro- 
fulo-tuberculeuses et 4 cas d’adénites tuberculeuses. Dans les lupus, on con- 
state dès le début du traitement la régression des infiltrats lymphangitiques 
entourant les placards lupeux, d’où diminution immédiate des dimensions 
apparentes du lupôme par décongestion des tissus voisins. On constate sou- 
vent en même temps l’apparition de cordons de lymphangite avec hypertrophie 
du ganglion correspondant. Ces phénomènes de lymphangite disparaissent très 
vite et l’on assiste bientôt à laction sur le lupus lui-même. Peu à peu les 
placards lupeux ou les nodules isolés diminuent de volume, se recouvrent d’un 
épiderme plus épais; il se forme du tissu fibreux cicatriciel entre les néo- 
plasmes restants: c’est la marche vers la cicatrisation interstitielle. Dans un 
tiers des cas observés par le Dr. Lespinne, la disparition des placards lupeux 
s’est faite d'une façon complète; dans plusieurs de ces cas, la guérison s'était 
maintenue depuis plus de 2 ans sans récidive. Le même processus s’observe 
dans la guérison des gommes scrofulo-tuberculeuses dermiques ou hypoder- 
miques traitées par la tuberculine. Les gommes encore crues peuvent dis- 
paraître par résorption sans laisser aucune trace appréciable, si ce n’est la 
cicatrice. Des nodules rétractés, durs, en apparence guéris ont pu se réveiller 
sous l'influence de la tuberculine, mais leur ramollissement se faisait sans au- 
cune réaction périphérique malgré l’ouverture à la peau et Pexpulsion presque 
en bloc d’un magma solide comprenant tout le tissu gommeux mortifié Quant 
aux ulcérations fongueuses en suppuration, on les voyait sécher peu à peu et 
guérir par transformation en cicatrices aussi parfaites que possible. 

Pour les adénites tuberculeuses, l’un de nous”), dans une communication 
a la Société Internationale de Tuberculose, a relaté 21 observations d'adénites 
cervicales guéries ou en voie de guérison par le seul emploi de la tuberculine 
de Jacobs. Le processus est ici le méme que pour les gommes cutanées. 
Dans les cas d'adénites gommeuses crues, on voyait ces adénites, parfois volu- 
mineuses, se résoudre peu à peu et disparaître sans laisser aucune trace appré- 
ciable. Dans une observation du Dr. Lespinne, il ne restait plus d’une de 
ces grosses adénites qu’un petit nodule rétracté, qui put être énucléé avec la 








1) Drs. Barbier et Dieupart, Traitement des adénites du cou par la tuberculine. Com- 
munication & la Soc. Int. de la Tub., Oct, 1906. 


BD.XUIL,HEFT4. I | 
1908. AGE SETERAREDNIOUE DES TUBERCULINES, 367 


plus grande facilité; l’opération fut des plus simples bien que le ganglion re- 
posat sur la carotide. Dans les adénites suppurées, Paction de la tuberculine 
de Jacobs était non moins évidente; sous son influence, on voyait se tarir 
des suppurations datant de plusieurs mois (observations communiquées par le 
Dr. Lespinne). De plus, grâce à la tuberculine, au lieu de ces cicatrices 
gaufrées, couturées, rougeátres ou violacées, que l’on observait jadis, témoins 
indélébiles de l’ancienne scrofule, on obtenait des cicatrices minces, souples, 
finement vascularisées, aussi parfaites en un mot qu’on puisse les désirer. 
Aucune observation n’a encore été rapportée concernant les vieilles adénites 
sclérosées rétractées; mais il est permis de supposer par analogie avec ce qui 
se passe pour les gommes cutanées dans les cas rapportés par le Dr. Les- 
pinne, que ces vieilles adénites, en apparence guéries, puissent également se 
réveiller et après caséification de leur contenu et ouverture à la peau, expulser 
a Vextérieur le résidu de leurs foyers bacillaires. 


* 
* * 


Depuis 2 années et demie, nous avons fait plus de 10000 injections de 
tuberculine de Jacobs a des tuberculeux atteints a divers degrés et cela sans 
avoir jamais observé aucun accident sérieux. Au bout d'un certain nombre 
d'injections (le nombre varie chez les divers individus entre 10 et 40) on 
s'apergoit par certains phénomènes que l'organisme est saturé du produit bio- 
logique. L’amélioration bien manifeste et continuelle s'arrête: l'état reste 
stationnaire et le malade nous signale certains troubles légers (courbature, 
cépallalgie, insomnie, lumbago) qui doivent attirer l’attention du clinicien. En 
examinant les urines, on trouve souvent des traces indosables d’albumine. A ce 
moment l'examen opsonique accuse aussi la phase négative. En tout cas, nous 
conseillons à tous les praticiens, même à ceux qui n’ont pas l’habitude de 
pratiquer l’examen opsonique, de suspendre les injections de tuberculine pendant 
une quinzaine de jours, même quelquefois un mois. I*amélioration constatée 
primitivement sous l’influence des injections s’accentue et se confirme. Nous 
avons constaté ce fait chez un nombre considérable de tuberculeux, dont l’or- 
ganisme était à un moment donné saturé de tuberculine. Après une inter- 
ruption du traitement dont la durée varie considérablement d’un individu à 
Pautre, on peut reprendre les injections. 


Nous avons dit, il y a un instant, que nous avons pratiqué aux Dispen- 
saires de l'CEuvre de la Tuberculose Humaine plus de 10 mille injections de 
tuberculine Jacobs à des malades arrivés aux différentes périodes. ` Voici 
comment nous pouvons résumer une statistique reposant sur une longue ob- 
servation et sur un grand nombre de malades traités uniquement par cette 
méthode. 

a) Tuberculeux atteints au Ier degré et pris dans de bonnes conditions: 

Guérison: 70 %/,; amélioration: 15 °/,; état stationnaire: 10%/,; aggra- 
vation 5 °/,. 

b) Tuberculeux atteints au ms degré et pris dans des conditions satis- 
faisantes: 


e ~ ZEITSCHR. f. 
368 BERNHEIM ET BARBIER, VALEUR THERAFEUTIOUE ETC. TUBERKULOSE 





Guérison: 30 °/,; amélioration: 35 °/,; état stationnaire: 25 °/,; aggravation: 
10 fo 

c) Tuberculeux atteints au Ulm degré mais dont lorganisme offrait une 
certaine résistance: | 

Guérison: 7 °/,; amélioration: 28 °/,; état stationnaire: 20 °/,; aggra- 
vation: 45 °/,. 


* 
* * 


Conclusions. — De cette étude de la valeur thérapeutique des tuber- 
culines, que nous nous sommes efforcés de rendre aussi complète que possible, 
nous croyons pouvoir tirer les conclusions suivantes: 

1° Des deux méthodes d’immunisation contre la tuberculose, l’immuni- 
sation passive ou sérothérapie et l’immunisation active ou tuberculinothérapie, 
c’est cette dernière méthode qui nous paraît constituer, jusqu’à nouvel ordre, 
pour les raisons que nous avons indiquées, la méthode thérapeutique la plus 
rationnelle; 

2° Parmi les tuberculines, celles qui renferment les toxines contenues 
dans les corps bacillaires eux-mémes (tuberculines de Béraneck, de Jacobs) 
paraissent posséder les propriétés immunisantes les plus actives; 

3° L’action de la tuberculine dépend essentiellement, comme l’a montré 
le professeur Sahli, des détails du traitement et de la fagon dont on Pemploie 
(augmentation graduelle et prudente des doses, en évitant toutes réactions); 

4% La tuberculinothérapie ne peut donner de résultats que chez les sujets 
dont la résistance organique est suffisante pour faire les frais de la réaction 
défensive qui doit leur assurer la victoire finale; 

5% De toutes les tuberculines préconisées et expérimentées, celle du 
Prof. Jacobs nous paraît à la fois la plus facile à manier, la moins dangereuse 
à administrer et aussi la plus efficace dans le traitement des diverses mani- 
festations et des variétés cliniques de la tuberculose. | 


SN 
O 


RD XIN-REFT4. BERMBACH, EIN MECHANISCHES HILFSMITTEL ETC. 369 








XXIV. 
Fin mechanisches Hilfsmittel zur Bewertung der Pirquetschen 
Reaktion. 
Von 


Dr. med. P. Bermbach, Koln. 


Am Verlaufe der Pirquetschen Reaktion sind folgende Vorgänge be- 
A sonders in die Augen springend: 
sE ; 1. Am Impfschnitt selbst: lebhafte rote oder braunrote Verfärbung 
und längere Zeit persistierende Schorfbildung; in der allernächsten Umgebung 
des Schnittes schmaler, lebhaft roter Hof. 

2. In der weiteren Umgebung des letzteren: Hyperämie, Exsudation und 
Infiltration. Dieser äußere Hof bietet in der Mehrzahl der Fälle eine mehr 
oder weniger deutliche Ellipse dar, deren große Achse eine Verlängerung des 
Impfschnittes ist oder mit diesem parallel läuft. 

Die unter 1. genannten Erscheinungen treten — wenigstens nach meinen 
Beobachtungen — immer auf und zwar unabhängig von dem Bestehen einer 
Tuberkulose; eine besondere Bedeutung glaube ich ihnen nicht zubilligen zu 
können. Anders verhält es sich mit den unter 2. genannten Hautveränderungen. 
Neben deren zeitlichem Verlauf sind es ihre Intensität und Extensitát, die den 
Maßstab zur Bewertung der Cutireaktion abgeben. 

Leider ist nun, wie auch Wolff-Eisner!) betont, bei der Beurteilung 
des Grades der Reaktion dem subjektiven Ermessen ein nicht unbeträchtlicher 
Spielraum gelassen. Das empfindet nicht nur der Beobachter der Reaktion 
selbst unangenehm, sondern auch der Fernstehende, welcher sich lediglich auf 
Grund einer Beschreibung ein richtiges Bild von dem Grade derselben bilden 
muß. Da es unstreitig noch einer großen Fülle von kasuistischen Beiträgen 
bedarf, ehe über die diagnostische und prognostische Bedeutung der Kuti- 
reaktion völlige Klarheit geschaffen sein wird, so fallen diese Umstände schwer 
in die Wagschale. 

Ich habe nun versucht, durch einen einfachen Apparat für eine objektive 
Beurteilung der Reaktion die Grundlage zu schaffen. Ein ca. 12 cm langes 
und 8 cm breites biegsames Kartenblatt mit abgerundeten Ecken ist auf seiner 
linken Seite in Zentimeter und Millimeter abgeteilt, während sich auf der 
rechten Seite eine Farbenskala befindet, deren einzelne Felder mit Buchstaben 
bezeichnet sind. Zur Beurteilung der Extensität der Hautveränderung genügt 
es, deren längsten Horizontal- und Vertikaldurchmesser zu bestimmen. Die 
Intensität der Reaktion wird mit Hilfe der Farbenskala bestimmt. Die Kon- 
struktion dieser letzteren ist nun mit erheblichen Schwierigkeiten verknüpft, 
weniger was die Zahl und Art der in Betracht kommenden Farben betrifft — 
denn es dürfte sich wohl stets nur um Mischungen von Gelb, Rot, Braun und 
Blau handeln —, wohl aber sollen die für die Skala auszusuchenden Farben- 





1) Wolff-Eisner, Die Ophthalmo- und Kutandiagnose der Tuberkulose. Brauers Beitr. z. 
Klinik d. Tub. Bd. 9, Heft 1. 


ZEITSCHR. f. 
TUBERKULOSE 











370 P. WEBER. 
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XXV. 


tone den tatsächlichen Verhält- 
nissen entsprechen. Die Zu- 
sammenstellung der Farben kann 
daher wohl nur derjenige über- 
nehmen, welcher neben einem 
guten Auge über ein groBes Be- 
obachtungsmaterial verfügt; es 
kónnten sonst vielleicht Farben 
in die Skala hineinkommen, die 
bei der Reaktion in Wirklich- 
keit gar nicht auftreten. 

Da nun auf der 80. Ver- 
sammlung Deutscher Naturfor- 
scher und Ärzte in Köln die 

Kutireaktion voraussichtlich 
gründlich besprochen werden 
wird, so dürfte es sich wohl 
empfehlen, bei dieser Gelegen- 
heit eine Kommission mit der 
Zusammenstellung der Farben- 
skala zu betrauen. 


* 
La + 


Ich erlaube mir, ein Muster 


meines _ ,, Reaktionschliissels “ 
beizuftigen. 


A Theoretical Objection to the Employment of the Wolff- 
Eisner-Calmette Ophthalmo-Reaction for Tuberculosis. 


By 


F. Parkes Weber, M.D., F.R.C.P., 


Senior Physician to the German Hospital, London, and Physician to the Mount-Vernon Hospital 
for Chest Diseases, Hampstead. 









i 


1) Recueil d’Ophthalmologie, Octobre 1907. 


he possible dangers to the eye from trying the ophthalmo-reaction 
A have been sufficiently insisted on in recent publications by Kalt)), 
ER?) Brunétiére?) de Lapersonne?), Ramsay“, Cates), A. Napier”), 
E. Waldstein, O. Stuelp*), R. Polland®, M. Goerlich?*”, and others. 


2) Gaz. hebd. des sciences méd. 1907, 29 me Décembre. 


9) Rev. franc. de méd, et de chir. 1908, no. 2. 
4) Lancet, London, 7th March, 1908, p. 716. 
5) Brit. med. Journ., 25th April, 1908, p. 989. 
8) Glasgow Med. Journal, January, 1908, 

7) Klin, Monatsbl. f. Augenheilk., March, 1908. 


Aa A THEORETICAL OBJECTION ETC. 371 








Fortunately I have myself seen little of such drawbacks, and my small figures 
on the results of the test have recently been contributed to the “Medical 
Press”, 12' August 1908. The objection to the routine use of the ophthalmo- 
reaction, to which I here wish to draw attention, is based on theoretical con- 
siderations. 

It is now well-known that even in apparently quite healthy persons, when 
the result of the first instillation into the conjunctival sac is negative, a second 
instillation, ten days or so later on, often gives a decidedly positive reaction. 
Not only is this the case, but a person’s conjunctiva on which the ophthalmo- 
reaction has been tried (with positive or negative result), sometimes becomes 
reddened or decidedly inflamed if a dose of tuberculin is afterwards injected 
under the patient's skin’). In fact, such a subcutancous “inoculation” with 
tuberculin has been shown to be capable of producing a reddening or inflam- 
mation of the conjunctiva in the eye which has becn previously tested. This 
occasional recurrence of conjunctivitis when the patient is afterwards sub- 
cutaneously inoculated with tuberculin seems to me to be of especial theo- 
retical importance because it furnishes an explanation for the spontaneous 
recurrences of conjunctivitis which have been observed in tuberculous patients 
a week or more after the ophthalmo-reaction has been tried. In such cases 
it is, I believe, an “auto-inoculation” with tuberculin which (having the same 
effect as the subcutaneous inoculation just alluded to) is able to reproduce the 
conjunctival reaction or even given rise to a chronic conjunctivitis in the eye 
in which the ophthalmo-reaction has been tried. Theoretically therefore the 
ophthalmo-reaction when tried in tuberculous patients might be expected to 
give rise to recurrent attacks of conjunctivitis in the tested eye. In practice, 
fortunately, this seems seldom to occur. 

It is of course also obvious that the ophthalmo-reaction might be em- 
ployed to test whether doses of tuberculin when given by the mouth, as 
A. Latham’) has recently given them, are really being absorbed from the 
alimentary canal into the blood-stream. If the tuberculin is being absorbed 
into the blood, the conjunctiva, on which the ophthalmo-reaction has previ- 
ously been tried, might be expected to become inflamed or reddened, just as it 
would become were tuberculin (as previously alluded to) to be injected under 
the patient's skin instead of being given by the mouth or rectum. 


8) Ibid., March, 1908, ; 

®) Wien. klin. Wchschr. 1908, Nr. 28. 

10) Münch. med. Wchschr. 1908, Nr. 26. 

11) See especially on this subject S. Cohn, Berl. klin. Wchschr. 1907, no. 47; and 
1908, no. 17. l 

1) A. Latham, Proceedings of the Medical Section of the Royal Society of Medicine, 
London, March 1908, p. 195. 


en E He ERS RR > pre ZEITSCHR. f. 
372 KOCHS STANDPUNKT ÜBER MENSCHENTUBERKULOSE ETC. UBERKULOSE 


XXV. Kochs Standpunkt in der Frage nach den Beziehungen 
zwischen Menschen- u. Rindertuberkulose. (Kongreß in Washington 1908.) 


nter dieser Überschrift bringt Pannwitz in der letzten Nummer der Berl. klin. Wehschr. 
(2. Nov. Nr. 44) eine authentische, d. h. von Koch selbst durchgeschene und ge- 
billicte Mitteilung über die diesbeziizlichen Verhandlungen auf dem Tuberkulosekongrel 
in Washington. Es interessiert, aus dieser Darstellung Kochs persönliche Stellungnahme 
zu dieser hochwichtigen Frage kennen zu lernen und die Ansichten seiner wesentlichsten 
Gegner. Das Ergebnis seiner Auseinandersetzungen faßt Pannwitz in folgenden Leitsätzen zusammen: 

1. Koch steht nach wie vor auf den von ihm in London 1901 vertretenen Standpunkte, daß 
die Rindertuberkulose auf den Menschen zwar übertragbar sci, daß aber schwere Erkrankungen 
durch dieselbe sehr selten hervorgerufen würden. 

2. Koch behauptet, und niemand konnte bisher diese Behauptung widerlegen, daß die 
Lungentuberkulose der Menschen, welche den Hauptangriffspunkt für alle Maßnahmen der Tuber- 
kulosebekämpfung bildet, nicht durch den Bazillus der Rindertuberkulose, sondern durch den 
Bazillus der Menschentuberkulose verursacht wird. 

3. Koch will deshalb die Maßregeln, welche der Bekämpfung der Menschentuberkulose 
dienen sollen, dieser Tatsache angepaßt wissen und nicht die Blicke von dem Hauptangriffspunkt 
abgelenkt sehen. Er wendet sich deshalb dagegen, daß man die aus landwirtschaftlichen und öko- 
nomischen Gründen gewiß notwendige Bekämpfung der Rindertuberkulose ohne Not mit derjenigen 
der Menschentuberkulose verquicken will. 

4. Koch hat sich selbstverständlich niemals gegen Maßregeln ausgesprochen, welche die Ver- 
sorgung mit Milch und Milchprodukten betreffen, die von Krankheitserregern frei sind oder frei 
gemacht sind, schon aus dem Grunde, weil durch infizierte Milch mancherlei Krankheiten, wie 
Typhus etc., übertragen werden können. Er wendet sich nur dagegen, daß diese an sich sehr 
nützlichen Maßnahmen bei der Bekämpfung der Menschentuberkulose in den Vordergrund gestellt 
werden. Er weist dabei darauf hin, daß ja tatsächlich die bisherigen Maßnahmen (Sanatorien, 
Tuberkulosehospitäler, Verbesserung der Wohnungen, Spuckverbot etc.) sich gegen die Verbreitung 
der menschlichen Tuberkclbazillen richten und schon recht beträchtliche Erfolge erzielt haben. 

5. Koch hält zum weiteren Beweise der Richtigkeit seiner Behauptungen ausgedehnte 
Untersuchungen nach den von ihm aufgestellten Bedingungen für erforderlich. 

6. Unter den anzustellenden Untersuchungen sind die wichtigsten diejenigen, welche den 
Nachweis des Vorkommens von Bazillen des bovinen Typs bei Lungentuberkulose zum Zwecke 
haben. Diese Versuche sollen am besten mit Phthisikern vorgenommen werden, deren Sputum 
längere Zeit und wiederholt untersucht werden kann. Daß man vielfach in den beteiligten Kreisen 
die Wichtigkeit dieser Frage noch nicht begriffen hat, zeigt u a. die Tatsache, daß in „The Jour- 
nal of the American Medical Association“, in welchem sich der Kochsche Vortrag abgedruckt 
findet (cf. p. 1256 ff.) gerade dieser wichtigste Passus ausgelassen worden ist. 

Die Gegnerschaft Kochs setzte sich vorzugsweise aus Ticrirzten zusammen, während die 
Ärzte ein weniger großes Interesse zu erkennen gaben. Für den Kochschen Standpunkt traten 
Theobald Smith-Boston und Tendeloo-Leiden ein. Dab auch Woodhead-Cambridge hin- 
sichtlich der gefundenen Tatsachen mit ihm in Übereinstimmung ist, und nur hinsichtlich der 
Deutung der Befunde vom Kochschen Standpunkt abweicht, zeigte dessen cinige Tage später in 
New York gchaltener Vortrag. 

In amerikanischen ärztlichen Kreisen scheint man die ganze Streitfrage über die Beziehungen 
der bovinen zur humanen Tuberkulose als eine akademische anzuschen (cf. u. a. The Journ. of the 
Amer. Med. Assoc. 1908, 1239). Das ist zweifellos nicht richtig. Diese Fragen müssen unter allen 
Umständen geklärt werden, gerade weil sie von außerordentlicher praktischer Bedeutung sind. Denn 
es liegt auf der Hand, daß die gegen die Menschentuberkulose zu ergreifenden Maßregeln sich 
ganz anders gestalten müssen, je nachdem die Tuberkuloseinfektion beim Menschen vorwiegend vom 
Menschen oder vorwiegend vom Rind ausgeht. 

Die experimentellen Untersuchungen, welche zur Klärung erforderlich sind, sind nach Kochs 
. Ansicht sehr langwierig, sehr mühsam und sehr kostsptelig. Die mit geringen Mitteln ausgestatteten 
bakteriologischen Laboratorien können derartige Untersuchungen deshalb nicht in Angriff nehmen. 
Dazu sind besondere Einrichtungen und große Mittel erforderlich. Deswegen haben bisher auch 
nur das Kaiserl, Gesundheitsamt in Berlin und die Königl. Britische Kommission, für welche diese 
Bedingungen erfüllt waren, Resultate erzielt, welche als brauchbar anzuschen sind. 

Es ist schr erwünscht, daß in dieser Frage auch von anderen Seiten gearbeitet wird, und 
daß dazu ebenfalls ausreichende Einrichtungen und Mittel zur Verfügung gestellt werden. Dazu 
kann u.a. die Robert Koch-Stiftung dienen, vorausgesetzt, daß ihr viel größere Mittel zugeführt 
werden, als dies bis jetzt der Fall ist. Koch selbst, der in der Sektion V des Kongresses über 
die Zwecke und Ziele der Stiftungen Mitteilungen machte, hält ein Kapital von mehreren Millionen 
Dollars für nötig, wenn aus den Stiftungsmitteln nicht etwa bloße Beihilfen an einzelne Forscher 
gegeben werden, sondern an geeigneten Orten vollwertige, selbständige Einiichtungen für Tuber- 
kuloseforschung ins Leben gerufen werden sollen. Koch hofft zum Besten der Sache, daß dieses 
Ziel der Koch-Stiftung bald erreicht und damit die in den nächsten Jahren erforderlichen, schwierigen 
und umfangreichen Untersuchungen vorzugsweise gefördert werden können, 





BD.XII,HEFT 4. 
1408. 


REFERATE. 


_ 373 _ 





IL REFERATE UBER BUCHER UND AUFSATZE 


L Ätiologie und Verbreitung der 
Tuberkulose. 


K. Pearson: Marital Infection. (Du- 
lan & Co., London 1908, 30 p.) 


Diese Arbeit über tuberkulüse An- 
steckung in der Ehe ist eigentlich verfalit 
von dem verstorbenen E. G. Pope, 
Arzt des Adirondack Cottage Sanitarium, 
Saranac Lake, New York. Sie kommt, 
mit Benutzung alles erreichbaren Mate- 
rials und unter Aufgebot großer mathe- 
matischer Formeln, zu folgenden Ergeb- 
nissen: 


1. Die tuberkulóse Infektion zwischen | 


Eheleuten ist gerade merklich, aber ge- 
ringfügig. 

2. Ihre Beurteilung ist sehr ver- 
dunkelt und erschwert durch die Tat- 
sache der Infektion aus anderen, äußeren 
Quellen. 

3. Das Haften der Infektion hängt 
vom Vorhandensein der nötigen „Dis- 
position“ ab. 

4. Die persönlichen und wirtschaft- 
lichen Verhältnisse der Ehelcute sind bei 
„tuberkulöser Ansteckung“ in der Ehe 
wahrscheinlich mit mindestens */,, die 
infektiöse Wirkung des Verkehrs nur mit 
1/, anzusetzen. 

Diese Ergebnisse decken sich genau 
mit denen einer Arbeit aus Hohenhonnef 
über Ehe und Tuberkulose (vgl. Bd. VII 
dieser Zeitschrift. Sie werden wohl der 
Wahrheit entsprechen: Der reine Kon- 
tagionsstandpunkt ist ungenügend zur 
Erklärung der Entstehung der Tuber- 
kulose. Meissen (Hohenhonnef). 


il. Allgemeine Pathologie. 


W. A. Freund und L. Mendelsohn: Der 
Zusammenhang des Infantilismus 


des Thorax und des Beckens. | 


(Ferd. Enke, Stuttgart 1908, 70 p.) 
Die als Infantilismus aufzufassende 


zeitige Verknöcherung des ersten Rippen- 
knorpels) und ihre Bedeutung für die 
Entstehung der Lungentuberkulose ist 
bekannt. Verfasser haben nun gewisse, 
ebenso zu deutende, aber leichter nach- 
zuweisende Veränderungen am Becken 
mancher Menschen gefunden, die einer- 


: seits wissenschaftlich bemerkenswert sind, 


andererseits aber die Aufmerksamkeit 
des weniger Geübten auf den Thorax 
lenken sollen, eben weil sie leichter zu 
sehen sind. Doch wird betont, daß die 
Röntgenaufnahme des Thorax auch für 
die Stenose der oberen Brustapertur schr 
guten Anhalt liefert. 
Meissen (Hohenhonnef). 


L. Landouzy et L. Laederich - Paris: 
Sur une forme subaigüe de sep- 
ticémie tuberculeuse. (La presse 
med., 1908, no. 61.) 


Je besser man die verschiedenen 
anatomischen und klinischen Erscheinun- 
gen der Tuberkulose kennen lernt, desto 
größer erscheint der Polymorphismus 
dieser Krankheit. Außer den bekannten 
chronischen und akuten Formen schlagen 
die Verff. noch eine neue vor, die sie als 
subakute septikiimische Tuberkulose zu 
bezeichnen empfehlen. Die genaue Be- 
obachtung eines einschlägigen Falles, 
einen 10-jährigen Knaben betreffend, hat 
gezeigt, daß die Krankheit unter dieser 
Form wie ein akuter Gelenkrheumatismus 
beeinnt und nach und nach alle serösen 
Hiiute befällt, es aber nur zu einer Ent- 
zündung und nicht zur Bildung von 
Tuberkeln kommen läßt. So fand man 
in dem betreflenden Falle nur in der 
einen Lunge einige disseminierte, kleine 
tuberkulöse Knötchen mit spärlichen 
Kochschen Bazillen, ebenfalls einige 
Bazillen in einer präpatellaren Bursitis 
des Knies, während in der entzündeten 
Pleura, im Peri- und Endokard, in der 
stark vergrößerten, muskatnußähnlichen 
Leber etc. keine Tuberkelbazillen gefunden 
wurden. Sowohl die tuberkelhaltigen 
Teile, als auch die anderen führten nach 


Stenose der oberen Brustapertur (vor- | Einimpfung bei Kaninchen zur Bildung 


374. 





von lokalen Abszessen, dann zu einer 
langsamen, tödlich endenden Kachexie, 


REFERATE. 


doch fand man keine Tuberkulose, keine 


Tuberkelbildung bei denselben. Es würde 
sich also, falls weitere Untersuchungen 
die Richtigkeit obiger Annalımen erweisen 
würden, um eine eigentümliche Form von 
Tuberkulose handeln, die fast ohne 
charakteristische Lokalisierung dieser 
Krankheit zu subakuten, septikämischen 


Erscheinungen Veranlassung gibt. 
E. Toff (Braila). 


Ill. Diagnose und Prognose. 


Schläpfer-Marburg: Beiträge zur Frage 
der Spezifität der kutanen Tuber- 
kulinreaktion nach v. Pirquet. 
(Beitr. z. Klin. d. Tub., Bd. IX, Heft 2.) 


Der v. Pirquetschen Kutireaktion 
kommt entgegen anderen Angaben auch 
bei Erwachsenen eine gewisse spezifische 
Bedeutung zu. Durch Tuberkulinbehand- 
lung wird die Intensität der Reaktion 
verringert. Ott. 


A. Calmette, L. Massol et G. Guérin- 
Lille: Les propriétés activantes 
des serums vis-à-vis du venin de 
cobra. (Acad. des sciences, séance 
du 25 Mai 1908.) 

Die Verfasser haben gezeigt, dab 
das Serum tuberkulöser Menschen oder 
Ochsen einen lezithinischen Körper ent- 
hält, welcher dadurch in Erscheinung 
tritt, daß das Kobragift durch denselben 
die Eigenschaft erhält, die roten Blut- 
körperchen verschiedener Tierrassen auf- 
_zulôsen. Weitere Untersuchungen wurden 
angestellt, um zu zeigen, welchen Einfluß 
die tuberkulöse Infektion auf die Ab- 
scheidung von Lezithin in das Blutserum 
haben kann. Es zeigte sich vor allem, 


daß das Pferd, der Hund, die Ratte, | 


die Ziege, das Lamm und das Kaninchen, 
also jene ‘licrgattungen, welche gewisser- 
malien refraktär gegen Tuberkulose sind, 
normalerweise Lezithin in ihrem Blut- 
scrum enthalten, während das Meer- 
schweinchen, welches geringe Mengen 











' ihren Kindern zustimmen, 
| große Mittel zur Verfügung stehen, um 


ZEITSCHR. 1. 
TUBERKULOSE 


enthält, oder das Schwein, das Rind und 
der gesunde Mensch, die normalerweise 
gar kein Lezithin in ihrem Serum be- 
sitzen, leicht der tuberkulösen Infektion 
unterliegen. 

Die in diesem Sinne unternommenen 
Versuche haben erwiesen, daß die ex- 
perimentale, auf venösem Wege vorge- 
nommene tuberkulöse Infektion eine Ab- 
gabe von Lezithin an das Blutserum 
bewirkt, so lange die Temperatur niedrig 
bleibt, daß aber bei Beginn der febrilen 
Temperatur das Lezithin verschwindet. 
Tuberkulöse Bovideen haben in ihrem 
Serum eine Lezithinsubstanz, die imstande 
ist, das Kobragift zu aktivieren, und zwar 
umsomehr, je ausgedehnter die tuberku- 
lösen Läsionen sind, besteht aber Hyper- 
thermie oder allgemeine Kachexie, so 
verschwindet diese Substanz vollständig. 

E. Toff (Braila). 


IV. Therapie. 


Dufestel-Paris: Tuberculose scolaire 
et gymnastique respiratoire. (Arch. 
de med. des ent, Mai 1908, p. 324.) 

Die Untersuchungen, welche Gran- 
cher und seine Schüler in mehreren 

Schulen und an einer großen Anzalıl 

von Kindern ausgeführt hatten, haben 

gezeigt, daß ein großer Teil derselben 
sogenannte Prätuberkulöse sind und ob- 
wohl noch keine offene Tuberkulose 
tragend, doch ausgesetzt sind, eines 
Tages die Anzahl derselben zu ver- 
mehren. Grancher hatte vorgeschlagen, 
für diese Kinder auf dem Lande Frei- 
luftschulen zu schaffen, um sie aus den 
familialen, wahrscheinlich tuberkulös in- 
fizierten Herden zu entfernen und in 
einem hygienischen Medium aufwachsen 
zu lassen. Um diese Maßregeln in 
wirklich  zweckentsprechender Weise 
durchführen zu können, müssen einerseits 
zahlreiche Eltern zu einer Trennung von 
andererseits 


derartige Schulen zu kreieren und den 


ı Lebensunterhalt der Zöglinge zu bestreiten, 


BD.XIII,HEFT 4. 
1908. 


da es sich meistens um arme Familien 
handelt, welche den Landaufenthalt der 
Kinder nicht würden bestreiten können 
Der Verfasser hat sich infolgedessen die 
Frage vorgelegt, ob es nicht möglich 
wäre, gute Erfolge zu erzielen, indem 
man die Kinder in ihren Familien be- 
läßt, um den Unterricht in der bisherigen 
Schule fortzusetzen, sie aber an eine er- 
höhte Lungengymnastik gewöhnt, um die 
für gewöhnlich schlecht  ventilierten 
Lungenpartien, hauptsächlich die Lungen- 
spitze, einer besseren Lüftung teilhaft 
werden zu lassen. Für die Versuche 
wurden die 40 Zöglinge einer Pariser 
Mädchenschule gewählt, welche haupt- 
sächlich von Arbeiterkindern frequentiert 
wurde. Bei der von Mery vorgenom- 
menen genauen Untersuchung zeigte es 
sich, daß 12 von denselben Prätuber- 
kulöse sind. Die Untersuchungen wurden 
am Anfang und Ende des Schuljahres 
vorgenommen und außerdem auch das 
Körpergewicht gemessen, die respiratori- 
schen Bewegungen der Brust, der Um- 
fang der Arme, Waden etc. und dies 
sowohl am Anfang, als auch am Ende 
des Schuljahres. Die gymnastischen 
Übungen wurden täglich während einer 
halben Stunde vorgenommen, bei den 
schwächeren Kindern aber nur so lange, 
bis sie Zeichen von Ermüdung sehen 
ließen. Doch war dies nur vorübergehend 
und fast alle Kinder gewöhnten sich nach 
wenigen Wochen an die vorgenommenen 
Freiübungen. Der Erfolg war, daß am 
Ende des Jahres 7 Kinder als geheilt 
betrachtet werden konnten, 2 als 
besser, während 3 keine sonderliche 
Veränderung ihres Zustandes darboten. 
Aus diesen Untersuchungen sind 
folgende Schlüsse zu ziehen. Alle Kinder 
sollen beim Eintritte in eine Schulanstalt 
einer genauen Untersuchung unterworfen 
werden, und jene, welche Lungenläsionen 
oder Atmungsstörungen zeigen, sollen 
systematische respiratorische Gymnastik 
vornehmen. Diejenigen nur, welche da- 
durch in keiner Weise gebessert werden, 
könnten mit Vorteil aufs Land in die 
Freiluftschulen gesendet werden. 
Trotzdem die gemachten Versuche 
nur eine geringe Anzahl von Kinder 
in sich schließen, so sind doch die er- 


Ce 
ge 


REFERATE. 








zielten Resultate sehr ermutigend, und es 
ist vorauszusehen, daß auf diese Weise 
die Anzahl der Prätuberkulösen in den 
Schulen um ein Erhebliches vermindert 
werden könnten. E. Toff (Braila). 


René Hayes: Enquéte sur le traite- 
ment actuel de la gibbosité du 
mal de Pott. (Thèse de Paris, 1908.) 


Der Verfasser hat namentlich durch 
Studium der Literatur und durch Um- 
frage bei verschiedenen Chirurgen die 
Behandlung der Pottschen Krankheit 
einer näheren Kritik unterworfen und ist 
zu folgenden Resultaten gelangt. Die 
von Calot empfohlene und geübte ge- 
waltsame Redressierung der Gibbosität 
hat den Erwartungen keineswegs ent- 
sprochen und ist auf dem Wege, voll- 
ständig verlassen zu werden. Wenn 
auch in manchen Fällen eine rasche 
Besserung erzielt wird, so sind doch die 
späteren Resultate der Behandlung, 
namentlich die langjährige Anwendung 
des Licgebettes, keineswegs ermunternde. 
Hingegen ist die langsame Redressierung 
viel eher imstande, gute Resultate zu er- 
geben, doch ist die Prognose von der 
Möglichkeit, den Grundprozel in günstiger 
Weise zu beeinflussen, abhängig. In 
dieser Beziehung müssen noch die Re- 
sultate der Laboratoriumsarbeiten, die 
vielleicht ein spezifisches Mittel zur 
Heilung der tuberkulösen Herde ergeben 
könnten, abgewartet werden. 


E. Toff (Braila). 


H. Dufour: Du procede le plus simple 
pour ponctionner les pleuresies 
chroniques avec épanchements 
en laissant entrer de Pair dans 
la plèvre. (Bull. Méd. 22. 49.) 


Im Anschluß an seine früheren Er- 
fahrungen hat D. zur Behandlung der 
großen Ergüsse bei chronischer Pleuritis 
ein neues Verfahren angewandt, das denk- 
bar einfachst ist. Es wird zunächst mit 
dem Potain Flüssigkeit entleert. Sobald 
der Kranke leichtes Unbehagen empfin- 
det, Kitzel im Halse, Husten, Druck auf 
der Brust, wird der Abfluß unterbrochen 
Man läßt dann durch entsprechende 
Öffnung des Hahnes einfach Luft durch 
die Kanüle in den Pleuraraum eintreten. 


O  — 


Die Luft wird durch einen eingelegten 


kleinen sterilisierten Wattetampon oder 
durch ein besonderes vorgelegtes Watte- 
filter gereinigt. Sobald sich der Kranke 
erleichtert fühlt, wird der Luftzufluß ge- 
schlossen und von neuem Flüssigkeit 
entleert und so weiter, so oft wie nötig. 
So gelingt es, die größten Ergüsse (4 bis 
51) ohne Gefahr für den Kranken in 
einer Sitzung zu entfernen. Die Gefahren 
der Thoracocentese großer und alter Er- 
güsse, Lungenödem und Herzschwäche, 
sind dabei nicht zu fürchten. Sicher ist 
es für den Kranken angenehmer, 3 bis 
41 Luft als 4—5 l seröser Flüssigkeit 
oder Eiter im Pleuraraum zu haben. Die 
Erleichterung wird augenblicklich emp- 
funden. Die eingeführte Luftmenge wird 
zwar bei diesem Verfahren nicht gemessen. 
Aber es ist auch nutzlos, sie zu kennen. 
Das entscheidende Merkmal, nach dem 
man geht, ist das Empfinden des Kranken. 
H. Grau (Düsseldorf). 


Zickgraf-Gr.-Hansdorf: Über die Dar- 
reichung von kieselsäurehaltigem 
Mineralwasser in Lungenheil- 
stätten. (Centralbl. f. inn. Med. 1908, 
Heft 20.) 


Da das Stützgewebe der Lunge das 
Bindegewebe ist, so spielt letzteres in 
der Lungenpathologie eine große Rolle. 
Alles kommt hier auf die Widerstands- 
fähigkeit des Bindegewebes an. Ist aber 
das Lungengewebe durch Krankheitsvor- 
gänge zerstört, so kann es nur dadurch 
zur Ausheilung kommen, daß das zerstörte 
Gewebe durch Narbengewebe, d. h also 
Bindegewebe, ersetzt wird. Auch gilt 
mit Recht die fibröse Form der Lungen- 
tuberkulose für die gutartigere, da sie 
zur Heilung neigt. Die Wichtigkeit des 
Bindegewebes für die Lunge ist also 
offensichtlich. Nun enthält aber das 
Bindegewebe als wichtigen chemischen 
Bestandteil die Kieselsäure; ohne diese 
kann sich jenes nicht bilden. Es muß 
daher durchaus rationell erscheinen, bei 
derjenigen Krankheit, die zu ihrer Hei- 





| 


| 


REFERATE. ZEITSCHR. f 


a. TUBERKULOSE 
lung der Neubildung von Bindegewebe 
bedarf, Kieselsäure innerlich darzureichen, 
und zwar wegen des geringen quantita- 
tiven Bedarfes in Form von kieselsäure- 


haltigen Mineralwässern. Insbesondere 
empfiehlt Z. den Glashäger Mineral- 
brunnen — aus Glashagen in Mecklen- 


burg —, der im Liter 40 mg Kieselsäure 
enthält, da er wegen seines Wohlge- 
schmackes auch ein vorzügliches Tafel- 
wasser ist und sich darum auch als Ersatz 
der alkoholhaltigen Tafelgetränke eignet, 
deren Verabfolgung in den Lungenheil- 
stätten Z. verwirft Der Preis dieses 
Wassers ist zudem nur mäßig. Z. lieb 
nun 7 Kranke der Heilstätte Oderberg- 
Gebhardsheim, die er wahllos hierzu 
bestimmte, 4—6 Wochen die Glashäger 
Quelle trinken. Vor und nach der Kur 
wurde bei ihnen sowie zum Vergleiche 
bei 7 anderen Heilstättenpfleglingen, die 
das Wasser nicht getrunken hatten, das 
neutrophile Blutbild nach Arneth be- 
stimmt. Es ergab sich nun, daß bei 
jenen die Besserung des Blutbildes eine 
deutlich größere war, als bei den 7 an- 
deren, so daß man wohl hierin einen 
Erfolg der Kieselsäure erblicken durfte. 
Z. empfiehlt daher weitere Versuche mit 
der Glashäger Quelle bei Lungenkranken 
anzustellen. C. Servaes. 


Lion: Le sous-nitrate de bismuth 
contre les vomissements des tu- 
berculeux (Soc. Med. des Höpit. 
19. VI. 1908. Bull. Med. 22. 30.) 


L. empfiehlt gegen das Erbrechen 
bei Tuberkulösen in allen Stadien der 
Krankheit Bismut. subnitr. in hohen 
Dosen (20 g pro die z. B.), aber verteilt, 
eine Stunde vor den Mahlzeiten zu nehmen. 
Die Medikation wird gut vertragen und 
kann 8—10 Tage fortgesetzt werden. 
Die Erfolge sollen gut sein. (Eine so 
lange fortgesetzte Wismuttherapie in solch 
hohen Dosen erscheint nach den bisher 
vorliegenden Erfahrungen wegen der Ge- 
fahr der Vergiftung doch wohl nicht un- 
bedenklich. Ref.) 

H. Grau (Düsseldorf). 





Druck von Metzger & Wittig in Leipzig. 


Zeitschrift für Tuberkulose Bd. XIII, Heft 4. Tafel I. 





Kostaler Atemtypus unter der Saugmaske. 
Weite Exkursionen des Brustkorbes bei der Einatmung unter tiefer Einziehung der Flanken. 
Infolge „Hochsaugung“ des Zwerchfelles bleiben die Lungen vor Dehnung bewahrt. 


E. Kuhn. 


Tafel 11. 


Zeitschrift für Tuberkulose Bd. XIII, Heft 4. 


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E. Kuhn. 


Band XIII. 


Heft 5. 


ZEITSCHRIFT FÜR TUBERKULOSE. 


HERAUSGEGEBEN VON 


B. FRANKEL, F. KRAUS, E. von LEYDEN, W. von LEUBE. 


Redaktion: A. KUTTNER. 





Nachruf für Friedrich Althoff, 


Ministerialdirektor, Wirklicher Geheimer Rat. 





Ministerialdirektor des Preußischen Unterrichtsministeriums hat er sich um die 
Förderung der Wissenschaft und des Unterrichtes große Verdienste erworben. 


Ebenso hoch und er- 
folgreich stehen seine 
Werke der Wohl- 
fahrtspflege, welche 
durch sein Organi- 
sationsgenie und 
seine unermüdliche 
Tatkraft reichen Er- 
folg erzielten. — 
Am 23. Oktober 
fand die Feier seiner 
Beisetzung in der 
Evangelischen Kir- 
che zu Steglitz, nicht 
weit von seinem 
Wohnhaus, statt. Die 
große Zahl seiner 





Freunde und Ver- 
ehrer, welche sich 
hier versammelten, 
gaben Zeugnis von 
der Verehrung und 
Hochschätzung, wel- 
che der Verstorbene 
sich erworben hat. 
Auch von den höch- 
sten Kreisen Sr, Maj. 
des Kaisers und der 
Kaiserin waren Dele- 
gierte entsandt. 
Ebenso war seine 
DurchlauchtderHerr 
Reichskanzler ver- 


treten. Der frühere 


Kultusminister Exz. v. Studt, ferner eine große Anzahl von Universitätsprofessoren, 
die Direktoren der Charite, sowie Vertreter studentischer Korporationen waren 
erschienen. Herr Geheimrat Professor Dr. Harnack hielt in der Kirche zu 
Steglitz eine wohltuende, schöne Gedächtnisrede, welche die großen Verdienste 
und Eigenschaften des Dahingegangenen in ein glänzendes Licht stellte. — 


Die Herausgeber dieser „Zeitschrift für Tuberkulose und Heilstättenwesen“, 
Zeitschr. f. Tuberkulose. XIII. 25 


ZEITSCHR. f. 
v. LEYDEN. TUBERKULOSE 


378 





seine áltesten Mitarbeiter im Kampfe gegen diese Volkskrankheit diirfen den 
Anspruch erheben, den Dahingeschiedenen als den Begriinder und Organisator 
des grofen Werkes zur Bekämpfung der Tuberkulosekrankheit an dieser Stelle 
zu feiern. Unter den zahlreichen humanitären Institutionen, die er ins Leben 
gerufen hat, dürfte dieses sein Werk, welches mit großartigem Erfolge gekrönt 
ist, seinen Namen als des genialen Organisators dieser Schöpfung für alle Zeiten 
unvergessen machen. 

Es sei uns hier gestattet, einen kurzen Überblick über die Geschichte 
dieses Kampfes gegen die Tuberkulose zu geben, dessen Anfang bis in das 
Jahr 1894 zurückdatiert. Bis dahin war die Tuberkulose als eine der am meisten 
mörderischen Krankheiten gefürchtet, und die ärztliche Kunst stand ihr fast 
ganz hilflos gegenüber. Der erste Forscher, welcher den Kampf gegen die 
Tuberkulose mit genialem Enthusiasmus aufnahm, und dabei bereits Heilerfolge 
erreichte, war Dr. H. Brehmer, der bereits als Student in seiner Dissertation 
die Tuberkulose als heilbare Krankheit bezeichnete. Bald darauf hat derselbe 
zu Görbersdorf in Schlesien eine Anstalt zur Heilung der Tuberkulose geschaffen. 
Er machte erfolgreiche Kuren; viele von ihm behandelte und geheilte Patienten 
verbreiteten seinen Ruhm. Im Jahre 1889 ist er, 65 Jahre alt, gestorben, die 
Gesellschaft für Balneologie hat ihm in Breslau ein Denkmal errichtet. Lange Zeit 
wurde sein Werk bei den Ärzten und Klinikern noch sehr bemängelt. Einer 
seiner Schüler, der bei ihm die Kur an seinem eigenen Körper mit Erfolg 
gebraucht hatte (Dettweiler), schuf eine zweite Heilstätte in Falkenstein bei 
Frankfurt. Mehrere andere Sanatorien wurden auf den Schweizer Bergen, in 
Baden und Österreich begründet. Allein volle Anerkennung wurde ihm noch 
nicht zu teil. — Im Jahre 1882 erfolgte die berühmte Entdeckung des Tuberkel- 
bazillus durch Robert Koch. Diese große und bedeutendste Entdeckung 
regte erneutes Interesse für die weitere Erforschung und ärztliche Behandlung 
der Tuberkulose an. Im Verein für Innere Medizin zu Berlin fanden lebhafte 
Diskussionen über dies Thema statt, und wir planten die Einrichtung von 
Spezialkrankenhäusern. Dieser Plan wurde aber zunächst aufgehalten durch 
Robert Kochs zweite große Entdeckung des Tuberkulins im Jahre 1890. 
Der erste Eindruck dieser Entdeckung war ein gewaltiger und eröffnete lebhafte 
Hoffnungen auf große Heilerfolge. Doch wurde der Erfolg etwas reduziert, 
und der Verein für Innere Medizin nahm seinen früheren Plan jetzt wieder 
auf. Es bildete sich nun ein Komitee zur Bekämpfung der Tuberkulose und 
alsbald ein Heilstättenverein für Lungenkranke. Ich selbst hatte an diesen 
Diskussionen und Plänen lebhaften Anteil genommen und war in mehreren 
Vorträgen dafür eingetreten. Als im Jahre 1894 in Budapest der 8. Inter- 
nationale Kongreß für Hygiene und Demographie stattfand, wurde ich 





ae NACHRUF FÜR FRIEDRICH ALTHOFF. 379 





mit der Vertretung der Berliner Gesellschaft für öffentliche Gesundheits- 
pflege beauftragt und hielt dort in Budapest einen Vortrag: „Über die Ver- 
sorgung tuberkulöser Kranken seitens der großen Städte“, und zwar 
in der allgemeinen Sitzung am 7. September 1894. Der wichtigste Grund für 
diese Auseinandersetzungen lag in der Entdeckung des Tuberkulins, welches 
einen großen Erfolg zu versprechen schien. Die Tuberkulose, , welche im 
eminentesten Sinne als eine Volkskrankheit betrachtet werden mußte, erforderte 
mehr als jede andere Krankheit Abhilfe. Die Statistik hatte damals ergeben, daß 
im Deutschen Reiche mindestens eine Million Menschen von dieser Krankheit 
befallen waren, und jährlich über 130000 Menschen in Deutschland an ihr 
starben. Hieraus ergab sich, wie ich vortrug, eine Pflicht des Staates und der 
Gesellschaft, dieser mörderischen Krankheit gegenüberzutreten. Es herrschte 
nur eine Stimme darüber, daß eine unabweisliche Pflicht der Gesellschaft dafür 
vorlag. Allerdings, der größte Teil der Erkrankten gehörte der minderbemittelten 
Klasse an, aber auch die besten, wohlhabenden Kreise wurden durchaus nicht 
verschont, so daß die Gefahr der Übertragung auch für sie in hohem Maße 
vorlag. Viel Schmerzen und Elend waren hier zu lindern, und viel Hoffnung, 
das Elend abzuschwächen. Überdies gehört die Tuberkulose zu den anstecken- 
den Krankheiten, und die weniger bemittelten Stände sind die am meisten 
Hilfsbedürftigen. Diesen zwar nicht Armen, aber im höchsten Grade Hilfs- 
bedürftigen soll auf dem Wege der privaten Wohltätigkeit durch Errichtung 
von Heilstätten geholfen werden. Solche Kranke müßten für einen relativ 
geringen Kostensatz aufgenonimen werden. Dieses mein Programm fand all- 
seitig Anklang, was ich zu einem nicht unerheblichen Teile den Beifalls- 
äußerungen meines hochverehrten Kollegen und Freundes, Professor Korany 
(Budapest), zu danken hatte. Von einem Privatmanne in Ungarn wurde 
ihm eine große Summe zur Errichtung einer solchen Heilstätte zur Dispo- 
sition gestellt. 

Einige Zeit später, als ich nach Berlin zurückgekehrt war, hatte ich 
den Vorzug, daß Herr Althoff in Begleitung meines Freundes, des Herrn 
Prof. B. Fränkel, seines treuen Mitarbeiters, zu mir kam und mir einige 
anerkennende Worte für meinen Vortrag in Budapest sagte. Daran schloß 
sich dann die Bemerkung: „Wir wollen die Sache zur Durchführung in die 
Hand nehmen und fordern Sie auf, mit uns zu diesem Zwecke voranzugehen: 
wir wollen eine Anstalt für etwa 100 Kranke ins Leben rufen.“ — Damit war 
die Durchführung des von mir angeregten Planes in die genialste Hand für 
Organisation und Wohltatigkeit, in die Althoffs gelegt. Im Anschluß 
an diesen Plan bildeten sich zwei Heilstättenvereine, der eine durch Herrn 


Stabsarzt Pannwitz beim Roten Kreuz angeregt (Heilstätte Grabowsee), der 
26 * 


ZEITSCHR. f. 
350 v. LEYDEN, TUBERKULOSE 





zweite, der Berlin-Brandenburger Heilstattenverein, im Jahre 1894 durch die 
Hand des Herrn Ministerialrats Althoff konstituiert und organisiert (Heilstatte 
Belzig). Wir hatten die hohe Ehre, daß Ihre Maj. die Kaiserin das Protektorat 
dieser unserer Schopfung iibernahm. Daneben bildete sich das Deutsche Zentral- 
komitee zur Errichtung von Heilstatten. Der damalige Reichskanzler, Fiirst 
Hohenlohe, war Vorsitzender. Unter der Leitung von Althoff hatten wir 
das Glück und den Erfolg gewonnen. Seit dem Jahre 1906 heißt es Deutsches 
Zentralkomitee zur Bekämpfung der Tuberkulose, 

Unter den Wohlfahrtsbestrebungen, bei denen Friedrich Althoff mit- 
wirkte, nimmt die Bekämpfung der Tuberkulose als Volkskrankheit eine hervor- 
ragende Stelle. ein. Es ist ein glänzendes Zeugnis für die medizinische Wissen- 
schaft, daß sie Geister von der Bedeutung Althoffs, welche ihr ursprünglich 
fern standen, so intensiv anzuziehen und zu binden vermochte. Althoff war 
ein scharfer Beobachter. Aus den mündlichen und schriftlichen Berichten sach- 
verständiger Männer, die er für jede Frage besonders auswählte, bildete er sich 
mit seinem durchdringenden Verstande seine eigenen Pläne. Die inaugurierte 
Heilstättenbewegung erhielt durch sein organisatorisches Talent Fleisch und 
Blut. Der Berlin-Brandenburger Heilstättenverein und das Deutsche Zentral- 
komitee wurden zu gemeinsamer Arbeit vereinigt. Der Berlin-Brandenburger 
Verein hatte sich die Aufgabe gestellt, in der Nähe Berlins Heilstätten zu 
errichten, in denen minderbemittelte Lungenkranke ohne Unterschied des Standes 
aufgenommen werden konnten. Die Heilstätte Belzig, der die Bleichröder- 
sche Stiftung und eine Kinderheilstätte angegliedert wurden, verdankt diesem 
Verein ihr Dasein und ihre dauernde Blüte. 

Die Königliche Universitätspoliklinik für Lungenkranke unter der 
Leitung von Prof. Dr. Wolff wurde ebenfalls von Althoff begründet, angeregt 
durch Bernhard Fránkel. Auch ein Damenkomitee wurde im Anschluß 
an die Heilstätte Belzig aus den angeschensten Damen der Stadt gebildet. 

Auf Anregung von Geheimrat Pütter hat Althoff später die Errichtung 
der Auskunfts- und Fürsorgestellen unter der dankenswerten Mitarbeit von 
Prof. Dr. Kayserling gefördert. Ebenfalls auf Althoffs Veranlassung hat das 
Zentralkomitee kürzlich beschlossen, auch die Lupusbekämpfung in die Hand 
zu nehmen. Der Generalsekretär Prof. Dr. Nietner ist damit beschäftigt, Ein- 
richtungen zur Heilung auch dieses Leidens zu begründen. 

Endlich wollen wir nicht vergessen, daran zu erinnern, daß Althoff die 
Gelegenheit der 25 jährigen Wiederkehr des Tages, an welchem Robert Koch 
die Entdeckung des Tuberkelbazillus publiziert hatte, ergriff, um sich an der 
Begründung der Robert Koch-Stiftung zu beteiligen, welche auch für die Tuber- 
kuloseforschung Kapital beschaffen sollte. Mit tatkräftiger Unterstützung von 


ar NACHRUF FÜR FRIEDRICH ALTHOFF. 381 











Prof. Schwalbe gelang es Althoff, über eine Million Mark für diese Stiftung 
herbeizuschaffen. 

Als Krönung seines Werkes im Kampfe gegen die Tuberkulose, hat 
Althoff auch die Internationale Vereinigung gegen die Tuberkulose 
begründet. Nachdem von anderer Seite mehrere vergebliche Anläufe in dieser 
Richtung gemacht waren, bewog Althoff das Zentralkomitee am 17. Februar 
1901 diese Angelegenheit in die Hand zu nehmen. Hieraus gingen die 
Internationalen Kongresse von Kopenhagen, London, Paris und Rom hervor, 
und in diesem Jahre der große vielgenannte Kongreß in Philadelphia. Diese 
letzte Konferenz der Internationalen Vereinigung hat Herrn Althoff die höchste 
Ehrung, welche sie zu verleihen hatte, die goldene Medaille, zuerkannt. Die 
bis jetzt schon zu verzeichnenden großen Erfolge der Kämpfe gegen die Tuber- 
kulosekrankheit hat Herr B. Fränkel in einem Vortrag vor der Medizinischen 
Gesellschaft am 16. März 1908 vorgelegt. Im Jahre 1888 starben an Tuber- 
kulose in Preußen nicht weniger als 83287 Personen. Im Jahre 1906 nur 64459. 
Auf 10000 Lebende berechnet im Jahre 1886 31,64; im Jahre 1906 17,26. 
Also im Jahre 1906 starben auf 10000 Lebende 17,88 Personen weniger als 
im Jahre 1886. — 

Diese glänzenden Erfolge seiner Arbeit hat Althoff noch empfunden, 
aber alsbald schloß ihm der Tod die Augen. Das Andenken seines hingeben- 
den Wirkens auf diesem Gebiete wird ihm über das Grab hinaus folgen und 
seinen Namen unter die größten Wohltäter der Menschheit einreihen. 

Ehre und Ruhm dem Andenken dieses ausgezeichneten, unermüdlichen, 


viel verdienten Mannes! 
E. v. Leyden. 


rupp ZEITSCHR. f. 


382 TUBERKULOSE 


L ORIGINAL-ARBEITEN 


XXVII. 
Fürsorge für die vorgeschrittenen Fälle von Tuberkulose. 


Referat erstattet auf der Internationalen Tuberkulosekonferenz in Philadelphia, 
25. Sept. 1908. 


Von 


Professor von Leube, Würzburg. 





gerechnet, daB in Preußen wahrend der jahre 1902/3 jährlich ca. 20000 Men- 
schen weniger an Tuberkulose starben, als in den Jahren 1885/6. Berücksichtigt 
man möglichst eingehend die bei einer Verwertung der Mortalitätsstatistik als 
Fehlerquellen hauptsächlich in Betracht kommenden Faktoren und läßt man 
auch weitgehende Skepsis walten, so kann man die nicht zu leugnende Tat- 
sache der kontinuierlichen, beträchtlichen Abnahme der Tuberkulosesterbiichkeit 
doch kaum anders deuten, als daf sie speziell in Deutschland mit der Ein- 
führung besserer Fürsorge für die Arbeiterbevölkerung in Form der Arbeiter- 
und Krankenversicherung vor 25 Jahren und weiterhin mit unseren verbesserten 
prophylaktischen und therapeutischen Maßnahmen gegen die Tuberkulose zu- 
sammenhängt. 

So erfreulich diese Wahrnehmung ist, so sind wir doch weit von dem 
Ziel einer Ausrottung der Seuche entfernt, indem in Deutschland noch immer 
ca. 800000 Menschen an eklatanter Tuberkulose leiden und jährlich noch über 
100000 der Krankheit erliegen. 

Die beiden Waffen, die uns zur Bekämpfung der Tuberkulose zu Gebote 
stehen, die Prophylaxe und Therapie, sind in den letzten Jahrzehnten unaus- 
gesetzt verbessert und geschärft worden. Die klinische Erfahrung hat nun aber 
gelehrt, daß, wenn wir von den guten Erfolgen der Heilstättenbehandlung, 
namentlich der mit Tuberkulinanwendung kombinierten, bei den Initialformen 
der Krankheit absehen, unsere therapeutischen Maßnahmen gegen die Tuber- 
kulose doch nur in sehr beschränktem Maße eine wirkliche Heilung der Krank- 
heit zu erzielen vermögen. Eine durchgreifende Änderung in dieser Beziehung 
ist für die Zukunft wohl dringend zu hoffen, aber nach dem Resultat der zahl- 
losen in den letzten Jahrzehnten gemachten Versuche und ärztlichen Erfahrungen 
in absehbarer Zeit nicht zu erwarten. 

Auch ein weiterer, bei anderen Infektionskrankheiten so erfolgreicher 
Weg, um die Weiterverbreitung zu verhindern, das Immunisierungsver- 
fahren, kommt für die Tuberkulose leider vorderhand nicht in Betracht. Die 
Versuchsergebnisse bei der Immunisierung von Tieren gegen Tuberkulose 
eröffnen zwar eine gewisse Perspektive für die Zukunft, an eine praktische 


"Ee 1D: EORSORGE FÜR VORGESCHRITTENE TUBERKULOSE. 383 








Verwertung derselben beim Menschen kann aber bis jetzt nicht gedacht 
werden. 

So bleibt für die Bekämpfung und die zu erstrebende Ausrottung der 
Tuberkulose in der Hauptsache nur die strenge Durchfihrung der Pro- 
phylaxe übrig, d. h. die konsequente Anwendung und Verbesserung 
der Maßregeln, um den gesunden Menschen vor der Ansteckung mit 
Tuberkulose zu schützen. | 

Für diesen aber ist und bleibt die Hauptgefahr diejenige, die 
vom kranken Menschen ausgeht. Denn wenn auch die Annahme einer 
alimentären Entstehung der Tuberkulose immer mehr Anhänger findet und es 
keinem Zweifel mehr unterliegen kann, daß der Genuß tuberkelbazillenhaltiger 
Milch bei Kindern im ersten Lebensjahr nicht so selten die Ursache der Kinder- 
tuberkulose ist, so hieße es doch den Tatsachen Gewalt antun, wenn man 
hierin die einzige oder auch nur hauptsächlichste Quelle der Tuberkulose sehen 
und als alleinigen Infektionsweg den Magendarmkanal anerkennen wollte. Zu 
einer solchen exklusiven Anschauung wird sich der klinische Forscher und 
Praktiker nie entschließen können, weil seine Erfahrung am Krankenbett und 
seine Beobachtungen, die er in tuberkulösen Familien täglich zu machen 
Gelegenheit hat, ihn notwendig zur Ansicht führen, daß die Hauptquelle 
der Ansteckung, wenigstens beim Erwachsenen, der kranke Mensch 
ist und die Infektion mit Tuberkulose vorwiegend durch Inhalation bazillen- 
haltigen Materials erfolg. Für die Richtigkeit dieser Annahme spricht 
eine große Reihe von Tatsachen: der Umstand, daß die bovine Tuberkulose, 
der natürliche Ausdruck der Infektiosität der Kuhmilch, sich beim Erwachsenen 
so gut wie garnicht findet, ferner der pathologisch-anatomische Nachweis des 
gar nicht so seltenen Vorkommens isolierter Bronchialdrüsentuberkulose, die 
klinische Erfahrung, daß die Verbreitung der Krankheit in tuberkulösen Familien 
typisch von einem Glied derselben zum andern nachgewiesen werden kann, 
daß gesunde Pflegerinnen, wenn sie auf Tuberkulosestationen längere Zeit Dienst 
tun (s. u), mit der Zeit relativ häufig an Tuberkulose erkranken und ebenso 
in Arbeitsräumen, in welchen ein infektiöser Lungenkranker arbeitet, eine Reihe 
von anderen Arbeitern tuberkulös werden u.a. m. Übrigens ist auch durch 
die ausgezeichneten neuesten Versuche Flügges, wie ich glaube, unwider- 
leglich bewiesen, daß die Inhalation tuberkelbazillenhaltiger Luft den häufigsten 
und gefährlichsten Infektionsmodus bei der menschlichen Tuberkulose darstellt. 
Wenn also auch die Gefahr, die von dem Genuß bazillenhaltiger Milch, speziell 
dem ‚Neugeborenen, droht, nicht als gleichgültig angesehen werden darf, so 
müssen doch unsere prophylaktischen Maßregeln gegen die Tuberkulose sich 
nicht einseitig auf die Milchfrage konzentrieren, sondern vor allem gegen 
die Gefahren gerichtet sein, die von dem tuberkulösen Menschen 
selbst ausgehen. Wenn wir den gesunden Menschen vor diesen bewahren, 
d. h. vor der Ansteckung mit Tuberkulose schützen wollen, so stehen uns hierfür 
zwei Wege offen: 

I. Die von den tuberkulösen Kranken stammenden Infektions- 
stoffe unschädlich zu machen; 


ZEITSCHR. f. 
384  „MSEEDBEn = TUBERKULOSE 





2. die Infektionsträger, d. h. die tuberkulösen Kranken von der 
Berührung mit den Gesunden abzuhalten. 

Was den erstgenannten Weg der Prophylaxe betrifft, so hat sich dem- 
selben seit zwei Jahrzehnten die ungeteilte Aufmerksamkeit und unausgesetzte 
Arbeit der Ärzte zugewandt. Mit Recht ist unsere prophylaktische Haupt- 
tätigkeit darauf gerichtet gewesen, die — Tuberkelbazillen in immensen Mengen 
enthaltenden — Auswurfstoffe der Phthisiker für die Umgebung unschädlich zu 
machen. Ich habe hier auf Details nicht einzugehen; ich will nur bemerken, 
daß, wie es in der Natur der Sache liegt, ein voller Erfolg auf diesem Wege 
nicht zu erzielen ist, wenn auch die peinlichste Sorgfalt in unseren Maßregeln, 
den Auswurf und die beim Husten in die Luft versprühten Sputumtröpfchen 
unschädlich zu machen, eine unserer Hauptsorgen auch kiinftighin bilden muß. 


Wir werden aber mit Sicherheit mehr erreichen als bisher, 
wenn wir zugleich den zweiten Modus der Prophylaxe, die Isolierung 
der Tuberkulösen, viel energischer, als dies bis jetzt geschehen ist, 
durchführen. | 

Die radikalste und vom theoretischen Standpunkt aus unfehlbar vollen 
Erfolg versprechende Mafregel wáre, jeden Phthisiker, der Tuberkelbazillen 
nach außen befördert, von der Berührung mit den Gesunden auszuschließen, indem 
er in ein Krankenhaus verwiesen und in diesem dauernd isoliert würde. Eine 
solche Maßregel wäre aber, wie auf den ersten Blick erhellt, praktisch undurch- 
führbar, ja geradezu unsinnig, weil damit Millionen zum größten Teil noch 
arbeitsfähige Menschen zur Untätigkeit verdammt würden, ein enormes Quan- 
tum von Arbeitskraft brach läge, das Familienleben im Großen vernichtet und 
das größte soziale Unglück heraufbeschworen würde! Aber damit auf die 
Isolierung wenigstens eines Teils der Tuberkulösen und so auf das wirksamste 
Mittel im Kampf gegen die Tuberkulose von vornherein gänzlich zu verzichten, 
wäre ebenso töricht und unerlaubt, wie wenn jemand deswegen, weil unsere 
Maßregeln, um das Sputum der Tuberkulösen unschädlich zu machen, natur- 
gemäß nur unzulänglich sein können, von jeder Desinfektion absähe und gegen 
die großen Gefahren, die den Gesunden von den Auswurfstoffen der Tuber- 
kulösen drohen, nichts tun wollte! Gegen einen so mächtigen Feind, wie die 
Tuberkulose, müssen alle Waffen nach Möglichkeit ausgenutzt werden, und 
unter die mächtigsten Schutzwaffen, über die wir verfügen, zählt in erster Linie 
die Isolierung der Phthisiker. Und zwar sind es die Tuberkulösen in dem vor- 
geschrittenen Stadium, die hierbei besonders in Betracht kommen, Kranke, bei 
denen der Prozeß größere Dimensionen angenommen hat, Kavernen sich gebildet 
haben und höheres Fieber einsetzt, welche allmählich schwächer und schwächer 
und schließlich bettlägerig werden. Solche Kranke, die massenhaft bazillen- 
haltiges Sputum an die Außenwelt abgeben, sind die denkbar gemeingefähr- 
lichsten Infektionsträger und müssen aus ihren Wohnungen, die wahre Nester 
für die Bazillenverbreitung darstellen, entfernt werden. Ihre Isolierung ist 
notwendig und muß auch, soweit das irgend möglich ist, verwirk- 
licht werden. Die beste Art der Isolierung ist die Überführung derselben in 
eine Krankenanstalt. Ich verkenne nicht, daß dies praktisch mit Schwierig- 


BD.XILHEFTS. FURSORGE FÜR VORGESCHRITTENE TUBERKULOSE. 385 





keiten verkniipft ist und eine Verweisung dieser Kranken in ein Krankenhaus von 
einem Teil derselben und auch von Seiten des Publikums als eine harte, ja in- 
humane Maßregel angesehen wird, indem dem Kranken zugemutet werden muß, 
auf Monate oder gar dauernd aus seiner Familie auszuscheiden, die gewohnten 
Lebensverhältnisse aufzugeben, mit anderen Kranken zusammenzuliegen und 
sich einer für die meisten Menschen lästig erscheinenden. Krankenhausordnung 
zu unterwerfen. Aber hier muB und kann in den Anschauungen der Betei- 
ligten Wandel geschaften werden, weil der Eintritt in ein Krankenhaus faktisch 
keine Härte, sondern eine Wohltat für die Schwerkranken bedeutet und diese 
sich davon auch durch eine vernünftige Belehrung in den allermeisten Fällen 
überzeugen lassen werden, während wir andererseits unserer Pflicht, die gesunde 
Bevólkerung vor der Infektion zu schützen und so die Seuche einzudämmen, 
nur auf diesem Wege mit besserem Erfolge nachkommen können. 


Schon lange Zeit ist die sachgemäße Fürsorge für die vorgeschrittenen 
Fälle von Tuberkulose in Deutschland Gegenstand der Diskussion gewesen 
und sind auch immer wieder Anläufe zu ihrer praktischen Verwirklichung 
genommen worden. 


Bereits im Jahre 1888 hat eine Kommission sich in Berlin mit der Frage 
beschäftigt und kam zu dem Ergebnis, daß es sich empfehle, die Phthisiker 
nicht in allgemeinen, sondern in eigenen für Tuberkulöse gebauten Kranken- 
häusern unterzubringen. Auf denselben Standpunkt stellte sich der Obermedi- 
zinalauschuß in Bayern in seiner Sitzung im Dezember 1889, indem in einem 
Referate v. Ziemssens neben der Erbauung von Sanatorien auch die Isolierung 
vorgeschrittener Tuberkulöser durch Errichtung eigener ,,Schwindsuchtsspitaler“ 
seitens der Gemeinden betont wurde. Seit 1899 habe ich selbst dem Gegen- 
stand meine besondere Aufmerksamkeit und Tätigkeit in Wort und Schrift 
zugewandt. Auf meine Anregung hat das Präsidium des Deutschen Zentral- 
komitees zur Bekämpfung der Tuberkulose in einer Sitzung vom 6. März 1904 
die Frage der Isolierung der Schwindsüchtigen und der Errichtung eigener 
Spitäler für dieselben, welcher trotz der Empfehlung von verschiedenen Seiten 
und namentlich auch eines preußischen Ministerialerlasses vom Jahre 1901 aller- 
orts nur höchst ungenügend Rechnung getragen worden war, in die Hand 
genommen und zur weiteren Beratung an das Reichsgesundheitsamts hinüber- 
gegeben. Eine ad hoc einberufene Sitzung des Reichsgesundheitsrats vom 
24. Juni 1904 nahm dann folgende von R. Koch, B. Fränkel und mir formu- 
lierten Grundsätze an: 

„Zur Beseitigung der durch die Tuberkulose geschaffenen Ansteckungs- 
möglichkeit ist erforderlich, Schwindsüchtige namentlich im vorgeschrittenen 
Stadium in Krankenhäusern entsprechend abzusondern. Zu diesem Zweck wird 
empfohlen: 

1. die Errichtung von eigenen Krankenhäusern für solche Kranke; 


2. wo dies nicht angängig, die Errichtung von besonderen Abteilungen 
in den allgemeinen Krankenhäusern, welche baulich getrennt und als „Sana- 
torien“ eingerichtet sind; 


= ZEITSCHR. í. 
386 u a on | TUBERKULÔOSE 








3. wo auch dies nicht auszuführen ist, die id une der Krankerr 
in besonderen Räumen der Krankenanstalten. 

Auf die letzten beiden Punkte soll vor allem bei dem Bau neuer Kranken- 
häuser Bedacht genommen werden.‘ 

Diese Grundsátze wurden dann in einem Rundschreiben des Deutschen 
Reichskanzlers vom 16. Juli 1904 den Landesregierungen eindringlich empfohlen 
und zur tunlichen Durchführung anheimgestellt. 

Seit dieser Zeit ist in Deutschland im allgemeinen danach verfahren 
worden. Aber erst durch längere Erfahrung ist ein Urteil darüber möglich, 
welcher Modus der Isolierung der Schwerkranken sich in praxi als der beste 
erweist. Doch lassen sich schon- jetzt aus den bisher getroffenen Einrich- 
tungen wenigstens einige Erfahrungstatsachen und Richtpunkte für die Zukunft 
feststellen. 


I. Was zunächst die Mindestforderung in bezug auf die Isolierung der Tuber- 
kulösen — die Absonderung derselben in besonderen Räumen (3) — 
betrifft, so darf wohl angenommen werden, daß sie entsprechend den Erlassen 
einzelner Bundesstaaten Deutschlands in den meisten allgemeinen Kranken- 
häusern als die billigste und bequemste Maßregel durchgeführt worden ist. 
Was hiermit verlangt wird, ist in der Tat das mindeste, was gefordert werden 
muß, um wenigstens die übrigen Insassen des Krankenhauses davor zu schützen, 
daß sie nicht während ihres Aufenthaltes im Spital wegen anderer Krankheiten 
nebenbei mit Tuberkulose infiziert werden. Eine Unterlassung dieser Maßregel 
ist eine grobe Vernachlässigung unserer Verpflichtungen, die wir den anderen 


Spitalkranken schuldig sind. Es ist aber auch weiterhin zu verlangen, daß die 


Krankenhausverwaltungen die zum Zweck dieser einfachen Isolierung getroffenen 
Einrichtungen streng überwachen, daß kein längeres Zusammensein der Tuber- 
kulösen mit den nichttuberkulösen Kranken im Korridor, dem Krankenhaus- 
garten etc. geduldet wird, daß eigene Eß- und Trinkgeschirre den Tuberkulösen 
zukommen und die Kleider der Phthisiker bei ihrem Austritt oder im Todesfall 
desinfiziert werden u. a. Auch ist eine periodische Kontrollierung der strengen 
Durchführung der Isolierungsvorschriften durch die Medizinalhehörden wünschens- 
wert. In den kleinen Krankenhäusern auf dem Lande, wo nur einige wenige Tuber- 
kulöse sich zu gleicher Zeit in Behandlung befinden, müssen dieselben trotzdem ab- 
gesondert werden; wegen Platzmangels darf dies nicht unterlassen werden; es ge- 
nügen ja in solchen Fällen zum Zweck der Isolierung zwei Räume, einer für männ- 
liche und einer für weibliche Kranke. Auf die Größe der Zimmer kommt es dabei 
nicht an, im Gegenteil ist es vorzuziehen, daß auch in den großen Kranken- 
häusern eine Reihe kleinerer Zimmer für die Tuberkulösen bestimmt wird, weil 
dadurch die Kranken weniger durch vieles Husten oder durch Todesfälle im 
Zimmer gestört werden. Nur müssen den Tuberkulösen unter allen Umstän- 
den luftige und sonnige, nicht nach Norden gelegene Zimmer eingeräumt 
werden. 

Mit dieser einfachen Isolierung der Tuberkulösen ist wohl den nichttuber- 
kulösen Spitalkranken einiger Schutz gegen die Ansteckung gewährt, dagegen 
ist für den Schwindsüchtigen selbst wenig damit getan, um die Chancen für 


BD.XIDMEFTO. EÜRSORGE FÜR VORGESCHRITTENE TUBERKULOSE. 387 
das Stillstehen und das etwaige Zurückgehen des Prozesses zu verbessern. Dies ist 
nur dann zu erwarten, wenn den in das Krankenhaus eintretenden Tuberkulösen 
dort außer guter Ernährung viel Licht, Luft und möglichst ausgedehnter Aufent- 
halt im Freien geboten ist, d.h. wenn die besonderen, für die Tuberkulösen 
bestimmten Abteilungen in den Krankenhäusern baulich getrennt und den 
Sanatorien nachgebildet sind. 


2. Diese Einrichtung der „Krankenhaussanatorien für Tuber- 
kulöse“ in den allgemeinen Krankenhäusern ist meiner Ansicht nach 
die für die meisten Fälle empfehlenswerteste Maßregel. 


Ich verstehe darunter Vorrichtungen für Tuberkulöse im weitesten Sinn, 
die eine Freiluftbehandlung, kräftige Ernährung etc., kurz alle die in Privat- 
sanatorien und Volksheilstätten erprobten, anerkannt die besten Resultate in 
der Behandlung der Lungenschwindsucht erzielenden Grundsätze in Anwendung 
bringen lassen. Schon Veranden, die sich an die Krankenzimmer anschließen, 
die gestatten, die Kranken den größten Teil des Tages im Freien (sei es im 
Bett oder Liegestuhl) zubringen zu lassen, tun gute Dienste. Wirklich durch- 
greifend ist aber nur die Entfernung der Kranken aus dem eigentlichen 
Krankenhausgebäude und ihre Unterbringung in baulich getrennten Gebäuden, 
d.h. in eigenen, im Garten des Krankenhauses errichteten Pavillons, deren 
Zimmer nach Süden gelegen und gegen Wind möglichst geschützt sind. Mit 
den Pavillons müssen Liegehallen verbunden sein; auch muß ein genügend 
großer, den anderen Kranken nicht zugänglicher Gartenanteil sich an die 
Tuberkulosestation anschließen. 


Ich halte die Errichtung solcher ‚Krankenhaussanatorien‘im allgemeinen 
für die in den meisten Fällen empfehlenswerteste, richtigste Maßregel der Iso- 
lierung der Tuberkulösen. Sie verspricht nicht nur den Kranken die meisten 
Chancen für Besserung und schützt die anderweitigen Kranken des Spitals am 
besten vor Ansteckung, sondern übt auch die mächtigste Werbekraft für den 
Eintritt der Tuberkulösen in das Krankenhaus. Wenn die letzteren und das 
Publikum erst davon hören und sich überzeugen, daß den Kranken hier das- 
selbe, wie in den Volksheilstätten, in welche aufgenommen zu werden das 
heißersehnte Ziel der meisten Phthisiker ist, geboten wird, so entschließt sich 
der Kranke zweifellos am leichtesten, aus seiner Familie herauszugehen, zumal die- 
selbe ihn ja dort jederzeit ohne Schwierigkeit besuchen kann. Ein großer Vor- 
teil dieser Maßregel ist ferner, daß der Bau solcher Krankenhaussanatorien und 
ihre Verwaltung, als eine Teilabteilung des allgemeinen Krankenhauses, sich 
stets billiger stellen wird, als der Bau eigener großer Tuberkulosekrankenhäuser. 


Freilich in den schon bestehenden allgemeinen Krankenhäusern, die nicht 
selten noch mitten in der Stadt gelegen sind und gewöhnlich über ein be- 
schränktes Terrain verfügen, wird die Einrichtung von solchen Krankenhaus- 
sanatorien sich häufig nur ungenügend ermöglichen lassen. Um so mehr 
müssen wir darauf dringen, daß Konzessionen für den Neubau von 
Krankenhäusern von den Behörden fernerhin nur dann erteilt 
werden, wenn für Schwindsüchtige besondere, getrennte, an die in 


ZEITSCHR. f. 
388 HEURE TUBERKULOSE 





den Sanatorien erprobten Grundsätze sich anschließende Einrich- 
tungen vorgesehen sind. 

| 3. Noch radikaler, weil die Anstalten für die Unterbringung und Isolie- 
rung der Tuberkulösen ganz außerhalb der Städte verlegend, ist die Forderung 
von eigenen, lediglich der Aufnahme von Tuberkulösen dienenden Spezial- 
krankenhäusern. Man kann hier an verschiedene Arten solcher spezifi- 
scher Tuberkulosekrankenhäuser denken. Ausschließlich für die Pflege 
unheilbarer Phthisiker im letzten Stadium hat man in Deutschland die „Pflege- 
heime“ (auch wohl „Asyle“ d h. Zufluchtsorte für Gemiedene oder „Siechen- 
häuser für Tuberkulöse“ genannt) bestimmt, während man die für die 
Heilstätten nicht mehr geeigneten, vorgeschrittenen, aber noch periodenweise 
arbeitsfähigen Kranken in eigenen Krankenanstalten „Heimstätten“ unter- 
gebracht wissen wollte. Die Isolierungsabteilungen der allgemeinen Kranken- 
häuser endlich sollten nach einem neuerdings gemachten Vorschlag der wissen- 
schaftlichen Deputation des Medizinalwesens in Preußen nur als Durchgangs- 
und Beobachtungsstationen für Tuberkulöse aller Grade dienen. So dankens- 
wert und theoretisch richtig diese strenge Scheidung der Schwindsüchtigen in 
bezug auf den Grad des Leidens und ihre Behandlung ist, so habe ich doch 
die feste Überzeugung gewonnen, daß diese Differenzierung sich aus psycho- 
logischen und anderen Gründen nicht empfiehlt und in praxi unausführbar ist. 


Die „Pflegeheime“ für die unheilbaren Phthisiker im letzten Stadium, 
wo einer um den anderen stirbt, werden von den Kranken naturgemäß als 
Sterbehäuser betrachtet. Sie erklären, daß hier wohl der Weg hinein-, aber nur 
mit dem Tode herausführe, und meiden um jeden Preis diese Krankenanstalten, 
so lange der Eintritt ein freiwilliger ist — und das wird er ja, wie ich 
glaube, mit geringen Ausnahmen, auch in Zukunft bleiben. Glücklicherweise 
liegt es in der Menschennatur und auch ın der Eigenart des Lungenschwind- 
süchtigen, daß er gewöhnlich bis zuletzt auf Heilung hofft. Die Verweisung 
in ein „Siechenhaus für Phthisiker“, und das sind ja die Pflegeheime, raubt 
ihnen die Zuversicht und erfüllt sie mit tiefer Depression. Die Hoffnung dem 
Kranken zu nehmen, sind wir aber nimmermehr berechtigt, beabsichtigt ja 
auch niemand! 

Bereits hat sich auch in praxi die tiefe Abneigung gegen solche den 
Phthisikern in bester Absicht gebotene Asyle gezeigt, indem mehrere von Ver- 
sicherungsanstalten erbaute ,,Invalidenheime“ wegen Mangels an Beteiligung 
geschlossen und anderweitigen Zwecken übergeben werden mußten. Andere 
Pflegeheime sind, wie es scheint, besser besucht; bis jetzt aber ist die Zahl 
derselben in Deutschland eine verschwindend kleine. 

Nach meiner festen Überzeugung werden nur diejenigen Spezialkranken- 
häuser für Tuberkulöse sich behaupten, in welchen Kranke III. Stadiums 
neben denjenigen früheren Stadien Aufnahme finden und die ich deswegen 
unter Aufgabe der Differenzierung von Heimstätten und Pflegeheime „Tuber- 
kulosekrankenhäuser“ im allgemeinen seinerzeit genannt habe und weiter 
so nenne. 

Die Aufnahme von Tuberkulösen aller Grade in dieselben ist, wie ich 


BD e, 10 FURSORGE FÜR VORGESCHRITTENE TUBERKULOSE. 389 


i rn i, 





aus langjáhriger Erfahrung sagen kann, der einzig empfehlenswerte Modus, 
weil, wie ich schon sagte, bei den Schwindsiichtigen ein gewisser Optimismus 
gewohnlich bis zuletzt anhalt und so die Schwerkranken an der Besserung der 
Leichterkranken immer wieder Hoffnung schópfen, wahrend andererseits die 
letzteren in einem gut geleiteten Krankenhause nicht das leiseste von den 
Schwerkranken für die eigene Erkrankung zu fürchten haben. Auferdem 
ist schon um deswillen eine Trennung der verschiedenen Stadien, speziell des 
IL und JIL, in praxi nicht angängig, weil der Übergang derselben ineinander 
ein fließender ist. 

Beschäftigen wir uns endlich noch mit der praktischen Frage, in welchen 
Fällen Tuberkulosekrankenhäuser und in welchen besser Isolierabteilungen in 
allgemeinen Krankenhäusern speziell Krankenhaussanatorien zu errichten sind, 
so dürfte dies im einzelnen von lokalen Verhältnissen und Bedürfnissen, auch 
von der Geldfrage wesentlich abhängen. Ich kann aber doch im allgemeinen 
meinen Standpunkt dahin präzisieren: 

Für die mittelgroßen und kleinen Krankenhäuser (in mittleren 
Städten und auf dem Lande) dürfte am besten eine Isolierung der 
Schwindsüchtigen in den allgemeinen Krankenanstalten und speziell 
die Errichtung von Krankenhaussanatorien passen, während für 
große Städte der Neubau von eigenen Tuberkulosekrankenhäusern 
gewöhnlich nicht zu umgehen, d.h. nicht durch Isoliereinrichtungen 
u.a. in den allgemeinen Krankenhäusern zu ersetzen ist. 


Die Tuberkulosekrankenhäuser müssen außerhalb der Städte, wenn 
auch (damit nicht die Kranken von ihren Familien gänzlich abgeschnitten sind 
und von ihren Angehörigen besucht werden können) in deren nächster Nähe 
errichtet werden. Sie müssen womöglich am Walde gelegen und nach den in 
Heilstätten erprobten hygienischen Grundsätzen eingerichtet sein, so daß den 
darin untergebrachten Kranken Luft, Licht und kräftige Ernährung in reichem 
Maße gewährt wird. 

Was endlich die Bestreitung der Kosten für die angeführten beiden 
Arten der Isolierung und Verpflegung der Tuberkulösen betrifft, so stimme ich 
in dieser Beziehung denjenigen (besonders Rabenow) zu, welche verlangen, 
daß die Baukosten in erster Linie von den Kommunen bezw. Kom- 
munalverbänden getragen werden. Diese haben unbestreitbar für ihre 
Tuberkulösen genau so, wie für ihre an anderen Krankheiten leidenden Ge- 
meindemitglieder zu sorgen; und ebenso wie der Bau der allgemeinen Kranken- 
häuser liegt ihnen auch der Bau der Tuberkulosekrankenhäuser ob. Die Lasten, 
die hierdurch den Gemeinden zufallen, werden reichlich aufgewogen durch die 
zu erwartende Abnahme der Erkrankung an Tuberkulose und die Hebung der 
Volksgesundheit im allgemeinen. 

Gestatten Sie mir, daß ich an die Unterbringung der Tuberkulösen in 
Spezialanstalten nebenbei noch ein paar kurze Bemerkungen über einige Punkte 
knüpfe, auf die, wie ich glaube, nicht allgemein genug geachtet wird. Zu- 
nächst möchte ich betonen, daß die Wartung der Tuberkulösen im allgemeinen 
Krankenhaus ausschließlich eigenes Personal verlangt. Weiterhin muß ich nach 


> ZEITSCHR. f. 
399 | Hi Pl © TUBERKULOSE 


den traurigen Erfahrungen, die ich selbst mit den Wärterinnen meines Kranken- 
hauses in den letzten 20 Jahren gemacht habe, den dringenden Rat geben, 
keine Wärterin länger als 1 Jahr bis höchstens 2 Jahre bei den Tuber- 
kulösen Dienst tun zu lassen, und sie nach dieser Zeit durch anderes Per- 
sonal zu ersetzen. Von den 35 Warterinnen, welche auf der medizinischen Ab- 
teilung des Juliusspitals in Würzburg in der genannten Zeit fungierten (ausgenommen 
sind die Abteilungen für Typhus, Scharlach und Masern), erkrankten 8 an Tuber- 
kulose, 7 davon sind gestorben. Alle diese Pflegerinnen hatten nachgewiesener- 
maßen speziell auf den mit Tuberkulösen belegten Sälen längere Zeit Dienst getan. 
Da dieselben, wie überhaupt alle neu eintretenden Warterinnen, vor ihrer An- 
stellung genau untersucht waren und nur in jeder Beziehung gesunde Personen in 
Dienst genommen wurden, so ist an der Infektion der betreffenden Wärterinnen 
mit Tuberkulose während ihrer Dienstzeit kaum zu zweifeln. Wenn auch die Er- 
fahrung vieler Ärzte eine bessere sein mag und ich namentlich nicht leugnen 
will, daß das in Sanatorien fungierende, bezüglich der Infektion günstiger 
gestellte Wartepersonal relativ selten an Tuberkulose erkranken wird, und ich 
auch gern zugebe, daß meine These (Tuberculosis, September 1908) bezüglich 
dieses Punktes unter dem Eindruck meiner deprimierenden Erfahrungen etwas 
zu pessimistisch gefaßt ist, so muß ich doch nach dem, was ich erlebt habe, 
daran festhalten, daß die Gefahr der Tuberkuloseinfektion für Wärte- 
rinnen in den Spitälern, in welchen hauptsächlich Patienten in den 
vorgeschrittenen Stadien der Tuberkulose untergebracht sind, eine 
immerhin große ist. Der Gesundheitszustand der auf den Tuberkulosestationen 
Dienst tuenden Wärterinnen muß dabei besonders streng kontrolliert werden. Jedes 
leichte nicht sonst begründete Fieber, jeder auch unbedeutende Husten bei 
solchen Personen verlangt sofort, auch wenn keine Tuberkelbazillen nachweisbar 
sind, ihre Außerdienststellung, die Verweisung auf die Krankenstation zu weiterer 
Beobachtung oder die Überführung in ein Lungensanatorium. 


Ein weiterer Punkt, der mir einer kurzen Besprechung wert scheint, ist, 
wie wir uns gegenüber den Besuchen bei den Kranken von seiten 
ihrer Angehörigen zu verhalten haben. Sie zu verbieten würde das größte 
Ilindernis für den Eintritt der Tuberkulösen in das Krankenhaus bilden und 
wäre auch eine ganz ungercchtfertigte Maßregel, ja unnötige Grausamkeit. 
Denn wenn auch die Tuberkulose sicher eine ansteckende Krankheit ist, so ist 
sie es doch nur unter bestimmten Bedingungen, die ein längeres inniges Zu- 
sammensein mit den Patienten voraussetzen. Von dem Sputum droht keine 
Gefahr, wenn auf das Ausspucken des Auswurfes in mit Wasser gefüllte Schalen 
streng geachtet und ein Verschmieren desselben verhütet wird, ein Verhalten, 
wie es bei im Krankenhaus untergebrachten Phthisikern voraussgesetzt werden 
kann und muß. Aber auch die Tröpfcheninfektion, die meiner Ansicht 
nach die weitaus wichtigste Infektionsquelle für die Umgebung bildet, hat im 
Krankenzimmer für den Besucher glücklicherweise keine Bedeutung, sobald er 
sich nicht an den Kranken während des Hustens zu nahe (weniger als 1 Meter) 
heranbegibt. Sicher vermieden wird die Versprühung der Tröpfchen, wenn 
der Patient beim Ilerannahen des Hustens etwas vor den Mund hält. Ge- 


BD.XITDREFTS. FÜRSORGE FÜR VORGESCHRITTENE TUBERKULOSE. 391 
wöhnlich wird empfohlen das Taschentuch oder die Hand vorzuhalten. Beides 
ist nicht empfehlenswert, weil in beiden Fällen die Sputumtröpfchen zur 
Weiterverbreitung dabei förmlich gesammelt werden. Das einzig richtige, 
ebenso einfache, wie wirksame Mittel gegen die Ausstreuung der 
bazillenhaltigen Tröpfchen in die Luft ist für Tuberkulöse im 
Krankenhaus das Vorhalten eines faustgroßen Wattebausches vor 
den Mund, der nach dem Gebrauch mit der angehusteten Flache nach unten 
in eine leere Schale abgesetzt wird. Der Wattebausch muß alle 12—24 Stunden 
verbrannt und durch einen neuen ersetzt werden. Ich verwende diese meine 
Methode der Verhütung der Tröpfcheninfektion, die ich für die einfachste, 
absolut einwandfreie halte, seit 9 Jahren auf meiner Tuberkulosestation. Die 
Kranken gebrauchen die Wattebäusche regelmäßig und haben nie geklagt, dab 
ihre Benutzung ihnen lästig sei. 


So wichtig die Verbesserung unserer Mittel ist, um die von den Tuber- 
kulösen gelicferten Infektionsstoffe mehr und mehr unschädlich zu machen, 
so dürfen wir doch nicht vergessen, daß damit nur halbe Arbeit geleistet ist, 
daß wir nur hoffen dürfen, die Tuberkulose einzuschränken und allmählich 
auszurotten, wenn wir den Feind von allen Seiten angreifen, wenn wir, wie 
ausgeführt wurde, die Gesunden vor der Berührung mit den Infektionsträgern, 
den infektiósen Phthisikern, möglichst schützen. Die Verweisung der 
Schwindsüchtigen in Tuberkulosespitäler oder in die allgemeinen 
mit Isoliervorrichtungen versehenen Krankenhäuser muß daher mit 
allen Mitteln angestrebt werden. Zwangsweise läßt sich dies bis jetzt 
allerdings nicht durchführen, wir haben dazu keine gesetzlichen Grundlagen, 
und eine zwangsmäßige Isolierung kann auch nie für die Schwindsüchtigen aller 
Stadien erlangt werden. Es ist aber nicht ausgeschlossen, daß wie in anderen 
Ländern, so auch in Deutschland, wenigstens in einzelnen Fällen vorgeschrittener 
Tuberkulose, wo durch das Verbleiben der zur Übertragung der Tuberkulose 
eminent geeigneten, mehr oder weniger gemeingefährlichen Kranken in ihren 
Wohnungen direkte Gefahr für die Umgebung besteht, auf dem Wege der 
Gesetzgebung den Behörden das Recht eingeräumt werden wird, solche Tuber- 
kulöse in das Krankenhaus überzuführen. 


Aber auch ohne gesetzliche Regelung der Einweisung der Schwertuberkulösen 
in die Krankenhäuser ist schon dadurch, daß das Publikum und dieKranken 
selbst allgemein und eindringlich über die Notwendigkeit und Nütz- 
lichkeit derKrankenhausbehandlung belehrt werden, außerordentlich viel 
zu leisten. Wenn es erst in das Bewußtsein des Volkes gedrungen ist, daB die 
Schwertuberkulösen unbedingt in Krankenhausbehandlung gehören, und den 
Tuberkulösen immer mehr klar wird, daß die Verantwortung, ihre Umgebung 
anzustecken, eine große, aber in erster Linie durch den Eintritt in ein Kranken- 
haus vermeidbare ist, wird der letztere immer weniger Schwierigkeiten begegnen. 
Ja, der Unbemittelte wird die Einrichtung von Tuberkulosekrankenhäusern und 
Krankenhaussanatorien als dankenswert, als Wohltat anerkennen, wenn er sich 
klar macht, daß ihm damit geboten wird, was der Reiche durch das Aufsuchen 


‚, Ir ZEITSCHR. £. 
392 o ve LEUBE. = © TUBERKULOSE 





von Privatsanatorien zu erreichen sucht — Besserung für sein Leiden und Schutz 
vor Ansteckung für seine Familie! 

Freilich wird es auch dann nicht an Kranken fehlen, welche selbst den 
ernstesten wiederholten Vorstellungen über die Notwendigkeit und Nützlichkeit 
einer Krankenhausbehandlung unzugänglich sind. Der Gedanke, mit dem Ein- 
tritt in ein Krankenhaus dauernd von der Familie getrennt zu sein, der als 
Zwang empfundenen Krankenhausordnung sich fügen und mit anderen Kranken 
zusammenliegen zu müssen, wirkt auf einzelne so abstoßend, daß sie lieber das 
ganze Elend ihrer Häuslichkeit und die schwere Verantwortung gegenüber ihrer 
Familie auf sich nehmen, als daß sie das Opfer einer Trennung von derselben 
bringen und ihre Vorurteile überwinden. Aber das werden doch, wie zu hoffen 
ist, mit der Zeit, wenn erst die Grundsätze des Segens der Krankenhaus- 
behandlung mehr verbreitet sind, mehr Ausnahmen sein. Soweit sind wir 
allerdings noch lange nicht! Man hat berechnet, daß in Deutschland von 
80000 im Jahre mit Tod abgegangenen Tuberkulösen nur 12000 in Anstalten 
gestorben, die übrigen 68000 bis zum Tod in ihren Wohnungen verblieben 
sind! Diese Zahlen sprechen eine beredte Sprache, wie viel in der uns be- 
schäftigenden Frage noch zu bessern ist. Als ein erfreulicher Fortschritt in 
dieser Beziehung darf eine neuerdings für Berlin angestellte Berechnung gelten, 
wonach von 12363 innerhalb 3 Jahren der Lungenschwindsucht erlegenen 
Personen 5842 d.h. 47,3°/, in Anstalten und 6521 = 52,7°/, in ihren Wohnungen 
gestorben sind. 

Wir dürfen hoffen, daß das Verhältnis der in Krankenanstalten und der 
zu Hause verstorbenen Tuberkulösen sich auch anderwärts, überhaupt immer 
mehr zugunsten der Krankenhausbehandlung verschieben wird, und es wäre 
immerhin schon ein Gewinn, wenn die Zahl der Schwertuberkulösen, die sich 
in die Krankenhäuser begibt, bald die Zahl der Renitenten überträfe. Die 
dauernd bettlägerig gewordenen Kranken im letzten Stadium der Erkrankung 
werden sich in der Regel am wenigsten gegen den Eintritt in ein Krankenhaus 
sträuben, weil sie sich in einem so unleidlichen Zustand befinden, daß sie selbst, 
wie die Familie die Überführung ins Krankenhaus schließlich als Wohltat 
empfinden. Schwerer hält es in den Fällen vorgeschrittener Tuberkulose, in 
welchen die Kranken zwar allmählich schwach geworden, aber doch noch in 
beschränktem Maße erwerbsfähig sind. Solche Kranke können am ehesten 
dadurch zur Krankenhausbehandlung bewogen werden, daß man ihnen wenigstens 
einen vorübergehenden Aufenthalt im Krankenhaus anrät und damit die Mög- 
lichkeit einer Steigerung ihrer Erwerbsfähigkeit in Aussicht stellt. Kehren diese 
Kranken in der Tat gebessert in ihre Familie zurück, so muß für sie ebenso 
wie für die renitenten zu Hause verbleibenden, bettlägerigen Kranken in anderer 
Weise weiter gesorgt werden. Hier haben die Fürsorgestellen einzugreifen. 

Ihre Aufgabe ist, eine Isolierung der Kranken in der Familie so gut 
es geht durchzuführen. Das wichtigste Desiderat ist ein eigenes Zimmer 
für den Kranken. Wie schlecht es mit der Erfüllung dieser Forderung in der 
Regel steht, und wie groß die Gefahr der Ansteckung in den meisten Familien 
der unbemittelten Schwindsüchtigen ist, erhellt am besten aus einer er- 


"Dä PETER EURSORGE FÜR VORGESCHRITTENE TUBERKULOSE. 393 


schreckenden Statistik Kayserlings für Berlin (Tuberculosis, 1907 p. 387), 
wonach „von den Schwindsüchtigen, die bis zu ihrem Tod:in einem Zimmer 
zu leben gezwungen waren, 688 das eine Zimmer mit 3, 580 mit 4 Personen, 
452 mit 5 Personen, 229 mit 6, 136 mit 7, 45 mit 8 Personen, 25 mit 9, 10 
mit 10 und 5 mit 11 und mehr Personen teilten! Insgesamt waren während 
3 Jahren 97 10 Personen allein durch die in einzimmerigen Wohnungen sterbenden 
Schwindsüchtigen der höchsten Ansteckungsgefahr ausgesetzt“. In der Tat er- 
gaben auch die Familienuntersuchungen durch die Fürsorgestellen, daß unter 
solchen Wohnungsverhältnissen fast ausnahmslos außer den ursprünglichen 
Schwerkranken noch mehrere Angehörige die typischen Zeichen der Tuber- 
kulose aufwiesen. g 

Die Sorge für bessere Wohnungen ist also die allerwichtigste Aufgabe 
der Fürsorgestellen. Weitere Aufgaben derselben in bezug auf die in der 
Familie verbleibenden Schwertuberkulösen sind: bessere Ernährung der Kranken, 
Sauberhaltung der Krankenzimmer, Vorkehrungen um den Auswurf unschädlich 
zu machen und Mafregeln gegen die Tröpfcheninfektion (s. o.), ferner die Des- 
infektion der Wäsche und Gebrauchsgegenstände, die gründliche Desinfektion 
der Wohnungen in größeren Zeitabschnitten und bei Todesfällen, die Bestellung 
von Krankenschwestern, welche die Schwerkranken zu Hause zu pflegen und 
über die Durchführung der angeordneten hygienischen Maßregeln zu wachen 
haben. 

Dieser segensreichen Aufgabe können die Organe der Fürsorgestellen nur 
gerecht werden, wenn ihnen große Mittel zur Verfugung stehen, wie solche vor 
allem zur Verbesserung der Wohnungsverháltnisse (durch Zumieten von 
Zimmern u. a.) und zur kräftigeren Ernährung der Kranken nötig sind. Vorder- 
hand sind wir hier vielfach noch allein auf die Privatwohltätigkeit angewiesen 
— das muß sich meiner Ansicht nach ändern, indem neben diesen schwan- 
kenden Summen für die feste Fundierung der Fürsorgestellen von den Ge- 
meinden durch Bewilligung fester großer Beiträge künftig gesorgt werden muß. 
Ist es für die Gemeinden doch cine unabweisbare Pflicht, fur ihre Kranken 
in dem nötigen Maße zu sorgen! Dazu gehört aber doch wahrhaftig in erster 
Linie die Beseitigung so schreiender Mißstände, wie sie oben geschildert 
wurden —; indessen liegt es ja auch im eigensten [Interesse der Gemeinden, 
die Deszendenten der Tuberkulösen von der bei solchen Wohnungsverhält- 
nissen unvermeidlichen Ansteckung zu schützen und so indirekt ihre künftigen 
Ausgaben für Kranken- und Armenversorgung zu verringern. 

Selbst bei immer ausgedehnterer Tätigkeit der Fürsorgestellen können diese 
aber in bezug auf den Schutz der Familie vor der Ansteckung naturgemäß 
nicht das erreichen, was wir mit der Isolierung der Falle von vorgeschrittener 
Tuberkulose in Krankenhäusern zu erzielen imstande sind. Unsere Fürsorge 
für die Schwertuberkulösen hat sich daher immer in erster Linie auf die Über- 
führung derselben in Krankenhäuser zu konzentrieren, die nach den entwickelten 
Grundsatzen durchgefuhrt, eines der wichtigsten Kampfmittel gegen die Tuber- 
kulose bedeutet. 





Zeitschr. f. Tuberkulose. XII. 26 


à ZEITSCHR. f. 
394 u Véi LEUBE, | TUBERKULOSE 











An den im voranstehenden entwickelten Grundsätzen wird, wie ich 
glaube, auch durch die von R. Koch in der Diskussion zu meinem Vortrag 
geäußerten Bedenken über den Nutzen der Isolierung, speziell in Krankenhäusern 
(Philadelphia, Sitzung 25. Sept. 1908) nichts Wesentliches geändert. 

R. Koch betonte, daß er nach dem, was in letzter Zeit er in Japan von 
der zwangsweisen Isolierung der Leprakranken gesehen, die Überzeugung ge- 
wonnen habe, daß die Isolierung dieser Kranken, trotzdem sie 40 Jahre lang 
durchgeführt worden sei, die Ausrottung der Lepra keinen Schritt vorwärts- 
gebracht habe. Er verspreche sich daher auch bei der Tuberkulose von einer 
Isolierung nicht mehr so viel, als er früher davon erwartet habe. Er sei zwar 
außerordentlich dafür, daß wir auch künftig isolieren und glaube, daß wir da- 
von Gewinn haben auch dann, wenn wir nur einen Bruchteil der Kranken 
isolieren können. Dagegen müßten wir uns klar darüber sein, daß eine kurze 
Dauer der Isolierung so gut wie garnichts nütze. Wir sollten also möglichst 
lange isolieren, und weil dies in den Krankenhäusern nur in beschränktem 
Maße möglich sei, speziell in den Wohnungen der Kranken. 


Diese Bemerkungen R. Kochs sind vielfach mißverstanden worden, näm- 
lich so, als ob er gegen eine Isolierung der Kranken in Hospitälern sei und 
nur eine Isolierung in den Familien wünsche. Diese Auffassung ist aber eine 
irrige, wie eine Durchsicht des Sitzungstenogrammes ohne weiteres ergibt. 
Koch betont ausdrücklich, daß „die Überführung der Tuberkulösen in Spitäler 
natürlich auch geschehen müsse, er sei nicht dagegen“, nur glaube er, daß 
ein langes Isolieren, d.h. bis die Kranken ihre Tuberkelbazillen im Sputum 
verlieren, nur in beschränkten Maße durchführbar sei; man sollte deswegen auf 
die Isolierung in der Wohnung dringen, „obwohl es dann kein richtiges Isolieren 
mehr ist“, 

R. Koch glaubt, daß der betreffende Kranke schon vorher alles infiziert 
habe, was er infizieren konnte. Wenn er aus dem Spital zurückkomme und 
wie in den letzten Stadien der Krankheit massenhaft Bazillen auswerfe und in 
der Familie sterbe, so infiziere er alle diejenigen, die für ihn erreichbar seien, 
und sei die Zeit der Isolierung, die seiner Rückkehr in die Familie vorausgehe, 
ohne irgend welchen Einfluß auf die Verminderung der Infektionskrankheit. 

Wir können der Ansicht Kochs, nicht zu weitgehende Hoffnungen auf 
die Isolierung der Kranken zu setzen, beistimmen, und müssen darauf dringen, 
daß die Kranken möglichst früh und möglichst lange isoliert und daß 
speziell die Tuberkulösen in den letzten Stadien dauernd isoliert werden. Ein 
Isolieren in der Familie wird aber, wie Koch selbst zugibt, kein richtiges 
Isolieren mehr sein, und sich auch, wie Jacobi (Neuyork) in der Diskussion 
mit Recht betonte, wegen der schlechten Unterkunftsverhältnisse der Betreffenden 
nicht allgemein durchführen lassen. Jacobi führt als Beispiel Neuyork an, 
wo 200000 Familien in dunkeln, schmutzigen, schlecht ventilierten Wohnungen 
leben, die nur aus 1 Zimmer mit 1—2 Fenstern und einem Alkoven bestehen. 

Meiner Ansicht nach ist und bleibt die Isolierung in den Kranken- 
häusern das Wesentliche. Sie ist unvergleichlich wirksamer als die in der 
Wohnung der Patienten, und wir haben unter gleichzeitiger Mitberücksichtigung 


SD.XITHEFTS. FORSORGE FÜR VORGESCHRITTENE TUBERKULOSE. 395 





der Fürsorge für die Tuberkulósen in den ersten Stadien der Krankheit nach 
wie vor mit allen Mitteln anzustreben: 

1. daß die in den Anfangsstadien sich befindenden Kranken entweder in 
Volkssanatorien oder in Krankenhäusern, die nach den von mir entwickelten 
Grundsätzen eingerichtet sind, untergebracht werden und dort möglichst lange 
verbleiben; 

2. daß die Tuberkulösen in den vorgeschrittenen Stadien der Krankheit 
dauernd in Krankenhäusern isoliert werden. 

Diese Forderungen sind aber, wie es in der Natur der Verhältnisse liegt 
und wie auch aus dem vorstehenden Beispiele zur Genüge hervorgeht, nur 
in beschränktem Maße erfüllbar. Namentlich ist es ganz unmöglich, durch- 
zusetzen, daß alle Kranken so lange in Krankenanstalten verbleiben, bis sie 
kein Sputum mehr liefern oder alle Bazillen im Sputum verloren haben. Zu 
glauben, daß eine solche Maßregel je durchführbar sei, ist leere Theorie ohne 
jeden realen Boden (s. p. 384). Es gilt dies nicht nur für die Kranken in den 
ersten, sondern auch für die in den vorgeschrittenen Stadien der Phthise. 

Für solche Kranke, die Bazillen aushusten, d.h. dieselben bei ihrem 
Austritt aus den Krankenanstalten nicht verloren haben oder zum Eintritt in 
solche nicht zu bewegen sind, hat die allerdings lange nicht so wirksame 
Isolierung in den eigenen Wohnungen einzutreten. Sie gehört zu den 
wichtigsten Aufgaben der Fürsorgestellen, deren Vermehrung und weitere 
Ausgestaltung im Interesse einer wirksamen Bekämpfung der Tuberkulose von 
höchster Bedeutung ist. Es ist zu hoffen, daß auch das in Philadelphia aus- 
gesprochene Verlangen R. Kochs, der Isolierung der Tuberkulösen in den 
Wohnungen künftig mehr Beachtung zu schenken, dazu beitragen wird, die 
Organe der Fürsorgestellen zu erhöhter Tätigkeit anzuregen. 


26* 


DE ZETTSCHR. f. 
396 E S. A. KNOE F. 8 | TURERKULOSF. 


XX VIL 


Der Internationale Tuberkulosekongreß in Washington vom 
21. September bis 12. Oktober 1908. 
Von 
Prof. Dr. med. S. A. Knopf, Neuyork. 


Direktor der Klinik für Lungenkranke der Stadt Neuyork; Primararzt des Stádtischen Sanatoriums 
für Schwindsüchtige. 


Vader große, wenn nicht der bisher größte, internationale Tuberkulose- 
0 kongreß ist zu Ende. Durch die Zahl der Länder, welche Vertreter 
A-| entsandt hatten, sowie durch die tatsächliche Anzahl der Kongreß- 
de die sich beinahe auf 7000 belief, war gleichfalls die größte Betei- 
ligung aller bisher stattgehabten Tuberkulosekonggesse erreicht. 

Die offizielle Dauer des Kongresses war vom 21. September bis zum 
12. Oktober 1908. Die wissenschaftlichen Verhandlungen fanden in der Woche 
vom 28. September bis 3. Oktober statt und teilten sich in 7 Sektionen. Die 
Pathologie und Bakteriologie als I. Sektion, unter dem Präsidium unseres 
berühmten Professors Dr. Wm. H. Welch hatte den Vorzug. den Altmeister der 
Tuberkulosewissenschaft, Robert Koch, zu ihren Vortragenden zu zählen. Denn 
in dieser Sektion hielt Se. Exz. der Wirkl. Geheimrat Prof. Robert Koch seinen 
Vortrag über „Ihe Relation of Human and Bovine Tuberculosis“ in vorzüg- 
lichem Englisch vor überfülltem Hause. Trotzdem eine große Anzahl mit 
Prof. Koch nicht ganz einverstanden war, wurden ihm dennoch überall, wo er 
auch sprach und wo er sich zeigte, große Ovationen zuteil. Daß die Tages- 
zeitungen und besonders unsere sensationsliebenden amerikanischen Blätter aus 
seiner Meinungsverschiedenheit über die Übertragbarkeit des bovinen Typus 
des Tuberkelbazillus so viel Münze wie möglich schlugen, war allerdings 
unerfreulich und muß unserm großen Koch wohl unangenehm gewesen sein. 

Ich möchte zu seiner Rechtfertigung anführen — was sicherlich von anderer 
Seite bereits nachdrücklicher geschehen ist — daß Se. Exz. niemals die Behaup- 
tung aufgestellt hat, die Übertragung der Rindertuberkulose auf Menschen 
wäre eine Unmöglichkeit. Er bezweifelte energisch, daß die Übertragung so 
häufig sei als in den Veröffentlichungen der Vertreter dieser These behauptet 
worden is. Er wies darauf hin, daß besonders die in England vor- 
genommenen Untersuchungen und Experimente nicht vorsichtig und auch 
wohl nicht wissenschaftlich genug durchgeführt worden seien. Nach seiner An- 
schauung ist es nicht nötig, so große finanzielle Opfer zu bringen um die Rinder- 
tuberkulose zu bekämpfen, da er überzeugt ist, daß die Ansteckung der Men- 
schen durch den bovinen Typus der Tuberkelbazillen sehr selten ist. 

Allerdings war eine Anzahl hervorragender Kongrefimitglieder, u. a. Ar- 
loing-Frankreich, Bang - Dänemark, Adami - Montreal, Smith und Ra- 
venel-Vereinigte Staaten anderer Ansicht. Sie hielten es für gefahrlich, die 
Vorsichtsmaßregeln zu vermindern, die von vielen Staaten und Städten getroffen 





worden sind. 


en TUBERKULOSEKONGRESS IN WASHINGTON. 397 














Prof. Sims Woodhead-England verteidigte gleichfalls in seinem Vortrage 
über „The Problems to be solved in dealing with human and bovine tuber- 
culosis“, die These der Übertragbarkeit des bovinen Typus auf die Menschen. 

Über Immunität wurde in derselben Sektion von Calmette, Courmont, 
Baldwin, Webb und anderen diskutiert. Courmont hielt einen interessanten 
Vortrag über ,,Propriétés humorales des exsudats tuberculeux, valeur pronosti- 
que et thérapeutique“. In derselben Sektion wurde ausführlich über Opsonine 
und deren Verwertbarkeit in der Diagnose, Prognose und Therapie von 
Dr. Johann v. Szaboky-Budapest berichtet. Calmette und Wolff-Eisner 
sprachen über die von ihnen erfundenen konjunktivalen Reaktionen. v. Pirquet 
hielt einen Vortrag über seine „Erfahrungen über die kutane Tuberkulinreaktion 
an 200 obduzierten Kindern.“ Allen drei Forschern wurden herzliche Ovationen 
zuteil, als sie sich auf der Tribüne zeigten. 

Außer den bereits angeführten Vorträgen wurden in derselben Sektion 
über die Biologie des Tuberkelbazillus 7 Vorträge, über Infektionswege 19, 
über Serumdiagnose 15, über das Verhältnis der menschlichen zur Rindertuber- 
kulose ı2, über Immunität 6, über chemische Studien des Bazillus 9 und über 
Tuberkulosepathologie 18 Vorträge gehalten. 

Der II. Sektion „Klimatische Forschungen und Tuberkulosetherapie“ 
— Sanatorien, Spezialhospitäler und Polikliniken — präsidierte der bekannte 
Phthisiotherapeut Vincent Y.Bowditch. Außer dem Vortrage desPräsidenten und 
einem interessanten Vortrage Landouzys über ‚„Typhobazillose“ wurden der 
Diagnose 33 Vorträge, der spezifischen Therapie 12, Sanatorien und Polikliniken, 
Erholungsstätten und Fürsorgestellen 20 Vorträge gewidmet, und ungefähr 25 Ab- 
handlungen wurden in dieser Abteilung über die verschiedenartigsten klinischen 
Themata gelesen. _ 

Die Beschäftigungstherapie in der Tuberkulose wurde lebhaft diskutiert. 
Die Vertreter der absoluten Ruhebehandlung waren in der Minorität, und die 
Vertreter von gemäßigten Bewegungen und sorgfältig überwachten Arbeiten in 
freier und frischer Luft trugen den Sieg davon. 

Chirurgie und Orthopädie, soweit solche die Tuberkulose betreffen, 
wurden in der III. Sektion von amerikanischen und auswärtigen Chirurgen und 
Orthopäden diskutiert. Den Vorsitz führte der bekannte Chirurg Dr. Charles 
H. Mayo-Rochester (Minnesota). 

Die Tuberkulose bei Kindern wurde in der IV. Sektion unter Leitung 
unseres Altmeisters der Kinderheilkunde, des an Jahren reichen doch ungemein 
rüstigen und allgemein verehrten Prof. Dr. A. Jacobi-Neuyork erörtert. Alle 
möglichen pathologischen und klinischen Komplikationen und die modernsten 
prophylaktischen und therapeutischen Methoden wurden besprochen und teil- 
weise eifrig diskutiert. Den Calmetteschen und Pirquetschen diagnostischen 
Methoden waren 6 Vorträge gewidmet. Sondern-Neuyork sprach über den 
Wert der Lumbalpunktion in der akuten Meningealtuberkulose. 

In der V. Sektion wurde die Tuberkulose vom hygienischen, sozialen, 
industriellen und wirtschaftlichen Standpunkt aus behandelt. Der bekannte 
Soziologe (nicht Arzt) Prof. Dr. phil. Edward T. Devine führte den Vorsitz. 


399 S. A. KNOPF. ZEITSCHR. f. 


TUBERKULOSE 











Nicht weniger als 8 Sitzungen, die je 3 Stunden dauerten, wurden diesem wich- 
tigen Teile der modernen Tuberkulosebekämpfung gewidmet. Ärzte und Laien 
aller Länder, unter den letzteren Sozialökonomen, Baumeister, Bankiers, Ver- 
sicherungsbeamte, Juristen, Lehrer, Arbeitgeber, Arbeitervertreter, Kranken- 
wärter und -wärterinnen teilten ihre Erfahrungen mit. Eine Sitzung beschäf- 
tigte sich mit dem Thema der Volksbelehrung. Tuberkuloseunterricht in Hoch- 
schulen und Universitäten wurde allgemein als ungemein wichtig empfohlen. 
Den gesundheitsschädlichen Beschäftigungen in Fabriken und Werkstätten wid- 
meten 4 Ärzte, 3 Arbeitgeber, 2 Arbeitervertreter und ein Jurist einen ganzen 
Nachmittag. | 

Über die Wichtigkeit der Früherkennung der Tuberkulose und des Sana- 
toriums als Lehranstalt wurde gleichfalls einige Stunden diskutiert. Eine der 
interessantesten Sitzungen in der V. Sektion war die der Krankenwärterinnen 
(„Nurses meeting“). Die Bedeutung dieser unserer Mitarbeiterinnen bei der 
Bekämpfung der Tuberkulose erhellte aus den vorzüglichen Vorträgen dieser 
braven Frauen und Mädchen. Es sei mir erlaubt hier einige derselben zu 
erwähnen: „Die Tuberkulose und das Gesundheitsamt“; „Methoden in der 
Beaufsichtigung von Arbeiterhäusern von Staatsangestellten“; ,,Krankenwarter 
in der Bekämpfung der Tuberkulose“; „Die Notwendigkeit besonderer Schulung 
der Tuberkulose-Krankenwärterinnen“; „Die moderne Distrikt-Krankenwärterin 
und ihre Arbeit in der Tuberkulosebekampfung“; „Der wahre Beruf einer Tuber- 
kulose-Krankenwärterin“. 

Der letzte Tag wurde zwei Thesen gewidmet, die wohl die bedeutendsten 
und wichtigsten im Kampfe gegen die Tuberkulose darstellen: Förderung der 
Immunität durch körperliche Stärkung und Entwickelung der Jugend, hygienische 
Wohnung der Arbeiterbevölkerung und bessere Ernährung der Massen. In der 
Schlußsitzung wurde über das Thema „Die Verantwortlichkeit der Gesellschaft 
gegenüber der Tuberkulose als Volkskrankheit“ verhandelt. Selbstverständ- 
lich ist es unmöglich, in diesem kleinen Bericht auch nur annähernd das 
wiederzugeben, was an einem solchen Nachmittag von 50—100 Vertretern 
aller Stände vorgebracht worden ist. Man einigte sich über die Wichtigkeit, 
die Tuberkulose nicht nur vom medizinischen, sondern auch vom sozialen Stand- 
punkt aus zu bekämpfen. 


Sektion VI befaßte sich mit der Oberaufsicht des Staates und der Muni- 
zipalbehórden über die Tuberkulose als infektiöse Krankheit. Der Präsident 
dieser Sektion war Generalarzt Walter Wyman-Washington. In dieser 
Sitzung hatten wir Gelegenheit, die Tuberkulosebekämpfungsmethode verschie- 
dener Länder durch deren Vertreter kennen zu lernen. So sprach Dr. v. Schroetter 
über die städtische und private Fürsorge für die Tuberkulose in Österreich. 
Über dasselbe Thema sprachen Roerdam-Dänemark, Patrikios-Griechenland, 
Cederkranz-Schweden, Kürstein-Bern und Kober-Washington. Crespin 
sprach über Tuberkulose im allgemeinen und Jacobsen über das Tuberkulose- 
problem in Cuba, Heiser über dasselbe Thema auf den Philippineninseln und 
Caleja in Spanien. 

Der Staatsbeamte Dr. Hoppe-Liverpool sprach über die Verminderung 


SONNERIE: TUBERKULOSEKONGRESS IN WASHINGTON. 399 








der Tuberkulose in Schottland. Der bekannte Vorkämpfer der polizeilichen 
Kontrolle der Tuberkulose, Prof. Hermann M. Biggs-Neuyork hielt einen 
interessanten Vortrag über dieses Thema, an dessen Diskussion sich die Vertreter 
zahlreicher Lánder beteiligten. 

Die VII. Sektion beschäftigte sich mit der Tuberkulose der Haustiere und 
brachte viel Interessantes, aber nichts absolut Neues. Der Präsident dieser 
Abteilung war der bekannte Veterinär-Professor Pearson-Philadelphia. Zur 
Besprechung des Themas „Die Beziehungen der Rindertuberkulose zu den 
Menschen“ hatten sich die beiden Sektionen I und VII vereinigt. Wir haben 
bereits im vorstehenden über diese Sitzung, in welcher Se. Exz. R. Koch zuerst 
das Wort ergriff, berichtet. 

Die Woche vor und nach den in Washington abgehaltenen wissenschaft- 
lichen Sitzungen wurde Spezialvorträgen in Philadelphia, Washington, Baltimore, 
Boston und Neuyork gewidmet. Es waren hierzu die hervorragendsten Ver- 
treter der modernen Tuberkulosebekämpfung fremder Länder vom Komitee für 
spezielle Vorlesungen eingeladen. Es sprachen in Philadelphia: 


Prof. Gotthold Pannwitz- Berlin über „Social Life and Tuberculosis“, 

Dr. C. Theodore Williams, M.V.O., M.A., M.D., F.R.C.P. London, über 
„The Evolution of the Treatment of Pulmonary Tuberculosis“. 

Prof. A. Calmette, Direktor des Pasteurinstituts in Lille, über „Les nou- 
veaux procédés de diagnostic précoce de linfection tuberculeuse“. 

In Washington: 

Dr. A. A. Wladimiroff-St. Petersburg über ,The Biology of the Tubercle 
Bacillus“. 

Dr. Arthur Newsholme, Medical Officer of the Local Government 
Board of England, London, über „The causes of the past decline of tuber- 
culosis and the light thrown by history on preventive measures for the imme- 
diate future“. 

Prof. Louis Landouzy-Paris über ,Cents ans de phtisiologie: étude 
de la tuberculose depuis 1808 jusqu’au Congrès de Washington 1908‘, 

Prof. N. Ph. Tendeloo - Leyden (Holland) über ,,Collateral Tuberculosis 
Inflammation“. , 

Prof. Bernard Bang, M. D., Copenhagen, über „Studies in Tuber- 
culosis in Domestic Animals and what we may learn regarding human tuber- 
culosis“. 

In Baltimore: 

M. Augustin Rey-Paris über ,La lutte re la tuberculose dans les 
grandes villes par l'habitation: méthodes scientifiques modernes pour cone 
struction“. 

In Boston: 

R. W. Philip, M.A., M.D., F.R.S.E., and F.R.C.P.E., Edinburg, über „The 
Anti-tuberculosis Program: Co-ordination of Preventive Measures.“ 

In Neuyork: 

Prof. Andreas Martinez-Vargas-Barcelona iiber ,,Tuberculosis of the 
Heart, Blood and Lymph Vessels. 


RA ` ZEITSCHR. f. 
400 S. A. KNOPF. ` TUBERKULOSE 





Die Ausstellung des Kongresses darf wohl auch als die grófte und beste 
ihrer Art bezeichnet werden. Die folgenden Lánder hatten Abteilungen in der 
Ausstellung: Argentinien, Belgien, Brasilien, Canada, Deutschland, Frankreich, 
GroBbritannien, Japan, Osterreich, Rufland, Schweden, die Schweiz, Ungarn 
und Uruguai. Amerika war durch folgende Staaten vertreten’ Colorado, 
Connecticut, District of Columbia, Illinois, Maine, Maryland, Massachusetts, 
Michigan, Minnesota, Neu-Jersey, Neuyork, Ohio, Rhode-Island, Pennsylvania 
und Wisconsin. Die Regierung der Vereinigten Staaten hatte Ausstellungs- 
objekte vom Gesundheitsamte, dem Kriegs-, Marine- und Ackerbauministerium 
und dem Ministerium des Innern gesandt. 


Resultate unserer nationalen Gesellschaft zur Bekämpfung der Tuberkulose, 
unserer nationalen Spielplatz-Vereinigung und der Zeitschrift „Journal of Out- 
door Life waren graphisch dargestellt. Pathologische und bakteriologische 
Präparate, wissenschaftliche und populäre Literatur zur Bekämpfung und Be- 
handlung der Tuberkulose, Modelle von Sanatorien, Spezialhospitälern, Poli- 
kliniken, Walderholungstätten etc. bildeten den Hauptteil der Ausstellung. 

Mir selbst war es vergónnt, meine vom ersten Tuberkulosekongreß 
(Berlin 1899) preisgekrönte kleine Schrift „Die Tuberkulose als Volkskrankheit 
und deren Bekämpfung“ in den seitdem in 25 verschiedene Sprachen über- 
setzten Ausgaben auszustellen. Die letzte, erst vor einigen Monaten erschienene, 
ist eine zweite chinesische Übersetzung von Dr. C. T. Syah, der gegenwärtig Arzt 
der chinesischen Legation in Paris ist. Die erste Übersetzung in einem anderen 
chinesischen Dialekt ist in Nanking veröffentlicht. Außer diesem gewiß 
sprechenden Beweise für Chinas Erwachen zum Kampfe gegen die Tuberkulose 
als Volkskrankheit hatten die Kongreßmitglieder noch einen zweiten Beweis dafür, 
daß die moderne Medizin in dem ältesten Kulturlande Asiens, dem himm- 
lischen Reiche, Eingang gefunden hat. Herr Dr. Li, welcher seine Studien 
in unserer Harvarduniversität vollendet hatte, überraschte das in Washington 
versammelte internationale Publikum mit einer in vorzüglichem Englisch .ge- 
haltenen Rede über medizinische Wissenschaft in China in der Vergangenheit 
und in der Zukunft. 

Der Katalog führte nicht weniger als 5000 Ausstellungsgegenstände auf, 
und während der eigentlichen Kongreßwoche (28. September bis 3. Oktober) 
wurde die Ausstellung von 147409 Personen besucht. 

Es dürfte zu viel Platz einnehmen, wollte ich hier aller derer gedenken, 
die durch Preise für ihre gute Arbeit belohnt wurden. Da dieser Bericht 
hauptsächlich für das Ausland bestimmt ist, so will ich nur unsere Gäste 
erwähnen. 

Für die besten Resultate in der Frühtuberkulose seitens freiwilliger Ver- 
einigungen erhielt die schwedische Gesellschaft die goldene und die ungarische 
die silberne Medaille, 

Für die beste Arbeit und Ausstellung bestehender Sanatorien zur Be- 
handlung tuberkulöser Arbeiter erhielt das Brompton Hospitalsanatorium in 
Frimley (England) den 500 Dollarpreis; die goldene Medaille das Sanatorium 
Bcelitz bei Berlin, eine silberne Medaille das Sanatorium De Bligny in Frankreich. 


= = r = $$ 





Gees TUBERKULOSEKONGRESS IN WASHINGTON. 401 








Für die beste Poliklinik (Dispensarium) erhielt Dr. Clemento Ferreira- 
St. Paul (Brasilien) die silberne Medaille. 

Für die beste Arbeit und Ausstellung eines Hospitals für vorgeschrittene 
Tuberkulosefalle erhielt das Bromptonhospital in London (England) den 
1000 Dollarpreis. 

Für das beste allgemeine Belchrungsblatt für Erwachsene erhielt der 
Vercin zur Bekampfung der Schwindsucht in Chemnitz und Umgebung die 
silberne Medaille und den 100 Dollarpreis für das beste Belehrungsblatt für 
Mütter. 

Für die allgemeine Arbeit und die beste Ausstellung irgend eines Staates 
oder Landes erhielt Deutschland die goldene Medaille und Schweden und 
Großbritannien je die silberne Medaille. 

Für die beste ausgestellte pathologische Arbeit erhielt England die 
goldene Medaille und Deutschland ehrende Anerkennung. 

Für den besten Plan, Mittel zur Tuberkulosebekämpfung aufzubringen, er- 
hielt die schwedische nationale Tuberkulosegesellschaft die goldene Medaille. 
Derselben Gesellschaft wurde gleichfalls die silberne Medaille für den besten 
Bauplan eines Hospitals für vorgeschrittene Schwindsüchtige verliehen. 

Den Antituberkulosegesellschaften von Porto Rico und Dänemark, der 
Anna v. Rath-Stiftung in Berlin, dem Prof. J. C. Heymans von der Univer- 
sitat Ghent, dem Prof. Eduard Lang-Wien, Dr. Simon Unterberger- 
St. Petersburg wurden goldene Medaillen und dem Dr. Simms Woodhead 
eine silberne Medaille für ihre Beiträge und Arbeiten zur Tuberkulose- 
bekämpfung verliehen. 

Als Allgemeinresultat der Arbeiten des Tuberkulosekongresses dürfen 
wohl die folgenden Schlußfolgerungen, welche gemeinsam akzeptiert wurden, 
gelten. Es wurde beschlossen: 


1. Daß die Aufmerksamkeit der Regierungen auf obligatorische Anzeige- 
pflicht aller Tuberkulosefälle zu lenken sei, und daß es die Pflicht aller be- 
handelnden Ärzte sei, der lokalen Gesundheitsbehörde Tuberkulosefälle anzu- 
zeigen, um die Behörden in den Stand zu setzen, geeignete Vorsichtsmaßregeln 
gegen die Verbreitung der Tuberkulose zu treffen. 

2. Daß alle Anstrengungen und Maßregeln, welche gegen die Über- 
tragung der Tuberkulose von Menschen auf Menschen gerichtet sind, fortge- 
setzt werden und daß diese Art der Übertragung als die häufigste und wich- 
tigste zu betrachten sei. 

3. Daß die Vorsichtsmaßregeln gegen die Rindertuberkulose und die 
Möglichkeit der Übertragung derselben auf Menschen anerkannt und berück- 
sichtigt werden sollen. 

4. Daß wir allen Völkern und Regierungen a) die Gründung von Hospitälern 
für vorgeschrittene Schwindsuchtsfälle, b) die Gründung von Sanatorien für 
Frühfälle, c) die Gründung von Polikliniken (Dispensarien), Tag- und Nacht- 
erholungsstätten für ambulante Tuberkulosefälle, welche weder in Hospitalern 
noch Sanatorien Aufnahme finden können, auf das dringendste anempfehlen. 

5. Daß der Kongreß sorgfältig ausgearbeitcte Arbeitergesetze, welche das 


402 KNOPF, TUBERKULOSEKONGRESS IN WASHINGTON. „ZEITSCHR, fe 
sanitäre und physische Wohl der Arbeiter in Fabriken und Werkstätten zum 
Zwecke haben, empfiehlt, die schädliche Arbeiten für Kinder und Frauen verbieten 
und den Massen sanitäre Wohnungen sichern, da durch die Befolgung solcher 
Gesetze die Widerstandsfähigkeit der Vólker gegen die Tuberkulose und 
andere Krankheiten gestárkt wird. 

6. Daß der Kongreß die Anlegung von Spielplätzen auf das wärmste 
anempfiehlt und als einen bedeutenden Faktor für die indirekten Verhütungen 
der Tuberkulose betrachtet. 

7. DaB Unterricht in persónlicher und Schulhygiene in allen Schullehrer- 
seminarien erteilt werden soll. 

8. Daß wenn irgend möglich, mit dem Unterricht solcher elementarer 
Hygiene ein dazu besonders befähigter und ausgebildeter Arzt betraut werden soll. 

9. Daß Hochschulen und Universitäten dringend veranlaßt werden sollen, 
Spezialkurse in Hygiene und Gesundheitslehre zu veranstalten, diese Studien 
als zum Examen nötig zu betrachten, um dadurch die überaus nützliche Be- 
lehrung in Volks- und Bürgerschulen zu sichern. 

Die wissenschaftlichen Sitzungen des Kongresses wurden, wie oben ge- 
sagt, am 28. September eröffnet. Eine Ansprache des Ministers Cortelyou 
in Vertretung des Präsidenten Roosevelt leitete die Eröffnungsfeier ein und 
den offiziellen Vertretern der verschiedenen Länder wurde Gelegenheit gegeben, 
einige Worte auf Minister Cortelyous Begrüßungsrede zu erwidern. 

Staatsdiners, ein Empfang beim Präsidenten Roosevelt am Vorabend 
der Vertagung des Kongresses, eine wohlgelungene und elegante Soirée im 
Hause des bekannten Halsarztes Dr. Richardson, Luncheons, Smokers 
(gesellige Herrenabende), Ausflüge etc. brachten angenehme Abwechslung nach 
den wissenschaftlichen Arbeiten des Tages. 

Die feierliche öffentliche Schlußsitzung fand am 3. Oktober statt und 
wurde durch eine Ansprache des Präsidenten Theodore Roosevelt geehrt. 
Wie in der Eröffnungssitzung, so wurde auch diesmal wieder den offiziellen 
Delegierten der verschiedenen Länder Gelegenheit gegeben, einige Worte zu 
sagen. Alle dankten herzlich für den Empfang und die Gastfreundschaft, die 
wir Amerikaner uns bemüht haben, unseren Gästen zu bieten. 

Ein schöner Tribut wurde am Schlusse noch den Vertretern Deutsch- 
lands, Frankreichs und Englands zuteil, indem man deren hervorragendste 
Vertreter — Koch, Landouzy und Williams — zu Honorarpräsidenten des 
Kongresses wählte. 

Wie bereits bekannt, wird der nächste Tuberkulosekongreß in Rom im 
Jahre 1911 stattfinden; und so nahmen denn unsere Gäste mit einem herz- 
lichen „A rivederci a Roma“ von uns Abschied. Mögen sie bald wieder- 
kommen! 


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BD.XUDREFIB. SCHAFFER, REZIDIV. TUBERKULÔSE POLYARTHRITIS. 403 





XXIX. 


Rezidivierende tuberkulóse Polyarthritis. (Tuberkulôser Gelenk- 
rheumatismus). 
(Aus dem Küstenhospital Refsnäs, Dänemark. Chefarzt: Prof. Dr. V. Schepelern.) 
Von 
K. Schäffer, Assistenzarzt. 


Yährend des Verlaufes der verschiedenen Infektionskrankheiten — sowohl 
4 der akuten als der chronischen — sieht man bekanntlich oft Gelenk- 
A] affektionen verschiedener Art. Dasselbe ist bei der Tuberkulose der 
Fall; daß es aber akut verlaufende Arthritiden tuberkulösen Ursprungs gibt, 
Arthritiden, die vollständig analog sind mit denjenigen, die man bei anderen 
Infektionskrankheiten trifft — wie Scarlatina, Fb. puerperal. und anderen sep- 
tischen Infektionen, Syphilis, Gonorrhoe etc. — hat man erst in den letzten 
Jahren eingesehen, nachdem sich Poncet auf diese Frage geworfen hat. 

Hiermit sei nicht gesagt, daß alle akuten Gelenkaffektionen, die bei einem 
Individuum entstehen, das von Tuberkulose angegriffen ist, tuberkulöser Natur 
seien. In derartigen Fällen muß man aber — mehr wie bisher — an die 
Tuberkulose als ätiologischen Faktor denken und darf sich nicht damit beruhigen, 
daß man es mit einem rheumatischen Leiden zu tun hat, das zufällig die vor- 
handene Tukerkulose kompliziert, ehe man die verschiedenen Ursachen abgewägt 
hat, auf welche die Gelenkerscheinungen sich zurückführen lassen, selbst wenn 
die klinischen Symptome im ersten Augenblick nicht als auf Tuberkulose 
beruhend imponieren. Wenn man einen Scharlachkranken behandelt, der 
polyartikuläre Manifestationen bekommt, wird man es wohl in den meisten 
Fällen ohne lange Erwägung dabei bewenden lassen, daß man es hier mit Kom- 
plikationen zu tun hat, die vom Virus des Scharlachfiebers oder von dessen 
Toxinen verursacht sind, und ein ähnliches Raisonnement wird man bei anderen 
Infektionskrankheiten, die von Gelenkerscheinungen begleitet sind, geltend 
machen. 

Dagegen hat die Tuberkulose eine Sonderstellung eingenommen, bis 
Poncet auf dem Congrés frangais de chirurgie 1897 als erster mit dieser Frage 
vor die Öffentlichkeit trat. Man wußte zwar, daß tuberkulöse Gelenkaffektionen 
akut und gleichzeitig in mehreren Gelenken anfangen könnten, weshalb auch 
einige Autoren [Bazin (4, Chamorro (10), Chandelux (11), Mauclaire (35), 
Krause (27)] in diesen Fällen vor Verwechselung mit rheumatischer Polyarthritis 
warnten; es ist aber nur eine flüchtige Erwähnung, die dieser Form der Tuber- 
kulose getan wird, und sie wird als sehr selten angesehen [Krause, Jonnesco (23), 
Phocas und Boildieu (45), Verneuil (60). Rovsing (55) hat auf eine seltenere 
Form der akuten Gelenktuberkulose aufmerksam gemacht, nämlich das akute 
Pyarthron im Kindesalter, und in 3 seiner 7 Fälle wurde das Leiden in mehr 
als einem Gelenk gefunden. Es sind jedoch einige Verfasser [Powell (53), 
Mauclaire], die eingesehen haben, daß ein intimerer Zusammenhang zwischen 
Rheumatismus und Tuberkulose sein kann; im ganzen bleiben diese Stimmen 





Ä ZEITSCHR. f. 
404 K. SCHÄFFER. | TUBERKULOSE 


aber unbeachtet. Nicht einmal Bouilly (7), der eine vergleichende Arbeit 
zwischen tuberkulosen, syphilitischen und rheumatischen Arthropathien pu- 
bliziert, erblickt eine solche Verbindung. Zur Tuberkulose wurden nur solche 
Leiden gerechnet, die die für diese charakteristischen pathologisch-anatomischen 
Veränderungen aufwiesen; daB die Tuberkulose aber akute vorübergehende 
Gelenkerscheinungen herbeiführen könnte — in Analogie mit dem, was man 
von anderen akuten und chronischen Infektionskrankheiten kennt — ohne 
spezifische Läsionen nur rein entzündlichen Charakters, war man sich nicht 
bewußt. 

Poncet gebührt das Verdienst, als erster die Auffassung hervorgehoben 
zu haben, daß ein Krankheitsbild, das man früher als rheumatische Polyarthritis 
gedeutet haben würde, eine tuberkulöse Polyarthritis sein könnte. Er betont, 
daß es außer den altbekannten tuberkulösen Gelenkleiden mit den spezifischen 
Veränderungen eine Reihe von Leiden gebe, die von Tuberkulose verursacht 
seien, ohne jedoch pathologisch-anatomisch anderes zu zeigen, als was man bei 
allgemeinen akuten und chronischen Gelenkentzündungen finde. Er hebt ferner 
hervor, daß viele dieser Formen nicht vom Tuberkelbazillus als solchem ver- 
anlaßt seien, sondern von dessen Toxinen, indem er betont, daß der patho- 
logische Prozeß in den Gelenken immer den von den Bazillen hervorgebrachten 
Sekretionsprodukten zu verdanken sei — die Bazillen mögen nun in loco oder 
per distance wirken —, er legt aber besonderes Gewicht auf die letztere Alter- 
native bei diesen Formen der Gelenktuberkulose, mit welchen wir uns hier 
beschäftigen sollen. 

Endlich erwähnt er als eine Möglichkeit in einem Teil der Fälle, daß 
T.B. geringerer Virulenz die Ursachen sein können, und er stützt sich hierbei 
u.a. auf Courmont und Dor (15), welchen es gelang, tuberkulöse Gelenk- 
affcktionen — als einzige Lokalisation der Tuberkulose — hervorzurufen bei 
Kaninchen bei intravenöser Einspritzung mit abgeschwächten T.B.-Kulturen. 


Viele Tatsachen sprechen für die Richtigkeit der Poncetschen Auf- 
fassung. Daß Gelenkaffektionen auf toxischer Basis entstehen können ist außer 
allem Zweifel. Man hat mono- und polyartikuläre Ergüsse nach Serumein- 
spritzungen (Diphtheriserum, Antistreptokokkenserum etc.) gesehen. Bei der 
Behandlung mit dem Marmorekschen Serum haben Viele Gelenkerscheinungen 
beobachtet. Die während des Verlaufes der verschiedenen Infektionskrank- 
heiten auftretenden Gelenkaffektionen dürfen gewiß in vielen Fällen als reine 
. Toxinwirkungen aufgefaßt werden [Riebold (54), Lassance (29). Was die 
Tuberkulose anlangt, ist dies auch in vielen Fällen bewiesen. Die bekannten 
Versuche von Arloing, Rodet und Courmont (1) über das Tuberkulin 
zeigen, daß es Exsudation in die serösen Haute, hierunter auch die Gelenke, 
verursachen kann; und während der Tuberkulinbehandlung sind öfters vorüber- 
gehende seröse Ergüsse in verschiedene Gelenke gesehen worden [Lanne- 
longue (28), Fräntzel und Runkwitz (19), Leichtenstern (31, und letzterer 
betrachtet denn auch diese Fälle als Ergebnis der allgemeinen Tuberkulin- 
intoxikation, als eine Toxinwirkung. 

Der klinische Verlauf der tuberkulosen Polyarthritiden zeugt auch da- 


PDXUTREFTS. — REZIDIVIERENDE TUBERKULOSE POLYARTHRITIS. 405 


von, daß Poncets Anschauung wohl begründet ist. Um dies zu illustrieren, 
werde ich einige im Küstenhospital Refsnäs beobachtete Fälle mitteilen. 
Vorher aber müssen wir auf die Anschauungen Poncets (52) näher ein- 
gehen. Er faßt die Affektionen zusammen .unter dem Namen: rhumatisme 
tuberculeux und teilt sie in 3 Hauptgruppen ein: I. die Arthralgien, 2. die 
akuten und subakuten Arthritiden als rheumatische Polyarthritis verlaufend und 
3. die chronischen Arthritiden, entsprechend den verschiedenen Formen des 
chronischen Gelenkrheumatismus. Die reinen Arthralgien sind nach Poncet 
vielleicht die am häufigsten vorkommende Form; sie zeigen sich als flüchtige 
Gelenkschmerzen ohne objektiv festzustellende Veränderungen; Bewegungen 
verstärken in der Regel den Schmerz und öfters sind die befallenen Gelenke 
empfindlich gegen Druck. Die Arthralgien kommen und schwinden in der 
Regel spontan, springen von einem Gelenk aufs andere und greifen häufig 
mehrere Gelenke gleichzeitig an. Gewöhnlich verlieren sie sich ohne irgend- 
welche Spuren zu hinterlassen, sie können aber auch den Übergang zu den 
nächsten Gruppen bilden, indem Ergüsse in ein oder mehrere Gelenke kommen, 
und man hat damit das Bild, das sich mit der akuten oder subakuten Poly- 
arthritis deckt, die die Grundlage der zweiten Hauptgruppe Poncets bildet, 
oder aber die Schmerzen lokalisieren sich mehr und mehr in einem vereinzelten 
Gelenk, und es entwickelt sich hier eine chronische tuberkulöse Arthritis. 


Die zweite Hauptgruppe, wo sich die Gelenkaffektionen gleich von Anfang 
an mit Erguß in die Gelenkhöhle, Schmerzen, Ódem der periartikulären Weich- 
teile zeigen, oft von Temperaturerhöhungen begleitet, kurz hauptsächlich unter 
dem klinischen Bilde einer rheumatischen Polyartritis, wird nicht so häufig 
beobachtet; gleich dieser aber greift sie vorzugsweise die größeren Artikulationen 
an, ist ebenso springend in ihrem Verlauf und zeigt ebenso starke Tendenz 
zum Rezidivieren. Sie kann vollständig schwinden ohne dauernden Schaden 
zu hinterlassen, aber wie die Arthralgien kann sie sich — nach einem ver- 
einzelten Anfall oder nach Rezidiven — in einem bestimmten Gelenk fixieren, 
chronisch . werden und sich in ihrem weiteren Verlauf wie die vorige Gruppe 
entwickeln. 

Die dritte Hauptgruppe verläuft unter dem bunten Bilde eines chronischen 
Gelenkrheumatismus. Sie kann wie genannt akut anfangen, sich an eine der 
ersteren Gruppen anschließend, oder aber sie kann gleich anfangs einen chro- 
nischen Verlauf annehmen. Hierunter werden Syndromen eingereiht, die klinisch 
den verschiedenen Formen des chronischen Gelenkrheumatismus entsprechen — 
chronische Synovitiden, deformierende und ankylosierende Arthritiden —; die 
gemeinsame ätiologische Grundlage für alle ist aber die Tuberkulose. 

Poncet läßt endlich für alle Formen eine Trennung zwischen den pri- 
mären und sekundären gelten, je nachdem die Gelenkerscheinungen das erste 
Zeichen sind, daß der Patient von Tuberkulose angegriffen ist, oder sie bei 
einem Patienten auftreten, der. schon an manifester Tuberkulose leidet. 

Die Lehre Poncets ist in der Hauptsache auf der klinischen Beobachtung 
basiert, jedenfalls was die chronischen Formen betrifft, wahrend er bei den 
akuten Formen in vielen Fällen sich auf Tuberkulinreaktion stützen kann, ver- 


Á ZEITSCHR. f. 
406 EN K. SCHAFFER. ` | TUBERKULOSE 





einzelt auch auf Tierimpfungen oder auf den Fund spärlicher Tuberkelbazillen 
im Ergusse. 

Seine Anschauungen haben schnell Beifall gewonnen, und seine und seiner 
Schüler Arbeiten haben viele Beiträge zur Beleuchtung der Frage hervor- 
gerufen, und die meisten schließen sich in allem Wesentlichen Poncet an. Am 
meisten hat der Name Streit erweckt. Die meisten sammeln sich um den- 
jenigen von Poncet vorgeschlagenen [Mailland (33) Mouriquand (40), 
Kokoris (25), Laub (30), Barbier (2, Bouveyron (8) etc.] oder ähnliche 
[Nolen (41), Mauclaire (35)], alle deuten sie aber die Ähnlichkeit mit den 
rheumatischen Gelenkleiden an. Fernet (18), Coudray (14), Wiart und 
Coutelas (63) und andere treten dafür ein, Wórter wie rhumatisme, rhuma- 
toid etc. zu vermeiden, sei es, daf sie rein oder mit der Vorsilbe Pseudo- 
benutzt werden, wie sie mehrere [Verny (61), de Cisternes (13)] und übrigens 
auch Poncet (46) selbst hin und wieder anwenden. Um nicht die Begriffe zu 
verwirren ist das gewiß auch das beste; ich habe deshalb als Hauptiiberschrift 
dieses Artikels gewáhlt: tuberkulóse Polyarthritis; wir haben es nicht mit einer 
neuen nosologischen Einheit zu tun — wie es Poncet gern auslegen móchte — 
sondern mit allerdings nur wenig gekannten Phasen der variablen Sympto- 
matologie der tuberkulósen Gelenkaffektionen. 

Wir werden nun unsere Krankengeschichten betrachten. 


Fall 1. Mádchen 13 Jahre. 3.V.76 bis 1.V.77. Keine Disposition. 5 Jahre 
alt Spondylit. lumbal. mit Kongestionsabsze in der rechten Fossa iliaca. Dieser 
Prozeß ist seit ein paar Jahren ruhig. Vor einigen Monaten geschwollene 
Drüsen auf der r. Seite des Halses, einige sind perforiert. Zudem soll sie hin 
und wieder Schwellung und Schmerzen remittierenden Charakters in verschie- 
denen Gelenken (Knie-, Fuß-, Hand- und Ellenbogengelenken) gehabt haben, 
so daß sie von Zeit zu Zeit deswegen das Bett hat hüten müssen. Beim Ein- 
tritt nichts an den Gelenken. 17. IV. Tp. — bis jetzt normal — 38,5 — 37,9. 
Schmerzen in beiden Fußgelenken und im L Handgelenk, spontan und nament- 
lich bei Bewegung, objektiv nichts Abnormes. Es geht so fast ein Monat lang, 
so daß sie ihre Gelenkschmerzen einige Tage hat, wieder einige Tage frei 
davon ist, dann wieder Schmerzen bekommt etc.; zuletzt wurde jedoch die 
Tp. normal, und die Schmerzen verloren sich nach und nach. 8. XII. Tp. normal. 
Schmerzen, spontan und bei Bewegung — im r. Fußgelenk, objektiv nichts zu 
finden; sie hielten ein paar Tage an. Später nichts an den Gelenken. Nichts 
am Herzen. Geheilt entlassen. 

Wir haben also hier eine Patientin — eine alte Spondylitica — die in 
Behandlung wegen tuberkulöser Drüsensuppuration ist, und während des Ver- 
laufes der Krankheit bekommt sie Schmerzen in verschiedenen Gelenken mit 
leichten Temperaturerhöhungen. Es liegen hier reine Arthralgien vor; man ist 
nicht imstande, irgend etwas Abnormes in den befallenen Artikulationen zu 
finden. Die Schmerzen sind kurzdauernd, höchstens von der Dauer einiger 
Tage, halten aber fast einen Monat mit Remissionen und Exazerbationen an. 
Später bekommt sie ein monartikuläres Rezidiv ohne Temperatursteigerung; 
aber gegen das Ende ihres Aufenthaltes, wo ihr Allgemeinbefinden zufrieden- 


BD.XIIL MEFT6. REZIDIVIERENDE TUBERKULOSE POLYARTHRITIS. 407 


stellend ist und die tuberkulósen Leiden, wegen welcher sie ins Hospital ein- 
getreten ist, geheilt sind, zeigen sich die Gelenkaffektionen nicht. 

Fall 2. Knabe 4 J. 22. V. o6—19. VII 08. Mutter und 2 Geschwister 
an Phthisis pulm. gestorben, eine Schwester ist skrophulós. Seine tub. Leiden — 
Spina ventosa mehrerer Finger mit Fisteln, rezidivierende Augenentziindungen — 
fingen vor 2 Jahren an; überdies soll er ein Leiden des L Knie- und Fub- 
gelenkes gehabt haben. Beim Eintritt nichts an den Gelenken. 28. VI. 06 
Tp. 37,7—37,1, klagt über Schmerzen im r. Bein. Es wird Ansammlung im 
r. Fußgelenk gefunden, und forcierte Bewegungen schmerzen; man findet zu- 
gleich ein wenig periartikuláres Ödem um das l. Fußgelenk und Ansammlung 
im 1. Knie. Diese Gelenkerscheinungen verlieren sich nach und nach und sind 
den 6. VII. vollständig geschwunden. 17.11.07 Tp. normal. Hat einige Tage 
über Schmerzen im r. Knie geklagt; erst heute wird ein deutlicher Erguß 
gefunden. Bewegungen fast ohne Schmerzen. Erguß und Schmerzen verlieren 
sich innerhalb 14 Tagen. Später nichts an den Gelenken. Nichts am Herzen. 
Geheilt entlassen. 

Hier ist der Unterschied vom Fall ı nur der, daß ein paarmal Ergüsse 
in einigen der befallenen Gelenke gefunden sind — Tp.-Erhöhungen waren 
doch nicht da — aber auch hier zeigen sich die Gelenkaffektionen nur, während 
die übrigen tuberkulösen Lokalisationen aktiv sind. 

Fall 3 Mädchen 11 J. 3. V. 76—1. VIL 77. 4 Geschwister gleichfalls 
skrophulös. Ihre tuberkulösen Leiden — Drüsengeschwülste am Halse und 
rezidivierende Augenentzündungen — fingen mit dem 2. Jahre an. Hat hin 
und wieder vor dem Eintritt Schmerzen und Schwellungen der Knie- und Fuß- 
gelenke gehabt. Beim Eintritt wird eine kleine Ansammlung in beiden Knien — 
am meisten im r. — und in beiden Fußgelenken gefunden; keine Schmerzen. 
10. V. Tp. 37,6—37,3, Schmerzen im l. Knie mit Zunahme des Ergusses. 
15.V. alle Ergüsse geschwunden. 30. V. Tp. 38,2—37,5, starke Schmerzen im 
l. Knie, hier große Ansammlung, überdies kleine Ansammlung im r. Knie und 
in beiden Fußgelenken. Tp. fällt im Laufe von 2 Tagen zur Norm, die 
Schmerzen verlieren sich auch recht schnell, erst am 30. VI. sind die Ergüsse 
ganz weg. Die letzte Hälfte des Jahres nur selten kurzdauernde Arthralgien. 
Vom 21.1.77 bis zum 5. III. hat sie ohne Tp.-Erhöhung abwechselnd Schmerzen, 
Empfindlichkeit gegen Druck mit und ohne Erguß, teils im l. teils im r. Fuß- 
gelenk, teils in allen beiden gleichzeitig, von kürzeren freien Zwischenräumen 
unterbrochen. Jedesmal sind die Gelenkaffektionen jedoch nur recht kurzdauernd, 
höchstens von der Dauer von ein paar Tagen, die freien Intervalle sind aber 
auch nicht länger. Während des Schlusses des Hospitalaufenthaltes hat sie 
keine Gelenkerscheinungen. Nichts am Herzen. Geheilt entlassen. 


Fall 4. Mädchen g J. 16. VIII. 77—24. VII. 70. Ihre tuberkulösen Leiden — 
multiple Knochenaffektionen, hauptsächlich Ostitis maxill. sup. mit Fisteln — 
fingen mit dem 4. Jahre an. Nach dem Beginn hat sie häufig ,,rheumatische“ 
Affektionen verschiedener Gelenke gehabt. Beim Eintritt wird gefunden: Schmerzen 
bei Bewegung im L Ellenbogen, objektiv nichts; Schmerzen und Ansammlung 
im l. Handgelenk und in den 3 ersten Metakarpophalangealgelenken, Empfind- 


ZEITSCHR. f. 
408 K. SCHÂFFER. = TUBERKULOSE 








lichkeit gegen Druck. 28. VIII. Der Zustand der befallenen Gelenke unver- 
ändert, jetzt auch Schmerzen und Ansammlung im r. Fußgelenk. 17. IX. 
Tp. 38,4—37,5. Starke Schmerzen im r. Schultergelenk, 1. Kniegelenk und 
in der 1. Symph. sacro-iliaca. 20.IX. Keine Schmerzen, keine Ergüsse mehr. 
23.1.— 3.11.78 Schmerzen im r. Hüftgelenk. 4. IL Die Schmerzen im Hüft- 
gelenk abgenommen, dagegen heute Schmerzen und Ansammlung in mehreren 
Fingergelenken und in beiden Ellenbogengelenken. 14. II. Keine Gelenk- 
schmerzen mehr. 21. UL Leichte Tp.-Erhöhung, Schmerzen in der Columna 
cervical., so daß der Kopf steif gehalten wird, und Schmerzen in der Columna 
dorsal. zwischen den Schulterblättern, objektiv nichts Abnormes; die Schmerzen 
dauern hier einen Monat mit wechselnder Intensität an. 3.— 8. XII. Tp. nor- 
mal. Schmerzen mit Ansammlung im r. Ellenbogen und in einigen Finger- 
gelenken der r. Hand, kleine Ansammlung im r. Knie ohne Schmerzen. 
2. IV. 79—15. IV. Leichte Tp.-Erhöhung. Starke Schmerzen und Ansammlung 
in beiden Knie- und Fußgelenken, im r. Handgelenk. Während des Schlusses 
ihres Aufenthaltes hin und wieder flüchtige Arthralgien, allein nie so stark und 
stiirmisch wie früher, auch nicht von Ergussen oder Tp.-Steigerungen begleitet. 
Nichts am Herzen. Wesentlich gebessert entlassen. 


Fall 5. Knabe 13 J. 7. V. 88—6. V. 91. Wird wegen Spondylitis dorsal. 
mit Kongestionsabszeß in der r. Fossa iliaca behandelt, die vor 2 Jahren anfing. 
4.X.88. Tp. nicht höher wie gewöhnlich, Schmerzen und Ansammlung im 
r. Knie, starke Schmerzen bei Bewegung, dauern bis zum 20.X. an. Von 
Dezbr. 88 bis zum April 89 Ansammlung wechselnder Größe, hin und wieder 
mit Schmerzen, im l. Knie, ohne Tp.-Erhöhung. 8. X. 89. Schmerzen mit 
kleiner Ansammlung im r. Knie, nichts mehr im I. 14. X. Jetzt auch Schmerzen 
und Ansammlung im l. Ellenbogen. 21. H.—17. UL 90. Große schmerzfreie 
Ansammlung im l. Knie. 18. HI.—g. VII. Ansammlung, abwechselnd im r. und 
im l. Knie oder gleichzeitig in beiden, ohne Schmerzen, ohne Tp.-Erhöhung. 
30.1.91. Tp. 38,1— 37,3. Wieder kleine Ansammlung ohne Schmerzen im I. Knie. 
2. 11. Wird eine diagnostische Tuberkulininjektion gegeben. 3.11. Tp. 38,3 bis 
39,6— 38,6. Unwohlsein, starker Frostschauer. Die Ansammlung im l. Knie 
ein wenig vergrößert. AU 38,4—38—37,2. Erguß wieder größer. An der 
äußeren Seite des Gelenkes ein kleiner sehr empfindlicher Punkt, der nicht 
früher da gewesen ist. 7. II. Tp. normal. Nirgends Empfindlichkeit, der Erguß 
wieder abgenommen, 12. II. ist der ErguB geschwunden und zeigte sich nicht 
später; auch hatte er keine Symptome von Seiten anderer Gelenke. Nichts am 
Herzen. Geheilt entlassen. 

Diese 3 Krankengeschichten sind ganz interessant. Es handelt sich um 
Patienten, die während der Behandlung wegen verschiedener tuberkulöser 
Leiden wiederholte Anfalle von Gelenkaffektionen bekommen, die hin und 
wieder in groben Zügen das klinische Bild eines akuten Gelenkrheumatismus 
wiedergeben; doch muß bemerkt werden, daß die Tp.-Erhöhungen, die die 
Gelenkerscheinungen begleiten, nicht extreme Grade erreichen, daß die Ergüsse 
ziemlich oft ganz indolent sind, und solchenfalls werden Bewegungen in den 
ergriffenen Gelenken erlaubt in so weiter Ausdehnung wie mit dem vorhan- 


BD.XIIDHEFTB. REZIDIVIERENDE TUBERKULÖSE POLYARTHRITIS. 409 


denen Ergusse möglich. Das Allgemeinbefinden der Patienten war nie so affıziert 
wie bei einem gewöhnlichen Gelenkrheumatismus. Die Gelenkschmerzen waren das 
einzige, das den Patienten Unannehmlichkeiten verursachte. Vor den Anfallen 
ist Angina nie bemerkt worden. Im Fall 5 ist endlich zu bemerken, daß eine 
Tuberkulininjektion — außer einer kräftigen Allgemeinreaktion — eine sehr 
ausgeprägte Lokalreaktion des befallenen Gelenkes ergab, d.h. Zunahme des 
Ergusses mit erheblicher Druckempfindlichkeit an einer kleinen begrenzten 
Partie an der Außenseite des Gelenkes. 

Daß ein Hydarthron tuberkulösen Ursprunges vollständig schwinden kann 
ohne Spuren zu hinterlassen, hat König (26) zuerst erwähnt, und er legt viel 
Gewicht darauf, und alle späteren Verf. schließen sich ihm in diesem Punkte 
an. Daß dies auch der Fall sein kann, selbst wenn Ansammlungen in mehreren 
Gelenken da sind, zeigt außer einigen der vorhergehenden Fälle — das 
folgende Beispiel sehr schön. 


Fall 6. Mädchen g J. 4. XII. 83—3. XII. 84. Ihre Krankheit — multiple 
tuberkulöse Knochenaffektionen — fing vor 5 Jahren an. 22. Ill. werden eine 
große schmerzfreie Ansammlung im r. Knie und eine kleinere im l. gefunden. 
Später während ihres ganzen Aufenthaltes Ansammlung wechselnder Größe 
ohne Schmerzen in beiden Kniegelenken, alternierend mit freien Intervallen, 
jedoch so, daß die Ansammlung im l. Knie gegen das Ende des Aufenthaltes 
hervortretender als an der r. Seite war. Salizyl ohne Einfluß. Nichts am 
Herzen. 

Sie wurde wieder 6 Jahre später hier behandelt (5. V.— 19. XI. 90) wegen 
supp. Lymphdrüsenschwellungen, die 2 Monate vor dem Eintritt angefangen 
hatten. Bis dahin war sie seit dem ersten Aufenthalt gesund gewesen, hatte 
speziell keine Gelenkleiden gehabt; sie hatte obendrein ein Scharlachfieber 
durchgemacht, das ohne Gelenkkomplikationen verlaufen war. Beim 2. Eintritt 
wurden die Kniegelenke vollständig normal gefunden und während dieses 
ihres 2. Aufenthaltes hatte sie überhaupt keine Symptome von Seiten der Gelenke. 
Geheilt entlassen. 

Die Fälle, wo die tuberkulösen Gelenkaffektionen sich schließlich an ein 
bestimmtes Gelenk lokalisieren, nachdem sie sich längere oder kürzere Zeit 
hindurch unter polyartikulären Anfällen manifestiert haben, werden schön von 
den folgenden Krankengeschichten illustriert. 

Fall7. Knabe 12 J. 27.11.83 —30.X%.86. Multiple tub. Knochenaffekt. 
mit Fisteln, die die Exartikulation des 3. und 4. 1. Fingers nötig machen. Vor 
I Jahre begann gleichzeitig mit seinen ossösen Leiden Ansammlung im r. Knie 
mit Schmerzen. Beim Eintritt wird eine Ansammlung im r. Knie nebst 
Schmerzen spontan und bei Bewegung gefunden. Im Anfang Perioden, wo 
das r. Knie nichts Abnormes zeigte, abwechselnd mit schmerzhaften Ansamm- 
lungen variabler Größe; schließlich war der Erguß stetig vorhanden und es 
entwickelte sich ein Tumor albus. Zu gleicher Zeit hatte er aber auch Er- 
scheinungen von anderen Gelenken. 2. VIII. 33. Tp. 37,6—37,4. Schmerzen 
und Ansammlung im l. Ellenbogen, verlieren sich nach und nach binnen einem 
Monat. 10. XI. Wieder Schmerzen und Ansammlung im 1. Ellenbogen. 

Zeitschr. f. Tuberkulose. XIII. 27 





HÁ ZEITSCHR. f. 
410 K. SCHAFFER. ` o dE OS 





26. XI. Die Symptome geschwunden, später hin und wieder ein wenig Schmerzen 
im l. Ellenbogen ohne anderes Abnormes, als daß er nicht vollständig exten- 
deren konnte, solange die Schmerzen dauerten. 21.1. 85. Schmerzen im 
r. Ellenbogen, Druckempfindlichkeit, ein wenig Infiltration der Weichteile auf 
beiden Seiten der Extensorsehne. 6. IJ. Die Schmerzen stärker, deutlicher 
Erguß, sich nach und nach verlierend innerhalb einiger Tage. Später nichts 
an den Ellenbogengelenken. Salizyl ganz ohne EinfluB auf den Verlauf der 
Gelenkaffektionen. Nichts am Herzen. Wesentlich gebessert entlassen. 


Fall 8. Mädchen ol 22. VI o7. 4 Jahre alt hatte sie ,Gelenkrheuma- 
tismus“ und Bronchitis, wurde zu Hause behandelt. Vor 1*/, Jahren im Hos- 
pital wegen Bronchitis, „die Lungen seien angegriffen“. Vor 1 Jahre Schmerzen 
in der L Schulter mit Tp.-Erhöhungen. Danach Wohlbefinden bis vor 3 Monaten, 
als sie Schmerzen im 1. Knie, Schwellung und Empfindlichkeit gegen Druck 
bekam. 14 Tage vor dem Eintritt Schmerzen im |. Hüftgelenk. Beim Eintritt 
nichts an den Gelenken, nichts an den Lungen. 26.VI. Tp. normal. Hinkt 
mit dem r. Beine, Bewegungen in den Hüften ein bißchen eingeschränkt, keine 
Schmerzen dabei. 15.23. VI. Leichte Tp.-Erhóhungen; hat über Schmerzen 
über dem Kreuz und im r. Knie geklagt, nichts Abnormes zu finden. Danach 
hin und wieder Klagen über die r. Hüfte, und es entwickeln sich langsam 
Zeichen einer rechtsseitigen Koxitis, wegen welcher sie noch in der Behandlung 
ist; z. Z. hat sie einen Abszeß an der Vorderseite des Gelenkes. 


Fall 9. Knabe 11 J. 21. XII. 91—+ 18. IV. 93. Vor 1 Jahre Scharlach- 
fieber mit Gelenkkomplikationen — Fingergelenke, l. Knie- und l. Handgelenk —; 
seitdem hat sich eine tuberkulöse Affektion des l. Carpus mit Fisteln entwickelt. 
Zudem findet man beim Eintritt im l. Knie erhebliche Ansammlung mit Ver- 
dickung der Kapsel. Diese zwei Gelenkleiden klingen während des Aufent- 
haltes ab. Er ist die ganze Zeit febril. 3.1 92. Schmerzen in der r. Hüfte, 
das Becken folgt bei jeder Bewegung mit. Die Extremität wird abduziert und 
flektiert gehalten. 22. I. Noch Schmerzen in der r. Hüfte, zudem in der 
r. Schulter. 5. II. Die erwähnten Gelenke frei, dagegen heute starke Schmerzen 
in der l. Hüfte, bei Bewegung folgt das Becken mit. 13. Il. Fortdauernd 
Schmerzen in der L Hüfte, zudem im 1. Ellenbogen, wo kleiner Erguß. 29.11. Jetzt 
auch Ansammlung im r. Knie. Nach und nach entwickeln sich deutliche 
Zeichen einer linksseitigen Koxitis und später bildete sich ein sehr großer 
_ Abszef an der Vorderseite des Gelenkes. Die anderen Gelenkerscheinungen 
dauerten wechselnd an bis zum Tode ohne den Charakter eines chronischen 
tuberkulösen Gelenkleidens anzunehmen. Nichts am Herzen. 

Was wir hier in den letzten 3 Fällen gesehen haben, ist die typische 
Entwickelung einer chronischen tuberkulösen Arthritis, mit Schmerzen und 
Ansammlungen wechselnder Intensität anfangend, von ganz freien Zwischen- 
räumen unterbrochen, bis die Affektion sich fixiert und ihre wahre Natur ent- 
hüllt. Allein diesen Symptomen von dem bestimmten Gelenke parallel laufen 
genau die nämlichen Symptome in anderen Gelenken, nur mit dem Unter- 
schied, daß diese den Lauf nicht vollführen, sondern auf halbem Wege auf- 


BD.XIMHEFTS REZIDIVIERENDE TUBERKULÖSE POLYARTHRITIS. © 411 


hóren und in vielen Fällen definitiv schwinden ohne Spuren an den ergriffenen 
Gelenken zu hinterlassen. 

Fall 8 ist in anderer Beziehung recht interessant, indem wir hier einen 
Fall haben, wo die Gelenkerscheinungen — teils flüchtige Arthralgien, teils 
schmerzhafte Gelenkergüsse — durch längere Zeit das einzige Zeichen sind, 
daß die Patientin krank ist; sie hat jetzt eine rechtsseitige Koxitis, man muß 
aber bemerken, daß das tuberkulöse Leiden sich hier an ein Gelenk lokalisiert 
hat, das zwar der Sitz wechselnder Schmerzen gewesen ist einige Zeit, bevor 
die Koxitis sich diagnostizieren läßt, während sie dagegen oft Schmerzen und 
Ansammlungen in anderen Gelenken gehabt hat, die augenblicklich nichts 
Abnormes aufweisen. Ein ähnliches Verhalten wird sich im folgenden Falle 
finden, der in vielen Punkten sehr interessant ist. 


Fall 10. Mädchen 12 J. 4. V.os. Die letzten 4 Jahre vor dem Eintritt 
rezidivierende Anfälle von Gelenkschmerzen mit Schwellung und Empfindlich- 
keit. Beim Eintritt nichts an den Gelenken. 13. V. 05 Tp. normal. Ein wenig 
Schmerzen im r. Fußgelenk. 7—15. VI. vorübergehende Schmerzen im 1. Knie- 
und r. Fußgelenk, objektiv nichts. 28. VL—2. VII. Schmerzen im l. Handgelenk 
und im r. Kniegelenk, später namentlich in beiden Fußgelenken, beiden Hand- 
gelenken, in der Columna cervical., alies ohne erweisliche Ansammlung. 4. IX. 
Ansammlung im 1. Handgelenk. Später beständig veränderliche und abwech- 
selnde Schmerzen in den verschiedenen Gelenken — den Knie-, Fuß-, Hand- 
gelenken, dem 1. Ellbogen-, dem r. Schultergelenk, einige Mal in der Columna 
cervical., und in den kleinen Fingergelenken oder den Gelenken der Fuß- 
wurzel — teils ohne, teils mit Erguß und partikulärem Odem. Die Haut über 
den befallenen Gelenken ist immer wärmer aber nicht gerötet; in der Regel 
starke Empfindlichkeit gegen Druck, immer Schmerzen bei Bewegung, teils in 
einem vereinzelten Gelenk, teils in wenigen oder vielen zu gleicher Zeit. Hin 
und wieder, besonders wenn viele Gelenke gleichzeitig angegriffen sind, leichte 
Tp.-Steigerungen. Die Schmerzen halten bald einige Tage an, um sich dann 
ganz zu verlieren oder auf andere Gelenke überzugehen, bald nur einige Stunden. 
Große Ansammlungen können im Laufe kurzer Zeit kommen und schwinden, 
so daß man fast die Ansammlungen anwachsen schen kann. In den freien Intervallen 
ist gar nichts Abnormes an den Gelenken zu finden. Salizyl, das öfters gegeben 
worden ist, hat gar keinen Einfluß auf den Verlauf der Gelenkerscheinungen 
gehabt, ebensowenig wie Jodkalium. Cryogenin hat von Zeit zu Zeit einen 
scheinbaren, aber nicht immer konstanten Erfolg gehabt. Ihre anderen tub. 


Leiden — Augenentzündung und Nierentuberkulose — sind wesentlich in den 
Schatten gestellt worden von diesen unberechenbaren und überraschenden 
— von Zeit zu Zeit ganz explosiv auftretenden — akuten polyartikularen An- 


fällen. Ihre Augenleiden sind schon lange ruhig gewesen, und nur einige 

Kornealtrübungen erinnern daran. Das Nierenleiden scheint auch jetzt im Be- 

griff der Erlöschung. Zwar hat sie nur noch höchst selten ein wenig Eiweiß 

im Urin, und spärliche T.B. können mit Zwischenräumen nachgewiesen werden; 

das ist aber nichts gegen früher, wo die Albuminurie lange Zeit hindurch kon- 

stant, ja zweimal, zuletzt vor ı Jahre, von starken Hämaturien begleitet war. 
27* 


ZEITSCHR. f. 
HE Fur | = SCHÂFFER. 8 TUBERKULOSE 


Dieser Besserung entsprechend, die von fortgesetzter Gewichtszunahme und un- 
gestórtem Allgemeinbefinden begleitet wird, sind ihre Gelenkaffektionen die 
letzten Monate auch erheblich weniger hervortretend als früher gewesen. Eine 
Tuberkulininjektion, während dieser Besserungsperiode gegeben, ergab Allgemein- 
reaktion mit Tp. bis zu 39,4, aber keine Reaktion von Seiten der Gelenke 
oder der Nieren. 

Dieser Fall ist auf die beste Weise eine Illustration zu mehreren der 
Verhältnisse, deren ich im vorgehenden Erwähnung getan habe. Erstens hat 
die Patientin häufige Anfälle leichter febriler Polyarthritiden und dazwischen 
Anfälle mono- und oligo-artikulärer schmerzhafter Hypodropsien ohne Fieber 
oder mit leichter Erhöhung der Tp. — alles ohne wesentliche Einwirkung auf 
das Allgemeinbefinden. Endlich hat sie ihre Gelenkerscheinungen gehabt, lange 
Zeit, ehe sie andere Zeichen der Tuberkulose bekommt. Als sie 5 Jahre alt 
war, fingen die Gelenkleiden an, mit dem 6. Jahre bekommt sie skrophulöse 
Augenentzündungen, und 9 Jahre alt bekommt sie eine tuberkulöse Nephritis. Sie 
ist somit das schönste Beispiel, daß eine akute tuberkulöse Polyarthritis die 
erste Äußerungsform der Tuberkulose sein kann, daß sie ein Vorzeichen sein 
kann, daß der Organismus von Tuberkulose angegriffen sei, und das ist ein 
Verhältnis, dessen Bedeutung nicht genug hervorgehoben werden kann. Denn 
wenn derartige Fälle sofort als tuberkulöse erkannt werden, ist viel gewonnen 
Man kann dann unnütze und zeitraubende Versuche mit antirheumatischen 
Therapeuticis ersparen, und indem man die rechte Behandlung instituiert, viel- 
leicht die Patienten aus der Gefahr retten, die immer von einer chronischen 
tuberkulösen Arthritis droht, die Zukunftsperspektive, die sich den Patienten 
öffnet, die an „tuberkulösem Gelenkrheumatismus leiden, wenn es nicht bei- 
zeiten gelingt, der Krankheit den Weg zu vertreten. 


Daß eine akute Polyarthritis die erste klinische Manifestation der Tuber- 
kulose sein kann, daß sie prämonitorisch ist, wird außer bei Poncet bei 
mehreren anderen Verfassern bemerkt [Junés(24), Patel (42), Mailland (34), 
Thevenot (57)] und sie unterstreichen alle, wie außerordentlich wichtig es ist, sofort 
an die Tuberkulose zu denken oder wenigstens, wenn die eingeleitete Therapie, 
die wohl in den meisten Fällen antirheumatisch sein wird, fehlschlägt. Man 
darf sich nicht von der klinischen Symmetrie zwischen den zwei Krankheits- 
bildern irreleiten lassen. „Die Kranken präsentieren sich als Rheumatiker, 
werden aber als Tuberkulöse enthüllt“ [Barbicr(3)]. 

Es herrscht durchgehend Einstimmigkeit darüber, in den allermeisten 
Fällen diese flüchtigen tuberkulösen Arthritiden als toxische zu betrachten. 
Die Einigkeit hört aber auf, sobald die nähere Erklärung, die natürlich rein 
theoretisch ist, gegeben werden soll. Die Annahme, die am meisten Anhänger 
gewonnen und wohl auch am meisten Wahrscheinlichkeit für sich hat, ist die, daß 
die Toxine direkt auf die Synovialis einwirken [Poncet(39) Mohr, Patel(43), 
Mailland, de Brun(9) u. a.), während andere, von Weills/62) Ideen geleitet, 
lieber an eine toxische Einwirkung auf das Zentralnervensystem glauben und 
meinen, einen Haltepunkt für diese Anschauung darin zu finden, daß die Ge- 
lenkerscheinungen oft gleichzeitig in symmetrischen Gelenken auftreten sollen 


BD.XINREFTD. — REZIDIVIERENDE TUBERKULÖSE POLYARTHRITIS. 413 

















(Mouriquand), ein Gedanke, dem Poncet(47) selbst übrigens nicht ganz fremd 
gegenübersteht. Solch eine Symmetrie habe ich jedoch nicht finden können, 
und ich sehe im ganzen den Gedanken des zentralen toxischen Ursprungs als 
Erklärung der Gelenkaffektionen als zu schlecht begründet an, da man wohl dann 
hätte erwarten müssen, gleichzeitig andere Äußerungen als eben die Gelenk- 
symptome allein zu treffen, während diese sehr gut als Folgen einer lokalen 
Toxineinwirkung aufgefaßt werden können. 


Wenn die verschiedenen tuberkulösen Gelenkleiden toxischen Ursprungs 
später in chronische tuberkulöse Arthritiden mit spezifischen Veränderungen 
übergehen, kann das nicht Wunder nehmen und muß so aufgefaßt werden, als 
haben hier die wiederholten Irritationen des Gelenkes, die lokale Toxämie (Mohr), 
einen Locus minoris resistentiae geschaffen, der leicht die Beute einer späteren 
bazillären Invasion wird. Es bildet eine Parallele zur altbekannten Tatsache, 
daß ein tuberkulöses Gelenkleiden sehr oft einer Gelenkaffektion anderen 
Ursprungs auf den Fersen folgt, also eben zu einer Zeit, wo die Wider- 
standsfähigkeit des Gelenkes abgeschwächt ist. Ich erinnere nur an die tuber- 
kulösen Arthritiden, die im Anschluß an die akuten Exanthemkrankheiten mit 
Gelenkkomplikationen entstehen, wie wir es auch in einem meiner Fälle gesehen 
haben (Fall 9). Es ist das ein Verhältnis, das König stark pointiert, indem er 
jedoch in dieser Verbindung davor warnt, ohne Kritik alle Gelenkkomplikationen 
während einer bestimmten Krankheit als dieser absolut entstammend zu nehmen; 
es wird jedoch nur eine Ausnahme sein, zwei verschiedene Krankheiten zu gleicher 
Zeit zu treffen, und deshalb kann man nicht genug unterstreichen, wie wichtig 
es ist, zuerst an das Hauptleiden zu denken — hier also die Tuberkulose — 
wenn Gelenkerscheinungen während dessen Verlauf auftreten, welcher Art sie 
auch sein mögen. 

Was die Diagnose des sogenannten tuberkulösen Gelenkrheumatismus be- 
trifft, muß es zugegeben werden, daß sie in vielen Fällen schwierig ist und zwar 
eben dort, wo eine schnell gestellte Diagnose am meisten Wert haben wird, 
nämlich in den primären Fällen. Man muß jedoch den verschiedenen Ver- 
fassern darin zustimmen, daß die Diagnose selbst unter diesen Verhältnissen 
fast immer wird gestellt werden können, jedenfalls auf dem Wege der Ex- 
klusion. Es werden sich hier vornehmlich dem klassischen rheumatischen Fieber 
gegenüber die Hauptschwierigkeiten darbieten. Hier müssen vor allem die 
familiären und persönlichen Antezedentia des Patienten berücksichtigt werden, 
und wenn einem die Tuberkulose begegnet, dann rückt die Frage ihrer Aus- 
legung näher. Eine Durchlesung der mitgeteilten Krankengeschichten ‘wird 
jedoch zeigen, daß, wenn sie auch in vielen Punkten große Ähnlichkeit mit dem 
Krankheitsbilde eines akuten Gelenkrheumatismus haben, dennoch gewisse Ver- 
schiedenheiten da sind, die zwar nicht jede für sich genommen, schwer ins Ge- 
wicht fallen können, zusammen aber einen gewissen Wert haben. So ist der 
Allgemeinzustand gar nicht oder nur in verhältnismäßig geringem Grade be- 
einflußt gewesen. Die akuten Anfälle sind nicht von Schweiß begleitet gewesen, 
wie man es oft bei gewöhnlichem Gelenkrheumatismus sieht. Primäre Angina 
ist nicht beobachtet worden. Endlich ist in keinem einzigen Fall Endokarditis 


ZEITSCHR. tł. 
TUBERKULOSE 





414 K. SCHÂFFER. 


gefunden worden, ein Umstand, welchem man große Bedeutung beimessen muß, 
besonders in meinen Fällen, die sämtlich Kinder angehen. Bei diesen ist die 
Herzkrankheit bei akutem Gelenkrheumatismus so häufig, daß mehrere Verfasser 
[Hutchinson (22), Henoch(21)] geneigt sind, die Endokarditis als Hauptläsion 
anzusehen. Die Tuberkulose schont allerdings nicht das Herz, und die tuber- 
kulöse Endokarditis ist auch der tuberkulösen Polyarthritis im Kielwasser ge- 
folet (Poncet, Patel); das bleibt aber nur eine Seltenheit. Und wo die Endo- 
karditis bei einer Polyartbritis fehlt — besonders, wenn es wie in meinen Fällen 
Kinder betrifft, und wenn die Gelenkaffektionen ins unendliche rezidivieren — 
darf man sich der Diagnose eines rheumatischen Fiebers sehr skeptisch gegen- 
über stellen. Was aber ferner in Zweifelsfällen den Nagel auf den Kopf trifft, 
ist die vollständige Unwirksamkeit des Salizyls. Eine akute Polyarthritis, die 
nicht auf Salizyl reagiert, ist nicht oder nur höchst unwahrscheinlich klassischer 
Gelenkrheumatismus [Strümpell(56), Lenhartz (32)], und in denjenigen meiner 
Fälle, wo Salizyl angewendet worden ist, hat es auch gar keinen Einfluß auf 
den Verlauf der Gelenkerscheinungen gehabt. 


Den anderen Krankheiten gegenüber, die von ähnlichen Lokalisationen 
an den Gelenken begleitet werden können, wird die Differentialdiagnose leichter 
sein. Die akuten Exanthemen können wohl kaum übersehen werden. Bei 
Syphilis, in deren sekundärem Stadium die Gelenkkomplikationen am häufigsten 
erscheinen — übrigens unter ganz gleichen klinischen Manifestationen — wird 
man eine vorausgehende Primärläsion oder andere syphilitische data in der 
Anamnese verlangen; endlich werden die Gelenkerscheinungen in diesen Fällen 
unter antisyphilitischer Behandlung schwinden, die natürlich dem ,,tuberkulésen 
Rheumatismus“ gegenüber ebenso unwirksam ist wie Salizyl. Endlich muß 
man an die Gonorrhoe denken; in der Regel wird man auch hier die Ent- 
scheidung treffen können, und übrigens hat die Gonorrhoe nur selten poly- 
artikuläre Tendenzen. 

Ein wenig leichter gestaltet sich die Lage, wenn man es mit einem manifest 
tuberkulösen Patienten zu tun hat. Hier empfiehlt es sich — ebensowohl wie 
bei jeder anderen Infektionskrankheit mit Gelenkkomplikationen — zuerst an 
die im voraus anwesende Krankheit zu denken. Es wäre unlogisch, nicht an- 
zunehmen, daß die Tuberkulose auch ,,rheumatoide“ Gelenkerscheinungen her- 
vorrufen könne. 

Noch sind mehrere Hilfsmittel vorhanden, um der Diagnose näher 
zu kommen. Die Tuberkulininjektion wird bei positivem Ausgang, jedenfalls 
wenn sie lokale Reaktion gibt, wie in einem meiner Fälle (Fall 5) und bei 
mehreren anderen [Barbier, Mailland, Milian(38), Harvier(20), Nolen, 
Poncet(48), Edsall und Lavenson(17)] sehr schwer ins Gewicht fallen zu- 
gunsten der Tuberkulose, während dem negativen Resultate nicht der gleiche 
entscheidende Wert im entgegengesetzten Sinne zuerkannt werden kann. Ein 
seltenes Mal ist es Poncet(49) gelungen, T.B. in spärlichen Mengen im Exsudat 
zu finden, aber nur in akuten Fällen; dementsprechend hat ihm die Verimpfung 
des Gelenkinhaltes auf Tiere in einigen Fällen ein positives Resultat gegeben. 
Diese Methoden geben natürlich keine positiven Aufschlüsse, wenn es sich um 


BDXUDREFTO. REZIDIVIERENDE TUBERKULÖSE POLYARTHRITIS. 415 


toxische Gelenkerscheinungen handelt. Die Serum- und die Cytodiagnostik, 
die auch bei diesen Formen herangezogen sind, haben verschiedene Resultate 
in den verschiedenen Händen ergeben; in den meisten Fällen jedoch brauch- 
bare Erläuterungen. 

Einige Verfasser (Verneuil, Peyrot(44), Jonnesco) sind geneigt, das 
Vorkommen des „tuberkulösen Rheumatismus‘“ zu verneinen. Sie haben mit 
der Frage vor Poncet gearbeitet. Sie wollen „Rheumatismus“ und Tuber- 
kulose bei demselben Individuum als Ergebnisse zweier verschiedener Krankheits- 
agensen betrachten, indem sie übrigens stark den Antagonismus zwischen diesen 
zwei Krankheiten hervorheben und sehen deren gleichzeitiges Vorkommen bei 
demselben Individuum als eine große Seltenheit an. Jonnesco teilt einen Fall 
mit, der auch von Verneuil ins Feld geführt wird, betreffend einen jungen 
Phthisiker, der nach mehreren Anfällen von akutem Gelenkrheumatismus ein 
chronisches tuberkulöses Leiden in einem Kniegelenk bekommt, das mit Anky- 
lose endet, und der 3 Jahre später — nach einem wiederholten polyartikulären 
Anfall — einen Tumor albus im anderen Knie bekommt. Hier liegt es nahe, 
das Ganze als Ausschlag der Tuberkulose zu deuten, während Verneuil für 
das zuerst ergriffene Knie die spitzfindige Erklärung aufstellt, daß es der 
Rheumatismus sei, der die akuten Anfälle gebe, danach schlage sich die 
Tuberkulose aufs Gelenk, um wieder mit Rheumatismus abzuschließen, weil es 
nicht zur Suppuration komme, sondern mit „trockener Ankylose‘“ ende. Diese 
Auslegung dieses Falles kann kaum aufrecht erhalten werden, und im Zusammen- 
hang mit dem früher Entwickelten müssen alle diese Symptome zwanglos unter 
die Tuberkulose eingereiht werden können, ohne den Rheumatismus zu Hilfe 
zu nehmen. 

Poncets Auftreten hat doch auch einige opponierende Stimmen hervor- 
gerufen und besonders wider seinen chronischen tuberkulösen Rheumatismus 
wenden sich die Beschwerden [Delcourt(16), Triboulet(59), Ménétrier(37)), 
wogegen die akuten Formen bessere Aufnahme gefunden haben. Ich werde 
hier einen Fall von chronischem deformierendem Rheumatismus unzweifelhaften 
tuberkulösen Ursprungs mitteilen. 

Fall 11. Knabe 8 J. 3. VII. 06. Eltern beide skrophulös als Kinder. 
Mit dem 4. Jahre bekam das Kind skrophulöse Augenentzündungen und acnei- 
forme Tuberkuliden. Mit 5 Jahren begannen seine Gelenkleiden, die sich im 
Laufe der Zeit nach und nach ohne akute Exazerbationen verschlechtert haben. 
Beim Eintritt wird außer indolenten zum Teil deformierenden Drüsenschwel- 
lungen am Halse, Spuren nach dem Augenleiden und Narben nach den Tuber- 
kuliden folgendes gefunden: Beschränkte Beweglichkeit in der r. Schulter und 
Kapselverdickung an der Vorderseite des Gelenkes. Extension des r. Ellen- 
bogens ist etwas behindert, ohne objektiv zu konstantierende Veränderungen 
am Gelenk. Die Beweglichkeit im 1. Ellenbogen ist erheblich behinderter, objektiv 
kann sonst nichts Abnormes gefunden werden. L. Handgelenk ist flektiert mit 
etwas beschränkter Beweglichkeit, dazu ein wenig Schwellung dieses Gelenkes 
und geringer Erguß. Beschränkte Beweglichkeit im r. Handgelenk. Verdickung 
des ersten Interphalangealgelenks des dritten l. Fingers, ebenso des zweiten 


e E ZEITSCHR. f. 
416 | Bene. -TUBERKULOSE 











r. Fingers. R. dritter Finger ist in diesem Gelenk rechtwinklig ankylosiert. Kugel- 
förmige Schwellung beider Kniegelenke und sehr beschränkte Beweglichkeit, 
keine deutliche Ansammlung. Beschränkte Beweglichkeit in beiden Fußgelenken, 
Infiltration der Weichteile um die Knöchel herum. Nichts am Herzen. Er war 
somit beim Eintritt recht hilflos, sein Zustand hat sich aber ganz erheblich ge- 
bessert. Er hat vorübergehende Exazerbationen der Haut und Augenleiden 
gehabt, dagegen ist die Beweglichkeit in die meisten Gelenke zurückgekehrt 
unter energischer Hydrotherapie und Massage, so daß man jetzt nur findet: 
am l. Ellenbogen ein wenig Verdickung der periartikulären Weichteile; er 
kann nicht vollständig extendieren; l. Handgelenk kann nicht dorsal flektiert 
werden, sonst nichts Abnormes. Die Beweglichkeit im r. Handgelenk ein 
klein wenig beschränkt, auf der Dorsalseite ein wenig Infiltration der Weich- 
teile. An der l. Hand ist die Flexion in den zweiten und dritten Meta- 
karpophalangealgelenken etwas behindert. Das erste Interphalangealgelenk des 
dritten rechten Fingers kann nicht vollständig extendiert werden. Absolut 
nichts Abnormes an den anderen Gelenken (Knie- und Fußgelenke, r. Schulter- 
gelenk), die beim Eintritt stark befallen waren. Eine Tuberkulininjektion, die 
gegeben wurde, nachdem die Besserung weit vorgeschritten war, ergab außer 
Allgemeinreaktion — Unwohlsein, Tp. bis über 39° steigend — ein skarlatiniformes 
Exanthem an der Brust und am Rücken, keine Lokalreaktion von Seiten 
seiner verschiedenen tuberkulösen Foci. 


Ich habe keine Gelegenheit gehabt, andere ähnliche Fälle zu beobachten, 
finde es aber nicht unwahrscheinlich, daß die Tuberkulose unter gewissen Um- 
ständen und vielleicht besonders bei geringerer Virulenz, wie es Poncet betont, 
zu plastischen sklerosierenden Prozessen an den Gelenken, entsprechend den 
Schwartenbildungen in der Pleura, im Perikardium etc. Veranlassung geben kann. 


Ebensowenig wie diese letzteren pathalogisch-anatomisch irgend etwas für 
die Tuberkulose Charakteristisches aufweisen, wird die anatomische Untersuchung 
der Gelenkveränderungen bei „tuberkulösem Rheumatismus“ derartiges zeigen. 
Man findet banale inflammatorische Veränderungen in der überwiegenden 
Mehrzahl der Fälle, in seltenen Fällen spärliche miliäre Tuberkeln und Riesen- 
zellen [Poncet und Leriche(51)]. 


Bei den Fällen, wo die Röntgenuntersuchung herangezogen worden ist, 
hat sie bei den akuten Formen keine Erläuterungen geben können. Bei den 
_ chronischen sklerosierenden Formen ist ein Bild gefunden worden, das jeden- 
falls nicht das des allgemeinen chronischen Rheumatismus ist, in der Haupt- 
sache eine Aufhellung der spongiösen Substanz der Epiphysen — stellenweise 
oder mehr zusammenfließend — ein wenig Usur des Knorpels in derjenigen 
Periode, wo sich die Gelenkflächen aneinander anpassen, ehe sie definitiv zu- 
sammenwachsen, dagegen keine Verdickung der Knochen und keine osteo- 
phytischen Ablagerungen [Bérard und Destot(6)]. Barbier(2) und Bentz(5) 
heben gleichfalls den Mangel an ossösen Neoformationen als wichtigen Halte- 
punkt bei der Diagnose des chronischen tuberkulösen Rheumatismus hervor. 
Hier im Küstenhospital Refsnas können wir leider nicht unsere Patienten 


UD.XITBEFTS. — REZIDIVIERENDE TUBERKULÖSE POLYARTHRITIS. 417 
einer Róntgendurchleuchtung unterwerfen, da die Róntgeninstallation noch nicht 
in Betrieb gesetzt ist. 

Über die Prognose kann man sich im allgemeinen nicht aussprechen bei 
einer Symptomenreihe, die die Tuberkulose in allen ihren Äußerungsformen 
begleiten kann. Nur kann man sagen, daß, wenn das Hauptleiden gegen 
Heilung tendiert, die Gelenkerscheinungen auch die besten Aussichten zum 
Schwinden haben werden. Doch ist kein Parallelismus in dem Sinne da, daß 
z. B. eine Verschlimmerung des Hauptleidens auch eine Verschlimmerung der 
Gelenksymptome oder umgekehrt mit sich führt. Ein Verhältnis, das Poncet, 
Thévenot u.a. in einigen Fällen bemerkt haben wollen, daß einer Verschlim- 
merung anderer Symptome z. B. des Hustens und des Auswurfs eine Besserung 
der Gelenkerscheinungen folgte, habe ich nicht finden können. Jedenfalls muß 
die Prognose aber mit Vorsicht gestellt werden, weil der Übergang der akuten 
Fälle in chronische tuberkulöse Arthritiden nicht so ganz selten ist. 


Die Behandlung der akuten tuberkulösen Polyarthritis ist rein sympto- 
matisch, in der Hauptsache gilt es, den Gelenken Ruhe zu verschaffen. Gegen 
die Schmerzen wendet man mit Vorteil heiße Umschläge etc. an. Mit gutem 
Erfolg haben wir hier die Biersche Stauung gebraucht, die als schmerzlinderndes 
Mittel prompt zu wirken scheint, während diese Behandlung keinen sichtbaren 
Einfluß auf die Ergüsse hat. Die verschiedenen Salizylderivate sind ebenso 
wenig wie das Salizyl selbst nützlich in diesen Fällen; dagegen wird von einigen 
[Chatain(12) Thévenot, Poncet(50)] das Cryogenin gepriesen; es wird in 
Dosen von 0,20—0,30 bis zu ı!/, g pro die gegeben. Wir haben nur vorüber- 
gehenden Erfolg davon gesehen. Beim chronischen tuberkulösen Rheumatismus 
muß man sich bestreben, die Ankylose zu vermeiden, und durch Massage, 
Hydrotherapie etc. kann in vielen Fällen die Beweglichkeit der Gelenke mehr 
oder weniger erhalten bleiben. Bei erforderlicher Rücksicht auf die lokalen 
Phänomene muß man jedoch am wesentlichsten seinen Angriff gegen das Haupt- 
leiden, die Tuberkulose, richten, und hier kommt die hygienisch-diätetische 
Behandlung in Verbindung mit passender Hydrotherapie — also die Sanatorien- 
kur — zunächst an die Reihe. 

Die tuberkulöse Polyarthritis kann, wie schon genannt, alle möglichen 
Formen der Tuberkulose begleiten. Nach den meisten Verfassern ist sie anı 
häufigsten bei der Lungentuberkulose, aber auch der Lupus, die chirurgische 
Tuberkulose etc. liefern einen reichlichen Beitrag. Sie kommt in allen Alters- 
klassen vor, Bouveyron meint doch selten bei Kindern, er steht aber recht 
allein mit dieser Meinung, und meine Fälle zeigen zum Überfluß, daß sie nicht 
Stich hält. Etwas anderes ist, daß der „tuberkulöse Rheumatismus“ kaum sehr 
häufig vorkommt. Allerdings geben einige Verfasser hohe Prozentsätze an, 
Trébéneau (58) so bei 17 °/„, ja Bouveyron bei jedem dritten Patienten 
— seine „Statistik“ umfaßt jedoch nur 19 Patienten mit schweren Lupus- 
fällen — die meisten sind aber darin einig, daß der „tuberkulöse Rheuma- 
tismus“ ziemlich selten ist. Darauf weist auch hin, daß ich im Küstenhospital 
Refsnäs außer den mitgeteilten 11 Fällen nur noch 17 Fälle vorgefunden 
habe unter 3335 skrophulo-tuberkulösen Kindern, die durch 32 Jahre hier be- 


ZEITSCHR. 1. 
418 o o: SCHÂFFER. 8 TUBERKULOSE 





handelt worden sind. Aber selbst wenn der sogenannte tuberkulóse Rheuma- 
tismus eine seltene Erscheinung ist, ist es deshalb nicht weniger wichtig, sie 
zu kennen, zu wissen, daß die Tuberkulose unter ihren vielen Äußerungsformen 
auch unter der Maske eines Gelenkrheumatismus auftreten kann und man muß 
die Worte Königs unterschreiben: Die Tuberkulose hat an keinem Organ 
einen typischen Verlauf. 


Zum Schluß den besten Dank meinem verehrten Chef, Herrn Prof. Sche- 
pelern für die Erlaubnis, das Material hier benutzen zu dürfen und für das 
Interesse, das er meiner Arbeit entgegengebracht hat. 


Literatur. 


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BD.XILHEFT6 REZIDIVIERENDE TUBERKULOSE POLYARTHRITIS. 419 

















35) Mauclaire, Des différentes formes d'ostéo-arthrites tub., Paris 1893. 

36) Derselbe, Les arthrites tuberculeuses d'allure rhumatismale ou rhumatoïde. Bull. med. 
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37) Ménétrier, Diskussion in Soc. méd, des hóp., Bull. méd., Mai 1907. 

38) Milian, ibid, 

39) Mohr, Der Gelenkrheumatismus tuberkulösen Ursprungs. Berl. Klinik, Nov. 1904, 
Heft 197. 

40) Mouriquand, Rhumatisme tuberculeux infantile. Gaz. des hóp. 1904, p. 69. 

41) Nolen, Tuberculosis rheumatoides, Geneesk. Bladen 1906, 12. Serie, Nr. 12. Ref. in 
Ztschr. f. Tub. Bd. 10, Heft 6. 

42) Patel, Rhumatisme tuberculeux ou pseudo-rhumatisme bacillaire. Rev. de chir., Déc. 1901. 

43) Derselbe, Rhumatisme tuberculeux chez l’enfant, Gaz. des höp. 1902, p. 399. 

44) Peyrot und Jonnesco, Panaris tuberculeux. Etudes clin. et expér. sur la Tub. Paris 
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45) Phocas et Boeldieu, Tumeur blanche du genou chez l'enfant. Paris 1900. 

46) Poncet, Rhumatisme tuberculeux ou pseudo-rhumatisme d’origine bacillaire. Acad. de 
méd. 23. VII. 1901, Bull. med. 1901, p. 667. 

47) Derselbe, Du rhumatisme tuberculeux. Bull. med. 1902, p. 1057. 

48) Derselbe, Rhumatisme tuberculeux. Soc. méd. des höp., Gaz. des hóp. 1903, p. 822. 

49) Derselbe, Soc. méd. des höp., Bull. med., Mai 1907. 

50) Derselbe, Rhumatisme tuberculeux. Gaz. des höp. 1903, p. 69. 

51) Poncet et Leriche, Anatomie pathologique du rhumatisme tub, etc. Acad. de méd, 
13. III. 1906. Bull, méd. 1906, p. 233. 

52) Poncet et Mailland, Rhumatisme tuberculeux. L'œuvre méd.-chir. (Dr. Critzmann) 
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53) Powell, Essai sur le pseudo-rhumatisme articul. etc. Paris 1878. 

54) Riebold, Uber die Behandlung akuter Arthritiden mit intravenósen Kollargolinj. Jahres- 
ber. d. Ges. f. Natur- u. Heilk. in Dresden, Periode 1905—1906. München 1907. 

55) Rovsing, Über tuberkulöse Arthritis und Ostitis im frühesten Kindesalter. Langenbecks 
Arch. Bd. 53, Berlin 1896. 

56) Strümpell, Spezielle Pathologie und Therapie. Leipzig 1896, Bd. 2, p. 455. 

57) Thévenot, Rhumatisme articulaire tuberculeux etc. Bull. méd. 1903, p. 693. 

58) Trébéneau, Fréquence du rhumatisme tuberculeux. Lyon 1902. Zit. nach Mohr. 

59) Triboulet, Diskussion in Soc, méd. des hóp., Bull. méd., Mai 1907. 

60) Verneuil, Hybridité tuberculo-arthritique. Etudes clin. et expér. sur la Tub., Paris 

1888—90, t. 2, P. 354, 371. 

61) Verny, Pseudo-rhumatisme bacillaire. L'écho méd. du Nord, 9. XII. 1906. 

62) Weill, Des troubles nerveux chez les tuberculeux, Rev, de méd., Juin 1893. 

63) Wiart et Coutelas, Arthropathies tuberculeuses. Rev. de la Tub. 1905, no. 1. 


ZEITSCHR. f. 











ed A 1 tek oe ARI Zn | TUBERKULOSE 
XXX. 
Die Abkürzung der Kurdauer bei Lungenkranken. 
Von 


Landesrat Dr. Althoff, 


Vorsitzender der Landesversicherungsanstalt Westfalen, 


An einem in der Versammlung der Tuberkuloseárzte am 25. Mai 1907 
e 7 erstatteten Referate habe ich durch reichhaltiges statistisches Material 
2 nachgewiesen, daß die Landesversicherungsanstalt Westfalen bei der 
rs von Tuberkulosekranken mit kurzen 6—7 wöchigen Kuren im Bade 
Lippspringe dieselben Dauerresultate erzielt habe, wie mit den üblichen Viertel- 
jahrskuren in den Heilstätten. 

Da mir keine triftigen Gründe ersichtlich sind, weshalb das Bad Lipp- 
springe so erheblich günstigere Ergebnisse zeitigen möchte, als die Heilstätten, 
zumal die eine der zum Vergleich herangezogenen Heilstätten ebenfalls in Lipp- 
springe liegt und sich der gleichen Kurmittel bedient, so habe ich aus obiger 
Wahrnehmung den Schluß gezogen, daß man in den Heilstátten mit solchen 
kurzen Kuren das gleiche erreichen könne, wie im Bad Lippspringe. 

Der einzige Unterschied, welcher sich zwischen den Heilstätten und dem 
Bade Lippspringe gezeigt hatte, bestand darin, daß bei letzterem die Zahl der 
Wiederholungskuren eine größere war, doch ergab sich, daß bei Einrechnung 
aller Wiederholungskuren während der üblichen Beobachtungsdauer von 5 Jahren 
die Gesamtdauer der Kuren bei den Pfleglingen des Bades Lippspringe im 
Durchschnitt doch noch geringer war, als bei den Heilstätten. 

Meine Ausführungen gipfelten deshalb in dem Vorschlage, auch in den 
Heilstätten versuchsweise kurze Kuren einzuführen und später nach Bedarf den 
Kranken Wiederholungskuren zu gewähren. Das habe gleichzeitig den Vorteil, 
daß man — bei Verlegung der Wiederholungskuren möglichst in den Winter — 
auch im Winter die Heilstätten leichter füllen könne und daß im Sommer eine 
größere Anzahl der sich im Übermaß Meldenden in den Heilstätten Platz finden 
könne. Ferner würden die Kranken dankbar dafür sein, wenn sie nicht eine 
so lange Zeit ununterbrochen ihrer Familie und ihrem Wirkungskreis fern zu 
sein brauchten. Endlich würden sich die Durchschnittskosten der Behandlung 
auch bei Gewährung häufigerer Wiederholungen immer noch billiger stellen, 
als beim bisherigen Verfahren, so daß man für die gleichen Geldmittel eine 
größere Anzahl von Kranken behandeln könne. 

Der vorerwähnte Vorschlag fand in der Versammlung eine verschieden- 
artige Beurteilung. Bekämpft wurde er namentlich vom Chefarzt Dr. Roepke, 
Melsungen. Seine mündlichen Ausführungen finden sich ausführlicher in 2 Auf- 
sätzen dieser Zeitschrift Band XI, Heft 1 von 1907, p. 9—26 und p. 134—147: 
„Zur Aufklärung über die Kurerfolge des Bades Lippspringe im Vergleich zu 
denen der Lungenheilstätten“. Dr. Roepke schließt auf p. 25 mit den Worten: 

„Zahlen beweisen und da die hier angegebenen Zahlen die eigenen der 
Landesversicherungsanstalt Westfalen sind, werden wir von ihr eine Revision 
der Behauptung, daß die Dauererfolge in Bad und Heilstätte Lippspringe trotz 





EES ABKÜRZUNG DER KURDAUER. 421 








der lángeren Kurdauer in letzterer die gleichen sind, wohl baldigst erwarten 
dürfen. Die Landesversicherungsanstalt hat mit ihrer zahlenmäfig nicht be- 
gründeten Äußerung der Brunnenadministration in Lippspringe das Mittel zur 
Reklame an die Hand gegeben; sie darf sich nun — ihrem Wunsche gemäß 
belehrt und aufgeklärt — nicht darauf beschränken, die Reklame zu verurteilen, 
sie muß vielmehr ihre früheren Ansichten als den Tatsachen nicht entsprechend 
berichtigen und dadurch der nach Form und Inhalt haltlosen und unwahren 
Reklame der Brunnenadministration auch den Schein des Rechtes entziehen.“ 

Ebenso beginnt er den zweiten Aufsatz (p. 134), indem er die günstigeren 
Kuren von Lippspringe als ‚vermeintliche‘ bezeichnet. 

Diese Behauptungen zwingen zu einer Erwiderung, welche die Landes- 
versicherungsanstalt in ihrem Jahresbericht nicht in genügender Ausführlichkeit 
geben kann. Ich habe damit gewartet, bis entsprechendes Zahlenmaterial für 
ein weiteres Jahr vorliegen würde in der Annahme, daß die Mitteilung des 
Ergebnisses erneuter Untersuchungen in dieser wichtigen Angelegenheit für 
weitere Kreise von Interesse sei. 

Dr. Roepke behauptet gegenüber den Ausführungen des Geschäftsberichtes 
der Landesversicherungsanstalt Westfalen, wonach die Lungenkranken auf die 
Heilstätten und das freie Bad Lippspringe ohne Rücksicht auf die Schwere der 
Erkrankung verteilt werden, daß dem Bade Lippspringe trotzdem ein höherer 
Prozentsatz leichterer Tuberkulosefälle zugehe, als den Heilstätten. Dies ge- 
schehe ohne Zutun der Versicherungsanstalt ganz auf eigenes Betreiben der 
Kranken. Diesen sei nämlich eine Kur im offenen Bade Lippspringe viel an- 
genehmer, als in einer Heilstátte, und zwar aus folgenden Gründen: 1. wegen 
der kürzeren Dauer der Kur, 2. wegen der unumschränkten Freiheit des Bade- 
lebens, 3. wegen des zeitlichen Hineinfallens der Badekur in den Sommer. 
Nun wüßten die Kranken, daß nach Bad Lippspringe nur der nach Erschöpfung 
des Bedarfs der Heilstätten verbleibende Überschuß komme, ein solcher Über- 
schuß sei aber nur im Sommer vorhanden, infolgedessen suchten sie den Antrag 
auf Heilverfahren bis zum Beginne des Sommers hinauszuschieben. 


Zu einer solchen Hinausschiebung seien aber nur diejenigen imstande, 
welche warten könnten, d. h. diejenigen, deren Tuberkulose einen chronischen, 
gutartigen Verlauf habe oder ganz zum Stillstand gekommen sei; ferner solche, 
bei welchen es sich um latente Tuberkuloseformen handele; endlich diejenigen, 
welche nicht tuberkulös seien. Diese hätten beim Warten bis zum Sommer 
alle Aussicht, ins Bad Lippspringe zu kommen, während die prognostisch un- 
günstigeren Kranken nicht auf den Sommer warteten, sondern so bald als 
möglich eine Heilstättenkur gebrauchten. So erfolge die Auswahl der giin- 
stigsten Fälle für Bad Lippspringe von den Versicherten selbst durch den Zeit- 
punkt ihrer Antragstellung. 

M. E. ist diese Beweisführung verfehlt. Mit wem haben wir es denn zu 
tun? Zweifellos doch mit Leuten, welche zu dem traurigen Bewußtsein ge- ` 
kommen sind, daß sie an einer ernsten Krankheit leiden, die zu Siechtum und 
Tod zu führen droht und gleichzeitig Leben und Gesundheit der Angehörigen 
durch Ansteckungsgefahr aufs höchste gefährdet. Kann man annehmen, daß 


422 ALTHOFF. Tsee, € 
ein solcher Kranker nur darauf ausgeht, eine möglichst angenehme Kur durch- 
zumachen, daß er es wagt, Monate lang nichts zur Bekämpfung seiner Krank- 
heit zu tun, nur um im Sommer einen sechswöchigen vergnügten Badeaufenthalt 
zu erlangen? Das heißt, wenn der Zufall ihn unter diejenigen Leute bringt, 
welche nicht in eine der Heilstätten, sondern ins Bad Lippspringe kommen, 
was aber natürlich gar nicht vorauszusehen ist, weil in erster Linie immer die 
Heilstatten mit Kranken bedacht werden. Ob es solche Leute gibt, weiß ich 
nicht, auf keinen Fall bilden sie die Regel. 

Wäre es aber richtig, so wäre wieder nicht zu verstehen, weshalb — 
wie Dr. Roepke meint — die Kranken Lippspringe auch wegen der Kürze 
der Kur so sehr bevorzugen. Geht ihr Streben nach Lippspringe, um sich eine 
recht vergnügte Kur zu machen, so muß sie ihnen doch je länger, je lieber sein. 

Die Annahme Dr. Roepkes kann aber auch schon deshalb nicht zutreffen, 
weil die Versicherten die Grundsätze der Versicherungsanstalt über die Ver- 
teilung der Kranken auf die Heilstätten und Bad Lippspringe gar nicht kennen, 
denn das ist eine Angelegenheit des inneren Geschäftsbetriebes, welche nach 
außen hin nicht bekanntgegeben wird. 

Schließlich ist auch der groe Andrang von Kranken zu Beginn der 
guten Jahreszeit nichts der Landesversicherungsanstalt Westfalen Eigentümliches, 
sondern es wird überall darüber geklagt. 

Sollte es aber trotzdem noch eines Gegenbeweises gegen die Roepkesche 
Behauptung bedürfen, so glaube ich sie durch die zwischenzeitlichen Erfahrungen 
mit Sicherheit widerlegen zu können. Die Versicherungsanstalt hat nämlich, 
um einen möglichst zuverlässigen Vergleich zwischen dem Krankenmaterial 
der Heilstätte Lippspringe und demjenigen des Bades zu ermöglichen, den 
Chefarzt der Heilstätte Lippspringe mit der Sputumuntersuchung bei den Kranken 
des Bades Lippspringe betraut. Dieser Arzt, welcher gleichzeitig das Sputum 
der Heilstättenpfleglinge untersucht, hat nun gefunden, daß von den 418 
Kranken, welche in der hier gerade in Betracht kommenden Zeit vom 23. April 
bis 23. Juli d. J. dem Bade Lippspringe überwiesen wurden, 90 oder 21,5°/, 
Tuberkelbazillen aufwiesen, während bei den 235 in derselben Zeit in die Heil- 
stätte Lippspringe Gelangten nur in 30 Fällen = 12,8%/, Bazillen gefunden wurden. 


Einen weiteren Beweis liefert Dr. Werner zu Lippspringe in seiner kürz- 
lich bei Ferd. Schöningh zu Paderborn erschienenen Schrift: „Lippspringe 
und die Heilstätten“ p. 22. Danach befanden sich 1905 von 80 ihm von 
der Landesversicherungsanstalt Westfalen überwiesenen Kranken 17°}, im L, 
49°/, im IL, 34°/, im IL Stadium, während die Heilstátte bei 507 Fällen für 
das I. Stadium 31°/,, das IL 35%, und das IL 34°/, aufwies. 

Diese Tatsachen dürften zur Genüge beweisen, daß nach Bad 
Lippspringe zum mindesten nicht leichtere Fälle gekommen sind, 
als in die Heilstätte. 

Wenn dann Dr. Roepke als ferneren Grund der Vorliebe für Lippspringe 
„die unbeschränkte Freiheit des Badelebens“ anführt, wenn er „aus seiner Er- 
fahrung“ spricht, von den „unbegrenzten Möglichkeiten, das Kurleben auch 
nach der nicht kurgemäßen Seite zu genießen, frei von allem Zwang einer 


er is ABKÜRZUNG DER KURDAUER. 423 





geregelten Tageseinteilung, einer dosierten Verteilung von Ruhe und Bewegung, 
einer strengen Husten- und Spuckdisziplin, kurz frei von alledem leben zu 
kónnen, was wir als das hygienische Regime im weitesten Sinne des Wortes 
bezeichnen‘, so zeigt sich darin deutlich, wie wenig Dr. Roepke die Ver- 
hältnisse Lippspringes in Wirklichkeit kennt, wenn er auch noch so häufig 
seine persönliche Kenntnis betont. In Wirklichkeit erhalten die Kranken vom 
Arzte genaue Vorschriften über ihr Verhalten, die Versicherungsanstalt hat 
eingehende Kurvorschriften erlassen, endlich sendet sie für die ganze Dauer 
der Saison einen Beamten nach Lippspringe, um ihre Pfleglinge zu beaufsichtigen 
und die Beobachtung der Kurvorschriften zu kontrollieren. 

Daß das Leben immerhin ein freieres ist, als das — nach Dr. Roepke — 
„eintönige, minutiös geregelte und von gesundheitlichen Vorschriften spezieller 
und allgemeiner Natur eingeengte Anstaltsleben‘“, soll keineswegs bestritten 
werden, nach den Kurergebnissen Lippspringes scheint das aber zum mindesten 
kein Nachteil zu sein. 

Doch wozu noch weitere Worte! Es dürfte genügend widerlegt 
sein, daß sich gerade die Leichtkranken ohne Wissen und Willen der 
Landesversicherungsanstalt ins Bad Lippspringe hineinschmuggeln. 


Wichtiger und interessanter dürften die Erfahrungen sein, welche die 
Landesversicherungsanstalt inzwischen im letzten Jahr mit der versuchsweisen 
Einführung kurzer Kuren gemacht hat. 

Lassen wir zunächst die von der Landesversicherungsanstalt Westfalen 
nach ihrem Jahresbericht von 1907 ermittelten Zahlen reden! Die diesem 
Aufsatz angefügte Übersicht gibt einen Vergleich zwischen den von der Landes- 
versicherungsanstalt benutzten Lungenheilstätten bei Lüdenscheid, zu Lippspringe 
und zu Ambrock (bei letzteren, soweit das bei deren kürzerem Bestehen mög- 
lich) und ferner dem freien Bade Lippspringe für die letzten 10 Jahre. Es 
sind einerseits die Erfolge der Behandlung bei der Kurbeendigung (Spalte 
16—18), andererseits der Stand dieser Erfolge nach 5 Jahren bezw. soweit so 
viel Zeit noch nicht verflossen war Ende 1907 (Spalte 19—24) dargestellt. 
Es sind ferner die auf einen Behandlungsfall durchschnittlich entfallenden Kosten 
und Pflegetage berechnet (Spalte 25 u. 26), endlich aber auch die auf jeden 
Kranken insgesamt, d. h. auf alle von ihm in 5 Jahren erhaltenen Kuren, durch- 
schnittlich entfallenden Kosten und Pflegetage (Spalte 27— 30). 

Es ergibt sich nun die interessante Tatsache, daß bei der Heilstätte 
Lüdenscheid die Zahl der Pflegetage im Durchschnitt von 68 im Jahre 1906 
auf 56 im Jahre 1907 herabgegangen ist, daß aber die Mißerfolge nur von 
9,58%/, auf 10,11°/, gestiegen sind. Bei der Heilstátte Ambrock ist die Zahl 
der Pflegetage von 83 auf 58 gesunken, die Zahl der Mißerfolge aber trotzdem 
nicht gestiegen, sondern von 13,83%/, gar auf 8,84°/, gefallen. Bei der Heil- 
stätte Lippspringe ist die Durchschnittsdauer auf 60 Tage stehen geblieben, 
die Zahl der Mißerfolge ebenfalls wenig verändert (10,98°/, gegen 11,87 °/,). 
Bad Lippspringe hatte in beiden Jahren durchschnittlich 41 Pflegetage und 
5,12°/, bezw. 3,43°/, Mißerfolge. 

Es sei hierbei bemerkt, daß die genannten Heilstätten auf Wunsch der 


ZEITSCHR. f. 





Landesversicherungsanstalt im Sommer die Normalkur ebenfalls auf die im 
Bade Lippspringe übliche Zeit von 6—7 Wochen abgekiirzt haben. Dadurch, 
daB im Winter die alte Kurdauer beibehalten wurde, stellte sich die Zahl der 
Pflegetage — auf das ganze Jahr berechnet — immer noch auf 56 bezw. 58 
und 60, gegenüber 41 im Bade Lippspringe, das nur kurze Kuren hatte. 

Erst die kommenden Jahre werden zeigen, ob die Entlassungserfolge in 
demselben Umfange nach den kurzen Kuren — unbeschadet vielleicht etwas 
zahlreicherer Kurwiederholungen — standhalten, wie bei den früheren langen 
Kuren. Für Bad Lippspringe ist dies ja schon seit Jahren erwiesen; und, wenn 
Lippspringe nicht vermöge seiner besonderen Heilmittel etwas vor den Heil- 
stätten voraus hat, so dürften letztere ebenfalls keine Verschlechterung der 
Dauererfolge durch Einführung der kurzen Kuren erfahren. 

In etwa können übrigens schon die Erfahrungen der Heilstätte Lipp- 
springe als Beweis für die Richtigkeit dieser Erwartung dienen, da bei ihr be- 
reits 1905 die Kurdauer nur 61 Tage durchschnittlich betrug (1906 und 1907 
je Co Tage). Wahrend bei den 1902—1904 in „langer“ Kur Behandelten am 
Schlusse des 3. Jahres nach der Behandlung Invalidität bei 40,88°/, bezw. 38,72°/, 
bezw. 37,91°/, bestand, zeigten sich bei den 1905 in „kurzer“ Kur Behandelten 
nach 3 Jahren nur 28,23°/, Invalide. — Ebenso befanden sich unter den 
1902—1904 Behandelten am Ende des 2. Jahres 31,53°/, bezw. 20,21°/, bezw. 
30,33°/, Erwerbsunfähige, dagegen unter den 1905 und 1906 Behandelten nur 
28,22%/, bezw. 21,96%/,. Für den Schluß des Behandlungsjahres endlich er- 
ergeben die Jahre 1902—1904 einen Mißerfolg bei 27,09 bezw. 26,38 bezw. 
27,02°/,; für die Zeit nach Einführung der „kurzen“ Kuren 1905—1907 nur 
22,49°/, bezw. 16,92°/, bezw. 17,51°/, (vgl. Verwaltungsbericht der Landes- 
versicherungsanstalt Westfalen 1907, Anl. 25). 

Wie sieht es hiernach mit den selbstbewußten Ausführungen Dr. Roepkes 
aus? Hat die Landesversicherungsanstalt wirklich „mit ihrer zahlenmäßig nicht 
begründeten Äußerung“ dem Bade Lippspringe das Mittel zu einer „haltlosen 
und unwahren Reklame‘ an die Hand gegeben? Muß sie wirklich „ihre früheren 
Ansichten als den Tatsachen nicht entsprechend berichtigen? Die Landes- 
versicherungsanstalt, deren Ansichten sich auf langjährige Beobachtung einer 
großen Anzahl von Krankheitsfallen stützen, zeigt durch die Aufrechterhaltung 
ihres Standpunktes und die Fortsetzung ihrer Versuche, daß sie sich durch 
die auf zweijährigem Aufenthalt in Lippspringe gegründeten, oft recht unsach- 
lichen Ausführungen Dr. Roepkes nicht „belehrt und aufgeklärt“ fühlt. 


Selbst wenn man die Verbesserung der Resultate ganz auf die 
sorgfältigere Auswahl des Krankenmaterials zurückführen wollte, 
so dürften doch die angeführten Zahlen soviel beweisen, daß wenig- 
stens eine Verschlechterung der Daucrerfolge infolge der Kurverkürzung 
bisher nicht eingetreten ist. 

Wie ist nun diese auffallende Erscheinung zu erklären? Schon in meinem 
vorjahrigen Referate habe ich darauf hingewiesen, daß möglicherweise das Streben 
nach möglichst frühzeitiger Erkenntnis und Behandlung der Tuberkulose dahin 
geführt hat, manche der Tuberkulose nur Verdächtige in die Heilstätte zu 


PP RER ABKÜRZUNG DER KURDAUER. 425 
8 g . SS - 9 





schicken. Diese seien nach Gebrauch einer kurzen Kur einer Heilstátten- 
behandlung nicht mehr bedürftig. Das Kurergebnis sei also nach der kurzen 
Kur bei diesen ebenso günstig, wie nach einer langen. 

Eine andere, sehr interessante Erklärung gibt Dr. med. et phil. Werner, 
Brunnenarzt in Lippspringe, in seiner schon oben erwähnten Schrift. Er war 
in Lippspringe zunächst Chefarzt der Heilstätte und ist jetzt seit mehreren 
Jahren als Badearzt in Lippspringe tätig. Während dieser Zeit hat er genaue 
Beobachtungen angestellt über die Heilmethoden in den Heilstätten und im freien 
Bade Lippspringe und über die in beiden erzielten Erfolge. Er kommt gleichfalls 
zu dem Ergebnis, daß man die Dauer der Kur in Normalfällen auf 6—8 Wochen 
kürzen könne und begründet diese Ansicht im wesentlichen folgendermaßen: 

Nach seiner Meinung setzt sich Lungentuberkulose, die durch Verdichtung 
und Katarrh ausgezeichnet ist, aus einer Doppel- bezw. Mischinfektion zusammen, 
námiich der eigentlichen Lungentuberkulose und einem Bronchialkatarrh. Weder 
die Heilstätten- noch die Lippspringer Behandlung wirkte auf den Tuberkulose- 
herd unmittelbar, sondern beide lediglich auf den zweiten Infektionsherd, die 
Bronchitis. Die Besserung der Bronchitis könne dann indirekt auch zu einer 
bessernden Einwirkung auf die Tuberkulose führen, aber häufig werde auch 
umgekehrt trotz Verminderung des Rasselns — des Symptoms des Bronchial- 
katarrhs — der tuberkulöse Prozeß nicht im geringsten aufgehalten (p. 78, 79). 

Die auf die Bronchitis günstig einwirkenden Faktoren seien bei beiden 
Kuren einmal die Ortsveränderung, dann aber die staubfreie, nicht reizende 
Luft, wozu bei der Lippspringer Kur noch die dortige Trinkkur komme, welche 
schleim- bezw. auswurflósend und hustenlindernd wirke. Daneben werde bei 
beiden Kuren versucht, auf das Herz- und Gefäßsystem sowie den Verdauungs- 
traktus bezw. die Ernährung einzuwirken. 


Nun teilt Dr. Werner weiter die Lungentuberkulose, abgeschen von den 
in Heilung übergehenden Fällen, ihrem klinischen Verlauf nach in 2 Stadien 
ein, das stadium floritionis und das stadium compensationis. Beide Stadien 
zerfallen wieder je nach dem Grade der Toxin- und der Antitoxinproduktion 
in Unterstadien, die man in der bisherigen Weise nach dem lokalen Befunde 
ordnen kónne, wenn ja auch der lokale Befund nicht das einzig Ausschlag- 
gebende sei (p. 82). Es sei nun Aufgabe der Landesversicherungsanstalt etc., 
das Stadium der Kompensation zu erreichen, denn weder die Heilstätten- noch 
die Lippspringer Kur sei imstande, nach Erreichung der Kompensation einen 
weiteren Effekt hervorzubringen (p. 84). 

Das Stadium der Kompensation aber sei in dem Moment erreicht, wo, 
nachdem der bessernde Einfluß der Kur eine bestimmte, mehr oder minder 
lange Zeit sich gezeigt habe, nunmehr der lokale Befund unverändert bleibe, 
wo das Gewicht nicht weiter steige, das Befinden gleich bleibe und etwaige 
weitere Symptome, wie wenig Husten und Auswurf, sich nicht änderten (p. 85). 
In diesem Moment sei dann die Kur als nicht weiter erforderlich abzubrechen. 

Dieser Moment tritt nach Dr. Werners Ansicht bei allen den Fällen, die 
überhaupt in absehbarer Zeit beeinflußbar, also im Sinne der Landesversicherungs- 
anstalten behandlungsfahig sind, in eventuell konstatierbarer Weise in der Heilstätte 

Zeitschr. f. Tuberkulose. XIII. 28 


426 





— 


ALTHOFF. 


ZEITSCHR. f. 
TUBERKULOSE 


C. Vergleichende 





über die in der Volksheilstätte bei Lüdenscheid, der Heilstätte Auguste Viktoria-Stift in 





H 


Bchandlungs-: gesc 


jahr 





I 





1898 
1899 = 
1900 | 
1901 
1902 


1903 
1904 
1905 
1906 
1907 





1898— 1907 | 4086 
1903—1907 „2499 


1902 
1903 
1904 
1005 | 
1906 
1907 


1902—1907 | 1532 
1903—1907 | 1329 


1903 | 
1904 
1905 
1906 
1907 ` | 


1903 — 1907 || 1744 


1898 
1899 
1900 
1901 
1902 





1903 
1904 
1905 
1906 
1907 


1898 —1907 4523 
2926 


1903—1907 


* Vom Jahre 1906 ab Frauen, 























Es wurden 
behandelt (ab- 
hl. Kuren) 
Í Personen 
über- ` et 
haupt | malig 
N 
74 | 70 
240 | 224 
370 319 
427 374 
476 : 422 
447 391 
477 454 
461 | 385 
ot | 390 
613 482 
3511 |. 
| 2102 
| 203 158 
d 
- 235 192 
211 161 
209 ' 170 
"337 260 
337 | 278 
1214 
1056 
SE 
268 | 223 
349 292 
. 441 | 377 
679 | 555 
| 1454 |— 
196 | 166 
276 226 
323 | 229 
431 | 325 
371 : 269 
632 478 
580 427 
594 411 
553 398 
567 398 
3327 
2112 















































































































































| Grad 
Aus Spalte 3 erhielten Wiederholungskuren ER | 
bei der Kurbeendigung 
601} E, | m | ea oO dt insgesamt = A. | B. C. 
SETE Se er ET E 
= | 7 | = = | = | ls | ||] Sa. | "lo Zahl N Zahl | Sie ' Zahl Vo. 
4 | 51617 819 "ou 12 | 13 | 14 | 15 16 | g 17 | | 18 
1. Volksheilstátte bei 
— |91] 7! 5} 2 — —! —' —! —| 25 | 35,71 9 112,16 | 53, 71,62 | 12 16,22 
gan 3 SE 6| 7; —| — — —| 55 |24,55 | 62 25,83 | 1205000| 58 124,17 
—|—| ı!29| 13 7 5| — —¡—l 55 [17,24 | 63 17,03 | 21558,11 | 92 24,86 
Ste —|— | 32| 32, 8 11 —| —| 83 | 22,19 | 66 15,46 | 265 62,06 96 ¡22,48 
= il 2136 11 16 9 — 74 [17,54 | 37 7,17 | 36977,52 70 14,71 
— | — | — | — | —i 2 15 23 12 7| 59 |15,09 | 25| 5,59 .66 81,88 56 12,53 
zai lo ENEE | 31| 27, 18; 77 | 16,96 | 75 15,72 | 34672,54 56 11,74 
— lla — | —: —| — 3 42 32! 77 | 20,00! 57 12,36 | 369 80,05, 35 7,59 
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ses — —|— — — 3 3] 062] 43) 7,02] 5088287 62 10,1 
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—i— ; — | — | —; 2,16 57: 87,102] 264 | 12,56 | 240 | 9,60 2002)80,12 | 257 10,28 
| 2. Heilstátte , Auguste 
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EEE ON ee 3 17| 18 s| 7| — 50 | 31.65 | 47 123,15 136167,00! 20 | 9,85 
—i¡=|— 8 A 9! 30! 15) o 3! 66 34,38] 21 | 8,94 188/80,00 26 11.06 
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Al oe 11 181010126 11706 37 [17,70 134164,12 | 38 '18,18 
- —|—|—_ ~— —| — —| 7,33 40 15,38 | 70 20,78| 227 67,35: 40 11,87 
lll — -| — -| -|-| — | 5011882] 27240 37 1098 
SEI —| 3 26 49 38 52 56 224 |18,45 | 241 115,73 1087|70,95| 204 [13,32 
—¡= =|—|—| 9,31 33) 45, 561174 116,48 | 194 114,60 | 951|71,56 | 184 13,84 
3. Heilstátte Ambrock 
EE mee. = S = 2| —| —| 2/2857] — | — 3142,86) 4 57,14 
—|—|—1—" —' —! 3! 23) 17) 11! 54 |24,22| 3613,43 | 210/78,36| 22 ¡ 8,21 
les ee em — E —| 3| 27 23| 53 |18,15 |124 [35,53] 182/52,15 | 43 [12,32 
— | —|—|—]| —| —! -; —| 2| 40| 42 [11,14 |163 |36,96| 217/49,21 | 61 13,83 
—|-!-1-:— —| S —| —| 8| 8 1,44 |314/46,24| 305/44.92| 60 | 8,84 
I 1-|-1 —| —| 3) 28) 46 82 159 |10,94 [637 |36,52| 917 52,58| 190 ‚10,90 | 
4. Bad 
21451181 9° 6] —| —| —| — —| 80|48,19 | 27 [13,78 | 153[78,06| 16 | 8,16 
—|—,64 18 9 6 — —| —| —| 9714292, 25: 9,06 ne 25 9,06 
PE E 14 16 — —| — 120 62,40] 77 23,84) 220/68,11 | 26 8,05 
= —İÌ—|— 76| 27) 19 10 — —, 132) 40,62] 78 18,10 | 32274,71) 31 | 7,19 
| —|— | S 32110 6 — 140|52,04 | 45 12,13 | 302 81,40 | 24 | 6,47 
— _|_ u —| 1095 a 18, 21| 169 | 35,36 | 98 15,51 | 497/78,64| 37 | 5,85 
le — — | 3117, 21 23 164/38,%1 | 103 17.76 | 458/78,97| 19 | 3,27 
wg — = — od — 3 87| 30 120 | 29,20] 56 | 9,431 504/84,85| 34 , 5,72 
_ ¡=|=|- | — = —| — 2 108, 102 | 25,63] 45 8,1 489'88,43| 19 , 3,43 
= le — — — - I 1, 0,25] 49 | 8,64 ' 48986,24| 20 | 5,12 
2 45 82 91 t18 139 165174 134 175 1125 | 33,81 | 603 113,33 13660/80,92 260 | 5,75 
— — — — — 1 98154:128/175 556 , 26,33 | 351 (12,00 |2437/83,29| 138 | 4.71 























infolgedessen geringere Kosten durch Fortfall der Angehörigenunterstützung in 





BD.XII,HEFT 6. 
1908. 


Ubersicht 


ABKÚRZUNG DER KURDAUER. 








I. à, 


_Elppepringe, der Heilstátte Ambrock und im freien Bade Lippspringe erzielten Dauererfolge. 







































































































































































Im Durch- Auf die behandelten Personen 
der Erwerbsfahigkeit (Spalte 2) schnitt be- | (Spalte 3) entfallen einschließlich 
d . p tragen für Wiederholungskuren 
nach 5 Jahren Ende 1907 cinen Fall Kosten Pflegetage 
l A. | B. ee A | B. 2 C. A EN Gr Insgesamt i sl ins- mE 
Zahl! SL Zahl| 9, Zahl | 9/, (Zahl %, IZahl| °/, Zahl Aaa. LAS cc Má 
19 | 20 | 21 22 | 23 | 24 25 | 26 27 | 28 29 | 30 
Lüdenscheid zu Hellersen. 
21 |28,38| 17 |22,97| 36|48,65| — | — | -- | — | — | — |337 l43| 88 32 229|32| 460 |62| 8 292 |118 
76131,67 | 41 [17,08 | 123 151,25 | — | — | — | — | — | — 1367 oz 91 | 100 592109 449 o7| 24 Ber Ets 
102 21, 57 63 17,03 | 205 55,401 — | — | — | — | — | — [332 |25| 84 | 124 084 173 388 98] 31051 | 97 
130 30,45 | 82 19,20 | 215 150,35 — | — | — | — | — | — [326 |14| 79 150 219 56! 401 [661 35 818 | 93 
161 33,82, 113 (23,74 | 202 142441 — | — | — | — | — | — | 307 |sol 74 | 155 822/67| 369 [25] 36 787 | 87 
159 35,57 112 |25,06 176 139,371 159 |35,57 | 112 [25,06 | 176 39,37 mi 79 | 165 288,37) 422 73) 35 006 | 90 
— | — | — | — | — | — | 163 [34,17 | 134 [28,09 | 180 ¡37,74 339 13 73 | 178 15701 392 42 38 291 | 84 
= ee E A A 40,78 154 33,41 | 119 25,81 | 340 24 72 | 153 782 24 399 |43| 32584 | 85 
— | — |—] — | — | — ]|193|38,52| 198 [39,52 | 110 21,96 | 314 |16| 68 | 135661/26 347 |59| 29 280 | 75 
cle l'es | get | _ 186 ‚30,34 | 327 53,35 100 |16,31 267 |95| 56 | 129 955|75 267 sal. 27 160 | 56 
— | — |- =|=/= —|—|—|-|-|- AE r 299 120 | 85 
— | — | — | — | — 880 35,57 | 925 vas [37,01 685 127,42] 326 |97| 70 | 762 844/63| 362 |91| 162 321 | 77 
Viktoria-8tift“ in Lippspringe. 
i M | 
64 31, 53 | 51 (25,12 | 88 143,351 — | — | — | — | — | — 1295 64 70 60 98579 385 og 14 428 | 91 
69 29,36 Ead 23, 83 110 (46,81 ae „36| 56 23,83 110 46,81 | 205 10 69 | 7602996 395 od 17 664 | 92 
| — | — — o 33,18 | 61 28,91 gef wël, 302 87 70 59 724 66) 370 96! 13685 | 85 
— | — | — — de 35,41 | 76 36,36 | 59 28,23| 266 68| 61 53927|56| 317 [22] 12215 | 72 
— | — | — 113 (33,53 150 44,51 | 74 |21,96 | 226 |57| 60*| 67 903/02) 261 |17| 18000 | 69 
— | — | — — 80 23,74 | 198 58 75 59 | 17, 51 224 |51| 60 61 291 ‘i 224 151] 16 380 | 60 
ES —|—|-|- sé ni Gem = 379 862 22 312 90 92372 | 76 
= D 406 30,55 541 40,71 | 382 ¡28,74 SR 15 64 | 318 876.43 301 ,97| 77944 | 74 
pe, I. i 1903). 
2128,57| — | — 5 71,43 2 ge — | — 5 171,43 | 187 [04' 41 did ee 298 |33 453 | 65 
— | — | — | — — | — |102138,06| 94 |35,07| 72 26,871 370 80 79 | 10241280 459|25| 21 812 | 98 
— | — | — | — | —| — |125/85,82|129/36,96| 95 27,22] 389 |50| 83 | 131 775 301 451 |29] 28 060 | 96 
=|=|=|— | —| — 1716413719 | 167 (37,87 | 110 24,94 | 387 [55| 83 158 027 45 419 [17| 33777 | 90 
Set, Leeft ve — | — 1252 |37.12 | 329 48,45, 98 | 14,43 278 65 58 | 156879 95| 2 282 |67| 32654 | 59 
I-|- |-| - | -| - [645 |36,98| 719 |41,23 | 380 |21, 19 | 322 zu 69 | 551 18378 379 o8| 116 756 | 80 
Lippspringe. 
53 27,04! 39 Veit EIST ==: Pra; Dese res Fe: = 1197191) 39 | 510731591307 [67] 9970 | 59 
65 |23,55| 75 127,17 | 136 149,281 — — | — | — Pa té 227 |77| 41 73933192 327 |14| 13 582 | 60 
97 130,03| 71 21,98 | 155 47,99] — | — | — | — | — | — |238 91| 44 | 80585 271351 |go| 15 500 68 
133 30,86 | 106 24,59 192 4,551 — | — | — | — | — | — [216|—| 45 | 98702147 303 70] 20609 | 63 
105 28,30| 109 es 157 42,321 — | — | — aa Laa] o ET 178| 46 89 100/48 331 23] 18670 | 69 
| | | 
171 127,06 | 213 33,70 | 248 39,24] 171 27,06 | 213 ee 248 [39,24] 213 94 46 | 136613 59: 285 80 29 207 61 
— | — | — | — | — | — F184 31,72 228 i ,31 | 168 (28,97 | 205 59) 44 | 120 328/81) 281 Sol 25 521 | 60 
— | — | — | — | — | — ]|209 [35,19 | 241 |40, 57 144 24.24 | 196 46| 41 | 104 994/21| 255 46] 21771 | 53 
— | — | — | — | — | — | 183 |33,09| 253 [45,75 | 117 [21,16 | 201 31 41 | 101010 —|253 |79| 20 500 | 52 
— —|—|— || — 167 29,45 344 60, 67 Di 9,88 204 | 86 41 81 739 14| 206 |27| 16 359 41 
E — | ei E? — Sg | ER Wee = — | — — | — z sl 938 081148 281 op 191 589 | 58 
— | — | — | — | — | — [914 [31,24 11279 43,71 | 733 [25,05] 204 |43| 43 | 544 685/75, 257 [90] 113 358 | 54 


den meisten Fällen 


und etwas 








geringeren Pflegegesatz. 








28* 





e Gees ZEITSCHR. f. 
428 ALTHOFF, ABKÜRZUNG DER KURDAUER. ce 











in etwa 2 Monaten, in Lippspringe in durchschnittlich 6 Wochen ein. Dr. Werner 
nimmt hierbei auf Grund seiner doppelten Erfahrung als Heilstätten- und Bade- 
arzt an, daß die Beeinflussung des begleitenden Katarrhs in Lippspringe infolge 
der Trinkkur schneller vor sich gehe; auch die Hebung des Appetits und 
überhaupt die Einwirkung auf den Magendarmkanal erfolge dort rascher und 
häufiger infolge der Trinkkur (p. 93, 94). Hierin weicht er von meiner in der 
vorjährigen Tuberkuloseärzteversammlung geäußerten Ansicht ab, wonach der 
Lippspringer Trinkkur eine besondere Heilwirkung wohl nicht innewohne, viel- 
mehr die Lippspringer Erfolge wahrscheinlich auch in den Heilstätten zu er- 
reichen seien. Die Erfahrungen der nächsten Jahre müssen zeigen, ob wirk- 
lich die Lippspringer Kur der Heilstattenkur überlegen ist. 

Es ist hier nicht möglich, auf die sehr inhaltreiche Schrift von Dr. Werner 
noch näher einzugehen. Mit ihr ist jedenfalls der Anfang gemacht, die auf- 
fallenden Erfahrungen der Behandlung in 6—7 wöchentlichen Kuren wissen- 
schaftlich zu ergründen, und es würde eine sehr dankenswerte Aufgabe für die 
Fachmänner sein, nach den Gründen weiterzuforschen. 

Für diejenigen Stellen aber, welche sich mit der Unterbringung 
von Lungenkranken behufs Wiederherstellung ihrer Erwerbsfähig- 
keit befassen und danach trachten müssen, ihr Ziel in möglichst 
kurzer Zeit und mit möglichst geringen Mitteln zu erreichen, ist es 
m. E. eine unabweisbare Pflicht, ernstlich zu prüfen, ob sie nicht Ver- 
suche mit entsprechender Abkürzung der Kurdauer machen wollen, 
wie es die L.-V.-A. Westfalen mit so günstigem Erfolge getan hat. 

Sind doch die Vorteile, welche sich daraus ergeben, von nicht zu unter- 
schätzender Bedeutung. Wie viel mehr Kranke können behandelt werden, wenn 
die Kur fast auf die Hälfte der Zeit herabgesetzt werden kann und die Kur- 
kosten sich entsprechend verringern! Welche wirtschaftlichen Werte können 
durch früheren Wiederantritt der Arbeit erzeugt, wieviel Jammer und Elend in 
den Familien der Pfleglinge dadurch beseitigt oder gemildert werden! Und 
wenn auch wirklich in einer größeren Anzahl von Fällen eine Kurwiederholung 
nötig werden sollte, was bisher zwar nicht erwiesen, aber m. E. wahrscheinlich 
ist, so wird trotzdem an Zeit und Geld gespart werden, die Pfleglinge aber 
werden es mit Freuden begrüßen, wenn sie statt einer langen zwei kurze Kuren, 
wenn auch zusammen von der gleichen Dauer, durchmachen dürfen. 

Was schließlich die Volksheilstätten betrifft, so kann auch ihnen 
die Abkürzung der Kuren, nötigenfalls mit Vermehrung der Wieder- 
holungskuren, nur von Vorteil sein. Wenn sie die Wiederholungs- 
kuren möglichst in den Winter verlegen, so sind sie in der Lage, 
die Kranken mehr als bisher auf das ganze Jahr gleichmäßig zu ver- 
teilen und die bisherigen Klagen der Kranken über zu langes Warten 
im Sommer, die Klagen der Heilstätten über den schwachen Besuch 
ım Winter zu beseitigen. Denn die Einführung kürzerer Kuren ermöglicht 
im Sommer infolge häufigeren Wechsels der Belegung die Unterbringung einer 
größeren Zahl von Kranken, während im Winter die Durchführung der Wieder- 
holungskuren einen regeren Besuch der Heilstätten herbeiführt. 


Ba _RUMPF, UNTERBRINGUNG SCHWERKRANKER ETC. 429 


A AÑ - - — ln ee - 








XXXI. 
Die Unterbringung Schwerkranker und der $ 25 der Invaliden- 
versicherung. 
(Versammlung súdd. Lungenheilanstaltsärzte in Frankfurt a. M., 10—12. Okt. 1908.) 


Von 
Dr. E. Rumpf, Ebersteinburg bei Baden-Baden. 


Meine Herren! 





Toberkulose noch viel cheer als die Behandlung heilbarer Kranker sein 
wiirde, die Schwerkranken aus ihren Familien zu entfernen, wo sie immer eine 
Quelle der Infektion und eine stándige Gefahr der Weiterverbreitung der Krank- 
heit bilden. 

Nichts würde verkehrter sein, als deswegen in den Ruf einzustimmen: 
Die Heilstätten müssen den Schwerkranken geöffnet werden. Die Träger der 
Kosten, die Landesversicherungsanstalten, dürfen dies garnicht laut $ 18 des 
Invalidengesetzes, auf welchen die ganze Heilbehandlung sich gründet. Die 
Heilstätten sind mit Pflegepersonal und allem auf die Pflege vieler Schwer- 
kranker gar nicht eingerichtet. Die Schwerkranken selbst würden die Haupt- 
heilfaktoren der Heilstätte, die Abhärtungskur, Bergspaziergänge, Duschen etc. 
garnicht ausnutzen können. 

Der heilbare Kranke hat ein Recht auf bestmögliche Behandlung. Aber 
auch dem Schwerkranken darf man niemals die Hoffnung rauben, sonst erlebt 
man Erfahrungen wie mit den schönen Invalidenheimen der Versicherungs- 
anstalt Berlin, der Hansastädte u. a. Gleichsam per exclusionem kam ich daher 
in den genannten Aufsätzen zu dem Schluß, daß die Schwerkranken in Kranken- 
häusern unterzubringen seien, wo sie für ihren schwereren Zustand alle Pflege 
finden und auch Hoffnung auf Heilung behalten. 

Für Lungenkranke wird man aber nicht Krankenhäuser im Zentrum 
großer Städte, sondern möglichst kleinere, ländliche Krankenhäuser wählen 
(mit einer Liegehalle im Garten für die nicht dauernd Bettlägerigen) und wird 
ihnen darin die luftigsten, sonnigsten Zimmer einräumen; Sorge für Isolierung, 
Desinfektion etc. ist die Sache der Krankenhausárzte. 

In solche Krankenháuser werden die schwer Lungenkranken nicht schwerer 
zu bringen sein als andere Kranke auch, und sie werden darin bleiben, wenn 
man sie zu halten sucht, wenn sie sehen, daß etwas für’ sie geschieht, wenn 
Heilbehandlung mit ihnen vorgenommen wird. Der Prozentsatz der Lungen- 
kranken, welche in allgemeinen Krankenanstalten, nicht in ihren Wohnungen, 
sterben, muß allmählich immer größer werden; jetzt sind es nur etwa (ef, 





1) Weitere Aufgaben im Kampfe gegen die Tuberkulose. Arztl. Mitteil. aus u. für Baden 
1908, Nr. 15 u. 16. E 

Invalidenversicherung und Tuberkulosebekämpfung. Arztl. Vereinsbl, f. Deutschland. Jg. 1908, 
Nr. 675. 


‘DE | ue ZEITSCHR. t. 
430 RUMPF, UNTERBRINGUNG SCHWERKRANKER ETC. Cette 








Es handelt sich um die allgemeine Propagierung des Grundsatzes: 
Schwerkranke gehóren in Krankenhausbehandlung, um dringliche Ein- 
wirkung in jedem Fall von ungenügender Unterkunft und Pflege und An- 
steckungsgefahr fir die Umgebung, um Zureden und Belehrung durch die 
Arzte, Fürsorgeschwestern, Landestuberkuloseausschiisse etc. 

Möglich ist dies nur, wenn man weiß: In jedem Fall werden die Kosten 
gedeckt. 

Daß bei nichtversicherten, mittellosen Schwerkranken die Kommune für 
die Unterbringung in Krankenhäusern sorgen muß, ist anerkannt. Wird es 
möglich sein, für die große Zahl der Versicherten den $ 25?) für die Unter- 
bringung Schwerkranker nutzbar zu machen, ahnlich wie es bei dem § 18 für 
das Heilstättenwesen in so umfang- und segensreicher Weise geschah? 

Zunächst ist dazu zu sagen, daß die Kosten dafür niemals annähernd 
einen ähnlichen Umfang annehmen werden, und dann suchen einzelne Ver- 
sicherungsanstalten ja jetzt schon seit Jahren ihre Invaliden in Krankenhäusern 
unterzubringen, und gewiß würden andere ebenso dazu bereit sein, so gut wie 
Oldenburg, Hessen, Rheinland u. a. 

Man hat gesagt: Es handelt sich um den Schutz der Allgemeinheit vor 
Seuchengefahr, und dieses ist nicht Sache der Arbeiterversicherung. Der 
Schutz der Allgemeinheit kommt aber doch höchstens mittelbar in Jahrzehnten 
in Frage und zur Geltung, unmittelbar handelt es sich um Aufwendungen für 
den tuberkulösen Invalidenrentner selbst, um seine bessere Unterbringung und 
Pflege und die Bewahrung seiner Familie vor Infektion. 

Aus diesem Gesichtspunkt heraus werden zweifellos diesbezügliche Anträge 
bei der Versicherungsanstalt Gehör finden, jedenfalls wenn andere Träger der 
Kosten der Krankenhausbehandlung nicht vorhanden sind. 

Für die allgemeine Propagierung des Grundsatzes: Schwerkranke gehören 
in Krankenhauspflege, wäre aber eine Erklärung seitens der Versicherungs- 
anstalten sehr förderlich: Wir sind bereit, lediglich gegen Einziehung der Rente, 
wo immer dessen Einwilligung erlangt wird, für jeden tuberkulösen Invaliden- 
rentner die Kosten der Krankenhausbehandlung zu übernehmen, wenn der Arzt 
wegen ungenügender Unterkunft und Pflege und Gefährdung seiner Umgebung 
dies beantragt. ; 

Natiirlich wird es um so leichter sein, die Zustimmung des Kranken zu 
erreichen, wenn man versprechen kann, daf von anderer Seite etwas fir die 
Familie geschieht. 

Zweifellos wiirde die allgemeine Anerkennung und die allmahliche weitere 
Durchfiihrung dieses Grundsatzes einen Schritt vorwárts im Kampfe gegen die 
Tuberkulose bedeuten. 

Schweigend wiirde damit auch der andere Grundsatz anerkannt werden: 
In die Heilstatte gehóren nur heilbare und besserungsfahige Kranke. 


1) $ 25. „Auf Grund statutarischer Bestimmung der Versicherungsanstalt kann der Vorstand 
einem Rentenempfinger auf scinen Antrag an Stelle der Rente Aufnahme in ein Invalidenhaus oder 
ähnliche von Dritten unterhaltene Anstalten auf Kosten der Versicherungsanstalt gewähren, . .* 


t > 
Ss 
== 


BD.XIN EFTS. KURASHIGE, SYMPTOM DER LUNGENTUBERKULOSE. 431 





XXXII. 
Über ein äußeres Symptom der Lungentuberkulose. 


(Aus der Spezialklinik für die Lungentuberkulose der medizinischen Akademie zu 
Osaka, Japan; Direktor Prof. A. Sata.) 


Von 


Teesi Kurashige. 


or einiger Zeit hat Dr. George Siracoff in der „Zeitschrift für Tuber- 
d kulose“ Bd. XI, Heft 5, über „ein wichtiges äußeres Symptom der 
DH beginnenden Lungen- und Bronchialdrüsentuberkulose“ folgender- 
Be berichtet, ausgehend von dem Gesetze von Louis, daß sich die Lungen- 
tuberkulose bei jüngeren Personen, besonders auch Kindern, zuerst in den 





Bronchialdrüsen lokalisiert und event. von dort aus auf die Lunge weiter- 
schreitet. 

„Krönig und Naumann haben darauf aufmerksam gemacht, daß bei 
Schwellung der Bronchialdrüsen und bei Lungentuberkulose die Brustvenen 
gewisse Veränderungen zeigen. Ich möchte nun darauf hinweisen, daß in der- 
artigen Fällen schr oft auch die Temporalvenen erweitert sind und zwar immer 
auf der Seite am stärksten, auf der die Bronchialdrüsen erkrankt sind. Ich 
habe bei vielen der jüngeren Kranken allein aus der Betrachtung der Temporal- 
venen erkennen können, auf welcher Seite die in der ,,Tuberculosis Nr. 5, 
Jahrgang 1907, von Prof. Espine-Genf beschriebenen Veränderungen des 
Stimmfremitus, die bei den Franzosen ,Chuchotement' und Bronchophonie 
genannt werden, zu finden sein würden. Mit absoluter Sicherheit hat sich dies 
jedesmal bestätigt, auch in den Fällen, bei denen diese Fortleitung und Wider- 
hall der lauten, noch besser der Flüsterstimme beiderseits, aber auf der einen 
Seite stärker zu hören war.“ 

Siracoff geht weiter: ..Was die Beschaffenheit, Verästelung etc. der 
Temporalvenen anbetrifft, so findet man bei ihnen einen verschiedenen Verlauf. 
Jedenfalls aber bildet der höhere Grad der Venenausbildung einen Maßstab für 
die Größe des Ilindernisses, d. h. für die Größe der Bronchialdrüsenschwellung. 
Die Sache liegt am klarsten, wenn auf der einen Seite normale, auf der anderen 
Seite stark pathologische Venenbildung zu sehen ist. Weniger zuverlässig aber 
ist der weitergehende Schluß auf Erkrankung der Lunge. Da findet man nicht 
selten doch bei der nachfolgenden Auskultation und Perkussion Veränderungen, auf 
die man aus der Betrachtung der Temporalvenen allein nicht geschlossen hätte.“ 

In letzterer Zeit habe ich nun in unserer Klinik die Gelegenheit gehabt, 
auch bei unseren Kranken die genannten Veränderungen der “T'emporalvenen 
zu betrachten, und zwar das Verhalten der letzteren bei Erwachsenen zu unter- 
suchen. Diese beobachteten Fälle finden sich aber meist nicht im Frühstadium 
der Erkrankung, sondern es handelt sich um den mehr oder weniger vor- 
geschrittenen Stand der Lungenaffektion. 

Die Ergebnisse meiner Untersuchung sind folgende: (Tab. I). 

In dieser Tabelle ist das Krankheitsstadium nach dem Prinzip von 


ZEITSCHR. f. 
TUBERKULOSE 


432 


TEESI KURASHIGE. 





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EIN AUSSERES SYMPTOM DER LUNGENTUBERKULOSE. 


BD.XIILHEFT 6. 


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VERE e ZEITSCHR. 1. 
434 | FRS RURASHITE = TUBERKULOSE 








Turban-Gerhardt eingeteilt, welches in der letztjährigen internationalen Tuber- 
kulosekonferenz einstimmig angenommen wurde. 

Resümieren wir nun das Resultat, so haben wir ọ5 Fälle von Lungen- 
tuberkulose auf einer einzelnen Brustseite. Wenn diese Fälle unter der gemein- 
samen Beziehung, ob in den manifest tuberkulösen Personen die Temporal- 
venen gewisse Veränderungen erfahren haben oder nicht, zusammengefaßt 
werden, so ergibt sich, daß in 89 Fällen resp. bei 93,7%/, die Temporalvenen 
sich einwandsfrei positiv im Sinne Siracoffs verhalten. Es ergeben sich nur 
6 Fälle, bei denen die Venen sich negativ verhalten. 

Wenn man die erwähnten Krankenfälle genau betrachtet, bestätigt sich in 
den betreffenden 40 Fällen, d.h. in Fällen von Lungentuberkulose der Er- 
wachsenen, die Behauptung, die Siracoff ausschließlich für Fälle von Bron- 
chialdrüsentuberkulose der Kinder aufstellt. 

Unter den übrigen 10 Fällen findet man bei 5 (Nr. 8, 12, 13, 32 und 33) 
keine Veränderung der Temporalvenen einseitig oder selbst beiderseitig. Unter 
diesen 5 Fallen aber gibt es 4 Fälle, in welchen, entsprechend dem starken 
Katarrh des rechten Oberlappens, eine leichte Erweiterung der Temporalvenen 
auf derselben Seite vorhanden ist, während keine Veränderung auf der anderen 
Seite sichtbar ist, auf welcher die Lunge von leichtem Katarrh befallen wurde. 
Ich kann also darauf hinweisen, daß die Temporalvenenerweiterung in ein und 
demselben Menschen, ja auch in den genannten 4 Fällen selbst, wie bei andern, 
wohl auf der Seite stärker hervortritt, auf der die Krankheitsprozesse mehr 
vorgeschritten sind. 

In einem anderen Falle aber stellt sich die Veränderung der Venen trotz 
des ziemlich verschlimmerten Prozesses garnicht dar. 

Es ist nicht unnötig hier hinzuzufügen, daß in den oben erwähnten 
5 Fällen auch die Hautvenen im allgemeinen kaum durch die Haut sichtbar 
waren. Was den Grund dieser Tatsache anbelangt, so bin ich berechtigt an- - 
zunehmen, daß die Hautvenen bald in phlegmatischem, bald in anämischem 
Zustand der Kranken undeutlich werden können. In den Fällen also, wo 
Siracoffs Symptom negativ ausfällt, muß die so gut wie immer bestehende 
Undurchscheinbarkeit der Haut stets bemerkt werden. 


In den noch anderen 5 Fällen vom III. Stadium (Nr. 18, 34, 37, 41 und 
48) hingegen sind die Verhältnisse zwischen den Veränderungen der Temporal- 
venen und den Ständen der Erkrankungen unregelmäßig oder selbst umgekehrt. 
Es könnte sich jedoch in noch früheren Stadien der Erkrankung ein regel- 
mäßiges Verhaltnis zeigen, wie in anderen Fällen, denn dieses Verhältnis wird 
im Laufe der Krankheit mehr oder weniger vollständig mit einem andern ver- 
tauscht werden. Das Hindernis des Blutstromes, welches die Veränderung der 
Temporalvenen hervorruft, entwickelt sich nicht parallel mit dem Fortschritt 
des Krankheitsprozesses, sondern es verbleibt in irgendeinem leichten Grad 
oder verschwindet sogar. Denn man sieht in fast allen Fällen des vorgeschrittenen 
III. Stadiums die Temporalvenen durchaus nicht stärker erweitert im Vergleiche 
mit den anderen Fällen von verhältnismäßig früheren Stadien. Ja ich sehe 
sogar keine Erweiterung der Venen in einem Falle vom III. Stadium (Nr. 13), 


A 











BD.XULMEFTO. LIN ÄUSSERES SYMPTOM DER LUNGENTUBERKULOSE, 435 














während andererseits die stark erweiterten und geschlängelten Temporalvenen 
bei vielen vom früheren Stadium beobachtet werden. Der Blutverlust resp. 
die Anámie, die sich gewóhnlich parallel mit der Progredienz der Krankheit 
entwickelt, muß also der Grund dafür sein, daß die genannte Venenerweiterung 
sogar bei mehr vorgeschrittenen Phthisikern niemals stark hervortritt. Vor 
kurzer Zeit berichtete N. J. Strandgaard über den Blutdruck bei der Lungen- 
tuberkulose. Seine tonometrischen Untersuchungen bei vielen Phthisikern 
zeigen, daß der Blutdruck hier niedriger wird,, wenn die Erkrankung weiter 
fortschreitet. 

Angesichts der oben genannten Tatsache vermute ich folgendes: Die 
individuelle Verschiedenheit von dem Grade der Temporalvenenerweiterung 
scheint mir von dem Fortschritt der Krankheit unabhängig, und nur von den 
Individualitäten — mögen es die der Blutgefäße oder der Hautsein — abhängig zu 
sein. Ferner ist auch der Grad der gegenseitigen Temporalvenenerweiterung 
bei vielen Kranken vom III. Stadium unabhängig von dem Krankheitsprozesse 
auf einer einzelnen Brustseite. Deshalb kann die Stärke dieses Symptoms 
keineswegs den Grad des Prozesses der verschiedenen Erkrankten zeigen, ob- 
wohl sie den Grad dis gegenseitigen Prozesses auf demselben Kranken vom 
verhältnismäßig früheren Stadium zeigt. 

Was das Verhalten der Temporalvenen des gesunden Menschen anbetrifit, 
so kann ich darüber nichts Bestimmtes sagen, ob sie sich stets im Sinne 
Siracoffs negativ verhalten oder nicht, denn ich hatte nie Gelegenheit, dies 
bei den Gesunden zu betrachten. 

Leider kann ich also nichts über die Bedeutung dieses Symptoms für 
das frühere Zeichen der Lungentuberkulose der Erwachsenen sagen. Wenigstens 
aber bin ich berechtigt zu behaupten, daß die Beschreibung von Siracoff 
über die Temporalvenen tuberkulöser Kinder auch in Fällen von Lungentuber- 
kulose der erwachsenen Menschen, aber nur in bezug auf das Vorkommen des 
Symptoms und nicht auf die Bedeutung desselben, zuverlässig ist. 

Die folgende Tabelle II, die ich nach der vorliegenden Arbeit zusammen- 
stellte, bildet auch einen Beleg für meine Anschauungen. Ich will hier auf 
diese Tabelle nicht weiter eingehen, da die Ergebnisse .derselben fast ganz 
gleich der vorstehenden sind. Vergleicht man in der einzelnen Tabelle die 
Resultate untereinander und dann die beiden Tabellen gegenseitig, so erweist 
sich dies zur sicheren Erkenntnis meiner Angabe als geeignet. (Tabelle II.) 


Schlußfolgerungen: 

1. In fast allen Fällen (ca. 93%/,) von Lungentuberkulose der erwachsenen 
Menschen findet man die Erweiterung der Temporalvenen auf der der Affektion 
entsprechenden Seite. 7 

2. Das Ausbleiben dieses Symptomes hängt wahrscheinlich in hohem 
MaBe von den individuellen Eigenschaften und dem allgemeinen Zustand ab. 

3. Die Temporalvenenerweiterung bei ein und demselben Menschen ist 
starker auf der mehr vorgeschrittenen Scite als auf der andern. 


ZEITSCHR. f. 
TUBERKULOSE 





TEESI KURASHIGE. 















































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SSERES SYMPTOM DER LUNGENTUBERKULOSE. 


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4. Diese Tatsache ist aber nicht immer mafgebend; im III. Stadium der 
Krankheit ist es ófters unzutreffend, bisweilen auch das gerade Gegenteil 
der Fall. 

5. Die individuelle Verschiedenheit der Stárke dieses Symptoms ist eben- 
falls von den individuellen Eigenschaften und dem allgemeinen Zustand ab- 
hängig, aber nicht von dem Krankheitsprozesse. 

Hiernach werde ich weiter diesem Symptome meine Aufmerksamkeit 
schenken und voraussichtlich später noch eine genauere Arbeit veróffentlichen. 


BD.XULHEFT. EE ES 
ie. HONJIO, KONGENITALE TUBERKULOSE. 439 








XXXIII. 
Ein Fall von kongenitaler Tuberkulose. 


(Aus dem pathologischen Institut der medizinischen Hochschule zu Osaka, Japan. 
Dircktor: Prof. A. Sata.) 


Von 
Dr. W. Honjio. 





enn auch die Übertragung der Tuberkulose von der Mutter auf den 
JA i Fötus als eine Seltenheit betrachtet werden muß, so sind doch in den 

I] letzteren Jahren eine große Reihe von unzweifelhaften Fallen dieser’ Art 
publiziert worden, und damit ist die Möglichkeit einer intrauterinen Infektion 
der Tuberkulose außer Zweifel gestellt. 

Eine solche unzweifelhafte Infektion — eigentlich kongenitale Tuber- 
kulose — wurde bei den totgeborenen Föten oder mehrtägigen Neugeborenen 
von Charrin in ı Fall, von Merkel in ı Fall, von Denne in 2 Fällen, von 
Schmorl und Birch-Hirschfeld in ı Fall, von Aviragnet in ı Fall, von 
Hochsinger in 3 Fällen, von Honl in ı Fall, von Bugge in ı Fall, von 
Arche und Chambrelent in ı Fall, von Lebkuechner in 2 Fällen, von 
Heitz in 1 Fall, von Vesprémi in 1 Fall mitgeteilt. 

Bei einer solchen Infektion wurde in mehreren Fällen die Tuberkulose 
der Plazenta festgestellt, z. B. ı5 Fälle von Schmorl und seinen Mitarbeitern, 
2 Fälle von Lehmann, 1 Fall von Aviragnet, 1 Fall von Arche und Cham- 
brelent, 1 Fall von Runge, 1 Fall von Carl. 

Aber hinsichtlich der einzelnen Fälle, in welchen sowohl in der Plazenta 
wie auch in den kindlichen Organen die tuberkulósen Veränderungen oder 
Tuberkelbazillen aufzuweisen sind, und danach der Infektionsweg nachweisbar 
ist, móchte ich nur auf die eingehenden Untersuchungen von Schmorl und 
Birch-Hirschfeld, Aviragnet und Arché und Chambrelent hinweisen. 

Also sind Fälle, in welchen eine kongenitale Tuberkulose des Fötus 
sicherlich nachweisbar und der Infektionsweg mit Sicherheit festgestellt worden 
ist, noch sehr spärlich. 

Es wird von Interesse sein, wenn ich im folgenden einen Fall mitteile, 
in welchem nicht nur in der Plazenta, sondern auch im Fötus tuberkulöse 
Veränderungen nebst Tuberkelbazillen nachgewiesen worden sind. 

Der Fall betrifft eine 35 jährige Frau G. T. aus Osaka. Sie kam den 
6. Oktober 1906 wegen Übelkeit, Erbrechens und Brustschmerzen in die medi- 
zinische Klinik. 

Anamnese: Eltern, Geschwister und 3 Kinder gesund, hereditäre Belastung 
nicht nachweisbar. Die Patientin war früher gesund, seit März d. J. hatte sie 
Husten, Auswurf, Appetitlosigkeit nebst einer allmählich zunehmenden Abmage- 
rung; letzte Menses am 10. Juli. 

Status praesens: kräftiger Körperbau, schlechte Ernährung, blasse Haut- 
farbe, Körpertemperatur 36,5 °C. 

Brustbefund: Spitzenstoß an der V. Rippe innerhalb der Papillarlinie, 


440 W, HONJIO. TUBERKULOSE 
zweiter Pulmonalton verstärkt. Beide Spitzen, besonders rechts, sehr verkiirzter 
Schall mit rauhem Atemgeráusch, rechts spärliche Rasselgeráusche. 

Magengegend sehr empfindlich. Nabelgegend und Unterleib rechts em- 
pfindlich. Kot mit reichlichen Eiern von Ascaris lumbricoides. Harn normal. 

Seit der Aufnahme in die medizinische Klinik schritten allgemeine Sym- 
ptome von Tag zu Tag vor, und dann zeigten sich ausgesprochene Zeichen 
der vorgeschrittenen Lungenphthise und Darmtuberkulose; Fieber schwankt in 
35,5—38,8°C fortwährend. Den 30. November gegen 3 Uhr nachts (56 Tage 
nach der Aufnahme) fanden leichte Wehen statt, darauf folgten Blasen- 
sprengung und Blutungen; aber in der Blutmasse waren weder Fötus noch 
Plazenta vorhanden. Um ı Uhr nachmittags desselben Tages tritt der Exitus 
unter zunehmender Somnolenz ein. | 

Klinische Diagnose: Tuberculosis pulmonalis et intestinalis; 5 Monate der 
Gravidität. | 

Sektionsbefund. 

A. Sektionsbefund der Mutter ist kurz folgender: (2 Stunden nach dem 
Tode wurde die Leiche seziert. An der Epiglottis und Glottis finden sich 
kleine seichte tuberkulöse Geschwüre. 

Rechte Lunge zeigt fibröse Verwachsung an der Oberfläche. Beide 
Lungen sind von zahlreichen gelblich-weißen Knoten in verschiedener Größe 
durchsetzt; im Ober- und Unterlappen beiderseits zahlreiche erbsen- bis taubenei- 
große Kavernen mit käsigem Inhalt sichtbar. 

Im Ileum unteren Teils, im Kökum und Kolon befinden sich mehrere 
tuberkulöse Geschwüre verschiedener Größe, und zahlreiche Knötchen an der 
der Serosa entsprechenden Stelle. 

Miliare Tuberkel in der Milz, Leber und in der rechten Niere. 

Bronchial-, Mesenterial-, Retroperitoneal-, Halsdrüsen und Lymphdrüsen 
amı Leberhilus sind ebenfalls bohnengroß vergrößert, induriert und deutlich verkäst. 

Uterus: Größe 11: 10:7; an der Oberfläche des Fundus uteri weisen sich zwei 
submiliare bis hanfkorngroße, gelbliche, knötchenförmige Verdickungen auf. 
An der Scheide ist zuerst der Kopf des Fötus sichtbar, dann im Uterusinnern 
eine ganz abgelöste l’lazenta. Die Innenfläche des Uterus zeigt ein puerperales 
Aussehen ohne nennenswerte Veränderung. Die Scheidenschleimhaut stark 
injiziert. An den Ovarien und Tuben findet sich nichts Besonderes. 

Plazenta zeigt keine makroskopische Veränderung auf den beiden Flächen; 
Beim schichtweisen Durchschneiden durch die ganze Plazenta wurde ein hanf- 
korngroßer abgegrenzter grauer Knoten gefunden, welcher nahe am Rande 
liegt und den Tuberkeln ähnelt. Außerdem sind mehrere miliar bis submiliare 
gelbliche Knötchen disseminiert. An der Nabelschnur nichts Besonderes nach- 
weisbar. 

B. Sektionsbcfund des Fôtus. 24 cm langer, gut entwickelter Fötus mann- 
lichen Geschlechts; Totenflecke deutlich ausgesprochen; kein Zeichen von Maze- 
ration. Situs visecrum normal, in der Bauchhóhle nicht Besonderes; Mesen- 
terium sehr hyperamisch. Herz intakt. Lungen und Milz reich an Blut. Leber 
sehr spröde, blutreich, makroskopisch findet sich keine tuberkulöse Veränderung. 


BD.XIILHEFT 6. 
1408. 


KONGENITALE TUBERKULOSE. 441 











Nieren weich, blutreich; Kapsel schwer abziehbar, Parenchym ctwas trübe, 
keine Tuberkel darin zu sehen. Magen und Darm zeigen sich völlig normal. 

Zwei Retroperitonealdrüsen sind reiskorngroß vergrößert, deren Ober- 
fläche gelblich-weiß, Schnittfläche deutlich verkäst. 

Bronchial-, Mesenterialdrüsen und Lymphdrüsen am Leberhilus sind eben- 
falls mehr oder weniger vergrößert, keine tuberkulöse Veränderung. 

Um genaue Sektionsbefunde zu erhalten, wurden verschiedene Organe 
mikroskopisch untersucht und ferner ein Stück der Plazenta und das einer 
fötalen Retroperitonealdrüse Versuchstieren eingeimpft. 

Zwecks mikroskopischer Untersuchung habe ich mehrere Stücke der 
mütterlichen und fötalen Organe nach der Fixierung (Kaiserling) und Zelluloid- 
einbettung in Schnitten zerlegt und dann mit verschiedenen Färbungen auch 
nach Ziehl-Nielsen behandelt. 


Mikroskopische Untersuchung. 

a) Organe der Mutter. In den beiden Lungen, besonders rechts, 
zeigt sich einerseits das Bild der typischen Lungentuberkulose mit einer aus- 
gedehnten interstitiellen, vorwiegend rundzelligen Infiltration nebst Bindegewebs- 
wucherung, andererseits findet sich eine reichliche Epitheldesquamation und 
Leukocytenansammlung. An demselben Herde lassen sich überall massenhafte 
Tuberkelbazillen nachweisen. 

In der Milz, der Leber und der rechten Niere sind ebenfalls miliare 
Tuberkel mit käsigem Zentrum, Langhansschen Riesenzellen, und vielen 
Tuberkelbazillen erkennbar; auch typische tuberkulöse Veränderungen mit 
Tuberkelbazillen in der lleokókalgegend und in den Bronchial- und Mcsenterial- 
driisen. 

An einer Gefäßwand in der Muskelschicht von Rundzellen und von 
Erythrocyten, die unmittelbar dem Gefaflumen aufsitzen, ist die große Anzahl 
der Tuberkelbazillen sowohl in demselben Ilerde, als auch im Blut der anderen 
verschiedenen Gefäße nachweisbar. 

b) Plazenta und Nabelschnur. Kleine Stücke aus verschiedenen 
Stellen der Plazenta wurden zwecks mikroskopischer Untersuchung heraus- 
geschnitten. In den Schnittpräparaten von den makroskopisch verdächtigen 
Stellen findet man fötalwärts nahe an der Basalplatte eine käsige Partie mit 
Blutung, welche im käsigen Zentrum und dessen Umgebung zu finden ist. Ferner 
findet sich ein käsiger Herd sowohl in der Basalplatte wie auch in der Plazenta 
foetalis, und dieser käsige Herd ist scharf begrenzt durch ein lamelles Binde- 
gewebe und enthält eine spärliche Anzahl von Tuberkelbazillen im käsigen 
Zentrum, während in den peripherischen Rundzellenherden zahlreiche Tuberkel- 
bazillen zu finden sind. 

Schnitte von anderer Stelle !) erweisen in benachbarter Schicht der Plazenta 
foetalis kleinzellige Infiltration nebst hochgradiger Bindegewebswucherung mit 
zerstreuten Erythrocyten und fibrinähnlicher Masse. Weitere Schnitte von den 
übrigen Stellen zeigen außer einigen Tubcrkelbazillen viele Diplokokken und 


1) Makroskopisch gelblich durchscheinende Stelle. 
Zeitschr. f. Tuberkulose. XIIL 29 


ZEITSCHR. f. 
442 W. HONJIO. o TUBERKULOSE 








andere Bazillen in intervillösen Räumen. Hier darf ich jedoch nicht außer acht 
lassen, daß ich trotz genauer Verfolgung nirgends tuberkulöse Herde an der 
Oberfläche der Zotten finden konnte, wie sie Schmorl, Kockel und Runge 
beschrieben, und daß keine Riesenzellen an den oben beschriebenen Herden 
nachzuweisen sind. 

Nabelschnur. Durch eine genaue planmäßige Untersuchung konnte man 
keine tuberkulöse Veränderung entdecken, aber 2 Tuberkelbazillen wurden 
zwischen den roten Blutkörperchen im Lumen von Arteria umbilicales 
gefunden. 

c) Organe des Fötus. Retroperitonealdrüsen. Das Gewebe erscheint 
im allgemeinen zellenarm; die Struktur des Sekundärknötchens ist größtenteils 
nicht mehr wahrnehmbar, und man findet daselbst einen körnigen Detritus und 
geringe Anzahl von Epitheloidzellen; Tuberkelbazillen erwiesen sich zwischen 
den Zellen in groBer Menge. 

Die Untersuchung mehrerer Schnitte an verschiedenen Gegenden der 
Leber ergibt das Bild einer parenchymatösen Degeneration, und nur ein Stück 
von Tuberkelbazillen wurde in den Kapillaren der Leberacini gefunden. 

Die Nieren zeigen parenchymatöse Degeneration, sowie Tuberkelbazillen 
in Kapillaren des Interstitiums. 

In der Lunge, Milz und anderen Lymphdrüsen konnten weder Tuberkel, 
noch Tuberkelbazillen nachgewiesen werden. 


Tierversuch. 

Eine angeschwollene Retroperitonealdrüse wurde als Ganzes heraus- 
genommen und erst 20 Minuten lang in 5%, iger Karbollösung, dann in 
0,5°/,iger Kalilauge abgespült, endlich in sterile, physiologische Kochsalz- 
lösung übertragen. Die so behandelte Drüse wurde unter allen aseptischen 
Kautelen in einer steilen Schale zerrieben. Ein sogleich von dieser Masse 
angefertigtes Ausstrichpräparat zeigte einige sichere Tuberkelbazillen. 

Ferner wurde diese Masse einem Meerschweinchen subkutan am Bauche 
eingeimpft, und unter allen Kautelen der Asepsis die Wunde wieder vernäht. 
Der Sektionsbefund des 29 Tage nach der Impfung getöteten Tieres ist 
folgender: i 

Die Impfstelle infiltriert; die regionären Lymphdrüsen etwas vergrößert, 
besonders Inguinaldrüsen linsengroß. In der Milz sind einige miliare Tuberkel; 
in Schnittpräparaten, die von allen Lymphdrüsen und der Milz angefertigt 
worden sind, fand man eine histologisch typische tuberkulöse Veränderung mit 
großer Anzahl Tuberkelbazillen. 

Ein anderes Tier, welches auf die oben beschriebene Weise mit einem 
Stückchen der Plazenta eingeimpft worden ist, ging eine Woche nach der 
Impfung ohne positives Resultat zugrunde. Die Ausstrichpräparate von der 
Impfstelle, vom Herzblut und von der Milz wiesen mehrere Diplokokken und 
Pneumobazillen ähnliche Bazillen auf. 

Epikrise. 

Wenn ich nun die oben erwähnten Befunde zusammenfasse, so ergibt 

sich kurz folgendes: 


NÉE du KONGENITALE TUBERKULOSE. 443 





1. Bei der Sektion eines Fótus von 3 monatlicher Graviditát, dessen 
Mutter an Lungen- und Darmtuberkulose nebst allgemeiner Miliartuberkulose 
zugrunde gegangen war, findet man die Retroperitonealdrüsen reiskorngroß 
vergrößert. 

2. Die Veränderung der fötalen Retroperitoncaldrüsen wurden sowohl 
durch histologische Untersuchung als auch durch Impfversuche als Tuberkulose 
nachgewiesen. | 

3. Ferner stellte man auch histologisch in den fötalen Organen Tuberkel- 
bazillen fest, außerdem in der Leber und den Nieren eine parenchymatöse 
Veränderung. 

4. Was die Plazenta anbelangt, so hat es den Anschein, als ob der 
tuberkulüse Prozeß erst in der Decidua basalis Platz genommen hätte, und dann 
in die benachbarte Schicht der Placenta foetalis übergegangen wäre. 

5. Bezüglich des Infektionsweges der Tuberkulose auf den Fötus im vor- 
liegenden Falle ist es zweifellos, daß durch die in der Plazenta lokalisierten 
tuberkulösen Herde erst eine direkte Kommunikation zwischen dem muútter- 
lichen und dem kindlichen Blute vermittelt worden ist, und daß dann die von 
der Mutter herstammenden und durch plazentären Blutkreislauf passierten 
Tuberkelbazillen durch die Vena umbilicales in den Fötus gelangt sind. 


Schlußfolgerungen. 

1. Im vorliegenden Fall handelt es sich zweifellos um eine sicher nach- 
gewiesene kongenitale Tuberkulose. 

2. Auf Grund dieser Erfahrung halte ich für möglich, daß den mensch- 
lichen Fötus von der Mutter Tuberkulose direkt infiziert werden könne, voraus- 
gesetzt, daß eine Tuberkulose in der Plazenta vorhanden ist, daß also eine 
plazentäre Infektion der Tuberkulose möglich ist. 

3. Damit könnte man wohl bezweifeln, ob eine plazentäre Infektion der 
Tuberkulose ohne tuberkulöse Veränderung oder Blutung in der Plazenta noch 
möglich sein kann. 

Zum Schlusse erfülle ich die angenehme Pficht, meinen hochverehrten 
Lehrern Herrn Prof. Sata, Prof. Dr. Tanaka und Herrn Kollegen Dr. Ishii für 
ihre gütigen Ratschläge bei meiner Untersuchung meinen herzlichen Dank aus- 
zusprechen. 


Literaturverzeichnis. 


1) Bugge, Zieglers Beitr. z. pathol. Anat. Bd. 19, p. 432. 

2) Carl, Zieglers Beitr. z. pathol. Anat. Bd. 41, Hett 3. 

3) Hamm u. Schrumpf, Centralbl. f. Bakt. etc, J. Abt. Orig., Bd. 44. 
4) Kockel u. Lungwitz, Zieglers Beitr. z. pathol. Anat. Bd. 16. 

5) Lehmann, Dtsch. med. Wchschr. 1893, Nr. 9. 

6) Lubarsch-Ostertag, Ergeb. d. allg. Pathol. u. pathol, Anat. 1895, 2. Jg. 
7) Dieselben, Ergeb. d. allg. Pathol. u. pathol. Anat. 1899, 6. Jg. 

8) Runge, Arch. f. Gynäk. Bd. 69, 

9) Schmorl u. Birch-Hirschfeld, Zieglers Beitr. z. pathol. Anat. Bd. 9. 
10) Schmorl u. Kockel, Zieglers Beitr. z. pathol. Anat. Bd. 16, 

11) Schmorl u. Geipel, Münch. med. Wehschr. 1904, Jg. 51. 

12) Vesprémie, Centralbl. z. allg. Pathol. und path. Anat. Bd. 15. 


REFERATE. 


ZEITSCHR, t. 
TUBERKULOSF. 





Il. REFERATE UBER BUCHER UND AUFSÄTZE 


I. Ätiologie und Verbreitung der 
| Tuberkulose. 


Tuberkulose und Erkrankung der At- 
mungsorgane bei den Arbeitern in 
den Sandsteinbrüchen etc. Lothrin- 
gens. (Med. Reform, 1908, Nr. 19, 
p. 232.) 

Durch die zunehmende Verwendung 
von Schrámmaschinen haben die frúher 
häufigen und unheilvollen Erkrankungen 
der Lunge und anderer Atmungsorgane 
bei den Arbeitern in den Sandstein- 
brúchen Lothringens in letzter Zeit 
merklich nachgelassen. Die Schrämarbeit 
gehört zu der allerungesundesten Tä- 
tigkeit. 

Die Erkrankungen der Atmungs- 
organe bei den Arbeitern in den Super- 
phosphatfabriken waren nicht häufiger 
als bei den Arbeitern anderer Fabriken. 

Die Tuberkulose ist bei den Ar- 
beitern in den Bäckereien ziemlich ver- 
breitet. Als besonders wirksam gegen 
die schädlichen Einwirkungen der Bäcker- 
tätigkeit erweist sich die Einführung von 
Maschinen, die die Arbeitszeit wesentlich 
verkürzen können; nur darf die Zahl der 
Arbeitskräfte nach Anschaflung von Ma- 
schinen nicht verringert werden. 
Nachtarbeit müßte auf jeden Fall abge- 
schafft werden. 

Schellenberg (Ruppertshain). 


H. Weinberg: Über die Fruchtbar- 
keit der Phthisiker beiderlei Ge- 
schlechts. (Med. Reform 1908, Nr. 24, 
p. 285.) 

Verf. beschäftigt sich in seinem Vor- 
trag hauptsächlich mit der Fruchtbarkeit 
der weiblichen Tuberkulösen und nimmt 
zu den Einwänden Heimanns (Med. 
Klin. 1907) Stellung. Er hat eine Samm- 
lung aller in den Jahren 1873—1902 
in Stuttgart vorgekommenen Todesfälle 
von Tuberkulose ins Leben gerufen und 
diese erhaltenen Zählkarten durch No- 
tizen über familienstatistische Daten aus 
den  aktenmibigen Aufschrieben der 


ege 


Die | 


wiirttembergischen Familienregister wert- 
voller gemacht. Er macht auf dieses 
statistische Material, das in der Hand- 
schriftensammlung der Kgl. Württ. Lan- 
desbibliothek zu Stuttgart liegt und das 
Verfolgen der Schicksale der Familien 
Tuberkulöser bis zum Aussterben einer 
Generation ermöglicht, aufmerksam. 


Seine statistischen Untersuchungs- 
ergebnisse standen im scharfen Gegen- 
satz zu den klinischen Statistiken beson- 
ders der inneren Kliniken, bei denen 
die Tuberkulose nach eingetretener 
Schwangerschaft sehr häufig ungünstig 
verlief. 

Auf Grund seiner Resultate glaubt 
Verf., daß die Sterblichkeit an Tuberkulose 
in vorgerückter Schwangerschaft und 
nach der Geburt nahezu normal, viel- 
leicht sogar übernormal ist, die Norm 
höchstens wenig überschreitet und daß 
hauptsächlich nur die Berücksichtigung 
der Aborte in der teilweisen Schonung 
tuberkulöser Frauen zu Ungunsten des 
Einflusses der Schwangerschaft anzu- 
schlagen ist. Eine Erhöhung der Tuber- 
kulosemortalitit durch Schwangerschaft 
und Wochenbett um 10—20°/, hält er 
für nicht zu niedrig gegriffen. Diese 
Steigerung ist zwar nicht gleichgültig, 
aber auch nicht derart, daß sie nicht 
zur Warnung vor übertriebenen Schät- 
zungen des Erfolges der künstlichen 
Fehlgeburt berechtigt. 


Der künstliche Abortus bleibt nur 
ein sehr bedingtes und momentanes Heil- 
mittel, vor allem muB jedenfalls einmal 
ein ausgiebiger Versuch mit Heilverfahren 
bei tuberkulösen Frauen sowohl während 
der Schwangerschaft wie bald nach der 
Geburt gemacht werden ein Vor- 
schlag, dem sich Referent in keiner Weise 
anschließen kann. 

Den Tuberkulösen, die die Schwan- 
gerschaft fürchten, steht der Weg der 
rechtzeitigen Sterilisierung frei; es ist 
empfehlenswert, daß der rückhaltlosen 
Empfehlung des künstlichen Abortus bei 
Tuberkulösen durch Einführung einer 
Anzeigepflicht und behördlichen Kon- 


BD.XIIL,HEFT 5. 
1908. 








trolle der artefiziellen Aborte überhaupt 
gesteuert wird. 

Nach den Erfahrungen des Vf.’s 
schadet eine regelrechte Geburt der Frau 
weniger als zwei oder mehr sich rasch 
folgende Aborte. 

Schellenberg (Ruppertshain). 


Diskussion über den Vortrag des Herrn 
Dr. med. Weinberg: Über die 
Fruchtbarkeit bei Phthisikern 
beiderlei Geschlechts. (Med. Re- 
form 1908, Nr. 25, p. 303.) 

Heimann hält noch die grund- 
sätzliche und allgemeine Aufhebung der 

Schwangerschaft tuberkulöser Frauen für 

geboten, da es zurzeit noch nicht mög- 

lich ist, die Gruppen der gefährdeten 
und nicht gefährdeten Frauen auch nur 
mit angehender Sicherheit zur rechten 

Zeit zu unterscheiden. Es gibt natürlich 

Ausnahmen, wie sie durch die Aussichts- 

losigkeit des Falles oder durch den Willen 

der Kranken gegeben sein können. Hei- 
mann spricht sich bestimmt für den 
frühzeitigen künstlichen Abortus aus. 
Hamburger erklärt die Frage des 
künstlichen Abortus für absolut erledigt, 
was wohl nicht ganz stimmen dürfte; er 
erklärt die Weinbergschen Vorschläge 
einer Aufnahme tuberkulüser Schwangerer 
in die Lungenheilstätten und der An- 
zeigepflicht bei Tuberkulose für Utopien. 
Memlock betont, daß durch künst- 
liche Aborte oft genug eine latente in 
eine floride Phthise verwandelt worden ist. 
Lennhoff haben die statistischen 

Erwägungen des Herrn Weinberg keine 
Klarheit über die Frage des künstlichen 
Abortus gebracht. Guttstedt stellt noch 
neue Fragen und Gesichtspunkte für 
das Thema: die Fruchtbarkeit der Tuber- 
kulösen, auf. In seinem Schlußwort be- 
tont Weinberg nochmals, daß er nicht 
bei allen Tuberkulösen den Abortus ein- 
leitet. Schellenberg (Ruppertshain). 


F. Dieterlen: Beitrag zur Frage der 
Infektionswege. (Tuberkulosear- 
beiten aus dem Kaiserl. Gesundheits- 
amte 1908, Heft 9, Berlin, Julius 
Springer.) 

Sorgfältige experimentelle Versuche 


REFERATE. 





445 





dem Resultate, daß Prodigiosus-, Gefliigel- 
cholera- und Tuberkelbazillen, die Ka- 
ninchen per clysma verabreicht werden, 
im Verdauungskanal zweifellos empor- 
steigen, entgegen der Peristaltik, durch 
Magen und Ösophagus bis in den Schlund. 
Nach 1—4 Stunden finden sie sich 
regelmäßig im Respirationstraktus. Wird 
den Keimen der Weg durch den Ver- 
dauungskanal durch Unterbindung des 
Ösophagus verlegt, so sind die Keime 
nach dieser kurzen Zeit gewöhnlich im 
Respirationstraktus nicht nachweisbar. Es 
ist wahrscheinlich, daß Hunde, Katzen, 
Meerschweinchen, Ziegen, Rinder und 
Schweine sich in bezug auf das Empor- 
steisen der Bakterien im Verdauungs- 
kanal ebenso verhalten wie das Kanin- 
chen. 

Für die Lehre von den Infektions- 
wegen der Tuberkulose sind die vor- 
liegenden Erkenntnisse von großer Be- 
deutung, da sie insbesondere die bisher 
nicht geahnten engsten Beziehungen zwi- 
schen dem Digestions- und dem Respi- 
rationstraktus dartun. Die neueren Ideen 
von der Infektiosität des Sputums Ty- 
phöser und von Cholerakranken erhalten 
durch die ausgezeichneten Untersuchungen 
Dieterlens eine interessante Beleuch- 
tung. F. Köhler (Holsterhausen). 


J. de Haan: De intestinale oorsprong 
der longtuberculose. — Der intes- 
tinale Ursprung der Lungentuberkulose. 
(Geneesk. Tydschr. v. Nederl. Indië, 
Bd. 48, Heft 3.) 

Der Verf. gibt eine klare Übersicht 
der Kontroversen, welche in der Frage 
der Infektionswege bestehen. Namentlich 
der Versuch, die Ergebnisse der künst- 
lichen Lungenanthrakose auf die Tuber- 
kulose überzutragen, sei unstatthaft. Die 
Versuche Calmettes und Guerins zur 
Entscheidung der Frage, ob das Ver- 
schlucken von Tuberkelbazillen Lungen- 
tuberkulose ohne weiteres verursachen 
kann, werden eingehend besprochen, ebenso 


| wie die Frage der Durchlässigkeit der 


intakten Darmschleimhaut für Mikroorga- 
nismen verschiedenster Art. — Bei der 
Besprechung der Schwierigkeiten, welchen 
man begegnet, wenn man bei der Fútte- 


zur Frage der Infektionswege führten zu , rungstuberkulose die Aspiration von Tu- 


mo 


REFERATE. 


ZEITSCHR. 1. 
TUBERKULOSE 





berkelbazillen mit Bestimmtheit aus- 
schließen soll, wird über die Versuche 
von Oberwirth und L. Rabinowitsch 
berichtet. Der Verf. hat einen analogen 
Versuch gemacht bei dem javanischen 
Büflel, der nur ausnahmsweise spontan 
an Tuberkulose erkrankt. Es wurde bei 
diesem Tiere nach Einschnitt der Haut 
5 mg Tuberkelbazillenemulsion in den 
sehr großen Magen gebracht. Als nach 
etwa 14 Wochen das Tier schwerkrank 
getötet wurde, fand sich Tuberkulose der 
Lungen und der Pleura ohne Erkrankung 
weder der Darmschleimhaut noch der 
abdominalen oder endothorakalen Lymph- 
drüsen. Der Verf. hält sich daher für 
berechtigt zu dem Schluß, daß der Ge- 
nuß einer Tuberkelbazillen enthaltenden 
Nahrung zur Entstehung einer Lungen- 
tuberkulose genügen kann. Keineswegs 
aber möchte der Verf. sich dem Satz 
v. Behrings anschließen, dab die Säug- 
lingsmilch die Hauptquelle für dieSchwind- 
suchtsentstehung sei. Es wird in den 
Niederländischen Kolonien von den Ein- 
geborenen keine Milch getrunken, und 
trotzdem kommt Lungentuberkulose unter 
der einheimischen Bevölkerung garnicht 
selten vor. Eine große Gefahr für die 
Umgebung bilden die Tuberkelbazillen, 
welche an den Händen der Tuberkulösen 
kleben. Das Verschlucken von Tuberkel- 
bazillen spielt jedenfalls in der Pathogenese 
der Lungentuberkulose eine schr bedeu- 
tende Rolle. Vos (Ilellendoorn). 


B. J. de Bruine, Ploos van Amstel: 

Nierbloeding bij niertuberculose. 
Nierenblutung bei Nierentuber- 
kulose. (Medisch Weekblad voor Noord- 
en Zuid-Nederland 10908, Nr. 22, etc.) 


Vert, beschreibt zuerst, mit Angabe 
der betreflenden Literatur, die Blutung 
als Erscheinung des Nierentrauma, des 
- Ren mobilis, der renalen Hämophilie, der 
Nephrolithiasis, der Nierentuberkulose, 
der Nierentumoren und der tropischen 
Hämaturie. Die Nierenblutung bei der 
Schwangerschaft und bei Uberanstrengung 
findet ebenfalls eine kurze Besprechung. 

Vos (Hellendoorn). 


Beitzke: Neuere Arbeiten über die 
Infektionswege der Tuberkulose. 


| 
| 
| 
| 
| 


| 





(Berl. klin. Wchschr, 29. Juni 1908, 
Nr. 20.) 

Der Artikel referiert die neueren 
Arbeiten und stellt fest, daß die Möglich- 
keit intestinaler Entstehung der Lungen- 
tuberkulose zwar häufiger ist, als man 
aus den pathologisch-anatomischen Be- 
funden schließen kann, daß aber vor- 
läufig noch die alte Anschauung von der 
aerogenen Entstehung zu Recht besteht 
und noch nicht widerlegt ist. 

Naumann (Reinerz-Meran). 


Drs. Samuel Bernheim et Louis Dieupart: 
Du rôle de la femme dans la lutte 
antituberculeuse. (Séance du 1 Juin 
1908. — Président: M. le Dr. Lance- 
reaux.) 

Les auteurs font de cette étude sociale 
un chapitre fort intéressant. Ils examinent 
le rôle de la femme dans toutes les 
situations économiques dans lesquelles on 
la rencontre à notre époque actuelle. 

D'une façon générale, la femme, 
comme conseillère de l’homme, peut pren- 
dre dans la lutte contre la Tuberculose 
une place prépondérante. Elle en a tous 
les moyens. 

Assistante, elle guide l’ignorante, dame 
riche, elle surveille et préserve son foyer, 
pauvre et laborieuse, elle cssaie de rendre 
son petit logis coquet pour détourner 
l’homme du cabaret, 

La femme peut tout ce qu’elle veut. 
Qu'elle renonce elle-même à certaines 
fautes de toilette, jupe longue par exemple, 
qui balaie les trottoirs; qu’elle songe que 
sa vie, c’est la protection du foyer. Elle 
ne se diminuera pas à ce rôle, bien au 
contraire. 

Les auteurs ont fait un tableau 
saisissant de sa tâche. Ils la savent trop 
devouce, trop maternelle pour oublier ces 
conscils. Le jour où la femme voudra 
venir en aide au médecin, avec une telle 
alliée, on est sûr de vaincre le grand et 
redoutable minotaure qui décime si cru- 
ellement nos contemporains. 


BD.XITI,HEFT 6 
1908 





li. Allgemeine Pathologie. 


Francis T. B. Fest: Orthotic albumi- 
nuria; its relation to tuberculosis. 
(Americ. Med. 1908, Mai.) 


Das Leiden 
Ätiologie dunkel. 


ist hämatogen; die 
(NB! ebenso der Zu- 


REFERATE. 





447 





Erwachsenen eine primáre Darmtuberkulose 
anzunehmen, bei Kindern kommt sie 
zweifellos viel häufiger vor. Mitteilung 
von 3 Fällen wohl sicher primärer Darm- 
tuberkulose bei Erwachsenen. 

F. Köhler (Holsterhausen). 


_ Zieler-Breslau: Neuere Anschauungen 


sammenhang mit Tuberkulose — Referent.) | 


G. Mannheimer (Neuyork). 


J. C. Hemmeter: Intestinal Tuber- 
culosis: Tuberculous intestinal 
neoplasma and tuberculous ın- 
testinal tumors. (Journ. of the Amer. 
Med. Association 1908, Febr. 29.) 


Eine eingehende Untersuchung der 
Baucheingeweide von 56 an Lungentu- 
berkulose Verstorbenen ergab in jedem 
Falle Darmerkrankung in 
Form. In 30 Fillen handelte es sich 
um typische tuberkulóse Enteritis, darunter 
14 mit tuberkulösen Geschwüren des 
lleum und Colon. In 12 weiteren Fällen 
lag Drüsentuberkulose vor, entweder der 
Mesenterial-, Retroperitoneal- oder Omen- 
taldrüsen. 
vollkommen normale Mucosa, bei den 
übrigen 6 bestand Schleimhautkatarrh 


Von diesen zeigten 6 eine | 
. so entstandenen Veränderungen müssen 


irgend einer ` 
: wirkung hervorgerufen wird. 





ohne nachweisbare Tuberkulose. — Verf. ` 
hat nur einen Fall von hyperplastischer ` 


Tuberkulose des Caecum zu verzeichnen. 
Es folgt eine eingehende Beschreibung 
der Symptome dieser Krankheitsform. 
Die Unterscheidung von Carcinom, Ap- 
pendicitis, Wanderniere und Nierentumor 
ist schwer. 
günstig. Verf. empfiehlt warm Radikal- 
operation. Wo dies nicht möglich er- 
scheint, mag Tuberkulin versucht werden. 
H. 
Darmtraktus häufig sei, und daß die Ver- 
breitung von dort aus auf dem Lymph- 
wege (Ductus thoracicus) zustande komme. 
Bei vorhandener Lungentuberkulose emp- 
fehlt er die Darreichung von Salzsäure 
zur Verhütung von Darminfektionen. 
G. Mannheimer (Neuyork). 


Fischer-Cöln: Über primäre Darm- 
tuberkulose bei Erwachsenen. 
(Münch. med. Wchschr. 1908, Nr. 38.) 


Nach dem anatomischen Befunde 


hat man nur selten Veranlassung, beim , cine kleine Schwellung auf. 


Die Prognose ist nicht sehr ` 





ist der Ansicht, daß Infektion vom ` 





übereinige Beziehungen zwischen 
Tuberkulose und Erkrankungen 
der Haut (sog. „Exantheme der 
Tuberkulose,Tuberkulide“).(Ztschr. 
f. ärztl. Fortbildung 1908, Nr. 18.) 


Das aus Epitheloid- und Riesenzellen 
zusammengesetzte Knötchen findet sich 
auch bei anderen Erkrankungen und ist 
somit kein morphologisches Kennzeichen 
der Tuberkulose. Für diese ist vielmehr 
nur das charakteristisch, was durch den 
Tuberkelbazillus oder unter seiner Mit- 
Daß das 
histologische Eild der Tuberkulose nicht 
nur durch lebende Tuberkelbazillen, 
sondern auch durch abgetötete und 
sogar durch deren Toxine allein her- 
vorgerufen werden kann, muß jetzt als 
erwiesen angesehen werden. Auch die 


wir zur Tuberkulose rechnen, wie alles, 
was der Tuberkelbazillus selbst bewirkt. 
Es sind hauptsächlich 3 Krankheitstypen, 
die nach unseren jetzigen Kenntnissen 
in zweifellosen Beziehungen zur Tuber- 
kulose stehen, nämlich der Lichen scro- 
phulosorum und die einander nahestehen- 
den papulonekrotischen Tuberkulide so- 
wie das Erythema induratum. Freilich 
über die Art dieser Beziehungen sind 
wir vielfach noch im unklaren. 
F. Köhler (Holsterhausen). 


Thiollier: Osteogenetische Exostose 
infektiösen Ursprunges. (La Tuberc. 
infant. 2. Jahrg, Nr. 3.) 

Morse: Das Kernigsche Symptom im 
frühen Kindesalter. (Archives of 
Pediatr. März 1908.) 

Ein vierjähriges etwas rhachitisches 

Mädchen ohne hereditäre Belastung zieht 


sich an beiden Beinen ausgedehnte Brand- 


wunden zu, die 2 Monate hindurch eitern. 
Als die Wunden in Heilung úbergingen, 
trat am unteren Teile der linken Tibia 
In wenigen 





REFERATE 


ZEITSCHR. f. 
TUBERKULOSE 





Tagen fanden sich zahlreiche Schwellungen | aus nicht mit einem letalen Ausgange 


an den Knochen der unteren, dann der 
oberen Extremitäten und des übrigen 
Skeletts. Die Größe dieser Exostosen 
schwankte von Erbsen- bis Nuligrüle. 
Wie die Durchleuchtung mit Sicherheit 
ergab, handelte es sich nicht um peri- 
ostitische Prozesse, sondern um Vorgänge, 
die sich im Knochen selbst abspielten. 

Die Entstehung erklärt Verf. so, dab 
unter dem Einflusse einer Infektion, die 
von den Brandwunden ausging, eine Rei- 
zung und Proliferation aller Wachstums- 
organe im Knochen stattfand. (Die ersten 
Exostosen fanden sich in der Nähe der 
Brandwunden.) 

Morse kommt auf Grund ciner 
Untersuchung, die er an 2000 Kindern 
unter 2 Jahren angestellt hat, zu folgen- 
den Resultaten: 

Im frühen Kindesalter findet sich 
Kernigs Symptom weder bei Gesunden 
noch Kranken mit alleiniger Ausnahme 
der Meningitis. Es findet sich bei an- 
deren Krankheiten so selten, daß sein 
Auftreten die Diagnose Meningitis recht- 
fertigt, so gut das ein einzelnes Symptom 
kann Indes fehit es in einigen Fällen 
oder tritt nur intermittierend auf. 

Es tritt in allen Stadien der Krank- 
heit mit gleicher Häufigkeit auf. 

Fs steht nicht in deutlicher Beziehung 
zu der Stärke des Ilirndruckes. Es ist 
häufiger vorhanden, wenn der Patellar- 
reflex gesteigert ist, als wenn er 
geschwächt ist. 

Er hat keine differentialdiagnostische 
Bedeutung zwischen der tuberkulösen 
und der zerebrospinalen Form der Me- 
ningitis. Dr. Tugendreich (Berlin). 


ab- 


Kornfeld: Uber Nierentuberkulose. 
(Wien. klin. Wchschr. 27. Aug. 1908, 
Nr. 35.) 

Dieser Aufsatz soll nicht eine Stel- 
lungnahme gegen die Operation der 
Nierentuberkulose überhaupt bedeuten, 
doch kritisiert der Autor die diagnostische 
Basis, auf der die Operation fußt. 
Grund einer von ihm eingeleiteten Um- 
frage über die Schicksale solcher Fälle 
von Nierentuberkulose, die nicht operiert 
wurden, kommt der Verf. zu dem Schlusse, 
dab die Diagnose Nierentuberkulose durch- 











Auf 


gleichbedeutend sei und daß der Mast-, 
Freiluft-Liegekur und der Tuberkulin- 
behandlung noch ein weites Feld offen 
stehe. Naumann (Reinerz-Meran). 


Christian und Rosenblat: Untersu- 
chungen úber Tuberkulose-Anti- 
körper und Immunität. (Münch. 
med. Wchschr. 1908, Nr. 39.) 


Der tuberkulöse Antikörper, der mit 
der Bordet-Gengouschen Methode 
nachweisbar ist, wird lediglich im tuber- 
kulösen Gewebe gebildet. Die im Blut 
gelösten Antikörper sind nicht Träger der 
Immunität, sondern nur Zeichen derselben. 
Das Immunitiitsproblem bei der Tuber- 
kulose ist auf zelluläre Prozesse zurück- 
zuführen. F. Köhler (Holsterhausen). 


Zieler-Breslau: Die ncue Erklärung 
der Tuberkulinwirkung. (Münch. 
med. Wehschr. 1908, Nr. 39.) 

Auf Grund seiner Lehre, daß auch 
ohne Anwesenheit von korpuskulären Be- 
standteilen der Tuberkelbazillen, also allein 
durch echte Lösungen aus Tuberkelba- 
zillen stammender Stoffe, das histologische 
Bild der Tuberkulose erzeugt werden 
kann, polemisiert Z. gegen Wolff-Eisner, 
der in den Ausführungen Zielers nichts 
grundsätzlich Neues gegenüber seinen 
Vorstellungen über die Bakteriolysine und 
ihre Beziehungen zur Tuberkulinreaktion 
sieht. F. Köhler (Holsterhausen). 


A. Weber und Titze-Berlin: Die Im- 
munisierung der Rinder gegen 
Tuberkulose. II. Tuberkulosearbeit. 
aus dem Kaiserlichen Gesundheitsamte. 
(Verlag Julius Springer, Berlin 1908, 
Heft 9.) 

Die Mitteilungen bringen Versuche 
mit dem Koch-Schtitzschen Impfstoff 
Tauruman, einer Aufschwemmung leben- 
der menschlicher Tuberkelbazillen in 
Kochsalzlüsung. Die mit Tauruman vor- 
behandelten Rinder wurden auf ihre 
Widerstandsfähigkeit geprüft durch intra- 
venöse und subkutane Impfung, durch 
Inhalation und Verfütterung von Perl- 
suchtbazillen in Reinkultur. Die voll- 
ständige Immunität soll nach Koch, 
Schütz, Neufeld etc. etwa 3 Monate 


BD.XIN,HEFT 6 

198. ge ee Ge ee Dr 
nach der Schutzimpfung eintreten. Die | stelle, so ist die Impfstelle und ihre Um- 
Ergebnisse der Taurumanversuche er- | gebung bis einschl. der zugehörigen 
gaben, daß keines der neun auf ver- | Lymphdrüsen untauglich. Der ganze 
schiedene Weise nachgeprüften Tauru- | Tierkörper mit Ausnahme von Lunge 


mantiere sich bei der Schlachtung als 
frei von tuberkulösen Veränderungen er- 
wies. Es war lediglich eine gegenüber 
den Kontrolltieren erhöhte Widerstands- 
kraft zu verzeichnen, vorübergehender 
Natur. Auch ergab sich hinsichtlich der 
Wirkung kein durchgreifender Unterschied 
gegenüber dem Bovovaccin v. Behrings. 
In erster Linie scheitert der Erfolg bei- 
der Mittel in der Praxis an der kurzen 
Dauer der erzielten Immunität. 
F. Köhler (Holsterhausen). 


A. Weber, Schütz, Titze, Holland: Ver- 
suche über die Haltbarkeit der 
behufs Immunisierung einge- 
spritzten menschlichen Tuberkel- 
bazillen im Körper des Rindes. 
(Tuberkulosearbeiten aus dem Kaiserl. 
Gesundheitsamte 1908, Heft 9, Berlin, 
Julius Springer.) 

Die vorliegende Frage erscheint im 
Hinblick auf die Verwendung des Flei- 
sches mit menschlichen Tuberkelbazillen 
geimpfter Rinder von besonderer Bedeu- 
tung. Die Versuche (mit Tauruman) 
zeigen, daß die Tuberkelbazillen nach 
intravenöser Impfung über den ganzen 
Körper zerstreut werden. Noch 1 Monat 
nach der Impfung konnten sie in allen 
inneren Organen nachgewiesen werden, 
im Blute schon nach 8 Tagen nicht 
mehr, in der Muskulatur ist die Auf- 
speicherung verschieden. Vom 2. Monat 
nach der Schutzimpfung ab fangen die 
Organe und Drüsen an, frei von leben- 
den Tuberkelbazillen zu werden. Bis 
zum 6. Monat nach der Impfung hielten 
sie sich nur noch in Lungen, Bronchial- 
und Mesenterialdrüsen. Bei den Bovo- 
vaccintieren war keine derartige Über- 
schwemmung des Körpers mit Tuberkel- 
bazillen zu konstatieren. Demgemäß 
wurde in einer im Kaiserl. Gesundheits- 
amte stattgehabten Sachverständigenbera- 
tung beschlossen, Lunge und Herz von 
mit lebenden Tuberkelbazillen immuni- 
sierten Rindern 10 Monate lang nach 
der Impfung als untauglich anzusehen. 
Finden sich Veränderungen an der Impf- 


und Herz ist innerhalb der ersten 4 Mo- 
nate nach der Impfung bedingt tauglich. 
Von einer Bestimmung hinsichtlich des 
Genusses der Milch immunisierter Tiere 
wurde abgesehen, da dic Tiere nach der 
Vorschrift nur im jugendlichen Alter zur 
Schutzimpfung gelangen. Eine Schutz- 
impfung älterer Tiere ist durchaus unzu- 
lässig, da bei der Impfung von Milch- 
kühen Tuberkelbazillen mit der Milch 
ausgeschieden werden können. 
F. Köhler (Holsterhausen). 


Titze: Ausscheidung von Tuberkel- 
bazillen mit der Kuhmilch nach 
intravenöser Injektion mensch- 
licher Tuberkelbazillen. (Tuber- 
kulosearbeiten aus dem Kaiserl. Ge- 
sundheitsamte 1908, Heft 9, Berlin. 
Julius Springer.) 

Während Ostertag nur bei akuter 
allgemeiner Tuberkulose oder bei Tuber- 
kulose des Euters Tuberkelbazillen in der 
Milch fand, fand L. Rabinowitsch diese 
Erscheinung auch bei bloßer positiver 
thermischer Tuberkulinreaktion der Kühe. 
Die diesbezüglichen im Gesundheitsamte 
angestellten Versuche ergaben, daß mensch- 
liche Tuberkelbazillen, die Milchkühen in 
die Blutbahn cingespritzt werden, mit 
der Milch ausgeschieden werden können, 
und zwar auf recht lange Zeit hinaus. 
Da aber die Ausscheidung der Bazillen 
in allen Fällen nur seitens eines be- 
stimmten Euterviertels geschah, so ist sie 
wahrscheinlich nur der Ausdruck lokaler 
Herderkrankungen. Wird die Immuni- 
sierung nach der Vorschrift von v. Beh- 
ring (lediglich zweimal intravenöse Imp- 
fung mit Bovovaccin im frühen Lebens- 
alter) ausgeführt, so kommt eine Gefahr 
der Ausscheidung der injizierten Tuber- 
kelbazillen mit der Milch nicht in Be- 
tracht. F. Köhler (Holsterhausen). 


Weber, Titze, Weidanz: Über Papa- 
geien- und Kanarienvogeltuber- 
kulose. (Tuberkulosearbeiten aus dem 
Kaiserl. Gesundheitsamte 1008, Heft 9, 
Berlin, Julius Springer.) 


450 


RETERATE, 


ZEITSCHR. !. 
TUBERKULOSE 











= -- - = . 


In 2 Fällen spontiner Papageien- | werden, kann erst nach weiteren Be- 


tuberkulose wurde sicher bewiesen, daß 
es sich hier um Säugetiertuberkelbazillen 
vom Typus humanus gehandelt hat Es 
gelang ferner durch intravenöse Injektion 
von je 0,001 g Reinkultur Papageien mit 
jedem der 3 Typen von Tuberkelbazillen 
zu infizieren. Am virulentesten erwiesen 
sich die Bazillen des Typus bovinus, 
dann die des Typus humanus und zu- 
letzt die Hühnertuberkelbazillen. Kana- 
rienvögel ließen sich sehr leicht mit 
Hühnertuberkelbazillen, schwerer mit Perl- 
suchtbazillen, überhaupt nicht mit Typus 
humanus infizieren. 
F. Köhler (Holsterhausen). 


Titze und Weidanz: Infektionsver- 
suche an Hunden mit Tuberkel- 
bazillen des Typus bovinus und 
des Typus humanus. (Tuberkulose- 
arbeiten aus dem Kaiserl. Gesundheits- 
amte 1908, Heft 9, Berlin, Julius 
Springer.) 

Hunde zeigen gegenüber Infektionen 
mit Tuberkelbazillen (subkutane, intra- 
venöse Impfung, Inhalation, Fütterung) 
aller Typen eine erhebliche Widcrstands- 
kraft, selbst in jugendlichstem Alter, so 
daB die Tuberkuloseunempfänglichkeit 
eine primäre Eigenschaft des Hunde- 
organismus bedeutet. Nur mit sehr großen 
Mengen gelingt die Infektion, sie heilt 
aber meistens aus. 

F. Köhler (Holsterhausen). 


Dammann - Hannover: Versuche der 
ImmunisierungvonRinderngegen 
Tuberkulose nach Behringschem 
Verfahren. Bericht I. (Arch. f. wiss. 
u. prakt. Tierheilk. Bd. 34, Heft 4.) 


Eingehende Schilderung sorgfältig 
angestellter Tierversuche. Von 4 mit 
Bovovakzin vorbehandelten, durch die 
Tuberkulinprobe als gesund erwiesenen 
Tieren konnte nur eines der späteren 
künstlichen Infektion mit Perlsuchtbazillen 
widerstehen. Grad und Ausdehnung der 
Tuberkulose war bei zwei der vorbehan- 
delten Tiere etwas geringer als bei den 
Kontrollkälbern. Die Frage, ob der Impf- 
schutz gegenüber der natürlichen Infektion 
ausreicht, wenn die Tiere in mit Tuber- 
kulose durchseuchte Bestände gebracht 


obachtungen entschieden werden. 
Scherer (Bromberg). 


Eber-Leipzig: Experimentelle Über- 
tragung der Tuberkulose vom 
Menschen auf das Rind. (Ztschr. 
f. Infektionskrankh., parasitäre Krankh. 
u. Hyg. d. Haust., Bd. 4, Heft 5 u. 6.) 


Das acht Fällen von menschlicher 
Tuberkulose mit tödlichem Ausgange ent- 
stammende Versuchsmaterial erwies sich 
von vornherein stark virulent für Rinder 
in 2 Fällen, zunächst mittelgradig virulent 
für Rinder und erst bei Weiterimpfung 
des von diesen Tieren gewonnenen Ma- 
terials stark virulent in zwei, geringgradig 
virulent in zwei und völlig avirulent für 
Rinder ebenfalls in zwei Fällen. Eine 
strenge Scheidung der beim Menschen 
vorkommenden Tuberkulose in rinder- 
virulente und nicht-rindervirulente Fälle 
stößt auf Schwierigkeiten. Dem morpho- 
iogischen und biologischen Verhalten der 
Bazillen nach handelte es sich in 2 Fällen 
sicher um Typus bovinus, in einem Falle 
um Typus humanus (blieb beim Rinde 
avirulent), während die übrigen Fälle 
zweifelhaft blieben. Zwei gezüchtete 
Stimme müssen als Ubergangsformen 
bezeichnet werden, welche den allmäh- 
lichen Ubergang der einen Bazillenform 
in die andere möglich erscheinen lassen. 

Scherer (Bromberg). 


Zwick - Stuttgart: Vergleichende Un- 
tersuchungen über die Tuberkel- 
bazillen des Menschen und der 
Haustiere. (Ztschr. f. Infektionskr., 
parasit. Krankh. u. Hyg. d. Haust., 
Bd. 4, Heft 3— 6.) 

Auf Grund seiner umfangreichen 
Untersuchungen hält Verf. die Aufstellung 
eines Typus bovinus und Typus humanus 
für berechtigt. Bei natürlichen Fällen 
von Rindertuberkulose finden sich nur 
Stämme des Typus bovinus. Die Bazillen 
des Typus humanus spielen für die natür- 
liche Infektion des Rindes keine Rolle. 
Die Feststellung der Tatsache, daB von 
einem an Tuberkulose erkrankten Men- 
schen früher die ungekochte Milch einer 
eutertuberkulösen Kuh getrunken wurde, 
ist noch nicht hinreichend für die Be- 


BD XIII, HEFT 5. 
1908, 


hauptung der Ubertragung der Tuber- 
kulose vom Rinde auf den Menschen. 
Nur durch sorgfältige bakteriologische 
Untersuchung können solche Fälle klar- 
gestellt werden. Die Bonomesche Prä- 
zipitinreaktion zur Diflerenzierung von 
Rinder- und Menschentuberkelbazillen 
hat sich bei den vorgenommenen Nach- 
prüfungen nicht bewährt. Auf Schweine, 
Ziegen und Hunde sind die Bazillen des 
Typus bovinus übertragbar. Pferdetuber- 
kulose scheint auch durch Hühnertuberkel- 
bazillen hervorgerufen werden zu können. 
Die Tuberkelbazillen des Rindes lassen 
sich auf Hühner nicht übertragen. (Die 
Einzelheiten der sehr umfangreichen 
Arbeit, insbesondere die Schilderung der 
Zwickschen Art der Versuchsanordnung, 
müssen im Originale nachgelesen werden.) 
Scherer (Bromberg). 


Weil und Strauss: Über die Rolle der 
Antikörper bei der Tuberkulin- 
reaktion. (Wien. klin. Wchschr. 
16. Juli 1908, Nr. 29.) 

Weder die Wassermannsche, noch 
die Wolff-Eisnersche Theorie zur Er- 
klärung der Tuberkulinwirkung sind an- 
nehmbar, sie ist vorliiufig noch immer 
ein unaufgeklärtes Phänomen. Es gelingt 
bei Verwendung von Tuberkulin als Anti- 
gen im Blute Tuberkulöser spezifische 
Antikörper nachzuweisen, doch vermögen 
diese die Reaktionsfähigkeit für Tuber- 
kulin nicht aufzuheben. 

Naumann (Reinerz-Meran). 


Wolff-Eisner: Über Versuche mit ver- 
schiedenen Tuberkelbazillende- 
rivaten. (Berl. klin. Wchschr. 27. Juli 
1908, Nr. 30 und 3. Aug. 1908, Nr. 31.) 

In dem ersten Abschnitte der Arbeit 
beschäftigt sich der Autor mit der Moro- 
schen Salbenreaktion, die ihm nicht emp- 
fehlenswert erscheint, da andere Metho- 
den eindeutigere Resultate geben und 
auch Differenzen zwischen aktiver und 
latenter Tuberkulose erkennen lassen, die 
bei der Salbenreaktion fortfallen. Die 
mit verschiedenen Tuberkelbazillenderi- 
vaten ausgeführten vergleichenden Ver- 
suche ergaben das Resultat, daß die 

Tuberkulinwirkung nicht an die Träger 

der säurefesten Substanzen (Wachs, Fette), 


REFERATE. 


451 


sondern an die Splitter der Bazillenleiber 
geknüpft ist. Im Anschluß hieran wird 
die Bakteriolysintheorie erörtert und die 


- Spezifizität der Tuberkulinreaktion neuer- 
. dings begründet. 





Naumann (Reinerz-Meran). 


de Haan: Experimentelle Tuberku- 
lose beim Affen mit Vogeltuber- 
kelbazillen. (Deutsch. med. Wehschr. 
6. Aug. 1908, Nr. 32.) 

Dem von E. Rabinowitsch pu- 
blizierten Falle von Tuberkulose infolge 
Infektion mit Vogeltuberkelbazillen fügt 
der Verf. einen weiteren Fall zu. 

Naumann (Reinerz-Meran). 


Steffenhagen: Über die Beziehungen 
der Bazillen der menschlichen 
Tuberkulose zu denen der Perl- 
suchtdes Kindes. (Berl. klin. Wchschr. 
17. Aug. 1908, Nr. 33.) 

Rinder sind für Bazillen des Typus 
humanus wenig empfänglich, während 
sie bei Infektion mit Bazillen vom Typus 
bovinus eine progrediente Erkrankung 
bekommen. | 

Für die menschliche Tuberkulose 
kommt vorwiegend der Bazillus vom 
Typus humanus in Frage, doch können 
auch Milch, Milchprodukte und Fleisch 
von perlsúchtigem Rindvieh eine Infek- 
tionsquelle, allerdings nur für das Kind, 
abgeben, während dieser Infektionsmodus 
für die Verbreitung der Tuberkulose als 
Volkskrankheit wohl fortfällt. 

Naumann (Reinerz-Meran). 


Wolff und Mühsam: Mit Tuberkulin 
komplementbindende Antistoffe 
im Serum Tuberkulöser. (Deutsch. 
med. Wchschr. 27. Aug. 1908, Nr. 35.) 


Im Serum Tuberkulöser aller Sta- 
dien, ob mit Tuberkulin behandelt oder 
nicht, fanden sich ungefähr in der Hälfte 
der Fälle Stoffe, die mit Tuberkulin zu- 
sammen Komplement zu binden vermögen. 
Komplementbindungsreaktion und kutane 
und subkutane Tuberkulinempfindlichkeit 
gingen einander nicht parallel. 

Naumann (Reinerz-Meran). 


432 


Ill. Diagnose und Prognose. 


Frank R. Christians: 
of tuberculosis 
cutaneous reaction. 
1908, Juli) 

18 Fälle. 2 klinisch Gesunde rea- 
gierten nicht. Von 2 Patienten mit Ge- 
lenkrheumatismus reagierte einer schwach. 
Von 14 Tuberkulösen reagierten 9. Die 
5 nicht reagierenden waren weit vorge- 
schrittene Fälle mit durchweg schlechter 
Prognose. G. Mannheimer (Neuyork). 


The diagnosis 
by v. Pirquet’s 
(Americ. Med. 


Joseph Walsh: The early diagnosis 
of pulmonary tuberculosis. (Med. 
Record 1908, Sept. 10. 


Die Frühdiagnose gründet sich auf 
folgende Daten: 1. Gelegenheit zur In- 
fektion. 2. Anamnese 3. Allgemcin-, 
4. Lokalsymptome. Die letzteren werden 
in sehr wichtige, wichtige und bedeut- 
same eingeteilt. 

ad ı) Man forsche nach, ob irgend ein 
Familienmitglied oder ein Arbeits- oder 
Umgangsgenosse an der Krankheit leidet. 
Dabei muB man sämtliche früheren Be- 
schäftigungen und Wohnungen durch- 
gehen. ad 2) Sehr wichtig: Chronische 
Schwellungen der Halsdriisen; Pleuritis; 
Hämoptöe; fistula in ano. Wichtig: An- 
dauernder Husten, der namentlich auch 
bei jedem tiefen Atemzug ausgelöst wird; 
fortschreitender Gewichtsverlust; Magen- 
störungen; Nachtschweiße.  Bedeutsam: 
Zunehmende Bliisse. ad 3) Schr wichtig: 
Habitus phthisicus; Pulsbeschleunigung; 
Temperaturschwankungen. Wichtig: Kurz- 
atmigkeit; hektischeWäangenröte; Trommel- 
schligelfinger oder gekrümmte Nägel; 
doppelte oder einseitige Pupillenerwei- 
terung. Bedeutsam:HerumziehendeSchmer- 
zen; Schlaftheit und leichte Ermüdbarkeit; 
häufiges Frösteln; Schwellung der Schild- 
drüse; Herpes zoster. ad 4) Sehr wichtig: 


Schallveränderung mit verlänsertem Ex- 


spirium oder Rasseln über umschriebenen 
Stellen. Wichtig: Einseitige subklaviku- 
Eire Einziehung beim Inspirium; rauhes, 
abgeschwächtes oder unreines Atmen an 
der Spitze; Änderung des vokalen oder 
taktilen Fremitus; Atrophie der Schulter- 
muskeln. Bedeutsam: Empfindlichkeit in 


REFERATE. 


ZEITSCHR. f. 
TUBERKULOSE 





der Tiefe beim Perkutieren; Herabhängen 
einer Schulter; Zurückbleiben einer Seite 
bei der Atmung. Beschränkung des 
Zwerchfellphänomens auf einer Seite. 

G. Mannheimer (Neuyork). 


v. Ellermann und A. Erlandsen: Paa- 
visning af Tuberkelbaciller i Ex- 
pektorat. (Hosp. Tid. 1908, Nr. 17.) 

Unter Berücksichtigung aller ver- 
schiedenen Verhältnisse, des Einflusses der 

Reagentien, des Bodensatzes, des spezi- 

fischen Gewichts, der Viskosität der Flüssig- 

keiten, sowie des Fehlergesetzes mit Be- 
nutzung der genauesten Meß- und Zähl- 
methoden, haben die Verff. eine sehr 
interessante Arbeit über die verschiedenen 

Sedimentier- und Anreicherungsverfahren 

der Sputumuntersuchung auf Tuberkel- 

bazillen geliefert. Die Verff. haben zwei 
neue Modifikationen angegeben: Die 

Autodigestion: 1 Vol. Sputum wird mit 

1} Vol. 0,6%, iger Lösung von Na CO, 

gemischt. Thermostat in 24 Stunden bei 

37°. Die Flüssigkeit wird abgegossen 
und der Bodensatz zentrifugiert. Bei 
spärlichen Bazillen wird die Methode 
als Anfangsstufe der Doppelmethode ver- 
wandt: Nach Abgießen aus dem Zentri- 
fugenglas werden 4 Vol. 0,25°/, iger NaOH- 

Lösung zu je 1 Vol. Bodensatz zugesetzt. 

Genaues Umrühren, nochmaliges Zentri- 

fugieren. Als Durchschnittsergebnis der 

verschiedenen besseren Methoden wird 
gefunden: Im selbigen Sputum findet 
man nach der Methode von Mühlhäuser 

ı Bazillus, nach Stroschein I, nach 

Hempel 3, nach Spengler 2, nach 

Philipp 5, mittels Autodigestion 6, mittels 

der Doppelmethode 15 Tbc. Der letz- 

teren Methode muß man somit bei 
tuberkelarmen Sputen den Vorzug geben. 
Chr. Saugman (Vejlefjord). 


v. Ellermann und A. Erlandsen: Om 
en rationel Fremgangsmaade til 
Paavisning af Tuberkelbaciller i 
Urinen. (Hosp. Tid. 1908, Nr. 30.) 

Untersuchungen über die Methoden 

zum Nachweise von Tuberkelbazillen im 

Ilarn, mit gleicher Genauigkeit wie die 

obigen ausgeführt. 

Die Verff. empfehlen eine ähnliche 

Methode wie die zum Sputum benutzte: 


BD.XITI,HEFT 5. 
AIS, 


REFERATE. 


453 





Der Harn wird gesammelt. Nach 


Ab- ` 


setzung des Bodensatzes werden vom Sedi- ` 


ment 10—15 cm’ zentrifugiert, die Flüssig- 
keit wird so vollständig wie möglich 
abgegossen; 1 Volumen des Boden- 
satzes wird mit 4 Volumen o 25°/,iger 
Na,CO,-Lösung versetzt, 24 Stunden 
Thermostat bei 37% Wenn nötig, nach- 
her mit Na,CO,-Lösung die saure Re- 
aktion abstumpfen und noch ein paar 


Stunden Thermostat, AbgieBen der Fliis- ` 
sigkeit, Zentrifugieren, nochmaliges Ab- ` 


gießen der Flüssigkeit, Bodensatz mit 


4Vol.0,25°/,iger NaOH-Lósung versetzen, ` 


Umrühren, Aufwärmen auf dem Wasser- 
bade zum Kochen, nach Abkühlung 
Zentrifugieren.  Ausstrichpräparate wie 
gewöhnlich untersuchen. 

Chr. Saugman (Vejlefjord). 


C. H. Würtzen: Om Tuberkulindia- 


gnostik. (Nord. Tidsskrift. for Terapi 
1907, V—VI) 
Verf. stellt sich der Tuberkulin- 


probe gegenüber sehr reserviert; erwähnt 
einige in der Literatur verzeichnete 
Fälle von vermutlicher Schädigung und 
referiert zwei eigene. Ein Fall mit pro- 
trahiertem leicht febrilem Zustand nach 
der Injektion. 0,3 mg bei einem 7 jährigen 
Kinde mit vor 14 Tagen überstandener 
noch febriler Brusterkrankung. Zweiter 
Fall: ı!/,jähriger Knabe. 0,2 mg ohne 
Reaktion. Nach 8 Tagen 0,4 mg mit 
retardierter aber starker Reaktion und fol- 
gendem 4-monatelangem  fieberhaftem 
Zustand. Betont die Unzuverlässigkeit 
der Probe als Kennzeichen der aktiven 
Tuberkulose. Meint, daB die Probe nur 
zulässig ist, wenn die soziale Anstellung 
der betr. nicht schädlich beeinflußt wird, 
es sei die Reaktion positiv oder negativ. 
Chr. Saugman (Vejlefjord). 


Turban und Baer: Die praktische Be- 
deutung des opsonischen Index 
bei Tuberkulose. (Münch. med. 
Wehschr. 1908, Nr. 38.) 


Beim Gesunden ist als obere Grenze 
für den normalen Index 1,1, als untere 
0,9 anzunehmen. Von den untersuchten 
84 Tuberkulósen hatten normalen Index 
16,6 °/,. Die von der Norm abweichen- 
den Werte des Index bewegten sich, 








ohne spezifische Behandlung, zwischen 
0,3 und 2,0. Die extremsten Zalılen 
fanden sich nur bei Kranken des III. Sta- 
diums. In allen Fällen, bei denen wäh- 
rend der Anstaltsbehandlung klinisch 
Besserung festzustellen war, konnte ein 
solches Ansteigen des Index beobachtet 
werden, wenn dieser anfangs subnormale 
Werte aufwies. Mit dem Herabsinken 
des Index waren neue Schübe in den 
Lungen, Pleuritis u. a. aufgetreten. Sehr 
tiefen Index (0,3 — 0,5) beobachteten Vert. 
mehrfach nach Ablauf oder auch während 
des Abklingens akuter Prozesse (tuber- 
kulöse Pneumonien), ferner bei anschei- 
nend stationären Fällen mit sehr ausge- 
breitetem Lungenbefund und Destruk- 


tionen. Stabilbleiben des niedrigen Index 


bei fortschreitender Tuberkulose deutet 
auf Staphylokokkenmischinfektion. Ver- 
minderter Index wurde bei einem Falle 
von Lungensyphilis gefunden. Wieder- 
holte Bestimmungen über lange Zeiträume 
hinaus sind stets erforderlich, prognostisch 
eilen meist die klinisch nachweisbaren 
fortschreitenden Kennzeichen der Op- 
soninbestimmung voraus. 

Der Anwendung des Marmorek- 
Serums folgte sofortiges Ansteigen des 
Index. Bei Tuberkulingebrauch erfolgte 
zunächst ein Fallen, dann ein Steigen 
des Index über den ursprünglichen Wert 
hinaus. F. Köhler (Holsterhausen). 


Vogel: Das Vorkommen und die Be- 
deutung halbseitig erhöhter Tem- 
peraturen bei Lungenaffektionen. 
(Münch. med. Wchschr. 1908, Nr. 39.) 


Verf. bringt zum Thema interessantes 
kasuistisches Material, auch bei Tuber- 
kulininjektionen zeigte sich mehrfach die 
höhere Axillartemperatur auf der Seite 
der vorwiegenden Lungenaffektion. 

F. Köhler (Holsterhausen). 


Moro-München: Klinische Überemp- 
findliehkeit. I. Mitteilung: Tuber- 
kulinreaktion und Nervensystem. 
(Münch. ıned. Wchschr. 1908, Nr. 39.) 


Bei Anwendung der perkutanen Tu- 
berkulinreaktion beobachtete Verf. eine 
symmetrische Reaktion. Es trat nänı- 
lich in einer Anzahl von Fällen nach 
Einreibung von Tuberkulinsalbe nicht nur 


454 


an dem Orte der Finreibung, sondern 
auch kontralateral, und zwar an der dem 
Inunktionsorte genau symmetrisch ge- 
legenen Hautpartie die Reaktion auf. 
Ferner wurde disseminierte Fernreaktion 
der Haut beobachtet, indem nach Tu- 
berkulinsalbeneinreibung typische Efilo- 
reszenzen an verschiedenen Körperstellen 
auftraten. In einem Falle wurde eine 
halbseitige, gürtelförmige Mitreaktion der 
Haut geschen. Verf. hält die Annahme 
einer Mitwirkung des Nervensystems zur 
Erklärung dieser Erscheinungen bei der 
Tuberkulinreaktion für unumgänglich. Es 
gelangt oflenbar der durch das Tuber- 
kulin gesetzte Hautreiz bis zum Rücken- 
mark. In einem Falle stellte Verf. 
rasches Verschwinden eines Lichen scro- 
phulosorum nach Einreibung mit Tuber- 
kulinsalbe im Zentrum des Lichengebicts 
fest. Die perkutane Tuberkulinreaktion 
fabt Moro nach diesen Erfahrungen als 
angioneurotische Entzündung auf und 
zwar als einen ;,Spiitreflex“ im Sinne 
Kreibichs. Aber auch für die übrigen 
Tuberkulinreaktionen hält Verf. die An- 
nahme einer spezifischen Reizbarkeit des 
tuberkuloseinfizierten Individuums hin- 
sichtlich seines Nervensystems gegenüber 
dem Tuberkulin, sozusagen eine spezi- 
fische nervöse Allergie, für berechtigt. 
F. Köhler (Holsterhausen). 


Siegert-Cöln: Die Bedeutung der ku- 
tanen Tuberkulinreaktion (v. Pir- 
quet) für die tägliche Praxis des 
Arztes. (Ztschr. f. ärztl. Fortbildung 
1908, Nr. 19.) 

Siegert empfiehlt die Kutanreaktion 
nach v. Pirquet, die er als recht zu- 
verliissig und einfach ansicht, für die 
Sprechstunde des praktischen Arztes und 
mibt ihr einen recht bedeutenden Wert 
zu. F. Köhler (Holsterhausen). 


F. Dieterlen: Beitrag zur Frage der 
Schnelldiagnose der Tuberku- 
lose im l'ierversuch. (Tuberkulose- 
arbeiten aus dem Kaiserl. Gesundheits- 
amt 1908, Heft 9, Berlin, Julius 
Springer.) 

Die einige Tage nach der subku- 
tanen Injektion von tuberkuloseverdäch- 
tirem Material auftretende Schwellung 


REFERATE. 














ZEITSCHR. f. 
TUBER KULOSE 


der gequetschten Drüsen (Blochsche 
Versuche) ist für Tuberkulose nicht spe- 
zifisch. Lassen sich in den exstirpierten 
Drüsen nach Ziehl färbbLare Bakterien 
nachweisen, so wächst damit die Wahr- 
scheinlichkeit, daß das verdächtige Ma- 
terial Tuberkelbazillen enthält. Mit Sicher- 
heit kann jedoch die Diagnose Tuberkulose 
erst dann gestellt werden, wenn die Er- 
krankung der Drüsen auf die inneren 
Organe fortgeschritten, wenn es zu einer 
generalisierten Tuberkulose des Versuch- 
ticres gekommen ist. Damit ist auch 
die letzte Fehlerquelle, das event. Vorhan- 
densein von anderen siiurcfesten Stäbchen 
als Tuberkelbazillen im Ausgangsmaterial 
ausgeschlossen. Es wird also auch in 
Zukunft einer Zeit von ca. 6 Wochen 
bedürfen, um im Meerschweinchenver- 
such die einwandfreie Diagnose auf Tu- 
berkulose stellen zu können, 
F. Köhler (Holsterhausen). 


Dr.Schamelhout: Huid-enoogproeven 
bij tuberculose. — Über Haut- und 
Konjunktivalreaktion bei der Tuber- 
kulose. (Sept.-Abdr. aus: Ann. de la 
Soc. de Méd. d'Anvers, Mai 1908.) 

Die Geschichte der Haut- und der 
konjunktivalen Reaktion wird in einer 
ausführlichen Literaturübersicht klar aus- 
einandergesetzt. Vert hat die Haut- 
reaktion nach v. Pirquet bei 50 Kran- 
ken geprüft und kommt zu den folgen- 
den Schlüssen. Von 6 klinisch nicht 
Tuberkulösen zeigten 4 keine und 2 ver- 
spätete Reaktion; von 9 wegen erblicher 
Belastung tuberkuloseverdächtigen Patien- 
ten hatten 2 keine Reaktion, 1 Reaktion 
1. Grades, 6 Spätreaktion. Von 17 wegen 
chronischer Bronchitis verdächtigen Pa- 
tienten zeigten 7 keine, und I eine Spur 
von Reaktion, während bei 4 Reaktion 
1. und bei I Reaktion 2. Grades be- 
obachtet wurde. Von 18 klinisch Tuber- 
kulösen haben 3 nicht reagiert; 3 haben 
eine Spur von Reaktion, 6 Reaktion 1., 
5 Reaktion 2. Grades, ı Spätreaktion 
gezeigt. 

Unangenehme Nebenwirkungen wur- 
den nicht beobachtet. Die Hautreaktion 
ist spezifisch; über den diagnostischen 
Wert gibt Verf. kein Urteil ab. Zu der 
Anwendung der konjunktivalen Reaktion 


BO.XII,HEFT 5. 
1908. 


REFERATE. 








hat sich der Verf. nicht entschließen 
können. Vos (Hellendoorn). 


Prof. W. Nolen: De diagnose der 
beginnende longtuberculose. — 
Die Frühdiagnose der Lungenschwind- 
sucht. (Ned. Tijdschr. v. Geneesk., 1908, 
2. Hälfte, Nr 8.) 

Mit der Absicht, die Bedeutung der 
Röntgenuntersuchung für die Diagnose 
der beginnenden Tuberkulose abzugrenzen, 
behandelt Verf. zuerst eingehend die 
sogen. älteren‘ Methoden der Lungen- 
untersuchung, wobei er Gelegenheit hat, 
auch auf die neueren Ergänzungen deralten 
Methoden die Aufmerksamkeit zu lenken. 
Nach einer ausführlichen Behandlung der 
Inspektion und der Palpation folgt die 
Perkussion. Insbesondere wird der Wert 
der symmetrischen und der  leisesten 
Perkussion betont; es soll sowohl nach 
dem Krönigschen wie nach dem alten 
Perkussionsmodus perkutiert werden; auch 
die Goldscheidersche Methode wird 
kurz beschrieben. Aber nur durch die 
Auskultation sei man imstande, noch 
floride von abgelaufenen Prozessen zu 
trennen. — Es wird sodann an der Hand 
einiger kurzgefaßter Krankengeschichten 
und Röntgenogrammen auf den Wert der 
Radiographie als Untersuchungsmethode 
hingewiesen, woraus der Verf. schließt, 
daB die Röntgenuntersuchung nicht mehr 
zu entbehren ist für die Diagnostik der 
Lungenerkrankungen, und insbesondere 
der intrathorakalen Drüsenschwellungen. 

Vos (Hellendoorn). 


Polland: Die Gefahren der Ophthal- 
moreaktion. (Wien. klin. Wchschr. 
9. Juli 1908, Nr. 28.) 

Unter einer verhältnismäßig geringen 
Zahl von Reaktionen hat Verf. dreimal 
üble Zufälle auftreten sehen, darunter 
war ein Fall, bei dem es zu einer dau- 
ernden Schädigung des vorher ganz ge- 
sunden Auges kam. Die Reaktion soll 
also stets dann unterbleiben, wenn die 
Diagnose anderweitig sichergestellt ist, sie 
soll nur dann angestellt werden, wenn 
alle anderen Methoden der Diagnostik 
versagen und wenn von der Diagnose- 
stellung viel abhängt. 

Naumann (Reinerz-Meran). 








ee, 


Hamburger: Die pathologische Be- 
deutung der Tuberkulinreaktion. 
(Wien. klin. Wchschr. 10. Juli 1908, 
Nr. 29.) 

Die positive Tuberkulinreaktion zeigt 
an, daB eine gewisse Immunität gegen 
Tuberkulose besteht. Die Tuberkulose 
ist eine Kinderkrankheit, die fast ein jeder 
durchmacht und vielen eine gewisse Im- 
munitát gegen eine Reinfektion verleiht, 
der Index hierfür ist die Reaktionsfähig- 
keit auf Tuberkulin. 

Naumann (Reinerz-Meran). 


v. Pirquet: Das Verhalten der ku- 
tanen Tuberkulinreaktion wäh- 
rend der Masern. (Deutsch. med. 
Wchschr. 23. Juli 1908, Nr. 30.) 

Während der Masern verlieren tu- 
berkulöse Kinder während einer Woche 
die Fähigkeit auf Tuberkulin zu reagieren, 
vielleicht deshalb, weil während der 

Masern die Tuberkulose an Ausbreitung 

gewinnt. Naumann (Reinerz-Meran). 


Krokiewicz: Über die konjunktivale 


Tuberkulinreaktion. (Wien. klin. 
Wchschr. 6. Aug. 1908, Nr. 32.) 
In manchen Fällen vermag die 


Reaktion einen wichtigen diagnostischen 
Behelf zu bieten. Da sie aber auch bei 
nicht tuberkulös Erkrankten auftreten 
kann, ist ihr klinischer Wert sowohl hin- 
sichtlich der Diagnose wie der Prognose 
doch nur ein sehr relativer. 

Naumann (Reinerz-Meran). 


Grüner: Die kutane Tuberkulin- 
reaktion im Kindesalter. (Wien. 
klin. Wchschr. 2. Juli 1908, Nr. 27.) 


Im Säuglingsalter und in den fol- 
genden zwei Jahren ist die Kutanreaktion 
ein wertvolles oft ausschlaggebendes dia- 
gnostisches Mittel, später ist die Methode 
nur mit Vorsicht zu verwerten. Progno- 
stisch vermag die Kutanreaktion gleich- 
falls Anhaltspunkte zu liefern. Bei po- 
sitiv reagierenden Säuglingen ist die 
Prognose sehr schlecht. Auch das Aus- 
sehen der Reaktion ist von Bedeutung: 
wenig erhabene, livid verfärbte Reaktio- 
nen geben eine schlechte Prognose. 

Naumann (Reinerz-Meran). 





Ä - ZEITSCHR. f. 
SE Be __TUBERKULOSE 
Kanitz: Untersuchungen über die" dukten von Tuberkelbazillensub- 


perkutane Tuberkulinreaktion 
nach Moro. (Wien. klin. Wchschr. 
9. Juli 1908, Nr. 28.) 
Der Verf., der die Morosche Sal- 
benprobe an 350 Fällen vorgenommen 
hat, kommt zu folgendem Ergebnis: Eine 


negative Reaktion spricht nicht mit Sicher- : 


heit gegen eine Tuberkulose, ihr positiver 
Ausfall ist nicht sicher beweisend für 
ihr Bestehen. Andererseits ist eine Be- 
ziehung zwischen Tuberkulose und der 
Salbenreaktion unverkennbar vorhanden. 
Naumann (Reinerz-Meran). 


lösen Allergie bei einem Falle 
von Masern und Miliartuberku- 
lose. (Wien. klin. Wchschr. 11. Juni 
1908, Nr. 24.) 

Während der Masern konnte der 
Verf. eine deutliche Abschwächung der 
tuberkulösen Allergie durch die Kutan- 
reaktion feststellen. 2—4 Tage nach 
dem Auftreten des Ausschlages fiel die 
Reaktion überhaupt negativ aus, um dann 
wieder auf normale Werte zu steigen. 
Der ganz genau beobachtete Fall nahm 
den Ausgang in Miliartuberkulose, die 
aufs neue Reaktionsunfähigkeit des Or- 
ganismus zur Folge hatte. 

Naumann (Reinerz-Meran). 


Czastka: Beziehung der Pirquetre- 
aktion zum Gehalt an Antikör- 
pern, Perlsucht-Pirquet. (Wien. 
klin. Wchschr. 11. Juni 1908, Nr. 24.) 

Im Gegensatz zu Wassermann 

und Bruck konnte der Verf. in einem 
größeren Prozentsatze bei nicht mit Tu- 
berkulin behandelten Personen Antikörper 
nachweisen. Sichere Beziehungen zwischen 
Reaktion und Antikörpergehalt des Blutes 
waren nicht nachzuweisen, denn die Re- 
aktion fiel oft trotz hohen Antikörper- 
gehaltes negativ aus und andererseits 
wurden bei Fehlen von Antikörpern Re- 
aktionen beobachtet. Nach diesen Ver- 
suchen vermag Cz. der Bakteriolysin- 
theorie von Wolff-Eisner nicht zuzu- 
stimmen. Naumann (Reinerz-Meran). 


Ditthorn und Schultz: Über Kutan- 


reaktionen mit Eisenfällungspro- 





stanzen. Vorläufige Mitteilung. 
(Deutsch. med. Wchschr. 9. Juli 1908, 
Nr. 29.) 


Die Verff. stellten aus Tuberkel- 
bazillen auf dem Wege der Eisenfällung 
(Eisenoxychloridlösung) mehrere Präparate 
dar, mit denen sie Kutanreaktionen aus- 
zulösen versuchten. Aus ihren Versuchen 
ergab sich, daB bei klinisch Unverdäch- 
tigen die Zahl der positiven Reaktionen 
viel kleiner war, als bei Verwendung 
von 25°/ igem Alttuberkulin, ohne daß 


D 
deshalb die Zahl der positiven Reaktionen 


i bei ällen des Anfangs- und Mittel- 
von Pirquet: Verlauf der tuberku- | bei den Fällen des Anfangs- und Mitte 


stadiums der Tuberkulose verringert war. 
Naumann (Reinerz-Meran). 


Ziesché: Die kutane Impfung mit 
Tuberkulin nach von Pirquet in 
ihrer Bedeutung für die Dia- 
gnose und Prognose der Tuber- 
kulose. (Berl. klin. Wchschr. 22. Juni 
1908, Nr. 25.) 

Der Wert der Haut- wie der Augen- 
probe ist, selbst wenn sie gleichzeitig an 
einer Person vorgenommen werden, nur 
ein bedingter, da ihr Ausfall ein un- 
sicherer ist. 

Noch geringer scheint der progno- 
stische Wert der Proben zu sein; hier 
bedarf es noch weiterer Erfahrungen. 
In zweifelhaften Fällen vermag die Haut- 
probe im Verein mit sorgfältigster kli- 
nischer Untersuchung vielleicht doch man- 
chen diagnostischen Zweifel beheben zu 
helfen. Naumann (Reinerz-Meran). 


Lans, Hans: Die Bedeutung der Kon- 
junktival-, genannt Ophthalmo- 
reaktion als Diagnostikum des 
praktischen Arztes. (Wien. klin. 
Wchschr. 6. Aug. 1908, Nr. 32.) 


Beschreibung der Methode, des Ver- 
laufes, der Kontraindikationen, die dem 
praktischen Arzte dringend als diagno- 
stisches Hilfsmittel empfohlen wird. 

Naumann (Reinerz-Meran). 


WoJff-Eisner: Die Gefahren der Oph- 
thalmoreaktion und ihre Ver- 
meidung. (Wien. klin. Wchschr. 
13. Aug. 1908, Nr. 33.) 


Der Autor unterscheidet technische 


BD.XTILHEFT 6. 


HI REFERATE. 457 
und sachliche Kontraindikationen. Zu | Prophvlaxc. 


den technischen rechnet er die Benutzung 
ungeeigneter Lösungen, nicht frisch her- 
gestellte oder ungeeignete Präparate, vor 
allem die sog. Testpräparate. Unter den 
sachlichen Kontraindikationen führt er 
zunächst Reinstillationen an, dann Augen- 
tuberkulose oder Augen mit Residuen 
skrofulöser Erkrankung. Zur Verwendung 
wird das Ruete-Enochsche Tuberkulin 
empfohlen. Bei Verwendung dieses Prä- 
parates und Beachtung der aufgeführten 
Kontraindikationen lassen sich Schädi- 
gungen vermeiden. 
Naumann (Reinerz-Meran). 


J. Ostenfeld: Om Tuberkulindiagno- 
stik. (Nord. Tidsskrift for Terapi 1907, 
VII, 

Entgegnung auf die obige Arbeit. 
Behauptet, daß die Gefahren bei der 
Tuberkulindiagnostik bei richtiger Aus- 
wahl der Fälle minimal sei. 

Chr. Saugman (Vejlefjord). 


H. J. Bing: Noglenyere Tuberkulose- 
reaktioner. (Hosp. Tid. 1907, Nr. 45.) 
Wenige Versuche mit Ophthalmo- 
reaktion nach Calmette. Erfolge zwei- 


felhaft. Empfiehlt Vorsicht. 
Chr. Saugman (Vejlefjord). 
A. Beyer: Undersögelse af Opspyt 


for Tuberkelbaciller ved Anven- 
delse af Centrifugering. (Hosp. 
Tid. 1907, Nr. 43.) 

Stehenlassen des Sputums bei 90 
bis 95° in ı bis mehreren Stunden, Ver- 
setzen mit 2,5 Vol. alkaleszierten Wassers, 
langsames Erwärmen und dann Zentrifu- 
gieren, Chr. Saugman (Vejlefjord). 


A. Bartholdy und G. E. Permin: Bi- 
drag til Vurderingen af den 
v. Pirquet'ske Tuberkulinpróves 
diagnostiske og prognostiske Be- 
tydning. (Hosp. Tid. 1907, Nr. 14.) 

Verff. erhielten Resultate denen an- 
derer Forscher entsprechend, so auch daß die 

v. Pirquetsche Probe sich in ihrer jetzigen 


Form nicht zum diagnostischen Ge- 
brauch bei Erwachsenen cignet, weil 


88°/, klinisch nicht tuberkulös reagierten. 
Chr. Saugman (Vejlchord). 


Zeitschr. f. Tuberkulose. NIII 





Zondek: Über Walderholungsstätten 
für Kinder. (Medic. Kelorm 1005, 
Nr. 8.) 

Empfehlung und Gründung einer 
Kinderheimstätte oder wenigstens einer 
größeren Anzahl von Kinder - Walder- 
holungsstätten für Berlin. 

Schellenberg (Ruppertshain). 


L. Ascher: Soziale Hygiene und so- 
ziale Gesundheitsämter (Med. 
Reform 1908, Nr. 30, p. 357) 

Die Sozialhvgiene ist ein Grenzge- 
biet zwischen Natur- und Sozialwissen- 
schaften, sie hat soziale Massenerschel- 
nungen in naturwissenschaftlich erfabbare 


Einzelheiten aufzulösen. Ihre Methode 
ist eine analytische, ihre Technik in der 
Hauptsache eine statistische. An der 
Hand von sehr instruktiven Tabellen 


zeist Verf. die Bedeutung des Gesetzes 
der natürlichen Widerstandskratt, 
die vom Säuglingsalter zum schulpflich- 
tiren steigt, hier am größten ıst und 
langsam zum Greisenalter fällt. „Sie, 
nicht die äußere Schädlichkeit beherrscht 
die Kränklichkeit und Sterblichkeit der 
verschiedenen Altersklassen.“ Tuberkulose- 
statistische Tabellen ergaben, daß die 
Infektionsháufigheit mit der Infektions- 
gelegenheit steigt, bis zum Verlassen des 
Elternhauses (ca. 18. Lebensjahr) ihren 
Höhepunkt erreicht und daß die Sterb- 
lichkeit ganz anders verläuft. Krank- 
werden und Sterben richten sich vor- 
wiegend nach der inneren Widerstands- 
kraft. Die Tuberkuloscerkrankungen sind 
in der Schulzeit, in der Zeit des dichte- 
sten Beisammenlebens ganz außerordentlich 
selten. Wenn Naegeli bei seinem kleinen 
Untersuchungsmaterial der Konstitution 
keinen Einfluß auf die Tuberkulose zu- 
schreibt, so beweisen grobe Zahlen einen 
solchen in unwiderleglicher Weise. Verf. 
wendet sich gegen Cornets und B. Fraen- 
kels Ausführungen über die Abnahme 
der Tuberkulosesterblichkeit in den 80 er 


Jahren des vorigen Jahrhunderts. Da 
unsere Tuberkulosesterblichkeit nament- 


lich im letzten Jahrfünft (1900 — 1005) 
eine geringere Abnahme zeigt und die 
Arbeiterverhältnisse bei uns enerzische 
Fortschritte gemacht haben, kann man 


30 


458 


nicht der bakteriologischen Bekämpfung 
den Erfolg zuschreiben. 

Wichtiger als die in letzter Zeit 
wiederholt gewünschten Lehrstühle für 
soziale Hvgiene hält Verf, vorläufig noch 
Arbeitsstätten — sogenannte „soziale Ge- 
sundheitsämter‘“, denen Muster die 
Königsberger Fürsorgestelle für Lungen- 
kranke und Tuberkulóose dienen könnte. 
Es emphehlt sich, das Arbeitsgebiet auf 
die Provinz oder auf eine wirtschaftliche 
Einheit (Rheinland, Westfalen, Schlesien 
etc.) auszudehnen und den Staat zum 
Beitritt zu bewegen. 

Schellenberg (Ruppertshain). 


als 


Diskussion über den Vortrag von Dr. L. 
Ascher: „Soziale Hygiene und 
soziale Gesundheitsämter“. (Med. 
Reform 1908, Nr. 30, p. 302.) 

Grotjahn erklärt die Methode der 
sozialen Hvgiene nicht wie Ascher für 
eine analytische, sondern für eine syn- 
thetische. Als ihre Ililfswissenschaften 
kommen in erster Linie Physik, Chemie, 

Bakteriologie und die technischen Dis- 

ziplinen in Frage. Die soziale Hygiene 

muß der phvsikalisch-biologischen Hy- 
giene als Ergänzung zur Seite treten. 

Ryser hält jetzt, wo der Ruf nach Lehr- 

stühlen für soziale Medizin und Hygiene 

allmählich in den Vordergrund des In- 
teresses rückt, die Hervorhebung der 

Bedeutung der Arbeitsstätten für nicht 

geboten, da er sich ein gewinnbringendes 

Wirken des einen ohne das andere nicht 

denken kann. Lennhoff hält die Ver- 

größerung der von Ascher gewünschten 
sozialen Wollfahrtseinrichtungen durch 
sozialmedizinische Forschungsämter zwecks 

Belehrung der jungen Mediziner für einen 

großen Gewinn und stimmt den Ascher- 

schen Ausführungen über die Bedeutung 
des Dezimetergewichtes für die Feststel- 
lung der Konstitution in vollem Mabe 
zu. Tugendreich ko:statiert, daß die 

Sterblichkeitskurve der an Tuberkulose 

in Berlin verstorbenen Weiber Wellen- 

form und nicht die V-Form besitzt und 
der der Männer gar nicht ähnlich ist. 

Von einem gesetzmäßigen Verlauf der 

Kurve, wie Ascher es tut, ist deshalb 

nur mit Vorsicht zu sprechen. Gesund- 

heitsamt und Lehrstuhl für soziale Hygiene 


REFERATE. 


| 


ZEITSCHR. f. 
_ TÜBERKULOSF 


gehören unbedingt zusammen. Nach 
Munter soll der Lehrstuhl für soziale 
Medizin den Ärzten, ohne deren sach- 
verständige Mithilfe die Bekämpfung der 
Volkskrankheiten unvollkommen bleiben 
muß, „schon bei ihrer akademischen Vor- 
bildung dasjenige wissenschäftliche und 
sozialhygienische Material zusammen- 
stellen, das ihnen später die Fähigkeit 
und Freude an der Mitarbeit verschafit". 

In seinem Schlußwort betont Ascher 
nochmals, daß man unter allen Umstän- 
den die Zersplitterung des Materiales 
vermeiden muß. Die von Tugendreich 
beobachtete Abweichung der Sterblich- 
keitskurve der Weiber von der der Männer 
verändert die allgemeine Sterblichkeits- 
kurve nicht, die sich auf ganz große 
Zahlen aufbaut. 

Schellenberg (Ruppertshain). 


J. A. Miller: The association of tu- 
berculosis clinics of the city of 
New York. (New York Med. Journ. 
1908, Mai 10.) 

Die große Mehrzahl der tuberkulösen 
Armen Neuvorks, die ambulant sind, 
werden in Spezialpolikliniken behandelt. 
Die besonderen Vorzüge dieser Anstalten 
sind, wie bekannt, folgende: ı. Die Fälle 
werden besser studiert. 2. Sie sind von 
anderweitig Kranken getrennt. 3. Sie 
werden in ihren Wohnungen von spezi- 
ellen P’flegerinnen besucht, die ihre häus- 
lichen Verhältnisse studieren und Pro- 
phylaxe und Behandlung überwachen. 
4. Milch und Eier werden von der Po- 
liklinik aus an dürftige Patienten gratis 
verabreicht. 5. Die Polikliniken stehen 
in enger Verbindung mit wohltätigen Ge- 
sellschaften, Kliniken und Sanatorien. 
Die von letzteren entlassenen Patienten 
werden in den Polikliniken weiter be- 
aufsichtigt und behandelt. 6. Junge 
Ärzte finden hier die beste Gelegenheit, 
die Krankheit früher erkennen und behan- 
deln zu lernen. 

Die verschiedenen Tuberkulosepoli- 
kliniken (zurzeit 10 an Zahl) haben sich 
zusammengetan und arbeiten unter sich 
und mit dem Gesundheitsamt und wohl- 
tätigen Gesellschaften Hand in Hand. 
Die Stadt ist in Distrikte eingeteilt. Die 
ambulanten Tuberkulösen müssen in die 


BD.XIII, HEFT 5. 
1908. 


Spezialpoliklinik des Distriktes zur He: 
handlung gehen und unterstehen ihrer 
Überwachung. 

Sie und ihre Familien werden auf 
Empfehlung der Klinik von wohltätigen 
Körperschaften unterstützt. Dadurch wird 
vermieden, daB die Kranken von An- 
stalt zu Anstalt wandern, daB die be- 
suchenden Pilegerinnen zu viel Zeit ver- 
lieren und daß die verschiedenen Agentien, 
die sich der tuberkulösen Armen an- 
nehmen, sich entgegenarbeiten. Das ganze 
Problem wird dadurch in ein einheitliches 
sehr wirksames System gebracht. 

G. Mannheimer (Neuyork). 


Heymans: Über Tuberkuloseschutz- 
impfung beim Rinde. (Wien. klin. 
Wchschr. 18. Juni 1908, Nr. 25) 

Nachdem es feststeht, daß der unter 
dem Einflusse von Tuberkeln stehende 

Organismus gegen eine neue Tuberkel- 

bildung widerstandsfäühiger ist, muB die 

Schutzimpfung das Ziel im Auge haben, 

einen impfenden Tuberkel ohne die Nach- 

teile der spontanen herzustellen. H. 

glaubt dieses Problem gelöst zu haben, 

indem er ein mit I mg lebender ver- 
dünnter Bazillen gefülltes gut verschlos- 
senes Schilfrohrsäckchen dem zu schüt- 
zenden Tiere unter die Haut bringt. 

Auf dem Wege der Diffusion impräg- 

nieren dann die eingeschlossenen Bazillen 

den Körper des Tieres mit ihren spezi- 
fischen Stoffen. Die nach dieser Me- 
thode behandelten Tiere sind weniger 
schnell und weniger hochgradig infizierbar, 
als die Kontrolltiere, sie verhalten sich 
resistenter sowohl gegen die künstliche 
wie gegen die spontane Infektion. 

Naumann (Reinerz-Meran). 


IV. Therapie. 


John A. McGlinn: Oxygen in the 
treatment of tuberculous peri- 
tonitis. (New York Med. Journ. 1908, 
Aug. 22.) 


Von den 3 Formen der tuberkulüsen 
Peritonitis, der ascitischen, fibrósen und 


REFERATE. 














= 459 

ulcerósen Form, wird die erste in */, der 
Fille durch Laparotomie geheilt. Die 
beiden anderen werden durch chirur- 
gische Behandlung nicht beeinflußt. Verf. 
schlägt vor, auch in diesen Fällen die 
Laparotomie zu machen, durch die Bauch- 
wunde reinen Sauerstoll in die Bauch- 
höhle einzuleiten und entweder für 30 Mi- 
nuten darinnen zu lassen vor Schluß der 
Wunde oder nur einige Minuten, aber 
dann die Anfúllung der Bauchhôühle 
mehrere Male zu wiederholen. Er be- 
richtet 4 derartig mit Erfolg behandelte 
Fälle. G. Mannheimer (Neuyork). 


S. F. Wilcox: Inunction of jodoform 
in tuberculous peritonitis. (Med. 
Record 1908, Mai 2.) 

Jodoform wird in Äther gelöst und 
diese Lösung mit Ol gemischt, in be- 
liebigem Verhältnis. Es entsteht eine 
vollkommene Lösung; z. B. Jodoform 8,0, 
Ather 75,0, Olivenöl oder Lebertran ad 
250,0 — morgens und abends in die 
Bauchhaut einzureiben. Bericht von drei 
Fällen von tuberkulöser Peritonitis, die 
angeblich unter dieser Behandlung heilten. 
(NB! Durchaus nicht beweisend! Referent.) 

G. Mannheimer (Neuyork). 


A. C. Geyser: À preliminary report 
of sixteen cases of pulmonary 
tuberculosis treated by new and 
physiologic methods with un- 
usually satisfactory results. (Amer. 
Med. 1908, Febr.) 

Die Idee ist Stauungshyperämie der 
Lungen. Die inneren Organe, also auch 
die Lungen, werden dadurch hvperimi- 
siert, daß Esmarchsche Gummibinden 
alle 2 Stunden ftir je 25 Minuten an die 
Extremitäten angelegt werden, und Patient 
gleichzeitig eine Lösung von Jod in Pa- 
raffinum liquid. aus einem Zerstáubungs- 
apparat inhaliert. Außerdem wird Patient 
zweimal täglich hvdrotherapeutischen Pro- 
zeduren unterworfen, die den gleichen 
Zweck erfüllen sollen. 

Die unmittelbaren 
sehr befricdisend. 

G. Mannheimer (Neuyork). 


Erfolge seien 


John Ritter: Corn oil in the treat- 
ment of pulmonary tuberculosis. 
30° 


400 


(Journ. of the Amer. Med. Association 
1008. Juli 4.) 

Verf. weist auf die Verwendbarkeit 
von Maisól in der Behandlune von Lun- 
centuberkulose hin. Das Ol ist cin Ne- 
benprodukt in der Erzeugung von Stärke 
aus Mais. Es ist wohlschmeckend, reiz- 
los und ungemein billig. Eben deshalb 
empfiehlt es sich in der Armenpraxis als 
vorzügliches Substitut für Lebertran oder 
Olivenöl. G. Mannheimer (Neuyork). 


G. Morton Illman: The opsonic treat- 
ment of disease. (New York Med. 
Journ. 1908, Juni 27.) 

Verf. gibt ausführliche Geschichten 
von 30 Fällen, die mit Vaccinen nach 
der Wrightschen Methode behandelt 
wurden. Darunter befanden sich 13 Tu- 
berkulöse, 5 waren gonorrhoische, 6 Sta- 
phrlokokken-, 3 Streptokokken- (2 Erysi- 
pelas), 1 Colon-, 1 Typhus- und 1 Misch- 
infektion. Folgende Schlüsse werden 
gezogen: I. Wenn zeitlich eingeleitet, ist 
die Behandlung wertvoll. 2. Es ist nicht 
nötig, für jeden Fall spezielle, autogene 
Vaccine zu bereiten. In Vorrat gehaltene, 
von anderen Kulturen bereitete Vaccine 
sind ebenso» wirksam und erleichtern die 
schleunige Einleitung der Behandlung. 
3. Die Behandlung kann auch ohne 
häufige opsonische Bestimmungen durch- 
geführt werden, muß aber dann viel 
vorsichtiger geschehen. 4. Die besten 
Resultate wurden erzielt bei Tuberkulose, 
Staphrlo- und Streptokokkeninfektion. 

G. Mannheimer (Neuyork). 


C. H. Würtzen und R. Kjer-Petersen: 
Om kunstig Pneumothorax. (Hosp. 
Tid. 1908, Nr. 18.) 

Technische Anweisungen. Besonders 
wird empfohlen eine Troikurt mit seit- 
licher schlitzförmiger Olfnung und das 
kKinlaufenlassen des Gases unter dem 
kleinstmörlichen Druck. 


Chr. Saugman (Vejlefjord). 


Th. Rovsing: Temporar osteoplastisk 
Resektion af Brvstvaggen ved 
kronisk Empvem i Pleura og ved 
Lungeabscesscr. (Hosp. Vid. 1908, 
Nr. 1. 

Verf. 


beschreibt eine sehr schón 


REFERATE. 














ZEITSCHR. f. 
TUBERKULOSE 





ausgedachte Operation zur Bloblegung 
größerer Partien der Lunge. Ein U- 
förmiger Schnitt, die ganze Scapula um- 
schreibend, Resektion von je 2mal ı cm 
sämtlicher Rippen der Schnittlinie, 
Durchtrennung des Periosts und nachher 
der Zwischenrippenräume, so daß ein 
großer Lappen, Brustwand und Scapula 
hinaufgeklappt werden kann, wodurch 
man einen guten Einblick in die betr. 
Brusthälfte gewinnt. Bei Empyem dann 
Dekortikation der Lungenoberfläche und 
Entfernung der Membrane. Nachher 
lockere Tamponade (Lapisgaze). Nachdem 
die Höhle sich verkleinert, wird nach 
und nach der Lappen reponiert und ver- 
wächst. Vorzüge vor Scheedes Opera- 
tion, daß eine solide, fast normale Brust- 
wand erhalten bleibt. Verf. will auch 
dieser Operation vor der Estlanderschen 
den Vorzug geben. 

Bei Pneumotomie (AbszeB, Bron- 
chiektasien u. dgl.) gibt die osteoplastische 
Resektion der Brustwand einen vorzüg- 
lichen Einblick auf das Operationsfeld 
und guten Platz zum Arbeiten. Be- 
schreibung schön gelungener Operationen. 

Chr. Saugman (Vejlefjord). 


C. Bang und Fr. Tobiesen: En Sterili- 
sator til Opspyt. (Hosp. Tid. 1908, 
Nr. 6.) 


Für kleinere Krankenhäuser. 
Chr. Saugman (Vejlefjord). 


E. Schmiegelow: Kliniske Bidrag til 
Osophagoskopiens og Tracheo- 
skopiens Betydningi diagnostisk 
og prognostisk Henseende. (Hosp. 
Tid. 1908, Nr. 2.) 

Interessante Kasuistik. 
rierende  tuberkulóse  Mesenterialdrúse 
bricht während des Tracheoskopierens 
in die Luftröhre hinein und wird ent- 
fernt. Chr. Saugman (Vejlefjord). 


Fine obtu- 


Runck: Bromural in seiner Eigen- 
schaft als schweibhemmendes 
Mittel. (Berl. klin. Wchschr. 15. Juni 
1908, Nr. 24.) 

In abendlichen Dosen von 0.6 ver- 
maz Bromural die Schweiße der Lungen- 
kranken zu kupieren. 

Naumann ‚Reinerz-Meran). 


BD.XIH,HEFT 5, 
1908. 





Tuberkulin: Sera. 


Fernand Arloing - Paris: Nouvelles 


REFERATE. 


401 





tragen hat, aber trotzdem objektiv ver- 
schlechtert war. Der Verf. schließt: es 


considerations sur le mécanisme ist nicht für alle Fälle Denys Behaup- 


et la valeur spécifique de l'oculo- 
réaction à la tuberculine. (Soc. 
de biol., séance du 2 Mai 1908.) 
Der Verfasser hat bei zwei Pferden, 
die seit mehr als 12 Jahren zur Her- 
stellung antidiphtheritischen Serumsdienen, 
positive Ophthalmoreaktion mit Tuber- 
kulin feststellen können. Auch Tiere, 
welche mit tetanischem Toxin imprägniert 
sind, zeigen positive Augenreaktion und 
es ist dies ein Beweis, dab diese Reak- 


tion nicht als etwas absolut Spezifisches : 


fiir Tuberkulose ist, sondern dort 
tritt wo der Körper vasodilatatorische 
Toxine enthält. Je stärker diese Im- 


auf- : 


prägnierung ist, um so deutlicher ausge- ' 


sprochen ist auch die Okuloreaktion mit 
Tuberkulin, bei gänzlichem Fehlen tuber- 
kulöser Erkrankungen. 

u E. Toff (Braila). 


tung zutreffend, daß bei Kranken, welche 
hohe Tuberkulindoses reaktionslos ver- 
tragen, der Prozel in Heilung begriffen 
ist. Für dic Heilung bezw. Besserung 
genügen in der Regel niedere Dosen. 
Jeder Kranke hat seine Optimal-, zugleich 
Maximaldose. Bei progredientem Prozeß 
und Gewichtsabnahme soll die Behand- 
lung eingestellt werden. Es soll auch nur 
ganz allmählich mit der Dosierung ge- 
stiegen werden. Vos (Hellendoorn). 


Ritter: Die spezifische Behandlung 
der Lungentuberkulose. (Deutsch. 
med. Wchschr. 16. Juli 1908, Nr. 20.) 


In den an und für sich günstigen 
Fällen wird durch eine spezifische Be- 


handlung der Dauererfolg gesichert, in 


K. K. K. Lundsgaard: 3 Tilfælde af 


formentlige tuberkulöse Iridocy- 
cliter, behandlede med Tuber- 
kulin. (Hosp. Tid. 1907, Nr. 44.) 

Behandlurg mit Tuberkulin. Er- 
folge anscheinend günstig. 


Chr. Saugman (Vejlefjord). 


Dr. P. C. F. Koch: Over behandeling ` 


van tuberculose van inwendige 
organen med Tuberculine Denys 
(bouillon filtré) — Uber die Be- 


handlung der Tuberkulose innerer 
Organe mittels Denys' Tuberkulin. 
(Ned. Tijdschr. v. Geneesk., 1908, 


2. Hälfte, Nr. 9.) 


Seit fast 3 Jahren hat der Verf. 
11 Kranke mit Denys Bouillon behan- 
delt. Es werden die Krankengeschichten 
ausführlich mitgeteilt. Das Erreichen einer 
hohen Enddose wird nicht mehr an- 
gestrebt. Die behandelten Fälle waren 
keineswegs leichte, und trotzdem sind die 
erreichten Resultate erfreulich. 6 Fille 
wurden vom Tuberkulin günstig beein- 
fluBt, während in 2 Fällen die Verbesse- 
rung vielleicht auch dem Tuberkulin zu- 
zuschreiben sei. Ein Patient hat die 
Behandlung nicht vertragen, während 
einer dieselbe augenscheinlich wohl ver- 


den prognostisch zweifelhaften Fällen 
leitet die Tuberkulinbehandlung oft eine 
Wendung zum Besseren ein und ver- 
mehrt in manchen schweren Fällen die 
Widerstandskraft gegen die Erkrankung. 
Der besondere Vorteil der Heilstätten 
liegt in der Verbindung der hygienisch- 
diätetischen Behandlung mit der Anwen- 
dung spezifischer Mittel. 
Naumann (Reinerz-Meran). 


Senger: Über die Behandlung des 
Lupus mittels Tuberkulinsalbe 
und über eine durch Tuberkulin- 
salben-Einreibung spezifische 
Hautreaktion. (Berl. klin. Wchschr. 
8. Juni 1908, Nr. 23) 

Keine andere Therapie beeinflußt 
den Lupus in so günstigem Sinne, wie 
die Einreibung mit Tuberkulinsalbe in 
Verbindung mit Röntgenstrahlungen. Der 
Autor hält die Salbenreaktion für eine 
streng spezifische und verwertet sie daher 
auch differential-diagnostisch. Bei Ver- 
gleichung mit der von Pirquetschen 
Methode ergab sich, daß die Impfung 
der Salbeneinreibung an Schärfe über- 
legen war. 

Naumann (Reinerz-Meran). 


Klebs: Uber einige weitere Ergeb- 
nisse meiner Forschungen zur 
Geschichte und Behandlung der 


402 


Tuberkulose. / 
17. Aug. 1908, Nr. 33.) 

Das Gewebeknötchen des Virchow- 
schen Tuberkels stellt nur eine engbe- 
erenzte Phase der Krankheit dar, das 
Knötchen kann in langen Perioden fehlen 
und ohne Tuberkulose vorhanden sein. — 
Der Verlauf der Krankheit ist der, daß 
eingedrungene Tuberkelbazillen von Pha- 
cocvthen aufgenommen und den nächsten 
Lymphdrüsen zugeführt werden. Dies 
geschieht infolge der Anwesenheit eines 
im Körper der Tuberkelbazillen enthal- 
tenen Ferments, das Kl. Tuberkelsozin 
‚IS; nennt. Dieses Ferment soll auch 


therapeutische Verwendung finden. Ba- 
Allen und TS haben weiterhin eine 


Lymphomatose (Leukomatose) im Gefolge, 
die eine der wichtigsten Komplikationen 
der Tuberkulose ist. Dieses Stadium ist 
eine Kontraindikation für den zu lange 
fortzesetzten Gebrauch des Tuberkelsozins 
neben seiner TC-Seleninmethode. Bei 
Fällen, die sich refraktiir verhalten, scheint 
die Behandlung mit Blindschleichentuber- 
kelbazillen vollen Erfolg zu haben, da 
diese Abart den direkten Antagonisten 
der menschlichen Tuberkelbazillen dar- 
stellt. Kl. gibt Anweisung für die 
Technik und die Anwendungsweise der 
Injektionen. | 
Naumann (Reinerz-Meran\. 


Glaessner: Über das Marmorek-Se- 
rum. (Deutsch. med. Wchschr. 16. Juli 
1908, Nr. 29.) 

Gl. berichtet über 10 Fälle chirur- 
gischer Tuberkulose, die in der lloffa- 
schen Poliklinik und Privatklinik mit 
Marmorekserum behandelt wurden. Das 
Serum hat sich in keinem einzigen Falle 
schädlich erwiesen. In einzelnen 
Fällen war die Wirkung, die ohne Zu- 
hilfenahme jeder anderen Behandlung 
allein durch das Serum erzielt wurde, 
so autiallend, daß eine spezifische Wir- 
kung unverkennbar war. Das Serum 
wurde subkutan (höchstens 5 ccm) und 
rektal ‚stets 10—20 ccm) angewendet; 
zwischen den einzelnen Injektionen lag 
stets ein Zwischenraum von 3 —4 Tagen, 
nach 10 Injektionen wurde eine Pause von 
8—10 Tagen gemacht. 

Naumann (Reinerz-Meran). 


als 


REFERATE, 


ZEITSCHR. f. 
TUBERKULOSE 


(Berl. klin. Wehschr. ' Köhler: Klinische Erfahrungen mit 


Marmoreks-Serum an 60 Tuber- 
kulosefällen. (Deutsch. med. Wchschr. 
16. Juli 1908, Nr. 29.) 

Bei der Unregelmäßigkeit der Er- 
gebnisse kann von dem Alarmorekserum 
als einem zuverlässigen Heilmittel nicht 
eesprochen werden. Jn manchen Fällen 
ist eine leichte Besserung im Lungen- 
befunde, Alleemeinzustande und hinsicht- 
lich der subjektiven Beschwerden und 
des Gewichtes wohl möglich; Verschlim- 
merungen konnten durch das Serum nicht 
verhindert werden. 

Naumann (Reinerz-Meran). 


V. Bücherbesprechungen. 


Frankenburger: Zur Frage der Heil- 
stättenbehandlung und der An- 
zeigen für dieselbe. (Münch. med. 
Wehschr., Nr. 17, 18, 1908.) 

Kritische Arbeit zur Heilstättenfrage, 
insbesondere zur Frage der Leistungen, 
der Auslese, der Vorzüge gegenüber der 

Nichtanstaltsbehandlung und der Reorga- 

nisation der modernen Heilstätten. Be- 

sonders bemerkenswert, neben anderen 
nicht uninteressanten Reflexionen, ist der 

Hinweis auf die Verschiebung der Erfolg- 

statistiken infolge der großen Zahl Nicht- 

kontrollierter. F. plädiert für die Unter- 
bringung II. Stadien von Lungentuber- 
kulósen in Heilstáitten, während den 

Anfangsfäilen in Fúrsorgestellen und Wald- 

erholungsstätten geholfen werden könne. 

Die Körpergewichtszunahmen pflegen 

allerdines in den Heilstätten bessere zu 

sein. Doch gelingt es bei der anderen 

Behandlung leichter, die Zunahmen zu 

erhalten. Nicht alle II. Stadien sind 

etwa für die ITeilstátten geeignet, vielmehr 
ist durch eine Vorbeobachtung durch eine 


‚Zentralstelle (Krankenhaus, Fürsorgestelle, 


Poliklinik) die geeignete Auslese festzulegen. 
F. Köhler (Holsterhausen). 


Tuberkulose. Organ des Nieder- 
ländischen Zentralen Vereins zur 
Bekämpfung der Tuberkulose. 
(1908, Mai, Nr. 10.) 


BD.XII,HEFT 6. 
1908. 


In diesem Heft gibt zuerst Haent - 
jens ein in Aphorismen gestelltes Merk- 
blatt über die Tuberkulose. Sodann folgt 
eine Abhandlung von Pijnappel über 
die Bedeutung der Heilstätten für die 
Bekämpfung der Tuberkulose. In diesem 
Vortrag, gehalten in der io. Versamm- 
lung des Vereins zur Errichtung und 
Unterhaltung von Volksheilstätten für 
Lungenkranke in den Niederlanden, wird 
insbesondere betont, daß nie eine erfolg- 
reiche Bekämpfung der Tuberkulose mög- 
lich sein wird, ohne dab wir der Behand- 
lung des kranken Individuums unsere 
Aufmerksamkeit lenken, und daß eine 
gut eingerichtete Lungenheilstätte, welche 
allen Forderungen der modernen Phthiseo- 
therapie entspricht, daher für die Tuber- 
kulosebekämpfung von größter Bedeu- 
tung ist. 

Außer einer Übersetzung einer Arbeit 
Cornets über die Verhütung von Lungen- 
krankheiten (Dtsch. Revue, 1907, Okt.), 
enthält das Heft noch den Vortrag, der 
bei der Eröffnung des Kinderhospizes zu 
Katwijk aan Zce, Eigentum des Rotter- 
damer Vereins zur Bekämpfung der Tu- 
berkulose, vom Vorsitzenden Dr. Klinkert 
gehalten worden ist. Den weiteren Inhalt 
des Heftes bilden verschiedene Mlittei- 
lungen über die Tuberkulosebekampfung 
in den Niederlanden. Die Bemühungen 
des Generalsekretärs des Niederländischen 
Zentralen Vereins, Dr. van Gorkon, 
gehen jetzt dahin, daß Auskunfts- und 
Fürsorgestellen überall im Lande errichtet 
werden. Vos (Hellendoorn). 


W. Ebstein: Leitfaden der ärztlichen 
Untersuchung mittels derInspek- 
tion, Palpation der Schall- und 
Tastperkussion sowie der Aus- 
kultation. (Mit 22 Abbildungen, 
Stuttgart 1907, Verlag von F. Encke.) 


Der erste Teil des Buches, nahezu 
ein Drittel des Werkes, enthält die Dar- 
stellung der Inspektion und Palpation — 
von Untersuchungsmethoden, die unge- 
heuer wichtig sind, bei der klinischen 
Ausbildung des Arztes aber nicht immer 
die genügende Berücksichtigung finden. 
Gerade in dieser Beziehung bringt das 
Werk einen trefflichen Ersatz, der dem 


REFERATE. 











403 


Studierenden nicht weniger als dem prak- 
tischen Arzt das Wichtigste in schón zu- 
sammengestellter, nur das Wesentlichste 
bringender Form bietet. Es wird darauf 
hingewiesen, daB das geübte Auge das 


für den Arzt und den Kranken beste 
und angenehmste Mebinstrument ist. 
Darum soll der angehende Arzt den 


Blick schärfen, nicht nur das gewöhn- 
liche Sehen, sondern auch das Sehen 
mit dem geistigen Auge üben und vor 
allem Urteil und Kritik heranbilden. 

Im II. Abschnitt, in dem die Per- 
kussion abgehandelt wird, bespricht Verf. 


zunächst das Instrumentarıum. Mit be- 
sonderer Ausführlichkeit wird die vom 
Verf. eingeführte Tastperkussion be- 


sprochen, ihr wird besonders in Hinsicht 
auf die Bestimmung der Herzresistenz 
eine eingehende Würdigung zuteil. Die 
Bestimmung der Herzresistenz muß der 
der absoluten Ilerzdámpfung voraus- 
gehen, sie macht die Festlegung der re- 
lativen Herzdámpfung überflüssig. Verf. 
unterläßt deshalb auch die Untersuchung 
der relativen Herzdämpfung. 

Bei der Besprechung der Auskul- 
tation gibt er der mittelbaren den Vor- 
zug. Er hält den Stethoskopdurchmesser 
von I cm für das Richtige, für die Lei- 
stungsfihigkeit ist ein der Form der 
Ohrmuschel, besonders ihrem Tragus gut 
angepaltes Ohransatzstück von ausschlag- 
gebender Bedeutung. Es gibt zwei ver- 
schiedene Arten von Ohrmuscheln, bei 
der ersten legt sich der Tragus wie eine 
Klappe von vornher über die Öffnung 
des äußeren Gehörganges, bei der zweiten 
ist der Tragus schmal, nach vorn etwas 
umgekrempelt und ist nicht an scinem 
freien Rande gerundet, sondern besitzt 
eine obere und untere Ecke. Während 
bei der ersten Art die Stethoskopplatte 
den Tragus nach hinten klappt und so- 
mit den äußeren Gehörgang verschließt, 
steigert sie bei der zweiten Art die Um- 
krempelung des Tragus nach vorm und 
macht durch Erweiterung der vorderen 
Gehörgangsöffnung den Gehörgang für 
die Schalleitung noch zugänglicher. Dieser 
Umstand muß beim Anschallen des Ste- 
thoskopes streng berücksichtigt werden. 

Die Phonendoskope und Phono. 
skope werden abfällig beurteilt, während 


404 


dem binaurikulären Schlauchstethoskop 
gewisse Vorzüge nachgerühmt werden. 

Besonders hervorheben möchte ich 
die eine Stelle: „Man hört übrigens 
weder an allen Stellen des Thorax noch 
an identischen Stellen beider Brusthälften 
die Atmungsgeräusche stets gleich stark, 
vielleicht bildet sogar eine vollkommene 
Gleichheit derselben die Ausnahme.“ 
Diese Wahrheit findet in all den Lehr- 
búchern nicht die gebührende Würdi- 
gung. 

Eine Verlängerung 


rechten Lungenspitze läßt allein noch 
keinen Rückschluß auf eine tuberkulöse 
Erkrankung dieser Spitze zu. 

Bei der klinischen Untersuchung des 
Bauches darf die Auskultation nicht auber 
acht gelassen werden. 


Ein geradezu klassisches Buch, das | 


alles, was für das Auge, Ohr und für 
die Hand des guten Praktikers wertvoll 
ist, in präziser, abgeklärter Weise mit 
strenger Vermeidung jedes theoretischen 
Formelkrames bringt und das reife Er- 
gebnis einer jahrzehntelangen klinischen 
Tätigkeit und Erfahrung ist. 
Schellenberg (Ruppertshain). 


Bandelier und Röpke: Lehrbuch der 
spezifischen Diagnostik und The- 
rapie der Tuberkulose. (Curt Ka- 
bitzsch, Würzburg 1909, broch. 6 Mk, 

Die 2. Auflage des Bandelier- 
Röpkeschen Buches ist durch ausführ- 
liche Behandlung der neuesten diagno- 
stischen Methoden (Ophthalmoreaktion etc.) 
und durch eine hübsche farbige Tafel 
bereichert. Im übrigen ist der Text 
wenig verändert. Die uneingeschränkte 

Hervorkehrung des absolut positiven Stand- 

punktes der Verfl. gereicht dem Werte 

des eine erfreuliche Fülle von Material 
bringenden „Leitfadens“, wie man besser 


a ON. 
—+> = d » 


oR 


und Verschär- ` 
fung des Exspirationsgeräusches über der ' 


REFERATE. 


ZEITSCHR. f. 
TUBERKULOSE 





sagen sollte, nicht zum Nutzen und gibt 
nicht etwa die allgemeine Meinung der 


Heilstättenärzte und Kliniker, welche sich 
bei genauem Zusehen doch ganz erheb- 
lich reservierter in der Haltung gegenüber 


. der Wertung des Tuberkulins und ver- 











a a e 


oe 


N 


wandter Mittel im gegenwärtigen Augen- 
blicke zeigen, wieder. Dieses subjektive 
Verfahren drückt sich ebenso zum Nach- 
teile des Buches in dem völlig einseitigen 
und ungenügenden Literaturverzeichnisse 
aus. Dem Ziele, die spezifische Thera- 
pie auch in die Kreise der praktischen 
Ärzte zu tragen, wird durch das Buch 
erfreulicherweise Vorschub geleistet wer- 
den. Ob die Resultate nicht noch weit 
bessere Erfahrungen wünschenswert er- 
scheinen lassen, bleibt abzuwarten. Das 
Studium des Buches bleibt zu empfehlen. 
F. Köhler (Holsterhausen). 


Statistik der Heilbehandlung: Amt- 
liche Nachrichten des Reichs- 
versicherungsamts 1908, J. Beiheft 
1908, Berlin. Behrend & Co. 


Die eingehende Statistik des Reichs- 
versicherungsamtes über die Heilbehand- 
lung bei den Versicherungsanstalten und 
zugelassenen Kasseneinrichtungen der In- 
validenversicherung für die Jahre 1903 
bis 1907 enthält als für uns wichtigstes 
auf p. 99 eine Übersicht der Dauer- 
erfolge der wegen Lungentuberkulose 
Behandelten, aus der hervorgeht, dab 
von je 100 im Jahre 1903 in Heilbe- 
handlung genommenen Tuberkulösen bis 
zum Schlusse von 1903: 73, von 1904: 
59, von 1905: 5I, von 1906: 46, von 
1907: 43 vor der Erwerbsunfihigkeit 
geschützt geblieben sind. Bei Frauen 
stellt sich der Prozentsatz bis zu 7°}, 
besser. Wiederholungskuren sind als 
Mißerfolge gerechnet. Am häufigsten 
treten Rückfälle im 1. Jahre nach der 
Kur auf. F. Köhler (Holsterhausen). 


so =" 


Druck von Metzger & Wittig in Leipzig. 


Band XIII. Heft 6. 


ZEITSCHRIFT FÜR TUBERKULOSE. 


HERAUSGEGEBEN VON 
B. FRÄNKEL, F. KRAUS, E. vox LEYDEN, W. vox LEUBE. 
Redaktion: A. KUTTNER. 


 _ _ > ee ee — aaa ai 








L ORIGINAL-ARBEITEN. 


XXXIV. 
Über den Einfluf von Verdauungsfermenten auf Tuberkulin. 
II. Mitteilung. 
(Aus der Heilstátte Hórgas in Steiermark.) 
| Von 
Professor Dr. Th. Pfeiffer und Dr. H. Trunk. 









ils Ursache der unsicheren Wirkung verfütterten Tuberkulins konnten 
IN wir bereits zwei Momente nachweisen:!) einmal die, wenigstens teil- 
GI weise, Verdauung des Tuberkulins durch Pepsin — dargetan an der 
stark abgeschwächten Wirkung eines peptisch vorverdauten Präparates auf 
tuberkulinempfindliche Menschen; dann seine ungenügende Resorption durch 
die Darmschleimhaut — aufgezeigt an der geringen Wirksamkeit von Tuber- 
kulinklysmen, bei denen wesentliche Fermentwirkungen mit Grund außer Be- 
tracht gelassen werden konnten. 

Seither haben Calmette und Breton?) die rektale Anwendung des 
Tuberkulins zur Diagnose empfohlen, denn es erzeuge bei tuberkulösen Men- 
schen gleich der subkutanen Injektion fieberhafte Allgemeinreaktion und fache 
die abgelaufene Ophthalmoreaktion wieder an. Zwischen diesen und unseren 
Erfahrungen besteht jedoch bei Berücksichtigung der Mengenverhältnisse kein 
Widerspruch. Wir fanden das Tuberkulin vom Rektum aus keineswegs un- 
wirksam, sondern nur bedeutend hinter dem Effekt des hypodermatisch ein- 
gebrachten zurückbleibend. 20.— 50 mg (die 4— 160 fach subkutan wirksame Dosis) 
blieben ohne Wirkung, während die 250fache Dosis (75 mg) eine unsichere, 
die 300 fache (90 mg) eine zweifellose Fieberreaktion auslöste; wir verwiesen 
daher auf die Analogie mit der Resorption geringer Mengen kolloidaler Eiweiß- 
körper bei deren überreicher Einfuhr in den Darm. Die wirksame Gabe für 
tuberkulöse Kranke betrug nun bei Calmette-Breton 1 cgalkoholgefällten 
Tuberkulins, die nach früherer Angabe derselben Autoren * 1,25 g Rohtuber- 
kulins entspricht, eine Dosis also, welche die von uns einmal rektal wirksam 
gefundene von 0,098 Kochschen Tuberkulins sogar bedeutend übertrifft. 

Der schon in unserer ersten Arbeit erörterten, auf der Einfuhr noch 
höherer Tuberkulindosen beruhenden Erfahrung von Calmette-Breton,’) daß 





» Th. Pfeiffer u. H. Trunk, Ztschr. f. Tuberkulose i Bd. XII, p. 17 

2) Calmette-Breton, Compt. rend, de la soc. de biol., 7. Il. 1908, p. a 

8) Calmette-Breton, Compt. rend, de l’Acad. d. a 12. III. 1906; Calmette, Rech. 
exper. sur la tub. 1907, p. 120. 


Zeitschr. f. Tuberkulose. XIII. 31 


466 TH. PFEIFFER UND H. TRUNK. 


ZEITSCHR. f. 
-TUBERKULOSE 





stomachal eingebrachtes Tuberkulin auf tuberkulöse wie auf gesunde Meer- 
schweinchen als tödliches Gift wirke, ist übrigens seither von Laffert?) wider- 
sprochen worden. Gleich den genannten französischen Forschern gelang es 
ihm nicht, Meerschweinchen durch Vorbehandlung mit Tuberkulin per os gegen 
die tuberkulöse Infektion vom Darm aus zu schützen, im Gegensatz zu jenen 
vermochte er aber auch bei tuberkulösen Versuchstieren keine Fieberreaktion 
und keinen Einfluß auf den Krankheitsverlauf mittels verfütterten Tuberkulins 
zu erzielen. Die Menge des Tuberkulins ist allerdings gerade bei dieser Ver- 
suchsreihe nicht angegeben, doch scheint sie mindestens 1 g pro dosi betragen 
zu haben. 

Nur nebenbei sei erwähnt, daß Schwab?) versucht hat, bei Tuberkulose der 
weiblichen Genitalien Tuberkulin in glyzeriniger und wässeriger Lösung vaginal 
zu verwenden, ohne ein verwertbares Ergebnis zu erhalten. 

In weiterer Verfolgung der vorangegangenen Versuche schien es uns von 
Belang, auch die Wirkung tryptischen Fermentes auf Tuberkulin kennen 
zu lernen. 

Aus dem Ausfalle der Pepsinversuche durfte keinesfalls auf eine gleich- 
sinnige Wirkung des Trypsins geschlossen werden. Gerade diesem gegenüber 
ist die Angreifbarkeit verschiedener Eiweißkörper weit differenter als gegenüber 
dem Pepsin; Fibrin, Kasein, die ungelösten Pflanzeneiweiße und denaturierte 
Eiweißkörper z. B. werden vom Trypsin leicht gelöst, natives Serum- und Eier- 
eiweiß und gelöstes Hämoglobin dagegen kaum verändert.?) Unter den Toxinen 
ist beispielsweise Rizin, zwar trypsinfest, wird jedoch durch Pepsin-Salzsäure 
bei erhaltener Giftwirkung seiner agglutinierenden Wirkung (auf rote Blutkörper- 
chen) und seines Antitoxinbindungsvermögens großenteils beraubt; während 
sich Antirizin gegen Pepsin und Trypsin resistent erweist.*) 

Ebensowenig ist aus dem Verhalten von anderen Bakterien- und Phyto- 
toxinen im Magendarmkanal ein Analogieschluß auf das Tuberkulin erlaubt, 
weil sich anscheinend sowohl verschiedenartige solche, als selbst homologe 
Toxine und Antitoxine nach Fermentresistenz und Resorbierbarkeit wesentlich 
unterscheiden. 

Ohne Vollständigkeit anzustreben, sei daran erinnert, daß Ehrlich’) die 
Wirksamkeit verfütterten Rizins und Abrins und ihrer Antikörper nachgewiesen 
hat; daß Behring-Wernicke®) und neuerdings wieder Chvostek 7) denselben 
Beweis für Diphterietoxin erbrachten, während dieses (C. Sternberg)?) und 
sein Antitoxin (Escherich)?) vom Rektum nicht resorbiert werden. Die 300 fach 
tödliche Dosis Tetanustoxin viermal in 5 Tagen rektal eingeflößt wird von 
Meerschweinchen schadlos vertragen und löst keine Antikörperbildung aus 


1) Laffert, Arb. a. d. Inst. z. Erf. d. Infektkr. in Bern. Jena 1908, p. 104. 
2) Schwab, Münch. med. Wchschr. 1908, p. 1609. 
8) O. Cohnheim, Physiologie der Verdauung 1908, p. 214. 
*) Jacoby, Hofm. Beitr. 1901, I, 51. 
Pi Ehrlich, Dtsch. med. Wehschr. 1891; Ztschr. f. Hyg. 1892, XII. 
8) Behring-Wernicke, Ztschr. f. Hyg. XII, 15 und XVIII, 192. 
7 Chvostek, Wien. klin. Wchschr. 1908, p. 456. 
8) C. Sternberg, Wien. klin. Wchschr. 1908, Nr. 20. 
% Escherich, Wien. klin. Wchschr. 1897, Nr. 36. 


aa VERDAUUNGSFERMENTE UND TUBERKULIN. 467 











(Breton-Petit)* Tetanusantitoxin soll dagegen vom Dickdarm (Meer- 
schweinchen) resorbiert werden, während allerdings Hamburger-Monti?) 
das Gegenteil angeben (Kind) Stomachal einverleibtem Kobragift (10 fach 
tödliche Dosis) widerstehen erwachsene Meerschweinchen (Calmette), rektal 
erweist sich die 30—50 fach tödliche Dosis wirksam, Kobra-Antitoxin wird 
dagegen nicht oder kaum resorbiert (Breton-Massol)*) 

Ein Versuch, den Komplex der Einwirkungen, welcher bei der Aufnahme 
dieser Körper per os in Betracht kommt, zu analysieren (Fermentspaltung, Re- 
sorption, vielleicht Bakterien oder Antitoxinwirkung), liegt in den eben erscheinen- 
den Studien Vincents‘) über das Tetanusgift vor. Nach diesen verdaut akti- 
vierter Pankreassaft das Toxin, während die zerstörende Wirkung des Magen- 
saftes nicht auf den Ferment-, sondern auf den Salzsäuregehalt zu beziehen sei. 
Wir haben uns dagegen überzeugt, daß Digestion mit Salzsäure allein Tuber- 
kulin nicht abschwächt. 

Nur die tatsächliche Prüfung des Verhaltens des Tuberkulins gegen 
Trypsin konnte somit die Entscheidung bringen, die uns nach zweifacher Rich- 
tung wichtig schien. Einmal konnte möglicherweise das Verhalten des Tuber- 
kulins verschiedenen Verdauungsfermenten gegenüber Hinweise auf seine Struktur 
liefern und nach dieser Richtung gerade die Kenntnis der Wirkungsweise des 
Trypsins bedeutungsvoll werden, da der Bau des angreifbaren Substrates für 
dieses besser bekannt ist, als für das Pepsin. Andererseits lag ein praktisches 
Interesse nach Beantwortung der gestellten Frage insofern vor, als — wie ja 
tatsächlich Freymuth schon vorgeschlagen hat — die schädigende Magen- ` 
verdauung durch pepsinfeste Umhüllungen des Tuberkulins vielleicht aus- 
geschaltet werden könnte und nun zu erörtern bleibt, ob die Fermente des 
Darmes und seiner Drüsen das Tuberkulin angreifen. 

Die Technik war vollständig der in den Pepsinversuchen angewendeten gleich 
geartet. In vitro mit tryptischem Ferment digeriertes Tuberkulin wurde Tuberku- 
lösen, deren Tuberkulinempfindlichkeit ausgewertet war, subkutan eingespritzt. 

Als Fermentlösung diente Pankreas-Glyzerinextrakt-Grübler, dessen Wirk- 
samkeit an Eiweißwürfeln und Mettschen Eiweißröhrchen ausgeprobt war. 

I ccm dieses Pankreasextraktes wurde mit 1occm 3°/, Sodalósung ver- 
dünnt und 0,2ccm Tuberkulin hinzugefügt. Nach 18stiindigem Verweilen im 
Brutschrank (37°) wurde genau gegen Phenolphthalein neutralisiert, mit 0,5%, 
Phenolkochsalzlósung auf 20 ccm aufgefüllt und im Dampf sterilisiert. I ccm der 
Lösung entsprach also ıo mg Tuberkulin. Im folgenden wird dieses kurz- 
weg als „Irypsintuberkulin“ bezeichnet werden; die Zahlen geben den 
ursprünglichen Tuberkulintiter an. 


Fall I. Michael M., Schneider, 24 J., Lungentuberkulose R. I. TB, o. 
1. IL. 0,5 mg Tuberkulin subkutan. Keine Reaktion. 
5. II. 1,0mg Tuberkulin subkutan. 7 Uhr abends. 
1) Breton-Petit, Compt. rend. soc. de biol., 7. II. 1908, p. 160. 
3) Hamburger-Monti, Münch. med. Wchschr. 1908, p. 1640. 
3) Breton-Massol, Compt. rend. soc. biol., 24. I. 1908, p. 48. 
% Vincent, Compt. rend. soc. de biol, 7. u, 14. XII, 1907; 8. u. 15. V. 1908; vergl. 
auch M. Rabinowitsch, Arch. f. Hyg. 1907, LXI, 103. 


31* 


TH, PFEIFFER UND H. TRUNK. eae 


0IL Tp 304, 30,8, 30,95. 372137023715 3752: 


7. IL. Tp. 37,0, 37,1, 37,4, 37,6, 37,7, 37,4, 37,2. 


Husten. 
25. IL 
1. III. 
5. III. 


10. III. 

11. III. 

in der Folgez 

Fall II. 

bazillen. 

2. IL. 

6. II. 

10. II. 

11. II. 

12. II. 

Husten nicht 

25. IL. 

1. III. 

6. III. 


Fall III. 
12. 

16. 

17. 

18. 

27. 

3. TIT. 
maximum 37, 


IL 


8. III. 


Kopfschmerz. 


9. III. 


Fall IV. 


11, III 
14. III. 
15. III. 
18. III. 
19. III. 


Kopfschmerz. 


20. 111. 
21. II. 


Kopfschmerz und viel 


1,omg Trypsintuberkulin subkutan. | 
3,0 mg 
5,0 mg 
8,0 mg 7 Uhr abends. 

Tp. 30,2, 30,4, 200 37,0, 36, O, SÉ 8. Husten etwas vermehrt. 
eit öfters mittags 37,0. 


Keine Reaktion. 


7) H 


2) 3) 


Auch 


Ludwig P., Kommis, 22 J., Lungentuberkulose. R. I. Keine Tuberkel- 


Keine Reaktion. 

1,0 mg a Kein Fieber, etwas Brustschmerz. 
3,0 mg Taberkulis subkutan. Abends. 
Ip. 36,9, 371, 37,1, 37,0, 37,1, 37,7, 37,7. 
Tp. 37,3, 3733, 37:3) 37,4, 3715, 37,3, 37,0» 
vermehrt. ws 
3,0 mg Trypsintuberkulin subkutan. 
5:0 mg 
8,0 mg » 
Arthur Z., Metallgieber, 34 J., Lungentuberkulose R. I, L. I. TB. o. 
0,5 mg Tuberkulin subkutan. Ohne Wirkung. 

1,5 mg Abends 7 Uhr. 


O, mg Tuberkulin subkutan. 


Kopfweh, Mattigkeit, 


Keine Reaktion. 


3) ” 


H 


3 


S Tp. 36, 3 36,0, 30,9, 30,8, 36,7, 37,2, 37,5. 
+ Tp. 37,1, 


37,2, 37,2, 37,0, 36,8, 30,7, 30,9. Kopfweh, Mattigkeit. 
Keine Reaktion. 


Etwas matt und unwohl. 


1,5 mg Trypsintuberkulin. 

3,0 mg 
2. 

355 mg 


Temperatur- 


” 


Trypsintuberkulin subkutan. 7 Uhr abends. Nachts 
Tp. 36,9, 37,2, 37,4, 37,4, 37,5, 37,8. 

Adolf W., Metallgießer, 27 J., Lungentuberkulose L. I. 
0,3 mg Tuberkulin subkutan. Keine Reaktion. 

1,0 mg > 7 Uhr abends. 
Temperaturmaximum 37,2. Mattigkeit, Kopfschmerz. 
2.5mg Tuberkulin subkutan. 7 Uhr abends. 


Tp. 39,3, 39,2, 38,2, 38,9, 30,0, 30,3, 39,3. 2 mal 0,2 Pyramidon, 


TB. o. 


9) 


Tp. 38,8, 39,0, 38,8, 38,7, 30,0, 38,9, 38,1. 
Tp. 37,1, 37,0, 37,2, 37,3, 37,4, 37,0, 30,5. Noch etwas Mattigkeit 


und Kopfschmerz. 


27 EE 
1. IV. 


Fall V. 


26. III. 
27. III. Tp. 36,3, 36,8, 36,0, 37,1, 37,5, 37,9, 37,2. 


4,0 mg Trypsintuberkulin. 
6,0 mg a 

Anton Sch., Schneider, 22 J, Lungentuberkulose R. I., L. I. 
0,3mg Tuberkulin subkutan. Abends. 


| Keinerlei Reaktionserscheinung. 


TB. o. 


Geringe subjektive Be- 


schwerden. 
31. III. 0,5 mg Trypsintuberkulin subkutan. Keine Reaktion. 
6. IV. 1,0 mg » H Abends. 
7. IV. Temperaturmaximum 37,3. 
11. IV. 2,0mg Trypsintuberkulin subkutan. 
12. IV. Temperaturmaximum 37,2. Stichreaktion. Temperaturen von 37,0 bis 


37,2 werden 


später Gfters gemessen. 


BD.XIIL,HEFT 6. 
1909. 


YE SDAUUNCSPERMENTE Dr CUPE BULI IN. 


469 








Fall VI. 


Franz Sch., 


Schriftsetzer, 32 J., Lungentuberkulose L. II. Keine 


Tuberkelbazillen. 


13. III. 


16. III. 
steigerung. 


20. III. 


III. 
II. 


21. 
22. 
24; 
2% 
1. IV. 
S. IV. 
9. IV. 
Fall VII. 
26. 
30. 
31. 
1. IV. 
6. IV. 
11. 


15. IV. 


Fall VIII. 
TB. o. 
30. III. 
4. IV. 
8. IV. 
9. IV. 
10. IV. 


Schwarte. 


schmerzen. 


14. IV. : 

21. IV. 
Fall IX. Josef R., Fisenarbeiter, 
TB. o. 
1. IV. 
6. IV. 
7. IV. 
. 2mg Trypsintuberkulin. 
IV. 
IV. 


obsol. 


11. 
15. 
21. 


ITI. 
TIT. 


TIT. 
III. 
III. 


- 4,0 mg ” „ 


Geringe Stichreaktion. 


0,3 mg Tuberkulin subkutan. 
Kopfschmerz. Keine Temperatur- 


1,0 mg ” ” 


2,5 mg Tuberkulin subkutan. 7 Uhr abends. 
Tp. 30,5, 37,3, 38,0, 38,8, 39,0 (Pyramidon 0,2 
Tp. 38,2, 38,1, 38,4, 38,8, 38,4, 38,0, 37,2. 
Tp. 36,9, 37,0, 30,9, 37,2, 37,0, 37,2, 37,0. 
4,0 mg Trypsintuberkulin subkutan. | 
6,0 mg » » 
9,0 mg S Abends. 
Tp. 36,8, 37,2, 374, 37,5, 37,2, 3754 37,2: 
Rupert Fl, Lohndiener, 32 J., Lungentuberkulose L. I. 
0,3 mg Tuberkulin subkutan. Keine Reaktion. 

1,0 mg E 7 Uhr abends. 

Tp. 30, 4; 36,6, 36,7, 37:1, 37,45 37,8, 38,4, 38,6 (nachts). 


Ip. 37,5, 37,2, 37,2, 3713, 37:5) 37,3, 37,4- 
2,0 mg Trypsintuberkulin subkutan. 


Ny 38,75,,3053: 


Keine Reaktion. 


Atembeklemmung. 
TB. o. 


| Keine Reaktion. 
6,0 mg ” D 
K., Kommis, 21 J., 


0,3 mg Tuberkulin subkutan. 
1,0 mg 3) )) 

30mg | 
Tp. 36,8, 37,3, 37,2, 
Tp. 38,0, 37,8, 38,0, 38,2, 38,1, 


Ignaz Lungentuberkulose L. I. Pleuritische 


Keine Reaktion. 


sé 7 Uhr abends. 


3715, 37:9, 38,1, 88,5. 
37,8, 37,3. Stichreaktion, Glieder- 


Reine Reaktion. 
Stichreaktion. 
18 J., Lungentuberkulose L. I., R. I. 


5,0mg Trypsintuberkulin. 
10,0 mg A 
Pleurit. 


0,3mg Tuberkulin subkutan. Keine Reaktion. 
1,0 mg Se m Abends. 

Tp. 30,3, 37,0, 37,2, 37,1, 3754» 37,4, 37,5. 
5 mg 2 Keine Reaktion. 
8 mg N 


Später PTO. 0,2 mg bei 3 maliger Wiederholung stets starke Infiltration an der 


Stichstelle. 
Fall X. 

1. IV. 

a IV. 

. IV. 


Isidor H., Tischler, 30 J., Lungentuberkulose L. I. 


TB. o. 

0,3 mg Tuberkulin subkutan. Ohne Reaktion. 

1,0 mg A Abends. 

Tp. 36,0, 374 37:73 38,1, 38,7, 38,4, 38,2, 37,3, 37,0, 37,0, 37,0, 


37,1, 37,2, 37,0. 


15. IV. 3,0 mg Trypsintuberkulin. Keine Reaktion. 

Fall XI. Thomas St, Weichenwärter, 37 J., Lungentuberkulose R. I., L. I. TB. o. 
7. IV. 0,3 mg Tuberkulin subkutan. Am nächsten Abend 37,2. 
10. IV. 1,0 mg ‘; E Rückenschmerzen, Hüchsttemperatur 37,0. 
14. IV. 2,5 mg S 5 Abends. Nachts: 38,4. 
15. IV. 39,3, 38,4, 38,7, 30,2, 38,8, 38,0, 38,4. 
16. IV. 37,7, 37,5, 38,1, 38,0, 37,8, 37:5, 37,0. 


f Ge l ZFITSCHR. f. 











21. IV. 5mg Trypsintuberkulin. Keinerlei Temperatursteigerung, keine Stich- 

und Lokalreaktion. 
Fall XII. Leopold Z., Schneider, 31 J., Lungentuberkulose L. I. TB. o. 

20. XII. Morgens nüchtern Natr. bicarbonic., dann 1 Tuberkulinpille (nach 
Freymuth) = 20 mg T. 

24. XII. 1 Tuberkulinpille = 20mg T | 

29. XII. 2 Tuberkulinpillen = 40 mg T ; 

+ L 2 gi = omg T | 

18. I. o,3mg Tuberkulin subkutan. Abends. 

19. I. Tp. 30,5, 30,0, 30,4, 37,2, 37,1, 37,0, 37,5. Kopfweh, Abgeschlagen- 
heit, Brustschmerz. 

Auch auf o,2 PTO leichtes Fieber und subjektive Reaktionserscheinungen. 


Keine Reaktion. 


Ubersicht. 
Die 2 fach wirksame Dosis war unwirksam Fall XI, wirksam Fall IJI (schwach) 
H NA ” ” „ di „ » Il 
» A o 5) ” ” 59 ” X, 9 an VIII (Stich) 
» 4 a „ ” ” „ ” VI (schwach) 
H 6 ” ” „ „ 39 ” Ke: VII, 
» /» „ 33 29 ” 9 V (Stich) 
„ 8 5 „ ” „ » „ I, IX 


Es erwies sich somit unter 11 Fällen das 2—8 fache Multiplum der sub- 
kutan wirksamen Menge 7 mal ganz unwirksam. In zwei weiteren (VIII und V) 
war lediglich geringe Stichreaktion zu bemerken, während !/, bezw. */, dieser Menge 
an Originaltuberkulins schon Fieber verursacht hatte. In Fall VI warauf 2,5 mg 
Tuberkulin eine heftige, protrahierte Allgemeinreaktion eingetreten, 4 und 6 mg 
Trypsintuberkulin blieben dagegen unwirksam und erst durch 9 mg dieses 
verdauten Präparates wurde eine geringe, kurzdauernde Fiebersteigerung ausgelöst. 
In Fall III endlich entsprach die Menge von 3,5 mg Trypsintuberkulin in ihrer Wir- 
kung auf die Körpertemperatur annähernd der von 1,5 mg Tuberkulin-Koch.!) 

Ähnlich den Erfahrungen mit Pepsin war also auch durch Trypsin- 
verdauung keine Aufhebung, sondern nur Abschwächung der Tuber- 
kulinwirkung auf den tuberkulös infizierten menschlichen Organismus erreicht 
worden. Wenn nun auch unser „Irypsintuberkulin“ weit toxischer wirkte als 
die beiden vordem dargestellten „Pepsintuberkuline“, von denen eine die wirk- 
same Tuberkulindosis 5—40 fach übertreffende Menge ohne Effekt blieb, so 
wäre es, mangels der Möglichkeit die Wirksamkeit der beiden Fermentlösungen 
an gemeinsamem Maßstab zu messen, gewagt, aus dieser quantitativen Diffe- 
renz eine verschiedene Angreifbarkeit des Tuberkulins durch peptisches bezw. 
tryptisches Ferment abzuleiten. 

Nach der oben angedeuteten theoretischen Richtung hin, läßt sich also 
kein Schluß ziehen, dagegen lassen die Versuche deutlich erkennen, daß auch 
die Anwendung keratinierter Pillen und tunlichste Abstumpfung der Magen- 
säure, intern verabfolgtes Tuberkulin nicht vor Verdauung schützt und somit 
seine Wirksamkeit außer durch mangelhafte Resorbierung auch durch die Pan- 
kreasverdauung unsicher wird. 





1) Fall XII bezieht sich auf einen negativen Versuch mit Tuberkulinpillen (130 fach wirk- 
same Dosis). 


"se > WEITERE BEOBACHTUNGEN UBER MARMOREKS SERUM. 471 








XXXV. 
Weitere Beobachtungen über die Behandlung von Lungen- 
tuberkulósen mit Marmoreks Serum. 
(Aus der Heilstätte Hörgas in Steiermark.) 
Von 
Prof. Dr. Th. Pfeiffer und Dr. H. Trunk. 


$ 


nsere erste Mitteilung über die Behandlung der Lungentuberkulose mit 
Marmoreks Antituberkuloseserum schlossen wir mit folgenden zu- 
Lä sammenfassenden Worten: 

„Für die klinische Prüfung der Heilwirkung des Antituberkuloseserum 
hatten wir mit Absicht vorwiegend schwere Fälle gewählt, um mit größerer 
Sicherheit erzielte Veränderungen als Serumerscheinungen deuten zu können. 
Die eindeutigen, immer wiederkehrenden symptomatischen Wirkungen (Sekret- 
abnahme) sowohl als die erzielten Gesamterfolge, die wir öfters in zeitlichen 
Zusammenhang mit dem Beginn der spezifischen Behandlung zu bringen ver- 
mochten, dürfen mit Rücksicht auf den Charakter der Fälle und die meist 
verhältnismäßig kurze Kurdauer als durchaus befriedigend bezeichnet werden. 
Weiteren Untersuchungen bleibt es vorbehalten, die Grenzen der Leistungs- 
fähigkeit der Methode genau abzustecken.“!) 

Diese Ansicht stützte sich auf die Beobachtung von 27 — zum Teil durch 
Kehlkopftuberkulose komplizierten — Fällen von Lungentuberkulose, von denen 
3 aus der kritischen Betrachtung ausgeschaltet blieben; einer dieser war näm- 
lich im Verhältnis zur Ausdehnung und Dauer der Erkrankung viel zu kurz 
behandelt worden, der zweite betraf eine rasch progrediente Lungen- und Kehl- 
kopfphthise, bei welcher der von vornherein fast aussichtslose Versuch, den Prozeß 
aufzuhalten, bald aufgegeben worden war, der dritte, damals noch nicht ab- 
geschlossene Fall, wird in der folgenden Zusammenstellung Platz finden. 

Über das weitere Schicksal der restlichen — dort verarbeiteten — 24 Fälle 
trachteten wir uns teils durch eigene Nachuntersuchungen teils durch schrift- 
liche Nachrichten Kenntnis zu verschaffen und sind in der Lage über alle, 
deren Entlassung aus der Heilstätte nunmehr 10—24 Monate zurückliegt, zu 
berichten. 

Die nachstehende Tabelle I verzeichnet nochmals die in unserer ersten 
Arbeit aufgestellte Epikrise neben dem Ergebnis der jetzigen (Ende Ok- 
tober 1908 angestellten) Nachforschungen. Prüfen wir außerdem die damals 
gegebene Übersicht der Resultate, an der Hand der erhaltenen Auskünfte, auf 
deren Beständigkeit, so ergibt sich folgendes: 

„Das Gesamtergebnis war bei den 2 Fällen des I. Stadiums (Turban) 
durchaus günstig.“ Bei einem dieser beiden (Fall 1) erwies sich der Erfolg als 
trügerisch, unter allerdings recht ungünstigen Arbeitsbedingungen (Kesselschmied) 
trat rasch Verschlechterung und schließlich der Tod ein. 


1) Ztschr. f. Tuberkulose 1907, Bd. 11, p. 283. 


192 


he 


Dd => D: 





TH. PFEIFFER UND H. TRUNK. ZEITSCHR. 1. 


472 _ TUBERKULOSE 


„Die 12 Fälle des II. Stadiums waren mit wenigen Ausnahmen beim Ein- 
tritte fieberfrei. Von den drei Fiebernden starb der eine mehrere Monate nach 
Verlassen der Anstalt (Fall 3), die beiden anderen hatten keinen nachhaltigen 
Gewinn von Anstalts- und Serumbehandlung.“ Diese beiden Kranken (Fall 4 
und 5), von denen der eine in die Anstalt zurückkehrte und wieder mit 
Serum behandelt wurde, sind dauernd siech geblieben. 

„Keine Wirkung wurde außerdem in dem mit Larynxtuberkulose kom- 
plizierten Falle 6, in Fall7 und in dem kurz behandelten Falle 14 erzielt.“ 
Der Kranke Nr. 7 war nochmals in Heilstättenbehandlung und wurde nach 
vielen Monaten verschlechtert entlassen; Hans Br. (14) starb 17 Monate nach 
der Entlassung, Fall 6 dagegen berichtet nach dem gleichen Zeitraume über 
gutes Befinden und erhaltene Arbeitsfähigkeit (Faßbinder). 


„In den übrigen, zum Teil recht schweren Fällen (8—13) wurden sowohl 
das Allgemeinbefinden als die objektiven und subjektiven Symptome der 
Lungenerkrankung günstig beeinflußt.“ Die günstige Prognose hat sich bei 
allen diesen 6 Kranken bewährt. 

„Unter den 10 Fällen des III. Stadiums befanden sich 6 febrile und 
2 afebrile, von den ersteren wurden 3 mit gutem Erfolg, ebensoviele vergeblich 
behandelt.“ Bei 2 Patienten (19, 20) der ersten Gruppe blieb der gute Erfolg 
bestehen, während der dritte (17) — gekennzeichnet durch die Worte: „sehr 
guter Entlassungserfolg; Dauer!“ — sowie die 3 Ungebesserten (15, 16, 18) 
seither verstarben. 

„Ungünstig gestaltete sich das Ergebnis bei den 4 Fieberfreien, denn 
wenn auch in je ı durch schwere Begleitkrankheit komplizierten (Fall 24) bezw. 
schon lange vergeblich hygienisch - diätetisch behandelten Falle (21) der All- 
gemein- und der Lungenstatus bemerkenswert gehoben wurde, so war dieser 
Erfolg von fraglicher Dauer, in den 2 weiteren (22, 23), jedoch war die Ände- 
rung zu geringfügig, um zu Schlüssen zu berechtigen.“ Diese Zweifel an der 
Beständigkeit des Resultates waren unbegründet, da alle 4 wenigstens teilweise 
arbeitsfähig geworden sind. 

An dem seinerzeit festgelegten Endergebnis der einzelnen Fälle hat also 
die Nachbeobachtung wenig geändert. Ihr ,,Dauererfolg“ stellt sich sogar 
etwas besser dar als der „Entlassungserfolg‘“, indem zwar 2 günstig beurteilte 
Patienten starben, andererseits aber 5, deren Prognose zweifelhaft schien, sich 
noch jetzt in gutem Zustande befinden. 

- Zu gleicher Zeit waren wir bestrebt, neue Erfahrungen über die Wirkung 
des Marmorekschen Tuberkuloseserum auf den tuberkulosekranken Menschen 
zu sammeln, und können nunmehr außer über den schon in der Arbeit als 
noch in Behandlung stehend erwähnten Patienten, noch über 22 neue Fälle 
aus unserer Anstalt und 3 aus der Konsiliarpraxis berichten. Auch diese wur- 
den vor Abschluß der vorliegenden Mitteilung teils nachuntersucht, teils über 
ihr Befinden seit dem Austritte aus der Heilstätte, der bis zu 11 Monate zurück- 
liegt, schriftlich befragt. 

Nachdem die versuchte subkutane Injektion des Serums wegen ihrer 
unangenehmen Nebenwirkungen bald wieder verlassen worden war, wurde es 


BD.XILDHEFT6. WEITERE BEOBACIITUNGEN ÜBER MARMOREKS SERUM. 473 








wieder ausschließlich rektal in Einzelmengen von 5—10 ccm eingeführt, doch 
bevorzugten wir, mehr noch als am Ende der ersten Versuchsreihe, an Stelle 
der anfangs angewendeten 20tagigen Serumreihen mit Iotägigen Ruhepausen 
kürzere Serien bezw. längere Unterbrechungen. Die Menge des im Einzelfalle 
verbrauchten Serum schwankte zwischen 109 und 800 ccm, betrug jedoch meist 
200 — 300 ccm.?) 

Mit einer einzigen Ausnahme (Fall 52) wurden nur Fälle mit bakterio- 
logisch sichergestellter Diagnose und dementsprechend deutlich aus- 
gebildetem Lungenbefund behandelt. 

Der Kranke 39, der an rasch fortschreitender ausgedehnter Lungenphthise 
litt und sich überdies eigenmächtig schweren Schädigungen aussetzte, muß als 
ungeeignet für die Bewertung des Serum ausgeschieden werden, Fall 52 steht 
noch in Behandlung, so daß 24 neue Fälle verbleiben. 

Von diesen gehörten 3 dem IL, 7 dem Il und 14 dem III. Stadium 
(Turbans) an; das vorliegende Krankenmaterial war somit etwas ungünstiger 
zusammengesetzt als jenes der ersten Gruppe, in welcher die bezüglichen 
Ziffern 2:12:10 lauteten. 

Das Ergebnis ihrer Behandlung mit Serum war insofern schlechter, als 
nur 6mal (25°/,) ein ausgesprochen guter Erfolg erzielt wurde, gegenüber der 
früheren Zahl von 11 (= 45-8°/,) günstigen Resultaten. In 5 weiteren Fällen 
war die zur Zeit der Serumanwendung merkbare Besserung so gering, daß die 
Annahme, sie wäre auch ohne spezifische Behandlung erreicht worden, wahr- 
scheinlich ist. In 7 Fällen (29-2°/,) endlich, von denen einer eine Fistel nach 
Knochentuberkulose (Fall 38) betraf, fehlte jedwede Wirkung. 

Günstige Veränderungen des Krankheitsbildes bestanden wieder in starker 
Zunahme des Körpergewichtes und bedeutender Besserung des subjektiven Be- 
findens, in Abnahme von Husten und Auswurf und Rückgang des physikali- 
schen Lungenbefundes, doch sahen wir bei den neuen Patienten keine so über- 
raschende Rückbildungen und Sekretabnahme in Kavernen, wie sie von uns 
früher beschrieben wurden. 

Besonders drängte sich aber mehrfach die Frage auf, ob das Marmorek- 
serum in größerer Menge (abgesehen von den Symptomen der Serumkrank- 
heit) nicht auch ungünstig auf den tuberkulösen Prozeß wirken könne. Wir 
hatten schon, mit Bezug auf die Fälle 6, ı2, 2ı gesagt: „Nicht immer war 
die Besserung von Bestand. Die stärksten Fortschritte wurden meist in den 
ersten zwei oder drei Serien erreicht, dann trat öfters Stillstand oder sogar 
wieder Verschlechterung des Auskultationsbefundes trotz guten Allgemein- 
zustandes ein.“ Ganz analog verhielt sich der Fall Nr. 41. Noch deutlicher 
wiesen solche Verschlechterungen bei fortgesetzter Serumzufuhr die Fälle 34 
und 35 auf. Bis zum Verbrauch von 200 bezw. 300 ccm Serum besserte sich sowohl 
der Allgemeinzustand als der Lokalbefund gleichmäßig, dann aber schritt die 
Lungenerkrankung wieder fort, die Zahl der Tuberkelbazillen im Auswurf nahm 
zu, das Körpergewicht sank und schließlich stieg auch die Körpertemperatur; 





D Auch diesmal stellte Herr Dr, Al. Marmorck sein Serum in freigebigster Weise zur 
Verfügung. 


474 TH. PFEIFFER UND H. TRUNK. nase 
in dem auch subkutan behandelten Falle 44 kam es zu dauerndem Fieber. 
Zweifelhaft erscheint die ursächliche Beziehung der gleich mit dem Beginne 
der Serumtherapie einsetzenden Verschlechterung zu dem Präparate bei dem 
Kranken Nr. 48. Durch 5 Monate hatte sich der Patient gleichmäßig erholt, 
war afebril geworden, hatte 14,5 kg an Gewicht zugenommen, der Lungen- 
prozeß war stetig zurückgebildet, der Baziilenbefund günstiger geworden. Schon 
während der ersten Tage der rektalen Serumanwendung stieg die Temperatur, 
nahmen Husten und Auswurf zu und schließlich mußte nach Applikation von 
115 ccm Serum eine Gewichtsabnahme von 0,8 kg, vermehrtes Rasseln in den 
Lungen, Ansteigen des Bazillengehaltes des Sputum festgestellt werden. Endlich 
ist hier der Fall 49 anzufügen, bei welchem jedesmal nach subkutaner bezw 
rektaler Einbringung von 25 ccm Serum die vorher normale Temperatur bis 
39° stieg, um nach einigen Ruhetagen wieder langsam zu fallen und bei dem im 
ganzen Allgemein- und Lungenzustand entschieden schlecht beeinflußt wurden. 

Auf den Unterschied in der Erfolgstatistik gegenüber unserer früheren 
Zusammenstellung kann mit Rücksicht auf die geringe Höhe der absoluten 
Zahlen und die Ungleichartigkeit des Materials kein Gewicht gelegt werden, 
doch sind wir auf Grund unserer gegenwärtigen größeren Erfahrungen eher zu 
einem noch vorsichtigeren Urteil über die noch immer offene Frage der Wirk- 
samkeit Marmorekschen Antituberkuloseserum geneigt. Die Art der Wirkung 
— Nutzen oder Schaden — ist für die Grundfrage nach der Wirksamkeit zu- 
nächst gleichgültig; wirkliche Schäden würden sogar beweisen, daß die tuber- 
kulösen Herde durch das Präparat beeinflußt werden und nur dazu auffordern, 
an die Stelle der bisherigen schematischen Anwendungsweise eine bessere Me- 
thodik — Feststellung der Indikationen, sorgfältige Dosierung — zu setzen. 

Weills?) für die Behandlung der Larynxtuberkulose gemachtem Vorschlag, 
das Serum nur nach Maßgabe des fortgesetzt kontrollierten Krankheitsverlaufes 
anzuwenden, läßt sich allerdings für die Lunge weniger leicht entsprechen als für 
den unmittelbarer Untersuchung zugänglichen Kehlkopf, wird aber doch soweit 
möglich auch für diese zu beachten sein. 


Von dem Fehlen einer Abschwächung des Tuberkulins durch das Anti- 
tuberkuloseserum — gemessen an dem Ausfall der v. Pirquetschen Kuti- 
reaktion — haben auch wir uns, wie Grüner ?), überzeugt und können noch 
hinzufügen, daß mit Serum behandelte Kranke diese und die Ophthalmoreaktion 
ebenso geben, wie andere Menschen. Nach dem heutigen Stande der Dis- 
kussion über diese Reaktionen und besonders auch nach den gleichfalls nega- 
tiven Versuchen von S. Cohn’) mit Antituberkulinserum (Höchst) dürfen daraus 
wohl keine Schlüsse auf den antitoxischen Wert des Präparates gezogen werden. 

Bezüglich der Literatur sei auf die erschöpfende Bearbeitung von H Frey‘) 
verwiesen und dieser nur einige Ergänzungen beigefügt: 





1) A. Weill, Progrès méd. 1907, Nr. 20. 

2) Grüner, Wien. klin. Wchschr. 1908, Nr. 38. 

3) S. Cohn, Berl. klin. Wchschr. 1908, Nr. 28. 

4) H. Frey, Ztschr. f. Tuberkulose 1908, Bd. XII, p. 142. 


"e NIS. WEITERE BEOBACHTUNGEN ÜBER MARMOREKS SERUM. 475 





B. Hodesmann, Der gegenwärtige Stand der Tuberkulosebehandlung 
unter besonderer Berücksichtigung des Tuberkulin, des Hetol und des Marmorek- 
serum. Diss. Leipzig 1906. 

Schrader, Spezifische Tuberkulosemittel. Med. Klinik 1908, 624. 

Grüner, Über die Behandlung interner und chirurgischer Tuberkulose 
mit dem Antituberkuloseserum von Marmorek. Wien. klin. Wchschr. 1908, 1317. 

M. Strauß, Das Marmorekserum in der Therapie chirurgischer Tuber- 
kulose. Münch. med. Wchschr. 1908, 2175. 

v. Huellen, Weitere Erfahrungen über die Wirksamkeit des Antituber- 
kuloseserums Marmorek. Dtsch. Ztschr. f. Chir. 1908, Bd. 95. 


27. Johann K., 21 J., Student. Krankheitsbeginn vor 3 Mon., Husten, Stechen, 
- Abmagerung, geringes Fieber; Erscheinungen zunehmend. 

12. 111. 08. 61,9 kg (167,5 cm). Mast afebril. Sputum: flockiger Schleim 
mit eitrigen Fäden, T.B. 4.1 Stadium I. 

1 Monat ohne Serum behandelt. 67 (+ 5,1)kg. T.B. 5. Lunge gleich. 

Lungenbefund: L{inks)V(orn) Dämpfung bis IV. Rippe, LHfinten) bis 
IL Dorn. Über der Klavikula rauhscharfes sakkadiertes In-, scharfes Exspirium, 
dann V. scharfes In- und Exspirium; LH. vom I.—-V. Dorn scharfes In-, am I. vesiko- 
bronchiales, am II. und III. scharfes Exspirium. 

I. Serumfolge. 4mal 5ccm subkutan mit je 3tägiger Zwischenpause. Nach 
der 2. Injektion etwas Rötung und Schmerz, nach der 3. mäßige, nach der 4. starke 
Schwellung. Tp. bis 37,6. 

Dann rektal 85 ccm. 69,3 (+ 2,3)kg. T.B. 3. Etwas mehr Husten. 
10 Tage Pause. | 

2. Serie. Rektal 100 ccm. Mehr Husten und beträchtlich mehr Auswurf. 
T.B. y. Ofters Brustschmerz. + 1,7 kg. 14 Tage Pause. 

3. Serie. Rektal 6occm. Husten, Auswurf und Schmerzen geringer T.B. 6. 
+ 2,2 kg. 

Lungenbefund unverándert. 

Befund 8 Monate nach Entlassung: Lunge verschlechtert Abmagerung, 
reichlicher Auswurf. 

Allgemeinzustand gut. Lunge nicht gebessert. Kein Bestand. 


28. Franz P., 24 J, Beamter. Beginn vor 14 Mon. Zwei kleine Hä- 
moptoen. 

tg. VIII. oz 65,3kg (173cm). Afebril. Sputum: T.B. 2. Stadium I. 

Lunge: Dämpfung RV. bis III, RH. bis IV.?) V. und H. bis II vesiko- 
bronchiales Atmen, kleines Rasseln, bis III scharfes In-, vesikobronchiales Exspirium, 
Knisterrasseln. 

1 Monat ohne Serum behandelt. + ıkg. Lunge etwas gebessert. T.B. 2. 

I. Serie. 100ccm. Vom 3. Tage ab mehr Auswurf, der erst am Ende der 
Serie abnimmt. Lunge gebessert. T.B. o. + 2kg. 10 Tage Pause. Auswurf gering. 

2. Serie. Iooccm. Anfangs wieder vermehrter Auswurf. T.B.o. Kutis- 
reaktion (v. Pirquet) schwach positiv. 10 Tage Pause. 

3. Serie. 8occm. + Qkg. 

Lunge: Dämpfung RV. bis IL, RH. bis IV. Nur H. am II. Dorn Knister- 
rasseln. 


1) T.B. 4 = Gehalt an Tuberkelbazillen nach Gaflkys Skala Nr. 4. 
2) Die römischen Ziffern bedeuten vorn die Zahl der Rippen, hinten die der Brustwirbel- 
dorne; die arabischen Ziffern bezeichnen die Interkostalräume, clay = Supraklavikulargrube. 


ZEITSCHR. f. 









































Tabelle L 
Name | Epikrise bei der Ent- Nach der Entlassung 
Nr. Stadium lies e ee A A 
| Beruf | sung Zeit Befinden 
ee | Ber en Re: | ee peu e a EE En A AR a ee paan | TT eee Ae Es 
I | Albin Kr, | I , Erfolg sehr gut, Tub.- | 11 Mon. ¡Gestorben(Pneumothorax) 
Besselschmies. Baz. geschwunden 
ESP Albert. Z., I |Kurzer Anstaltsaufenthalt.| 2 Jahre ‚Sehr gutes Befind. + 2 kg 
| Student Kurze Serumbehandlung. 
Gutes Ergebnis. Baz, 
geschwunden 
3 » Rupert P, ` 11 Schlechte Prognose. 6 Mon. | - Gestorben ` 
| Wagenführer | Keine Wirkung | 
A. Franz W., | II Höheres Lebensalter. | 1 Jahr n. ‚Nach 5 Monaten bedeu- 
Kaufmann Keine Wirkung der Ent- tend schlechter zurück- i 
/ lassung | gekehrt. Nochmals 
| | ‘295 ccm Serum ohne Er- 
| | folg. Nicht arbeitsfahig 
5 | Alfred A. | II Prognose scheinbar gut.| 17 Mon. Ziemlich wohl, fieberfrei. 
Lehrer Ohne Serum kein Fort- — 2 kg. Nicht arbeits- 
| schritt. Während der | fähig 
| Serumanwendung vor- 
| übergehende Besserung. | 
| | Kein Erfolg 
6 Josef H., | II 'Vorúbergehende Besserg.| 17 Mon. Zustand besser. Arbeits- 
| Faßbinder | Kein Enderfolg | fähig. Temp. normal. 
; Husten und Auswurf ge- 
| | ring. — 3,2 kg 
7 | Josef H., II Keine Wirkung ou e 13 Monate nach erster 
| Landwirt Entlassung neue Beobach- 
E tung (ohne Serum). L.- 
‘Tub, progredient. Ccecal- 
| tuberkulose 
vere ate al A E ig 
8 ` | Josef M., II Sehr guter - Erfolg. Tub.-| 20 Mon. | 11 Monate arbeitsfähig. 
Beamter Baz. verschwunden Akuter Rúckfall. Wieder 
es ccm Serum. Seither 
| | 'wieder gutes Befinden, 
| | arbeitsfähig 
| ene a the ee : A A ee ee rae a lt un 
9 Josef V., | II Guter, gleichmäßiger 15 Mon. Gewichtszunahme, Etwas 
| Lehrer | Fortschritt, Tub.-Baz. ' Husten. Berufsfähig 
| verschwunden 2 
10 Hans P., f II Guter Erfolg, nicht he 21 Mon. Fühlt sich gesund, trotz 
Ingenieur | auf das Serum zu beziehen. angestrengter Tätigkeit. 
Tub.-Baz, nicht ge- | — 0,3 kg 
| schwunden | 
II Rupert L., | IL - |Guter Erfolg. Tub. -Baz.| 22 Mon. Immer arbeitsfähig. Gu- 
Kaufmann nicht verschwunden tes Befinden 
12 Ludwig L, II 'V oriibergehender sympto- 16 Mon. Untersuchung n. 10 Mon.: 
Hafner matischer Erfolg Stationärer Befund. Voll 
arbeitstähig 
13 | Julius Sk., | II Guter Erfolge. Tub.-Baz | 10 Mon. Untersuchung: Lungenbe- 
Bautechniker nicht verschwunden ‚fund noch gebessert. Voll 
arbeitsfähig 
14 Hans Br., o IT | Nur Allgemeinbefinden | 17 Mon. Gestorben (nicht vernünf- 


Landwirt 





gut beeinflußt 
































| tig gelebt) 


| 


ci ias WEITERE BEOBACHTUNGEN UBER MARMOREKS SERUM. _ 


477 








| 


Name 



































Epikrise bei der Ent- 





















































Nach der Entlassung 






































Nr. | be Stadium | ee? EEE BEER AR, 
' Beruf | e ae E Zeit | Befinden 
EE Sie A A AAA A AS EE Ee = ee ner a. == 
I5 ` Karl B., = III Voriberpehend ee | Exitus in der Anstalt 
i Beamter de Besserung. Eee | 
16 | Max R., III Keine Wirkung | 9 Mon. ` 9 Mon. Gestorben. Nach Ent- 
Kaufmann ¡lassung bis kurz vor dem 
| Tode Bureaudienst 
17 Alois S., III |Sehr guter Entlassungs- ca. I Jahr Gestorben. Nie arbeits- 
i Bergarbeiter erfolg. Dauer? | fähig 
18 | .Gottfried St., III Geringe Besserung ohne 9 Mon. "Gestorben. Mie arbeits- 
| Schlosser | Bestand | fähig 
19 | Robert Ch., | III Sehr guter allgemeiner | 2 Jahre Immer Ahr gutes Befin- 
Student und lokaler Erfolg ‚den. Weiterer Rückgang 
der. Lungenerscheinungen 
2 Se one Ba Saat eee E PAE = 
20 | Rudolf M, III Guter Erfolg. Allgemein- 18 Mon. Befinden „durchaus zu- 
Student ‘befinden schon vor Ein- friedenstellend. Kein 
leitung der Serumbehand- ‚Husten. Einziges Krank- 
' lung günstig beeinflußt. ¡heitssymptom: manchmal 
‚Lunge erst während dieser ‚morgens etwas Auswurf“, 
| Tp. normal. — 6,2 kg. 
| | Immer studiert 
en ` Josef B., III Vorübergehender guter | 18 Mon Befinden „ausgezeichnet“. 
Beamter Lokalerfolg. Larynx ge- Kein Husten und Aus- 
| heilt wurf. Tp. normal. 
| = 2,9 kg. Teilweise ar- 
beitsfähig 
22 Heinrich Sch., III Kein deutlich auf das | ı8 Mon. | Soll sich gut befinden 
| Hilfsarbeiter Serum zu beziehender 
| Erfolg 
23 | Stefan P., III _ Allgemeinzustand sehr 23 Mon. | Teilweise arbeitsfähig. 
Fleischer Ge lokaler Befund wenig — 9,5 kg. Lungenbef. 
gebessert. Kurze An- fast unverändert 
| stalts- u. Serumbehandlg. 
24 | Hermann Ch., III "| Guter Erfolg. Bestand] 20 Mon. Temp. fast immer normal. 
Student | zweifelhaft. Ins. valv. Tasten gering. +4 kg. 
‘mitral. Otitis med. supp. Arbeitsfähigk. bedeutend 
| vermindert 
25 7 | Josef Sis III Zu kurze Behandlung | Keine Nachricht _ 
Offizier | 
op | Franz I E., u III Subakute Phthise. Fort-| 2 Mon. Gestorben (aussichtsloser 
Miiller schreiten unaufhaltsam Fall) 


Bericht nach 11 Monaten: 


Morgens etwas Auswurf. 


Gutes Befinden. 


Dienstfihig. Kein Husten. 


Guter Erfolg. Tuberkelbazillen verschwunden. 
29. Josef P., 41 J., Feuerwehrmann. Vor 6 Jahren Lungenkatarrh; vor 4 Mon. 


Husten, Auswurf, Mattigkeit, später mehrmals etwas Bluthusten, Abmagerung, 
Nachtschweiß. 
23. IX. 07. 73kg (177 cm). Afebril. T.B. 7. Stadium I. 


Lunge: R. Dämpfung V. bis I, H. bis III, verschärftes Atmen. L. Dämpfung 
V. bis I, H. bis III, in gleicher Ausdehnung kleinblasiges Rasseln, V. bis IV 
Knisterrasseln. 

1 Mon. ohne Serum. T.B. 4. 


+ 2,2kg. Lunge unverändert. 


ze ` e r ZEITSCHR. f. 








I. Serumfolge. 100ccm, + 1,9kg. Sehr wenig Husten und Auswurf. T.B. o. 
Positive Kutireaktion. 10 Pause Pause. 

2. Serie. 100ccm. + 0,5kg. Magenbeschwerden. Ophthalmoreaktion positiv. 
10 Tage Pause. 

3. Serie. 5occm Serum, dann 5 Tage Pause, dann 35ccm. Fortdauernd 
Magenbeschwerden, die in der kleinen Zwischenpause sistieren, dann wieder be- 
ginnen. -+ 0,4 kg. 

Lunge: Dämpfungen geringer. Kein Rasseln. 

Untersuchung nach 9 Monaten: Macht uneingeschränkt Feuerwehrdienst. 
5kg zugenommen. Kein Husten, sehr wenig Auswurf. Lunge unverändert. 

Guter Allgemein- und Lokalerfolg. Tuberkelbaz. verschwunden. 


30. Franz H., 24 J., Ingenieur. Seit 3 Wintern „Katarrhe“. Ragusa, Heluan; 
Sommer Gebirge. 

4. VI. 07. 63,3kg (174 cm). Afebril. T.B. 7. Stadium II. 

Lunge: Dämpfung RV. und H. bis III L**” und H. bis III. RV. bis II 
vesikobronchiales In-, bronchovesikuläres Exspirium, kleines und mittleres Rasseln, 
bis III scharfes sakkadiertes In-, vesikobronchiales Exspirium, zähes kleines und 
Knisterrasseln. RH. bis III Atmen wie V, bis VI scharfes Atmen; kleines, bis VI 
spärlicher und zäher werdendes Rasseln. LY und H. am I. Dorn zähes kleines 
Rasseln. 

ı Monat ohne Serum. Nicht wohl. Tp. steigend bis 37,5. Appetit schlechter. 
+ 0,2 kg. 

I. Serumreihe. 100 ccm in 21 Tagen. Allgemeinbefinden noch nicht gut. 
Tp. zeitweise bis 37,7. + 0,3 kg. 

2. Serie. 1ooccm. Etwas besserer Apetit. + 1,2kg. T.B. 4. 

Lunge: wenig verändert. Rasseln L. verschwunden, R. zäher. 

Bericht nach 14 Monaten: Nach der Entlassung 7 Mon. in Davos (Tuber- 
kulinbehandlung), dann in heimatlichem Gebirgsort. Jetzt gutes Befinden. Fühlt sich 
arbeitsfähig. 

Keine Serumwirkung. 


31. Wilhelm K., 24 J., Handelangesteilier. Seit 2 Jahren mehrmals Husten 
mit Mattigkeit und Abmagerung. 1 kleine Lungenblutung. 

17. VIII. 07. 68,8kg (174,5 cm). Fieberfrei. T.B. 7. Stadium II. 

Lunge: Dämpfung RV. bis II, RH. bis III, Le" LH. bis II; RV. bis III, 
RH. bis IV zähes kleines und Knisterrasscln. LV. bis II dasselbe. LH. rauhes 
Inspirium. | 

I. Serie. 6occm (12 Tage). Abgebrochen wegen kleiner Blutung. Weniger 
Auswurf. + 3,7 kg. T.B. 7. Nach den ersten Klysmen Diarrhöe. Opiumzusatz. 
13 Tage Pause. 

2. Serie. 10occm. Auswurf vermehrt und locker. T.B. 6. + 0,7kg. Her- 
pes zoster. 

Lunge: Dämpfung RH. bis V, sonst gleich. Ra” und H bis II einzelne 
klingende kleinblasige Rasselgeráusche. H. bis V kleines, bis U Knisterrasseln. 

Bericht nach ı2 Monaten: Arbeitsfähig. Guter Zustand. Keine Blutung, 
trotz anscheinend wenig vernünftigen Verhaltens. 

Kein Erfolg. Lungenbefund verschlechtert. 


32. Josef G., 20]J., Lehramtskandidat. Seit August 1906 vier starke Lungen- 
blutungen. 

28. V.07. 53,9kg (166,5 cm). Tp. in der Ruhe normal, steigt bei gering- 
fügigen Anstrengungen bis 37,5. T.B. 7. Stadium II. 

5 Mon. ohne Serum. Wiederholte kleine Hämoptoen. + 10,1kg. Temp. 
wieder allmählich stabiler. Husten geringer. T.B. 4. Splitterhaufen. Lunge beträcht- 
lich gebessert. 


BD.XIDNEFTG. WEITERE BEOBACHTUNGEN UBER MARMOREKS SERUM. 479 











I. Serie. Iooccm Serum. Ohne Störung vertragen. + 1,3kg. Lunge nicht 
weiter beeinflußt. | 

Untersuchung nach 11 Monaten: Unverändert gut. Arbeitsfähig. 

Keine Serumwirkung. Kurze Behandlung. 


33. Johann F., 32 J., Eisendreher. Seit 3 Wochen Nachtschweiß, Abmagerung, 
leiser Schmerz LO. Kein Husten, | 

22. VIII. 07. 55,2kg (167 cm). Fieberfrei. T.B. 7. Stadium II. 

Lunge: L. Dämpfung V. bis IV, H. bis V; in derselben Ausdehnung klein- 
blasiges Rasseln. - 

1 Mon. ohne Serum behandelt. + 3,8 kg. Allgemeinbefinden gut. Viel Husten 
und Auswurf. T.B. 7. Lunge nicht besser. 

I. Serie. 50ccm Serum in 10 Tagen, 5 Tage Pause, wieder 50ccm Serum. 
Anfangs Auswurf mehr eitrig, am Schluß viel weniger. T.B. 5. Rasseln meist spär- 
licher und zäher. + 2,9kg. 5 Tage Pause. 

2. Serie. 5occm. + 3,2kg (in 14 Tagen). 10 Tage Pause. 

3. Serie. Iooccm. + 3,3kg. Husten und Auswurf gering. T.B. 5—6. 

Lunge: Dämpfung LV. bis II, LH. bis III. Nur Las und H. am I. Dorn 
spärliches zähes, am V. feuchtes kleines Rasseln. | 

Untersuchung nach 10 Monaten: Immer arbeitsfähig. Kein Husten und 
Auswurf. —?/,kg. L. spärliches zähes Rasseln. 

Sehr guter Erfolg der Serumbehandlung. 


34. Rudolf R., 28 J., Lokomotivführer. Seit 7 Mon. krank. Starke Abmagerung. 
Fieber bis 38,9. 

13. IX. 07. 59kg (163 cm). Tp. maxima 37,3— 37,7, langsam zurückgehend. 
T.B. 7—8. Stadium IL. 

Lunge: L. Dämpfung V. bis III, H. bis IV. Klein- bis mittelblasiges Rasseln 
V. bis II, H. bis III. LH. Reiben. 

1 Mon. ohne Serum. + 3,7 kg. Ziemlich viel Husten und Auswurf. T.B.9— 10. 
Lunge etwas gebessert. 

I. Serie. 100 ccm Serum rektal. + 3,7 kg. Weniger Auswurf. T.B. 4. Splitter- 
haufen. 10 Tage Pause. 

2. Serie. 100ccm. Keine subjektiven Erscheinungen. Lungenbefund besser. 
T.B. o. + 0,2 kg. 

Lunge: Nur L“av Knisterrasseln. Dämpfung weniger intensiv. 10 Tage Pause. 

3. Serie. 100ccm. Wohlbefinden. — 1,1 kg. T.B. 6—7. 18 Tage Pause. 

4. Serie. 65 ccm. Appetit besser. + 2kg. T.B. 2. 10 Tage Pause. Tp. steigt 
langsam. 

5. Serie. 2 mal 5ccm. Tp. steigt auf 38,5. Serum ausgesetzt. Langsamer 


Abfall in 8 Tagen. Viel Husten. T.B.7. — 2,1 kg. 
Lunge: Lay und H. bis III. Dorn kleinblasiges Rasseln. 
Nachricht nach 8 Monaten: Dienstfähig. — 2?*/,kg. Husten und Aus- 


wurf seit Winterbeginn vermehrt. 
Vorübergehend gute Wirkung. Nach 2coccm Verschlechterung. 


35. Rudolf G., 22 J., Student. Vor 6 Jahren kleine Hämoptoe; vor 2 Jahren 
abermals. Im letzten Jahre 5 mal Bluthusten. 

13.X.07. 65*/,kg (178cm).. Fieberfrei. T.B. 2. Stadium II. 

Lunge: R Dämpfung, scharfes Atmen, kleines zähes Rasseln; derselbe 
Auskultationsbefund (ohne Dämpfung) im 1. Interkostalraum. RH. dasselbe bis 
IL. Dorn. L. Dämpfung V. bis IV, H. bis III; V. und H. bis II dichtes kleines 
bis IV zähes kleines und Knisterrasseln. 

I. Serumreihe. 100ccm. Subjektiv gut. + 2,8kg. Weniger Husten. Leichte 
Besserung der Lunge. Io Tage Pause. 


nee Se ZEITSCHR. f. 








2. Serie. 1I0Occm Serum. Mehr Husten. T.B. o. Lunge gleich. + 1 kg. 
10 Tage Pause. Weniger Husten und Auswurf. Appetit sehr vermindert — 1,4 kg. 

3. Serie. Iooccm. Wieder mehr Husten und Auswurf. T.B.o. + 0,1 kg. 
14 Tage Pause. Weniger Husten und Auswurf. 

Lunge: Bro vereinzeltes zähes Rasseln, RH. kein Rasseln. L. Rasseln be- 
deutend spärlicher. 

4. Serie. 5occm Serum, 10 Tage Pause, nochmals 50ccm. Husten und Aus- 


wurf gering. T.B. 7. L. beginnende Kaverne. — o,4kg. 20 Tage Pause. 
5. Serie. 5occm. Gegen Ende Fieber. T.B. 6. 
Dann noch 1 Mon. ohne Serum in Beobachtung. — 0,8kg. Rasche Ver- 


schlechterung der Lunge. Kaverne L. wächst, auch R. beginnender Zerfall. 
Nachricht nach 7 Monaten: 5 Mon. zu Hause am Lande; dann zur Uni- 
versität Wien. Befinden zufriedenstellend. 
Vorübergehende Besserung. Dann rasche Progredienz. 
(Nach Verlassen der Anstalt anscheinend Besserung.) 


36. Roderich K., 25 J., Student. Sommer 1906 Pleuritis sicca, 3 Wochen 
Fieber. Vollständige Erholung. Im folgenden Winter Hüsteln, wenig Auswurf, 
Abmagerung. 

15. IV. 07. 66,1kg (173cm). Fieberfrei. T.B. 7. Stadium II. 

Lunge: L. Oberlappen infiltriert. 

2*/, Mon. Anstaltsbehandlung. -+ 4,4kg. L. beginnende Kaverne. 3 Monate 
Hochgebirge (1560 m), Liegekur. — 1,7 kg. T.B. 7. Tp. bis 37,3. 

Lunge: RV. bis II, H. bis III geringe Dämpfung und scharfes Atmen. 
L. Dämpfung V. bis IV, H. bis V; V. und H. bis III mittleres klingendes Rasseln, 
weiter kleinblasiges im Bereich der Dämpfung. 

6*/, Mon. ohne Serum behandelt; langsame Verschlechterung. 

I. Serie. 100ccm. Mehr Husten und Auswurf. T.B. 7. + 0,2kg. Schwache 
Ophthalmoreaktion. 10 Tage Pause. 

2. Serie. rooccm. + 0,9kg. Lunge unverändert. 10 Tage Pause. 

3. Serie. rooccm. 4mal 0,2 Bazillenemulsion - Koch (1: 100), immer mit 
Stich- und steigender Fieberreaktion; nach der 4. Injektion bis 38% + I kg. 
10 Tage Pause. 

4. Serie. rooccm Serum. Bazillenemulsion (1: 1000) über 0,5 nicht hinaus- 
gekommen wegen Reaktion. 10 Tage Pause. 

5. Serie. 100ccm Serum. Nach wiederholten Versuchen mit kleiner Dosis 
von T.E, diese ausgesetzt. Auch Perlsuchtemulsion wird nicht vertragen. 
— 0,2kg. T.B. 7. 

Lunge unverändert. 

Durch weitere 7 Monate Anstaltsbehandlung ohne jeden Erfolg. 

Keine Wirkung. 


37. Karl M. 35 J., Arzt. Vor 12 Jahren kleine Lungenblutung. Sehr chro- 
nischer Verlauf. Zeitweise kleine Blutungen. Immer Husten und Auswurf. Trotz- 
dem Studium und Spitalpraxis. Wegen Verschlimmerung Schiffsarzt; scheinbar geheilt. 
3*/, Jahre Spital, dann 1*/, Jahre anstrengende Privatpraxis. Wieder Blutung. Damals 
(1904) schon R. und L. Oberlappen Kaverne; L. ganze Lunge krank. 

23. IV. 07. 57 kg (176cm\. Subfebril. Stark dyspnoisch. T.B. 7. Stadium III. 

Lunge: Dämpfung RV. bis III, RH. bis IV. V. und H. bis II amphorisches 
Atmen, klingendes mittleres Rasseln, bis V kleines Rasseln. L. Dämpfung ganze 
Seite. Kaverne bis an die II. Rippe, weiter überall dichtes kleines Rasseln. 

1 Mon. in der Anstalt, dann Fortsetzung der Liegekur außerhalb derselben. 

Von Oktober 1907 bis Oktober 1908. 8 Serien zu je 100 ccm Serum rektal. 
Fühlt sich jedesmal durch das Serum sehr gut beeinflußt: Appetit auffallend besser, 
Husten und Auswurf sind geringer, nimmt in der Pause zu. Im ganzen langsame, 


BO.XIILBEFTS. WEITERE BEOBACHTUNGEN UBER MARMOREKS SERUM. 481 








entschiedene Besserung, so daB das Versehen einer leichten Landpraxis möglich 
wird. Gewicht konstant. Tp. normal. 
Günstige Wirkung. (Schwere chronische Lungentuberkulose.) 


38. Wilhelm K., 62 J., Kaufmann. Lungentuberkulose im III. Stadium, die 
während 7 monatlicher Anstaltsbehandlung sehr günstig beeinflußt wird. 

Retropharyngealer AbszelB, nach dessen chirurg. Behandlung eine Fistel 
durch 3 Monate bestehen bleibt, deshalb Serumbehandlung. 

Igoccm Serum mit Einschaltung von nur 2 zweitägigen Pausen. Weder auf 
den Lungenbefund noch auf die Sekretion aus der Fistel ein wesentlicher Einfluß 
bemerkbar. 

Keine Wirkung. (Fistel nach Retropharyngealabszeß.) 

Höheres Lebensalter. 


39. Ludwig v. K., 27 J, Beamter. Rasch progrediente Lungen- und Kehl- 
kopftuberkulose, deren Verlauf durch Serumbehandlung (2 Serien zu 100 ccm) nicht 
beeinflußt wird. Mehrere schwere Hämoptoen im Anschluß an unerlaubte Spazier- 
gänge. Exitus 5 Monate nach der Serumanwendung. 

Ungeeigneter Fall. 


40. Ferdinand R., 41 J., Geschäftsleiter. 1904 „Lungenkatarrh“, heftiger 
Husten, Mattigkeit. Frühjahr 1907 ähnliche Beschwerden. Tp. bis 39,7, Nacht- 
schweiß, einmal Bluthusten. 

2. IX. 07. 58,2kg (165cm). Afebril. T.B. 5. Stadium III. 

2 Mon. ohne Serum behandelt. + 8,4kg. T.B. 6. Lunge wenig verändert. 

Lunge: Dämpfung RV. bis VI, H. bis V (O. tympanitisch). RV. und H. bis II 
klingendes mittleres Rasseln, bis VI kleines feuchtes und záhes. LV. und H. Dámp- 
fung und verschärftes Atmen bis III. 

I. Serie. Iooccm Serum. Husten und Auswurf anfangs vermehrt, später 
bedeutend abnehmend. Subjektiv beträchtlich besser. + 3 kg. 10 Tage Pause. 

2. Serie. Iooccm. + 1,2kg. 10 Tage Pause. 

3. Serie. 100ccm. Wohlbefinden. + 1,9kg. (Summe + 14?/, kg). Husten 
und Auswurf geringer. T.B. 2. 

Lunge: Kaum verändert; Rasseln RH. etwas spärlicher. 

4 Monate später Pleuritis (6 Wochen); dann 3 Monate gut. Dann wieder 
3 Wochen fiebernd zu Bett. 

Allgemeinbefinden sehr gut. Lungenbefund wenig gebessert. 

Fragliche Serumwirkung. Bestand zweifelhaft. 


41. Alois Sch., 21. J., Beamter. Vor 2 Jahren Krankheitsbeginn. Vor 2 Mon. 
kleine Lungenblutung, danach Fieber, NachtschweiB, wenig Abmagerung. 

22. XI. 07. 60 kg (169 cm). Afebril. T.B. 7. Stadium III. 

Lunge: Dämpfung RV. und H. bis II; LV. und H. bis III. Kleinblasiges 
Rasseln RV. und H. bis III, RH. bis IV, LV. bis II, LH. bis IV. RHU. Reiben 
und Knisterrasseln. 

I. Serie. Iooccm Serum. + 3,7 kg. Viel Husten und Auswurf. T.B. 1. 
Rückgang der Lungenerscheinungen. Schwache Ophthalmoreaktion. 10 Tage Pause. 

2. Serie. Iooccm. + 3,3 kg. T.B. 1. 

Lunge: Dämpfungen minder intensiv. Rasseln RV. und LV. nur über der 
Klavikula; RH. unverändert, LH. kein Rasseln. 10 Tage Pause. 

3. Serie. 50 ccm Serum. 10 Tage Pause 50 ccm Serum. + 2,6 kg. Kein 
Husten. Auswurf mäßig. T.B. o. 

Lunge etwas schlechter. LH. wieder Rasseln bis V; R. in der Spitze ein- 
zelne klingende kleine Rhonchi. 

Noch 2 Monate ohne Serum in Behandlung. + 2,4 kg. T.B. o. — 1 kg. Lunge 
unverändert. Gutes Befinden. 


Zeitschr. f. Tuberkulose. XIII. 32 


x OS e yir ZEITSCHR. f. 
: 482 | A | 1 H. PE EIFE ER vop H. ERUR Wé Br TUBERKULOSE 





Nachricht nach 6 Monaten: Gewichtsabnahme in den ersten 2 Mon. 
6 kg; seither konstant. Tp. normal. Befinden zufriedenstellend. Dienstfähig. 
Vorübergehend guter Erfolg. Nach der 2. Serie Verschlechterung. 


42. Hubert Z., 23 J, Bauzeichner. Vor ı!/, Jahren Husten, Nachtschweiße, 
kleine Lungenblutung. Dann keine Beschwerden bis Juli 1907, neuerlich Bluthusten. 

14.1.0858. 65,4 kg (167 cm). Afebril. T.B. 4. Stadium III. 

Lunge: Dämpfung RV. bis II, RH. bis III, V. rauhes Inspirium, H. spär- 
liches, zähes, kleines Rasseln. LV. und H. Dämpfung bis V, dichtes kleines (bis II 
klingendes) Rasseln. 

I. Serumfolge. Subkutan. 7mal 5 ccm Serum mit je I Tag Zwischen- 
pause. Abgesehen von Rötung keine Einstichreaktionen. Anschließend 

Rektal 50 ccm (in 10 Tagen). 68,9 (+ 3,5) kg. Lunge kaum verändert; 
etwas mehr Auswurf. T.B. 5. Drüsenschwellung am Halse. 

10 Tage Pause. Mittelstarke Ophthalmoreaktion, 

2. Serie. Subkutan an 5 aufeinanderfolgenden Tagen je 5 ccm, Serum ohne 
jede Folgeerscheinungen. Anschließend 

Rektal 75 ccm (15 Tage). + 1,2 kg. Manchmal Bruststechen. T.B. 4. 
10 Tage Pause. 

3. Serie. Rektal 50 ccm. 10 Tage Zwischenpause. 55 ccm. + 1,6 kg. 
Lungenbefund LH. und RH. gebessert. T.B. 2. Halsdrüse vereitert, Inzision. 

Lunge: R. Dämpfung geringer. Kein Rasseln. LV. unverändert, LH. Rasseln 
nur bis III. Dorn. 

Gestorben sl, Monate später. 

Keine Serumwirkung. Exitus. 


43. Gustav P., 33 J., Lehrer. Vor 6 Jahren Pleuritis, April d. J. „Kehlkopf- 
katarrh“, September „Bronchitis“, Oktober Hämoptoe. 

25. XI. 07. 82,5 kg (173 cm). Fieberfrei. T.B. 7. Stadium III. 

Larynx: Ulcus tubercul. am r. Stimmbande. 

Lunge: L. Dämpfung V. und H. bis IV, in gleichem Umfange dichtes 
kleines, supraklavikular klingendes Rasseln, weiter abwärts Knisterrasseln. 

I. Serie. 100 ccm Serum. + 0,8 kg. Lunge unverändert. T.B. 5. Eine 
kleine Blutung. 10 Tage Pause. 

2. Serie. 100 ccm. + 2,4 kg. T.B. 2. 12 Tage Pause. 

3. Serie. 100 ccm. 8 Tage Pause. 50 ccm Serum. + 0,2 kg. T.B. 1. 
11 Tage Pause. Flaches Ulcus am r. Stimmband. 

4. Serie. 50 ccm. 11 Tage Pause. 50 ccm Serum. + 2,2 kg. T.B.o. 

Dann 6 Wochen ohne Serum in Beobachtung. + 0,8 kg. T.B. 2. Larynx- 
geschwür geheilt. 

Lunge: Rasseln spärlicher, Dämpfung geringer in gleichem Umfange. 

Nachricht nach 6 Monaten: + 3 kg. Berufsfähig. Wohl. 

Allgemeinbefinden sehr gut, Lunge wenig, Kehlkopf gut gebessert. 
Serumwirkung? 


44. Florian K., 26 J., Tischler. Beginn vor 2 Mon. Gewichtsabnahme 7 kg. 

25. 111.08 56,9 kg (168 cm). Subfebril. T.B. 6. Stadium III. 

Lunge: R. Dämpfung, V. bis IV, H. bis V, Dichtes kleines Rasseln im 
Dämpfungsbereich, V. bis VI zähes kleines und Knisterrasseln. LV. und H. Dämp- 
fung und kleinblasiges Rasseln bis II. 

I. Serie. Subkutan 5mal 5 ccm mit I—2tägigen Pausen; nach der 4. In- 
jektion Infiltrat. Tp. 30,1. 2 Tage Pause, während welcher das Infiltrat sich zu- 
rúckbildet. Nach der 5. Injektion abermals Schwellung. Tp. 38. + 3,2 kg. 
Anschließend 

Rektal 75 ccm (13 Tage) Tp. wiederholt bis 37,4. Keine Nachtschweiße 


"e WEITERE BEOBACHTUNGEN ÜBER MARMOREKS SERUM. 483 





mehr. +ı kg. T.B. 4. 10 Tage Pause; während dieser nur Imal 37,4. 
+ 2,4 kg (03,5). 
2. Serie. Subkutan. 2mal 5 ccm Serum. Tp. 38,3. Schlechter Appetit. 
Rektal 80 ccm. Gegen Ende steigt die Tp. langsam bis 38,6. Appetit 


sehr schlecht, Erbrechen. Mehr Husten. T.B. y. — 0,6 kg. 
Tp. bleibt weiter hoch bis 39. — 1,6 kg in 7 Tagen. Patient verläßt die 
Anstalt. 


Lunge: Supraklavikular, einige kleine klingende Rasselgeräusche, sonst un- 
verändert. | 

Nachricht nach 5 Monaten: Ist 1 Mon. nach dem Austritte auf seinen 
alten Posten zuriickgekehrt und arbeitet. 

Kurze Behandlung. Schädigung? 


45. Ludwig H., 23 J., Student. Seit dem 16. Jahre alljährlich wiederkehrende 
fieberhafte „Katarrhe‘“. Jetzt Beginn vor 2 Mon. 

10. XI. 07. 70,7 kg (185,5 cm). Seit 2!/, Wochen Fieber. T.B. 7. Fistula 
ani. Stadium III. 

Lunge: R. Dämpfung V. bis III, H. bis IV; über der Klavikula einzelne 
klingende mittlere, daneben und im 1. Interkostalraum dichte klanglose kleine Rassel- 
geráusche. RH. bis VI kleines (oben klingendes) Rasseln. LV. und H. Dämpfung 
bis IV dichtes kleines, bis II mittleres klingendes Rasseln. 

2 Mon. ohne Serum behandelt. + 9 kg. Lunge gleichmäßig gebessert. R. 
unverändert, LV. Rasseln spärlicher, kleiner und zäher, LH. kein Rasseln. T.B. 5. 

I. Serie. 100 ccm Serum. + 1,5 kg. Bedeutender Rückgang des Lungen- 
befundes R. T.B. 2. 10 Tage Pause. 

2. Serie. 100 ccm. + 1,2 kg. Kein Husten. Sehr wenig Auswurf. 
10 Tage Pause. 

3. Serie. 50 ccm, dann 15 Tage Pause, wieder 50 ccm Serum. In der 
Zwischenpause akute Laryngitis. Tp. bis 37,2. 10 Tage zu Bett. +o,ı kg. T.B. 1. 
24 Tage Pause. 

4. Serie. 100 ccm. + 0,06 kg. T.B. 2. 

Lunge: R. Dämpfung V. bis II, H. bis IV. Nur du einzelne zähe mittlere 
klingende und H. I einzelne kleinblasige Rasselgeräusche. L. Dämpfung wie früher. 
V. bis IV und H. I spärliche (bis II klingende) kleine Rasselgeräusche. 

Verläßt die Anstalt und geht nach Arosa. Von dort 

Bericht nach 4 Monaten: Nur L. infraklavikular einzelne klingende Rassel- 
geräusche. Auswurf sehr spärlich. T.B. positiv. 

Guter Erfolg, durch Serum gefördert. 


46. Sebastian W., 29 J., Hilfsarbeiter. Seit 9 Jahren ab und zu kleine 
Katarrhe. Seit 4 Mon. starker Husten und Auswurf, Fiebergefühl, Schweiße. 3 kg 
Gewichtsabnahme. 

10. IV. 08. 56,9 kg (169 cm). Fieberlos. T.B, 4. Stadium III. 

Lunge: R. Dämpfung V. bis IV, H. bis VI; da kleines und mittleres 
klingendes, V. bis II, H. bis VI feuchtes, bis X zähes kleines Rasseln. L. Dämp- 
fung V. und H. bis IV, dichte kleine “Y und H. I mittlere klingende Rassel- 
geräusche. 

1. Serie. Subkutan Ómal 5 ccm Serum mit 1—3tägigen Intervallen. Von 
der 3. Injektion ab stets schmerzhafte Schwellung. Tp.-Steigerung bis 38, die an- 
fangs rasch zurückgeht, schließlich dauernd bestehen bleibt. + 2 kg. Anschließend 

Rektal 70 ccm (in 14 Tagen. -+ 0,9 kg. Lunge unverändert. Etwas 
mehr Husten. T.B. 7. 20 Tage Pause. 

2. Serie. Rektal 50 ccm. 10 Tage Pause. 50 ccm Serum. + 2,2 kg. Ge- 
ringer Rückgang der Lungensymptome. Ziemlich viel Husten mit Brechreiz. 
10 Tage Pause. 

32* 


E = +4 z ZEITSCHR. f. 
484 TH, PFEIFFER UND H. TRUNK. | TOBERRULOSE 





3. Serie. 50 ccm. 20 Tage Pause. 50 ccm Serum. + 3,4 kg. Weniger 
Husten und Auswurf. T.B. 7. 

Lunge: RV. unverändert, RH. Rasseln nur bis VII. LV. und H. kleines 
Rasseln bis II, Knisterrasseln bis IV. 

Geringe Besserung Serumwirkung? 


47. Franz L., 31 J., Schuster. Beginn vor 2 Monaten mit großer Lungen- 
blutung. 

14. IV.08. 57,6 kg (160 cm). Fieberfrei. T.B. 1. Stadium III. 

Lunge: R. Dämpfung V. und H., bis III, dichtes kleines Rasseln (Y und 
H. bis II klingend) V. bis VI, H. bis V. L. Dämpfung V. und H. bis IV, spär- 
liches kleines Rasseln bis II. 

I. Serie. Subkutan 4mal 5 ccm in 1—3tägigen Zwischenräumen. Nach 
der 3. Injektion Rötung. Tp. 37,5. Nach der 4. teigige, schmerzhafte Schwellung. 
Tp. 37,2. Anschließend 

Rektal 80 ccm (15 Tage). Gutes Befinden. + 5.2 kg. Lunge deutlich 
gebessert. T.B. o. (Sediment). 10 Tage Pause. 

2. Serie. Rektal 100 ccm (20 Tage). + 3,1 kg. Lunge wieder gebessert. 
Wenig Husten und Auswurf. T.B.0. 10 Tage Pause. 

3. Serie. 50 ccm Serum (10 Tage). Io Tage Pause. 45 ccm (9 Tage). 
+ 1,3 kg. Mehr Husten ohne Auswurf. T.B.o. Während der Pausen angeblich 
Appetit besser (äußert sich nicht in den Gewichtszunahmen). 

Noch 3 Wochen ohne Serum in der Anstalt. —o0,2 kg. T.B.o. 

Lunge: R. Dämpfung V. bis II, H. bis III, in diesem Bereich spärliches 
kleines (aY vereinzeltes klingendes) Rasseln. L. Dämpfung V. bis II, H. bis III. 
clay rauhes Atmen. Kein Rasseln. 

Beträchtliche Besserung. T.B. verschwunden. 


48. Alexander v. P., 40 J., Offizier. Vor 4 Jahren Pleurit. exsud. Seit 3 Mon. 
Husten, Fieber, Nachtschweiß. 

28. XII. 07. 60 kg. Fiebernd (bis 37,7) T.B. 4. Stadium III. 

Lunge: R. Dämpfung V. bis III, H bis V. «av und H. bis II kleines 
und mittleres zum Teil klingendes Rasseln, weiter V. bis IV, H. bis VI kleinbla- 
siges Rasseln. L. Dämpfung V. bis III, H. bis IV, V. und H. I kleines und 
mittleres, V. bis II, H. bis V kleines feuchtes und zähes Rasseln. LHU. 
Pleurit. obsol. | | 

Sehr langsame Entfieberung, fast 2 Mon. ganz und 1 Mon. teilweise zu Bett. 
Dabei Gewichtszunahme + 10,7 kg. Dann noch 2 Mon. ohne Serum. 

Lunge: R. Rasseln. V. nur bis II, H. bis III. L.V. kein Rasseln. L.H. bis 
IV. T.B. zwischen 1—2 schwankend. Noch + 3,8 kg, Tp. labil, nachmittags 
meist etwas über 37, nach größeren Wegen etc. bis 37,3. 

I. Serie. Rektal 100 ccm (20 Tage). Tp. steigt schon am 3. und 4. Tage 
abends auf 37,4 und 37,5, dann fast täglich auf 37,3. — 0,5 kg. Vielleicht etwas mehr 
Husten, mehr Auswurf. T.B. 5. Lungen: L.lY wieder spärliches kleines Rasseln. 
16 Tage Pause, auch während dieser Tp. max. 37,3. T.B. 6. 

2. Serie. 3mal 5 ccm rektal. — 0,5 kg. Auf Verlangen des Kranken ab- 
gebrochen. 

Lunge: RV. wieder Rasseln bis III (av klingend), RH. bis III. LV.‘ 
und LH. bis IV kleinblasiges (H. am I. klingendes) Rasseln. 

Von da ab während weiterer 2 Mon. kein Fortschritt; fast immer bis 37,3, 
zuweilen mehrere Tage nacheinander Maximum 37,6. Zeitweilig Bettruhe. Lunge 
unverändert. T.B. 6—7. Erst im 3. Mon. (nach der Serumbehandlung) langsame 
Besserung. Tp. niedriger. + 0,2 kg. 

Vor Serumanwendung guter Fortschritt. Mit Serumbeginn Ver- 
schlechterung (Schaden?) 


BDXILHEFT6. WEITERE BEOBACHTUNGEN ÜBER MARMOREKS SERUM. 485 


49. W., Bäcker. Seit 8 Jahren krank, immer arbeitsfihig gewesen. (Privat- 
praxis.) 

24. II. 08. Beiderseits Kaverne im Oberlappen. L. auch der ganze Unter- 
lappen erkrankt. Reichlich T.B. Stadium III. 

Fieberfrei. Keine NachtschweiBe. Dyspnöe. 

I. Serie. Subkutan 7mal 5 ccm Serum am Oberschenkel. Nach der 
5. Injektion Leistendrüsenschwellung. Nach der 7. Injektion Tp. 39 (vorher 36,9) 
durch 2 Tage, allmählicher Abfall im Verlauf von 2 Wochen. Vermehrter Husten 
und Auswurf. — I kg. 15 Tage Pause. 

2. Serie. Rektal 7mal 5 ccm Serum. Am 8. und o Tage abends 39 
bezw. 30,5. Langsamer Abfall. go Tage Pause. 

3. Serie. Rektal 5mal 5 und Imal 10 ccm. In der Pause 2 Tage Tp. 
maxima über 39. 16 Tage Pause. 

4. Serie. 2mal 10, Imal 5 ccm mit je Itägigem Intervall. g Tage Pause. 
Wieder am 3. und 4. Tage der Pause über 39. 

5. Serie. 25 ccm gleich wie vorher. Am I. und 2. Tage der Pause Tp. 
abends 39. 22 Tage Pause. 

6. Serie. 25 ccm wie vorher. Anschließend abermals Tp.-Anstieg bis 39. 

Zusammen 180 ccm Serum, und zwar 35 ccm subkutan, 145 ccm rektal. 

Gewichtsabnahme 4 kg, die schon I Woche nach Aussetzen des Serum um 
1,5 kg vermindert ist. Husten und Auswurf reichlich andauernd. In der Nach- 
beobachtung fieberfrei. 

Chronische Lungenphthise. Nach jedesmaliger mehrtägiger Serum- 
anwendung Fieber. 


50. Sch., ıgjähriges Mädchen. (Privatpraxis.) Krank seit 4 Jahren, seit 
2 Jahren in Beobachtung; seither fast ununterbrochen Liegekur in Gebirgsort 
(800 m). Gewicht langsam steigend, Tp. normal aber sehr labil, Lungenbefund 
nahezu konstant, bei Rückkehr in die Stadt stets Verschlechterung. Guter Ernäh- 
rungszustand (65 kg). | 

Lunge: L. Dämpfung bis U.; bis II tympanitisch und klingendes kleines 
und mittleres Rasseln. LV. bis IV, H. bis V kleinblasiges und Knisterrasseln. 
T.B. 2—3. 

4 Serien mit je 100 ccm Serum und ıotägigen Intervallen. + 1 kg. Lungen- 
befund unveriindert. Während der 1. Serie mehr Husten und Auswurf. 

Auch während weiterer 1jáhriger Beobachtung (meist Gebirgsaufenthalt) keine 
wesentliche Besserung. 

Kein Erfolg. 


51. Thomas Sch., 42 J., Rechtsanwalt. (Privatpraxis.) Seit 2?*/, Jahren in 
Beobachtung. 2 Winter in Davos, P.T.O.-Behandlung. Sehr guter Erfolg ohne 
nachhaltige Wirkung. 

Mai 1907. 82 kg. T.B.o. Stadium III. 

Lunge: R. Dämpfung V. bis III, H. bis IV, und zwar bis II tympanitisch, 
hier zähe mittlere klingende Rasselgeräusche. Dann kleines Rasseln bis IV. L. 
Dämpfung V. day, H. bis II, vereinzeltes kleines zähes Rasseln. 

Von Mai 1007 bis April 1908 7 Serien von je 100 ccm Serum mit Pausen von 
20— 34 Tagen und kürzeren Mittelpausen. Während dieser Zeit ein mehrwöchent- 
licher Sommer- und ein ebensolcher Winteraufenthalt (850 m) mit Anstaltsbehand- 
lung. Anfangs etwas mehr Husten und Auswurf. Der Lungenbefund bessert sich 
nach der 2. Serie insofern, als das Rasseln R. sich auf die Kaverne beschränkt. 
Körpergewicht konstant. Bazillengehalt des Sputum wächst allmählich bis Gaffky 7. 
Erst während des genannten Winteraufenthaltes: + 4 kg. T.B. 1, später bisher 
(durch 7 Mon.) T.B.o. T.E.-Behandlung. 

Serumwirkung fraglich. 


PFEIFFER U. TRUNK, WEITERE BEOBACHTUNGEN ETC. RL 











52. Alois S., 21 J., Schneider. Krank seit 10 Mon., 3 Mon. bettlágeriz. 
28. IX. 08. 09,1 kg. Febril (bis 38,6). T.B.o. Stadium I. 
Lunge: R. Dämpfung supraklav. (kleines zähes Rasseln). H. bis II (scharfes 


Atmen). L. Dämpfung V. bis III, H. bis IV, day und H am I. mittleres, dann 
_kleinblasiges Rasseln. 


I. Serie. 100 ccm (20 Tage; rektal. Langsam entfiebert, zuweilen diarrhöe- 


ischer Stuhl. + 5,1 kg. T.B.o. Lunge gebessert. 10 Tage Pause. 


2. Serie. 50 ccm. 10 Tage Pause. 50 ccm. 
Behandlung wird fortgesetzt. 


BPS OEIS SWOLFESEISNER, TUBE RKULINREAKTIONEN ETC, 487 











XXXVI. 


Die Bedeutung der lokalen Tuberkulinreaktionen für die Heil- 
stättenfrage. 
Von 


Dr. A. Wolff-Eisner, Berlin, 


Arzt für innere und Lungenkrankheiten. 


Die Anwendung der konjunktivalen Methode für Heilstätten, speziell für die 
Auswahl der Heilstáttenpatienten. 

Vis verbreitet sich in immer weiteren Kreisen die Anschauung, daß die 

23! in Heilstätten erzielten Erfolge noch keine besonders befriedigenden 

#5] sind; besonders dann, wenn man nicht die Heilung einzelner Indi- 

viduen ins Auge faßt, sondern die Frage vom Standpunkt der Bekämpfung 





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Kurve nach B. Fränkel. 


der Tuberkulose als Volkskrankheit betrachtet. Denn nur wenigen wird es 
heute noch glaubwürdig erscheinen, daß die Abnahme der Tuberkulosesterb- 
lichkeit, die in Deutschland erfreulicherweise zu konstatieren ist, mit der Er- 
richtung der Heilstätten in kausalem Zusammenhang steht; es ist zu fürchten, 
daß, wenn infolge wirtschaftlicher Notstände und aus sonstigen Ursachen die 
soziale Lage weiterer Bevülkerungsklassen, speziell auch die Volksernährung, 
sich wieder ungünstiger- gestaltet, eine neu einsetzende Zunahme der Tuber- 
kuloseerkrankungen den Beweis liefern wird, daß die auf die Heilstätten gebaute 
Rechnung eine falsche war. 


7 SET 7 ZEITSCHR. f. 
| 488 o o ge W SLEEP i = TUBERKULOSE 














Auch in Deutschland setzt die Abnahme der Tuberkulosesterblichkeit vor 
der Errichtung der Heilstätten ein. 

Besonders deutlich werden die in Betracht kommenden Verhältnisse an 
der Kurve der Tuberkulosesterblichkeit, den absoluten und relativen Zahlen in 
Preußen, welche B. Fränkel in seinem Vortrag in der Berliner medizinischen 
Geschichte 1908 angeführt hat. 

Aus ihnen geht hervor, daß unabhängig von der Errichtung der Heil- 
stätten die Tendenz der Kurve nach unten geht, und daß ferner die Landbe- 
völkerung in mindestens gleicher Weise beteiligt ist, wie die städtische. 

Die von B. Fränkel (s. Kurve) mitgeteilten Zahlen der Abnahme der 
Tuberkulosesterblichkeit von 1888 bis 1879, dem Beginn der Heilstättenära, 
sind 27,9:21,8; in Neuyork, wo die Heilstättenbewegung erst im ersten An- 
fang steht, ist durch allgemeine hygienische Maßnahmen die Sterblichkeit ebenfalls 
sehr wesentlich von 85 auf 35 (von 10000 Lebenden) heruntergegangen. 

Auch Koch (Londoner Kongreß) glaubt nicht an einen direkten Einfluß 
der Heilstätten auf die Verminderung der Tuberkulosesterblichkeit, ebensowenig 
Cornet, beide aus rein zahlenmäßigen Erwägungen: In den Heilstätten werden 
jährlich ca. 20000 Individuen behandelt und bei ca. 4000 tritt Verschwinden 
der Tuberkelbazillen durch die Behandlung ein. Gegenüber ca. 226000 Tuber- 
kulösen mit Bazillen, die in Deutschland als vorhanden anzunehmen sind, 
können die 4000 garnicht in Betracht kommen. (Mit 226000 ist übrigens die 
Zahl der Tuberkulösen mit Bazillenbefund in Deutschland sicher unterschätzt.) 


Aus diesen Erwägungen heraus, in Verbindung mit den unbefriedigenden 
Resultaten meint Cornet, daß man die 30000000 Mk., welche der Bau der 
Heilstätten gekostet hat, und die 7000000 Mk., welche ihre jährliche Unterhal- 
tung erfordert, besser zum Bau von Arbeiterwohnungen verwendet hätte. — 
Man kann heute wohl die Heilstätten nicht wieder aufgeben, weil sie eine In- 
stitution der Humanität darstellen. Sie bilden ein Gegengewicht gegen die 
sicher kommenden Tuberkulose-Invalidenhäuser, die das Interesse der Allgemein- 
heit als Schutzmittel gegen Infektion vertreten, während die Heilstätte dem 
Einzelindividuum dient, dessen Sehnsucht natürlich die Heilung ist. Die Auf- 
hebung der Heilstätten würde auch bedeuten, daß wir die Hoffnung aufgegeben 
haben, auch in der Zukunft einmal ein Heilmittel gegen Tuberkulose zu finden. 
Aber die Heilstättenerfolge sind nicht so beschaffen, daß wir wegen ihres Be- 
sitzes es aussprechen könnten, Deutschland stehe im Kampfe gegen die Tuber- 
kulose allen anderen Ländern voran. (cf. Hamel, New York german med. 
society, 14. X. 1908.) Wir legen — um diesen Ausspruch zu verdienen — zu 
wenig Wert auf den Ausbau der Wohnungshygiene, auf Bau von Arbeiter- 
häusern; viel zu wenig öffentliche Mittel werden zu diesem Zweck zur Ver- 
fügung gestellt. Die Wohnungsfrage steht aber bei der Bekämpfung der 
Tuberkulose in erster Linie und von diesem Gesichtspunkt aus ist es auf das 
lebhafteste zu bedauern, daß jetzt von den Behörden der O. K. K. der Kauf- 
leute die Fortführung der Wohnungsenquéte untersagt wurde. (cf. Med. Reform 
1908, Nr. 41, cf. auch Berl. Tageblatt, Leitartikel, 6. XI. 1908.) 

Die aus den Heilstätten veröffentlichten [leilungsresultate imponieren ja 


489 


BD.XIII, HEFT 6. 


DIE LOKALEN TUBERKULINREAKTIONEN ETC. 


1905. 


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SE ZEITSCHR. f. 
199 od TUBERKULOSE 





als günstige und haben sich gegen früher wesentlich verbessert. Es hängt dies 
mit der Bewegung zusammen, fortgeschrittene Fälle von den Heilstátten fern- 
zuhalten und die Frühdiagnose der Tuberkulose soweit auszubilden, daß nur 
Initialfalle in die Heilstätten kommen. 

Es ist dies ein Ziel, das selbstverständlich allergrößte Billigung verdient; 
allerdings sind diese Bestrebungen nur unter der Voraussetzung der Unterstützung 
wert, daß tatsächlich nur Fälle von aktiver Tuberkulose in die Heilstätten 
kommen (wenn auch natürlich in initialster Form). 

Davon ist aber jetzt in keiner Weise mehr die Rede; es geht dies aus 
dem vorliegenden Material mit Sicherheit hervor, daß zahlreiche Nichttuber- 
kulöse und noch zahlreichere Individuen mit inaktiver Tuberkulose sich 
in den Heilstätten befinden. 


* * 


Dies beweisen zunächst die aus Gürbersdorf stammenden Versuche von Blúmel 
úber Kollapsetelektase, die zeigen, daf mindestens 5%, vóllig Tuberkulose- 
freie sich in den Heilstátten befinden; noch viel zahlreicher ist aber die Anzahl 
der inaktiv Tuberkulösen. Es wird dies sehr verständlich, wenn wir daran denken, 
daB die Aufnahme in Heilstátten vielfach auf Grund des perkutorischen Befundes, 
einer Spitzendämpfung etc. erfolgt, und daß eine sehr ausgesprochene Dämpfung bei 
inaktiver ausgeheilter Tuberkulose sehr oft vorhanden ist. 

Eine Reihe von Heilstättenärzten verwahrt sich dagegen, daß sie auf Grund 
einer positiven Subkutanreaktion Patienten als geeignet zur Heilstättenaufnahme 
erachten. 

Es ist dies eine Konzession an die sich immer mehr verbreitende Erkenntnis, 
daß eine positive Subkutanreaktion keine aktive Tuberkulose beweist. Aber die 
Konzession bleibt auf halbem Wege stehen, da z. B. auch eine Spitzendämpfung 
in Verbindung mit positiver Subkutanreaktion ebenfalls nicht aktive Tuberkulose 
beweist. | 

Eine Reihe von Heilstättenärzten benutzt aber die Subkutanmethode zur Kon- 
trolle ihrer klinischen Untersuchungsbefunde. Wie ist dies möglich, wenn nachge- 
wiesen ist, daß die Subkutanprobe bei ganz inaktiver Tuberkulose positiv ausfällt? 

Die von verschiedenen Heilstättenärzten, die an anderer Stelle dieser Arbeit 
zitiert sind, immer wieder aufgestellte Forderung, man solle keine inaktiven Tuber- 
kulösen aufnehmen, hat doch nur dann einen Sinn, wenn hiergegen häufig ge- 
fehlt wird. 

Von Interesse in diesem Zusammenhang ist auch der Ausspruch von Liebe 
(Brauers Beitr., Bd. 8, Heft 2, p. 152), „Hiermit hängt ja auch die oft beklagte 
Tatsache zusammen, daß Leute, die wir in der Heilanstalt als tuberkulös krank, 
arbeitsunfähig haben, vom Militärarzt als tauglich ausgehoben werden“. Dies 
würde nichts für ıhr Freisein von aktiver Tuberkulose beweisen, wohl aber die 
Tatsache, daß sie den Anstrengungen des Dienstes gewachsen sind. Ganz analoge 
Erfahrungen stehen uns an eigenen Patienten zur Verfügung, die einmal und mehr- 
mals Insassen von Heilstätten gewesen sind. 

In der Heilstätte Melsungen sind mit der Konjunktivalreaktion andere Resultate 
erzielten worden, wie sie die überwiegende Mehrzahl der Autoren und wie ich selbst 
bekommen haben (fast stets negative Konjunktivalreaktion bei Initialfállen, positive 
Reaktion gerade bei fortgeschrittenen Lungentuberkulösen. Ich konnte aus dem 
der Arbeit beigegebenen Material mit an Gewißheit grenzender Wahrscheinlichkeit 
nachweisen, daß negative Konjunktivalreaktionen bei Fällen mit inaktiver Tuber- 
kulose erhalten worden sind. (Brauers Beitr, Bd. X, Heft 2.) 


aa ein DIE LOKALEN TUBERKULINREAKTIONEN ETC. 491 


Unter seinem Material zeigten nämlich im Stadium 


I der Lungentub. konjunkt. Reaktion in nur 14°/,, Tuberkelbazillen in nur 3°% 


I „ nm ” ” ” 32,6 lo ) ” ” 34 e 
III 9 ” IT ” ” 47,1 Yo: 


Ich glaube mich mit der Mehrzahl der Tuberkuloseärzte in Übereinstim- 
mung zu befinden, wenn ich es für ausgeschlossen erkläre, daß Fälle im 
II. Stadium aktiver Tuberkulose in 66°/, resp. 55°/, keine Tuberkelbazillen auf- 
weisen und daß man annehmen muß, daß es sich hier in diesen Fällen nicht 
um aktive Tuberkulose gehandelt hat. 

Nur so sind auch die von den Erfahrungen aller anderen Autoren ab- 
weichenden Ergebnisse dieses Autors mit der Konjunktivalreaktion zu erklären, 
die niemals im III. Stadium der Tuberkulose höhere Prozentzahlen an positiven 
Reaktionen aufweist, als im ersten. 

Um solche subjektiven Auffassungen zu vermeiden, sind in unserer großen 
Statistik, über die ich in Neuyork berichtete (cf. Münch. med. Wchschr. 1908, 
Nr. 45), als Tuberkulöse nur solche Individuen in meine Statistik auf- 
genommen worden, die Tuberkelbazillen aufweisen, die anderen sind 
unter „Suspekte‘ eingereiht worden. Ich weiß sehr wohl, daß unter den 
„auspekten‘ sich bei dieser Statistikform noch aktiv Tuberkulöse befinden; es 
besteht aber nur bei einer solchen Anordnung der Statistik die Möglichkeit, 
über den Wert der Konjunktivalreaktion ein Urteil zu bekommen, weil nur 
so subjektive Anschauungen auszuschließen sind. Ein Urteil über den Wert 
der positiven Konjunktivalreaktion bei Individuen ohne Tuberkelbazillen gibt 
die Beobachtung des weiteren Verlaufes. In einer Reihe von Fällen der 
Stadelmannschen Abteilung des Krankenhauses Friedrichsheim hat der Ver- 
lauf den diagnostischen Wert der positiven Konjunktivalreaktion bei klinisch 
nicht Suspekten bestätigt. Ich verteidige mich hier nicht gegen den wenig 
sachlichen Vorwurf Roepkes, daß eine bessere Untersuchung wohl schon 
vorher die Tuberkulose hätte diagnostizieren lassen, um so mehr, als ich ja 
nicht allein am Krankenhause die Kranken untersucht habe. 

Es wollen doch, so darf man annehmen, die Vertreter beider Anschau- 
ungen die Wahrheit zum Zwecke der Bekämpfung der Tuberkulose. Man 
soll daher die Frage cum studio, aber sine ira behandeln. Diesen Zielen ent- 
spricht es aber wenig, wenn man versucht, wie es geschehen ist, von neuem. 
die Untersuchung der Heilstätten gegen die der Krankenhäuser auszuspielen, 

Es erklärt diese Differenz ganz zwanglos die erwähnten divergenten Befunde 
mit der Konjunktivalreaktion. Aber was viel interessanter ist, das Melsunger 
Material ist scheinbar kein Ausnahmematerial, sondern in vielen Heilstätten 
finden sich ganz analoge Verhältnisse. In der Engelmannschen Statistik 
finden sich z. B. unter 6273 Patienten in 66,3°/, keine Tuberkelbazillen. In 
der Heilstätte Grabowsee hatten z. B. von 817 im Jahre 1904 Entlassenen 
nur 32,6°/, Auswurf mit Bazillen, 67,4°/, keine Bazillen, davon 22,2°/, über- 
haupt keinen Auswurf. (Jahresbericht des Heilstättenwesens vom Roten Kreuz 
für 1904.) 

Von 447 vom 21. X. 1907 bis 30. IX. 1908 in Müllrose (Chefarzt Dr. Ulrici 


r SEL E ZEITSCHR. f. 
492 | AO OUR TUBERKULOSE 


Behandelten waren 102 im III. Stadium, bei 123 konnte der Chefarzt sich nicht 
entschließen, sie als Tuberkulöse auch nur des I. Stadiums zu bezeichnen, ob- 
wohl er selbst zugibt, die Diagnose ,,Lungentuberkulose des I. Stadiums“ in 
relativ weiten Grenzen zu stellen. (Mündliche Mitteilung.) 

Es ist diese Form der Auswahl der Heilstättenpatienten, die eine das 
Maß überschreitende Reaktion darstellt, eine Folge der früheren Mißerfolge der 
Heilstättenbehandlung, welche die Hamelsche Statistik (Tuberkulosearbeiten a. 
d. Kaiserl. Gesundheitsamt 1904, Heft 2) aufgedeckt hat. Von den seinerzeit 
bearbeiteten 2685 Patienten waren beim Austritt aus der Heilstätte zwar 77°/, 
arbeitsfähig, scheinbar klinische Heilung wurde aber nur in 7,3°/, erzielt, voll- 
ständige Heilung nur in 1,3°/. Auch ganz neuerdings hat sich Koch 
Stockholm, Nobelpreisvortrag) dahin ausgesprochen, daß die 70°/, Heilungen 
tatsächlich keine Wiederherstellung der Arbeitsfähigkeit bedeuten, sondern nur 
Erlangung der Arbeitsfähigkeit (die bei der Mehrzahl der heute zur Aufnahme 
kommenden schon bei der Aufnahme noch vorhanden ist) und daß die Mehrzahl 
doch schließlich noch der offenen Tuberkulose später zum Opfer fällt. 


Das an sich berechtigte Bestreben, die Resultate der Behandlung günstiger 
zu gestalten, hat zu einer Erweiterung der Frühdiagnosenstellung geführt, die den 
Tuberkelbazillus ausschaltete, weil er nicht früh genug eine Diagnosenstellung ge- 
stattet. Seitdem ist es aber bei den jetzt gewählten Kriterien für die Diagnose der 
Tuberkulose nicht mehr möglich zu unterscheiden, ob eine aktive oder inaktive 
Tuberkulose vorliegt. Es sei z. B. auf eine jüngst erschienene Arbeit von Rosin 
(Ztschr. f. ärztl. Fortb. 1900, Nr. 19) verwiesen, der auf gewisse Anomalien 
der rechten Lungenspitze hinweist und die Entscheidung, ob sie etwas zu bedeuten 
haben, dem erfahrenen Arzt (!), d. h. also subjektivem Ermessen zuweist. Das Be- 
streben der Heilstiittenleiter, die Behandlungsresultate immer günstiger zu gestalten, 
führt dazu, daB in immer größerer Zahl Individuen mit inaktiver Tuberkulose in 
die Heilstätten Aufnahme finden, die allerdings, wie alle inaktiven Tuberkulösen auf 
subkutane Tuberkulininjektion reagieren, was aber nichts für aktive Tuberkulose 
beweist (cf. Schröder, Brauer Beitr., Bd. 8, Meißen u. v. a). 

Für diejenigen, welche die gesamte Literatur nicht zu übersehen vermögen, 
seien kurz diejenigen angeführt, die betrefis der subkutanen Tuberkulinprobe zu 
demselben Resultat auf Grund klinischer Beobachtungen kommen. 

Meißen, Die Tuberkulinprobe. Heilkunde 1903, Nr. 11. „Das Tuberkulin 
ist in gewissem Sinne ein zu feines Reagens, das leicht entweder zu viel oder zu 
wenig beweist.“ 

Schröder, Über neue Medikamente und Nährmittel bei der Behandlung der 
Tuberkulose. Ztschr. f. Tub., Bd. 3, Heft 1. „Das Tuberkulin gibt auf alle Herde, 
aktive oder inaktive, seien sie in den Lungen oder in den Drüsen, Reaktion.“ Er 
führt ferner an, daß das Tuberkulin in betreff der Lungentuberkulose zu irr- 
tümlichen Resultaten führt, da auf Grund solcher Diagnose ohne aktive Lungen- 
tuberkulose bereits solche Fälle zur Behandlung kommen können, die auch ohne 
letztere niemals wirklich erkrankt wären. Ähnlich äußern sich Cornet u.a. 


Es wird vielfach, so auch von Schröder und mir (Brauers Beitr., Bd. 8, 
Heft 2), der Begriff latente Tuberkulose synonym mit inaktiver gebraucht, weil 
latente Tuberkulose meist inaktiv ist. Röpke ist aber zum Teil im Recht, wenn 
er darauf hinweist, daß dies falsch ist, da es eine latente (im Sinne von nicht 
nachweisbare) Tuberkulose gibt, die aktıv ist. Ich hatte latente "Tuberkulose 


ein DIE LOKALEN TUBERKULINREAKTIONEN ETC. 493 


in dem Sinne einer Tuberkulose gebraucht, die keinerlei Erscheinungen macht, 
wobei die Gleichsetzung mit inaktiv immerhin Berechtigung hat. 

Um nicht durch Nomenklaturschwierigkeiten die Verständigung noch 
mehr zu erschweren, akzeptiere ich für meine Person die Röpkesche Nomen- 
klatur. 


Auch die Kliniker fangen an, die aus den Reaktionsergebnissen sich 
geradezu aufdrängenden Schlußfolgerungen zu ziehen, daß eine große Zahl von 
inaktiven Tuberkulösen für ‚„tuberkulös“ erklärt und in die Heilstátten auf- 
genommen wird. Man braucht nur den Vortrag von Grotjahn: Die Krisis in 
der Heilstättenbewegung 1907, und die an den Vortrag von B. Fränkel in der 
Berl. Ges. 1908 sich anschließende Diskussion durchzusehen, um über die 
Stimmung ein Urteil zu gewinnen. Besonders Erwähnung verdient z. B. 
Frankenburger in Nürnberg (Münch. med. Wchschr. 1908, Heft 17 u. 18), 
der den Kernpunkt trifft, wenn er schreibt: „Für die Aufnahme in den 
Heilstätten darf nicht die Rücksicht auf die Erfolgstatistik maßgebend sein, 
sondern nur der für den einzelnen Fall zu erwartende Nutzen. Die Kranken 
des I. Stadiums, vor allem aber die Tuberkuloseverdächtigen und die Träger 
latenter Tuberkulosen können der Heilstättenbehandlung zumeist entraten. 
Diesen kann bei ambulanter Behandlung durch Aufenhalt in Tages - Wald- 
erholungsstätten, durch Verschaffung hygienischer Schlafgelegenheit in der 
Wohnung, durch sonstiges Eingreifen der Fürsorgetätigkeit gleicher Erfolg ge- 
bracht werden.“ Daß dieser Autor für diese freimütige Äußerung sehr leb- 
haften persönlichen Angriffen ausgesetzt war, braucht bei der persönlichen 
Engagierung vieler Heilstättenärzte in dieser Frage nicht Wunder zu nehmen. Im 
wesentlichen hat übrigens Schröder auf der 4. Tuberkuloseversammlung den 
gleichen Standpunkt vertreten und Ulrizi-Müllrose hat sich mit großer Deut- 
lichkeit (Med. Reform 1908) im gleichen Sinn geäußert. 

Selbst auf die Gefahr hin, die Statistik scheinbar noch zu verschlechtern, 
dürfen nur aktive Tuberkulosen in Heilstätten Aufnahme finden. Die Schwierig- 
keit liegt nun darin, daß fast alle Heilstättenärzte theoretisch diese Forderung 
anerkennen und nur der Ansicht sind, bei ihnen befinden sich keine inaktiv 
Tuberkulösen (cf. z. B. Schröder, Brauers Beitr., Bd. 8, Heft 2), „nur aktive 
Formen der Phthise gehören in die Heilstatten“. 

Die Klärung der Frage, wer ist aktiv tuberkulös, ist das gegenwärtige 
Hauptproblem der Tuberkuloseforschung. Nach meiner Ansicht vermag 
hierbei die Konjunktivalreaktion wertvolle Dienste zu leisten, um so wertvollere, 
als es kein anderes frühdiagnostisches Mittel, das nur aktive Tuberkulose an- 
zeigt, gibt. 

Die Konjunktivalreaktion gibt positive Resultate nur bei aktiver Tuberkulose. 
Vorläufig kann noch nicht absolut ausgeschlossen werden, ob vielleicht einmal 
ein Fall mit initialer aktiver Tuberkulose nicht reagiert. Häufig sind diese Fälle 


sicher nicht. Darum muß die Konjunktivalreaktion für die Auslese der Patienten 
in den Heilstätten nutzbar gemacht werden. 


Die Anwendung der Methode für die Auswahl der Heilstättenpatienten 
würde zweierlei günstige Folgen haben: 


ee ZEITSCHR. f. 
494 RS NORRIS ER TUBERKULOSE 


1. Es würden die Patienten, die eine inaktive Tuberkulose haben, nicht 
in die der Natur der Sache nach teuren Heilstátten kommen. Solche Individuen 
sind nicht als eigentlich krank zu bezeichnen. Es ist ihre Aufnahme in Heil- 
stätten schon darum nicht möglich, weil dann 60—70°/, der gesamten Be- 
völkerung in Heilstätten untergebracht werden müßten. Wenn man alie In- 
dividuen aufnimmt, die auf subkutane Tuberkulininjektion cine Reaktion auf- 
weisen, so würde diese Zahl erreicht werden, da die Subkutanreaktion wohl 
spezifisch für vorhandene Tuberkulose ist, aber ebenso wie die Kutan- 
reaktion auch bei inaktiver Tuberkulose positiv ausfällt. Die täglichen ärzt- 
lichen Visiten im Heilstattenbetrieb machen aus solchen Leuten mit inaktiver 
Tuberkulose Hypochonder; es ist natürlich sehr wünschenswert, daß auch für 
Leute mit inaktiver Tuberkulose etwas getan wird; aber die Unterbringung in 
Heilstätten ist nicht der richtige Weg, wie Frankenburger sehr treffend aus- 
führt, sondern die Überweisung in Walderholungsstätten, Landerholungsstätten, 
die billig herzustellen sind, und in denen am besten derartige Individuen etwas 
Arbeit als Entgelt und zur Deckung eines Teils der Kosten zu leisten hätten. 
Es ist dieser Erholungsaufenthalt auch erwünscht von dem Standpunkt, daß 
für jedes Individuum, das in der Großstadt zu leben genötigt ist, ein jährlicher 
Landaufenthalt angebracht ist, besonders aber bei Individuen mit inaktiver 
Tuberkulose, um ein event. Aufflackern der Tuberkulose zu verhindern. 


2. Würden die Resultate der Heilstätten in Wirklichkeit gebessert werden. 
Scheinbar würde natürlich eine außerordentliche Verschlechterung eintreten, 
denn es würden auf diese Weise die Nichttuberkulösen und die inaktiv Tuber- 
kulösen entfernt werden, die natürlich das Rückgrat der heutigen günstigen 
Heilstättenstatistik bilden. Aber denken wir doch daran, daß die Über- 
füllung der Heilstätten mit Patienten ohne aktive Tuberkulose die notwendige 
Reaktion dagegen vorstellt, daß eben früher bei der anderen Auswahl der 
Patienten keine irgendwie in Betracht kommenden Heilerfolge erzielt werden 
konnten. Die Konjunktivalreaktion gibt uns aber gegen früher die Möglichkeit, die 
Fälle mit beginnender aktiver Tuberkulose frühzeitiger in die Heilstätten hinein 
zu bekommen, eine Möglichkeit der Frühdiagnose, von der bisher leider nicht 
der geringste Gebrauch gemacht worden ist, obwohl z. B. Wassermann seiner 
prinzipicllen Übereinstimmung mit dieser Anwendung der Konjunktivalreaktion 
in der Praxis den deutlichsten Ausdruck gegeben hat. (Vorlesung über Immu- 
nitat an der Universität Berlin und die Ausführungen Wassermanns im Vor- 
wort zur 2. Auflage des Werkes von Wolff-Eisner: Frühdiagnose und Tuber- 
kuloseimmunität, Würzburg 1909 [erscheint im Februar]; cf. auch Berliner 
Tageblatt: 9. XII. 1908, Abendausgabe.) 


Trotz aller Bemühungen hat in Deutschland noch keine Heilstátte nach 
diesen Prinzipien die Aufnahme geregelt. Erst bei meinem Aufenthalte in 
Amerika anläßlich des Internationalen Tuberkulosekongresses habe ich bei dem 
Vorstand und Ärztekuratorium des Montefiore Home Sanatoriums zu Bedford- 
Neuyork Verständnis und Entgegenkommen, speziell bei Dr. Alfred Meyer- 
Neuyork, gefunden und zur Benutzung in diesem Sanatorium einen Plan zur 


ciar magias DIE LOKALEN TUBERKULINREAKTIONEN ETC, 495 











Verwendung der modernen Tuberkulindiagnostik ausgearbeitet, den ich im 
folgenden hier wiedergeben will (s. p. 498). 

Ich möchte bemerken, daß ich zunächst nicht vorgeschlagen habe, die Auf- 
nahme in ein Sanatorium oder eine Heilstätte von dem Ausfall der Konjunktival- 
reaktion abhängig zu machen (um nicht etwa einen Fall mit aktiver Tuberkulose, 
der vielleicht nicht reagiert, von der Aufnahme auszuschließen). Ich glaube aber, 
daß auch ohne mein Zutun in nicht allzulanger Zeit kein Patient mit negativer 
Konjunktivalreaktion in einem Sanatorium Aufnahme finden wird, weil er, von 
geradezu verschwindenden Ausnahmen abgesehen, entweder nicht aktiv tuber- 
kulös, oder aber nicht mehr heilbar ist: in beiden Fällen also kein Objekt für 
eine Heilstättenbehandlung darstellt. Ich habe vorläufig nur geraten, die 
Statistik der Fälle mit Rücksicht auf vorhandene positive Konjunktivalreaktion 
und auf positiven Tuberkelbazillenbefund getrennt von den Patienten mit nega- 
tiver Konjunktivalreaktion und negativem Bazillenbefund zu führen, damit wir 
endlich einmal die Möglichkeit einer Statistik über Heilstättenerfolge bekommen, 
die autosuggestiven Einflüssen entzogen, ein objektives Bild gibt. 


Die Statistik der Lungenheilstáttenerfolge. 

Für eine Statistik der Heilerfolge bei Lungentuberkulósen, besonders aber 
für die Heilstáttenerfolge fehlte es bisher an einer Grundlage. Es sollen hier 
nicht die Bedenken aufgeführt werden, die überhaupt gegen Statistiken be- 
stehen. Aber abgesehen hiervon muß eine Statistik in ihren Ergebnissen 
wertlos sein, wenn die Heilerfolge des einen Sanatoriums nicht mit denen 
eines anderen, infolge verschiedenen Materiales, verglichen werden können. 
v. Weißmayr (Tubercul. Bd. ı, Nr. 2) sagte mit Recht: „Wo jeder eine andere 
Sprache spricht, da ist eine Einigung nicht möglich!“ Und Ott (Hyg. Rund- 
schau 1901, Nr. 21) äußerte sich folgendermaßen: „Was bei der Durcharbeitung 
der einzelnen Jahresberichte (scil. der Heilstätten) zuerst auffällt, ist die außer- 
ordentliche Verschiedenheit derselben; es sind kaum zwei zu finden, die überall 
von derselben Grundlage ausgehen und die ihre Statistik einheitlich bearbeitet 
haben.“ Dasselbe führt Heubner, Verh. d. int. Tub.-Kongr. Berlin, p. 232, 
u. a. an. 

Und Blum ‘Ztschr. f. Tub., Bd. 8, Heft 2): „Und alle bislang mit- 
geteilten statistischen Zahlen und die daraus zu ziehenden Schlüsse sind natürlich 
nur mit einer gewissen Reserve zu betrachten. Denn die Statistik ist nur dann 
wirklich das Gesetz der grofen Zahl (Cornet), wenn die Beobachtung und 
Registrierung des Materiales eine gleichartige ist, was aber bezüglich der 
Stadieneinteilung noch keineswegs erreicht ist.“ 

Und was sollte eine derartige auf ungleichartiger Basis geführte Statistik 
nicht alles beweisen! Erfolge und Nichterfolge der Tuberkulinbehandlung, 
Erfolge und Nichterfolge der Heilstättenbehandlung! Und dabei ist das Aus- 
gangsmaterial ein so verschiedenes, daß ein Zusammentreffen der Resultate nicht 
möglich ist. 


Um Beispiele anzuführen, waren in der Eisenbahnheilstätte Melsungen und 


Schreiberhau zum Beginn des 5. Jahres nach dem Heilstättenaufenthalt noch 59,63% 


406 A. WOLFF-EISNER. oc 
ihrer Patienten voll erwerbsfähig, und ähnliche, sogar noch etwas günstigere Zahlen 
teilt Curschmann (Friedrichsheim, Baden) mit; und demgegenüber Körtings 
Resultate an amerikanischen Soldaten (Medizinische Reform 1907, Nr. 24), der bei 
der Entlassung nur 7,4°/, bis 11,6%, als geheilt ansieht (vgl. auch Gerhartz, 
Med. Klin. 1907, Nr. 48/49). 

Daß sich gerade in den Kisenbahnheilstätten besonders viel inaktive Tuber- 
kulöse zu befinden scheinen, ging schon aus den vorher gemachten Angaben hervor. 


Und so ungleichmäßig das Ausgangsmaterial, so vielgestaltig auch der 
Maßstab, der für die Beurteilung der Heilung angelegt wurde: am häufigsten 
finden wir die Erfolge beurteilt nach der „Herstellung der Arbeitsfähigkeit und 
nach der Erhaltung derselben“. Wie vieldeutig ist aber dieser Begriff! Das 
Urteil Kochs über die Bedeutung der „Wiederherstellung der Arbeitsfähigkeit“ 
haben wir schon oben angeführt. Die Verschiedenheit des Ausgangsmateriales 
wird sich gerade bei diesem Kriterium zur Beurteilung der Heilung ganz be- 
sonders geltend machen können. Mit diesem Begriff ist absolut nichts anzu- 
fangen. Ohne uns sonst den Hammerschen Ausführungen anzuschließen, 
kann er eben mit dieser Basis der Wiederherstellung der Arbeitsfähigkeit als 
Kriterium der Heilung den Beweis führen, daß mit poliklinischer Behandlung 
von Lungenkranken dieselben, ja bessere Resultate erzielt werden, als mit 
Heilstättenbehandlung. Dies wird natürlich niemand glauben, und zeigt nur, 
wie ungeeignet ein solcher Maßstab zur Beurteilung der Heilung ist. 


Ich will an dieser Stelle einem bekannten Heilstättenarzte, Liebe (Brauers 
Beitr., Bd. 8, Heft 2, S. 143), selbst das Wort geben. 

„Dagegen atmete man ordentlich einmal auf, als zur zweiten Versammlung 
der Tuberkuloseärzte Joel endlich einmal das erlösende Wort fand, daß die Ver- 
änderungen im Lungenbefunde meist garnicht so arg sichtbar sind und 
daß man sich mit der sozialen Heilung des Kranken begnügen müsse.“ Und 
Ritter-Edmundsthal (Bericht der Heilstätte 1899): „Im allgemeinen wird auch bei 
uns, wie in anderen Heilstätten die Beobachtung gemacht, daß die objektiven 
Veränderungen des Lungenbefundes meist gering zu den großen Fort- 
schritten im Allgemeinbefinden sind.“ 

Und Kundig (Ztschr. f Krankenpflege 1900, Nr. 9): „Wenn wir nur den 
Lungenbefund als Maßstab hätten herbeiziehen wollen, so würde speziell unter den 
Leichtkranken die Rubrik „stationär“ unliebsam hohe Zahlen aufweisen. 
Ganz geringe Dämpfung über den Spitzen mit Veränderung der Atmung wird sich 
kaum ändern etc.“ 

Ich habe diesen Ausführungen nichts zuzufügen. Sie beweisen, wie die Autoren 
damit zeigen wollten, die Schwierigkeit, den Begriff Heilung exakt zu definieren. 
Aber man wird fragen dürfen, was spricht bei diesen Fällen dafür, daß sie bei der 
Aufnahme aktiv Tuberkulöse vorstellten. 


Ein ungleich viel besseres Kriterium für die Beurteilung der Heilerfolge 
gewährt das Verschwinden der Tuberkelbazillen im Verlaufe der Behandlung. 
Doch um dies Kriterium anzuwenden, müssen die Bazillen beim Eintritte in 
die Hleilstätte erst vorhanden gewesen sein. Und dies ist nach dem Mit- 
geteilten ja in der Mehrzahl der Falle bei den Heilstättenpatienten nicht der 
Fall. Zwar ist das Verschwinden der Tuberkelbazillen kein Zeichen von Heilung 
der Tuberkulose und demnach durchaus nicht eindeutig, aber gegenüber der 


BD. XTILHERT 6. DIE LOKALEN TUBERKULINREAKTIONEN ETC. 497 


1909, 











„Wiederherstellung der Arbeitsfahigkeit* ein geradezu ideales Zeichen einer 
stattgehabten Besserung. 

Ein wie wichtiges objektives Kriterium das Verschwinden der Tuberkel- 
bazillen vorstellt, das da ein Urteil erlaubt, wo sonst alle anderen Maßstäbe 
versagen, zeigen die folgenden Ausführungen von Köhler (Brauers Beitr. 
Bd. 3, Heft 2). 


Bandelier, bekanntlich ein unbedingter Anhänger der Tuberkulintherapie, 
hatte mitgeteilt, daß seine Kranken in 92°/, die Tuberkelbazillen verloren hätten. 
Köhler fügt hinzu: „Keine deutsche Heilstátte hat einen ähnlichen Erfolg aufzu- 
weisen“. „Ich habe kein Recht, die Zahl für die Kottbusser Ergebnisse irgendwie 
anzuzweifeln. Findet sie sich dagegen in anderen Feststellungen nicht, so pflegt 
man sagen zu dürfen, die Ergebnisse seien anderwärts nicht bestätigt worden“, 


Sehr viel würde für die Statistik gewonnen sein, wenn das Aufnahme- 
material nach einheitlichen Grundsätzen wenigstens in jeder einzelnen Heilstätte 
bearbeitet würde. Es ist dies natürlich nur möglich, wenn das Franken- 
burgersche Postulat Durchführung fände: die Aufnahme in die Heilstätten 
soll nicht auf Grund einmaliger Untersuchung, sondern nach vor- 
gängiger, am besten klinischer, noch besser spezialistischer Beob- 
achtung durch eine Zentralstelle erfolgen. Für die Beurteilung der 
Erfolge hat Cornet (Ztschr. f. Tub., Bd. 1, 1) schon vor langem eine Zentral- 
stelle verlangt. Es würde direkt wünschenswert sein, wenn die Patienten, die 
in einer Heilstätte Aufnahme finden sollen, vorher 14 Tage durch ein speziell 
diesem Zwecke dienendes und auf alle Untersuchungsmethoden eingerichtetes 
Spezialkrankenhaus hindurchgehen. 

Eine solche Institution ist bei Berlin (in Lichtenberg) von der Landes- 
versicherung Berlin schon eingerichtet worden, doch spielt dort noch die 
Subkutanreaktion die Rolle des diagnostischen Kriteriums. 

Es ist weiter zu wünschen, daß die Statistik über die Erfolge einmal die- 
jenigen Patienten trennt, welche Tuberkelbazillen aufweisen, und weiter getrennt 
berichtet über diejenigen, welche a) bei vorhandenen, b) bei fehlenden Tuberkel- 
bazillen auf 1- oder 2°/ ige Alttuberkulinlösung konjunktival reagiert haben und 
schließlich c) diejenigen, welche bei positivem Bazillenbefund negative 
Konjunktival- und Kutanreaktion aufweisen und schließlich d) diejenigen, welche 
bei negativer Konjunktivalreaktion ohne Tuberkelbazillen nur positive Kutan- 
und Subkutanreaktion zeigen und daraufhin Aufnahme in einer Heilstátte 
gefunden haben. (Die letzte Gruppe umfaßt eben nach meiner Anschauung die 
inaktiven Tuberkulösen mit den guten ,,Heilungsresultaten“.) 

Weiter wären getrennt aufzuführen: Fiebernde und Nichtfiebernde. Es 
würden sich bei einer so geführten Statistik sehr bald die verschiedenen 
Kategorien nach ihren Wiederherstellungschancen trennen lassen; eine solche 
Statistik würde nach meiner Anschauung zum erstenmal scharf 
voneinander trennen: 

I. Fälle von aktiver Tuberkulose (Tb.-Befund positiv), 

2. Fälle von wahrscheinlicher aktiver Tuberkulose (Tb.-Befund 
negativ, positive Konjunktivalreaktion), 

Zeitschr. f. Tuberkulose. XIII. 33 


408 A. WOLFF-EISNER. SE 


3. Fálle von inaktiver Tuberkulose (Kutanreaktion positiv, Konjunk- 
tivalreaktion negativ) und 

4. prognostisch unginstige Fálle von aktiver Tuberkulose (Tb.-Befund 
positiv, Konjunktival- oder Kutanreaktion negativ). 


Zu 2. ist zu bemerken, daß Meissen vor kurzem mit Recht darauf hin- 
gewiesen hat, daß der Begriff der geschlossenen mit dem der inaktiven 
Tuberkulose nicht identisch ist, und daß eine geschlossene Tuberkulose 
unter Umständen sehr wohl aktiv sein kann. Wir glauben, daß wir gerade 
durch die Konjunktivalreaktion häufig solche geschlossenen, aber aktiven 
Tuberkulosen auffinden und daß wir auf diese Weise gerade die therapeu- 
tisch wichtigsten Formen der aktiven Initialtuberkulose den Heil- 
stätten zuführen; sollte es vorkommen, daß einmal — was noch nicht 
bewiesen ist — ein Nichttuberkulöser auf die Konjunktivalreaktion 
reagiert, so ist der hierbei begangene Fehler minimal gegen den, 
der heute in hunderten von Fällen begangen wird, in denen Indi- 
viduen auf positive Subkutanreaktion und eventuelle Spitzen- 
dämpfung hin den Heilstätten überwiesen werden. 

Statistiken, in denen diese Postulate auch nur zum kleinsten Teil berück- 
sichtigt sind, sind bisher nur ganz vereinzelt vorhanden. Ich fand und erwähne 
Saugmann -Kopenhagen 1907: 69°/, der Fälle enthielten Tuberkelbazillen, es 
verloren sie während der Kur 24°/,. 

36°/, der Patienten fieberten, von denen 67°/, in 42 Tagen das Fieber 


verloren (vgl. Saugmann, Ztschr. f. Tuberkul. 1907, Bd. 11, Heft 2; Ost, 
ebend., Bd. 8, Heft 3). 


Die fast unbewußt vorhandene Anschauung, daß die bisherigen Kriterien 
nicht ausreichen, um eine Beurteilung der erzielten Heilerfolge zu begründen, 
haben zur Heranziehung der Methode geführt, die Erfolge danach zu beurteilen, 
ob das betreffende Individuum nach einiger Zeit auf eine subkutane Injektion 


von Tuberkulin reagiert oder nicht: ein Nichtreagieren wird als Zeichen der 
Heilung angesehen. 


Auch Behring hat bekanntlich für seine Bovovakzination die gleiche Methode 
zur Beurteilung der Erfolge akzeptiert (Conf. Mitulescu, Brauers Beiträge, Bd. 13, 
p. 207). (Letzterer spricht allerdings nur von scheinbaren Heilungen.) Gegen diese 
Benutzung der Tuberkulinreaktion möchte ich hier einige schwerwiegende Einwände 
geltend machen; die ausführliche theoretische und experimentelle Begründung findet 
sich in dem Abschnitt über Tuberkuloseimmunität in der 2. Auflage des schon er- 
wähnten Werkes über „Frühdiagnose und Tuberkuloseimmunität“. 

Die mangelnde Reaktion ist kein Zeichen der Heilung, weil 1. mangelnde 
Reaktion auch bei prognostisch ungünstigen Fällen von Tuberkulose häufig vor- 
kommt, und gerade ein signum mali ominis ist, 2. weil eine fehlende Reaktion nach 
einiger Zeit sich ohne Veränderung des klinischen Befindens in eine positive um- 
wandeln kann (conf. Löwenstein) und 3. weil, wie unsere Versuche ergeben, das 
Ausbleiben der Tuberkulinreaktion von der Schaflung von Rezeptoren abhängig ist, 
welche mit der Ausheilung des eigentlichen Krankheitsherdes nicht das Mindeste 
zu tun haben. 


Und umgekehrt ist das Vorhandensein einer subkutanen Tuberkulinreaktion nicht 


rr DIE LOKALEN TUBERKULINREAKTIONEN ETC. 499 


ein Zeichen für eine nicht ausgeheilte Tuberkulose, weil sie erfahrungsgemäß — wie 
mehrfach ausgeführt — bei inaktiver Tuberkulose vorkommt, resp. nach erfolgter 
Ausheilung noch lange Zeit fortbestehen kann. 

Ich habe die Grundsätze, welche für die Heilstättenaufnahme und für die 
Beurteilung der Heilstättenerfolge nach meiner Anschauung geltend sein sollten, 
in folgendem zusammengestellt, und sollen sie dort seit einiger Zeit in An- 
wendung. sein. Ich gebe mich der Hoffnung hin, daß meine Ausführungen die 
Vorzüge dieser neuen Aufnahme- und Statistikschemata erkennen lassen, so daß 
sie mit der Zeit sich weiterer Anwendung erfreuen werden. 


Schema der Untersuchung für Heilstättenaufnahme und Statistik. 

1. Es sind alle Patienten in das rechte Auge mit 1°/iger frischer 
Lösung Alttuberkulin Ruete-Enoch?)) einzuträufeln. (Nach meiner Anschauung 
wären späterhin einmal die Nichtreagierenden in Heilstätten nicht aufzunehmen, 
weil sie entweder nicht aktiv tuberkulós, oder zu progreß sind, um noch 
Heilchancen zu geben.) 

Ausgenommen sind die Augenkranken und die von anderer Seite schon 
Instillierten. (Konjunktivitis ist keine Kontraindikation.) 

Bei negativem Ausfall ist gleich am nächsten Tage das andere Auge 
mit 2- oder 3°/,iger Lösung einzuträufeln. 

2. Gleichzeitig ist die Kutanreaktion anzustellen und alle 8 Wochen an 
dem Patienten zu wiederholen. 

3. Die Statistik über die Fälle mit positiver Konjunktivalreaktion ist 
getrennt zu führen von denen mit negativer Reaktion. Bei diesen letzteren 
sind zu trennen: 

Die Fälle, die klinisch nicht aktiv tuberkulös sind, so daß diese Kategorie 
nur sicher Tuberkulöse (Tb.-Befund mit negativer Konjunktivalreaktion) umfaßt 

4. Des Weiteren sind die Fälle nochmals nach dem Ausfallen der Kutan- 
reaktion mit 25°/,igem Tuberkulin Ruete-Enoch?) zu ordnen. 


Wir trennen: 
I. Schnellreaktion (am 2. Tage abgelaufen), 
2. Normalreaktion (4 Tage anhaltend), 
3. Dauerreaktion (über 4 Tage anhaltend. Und zwar hier wieder: 
D 1. 4—7 Tage anhaltend, 
D 2. 8—ı2 Tage anhaltend, 
D 3. Über 12 Tage anhaltend. 
5. Jede der 3 Gruppen 
I. negative Konjunktivalreaktion (bei inaktiver Tuberkulose), 
2. positive Konjunktivalreaktion (bei aktiver Tuberkulose), 
° d SH Bazillenbefund, 
3. negative Konjunktivalreaktion bei manifester Tuberkulose, 
sind nach dem Ausfall der Kutanreaktion wieder in 3 Gruppen 


1) Zu beziehen durch Dr. Silberstein, Kaiser Friedrichapotheke, Berlin NW., Karlstr. 20a 
und Wissensch. Abt. des med. Warenh., A.-G., Berlin NW., Karlstr. 31. 


33° 


ZEITSCHR. f. 





(siehe unter 4) einzuordnen. Es ist dies jedoch nur er- 
- forderlich fiir.denjenigen, welcher über die Prognose genauen 

AufschluB haben will. Für mn genügt die Scheidung 
. in drei Gruppen. 


Es sei als Richtlinie angeführt, daß negative Konjunktivalreaktion 
beim Fehlen manifester Tuberkulose günstig ist, ungünstig dagegen 
bei manifester Tuberkulose, bei der sich dann fast immer gleichzeitig 
eine negative Kutanreaktion oder die’ sogenannte Schnellreaktion zeigt. 
Letztere hat selbst dann prognostisch ungünstige Bedeutung, wenn daneben 
eine positive Konjunktivalreaktion bestehen sollte. Günstig ist ferner eine 
Dauerreaktion, besonders die Form D2 und D3. Diese Formen kommen 
meist nur bei fehlender Konjunktivalreaktion vor, besonders häufig bei „klinisch 
Gesunden“, im Sinne von Leuten mit ausgeheilter Tuberkulose. 

Nach meinen Erfahrungen stellt sich bei der Beachtung dieser Grundsätze 
heraus, daß wir heute in der Lage sind, das Heilstättenmatertal so auszusuchen, 
daß wir einerseits vermeiden, inaktive Tuberkulosen aufzunehmen — wie es 
bis heute so vielfach geschieht — und andererseits die Fälle so zu wählen, 
daß ein relativ günstiger Erfolg garantiert ist. Die Wiederholung der Kutan- 
reaktion alle 8 Wochen gibt eine Auskunft über die durch die ONE 
etwa bewirkten Umstimmungen der Reaktionsfähigkeit. 


Die Beobachtung, daß die Konjunktivalreaktion aktive Tuberkulose auf- 
deckt, wird von vielen ersten Klinikern geteilt. Sie bildet die Grundlage 
meiner Vorschläge für die Abänderung der Auswahl der Heilstättenpatienten. 

Ich möchte in diesem wichtigsten Punkte um keinen Preis mißverstanden 
sein. “Die Behauptung, daß die Konjunktivalreaktion nur bei aktiven Tuber- 
kulosen positiv ausfällt, gründet sich auf die klinische Analyse von 4000 Fällen. 
Darum können an der grundsätzlichen Bedeutung dieser Feststellung vereinzelte 
divergente Beobachtungen, wie sie sich in der außerordentlich sorgfältigen 
Arbeit von Zóppritz, in den Grenzgebieten Bd. 19,. Heft 3, finden, nichts 
ändern. Aber eins darf nicht unbeachtet bleiben: diese Feststellung. beruht 
auf empirischer Beobachtung und steht nicht auf der Basis theoretischer Vor- 
aussicht infolge Anwendung fester Gesetze. 

Dies mag dem reinen Praktiker, der in wechscinder Folge die Theorien 
an sich voriiberziehen sieht, als ein Vorteil erscheinen, nicht aber demjenigen, 
der glaubt, den verbindenden Faden zwischen Tuberkuloseinfektion, Tuberkulin- 
reaktion und Tuberkulin- und Tuberkuloseimmunitat gefunden zu haben. 

Schwer verstandlich war von vornherein, warum die Konjunktival- und 
Kutanreaktion sich gegeniiber der aktiven Tuberkulose so different verhalten. 
Erst jetzt habe ich in der 2. Auflage meines Werkes versucht, eine Analyse 
der komplizierten in Betracht kommenden Verháltnisse zu geben. 

Warum ist es denn eigentlich so schwer, die aktive und gig eeschte 
Tuberkulose auseinanderzuhalten? 

Weil bei der aktiven und inaktiven Tuberkulose die gleiche Umstim- 


a a DIE LOKALEN TUBERKULINREARTIONEN ETC. ` sol 





mung des: Kérpers vorhanden ist. (wie die Tuberkulinreaktionen Ben). wenn 
auch in einer quantitativen Differenz. | | 


Aus diesem Grunde müssen alle Methoden der Differenzierung versagen, 
die auf prinzipielle Differenzen rechnen und sich nicht bescheiden, die ae 
auf quantitativen Verschiedenheiten aufzubauen. 


Bei der Konjunktivalreaktion liegen quantitativ günstige Verhältnisse vor, 
welche der Reaktion' den Anschein geben, daß sie eine prinzipielle Differenz 
zwischen aktiver und inaktiver Tuberkulose aufdeckt. Das ist aber nur schein- 
bar der Fall; bezüglich der genaueren Analyse muß ich Interessenten auf die 
angezogene Stelle verweisen. 

Darum ist es möglich, daß mal ein Fall von inaktiver rubio 
positiv reagiert — die Grenzen von aktiver und inaktiver sind ja sowieso der 
Natur der Sache nach schwankend — aber für praktische Zwecke ist die 
Konjunktivalreaktion eindeutig; wir müssen praktisch daran. festhalten, daß 
der positive Ausfall der Konjunktivalreaktion das Vorhandensein aktiver Tuber- 
kulose anzeigt. | 

Unter Berücksichtigung der quantitativen Verhältnisse läßt sich auch aus 
anderen Tuberkulinreaktionen eine Vermutung auf das Vorhandensein aktiver 
Tuberkulose ziehen.. Meine Stellungnahme gegen den diagnostischen Wert der 
Subkutanreaktion beruht auf folgenden Gründen: 


I. Weil ich glaube, daß die Kutanreaktion in absolut unsefhrlicher Weise 
dieselben Aufschlüsse gewährt, wie die Subkutanreaktion; 

2. weil ich glaube, daß die Konjunktivalreaktion in weniger gefährlicher 
und dafür besserer Weise aktive Tuberkulose anzeigt, und 

3. vor allem, weil die wiederholt angestellte Subkutanreaktion, wie sie 
heute allgemein üblich ist, für dié Diagnose der aktiven Tuberkulose überhaupt 
keinen Anhaltspunkt gewährt, da der durch die Erstinjektion gesetzte Stimulus 
— um an dieser Stelle auf meine theoretischen Anschauungen gar nicht zu 
rekurrieren — auch beim inaktiv Tuberkulösen genügt, um ihn bei der Wieder- 
holung der Injektion so reagieren zu lassen, daß die Reaktion sich in keiner 
Weise von der des aktiv Tuberkulösen unterscheidet. 


Dagegen treten die erwähnten quantitativen Differenzen des aktiv Tuber- 
kulösen gegenüber dem inaktiv Tuberkulösen in Erscheinung, wenn auf die 
erste Subkutaninjektion eine Reaktion erfolgt. Wer die Subkutanmethode in 
Anwendung ziehen will, muß möglichst die Dosis so bemessen, daß schon die 
erste Injektion von einer Reaktion gefolgt ist. 


Schon eine Reihe von Klinikern hat beobachtet, daß die prompten Re- 
aktionen der aktiven Tuberkulose entsprechen, die zögernden wurden als aty- 
pische ohne diagnostischen Wert bezeichnet. Sie sind bedingt durch ein quan- 
titativ geringeres Vermögen, das zugeführte Tuberkulin — das für den Nicht- 
infizierten überhaupt wirkungslos ist — zur Aufschließung zu bringen, daher die 
verlangsamten, d. s. die atypischen Reaktionen. 

Auch bei der Kutanreaktion ist aus dem Ablauf ein gewisser Schluß auf 
das Vorhandensein von aktiver Tuberkulose zu ziehen. Nach unserer Ansicht 


502 WOLFF-EISNER, DIE LOKALEN TUBERKULINREAKTIONEN. ` ABEE t. 
kommt der aktiven Tuberkulose die Reaktionsform: Normalreaktion und Schnell- 
reaktion zu. 

Die Konjunktivalreaktion ist nur eine Tuberkulinreaktion, wie 
alle anderen; aber dadurch ausgezeichnet, daß sie sicherer, ein- 
deutiger und gefahrloser, als alleanderen das Vorhandensein aktiver 
Tuberkulose und zwar schon im Frühstadium anzeigt. 

Darin liegt ihre unschätzbare Bedeutung und da sie diese Eigenschaft 
hat, fürchte ich nicht, daß sie jemals wieder ihre Rolle bei der Frühdiagnose 
der Tuberkulose einbüßen wird. 

Die lokalen Tuberkulinreaktionen, speziell die Konjunktivalreaktion, ent- 
halten ihren vollen Wert nur in Kombination mit einer sehr exakten klinischen 
Untersuchung; derjenige irrt, der glaubt, er brauche nicht zu lernen, wie man 
die beiden Methoden miteinander kombiniert. Wer es aber nicht gelernt hat 
und dann, wie es mehr als einmal vorgekommen ist, die neuen Methoden 
fehlerhaft anwendet, dessen Urteil sollte nicht in Betracht kommen. 

Es braucht nicht weiter ausgeführt zu werden, daß die gleichen 
diagnostischen und prognostischen Methoden nicht nur für die 
Heilstätten verwendbar sind, sondern auch bei Privatpatienten mit 
Vorteil angewandt werden, wenn die Aufnahme in ein Sanatorium, 
die Wahl eines klimatischen Kurortes oder wenn die Diagnose und 
Prognose zu entscheiden ist. 


Kies eg 


EE d . SZABOKY, ÜBER CALMETTESCHE OPHTHALMOREAKTION. 503 








XXXVII. 
Über die Calmettesche Ophthalmoreaktion. 


(Aus der internen Abteilung des St. Stephanspitales in Budapest. Primarius: Dozent 
Geza v. Dieballa.) 


Von 
Dr. Joh. v. Szabóky, Kurarzt in Gleichenberg, 


emerit, Assistent der Budapester Universität. 


Als ist eine allgemein bekannte Tatsache, daß Bestrebungen hinsichtlich 
= der frühzeitigen Diagnose der Tuberkulose sowohl vom prophylak- 
RAS] tischen, wie auch vom therapeutischen Standpunkte aus, dem Kliniker 
und auch dem praktischen Arzt ein sehr wichtiges und dankbares Gebiet zu 
neuen Forschungen bieten. Wissen wir doch einerseits wie wertvoll es dem 
Kranken selbst ist, sein Leiden so früh als möglich sicher zu erkennen, anderer- 
seits welch einen großen Vorteil die Frühdiagnose der Tuberkulose auch der 
Allgemeinheit bietet, wo besonders die frühzeitige Anordnung der notwendigen 
hygienischen Maßregeln die Infektionsgefahr einzuschränken imstande ist. 

Vor Kochs Entdeckung wurde die Diagnose auf Tuberkulose auf Grund 
der physikalischen Untersuchung gestellt, und wenn ich auch zugebe, daß man 
auch heute noch nur mit Hilfe derselben oft sehr frühzeitig die Diagnose stellen 
kann, gibt es doch noch ziemlich viele Fälle, wo sie kaum zu erreichen ist. 
Obwohl durch die epochale Entdeckung Robert Kochs die Autoren zu vielen 
neuen diagnostischen Untersuchungsmethoden geführt wurden, und jede einzelne 
derselben einen großen Fortschritt in der Frühdiagnose der Tuberkulos 
bedeutet, sind sie noch immer nicht genügend, denn gar zu oft lassen sie ja 
auch bei ganz sicheren Fällen der Tuberkulose im Stich. 

Durch die Verbreitung der spezifischen Therapie und der Immunitäts- 
lehre häuften sich immer mehr und mehr die zur Frühdiagnose empfohlenen 
neuen Untersuchungen an, zu welchen folgende gehören: Die probatorische 
Anwendung des Tuberkulins, die Agglutination, die Opsoninbestimmung, die 
Komplementablenkung, die Präzipitation. Eingehender will ich mich in dieser 
Arbeit nur mit der probatorischen Anwendung des Tuberkulins befassen. Meine 
Erfahrungen über die Agglutination und Präzipitation werde ich nächstens 
publizieren. Über die Verwendung der Opsoninbestimmung bei der Diagnose 
der Tuberkulose habe ich bereits in dieser Zeitschrift referiert. 

Das Kochsche Alttuberkulin wird zu diagnostischen Zwecken schon viele ` 
Jahre lang subkutan appliziert; erst seit neuerem verwendet man es kutan 
(Pirquet), perkutan (Moro), und auf die Schleimhaut der Konjunktion getropft 
(Calmette). Ich sowie auch andere Autoren erkennen den Wert der proba- 
torischen Tuberkulininjektionen bei der Frühdiagnose der Tuberkulose an. Wenn 
man aber die hier und da doch vorkommenden Unannehmlichkeiten und auch 
die Umständlichkeit dieses Verfahrens in Betracht zieht, muß ich mich doch dahin 
äußern, daß die probatorische Tuberkulininjektion als diagnostisches Mittel recht 
gut an Kliniken, Spitälern oder in Sanatorien verwendbar ist, in der täglichen 





504 JOH. v. SZABOKY. E 
Praxis jedoch nicht. Selbstverständlich wurden die einfacheren probatorischen 
Methoden wie die Pirquetsche Kutanreaktion und die Calmettesche Oph- 
thalmoreaktion mit Freuden begrüßt, da man so hoffte, durch diese einfachere 
Methode auch dem Praktiker die Möglichkeit zu geben, die Frühdiagnose der 
Tuberkulose stellen zu können. 

In dieser Arbeit befasse ich mich mit einer dieser Untersuchungen, mit 
der Calmetteschen Ophthalmorcaktion. 

Das erstemal beobachtete die Ophthalmoreaktion Wolff-Eisner. Er 
tropfte auf die konjunktivale Schleimhaut von Tuberkulôsen eine 10°}, ige 
Tuberkulinlösung, wonach er in ein paar Stunden eine starke entzündliche Reak- 
tion konstatieren konnte. Calmette verwendete, um starke Reaktionen zu ver- 
meiden, eine 1%/, ige Tuberkulinlösung. 

Ich habe ausschließlich nur das Calmettesche Originalpräparat verwendet, 
welches ich von dem Apotheker des Stefanspitals aus Lyon bezog. 

Nicht alle benutzten die von Calmette vorgeschriebene Flüssigkeit.!) 
Einzelne stellten die Testflüssigkeit mit 3°/,iger Borsäure her; Wolff-Eisner 
und Plehn machten die 1°/,ige Tuberkulinlösung mit steriler physiologischer 
Kochsalzlösung. Andere wieder verwendeten eine Lösung von 1, 2, 3—10%/ iger 
Konzentration, oder verabreichten 2—3 mal dieselbe Lösung (Blum, Schlüppe, 
Buch, Werther, Klieneberger, Purjesz). 1, 2, 3—4 °/, ige Lösungen ver- 
wendeten Eppenheim, Schenk, Seifert, Treupel; */,— 1%, ¡ge Lösungen 
gebrauchten Comby, Wien, Günther, Schröder und Kaufmann. 

Ich wendete die Calmettesche Ophthalmoreaktion nur bei solchen 
Kranken an, wo keine Augenkrankheit vorhanden war, wo die Conjunctiva, der 
Bulbi und der Ductus nasolacrimalis vollständig gesund war. Die Einträufelung 
machte ich folgendermaßen: Ich zog das untere Augenlid etwas herab, ließ 
den Patienten aufwärts schauen und tropfte die Tuberkulinlösung auf die Con- 
junctiva. Die Reaktion zeigte sich am frühesten in 3 Stunden, am spätesten 
in 16 Stunden nach der Einträufelung. Die Reaktion hielt gewöhnlich 36 bis 
96 Stunden an, nur ganz selten länger; das Maximum der Dauer war 168 Stun- 
den. Das erste Symptom war ein subjektives Juckgefühl; sehr häufig klagten 
die Patienten über ein Gefühl, wie wenn sie Staub im Auge hätten. Ich nahm 
bei der Qualifizierung der Reaktion die Einteilung von Citron an. Er beschreibt 
3 Grade der Reaktion: I. Rötung der Conjunctiva palpebralis und der Carun- 
cula; 2. es nimmt an der Entzündung auch die Conjunctiva bulbi teil; 3. Conjunc- 
tivitis purulenta. Ich nenne die mit 1. bezeichnete Reaktion schwache, die mit 
2. bezeichnete Reaktion mittelmäßige, die mit 3. bezeichnete Reaktion starke 
Reaktion. 

Im ganzen verwendete ich die Calmettesche Ophthalmoreakticn zu 
diagnostischem Zwecke 105 mal. Von den Kranken waren 64 Tuberkulóse, 
17 auf Tuberkulose verdächtige Fälle; bei 14 Kranken war Tuberkulose aus- 
geschlossen und 10 waren solche, die mit einem spezifischen Mittel immunisiert 


1) Es ist wahrscheinlich, daß hierdurch die verschiedenen Reaktionen zustande kamen. Es 
ist ja natürlich, daß man in den Fällen, wo man stärkere Lösungen oder wiederholte Einträufelungen 
machte, öfters stärkere Reaktionen bekommen hat, 


BDXNDBEFTS. ÜBER DIE CALMETTESCHE OPHTHALMOREAKTION. 505 





wurden. Von den Tuberkulösen waren 11 im I. Stadium, 15 im IL Stadium 
und 35 im III. Stadium der Turban-Gerhardschen Einteilung. Drei waren 
chirurgische Fälle. Bei den Tuberkulösen, hauptsächlich aber bei den auf 
Tuberkulose verdächtigen Kranken wurde die Diagnose in den meisten Fällen 
außer der Sputumuntersuchung auch durch den Tierversuch oder die probatorische 
Tuberkulininjektion festgestellt. Bei diesen Fallen, welche letal endeten, wurde 
auch die Sektion zur Sicherstellung der Diagnose benutzt. In 64 Fällen, wo 
die Diagnose auf Tuberkulose sicher gestellt war, konnte ich 57 mal positive 
und 7 mal negative Reaktion konstaticren. Bei den 11 Tuberkulösen, welche 
im I. Stadium der Krankheit waren, war die Reaktion gmal stark, ı mal 
schwach und 1 mal mittelmäßig. Bei den 15 Tuberkulösen, die im II. Stadium 
der Krankheit waren, war die Reaktion 4 mal stark, 4mal mittelmäßig und 
4 mal schwach. Bei den 35 Tuberkulösen, die im III. Stadium der Krankheit 
waren, War 10 mal starke Reaktion, 4 mal mittelmäßige und 17 mal schwache 
Reaktion vorhanden. Von den 3 chirurgischen 'Tuberkulosefällen reagierten 
2 stark, ı mittelmäßig. 53 mal erschien die Reaktion nach 3—8 Stunden und 
nur in 4 Fällen später. Die Reaktion hielt meistens 48 Stunden an, seltener 
dauerte sie 96 Stunden und nur ganz selten länger. 

Bei den 17 auf Tuberkulose verdächtisen Fällen war die Reaktion 
8 mal +, 9 mal —; sie war 5 mal stark, 1 mal mittelmäßig und 2 mal schwach. 
Die Reaktionen traten schon in 3—8 Stunden nach der Einträufelung auf und 
dauerten variicrend zwischen 36—192 Stunden. Von 13 Fällen erwies sich 
die Calmettesche Reaktion ıomal als wertvoll, 3mal jedoch nicht. Über die 
anderen 4 Fälle kann ich mich bis heute nicht mit Sicherheit äußern, da ich in 
diesen Fallen die probatorischen Tuberkulininjektionen nicht anwenden konnte, 
und da die Fälle auch nicht zur Obdukution kamen. 


lu den 14 Fällen, wo die Tuberkulose klinisch ausgeschlossen war, ergab 
die Calmettesche Opthalmoreaktion 3 mal ein positives und 11 mal ein nega- 
tives Resultat. Die positiven Reaktionen traten schon nach 3 Stunden ein, waren 
stark und hielten 48—72 Stunden an. 

Wenn ich meine diesbezüglichen Resultate mit den Resultaten der anderen 
31 Beobachter vergleiche, dann ist zu erschen, daß meine Resultate etwas 
bessere Perzentuation zugunsten der Calmetteschen Reaktion aufweisen. 
Meine Beobachtungen weisen bei sicheren Tuberkulósen in 89°/, der Fälle eine 
+ Calmettesche Reaktion auf, während dieselbe nach den Beobachtungen 
anderer (— Purjesz, Schuberth, Lenhartz, Cohn, Citron, Köhler, Eppen- 
stein, Baldwin, Metraux, Schenk und Seiffert, Blümel, Calmette, 
Schröder und Kaufmann, Franke, Hirschler, Gebhardt, Morelli, 
Ladislaus v. Ketly, Hochhalt, Mainini, Wiens, Günther, Klineberger, 
Deutsch, Fertl, Heinemann, Gaupp, Blum-Schlüppe, Plehn, Lepine, 
Comby) bei 85°/, der Kranken (unter 1532 Fällen war nur bei 1301 positive 
Reaktion) vorhanden war. Bei meinen nichttuberkulösen Kranken war die 
Calmettesche Reaktion nurin 21°/, der Fälle positiv; während die oben genannten 
Autoren die positive Reaktion in 26°, der Fälle (zwischen 1614 Fälle 333 mal) 
beobachteten. In Falien, wo auf Tuberkulose nur Verdacht vorhanden war, 


506 JOH. v. SZABOKY.  UBERÉUNOSE 
konnte ich bei 70%/, die positive Calmettesche Reaktion durch die proba- 
torische Tuberkulininjektion, durch den Tierversuch oder durch die Obduktion 
bestätigen. Trotzdem ich die Würdigung der Calmetteschen Reaktion erst 
bis zum Schlusse meiner Arbeit aufhebe, halte ich es doch schon hier für 
notwendig zu erwähnen, daß ich die Calmettesche Reaktion — obzwar es ein 
gutes diagnostisches Hilfsmittel ist — für keine spezifische und in jedem Falle 
prompt diagnostisch verwertbare Reaktion halte; dazu wäre unbedingt not- 
wendig, daß die Calmettesche Reaktion in diagnostisch zweifelhaften Fällen 
nur bei Vorhandensein der Tuberkulose positiv ausfiele, in Fällen aber, wo 
keine Tuberkulose vorhanden ist, ausbleibt. 

Bei 10 immunisierten Kranken war die Reaktion 9 mal +, 1 mal —. Ich 
habe die Beobachtung von Blum, Schlippe, Dumarest und Arloing nicht 
konstatieren können, daß nämlich bei immunisierten Personen die Calmette- 
sche Reaktion ausgeblieben wäre; es wäre aber möglich, daß die obengenannten 
Autoren eine stärkere Immunität erreichten als ich. Bei 7 Kranken, die ich 
entweder mit Spenglers Vakzin oder mit Alttuberkulin Koch 3 Monate lang 
immunisierte, bekam ich 6 mal eine +, einmal — Reaktion. In einem Falle, 
wo sichere Tuberkulose vorhanden war, und wo vor der Behandlung die 
Calmettesche Ophthalmoreaktion negativ ausfiel, konnte ich nach 3 monatiger 
Immunisierung positive Reaktion erzielen. Bei den 6 Patienten, die ich 3 Monate 
immunisierte, waren die 6 + Reaktionen 2 mal stärker, 2 mal schwächer und 
2 mal genau so stark wie beim Beginn der Immunisierung; bei den Patienten, die 
ich nur einen Monat immunisierte, bekam ich 2 mal schwächere und ı mal 
stärkere Reaktion wie beim Beginn der Immunisierung. 


Trotzdem, daß ich die starken Reaktionen hauptsächlich in den Fällen 
bekam, die sich im Anfangsstadium befanden, die schwächeren bei Fällen, die 
mehr vorgeschritten waren, und trotzdem bei ganz vorgeschrittenen Fällen 
die Reaktion hier und da ausgeblieben ist, kann ich mich doch nicht der An- 
nahme Cohns anschließen, der sagt, daß er in 50°/, der vorgeschrittenen Fälle 
keine Reaktion bekommen hat; ich halte es nicht für ganz gerechtfertigt, daß 
er seine diesbezüglichen Erfahrungen bei der Prognosestellung verwerten will. 
Ich schließe mich ganz der Ansicht Heinemanns an, der der Meinung Wolff- ` 
Eisners beistimmt, daß er nämlich von dem positiven Ausfall der Reaktion 
keinen prognostischen Schluß zieht, aber nicht zugibt, daß das Fehlen der 
Reaktion bei Tuberkulose eine schlechte Prognose bedeutet. Ich werde hier 
nicht die einzelnen Fälle von Heinemann rezitieren, die seine Äußerung be- 
stätigen, ich will nur einzelne Fälle von meinen Beobachtungen erörtern. Ich 
habe bei einzelnen Moribunden, wo der Exitus schon nach dem 2. oder 3. Tage 
eintrat, positive Calmettesche Reaktionen bekommen, wofern im Anfangs- 
stadium die Tuberkelbazillen im Sputum nachweisbar waren; nachdem blieb 
die Calmettesche Reaktion aus. Es kam sehr häufig vor, daß ich bei Kranken 
des II. oder UL Stadiums eine viel stärkere Reaktion bekam als von den 
im 1.Stadium befindlichen. Ganz richtig bemerkt Stadelmann, daß man die 
Reaktion nur dann prognostisch verwerten kann, wenn man viele durch den 
ganzen Krankheitsverlauf beobachtete Krankengeschichten zur Verfügung hat. 


BD.XILHEFTE. OBER DIE CALMETTESCHE OPHTHALMOREAKTION. 507 











Vor dem Abschlusse meiner Arbeit will ich noch aufeinzelne Beobachtungen 
hinweisen. Ich habe öfters Gelegenheit gehabt zu beobachten, daß bei Kran- 
ken, wo die positive Calmettesche Reaktion schon längst abgelaufen war, ohne 
jede Ursache nach 2, event. auch nach 8 Wochen die Reaktion sich erneuerte. 
Diese Beobachtung machte ich häufiger in den Fällen, wo ich binnen 2 bis 
3 Wochen nach einer Calmetteschen Reaktion die Pirquetsche Kutan- 
reaktion (7 mal) machte, oder — wenn ich auch nur in minimalen Dosen — 
eine spezifische Therapie eingeleitet habe (8 mal). In diesen Fällen, wo 
sich die Calmettesche Reaktion spontan erneuert hat, hielt sie viel länger 
an (auch wochenlang), wofern die nach Pirquetscher Kutanreaktion oder 
nach spezifischer Behandlung erneuerten Reaktionen stärker waren, aber hielten 
nie länger wie 2 Tage an. Diese auch von anderen Autoren (Heinemann, 
v. Ketly) gemachten Beobachtungen warnen davor, daß man bei Patienten, 
wo eine Calmettesche Reaktion abgelaufen ist, falls man Unannehmlichkeiten 
vermeiden will, entweder eine Pirquetsche Kutanreaktion anstelle, noch eine 
spezifische Therapie einleite. 

Ich versuchte ferner bei 3 Patienten — wie dies Klieneberger, Schrö- 
der und Kaufmann und auch andere machten — die Calmettesche Tuber- 
kulinlösung 2 mal anzuwenden. Ein Patient war tuberkulös, zwei nicht. Trotz- 
dem ich bei den Tuberkulösen nach der ersten Anwendung der Calmette- 
schen Lösung nur eine mittelmäßige Reaktion bekam, und trotzdem ich 
die Lösung das zweitemal erst nach Ablauf eines Monats wieder anwendete, 
konnte ich nach der zweiten Anwendung eine fulminante Reaktion beobachten. 
Die akute Reaktion dauerte 14 Tage und die Macula, welche nach der Keratitis 
phlyktaenosa zurückblieb, mußte man noch 8 Wochen lang mit Dionin behan- 
deln. Bei den 2 Patienten, wo Tuberkulose nicht vorhanden war, und wo die 
erste Calmettesche Ophthalmoreaktion negativ ausfiel, und wo ich erst in 
14 Tagen nach dem ersten Versuch die Calmettesche Lösung wieder anwen- 
dete, bekam ich jedesmal positive Reaktion; eine dauerte ı20 Stunden, die 
andere war ganz ähnlich jener Reaktion, welche ich bei den tuberkulösen 
Patienten bekam. Wenn ich nach diesen Beobachtungen, wo also das Repe- 
tieren der Calmetteschen Ophthalmoreaktion direkt schädlich war — wie dies 
auch Blumme, Schlippe, Buch, Werther bestätigten — mir die Frage 
stelle, ob es erlaubt ist, bei einem Patienten durch eine Erneuerung der Cal- 
metteschen Ophthalmoreaktion eine gefährliche Reaktion zu provocieren, wodurch 
man nur irregeführt wird und durch welche event. das Augenlicht des Pa- 
tienten gefährdet werden kann, kann ich nur antworten, daß dies event. ein sehr 
gefährliches Experiment werden kann. 

Nach allen meinen Beobachtungen möchte ich meine Erfahrungen in 
folgendem zusammenfassen. 


1. Ich halte die Calmettesche Ophthalmoreaktion nicht für ganz ungefähr- 
lich; ich gebe zu, daß dauernde Schädigungen nicht zurückblieben, aber lang- 
wierige Unannehmlichkeiten — einzelne Reaktionen hielten lange an, die 
Reaktion erneuerte sich häufig, noch nach 10—11 Monaten zeigte sich ohne 
jeden Grund Tränenfluß — zeigten sich doch häufig. Ich halte es für not- 


O EE | e ZEITSCHR. f. 
508 Y. SZABOKY, CALMETTESCHE OPHTHALMOREAKTION.  YUHERKULOSE 











wendig, daß man vor der Anwendung der Calmetteschen Ophthalmoreaktion 
den Kranken über die event. Unannehmlichkeiten aufklärt. | 

2. Die Wiederholung der Calmetteschen Lösung kann direkt gefährlic 
werden, ist also zu vermeiden. | 

3. Wenn man den Kranken von der Exazerbierung der Reaktion ver- 
schonen will, soll man vor Ablauf einer Zeitdauer von 3—4 Wochen kein 
spezifisches Mittel anwenden. 

4. Ich teile nicht die Ansicht derjenigen, die behaupten, daß die immu- 
nisierten Patienten auf die Calmettesche Lösung nicht reagieren. 

5. Man kann weder auf Grund der Intensität noch auf Grund des posi- 
tiven oder negativen Ausfalles der Calmetteschen Reaktion prognostische 
Folgerungen machen. 

6. Wenn ich in Betracht ziehe, daß bei den sicheren Fällen von Tuber- 
kulose die Calmettesche Reaktion nur in 87,8°/, positiv war, daß die Reak- 
tion nicht nur bei Kranken des III., sondern auch bei denen des I. oder II. Sta- 
diums ausblieb, und daß in meinen Fällen die Calmetteschen Ophthalmo- 
reaktion, wo die Diagnose zweifelhaft war, nur in 70°/, sich bewährt hat; 
weiter, wenn ich jene Fälle in Betracht ziehe, wo nach Beobachtungen einer 
Reihe von Autoren, wie Kraus, Lusenberger, Ruß, Bourget, Massary- 
Weil, v. Ketly, wo die Calmettesche Ophthalmoreaktion dieselben zweifel- 
haften Resultate ergab, kann ich kaum behaupten — wenngleich ich auch 
zugebe, daß dieses Verfahren diagnostisch ganz gut verwertbar ist —, daß die 
Calmettesche Reaktion spezifisch ist. Die Reaktion bietet mir keine genügende 
Garantie dafür, daß ich bei einem Kranken, wo auf Tuberkulose gar kein 
anderes Symptom vorhanden ist, Tuberkulose entweder annehmen oder aus- 
schließen kann. Entwertet wird die Calmettesche Ophthalmoreaktion auch 
durch die Erfahrung, daß viele Rekonvaleszenten nach Typhus die Calmette- 
sche Reaktion geben, wie auch, daß Tuberkulosekranke auf Einträufelung der 
Typhustoxine positiv reagieren. 

Zum Schlusse sage ich dem Primarius der Abteilung, Herrn Dozenten 
Géza v. Dieballa, besten Dank für die Überlassung des Materiales. 


BD.XILHEFTE. SCHRÖDER, ÜBER NEUERE MEDIKAMENTE ETC. 509 





XXXVIII. 
Über neuere Medikamente und Nährmittel für die Behandlung 
der Tuberkulose. 
Von 


Dr. med. G. Schröder, 
leit. Arzt der neuen Heilanstalt für Lungenkranke in Schömberg, O.-A. Neuenbürg. 


it wenigen Worten wollen wir die neueren diagnostischen Tuberkulin- 
R V4 / anwendungen streifen. Durch sie ist nach mancher Seite hin die Theorie 
EM 5 der Tuberkulinwirkung geklärt worden. Deshalb haben sie hier für 
uns Interesse. Über den Nutzen der Ophthalmo-, Kutan- und Perkutanreaktion 
für die Stellung der Diagnose einer aktiven, behandlungsbedürftigen Tuber- 
kulose sind die Ansichten noch recht geteilt. Wir wollen hier feststellen, daß 
unserer Ansicht nach keine der drei Methoden imstande ist, die notwendige, 
exakte Scheidung zwischen aktiven und latenten Formen vornehmen zu lassen. — 
Hinsichtlich der Ophthalmoreaktion müssen wir unseren früher!) ausgesprochenen 
Standpunkt dahin berichtigen, daß eine wiederholte Einträufelung von Tuberkulin 
in dasselbe Auge, die Probe zu scharf macht. Bei den Fällen, die bei der 
zweiten oder dritten Instillation reagieren, sind wir oft nicht imstande, klinisch 
eine aktive Tuberkulose festzustellen. Die so angestellte Probe wird dadurch 
für die Praxis unbrauchbar. Darin stimmen wir Wolff-Eisner?) völlig bei 
— wiederholt haben wir den gleichen Standpunkt vertreten —, daß nicht etwa 
derjenige immer anstalts- und behandlungsbedürftig ist, der auf eine LS 
probe positiv reagiert. 

Mit sogenannten ,,Eisentuberkulinen“ — die Eiweißkörper der ent- 
fetteten und von Substanzen der Nährflüssigkeit befreiten Bazillen wurden mit 
Eisenoxychloridlösungen ausgefüllt, der gut ausgewaschene Niederschlag mit 
verdünnter Natronlauge gelöst — wollen Ditthorn und Schultz?) insofern 
verwertbarere Kutanreaktionen erzielt haben, als klinisch unverdächtige Indi- 
viduen weniger manne positiv reagierten. — ihre Resultate müssen nachgeprüft 
werden. 

Leber und Steinharter“) entfetteten Alttuberkulin auf chemischem Wege, 
versetzten es mit Chloroform aa, schüttelten 6 Stunden im Schüttelapparat, 
zentrifugierten, pipettierten das entfettete Tuberkulin ab und machten mit diesem 
Präparat Kutanimpfungen. Nach kreisfórmigen Bohrungen entstand eine Infill- 
tration der reagierenden Stelle ohne Pustelbildung. Nach 5 Tagen Abklingen 
der Reaktion. Die positiven Ergebnisse, welche man mit diesem Präparate er- 
zielt, sind nach Ansicht der Verff. deshalb sehr brauchbar, weil nur die Tuber- 
kulösen reagieren, während die fett- und wachshaltigen Bestandteile des nicht 
entfetteten Präparates auch Reaktionen bei Gesunden auslösen. 

Auch für die Prognose haben sich uns weder Ophthalmo- noch Kutan- 


1) Münch. med. Wchschr. Nr. 2, 1908. 

3) Beitr. z. Klinik d. Tub. Bd. 10, Heft 2. 
8) Dtsch. med. Wchschr. 1908, Nr. 28. 

1) Münch, med. Wchschr. 1908, Nr. 25. 








510 G. SCHRÖDER. TOOR DER 
reaktion als brauchbare Hilfsmittel erwiesen. Wir können es nach unseren Er- 
fahrungen jedenfalls nicht billigen, aus der Stärke der Reaktion oder ihrer 
Dauer Rückschlüsse auf den Ausgang der Krankheit zu ziehen. Es ist das 
cigentlich nur erlaubt bei aussichtslosen, schwersten Fällen. Hier haben wir 
aber die Tuberkulinproben, die dann entweder versagen oder sehr schwach 
positiv ausfallen, nicht nötig. Prognostische Irrungen gibt es dann für den Er- 
fahrenen nicht mehr. 

Wie oben schon angedeutet, ist die Deutung der Tuberkulinwirkung 
durch diese diagnostischen Methoden nach mancher Richtung hin gefördert worden. 

Wolff-Eisner!) hält an seiner Ansicht fest, daß selbst in dem sicher 
bazillen- und splitterfreien Tuberkulin ultramikroskopische Splitter vorhanden sind, 
die aber erst durch einen bakteriolytischen Immunkörper gelöst die Reaktion aus- 
lösen. Er steht damit in einem gewissen Gegensatz zu Zieler?) der auf Grund 
seiner Versuche mit völlig von Bazillenleibern, Splittern und ultramikrosko- 
pischen Bazillenbestandteilen freiem Tuberkulin und Dialysaten von Tuber- 
kulinen nicht nur positive Tuberkulinreaktionen erhielt, sondern sogar in der 
Haut histologische Veränderungen, „die als tuberkulöse Strukturen bezeichnet 
werden müssen“. Ihm scheinen also die gelösten chemischen Substanzen der 
Tuberkelbazillen völlig zu genügen, um typische Reaktionen, toxische Tuber- 
kulosen hervorzurufen, während Daels’) besonders die Spätform des Hautpapel 
nach Pirquet für ein Produkt der eingeimpften Bazillenleiber und -trümmer 
ansieht. Ganz anders deutet Liebermeister‘) die Befunde Zielers. Er fand 
viel häufiger als man früher annahm, im Blute der Phthisiker virulente Tuberkel- 
bazillen, die vor allem auch in den mittelgroßen Hautvenen ermittelt wurden. 
Nach ihm ist es ausgeschlossen, daß ,,dialysierbare, aus den Tuberkelbazillen 
stammende Stoffe fähig seien, für sich allein tuberkulöse Strukturen zu er- 
zeugen“. Die Einimpfung der kleinen Dosis Toxin bewirkt dann eine lokale 
Reaktion dort, wo Bazillen sich finden; sie scheint diese zu aktivieren. 

Moro) erblickt in den Tuberkulinreaktionen im wesentlichen ein Vasomo- 
torenphänomen. Nach ihm besteht bei tuberkuloseinfizierten Individuen eine spezi- 
fische Reizbarkeit des Nervensystems gegenüber dem Tuberkulin, eine spezifische 
nervöse Allergie. Diese Beziehungen der Tuberkulose zum Nervensystem, speziell 
zum sympathischen Nervensystem erklären ihm zwanglos alle Erscheinungen der 
Tuberkulinproben besser, als die hypothetischen Antikörper und Bakteriolysine. 
Es wäre damit eine Brücke geschlagen zu den Anschauungen W eils und Strau8?,$) 
‘die wohl Antikörper gegen Tuberkulin im Blute Tuberkulöser annehmen, da- 
gegen haben diese nichts zu tun mit dem Ausfall der Tuberkulinproben, auch 
nicht mit einer vorausgegangenen Tuberkulinkur. Die Wassermann-Citronsche, 
wie auch die Wolff-Eisnersche Erklärung der Reaktion halten sie nach wie 





1) Ibidem 1908, Nr. 35. 

2) Ibidem 1908, Nr. 32. 

8) Med. Klinik 1908, Nr. 2. | 

4) Münch. med. Wchschr. 1908, Nr. 36 und Arb. a. d. pathol. Institut zu Tübingen 1908, 
Bd. 6, Heft 2. 

5) Ibidem 1908, Nr. 39. 

8) Wien. klin. Wchschr. 1908, Nr. 29. 


SIR BEL: ÜBER NEUERE MEDIKAMENTE ETC. 511 


vor für rein hypothetischer Natur. Christiani und Rosenblat?) haben aller- 
dings -kürzlich bei tuberkulösen Tieren, die sie mit Tuberkulin behandelten, nach- 
gewiesen, und zwar bei den tuberkulinisierten Tieren deutlicher als bei den 
nichtbehandelten, daß eine Vermehrung der Antikörper (komplementbindende 
Stoffe) eintritt, ebenso eine Steigerung der Agglutinationsfähigkeit des Blutes, 
Das Auftreten dieser Stoffe bedeutet nicht etwa die Immunitität gegen Tuber- 
kulose, sondern ist nur ihr Zeichen. Das Antituberkulin und Agglutinin sind 
verschiedene. Stoffe, ersteres entsteht stets im tuberkulösen Herd, letzteres in 
den hämatopoetischen Organen. 

Immunität tritt am sichersten dann ein, wenn es bei der Tuberkulinbe- 
handlung gelingt, die Behandelten über die negative Phase hinwegzubringen, 
in der sie empfindlicher der Infektion gegenüber sind. 

Diese Autoren haben also wieder Stützen für die Wassermannsche 
Ansicht über die Tuberkulinwirkung gebracht. 


Wolff-Eisner?) halt an seiner Endotoxinlehre fest. Nach ihm „beruht 
die durch eine Tuberkulinkur erworbene Unempfindlichkeit auf einer Wirkung 
des Bindegewebes, speziell seiner Rezeptoren. Die Reaktionsstoffe sind bak- 
teriolvtische Immunkörper“. Lüdke?°) hat weiter Argumente für den Albu- 
mosencharakter des Tuberkulins beigebracht, den wir*) nach dem Vorgange von 
Krehl und Mathes zuerst wieder auf Grund von Experimenten in den Vorder- 
grund stellten. Es gelang ihm, durch Albumoseninjektionen einen Antikörper zu 
erzeugen, der nicht nur mit Albumosenlösungen, sondern auch mit Tuberkulin 
reagierte, komplementablenkend wirkte. Es bestand aber eine Verstärkung der 
komplimentbindenden Fähigkeit des Serums gegenüber dem zur Vorbehandlung 
benutzten Präparat, während die chemisch nahestehenden Eiweißprodukte 
schwächer bindend wirkten. 

Es gelang ihm weiter, bei einigen Tuberkulösen durch Instillation einer 
2°/ igen Denteroalbumosenlósung in den Bindehautsack des Auges eine positive 
Reaktion zu erhalten. Die Augenreaktion auf Tuberkulin hält er daher nicht für 
absolut spezifisch. 5) | 

Wir sehen also, daß die Tuberkulinwirkung noch nicht geklärt ist, daß sie 
im Gegenteil noch weiter hypothetischer Natur ist und der Deutung harrt. — 
Die von mir skizzierten Ansichten verraten beträchtliche Divergenzen. 


Wie wir bereits in früheren Übersichtsberichten erwähnten, haben die 
Untersuchungen Wrights über die Bedeutung der Opsonine und seine Methode 
der Messung der opsonischen Kraft des Serums die Aussicht eröffnet, auch die 
spezifische Therapie der Tuberkulose in exaktere Bahnen zu leiten. Wir sind 
aber auch hier noch ganz im Stadium des Versuchs. Es ist verfrüht, schon 
jetzt ein abschließendes Urteil über diese Methode und ihren Wert für die 
Therapie zu fällen. Strenge Kritik ist am Platze. Auf Grund experimenteller 


1) Münch. med. Wchschr. 1908, Nr. 39. 

2) Berl. klin. Wchschr. 1908, Nr. 30 u. 31. 
8) Münch. med. Wchschr. 1908, Nr. 16. 

4) Brauers Beiträge Bd. 6, Heft 4. 

8) Centralbl. f. inn. Med. 1908, Nr. 28. 


Y ~q; ZEITSCHR. 1. 
G. SCHRÖDER. TUBERKULOSE 


Ma 
— 
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Untersuchungen kommt v. Baumgarten!) zu einer der Wrightschen ent- 
gegengesetzten Ansicht. Es wurden Tuberkelbazillen, Staphylokokken und Milz- 
brandbazillen benutzt, als Sera Menschenserum von Gesunden und Phthisikern, 
Tuberkuloseserum von Rindern, Kaninchenserum und Taubenserum. Die Leuko- 
cvten entsprachen dem betreffenden Serum. Die bakterizide Wirkung wurde 
mit Buchners Plattenaussaatvertahren bestimmt. Die Tuberkelbazillen wurden 
außerdem auf Meerschweinchen verimpft. Es ergab sich nun die Tatsache, daß 
die Phagocytose keine abtötende Wirkung auf die Bakterien ausübte, Die Opso- 
nine bewirken nach ihm nur einen abgeschwächten Grad von Bakteriolysis der 
Bakterien. Die Phagocyten vernichten aber diese Keime durchaus nicht. Die 
Vernichtung geschieht im Serum. Die Phagocyten können höchstens abge- 
storbene Keime verdauen. Im immunisierten tuberkulösen Organismus tritt 
die Phagocytose ganz zurück. 

Neufeld’ glaubt, daB die opsonische Wirkung des frischen Serums auf 
ein Zusammenwirken von Ambozeptor und Komplement beruht. Bei Tuber- 
kulose ist nicht nachgewiesen, daB die Bakterien in den Phagocyten zugrunde 
gehen, auch nicht, daß das Serum im Tierkörper die gleiche Wirkung wie im 
Reagenzglas hat. Bei Tuberkulose führt die Phagocytose zur Verschleppung der 
Bakterien. Eine Bedeutung der Phagocytose für die Immunität bei der mensch- 
lichen Tuberkulose ist nicht bewiesen. Die Menge der Opsonine ist daher 
nicht als Grad einer erzielten Immunität bei Tuberkulose anzuschen. 

Während man also in der deutschen Literatur weiter der Bedeutung der 
Bestimmung des opsonischen Index für die Tuberkulinbehandlung kritisch 
gegenübersteht (cf. auch Übersichtsbericht Bd. XH, Heft 5) sind englische Autoren 
von ihrem Nutzen überzeugt und warnen vor jeder spezifischen Tuberkulose- 
behandlung ohne Indexbestimmungen (cf. Literaturbericht in der Münch. med. 
Wehsch. Nr. 35, p. 1847 u. 48). Sie halten auch die Fehlerquellen nicht für zu 
groß, um eine exakte Beurteilung der oponischen Kraft des Serums nicht zu 
gestatten. 

Mehr den deutschen Standpunkt vertreten Reyn und Kjer-Petersen.’) 
Sie fanden keine wesentlichen Ditferenzen zwischen dem Opsoningehalt der 
Seren Gesunder und Lupuskranker. Auch die negative Phase vermißten sie 
oft nach Tuberkulininjektionen. Nach Wrights Grundsätzen behandelter Lupus 
verschlimmerte sich häufig. | 

Turban und Baert) beschreiben neuerdings nochmals genau die 
Methode. Sie erkennen ihren relativen Nutzen an, glauben aber, daß die von 
Wright empfohlene Dosierung des Tuberkulins (kleinste Dosen, kein oder 
minimales Ansteigen, große Intervalle zwischen den Einspritzungen) nicht 
genügt, um gute immunisatorische Lffckte zu erzielen. Nach ihnen hat die 
Methode nicht den Wert, daß sie zur Kontrolle einer Tuberkulinkur stets an- 
gewandt werden müßte. Die genaue klinische Beobachtung genügt meistens. 


1) Münch. med. Wehschr. 1908, Nr. 28. 
2) Berl. klin. Wchschr. 1908, Nr, 21. 

8) Lancet, März und April 1908. 

4) Münch. med. Wehschr, 1908, Nr. 38. 


rr RS ÜBER NEUERE MEDIKAMENTE ETC. 513 


Die ängstlich kleinen Dosen führen oft zu Uberempfindlichkeit. Auf einem 
ähnlichen Standpunkt steht Potter, der die Bestimmung des Index nur dann 
für nötig hält, wenn die klinische Beobachtung nicht genügt. Wir möchten 
gerade in Wrights Hervorheben der Wichtigkeit kleinster Dosen der 
Bazillenpräparate und ihrer nicht zu häufigen Injektion den größten Fortschritt 
erblicken, den seine Lehre der Tuberkulinbehandlung der Tuberkulose gebracht 
hat. Das, was von ihrem Nutzen wirklich feststeht und anerkannt werden 
kann, ist das Entstehen einer lokalen Hyperämie bis zur lokalen Entzündung 
um den Tuberkuloseherd. Diese Vorgänge müssen so eingeleitet und so be- 
grenzt werden, daß daraus eine Heilwirkung, keine Schädigung der Kranken 
entsteht. Das vermögen wir sicher besser mit kleinsten Dosen und Beobachten 
größerer Pausen zwischen den Injektionen, als wenn wir eine Giftfestigung 
gegen das Toxin mit ihrem recht problematischen Wert erstreben. 

Wir haben in letzter Zeit eine größere Reihe mittelschwerer und schwerer 
Lungentuberkulosen nach Wrights Grundsätzen der Dosierung mit Bazillen- 
emulsion und Alttuberkulin (Perlsucht- und humanem Tuberkulin) behandelt. 
Vielleicht war ein Nutzen zu erkennen. Genauere Mitteilungen behalten wir 
uns noch vor. Schädliche Überempfindlichkeit beobachteten wir nie. Ein ge- 
wisses Maß von Überempfindlichkeit scheint ja außerdem ein Immunitätsphäno- 
men zu sein [cf. Römer?) und Wolff-Eisner’)]. 

Der Nutzen kleinster Tuberkulindosen ist seit längerer Zeit schon von 
Nourney hervorgehoben, der auch kürzlich auf der Tagung der Naturforscher- 
versammlung in Köln seinen Standpunkt wieder vertrat; ihm sind amerikanische 
Autoren gefolgt (cf. frühere Übersichtsberichte), und neuerdings haben sich auch 
Jessen‘) und Meissen) zu einer solchen Anwendung der Tuberkulinpräparate 
bekannt. Jessen nimmt entfettete Tuberkuline und steigt nicht mit den 
Dosen. 

Im Anschluß an die Untersuchungen Wrights befürwortet Rothschild?) 
die Anwendung des Autotuberkulins, d. h. der Bazillenemulsion, die aus den 
Bazillen des Erkrankten selbst hergestellt wird. Bei geschlossenen Formen ver- 
wendet er ein Universaltuberkulin, enthaltend Typus bovinus und humanus. 
Diese Autotuberkulintherapie unter Kontrolle des opsonischen Index verspricht 
nach ihm die besten Erfolge. Eine Analogie zu dieser Therapie liefert eine 
Erscheinung, welche man oft bei Lungenkranken nach den Untersuchungen 
Wrights und seiner Schule beobachtet. Nach Anstrengungen und mäßiger Arbeit 
zeigt sich der opsonische Index oft unter Temperaturanstieg beeinflußt. Man stellt 
eine negative Phase fest, der bald eine positive folgt. Es handelt sich dann, 
so sagen die englischen Autoren, um ein Ubertreten von Bazillenprodukten ins 
Blut, um eine Autoinokulation. Diese Erscheinung sucht man durch Verordnung 
dosierter Arbeit therapeutisch auszunützen. | 


1) Journ. of the Amer. med. assoc, 1907, no. 22. 

2) Münch. med. Wchschr. 1908, Nr. 27, p. 1462. 

3) Brauers Beitr. z. Klinik d. Tub., Januar 1908. 

D Münch. med. Wochschr. Nr. 34, p. 1776. 

5) Ibidem p. 1806. 

6) Brauers Beitr. z. Klinik d. Tub. Bd. 10, Heft 1 und Ztschr. f. Tub. Bd. 12, Heft 5. 


Zeitschr. f. Tuberkulose. XIIL 34 


ZEITSCHR. f. 
ELE o EE, = TUBERKULOSE 





Die Autotuberkulintherapie ist überdies schon von Haentjens und 
Krause empfohlen. Ob sie mehr leistet, als die gewöhnliche Tuberkulintherapie 
ist ungewiß. Die Tuberkuline unterscheiden sich im allgemeinen nicht quali- 
tativ, sondern quantitativ, je nach der Virulenz des Bazillus, von dem das 
Präparat stammt. Im übrigen handelt es sich bei Tuberkulinreaktion um eine 
Gruppenreaktion. Es ist deshalb auch sehr unsicher, ob man durch dia- 
gnostische Anwendung von Menschen- und Rindertuberkulin, die ätiologisch in Be- 
tracht kommende Art des Erregers ermitteln kann, wie C. Spengler, Detre u. a. 
glauben. Daß es sich bei der chronischen Lungentuberkulose des Menschen 
sehr häufig um eine Symbiose des Typus bovinus und humanus handelt, wie 
C. Spengler meint, ist sicher unrichtig. Wir haben darüber eingehend an der 
Hand eigener Experimente auf der 80. Versammlung deutscher Naturforscher 
in Köln, Sept. 08, berichtet. Die antagonistische Tuberkulintherapie Spenglers, 
die auch Raw?) wieder empfehlt, ist sicher auf durchaus schwankendem Boden 
aufgebaut. | 

Im letzten Halbjahre sind wieder eine größere Reihe kasuistischer und 
statistischer Arbeiten über den Nutzen der verschiedensten Tuberkuline er- ` 
schienen, die wir hier nicht referieren können. Im internationalen Zentral- 
blatt für Tuberkuloseforschung (A. Stubers Verlag, Würzburg) und in dieser 
Zeitschrift findet man die meisten erwähnt. Fast nur Günstiges hört man. Alle 
Tuberkuline scheinen Gleiches zu leisten. Der Zug nach noch vorsichtigerer 
Dosierung ist unverkennbar (cf. auch oben). Wir dürfen uns aber nicht durch 
günstige Zahlen bei unserer eminent chronischen Krankheit blenden lassen. 
Mitteilungen über momentane Erfolge sind deshalb ziemlich wertlos. Die 
Statistiken über Dauererfolge bei Tuberkulinisierten sind noch spärlich und über- 
ragen im ganzen kaum die Werte, welche man bei Kranken erhält, die nur 
hygienisch-diätetisch behandelt wurden. Bei lokalen Tuberkulosen scheinen vor- 
sichtige Tuberkulinkuren noch am meisten zu nützen. Das liegt in der Natur 
des Prozesses und der Art der Tuberkulinwirkung gut begründet. So wäre es 
auch möglich, bei der latenten Drüsentuberkulose der Kinder event. Günstiges 
zu erreichen, auf deren Bedeutung für die Pathologie der Tuberkulose vor 
kurzem Andvord?) nachdrücklich hinwies. 


Erwähnen wollen wir noch eine Arbeit Sengers’), der anscheinend un- 
abhängig von Moro die Tuberkulinsalbe angewandt und bei Lupus gute Er- 
folge erzielt hat. Eine Mischung von Tuberkulin mit Vasenol in 3—10°/,iger 
Konzentration wurde eingerieben. Es traten nur geringe Allgemeinreaktionen, 
aber heftige Lokalreaktionen ein. Eine Kombination des Verfahrens mit Rönt- 
genstrahlen ergab besonders günstige Resultate. 


Von der rektalen Applikation des Tuberkulins sahen Calmette und 
Breton“) lokale und allgemeine Reaktionen, auch ein Wiederaufflammen einer 
Ophthalmoreaktion. — Die stomachale Verabreichung ist sehr unsicher. Pfeiffer 


1) 76. Vers. der Brit. Med. Assoc. Sheffield, Juli 1908. 
2) Tuberculosis, Oktober-Heft 1908. 

3) Berl. klin. Wehschr. 1908, Nr, 23. 

4) Soc. de Biol., Paris, Févr. 1908. 


1909, 


DU e ÜBER NEUERE MEDIKAMENTE ETC. 51s 








und Trunk’) wiesen nach, daß Pepsin*durch Verdauung Tuberkulin stark ab- 
schwacht. Jedenfalls ist die Dosierung des Tuberkulins per os gegeben so er- 
schwert, daß eine solche praktische Verwendung des Mittels nicht angängig 
erscheint. | 

Wir wollen den Abschnitt über die Tuberkulinbehandlung des tuberkulósen 
Menschen nicht schliefen, ohne uns nochmals energisch gegen eine ambulante 
Anwendung dieser Präparate ausgesprochen zu haben. Obwohl sie von ver- 
schiedenen Seiten empfohlen und gehandhabt wird, kónnen wir nicht genug 
davor warnen. Die Tuberkulinbehandlung in jeder Form erfordert 
strengste Überwachung und klinische Beobachtung der Behandelten. 
Sie mub daher den Kliniken, Krankenhäusern und Sanatorien vor- 
behalten bleiben. 

Die Tuberkuloseschutzimpfung der Rinder hat durch das Verfahren Klim- 
mers?) Fortschritte gemacht. Er schwächte Menschentuberkelbazillen durch 
längeres Erhitzen auf 52— 53° und durch Passagen durch Kammolche so ab, daß 
sie ihre Virulenz für Warmblüter verloren, wovon er sich durch Tierimpfungen 
überzeugte. Diese avirulenten Stämme wurden intravenös und subkutan auf 
Rinder verimpft und erzeugten Immunität gegen Perlsucht. Das Fleisch und die 
Milch der geimpften Tiere behält den vollen Wert, da der Inıpfstoff avirulent ist. 

Einen ganz neuen und ebenso eigenartigen Weg, um Tuberkuloseimmun- 
körper zu finden und zu verwerten, hat C. Spengler?) beschritten. Er fand 
die Hauptproduktions- und Anhäufsstätten dieser Körper in den Erythrocyten. 
Serum und weiße Blutzellen empfangen ihre Immunkörper von den roten Blut- 
zellen. Lysine und Antitoxine herrschen hier vor. C. Spengler stellt diese 
Immunkörper der Erythrocyten dar und behandelt Tuberkulöse mit diesem 
Stoff (I. K. genannt) subkutan. Er erzielte wunderbare Erfolge. Wir skizzieren 
dieses Verfahren nur, wie es der Erfinder selbst getan hat. Um Glauben zu 
finden, mußte er die angenommene ganz neue Funktion der Erythrocyten erst 
einwandsfreier beweisen, als er es in seiner Mitteilung vermochte. 

Über das Marmorekserum liegt eine zusammenfassende Übersicht von 
H Frey‘) vor. Er berichtet aus der Literatur über 938 Fälle und hat berechnet, 
daß 67%, günstig beeinflußt bis geheilt, 33°/, nicht beeinflußt wurden. Tech- 
nik der Anwendung und Indikationen werden genau angescben. Es liegen 
über die Serumbehandlung nach Marmorek wieder verschiedene neucre kasu- 
istische Mitteilungen vor, die sich zum Teil widersprechen. Der eine lobt, der 
andere tadelt. Hohmeier beobachtete, daß das Serum bei leichten Fällen von 
Knochentuberkulose den Heilungsprozeß fördern kann, bei schwereren versagte 
es. Ullmann?) bestätigt nochmals seine günstigen Erfahrungen an der Hand 
weiterer Beobachtungen. | 

Wir haben unsere Beobachtungen jetzt auch abgeschlossen. Sie werden 
demnächst in extenso in Brauers Beiträgen zur Klinik der Tuberkulose mit- 


1) Ztschr. f. Tuberkulose Bd. 12, Heft 3. 
2) Ibidem Hefte 5 u. 6. 

$) Dtsch. med. Wchschr. 1908, Nr. 38. 
4) Ztschr. f. Tuberkulose Bd. 13, Heft 2. 
5) Ibidem Januar-Heít 1908, Bd. 12. 


516 2 Ge SCHRODER TUBERKULOSE 


geteilt werden. Die Erfolge sind nicht ermutigend. Heilwirkungen nennens- 
werter Art konnten wir nicht ermitteln. Mehrfach wurden Schädigungen der 
Kranken beobachtet, die nur auf das Serum zu beziehen waren: Nieren- 
reizungen, Hämoptoen, Herzstörungen. Die Dauererfolge bei den Behandelten 
waren traurig. Sie fallen sogar unter das Niveau der Zahlen, die wir sonst bei 
ausschließlich hygienisch-diätetisch Behandelten ermitteln. 


Es liegen Untersuchungen vor von Hamburger und Monti!), ferner 
von Sternberg?) über die Resorption von Antitoxin vom Rektum aus und über 
die Erzeugung von Antikörpern durch rektale Einverleibung der Antigene 
und über die Resorption rektal eingebrachter Antikörper. Die Resultate dieser 
Arbeiten waren, daß Tetanusantitoxin vom Rektum nicht resorbiert wird und 
daß rektał eingebrachtes Pferde- und Rindereiweiß im Blute vom Kaninchen 
nicht nachweisbar war. Auch rektale Injektionen von Diphtherietoxin und von 
Diphtherieheilserum rufen keine Antikörperbildung hervor. Danach erscheint 


es mehr als fraglich, daß überhaupt die Antitoxine des Marmorekserums von 
der Rektalschleimhaut resorbiert werden. 


Deutschmann? hat sein Serum verbessert, über das wir in unseren 
Übersichtsberichten Bd. XII d. Zeitschr. Mitteilungen machten. Neisser und 
Guerrier (cf. Literaturverzeichnis im Anhang) rechnen das Serum zu den 
Leukostimulantien und führen seine Wirkung auf Nukleine zurück. Es gelang 
das Globulin des Serums niederzuschlagen und unter Zusatz von Ätznatron 
zu lösen, welches anscheinend das wirksame Prinzip mitreißt (Deutschmann, 
Serum E.). Diese Modifikation des Serums soll unschädlich und wirksam sein. 


Es ist versucht worden, die angebliche Mischinfektion mit Streptokokken 
beim Phthisiker durch Streptokokkenserum zu beeinflussen. Nennenswerte Er- 
folge hat diese Therapie bis jetzt nicht zu verzeichnen. Zangenmeister‘) hat 
nun gefunden, daß die im Handel befindlichen Antistreptokokkensera für Men- 
schen und Affen unwirksam sind und sogar durch ihren Gehalt an artfremdem 
Eiweiß schädlich wirken können. Er verspricht sich mehr von Affenimmunsera 
gegen Streptokokken. 


Die Versuche mit passiver Immunisierung den Tuberkulösen zu nützen 
haben also noch wenig Fortschritte gemacht. Es bleibt abzuwarten, ob Lanne- 
longues neues Heilserum mehr leisten wird. Ich entnehme die Notizen dar- 
über dem „Matin“ (Nr. 9, 13. X. 08). Danach hat L. mit einem aus Tuberkel- 
bazillenkulturen nach besonderem Verfahren gewonnenem Toxin Esel immuni- 
siert und in deren Serum dann eine hohe Schutzkraft gegen die tuberkulöse 
Infektion gefunden. Versuche von Klinikern und Sanatoriumsärzten Frankreichs 
am tuberkulösen Menschen haben bei allen Formen der Krankheit Heilerfolge 
und Besserungen, ferner die Unschädlichkeit des Serums ergeben. Die Dosen 
schwanken zwischen 5 und 15 ccm wöchentlich (subkutane Anwendung). 
L. machte der Académie des sciences de Paris über sein Serum Mitteilungen. 





1) Münch. med. Wchschr. 1908, Nr. 31. 
2) Wien. klin. Wchschr. 1908, Nr. 20, 
3) Múnch, med. Wchschr. 1908, Nr. 29. 
1) Ibidem 1908, Nr. 16. 


PS ÜBER NEUERE MEDIKAMENTE ETC. 517 











Über Ischigamis Tuberkulotoxoidin (Zerlegung der Tuberkelbazillen mit 
Schwefelsäure; das Toxin ist dann so verändert, daß Schädigungen der Kranken 
ausgeschlossen sind) sind unseres Wissens in Europa noch keine Versuche ge- 
macht. Ischigami und Matinda?) teilen über dieses Präparat neuere Be- 
obachtungen mit. Das Mittel wird leicht resorbiert. Reaktionen fehlen. Das 
Blut der Behandelten zeigt stärkere Phagocytose. Die Wirkung wird besser 
durch Anwendung einestierischen Tuberkulotoxoidinserums plus Tuberkulotoxoidin 
(aktiv-passive Immunisierung) 50—60 °/, Heilungen; dauernde Erhöhung des 
opsonischen Index. 


Über nicht spezifische Tuberkulosemittel liegen Mitteilungen vor, 
die zum Teil nur zur Kasuistik Bemerkenswertes bringen. 


Die sogenannte Pantanbergische Lösung, kreosierter chlorwasserstoff- 
phosphorsaurer Kalk (Kombination von Kreosot- und Kalkwirkung) wird von 
Dutoit?) empfohlen, der gleichzeitig die alte Kalktherapie wieder zu Ehren 
bringen will: Gabe von Kalksalzen und kalkhaltiger Quellen. 

Über die Kieselsäure und ihre die Heilung der Tuberkulose fördernden 
Eigenschaften berichtet Zickgraf.?) Die Kieselsäure soll die Ernährung des 
Bindegewebes begünstigen, es widerstandsfähiger machen. Die Gabe von dem 
Natronsalz der Kieselsäure verursacht Leukocytose und bessert die C. Arneth- 
schen Blutbilder. Z. empfiehlt das Mineralwasser von Glashagen bei Doberan 
(Mecklenburg), welches reich an Kieselsäure ist. — Gerhartz und Strigel‘) 
fanden dagegen, daß die Kieselsäure kein konstanter Bestandteil der Lungen- 
konkremente ist (entgegen Zickgraf), sie sind vielmehr reich an Kalk (Un- 
durchlässigkeiten für X-Strahlen). „Es ist wahrscheinlich, daß die Kieselsäure 
sich tuberkulösen Prozessen gegenüber ebenso indifferent verhält, wie der 
Kalk.“ — v. Hansemann’) berichtete über einen Fall von Lupus des Gesichtes 
und Kehlkopfes, der wegen Magenkarzinom gestorben war und zur Sektion 
kam. Der Lupus erwies sich, auch histologisch, als völlig geheilt. Dieser 
Patient war lange Zeit mit Cantharidin behandelt. Auf die Wirkung dieses 
Mittels wird die Heilung bezogen. 

Livierato®) fand, daß von den Kreosotpräparaten, der arsenigen Säure, 
den Terpentinpräparaten und dem Jod nur letzteres imstande ist, im Blute 
deutliche Bildung von Schutzstoffen gegen die Tuberkulose zu erzeugen. Er 
schließt aber, daß alle Mittel, welche günstig auf die Ernährung wirken, den 
Körper zur Bildung von Schutzstoffen anregen, also indirekt günstig auf die 
Tuberkulose einwirken. — Von neueren Jodpräparaten erwähnen wir das Arso- 
jodin, ein Gemenge von Jodnatrium und arseniger Säure [Hintz")] und Jod- 
omenin, ein Jodwismuteiweiß. Es zerfällt erst im Darm (Dosis 3mal tgl. ı Tabl. 


1) Saikingakuzasshi 1907, no. 140; cf. Centralbl. f. inn. Med. 1908, p. 26. 
2) Ztschr. f. Tuberkulose Bd. 12, Heft 6. 

8) Centralbl. f. inn. Med. 1908, Nr. 20, 

4) Brauers Beitr. z. Klinik d. Tub. Bd. ro, Heft 1. 

D Hufelands Gesellschaft, Sitzg. v. 9. Juli 1908. 

6) Ann. del Inst. Maragliano, März 1907. 

7) Wien. klin. Wehschr. 1908, Nr. 29. 


ZEITSCHR. f. 
518 G. SCHRÖDER. TUBERKULOSE 





à 0,5 g; cf. Busch und Gumpert!). — Bei tuberkulösen Hoden- und Neben- 
hodenerkrankungen erzielte Finochiaro?) mit Einspritzungen einer 1°/,igen 
Lösung von Jod in Jodkalilösung (tropfenweise beginnen!) Heilerfolge. Die In- 
jektionen werden jeden zweiten Tag gemacht. Er berichtet über drei so be- 
handelte Fälle. | 

Die Jodbehandlung der Tuberkulose, kombiniert mit der Gabe von Queck- 
silber intramuskulär hat Erfolge gegen die primäre aszendierende Schleim- 
hauttuberkulose der oberen Luftwege aufzuweisen. Oft gelingt es, allein durch 
Jodkali innerlich den Prozeß zur Ausheilung zu bringen. Über derartige Fälle 
berichteten Walters’ und Grinberg.*% Als Hg-Präparat wird das Hydrar- 
gyrum salicylicum bevorzugt. Empfehlenswert ist es auch, innerlich Jodkali zu 
geben und die tuberkulösen Schleimhautulcera mit Calomel 1 : 3 Sach. lact. zu 
bepudern. Bucsanyi?”) läßt Calomel auch inhalieren und hat danach sogar 
Besserungen der Lungentuberkulose gesehen. 

Tuberkulöse Infiltrate der Larynxschleimhaut hat Spieß®) erfolgreich mit 
submukösen Injektionen einer 2—5°/,igen wässerigen Novocainlösung behandelt. 
Jeden zweiten Tag, später auch seltener werden, 1—2 ccm injiziert. Das Ver- 
fahren ist event. mit operativen Maßnahmen zu kombinieren. Cisler”) sah gute 
Erfolge bei Larynxphthisikern von Inhalationen mit kohlensaurem Phenyl- 
propional. 

Symptomatische Mittel: In zwei Fällen von Blutungen aus oberfläch- 
lich gelegenen Kavernen gelang es Smirnow?*) die Blutung durch Einspritzung 
von 0,3 Tannin in 5,0 Aqu. dest. direkt in die Höhle zum Stillstand zu 
bringen. 

Runck* empfiehlt Bromural in Dosen von 0,6 3—5 stdl. als schweiß- 
hemmendes Mittel event. kombiniert mit Theobromin. 

Gegen Darnıstörungen der Phthisiker, gegen akute Enteritiden und be- 
sonders gegen die chronischen Dickdarmkatarrhe haben sich heiße Spülungen 
(42— 45°C) von neutralisiertem, zuckerfreiem, mentholhaltigem Heidelbeerextrakt 
bewahrt. 1—2 Eßlöffel des Extraktes werden auf 1 Liter Wasser genommen 
[Laufer?*%]. — Die chronische habituelle Stuhlverstopfung bekämpfen Blümel 
und Ulrici'!!) mit Gabe eines Brotes, welches zu 10%/, gereinigte und gefärbte 
Buchenspäne als Rohfaser enthielt. — Leon?? hat bei solchen Fällen nur gegen 
chronische Diarrhöen Yoghurt in Form von Laktobazillin allein oder plus 
Milch gegeben. Noch lange Zeit nach Aussetzen des Mittels fand er den 
Bazillus bulgaricus im Stuhl. lr empfiehlt das Mittel als hervorragendes 


1) Therap. d. Gegw., April 1908, 

2) Policlinico 1908, no. 2. 

8) Dermatol. Ztschr. Bd. 14, Heft o. 

*) Ztschr. f. Ohrenheilk. 1907, Bd. 53, Heft 4. 
" Budapesti Orosi Ujság 1907. 

8) Arch. f. Laryngol. Bd. 21, Heft 1. 

‘) Casop. lek. cesk. 1908. 

8) Journ. of Amer. Med. Assoc. 1907, Nov. 26th. 
9) Berl. klin. Wehschr. 1908, Nr. 24. 

10) Therap. Monatsh., Mai 1908, 

11) Dtsch. med. Wchschr. 1008, Nr. 17. 

13) Berl. klin. Wchschr, 1908, Nr. 19. 


Mare LEINE: ÜBER NEUERE MEDIKAMENTE ETC. 519 








Diätetikum, besonders auch des geringen Alkohols wegen. Durch Vorunter- 
suchungen stellte er fest, daß die meisten enterogenen Zersetzungsprodukte 
abnehmen. 

Die chirurgische Behandlung der Drüsentuberkulosen hat insofern eine 
Änderung erfahren, als man nach Möglichkeit die breite Eröffnung von Drüsen- 
abszessen vermeidet. Interessante Mitteilungen hat darüber Calot!) gemacht, 
der die Drüsen durch Punktion entleert und entweder Ätherkreosot, Jodoformöl 
(Äther. sulf. 40,0, Kreosot 4,0 Jodoform 10,0, Olei olivar. 60,0) oder Naphthol- 
kampher, Glyzerin (1,0 Naphtholkampfer zu 6,0 Glyzerin) anwendet. Im allge- 
meinen werden 8—10 Injektionen jeden 5.—6. Tag gemacht etc., jedesmal !/, bis 
10 g, je nach dem Alter. Das kosmetische Resultat dieser Behandlung der 
Drüsenabszesse ist vorzüglich. Vernier?) berichtet über die Behandlung lokaler 
Tuberkulosen (der Haut, Drüsen) mit Äther? Das Medikament wird aufgetropft 
oder eingespritzt. Die Erfolge waren nicht eindeutig. Tissier’) glaubt in der 
Filixmas ein gutes Mittel bei offener und geschlossener Drüsentuberkulose ge- 
funden zu haben. Es müssen frische Kräuter verwandt und zwei Extrakte mit 
Alkohol und Äther nacheinander gewonnen werden. Man reicht das Mittel 
in Pillenform (0,1 bei Erwachsenen, 0,05 bei Kindern; 2 Pillen täglich 10—14 
Tage lang). 

Aus der Liste der guten Nährmittel, zu denen man ihn früher rechnete, 
ist der Fleischsaft Puro zu streichen, seit wir aus den Untersuchungen von 
Horinchi und Geret*) wissen, daß er kein Rindereiweiß enthält, daß überhaupt 
der Eiweißgehalt anstatt 21,3°/, nur 11—14°/, beträgt und in dem Saft nicht 
die natürlichen Eiweißkörper des Fleisches vorhanden sind, sondern nur eine 
Mischung von käuflichem Eieralbumin mit Fleischextrakt. — Diese Unter- 
suchungen sind dann von Schmidt?) bestätigt. Wir haben es also mit einem 
Präparat zu tun, über das schwindelhafte Angaben gemacht sind. 

Mit Phytin, einem 22,8°/, organischen Phosphor enthaltenden Präparat 
hat Weißmann®) bei erschöpfenden Krankheiten Gutes erreicht. Er gibt Phytin 
in Kapseln a 0,25, 2mal täglich 2 Stück. 


Weitere wichtige Literatur über Heilverfahren, Medikamente und Náhrmittel, 
die in früheren Übersichtsberichten bereits mitgeteilt sind. 


1) Royal Academy of medecine in Ireland. Sitzg. v. 27. III. 08, “Denys's Tuberculin”. 

2) Edwin Klebs, Über einige weitere Ergebnisse meiner Forschungen zur Geschichte und 
Behandlung der Tuberkulose. — Immunisierung mit Blindschleichentuberkelbazillen B.S.T. Berl. 
klin. Wehschr. 1908, Nr. 33. 

3) Vandeputte, Paratoxin. Soc. de thérapeut., 11. III. 1908. 

4) v. Hippel, Über Deutschmanns Serum. Dtsch. med. \Vchschr. 1908, Nr. 27. 

5) M. Neißer und Guerrini, Uber Opsonin und Leukostimulantien, Arb. a. d. Inst. f. 
exper. Therapie z. Frankfurt a. M., Heft 4. — Methode der Restzählung; Erklärung für die Wir- 
kung des Deutschmannschen Serums, 





1) Revue de thérapeut, 1907, no. 18. 

2) Thèse, Paris 1907. 

3) Soc. de thérapeut., 11. III. 1908. 

4) Münch. med. Wchschr. 1908, Nr, 17. 
D Med. Klinik 1908, Nr. 21. 

6) Therap. Monatsh., Sept. 1908. 


| Gries SA ZEITSCHR. f, 
520 SCHRÖDER, ÜBER NEUERE MEDIKAMENTE ETC. +UBERKULOSE 





6) Dluski, Über Tuberkulinanwendung in der Lungentuberkulose vom klinischen Stand- 
punkt. Brauers Beitr. z. Klinik d. Tub. Bd. 10, Heft 1. — Kritik der Tuberkulinfrage. 

7) L. Nova and A. Fleming, The accuracy of opsonic estimation. Lancet, March-April. 

8) R. W. Allen, The opsonic method of treatment. H. K. Lewis, London 1907. 

9) Casper, Einige diagnostisch bemerkenswerte Fälle von Nierentuberkulose, Dtsch. med. 
Wehschr. 1908, Nr. 31. (Hinweis auf die absolute Notwendigkeit operativen Vorgehens. Heil- 
erfolge mit Tuberkulin sind unsicher und nicht sicher bewiesen.) 

10) Berliner, Zur Behandlung der Tuberkulose mit Eukalyptolinjektionen. Brauers Beitr. z. 
Klinik d. Tub. Bd. 10, Heft 3. (Entgegnung gegen Blümel, cf. Übersichtsber. d. Ztschr. Bd. 12, 
Heft 5.) 

11) Goldschmidt und Knobel, II. Bericht über intravenóse Behandlung der Tuberkulose 
mit Hetol. Ibidem. (Neue warme Empfehlung der Hetoltherapie.) 

12) Guinard, Mode d'action des procédés employés dans le traitement des hémoptysies des 
tuberculeux. Bull. de la Soc. d’études scient. sur la tub. Mars-Avril 1908, no. 3. 

13) K. Kobert, Betrachtungen und Versuche über das frühere und das heutige Griserin. 
(Therap. Rundsch. 1908, Nr. 15.) 


N 
E" 


BD.XIL,HEFT6. TE 
2. © LITERATUR, WEED 








XXXIX. 
LITERATUR. 


Zusammengestellt von 


Prof. Dr. Otto Hamann, 
Bibliothekar der Königl. Bibliothek in Berlin. 


Allgemeines. 


(Lehrbücher, Geschichte etc.) 


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1907, Bd. 1—4, 8°. Berlin, Hirschwa!d 1908. (Enth. eine große Zahl auf die Tuberkulose 
bezügl. Vorträge, die nicht in das Verzeichnis aufgenommen wurden. 

Bericht über die Tätigkeit des Gesundheitsamtes der Landwirtschaftskammer für die Provinz Pom- 
mern während des Jahres 1907/08, Erstattet vom Dir. Dr. Schmidt, Stettin 1908. 6p. 
(Sonderabdr. a. d. Jahresber. d. Landwirtschaftskammer f. d. Provinz Pommern, enth. u. a. 
Maßnahmen zur Bekämpfung der Rindertuberkulose. 

Das Gesundheitswesen des Preußischen Staates im Jahre 1906, bearbeitet von der Medizinalabteil. 
des Ministeriums. 8° Schoetz, Berlin 1908. Tuberkulose p. 231—247. 

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Klebs, Edwin, Uber einige weitere Forschungen zur Geschichte und Behandlung der Tuberku- 
lose. Berl. klin. Wch:chr. 1908, Jg. 45, Nr. 33, p. 1520—1521. 

Köhler, F., 6. Jahresbericht der Lungenheilstätte Holsterhausen bei Werden-Ruhr für 1907. 
Centralbl. f. allg. Gesundheitspfl. 1908, Jg. 17, Heft 5/6, p. 208—220. 3 Fig. 

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3. Rundschreiben betreifend den Internationalen Tuberkulosekongreß in Washington und die Tagung 
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: a ZEITSCHR, f. 
2 a rt E - TUBERKULOSE 








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OD 


N 


BD.XIILHEFT6. 
1409. 


REFERATE. 


327 





IL REFERATE ÜBER BUCHER UND AUFSÄTZE 


|. Ätiologie und Verbreitung der 
Tuberkulose. 


Liebermeister - Cüln: Zur Frage der 
ohne Mitwirkung von Tuberkel- 
bazillen erzeugten tuberkulósen 
Veränderungen. (Münch. med. 
Wehschr. 1908, Nr. 36.) 

Zielers Untersuchungen über die 
Erzeugung tuberkulöser Veränderungen 
auch ohne Mitwirkung von Tuberkel- 
bazillen ergeben keine einwandfreien 
Schlüsse, da nach Verf.’s Feststellungen 
immer ınit im Blute kreisenden Tuberkel- 
bazillen gerechnet werden mub. 

F. Köhler (Holsterhausen). 


Dr. Samuel Bernheim-Paris: Die Ein- 
gangswegeder Tuberkulose (Wash., 
Int. Kongr., Sept.-Okt. 1908.) 


Herr Dr. Bernheim erwähnt eine 
sehr große Zahl klinischer Fälle, eine 
Reihe Tierexperimente, woraus er schließt, 
entgegen der Meinung des Prof. Calmette, 
daß die Tuberkulose besonders durch 
Luftkeime und auf dem tracheo-pulmo- 
nären Wege übertragen wird. 

I. Herr Dr. Bernheim sagt: „Weit 
davon entfernt, die Doktrin der Aërogene 
bei der Tuberkulose des Menschen zu 
erschüttern, bestätigen im Gegenteil die 
seit einem halben Jahrhundert verfolgten 
klinischen, anatomisch-pathologischen und 
experimtalen Resultate diesen átiologischen 
Begrifi, nach welchem der gewöhnliche 
Haupteingang der Bazillenansteckung durch 
die Luftatmung gefördert wird. 

2. Zahlreiche Fälle tuberkulöser An- 
steckung, durch trockene Kochbazillen 
vereinigt mit trockenem Staub und mul- 
tiplen Gegenständen verursacht, beweisen 
die Heftigkeit dieses von nicht feuchten 
Körpern übertragenen Mikroben. Die 
Leichtigkeit, mit welcher, sowohl bei dem 
Menschen wie bei den Tieren mittels 
Inhalation eine experimentale Tuber- 
kulose auszuführen ist, spricht zugunsten 
der gewöhnlichen Eingangspforte, die auf 
den Atmungsorganen liegt. 


| 


| 


3. Der intestinale Eingangsweg ist 


' möglich, aber dieser ist lange nicht der 


regelmäßige und gewöhnliche. Die Háu- 
figkeit der menschlichen Tuberkulose in 
den Ländern, wo der Milch- und Fleisch- 
verbrauch ein beschränkter ist und die 
geringe Kindersterblichkeit durch Tuber- 
kulose während der Milchnahrungszeit 
beweisen, daß ıhr Darm nur eine unter- 
geordnete, wenn auch anzuschlagende 
Rolle als Eingangspforte der Tuberkulose 
spielt. Übrigens benötigt die experi- 
mentale Tuberkulose solch starke Dosen 
tuberkulöser Mittel, und die MiBerfolge, 
die Tuberkulose zu erreichen, sind so 
zahlreich, daß die enterogene Doktrin der 
Menschentuberkulose nicht stichhaltig ist. 


4. Die parasitäre Erblichkeit der 
Tuberkulose existiert nicht. Sie kann 
ausnahmsweise durch erbliche Ansteckung 
in-utero erfolgen, aber sie kann nicht als 
wichtiger Faktor in der Tuberkulose- 
ansteckung’ betrachtet werden. 


5. Die erbliche Prädisposition ist 
auszuschalten; denn die Infektion auf 
diesem Wege steht im Zusammenhang 
mit dem Ansteckungsgrad der phthy- 
sischen Kreise und der Häufigkeit der An- 
steckungen. 

6. Der Kochbazillus nimmt selten 
seinen Eingang durch den Blutweg und 
schwer ist es, dessen Wichtigkeit zu be- 
weisen. 

7. Der Genitalienweg ist als ver- 
hältnismäßig wichtiger Faktor bei der Ver- 
breitung der Tuberkulose anzusehen. Die 
klinischen Beobachtungen und die Ex- 
perimente beweisen, daß dieser Eingangs- 
weg nicht so selten ist wie man meint. 


8. Die anale Öffnung kann ebenso 
wie für die Schleimhaut und die Haut 
als Eingangstür des Tuberkelbazillus 
dienen. Die auf diese Ansteckungsart 
bezüglichen Dokumente sind zahlreich. 
Diesem Teil des menschlichen Körpers 
ist also eine wichtige ätiologische Rolle 
beizulegen. Die Haut kann in besonders 
günstigen Verhältnissen der Ansteckung 
als Eingangstür der Tuberkulose dienen 
(ansteckende Traumatismen). Jedoch kann 


I, 





sie nicht als ein Hauptfaktor bei der 
Verbreitung der Tuberkulose betrachtet 
werden. | 

9. Die Lippenschleimhaut der Kin- 


REFERATE. 


| 
| 


der wird besonders als möglicher Ein- | 


gangsweg für Cervikaltuberkulose ange- 
sehen. Submaxillar-, Cervikal- und Bron- 
chialdrüse. 


Köhler: Über traumatische, throm- 
botisch-embol. bedingte Lungen- 
tuberkulose. (Ärztl. Sachverst.-Ztg. 
1908, Nr. 8.) 


Ein 44jähriger Platzarbeiter hatte 
vor dem Unfall anläßlich einer ärztlichen 
Untersuchung vollkommen gesundeLungen 
aufzuweisen. Nun erlitt er im Betriebe 
ein Trauma am Beine. Daran schloß 
sich eine Thrombophlebitis, eine Emboli- 
sierung größerer Zweige der linken Arteria 
pulmonalis und eine progredient ver- 
laufende Lungentuberkulose. Verf. spricht 
sich in seinem Gutachten für einen Zu- 
sammenhang des Lungenleidens mit dem 
Unfall und für Vollrente aus. 

Mühlschlegel (Stuttgart). 


Rixey: A studyoftuberculosisinthe 
United States navy. (The Milit. 
Surg. 1908, Nr. 1.) 


In der amerikanischen Marine kommt 
Tuberkulose sehr háufig vor. Als Ur- 
sachen beschuldigt Verf. die Übertragung 
der Tuberkelbazillen vom Auswurf auf 
Lebensmittel durch Insekten, rohe tuber- 
kulóse Milch, anstrengenden Dienst bei 
schlechten Wohnverhältnissen vor allem 
in den Tropen, das Zigarettenrauchen 
und die Mitbenutzung der Tabakspfeifen 
von Kranken. Múhlschlegel (Stuttgart). 


IL Allgemeine Pathologie. 


Konrad Zirkel: Beiträge zur Kom- 
plikation von Schwangerschaft 
und Tuberkulose. (Inauguraldiss., 
Würzburg 1908, 63 p.) 

Auf Grund der Beobachtungen am 
Material von Prof. Hofmeier, Würz- 
burg, kommt Zirkel zu folgendem Re- 
sultat: 





ZEITSCHR. f. 
TUBERKULOSE 





I. Jedem tuberkulösen Mädchen ist 
die Ehe aufs ernsteste abzuraten. 

2. Heiratet es dennoch, so ist be- 
sonders bei schwerer hereditärer Be- 
lastung die Sterilität anzustreben, eine 
Maßregel, die vielleicht selbst bei tuber- 
kuloseverdächtigen Fällen am Platze ist, 
denn die Schwangerschaft stellt stets eine 
gefährliche Komplikation der Tuberkulose 
dar. Für die Mutter bedeutet sie viel- 
fach eine zunehmende Verschlimmerung 
ihres Leidens, und die Kinder tuberku- 
löser Mütter sind zum großen Teile zeit- 
lebens schwächlich und kränklich und 
gehen, wie die Beobachtungen Zirkels 
lehren, der Mutter öfters sogar im Tode 
voran. 

3. Kommt es zur Schwangerschaft, 
so ist zunächst eine ständige ärztliche 
Beobachtung des Allgemeinbefindens der 
Mutter geboten, die sich vor allem auch 
auf die sorgfältigste Kontrolle des Körper- 
gewichtes zu erstrecken hat, bei Zunahme 
der Beschwerden oder auffallender Ge- 
wichtsabnahme eine baldige Unter- 
brechung der Schwangerschaft durch 
den künstlichen Abort, jedoch stets erst 
nach Beratung mit einem erfahrenen 
Internisten. 

4. Die künstliche Frühgeburt ist als 
ein schwerer Eingriff in der Regel zu 
verwerfen und nur in den Fällen am 
Platze, wo eine wesentliche Erleichterung 
großer Beschwerden für die Mutter zu 
erwarten ist, denn es muß 

5. bei jeglichem Handeln des Arztes 
die Sorge für das Leben der Mutter, 
namentlich bei Mehrgebärenden, die 
Richtschnur bilden, ohne Rücksicht auf 
das zu erwartende Kind. (Dieser Stand- 
punkt wird auch von juristischer Seite 
eingenommen.) 

6. Neben der Schwere der Er- 
krankung ist besonders auch die soziale 
Lage der Mutter bei der Frage eines 


| künstlichen Eingriffes wohl zu würdigen. 


7. Allgemeingiiltige Regeln lassen 
sich nicht aufstellen, sondern es ist Sache 


des Arztes, von Fall zu Fall die Ent- 


scheidung hinsichtlich seines Handelns 
zu treffen. Fritz Loeb (München). 


R. Mühsam, Städt. Krankenhaus Moabit- 
Berlin: Impftuberkulose der 


BD.XIII, HEFT 6. 
5 1909. 


Sehnenscheiden beim Pflege- 
personal. (Therap. d. Gegenw. 1908, 
Heft 3.) 

Mitteilung von 3 einschlägigen Fällen, 
von denen die beiden ersten Wärter 
betrafen, die sich beim Reinigen von 
Spuckgläsern am Finger verletzten und 
dabei infizierten, der letzte dagegen eine 
Krankenschwester, die sich mit der Ka- 
nüle einer Subkutanspritze, mit der sie 
kurz vorher einer schwerkranken Phthisika 
eine Morphiumeinspritzung gemacht hatte, 
in den Finger stach. In allen 3 Fällen 
entwickelte sich im Verlauf von einigen 
Wochen eine Sehnenscheidentuberkulose, 
die in dem ersten, schwersten Falle 
mehrfach operiert werden mußte, nach- 
dem Stauung und Einspritzungen mit 
Marmorekserum erfolglos gewesen waren; 
hier schien insbesondere auch Sonnen- 
bestrahlung von günstigem Einfluß zu sein. 
Auch die anderen beiden Fälle erhielten 
neben der üblichen chirurgischen Behand- 
lung Marmorekserum rektal, anscheinend 
mit besserem Erfolge. C. Servaes. 


M. Simmonds-Hamburg: Über Gallen- 


blasentuberkulose. (Zentralbl. f. 
allgem. Path. u. path. Anat., Bd. ro, 
Heft 6.) 

Bei einem an akuter Miliartuber- 


kulose verstorbenen Knaben fand Verf. 
in der Gallenblase einige linsengroße 
flache scharfrandige nekrotische Herde, 
welche durch die mikroskopische Unter- 
suchung als tuberkulös erkannt wurden. 
Als Ausgang für diese nekrotischen tuber- 
kulösen Herde wurde eine Gallengangs- 
tuberkulose gefunden, welch letztere nach 
der Ansicht des Verf.’s eine echte Aus- 
scheidungstuberkulose ist. Es gibt dem- 
gemäß 2 Formen der Gallenblasentuber- 
kulose: die chronische ulzeröse und die 
zirkumskripte nekrotische Form. 
C. Servaes. 


J. Meinertz, Path. Univ. - Inst. Rostock: 
Tuberkulose und Blutstrómung. 
Untersuchungen über experimen- 
telle Nierentuberkulose unter 
geänderten Zirkulationsverhält- 
nissen (venöser Hyperämie der 


REFERATE. 


a ee ee 
ihres Ureters). (Virch. Arch., Bd. 192, 
Heft 2 u. 3.) 

Kaninchen wurde der linke Ureter 
unterbunden und teils vorher, teils nach- 
her eine Tuberkelbazillen- (Perlsucht- 
bazillen-) Aufschwemmung vermittels einer 
langen Kanüle durch die rechte Karotis 
in den Anfangsteil der Aorta eingespritzt. 
Es zeigte sich nun sowohl ein quantitativer 
wie qualitativer Unterschied in bezug auf 
die tuberkulöse Erkrankung der beiden 
Nieren, und zwar war die linke — dieunter- 
bundene — ausgedehnter erkrankt, als 
die rechte, und um so ausgesprochener, 
je früher die Ureterunterbindung vor- 
genommen worden war. Durch die sich 
bildende Hydronephrose kam es zu einer 
venösen Stauung in der betr. Niere, und 
Verf. weist nun nach, daß die veränderten 
Zirkulationsbedingungen — die verlang- 
samte Kapillarblutstómung — es sind, 
welche die erhöhte Disposition der unter- 
bundenen Niere zur tuberkulösen Er- 
krankung schaffen. Diese Wirkung muB 
sich besonders in dem dem Glomerulus 
hintergeschalteten Kapillargebiet, dem post- 
glomerulären, wie Verf. es nennt, bemerk- 
bar machen, und so findet man, im Gegen- 
satz zur rechten Niere, postglomeruläre 
Tuberkel besonders zahlreich in der linken. 
Der Primordialtuberkel, sowohl der glome- 
ruläre wie der postglomeruläre, beginnt 
mit Thrombose der Kapillaren und Zell- 
ansammlung in den Kapillaren, ohne daß 
es zunächst zu einer Gewebshyperplasie — 
Mitosenbildung — kame. Das Zellmaterial 
des Primordialtuberkels besteht also aus 
Leukocyten und aus den aus ihrem Ver- 
bande gelockerten fixen Gewebszellen. 
Erst in einer späteren Periode treten 
Mitosen auf als Ausdruck einer zelligen 
Hyperplasie, hervorgerufen durch die in- 
folge der Thrombenbildung entstandene 
Blutdrucksteigerung, die mehr Bildungs- 
material herbeischafft. Auch hier ist ein 
Unterschied zwischen der linken hydro- 
nephrotischen und der rechten, nicht 
unterbundenen Niere: links Bindegewebs- 
hyperplasie, rechts Epithelhyperplasie. 

Denscheinbaren Widerspruch zwischen 
den Befunden des Verf.s, der erhöhten 

Disposition der venös hyperämischen Niere 

zur tuberkulösen Erkrankung, und der 


einen Niere durch Unterbindung | anerkannten Heilwirkung der Bierschen 


Zeitschr. f. Tuberkulose XIII. 


35 


eae 





Stauung erklárt Verf. damit, daB bei der 
hydronephrotischen Niere die Stauung 
eine anhaltende und zugleich die Blut- 


REFERATE. 


| 


ZEITSCHR. f. 
rn TUBERKULOSE 

Verf. befaßt sich in vorliegender 
Arbeit mit dem Studium der experimen- 
tellen Lebertuberkulose des Kaninchens. 


strömung verlangsamt ist, während bei | Nach seinen Untersuchungen gehen in 
der Bierschen Stauung erstere verhältnis- | den intralobulären Tuberkeln die Epi- 


mäßig nur kurze Zeit besteht und zudem 
nach Bier der Blutstrom gleichzeitig be- 
schleunigt ist. C. Servaes. 


Bliimel: Úber Kollapsinduration der 
rechten Lungenspitze bei chro- 
nisch behinderter Nasenatmung 
und ihre Differentialdiagnose 
gegen Tuberkulose der Lunge. 
(Münch. med. Wchschr. 1908, Nr. 30.) 


Verf. prüfte die von Krónig zuerst 
beschriebene Kollapsinduration der rechten 
Lungenspitze bei chronisch behinderter 
Nasenatmung an dem Material der 
Weickerschen Anstalten in Görbersdorf 
nach und bestätigte die Notwendigkeit 
der Trennung dieser Formen von der 
Lungentuberkulose. Der Zustand entsteht 
durch Staubinhalation, die Erkrankung ist 
eine Form der chronischen fibrösen inter- 
stitiellen Bronchitis. 

F. Köhler (Holsterhausen). 


Zieler: Experimentelle Unter- 
suchungen über „tuberkulöse Ver- 
änderungen an der Haut ohne 
Mitwirkung von Tuberkelbazillen 
(toxische Tuberkulosen) und die 
Bedingungen ihres Entstehens. 
(Münch. med. Wchschr. 1908, Nr. 32.) 


Dialysierbare, aus den Tuberkel- 
bazillen stammende Stoffe sind fähig, echte 
tuberkulöse Strukturen zu erzeugen, es 
sind dazu weder Bazillen und ihre Trümmer 
noch gelöste Endotoxine notwendig. 

F. Köhler (Holsterhausen). 


Brandenburg- Brilon: Ein Beitrag zur 


Lungensyphilis. (Beitr. z. Klin. d. 
Tub., Bd. 10, Heft 2.) 
Krankengeschichte eines klinisch 


diagnostizierten, durch Sektion und mikro- 
skopisch bewiesenen Falles von sicherer 
Lungensyphilis. Ott. 


A. Wallgren, Path. Inst. Helsingfors: 
Beitrag zur Kenntnis der Patho- 
genese und Histologie der Leber- 
tuberkulose. (Zentralbl. f. allg. Path. 
u. path. Anat., Bd. 19, Heft 12.) 


theloidzellen aus den kleinen Lympho- 
cyten und den Polyblasten, also leuko- 
cytären Elementen, hervor, während die 
Riesenzellen aus der Verschmelzung einer- 
seits von Lymphocyten und Polyblasten 
andererseits von Epitheloidzellen entstehen. 
Bei dem interlobulären Tuberkel spielen 
dagegen die fixen Gewebselemente bei 
der Bildung der Epitheloidzellen und der 
Riesenzellen eine große Rolle. Bemer- 
kenswert ist auch, daß in progredienten 
Fällen, in denen der Organismus schon 
stark unter der Krankheit gelitten hat, 
die Tuberkelbazillen längere (bis 10u) 
und schlankere Wuchsformen annehmen, 
während in jenen Fällen, wo der Orga- 
nismus der Infektion Herr zu werden 
scheint, mehr körnige, streptokokkenähn- 
liche Formen und Splitter vorherrschen. 
C. Servaes. 


Aufrecht-Magdeburg: Embolische tu- 
berkulóse Pneumonie des Mittel- 
lappens infolge der Massage von 
tuberkulósen Halsdrüsen. (Dtsch. 
Arch. f. klin. Med., Bd. 94, Heft 1 u. 2.) 


Der Fall betraf einen Mann, dem 
im 60. Lebensjähre alte tuberkulöse Hals- 
drüsen zu schwellen begannen. Infolge 
eingeleiteter Massage kam es, wie die 
Autopsie bestätigte, zu einer embolischen 
tuberkulösen Erkrankung des ganzen Mittel- 
lappens, welche, 3 Jahre nach Beginn der 
Drüsenschwellung, zum Tode führte. 

C. Servaes. 


E. Franco, Bürgerhospital Venedig: Über 
das gemeinsame Vorkommen von 
Tuberkulose und Tumor an dem- 
selben Organe. (Virch. Arch., Bd. 193, 
Heft 3.) 

Mitteilung von 4 Fällen: Im ersten 
entwickelte sich eine frische tuberkulöse 
Eruption auf einem in voller Entwickelung 
begriffenen Kehlkopfkrebs; im zweiten 
Falle waren bei einer 24 jähr. Frau Tuber- 
kulose und Lymphosarkom des Darmes 
miteinander vergesellschaftet, hier schien 
die Tuberkulose die primäre Erkrankung 


BD.XIMT,HEFT 6. 
1904, 





REFERATE. 


zu sein; im dritten wurde bei einer 25 jähr. | 10cm voneinander entfernt waren. Eines 


Frau in der rechten Brustdriise Adenom 
und Tuberkulose, anscheinend unabhängig 
voneinander gefunden; im vierten end- 
lich waren in der linken Brustdrúse neben- 
einander Tuberkulose, Adenom, Adeno- 
karzinom, Fibroma intracanaliculare und 
Cystadenoma phyllodes vorhanden, wäh- 
rend gleichzeitig die linke von einem 
Endotheliom durchsetzt war. 
C. Servaes. 


P. Heim und M. K. John, Barmherziges 
Spital Budapest: Das Wiederauf- 
flammen einer bereits abgelau- 
fenen Kutanreaktion wáhrend 
einer Scharlachinfektion (Wien. 
med. Wchschr. 1908, Nr. 33.) 


Ein 4jähr. Mádchen, das auf Pir- 
quet typisch reagiert hatte, war dann zu 
therapeutischen Zwecken viermal mit dem 
verdünnten Filtrat einer humanen Tu- 
berkelkultur subkutan gespritzt worden, 
das in einem Teilstrich der Pravazspritze 
Il ao aan aan mg Tuberkulin (!Ref.) enthielt. 
Eine 3 Tage nach der letzten Einspritzung 
auftretende Scharlacherkrankung akti- 
vierte nicht nur die vor einem Monat 
abgelaufene Kutanreaktion, sondern erregte 
sogar an den Einstichstellen der drei 
Tuberkulinspritzen ausgesprochene Lokal- 
reaktion, trotzdem letztere s. Z. selbst- 
verständlich ausgeblieben war. Zur Er- 
klárung dieses auffallenden Vorganges 
ließe sich nach den Verff. an das durch 
die Scharlachinfektion bedingte Freiwer- 
den entweder eines bis dahin gebundenen 
Tuberkulinantigens — durch Auftreten 
von Bakteriolysinen — oder auch eines 
bisher gebundenen Antistofles denken. 

C. Servaes. 


C. L Urechia-Bukarest: Über einen mit 
den Bronchien kommunizieren- 
den Fall von Coxotuberkulose. 
(Spitalul, Nr. 15, 1908.) 

Es handelte sich um eine 26 jähr. 
Frau, die im Laufe zweier Jahre zuerst 
an dem einen und dann an dem anderen 
Hüftgelenke einen großen kalten AbszeB, 
dargeboten hatte. Dieselben brachen 
spontan durch und es entwickelten sich 
mehrere Fisteln, von denen zwei bis in 
die Gesäßgegend reichten und etwa 


Tages, während mit dem Irrigator Wa- 
schungen an diesen Fisteln vorgenommen 
wurden, trat bei der Kranken ein heftiger 
Erstickungsanfall auf und sie spuckte eine 
große Menge von Flüssigkeit aus. Da 
sich diese Erscheinung wiederholte, wur- 
den Einspritzungen mit Methylenblaulösung 
gemacht, und es trat unter ähnlichen Er- 
scheinungen Blauspucken auf. Es konnte 
also gar kein Zweifel mehr bestehen, daß 
eine fistulöse Verbindung zwischen dem 
Abszesse des Hüftgelenkes und den Bron- 
chien bestand. Die radiographische Un- 
tersuchung ergab auch tatsächlich das 
Bestehen eines Ganges, der von der 
Lungenbasis in die Bronchien führte, doch 
konnte auf diese Weise die weitere Ver- 
bindung desselben mit dem tuberkulösen 
Abszesse der Hüfte nicht sichtbar gemacht 
werden. E. Toff (Braila). 


G. B. Allaria-Turin: Syndrome pseudo- 
ascitique chez desenfantsatteints 
d’enterite chronique. (Arch. de 
med. des enfants, Septembre 1908.) 


Bei schwächlichen, namentlich rhachi- 
tischen Kindern, die lange Zeit an Ente- 
ritis leiden, kommt es zur Entwickelung 
eines Symptomenkomplexes, welcher táu- 
schend einer tuberkulósen Aszites ähnlich 
sieht. Es ist sogar öfters vorgekommen 
und auch der Verf. hat einige derartige 
Fälle zu verzeichnen, daß man auf Grund 
der Annahme, daß es sich um tuber- 
kulöse Peritonitis handle, die Laparotomie 
vornimmt und nicht nur nichts von dieser 
Krankheit vorfindet, sondern auch keine 
Spur von Aszites. Es ist also in den 
einschlägigen Fällen Vorsicht geboten. 
Eine Dillerenzialdiagnose zwischen Pseudo- 
aszites und seröser tuberkulöser Peritonitis 
ist schwer zu machen; man halte sich 
daran, daß bei ersterer der matte Per- 
kussionsschall in der linken Bauchseite 
viel stärker ausgeprägt ist als rechts und 
daß der obere Rand der Mattigkeit sich 
in eine Zone der Submattität verliert, 
deren oberer konkaver Rand nach oben 
und rechts gerichtet ist. In der Zökal- 
gegend ist meist abgeschwächt tympani- 
tischer Schall. Diese Symptome sind aber 
sehr wechselnd; auch eine explorative 
Punktion wäre nicht anzuraten und ist 


e E 
35 


532 





die Laparotomie viel weniger gefährlich. 
Alle Erscheinungen kónnen infolge einer 
hygienisch-diátetischen Behandlung ver- 
schwinden und der Zustand in Heilung 
übergehen. E. Toff (Braila). 


Morawitz u. Siebeck: Untersuchungen 
über die Blutmenge bei Anämien. 
(Arch. f. exp. Path. 1908, Bd. 59, Heft 
4 u. 5.) 

Mit der plethysmographischen Me- 
thode fanden die Verf. in 6 Fällen 
schwerer Anämie die Blutmenge auf ?/, 
bis ?/, der normalen herabgesetzt, in 
geringerem Grade bei zahlreichen leich- 
teren Anämien. Bei mehreren Tuber- 
kulösen und Krebskranken, die trotz nor- 
maler Blutqualität sehr blaß aussahen, 
war die Blutmenge ebenfalls stark ver- 
mindert. Die meisten blaß aussehenden 
Menschen (Pseudoanämien), die keine 
zehrende Krankheit haben, zeigen eine 
normale Blutmenge; bei dreien war sie 
indes vermindert. Es gibt also wahr- 
scheinlich echte Oligämien. 

Mühlschlegel (Stuttgart). 


Chiari: Zur Kenntnis der Pachy- 
meningitis tuberculosa interna 
bei Meningitis tuberculosa. (Arch. 
f. exper. Path. 1908, Suppl.) 


Bei der gewóhnlichen Meningitis 
tuberc. acuta erzeugen die Tuberkel- 
bazillen in den inneren Meningen die oft 
mit starker Exsudation verbundenen peri- 
arteriell gelagerten Miliartuberkel. An 
diese schließen sich dann weitere Miliar- 
tuberkel in dem Maschenwerke zwischen 
Pia und Arachnoidea und in letzterer 
selbst an. Von hier gelangt das infizie- 
rende Agens in den Subduralraum und 
kann nun nach Zerstörung des Endothels 
direkt die Innenfläche der Pachymeninx 
infizieren. 

Nach den geschilderten Befunden 
ist die Pachymeningitis tuberc. interna 
acuta im Bereich der Pachymeninx spinalis 
bei akuter Meningitis tub. cerebro-spinalis 
in der Tat ebenso ein regelmäßiger Be- 
fund wie im Bereiche der Pachymeninx 
cerebralis, und läßt es sich an ihr zeigen, 
daB sie auf eine reine Kontakt- bezw. 
Implantationsinfektion zurückzuführen ist. 

Mühlschlegel (Stuttgart). 





REFERATE. ZEITSCHR, 1 


TUBERKULOSE 





Ernst Marcuse: Die Beziehungen der 
hämorrhagischen Diathese™ zur 
Tuberkulose. Aus dem medizinisch- 
poliklinischen Institut der Universität 
Berlin. (Inaug.-Dissert., Leipzig 1908, 
49 Pp) 

Verf. kommt zu folgendem Ergebnis: 

1. Im Verlaufe der Tuberkulose tritt ge- 

legentlich hämorrhagische Diathese auf. 

2. In einzelnen Fällen liegt eine sep- 

tische Mischinfektion vor. 3. Es ist mög- 

lich, daß in den anderen Fällen ein ur- 
sächlicher Zusammenhang zwischen der 

Tuberkulose und den Blutungen besteht. 

4. Es ist wahrscheinlich, daß die Hämor- 

rhagien verursacht werden durch toxische 

Stoffe, die vom Krankheitsherd in die 

Blutbahn gelangen. 5. Gleichzeitige Er- 

krankungen der Gefäße und innerer 

Organe können das Zustandekommen der 

Blutungen begünstigen. 6. Mechanische 

Einflüsse spielen eine Rolle beim Zu- 

standekommen der Hämorrhagien. 

Fritz Loeb (München). 


H. Bardt-Charite Berlin: Experimen- 
telle Untersuchungen über die 
Tuberkulinreaktion. (Dtsch. Arch. 
f. klin. Med., Bd. 93, Heft 3.) 


Verf. infizierte Meerschweinchen 
durch Einverleibung tuberkulösen Mate- 
rials unter der Rückenhaut und exstir- 
pierte dann bei einem Teile der Tiere 
am 5., 9. bezw. 10. und am 16. Tage 
n. d. Injektion die Infektionsgeschwulst, bei 
einigen auch die geschwollenen Axillar- 
drüsen. Durch steigende Tuberkulin- 
dosen wurde dann die jeweils tödliche 
Menge festgestellt, und es zeigte sich 
nun, daß die Tuberkulinempfindlichkeit 
der operierten Tiere gegenüber derjenigen 
der nicht operierten erheblich vermindert 
war, und zwar um so mehr, je frühzeitiger 
die Infektionsgeschwulst entfernt worden 
war. Die am 5. Tage operierten Tiere 
zeigten sogar die normale Tuberkulin- 
empfindlichkeit gesunder Meerschwein- 
chen. Es ist damit bewiesen, daß die 
Gegenwart des tuberkulösen Herdes not- 
wendig ist zum Zustandekommen der 
Uberempfindlichkeitsreaktion. Für die 
theoretische Erklärung der letzteren wird 
damit allerdings nichts gewonnen, inso- 
fern sowohl die Kochsche Additions- 


BD.XI61, HEFT 6. 
190. = 


REFERATE. 


533 





theorie wie auch die Antikörpertheorie 
sich mit der von B. experimentell ge- 
fundenen Tatsache der Wichtigkeit des 
Vorhandenseins des tuberkulösen Herdes 
im Körper sehr wohl vereinigen läßt. 
C. Servaes. 


E. Moro und A. Uffenheimer- München: 
Die Einwirkung menschlicher 


Lympheauf den Tuberkelbazillus. | 


(Arch. f. Hyg., Bd. 66, Heft 3.) 


Menschliche Lymphe wurde mit 
Tuberkelbazillen zusammengebracht und 
dann sofort bezw. nach verschieden langer 
Zeit, während welcher das Gemisch im 
Brutschrank aufbewahrt wurde, Meer- 
schweinchen intraperitoneal einverleibt. 
Die Menge der Tuberkelbazillen war eine 
genau abgewogene geringe und in den 
verschiedenen Versuchsreihen wechselnde. 
Eine virulenzabschwächende Wirkung der 
Lymphe wie ihrer beiden Komponenten 
für sich, der zellfreien Lymphe und der 
Lymphocyten, konnte in keinem Falle 
nachgewiesen werden. Auch eine Keim- 
verminderung fand in dem Gemische 
nicht statt. Im Gegenteil! Ausnahmslos 
fingen die Tuberkelbazillen nach kurzer 
Zeit in der Lymphe zu wuchern an. Auch 
die Versuche, Meerschweinchen durch 
intraperitoneale Einverleibung menschlicher 
Lymphe etwa gegen eine Tuberkulose- 
infektion widerstandsfähiger zu machen, 
schlugen fehl. C. Servaes. 


Hager-Magdeburg: Die Wrightsche Op- 
soninlehre und die spezifische 
Behandlung der Tuberkulose. 
(Dtsch. Ärzte-Ztg. 1908, Heft 5 u. 6.) 


Beschreibung der Wrightschen Me- 
thode unter Berücksichtigung der Literatur. 
Die Opsoninmethode ermöglicht insbeson- 
dere eine präzisere Indikationsstellung 
für die Tuberkulinbehandlung der Tuber- 
kulose. C. Servaes. 


H. Naegeli-Akerblom und P. Vernier: 
Ophthalmoreaktion und Tuber- 
kulose. (Therap. Monatsh. 1908, 
Heft 7.) 

Unter Benutzung ausschlieBlich fran- 
zösischer Literatur kritisieren die Verf. 
die Ergebnisse der „Calmetteschen 
(! Ref.) Ophthalmoreaktion“. Sie erklären 


| 





sie für nicht spezifisch, was der eine von 


ihnen bereits vor längerer Zeit nachge- 








wiesen habe. Auch würde durch die 
Ophthalmoreaktion nur ein Teil der la- 
tenten Tuberkulosefälle nachgewiesen und 
zudem wäre die Methode keineswegs 
gefahrlos. C. Servaes. 


Wirth: Über die Muchsche granuläre 
Form des Tuberkulosevirus. 
(Münch. med. Wchschr. 1908, Nr. 32.) 


Die nur nach Gram färbbare granu- 
läre Form des Tuberkulosevirus ist kein 
Zerfallsprodukt, sondern eine virulente 
Entwickelungsform, die resistenteste aller 
bisher gekannten Formen des Kochschen 
Tuberkelbazillus, sowohl des Typus hu- 
manus wie des Typus bovinus. Eine 
Reihe von Fällen, in denen begründeter 
Verdacht auf Tuberkulose besteht, säure- 
feste Bazillen aber fehlen und in denen 
es auf eine schnelle Diagnose ankommt, 
wird durch den Nachweis der nur nach 
Gram färbbaren granulären Form des 
Tuberkelbazillus künftighin zweifellos so- 
fort entschieden werden können. 

F. Köhler (Holsterhausen). 


Joest: Zur Frage des Vorkommens 
latenter Tuberkelbazillen in den 
Lymphdrüsen der Rinder und 
Schweine. (Verhandl.d. Dtsch. Pathol. 
Ges. 1907, 11. Tagung.) . 

Bei mit allgemeiner Tuberkulose 
behafteten Rindern und Schweinen finden 
sich periphere Lymphdrüsen oft vergrößert, 
ohne bei der Fleischbeschau tuberkulöse 
Veränderungen erkennen zu lassen. Ge- 
legentlich können tuberkulöse oder ver- 
dächtige Herde mit der Lupe doch ma- 
kroskopisch nachgewiesen werden; die 
Mehrzahl aber zeigt nichts Verdächtiges. 
Im Tierversuch erweist sich, daß eine 
Anzahl dieser, letzteren Drüsen doch 
lebende Tuberkuloseerreger enthält, zumal 
beim Rinde. In diesen Fällen sind in 
den Drüsen spezifisch tuberkulöse Ver- 
änderungen (Epithelioidzelltuberkel mit 
Riesenzellen) mikroskopisch nachweisbar. 
Diein diesen Drüsenvorhandenen Tuberkel- 
bazillen sind somit nicht latent; ein ,,lym- 
phoides Stadium“ der Drüsentuberkulose 
im Sinne Bartels wird bestritten. Verf. 
nimmt den Begriff Tuberkulose und latente 





Tuberkulose rein anatomisch. Von der 
klinischen Seite sieht er ab; ebenso von 
den „latenten Tuberkelbazillen“, die in 
zum Stillstand gekommenen tuberkulösen 
Herden sich finden. Für den Kliniker 
haben gerade diese Fälle wichtigste Be- 
deutung. Meissen (Hohenhonnef). 


Julius Bartel und Wilhelm Neumann: 
Das Verhalten der Tuberkel- 
bazillenin „indifferenten‘“ Flüssig- 
keiten. (Centralbl. f. Bakt. etc., Orig. 
I. Abt., Bd. 47, Heft 4, p. 401—414; 
Heft 5, p. 572—580.) 

Nach den Tierversuchen der Verff. 
ergibt sich, daß destilliertes Wasser nach 
2 Tagen noch keine Abnahme der Viru- 
lenz von Tuberkelbazillen bewirkt, nach 
einer Einwirkung von 33 Tagen ist die 
Virulenz der Tuberkelbazillen deutlich 
herabgesetzt. 

Eine andere Versuchsreihe der Verff. 
beschäftigt sich mit der Frage, inwiefern 
kleine Difterenzen im Aufschwemmungs- 
medium von Einfluß auf die Lebensfähig- 
keit des Tuberkelbazillus sind. Die Ba- 
zillen werden in einer Lösung von 0,04 °/, 
NaCl suspendiert. Noch nach einem Ver- 
weilen der Tuberkelbazillen von 17 Tagen 
in der Kochsalzlösung zeigte sich keine 
Abnahme ihrer Virulenz, während nach 
2 Monaten eine deutliche Virulenzver- 
ringerung zutage trat. 

Nach Ansicht der Autoren ist die 
Hauptursache der deletären Wirkung des 
(nicht destillierten) Wassers auf Tuberkel- 
bazillen nicht seine geringere osmotische 
Konzentration, sondern der Mangel an 
Nährstoflen. Verff. untersuchten, ob Zu- 
satz von 3°/, Glyzerin zum destillierten 
Wasser dieses zu einem guten Konser- 
vierungsmittel für Tuberkelbazillen mache. 
Die Untersuchungen haben diese Ver- 
mutung nicht bestätigt. Schon nach 
2 Tagen haben die Tuberkelbazillen ihre 
Virulenz vollständig verloren. Viele in- 
teressante Einzelheiten müssen im Original 
nachgelesen werden. 

In reiner Bouillon wachsen Tuberkel- 
bazillen nicht, mit 3°/, Glyzerin versetzt 
ist Bouillon ein guter Nährboden für 
sie. Werden die Tuberkelbazillen längere 
Zeit in Bouillon aufbewahrt, so nimmt 


ihre Virulenz ab; sie sterben schlieblich | versetzt. 


REFERATE. 





ZEITSCHR, f. 
_ TUBERKULOSE 


ab. In Glyzerinbouillon halten sie sich 
viel langer virulent. Eine 8 Monate alte 
Glyzerinbouillonkultur war noch wachs- 
tumsfahig, aber nicht mehr virulent. 

In physiologischer oder inisotonischer 
Kochsalzlösung zeigen die Tuberkelba- 
zillen in den ersten 24 Stunden eine pro- 
grediente Virulenzabnahme, dann erfolgt 
wieder eine Zunahme der Virulenz. Erst 
nach 2 Monaten tritt eine leichte Virulenz- 
abnahme ein. 

Setzt man der isotonischen Koch- 
salzlösung 3°/, Glyzerin zu, so bemerkt 
man schon nach 2 Tagen eine Abnahme 
der Virulenz, nach 33 Tagen sind die 
Tuberkelbazillen gánzlich avirulent. 

Kochsalz in konzentrierterer Lósung 
ist für Tuberkelbazillen giftig. 

Als indifferent für Tuberkelbazillen 
ist eine 1°/, ige Nährstoff-Heyden-Lösung 
zu betrachten, in der sie lange Zeit ihre 
Virulenz erhalten. Auch Wasser, dem 
reichlich Sputum zugesetzt ist, verhält 
sich ähnlich. Wahrscheinlich indiffe- 
rent ist die mit 3°/, Glyzerin versetzte 
Ringer-Loebsche Flüssigkeit, desgl. 
Glyzerinbouillon. 

Destilliertes Wasser, Fluß- und 
Regenwasser, physiologische und 
isotonische Kochsalzlösung,Ringer- 
Loebsche Flüssigkeit und Bouillon 
sind dagegen keineswegs indiffe- 
rent. Sie schwächen die Virulenz der 
Tuberkelbazillen ab. 

Glyzerin erhöht die Schädlichkeit 
eines an sich schädlichen Mediums, 
während es bei wirklich indifferenten 
Aufschwemmungsflüssigkeiten das Wachs- 
tum erhöht und die Virulenz der Tuberkel- 
bazillen erhält. E. Aron (Berlin). 


Jurewitsch: Kartoffelnährbouillon 
zur Züchtung der Tuberkelba- 
zillen. (Centralbl. f. Bakt. etc., Orig. 
I. Abt., Bd. 47, Heft 5, p. 664—666.) 


Um Tuberkelbazillen in großen 
Mengen zu züchten hat Verf. einen 
flüssigen Kartoffelextraktnährboden her- 
gestellt. 

Ein Kartoffelbrei wird mit Wasser 
versetzt und durch Leinwand gepreßt. 
Dazu wird ein Fleischinfus gegossen, und 
das Ganze mit Pepton und ?/,°/, Kochsalz 
Nachdem alles gelöst ist, wird 


BD.XITI,HEFT 6. 
1909. 


REFERATE. 


535 





es im Kochschen Dampfapparat ı Stunde 


gekocht und durch ein Faltenfilter warm 
filtriert. Dazu kommt 3°/, Glyzerin und 
dann gesättigte Sodalösung bis zur alka- 
lischen Reaktion. Kochen !/,—!/, Stunde 
lang im Autoklaven bei 118— 120°, dar- 
auf abgekühlt filtriert, in geeignete Gefäße 
getan und !/,—ı Stunde lang bei 115° 
sterilisiert. 

Zur Impfung nimmt man am besten 
ein auf der Bouillonoberfläche einer 
Kartoffelkultur gediehenes Tuberkelhäut- 
chen. Die näheren Vorschriften sind in 
der Originalarbeit nachzulesen. 

E. Aron (Berlin). 


L. v. Betegh: Neue differentialdia- 
gnostische Färbemethode für Tu- 
berkel-, Perlsucht- und andere 
säurefeste Bazillen, nebst Struk- 
turstudien bei verschiedenen 
säurefesten Bakterienarten. (Cen- 
tralbl. f. Bakt. etc., Orig. I. Abt., Bd. 47, 
Heft 5, p. 654—664.) 

Die „b-Tollin“-Methode des Verf.'s, 
um Tuberkel- und Perlsuchtbazillen diffe- 
rentialdiagnostisch färben zu kónnen, ist 
folgende: 

Dinner Ausstrich der Reinkultur. 
Lufttrocknen. Fixieren über der Flamme. 
Beizung mit 2—3 Tropfen 15°/,iger Sal- 
petersäurelösung und Erhitzen über der 
Flamme bis feine Dämpfe aufsteigen. 
Abspúlen mit Wasser. Tropfen Methylen- 
blau-Löffler mit 2—3 Tropfen Karbol- 
fuchsin und Erhitzen über der Flamme 
bis Dämpfe aufsteigen. Abwaschen. Ent- 
färben in 60°/, Alkohol bis keine Farbe 
mehr abgeht. Abwaschen mit Wasser. 
Trocknen. Kanadabalsam. 

Zum Färben im Sputum eignet sich 
folgende Nachfärbung besser: 

Nach dem Abwaschen mit Wasser 
läßt man auf dem Deckgläschen eine 
dicke Schicht Wasser und tropft einen 
Tropfen Malachitgrünlösung (hergestellt 
wie Löfflersches Methylenblau) auf. Nach 
einigen Sekunden Abspülen mit Wasser. 
Dann Trocknen. Kanadabalsam. 

Die säurefesten Bakterien sind 
rot, dieSporen blaubisblauschwarz, 
die Leukocytenkerne blauviolett 
oder grünlichblau, Zellplasma und 
Sekundärbakterien hellgrün. 


Die feineren mit dieser Methode 
nachweisbaren Unterschiede der Tuberkel- 
bazillen, Perlsuchtbazillen und Vogel- 
tuberkelbazillen müssen im Originale nach- 
gelesen werden. Leider fehlen Abbil- 
dungen, welche diese Unterschiede ad 
oculos demonstrieren. Man kann also mit 
der b-Tolinfirbung nachweisen, ob die 
T'uberkelsoder Perlsuchtbazillen vorwiegen, 
und ob nicht noch andere sáurefeste Ba- 
zillen vorhanden sind. Die Sporen wer- 
den mit dieser Methode sehr gut dar- 
gestellt. Auch andere säurefeste Bakterien 
(Smegmabazillen, Leprabazillen, Fisch- 
tuberkulosebazillen, Moellers Grasba- 
zillus II) werden mit dieser Färbung diffe- 
renziert. E. Aron (Berlin). 


J. Yamamoto: Eine Silberimprä- 
gnationsmethode zur Unterschei- 
dung von Lepra- und Tuberkel- 
bazillen. (Centralbl. f. Bakt. etc., Orig. 

- 1. Abt, Bd. 47, Heft 5, p. 570—571.) 
Ausstrichpräparate aus Lepraknoten 

(ohne Beimischung von Blut) und Sputum- 

präparate werden an der Luft getrocknet 

und in der Flamme vorsichtig fixiert. 

Dann werden sie 10 Minuten in 5°/, iger 

Silbernitratlösung bei 55—60° erwärmt. 

Darauf kommen die Präparate 5 Minuten 

in die Reduzierungslösung (Acid. pyro- 

gallic. 2,0, Acid. tannic. 1,0, Aq. dest. ad. 

100,0. Der so entstandene schwarze 

Niederschlag wird sorgfältig entfärbt, in- 

dem man mit nassem Filtrierpapier mehr- 

mals darüber fährt. Die getrockneten 

Deckgläser werden in Kanadabalsam ein- 

geschlossen und mit Ölimmersion unter- 

sucht. Die Tuberkelbazillen sind 
tiefschwarz gefärbt; die Lepraba- 
zillenerscheinendursichtigundhell. 

Eine Abbildung ist beigegeben. 

E. Aron (Berlin). 


J. Orth, unter teilweiser Mitarbeit von 
Lydia Rabinowitsch: Über Resorp- 
tion körperlicher Elemente im 
Darm, mit besonderer Berück- 
sichtigung der Tuberkelbazillen. 
(Stiftungsber. d. Kgl. Preuß. Akad. d. 
Wissensch., 30. Juli 1908, Bd. 39, 
p. 871.) 

In seinem Vortrag berichtet Orth 
summarisch über die große Reile von 


530 
Versuchen, deren ausfúhrliche Beschrei- 
bung spiiter erfolgen wird und deren 
Hauptergebnisse in folgenden Sätzen zu- 
sammengefaßt werden: 


1. Blut kann wahrscheinlich bei 
frischer Blutung aus dem menschlichen 
Dickdarm, bei Meerschweinchen sicher 
nach Einführung in den Mastdarm resor- 
biert und in den regionären Lymphdrüsen 
aufgefunden werden. 

2. Tuberkelbazillen können bei Ein- 
führung in den Darm vielleicht schon 
nach 12 Stunden, nach Einspritzung vom 
Rectum aus sicher nach 3 Tagen im Blut 
bezw. entfernten Organen (Lungen) vor- 
handen sein, in derselben Zeit in mesen- 
terialen Lymphdrüsen. 


3. Mit Dosen bis herab zu 0,001 mg 
Bazillen kann eine allgemeine enterogene 
Tuberkulose erzeugt werden, wobei der 
Darm in der Hälfte der Fälle frei von 
Veränderungen bleiben kann. 


4. In allen Fällen waren tuberkulöse 
Veränderungen der regionären Lymph- 
drüsen vorhanden. 


5. Es kann mit kleinen Bazillen- 
mengen eine Lungentuberkulose vom 
Darm aus erzeugt werden, die bei Meer- 
schweinchen im wesentlichen eine miliare 
Tuberkulose ist, aber bei ı Kaninchen 
und 2 Ziegen sich als eine richtige Lungen- 
schwindsucht darstellte. Ob diese Tuber- 
kulose durch Bazillen erzeugt wurde, 
welche unmittelbar aus dem Darmlumen 
stammten, also eingespritzt waren, ob es 
sich um Metastasen etwa aus einem 
Lymphdrüsenherd, also um Bazillen, 
welche im Körper aus eingespritzten her- 
vorgegangen waren, handelte, ist aus den 
Versuchen nicht zu entnehmen. 

Lydia Rabinowitsch. 


Sophie Fuchs - Wolfring - Davos: Die 
Muchschen „Granula“ und die 
Karl Spenglerschen „Splitter“. 


(Beitr. z. Klin. d. Tub., Bd. 10, Heft 2.) 
Die Verf. nimmt für Spengler die 
Priorität der Entdeckung der Muchschen 
Granula in Anspruch. Spengler habe 


REFERATE. 


O DO Do o DO DO a iaae O O ee 


bereits vor 6 Jahren unter dem Namen ` 


„Splitter“ diese Granula beschrieben und 
als infektiös erkannt. Ott. 


ZEITSCHR. f. 
TUBERKULOSE 


H. Gougerot-Paris: Die Landouzysche 
Typhobazillose. (La Presse med., 
No. 68, 1908.) 


Diese von L. Landouzy schon im 
Jahre 1882 nur auf klinischer und ana- 
tomischer Grundlage aufgestellte spezielle 
Krankheitsform der akuten Tuberkulose, 
hat im Laufe der Zeit durch bakterio- 
logische und serologische Untersuchungen 
eine weitere Festigung erhalten. Es ist 
durch zahlreiche Beispiele festgestellt 
worden, daß Fälle, die einem Abdominal- 
typhus täuschend ähnlich sehen auf einer 
akuten tuberkulösen Gesamtinfektion des 
Organismus beruhen, derart, daß nur 
geringe Zeichen der Grundkrankheit nach- 
weisbar sind. 

Als Unterscheidungszeichen der Ty- 
phobazillose von wahrem Abdominal- 
typhus werden ausgeführt: Mangel von 
Roseolen, Mangel von tracheo-bronchialen 
Katarrhen und Diarrhöen, ebenso auch 
von Duguetschen Ulzerationen des Gau- 
mens. Die Albuminurie ist seltener und 
schwächer, die Temperatur unregelmäßiger 
und von der Pulsfrequenz verschieden. 
Probabilitätszeichen sind: vorübergehende 
bazilläre Erkrankungen des Patienten, 
chronische Adenopathie, Erscheinungen 
an den Lungenspitzen und das Voraus- 
gehen mehrerer Typhusanfälle, derart, 
daß man das wiederholte Auftreten von 
Abdominaltyphus bei demselben Kranken 
mit einiger Sicherheit als Typhobazillose 
ansprechen kann. Das Auftreten einer 
manifesten tuberkulösen Manifestation 
einige Wochen nach Abklingen der akuten 
Erscheinungen, kann eine retrospektive 
Diagnose ermöglichen. 

Die Serodiagnose gibt wichtige Auf- 
schlüsse, indem sowohl während des 
akuten Stadiums, als auch in der Folge 
die Widalsche Reaktion negativ aus- 
allt. Die intraperitoneale Einimpfung von 
sccm Blut bei Kaninchen oder Meer- 
schweinchen läßt dieselben tuberkulós 
erkranken, was ein weiterer Beweis fiir 
die tuberkulóse Natur der Krankheit ab- 
gibt. E. Toff (Braila). 


Franz Johann Fligg: Über den Wert 
der Lymphdrüsenquetschung 
nach Bloch und der intramam- 
máren Infektion für die Schnell- 


BD.XIII,HEFT 6. 
1901. 





diagnose der Tuberkulose bei 
Meerschweinchenimpfung. (Aus d. 
Hyg. Inst. d. tierárztl. Hochsch. Berlin. 
Diss. Gießen 1908, 68 p.) 


1. Durch die subkutane Impfung ver- 
bunden mit Quetschung der Kniefalten- 
drüse läßt sich in g—11 Tagen feststellen, 
ob Tuberkulose vorliegt oder nicht, 2. Die 
intramuskuláre Impfung mit Quetschung 
der Kniefaltendrüse führt ebenso schnell 
zum Ziel. 3. Es läßt sich aber auch durch 
die intramuskuläre Impfung ohne Quet- 
schung der Kniefaltendrüse in Q— 1 1 Tagen 
eine sichere Diagnose stellen. 4. In allen 
Fällen müssen sicherheitshalber mehr als 
zwei Tiere geimpft werden. 5. Die nach 
der Impfung auftretende Schwellung der 
Lymphdrüsen ist für die Tuberkulose 
charakteristisch. 6. Durch die intramam- 
mire Impfung läßt sich in 7—12 Tagen 
die tuberkulöse Natur eines pathologischen 
Produktes sicherstellen. 

Fritz Loeb (München). 


S. Moses: Über die Wirkung von 
Tuberkelbazillen verschiedener 
Typen auf Würmer, Schnecken 
und Kaulquappen. (Aus dem Hyg. 
Inst. zu Freiburg i. B. Inaug.-Dissert. 
Freiburg i. Br. 1907, 29 p.) 

Es besteht ein deutlicher Unterschied 
in der Wirkung von Tuberkelbazillen des 
Typus humanus und des Typus ranarum 
auf den Organismus von Würmern, 
Schnecken und Kaulquappen. Die Frosch- 
tuberkulose führt bei direkter Einimpfung 
in den Körper der Versuchstiere bei 
reichlicher Bazillenvermehrung in kurzer 
Zeit zum Tode. Bei Aufnahme per os 
ist die Wirkung des Kaltblütertuberkel- 
bazillus eine weniger rasche und weniger 
sichere. Menschliche Tuberkulose führt 
bei keinem der Versuchstiere weder bei 
Einimpfung noch bei natürlicher Infektion 
sichtbare Veränderungen im Tierkörper 
oder auch den Tod herbei. Froschtuber- 
kulosefütterung bedingt bei Regenwürmern 
dann den Tod der Tiere, wenn abnorme 
Bakterienverhältnisse im Darmkanal ge- 
geben waren, während Schnecken und 


Kaulquappen auch unter natürlichen Ver- | 
hältnissen der Infektion per os erlagen. | 


Im allgemeinen ergab sich, daß die Kalt- 
blüter gegen die Infektion mit Frosch- 


REFERATE. 








337 _ 





tuberkelbazillen um so weniger wider- 
standsfähig waren, je höher entwickelt ihr 
Organismus. Würmer waren resistenter 
als Schnecken und diese wiederum resi- 
stenter als Kaulquappen. 

Fritz Loeb (München). 


Zeuner-Berlin: Ein mit ülsaurem Na- 
tron und Lezithin hergestelltes 
hochwertiges Tuberkulosetoxin. 
(Berl. tierárztl. Wchschr. 1908, Nr. 37 
und 39.) 

Glyzerin-Agarkulturen menschlicher 
Tuberkelbazillen werden mit einer Emul- 
sion von dlsaurem Natron und Ovo-Le- 
zithin-Merck behandelt und dadurch ein 
Toxin gewonnen, welches sich im Tier- 
versuch fünfmal stärker toxisch erweist, 
als Tuberkulinum Roch, Z. hofft mittels 
dieses Toxins bei Pferden ein antitoxi- 
sches Serum zu erzielen, welches hin- 
wiederum zur Behandlung der Tuberku- 
lose des Menschen dienen könnte. 

Scherer (Bromberg). 


Rothaar-Stuttgart: Untersuchungen 
über Tuberkelbazillen beim Rind. 
(Zeitschr. f. Infektionskr., parasitäre 
Krankh. u. Hyg. d. Haustiere, Bd. 5, 
Heft 1/2.) 


Verf. kommt zu dem Schlusse, daB 
das von Kossel, Weber und Heuß im 
Reichsgesundheitsamte für den Tuberkel- 
bazillus des Typus bovinus als Norm auf- 
gestellte Verhalten in morphologischer, 
kultureller und tierpathogener Hinsicht 
zutrifft. Jedoch kann dem morphologischen 
Verhalten nur dann ausschlaggebender 
Wert beigemessen werden, wenn es im 
Zusammenhang mit dem kulturellen und 
tierpathogenen Verhalten steht. Trotz 
eigens darauf gerichteter Untersuchungen 
ist es nicht gelungen, von Rabinowitsch 
erwähnte sogenannte „Übergangsformen‘“ 
zu finden. Scherer (Bromberg). 


Joest: Über einige neuere, die färbe- 
rische Darstellung des Tuberkel- 
bazillus betreffende Forschungen 
(Zeitschr. f. Infektionskr., parasit. Krankh. 
u. Hyg. d. Haust., Bd. 5, Heft 1/2.) 

J. kommt nach ziemlich umfangreichen 

Untersuchungen zu dem Ergebnis, daß 

die Färbung nach Gram für den bakterio- 


ee 


skopischen Nachweis des Tuberkulosevirus 
in Herden spontaner Tuberkulose bei 
Rind und Schwein gegenüber der Ziehl- 
schen Färbung keine Vorteile bietet. Die 
in den Präparaten gefundenen kleinen 
körnchenföürmigen Gebilde, die sich in 
mehr oder weniger großer Zahl zeigten, 
waren von Farbstoftniederschligen, wie 
man sie bei Gram-Präparaten nicht selten 
findet, nicht zu unterscheiden. Die Iden- 
titit der Muchschen Granula mit Bestand- 
teilen der Tuberkelbazillen muß als sehr 
zweifelhaft bezeichnet werden, da die 
gleichen „Granula“ in einigen Präparaten 
auch im normalen Gewebe gefunden wur- 
den. Nur das Tierexperiment kann ent- 
scheiden, ob infektionsfähige Tuberkulose 
vorliegt oder nicht. 
Scherer (Bromberg). 


Ill. Diagnose und Prognose. 


Reg.-Arzt H. Freund-Reichenberg: Über 
kutane und konjunktivale Tuber- 
kulinreaktion bei Gesunden und 
Kranken. (Wien. med. Wchschr. 1908, 
Nr. 22 u. 23.) 


Verf. stellte seine Versuche an Sol- 
daten und chirurgisch Tuberkulösen an. 
Von den ersteren reagierten bei kutaner 
Impfung mit unverdünntem Alttuberkulin 
95°/,, bei Verwendung von 25°/, Lösung 
74°/, von 10°/, Lösung 60°/,, in einer 
zweiten Versuchsreihe 67 °/,, von 5°/, Lö- 
sung 40°/,, von 1%/, Lösung 5°/ In 
2 Reihen wurden gleichzeitig auch die 
Augen durch Einträufelung eines Tropfens 
einer 1%/, Lösung Alttuberkulin geprüft und 
8 bezw. 9°/, positive Reaktionen erhalten. 
Nach Abzug jener, die bereits vor der 
Konjunktivalprüfung an leichten Binde- 
hautkatarrhen gelitten hatten, ergab nun 
die genaue klinische Untersuchung, daß 
sämtliche mit positiver Ophthalmo- 
reaktion an aktiver Tuberkulose 
litten. Das gleiche war aber nicht 
etwa bei jenen 5°/, der Fall, die positiv 


REFERATE. 


auf Kutanimpfung mit 1°/, Lösung rea- ` 


giert hatten, so daß sich also die Kon- 


| 
| 


ZEITSCHR. f. 
TUBERKULOSE 


junktivalprüfung der Kutanreaktion gegen- 
über in bezug auf die Möglichkeit der 
Trennung der aktiven von den inaktiven 
Tuberkulosen überlegen zeigte. 

Was nun die Versuche an Kranken 
betrifft, so wurden hierzu nur an chirur- 
gischer Tuberkulose Leidende heran- 
gezogen, und zwar sowohl Erwachsene 
wie Kinder. Der Grad der Reaktion 
war im allgemeinen ausgesprochener, als 
bei den Gesunden; es reagierten ins- 
besondere bei weitem mehr Kranke auf 
kutane Einverleibung ı°/, Tuberkulin- 
lösung, als Gesunde. Ferner zeigte es 
sich, daß oberhalb des 6. Lebensjahres 
sämtliche Kinder — und natürlich auch 
Erwachsene — kutan positiv reagierten. 
Ganz anders bei der Konjunktivalprüfung: 
hier reagierten nur diejenigen Kranken 
positiv, die an „flonder“ Tuberkulose 
litten. Die kutane Methode ist daher 
nicht dazu geeignet, auch nicht bei Ver- 
wendung stärkster Verdünnungen, bei Er- 
wachsenen und älteren Kindern die aktiven 
von den inaktiven Tuberkulosen zu unter- 
scheiden, wenn auch negative Kutan- 
reaktion anscheinend gegen Tuberkulose 
spricht. Nur bei Kindern unter 5 Jahren 
beweist positive Kutanreaktion das Vor- 
handensein einer floriden Tuberkulose. 
Wenn dagegen Erwachsene auf Einträufe- 
lung einer 1%/, Tuberkulinlösung ins Auge 
positiv reagieren, so handelt es sich in 
solchen Fällen mit Wahrscheinlichkeit um 
aktive Tuberkulose; doch darf die Probe 
nur an völlig gesunden Augen angestellt 
werden. Unliebsame Erfahrungen in einigen 
Fällen — Chemosis, Blutaustritte, feinste 
griesförmige Erhebungen, Phlyktäuen — 
mahnen übrigens zur Vorsicht. 

C. Servaes. 


Priv.-Doz. H. Lüdke, Med. Klin. Würzburg: 
Klinischeundexperimentelle Bei- 
träge zur Konjunktivalreaktion. 
(Zentralbl. f. inn. Med. 1908, Nr. 28.) 


Von den Tuberkulósen mit posi- 
tivem Bazillenbefund reagierten auf Ein- 
träufelung einer 2°/ igen Alttuberkulin- 
lösung positiv 74°/,, von den auf Tuber- 
kulose Verdächtigen 62%/,, von den Un- 
verdächtigen 19,5°/,. Da auch in 3 Fällen, 
die ausgesprochen reagiert hatten, bei der 


BD.XIILHEFT 6. 
1909. 





Sektion keine Spur von Tuberkulose ge- 
funden werden konnte, so hält Verf. die 
Konjunktivalreaktion nicht für spezifisch. 
Eine Steigerung der Konzentration der 
Lösungen erscheint nicht ratsam, da Verf. 
auch bei notorisch Gesunden das Phä- 
nomen der Überempfindlichkeit auftreten 
sah. Auch die Ophthalmoreaktion bei 
Typhus sieht Verf. nach seinen Erfahrungen 
picht für spezifisch an, da sie auch nicht 
selten bei typhusfreien Fällen zur Be- 
obachtung kam. Ferner reagierten von 
12 klinisch auf Tuberkulose Verdächtigen, 
welche positive Konjunktivalreaktion ge- 
zeigt hatten, auf subkutane Einspritzung 
von I—3 mg Tuberkulin positiv 10, die 
anderen negativ. Dagegen ergab die Ein- 
träufelung einer 2°/, igen und einer 10°] - 
igen Deuteroalbumosenlösung ins Auge 
sowohl bei Tuberkulösen als bei Nicht- 
tuberkulösen nur in seltenen Fällen eine 
positive Reaktion. — Bei 8 tuberkulösen 
Kaninchen fiel die Konjunktivalreaktion 
nur in 2, bei 4 tuberkulösen Meerschwein- 
chen nur in ı Falle positiv aus. Endlich 
fand Verf. in 31 Fällen von mit Tuber- 
kulin behandelten Tuberkulösen 17 mal 
Antituberkulin im Blute. Dagegen konnte 
er in den Konjunktiven von 3 entbluteten 
tuberkulösen Kaninchen nur in 1 Falle 
einen geringen Antituberkulingehalt nach- 
weisen. C. Servaes. 


Leber und Steinharter-Berlin: Diagno- 
stische Impfversuche mit einem 
fettfreien Tuberkulin. (Münch. med. 
Wehschr. 1908, Nr. 25.) 


Modifikationen der v. Pirquetschen 
Kutanreaktion durch Anwendung des auf 
chemische Weise entfetteten Alttuberkulins 
Koch, mittels Chloroform. 

F. Köhler (Holsterhausen). 


Sabrazós und Lafon: Beginn der Oph- 
thalmoreaktion auf Tuberkulin — 
Natur des Exsudates. (Münch. med. 
Wchschr. 1908, Nr. 32.) 


ı!/ Stunden nach der Tuberkulin- 
instillation ins Auge tritt die zellige Reak- 
tion auf, charakterisiert durch eine Ver- 
mehrung der Polynukledren und eine 
ziemliche Anzahl Lymphocyten. Diese 
beiden Zellarten vermehren sich dann 


REFERATE. 


i 
I 


539 





noch ungefähr in gleicher Weise während 
1*/,, d.h. 2!/, Stunden nach der In- 
stillation. Nach 3°/, Stunden findet man 
überhaupt fast nur noch die Polynukleären, 
ohne klinische Modifikation. 

F. Köhler (Holsterhausen). 


Wiens und Günther: Untersuchungen 
über die Ophthalmoreaktion der 
Tuberkulose. (Münch. med. Wchschr. 
1908, Nr. 30.) 

Auch die 2. Mitteilung der Bres- 
lauer Autoren endet mit dem Resultat, 
daß die Ophthalmoreaktion nicht zuver- 
lässig genug ist und schwere Reaktionen 
mit Nachteil für das Auge sich nicht 
vermeiden lassen. 

F. Köhler (Holsterhausen). 


M. Villaret et L. Tixier: Le Diagnostic 
de la Tuberculose. (Rev. de la 
Tub., Paris 1908, Nr. 3 u. 4.) 

Verff. geben eine sehr eingehende 
und úbersichtliche Abhandlung úber die 
3 Tuberkulinproben, ihre Technik und 
ihre Bedeutung fúr die Diagnostik der 
Tuberkulose. Die Einsicht, daß der Wert 
dieser Reaktionen für die Diagnose der 
tuberkulösen Erkrankung, der klinischen 
Tuberkulose nicht allzu groß ist, tritt aber 
noch nicht genügend hervor. Es ist aller- 
dings notwendig, daß solche Proben erst 
gründlich und nach allen Richtungen unter- 
sucht werden, aber vom klinischen Stand- 
punkte kann die Endfrage doch nur da- 
hin gehen, ob sie die sichere Unter- 
scheidung einer latenten und einer kli- 
nischen Tuberkulose gestatten. Das ist 
wenigstens bisher nicht der Fall, und 
deshalb ist ihr Wert mehr ein theoretisch- 
wissenschaftlicher, oder er liegt auf einem 
anderen Gebiet. 

Von der subkutanen Tuberkulin- 
probe meinen die Verff. mit verschiedenen 
deutschen Autoren, daß die Reaktion 
um so heftiger auftrete, je frischer und 
je weniger ausgedehnt die tuberkulöse 
Erkrankung sei, und umgekehrt. Das ist 
aber eine Regel, die viele Ausnahmen 
hat. Die Gefahren dieser Probe schlagen 
sie nicht hoch an. 

Die kutane Tuberkulinprobe halten 


ae == 
sie für ein beachtenswertes Verfahren 
in der Diagnostik der Tuberkulose, ob- 
wohl manches noch unklar ist. Ein Mangel 
ist nach ihnen die oft vorkommende 
Schwäche der Reaktion, bei der man die 
wenig befriedigende Bezeichnung „zweifel- 
hafte Reaktion“ gebrauchen muß. Die 
Verff. legen mit J. Lemaire einigen Wert 
auf die Induration der Impfstelle, die 
dem darüber streichenden Finger eine 
Empfindung ähnlich wie ein Mückenstich 
mache; sie halten das für wichtiger als 
den umgebenden entzündlichen Hof. 
Noch unklarer erscheinen den Verf. 
die bisherigen Ergebnisse der konjunk- 
tivalen Tuberkulinprobe, deren Priorität sie 
übrigens Wolff-Eisner zuerkennen. Sie 
führen eine Statistik von Léon Petit 
über 3068 Beobachtungen an: Bei Nicht- 
tuberkulösen reagierten 18,43 °/,, bei Ver- 
dächtigen 61,6°/,, bei manifesten Tuber- 
kulósen 96,32 °/,, das sind ähnliche Zahlen, 
wie sie auch sonst meist gefunden wur- 
den. Meissen (Hohenhonnef). 


J. Lemaire: Recherches sur la Cuti- 
reaction á la Tuberculine. (Rev. 
de la Tub., Paris 1908, Juin.) 


Die kutane Tuberkulinprobe nach 
v. Pirquet war bei 56 Tuberkulüsen 
34 mal positiv, 2 mal negativ; bei 53 Ver- 
dächtigen 42 mal positiv, 11 mal negativ; 
bei 191 Nichttuberkulósen 53 mal positiv, 
138 mal negativ. Bei Kindern unter 
3 Jahren fand sich die Reaktion in 31°/,, 
was gut übereinstimmt mit den 33 °/,, die 
Hatinel als Sektionsergebnis angibt. — 
Verf. fand auch, daß die kutane Tuber- 
kulinprobe dieselben Resultate ergibt wie 
die subkutane, während die konjunktivale 
Probe abweichende Ergebnisse hat: Be- 
stätigung der Angaben Wolff-Eisners. 

Meissen (Hohenhonnef). 


J. Baur: L'Ophthalmo-Diagnostic de 
la Tuberculose. (Rev. de la Tub., 
Paris 1908, Juin.) 

Verf. hat die konjunktivale Tuber- 
kulinprobe nur aufihren diagnostischen 
Wert geprüft und ist natürlich nicht be- 
friedigt. Er wendet sich mit Delarme 
gegen Calmette, der aus seiner Reaktion 


REFERATE. 


EC ee nn mm m AAA  — 
— CO nn nn 


ZEITSCHR. f. 
o TUBERKULOSE 


„un systeme de defense sociale antituber- 
culeuse“ machen wollte, was sicher ein 
Unsinn ist. Wenn Verf. einige unbequem 
heftige Reaktionen bekam, so liegt das 
wahrscheinlich an der ungeeigneten Be- 
schaffenheit des verwendeten Tuberkulins. 

Es ist eigentlich nicht begreiflich, 
weshalb dic allermeisten Autoren den 
Wert der Tuberkulinprobe gerade in der 
Diagnostik der klinischen Tuberkulose 
suchen, wo er gewiß nicht zu finden ist. 
Wissenschaftlich sind diese Reaktionen 
sicher von hohem Interesse, aber für 
praktisch-klinische Zwecke leisten sie offen- 
bar recht wenig: es reagieren ja eben in 
großer Zahl auch „Gesunde“, die einen 
latenten Herd beherbergen, der vielleicht 
niemals ‘zur Entwickclung kommt. Die 
subkutane Tuberkulinprobe gibt uns in 
zweifelhaften Fällen wenigstens dann Auf- 
schluß, wenn man die lokale Reaktion an 
dem betreffenden Organ beobachten und 
nachweisen kann. Die neuen Proben 
aber sagen uns gar nichts über den Ort 
der Erkrankung, und nicht viel mehr über 
ihre Art. So lange wir aber keine Probe 
haben, die bestimmt zwischen latenter 
und aktiver Tuberkulose zu unterscheiden 
gestattet, bieten sie uns klinisch wenig 
Gewinn bei der Diagnostik. Wenn die 
konjunktivale Reaktion eine Bedeutung 
hat, so ist diese in der Prognostik zu 
suchen, wie Wolff-Eisner das sehr 
richtig hervorhebt. Für die Diagnostik 
hat sie nur insofern Wert, als sie ver- 
hältnismäßig wenig empfindlich ist, also 
eher auf aktive Vorgänge schließen läßt 
in zweifelhaften Fällen. 

Meissen (Hohenhonnef). 


Prophylaxe. 

8. Bernheim - Paris: Verbindung der 
Luft mit der Tuberkulose. 
Sterilisierug der Luft. (Internatio- 
naler Tuberkulosekongreß; Washington, 
21. September bis 12. October 1908.) 


Aus der Gesamtheit seiner Arbeit 
zieht der Autor folgende Schlußfolge- 
rungen: 

I. Es besteht eine intime Verbin- 
dung zwischen den Mikroben in der 
Luft und der Tuberkulose. Je mehr dic 
Atmosphäre mit Bakterien angefüllt ist, 


BD.XIILHEFT 6. 
1909. 


je größer ist die Anzahl der Tuberkulösen, 
welche in diesem ungesunden Milieu 
leben, alle gewissenhaften Beobachter 
haben diese Tatsachen als unbestreitbar 
hingestellt. 

Man hat der Tuberkulose den Namen 
als Krankheit der Dunkelheit gegeben, 
weil die Mikroben im allgemeinen und 
der Kochsche Bazillus im besonderen 
sich sehr lange konservieren, wenn sie 
nicht dem Lichte ausgesetzt sind. Unter 
dem Einfluß des normalen Lebens, unserer 
Gewohnheiten, sind die Mikroben in die 
Luft geschleudert, der Mensch atmet sie 
ein, die Lungen behalten sie, daher ent- 
steht Infektion und häufig tuberkulöse 
Ansteckung. 

2. Aus denselben oder vielmehr aus 
entgegengesetzten Gründen hat man eine 
beträchtliche Anzahl von Tuberkulösen 
in den großen Zentren beobachtet, wo 
die Luft mit Bakterien angefüllt ist, in 
den übervölkerten Stadtvierteln, in den 
Orten, wo Vereinigungen stattfinden, in 
den Hospitälern, Gefängnissen, in den 
Schulen, Kasernen, großen Kaufhäusern, 
Administrationen, Fabriken, Ateliers etc. 

3. Das beste Mittel, die Tuberkulose, 
welche ihren Ursprung. in der Luft hat, 
zu bekämpfen, ist, die Gesundheitsver- 
hältnisse der Stadt zu überwachen, die 
Hygiene in den Häusern, wo die größte 
Sauberkeit herrschen sollte, und wo man 
das Sonnenlicht im Überfluß eindringen 
lassen sollte. Zu diesen natürlichen 
Mitteln kann man bestimmte künstliche 
Maßnahmen hinzufügen, um die Gefahr 
der Bakterien in der Luft zu verringern. 
Man kann in der Tat mit Hilfe von 
gewissen Heizapparaten, wie z. B. der 
Behälter von Dr. Goupil oder der Öfen 
mit doppeltem Zug von Silbermann auf 
der Stelle sämtliche Mikroben welche in 
der Wohnung enthalten sind, zerstören. 
Anders ausgedrückt, man erreicht, daß 
durch diese natürliche Heizmethode die 
Luft, wenn sie auch noch so sehr mit 
Mikroorganismen beladen ist, äußerst 
schnell gereinigt wird. Diese gesundheit- 
lichen Öfen finden eine laufende An- 
wendung in allen Wohnungen, und be- 
sonders in den Medizin- und Chirurgie- 
sálen, in den Amphitheatern, in den 
großen Versammlungssälen, wo die An- 


REFERATE. 


ee 


{ 
| 





Sec 
sammlung die Gefahr der Ansteckung 
erhöht. Bernheim (Paris). 
Hanauer: Die Hygiene der Heim- 

arbeit. (Soziale Med. u. Hyg. 1908, 
Heft 4.) | 


Die Tuberkulose ist bei den Heim- 
arbeitern, besonders bei denen der Web- 
und Tabakindustrie ein gar häufiger Gast. 
Kein Wunder, die Ernährung ist völlig 
ungenügend, Wohnungsverhältnisse ebenso 
schlimm, die Arbeitszeit endlos und die 
gewerbehygenischen Schädigungen schwe- 
rer als bei den Fabrikarbeiten. Aber 
auch für den Konsumenten bietet die 
Heimarbeit große Bedenken, insofern 
durch die Produkte Krankheiten über- 
tragen werden können. Für die Abhilfe 
schlägt Verf. vor: Die Heimarbeiter selbst 
müssen sich organisieren; die Arbeitgeber 
müssen Überwachungskommissionen ein- 
setzen; die Konsumenten können Firmen 
mit viel Heimarbeitern meiden; die öffent- 
liche Fürsorge kann gesunde Heimwerk- 
stätten errichten lassen. Die wichtigste 
Aufgabe aber fällt dem Staate zu: jede 
gesundheitsschädliche 'Heimindustrie, je- 
denfalls die Tabakindustrie, sollte ver- 
boten, über Arbeitszeit und -räume sollten 
Vorschriften erlassen und ihre Durch- 
führung von Inspektionsbeamten über- 
wacht werden; die Kranken-, Unfall- und 
Invalidenversicherung sollte auch auf die 
Hausindustrie ausgedehnt werden. 

Mühlschlegel (Stuttgart). 


Hillenberg: Zur Bekämpfung der 
Tuberkulose auf dem Lande. 
(Soziale Med. u. Hyg. 1908, Heft ı 
u. 2.) 


Eine erfolgreiche Bekämpfung ver- 
langt in erster Linie die Einrichtung von 
Fürsorgestellen. In Ermangelung von 
Schwestern sind dazu Hebammen gegen 
Bezahlung heranzuziehen. In jedem Kreis 
sind mehrere Stellen zu errichten und 
von praktischen Ärzten zu leiten; am 
Sitz des Landrats ist die Fürsorgezentrale 
mit dem Kreisarzt und einem Komitee. 
Für jede freiwillige Meldung eines Tuber- 
kulosefalles an die Zentrale muß der Arzt, 
ähnlich wie in England eine Gebühr von 
2 Nk. erhalten. 


542 





Eine weitere notwendige Maßregel 
ist die Errichtung von Pflegestätten 
(Krankenheimen), in jedem Kreis eine 
bis mehrere. Sie müssen dem Heimats- 
ort des Kranken möglichst nahe liegen, 
mit nur wenigen Betten einen häuslichen 
Aufenthalt gewähren und in Anlage und 
Betrieb billig sein, etwa nach dem nor- 
wegischen Vorbild. Kranke, die unrein- 
lich sind und ihren Mitmenschen gegen- 
über die erforderliche Rücksicht nicht 
nehmen wollen oder können, sind zwangs- 
weise unterzubringen und solange zu be- 
halten, bis sie gelernt haben, mit ihrem 
Auswurf hygienisch umzugehen. — Für 
die Betriebskosten hat der Landrat von 
denVersicherungsanstalten,Krankenkassen, 
Kreis, Gemeinde, Genossenschaften und 
Vereinen eine regelmäßige Beisteuer zu 
erwirken. 

Gefährdete, kranke und bedürftige 
Kinder sind in eine Erholungsstátte, 
eine Heilanstalt oder in ein Soolbad zu 
schicken, was Aufgabe einer organisierten, 
privaten Wohltätigkeit wäre. Vorausset- 
zung für diese Wohlfahrt aber, wie für 
die Überwachung der Schuljugend über- 
haupt, ist die Einführung des Schularztes. 

Mühlschlegel (Stuttgart). 


Pach: Die öffentliche Gesundheits- 
pflege Ungarns. (Ztschr. f. soz. Med. 
1908, Bd. 3, Heft 3.) 

Die Tuberkulose nimmt, ähnlich wie 
das Trachom, in der ungarischen Ge- 
sundheitspflege eine Sonderstellung ein. 
Ihr Fortschreiten läßt, falls die zu ihrer 
Sanierung bisher unternommenen Schritte 
der Abwehr künftig nicht von größerem 
Erfolg begleitet sind, das Ärgste befürch- 
ten. Der bodenständigen Hemmnisse 
sind zu viel: Wohnungselend, Nahrungs- 
mangel, Alkoholismus, Ärztenot auf dem 
Lande etc. In den Jahren 1892—95 
starben durchschnittlich im Jahr 48298 
an Tuberkulose, 1905 aber schon 76545. 
Während sich 1890—1900 die Zahl der 
Gesamtbewohner bloß um 434641 ver- 
mehrte, nahmen die Tuberkulósen in 
derselben Zeit um 10187 zu, so daß 
auf je 1000 der Bevölkerungszunahme 
23 Tuberkulóse fallen. Die Heilstátten- 


bewegung hat jetzt erst ihre Wurzeln ge- | 


schlagen; in der jüngsten Zeit wurden 


REFERATE. 


ZEITSCHR, f. 
TUBERKULOSE 


auch einige dispensaires errichtet. Regie- 
rungserlasse fordern die Aufstellung von 
Spucknäpfen in Krankenanstalten, Hotels, 
Kaffeehäusern, Kasinos, öffentlichen Äm- 
tern und verbieten das Ausspucken auf 
den Boden; sie verbreiten Merkblätter 
und fördern öffentliche Vorträge. Am 
meisten Erfolg verspricht man sich aber 
von der staatlichen Subventionierung von 
Arbeiterhäusern für landwirtschaftliches 
Gesinde, die in 10 Jahren 15000 Häuser 
erstehen lassen will. 
Mühlschlegel (Stuttgart). 


Ascher: Entwickelungstendenzen in 
der Hygiene PreuBens. (Ztschr. f. 
soz. Med. 1908, Bd. 3, Heft 2.) 


In den letzten Jahren tritt eine in- 
teressante soziale Neubildung in den 
Vordergrund, die der großen Land- 
gemeinden. Sie sind nur zum kleineren 
Teil Vororte von Großstädten, zum größeren 
Arbeiterquartiere der Industriegegenden, 
z. B. Hamborn (Kreis Ruhrort) mit etwa 
70000 Einwohnern. Die geringe Sterb- 
lichkeit an Tuberkulose, die derartige 
Landgemeinden aufweisen, spricht mit 
anderen Erscheinungen für den Einfluß 
der großen Zuwanderung Landgebürtiger 
und der guten Lohnverhältnisse der 
Kohlen-Eisenindustrie. Dagegen deutet 
der schnellere Verlauf der Tuberkulose 
und die hohe Sterblichkeit der Säuglinge 
an akuten Lungenkrankheiten auf den 
Einfluß der durch Rauch und Staub ver- 
schlechterten Atemluft. 

Mühlschlegel (Stuttgart). 


IV. Therapie. 


Seidel-Dresden: Über die Chondro- 
tomie der ersten Rippe bei be- 
ginnender Spitzentuberkulose. 
(Münch. med. Wchschr. 1908, Nr. 25.) 


Die Resektion des ersten Rippen- 
knorpels bei 2 Fällen von Spitzentuber- 
kulose hatte anscheinend günstige Erfolge. 
Beschreibung der Technik. 

F. Köhler (Holsterhausen). 


BD.XIL,HEFT6, 
1909. 


Siege) Frankfurt a. M.: Totale Brust- 
beinreaktion und operative Hei- 
lungeinerLungenkaverne. (Münch. 
med. Wchschr. 1908, Nr. 25.) 


Die im Titel angegebene Operation 
hatte bei einem Fall von Lungen- und 
Brustbeintuberkulose vollen Erfolg. Es 
sind bisher nur wenig derartige Fälle 
bekannt. F. Köhler (Holsterhausen). 


Gerhartz und Striegel-Berlin: Über 
Lungensteine und Kieselsäure- 
behandlung. (Beitr. z. Klin. d. Tub., 
Bd. X, Heft 1.) 


Nach den Untersuchungen des Verf.'s 
ist Kieselsäure kein konstanter Bestand- 
teil der Lungenkonkremente und etwaiger 
Kieselsäuregehalt derselben darf nicht, 
wie es Zickgraf tut, auf den Genuß 
kieselsäurehaltiger Tees zurückgeführt wer- 
den. Ott. 


Dr. Bernheim- Paris: Behandlung der 
Tuberculosis durch rohes Pferde- 
fleisch. (Internationaler KongreB der 
Tuberculosis; Washington, September- 
Oktober 1908.) 


Die von den Herren Proff. Richer 
und Dr. Héricourt verfolgten Studien 
über die Zomotherapie fortsetzend, beginnt 
Herr Dr. Bernheim zu erklären, daß 
das rone Fleisch von welcher Herkunft 
es sei, keine spezifischen Antitoxine ent- 
hält. Jas rohe Fleisch ist das an Stick- 
stoff reichste Nahrungsmittel, und das- 
jenige, welches sich am besten und am 
schnellsten assimiliert. Dieser Eigenschaft 
wegen soll dieses ausgezeichnete kräftige 
Nahrungsmittel in angemessener Quantität 
verwendet werden. 

Herr Dr. Bernheim ernährte zehn 
Hunde, welche er vorher oder nach 
einiger Zeit tuberkulös machte, ver- 
gleichungsweise mit rohem Ochsenfleisch, 
mit rohem Pferdefleisch oder einer gewöhn- 
lichen Nahrung. Von den ausschließlich 
mit Pferdefleisch genährten Hunden über- 
lebten > davon diejenigen durch rohes 
Ochserfleisch genährten um 3—6 Mo- 
nate. Die andern 2 Tiere lebten eben- 
solange, und das vierte 6 Wochen weniger 
als solche durch Rinderfleisch genährte. 

Zwei auf gewöhnliche Art ernährte 


REFERATE. 


543 





Hunde endeten je 3 und 6 Monate 
früher als ihre Experimentkameraden. 

Herr Dr. Bernheim ernährte auch 
150 tuberkulöse Menschen, die zu allen 
Perioden der Krankheit angelangt waren, 
von der Prätuberculosis an bis zum 
Kachektiker. Viele der Kranken nahmen 
täglich 3—500g rohes Pferdefleisch zu 
sich und waren fast ausschließlich Pferde- 
fleischesser in ihrer Kost. 

Die Vorteile dieser Kur, die der 
Verf. hervorhebt, sind folgende: 

I. Die nicht aufmerksam gemachten 
Kranken haben keinen Widerwillen gegen 
dieses Fleisch, das sehr gut verdaut wird 
und einen angenehmen Geschmack hat. 

2. Das Pferdefleisch, das reicher an 


" Stickstoff ist als das Ochsen- und Hammel- 


fleisch, verbessert schneller das Allgemein- 
befinden des Tuberkulosekranken, weil 
derselbe beim Genießen dem Toenia 
oder anderen von Rindern übertragenen 
Parasiten nicht ausgesetzt ist. 

3. Der Arbeiter und besonders der 
Tuberkulosekranke kann sich leichter das 
Pferdefleisch verschaffen, welches billiger 
als Ochsen- oder Hammelfleisch ist. 

4. Obschon das Pferd nur ausnahms- 
weise tuberkulös ist, rät Herr Dr. Bern- 
heim dennoch der sanitären Beschau, 
nur ganz gesunde Pferde dem Konsum 
zuzulassen, die Pferdemetzgereien sollen 
wie andere Konsumgeschäfte unter Auf- 
sicht gestellt werden. 

5. In Anbetracht des großen Gehalts 
an Stickstoff und auch des Geschmacks 
spricht Herr Dr. Bernheim den Wunsch 
aus, die Pferdezucht für die Volksnahrung 
zu betreiben, ähnlich der Rinderzucht, 
die zu diesem Zweck besteht. 


Graetz - Marburg: Der Einfluß des 
künstlichen Pneumothorax auf 
die tuberkulöse Lunge. (Beitr. z. 
Klin. d. Tub., Bd. 10, Heft 3.) 


Pathologisch - anatomische Unter- 
suchung von 3 Fällen, aus der sich ergibt, 
daß die Ruhigstellung der tuberkulösen 
Lunge einen Stillstand des tuberkulösen 
Prozesses bringt mit anschließender Aus- 
heilung; diese letztere tritt in der Ab- 
kapselung käsiger Herde und der Or- 
ganisation pneumonischer Prozesse durch 
Bindegewebe zutage. Die reaktive Binde- 


544 





gewebswucherung hat ihren Grund in 
der Verlangsamung der Lymphzirkulation 
und der dadurch bedingten verminderten 
Resorption der Toxine. Die pneumonische, 
stark progrediente Form der Lungen- 
tuberkulose erscheint für die Kompressions- 
behandlung weniger geeignet, als die 
knötchenförmigen Prozesse. Ott. 


V. Bücherbesprechungen. 


Tuberculosis Vol VII, No. 10. 


1. Andvord-Christiania: Uber die 
Tuberkulose-Immunität. Eingehende sta- 
tistische Mitteilungen, in Anlehnung an 
v. Behrings Vorstellungen von der Tu- 
berkuloseinfektion. 2. de Josselin de 
Jong: Jahresbericht des Vereins zur Grün- 
dung und zum Betrieb von Volksheil- 
stätten für Lungenkranke in den Nieder- 
landen. 3. M. Itala Cozzolino Cre- 
mona-Neapel: L'action des Dames de 
la Croix rouge allemande dans la lutte 
contre la tuberculose, Vortrag auf dem 
ital. DamenkongreB zu Rom, April 1908, 
enthält eine eingehende Darstellung der 
Tätigkeit der Deutschen Frauenvereine 
vom Roten Kreuz auf dem Gebiet der 
Tuberkulosebekämpfung. Verf. empfiehlt 
für Italien eine ähnliche Organisation 
und rückt in den Vordergrund die Aus- 
bildung von Pflegerinnen und die Er- 
richtung von Erholungsstätten. 

F. Köhler (Holsterhausen). 


Tuberculose, Organ des Niederlän- 
dischen Zentralen Vereins zur 
Bekämpfung der Tuberkulose. 
(Jg. IV, Nr. 3.) 

Außer einigen aus anderen Sprachen 
übersetzten Abhandlungen enthält dieses 
Heft einen Beitrag Donaths über die 
Pflege Lungenkranker in eigener Woh- 
nung. Verf. gibt eine Darstellung der 
Forderungen, denen eine Behandlung zu 
Hause entsprechen soll: ärztliche Auf- 
sicht, hygienische Erziehung, von Stunde 
bis Stunde genau vorgeschriebene, aber 
keineswegs schablonenhafte Behandlung. 
— Über die Bewohnung von Wohnungen 
handelt ein Aufsatz von van Lanschot: 
Reinlichkeit ist die Hauptsache, und da- 


REFERATE. 


ZEITSCHR. f. 
= TUBERKULOSE 


her ist auch bei möglichst guter Regelung 
der Wohnungsfrage die Hilfe der Frau 
unentbehrlich. Die Bewohnung guter 
Wohnungen ist auch oft unzweckmäßig. 
van Gorkom gibt eine Besprechung des 
Fleischerschen Planes zur Errichtung 


| von Kolonien oder Quartieren für Lungen- 


kranke. Sandra berichtet über die Tuber- 
kulosebekämpfung zu Norg (schon referiert). 
Roest beschreibt, in welcher Weise der 
Verein zur Bekämpfung der Tuberkulose 
im Haag systematisch in der ganzen Stadt 
Kontribuanten zu erhalten sucht. van 
Gorkom erzählt, wie die Diamantarbeiter 
in Amsterdam die bei der Arbeit benutzten 
Kupferstile aufbewahren und nachher 
verkaufen. Das Geld wird hauptsächlich 
für die Pflege Lungenkranker benutzt. 
Über die Arbeit der lokalen Vereine zur 
Bekämpfung der Tuberkulose und über 
die FortschrittederTuberkulosebekämpfung 
im Auslande wird noch einiges berichtet, 
während Haentjens seine Wünsche in 
bezug auf eine rationelle Tuberkulose- 
bekämpfung in der Weise zusammenfaßt, 
daß die Tuberkulose einerseits durch 
Bekämpfung der Ansteckungsgefahr, an- 
dererseits durch Verbesserung der öko- 
nomischen Verhältnisse angegriffen wer- 
den soll. Vos (Hellendoorn). 


Tuberculosis 1908, Vol. VII, Nr. 7.) 


Enthält einen kurzen Bericht über 
die V. Tuberkuloseärzteversammlung in 
München, nebst Porträt des Prinzregenten 
Luitpold von Bayern, einen Aufsatz 
von Barbier und Boudon-Paris über 
statistische Erhebungen über die Tuber- 
kulosehäufigkeit bei Kindern in den Pa- 
riser Hospitálern, aus dem hervorgeht, 
daß in Pariser Krankenhäusern von 
100 Kindern jährlich 43 an Tuberkulose 
sterben, sowie eine Abhandlung von 
F. Köhler über „die Dauererfolge der 
Behandlung Lungentuberkulöser in den 
deutschen Heilstätten“, in der nachge- 
wiesen wird, daß man im Durchschnitt 
wird annehmen können, daß nach 2 Jahren 
nach der Heilstättenkur noch ca. 60%, 
aller Behandelten sich einer vollen Arbeits- 
fähigkeit erfreuen, nach 4 Jahren noch 
ca. 55°/,. Angefügt ist ein Bericht von 
Teleky über die Tuberkulosebekämpfung 
in Österreich. Köhler (Holsterhausen). 


Band XIII. Heft 6. 


ZEITSCHRIFT FÜR TUBERKULOSE. 


Boilage fúr Heilstátten und Wohlfahrtseinrichtungen. 





INHALT: La lutte contre la tuberculose au Canada. Brehmer Rest. — Institution modèle de 
prévention tuberculeuse. Par L. Fiedler 545. — Heilstättenwesen, Sanatorien und Fürsorgestellen 


547. — Verschiedenes 552. — 











La lutte contre la tuberculose au Canada. 


Brehmer Rest — Institution modèle de prevention tuber- 
culeuse. 


Par 
L. Fiedler. 





an Amérique, en mission officielle du Gouvernement français pour y étudier 

| E dans les diflérents milieux la lutte contre la tuberculose, voici pres de 

eg trois mois déjà que les louables efforts tentés au Canada pour combattre 

4 le fléau sont pour moi l'objet de constantes enquêtes et de nombreuses 

visites dans les principaux Sanatoriums disséminés sur le vaste territoire du Do- 
minion. 

Beaucoup encore reste certainement à faire pour arriver à se rendre maitre 
de cette peste blanche qui au Canada comme partout ailleurs et peut-être même 
à un degré plus élevé, malgré l’appel constant du corps médical, ravage dans ses 
forces vives toutes les classes de la société. Mais l'exemple donné par la belle 
oeuvre du Dr. A. J. Richer, de Ste. Agathe des Monts, le Preventatorium de 
Brehmer Rest, semble être la réelle indication de ce qu'il y aurait partout à établir 
pour, avec succès, combattre la tuberculose et sûrement l’extirper du sol Canadien. 

Aucune institution antituberculeuse, soit pendant les vingt derniers mois d'en- 
quête aux Etats Unis, soit pendant ce présent voyage au Canada, ne m’a paru 
aussi bien répondre que Brehmer Rest aux besoins de l'heure présente pour avec 
efficacité lutter contre le péril tuberculeux. 

En quoi consiste donc le péril tuberculeux, si ce n'est l’envahissement de Por- 
ganisme affaibli par les bacilles de la tuberculose qui trouvent dans cet organisme 
sans resistance un terrain propice à leur développement. Nul n'ignore aujourd’hui 
que l’anemie est l’antichambre de la tuberculose, et que si les personnes débiles 
ou convalescentes étaient soumises á un traitement preventif, elles ne deviendraient 
point les victimes du mal qui fatalement les guette et les fait, faute de soins appro- 
priés à leur état, grossir le nombre des phtisiques, dont les tables de mortalité 
accusent des chiffres toujours croissants. 

Ce traitement préventif serait cependant aisé à faire suivre si d'autres institutions, 
semblables au „Preventatorium“ de Brehmer Rest s’etablissaient au Canada pour 
donner aux prédisposés à la consomption, sous l'œil vigilant d'un médecin avisé, 
avec une éducation antituberculeuse encore si généralement ignorée, de l'air, du 
soleil, ainsi qu’une nourriture diatétique et réconfortante. 

Jamais, cet axiome „tant vaut le médecin, tant vaut le Sanatorium“ me parut 
aussi justifié qu'à l'examen de Brehmer Rest, ou dans tous les détails, dans toute 
ambiance et dans la satisfaction heureuse des patients se lit l'influence exercée 
par le „Trudeau du Canada“, le Dr. Richer, ce grand semeur de bonheur et de 
compassion á ceux qui souffrent. = 


Zeitschr. f, Tuberkulose, XIIL 36 


546 BEILAGE. 


ZEITSCHR. f. 
Br zz E A 


Bien que simplement établi, c'est-à-dire avec le minimum de frais pour le 
maximum d’effets utiles et bienfaisants, le Preventatorium de Brehmer Rest est le 
type accompli de l'institution populaire de lutte contre la tuberculose. Dans deux 
pavillons séparés, situés sur les côteaux verdoyants d’une colline boisée d'arbres 
résineux y sont reçus dans l’un les malades du sexe féminin et les enfants, dans 
l’autre les malades du sexe masculin. Un troisième pavillon abrite cheval, voiture 
et les communs. 

Une propreté scrupuleuse et une netteté absolue règnent jusque dans les 
moindres choses. | | 

Tout le jour allongés ou assis sur la galerie de cure, les patients hument de 
la sorte cet air vivifiant et oxygéné des Montagnes Laurentiennes à Ste. Agathe 
qui bientôt purifie leurs poumons et vivifie leur organisme, si bien que quelques 
mois suffisent pour leur permettre de se défendre contre la tuberculose. 

Nulle expression mieux que celle de „Preventatorium“ donné à cet établisse- 
ment par le célèbre Dr. et Professeur Knopf de New York, dont la réputation 
est mondiale, ne peut mieux définir le rôle préventif de Brehmer Rest. 

Le prix minime de 4 dollars par semaine rend Brehmer Rest accessible à 
toutes les bourses, soit à celle des patients eux-mêmes, ou à celle de leurs géné- 
reux bienfaiteurs. 

Un Comité actif de dames avec une incessante sollicitude s’occupe de pour- 
voir au fonctionnement de l'institution et de lui procurer les ressources budgétaires 
nécessaires, la modique pension des patients de beaucoup n’en couvrant point 
les frais. 

Les soins dévoués du Dr. Richer donnés à titre gratuit, non seulement à 
Brehmer Rest, mais aussi à son office de Montréal pour l'examen d'admission des 
malades prouvent sa grande générosité. 

Le système des pavillons n’abritant quun nombre restreint de patients, en 
rend la surveillance étroite et la vie plus intime. 

Combien différente est l'atmosphère familiale de Brehmer Rest, de ces im- 
menses bâtiments hospitalisant un grand nombre de malades. L’on sent dans 
Brehmer Rest un souffle de familiale et prévoyante bonté, qui sont bien les meil- 
leurs adjuvents du traitement sanatorial et des soins médicaux dévoués, qui rendent 
la force et la santé physique et morale à ceux qui ont le bonheur de s’y faire 
soigner. 

Instrument parfait de défense contre la tuberculose, le Préventatorium de 
Brehmer Rest doit servir d'exemple non seulement au Canada, mais à tous les pays 
du monde civilisé par son objet même, par son organisation simple et pratique, 
l'esprit de bonté et la direction médicale et scientifique qui en font une institution 
unique et modèle. 


Pee 


BD.XIL,HEFT 6, 
1909. 


BEILAGE. 


547 


HEILSTÄTTENWESEN, 
SANATORIEN UND FÜRSORGESTELLEN. 


Hamel: Deutsche Heilstätten für 
Lungenkranke. (Geschichtliche und 
statistische Mitteilungen IV mit 8 Tafeln. 
Tuberkulosearbeiten aus dem Kaiserl. 
Gesundheitsamte 1908, Berlin. Verlag 
Julius Springer. 464 p. Preis 25 M.) 

Der vorliegende umfangreiche Band 
enthält in 9 Abhandlungen geschichtliche 
und statistische Mitteilungen über die 
Heilstätten Vogelsang, Cottbus, Engeltal, 
Waldhof- Elgershausen, Dannenfels, Al- 
brechthhaus, Brehmers Anstalt zu Gör- 
bersdorf, das Sanatorium St. Blasien, so- 
wie über einige summarisch behandelte 
Anstalten. Aus der Zusammenfassung 
hebe ich hervor, daß bei 12631 Pfleg- 
lingen bei 47,3 °/, (41,1 °/,) Tuberkel- 
bazillen gefunden wurden. 34,4 °/, ver- 
loren die Tuberkelbazillen während der 
Kur. Die einzelnen Heilstätten verhielten 
sich hinsichtlich der Behandlungserfolge 
recht verschieden, namentlich bezüglich 
der Anzahl der Heilungen, welche zwi- 
schen 2,7 (2,8) und 31,3 (40,4) %, 
schwankte. Dieser Unterschied scheint 
hauptsächlich auf die begreiflicherweise 
differierende Auffassung vom Heilungs- 
begriffe der Tuberkulose zurückgeführt 
werden zu müssen. (Ref) Von 13070 
Kranken verließen die Heilstätte als völlig 
erwerbsfáhig für den alten Beruf 68°}, 
(71,5 °/,) völlig erwerbsfähig für einen 
anderen Beruf 8,9 °/, (2,2 °/,), teilweise 
erwerbsfähig 13,4 °/, (12°/,), nicht er- 
werbsfähig 9,3%, (14 °/,), gestorben sind 
0,4 lo (0,3 °/o)- 

Die außerordentlich eingehenden, 
mühevollen Erhebungen, die z. T. durch 
übersichtliche Tabellen erläutert werden, 
müssen im einzelnen im Original ein- 
gesehen werden. 

F. Köhler (Holsterhausen). 


W. J. van Gorkom: De beteekenis der 
volkssanatoria voorde bestrijding 
der tuberculosealsvolksziekte. — 
Die Bedeutung der Volksheilstätten für 
die Bekämpfung der Tuberkulose als 
Volkskrankheit. — Tuberculose (Hollän- 


| 


| 


disch), Jahrg. IV. Nr. 3. 
Ärzte. 


Die Volksheilstätten sind in erster 
Linie bestimmt für initiale Fälle, deren 
Behandlung nicht zu viel Zeit und Geld 
in Anspruch nimmt. Zwar wird die 
Heilbarkeit der Tuberkulose allgemein 
anerkannt, geheilt wird die Krankheit 
jedenfalls nur unter gewissen Bedingungen. 
Daß eine Krankheit, welche noch bis vor 
kurzem als unheilbar galt, innerhalb drei 
Monaten vollständig geheilt werde, ist 
eine Utopie, und daher wird der Haupt- 
wert der Behandlung gegenwärtig gelegt 
auf die Wiederherstellung der Erwerbs- 
fähigkeit. Würden alle Tuberkulösen in 
den Volksheilstätten geheilt, so wäre vom 
Standpunkt der Tuberkulosebekämpfung 
noch wenig erreicht, denn es blieben die 
Schwerkranken, die an offener Tuber- 
kulose Leidenden, zu Hause um immer 
wieder Gesunde anzustecken. Außerdem 
werden in den Volksheilstätten weder alle 
Kranken wieder erwerbsfähig, noch bleiben 
die erwerbsfähig Entlassenen dauernd zum 
Arbeiten imstande. In den späteren 
Stadien, wo eben die Krankheit am meisten 
kontagiös ist, lebt der Kranke doch in 
der Familie, und seine für die Prophy- 
laxe dann nötige Erziehung wird von der 
Auskunfts- und Fürsorgestelle mit gutem 
Erfolg übernommen. Der Verf. meint, 
es sei der Wert der Volksheilstätten für 
die Bekämpfung der Tuberkulose als 
Volkskrankheit nicht hoch anzuschlagen. 
Die Errichtung einer großen Zahl Tuber- 
kulosekrankenhäuser sei unbedingt not- 
wendig. Vos (Hellendoorn). 


Anhang für 


Sanatoria for Consumption and certain 
other aspects of the Tuberculosis 


question. (London 1908, Darling 
& Son, 670 p.) 
Ein amtlicher Bericht des Local 


Government Board für die Jahre 1905 

bis 1906 über die englischen Sanatorien 

und Heilstätten für Tuberkulöse, deren 

Einrichtung und sonstige Verhältnisse, 

Heilverfahren, Leistungen etc. Ein be- 
36* 


Së — ae 


sonderer Abschnitt enthält Betrachtungen 
über die Zweckmäßigkeit und die Form 
der Anzeigepflicht. Der letzte Teil des 
umfangreichen Buches ist ganz einer ver- 
gleichenden Darlegung der Verhältnisse 
in Deutschland gewidmet: Verbreitung 
der Tuberkulose in unserem Lande (mit 
Karte), Einfluß der Arbeiterversicherung 
auf die Bekämpfung der Tuberkulose (mit 
einer Karte über die Verteilung der Sana- 
torien im Deutschen Reich), die Erfolge 
der Anstaltbehandlung in Deutschland 
(mit mehreren Karten und Tafeln). Die 
Engländer, denen man praktischen Sinn 
nicht absprechen kann, betrachten unser 


Heilstättenwesen und was damit zu- 
sammenhängt ohne Frage mit großer 
Achtung und viel Verständnis. Es ist 


ein gewisser Gegensatz zu den mablosen 
und teilweise schwer begreiflichen An- 
griffen, die unsere Heilstätten in den 
letzten Jahren im eigenen Lande erfahren 
haben. Mag auch manches der Ände- 
rung und Besserung bedürftig sein, so 
sollte man doch nicht vergessen, daß wir 
in den Heilstätten und verwandten Ein- 
richtungen eine Basis zur Bekämpfung 
der Tuberkulose besitzen, um die andere 
Völker uns beneiden. Die Engländer 
stehen übrigens den Sanatorien nicht bloß 
theoretisch wohlwollend gegenüber: aus 
dem Buche ergibt sich, daß zurzeit in 
England und Wales 94 Sanatorien für 
Tuberkulöse bestehen, davon 29 private 
und 65 öffentliche. Sie sind meist 
kleiner als die unserigen, doch haben 
1 Oenglische Sanatorien mehrals 100 Betten; 
an der Spitze steht das bekannte Bromp- 
ton Hospital zu London mit 319 Betten. 
Die Gesamtzahl der Betten beträgt nahe- 
zu 4000. Meißen (Hohenhonnef). 


E. Becker - Charlottenburg: Amtliche 
Fürsorgestellen fürLungenkranke. 
(Med. Ref. 1908, Nr. 37.) 


Becker wünscht amtlichen Charakter 
für die gegenwärtigen Fürsorgestellen, sie 
sind in den Städten den kommunalen 
Behörden, auf dem Lande den Kreis- 
behörden anzugliedern. Diese Einrichtung 
soll die privaten Fürsorgestellen nicht aus- 
schließen, beide zusammen sollen in 
engem Zusammenhang stehen. 

F. Köhler (Holsterhausen). 


BEILAGE. 


ZEITSCHR. f. 
__ TUBERKULOSE 


Sanatorium Populaire pour Tuber- 
culeux à Borgoumont. (Liège 1908, 
Imp. M. Thone.) 


Jahresbericht des leitenden Arztes 
von Beneden, nach Art der Berichte 
unserer Volksheilstätten. Die Resultate 
scheinen recht günstig: Etwa °/, der auf- 
genommenen Kranken haben ihre Arbeits- 
fähigkeit und Gesundheit 3—4 Jahre 
nach der Rückkehr in den Beruf sich 
erhalten. Die Kranken werden dem 
Sanatorium von den Fürsorgestellen 
(dispensaires) überwiesen, was gewiß prak- 
tisch ist. Das Sanatorium ist von der 
Provinz Lüttich gegründet worden. 

Meissen (Hohenhonnef). 


Comtess of Aberdeen: Irelands Cru- 
sade against Tuberculosis. (Dublin 
1908, Mamsel € Co., 177 p.) 


Die Gräfin Aberdeen ist die Vor- 
sitzende der Women's National Health 
Association of Ireland, welcher Verein 
1907 eine Tuberkuloseausstellung zu 
Dublin veranstaltet hatte. Die bei dieser 
Gelcgenheit gchaltenen Vorträge über 
alle Gebiete der Tuberkulosebekämpfung 
bilden den Inhalt des Buches. Sie sind 
zum Teil sehr gut und nehmen vielfach 
auf unsere deutschen Verhältnisse Bezug; 
sie werden hoffentlich den Bestrebungen 
förderlich sein: Irland gehört zu den von 
Tuberkulose ziemlich stark befallenen 
Ländern. Meißen (Hohenhonnef). 


Jahresberichte. 


Jahresbericht des Vereins „Sophia- 
Stiftung“ zu Haag 1907. 

Der Verein, der schon 29 Jahre 
besteht, beabsichtigt die Pflege schwacher 
Kinder, insbesondere solcher, die an 
Skrofulose und Tuberkulose leiden, in 
einer am Meeresufer zu Scheveningen 
gelegenen Anstalt. Dem ärztlichen Be- 
richte (Dr. C. M. Mol) entnehmen wir 
folgendes: 

Aufgenommen wurden 208 Kinder 
(97 Knaben und 111 Mädchen); im 
ganzen wurden 254 Kinder behandelt 
(116 Knaben und 138 Mädchen). Die 


BD.XIII,HEFT 6. 
1909. 





Zahl der Pflegetage hat 24 355 betragen. 
Es wurden 102 Seebáder und 2974 
Meerwasserbáder innerhalb der Anstalt 
gegeben. Die geringe Zahl der Seebäder 
findet' ihren Grund in der groBen Zahl 
der tuberkulósen Kinder; fúr dieselben 
erscheint diese Behandlungsmethode oft 
ungeeignet. 

Prophylaktisch wurden aufgenommen 
46 Patienten, und zwar litten 39 an 
Skrofulose, 6 an Anämie, I an Malaria. 
Die Erfolge waren: Viel gebessert 25, 
gebessert 19, nicht gebessert 1. Die 
Gewichtszunahme war sehr befriedigend. 

Eine zweite Gruppe umfaßt 7 Kin- 
der (Skoliose, Chondrodystrophie, Herz- 
erkrankung etc. etc... Bchandlungserfolg 
günstig. 

Die dritte Gruppe umfaßt haupt- 
sächlich die Tuberkulose (197 Fälle, und 
zwar 77 Knaben und ı2ı Mädchen). 
Auf die meisten dieser Fälle hat das 
Seeklima einen entschieden günstigen 
Einfluß gehabt. Ein Kind, das an Spon- 
dylitis erkrankt war, erlag an Rippen- 
sarkom. Vos (Hellendoorn). 


IL Jahresbericht des Vereins zur 
Bekämpfung der Tuberkulose zu 
' Norg (Holland). 


In der ländlichen Gemeinde Norg 
hat der dort wohnende Arzt Dr. Sandra 
einen Verein errichtet, der vor allem be- 
absichtigt, die Kranken aus ihren kleinen, 
meist aus einem Zimmer bestehenden 
Wohnungen ins Freie zu bringen, und 
damit einerseits den Patienten Hilfe zu 
leisten, andererseits die Ansteckungsgefahr 
für die Umgebung zu vermeiden. Es 
werden die Kranken in ganz einfache 
Liegezelte untergebracht und zeitweise 
von der Krankenschwester besucht und 
beaufsichtigt. Ein Patient hat zur Be- 
handlung seines Lupus mittels Finsen- 
lichtes Unterstützung bekommen. Woh- 
nungen sind desinfiziert worden, Pflege- 
material (Liegesessel, Sputumgefäß, Ther- 
mometer) wird den Kranken leihweise 
zur Verfügung gestellt. Der Verein wird 
von der Gemeinde und vom Reiche 
unterstützt, und ist in den Verband der 
Niederländischen zentralen Vereinigung 
zur Bekämpfung der Tuberkulose auf- 
genommen. Der Jahresbericht ist ein 


BEILAGE. 





e. 
Beweis dafúr, daB mit gutem Willen auch 
auf dem Lande eine erfolgreiche Tuber- 
kulosebekämpfung moglich ist. 

Vos (Hellendoorn). 


Dritter Jahresbericht des Vereins zur 
Bekämpfung der Tuberkulose im 
Haag. (Sekretär Dr. van Gorkom.) 


Es waren im Anfange des Berichts- 
jahres 167 Patienten in Beobachtung; 
im Laufe des Jahres haben sich noch 
434 Kranke bei der Auskunfts- und 
Fürsorgestelle angemeldet. Die sich mel- 
denden Kranken bedürfen jetzt nicht 
mehr der Einfúhrung des Hausarztes, 
sondern es wird die Anmeldung des Pa- 
tienten einfach zur Kenntnis des Haus- 
arztes gebracht, so daß dieser weiß, daß 
der Verein im Hause des Kranken alle 
nötigen VorsichtsmaBregeln zu nehmen 
beabsichtigt, allerdings nur dann, wenn 
der Arzt dagegen keine Beschwerden hat. 
Die Behandlung der Kranken bleibt 
dem Hausarzte überlassen. Nötigenfalls 
werden die Patienten der Tuberkulose- 
poliklinik überwiesen, welche übrigens 
von der Fürsorgestelle durchaus unab- 
hängig ist. 

Die Hilfe, vom Verein geboten, be- 
steht in erster Linie in hygienischer Auf- 
sicht in der Wohnung des Kranken; 
sodann wurden 140 Spucknäpfe und 
107 Liegesessel zur Verfügung gestellt; 
142 mal wurden Nahrungsmittel, 32 mal 
Geld geschenkt. Es wurden 42 Ther- 
mometer verabreicht; 81 mal wurde die 
Wohnung, 82 mal die Bettwäsche oder 
die Kleider desinfiziert, 223 Sputum- 
untersuchungen wurden angestellt; 7 Pa- 
tienten durch Vermittelung des Vorstandes 
unentgeltlich in Heilstätten, 57 Kinder 
in Ferienkolonien untergebracht. Ver- 
storben sind 48 Kranke. Von 177 Über- 
lebenden wird berichtet, daß bei 44 der 
Zustand sich verschlimmert hat, bei 48 
unverändert geblieben war, bei 85 sich 
gebessert hat. Von den Kranken, die 
sich am 1. November 1905 im III. Sta- 
dium Turbans befanden, war am 1. No- 
vember 1907 keiner mehr in Beobachtung. 
Von den im Berichtsjahre in der Stadt 
Haag verstorbenen waren nur 16°/, bei 
der Fürsorgestelle eingeschrieben; es 
bleibt also noch viel zu tun übrig, auch 


359 ` 





BEILAGE. 


ZEITSCHR. t. 
TUBER XULOSE 





verfügt der Verein noch nicht über ge- 
nügende Mittel, um alle nötige und er- 
wünschte Hilfe zu leisten. Dem Kontroll- 
beamten des Vereins wurden zur hygie- 
nischen Erziehung der Angehörigen Tu- 
berkulöser 39 Damen zur Seite gestellt, 
nachdem dieselben einen vom Sekretär 
Dr. van Gorkom abgehaltenen Kursus 
über die Bekämpfung der Tuberkulose 
absolviert hatten. 

Für die Freiluftbehandlung ist jetzt 
eine Tageserholungsstätte mit einer dreh- 
baren Liegehalle für 12 Patienten errichtet. 
Einfache Schlafräume für 12 Personen 
werden geplant, so daß die Patienten 
dann wenigstens während des ersten 
Monats der Kur auch über Nacht in 
der Erholungsstätte bleiben können. — 
Es sollen die Erholungsstätten nicht nur 
den Patienten, sondern auch den Ange- 
hörigen nützen, weil sie den Mittelpunkt 
der praktischen Hygiene bilden. — Ge- 
klagt wird über den Mangel an Gelegen- 
heit zur Pflege weit vorgeschrittener 
Tuberkulóser: die Errichtung eines Tu- 
berkulosekrankenhauses ist dringend er- 
wünscht. — Nach dem Beispiele des 
Utrechter Vereins ist die durchschnittliche 
Krankheitsdauer der an Tuberkulose Ver- 
storbenen bestimmt worden. Dieselbe 
hat 3,25 Jahre betragen, und zwar für 
Männer 3,75, für Frauen 2,67 Jahre. — 
Über 21 Patienten aus früheren Jahren 
wird berichtet, daß sie zum größten Teil 
erwerbsfähig sind. In der Tageserholungs- 
stätte sind 14 Patienten behandelt worden 
(erst am Ende des Berichtsjahres ge- 
öffnet). Vos (Hellendoom). 


Fünfter Jahresbericht des Vereins zur 
“ Bekämpfung der Tuberkulose zu 
Rotterdam. 


Es haben sich im Jahre 1907 547 
Kranke zum ersten Male an der Aus- 
kunfts- und Fürsorgestelle gemeldet, und 
639 aus früheren Jahren, zusammen 
1186 Patienten. Es wurden 233 Spu- 
tumgefäße verabreicht; 132 Kranke be- 
kamen Milch; 78 Liegesessel etc.; 30 Geld 
zur Hausmiete; 67 Unterstützung in Form 
von Nahrungsmitteln. Die Kranken wurden 
.zu Hause besucht vom Kontrolleur, dem 
5 Damen zur Seite stehen. In den 
Liegehallen des Vereins haben 30 Männer 





und 50 Frauen eine Liegekur gemacht; 
die Resultate sind erfreuliche. $ 

Die Behandlung der Kranken bleibt 
zwar dem Hausarzte überlassen, aber es 
wird doch in geeigneten Fällen Tuber- 
kulin angewandt bei den Patienten, welche 
von ihrem Hausarzte zu diesem Zwecke 
der Fürsorgestelle überwiesen werden. 
Wohnungsdesinfektion wurde in 104 Fällen 
ausgeführt. Der Bau des Kinderhospizes 
zu Katwijk aan Zee war am Ende des 
Berichtsjahres noch nicht vollendet. 

Vos (Hellendoorn). 


Dritter Jahresbericht des Vereins zur 
Bekämpfung der Tuberkulose zu 
Leiden. 


Die wichtigste Arbeit des Vereins 
war die Ausgabe eines Büchleins, ge- 
schrieben von der Hausbesucherin Fräu- 
lein Sparnaay, „Aus dem Leben Tuber- 
kulöser und ihrer Familien“. Diese Aus- 
gabe hat in weiten Kreisen die Aufmerk- 
samkeit gezogen. An der Auskunfts- 


ı und Fürsorgestelle haben sich eine Anzahl 


Kranke gemeldet; bei 126 war Tuberkulose 
nachweisbar. Der Verein hält seinen 
Standpunkt fest, daB das Ziel einer 
seinerseits gegebenen Unterstützung nur 
sein darf: die Umgebung der Kranken 
zu schützen. Die Lehre der Kontagiosität 
wird allgemein verbreitet. Sputumgefäße, 
Taschentücher, Liegesessel und Geld 
wurden verabreicht. — Wer aus Erfahrung 
weiß, wie schwer Eheleute sich entschließen 
getrennt zu schlafen, wird zugeben, dab 
der Verein Grund hat, stolz darauf zu 
sein, daB */, seiner Pfleglinge allein 
schlafen. Vos (Hellendoorn). 


Jahresbericht des Amsterdamer Ver- 
eins zur Bekimpfung der Tuber- 
kulose. (1907.) , 

Der Verein steht auf dem Stand- 
punkt, daß die Bekämpfung der Tuber- 
kulose mit der Behandlung des kranken 
Individuums anfangen muß; die Früh- 
diagnose ist von größter Bedeutung. An 
offener Tuberkulose leidende Kranke 
werden zu Hause besucht und von hy- 


gienischen Maßnahmen umgeben. Bei 
der Fürsorgestelle ` wurden 981 neue 
Patienten eingeschrieben. Liegesessel, 


Waschkessel, SputumgefäBe wurden zur 


BD.XITI,HEFT 6. 
1909. 





Verfügung gestellt; Milch wurde verab- 
reicht. Es haben 30 Familien eine bessere 
Wohnung bekommen, obwohl der Verein 
selber nicht imstande war dafür Unter- 
stútzung zu geben. In eine Heilstätte 
wurden 72 Kranke geschickt, während 
182 Kindern ein Aufenthalt auf dem 
Lande ermöglicht wurde. Das Geld dafür 
wurde meist von Privatpersonen geschenkt. 
Die Arbeit des Vereins ist in beständigem 
Wachstum begriffen. 
Vos (Hellendoorn). 


Dritter Jahresbericht des Vereins zur 
Bekämpfung der Tuberkulose zu 
Arnheim. 


Bei der Fürsorgestelle haben sich 
im Berichtsjahre 55 Patienten angemeldet; 
es starben 9 Kranke. — Sputumflacons, 
Thermometer und Liegesessel sind leih- 
weise zur Verfügung gestellt. Geld zur 
Hausmiete und Nahrungsmittel wurden 
verabreicht. Desinfektion von Kleidern, 
Bettwäsche und Wohnungen wurde in 
einigen Fällen vorgenommen. Die Be- 
handlung der Kranken bleibt dem Haus- 
arzte überlassen. Vos (Hellendoorn). 


Zweiter Jahresbericht des Vereins zur 
Bekämpfung der Tuberkulose zu 
Nijmegen. 

Es haben sich bei der Auskunfts- 
und Fürsorgestelle 112 Personen ange- 
meldet, von denen 59 keine nachweisbare 
Tuberkulose hatten. Mehreren Kranken 
wurde Milch verabreicht, Wohnungen 
wurden desinfiziert und Hilfsmittel zur 
Krankenpflege gekauft. Einigen Patienten 
wurde der Aufenthalt auf dem Lande 
bezw. am Meeresufer ermöglicht. 

Vos (Hellendoorn). 


Erster Jahresbericht des Vereins zur 
Bekämpfung der Tuberkulose zu 
Zwolle. 


Die Fürsorgestelle des Vereins ist 
eben geöffnet, es hat also die Arbeit 
noch kaum angefangen, trotzdem hatten 
sich schon in den ersten Tagen 30 Pa- 
tienten angemeldet. Vos(Hellendoorn). 


C. C. Delprat: Het Vejlefjord-Sana- 
torium en iets over de behande- 
ling met kunstmatigen pneumo- 


BEILAGE. 


EIA 


thorax. — Das Vejlefjord-Sanatorium 
und einiges über die Behandlung mittels 
künstlichem Pneumothorax. (Ned. Tijd- 
schr. v. Geneeskunde 11, Nr. 11, 1908.) 


Nach einer Beschreibung des Vej- 
lefjord-Sanatoriums gibt Verf. eine kurz- 
gefaßte Darstellung der dort üblichen 
Weise der Anlegung eines künstlichen 
Pneumothorax durch Einführung eines 
dünnen Troikarts: es wurden bei einigen 
Patienten 500ccm Stickstoff eingeblasen, 
und das Wohlbefinden der Kranken war 
dabei in keiner Weise gestört. — Nach- 
her hat der Verf. das Oeresund-Hospital 
zu Kopenhagen besucht, wo Würtzen 
die Punktion mit der von ihm empfohlenen 
Hohinadel mit seitlicher Öffnung aus- 
führte. — Obwohl Verf. ein sicheres Urteil 
über die Methode auszusprechen nicht 
wagt, hält er doch die Mitteilungen Saug- 
mans für wichtig und wirft die Frage 
auf, ob nicht die Methode des künst- 
lichen Pneumothorax auch bei der putriden 
Bronchitis und bei den bronchiektatischen 
Kavernen anzuwenden wäre. 

Vos (Hellendoorn). 


Vierter Jahresbericht des Vereins zur 
Bekämpfung der Tuberkulose zu 
Haarlem. 


Für die Auskunfts- und Fürsorge- 
stelle hat man jetzt einen einzigen Arzt 
angestellt. Der Verein hat, zusammen 
mit anderen, den Nord-Holländischen 
Verein zur Bekämpfung der Tuberkulose 
errichtet, der die Organisation der Tuber- 
kulosebekämpfung in der Provinz Nord- 
Holland beabsichtigt. Es haben sich bei 
der Fürsorgestelle 109 neue Patienten 
angemeldet, ausfrüheren Berichtsjahren 7 3, 
zusammen 182; 19 Kranke sind ver- 
storben. Von 37 männlichen Patienten 
waren 50°/, an Tuberkulose erkrankt, von 
46 Frauen 63°/,, von 20 Kindern 55 °/,. 
Die Hilfeleistung seitens des Vereins hat 
in der Verabreichung von Milch und in 
der Ausgabe von Liegesesseln, Speigefäßen 
und Thermometern bestanden; es wird aber 
danach gestrebt, die Hilfeleistung in Form 
von Verabreichung irgendwelcher Nah- 
rungsmittel so viel wie möglich einzu- 
schränken. Selbstverständlich werden die 
Kranken in ihren Häusern besucht; es 
bleibt die hygienische Erziehung immer 





ZEITSCHR. f. 
552. BEILAGE. : __ -TOBERKULOSE 
eine Hauptaufgabe — In der Tages- | in vielen Fällen aber sei von einem 


erholungsstátte wurden 33 Kranke auf- 
genommen. Vos (Hellendoorn). 


Jahresbericht 1907, Amsterdamsch 
Sanatorium Hoog-Laren. Dirig. 
- Arzt Dr. Terpstra. 


Das Berichtsjahr hat mit 51 Patienten 
angefangen. Aufgenommen wurden 134, 
entlassen 132 Kranke, so daB am Ende 
des Jahres 53 Patienten in Behandlung 
waren. Die Kur hat im Durchschnitt 
148 Tage gedauert; 2 Kranke sind in 
der Anstalt gestorben. Es wurden fast 
nurPatienten aus Amsterdam aufgenommen; 
nur 8 waren in anderen Teilen des Lan- 
des wohnhaft. Von den 1 34 aufgenommenen 
Patienten gehörten 59 dem I., 57 dem II, 
ı8 dem III. Stadium Turbans an. — 
Die Freiluftliegekur war auch bei größter 
Kälte bis abends TI. o Uhr möglich; die 
Anstalt hat jetzt 5 drehbare Liegehallen. 
Es wurden etwa 40 Kranke mit Denys 
Tuberkulin behandelt; Terpstra meint, 
es sei vielleicht ein günstiger Einfluß in 
gewissen Fällen nicht ganz ausgeschlossen, 


günstigen Erfolg nicht nur nichts zu sehen, 
sondern es könne eben bei vorsichtigster 
Behandlung der Kranke geschädigt wer- 
den. Es sei die Tuberkulinbehandlung 
noch keineswegs aus dem Stadium des 
Experimentes ausgetreten und es bestehe 
jedenfalls kein Grund für Tuberkulin- 
Enthusiasmus. 

Das Körpergewicht der Kranken 
hat durchschnittlich um 6,6 kgzugenommen. 
Von 85 Fällen mit positivem Bazillen- 
befund haben 32 ihre Bazillen verloren. 
Wahrend von 68 fiebernden Kranken 
44 fieberfrei geworden sind, war der 
Einfluß kleinster Dosen Tuberkulins auf 
das Fieber völlig negativ. 

Ein positiver Behandlungserfolg wurde 
erreicht: bei Stadium I in 98°/,, Sta- 
dium II in 74%/,, Stadium III in 37%, 
der Fälle. Von 60 Kranken in Stadium I 
wurden 48 voll erwerbsfähig entlassen; 
von 54 Kranken in Stadium II: 14, von 
16 in Stadium III: o; teilweise erwerbs- 
fähig: resp. 12, 32 und 6 Patienten. 

Vos (Hellendoorn). 


VERSCHIEDENES. 


P. Videbech: En transportabel Kur- 
hytte til Friluftkur. (Hosp. Tid. 
1907, Nr. 20.) 

Zur Luftkur in der Privatpraxis ge- 
eignet. Bequem und billig. 
Chr. Saugman (Vejlefjord). 


Bráutigam: Zur Frage der Heil- 
státtenbehandlung und der An- 
zeigen für dieselbe. (Münch. med. 
Wehschr. 1908, Nr. 32.) 

Polemik gegen Frankenburger- 
Nürnberg, der hauptsächlich die II. Sta- 
dien den Heilstátten, die I. Stadien den 
Walderholungsstátten zugewiesen wissen 
will. F. Köhler (Holsterhausen). 


Schultze - Hamburg-Großborstel: Kran- 


kenhausbüchereien. (Arch. f. Volks- 
wohlfahrt, Jg. 1, Heft 12.) 


Auch die Leiter von Lungenheil- 
stätten haben wohl ein besonderes Inter- 
esse daran zu erfahren, daß die Deutsche 
Dichter - Gedächtnisstiftung in Hamburg- 
Großborstel beschlossen hat, eine beson- 
dere Abteilung für Krankenhausbüchereien 
zu errichten, in der vor allem Ärzte und 
die Leiter der großen Krankenhausver- 
waltungen vertreten sein sollen. Der 
Ausschuß will erst ein Verzeichnis der 
für Krankenhäuser geeigneten Bücher auf- 
stellen und später, wenn genügende Mlittel 
vorhanden sind, den Krankenhäusern 
kleine oder größere Bibliotheken zur Ver- 
fügung stellen und zwar, wo erforder- 
lich, umsonst, sonst gegen Erstattung eines 
Teiles der Kosten. Ott. 


Druck von Metzger & Wittig in Leipzig, 


ét 


s.m. 


In 
. 


IT. 


111. 


IV. 


VI. 


VII 


VIII 


1X. 


XI. 


XII. 


XIII, 


XIV. 


XV. 
XVI. 


XVII. 


XVIII. 


Inhaltsverzeichnis des 
XIII. Bandes. 


Originalarbeiten. 


. Über Opsonine und deren Verwertbarkeit in der Diagnose, Prognose und Therapie 


der Tuberkulose., [Veröffentlichung des haupt- und residenzstädtischen Bakteriol. 
Institutes in Budapest (Direktor: Dr. Bernhard Vas, Privatdozent) u. der VIII. ärzt- 
lichen Abteilung des St. Stefansspitales in Budapest (Primarius: Privatdozent Dr. 
Géza v. Dieballa.)} Von Dr. Johann v. Szabóky, emer. Assistent an der Univ.- 
Klinik in Budapest, derzeit Kurarzt in Gleichenberg. . 

Der Einflub der deutschen Meere (Ost- und Nordsee) auf die Tuberkulose der 
oberen Luftwege. Vortrag, gehalten auf d I. Internationalen Laryngo-Rhinologen- 
kongreß zu Wien. Von San.-Rat Dr. A. Hennig, Königsberg i. Pr.. . . . . 
Eine Untersuchung über die Infektiosität der Kleider Lungenschwindsúchtiger. (Aus 
dem Pathologischen Institute, Upsala. Direktor: Prof. Dr. U. Quensel.) Von Dr. 
Ragnar Friberger, Dozent an der Universität zu Upsala . RN 
Heilstáttenerfolge und ihre Kritik. (Aus der Hcilstátte Friedrichsheim. Direktor 
Dr. Curschmann.) Von Kurt von Holten. . . ` 


. Literatur. Zusammengestellt von Prof. Dr. Otto Hamann, Bibliothekar an der 


Königl. Bibliothek in Berlin. : a u er ee 
Blutuntersuchungen auf Tuberkulose- Immunkörper. II. (Aus dem bakteriologischen 
Laboratorium der Stadt Köln, Dir. Dr. Czaplewski.) Von Dr. Paul Bermbach, 
prakt. Arzt in Köln . 

Das Tuberkuloseserum Marmorek. 
Holsterhausen-Werden bei Essen, Ruhr . e 

Das Antituberkuloseserum Marmorek. Seine praktischen Erfolge während e jähriger 
Anwendung. Bearbeitet an Hand der gesamten bisher erschienenen Literatur. 
Von Dr. med. Hermann Frey, Davos, Spezialarzt f. Lungen- u. Nervenkrankheiten 
Klinische Untersuchungen über das antituberkulöse Serum von Marmorek. (Aus 
der Abteilung für innere Krankheiten im Hospital zum heiligen Geist, Warschau.) 
Von Dr. med. A. Sokotowski, Primararzt und Dr. med. B. Dembinski, 
Assistenzarzt . . . 


Von Chefarzt Dr. F. Köhler, Heilstätte 


. Blutuntersuchungen auf Tuberkulose. „Immunkörper. m. (Aus dem bakteriolo- 


gischen Laboratorium der Stadt Kôln, Dir, Dr. Czaplewski.) Von Dr. Paul 
Bermbach, prakt. Arzt in Köln . . 2 . Eon or . we . . . +. 0. 
Tuberkulinproben und Tuberkulinkuren. (Aus der Heilanstalt Hohenhonnef.) Von 
San.-Rat Dr. med. E. Meißen, leitendem Arzte . Bear a howe Ady wate al. Zë 
Uber konstitutionelle Ursachen zu Lungenblutungen. (Mitteilung aus dem Boserup 
Sanatorium zu Kopenhagen, Dänemark.) Von N.J. Strandgaard, Chefarzt 

Tuberkulinverdauung. Von Dr, Krause, Hannover, Spezialarzt fiir Lungen- und 
Halsleiden in Súlzhayn A pe D A ee E LE E A De 
Prognosis and Treatment of Tuberculous “Laryngitis; an Analysis of Sixty-one 
Cases Treated at the Pottenger Sanatorium for Diseases of the Lungs and Throat. 
Read before the California State Medical Society, at a meeting held at Coronado, 
Cal., April 21—23, 1908, By F. M. Pottenger, A.M., M.D., Monrovia, Cal, 
Medical Director of the Pottenger Sanatorium for Diseases of the Lungs and Throat 
Über das Tuberculinum purum. Von Dr. J. Gabrilowitch, Chefarzt in Halila . 
Literatur. Zusammengestellt von Prof. Dr. Otto Hamann, Bibliothekar der Kôünigl. 
Bibliothek in Berlin BE a N A BE E 
Heilstättenerfolge und ihre Kritik, Bemerkungen von Dr. A. un 
Nürnberg ‘ ve Aes. à 
Antwort auf vorstehende "Bemerkungen des Herrn Dr. Fränkänbureer. “Von Dr. 
Kevon Betteng, a s te. ee a Ge ee Ce E eo A da Eë 


Seite 


25 


37 


57 
68 


97 


104 


142 


193 
199 


209 


226 
234 


230 
243 


244 


IV 





XIX. 


XX. 


XXI 


X XII 


XXIII. 


XXIV. 


XXV. 


XXVI. 


XXVII. 


XXVIII. 


XXIX. 


XXX. 


XXXI. 


XXXI. 


XXXIII. 


XXXIV. 


XXXV. 


XXXVI. 


XXXVII. 


XXXVIII. 


XXXIX. 


INHALTSVERZEICHNIS. 





How to adapt sanatorium methods to treatment of consumptives at their homes. 
ByS. Adolphus Knopf, M.D., New York, Professor of Phthisio-therapy at the New 
York Post-Graduate Medical School and Hospital; Associate Director of the 
Clinics for Pulmonary Diseases of the Health Department; Visiting Physician to 
the Riverside Sanatorium for Consumptives of the City of New York, etc. . 
Physikalische Behandlung der Lungentuberkulose durch Hyperämie, Lymphstrom- 
beförderung usw. vermittels der Lungen-Saugmaske. Referat, gehalten in der 
5. Versammlung der ie München 1908, von Stabsarzt Dr. E. Kuhn, 
Berlin. (Mit 2 Tafeln) . . . 

Kritische Abhandlung zur Theorie : u, Praxis der Ophthalmoreaktion nebst Literatur. 
verzeichnis bis I. September 1908. Von Chefarzt Dr. F. Köhler, Heilstätte 
Holsterhausen-Werden bei Essen, Ruhr . . . . nn + 2 2 . ee 
Über die v. Pirquet-Detresche Kutanreaktion. (Aus dem städtischen Kranken- 
haus Heiliger Johann zu Budapest.) Von Franz von Gebhardt, Primarius 
Valeur thérapeutique des tuberculines, par MM. les Drs. Samuel Bernheim, 
President de l’CEuvre de la Tuberculose Humaine et P. Barbier, Médecin du Dis- 
pensaire des Employés des Postes, Télégraphes et Téléphones : 
Ein mechanisches Hilfsmittel zur Bewertung der Pirquetschen Reaktion, 
Dr. med. P. Bermbach, Köln . 

A Theoretical Objection to the Employment of the Wolff- Eisner - Calmette Oph- 
thalmo-Reaction for Tuberculosis, By F. Parkes Weber, M.D., F.R.C.P., Senior 
Physician to the German Hospital, London, and Physician to the Mount-Vernon 
Hospital for Chest Diseases, Hampstead i 2 

Kochs Standpunkt in der Frage nach den Beziehungen zwischen ‘Menschen- und 
Rindertuberkulose. (Kongreß in Washington 1908.) yo 
Fürsorge für die vorgeschrittenen Fälle von Tuberkulose. Referat erstattet aif der 
Internationalen Tuberkulosekonferenz in une > ap E Von Prof. 
von Leube, Würzburg. . . 

Der Internationale Tuberkulosekongreß | in Washington vom 21. September bis 
12, Oktober 1908. Von Prof. Dr. med. S. A. Knopf, Neuyork, Direktor d. Klinik 
fúr Lungenkranke der Stadt Neuyork; Primararzt des Stádtischen Sanatoriums fúr 
Schwindsüchtige ; 

Rezidivierende tuberkulöse Polyarthritis. (Tuberkulëser Gelenkrheumatismus). (Aus 
dem Küstenhospital Refsnäs, Dänemark, Chefarzt: Prof. Dr. V. Schepelern.) Von 
K. Schaffer, Assistenzarzt. . . be d ët age E rer A 
Die Abkürzung der Kurdauer bei Lungenkranken. ‘Vou Landesrat Dr. Althoff, 
Vorsitzender der Landesversicherungsanstalt Westfalen . ; b + 
Die Unterbringung Schwerkranker und der § 25 der Invalidenversicherung. (Ver. 
sammlung südd. Lungenheilanstaltsárzte in Frankfurt a. M., 10—12. Okt. 1908.) 
Von Dr. E, Rumpf, Ebersteinburg bei Baden-Baden: . . 
Über ein äußeres Symptom der Lungentuberkulose, (Aus der Spezialklinik für die 
Lungentuberkulose der medizinischen Akademie zu Osaka, Japan; Direktor Prof. 
A. Sata.) Von Teesi Kurashige : 
Ein Fall von kongenitaler Tuberkulose, 
medizinischen Hochschule zu Osaka, Japan. 
W.Honjio. . d e 
Über den Einfluß von “Verdauungsfermenten auf Tuberkulin, “IL Mitteilung. (Aus 
der Heilstátte Hôrgas in Steiermark.) Von Prof, Dr. Th. Pfeiffer und Dr. 
Hy Leweck = a 4, c e : 
Weitere Beobachtungen über die Behandlung v von "Lungentuberkulösen mit Mar- 
moreks Serum. (Aus der Heilstätte Hörgas in Steiermark.) Von Prof. Dr. 
Th. Pfeiffer und Dr. H. Trunk . 

Die Bedeutung der lokalen Tuberkulinreaktionen für die Heilstattenfrage. 
Dr. A. Wolff-Eisner, Berlin, Arzt fiir innere und Lungenkrankheiten 
Uber die Calmettesche ’ Ophthalmoreaktion. (Aus der internen Abteilung des 
St. Stephanshospitales in Budapest. (Primarius: Doz, Géza v. Dieballa.) Von 
Dr. Joh. v. Szabóky, Kurarzt in Sasa emerit, Assistent der Budapester 
Universität . . . 

Über neue Medikamente und Nährmittel für die "Behandlung der Tuberkulose. 
Von Dr. med. G. Schröder, leit. Arzt der neuen Heilanstalt für Lungenkranke 
in Schömberg, O.-A. Neuenbürg . 7 

Literatur. Zusammengestellt von Prof, Dr. ‘Otto Hamani Bibliothekar der 
Konig). Bibliothek in Berlin . . . . . . . . . . . . . . . 


Von 


(Aus dem pathologischen Institut der 
Direktor: Prof, A. Sata.) Von Dr. 


Von 


Nachruf für Friedrich Althoff, Ministerialdirektor, Wirklicher Geheimer Rat 


ZEITSCHR. £. 
TUBERKULOSE 


Seite 


281 


309 


326 


345 
356 


369 


370 
372 


396 


403 


420 


429 


431 


439 


465 


471 


487 


503 


509 


BD.XIII,HEFT6. 


Au NAMENREGISTER. v 














Namenregister. 


Originalarbeiten sind durch fettgedruckte Seitenzahlen bezeichnet. 


Allaria, G. B. 531. 
Althoff 420. 
Althoff 377. 


van Amstel, Ploos, de Bruinc, 


B. J. 446. 
Arloing, F. 461. 
Armaingand 246. 
Ascher 542. 
Ascher, L. 457, 458. 
Aufrecht 184, 530. 
Autokratow, F. M. 83. 


Baisch, K. 267. 
Bandelier und Roepke 464. 


Bang, C. u. Tobiesen, F. 460. 


Baer 77. 
Baer u. Turban 453. 
Barbier, H. et Bondon, M. 


245. 


Barbier, H. et Leon, C. 187. 
Bardswell, D. u. Chapman, 


J. E. 187. 
Bardt, H. 532. 


Bartel, J.u. Neumann, W. 534. 
Bartholdy, A. u. Permin, G. 


E. 457. 
Basso, G. 255. 
Baur, J. 540. 
Bayard 85. 
Beck, E. G. 268, 
Beitzke 446. 
Beneke 178. 
Beneke u. Kürbitz 177 


Bermbach, P. 97, 193, 369. 
Bernheim, S. 527, 540, 543. 
Bernheim, S. et Barbier, P. 


356. 


Bernheim, S. et Dieupart, L. 


74, 446. 


) 
Besancon, F, et Philibert, A. 


82. 
v. Betegh, L. 535. 
Beyer, A. 75, 457. 
Biagi, M. 260. 
Bing 178. 
Bing, H. J. 457. 
Bjalokur, F. 184. 


Blondel, R. et Labbé, D 
187. 

Blum, A. J. 80. 

Blümel 530. 


Blumenthal, M. 188. 
Blumenthal, F., 
u. Levy, E. 256. 


Bondon, M. et Barbier, H. 


245. 
v. Bonsdorff 265. 
Brandenburg 530. 
Brandts 249. 
Brecke 183. 


Marxer, A. 





Breton, Calmette et Massol 
79: 

de Bruine, B. J., Ploos, van 
Amstel 446. 

Bunzl 88. 

Butler, W. J. 259. 

Bylsma, R. 258. 


Calmette, 
263. 
Calmette, Massol et Breton 


A, u. Guérin, C. 


79. 

Calmette, A., Massol, L. et 
Guérin, G. 374. 

Cassoute 80. 

Chapman, J. E. u. Bardswell, 
D. 187. 

Chiari 532. 

Christian u, Rosenblat 448. 

Christians, F. R. 452. 

Citron, J. 180. 

Collin 84. 

Constantinescu, C.u. Gomoiu, 
V. 76. 

Czastka 456. 


Dammann 450. 

Dembinski, B. u. Sokotows- 
ki, A. 163. 

Devraigne 262. 

Dieterlen, F. 445, 454. 

Dieupart, L. et Bernheim, S. 
74, 446. 

Ditthorn u. Schultz 456. 

Dufestel 374. 

Dufour, H. 375. 

Dunham, H. B. 258. 

Dupand, G. 249. 


Eber 246, 266, 450. 
Ebstein, W. 463. 


Einis, L. 77. 

v. Ellermann u. Erlandsen, 
A. 452 (2). 

Emmerich, E. 259. 

Entz 79. 


Erlandsen, A. u. v. Ellermann 


452 (2). 


Fedeli, A. 255. 
Feilchenfeld 74. 
Fertl 179. 

Fest, F. T. B. 447. 
Filippow, N. A. 81. 
Fischer 447. 
Flensberg 247. 
Fligg, F. J. 536. 
Fortineau, L. et Rappin 246. 
Franco, E. 530. 
Frankenburger 462 








Frankenburger, A. 243. 
Franz, K. 252. 
Freund, H. 538. 
Freund, W. A. u. 
sohn, L. 373. 
Frey, H. 142. 
Friberger, R. 37. 
Friedrich 268. 
Friedrich, E. P. 186. 
Fritzsche, E. 256. 
Fuchs-Wolfring, S. 536. 


Mendel- 


Gabrilowitch, J. 234. 

Galli-Valerio 264. 

Garth, Kranich u. Grünert 
263. 

Gaupp 179. 

v. Gebhardt, F. 345. 

Gerhartz u. Striegel 543. 

Geyser, A. C. 459. 

Glaessner 462. 

Goebel 84. 

Goggia, C. P. 254 (2). 

Gomoiu, V. u. Constanti- 
nescu, C. 76. 

Gougerot, H. 536. 

Graetz 543. 

Grosz, S. u. Kraus, R. 257. 

Grotjahn 264. 

Grüner 455. 


Grünert, Garth u. Kranich 
263. 

Guérin, C. u. Calmette, A. 
263. 


Guérin, G., Calmette, A. et 
Massol, L. 374. 
Günther u. Wiens 539. 


Haan, J. de 445, 451. 
Hager 533. 
Hamann, O. 68, 236, 
Hamburger 178, 455. 
Hamburger, F. 259. 
Hanauer 541. 
Haverkorn van Rijswijk, K. 
Th. 189. 


521. 


Hayes, R. 375. 
Heim, P. u. hn, M. K, 
531. 


Heine u. John 180. 
Heinemann 85. 
Hemmeter, J. C. 447. 
Hennig, A. 25. 
Heymans 459. 
Hillenberg 541. 
Hinsberg 269. 
Hoffmann 268. 
Hohmeier 272. 
Holland, Weber, A., Schütz, 
Titze 449. 


VI 


Hollaender, E. 270. 
v. Holten, K. 57, 244. 
Honjio, W. 439. 


Illman, G. M. 460. 

Imhoff, M. 77. 

Jessen 184. 

John, M. K. u. Heim, P. 531. 
Josefson 262. 

Joest 533, 537. 

Joest, E. und Noack, C. 253. 
Junker 85. 

Jurewitsch 534. 


Kanitz 456. 

Kaessmann, F. 77. 
Kersbergen, L. C. 272. 

Key, E. 262. 

Kiparski, R. W. 248. 
Kirmisson 252. 

Kitamura, S. 177. 
Kjer-Petersen, R.u. Würtzen, 


Klieneberger 179. 

Klotz 86. 

Knopf, S. A. 281, 396. 

Kobert, R. 266, 270. 

Koch 372. 

Koch, P. C. F. 461. 

Koehler, F. 104, 326, 462, 
528. 

Koppel, R. 77. 

Kornfeld 448. , 

Kranich, Grúnertu. Garth 263. 

Kraus, R. und Grosz, S. 257. 

Krause 222. 

Krokiewicz 455. 

Kuhn, E. 309. 

Kurashige, T. 431. 

Kuss, G. 186. 


Labbé, D. et Blondel, R. 187. 

Laederich, L. u. Landouzy, L. 
373- 

Lafite-Dupont et Molinier 178. 

Lafon u. Sabrazès 539. 

Laitinen, Taav, 177. 

Landis, H. R. M. 265. 

Landouzy 246. 

Landouzy, L. u. Laederich, L. 
373. 

Lans, H. 456. 

Latham, A. 189. 

Lautier 82. 

Leber u. Steinharter 539. 

Lemaire, J. 540. 

Leon, C. et Barbier, H. 187. 

Leriche et Poncet, A. 249. 

Leroux, H. ct Trannoy 82, 

v. Leube 382, 

Levy, E., Blumenthal, F. und 
Marxer, A. 256, 

v. Leyden, E. 877. 

Liebermeister 527. 

Lichtenstein, E. 86. 

Lignitres, J. 81. 





NAMENREGISTER, 


Lion 376. 

Logothetopulos 267. 
Lubenau 178. 

Lüdke 249. 

Lüdke, H. 538. 
Lundsgaard, K. K. K. 461. 


McCrae, J. 248. 

McGlinn, J. A. 459. 

Malis, J. 261. 

Marcuse, E. 532. 

v. Marenholz, M. 184. 

Martens 188. 

Martin, A. 77. 

Marxer, A., Levy, E. u. Blu- 
menthal, F. 256. 

Massol, Calmette et Breton 79. 

Massol, L., Guérin, G. et Cal- 
mette, À. 374. 

Medin, O. 262. 

Medowikow, P.S. 84. 

Meinertz, J. 529. 

Meißen, E. 199. 

Mendel, F. 85. 

Mendelsohn, L. u, Freund, 
W. A. 373. 

Meyer 260. 

Miklaschewski, B. T. 180. 

Miller, J. A. 458. 

Minski, L, 251. 

Mitulescu 259. 

Molinieret Lafite-Dupont 178. 

Moeller, A. 270. 

Morawitz u, Siebeck 532. 

Moro 85, 453. 

Moro, E. u. Uffenheimer, A. 


533- 
Morse 447. 
Morse, J. L. 268. 
Morton Illmann, G. 460. 
Moses, S. 537. 
Most, A. 75. 
Much 79. 
Mühsam, R. 528. 
Mühsam u. Wolff 451. 


Naegeli-Akerblom, H. u. Ver- 
nier, P. 533. 

Necker u. Paschkis 179. 

Neporoschni, S. D. 189. 

Neumann, W.u. Bartc],J. 534. 

Noack, C. u. Joest, E. 253. 

Nolen, W. 455. 

Nösske 250. 


Oberwarth u. Rabinuwitsch, 
E. 80. 

Ondracek 264. 

Orth, J. u. Rabinowitsch, L. 


535. 
Ostenfeld, J. 457. 
Ozenne, E. 74. 


Pach 542. 

Paschkis u. Necker 179. 

Pearson, K. 373. 

Permin, G. E, u. Bartholdy, 
A. 457. 











ZEITSCHR. f. 
YUBERKULOSE 


Pfeiffer, Th. u. Trunk, H. 
465, 471. 

Philibert, A. et Besancon, F. 
82. 

Pielicke 189. 

v. Pirquet 79, 179, 455, 456. 

v. Pirquet, C. u.Schnürer 263. 

Plath, M. 245. 

Plehn 180. 

Polland 455. 

Poncet, A. et Leriche 249. 

Pottenger, F. M. 226, 268. 

Pryor, J. H. 258. 

Pütter 265. 


Railliet, G. 245. 

Ranke 259. 

Rappin et Fortineau, L. 246. 
Ravenel 74. 

Reeser, H. E. 188. 
Reichmann 259. 

Reinecke 181. 

Renon, L. 178. 

Reuschel 85. 

Risacher 269. 

Ritter 461. 

Ritter, J. 459. 

Rixey 528, 

Romanelli, G. 253, 255. 
Roepke 182. 

Rôpke und Bandclier 464. 
Rosenbach 179. 
Rosenblat und Christian 448, 
Rossolino 250. 

Rothaar 537. 

Rovsing, Th. 460. 
Rubino, C. 250. 

Rumpf, E 429, 

Runck 460. 


Sabrazès u. Lafon 539. 

Sandoz, Ch. 248. 

Schäffer, K. 403. 

Schamelhout 454. 

Schiperska, A. 257. 

Schläpfer 374. 

Schmidt 270. 

Schmiegelow, E. 460. 

Schnürer u. v. Pirquet, C. 263. 

Schrader 269. 

Schröder, G. 509. 

Schultz-Zehden, P. 182. 

Schultz u. Ditthorn 456. 

Schütz, Titze, Holland, We- 
ber, A. 449. 

Seidel 542. 

Seifert 249. 

Senger 461. 

Siebeck u. Morawitz 532. 

Siegel 543. 

Siegert 454. 

Siegrist 182, 

Simmonds, M. 529. 

Smirnow 187. 

Sobotta, E. 260. 

Sokotowski, A. u. Dembins- 
ki, B. 163. 

Spilleke, Lk. 251. 


BD.XHIHEFT6 
1909, 





Stadelmann 179. 
Steffenhagen 451. 
Steinharter u. Leber 539. 
Stern 265, 

Sternberg, C. 184. 
Stoerk 79, 80. 
Strandgaard, N.J. 209. 
Strauß u. Weil 451. 
Strelinger 271. 

Striegel u. Gernartz 543. 
Swerschewski 87. 
Swierstra, J. 247. 

v. Szaböky, J. 1, 503. 


Thiollier 447. 

Titze 449. 

Titze, Holland, Weber, A., 
Schütz 449. 

Titze u. Weber, A. 448. 

Titze und Weidanz 450. 

.Titze, Weidanz, Weber 449. 

Tixier, L, et Villaret, M. 539. 

Tobiesen, Fr. u. Bang, C. 460, 

Toyosumi, H. 177. 

Trannoy et Leroux, H. 82. 

Treuholtz, C. A. 249. 

Trunk, H. und Pfeiffer, Th. 
465, 471. 

Turban und Baer 453. 


Uffenheimer, A. u. Moro, E. 
533- 
Urechia, C. J. 531. 


Vaquez 269. 


INHALT DER BEILAGE. 


VII 





Vernier, P. u. Naegcli-Aker- 
blom, H. 533. 

Villaret, M. et Tixier, L. 539. 

Vogel 453. 


Wallgren, A. 530. 

Walsh, J. 452. 

Weber, F. P. 370. 

Weber, A., Schiitz, Titze, 
Holland 449. 

Weber, A. und Titze 448. 

Weber, Titze, Weidanz 449. 

Weicker 271. 

Weidanz und Titze 450. 

Weidanz, Weber, Titze 449. 

Weil und Strauss 451. 

Weinberg, H. 444, 445. 

Wilcox, S. F. 459. 

Wildbolz 79. 

Wiens u. Giinther 539. 

Wirth 533. 

Wolf, J. 86. 

Wolfel, K. 183. 

Wolff 180. 

Wolff, M. 271. 

Wolff und Mühsam 451. 

Wolff-Eisner, A. 179, 451, 
456, 487. 

Wiirtzen, C. H. 453. 

Würtzen, C. H. und Kjer- 
Petersen, R. 460. 

Wyssmann, E. 75. 


Yamamoto, J. 535. 











Zand, G. 252. 
Zeuner 537. 

Zickgraf 88, 376. 
Zieler 447, 448, 530. 
Ziesché 456. 

Zirkel, K. 528. 
Zondek 457. 
Zuckerkandl, O. 181. 
Zwick 450. 


Der Sanitátsbericht über die 
Armee (ausschl. Bayern) 
IQI. 

Der Sanitätsbericht über die 
Kaiserlich Deutsche Marine 
f. d. Zeit v. 1. X. 1904 bis 
30. IX. 1905 272. 

Tuberkulose und Erkrankung 
der Atmungsorgane bei den 
Arbeitern in den Sandstein- 
brüchen etc. Lothringens 
444- 

Diskussion úber den Vortrag 
des Herrn Dr. med. Wein- 
berg 445. 

Diskussion über den Vortrag 
des Herrn Dr, L. Ascher 
458. 

Statistik der Heilbehandlung, 
Amtliche Nachrichten des 
Reichsversicherungsamtes 
1908 464. 


Beilage für Heilstátten und Wohlfahrtseinrichtungen. 


V. Tuberkuloseärzte- Versammlung. 
La lutte contre la tuberculose au Canada, 
Par L. Fiedler 


tion tuberculeuse. 


Von Dr. R. Lennhoff, Berlin E A 
Brehmer Rest. — Institution modéle de préven- 


Heilstättenwesen, Sanatorien und Fürsorgestellen 


Jahresberichte 
Verschiedenes 
Personalia 


Seite 
89 


+ + 545 

275; 547 
` 278, 548 
95, 192, 280, 552 
Me a. 200 


ges ZEITSCHR. í. 
VI SACHREGISTER,  TUBERKULOSE 


Sachregister 


bearbeitet von Dr. med. R. Neisse in Bern. 


(Die fettgedruckten Zahlen bedeuten, dafs sich der betr. Originalartikel ausschliefslich oder teilweise mit dem frag- 
lichen Gegenstand beschäftigt.) 


Abkürzungen: 
L. = Lunge, Lungen. S. = Schwindsucht. s. a. = siehe auch. s. d. = siehe dieses. T. = Tuberkulose. 
Tbc. = Tuberkelbazillus, Tuberkelbazillen. 


Abszesse, tuberkulöse, Behand- | Blutuntersuchungen bei Meningi- , Diazoreaktion, Einfluß des Tuber- 


lung 268, 269. tiden 252; — auf T.immun- kulins auf die — 77. 
Affentuberkulose 257, 451. kérper 97, 193. | Driisentuberkulose s. Lymph- 
Aktinomyceten 256. Borgoumont, Heilstatte 548. _ knotentuberkulose. 
Albuminurie, orthotische, und T, Bovovakzination (v. Behring) 264, 

447. 271, 450. | Ehe und T. 373, 528. 
Alkohol, Einwirkung des — auf | Bromural 460, 518.  Eigelbnährboden für Tbc. und 


die Widerstandsfähigkeit 177. | Bronchialdrüsen: Diagnose der  Diphtheriebazillen 178. 
Allergie, tuberkulöse, Verlauf, Vergrößerung 183; Durchbruch Eintrittspforten der T. 245; spe- 
bei Masern und Miliartuber- in die Trachea 460; Gang der} ziell: Luftwege 75, 527; Ver- 





kulose 456. tub. Infektion 177. , dJauungskanal 74, 80, 445 (2) : 
Althofl, Ministerialdirektor, Nach- Bronchiektasien 270. Eisentuberkuline 456, 509. 

ruf auf — 373. irlandesas obere, und T. 373. England, Verbreitung der Sana- 
Anämie, Untersuchungen über Brustbeinresektion bei T. 543. : torien in — 547. 

die Blutmenge bei — $32. | Brustschmerzen 303. . | Erbrechen Tuberkulóser 376. 
Anaphylaxie 154. | Brustwand, temporäre osteoplasti- ` Ernährung der Tuberkulösen 187, 
Antikörper s. Antituberkulin. ‚sche Resektion der — 460. | 299. 
Antitoxine, Resorption der — | Búcherbesprechungen : Exostosen infektiösen Ursprungs 


1. Bandelier und Röpke, Lehr- S 
buch der spezifischen Dia- | Exsudate, tuberkulöse, ihre Dia- 
gnostik und Therapie 464.: gnose 260. 


vom Rektum aus 516. 
Antituberkulin 249, 448. 
Antituberkuloseserum s. Deutsch- 





mann, Lannelongue, Marmorck, ` 2 Countess of Aberdeen, Ire- | 

Neporoshny. | lands Crusade against Tu- | Fensterzelt, Knopfs 288. 
Armee, deutsche: Sanitätsbericht berculosis 548. ` Fieber, Behandlung 304. 

(1904—5) 191; T.inder— | 3. Ebstein, W., Leitfaden der 7; ein, tuberkulöse 268. 

191. ärztlichen Untersuchung Mit- | Fleisch, Tbe. im — tuberkulöser 


tels Inspektion, Palpation, ` 


Arsojodin 617. 
) 517 der Schall- und Tastperkus- | F 
| 


Atemgymnastik 293, 374. 


Tiere 247. 
ránkels Diplococcus und T. 255. 


Fe es Se S. GE e sowie der Auskultation | Frau, Bedeutung der — in der 

ungentuberkulose, ntsteh- S 5 

u j 4. Hamel, Deutsche Heilstät- Hekam plang Ger Faadh E 

ng. für I kank | Freiluftkur im Hause des Patien- 

Augentuberkulose 86, 255, 461. ten für Jungenkranke 547.1 ` ven 286. 

Auswurf: Anreicherung 452 (2);| 5- Sanatoria for Consumption, | Fruchtbarkeit der  Phthisiker 
Desinfektion 265; Sedimen- ondon 1908 547. | beiderlei Geschlechts 444, 445. 
tierung 75, 452 (2), 457. EECH (s.a. Jahresberich- 

Autan 184, 264. Coxotuberkulose s, Hüftgelenk- | te) 92, 184, 265, 541, 548. 

Autotuberkulin 513. tuberkulose. | 

_Gaallenblasentuberkulose 529. 

Bakterien, säurefeste 256. Darm, Resorption körperlicher ` Gelenktuberkulose, ihre Behand- 

Bcelitz, Lungenheilstátte 275. | Elemente, bes. der Tbc., im: lung 188, Ka 

Bekämpfung der T. 184; — in| — 535. _ Genitaltuberkulose, weibliche 76, 

- Berlin 275, Jena 96, Kanada, Darmtuberkulose 447 (2). 77, 267 (2). | 
545, Neuyork 96; — auf dem , Dauererfolge s. Heilstáttenerfolge. Gesundheitsämter, soziale 457, 
Lande 541. | Demineralisation 305. 458 : 

Berlin, T.bekámpfung 275. | Denyssches Tuberkulin 189,461. | Gesundheitspflege, öffentliche, 

Beschäftigungstherapie 306. Dermoreaktion s. Hautreaktion,  Jahresversammlung des Vereins 


' für — 96. 


Beziehungen zwischen mensch- ` Desinfektion 184, 264, 460. 
Glashäger Mineralwasser 376. 


licher und Haustiertuberkulose Dettweilerstiftung 95. 


450; — — und Rindertuber- ' Deutschland: Sanitätsbericht der 

kulose 372, 450, 451; — —| Armee 191, der Marine 272; Halsdrüsen, tuberkulöse 187; 

und Tiertuberkulose 254. = T. in der Armee 191, in der, Gefahren der Massage 530. 
Bismut. subnitric. 376." ' Marine 272. _Hautreaktion (Pirquet) 79 (3), 
Blindschleichentuberkelbazillen | Deutschmanns Serum 516. | 84 (2), 85 (3), 178, 179, 180 

462. Diarrhöe, Behandlung 518. (2), 181, 182, 199, 257, 259 


Blutserum, Lecithingchalt des — Diathese, hämorrhagische, und T. (2), 261, 262, 263, 345, 369, 
374. 532. 374 452, 454 (2), 455 (2), 


BD.XIII,HEFT 6. 


(är, SACHREGIS TER. 








456, 457, 531, 538, 539 (2), 
540; differenzierende (Detre) 
180, 343; — nach Ditthorn 


handlung 255, 461. 


' Tritis tuberculosa, spezifische Be- ' 


Ischigamis Puberkulotoxoidins 17. 
456; Escherich (Stichreaktion) Isolierung der Tuberkulösen 382. | 


i 
1 


Pathologie 69, 237, 522. 
Einzelne Organe zt, 239, 523. 

Prophylaxe 72, 241, 525. 

Therapie 72, 241, 525. 


178; Lautier 82; 

81; Moro (Salbenreaktion) 85 : 

(2), 259, 451, 453, 456, 461. 
Hauttuberkulose 257, 447. 
Heidelbcerextrakt 518. 
Heilstátten: 


die Bekámpfung der T. 
Volkskrankheit 547; 

reichung  kiesclsäurehaltigen 
Mineralwassers 376; Kehlkopf- 
tuberkulose 91; Kost 187; — 
im Licht der sozialen Hygiene 
264; Stand der —frage 270; 
Trennung der offenen Tuber- 


kulose von der seschlossenen94 : | Kanada, T.bekämpfung 545. 


Überwachung der Patient. nach 


dem Austritt 265; Verbreitung : 


der Heilstátten in England 547. 
Heilstáttenbehandlung 462, 552; 
— im Privathause 281. 
Heilstáttenberichte (s. a. Jahres- 
berichte): Borgoumont 548; 
Hoog-Laren 552; M.-Gladbach 
278; Niederlande 279; Oranje 
Nassaus Oord 279; Putten 280. 
Heilstättenerfolge 464, 495, 547; 
Kritik der — 57, 243, 244. 
Heilstättenpatienten, 


der — nach dem Austritt 265. 
Heilstättenverein, Berlin-Branden- 
burger 95. 
Heimarbeit 541. 
Heimstätten 264, 542. 
Herzstörungen bei L.T. 232. 
Hoog-Laren, Heilstätte 552. 


Hüftgelenktuberkulose, mit den ,. 


Bronchien 


31. 

Hunde, Unempfiinglichkeit gegen 
T. 450. 

Husten, Behandlung 302. 

Hydrotherapie 301. 

Hygiene, soziale, und soz. Ge- 
sundheitsimter 457, 458. 


Immunisierung gegen T.: 


kommunizierend ' 


Lignières ` 


a (s. a. Heilstátten- 


Aufnahme der Pa- | 
tienten 258,462; Bedeutung für, 
als ` 


Dar- | 


' Jodomenin 517. 


| Kehlkopf, Deviationen bei L.T.77. 


. Klavikula, 
_ Aufnahme | 
der — 258, 462; Überwachung. 





l 


: Krankenhausbüchereien 552. 
' Kurdauer 
aktive 


184, 256, 266; — der Rinder | 


s. Rinderimmunisierung. 


Immunkörper der Erythrocyten | Lebertuberkulose 88, 530. 


515. 
Impftuberkulose 528. 
Index BEE (s. a Opsonine) : 
253, 4 
Infantiliemus des 


Beckens 373. 


Infektion, tuberkulöse (s. a. Ein- | Lichttherapie s. Sonnenlicht. 
_ Lippspringe, Kurdauer in — 420. 
Infektiosität der Kleidung von Literatur der T.: 


trittspforten) 445 (2), 446. 


Phthisikern 37. 
Intimatuberkel der Lungenarte- 
rien 177. 


| 





Thorax und Leukocyten, Verhalten der — bei 


| Klima 307. 
'Knopfs Fensterzelt 288. 
' Kobragift 374. 


Heilstittenwesen 73, 242, 526. 
ohren, Lungenkrankheiten 


bei Arbeitern der Sandstein- 
berichte): von Vereinen für brüche 444. 


T.bekämpfung in den Nieder- Luft und T. 540. 
landen: Amsterdam 550; Arn- Luftembolie 178. 


heim 551; Haag 548, 549; Luftróhre, Deviation der — bei 
Haarlem 551; Leiden 550; L.T. 77. 
Nijmwegen 551; Norg 549; ` Luftwege, Katarrhe der — 188, 


Rotterdam 550; Zwolle 551. 
Jena, Bekämpfung der L.T. 96. | 
Jodinhalationen 459. 
Jodoform 459. 


—, obere: Katarrhe und ihre Be- 
handlung 88; T. und ihre Be- 
handlung 270. 

Lungenabszeß, chirurg. Behand- 
lung 460. 

Lungenblutungen, tuberkulöse: 
Behandlung 187, 303, 518; 
konstitutionelle Ursachen 209. 

Lungensaugmaske 93, 309. 

Lungenspitze, Kollapsinduration 
der rechten — 530. 

Lungensteine 543. 

Lungensyphilis 530. 


Kanarienvogeltuberkulose 449. 
Kartoffelnährbouillon für Tbc. 


534. 
Kastrationstuberkulose 75. 


Kehlkopftuberkulose, Behandlung 


der — 87, 186, 226, 268 (2), Lungentuberkulose: Ätiologie s. 
269, 270, 518, Entstehung, 
Kieselsäure 376, 517, 543. er äußeres Symptom der — 


Kindertuberkulose 245, 248, 251, 


268, 374. —, Behandlung (s.a, die einzelnen 


Symptome) 281; speziell: Arso- 
jodin 517; Immunkörper 515; 
Jodinhalationen 459; Jodo- 
menin 517; Kalomelinhala- 
tionen 518; Kieselsäure 376, 
517,543; Lungensaugmaske 93, 
309; Maisól 459; Natr. nu- 
cleïnic. 187; Pautaubergesche 
Lösungs 17; Pferdefleisch,rohes, 
543; Pneumothorax,künstlicher 
270, 460, 543, 551: Queck- 
silbersalicylat e 18; Quecksilber- 
succinimid 306; Rippenresek- 
tion 542; Stauungshyperimie 
(s. a. Lungensaugmaske) 459. 

—, Differentialdiagnose 530. 

—, Entstehung: aërogene 75; en- 
terogene 74, 80. 

— und Fruchtbarkeit 444, 445. 

—, Frühdiagnose 82,83, 89, 258, 
452, 455. 

—, latente 83. 

—, traumatische 528, 

Lupus: Behandlung 94, 461, 514, 
517; Bekämpfung 265; — und 
T. 249. 

Lymphe, Einwirkung mensch- 
licher — auf den Tbc. 333. 
Lymphknoten, Tbe, in makrosko- 
pisch gesunden — 247, 533. 
Lymphknotentuberkulose (s. a. 

Bronchialdrüsen) 187,253, 519. 

Lymphosarkomatose und T. 249. 


Dämpfung bei be- 
ginnender L.T. 82.  * 

Kleidung von Phthisikern, In- 
fektiositit der — 37. 


Kochs Standpunkt in der Frage 
nach den Beziehungen zwischen 
Menschen- und Rindertuber- 
kulose 372. 

Komplementbindung 260, 451. 

Kongreß für Tuberkulose, inter- 
nationaler (Washington 1908) 
280, 396. 

Kopenhagen, T.laboratorium 75. 

Kôrpertemperatur,  halbseitige 
Erhôhung der — 453. 

der Lungenkranken 


420. 
annelongues Serum 516. 
Lecithin im Blutserum Tuber- 
kulôser 79, 374 
Leipzig, Tbc. "gehalt der Mich u. 
Molkereiprodukte 246. 


der T. 250. 


a 0 e A 


Allgemeines 68, 236, 521. 
Ausbreitung 68, 236, 521. 
Atiologie 68, 237, 521. 


: Magentuberkulose 249. 
| Maisöl 459. 


i Nees ZEITSCHR. 1. 
x | SACHREGISTER, TUBERKULOSE 








Maraglianos Serum 165. 262, 263 (3), 326, 370, 454, Rhinoreaktion 178. 

Marine, deutsche: Sanitiitsbericht! 455, 456, 457, 461, 487,503, Rind: Hautreaktion beim — 181, 
272; T. in der — 272. 509, 533, 538(2), 539(3), 540;' 263 (2); Ophthalmoreaktion 

—, nordamerikanische: T. in der! Bedeutung der — für die Heil- beim — 181, 183, 263 (2). 
— 528, | státtenfrage 487; — bei Kin- ' Rinderimmunisierung 271, 448, 

Marmoreks Antituberkuloseserum ' dern 80, 178, 179; Kontra- 450, 459. 





104, 142, 163; Anwendung; indikationen der — 178, 456; | Rindertuberkelbazillen 537. 

bei chirurgischer T. 272. 462; Natur des Exsudates 539; Schá- Rindertuberkulin, Anwendung b. 
bei L.T. 109, 168, 462, 471, digungen des Augesdurchdie— | Menschen 271. 

515; Nebenerscheinungen 154; 180, 182 (2), 334, 455; — und : Rindertuberkulose 245. 

rektale Anwendung 151, 473; | Tuberkulinbehandlung 84,178. Rippenring, erster: Resektion bei 
Statistik der bisherigen Erfolge | Opsonine (s.a. Index, opsonischer) L.T. 542; Verknöcherung 373. 
157; subkutane Anwendung | 1, 311, 533; Technik der Op- Réntgenstrahlen, diagnostischer 
149; Verhalten des Blutes beij  soninbestimmung A. Wert der — bei der L.T. 91. 





Behandlung mit — 159. | Ostseeküste, Eignung der — fiir ' 
Masern, Verhalten der Haut- Heilstätten 266. : Salbenreaktion (Moro) s. Haut- 

reaktion (Pirquet) bei — 455, | reaktion. 

456. Pachymeningitis tuberculosa int. | Sanatoriumsbehandlung s. Heil- 
Medikamente, neuere, für die Be- bei Meningitis tub. 532. stättenbehandlung. 

handlung der T. 509. = Papageientuberkulose 449. ' Sandsteinbrüche, Lungenkrank- 
Meere, deutsche, und T. 25. Pavillon, transportabler, ftir Frei- | heiten bei Arbeitern der— 444. 


Meerschweinchen, Immunisierung | Juftkur 552. ' Saponininhalationen 88. 


durch abgetótete Tbc. 256. | Peritonitis tuberculosa 267; Be- | Sauerstoff bei Peritonitis tub. 459. 
Meningitis: nal handlung — der 86, 459 (2); | Scharlach, Wiederaufflammen der 


bei — 252; Kernigsches Sym- | WVortáuschung einer — bei En- | Hautreaktion bei — 531. 
ptom bei — 447. 1 teritis 531.  Schlüsselbein s. Klavikula. 

Mikroorganismen, pathogene, Ein- | Perlsuchttuberkulin s. Rinder- Schule, Bekämpfung der T. in 
fluf auf die T. 255 (2). | tuberkulin. der — 374. 


Milch, Tbc.-gehalt der — 246. Personalia 280. 


Sp —Schutzimpfung s. Immunisierung. 
Miliartuberkulose der Lungen 177; | Pertussin 188. 


: Schwangerschaft u, T. 444, 445, 





Verhalten der Hautreaktion bei | Prerdefleisch, rohes, zur T.behand- 528, 
— — 456. | lung 543. ' Schweine, Kastrationstuberkulose 

Mineralwasser, kieselsäurehaltiges | Pferdeserum 189. | der — 75. 

376. | | Pflegepersonal, T. beim — 528, ' Schwerkranke, Unterbringung der- 

Mischinfektion 516. Pflegestätten s. Heimstätten. | selben 382, 429. 

Morbidität der T. in Deutsch- | Phenylpropional 518. ı Seeklima, Einfluß des — auf die 
land 191, 272; — in Stock- | Phytin 519. | T. der oberen Luftwege 25. 
holm 247; — in Ungarn 542. Pleuritis exsudativa, Behandlung ` Sehnenscheidentuberkulose 528. 

Mortalität der T. in Ungarn 542.1 der — 269, 375. : Septikämie, tuberkulöse 373. 

München - Gladbach, T.bekämp- — suppurativa 186, 252; Be- Serum, Präzipitation 79. 
fung 278. | handlung der — 460. ; Serumbehandlung s. Deutsch- 

z ' Pneumonie, embolische tuberku- . manns Serum, Marmoreks S., 

Nachtschweiß 304, 460, 518. i löse 530. : Neporoshnys S., Pferdeserum. 

Nährpräparate 519. | Pneumothorax, künstlicher 270, Sonnenlicht f. d. Tuberkulose- 

Nasenseptum, tuberkulöser "Tu" 460, 543, 551. | _ behandlung 296. 
mor am — 249. Polikliniken fürTuberkulöse (Neu- | Sophiastiftung (Haag) 548. 

Natr. nucleïnic. 187. york) 458. Spoudylitis tuberculosa, Behand- 

Neporoshnys  Antituberkulose- | Polyarthritis s. Rheumatismus, lung der — 375; — trauma- 
serum 189. | Pottsche Krankheit s. Spondylitis, tica 77. 

Neuyork: Polikliniken für Tuber-! tub., : Spucknäpfe 283. 
kulöse 458; Professor für Phthi- ' Präzipitation bei T. 79. ‚ Spuckflaschen 285. 
siotherapie 96. : Präzipitinreaktion (Bonome) 451. Sterilisator 460. 

Nierenblutungen 446. ; Prätuberkulose 374. . Sternalwinkel 248. 

Nierentuberkulose: Behandlung Preußen, Entwickelungstendenzen Stockholm, T. in der Garnison 
189, 448; Blutstrómung und, in der Hygiene in — 642. — 247. 


— 529; Blutung 446; Dia- Prophylaxe der Tuberkulose fs, a, | Streptokokkenserum 516. 
gnose 181; —, experimentelle! Bekämpfung) 184, 540. 


529; — primäre 77. : Puro 519. Tannininjektionen in Kavernen 
Nordamerika, T. in der Marine 187, 518, 
528. | Quecksilbersalicylat 518, _Tauruman 448, 449. 
Novocain 518. , Quecksilbersuccinimid 306. | Temporalvenen, Erweiterung der 
Ohrlippchen u. T. 250. Rassen, farbige, und T. 274. _ Thymolkampher 269. 
Ophthalmoreaktion 79, 80 (2), Resorptionsinfektion s. Eintritts- Toxine, tuberkulóse, in d. Frauen- 
81, 84, 85 (2), 178 (2), 179(6),.  pforten. ı milch 246; ein mit ólsaurem 
180 (4), 181, 182 (3), 183, Rheumatismus tuberculosus 262,1! Natron u, Lecithin hergestcll- 


184, 199, 258, 259 (2), 260, A403. | tes — 537. 


BD. XHI,HEFT 6, 


Trauma und T. 74 (3), 251. 
Tuberculosis, Zeitschrift s. Tu- 
berkulosezeitschriften. | 
Tuberkelbazillenderivate, Ver- 
suche mit — 451. | 
Tuberkelbazillensubstanzen, Eı- ' 
senfällungsprodukte von — 
zur Anstellung der Haut- 
reaktion 456. | 
Tuberkelbazillu, —en:  Aus-: 


scheidung von — mit der Kuh- 
intravenôser In- | 


milch nach 
jektion 449; Beziehungen zu 
den säurefesten Bakterien (s. 


a. Unterscheidung etc.) 256;. 


auf 
Ein- 


Einiluß abgetöteter 
Meerschweinchen 256; 


— 


wirkung menschlicher Lymphe 


auf den 


— 533; Färbung, 


differentielle, der —, Perlsucht- | 


53553: 


bazillen und Vogeltbc. 
granuliire Form s. nach Ziehl 


nicht färbbare Form; Haltbar- 


keit menschlicher — im Kör- 


per des Rindes 449; latente 


— in den Lymphdrüsen der 
Rinder 


260, 262, 452; Nährboden f. 


— 178, 534; spezifisches Ge- 
wicht des — 75; Splitter 536; | 
Unterscheidung des — von Le- . 
prabazillen 535; vonsäurefesten : 
Bazillen $35, von den Smegma- ' 
bazillen 82, 262; Urin, Gehaltan | 
— bei L.T. 260; Verhalten der | 
— in „indifferenten,, Flüssigkei- | 


ten 534; Vorkommen von — im 
Fleisch 247, inMilch 246; Wir- 
kung abgetôt. — im menschlich. 
Körper 250; Wirkung von — 
auf Würmer, Schnecken und 
Kaulquappen 537; nach Ziehl 
nicht färbbare Form des — 
79, 249, 533, 536, 537- 

Tuberkelgift s. Toxine. 

Tuberkulide 447. 

Tuberkulin: Autotuberkulin 513; 
Denyssches — 189; Diagno- 


stische Anwendung u. Bedeu- ' 


und Schweine 533; 
Nachweis von — im Urin 82, 


SACHREGISTER. 


tung (s. a. Hautreaktion, Oph- I 
thalmoreaktion) 182, 258, 270, ' 
271, 509, 539; Dosicrung zu 


therapeutischen Zwecken 512; 
Einfluß des — auf die Diazo- 


stellung des — 188; innerliche ' 


sches — 361; Ee 


dung 514; 
| Wert (s. a. Tuberkulinbehand- 
lung) 356; Tuberculin. pur. ' 
234: Wirkung des Alttuber- | 


reaktion 77; Einfluß von Ver- | Tuberkuloseärzte, 
dauungsfermenten auf — 463; | 
—, entfettetes 509, 539; Her- | Tuberkuloseschutz- u. 


(T.R.) 189; SE Anwen- 
therapeutischer | Tuberkulosezeitschriften 


XI 


454, 530; —, subakute, sep- 
tikämische 373; — und Tumor 
an demselben Organ 530; —, 
vorgeschrittene, Fürsorge für 
die Fälle von — 382, 429. 
Versammlung 
der — in München (1908) 89. 
-heilimp- 
fung nach Heymans 266. 


Anwendung 222, 514; Jakob. , Tuberkulosespitáler 382, 429. 


Tuberkulosesterblichkeit, Abnah- 
me der — 199, 246. 
(Refe- 


rate) 274 (3), 462, 544 (3). 
' Tuberkulotoxoidin 517. 


kulin auf den tuberkulosefreien tesa der T. s. Be- 


Menschen 259. 
Tuberkulinbehandlung 160, 189 
(3), 199, 222, 269, 271 (2), 
272, 305, 356, 461 (5), 512, 
533; —, ambulante 270, 515; 
Kontraindikationen 269; per 
os 222; 514; per rectum 514. 


sche Bedeutung (s. a. Tuber- 
kulin, diagnost. Anwendung) 
180, 182, 453; Schädigung 
durch — 453. 
Tuberkulinreaktion: 
der lokalen — für die Heil- 
stittenfrage 487; Experimen- | 
telles über die — 532; 


system 453; 

deutung der — 453. 
Tuberkulinwirkung 448, 510. 
Tuberkulocidin 461. 
Tuberkulose; Bedeutung der Op-; 





Tuberkulininjektionen: diagnosti- ` 


| 





} 


Bedeutung 


—, in- 
travenöse 85; — und Nerven- 
pathologische Be- ` 


ziehungen. 
Ungarn, ôtlentliche Gesundheits- 
pflege 542; T. in — 542. 
Ureterspaltung 181. 
Urogenitaltuberkulose 82, 248; 
Wert der Ophthalmoreaktion 
bei — 179. 
Uterustuberkulose 177 


Vakzinebehandlung(Wrigh t)460. 
Vejlefjord, Heilstätte 551. 
Veränderungen, tuberkulöse, ohne 
- Mitwirkung von Tbc. erzeugte 
527, 530. 
Verdauungsfermente, Einfluß der 
— auf Tuberkulin 465. 
Verdauungsstérungen der Phthi- 
siker 304, 518. 
: Verstopfung 518. 


Walderholungsstätten 96, 278, 


457. 
sonine in der — 1, 453; Be- | Waldschulen 278. 


handlung der — mit Blind- ` 
| schleichentbc. 461, mit rohem 
Pferdefleisch 543, nach Wright 


532; Blutstrómung und T. 
529; chirurgische — 261, 272, | 
462; Heilungsbedingungen 
268; — innerer Organe, spe- 


zifische Behandlung 461; —, 
| kongenitale 439; Schnelldia- 
gnose (Tierversuch nach Bloch) | 








Wäscher und T. 246. 
Washington, T.kongreß (1908) 
280, 396. 


| Wirbeltuberkuloses.Spondyl. tub. 


Wucherungen, adenoide, u. re- 
flektorischer Husten 77. 


Yoghurt 86, 518. 


Zuckerfabrikarbeiter u. T. 74. 








MITARBEITERVERZEICHNIS. 


ZEITSCHR. f. 
TUBERKULOSE 





Namen der Herren Mitarbeiter für Band XIII. 


Herr Landesrat Dr. Althoff, Altena, Westfalen : 


Dr. E. Aron, Berlin 

Dr. P. Barbier, Paris 

Dr. P. Bermbach, Köln a. Rh. 
Dr. Samuel Bernheim, Paris 
Dr. Böttcher, Wiesbaden 

Dr. B. Dembinski, Warschau 


Frau L. Fiedler, Berlin 


Herr 


Geh. Medizinalrat Prof. Dr. B. Fränkel, 
Berlin 


Dr. A. Frankenburger, Nürnberg 
Dr. Hermann Frey, Davos 
Priv.-Doz. Dr. Ragnar Friberger, Up- 


sala 
Chefarzt Dr. J. Gabrilowitsch, Halila 


Primarius Dr. Franz von Gebhardt, 
Budapest 


Dr. W.J. van Gorkom, Haag 
Dr. H. Grau, Düsseldorf 
Prof. Dr. Otto Hamann, Berlin 


San.-Rat Dr. A. Hennig, Königsberg i. Pr. | 


Dr. Hiss, Bad Gastein 

Dr. Kurt von Holten, Friedrichsheim 
Dr. W. Honjio, Osaka, Japan 

Dr. S. Adolphus Knopf, Neuyork 
Dr. F. Köhler-Holsterhausen 

Geh. Med.-Rat Prof. Dr. F. Kraus, Berlin 
Dr. Artur Krause, Hannover 

Stabsarzt Dr. E. Kuhn, Berlin 

Dr. Teesi Kurashige, Osaka, Japan 
Dr. R. Lennhoff, Berlin 


Geh. Med.-Rat Prof. Dr. W. von Leube, 
Würzburg 


Exzellenz Wirkl. Geheimer Rat Prof. Dr. E, 


von Leyden, Berlin 
Dr. Fritz Loeb, München 
Dr. M. Lubowski, Wilmersdorf-Berlin 
Dr. G. Mannheimer, Neuyork 
Sanitätsrat Dr. Meißen, Hohenhonnef 
Stabsarzt Dr. A. Mühlschlegel, Stuttgart 
Dr. H. Naumann, Meran u. Bad Reinerz 
Dr. R. Neisse, Bern 
Dr.G. Ortenau, Nervi u. Bad Reichenhall 
Dr. A. Ott, Lübeck 


Prof. Dr. Th. Pfeiffer, Hôrgas (Steier- 
mark) 


Dr. A. Pinkuss, Berlin 
Dr. F, M. Pottenger, Monrovia (Calif.) 


Frau Prof. Dr. Lydia Rabinowitsch, Berlin 
Herr Dr. D. Rothschild, Soden a. Taunus 


Dr. E. Rumpf, Ebersteinburg 

Prof. Chr. Saugman, Vejlefjord 

Dr. Schaeffer, Refsnäs (Dänemark) 
Dr. G. Schellenberg, Ruppertshain 
Dr. Aug. Scherer, Bromberg 

Dr. G. Schröder, Schömberg 

Dr. C. Servaes, Heilst. Römhild i. Th. 
Dr. A. v. Sokolowski, Warschau 

Dr. N. J. Strandgaard, Kopenhagen 
Dr. Johann von Szaboky, Gleichenberg 
Dr. E. Toff, Braila 

Dr. H. Trunk, Horgas (Steiermark) 
Chefarzt Dr. G, Tugendreich, Berlin 
Dr. Vos, Hellendoorn 


Dr. Alfred Wolff-Eisner, 
Friedrichshain 


Berlin- 


Druck von Metzger & Wittig in Leipzig. 


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